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Full text of "Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung"

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III-  J.  PAUL  GEITY  MUSEUM  LIBRy\RY 


ANNALEN  DES  VEREL\8 


FÜR 


NASSAÜI8CHE  ALTERTÜMSKUNDE 


UND 


GESCHICHTSFORSCHUNrx. 


DEEISSIGSTEE  BAND. 


1899. 


Mit  einem  Bildnis  und  einer  Karte. 


WIESBADEN. 

VERLAG  VON  Rüü.  BECHTOLU  &  COMP. 
1899. 


DIlt'CK  VON  RÜD.  DKCHTOLD  4  COMP..  WIESBADEN. 

BrCIlUttCCKERKI  *   I.ITIIOUK.  ASSTAI.T. 


IHE.  J.   P/-  ■'   CENTEk 


Inlialts-Verzeichnis. 


Annalen. 

Seite 

I.  Ciaren  thaler  Studien  (Fortsetzung).     Von  F.  Otto 1—54 

IL  Das  politische  Testament  des  Grafen  Johannes   von  Idstein-Wies- 

baden.     Ton  0.  Meinardus 55—108 

ITT.  Die  Wiesbadener  Landstrassen   im  XVIII.    und  XIX.  Jahrhundert 

(mit  oiiior  Kurte).     Von  C.  Spicimaiin .     .     109 — 130 

IV.  Die  Wellritz,  ihr  Name  und  ihre  Benutzung  durch  Bürger  und  Adel 

im  XVI.  Jahrhundert.     Von  F.  Otto 131—142 

V.  Der  nassauische  Publizist  Johannes  Weitzel.     Von  G.  Zedier       .     .     143—192 
VI.  Ein  Gesamtfund  römischer  Kleinerze  aus  der  Zeit  Diocletians.    Von 

E.  Ritterling 193—201 

VII.  Graf  Ludwig  von  Arnstein  und   die  Neubegründung   des  Klosters 

Münsterdreisen.     Von  E.  Seh  aus 202—205 

VIII.  Die  Auflösung  dfv  nassauischen  Klosterbibliotheken.    Von  G.  Zedier    206—220 


Mitteilungen  18991900. 

Spalte 

Amtsgerichtsrat  a.  D.  DüsseU  f.  (Mit  einem  Bildnis*).    Nekrolog  von  G.  Zedier  1 — «> 

Vereinsnachrichten  von  G.  Zedier 7—8,  33-85,  65—66,  97—98 

Vorträge  1898/99: 

Der  Verfall  der  antil<en  Kultur  von  1}.  Heil 8  —  14 

Ueber  Johann  Georg  Hagelgans  von  P.  Richter 35 — 49 

Die  Kultur  des  hohen  Westerwaldos  von  Heyn-Marionberg 66 — 71 

lieber  den  Ursprung  des  Hauses  Nassau  von  P.   Wagner       . 71 — 74 

Gefecht  bei  Eckernförde  von  R.  Kolb 74-76 

1899/1900: 

Einleitende  Bemerkungen  von  P.  Wagner 100  -104 

Die  Fahnen  des  nassauischen  Landsturms  von   1814  von   I*.   Wagner   ....  104    -107 

Ueber  Stadtrechtsurkundon  für  nassauische  Orte  von  E.  Sc  haus 107 — 109 

Ein  Volksspiel  aus  1814:  Die  Schifler  von  Caub  von  V.  Richter 10^^—110 

Graf  Ludwig  von  Nassau-Dillenburg  von  F.  Heymach .  110—112 

Verwaltungsbericht   des   Altertunis-Museums    von    H.   I.ohnor   und    E.  Ritterling 

15—17,  49—56,  76—79,  113-117 


*)  Aus  praktischen  Gründeti  ist  dasselbe  dem  Aiwalothande  beigeheftet  tcorden. 


IV 

Spalte 
Funde  (siehe  auch  den  Verwaltungsbericht  des  Altertums-Museums); 

zu  Xiederlahnstein  von  R.  Bodewig 17 

auf  dem  Römerberg  bei  Höchst  von  E.  Suchier 17  —  20 

OoldmQnzenfuiul  bei  Riidesheim  von  P.  Joseph .  20 — 22 

Müiizfunde  in  Höchst  uiul  Xied  von  H  Suchier   .     .           56—57 

Müuzfund  bei  Eppstein  von  E.  Suchier   .. 92 

zu  Braubach  von  R.  Bodewig 92—93 

Miseellen : 

Limesforschung  auf  der  Strecke  Holzhausen  a.  d.  H.  bis  Adolfseck  von  H.  Lehner  22—23 

Mitteilungen  aus  dem  Stamnibuche  des  J.  A.  Kitzhaub  von  F.  Otto    ....  24 — 30 

Johann  Tobias  \V  eller  von  E.  Seh  aus 30 

Aus  dem  häuslichen  Leben  der  nassauischen  Grafenfaniilie   im  16.  Jahrhundert 

von  P.  Wagner     .... 57—62 

Da«  Kugelgeld  in  Herborn 62—63 

Mittelalterlifhe  Befestigung  auf  dem  Blasiusberge  beiFrickhofen  vonE.  Ritterling  80 — 86 
Fliedners  Aufsatz  „Beiträge  zur  Kulturgeschichte    des  Herzogtums  Xassau"  von 

O    Meinardus 86—92 

Friedrich  von  Reiffenberg  auf  der  Universität  Wittenberg  von  F.  Otto     .     .     .  117  —  118 
Chronik: 

AltiTtumsverein  zu  Horborn,  Bericht  von  J.  H.  Hoff  mann 63—64,  122 

.Mtortumsverein  zu  Höchst  a.  M.,  Bericht  von  E    Suchier 118 — 122 

Bücheranzeigen:   C  ramer,    Geschichte    der  Alamannen  (von    F.   Otto)   93  —  96, 

Erwiderung  Cramers  122  —  126;  Schädel,   Xamen   und  Rad    der  Stadt  Mainz 

(von  ti.  Zedier) 96 

Neueste  historische  Litteratur  über  Nassau  von  F.  Otto  und  G.  Zedier       30—32,  126-128 


Ciarenthaler  Studien. 


Von 

Fr*  Otto, 


III.    Die  letzten  Zeiten  des  Klosters. 

Über  die  letzten  Zeiten  des  Klosters  Clarentlial  haben  zwar  S  c  h  e  n  c  k 
und  nach  ihm  Schliephake,  dann  Nebe  und  Roth^)  einige  Nachrichten 
zusammengestellt,  andere  jedoch,  die  ausführlicher  sind  und  genauere  Mitteilungen 
enthalten,  entweder  nicht  gekannt  oder  nicht  benutzt.  Eine  nochmalige  Prüfung 
der  Frage  ist  daher  gerechtfertigt  und  das  um  so  mehr,  als  sich  auch  über  die 
frühere  Geschichte  der  Anstalt  durch,  sie  einiges  Licht  verbreiten  lässt.  Wir 
werden  zuerst  über  die  Klosterjungfrauen  von  1550 — 1559  reden,  dann  einiges 
über  den  Haushalt  des  Klosters  folgen  lassen  und  zuletzt  über  die  Auflösung 
desselben  berichten. 

a)   Die  Klostepjung'frauen  von  1550 — 1559. 

Über  die  Zahl  der  zu  gleicher  Zeit  in  Ciarenthal  anwesenden  Kloster- 
jungfrauen geben  uns  zwei  Verzeichnisse  von  den  Jahren  1550  und  1554,  sowie 
die  Entlassung  der  letzten  Schwestern  in  den  Jahren  1558  und  1559  eine  er- 
wünschte Belehrung,  die  um  so  wertvoller  ist,  als  uns  für  die  frühere  Zeit  fast 
alle  Kunde  darüber  abgeht.  Wir  wissen  zwar  durch  die  Eintragungen  der  Todes- 
fälle in  das  Necrologium,  wie  viele  der  Jungfrauen  in  einzelnen,  grösseren  oder 
kleineren  Zeiträumen  gestorben  sind,  aber  diese  Angaben  sind  nicht  einmal  ganz 
genau,  da  namentlich  im  14.  Jahrhundert  manche  Namen  nachweislich  fehlen,  und 
aus  ihnen  ergibt  sich  nur,  was  wir  schon  vorher  annehmen  konnten,  dass  die  Zahl 
der  Nonnen  im  Laufe  der  Zeit  allmählich  abgenommen  hat;  in  den  ersten  130 
Jahren  von  der  Gründung  des  Klosters  an  zählen  wir  etwa  121  Sterbefälle  inkl. 
der  nachweislich  nicht  eingetragenen,  in  den  folgenden  20  Jahren  11,  in  den 
90  Jahren  von  1453 — 1543  etwa  54,  statt  dass  die  beiden  letzteren  nach  dem 
Verhältnis  zum  ersten  Zeiträume  18  und  83  hätten  betragen  müssen.  Auf  die 
Zahl  der  zu  derselben  Zeit  eingeschlossenen  Schwestern  können  wir  daraus 
keinen  Schluss  ziehen.  Nur  für  das  Jahr  1371  gewährt  eine  Urkunde  der 
Äbtissin    Jutta    einen    xiuhaltspunkt ;    am    10.   Februar  d.   J.   beschloss  nämlich 


^)  Schenck,  Schliepliake  und  Roth  an   den    bekannten  Stellen    (vergl.  Nu.  I  dieser 
Studien),  Nebe  in  der  Denkschrift  des  theologischen  Seminars  zu  Herborn  vom  Jahre  1866,  S.  1". 

1 


der  Conveut  in  Betreff  der  Jalirgezeits  für  den  verstorbenen  Oaplan  der  Gräfin 
Margarerlie  Kunrad:  ..uff  denselben  Dag  sullen  wir  geben  den  frauwen  über 
disfh  um  speise  evnen  gülden,  den  sullen  \\  ir  nemen  von  unsern  guderu  zu 
Xurdensrar.  daz  der  gülden  mit  eyn  ander  eylt'e  werden."  Daraus  ergiebt  sich, 
dass  damals  elf  Nonnen  zu  Tlarentlial  weilten,  und  wohl  auch,  dass  man  di(>se 
Zahl  als  eine  voraussichtlich  bleil)ende   ansah. 

Für  die  Jahre  lö50  und  \^h)4  erhalten  wir  durcli  die  zwei  genannten 
Verzeichnisse  genauere  Kunde.  Das  erste  ist  in  dem  Auszuge  aus  einem 
Visitationsprotokoll  des  Jahres  1050  erhalten.*)  Bekanntlich  sollte  das  im 
Jahre  l.')4S  erlassene  Interim  auch  in  Nassau  eingeführt  werden,  und  um  über 
die  Ausführung  dieses  Gebots  in  den  zu  seinem  Sprengel  gehörenden  Bezirken 
der  nassauischeu  Lande  zu  berichten,  ernannte  der  Erzbischof  von  Mainz 
Visitatoreu.  an  deren  Spitze  der  AVeihbisihof  Michael  Heiding,  gen.  Sidonius, 
stand.  Am  1'4.  Februar  des  Jahres  1550  wurden  die  Pfarrer  der  Herrschaft 
Wiesbaden^i  examiniert,  am  25.,  einem  Dienstage,  sollte  das  Stift  Bleidenstadt 
an  die  Keihe  kommen ;  aber  da  die  Meldung  einlief,  dass  niemand  von  dem 
Kapitel  anwesend  sei,  wurde  der  Besuch  verschoben  (er  fand  nachher,  am 
23.  Mai  statt)  und  dafür  das  Kloster  Clarenthal  vorgenommen.  Das  Haushaltuugs- 
buch  des  Klosters  verlegt  die  Anwesenheit  des  Weihbiscliofs  irrtümlich  auf 
den  '24..  indem  es  schreibt:  „vor  stockfiss  und  bückiug  zu  "Wiesbaden  kauft, 
als  der  "NVeyebisehof  liif  was  S.  Matyes,  9  Alb.",  denn  S.  Matthias  ist  der 
iM.  Februar,  an  dem  die  Visitatoren  zu  Wiesbaden  beschäftigt  waren.  Es 
mochte  am  1^4.  von  der  bevorstehenden  Ankunft  dos  Weihbischofs  Mitteilung 
gemacht  worden  sein,  wie  dies  auch  bei  dem  Stifte  Bleidenstadt  geschehen  war, 
und  so  wird  man  noch  an  demselben  Tage  zur  Bewirtung  desselben  für  Fasten- 
speise gesorgt  haben. 

Das  l'rotokoll  berichtet  über  das  Kloster  also:  „Dienstag,   den  25.  Februar 
wird  tlas  sogenannte  Neue  Kloster  visitirt  und  examinirt.*) 

1.  Anna  Brenlin  von  Homburg,    Äbtissin, 

1^  Margarethe  Reinbergerin*),  Pi-iorin, 

3.  Agnes  von  Hattstein, 

4.  Guetli  von  Hattstein, 

5.  Christine  von  Diez, 
Ct.  Maria   Echter, 

7.   Maria  von  Nassau, 

halten    sich    an    ihre  licgel,    sowie    in    geistlichen    und    weltlichen  Sachen  gut 
und  wohl." 

Zu   ijicscm   Hericht   halicn   wii-  einige  Bemerkungen  zu  machen. 


*)  Allgedruckt  in  dor  Zoitsclir.   f.  Kircligosoli.  XV,  435. 

')  No}if  ft.  a.  ().  nininit,  gostützt  auf  tirioHiclic  Äusspningon  Molanohtlions,  eine  drei- 
fache ViHitati(»ii  iler  Herrhcliaft  'NVichliaden  an,  kennt  alior  die  obigo  vom  24.  Februar  nicht; 
CB  war  diese  über  die  ein/ige,  die  stattfand. 

*)  Die  Zahlen  vor  den  einzelnen  Namen  halien  wir  zugefügt. 

*)  In  der  Zeitsclir.  f.   Kinliengescii.  i.st  irrtünilidi   Cainbergorin  gedruckt. 


1.  Das  Exainon  orstrockte  sich  bei  den  Xounen  wohl  hauptsäclilich  nur 
darüber,  ob  die  Regel  dos  Ordens  g;e\vissenliaft  bef()l2;t  und  der  Crottesdienst 
ordnungsniässig  abgehalten  werde. 

2.  Die  Namen  dei-    hicu-  genannten  Schwestern  warcm    dtuu  Kloster  nieht 
fremd;    sie    kommen    im    Jjauf'e    des    letzten    Jalirhunderts    alle    vor.      Anna 
lirtMidel  von  llomlturg  (so  müsste  statt  BreÜLdo]lin  von  llomhurg  geselirieben 
sein)  war    seit  1^)21')  Aebtissin    und    starb    am    2;>.    Oktober  1553.")     Vor    ihr 
W'erden  noch  fünf    andere   der  Familie    im  Necrologium  genannt,    alle  mit  Zu- 
füii'una'  ihres  Todesiahres:  soror  Dorothea  Brendeln  am  7.   November  a.    1472, 
soror    Kungundis  Brendeln    am    21.   März  1480,    soror    Dorothea    Brendel    am 
"22.  Januar  1495,   soror  ri(!belgin  Brendeln  am  6.  Januar  1507,   soror  Kungundis 
Brendeln  am  17.  Sept.  (15)24.  Ein  Messgewand  war  mit  dem  Brendelschen  Wappen 
geschmückt;  der  Ilebelgin  (ihren  zwei  Schwestern  und  ihren  Eltern)  war  eine 
Jahrzeit    in  der  Fastenzeit    gestiftet,    weil    sie    dem  Kloster  92  Fl.   und    einen 
ewigen    Gulden    zu    Wiesbaden    gegeben    hatte,')      Deren  Feier    gedenkt    das 
Ilaushaltungsbucli    des    Klosters    im   Jahre    1550  („2  Fl.    vor    2  U  Salmen    zu 
der   brendeln    sei.     jarzyt").   —  Die  Margarethe   Reinbergerin    entstammte 
dem  Geschlecht    der  Herren  von  Rheinberg,    die  sich  nach  ihrer  Burg  an  der 
Wisper    nannten    und    von    1226—1615   vorkommen');     das    Necrologium    ver- 
zeichnet   vor    ihr  eine  soror  Liepmuudis  de  Reinberg    am  14.   September  1503 
und  eine  soror  Anna  Rinberg  am  4.  September  1514.     Die  Priorin  MargaTethe 
starb  am  28.  August  1554.  —  Die  beiden  llatt  stein  gehörten  ohne  Zweifel 
der    Familie     derer    von    Igstatt,     genannt  Hattstein,    an'),     die    im    15.    und 
16.   Jahrhundert  zu  Bierstadt  ^vohnten  und  auch  zu  Wiesbaden  einen  Hof  und 
Güter   besassen.      Graf  Ludwig    kaufte  den  Hof    im  Jahre  1607    und  schenkte 
am  25.  August  1608  den  „ledigen  platz  und  hofraido  inn  der  Statt  forncn    uff 
dem    Marckt    gelegen.    Der    Hattsteinische    unndt    Enderss  Büctelsplatz  genant, 
sambt  dem  Keller  darunter  .  .  .   binden   wider    die  Stattmauer  streickendt"  der 
Stadt    AViesbaden,    „dergestalt    und    also,    das    sie    uff  solchenn    Ort  .  .  .    eine 
Behaussung  setzen"'") ;    dies    geschah    denn    auch    sofort,    indem    die  Stadt  das 
jetzt    noch     stehende    alte    Rathaus    au    dieser    Stelle    erbaute;.     —    l'ber    die 
persönlichen  Verhältnisse    der    beiden  Jungfrauen    sind  wir  nicht    näher    unter- 
richtet;   sie    können  Töchter    oder  Schwestern    des  Ludwig    oder    Michael    v<ui 
Igstatt,  gen.  Hattstein,  die  1524  und  1532  zu  Wiesbaden  vorkommen"),  gewesen 
sein;  Michael  soll  eine  Schwester  des  Joachim    von  Geispitzheim,    der    damals 
den  Hof  der  Herrn  von  Wiesbaden  besass  und  1557  starb'^,  zur  Frau  gehabt 
haben.     In  dem  Necrologium  ward  am  29.  Juli  eine  soror  Katharina  de    Igstat 


")  Vergl.  No.  I  dieser  Studien,  Annalen  XXIX,  2,  191. 
^)  Nekr.  6  Januar. 
*)  Vogel,  Besclireibung  S.  603. 
P)  Vogel  S.  538. 

10)  Urkunden  im  Staatsarchive  zu  Wiesbaden.     Rössel,  Stadtwappen  S.  44,  67  f. 
")  Bürgermeisterreclmung  von  1524  im  städtischen  und  altes  Hospitalregister  von  1532 
im  Stuatsarcliive. 

'-)  Altes  üerichtsbiich   im  städtischen  Archive. 

1* 


in  der  Schrift  des  ausgehenden  15.  oder  beijinnenden  IG.  Jahrhunderts  genannt ; 
sie  gehörte  ohne  Zweifel  derselben  Familie  an.  Auch  Christine  von  Diez 
hatte  Vurgän^erinneu  aus  ihrer  Familie  in  dem  Kloster:  das  isecrologium  nennt 
am  14.  April  eine  uublissima  virgo  Chira  de  Dvtz  (15)29  (sie  ist  die  letzte  der 
dort  eingetragenen  Tersouen)  und  am  (i.  -Mai  soror  Merg  von  Ditz  a.  (15)43 
(die  Schrift  und  Sprache  gehurt  dem  IG.  Jahrhundert  an);  einer  Margarethe 
(Gred)  von  Dietz  begegnen  wir  in  den  Jahren  1553—1559.  Die  Familie  starb 
im  Jahre  1727  aus.")  —  Mehrere  Echter  von  Mespelbrunn  waren  im 
15.  Jahrhundert  zu  Mainz  Canonici  eccles.  maioris,  wie  Marcus,  f  1483, 
l'eirus.  Piiilippus'*);  daher  mag  es  gekommen  sein,  dass  wir  zu  Ciarenthal  im 
Xecrologium  eine  Anna  Echtem  am  25.  Mai  1455,  und  eine  soror  Gerdrut 
Echtem  am  30.  Oktober  145G  finden;  ausser  der  Marie  erscheint  im  Jahre  1554 
eine  Curduhi.  —  Über  die  Marie  von  Nassau  siehe  unten  bei  dem  zweiten  Ver- 
zeichnis von  1554.  S.  9. 

3.  Es  waren  also  sieben  Jungfrauen  anwesend,  wurden  examiniert  und 
sind  namentlich  verzeichnet;  ihre  Zahl  war  aber  grösser,  wenn  wir  auch  nicht 
wissen,  warum  nicht  alle  hier  genannt  sind;  es  fehlen  drei  Xamen,  zwei 
Grätinnen  von  Erbach  und  die  Margarethe  Cambergerin.'^)  Von  den  beiden 
Erb  ac  herinnen  war  die  ältere,  Elisabeth,  geb.  im  Jahre  1514,  anfangs 
dem  Kloster  Marienborn  übergeben  worden,  hatte  aber  dieses  nachher  mit 
Clarenthal  vertauscht;  die  jüngere,  im  Jahre  1516  geborene  Katherine  hatte 
der  Vater,  Graf  Eberhard  Schenk  von  Erbach,  sofort  im  Jahre  1523  nach 
Clarenthal  gebracht.  Grund  dafür  mag  der  Umstand  gewesen  sein,  dass  damals 
seine  Schwester  Magdalena  Priorin  des  Klosters  war  (sie  starb  nach  dem 
Xecrologium  am  8.  Januar  1532  und  ein  Jahrgezeit  sollte  ihr  am  Tage  Mariae 
Magdalenae,  d.  h.  22,  Juli,  gefeiert  werden) ;  auch  vorher  bereits  waren  zwei 
andere  Erbacherinnen  Nonnen  zii  Clarenthal  gewesen,  die  soror  Margaretha 
Schenkin  von  Erbach,  gestorben  am  25.  Mai  1504  und  eine  zweite  Magdalena, 
die  als  Abti.ssin  am  28.   Oktober  1512  gestorben  war. 

Über  die  Aufnahme  der  Katiiarina  gibt  eine  Urkunde  vom  14.  Mai  1523'") 
Bericiit.  in  welcher  die  Äbtissin  Marie,  geborene  Gräfin  von  Hanau-Lichten- 
berg, und  der  ganze  Convent  in  Clarenthal  bekennen,  dass  der  wohlgeborene 
Schenk  Eberhard  von  Erbach  seine  Tochter  Katrina  in  ihr  Kloster  gegeben, 
den  Orden  anzunehmen,  und  in  ihrem  Kloster  wie  andere  Schwestern,  Grafen 
und  Herrn  Kinder,  gehalten  werden  solle  und  dass  er  ihnen  alsbald  hundert 
Gulden  überantwortet  und  geben  lassen,  davon  ihr  lebenlang  zehen  Gulden 
Leib.sgedings  folgen  und  worden,  endlich  dass  darauf  Katrina  auf  alle  und 
jegliche  Anfälh;  und  Erbschaften  verzichten  solle,  wie  andrerseits  Äbtissin  und 
Convent  auf  alle  Erbschaftsfalle  der  Katrina  verzichten. 


".)  Vo^el,  8.  764. 

")  loannis  II,  354. 

'*)  Die  nachfolgenden  Mitteilungen  über  diese  stützen  sich  auf  Simon,  Geschichte  der 
Dynasten  und  (irafon  von  Krbach  S.  'MH  und  auf  Urkunden  und  andere  archivalische  Auf- 
Zf.'ichnuiigen  dc;s  •Staat.'iarühives  zu  ^VieH^Jaden. 

")  Abgedruckt  bei  Schenck,  Meniurab.  urb.  Wisb.  S.  60. 


Auffallend  ist,  dass  diese  Katharina  in  dem  /arten  Alter  von  sieben 
Jahren  eingekleidet  wurde,  da  die  Ciarissen  nach  der  damals  bestehenden 
Ordnung  nicht  vor  dein  14.  .Jahre  den  Schleier  nehmen  durftcin.  Aber  weder 
kann  die  erwähnte  Urkunde  angezweifelt  werden,  noch  das  Geburtsjahr  der 
Katherina  in  eine  frühere  Zeit  hinauf  gerückt  werden,  da  dies  die  Reihenfolge 
der  grätlichen  Kinder  nicht  zulässt.  Es  erklärt  sich  die  frühe  Aufnahme  leicht 
daraus,  dass  die  laxe  Ikfolgung  der  Klosterordnung  in  jener  Zeit,  namentlich 
den  Töchtern  hochstehender  Familien  gegenüber,  nicht  ungewöhnlich  war,  be- 
sonders wenn  sie  eine  ansehnliche  Summe  Geldes  mitbrachten,  dem  Grafen 
aber  bei  der  grossen  Zahl  seiner  Kinder  (es  waren  sieben  Söhne  und  neun 
Töchter)  viel  darum  zu  thun  sein  musste,  die  Töchter  frühzeitig  versorgt  zu 
sehen  und  in  ein  Kloster  unterzubringen.  Und  in  der  That  nahmen  vier  von 
ihnen  den  Schleier,  zwei  zu  Marien born,  von  denen  die  eine  später  nach  Claren- 
thal  überging,  eine  zu  Ciarenthal  und  eine  in  einem  anderen  unbekannten 
Kloster.  Vielleicht  ist  die  Marienborner  Elisabeth  nach  dem  Tode  der  anderen 
Marienborner  Schwester,  der  im  Jahre  1540  erfolgte,  zu  ihrer  Ciarenthaler 
Schwester  übergesiedelt,   weil  sie  sich  dort  nicht  mehr  wohl  fühlte. 

Die  Zeit,  wann  die  Erbacherinnen  aus  dem  Kloster  austraten,  wird  nicht 
überliefert,  nur  von  Katharina  hören  wir,  dass  sie  im  Jahre  1566  ausgeschieden 
sei;  aber  da  damals  bereits  mehrere  Jahre  lang  eine  klösterliche  Anstalt  zu 
Ciarenthal  nicht  mehr  bestand,  so  kann  sie  damals  höchstens  eine  formelle  Er- 
klärung ihres  Austritts  gegeben  und  damit  einen  Verzicht  auf  alle  Ansprüche, 
die  sie  als  Ordensperson  erheben  könnte,  ausgestellt  haben.  Soviel  aber  ist 
gewiss,  dass  die  drei  überlebenden  Erbacher  ehemaligen  Nonnen  den  Rest  ihrer 
Tage  zu  Michelstadt  verlebten  und  dort  starben,  zwei  von  ihnen  im  Jahre  1574. 
Das  Fehlen  der  Elisabeth  und  Katharina  bei  dem  Examen  des  Jahres  1550  —  und 
darum  handelt  es  sich,  nicht  von  ihrer  Abwesenheit  aus  dem  Kloster  —  kann 
mancherlei  Gründe  gehabt  haben,  die  wir  nicht  alle  aufsuchen  mögen ;  es  könnte 
sehr  wohl  möglich  gewesen  sein,  dass  sie,  nachdem  ihr  Vater  (f  1539)  sich 
bereits  der  Reformation  geneigt  gezeigt,  und  nach  ihm  ihr  Bruder  Georg,  der 
Nachfolger  Eberhards,  sich  ihr  entschieden  zugew^andt  hatte,  deren  Beispiel 
folgend  gleichfalls  die  neue  Lehre  angenommen  hätten  und  vielleicht  schon  vor 
dem  Jahre  1550  in  die  Heimat  zurückgekehrt  wären.  Ihre  Namen  nämlich 
erscheinen  auch  nach  diesem  Jahre  nicht  mehr  zu  Ciarenthal,  formell  aber  ge- 
hörten sie  ihm  noch  an,   bis  sie  ihren  Austritt  erklärt  hatten. 

Besser  sind  wir  über  die  Margarethe  Camberg  er  in  oder  Margarethe 
von  Camberg  unterrichtet.  Dieselbe  war  die  Tochter  des  Herrn  Johann  Hain 
von  Camberg,  Pfarrers  und  Vikarius  zu  Bleidenstadt"),  der,,  ehe  er  in  den  geist- 
lichen Stand  trat,  vermählt  gewesen  und  Vater  mehrerer  Kinder  geworden  sein 
muss ;  sie  selbst  wird  jedoch  nie  mit  dem  väterlichen  Namen  benannt,  sondern 
hat    höchstens    den  Zusatz  „von  Bleidenstadt"    neben    obigem  Namen,    Avie  sie 


'^)  Das  Stift  hatte  acht  Canonici  uml  zehn  Vicarien,  welche  die  Hören  und  sonstigen 
Gottesdienst  hielten;  im  Jahre  1550  waren  nur  drei  A'icarien  bei  der  Visitation  anwesend. 
Yisitationsprotokoil  a.  a.  ü. 


6 

muh  selbst  iu  ilor  rrkumlo  vom  30.  Juni  1558  schreibt.  Sie  \var  im  Jahre  1521 
in  das  KU>ster  eingetreteD,  ^vi.•  die  rrkinide  vom  13.  August  (Dienstag  nach 
Laurentiustag)  dieses  Jalires  besagt.  Durch  sie  bekennen  die  Äbtissin  Marie 
von  Hanau  und  von  Lichtenberg  und  der  ganze  Conveut  zu  Clarenthal,  dass 
sie,  naelidem  der  würdige  Herr  Johann  Hain  von  Camberg,  Pfarrer  und  Yicarius 
zu  lih-idenstadt.  um  Crottes  Willen  gebeten  hat  seine  Tochter  Gretchen  in  das 
Kloster  aufzunehmen,  und  Gretchen  selbst  in  eigener  Person  um  Gottes  Willen 
darum  gebeten,  dieselbe  in  den  Orden  und  das  Kloster  angenommen  haben, 
dass  ferner  Herr  Johann  Hain,  damit  die  Tochter  desto  besser  mit  Leibesnahrung 
und  Notdurft  versehen  werde,  dem  Convent  und  Gotteshaus  150  Fl.  gegeben 
iiat,  wogegen  die  Äbtissin  und  der  Conveut  auf  weitere  Ansprüche  an  Herrn 
Joliann  und  seine  anderen  Kinder  verzichten,  ausgenommen  sowohl  das,  was 
HeiT  Job.  Hain  seiner  Tochter  Gretchen  in  seinem  letzten  Willen  und  Testament 
verordnen  und  legieren  werde,  als  auch  dasjenige,  was  nach  etwa  kinder- 
losem Tode  ihrer  Geschwister  an  sie  falle;  dass  endlich  Herr  Job.  Hain  ver- 
sprochen habe,  bis  zum  Ende  seines  Lebens  seine  Tochter  Gretchen  mit  ziem- 
licher Bekleidung  ihres  geistlichen  Ordens  nach  Notdurft  zu  versehen;  es 
siegeln  die  Äbtissin  und  der  Convent  mit  ihrem  Conventssiegel  und  für  Johann 
Hain,  da  ihm  ein  eigen  Ingesiegel  dieser  Zeit  mangelt,  auf  seine  Bitte  der 
ehrsame  Herr  Christian  Becker  von  Weilburg,  Yicarius  zu  Bleidenstadt.  Die 
beiden  Siegel  sind  erhalten.  Offenbar  Hessen  die  dringenden  Bitten  von  Vater 
und  Tochter,  die  Höhe  des  Eintrittsgeldes  und  der  nunmehrige  Stand  des 
Vaters  über  die  bürgerliche  Herkunft  der  neuen  Schwester  hinw^eg  sehen,  aber 
trotz  ihres  langen  Aufenthaltes  im  Kloster  brachte  sie  es  nicht  zu  einer  höheren 
Stellung,  sie  blieb  37  Jahre  lang  einfache  Nonne.  ]k'i  ihrem  Austritt  aus  dem 
Kloster  erklärte  sie,  einzelne  Gegenstände,  die  sich  ,,in  ihrer  Zelle  oder  ihrem 
Gemach,  auch  in  Kisten  und  Schränken"  befanden,  nicht  bloss  von  Schwestern, 
die  uns  bekannt  sind,  der  Agnes  von  Hattstein  und  der  Äbtissin  (Anna), 
sondern  auch  „von  der  von  Hanau",  d.  h.  von  der  längst  vor  1525  verstorbenen 
Äbtissin  Marie  von  Hanau-Lichtenberg  erhalten  zu  haben.  Einen  weiteren  Beweis 
für  die  lange  Zeit  ihres  Aufenthaltes  zu  Clarenthal  gibt  ihre  Urkunde  vom  Jahre 
1558,  die  wir  im  3.  Teil  dieser  Abhandlung  (S.  26)  ausführlicher  bringen  werden; 
in  derselben  sagt  sie,  sie  sei  in  Zeiten  ihres  unverständigen,  minderjährigen 
Alters  vor  etlichen  Jahren  in  das  Kloster  zu  Clarenthal  beredet  worden, 
habe  Profess  gethan  und  sich  dann  eine  gute  Zeit  darin  gehalten.  So  un- 
bestimmt auch  die  Worte  „vor  etlichen  Jahren"  lauten,  so  kann  der  Ausdruck 
„eine  gute  Zeit"  nur  auf  eine  längere  Zeit  —  hier  sind  es,  wie  gesagt, 
37  Jahre  —  hindeuten.  So  ist  es  unzweifelhaft,  dass  sie  im  Jahre  1550  noch 
Lisassin  von  Clarenthal  war.  wenn  uns  auch  verborgen  bleibt,  warum  sie  bei 
der  Visitation  nicht  zugegen  war,  d.  li.  warum  ihr  Name  fehlt  und  sie  nicht 
examiniert   wurdt;. 

Ziehen  wir  das  Resultat  unserer  Darlegungen,  so  betrug  die  Zahl  der 
Nonnen  zu  Clarenthal  im  Jahre  1550  nicht  sieben,  sonderen  mindestens  acht, 
oder  wenn  wir  die  p]rba<l)erinnen.  die  noch  formell  dahin  gehörten,  mitrechnen, 
zehn  Jungfrauen, 


Es  folgten  schwere  Zeiten  für  Cliircntlial.      Im  Soninior  dos  Jahres  1552 
brauste  der  verheerende  Sturm  des  wilden  ^Markgrafen  von  Brandenburg-Culm- 
baeh  über  die  Landschaftern    des  Mittelrheins.      Er  hatte    im  Dienste    des  Kur- 
fürsten Moriz  von  Saclisen  an  der  Belag(u-ung  der  Stadt  Frankfurt  teilgenommen 
und  war  erst  (ünige  Zeit  nach  deren  Aufhebung  abgezogen,   nachdem  (ir  erkannt 
hatte,    dass  er    eine   l' hergäbe  der  Stadt    oder  Zahlung  einer  Geldsumme  nicht 
erzwingen    konnte.     Berüchtigt    ist    sein    nunmehr    (im    August    1552)    unter- 
nommener Kaub-  und  l'lünderungszug  nach  dem  Rhein,    durch  den  namentlich 
die  Stadt  Mainz    hart    mitgenommen    wurde.     Aber  auch  die  Umgegend    blieb 
nicht  verschont  und  überall  herrschte  Furcht  vor  einem   Tberfall  seiner  beute- 
gierigen Landsknechte.     Damals    war    es,    dass    die  Nonnen    zu  Ciarenthal    ilir 
friedliches  Thälchen  verliessen    und    hinter    den  ]\Lauern    der    Stadt   Wiesbaden 
Schutz  suchten.    Zweimal  meldet  das  Haushaltungsbuch  vdu  dieser  St-hreckens- 
zeit:  „als  die  Jungfrauen  gen  Wiesbaden  zogen,   des  Markgrafenkriegs  halber" 
und  „als  wir  ausser  dem  Kloster  waren  und  zu  Wiesbaden  im  Schlosse  hauseten". 
Jene  Worte  („als  die  Jungfrauen  gen  Wiesbaden  zogen")  stehen  bei  Ausgaben, 
die  für  Schlösser  an  Thüren  und  Schränken  gemacht  worden  waren,    aber  erst 
im  Jahre  1554  bezahlt  wurden;  es  scheint  also,  dass  man  bei  dem  Gerücht  von 
dem  Herannahen  Albrechts    und    seiner  Horden    alles    gehörig    verwahren    und 
sichern  wollte,    als  ob  das  einen  Schutz  gegen  die  gewaltthätigen  Hände  jener 
Scharen    hätte    gewähren    können.      Ob    übrigens    das  Kloster    damals  Schaden 
gelitten  und  welchen,  wissen  wir  nicht,  aber  die  Erinnerung  an  die  ausgestandene 
Angst  veranlasste  später  die  Klosterjungfrauen  dazu,    auf  die  gefährliche  Lage 
solcher  „Feldklöster",  wie  Clarenthal  eins  war.   und  auf  dessen  Unsicherheit  in 
den  geschwinden  Lauften  der  Zeit  hinzuweisen,   da  es  am  grossen  Gewälde  der 
Höhe  und  fast  eine  Stunde  von  den  Dörfern  umher  gelegen  sei. 

Kaum  war  Ruhe  und  Friede  zurückgekehrt,  als  ein  neues  Ungemach 
hereinbrach,  das  Graf  Philipp  Sterbensläufto  nennt,  ein  anderer  „ein  Sterbendt", 
ein  dritter  „eine  Infection",  schlimmer  noch  für  das  Kloster  als  die  Kriegs- 
läufte,  da  der  Graf  dadurch  veranlasst  wurde  die  Verwaltung  des  Klosters  in 
seine  Hand  zu  nehmen  und  schliesslich  es  selbst  seiner  Auflösung  entgegen- 
zuführen. Der  Seuche  erlag  am  25.  Oktober  1553  die  Äbtissin'*),  am 
28.  August  1554  die  Priorin  Margarethe  Reinberger,  welche  bis  dahin  das  Amt 
der  Äbtissin  verwaltet  hatte;  von  den  fünf  übrigen  Schwestern  des  Ver- 
zeichnisses und  den  inzwischen  neu  eingetretenen'*)  starben  einige,  andere 
„wichen  aus",  wie  ein  Bericht  sich  ausdrückt,  so  dass  zuletzt  nur  noch  eine, 
die  Marie  von  Nassau,  übrig  war;  unter  den  ausgewichenen  befand  sich  die 
Cambergerin,  die  nachher  wieder  erscheint;  eine  andere,  im  Jahre  1550  nicht 
genannte,  die  Margarethe  von  Diez,  war,  wie  wir  sehen  werden,  bereits  vor 
dem  Tode  der  Äbtissin,   also  vor  oder  während  der  Sterbensläufto,   eingetreten. 


'*)  Den  Todestag  giebt  ihre  (.irabscluit't  bei  Hol  wich  an.  Die  aiuleni  hier  folgenden 
Angaben  beruhen  meist  auf  Aufzeichnungen  des  Staatsarchivs;  über  Marie  von  Nassau 
8.  weiter  unten. 

*®)  Schliephake  (IV,  55)  irrt,  wie  sich  weiter  unten  bei  uns  ergiebt,  wenn  er  sagt, 
erst  nach  der  Seuche  hätten  ?ich  vier  .Schwestern  wioJer  eingefun<lcn. 


kommt    aber    ebenfalls    später  wieder    vor    und    harte    also    auih    zu  den  aus- 
gewichenen gehört. 

Auf  die  Xachriiht  von  dem  Tode  der  Äbtissin  und  mehrerer  Jungfrauen 
erliess  der  Graf  Thilipp  der  Ältere'*)  ein  Schreiben  au  den  Amtmann  zu 
Wiesbaden"),  das  vom  V2.  Dezember  datiert  ist.'*)  Er  habe  erfahren,  so  sagt 
er,  dass  die  Äbtissin  und  mehrere  Jungfrauen  verstorben  seien,  so  dass  die 
klüsterlichen  Personen  und  Laienschwestern  in  geringer  Anzahl  vorhanden  und 
zum  Teil  schwach  seien  und  dadurch  das  Kloster-  und  llofregiment  geringest 
oder  «'•ar  kein  ordentlich  Haushalten  und  Versehung  beschehe.  Desshalb 
und  weil  jetzt  ganz  geschwinde  nicht  allein  Sterbens-,  sondern  auch  Kriegsläufte 
seien  und  des  Ab-  und  Zulaufens  vielfältig  geschehen  möge,  so  habe  er,  wie 
ihm  solches  gebühre,  nicht  umgehen  mögen  in  solchen  zugestandenen  Unrat 
ein  "-nädio-es  mitleidiges  Einsehen  zu  thun  und  befehle  also  —  ausser,  dass  der 
Klosterhofmanu  zu  der  Armen  Ruhe  die  Sachen  mit  dem  Kloster  wohl  machen 
solle  — ,  der  Amtmann  wolle  im  Kloster  alle  Briefe  und  Register  in  eine  be- 
schlossene verwahrte  Kiste  bringen  und  solche  in  dem  Gewölb  zu  Wiesbaden 
bei  der  Gemein  einstellen  und  verwahren  lassen,  den  Schlüssel  behalten  und 
ein  fleissiges  Aufsehen  thun  über  die  Vorräte  und  das  Dienstgesinde,  damit 
nichts  entwendet  und  alles,  soviel  als  möglich,  in  guter  pünktlicher  Ordnung 
gehalten  werde. 

Dieses  Vorgehen  des  Grafen  bedarf  einer  genaueren  Beleuchtung.  In 
dem  Staatsarchiv  befindet  sich  ein  „Bericht  über  das  Kloster,  nunmehr  Landes- 
hospital Clarenthal",  der  kurz  nach  dem  Erlasse  des  Restitutionsediktes  von 
1629  abgefasst  ist,  da  er  am  Schlüsse  erwähnt,  dass  nach  jenem  Edikte  kaiser- 
liche Subdelegierte  wegen  Abtretung  des  Klosters,  damals  Landeshospitals,  in 
Clarenthal  erschienen  seien;  denn  es  hatte  ja  noch  nach  dem  Passauer  Vertrag 
bestanden,  welcher  nach  dem  Restitutionsedikt  die  Grenze  der  Säkularisierungen 
sein  sollte.  Und  wirklich  nahm  es  der  Erzbischof  von  Mainz  am  6.  Juli  1630 
in  Besitz  (später  setzten  sich  die  Jesuiten  daselbst  fest).-'^)  Wir  dürfen  also 
unbedenklich  jenen  Bericht  in  diese  Zeit  setzen  und  seine  Bestimmung  darin 
erblicken,  dass  er  den  Absichten  der  katholischen  Partei  entgegenwirken  sollte. 
Denn  er  geht  offenbar  darauf  aus,  das  Verfahren  des  Grafen  Philipp  als  durchaus 
rechtmässig  zu  erweisen,  indem  er  ausführlich  darthut,  dass  auch  früher  die 
Verwaltung  des  Klosters  unter  einer  weitgehenden  Aufsicht  und  Kontrolc  des 
Grafen  und  seiner  Beamten  gestanden  habe.  .  Wenn  auch  diese  Sätze  eine 
Einschränkung  zu  bedürfen  scheinen,  so  galt  doch  der  Graf,  wie  die  Cambcrgerin 
in  ihrer  Urkunde  vom  Jahre  1558  sagt,  als  „fundator,  Oberer  und  Schutzherr" 
des  Klosters  und  es  konnten,  wie  es  der  Convent  am  15.  März  und  14.  Sept.  1555 
ausspricht  (s.  u.),  ohne  seine  Einwilligung  keine  Novizen  aufgenommen  werden. 
Danach  kann  man  ihm  sicherlich  nicht  das  Recht  absprechen  auf  Beseitigung 
bestehender  Missbräuche    zu  dringen  oder.    w(>nn    dies  nicht  gelang,    sie  selbst 


*^  So  heisst  er  in  gleichzeitigen  Urkunden,  nicht  Altherr,  wie  er  gewöhnlich  genannt  wird. 
*')  Amtmann  zu  "Wiesbaden  war  seit  dem  l.'i.  Juni   1540  Moriz  von  Bresen. 
")  Nicht  vom  4.  Dezemlior,  wie  Nehe  a.  a.  ().  berichtet. 
*')  Vergl.  das  Evang.  (Jeineindcbiatt  18'Jl,  XI,  Xo.  5  u.  ü. 


in  die  Iltind  zu  nelnncn.  Yoraiisgosotzt,  dass  ein  Eingreifen  des  Sclmtzlicrrn 
nach  dem  8terbondt  nötig  war,  was  hätte  zunächst  geschehen  müssen?  Ofleubar 
w^ir  es  zu  aUererst  erfurderlich  die  Ordnung  des  Kk)sters  wiederherzustelicni, 
d.  h.  für  die  Neuwahl  einer  Äbtissin  zu  sorgen.  Indem  der  Graf  das  unter- 
liess  und  si'lbst  die  Verwaltung  des  Klosters  in  die  Hand  nahm,  w^orauf  doch 
die  i'bernahme  der  Briefe  und  Register  hinauslief,  ging  er  über  seine  Be- 
rechtigung hinaus.  Vielleicht  war  er  froh  eine  Veranlassung  gefunden  zu 
haben,  sich  ernstlicher  mit  dem  Kloster  zu  beschäftigen.  Er  hatte  der  Refor- 
mation im  Jahre  1543  den  Zugang  zu  seiner  Herrschaft  gestattet;  zu  durch- 
greifenderen Neuerungen,  wie  Aufhebung  der  Klöster,  waren  die  unsicheren 
politischen  Zustände  nicht  angethan  gewesen  und  das  Interim  hatte  alles  wieder 
in  Frage  gestellt.  Jetzt,  nachdem  der  Passauer  Vertrag  eine  grössere  Stetig- 
keit der  Verhältnisse  und  mehr  Ruhe  und  Frieden  zu  verbürgen  schien,  konnte 
er  daran  denken,  weiter  voranzuschreiten  und  die  Anstalt  zu  Clarenthal  ihrem 
Ende  entgegenzuführen,  ein  Ziel,   das  er  von  nun  an  nicht  aus  den  Augen  verlor. 

Die  Ausführung  des  gräflichen  Gebots  verzögerte  sich.  War  die  Gefahr 
einer  Ansteckung  noch  nicht  geschwunden?  Fast  sollte  man  vernmten,  dass  die 
Furcht  vor  ihr  noch  geherrscht  habe;  hatte  doch  der  Amtmann  Moriz  v.  Bresen 
nach  dem  Ilaushaltungsbuch  im  Bichterhaus  zu  Clarenthal  im  Sterben  gelegen, 
der  am  30.  April  1554,  wie  sein  Grabstein  meldet'-"),  wirklich  starb,  ob  infolge 
der  „Infection"?  Jedenfalls  verzögerte  sein  Tod  die  Ausführung  des  gräflichen 
Gebots.  Seine  Stelle  blieb  dann  geraume  Zeit  unbesetzt  und  der  Bereiter  Hans 
Zeun  von  Büdingen  versah  das  Amt.  So  kam  es,  dass  erst  am  6.  Sept.  1554, 
wenige  Tage  nach  dem  Tode  der  Priorin,   der  Befehl  des  Grafen  vollzogen  wurde. 

„Mittwoch,  den  6.  September  1554,  so  lautet  eine  Aufzeichnung  des 
Staatsarchives,  hat  auf  Befehl  des  Grafen  Philipp  der  Amtsverwalter  Hans 
Zeun  von  Büdingen  und  der  Rentmoister  Levin  von  Havelberg  zu  Wiesbaden 
alle  Siegel  und  Briefe  des  Klosters  besichtigt  und  den  Inhalt  verzeichnet")  in 
Gegenwart  der  Klosterjungfrauen 

1.  Marie  von  Rüdesheim, 

2.  Margarethe  von  Diez, 

3.  Margarethe  von  Camberg, 

4.  Else  von  Würges, 

5.  Cordula  Echtem, 

6.  Margarethe  von  Eufingen, 

sowie  der  Hofleute  Ilen  von  Erbenheim  und  Teysen." 

Betrachten  wir  zuerst  die  Namen  der  Nonnen.  Von  den  Namen  des 
Verzeichnisses  von  1550  erscheint  hier  nur  einer  wieder,  der  der  ^larie,  nun- 
mehr als  Marie  von  Rüdesheim.  Dass  beide,  :^[arie  von  Nassau  und  Marie 
von  Rüdesheim,  dieselbe  Jungfrau  bezeichnen,  geht  daraus  hervor,  dass  von  der 
Nassauerin    gesagt  wird,    sie    sei    bei    dem  Tode  der  Reinbergerin    die  einzige 


")  Ilel wichs  Abschrift  iioiint  ihn  Max  von  Prostoln,   doch  j,^il.  es  damals  koin^ii  .>i11<mi 
und  ehrenfesten  Mann  dieses  Namens  zu  Wiesbaden. 

")  Das  Staatsarchiv  bewahrt  dieses  Verzeichnis  noch  heute  auf. 


10 

noih  zu  Chireiirlial  verbliebene  Sclnvester  gewesen.'*)  Nach  Verlauf  von  kaum 
acht  Tagen  —  am  6.  September  —  bi'gegnet  uns  der  Name  „von  Rüdosheim", 
nach  noch  niciit  14  TuirtMi.  am  17..  und  bald  darauf  am  24.  September  wird 
im  Haushaltungsburh  wieder  Marie  Nassauerin  genannt;  sie  steht  an  diesen 
Tagen,  wo  sie  Stattlmlterin  oder  Verwalterin  lieisst.  gerade  wie  am  6.  September 
an  der  Spitze  der  Klosterschwestern  und  ebenso  noch  bei  ihrem  Sclieiden  aus 
C'larenthal  im  Jidire  löMK  wo  sie  wieder  Merg  von  Küdesheim  genannt  wird 
und  die  „akc  Aiitoi".   d.   li.   die  Zelle  der  Äbtissin,   bewohnt.") 

ich  denke,  daraus  erhi'Ut  genugsam,  dass  die  beiden  Namen  nur  eine 
Person  bezeiehnen.  Sie  war  schon  im  Jahre  1550  im  Kloster  und  zwar,  da 
sie  in  dem  Verzeichnis  zuletzt  aufgeführt  ist,  als  jüngste  Nonne;  da  sie  allein 
ausgehalten  hatte  während  der  Sterbensläuftc,  trat  sie  v(m  selbst  in  die  Stelle 
dor  Vorsteiieriu  ein  und  behielt  dieselbe,  auch  als  die  andern  Schwestern  sich 
wieder    einfanden. 

Aber  warum  der  "Wechsel  des  Namens?  Es  ist  wohl  nicht  zu  bezweifeln, 
dass  der  eine  ihre  Herkunft  von  Ilüdesheim,  der  andere  ihre  Abstammung  von 
den  Nassauern  angeben  sollte.  Bei  diesen  kann  man  zunächst  an  die  Grafen- 
familie denken  und  wird  darin  bestärkt  durch  folgenden  Umstand.  In  der 
Kirche  des  Klosters  befanden  sich  nach  dem  „luventarium  der  Ornata  und 
Kirchen  Cleinott  zum  Neuen  Closter"  vom  10.  Dezember  1558  u.  a.  „zwen 
Nassauer  Leb",  d.  h.  zwei  nassauische  Wappen.  Diese  beiden  erbat  sich  und 
erhielt  die  Jungfrau  Merg  bei  ihrer  Übersiedelung  nach  Walsdorf  im  Jahre  1559 
mir  anderen  Gegenständen  von  Graf  Philipp;  sie  sind  hier  als  „zwei  Nassawer 
Wappen  an  albeu"  verzeichnet.  Sie  kann  das  grosse  Interesse  an  ihnen,  das 
durch  ihre  Birre  bekundet  Avird,  doch  nur  desswegen  gehabt  haben,  weil  sie 
sich  mit  dem  Hause  Nassau  verwandt  glaubte.  Wenn  wir  nun  von  einer 
Marie  von  Nassau  als  Mitglied  des  Grafenhauses  in  jener  Zeit  nichts  wissen, 
die  Genealogen  wenigstens  davon  nichts  berichten,  so  muss  entweder  ihr  Name 
sonst  nicht  genannt  oder  bekannt  geworden  sein,  oder  wir  haben  in  ihr  eine 
Spuria  des  Hauses  zu  erblicken,  deren  Mutter  zu  Rüdesheim  lebte  und  die 
unter  dem  Schutze  und  der  Fürsprache  ihres  Vaters  die  Aufnahn.e  in  das 
Kloster  erlangte,  wie  das  ja  auch  sonst  vorkam.  —  Man  könnte  aber  auch  die 
Maiie  dem  Geschlechte  der  Herrn  von  Nassau-Spurkenburg  zuweisen,  das  damals 
zu  Sonnenberg  im  Besitze  einer  Burgmannschaft  war  und  auch  zu  Wiesbaden 
einen  Hof  besass;  zwei  der  Faiiiili(!  kommen  als  Amtmänner  daselbst  vor, 
Jtdiann  im  Jahre  1532  und  Georg  im  Jahre  1558.-*)  Doch  hier  geraten  wir 
wieder  in  Verlegenheit  durch  die  Bezeichnung  „von  Rüdeslieim".  Es  bleibt 
daher  vorerst  nur  ein  non  liquet  für  uns  übrig. 

A  on  den  Fräulein  von  Diez,  der  Cambergerin  und  den  Echtem  haben 
wir  oben  bereits   gesprochen;    bei    der  Else    von  Würges    und  Margarethe  von 

"j  Roth,  fontes  I,  1,  483. 

*')  Siehe  unten  in  der  Inventarisatioii   vom  .'>.   Fcbninr  1559. 

")  Vogel,  Annal.  II,  3,  31.  Junker  Johann  von  Knssau  besass  nach  einem  alten  Zins- 
rogister  des  Hos-pitnls  u.  a.  vier  Morgen,  die  dem  Junker  Winter  von  Küdesheim  (im  Hofe  der 
Herrn  von  Wiesbaden,  zuletzt  der  Mahrische  Hof  in  der  Kirclignsse  geimnnt)  gehört  hnttoii. 


11 

Eufingon  können  wir  nicht  entscheiden,  ob  sie  adeligen  Familien,  die  zu  Wiiiges 
und  Eiifiiigen  angesessen  und  begütert  waren,  oder  ob  bürgerlichem  Stande 
angehörten.  Über  die  lieiden  Hofleute  s.  unten  in  dein  Abschnitt  3,  S.  20. 
You  den  sechs  Jungfrauen  der  Liste  von  1554  waren  also  vier,  Nu.  2, 
4,  ")  und  6,  nach  dem  Jahre  1550  in  das  Kloster  eingetreten,  eine  Thatsache, 
die  auch  Fichardt  in  seinem  Gutachten  au  den  Grafen  bestätigt  fs.  u.).  Von 
der  Diezeriu  berichtet  die  Priorin  in  ihrer  Rechnung  (s.  u. ),  dass  sie  iiir  das 
von  der  Äbtissin  bei  ihrem  Tode  (155,'))  hinterlassene  Geld  ausgehändigt  habe: 
sie  befand  sich  also  zur  Zeit  der  Sterbensläufto  schon  im  Kloster,  von  den 
drei  andern  aber  dürfen  wir  getrost  annehmen,  dass  auch  sie  um  diese  Zeit 
bereits  zu  Ciarenthal  geweilt  haben,  ja  noch  mehr,  dass  sie  v  o  r  dem  traurigen 
Ereignisse  eingetroffen  waren,  etwa  1550 — 1552.  In  jenen  Jahren  wird  also 
die  Zahl  der  Nonnen  bis  auf  zwölf  gestiegen  sein,  von  denen  eben  fünf  zur 
Zeit  des  Sterbendts  auswichen  und  im  September  1554  sich  wieder  einfanden, 
No.  2 — 6  des  Verzeichnisses,  eine  (Marie)  Stand  hielt,  di(!  übrigen  sechs  entweder 
starben  oder  gleichfalls  auswichen,  aber  ohne  wiederzukehren,  No.  1 — 6  des 
Yerzeichnisses  von  1550.  Die  Zahl  derer,  welche  der  Seuche  erlagen,  betrug 
also  höchstens  sechs,  allerdings  hinreichend  gross,  um  denen,  die  noch  verschont 
waren,  die  Furcht  einzuflössen,  dass  sie  das  gleiche  Geschick  wie  die  Ver- 
storbenen ereilen  möge. 

Die  Rückkehr  der  ausgewichenen  Schwestern  muss  alsbald  nach  dem  Tode 
der  Priorin  stattgefunden  haben.  Die  Berichte  stimmen  darin  überein,  dass 
nur  eine  Nonne  im  Kloster  verblieben  sei;  das  war  am  28.  August;  die  oben 
angeführte  Notiz,  die  Roth,  fönt.  I,  1,  483  mitteilt  (sie  ist  dem  Würzburger 
Archive  entnommen),  sagt:  „1554,  28.  August  moriente  eciam  priorissa  Margareta 
de  Rinberg  et  unica  suporstite  moniali  Maria  de  Nassaw  cum  quatuor  sororibus 
servientibus  Philippus  comes  de  Nassau  per  suos  officiales  omnia  documenta. 
census,  sigilla  etc.,  claves  cciam  ad  mauus  suas  recepit."  In  diesen  Worten 
ist  nur  das  nicht  zutreffend,  dass  nicht  erwähnt  wird,  dass  bei  dem  Eingreifen 
Philipps,  welches  eben  die  „Besichtigung"  der  Briefe  u.  s.  w.  des  Klosters 
am  6.  September  ist,  wieder  sechs  Jungfrauen  anwesend  waren.  Zwischen 
beiden  Tagen,  dem  28.  August  und  dem  6.  September,  muss  die  Rückkehr 
(U'folgt  sein.  Der  Tod  der  Priorin  nicht  weniger  als  das  drohende  Vorgehen 
der  Grafen,  das  siclierlicli  keiner  unter  ihnen  unbekannt  sein  konnte,  da  es 
schon  lange  beschlossen  war,  vielleicht  auch  ein  Befehl  desselben,  dem  ihre 
Anwesenheit  bei  diesem  Avichtigen  Akte  erwünscht  sein  mochte,  alles  dies  rief 
sie  schnell  von  ihren  Zufluchtsstätten  zurück. 

Ob  die  Marie  von  Nassau  die  Leitung  des  Klosters  als  Statthalterin  still- 
schweigend in  die  Hand  genommen  als  die,  welche  allein  im  Kloster  geblieben 
war,  oder  ob  sie  von  dem  Convent  ernannt  wurde,  bis  die  vorgesetzte  Behörde 
eine  Neubesetzung  des  Amtes  der  Äbtissin  herbeigeführt  hätte,  oder  ob  auch 
hier  der  Graf  eingriff,  wird  nicht  gemeldet.  Zur  Seite  stand  ihr  die  ^largarethc 
von  Diez,  in  deren  Beisein  sie  z.  H.  am  21.  und  24.  September  1554  n>ir 
Meister  Christmann  und  Sattler  Melchior  von  Mainz  abrechnete. 


12 

Doch  die  Zalil  (Ut  JSehwostern  sollte  noch  iiu'hr  zusammenschrumpfen: 
am  25.  Januar  \')'ü  schreibt  der  Graf,  es  seien  ilirer  noch  fünf  anwesend  und 
diese  fünf  wurden  endlich  im  Jahre  15r)8  und  1559  „abgefertigt"  oder  nach 
Walsdorf  verpHanzt;  unter  ihnen  befand  sich  nicht  die  Cordula  Echter,  die  ent- 
weder ohne  Abfertigung,  wie  die  Fräulein  von  Erbach  ausgetreten  oder  ge- 
storben war. 

Eine  L'bersicht  über  diese  Verhältnisse  gibt  die  folgende  Zusammenstelluns:: 


Die  Klosterjungfrauen. 

1550,  25.  Februar. 

1554,  6.  September. 

1.   Anna   Brendeln,    Äb- 

t 1553,  13.  Okt 

— 

— 

tissin 

2.  Margarethe    Reinber- 

t  1554,  28.  Aug. 

— 

— 

gerin,  Priorin 

3.  Agnes   von   Hattstein 

4.  Gueth   von    Hattstein 

5.  Christine  von  Diez 

6.  Marie  Kclitor 

vor  1554,  28  Aug. 

gestorben      oder 

„ausgewichen", 

— 

— 

7.  Marie  von  Nassau 

1.  Marie  von  Rüdesheim 

bis  Januar  1559 

2.  Margnrethe  von  Diez 

bis  Januar  1559 

[8.  Margareihe  Cam- 

nicht  examiniert] 

3.  Margarethe  Cam- 

bis  1558,  30.  Juni 

bepgerin 

bergerin 

4.  i-^lse  von  Würges 

bis  1559,  27.  Januar 

5.  Cordula  Echter 

vor  1557,  25.  Januar 
ausgeschieden 

6.  Margarethe  vonEufingcn. 

bis  1559,  27.  Januar. 

~  9.  Katharina  Schenk  von 

— 

— 

— 

Krbach 

vor    1550    aus- 

10.  Klisabeth  Schenk  von 

getreten  (?). 





_        Erbach 

^ 

b)  Aus  dem  Haushalt  des  Klosters  von  1550—1554. 

Während  wir  über  die  Führung  des  Haushaltes  des  Klosters  für  die  frühere 
Zeit  nur  geringe  Kunde  haben,  da  die  dürftigen  Mitteilungen  der  Necrologiums 
über  Schenkungen  und  über  die  Jahrgezeiten  unsere  einzigen  Quellen  sind,  das 
Ilauslialtungsbuch  von  1525—1550  nur  trockene  Zahlen  gibt  und  die  „aller- 
han<lt  Register",  die  das  Inventar  vom  5.  Februar  1559  kennt,  sämtlich  ver- 
schwunden zu  sein  scheinen,  sind  uns  für  die  Jahre  1550 — 1554  mehrere  Auf- 
zeichnungen erhalten,  die  einen  Einblick  in  die  Einnahmen  und  Ausgaben  des 
Klosters  erlauben,  das  Hau.shaltungsbuch  von  1550 — 1554  und  das  Rechnungs- 
buch der  Priorin  während  ihrer  Amtsverwaltung. 

Jenes  ist  bis  zu  ihrem  Tode  von  der  Äbtissin  selbst  geführt  worden; 
denn  das  Jahr  1550  hat  die  l'berschrift:  „in  anno  L  in  dem  25  jare  meynes 
ampts"  und  entsprechend  in  den  folgenden  Jahren  (1551  =  26.  Jahr,  1552  = 
27.  Jalu-j,  ferner  spricht  sie  bisweilen  mit  „ich",  Avie  (1,551)  am  27.  Juli: 
„alöz  unsser  zwen  hern  gestorben  warn  und  ich  einen  boden  zu  dem  provinzial 


13 

schicken  iiiost"  und  das  öfter  vorkommende  „uli  rceluieie  ab  mit.  .  .".  Nach 
ihrem  Tode  ward  es  von  der  Priorin  weitergeführt  bis  in  den  J [erbst  1554.  Jenes 
lässt  in  Bezug  auf  Genauigkeit  und  Vollständigkeit  manches  zu  wünschen  übrif, 
indem  z.  B.  die  Einnahmen  nicht  regelmässig,  sondern  nur  vereinzelt  aufgeführt, 
die  Ausgaben  nach  Materien  (Küchenspeise,  Geschenke,  Weiubergarbeit  u.  s.  w. ) 
geordnet,  dabei  aber  die  Jahre  nicht  inmier  gesondert  werden,  wodurch  ein 
Jahresabschluss,  der  regelmässig  fehlt,  unmöglich  gemacht  oder  sehr  erschwert 
wird.  Trotzdem  bietet  es  eine  Fülle  von  Einzelheiten,  aus  der  wir  eine  Aus- 
lese geben  werden. 

Das  Rechnungsbuch  der  Priorin,  welches  etwa  zehn  Monate  umfasst,  ist 
sorgfältigc^r  geführt;  es  sondert  Einnahmen  und  Ausgaben,  zieht  die  Summen 
von  jenen  zu  einem  Gesamtresultat,  von  diesen  wenigstens  für  die  einzelnen 
Seiten  bis  zum  Anfang  des  Juli  1554  zusammen  und  ordnet  die  Ausgaben  meist 
genau  nach  der  Zeitfolge.  Wir  legen  es  daher  für  die  Einnahmen  zu  Grunde 
und  ergänzen  die  fehlenden  zwei  Monate,  um  die  Gesamteinnahme  eines  Jahres 
zu  gewinnen,  durch  den  verhältnismässigen  Betrag  derselben.  Die  Über- 
schrift des  Eechuungsbuchs  lautet :  „Innom  und  ussgabe  d  u  r  c  h  m  i  c  h 
Margarethe  ßeinbergerin  zu  Ciareuthal  nach  Absterben  der  Alten  Frau  Äbtissin 
sei.  gescheen. "  Daraus  erkennen  wir,  dass  auch  sie  selbst  hier  die  Feder 
geführt  hat. 


1.   Die  Einnahmen  der  Priorin   vom  25.   Oktober  1553 

bis  Ende  Auffust  1554. 


Die  Gesamteinnahmen  der  zehn  Monate  der  Priorin  ergeben  die  Summe 
von  c.  360  Fl.  12  Alb.  Wir  können  sie  nur  annäherungsweise  angeben,  sie 
mag  eher  etwas  höher  anzusetzen  sein,  da  der  Wert  des  Thalers,  der  bei 
einigen  Posten  vorkommt,  nicht  bestimmt  werden  kann ;  nach  einer  Stelle 
werden  4  Thaler  =  5  Fl.  4  Alb.,  also  einer  =  1  Fl.  7  Alb.  gesetzt,  an  einer 
andern  kosten  2  Malter  einen  Thaler,  die  nach  dem  gewöhnlichen  Preise  mit 
2  X  -^'^  Alb.  =  2  Fl.  2  Alb.  bezahlt  werden.  Von  den  genannten  360  Fl. 
12  Alb.  müssen  wir  aber  abrechnen  die  48  Fl.,  welche  die  Äbtissin  hinter- 
lassen hatte,  es  bleiben  also  312  Fl.  12  Alb.  als  Gesamteinnahme  übrig,  und 
rechnen  wir  den  verhältnismässigen  Betrag  für  die  zwei  fehlenden  Monate 
=  c.  62  Fl.  hinzu,  so  ergibt  sich  eine  Jahreseinnahme  von  c.  374  Fl.  Das 
ist  in  unsern  Augen  eine  sehr  geringe  Summe,  erscheint  aber  in  einem  andern 
Lichte,  wenn  man  bedenkt,  dass  der  Geldwert  damals  ein  ganz  andrer  war, 
als  man  ein  Malter  Korn  für  25  Alb.  und  ein  Pfund  Fleisch  für  5 — 7  Pfennige 
kaufen  konnte,  das  Kloster  aber  vieles,  was  zum  Leben  nötig  war,  z.  B.  Fleisch, 
Brod,  Butter  und  Wein,  von  seinen  zwei  Höfen  beziehen  konnte  und  aucli 
Schenkungen  von  Korn  und  Geld  zu  Zeiten  ihm  zuflössen. 

Da  die  Art  der  Einnahmen  nicht  ohne  Interesse  ist,  so  lassen  wir  dieselben 
hier  folgen,  wobei  wir  die  lateinischen  Zahlangaben  des  Originals  mit  unseren 
Ziffern  wiedergeben. 


14 

1.  «Vun  inyntT  Erw.  Frau  inutor  eptissin  sei.  verlassen  gellt  empfangen 
48  Fl.  C'onv.  gelt,  empfangen  von  Margareten  von  Dietz,  hat  min  erw.  Frau 
muter  eptissin  sei.   verlassen.'* 

2.  „Awgelt  (Ertrag  tler  Au  des  Klosters  bei  JJiebrieh).  43  Fl.  18  Alb. 
awgelt  von  Cleiss  wirt  zu  Biberig  empfangen  uf  Oster  Montag,  mit  Im  ge- 
rechnet von  wegen  unser  Awen,   uml  ist  v^n  dem  Jar  fiinfft/ig  drie  unsz  nichts 

mehr  schuldig." 

8.  Uss  woll  o-eleist.  G8  Fl.  vcm  Arnolt  Ingenommen  ....  so  diss  53  Jor 
ine  und  zur  Armen  liue  gefallen."     im  .lahre  1552  erlöste  man  aus  AV(dle  83  Fl. 

4.  „Leibfall.     C  Fl.   leibfall    von    wegen    das    Apts    zu    Erbach  .   .   .   uf 

Soutag  omnis  terra." 

Hieizu  fügen  wir  folgende  Erläuterungen:  1.  Leibfall  ist  eigentlich  der 
I Unfall  der  persönlichen,  namentlich  der  Besitzrechto  eines  Leibeigenen  bei 
seinem  Ai)leben  und  die  Abgabe,  die  seine  Angehörigen  für  i'bertragung 
solcher  Hechte  auf  sich  andern  Herrn  zu  entrichten  hatten.  Deutsches  AVörter- 
bueh  Yl,  598.  Hier  bezieht  sich  der  Leibfall  auf  das  Verhältnis  des  Klosters 
Eberbach  zu  Clarenthal.  Eberbach  musste  nämlich  früher  bei  dem  Tode  eines 
Abtes  wegen  seiner  Besitzungen  zu  Mosbach  zwei  Besthäupter  an  Clarenthal 
abgeben.  Im  Jahre  1433  aber  trafen  beide  Klöster  das  Abkommen,  dass  Eberbach 
dafür  bei  dem  Tode  eines  Abtes  künftig  sechs  Goldgulden  entrichten  solle. 
B  odman  n  S.  12.  Ein  Copiar  im  St. -Archive  sagt:  „Item  so  eyn  apt  gestorben 
zu  Erpach,  8al  er  dem  Convendt  geben  6  Goltgulden  vor  ein  besthaupt,  Sal 
im  die  eptissen  quetiren."  Das  Formular  einer  solchen  (Quittung  ist  dabei 
erhalten.  —  2.  Am  14.  September  1553  war  der  Eberbacher  Abt  Andreas  von 
Küblenz  gestorben;  das  Kloster  kam  also  an  dem  Sonntag  omnis  terra  seiner 
Verpflichtung  nach.  — •  3.  Dieser  Sonntag  omnis  terra  hatte  seinen  Namen  von 
dem  Anfange  der  Messe  des  Tages :  er  war  der  zweite  Sonntag  nach  Epi[)hania, 
der  im  Jahre  1554  auf  den  14.   Januar  tiel. 

5.  ^1272  Fl.  von  Hennen  dem  meister  emjjfangen  uf  gemelten  tag." 
fber  den  Meister  Hennen  s.  unten  in  Abschnitt  3,  S.  20.  Wofür  diese  Summe 
gezahlt  wurde,   wird  nicht  gesagt. 

Als  Summe  dieser  fünf  Posten  ist  angegeben  der  Betrag  von  188  Fl. 
6  Alb.,  sie  beläuft  sich  aber  nur  auf  178  Fl.  6  Alb. ;  es  muss  also  irgend  ein 
Irrtum  untergelaufen  sein,  indem  entweder  ein  Fehler  in  der  Addition  gemacht 
wurde  oder  ein  oder  mehrere  Posten  unrichtig  angesetzt  sind.  So  leicht  der 
erste  Fall  bei  Anwendung  der  lateinischen  Zahlzeichen  vorkommen  konnte  und 
auch  vorgekommen  ist,  wie  einzelne  Nachprüfungen  bewiesen  haben,  so  scheint 
doch  hier  der  zweite  Fall  vorzuliegen.  In  Xo.  1  nämlich  ist  allem  Anschein 
nach  dem  LVIII  .später,  wie  die  Schrift  zu  schliessen  erlaubt,  ein  X  vorgesetzt 
und  dadurch  die  Zahl  um  zehn  veriniudert  worden;  das  muss  erst  nach  ge- 
Hcheln-ner  Addition  stattgefunden  haben;  die  Priorin  vergass  dab(>i  das  Ergebnis 
ihrer  früheren  Addition  zu  ändern.  AVir  haben  für  unsere  Berechnung  den 
Ff'hlcr  berichtigt. 

G.  Aus  Vieh  wurden  erlöst.  1.  „15  Fl.  (>mpfangeii  \<tn  Hennen  von  wegen 
Jeckel  metzger  zu  AVisbaden,   dem  wir  den  Ochsen  verkauft,   und  ist  noch  ganz 


schuldig-  7  Fl.  myncr  2  Alb.  (=  G  Fl.  22  All).),  empfangen  auf  Ostor  Mittwoch«; 
2.  „3V2  Fl.  2  Alb.  (=  3  Fl.  14  Alb.)  für  1  Saw  von  Kaps  Hansen  em- 
pfangen"; '.).  „4  Fl.  für  1  Saw,  hat  Jlans  Krvv  uf  seines  Vettern  hochzeit 
kaufit",   zusamiucii  „22'/2  Fl.   2  Alb."   (22  Fl.    14  Alb.) 

7.  Aus  AVolle  wurden  weiter  erlöst  am  S.  Annentag  den  27.  Juli  ir)r)4 
f)  Fl.,  9  Alb.;  „des  hat  Arnolt  (von  Sonnenberg)  2  Fl.  iubohulten  alt  schuldt 
lutt  der  ussgab." 

8.  Als  Pachtgelder  sind  vier  Posten  aufgefühi-t,  aus  denen  wir  folgendes 
auslieben:  1.  .')'/2  Fl.  von  Meckels  Hansen  /u  Mossbach  empfangen  wegen 
seiner  Pacht  und  Wiesen ;  ist  noch  schuldig  6  Fl.  ;  auf  Ostern-Mittwoch ; 
2.  11  Fl.  1  Ort  (=  74  Gulden)  von  Pacht  /u  Dotzheim  auf  Lichtmess;  3.  4  Fl. 
13 '/2  Alb.  Dotzheimer  Pacht  Donnerstag  nach  Oculi  (1.  März);  das  andere, 
7  Fl.,  ist  „mir"  Margrcdt  noch  schuldig;  4.  4  Fl.  Pacht  von  Michels  Peter  zu 
Mosbach  Freitag  nach  Quasimodo  (6.   April);  zusamnu^n  .,22  Fl.   23  Alb." 

9.  Für  verkauftes  Korn  und  Weizen  wurde  eingenommen  im  Ganzen  der 
Betrag  von  ca.  34  Fl.  7  Alb.  ;  er  verteilt  sich  auf  acht  Posten,  von  denen 
der  erste  auf  Mittwoch  vor  corp.  Christi  (31.  Mai),  der  letzte  auf  Margarethen- 
tag  (13.  Juli)  einging;  ein  Malter  Korn  ist  mit  24,  25  und  20  Alb.  bezahlt 
worden,    einmal    2  Malter    mit    einem  Thaler,    12  Malter    Weizen    mit    15  Fl. 

7  Alb,  ;  12^/2  Fl.  sind  von  der  Armen  Kühe  eingegangen,  ebenso  wohl  auch 
das  Geld  für  Weizen;  denn  der  Hofmann  derselben  kaufte  dafür  verschiedene 
Fische,  Käse,   Oliven  u.   a. 

10.  Die  Einnahme  von  „Zinsgcld"  betrug  im  Ganzen  97  Fl.,  1  Alb. 
Davon  zahlte  Hans  Krug  auf  Thomae  erst  (21.  Dezember)  1553  22  Fl.  auf 
Sonntag  nach  Thomae  (23.  Dezember)  5  FL,  4  Alb.  und  auf  Yincula  Petri 
(1.  August)  1554  22  Fl.  ;  nähere  Angabe  fehlt;  von  Wentzen  Hansen  zu 
Mossbach  gingen  auf  S.  Marxtag  (S.  Marcus,  25.  April)  4  Fl.  für  eine  Wiese 
ein.  Die  drei  folgenden  Posten  bedürfen  einer  längeren  Begründung.  Zunächst 
erhielt  die  Priorin  „20  Fl.  Zinsz  vom  5.').  Jor  von  Herr  Johann  Pastor  zu 
Reinbellen  uf  unserr  Herrn  Offartstag  (Ascensio  dom.  =  3.  Mai)";  in  den  Aus- 
gaben heisst  es:  „Item  hab  ich  Peter  von  Dotzheim  uf  h.  Himelfartstag  geben 

8  Alb.,  als  er  mir  das  gelt  bei  dem  Pastor  Reinbelleu  holt."  ^lit  diesen 
20  Fl.  hat  es  folgen  Bewandtnis.  Im  Jahre  1355  am  17.  Dezember  schenkte 
der  Pfalzgraf  ßuprecht,  seine  Mutter  Mechtild,  Tochter  des  Königs  Adolf,  und 
die  damalige  Äbtissin  von  Clarenthal  Agnes  von  Nassau  ehrend  und  zum  ewigen 
Gedächtnis  seiner  Mutter  und  seiner  Vorfahren  das  Patronat  von  Rheinböllen 
bei  Bacharach  dem  Kloster  Clarenthal  und  sowohl  der  Erzbischof  Gerlach  von 
Mainz  als  Ruprecht  der  Jüngere  bestätigten  diese  Schenkung,  1356  und  1360. 
Als  später  die  entfernte  Pfarrei  dem  Kloster  lästig  wurde,  veräusserte  es  sie 
an  den  Pfalzgrafen  Friedrich,  worüber  eine  Urkunde  vom  28.  Februar  1455 
vorliegt,  behielt  indessen  gewisse  Rechte.  Über  dieselben  erhob  sich  etwa 
zwanzig  Jahre  nachher  ein  Streit  zwischen  dem  Kloster  und  dem  Pfarrer  des 
Ortes  Peter  Schluch,  den  als  Schiedsrichter  Adolf  von  Breithart,  Schulmeister, 
und  Wolfgang  von  Nellenburg,  Sänger  uns.  1.  Fr.  zu  den  Greden  in  Mainz, 
dahin    cutschieden,    dass    der  Zehnte    dem  Kloster    gehihv.     Derselbe    muss  zu 


IG 

20  Fl.  verauschlagt  wurden  sein  oder  soviel  ergeben  haben.  Mit  dem  Pfarrer 
Scbluch  stellte  sieh,  wie  es  scheint,  das  gute  Verhältnis  wieder  her,  denn  nach 
dem  Neerologiuni,  18.  September,  wurde  ihm,  dem  venerabilis  dominus  Petrus 
Scbluch,  plebauus  zu  Reiubulde,  ein  Anniversarium  angeordnet;  er  hatte  dem 
Convente  ein  silbernes  vergoldetes  Kreuz  verehrt,  das  noch  im  Jahre  1558 
vorhanden  war   und  zu  den  Kleinodien  des  Klosters  gehörte. 

Die  zwei  letzten  Pusten  betreffen  die  Stadt  Wiesbaden,  welche  am 
1.  Augu>t  1438  ein  Kapital  von  250  Fl.,  am  28.  October  1486  ein  solches  von 
200  Fl.  von  dem  Kloster  gekauft  hatte,  jenes  für  jährliche  13  Fl.,  dieses  für 
jährliche  10  Fl.  Die  JUirgermeisterrechnung  vom  Jahre  1524  verzeichnet  dem 
entsprechend  als  Ausgabe  zum  Neuen  Kloster  12  Goldgulden  zu  26  Alb.  = 
13  Fl.  und  in  gleicher  Weise  10  Goldgulden  zu  26  Alb.  =  10  Fl.  20  Alb. 
Die  Priorin  gibt  als  Einnahme  von  Wiesbaden  an  am  Dienstag  nach  dem  neuen 
Jahre  10  Fl.  zu  26  Alb.  „zu  der  Brendeln  Jarzeit"-'*)  und  13  Fl.  an  Kiliani 
den  i).   Juli-.*") 

2.    Die   Ausgaben    des    Klosters. 

In  Bezug  auf  die  Ausgaben  sind  wir  weniger  gut  gestellt  als  bei  den  Ein- 
nahmen. Die  Priorin  hat  zwar  ziemlich  genaue  Rechnung  geführt;  nur  manchmal 
ist  eine  vergessene  Au.sgabe  an  unrichtiger  Stelle  nachgeholt,  auch  die  Tage, 
wenn  sie  neben  dem  Kalenderlieiligen  unsere  Datierung  durch  Abzählen  angibt, 
sind  nicht  immer  richtig  bezeichnet,  wie  wir  schon  zu  bemerken  Gelegenheit 
hatten ;  einmal  schreibt  sie  bei  dem  Einkauf  von  Karpfen  in  naiver  Weise : 
„was  sie  kosten,  weiss  ich  nit".  Aber,  was  die  Hauptsache  ist,  der  Abschluss 
fehlt,  da  sie  mitten  aus  ihrer  Thätigkcit  herausgerissen  wurde.  Die  Gesamt- 
ausgabe ihrer  zehn  Monate  beträgt  ca.  293  Fl.,  so  dass  sie  bei  ihrem  Tode 
noch  ca.  07  FI.  in  der  Kasse  hinterliess.  Blieben  die  Ausgaben  während  der 
folgenden  zwei  Monate  in  gleichem  Verhältnis,  so  würden  sie  ca.  350  Fl.  be- 
tragen,  also  ein  Überschuss  von  ca.   70  Fl.   sich  ergeben  haben. 

So  günstii;  scheint  es  in  den  letzten  der  vorhergehenden  Jahre  niemals 
gestanden  zu  haben.  So  wenig  wir  auch  die  Gesamtausgaben  eines  derselben 
übersehen  können,  so  erkennen  wir  doch  so  viel,  dass  bisweilen  grosse  Ebbe 
in  der  Kasse  herrschte.  Das  erhellt  daraus,  dass  die  Äbtissin  Anna  bisweilen 
ein  Anlehen  bei  einer  Schwester  machte  oder  Forderungen  für  geleistete  Dienste 
und  Arbeit  durch  Teilzahlungen  oder  Naturalien,  Korn,  ]\[ehl  u.  a.,  l>efriedigt. 
Zwei  Beispiele  mögen  zum  Beweis  des  Gesagten  genügen.  Am  Andreastage 
(30.  Novemer)  1550  entlieh  sie  von  der  Agnes  Hattstein  4  Tlialer,  erstattete 
sie  ihr  alier  erst  in  <ler  AN'oche  von  (Juasimodogeniti  (5.  — 11.  April)  1551 
wi<!der  zurück.  Dienstag  nach  Pfingsten  1550  (27.  Mai)  rechnete  sie  mit  dem 
Schmiede  Adam    zu  Wiesbaden  ab;    die  Forderune:    desselben    betrug:  —  ohne 


**)  "NVnruiii  zu  der  Breiidolii  Jahrgezeiti'  Gemeint  ist  das  Jahrgezeit  der  Hebelgin 
Urondeln,  da«  in  der  Fastenzeit  gehalten  werden  sollte.  S.  Necrolog,  6.  Januar.  Mit  der  Stadt 
«tand  das  Kloster  durch  Ilcbolgin  nur  dadurcli  in  Heziehung,  daßs  diese  dem  Convent  zehn 
ewigo  Gulden  zu  Wiesbaden  gegeben  hatte. 

*")  Kilimist.'iL,'  ist  al)cr  <ior  M.  .Juli. 


r 


den  Jahreslohn  von  7  Fl.,  1  Malter  Korn  und  einem  Wao-cn  Uolz  —  22  Fl. 
16  Alb.  ;  dafür  erhielt  er  zunächst  5  Fl.  19  Alb.  in  Korn  und  Mehl,  dann 
6  Fl.   und  erst  auf  S.   Andreas  den  Rest. 

Es  kann  natürli(Oi  n'u'lit  unsere  Aljsirlit  sein  dii;  Aus^ulxn  des  Klosters 
bis  ins  Einzclnt-  hinein  zu  verfolgen;  es  niuss  genügen  nur  soviel  heraus  zu 
heben  und  zusauunenzustelleu,  als  nötig  ist,  um  die  Zustände  und  das  Leben  zu 
Clarenthal,  soweit  es  aus  den  dürren  Angaben  einer  Rechnung  möglich  ist,  zu 
erkennen. 

Eine    hervorragende    Rolle    sjuelten    die    Geistlichen,     der    Richter    oder 
Bichti"'er  und  der  Kaplan,  welcher  die  Messe  hielt.    Jenem  wurdt;  im  Jahre  1550 
und  1551   zum  neuen  Jahr  jedesmal  ein  Thaler,     diesem  ein  halber  Thaler  ge- 
geben.    Als  die  „zwen  Herrn"    im  Jahre  1551    gestorben    waren,    der  Richter 
Johann  Clee  an  S.  Medardustag  (8.  Juni),   der  andere  wenig  nachher,  befanden 
sich  die  Nonnen  längere  Zeit    in  grosser  Verlegenheit.     Sie  wandten  sich  zwar 
alsbald  —  am  Sonntag    nach  S.   Annatag,    dem  2.   August  -  -  an  den  Ordens- 
provinzial  mit  der  Bitte,   dass  er  für  Nachfolger  der  beiden  Herren  sorgen  möge 
und,   als  dies  erfolglos  blieb,   abermals  am  2.  März  des  folgenden  Jahres ;  beide 
Sendungen  kosteten  die  erste  4  Fl.,  die  zweite  8  Thaler  Botenlohn  („zu  zerung"). 
Wann  neue  „Herrn"  ankamen,   wissen  wir  nicht,   aber  die  Angaben  des  Haus- 
haltungsbuches belehren  uns,   wie  sehr  man  sich  behelfen  musste,    da  die  Regel 
eine  bestimmte  Anzahl  geistlicher  Übungen  vorschrieb;  so    sollten    die  Nonnen 
nach  der  ältesten  Anordnung  vom  Jahre  1220  in  jedem  Jahre  zwölf  mal  beichten 
und  sechsmal  kommunizieren.    Man  musste  sich  einstweilen  mit  fremden  Geist- 
lichen aus  Mainz  behelfen.     „Zum  guten  Jahre"   1552  erhielt  der  Richter  einen 
Thaler,   der  Kaplan  zu  Mainz,   der  „uns  hie  mess  gethan,   als  wir  keinen  Kaplan 
haben",    einen    halben  Thaler,    der    Bichter,    als    er    hinwegzog,    nachdem    er 
15  AVochen  da  gewesen  war,   Montag  nach  Estomihi  (28.  Februar)  einen  Thaler, 
ein    andrer    von  Mainz    für    einen  Besuch    auf  Pauli  Bekehrung    {2':).   Januar) 
einen  halben  Thaler,    Herr  Heinrich  von  Mainz,   der  auf  Weihnachten   und  an 
vier  Tagen    Messe    gethan    hatte,    einen  Thaler,    ein    Bichter    von    Mainz    am 
3.   April  (Judica)  einen  halben  Thaler,    weil  er  die  Nonnen,    Herr  Jost.    nach 
dem  er  das  Gesinde    berichtet  (sie  mit  dem  Sakramente  versehen),    am  Oster- 
dienstag  ebensoviel,    und  nochmals    im  Laufe  des  Jahres    den  gleichen  Betrag, 
Aveil  er  „den  Nonnen  gedient  hatte";    am  Anfang  des  Jahres  1553  verzeichnet 
die    Äbtissin    vier    Thaler    dem  Bichter,    am    3.   März  1554    die  Priorin  9  Fl. 
als  dessen  Lohn  für  das  Jahr  1553,   am  13.  März  1554  für  den  Herrn  Kaplan 
Johann  4  Fl.   als  „sines  lones"  und  endlich  am  29.  März  dem  Bichtiger  2'/2  Fl. 
„zur  Zehrung  in  seine  Heinuit". 

Der  Hofmeister  ging  gleichfalls  am  Neujahrstage  nicht  leer  aus ;  er  bekam 
„zum  guten  Jahr"  einen  halben,  seine  Frau  einen  Drittelthaler,  eine  dritte 
Person,  deren  Verhältnis  nicht  näher  angegeben  ist,  fünf  Albus.  Desgleichen 
wurde  dem  Hofmeister  Theis  auf  der  Armen  Ruhe  von  Convents  wegen  eiu 
Neujahrsgeschenk  genuicht.  Im  Jahre  1550  kaufte  die  Äbtissin  u.  a.  15\'2  Ellen 
„wirken"  Tuch    für    das  Gesinde    und    auf  des  Meisters  Tisch    zu  Brodtücheru 

2 


18 

für  32  Alb.   iiml  gub   lr):>2  doni  Meister  und  seiner  Frau  G  Fl.,    dass  sie  sich 
sollen  kleiden. 

Gehen  ^vir  /.u  aiuK-rn  Personen  über,  die  mit  dem  Kloster  in  naher  Be- 
ziehung standen,  so  gab  die  Äbtissin  im  Jahre  1550  den  vier  Förstern  zu 
Wiesbaden  4  Thaler  ^vor  unser  schaf,  dass  mir  (sie)  sie  /u  waldo  dryben 
möchten,  darumb  habe  ich  Sie  in  geschenkt,  dan  mir  liaben  iss  nit  macht, 
dan  habe  iih  mich  mir  in  verdragen,  sonst  werden  mir  von  den  Wehern  furstern 
auch  irepandei.    ich  schrib  diss  zu  eym  gedechtnuss.'* 

Denselben  lierrag  gab  die  Priorin  im  Sommer  1554  („tut  5  Fl.  4  Alb."), 
dazu  Maigeld  den  Förstern  von  Wiesbaden  und  Wehen  U  und  18  Alb.,  dem 
Schuhheiss  auf  PHngstabend  als  Pfingstrecht  einen  Thaler,  den  Schützen,  „wie 
man  ihnen  alle  Jahr  geben  nniss",  ebensoviel.  —  Der  Zehentknecht  Peter 
erhielt  1551  einen  Tlialer  für  die  Knechte  in  der  Ernte  und  wenn  man  ihnen 
Wein  geben  nuiss,  etwa  täglich  eine  Mass,  „dass  sie  keinen  Wein  borgen  bei 
den  Wirtheu.  wie  sie  denn  gethan  haben,  dass  die  Äbtissin  dick  4  Fl.  den 
Wirthen  zu  Erbenheim  bezahlen  musste."  Etwas  später,  am  Freitag  nach 
u.  1.  Fr.  Geburt  (11.  September)  erhielt  der  Zehentknecht  Philips,  der  18  Tage 
des  Zehntens  gewartet  hatte,  bei  der  Abrechnung  2  Fl.   15  Alb. 

Als  Schätzung  zahlte  das  Kloster  im  Jahre  1551  am  8.  August  12  Fl.,  für 
155-'>  verlangte  nuin  17  FL.  doch  wurde  diese  Summe  durch  den  Einfluss  des 
(Jrafen  auf  <l  Fl.  ermässigt.  In  einem  Rechtsstreit,  den  das  Kloster  wegen 
einer  Wiese  mit  dem  Herrn  von  Geispitzheim")  hatte,  zog  es  Doktoren  (im-is, 
wohl  aus  Mainz)  zu  Rat;  welches  Honorar  diese  forderten,  ist  nicht  deutlich, 
da  es  mit  andern  Ausgaben  zusammengefasst  ist;  auch  die  andern  Kosten  in 
dieser  Sache,  gemeinsame  Verhandlungen,  Botenlohn  u.  s.  w.  scheinen  nicht 
alle  verzeichnet. 

Auch  einen  Arzt,  aber  nicht  einen  Dr.  med.  erwähnt  die  Priorin  im 
März  1554;  Meister  Andres  oder  Endres  Scherer  zu  Wiesbaden  heilte  damals 
des  Klosterbäckers  Buben  und  erhielt  als  Honorar  8  Albus.  Die  Scherer, 
eiffentlich  Bartscherer.  tonsores,  waren  vielfach  zugleich  ^^'uudärzte  und  in 
Bädern  beschäftigt,  da  man  gern  im  Bade  zur  Ader  Hess;  daher  sehen  wir  sie 
nicht  selten  im  Besitze  von  Badhäusern.  Das  scheint  bei  unserm  Scherer  nun 
nicht  der  Fall  gewesen  zu  sein;  denn  des  Scherers  Endres  Erben  wohnten  im 
Jahre  1555  (er  selbst  war  also  mittlerweile  gestorben)  nach  einer  Bürgerliste 
in  der  hiesigen  Grabenstrasse,  er  übte  also  sein  Gewerbe  in  fremden  Häusern 
und  war  daneben  auch  anderwärts  Heilkünstler. 

Sti-afen  wegen  Vergehens  gegen  die  Feldpolizei  musste  das  Kloster  zahlen, 
weil  die  Schäfer  Nüsse  aufgehoben  hatten;  sie;  wurden  von  den  Schützen 
„geruwct",  d.  h.  in  einer  der  drei  oder  vier  Rügen  der  Schützen  angezeigt  und 
zur  Strafe  gezogen. 

Der  Dechant  u.  1.  Fi.  zu  l-'rankfurt  erhielt  jährlich  16  Fl.  Zinsen  für 
«■ine    Schuld    von    400  Fl.,     die    Äbtissin    von    S.    Clara    zu   Mainz    mehrmals 


")  Damals  HcMitzcr  dos  Hofes  <ltr  lltMiii   \oii   Wiesbaden. 


10 


4  Thaler;  jene  SchiiUl  tilgte  der  (<raf  sofort,  nachdem  er  in  d(!n  vollen  Besitz 


des  Klosters  gelangt  ^var. 


Gehen  wir  nunmehr  zu  dem  Gesinde  des  Klosters  über,  so  müssen  wir 
bedauern  eine  genaue  Übersicht  über  die  Personen  und  Ti(ilinv(!rliältnisse  nicht 
zu  gewinnen  Unter  den  PiM-sdiicii  wii-d  nicht  unterschieden,  welchem  der  beiden 
Höfe  des  Klosters  sie  angehörtiui,  und  die  Lühne  werden  meist  in  Teilzahlungen. 
Ilestlieträgen  oder  auf  l\,e(;hnung  (ungeschrieben.  Es  werdim  g(^nannt  ein  Olier- 
knecht,  JJuben  und  Viohbuben,  Mägde  und  Viehmägde,  Schäfer  und  ihre  Buben, 
Bäcker  und  Bäckerbuben,  Küchenbuben,   der  Sauhans. 

Klarer  sehen  wir  in  die  Verhältnisse  der  im  Dienst  des  Klosters  stehenden 
Arbeiter:  die  zwei  Strohschneider  zu  Bierstadt  waren  im  Jahre  1550  gedingt  zu 
6  Fl.  und  2  Malter  K(n-n;  die  Kornschneider  zu  18  Fl.  und  soll  man  ihnen  Bier 
geben  und  keinen  Wein,  wenn  aber  das  Korn  abg(!schnitten  ist,  sollen  sie 
74  Wein  erhalten;  die  Gras-  und  Hafermähder  bekommen  lö^i  Fl.,  die  Jleu- 
mähdor  7  Fl.,  die  Drescher  5  Fl.  8  Alb,,  die  Schafscherer  12  Batzen  und  die 
Fraucni,  welche  die  Schafe  zu  wasclien  helfen,  3  Alb.  Dazu  treten  Leute,  welche 
Mist  tragen  und  streuen,  und  mancherlei  Taglöhner;  dem  Gelzenleuchter  gab 
man  1550  einen  Gulden. 

Höchst  bedeutsam  sind  die  Mitteilungen  über  die  Thätigkeit  der  Wingertleute, 
zumal  da  wir  aus  einer  derselben  die  Lage  eines  AVeinberges  erfahren.  Wir 
folgen  hier  wieder  der  Rechnung  der  Priorin  und  ihrer  Fortsetzung.  Nachdem 
im  Frühjahr  7  Fl.  und  dann  5  Fl.  7  Alb.  auf  die  Arbeiten  in  den  Wein- 
bergen verwendet  worden  waren,  erhielten  im  Mai  Frauen,  welche  die  Heben 
gebogen  hatten,  3V2  Alb.,  im  Juni  vier  Frauen  für  das  Heften  (Binden)  der 
Wingerte  einen  Gulden  und  endlich  am  14.  Oktober  die  Leser  in  dem  Wein- 
berg, genannt  die  Geisheck,  2  Fl.  2  ^.  Wir  erkennen  hieraus,  dass  die 
Zeit  der  Lese  im  Jahre  1554  der  Anfang  des  Oktober  war,  und  fiudcui  die 
Nachricht,  die  Schenck  S.  406  mitteilt,  dass  das  Kloster  in  dem  Distrikte 
Geisheck  einen  Weinberg  angelegt  habe,  vollauf  bestätigt.  Hier  war  ehemals 
ein  Gebüsch  gewesen,  ein  „husche"  =  Gesträuch  oder  Gehölz  im  Gegensatz 
zu  dem  eigentlichen  Walde,  welches  die  Grafen  Gerlach  und  seine  Söhne 
Adolf  und  Johann  dem  Kloster  im  Jahre  1347  geschenkt  hatten;  Graf  Adolf 
erlaubte  dann  im  Jahre  1349  seiner  Schwester'-)  und  dem  Convent  das  Rod 
zu  roden.  Diese  oder  ihre  Nachfolgerinnen  benutzten  die  ihnen  gegebene 
Freiheit,  indem  sie  das  Land  urbar  machten.  Der  Weinberg  bestand  noch  zur 
Zeit  des  30jährigen  Krieges''),  zu  Schencks  Zeit  waren  nur  noch  Si)uren 
von  ihm  zu  sehen. 

Natürlich  waren  auf  den  Klosterhöfen  manclietlei  Handwerker,  meist  aus 
Wiesbaden,  doch  auch  von  Mainz,  Leieudecker  (Dach-  oder  Schieferdecker), 
Schlosser,  Schmiede,  Sattler,  Wagner  u.  s.  w.  beschäftigt;  Waren  und  Lebens- 
mittel kaufte  man  an  den  genannten  beiden  Orten. 


»•-)  Es  war  dies    offenbar   die    Äbtissin   Katharina,    die    im  .lalue    134S    nielirnials    in 

Urkunden  vorkommt. 

»ä)  „Extract   aus    den    Clarentlialer  Hospitalrechnungen    a.    1631."      Vori,'!. 

Ende  des  Inventars. 


o* 


20 

Zuletzt  werfeil  wir  einen  Blick  auf  die  Mahlzeiten.  Ohne  Zweifel  lieferten 
die  Kofi'  des  Klosters  vieles,  wie  Jirod  und  Geniüt'e,  aber  z.  B.  Butter  und 
Wein  wurde  nirht  in  genügender  Menge  gewonnen.  Käse  kaufte  man  zentner- 
weise, wie  einmal  zwei  Zentner  zu  S  Fl.  5  Alb.  Am  iiäuügsten  erscheinen 
Ausgaben  für  Fische,  da  die  Fastengebute  sich  über  einen  langen  Zeitraum 
erstreckten,  von  dem  nur  einzelne  Tage  ausgenomnu>n  waren.  Hier  begegnen 
uns  vielerlei  Arten  von  Fischen,  Stockfische,  Bückinge,  Karpfen,  Blattisen 
(Phitteiseu),   selten  Salme,   desto  häutiger  Pläringe,   die  man   tonnenweise   bezog. 

—  i'ber  tlen  Verbrauch  von  Fleisch  gibt  die  Rechnung  des  Metzgers  am 
Mittwoch  nach  Peter  und  Paul  l').")!  eine  Vorstellung:  or  hatte  von  Ostern  bis 
zum  Johannistage  für  IT  Fl.  lU '/■.•  Alb.  Fleisch  gt'liefert  und  für  die  Kirch- 
weih l.')r>4  wurden  lM  Pfund  Rindfleisch  für  nötig  befunden  —  und  dabei 
mochte  auch  manches  von  dem  eigenen  Besitz  verzehrt  werden.  —  An  zwei 
Festen,    zu  (Astern   und  auf  der  Kirch  weih,    wurden  Kuchen  in  grosser  Auzalil 

—  ,.s  werden  mehrmals  19  Fladen  genannt  —  gekauft,  dabei  fehlte  es  nicht 
an  (rewürzen.  Rosinen,  Muskatblume,  Oliven,  Feigen  u.  a.  Wie  gross  der 
Vorrat  an  Wein  im  Keller  war,  zeigt  die  Inventarisation  vom  Jahre  1559;  sie 
nennt  S  Fuder  =  48  Ohm. 

Über  die  Ausstattung  der  Zimmer  und  das  Bottwerk  vgl.  die  unten  mit- 
geteilten Berichte. 

Aus  allem  geht  hervor,  dass  sich  die  Klosterjungfraucn  durchaus  nicht 
streng  an  die  harten  Regeln  der  älteren  Zeit  hielten,  die  bereits  mancherlei 
Milderungen  im  Laufe  der  Zeit  erfahren  hatten.  Jedenfalls  ernteten  die 
Scliwestern  von  dem  Weilibischof  das  Lob,  dass  sie  sich  gut  und  wolil  liiolton ; 
oder  hatte  die  frugale  Fastennuihlzeit  sein  Urteil  bestochen? 

.").     i'ber  den  Viehbestand  des  Klosters  im  Jahre  L554 

belehren  uns  zwei  Verzeichnisse,  die  alsbald,  nachdem  der  Graf  die  Verwaltung 
des  Klosters  in  die  Hand  genommen  hatte,  am  13.  September  und  18.  Oktober 
aufgenommen  wurden.  In  eigener  Bewirtschaftung  hatte  damals  das  Kloster 
zwei  Jlöfe.  den  zu  Clarenthal  und  den  zu  der  Armen  Ruhe  bei  Biebrich.  Auf 
jedem  derselben  hatte  es  einen  Hofmeister  oder  Meister,  Hen  von  Erbenheim 
zu  Clarenthal.  Theiss  (Deis,  Teis)  auf  der  Armen  Ruhe;  sie  vermittcdten  aber 
auch  oft  den  V(;rkejir  der  Äbtissin  mit  der  Aussenwelt,  nahmen  eingehende 
(ielder  in  Kmjifang  und  besorgten  Einkäufe  und  Zahlungen,  waren  überhau])t 
wichtige  Personen  für  das  Kloster,  weshalb  sie  auch  wie  die  Goistliclien  mit 
Neujahrsg(!S(d>enk(!n  bedacht  wurden.  So  finden  wir  sie  aucli  zu  der  Besiclitigung 
(b-r  Briefe  und  Dokumente  des  Klosters  zugezogen  und  sie  sind  bei  der  Vieh- 
zählung als  gi'genwärtig  zu  denken,  wie  die  zweite  andeutet.  Bei  der  (U'sten 
fehlt  der  Nanu-  des  Jlofes,  bei  der  zwcuten  wird  in  der  Fberschrift  das  neue 
Kloster  genannt,   daher  wir  für  die  erste  die  Arme  Ruhe  voraussetzen. 

1.   Viehstand  des  Klosters,    13.   September  1554. 
Item  iin  sawe  vige  gezelt  gross  iiihI  klein  sechtzigk  und  eyn  saw,   darunter 

23   ijrrjlier    s;iwe. 


21 

item  ;iii  riiidtvi^^c   XXII   stuck   iiml   vioi  st.    kclInT, 

Item  Schott'  f^ezclt  junge  und  alt(!  vierhundert  secht/.igk  eyn  stuek.  dur- 
unter dei-  Kneclit.  Xotii:  der  Itzige  Schaff'er  Kneelit  hatt  X  stuck 
line  zustendig-. 

Item    viel'   \v;ig'en    pterde. 

Item  zwey  moln  pf'erde. 

Item  eyn  tiln  von  tzweien  joren. 

2.     Dem   XVIII.   October   ir)54. 

New  Closter  das  vihc  gezalt. 
Item  IX  st.   gelle  vihe  (gelte  =  sterilis). 
Item  XVII  Melke  kuhe. 
Item  VII  jerlinge  Kelber. 
Item  VII  st.   von  zweyen  Jahren  Jlindtfylie. 
Item  VI  st.   mastvehe  und  VIII  Kelber. 

Item  II£:  weyuiger  1  stuck  an  Schaff'  vihe,   darunter  der  Knecht. 
Item  I^  XV  st.   an  Saw  vihe  gross  und  klein,    wie  sie  der  Maister  selbst 

zaitt  hatt. 
Item  AVagen  und  Pferde. 

Danach  besass  das  Kloster  an  Schafen,  wenn  wir  auch  bei  denn  zweiten 
Verzeichnis  für  den  Knecht  zehn  Stück  rechnen,  etwa  640  Stück,  an  Schweinen  1 76. 
an  Rindvieh  im  Ganzen  80  Stück,   dazu  Wagen  und  Pferde  auf  beiden  Höfen. 

c)   Die  Auflösung  des  Klosters  1554—1559. 

Von  dem  Zeitpunkte  au,  wo  die  von  dem  Grafen  am  12.  Dezember  1553 
angeordneten  Massregelu  ruchbar  geworden  sein  mochten  und  droheten.  beginnen 
die  Versuche  der  Hüter  der  alten  Ordnung  geregelte  Zustände  zu  Chireuthal 
wieder  herzustellen  und  dadurch  den  Fortbestand  des  Klosters  zu  sichern:  sic^ 
gingen  von  drei  Seiten  aus,  dem  Ordensproviuzial,  dem  Convent  zu  Olarenthal 
selbst  und  dem  Erzbischofe  von  Mainz,  und  betrafen  die  Wahl  einer  Äbtissin, 
die  Aufnahme  neuer  Mitglieder  und  das  ganze  Verhältnis  des  Klosters  zu  dem 
(frafen,   waren  aber  von  gleicher  Erfolglosigkeit. 

1.  Die  Wahl  einer  Äbtissin  herbeizuführen  und  zu  leiten  war  Sache  des 
Provinzials.  Bruder  Heinrich  Stollcisen,  damals  (seit  1545  bis  1556)'")  Bar- 
füsser-Ordensprovinzial  in  oberen  deutschen  Landen,  richtete,  noch  ehe  er  den 
Tod  der  Priorin  erfahren  haben  konnte,  an  demselben  6.  September,  als  die 
gräflichen  Beamten  die  Briefe  des  Klosters  besichtigten,  an  den  Amtmann  zu 
„Weisbaden"  ein  Schreiben  des  Inhalts,  er  habe  eine  Statthalterin  aus  dem 
Convent  zu  Speier  für  Ciarenthal  konfirmiert,  die  bis  zur  Wahl  einer  Äbtissin 
dem  Kloster  vorstehen  solle.  Eine  Antwort  auf  dieses  Schreiben  ist  nicht 
erhalten,  aber  die  konfirmierte  Statthalterin  fand  keine  Aufnahme.  —  Nach 
länger  als  Jahresfrist,    am  5.   Januar  1556,    meldet  Friedrich  Hund    von  Saul- 


ä»)  P^ubel,  Geschichte  der  oberdeutschen  Minoritcn-Proviiiz  8.   167. 


hi'im  (U-r  Ältere  dem  Grafen,  die  geistliehe  Obrigkeit  wolle  seine  Tochter 
Clara.  Jungfrau  im  Kloster  zu  dem  alten  Münster  in  Mainz,  zu  einer  Äbtissin 
von  Ciareuthal  verordnen;  dieweil  dazu  seine  Yerwilligung  erforderlich  sei  und 
er  ohne  Yurwisseu  des  Grafen  keine  Lust  habe  sie  zu  geben,  fragt  er  um  seine 
Meinung.  Audi  hier  vermissen  wir  die  Autwort,  die  nicht  aufmunternd  ge- 
wesen sein  wird,  da  Clara  nicht  als  Äbtissin  erscheint.  Der  IS'achfolger  Stoll- 
eisens. Ki.nrad  Ludescher,  scheint  die  Saclie  nicht  weiter  verfolgt  zu  haben. 
1'.  \)a<  Kluster  selbst  fühlte  sich  von  der  geringen  Zahl  der  Schwestern 
am  meisten  unbefriedigt.  Es  wandte  sich  zweimal  im  Laufe  des  Jahres  1555 
deswegen  an  den  Grafen;  wir  geben  den  Inhalt  der  ersten  Bittschrift  (vom 
L").  März)  kurz  wieder.  Der  Graf  wisse,  wie  das  Kloster  mit  so  wenig  Personen 
begabt  sei.  dass  sie,  wie  von  Alters  beschehen,  ihre  Bräuche  mit  Singen  und 
anderem  im  Ciior  nicht  vollenden  könnten,  dazu  sei  keine  unter  ihnen,  die 
etwas  schreiben  möge;  sie  wüssten  aber,  dass  eine  Jungfrau  zu  Mainz  im 
Kloster  zu  St.  Clara  sei,  die  ihrem  Orden  angehöre  und  die  solches  mit  Singen 
und  Schreiben  versehen  kcinne;  sie  seien  aber  nicht  gemeint  oline  Vorwissen 
und  gnädige  Verwilliguug  des  Grafen,  jemand  aufzunehmen,  bäten  also  um 
Erlaubnis  diese  Person  aufzunehmen,  damit  sie  das  Kloster  in  "Würden  und 
Ehren,  wie  es  vormals  gewesen  ist,  haben  mögen.  Die  zweite  Bittschrift  ist 
vom  14.  September:  hier  findet  sich  ihr  Gesuch  also  begründet:  „Da  das 
Kloster  niemand  ohne  das  Yorwissen  des  Grafen  aufnehmen  dürfe  und 
wolle"".     Philipp  blieb  für  die  Bitten  der  Jungfrauen  taub. 

i).  Endlich  ergriff  der  Erzbischof  von  Mainz  am  29.  März  1556  das  AYort, 
Auf  den  Erzbischof  Sebastian  von  Heusenstamm,  der,  wie  es  scheint,  der  Sache 
ihren  Lauf  gelassen  hatte,  war  am  18.  April  1555  Daniel  Brendel  von  Hom- 
burg gefolgt.  Er  brachte  als  Glied  der  Familie,  welcher  die  letzte  Äbtissin 
Ciarenthals  und  fünf  Klosterjungfrauen  angehört  hatten  (s.  oben),  der  Anstalt 
ein  grösseres  Interesse  entgegen  und  beschloss  hier  einzuschreiten.  In  einem 
Schreiben  von  dem  genannten  Tage  beklagt  er  sich  darüber,  dass  schon  geraume 
Zeit  das  Kloster  einer  Äbtissin  entbehre  und  die  Conventualen,  die  Willens 
.seien  eine  neue  zu  wählen,  daran  verhindert  würden,  ferner  dass  eine  weltliche 
Mannsperson  das  llegiment  führe  und  Briefe  und  Siegel  besitze;  er  verlangt 
Abstellung  dieses  Zustandes. 

Dieses  Schreiben  drängte  den  Grafen  zu  einer  endlichen  Entscheidung. 
Zunächst  suchte  derselbe  eine  bestimmte  Antwort  hinauszuschieben,  indem  er  den 
Erzbisehof  auf  den  Tag.  an  dem  er  seine  Mainzer  Lehen  empfangen  werde, 
vertröst(,'te ;  er  werde  dann  zugleich  über  die  Klosterfrage  berichten.  Aber  auch 
di«!sen  Tag  wusste  er  wegen  seiner  Gesuudheitsverhältnisse  weiter  hinauszudrücken. 
Mittlerwcil((  wandte  er  sich  an  den  Frankfurter  Rechtsgelehrteu  und  Syndicus, 
Dr.  Johann  Fichard.  der  sich  in  seiner  Heimat  eines  hohen  Ansehens  erfreute, 
und  bat  um  dessen   Hat. 

Johann  Fichard'*},    Sohn   des  Kekturs    einer    Stiftsschule,    dann  Gerichts- 
schreibers Ficliard  zu  Frankfurt,   war  im  Jahre  1512  geboren  und  erhielt  nach 

'*)  Kitien  Abriss  seines  Lebens  von  Dr.  Juiifj  s.  in  dem  Korresp.-ßl.  der  Westdeutschen 
Zoitsclir.   1886,  .Sp.  207   fl". 


Ja 


Vüllontlung-  seiner  Univorsitätsstuduin  iin<l  kurzer  Thätij^keit  am  Rcichskanniu'r- 
gcricht  zu  Spcier  im  Jahre  10:5;]  die  Stelle  als  Stadtsyudieus  in  seiuer  Vater- 
stadt, die  er  mit  einer  kurzen  Unterbrechung-  vom  Jahre  löBT  an  bis  zu  seinem 
Tode  (1Ö81)  bekleidete.  In  sti-eng  katholischen  Anschauungen  erzogen  wandte 
er  sich  mii'  allinählich  mehr  der  reformatorisclKMi  Richtung,  die  in  Frankfurt 
herrschte,  zu  und  gewann  in  seiner  Stellung  durch  seine;  Befähigung  als  Staats- 
mann einen  massgebenden  EinHuss  auf  die  Frankfurter  Angelegenheiten,  ent- 
wi(dvelte  eine  fruchtban;  Thätigkeit  als  Reclitsgelelirter  sowohl  auf  theoretiscluMU 
als  praktischem  Gebiete  und  hat  sich  auch  durch  geschichtliche  Arbeiten  vorteil- 
haft bekannt  gemacht.  Ihm  also  legte  Philipp  am  24.  April  1556  seine  Sache 
vor  und  bat  um  seinen  Rat.  Wir  übergehen  einige  Briefe;  der  beiden,  da  das 
gründliche  Gutachten  Fichards  vom  Februar  1557  alles  hierher  Gehörige  zu- 
sammenfasst. 

Der  Graf  hatte  nämlich  am  25.  Januar  1557  Fichard  gemeldet,  dass  die 
Jungfrauen  von  Clarenthal  ein  Gesuch  an  ihn  hätten  gelangen  lassen,  über  das 
er  abermals  seinen  Rat  erbitte. 

Wir  müssen  die  Schrift  der  Nonnen  weitläufiger  vorführen,  da  sie  den 
Weg  angiebt,  auf  dem  schliesslich  die  ganze  Klosterfrage  erledigt  wurde, 
Philipp  schreibt,  „die  noch  anwesenden  fünf"^)  Jungfrauen  hätten  an  ihn 
gelangen  und  ansuchen  lassen,  er  möge  ihnen  ihre  eingebrachte  Barschaft  und 
dazu  einer  jeden  ihr  gebührliches  jährliches  Gefäll  auf  ihr  lebenlang  oder 
einmal  für  allemal,  wie  er  das  mit  ihnen  zufrieden  werden  könne,  verwidemen") 
und  geben  lassen ;  so  wären  sie  gemeint,  eine  jede  nach  ihrer  Gelegenheit  sich 
in  andere  Klöster  oder  sonst  zu  ilirer  Freundschaft  zu  begeben  und  aus  dem 
Kloster  zu  thun,  auch  ihme  und  seinen  Erben  gegen  solche  Begabung  für  sich 
und  ihre  Erben  auf  weitere  Forderungen  und  Ansprüche  zu  verzichten  und 
vollkommen  zu  quittieren;  sie  bäten,  er  möge  ihnen  beraten  sein,  wie  sie  am 
sichersten  nach  empfangener  Abfertigung  sein  könnten ;  Ursache,  dass  sie  nicht 
mehr  begehrten  im  Kloster  zu  sein,  sei,  sie  hätten  keine  gute  Unterhaltung, 
da  sie  nicht  mehr  Personen  ihres  Ordens  aufnehmen  sollten  und  ihrer  von  Tag 
zu  Tag  weniger  würden ;  sie  seien  ferner  nicht,  ihrer  Religion  gemäss,  mit  einem 
Mönch  versehen,  Messe  zu  thun,  zu  beichten,  und  könnten  ihre  hergebrachten 
Ge^'cmonien  nicht  üben."  Daran  schliesst  der  Graf  in  seinem  Briefe  die 
Bitte  um  Antwort  in  ungefährlich  acht  Tagen  und  im  Falle  der  Notdurft  um 
weiteren  Rat  und  verspricht  gebührliche  Belohnung. 

Das  umfangreiche  Gutachten  Fichards  ist  am  13.  Februar  1557  aus- 
2-efertiii't  und  ffiuu'  mit  i>inem  Beo'leitschreiben  vom  14.  Februar  an  den  Grafen 
ab.  Es  hat  die  Überschrift:  „Deo  optimo  maximo  opitulante'-  und  dii;  Unter- 
schrift: „et  ut  supra  de  iure  responsum  est,  ita  videtur  mihi  lohanni  Fichardo, 
u.  i.  Dri  et  reipublicae  Francofurtensis  Advocato  etc.,  salvo  tamen  omnium 
rectius  sentientium  iudicio.    In  cuius  fidem  haec  rcspousa  mea  manu  subscripsi 


^'^)  Es    war    also    nach    dem    6.    September    1554     oiiio    Schwester    ausgeschieden,    die 
Cordula  Echter,  wie  sich  später  ergiebt. 

^')  Yerwidcmcn  =  zu  Nutzuiess  stiften.     Lex  er. 


24 

data  ur  supra.-     Wir  geben  hier  nur  einige    entscheidende  Stellen,    zuerst  aus 
der  Einleitung,   die  die  Veranlassung  zu  der  ganzen  Frage  gegeben  hat.     „Nach- 
dem aus  Erneuerung  der  Religion  und  gemeinem  Abgang  des  Klosterlebens  sich 
zugetragen,   dass  aueli  im  Kloster  Clarenthal  die  Jungfrauen  je  länger  jt;  mehr 
abgenommen,   dazu  auch  zuletzt  ungefähr  vor  zwei  Jahren'')  ein  heftig  Stcrbendt 
in  das  Kloster  ki>mmen.   also  dass  damals  Abbatissin  und  alle  geweihten  Jung- 
frauen bis  auf  eine  Tods'*")  verfahren  und  auch  seithero  nie  mehr  als  vier'")  ins 
Kl«>ster  gekommen    seien,    nunmehr    aber  sie  sämtlich  befänden,    dass  ihnen  in 
selbigem  Kloster,   welches  von  Leuten  abgesondert  in  einem  Walde  liege,   länger 
zu  bleiben  und  dem  Gottesdienst  und  gewöhnlichen  Ccremonien  mit  Singen  u.  a. 
ihrer  Regel  nach  ob  zu  sein,    sonderlicli    nachdem    sie    auch    nicht    mit  einem 
Beichtvater  versehen  seien,    nicht  allein  hochbeschwerlich,    sondern  auch  ihnen 
als    schlechten  Jungfrauen  unmi'jglieh  sei,    so  hätten    sie    einmütiglieh  bedacht. 
sich  aus  solchem  Kloster  zu  thun  .  .  .   und  hätten  dem  Grafen  als  dem  rechten 
Stifter  und  Schutzherrn  das  Kloster,   zum  beständigsten  solches  beschehen  sollte, 
zu  cedieren  und  zu  übergeben  sich  entschlossen,   doch  so,  dass  der  Graf  ihnen 
ihre  eingebrachte  Barschaft  und  ein  gebührliches  jährliches  Gefäll  verordne  .  .  .") 
Nachdem  nun  der  Graf  den  gewissen  Abgang    des  Klosterlebens  zu  Clarenthal 
vt>r  Augen  sehe  und  das  nicht  nachgeben  könne,   dass  das  Kloster  samt  seinen 
Gütern  nicht  allein  wegen  der  Fuudations-Gerechtigkeit,    sondern  auch  weil  es 
samt  seinen  Höfen    und  Gütern    nassauischer  Grund    und  Boden  sei    und  dess- 
wegen    die    angebotene  Cession  anzunehmen    gemeint   sei,    doch    in  Ansehung, 
dass  solche  geistliches  Gut  anlange,   allerlei  Bedenken  hierin  habe,   so  frage  der 
(fraf.    1.   ob  solche  angebotene  Cession  zu  Recht  bestehe  und  nicht  abgetrieben 
werden    könne.    :?.    wenn    sie  nach    gemeinem    beschriebenem  Rechte  nicht  be- 
ständiglich  beschehen  möge,   wie  dann  durch  welche  Mittel  zu  helfen  sei,   dass  sie 
kräftig  sei."    Die  erste  Frage  wird  verneint,   auf  die  zweite  erfolgt  die  xVntwort, 
„dass  in  alle  Wege  des  Papstes  Consens  und  Confirmation  erlangt  werden  müsse ; 
es  sei    also    eine  Sujjplikatidn    an  den  Papst    zu  richten,    in  welcher    man    die 
traurige  Lage    des  Klosters  vorstellen    und  namentlich    die  Absicht   der  Grafen 
geltend  machen  müsse,   die  Gefälle  desselben  nicht  zum  eigenen  Nutzen,   sondern 
zu  andern  Gottesdiensten  und  milden  Sachen  zu  verwenden ;  eine  solche  Suppli- 
kation um  Genehmigung  der  Cession  erbiet(>  er  sich  zu  machen." 

In  (Ii'iii  Begleitschreiben  sagt  Fichard,  „er  habe  seinen  Ratschlag  so  ge- 
stellt, dass  der  Graf  wisse,  was  er  in  diesem  ganzen  Werk  zu  thun  befugt  sei, 
damit  er  künftighin  in  Rechten  nichts  zu  befahren  und  alles  einen  Bestand 
habe;  wenn  ihm  der  Ratschlag  beider  zweiten  Frage  gefalle,  so  möge  er  einen 
seiner  Secretairen  zu  ihm  abfertigen,  damit  er  dcunselben  noch  allerlei  mündlich 
berichte,   was  sich   nicht  alles    habe  schreiben   lassen  wollen,"     In  einer  Nach- 


")  Sollte  hoisßen  ..vor  vior  Jahren",  d.  h.   1553. 

")  Sie  waren  nicht  alle  gestorben,  sondern  hatten  sich  z.  T.  im  luulcre  Orte  geflüchtet, 
vrie  die  Camhergerin  ii.  Mnrgarethc  von  Diez. 

**)  Nach  dem  Jahre  1550  waren  von  den  sechs  der  Listi?  von  1554  allerdings  nur  vior 
eingetreten  (s.o.  S.   11). 

")  l'j»  folgt  die  Stolle  über  die  Absichten  der  Xonnon;  s.  den  vorigen  Brief. 


J-*^ 


25 

Schrift,  um  dieses  niclit  zu  üborgelKui.  fügt  er  hinzu,  dass  der  Graf  dem  l'ber- 
bringer  seinen  gewöhnlichen  Botenh)]m  entrichten,  ilim  selbst  aber  für  seine 
gehabte  Mülic  12  Thaler,   „doch  verpitschirt",   überschicken  möge. 

Sehen  wir  recht,   so  lief  Fichards  Gutachten  auf  vier  Hauptsätze  hinaus: 

1.  Er  fasst  das  Anerbieten  der  Nonncm,  das  Kloster  mit  den  verlangten 
Abfcn-tigungen  zu  verlassen,  unter  den  juristischen  Begriff  der  Cession ; 

2.  er  hält  den  Grafen  für  berechtigt  das  Kloster  und  dessen  Güter  in 
Besitz  zu  nehmen,  weil  er  Fundator  und  Hchutzherr  sei  und  sie  in 
seinen  Landen  liegen; 

3.  Die  Cession  bedarf  zu  ihrer  Giltigkeit  der  Bestätigung  des  Papstes ; 

4.  die  Einkünfte  d(^s  Klosters  werden  zu  anderen  Gottesdiensten  und 
milden  Sachen,   nicht  in  dem  Nutzen  des  Grafen  verwendet. 

So  sehr  auch  der  Graf  mit  dem  zweiten  und  vierten  Punkte  einverstanden 
sein  mochte,  so  war  er  schwerlich  von  dem  ersten,  gar  nicht  aber  von  d(!m 
dritten  befriedigt.  Er  gedachte  nicht  durch  Cession  das  Kloster  zu  erhalten, 
sondern  als  durch  den  Abzug  der  Nonnen  erledigten  Besitz,  der  nunmehr  an 
den  Fundator  zurückfalle ;  die  ausscheidenden  Jungfrauen  sollten  nicht,  wie  aus 
ihren  späteren  Erklärungen  erhellt,  das  Kloster  und  seine  Güter  cedieren,  was 
r:i  sie  ja  eigentlich  auch  nicht  konnten,  sondern  nur  auf  ihre  etwaigen  Ansprüche 
•  an  das  Kloster  oder  dessen  nunmehrigen  Rechtsnachfolger  verzichten  und  diese 
cedieren.  Ob  der  Graf  die  von  Fichard  angebotenen  Verhandlungen  angeknüpft 
hat,  davon  verlautet  nichts,  eine  Bittschrift  an  den  Papst  ist  aber  nicht  ab- 
gegangen, da  von  einer  solchen  keine  Spur  oder  Andeutung  sich  erhalten  hat, 
sie  wäre  sicherlich  auch  ohne  allen  Erfolg  geblieben  zu  einer  Zeit,  wo  die 
Thätigkeit  der  Jesuiten  in  Deutschland  eben  kräftig  eingesetzt  hatte,  und  da 
sie  von  einem  Fürsten  kam,  der  sich  der  neuen  Lehre  angeschlossen  hatte. 
Welche  andere  Gottesdienste  hätte  er  auch  eingeführt  als  die  der  verhassten 
Lehre,  die  man  eben  zu  Tridcnt  verdammte  und  überall  mit  allen  Mitteln 
bekämpfte? 

Noch  ehe  Graf  Philipp  einen  entscheidenden  Schritt  gethan  hatte,  lief 
ein  zweites  Gesuch  um  Entlassung  ans  dem  Kloster  ein,  diesmal  nicht  von  allen 
Schwestern,  sondern  von  den  Verwandten  einer  einzigen,  der  Cam b erger in^'' ) : 
die  Erledigung  dieser  Sache  jedoch,  die  reichlich  überlegt  und  vorbereitet  werden 
musste,  namentlich  was  die  Höhe  der  Abfertigung  betraf,  entfiel  seinen  Händen ; 
durch  Alter  und  Krankheit  geschwächt  starb  er  am  6.  Juni  1558.  Bei  seinem 
Sohn  nnd  Nachfolger  Philipp  dem  Jüngeren  wiederholten  die  Verwandten  ihr 
Anliegen  und  noch  vor  Ablauf  des  Monats  erfolgte  die  vielleicht  schon  von 
dem  Vater  Philipp  beschlossene  Genehmigung  und  vereinbarte  Abfertigung. 
Daraufliin  stellte  am  30.  Juni  1558  die  Margarethe  eine  Erklärung  aus,  die 
wir  oben  schon  erwähnt  haben;  in  ihr  bescheinigt  sie  den  Empfang  ihrer  Ab- 
fertigung und  spricht  ihren  Verzicht  auf  weitere  Ansprüche  aus.  Wir  halten 
es   für  angezeigt    den  Inhalt  dieser  Erklärung  ausführlicher  hier  mitzuteilen. 


*■■')  Von  diesem  Gesuch  erfahren  wir  etwas  nur  aus  der  fjlcich  folgenden  Erklärung  der 
Carabergerin   vom  30.  Juni   1558.     AVann  es  eingereicht  wurde,  wissen  wir  nicht. 


26 

Sie  beginnt  in  feierlicher  Weise  mit  ihrem  vollen  Klosternamen:  „Ich, 
Margarethe  Canibergerin  von  Bleydeustatt"  und  fährt  dann  fort,  sie  sei  vor 
etlichen  Jahren  in  Zeiten  ihres  unverständigen,  minderjährigen  Alters  in  das 
Jungfrauoukloster  Olarenthal  beredet  Nvorden  und  habe  sich  darin  als  eine  Ordens- 
und Prtifessperson  eine  gute  Zeit  gehalten;  nun  aber  hätten  sich  seithcro  die 
Zeit  und  Laufte  derniassen  verändert,  dass  das  Klosterlebeu  fast  allenthalben 
und  auch  zu  Clareuthal  in  merklichen  Abgang  geraten  sei  und  sonderlich  zu 
jetziger  Zeit  Hessen  sich  die  Laufte  derniassen  geschwind  und  sorglich  an.  dass 
in  dergleichen  Feldklöstern  zu  Avohiien  fast  gefährlich  und  unsicher  sein  wolle; 
derwegen  habe  ihre  Freundschaft  mir  ihrem  Yorwissen  und  guten  Willen  weiland 
den  (irafen  Philipj)  den  Alteren  und  mm  Philii)p  den  Jüngeren  als  dessen 
JSulm  und  Landeserben  bittlich  ersucht,  ihr  aus  dem  Kloster  wieder  zu  ihrer 
Freundschaft  zu  erlauben")  und  sie  mit  einer  ziemlichen  Bereitschaft^')  ab- 
zufertigen, damit  sie  sich  hinfih'o  bei  derselben  desto  ehrlicher  erhalten  möge; 
nadideni  der  Graf  auf  ihre  und  ihrer  Freundschaft  vielfältige  Bitte  solches 
zuletzt  also  verfolget"),  bekenne  sie  für  sich  und  ihre  Erben,  dass  der  Graf  auf 
erlangte  Erlaubnis  ihr  zu  ihrer  Al)fertigung  einmal  für  allemal  habe  folgen 
lassen  60  F 1.  a  n  barem  Geld,  zwei  Säue,  eine  Kuh,  ein  Bett 
und  alles,  was  zu  ihrem  Leibe  gehöre;  dafür  bedanke  sie  sich  zum 
unterthänigsten  und  fleissigsten  und  sage  den  Grafen  der  Itewiil igten  und  ge- 
reichten 60  Fl.  u.  s.  w.  quitt,  ledig  und  los,  sie  verzichte  auch  auf  alle  An- 
sprüche und  Forderungen,  die  sie  als  gewesene  Ordenspersou  des  Klosters  an 
dieses  oder  an  den  Grafen  als  dessen  Fundatoren,  Oberen  und  Schutzherrn  von 
Rechtsgewohnheit  oder  Billigkeit  wegen  gehabt  oder  haben  möge  in  bester  und 
beständigester  Form  gänzlich  und  gründlich  und  codiere  sie  an  den  Grafen,  und 
solle  diese  Cession  von  nicnnand  aus  irgend  einem  Grunde  angefochten  werden 
können;  sie  habe  einen  leiblichen,  gelehrten  Eid  zu  Gott  und  seine  heiligen 
Evangelien  für  sich  und  ihre  Erben  geschworen  alles  fest  und  unwiderruflich 
zu  halten  und  habe  den  edlen  und  ehrenfesten  Christoffel  von  Lindau  gebeten, 
dass  er  sein  angeboren  Insiegel  an  diesen  Brief  hängen  möge".  Dieses  bekennt 
derselbe  gethan  zu  haben;  das  Siegel  ist  erhalten.  Die  Urkunde  ist  ausgestellt 
am  Donnerstag  rfach  Petri  und  Pauli  apost.   =  80.   Juni   1558. 

A\'ir  sehen  hieraus,  wie  mangelhaft  Scheue  k  unterrichtet  war.  wenn  er 
sagt  (S.  411),  der  Graf  habe  „von  den  letzten  zwei  Nonnen,  einer  Fräulein 
von  Camberg  und  einer  Fräulein  von  Eff'ingen,  nach  geschehener  schriftlicher 
Übergabe  von  denselben  um  das  Jahr  1560  das  Kloster  wirklich  über- 
nommen"; S  c  h  1  i  e  p  h  a  k  e  wiederholt  (IV,  55)  diese  Angabe,  weiss  aber 
mittlerweile  über  den  Zeitpunkt  genauer  berichten  zu  können,  indem  er  sagt, 
nicht  um  das  Jahi-  1560,  sondern  im  Jahr  ]5()0  sei  diese  l'bergabe  erfolgt. 
Tud  (luiji  haric  Marg.  schon  vor  dem  oO.  Juni  1558  die  Erlauljiiis.  d.  ]i,  die 
Entlassung  «jrhalten  und  nennt  sich  an  diesem  Tage  eine  ge^yesene  Ordensperson. 


*^)  Kinem  ciluul)en  =  Erlaubnis  geben  zu  gehen.     Lexcr 

*')  Bereitschuft,  hier  =  bares  Geld.     Ijexor. 

")  Verfolgen  =  Folge  leisten,  zugeben.     Lex  er. 


27 

Die  Entlassung  der  Fräuloin  von  Effingon  (Eufingon)  erfolgte  erst  später,  aber 
ebenfalls  vor  dem  Jahre  1560  und  auch  sie  übergab  nicht  das  Kloster,  ebenso- 
wenig als  die  Canibergerin.  Wir  wollen  hiergegen  S  ebene  k  keinen  Vorwurf 
erheben,  da  er  von  den  Mitteilungen  aus  dem  Archive  abhängig  war;  ab(!r 
S  (',  h  1  i  e  p  h  a  k  e  als  Vorstand  desselben  konnte  bei  genauer  Durchforschung  der 
ihm  anvertrauten  Schätze  der  Walirheit  auf  die  Spur  kommen. 

l'ber  das,  Avas  d(n'  Camberg(M-in  ausser  dem  baren  (leide,  den  Schweinen 
und  der  Kidi  mitgegeben  wurde,  li(!gt  eine  Aufzeichnung  vor,  welche  die  Über- 
schrift trägt:  „Nota.  Was  Margaretho  Canibergerin  aus  Bleidenstadt  in  Irer 
Zelle  oder  Gemach,  Au(di  Kisten  und  Schrenk,  So  durch  den  Amptnumn  und 
bereider^'^)  besichtiget,  befunden  hat";  die  Aufschrift  auf  der  Ausscnseite  des 
Bogens  lautet:  „Zettel  oder  Verzeichnung,  was  Margarethe  Cambergerin  aus  dem 
Closter  Clarenthal  gevolgt  worden.  .  .  1558."  Wir  lassen  den  Inhalt  des 
Verzeichnisses  folgen;  es  zeigt  uns,  wie  die  Ausstattung  einer  Ciarenthaler 
Nonne  beschaffen  war.  Die  Gegenstände  befanden  sich  teils  im  Dormenter''), 
teils  in  der  Zelle,  teils  in  der  Kammer  der  Margarethe;  sie  besass  also  zwei 
Gemächer,  was  wir  uns  für  die  unten  folgende  Inventarvisitation  vom  5.  Febr.  1559 
merken  müssen.  Von  einigen  Dingen  erklärt  sie,  sie  habe  sie  „dahin  bracht", 
d.  h.  mitgebracht  bei  ihrem  Eintritt  in  das  Kloster,  von  andern,  sie  seien  ihr 
(geschenkt)  „worden"  oder  sie  habe  sie  „bekommen"  von  der  Äbtissin  (Anna 
Brendel),  der  (Agnes)  von  Hattstein  oder  der  von  Hanau")  andre  haben  kaufen 
lassen  oder  selbst  „gezeugen".") 

1.  Im  Dormenter  befanden  sich  in  einer  grossen  Kiste  ihr  Eock  und 
ihre  Kleider,  die  sie  „dahin  bracht"  hatte;  in  einem  Schrank  etliche  kleine 
Gläser,  die  sie  gleichfalls  „dahin  bracht"  hatte;  ein  klein  Kistlein,  das  sie 
„von  der  von  Ilatstein  bekomen",  zwei  kleine,  leere  Kistlein,  die  ihr  „von  der 
Äbtissin  worden" ;  eine  grosso  Kiste,  die  sie  selbst  „gezeugen"  und  darin 
drei  Eeder-Hauptkisten,  die  „sie  auch  selbst  gezeugen  hat",  und  zwei  Deck- 
betten, deren  eins  sie  „von  der  von  Platstein  bekomen,  das  ander  selbst  gezeugen" 
hat,    sowie  „zwei  gebilter  Decktücher'*"),   hat  sie  zu  Frankfurt  kaufen  lassen." 

2.  In  ihrer  Kammer  war  ein  gutes  Bett  mit  einer  „Kölschen  Zieh"'"') 
ein  „Pulffkisseu"^'),   die  sie  „dahin  bracht"  hat;  vor  ihrer  Kammer  eine  Kiste 


*®)  Amtmann  war  laut  der  Urkunde  vom  22.  Februar  1558  Uoorg  von  Nassau-Spurken- 
burg, Sohn  des  Johann  von  N.-Sp. ;  er  starb  am  31.  August  desselben  Jahres.  Vogel  in  den 
Annalen  II,  3,  31.    Helwichs  Epitaphien.     Bereiter  war  noch  Hans  Zeuu. 

*')  Dormenter  ;=  Dormitorium.     Deutsches  Wörterb. 

*^)  Diese  Schvj^ester  kann  nur  die  Marie  von  Hanau-Liclitenberg  sein,  die  sie  als  Äbtissin 
aufgenommen  hatte;  sie  war  die  Vorgängerin  der  letzten  Äbtissin  und  starb  vor  oder  in  dem 
Anfange  des  Jahres  1525. 

*^)  Zeugen  bedeutet  nach  Lex  er  sowohl  verfertigen  als  auch  machen  lassen;  hier  ist  es  in 
dem  zweiten  Sinne  zu  verstehen,  weiter  unten  kann  es  auch  in  dem  ersten  gefasst  werden. 

^'')  Gebilde,  rheinisch  =  Bildwerk  in  leinenem  Uewebe,  Leinwand  mit  eingewebten 
Würfeln  u.  a.  zu  Tischtüchern;  ebenso  das  Parlicipium.     D.  Wort.  IV,  1,  I.  Sp.  1771. 

^*)  Kelsch  (Kölsch)  =  külniscli,  auch  von  der  Farbe  blau  und  blau  gestreift.  Hilde n- 
brand  im  D.  "VVört.  V,  2,  1622.  Zieh,  rheinisch  =  Zieche,  Überzug  über  Kissen  und  Bett- 
decke.    Kehr  ein,  Volkssprache  in  Nassau,  S.  453. 

")  Pulff  =  Pfühl,  mhd.   Phulwe. 


28 

mit  neun  Paar  Lointüclier.  zwei  llauJzwehlou").  zwei  Tisclitüolunu  und  etlichen 
Femeln**  .   der  ^sie  selbst  gezeuj,'en  hat:  ihr  Vater  hat  ihr  die  Kiste  gegeben^'. 

.).  In  ihrer  Zelle:  drei  „gewirgte"  Stuhlkissen"),  von  Jungfrau  (.  .  . ) 
bekommt-n.  zwei  lederne  ^.Bankpulft.  von  Jungfrau  Angnes  eins  bekommen,  das 
ander  dahin  bracht " ;  noch  ein  klein  Tischlein,  ein  klein  Kistlein,  „hat  sie  von 
der  von  Hanau  bekommen." 

in  einem  Schrank  war  .,Zinnwerk":  eine  Mass-  und  eine  Halbmasskandc*®), 
vier  kleine  Kanden.  eine  Flasche  vt>n  einer  halben  3Iass,  zwölf  Schüsseln, 
klein  und  gross,  fünf  Kessel,  klein  und  gross,  und  noch  drei  Kanden.  Den 
Bi'schluss  machen  zwei  Badebütten,    „die  sie  akh)  maclien   lassen.'" 

Die  Cambergerin  wurde  also  nicht,  wie  die  Jungfrauen  Anfangs  verlangt 
hatten,  mit  ihrer  ganzen  eingebrachten  liarsehaft  :=  150  Fl.  entlassen,  sondern 
erhielt  nicht  einmal  die  llälfte:  dagegen  gab  man  ihr  zu  den  bewilligten 
60  Fl.  eine  Kuh  und  zwei  Schweine,  deren  Preis,  billig  berechnet,  etwa 
1.')  Fl.  ausmachte,  sodass  dadurch  die  Hälfte  der  Summe  ihres  eingebrachten 
Geldes  erreicht  wurde.  Die  übrigen  ihr  mitgegebenen  Gegenstände,  unter  denen 
besonders  das  Bettwerk  reich  vertreten  ist.  waren  ihr  Eigentum,  was  sie  von 
allen  mit  Ausnainne  des  Zinnwerks  ausdrücklich  aussagt,  von  diesem  vielleicht 
vorausgesetzt  werden  darf.  Auffallend  kann  erscheinen,  dass  nicht  einmal  ein 
Gebetbuch,  gesdiweige  ein  andres  genannt  wird,  ebensowenig  als  ein  Heiligen- 
bild. J).is  lässt  tief  blicken,  wie  der  Abgeordnete  Sa  bor  in  der  Reichstags- 
sitzung vom  17.  Dezember  1884  sagte:  geistige  Interessen  lagen  den  Xonneu 
zu  Clarenthal  fern ;  ihr  Gesichtskreis  war  ein  eng  begrenzter. 

Di-m  Vorgänge  der  Cambergerin  schlössen  sich  die  vier  noch  übrigen 
Jungfrauen  an;  wann  dies  geschehen  ist,  darüber  hören  wir  nichts,  doch  dürfen 
wir  vermut«'n.  dass  es  nicht  lange  nachher  stattfand,  da  ihre  Entlassung  im 
Januar  l.')r)9  gemeldet  wird  und  sicher  schon  einige  Zeit  vorher  l)eschlossen 
war.  die  Festsetzung  ihrer  Abfertigung  und  Abfassung  ihrer  Erklärungen  aber 
noch  einige  Zeit  erforderten.  Denn  bereits  am  10.  Dezember  1558  wurden 
die  in  der  Kirche  behndliclien  Gegenstände  inventarisiert  und  zum  Teil  nach 
Wiesbaden  gebracht,  was  doch  nur  geschehen  konnte,  wenn  man  damit  im 
Jii'inen  war.  dass  hier  kein  Gottesdienst  mehr  abgehalten  werde.  Die  Über- 
schrift di's  aufgenommenen  Inventars  lautet:  „Inventarium  der  Ornata  und 
Kirchen-Cleinott  zum  neuen  Closter  den  10.  tag  Decembris  ao.  1558'"',  und  eine 
Jiandbemerkung  (die  nachher  zugefügt  wurde)  besagt:  „Nota.  Diese  Ornata 
seindt  mehrtheils  ghen  Wisbaden  in  einer  kisten  in  das  Gewelb  gofurt  worden, 
wie  sy  dan  daselbst  zu  finden  seindt." 

Dieses  Inventar  zählt  1)5  Xunimern.  docji  sind  uu'hrfacli  zwei  oder  mehr 
Gegenstände  iiiitir  einer  Nummer  vereinigt,  s(tdass  die  Anzahl  derselben  sich 
auf  eine  viel  grössere  erhöht.  Werfen  wir  einen  Blick  auf  das  Ver- 
zeichnis. 


'•'^}  Ilandzwelile  =  Handtuch. 

")  Femel  oder  Fimmel  =  kurzer  Hanf.      I).   Wort.  III,   1638. 

")  (rewirk  =  Tuch  aus  Flachs,   Hanf  odor  Woroh   zusammen.     Kohrein  S.   103. 

**)  Kande  =   Kanne. 


29 

Den  grösston  Raum  nohiiion  dio  Messgewündor  oin,  deren  neunzehn 
genannt  werden,  versohiedcn  an  Stoff",  Farbe  und  Verzierungen ;  die  Beschreibung 
ist  insofern  mangelhaft,  als  bisweilen  d'io  Angabe  des  Stoffes  oder  der  Farbe 
oder  der  Verzierung  fclilt.  Sechsmal  wird  als  Stoff  genannt  Saramet,  dreimal 
Seide,  einmal  Damast.  Als  Farben  (>rschein(m  fünfmal  rot  (drei  Messgewänder 
von  Seide,  eins  von  Seidenatlas ;  ein  Lundisches),  dreimal  grün  (eins  von 
Sammet,  zwei  Lundische),  zwcümal  schwarz  (eins  von  Seide,  eins  v(m  Damast), 
zweimal  braun  (von  Suiuniet),  je  einmal  weiss  (di(!s  und  die  folgenden  ohne 
Angab(^  des  Stoffes),  blau,  halbrot,  halbgrün,  verblümt  und  gemalt.  Die  Wahl 
der  Farben  für  dvn  jedesmaligen  Gebrauch  i-ichtete  sich  nach  den  betreffenden 
Festtagen  und  Festzeiten:")  dw  weisse  Farbe  als  Bild  der  Eeinhcüt  und 
Freude  bestimmte  man  für  die  Gedächtnisfeier  Christi,  der  heil.  Jungfrau,  der 
Bekeuner  und  Jungfrauen,  die  nicht  den  Märtyrertod  erlitten;  die  rote  als 
Bild  der  brennenden  Liebe  für  die  Feste  zum  Andenken  an  die  Apostel  und 
Märtyrer,  sowie  für  die  Octav  des  heil.  Geistes ;  die  schwarze  als  Bild  der 
Trauer  für  Totenfeier;  violett  für  die  Advents-  und  Fastenzeit ;  blau  früher 
nur  für  das  Fest  der  unscliuldigen  Kindlein  und  den  Sonntag  Laetare,  später 
mit  der  schwarzen  Farbe  wechselnd  von  Septuagesima  bis  Ostern,  für  die 
Quatemberzeiten,  Vigilien  und  Bettago ;  g  r  ü  n  für  den  Rest.  Als  Ver- 
zierung diente  vornehmlich  das  Kreuz  und  zwar  zunächst  ein  goldnes  auf 
schwarzer  oder  roter  Seide,  schwarzem  Damast  uud  rotem  Sammet,  auf  einem 
gemalten  oder  halbroten  und  halbgrüneu  Gewand;  es  wird  im  Ganzen  sechsmal 
genannt;  ein  Ferienkreuz  wird  zweimal  angeführt,  auf  grünem  Sammet  und 
verblümtem  Gewand;  Perlonbuchstaben  auf  braunem  Sammet;  Perlen  auf 
rotem  Sammet;  einmal  wird  ein  rotes  Kreuz  auf  blauem  Messgewand  genannt. 
Wappen  auf  Messgewändern  kommen  dreimal  vor :  eins  mit  Nassauer-  und 
Ifauauer-Wappen,  ein  rotes  (Lundisches)  mit  Brendels  und  ein  seidenes  mit 
dem  Lindauer-Wappen. 

Als  L  u  n  d  i  s  c  h  werden  drei  Messgewänder  bezeichnet :  das  eben  genannte 
mit  Brendels  Wappen,  ein  grünes  mit  goldenem  Kreuz  uud  ein  grünes  ohne 
Verzierung.  Luudisch  =  aus  London  stammend;  seit  der  2.  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts vorkommend  zur  Bezeichnung  eines  englischen  Tuchs,  das  seiner  Güte 
wegen  gesucht  war.^'^) 

Im  Necrologium  werden  erwähnt  eine  rote  Casula  (Cassel),  auf  der  das 
grosse  Perlenkreuz  steht,  als  Geschenk  der  Margarethe  und  Anna  Grorod,  am 
T).  Februar  (1492);  eine  Kasel  als  Geschenk  der  Gräfin  Margarethe  von  Hanau- 
Lichtenberg,  Gemahlin  des  Grafen  Adolf  III.  (y  1004)  am  20.  Mai:  das  grosse 
Perlenkreuz  auf  der  roten  Casel,  das  aus  den  Perlen  des  kostbaren  Rockes  der 
Jungfrau  Eisgen,  Witwe  des  Hartmann  Hielgen,  gemacht  wurde,   am  IG.  Xovbr. 

Das  Nassauer-  und  Hanauer-\Va})pen  kann  aus  der  Zeit  der  Adelheid  von 
Nassau,   Gemahlin  Ulrichs  III.  von  Hanau  (f  1370).   die  vor  dem  Dezember  134") 


^^)  Kraus,  Geschichte  der   christlichen   Kunst  11,   l.  401       Weiss,    Kostüinkumle   vom 
4.— 14.  Jahrh.,  S.  688. 

^^)  Heyne  im  Deutschen  Würterb.   VI,   1302. 


30 

starb"),  oder  der  Margarethe  von  Ilanau-Lichtonberg,  Gemahlin  Adolfs  HL  von 
Nassau' (8.  oben)  stanunen:  das  Brondelsche  Wappen  gehört  der  Zeit  an,  avo 
die  vielen  Jungfrauen  der  Familie  im  Kloster  waren;  die  Lindauer  waren  eifrige 
Förderer  des  Klosters  und  eine    von    ilnu-n    lange  Zeit  Äbtissin,    die  Paze  von 

Lindau. 

Von  anderen  Stücken  der  Priesterkleider  erscheinen  acht  Albae,  teils 
ohne  Schmuck,  teils  mit  ^Stossen"  und  farbigen  (roten)  Sammetstreifen ;  zwei 
Albae  hatte  naeh  dem  Xecrologium  (U>.  April)  im  15.  Jahrhundert  die  Priorin 
Elisabeth  von  Yringen  dem  Kloster  gesclienkt,  eine  im  14.  Jahrhundert  Sifrid, 
Sohn  des  Sibodo  xon  Wiesbaden  (5  Oktober).  Sieben  bis  acht  Stolae, 
rot,  grün.  gelb,  von  Seide  oder  Sammet.  —  U  mb  1  eg  er"»),  humeralia,  fanden 
sich  etwa  sechs,  ein^-r  genannt  der  engelische  Gruss""),  andere  anders  verziert, 
einer  mit  den  heil,  drei  Königen ;  einen  hatte  der  Confessor  pater  frater  Johannes 
(t  i:m>  geschenkt,  nach  dem  Necroh)gium  7.  März.  -  Das  einigemal  genannte 
Bändciren  soll  wohl  das  Cingulum  bedeuten.  Endlich  folgen  14  Leviten - 
rocke  (Levit  =  Diaconus)  von  Sammet  oder  Damast,  zwei  rote,  fünf  grüne, 
ein  schwarzer,  zwei  weisse,  ZAvei  braune,   zwei  gemalte,   zum  Teil  verziert. 

Heilige  Gefässe:  Vier  silberne  Messkandeu,  vier  silberne  Messkelche, 
mit  ihren  Patenen,  zwei  ohne  Patenen:  eine  Hostienbüchse,  drei  Hostien- 
häuschen; ferner  die  dazu  gehörigen  Pallae,  Corporalia  und  Corporaltäschchen, 
eins  ein  Geschenk  des  eben  genannten  Confessors  Johann;  eine  Monstranz. 

Teppiche  und  Tücher  (Altartücher,  Grabtücher)  waren  gleichfalls  in 
DTÖsserer  Zahl  vorhanden;  unter  ihnen  sind  aufgezählt  „zwen  Nassauer  Leb", 
die  sieli  auf  zwei  Alben  (oder  andern  Tüchern?)  gestickt  befanden,  ein  „altes 
Leichtuch  mit  alt  Nassauer- Wappen",  drei  lange  Teppiche  mit  vielerlei  Wappen, 
mit  etlichen  Figuren  und  mit  etlichen  liildern,  zwei  seidene  Tücher  mit  „Draseln" 
u.  s.  w.  Von  den  Kissen  trug  ein  seidnes  das  Bild  eines  Adlers;  der  Stoff 
derselben  war  Sammet  oder  Seide,   eins  wird  streifig,   ein  anderes  musirt  genannt. 

Kleinodien:  Zwei  silberne  vergoldete  Kreuze  und  zwei  seidene  Kreuze, 
eine  Perlen-  und  eine  silberne  Krone,  u.  1.  Fr.  Pujck  mit  goldnen  Buchstaben, 
S.  Marj,'reten  Haupt.  König  Adolfs  Ermel.  —  Kleinodien  hatten  nach  dem 
Necrologium  geschenkt:  der  Erzbischof  Gerlach  (eingetragen  am  14.  Februar, 
starb  am  12.  Februar  1371),  der  Graf  Ruprecht,  Sohn  des  Grafen  Gerlach 
(t  4.  Septeiiil.er  KiltOj  und  die  Gräfin  Agnes,  Gemahlin  des  Grafen  Gerlach 
(t  am  i:'..  Januar  VVd'2,  im  Necrologium  am  11.  Januar  eingetragen);  ein 
silbernes  vergoldetes  Kreuz  von  dem  Pfarrer  Petrus  Sclduch  von  Rhcinhölln 
ca.  14M0  (Necrologium  18.  September).  Die  beiden  Kronen  und  der  Rock 
mögen  einem  (oder  zweij  Standbiltlern  der  heil.  Jungfrau  angehört  haben; 
wenigstens  di<;  silberne  schreibt  eine  andere  Aufzeichnung  (s.  u.)  diesem  zu.   — 

*»)  U »Min er,  lliinaucr  Urkundenbuch  II,  672,  No.  683. 

"")  Hunieriile  (=  Schult<'rtucli)  wiinl  im  Deutscheu  zunäclist  zu  unibrat,  uinbeler,  uiiib- 
l.r.  tiijs  <ii<-s<Mii  «lurrh  eine  Art  VolksetynH)lo},'ie  unibleger,  indem  man  es  vun  umle<;en  ableitete. 

•^V  Man  unttTMchied  genau  angelieus  und  anglicus,  en','elisch  von  englisch  (=  engel- 
ländisch),  jene»  von  ungelus,  dieses  von  anglus  abgeleitet.  Der  engelische  Gruss  bei  Luc.  I, 
28:   Ave  Maria  u.  s.  w. 


m 


31 

Das  Haupt  dor  lioil.  Margarethe  kann  nicht  eine  Reliquie  sein,  da  bereits  an 
zwei  Orten  ein  ITaupt,  an  zwei  andern  Teile  desselben  <;(!/eigt  wurden'''^);  -wir 
werden  an  eine  iniago  argentea,  wie  sie  die  Königin  Maria  von  Medici,  Ge- 
nialdiu  Heinrichs  IV..  dem  Kh)ster  S.  Gerinani  zu  Paris  geschenkt  liatte"^), 
oder  an  etwas  älinliclies  zu  denken  haben. "^) 

Den  ]}(!schhiss  niadien  wir  mit  (hm  „zwo  Kirbf'anen".  Über  den  Tag 
der  Clarenthah'r  Kircliweilie  sind  wir  Jiicht  genau  unterrichtet;  in  den  Kechnungen 
heisst  es  kurz:  „Zu  uns(n'er  Kirb" ;  doch  erluillt  soviel,  dass  sie  im  Mai  ge- 
feiert wurde.  HelwicJi  sagt,  es  sei  ihm  zu  Ciareuthal  mitgeteilt  worden,  dass 
di(!  dedicatio  annua  ijjso  die  sacro  Pentecostes  per  acta  fuit.  Es  soll  Ijekanntlich 
eine  Weihe  der  Kirche  zweimal  stattgefunden  haben,  im  Jahre  lo04  und  im 
Jahre  1321   „uff  unser  frauwen  abent  annuntiationis.  "''^) 

Zu  einigen  der  genannten  Gegenstände  ist  bemerkt,  dass  sie  „geblieben" 
oder  dass  die  Merg  (von  I\üdesheim)  sie  behalten  habe.  Wir  werden  darauf 
unten  zurückkommen. 

Wir  sind  zum  letzten  Akt  der  Geschichte  des  Klosters  gelangt,  zu  der 
Entlassung  der  letzten  Schwestern  im  Januar  des  Jahres  1559.  Nur  von  zweien 
ist  der  Tag  der  Abfertigung  genannt,  von  einer  liegt  eine  Erklärung  ähnlich 
der  der  Cambergerin  vor.  Beginnen  wir  mit  dieser.  Sie  ist  von  der  M  a  r  - 
garethe  von  Euf fingen  angestellt  am  27.  Januar  1559,  und  da  sie  der 
genannten  fast  gleich  lautet,  begnügen  wir  uns  damit,  die  Abweichungen  anzu- 
führen. Sie  gibt  an,  nachdem  sie  zum  Kloster  beredet  worden  sei,  habe  sie 
sich  darin  eine  Zeit  (nicht  eine  gute  Zeit)  gehalten;  (sie  war  eben  in  oder 
bald  nach  dem  Jahre  1550  eingetreten  und  etwa  acht  Jahre  Nonne  gewesen); 
nachdem  sie  ihren  Wunsch  mit  denselben  Gründen  wie  die  Cambergerin  vor- 
gebracht, sagt  sie,  sie  habe  sich  an  den  Grafen  Philipp  —  den  Jüngeren,  nicht 
auch  bereits  an  den  Alteren,  also  nach  dem  6.  Juni  1558,  und  sie  (nicht 
ihre  Freundschaft)  —  bittlich  gewandt  ihr  zu  ihrer  Freundschaft  zu  erlauben*^®) ; 
der  Graf  habe  ihr  40  Fl.  au  barem  Geld  und  alles  was  zu  ihrem  Leibe  gehöre, 
folgen  lassen;  dafür  dankt  und  verzichtet  sie  auf  alle  weiteren  Ansprüche  wie 
die  Cambergerin;  für  sie  siegelt  ebenfalls  ChristofF  von  Lindau;  dessen  Siegel 
ist  zwar  nicht  erhalten,  wohl  aber  ist  der  Schnitt  im  Pergament  sichtbar,  durch 
welchen  die  Pressel  desselben  gezogen  war. 

An  dciuselbuu  Tage  ist  die  Abfertigung  nicht  nur  der  Margarethe  von 
Eulf  iugen,    sondern    auch  der  Else   von  W  ü  r  g  e  s    ausgestellt ;    sie    hat    die 


«'-)  Acta  SS.  im  5.  JJand  des  Juli,  S.  28. 

03)  Ebenda  S.  28. 

^*)  Die  h.  Margarethe  scheint  zu  Clarenthal  eine  besondere  Verehrunfi^  genossen  zu  haben, 
vielleicht  im  Hinblick  auf  eine  ^[argarethe  des  Hauses  Nassau,  die  sich  um  das  Kloster  be- 
sonders verdient  gemacht  hatte;  in  dieser  Beziehung  möchte  man  an  die  Gemahlin  des  Graten 
Adolf  denken,  für  die  ein  besonders  feierliches  Jahrgezeit  im  Jahre  1371  noch  bei  ihrem  Leben 
bestimmt  wurde.  Ob  damit  die  Prozession  des  Schultheissen  und  der  Schöffen  von  Wiesbaden 
am  Margarethentag  (Ann.  XV,  395)  in  Verbindung  steht,  müssen  wir  dahingestellt  sein  lassen. 

^'"j  AVidmann,  Programm  des  Gymnasiums  zu  AViosbaden  1882,  S.  24  f. 

««)  S.  Anm.  43. 


32 

f  berdchrift:  „1559  den  27.  Januar  haben  wir  Jungfrau  Margarethe  von 
Eutfingen  und  Else  von  Würges  abgefertigt  .  .  der  veste  Johann  von  Ehren- 
traut, Conrad  Lesch  im  Beisein  des  Hans  Messerschniidt.  dermalen  Kellers, 
Hans  Loers  und  Adam  BnrnheinuTs''.")  Margarethe  erhielt  au  Zinnwerk  ver- 
schiedene Schüsseln  und  Kanden.  eine  Flasche  und  zwei  messinge  Becher,  so- 
dann eine  Kulte  einen  Mantel,  sechs  schwarze  Unterkleider;  an  Bettwerk  zwei 
wullcne  Decktücher,  davon  eins  ein  Geschenk  der  Cambergerin,  und  zwei  ge- 
wirkte, ein  (rescheuk  der  von  Reinberg,  zwei  Kissen,  ein  Unterbett  u.  s.  w. ; 
acht  Paar  Leintücher  und  anderes  „gemein  geredt  vor  ihren  Hb",  ein  Lodlein 
mit  ihrem  Schleier  und  eins  mit  ihrem  Ärmel  und  Koller  (Kragen  oder  Brust- 
kleidj,  ein  kleines  Sitzbettledlein,   eine  Badbütte  und  ihr  Wäschzeug. 

Vttn  der  Else  von  Würges  liegt  eine  Urkunde  nicht  vor,  sondern  bloss 
ihre  Abfertigung.  Wir  dürfen  uns  deren  Aufzählung  überhebeu.  da  sie  nicht 
sehr  von  der  vorhergehenden  verschieden  ist;  wir  erwähnen  nur,  dass  Else 
einen  ledernen  Bankpfühl  von  der  v.  Hattstein  bekommen  hatte,  und  dass  ihr 
20  Fl.   bar  ausgehändigt  wurden. 

Vergleichen  wir  die  drei  angeführten  Abfertigungen,  so  stehen  die  beiden 
letzten  weit  hinter  der  ersten  zurück,  vornehmlich  in  Bezug  auf  das  bare  Geld ; 
es  betrug  40  und  20  Fl.  gegenüber  den  60  Fl.  der  Cambergerin,  und  wenn 
wir  die  Zugabe  der  ersten  an  Vieh  mitrechnen,  durch  die  die  Hälfte  der  ein- 
gebrachten Summe  erreicht  wurde,  so  muss  die  Margarethe  von  Effingen  etwa 
^0  Fl.,  die  Else  um  40  Fl.  mitgebracht  haben.  Wenn  diese  beiden  auch  sonst 
weniger  reich  ausgestattet  wurden,  so  mag  dies  seinen  Grund  darin  haben,  dass 
sie  in  der  kürzeren  Zeit  ihres  Klosterlebens  weniger  beschenkt  wurden  oder 
erwerben  konnten.  Und  da  die  Else  mit  der  von  Euffingeu  zusammengefasst 
ist.  so  schliessen  wir  daraus,  dass  sie  wie  diese  nicht  in  ein  andres  Kloster 
überging,   sondern  zu  ihren  Verwandten,   ihrer  Freundschaft,  zurückkehrte. 

Anders  steht  es  mit  der  Marie  (Merg)  von  Rüdesheim  und  Mar- 
garethe von  Diez.  Zunächst  steht  ihre  Entlassung  nach  Tag  und  Datum 
nicht  fest,  und  nur  soviel  dürfen  wir  sagen,  dass  sie  im  Januar  des  Jahres  1559 
stattfand.  Dies  geht  aus  verschiedenen  Aufzeichnungen  hervor:  das  Inventar 
der  „Ornata  und  Kirchen  Cleinott"  vom  10.  Dezember  1558  enthält  einen  An- 
hang, der  dasjenige  namhaft  macht,  was  „Jungfrau  Merg  mit  sich  genommen" 
hat  (s.  unten),  und  hat  die  Jahreszahl  1559;  dieselbe  Zahl  trägt  das  „Inven- 
tarium  was  Jungfrau  Morgen  von  Rüdesheim  und  Greden  von  Dicstz  zu  Claren- 
thal  .  .  gev(»lgt  worden,  desgleichen  auch  Abfertigung  Jungfrau  Margaret  von 
Eyffingeu  und  Else  von  Würges,  gewesener  Closterpersonen  zu  Ciareuthal. 
Anno  1559."  Aus  der  Reihenfolge  der  vier  genannten  Jungfrauen  könnte  man 
höchstens  schliessen,  dass  die  beiden  ersten  vor  den  beiden  letzten  ausgeschieden 
seien,  doch  ist  dieser  Schluss  nicht  einmal  notwendig,    die  vier  können  ebenso 


*')  Die  Stelle  eines  Amtmanns  zu  Wiesbaden  war  seit  Georg  von  Nassaus  Tode  noch  nicht 
liesetzt,  daher  zwei  Hcumte  von  Idstein  zu  dieser  Abfertigung  beor<lert  waren;  Messerschniidt 
war  der  Keller  ('larentliais,  II.  Loiir  und  Ad.  liornheiiuer  waren  Keiler  zu  Wiesbaden  gewesen 
und  kommen  jener  im  Jahre   1544,  dieser  1548  als  solche  in  den  Rechnungen  vor. 


gut  an  oinom  Tag  abgoreist    soiii.     Ihre  Tronnung  in    zwei  Gruppen  hat  einen 
anderen  Grund. 

Denn  die  Merg  von  liüdoslicini  und  Gred  von  Diez  kcihrteu  nicht  in  den 
Kreis  ihrer  Verwandten  /.iiriick,  sondern  siedelten,  wie  mehrmals  von  ihnen  aus- 
gesprochen wird,  so  in  dem  oben  augef'ülirt(!n  Invcntarium,  von  der  Merg 
insbesondere  in  dem  „Verzeichniss  was  Jungfrau  Merg  mitgenommen  hat  nach 
Walsdorf",  nach  dem  hier  befindliclum  Kloster  über.  Dies  war  auch  der  Grund, 
(hxss  sie  keine  Abfertigung  an  Geld  erhielten,  sondern  ihnen  bloss  verschiedene 
Gegenstände  aus  Ciarenthal  verabfolgt  wurden.  Eine  Urkunde  über  ihre  L'ber- 
siedelung  oder  einen  Verzicht  auf  Ansprüche  an  Clarenthal  liegt  ebensowenig 
von  ihnen  wie  von  der  Else  vor. 

Wir  müssen  also  die  vier  zuletzt  genannten  Jungfrauen  —  entgegen  der 
2:0 wohnlichen  Ansicht  —  als  die  letzten  Schwestern  Ciarenthals  und  das  Jahr  1559, 
genauer  den  Januar  dieses  Jahres,  als  den  Termin  der  Schliessung  des  Klosters 
ansehen. 

Zu  Walsdorf '^)  war  kurz  vor  dem  Jahre  1156  von  einem  frommen  Priester 
Gottfried  ein  Mönchskloster  Benediktiner-Ordens  gegründet  worden,  das  auf 
Bitte  des  Gottfried  im  Einverständnis  mit  den  Klosterbrüdern  und  der  Dorf- 
«remoinde  der  Erzbischof  Arnold  von  Mainz  in  jenem  Jahre  der  St,  Martins- 
kirche  zu  Mainz  unterordnete.  Etwa  hundert  Jahre  später  wurde  es  in  ein 
adeliges  Frauenkloster  umgewandelt.  Äbtissin  war  im  Jahre  1559  die  Gräfin 
Margarethe  von  Nassau,  Tochter  des  Grafen  Philipp  des  Älteren,  geb.  im 
Januar  1517,  gestorben  im  Jahre  1596,  nachdem  sie  40  Jahre  lang  Äbtissin 
gewesen  war  und  79  Jahre  gelebt  hatte, ^*)  Im  Jahre  1556  verzichtet  sie  mit 
ihrer  Schwester  Anna,  die  gleichfalls  Nonne  zu  Walsdorf  war,  vor  den  geist- 
lichen Richtern  des  heil,  Stuhles  zu  Mainz  im  Schlosse  zu  Wiesbaden  auf  alle 
Ansprüche  an  die  Herrschaften  Wiesbaden  und  Idstein  und  die  ihnen  ge- 
bührenden Anteile  an  dem  väterlichen  und  mütterlichen  Vermögen,  Durch  die 
darüber  ausgestellte  Urkunde'")  lernen  wir  einen  Teil  des  Kreises  der  Jung- 
frauen, in  den  unsere  Clarenthalerinnen  eintraten,  kennen.  Als  anwesend 
werden  nämlich  genannt  neun  Jungfrauen  von  Walsdorf,  sechs  Gräfinnen,  davon 
vier  von  Nassau  (die  Äbtissin  und  ihre  Schwester  von  Nassau-Wiesbaden  und 
Idstein,  Elisabeth  von  Nassau-Saarbrücken  und  Eva  von  Nassau-Beilstein)  und 
zwei  von  Solms-Braunfels  (]Merge  und  Agatha),  die  Priorin  Martha  von  Stock- 
heim,  Margarethe  Wolfskelin  und  Kuuigundt  IIoltzapfHin.  Unsere  beiden  Jung- 
frauen waren  nicht  zugegen,  man  glaubte  offenbar  mit  den  neun  aus  Walsdorf 
genug  gethau  zu  haben;  denn  die  dortigen  Schwestern,   die  kurz  vorher  (1555) 


^^)  Vogel,  Beselircil)ung  S.  824.  8cli  1  iephake  I, '292  f.  Deissniaiin,  Geschichte  des 
Benediktiner-Klosters  Walsdorf  1863.     Seh liephake -Menzel  VI,  2  f. 

"«)  Ihr  Grabstein  sagt,  sie  sei  70  Jahre  alt  geworden;  bereits  Hagelgans  S.  39  hat 
darauf  hingewiesen,  dafs  diese  Zahl  nicht  zu  ihrem  Geburtsjahr  stimme. 

"')  Die  Urkunde  selbst  ist  nicht  erhalten,    das  Konzept   derselben  trägt  das  Datum   ,am 

18,  August",    eine  Beilage    mit    den  Namen    der   Klosterjungfrauen    ist    niedergeschrieben    am 

19,  Dezember.     Daher  ist  die  Versdiiodenheit  der  Tagesangaben  bei  Schliephake-Menzel 
VI,  3  und   Deissmann,  S.  0"  zu  erklären. 


;;4 

sieh  auf  06  PtTsuiK'n  lielaufon  hüben  solh'ii'M.  konnten  und  brauchten  dueli  nicht 
vollzählig  /u  Wiesbaden  zu  erscheinen. 

Was  die  beiden  Clarenthaleriuuen  luitnahnien  —  das  Wort  Abfertigung- 
ist hier  vermieden  — .  ist  in  z\vei  Verzeichnissen  aufgeführt;  es  ist  nicht  viel 
verschieden  von  den  Abfertigungen  der  drei  andern.  Wir  linden  genannt  ihre 
Kleider.  IJettwerk.  Leinwandgerät.  Zinnwerk.  Kanden.  Schränke  und  Tische. 
Zu  benu'rken  sind  bei  der  Merg  drei  kleine  Kistchen,  „darin  allerhand  Boppen- 
werk  und  Heilige  sind",    bei  der  Diezerin    ein  „Beltz"    und    zwei  „Arresz".") 

Merg  von  liüdesheini  hatte  den  Grafen  gebeten,  dass  sie  einige  Gegen- 
stände der  Kirchen-Ornate  mitnehmen  dürfe;  dies  w  uidc  ihr  bewilligt.  Bei 
einigen  Stücken  ist  schon  im  Inventar,  wie  wir  oben  anmerkten,  eine  darauf 
hinweisende  Bemerkung  gemacht:  schliesslich  wurde  alles  in  einem  besonderen 
Verzeichnis  zusanuuengestellt.  Dasselbe  umfasst  17  Nummern,  deren  einige 
zwei  oder  mehr  Stücke  namhaft  machen.  Dahin  gehörten  drei  Corpora,  die 
Munstranz.  zwei  silberne  Kreuze,  die  grosse  silberne  Krone  u.  1.  Fr.  und  die 
Perlenkrone,  u.  1.  Fr.  Röcke,  drei  an  der  Zahl,  deren  einer  bös  s(!i.  u.  1.  Fr. 
Zopf,  der  Fmbleger  mit  einem  grossen  engelischen  Gruss,  die  zwei  seidenen 
Fähnlein  u.  a.  Die  beiden  Verzeichnisse  der  Ornata  vom  10.  Dezember  und 
das  der  Jungfrau  Mergen  von  1559  stimmen  mehrfach  nicht  in  der  Beschreibung; 
z.  B.  dort  wird  der  engelische  Gruss  der  kleine,  hier  der  grosse  genannt;  hier 
erscheint  ein  Altartucli  und  eine  Borde  mit  den  zwölf  Aposteln  und  ein  kleines 
silbernes  Kreuz,  die  heil,  drei  Könige,  die  Paternoster  und  Kleinodien  zu 
u.  1.  Fr.  Kindchen,  sowie  ein  Perlen-Paternoster,  die  wir  vorgeblich  dort 
suchen;  ob  der  „silbern  Korb,  darin  ein  Heiltumb"  =  der  „sanct  Margarethen 
Haupt"?  Denn  es  hat  den  Zusatz  „ist  Blieben",  d.  h.  ist  der  3Ierg  von  Küdes- 
heim  nicht  mitgegeben  worden,   wie  die  silberne  Krone. 

Den  Abschluss  der  Übernahme  des  Klosters  durch  den  Grafen  bildet  die 
Inventarisation  des  Bestandes  an  3Iöbeln  u.  s.  w.,  der  sich  in  den  Kloster- 
räundichkeiten  fand.  Darüber  liegen  zwei  Aufzeichnungen  vor,  deren  erstes 
unmittelbar  nach  der  Entlassung  der  vier  letzten  Schwestern  aufgenommen  zu 
sein  scheint,  also  im  Januar  1559.  Denn  es  findet  sich  unmittelbar  nach  der 
Aufzählung  dessen,  was  diese  mitgenommen  haben.  Es  umfasst  nicht  alle 
liäundichkeiten  des  Klosters  und  am  Schlüsse  ist  bemerkt,  dass  es,  „soviel 
ausserhalb  bemelter  Jungfrauen  anlangt,  geendert"  worden  sei.  Und  in  der 
That  führt  es  bloss  vier  Zellen,  darunter  die  der  Merg  und  Gred  Dietzen  auf, 
daneben  die  Kirche,  das  Dctrmitorium.  den  Kebenthal  (Keventer,  Revent,  das 
Speisezimmer;,  die  ConvimtstubcN  das  Wiudhäuslein,  Siechhaus,  der  Nonnen 
(refängnis.  aber  auch,  was  in  der  zweiten  Aufzeichnung  fehlt,  den  Keller  mit 
seinen  Weinen  auf:  doch  stimmt  mehrfach  die  Aufzählung  nicht  mit  der  des 
zweiten   Verzeichnisses  üb(a*ein.      Wii'  be/.eiciinen  es  mit  VA. 

Das  zweite  Inventarium  (VBj  ist  am  5.  F(;bruar  1559  aufgenommen  und 
zwar,    wie  die   Überschrift  besagt,   von  den  uns    bekannten  Johann  von   Ehron- 


^')  So  berichtest  Dfis.siiiunn  S.   111. 

'■')  Lcifhtes  Wolloiigewebe,  benannt  nach   der  Stadt  Arras.     Lexer,  unter  auaz. 


35 

traut  mid  Kunrad  Lcsch  von  Idsti'iii  im  Boisoin  Ad.  Boinhnimers  und  J(di. 
Mcsserschuiids,  jetzigen  Kellers  zum  Neuen  Klosters;  die  äussere  Aufschrift 
laut(!t:  „luvontarium  zu  Clarenthal,  Joli.  Messerschnütttm  giditfert,  naclideui  die 
Jungfrauen  alle  heraus  koininen  inwendig  dem  Kloster  anno  1559."  Dasselbe 
"•eilt  alle  Iviiumlichkeiten  ein/ein  durch  und  verzeichnet  alles,  was  sich  in  ihnen 
vorfand.  \\"iv  legen  daher  das  Invcmtarium  VP>  unserer  Betrachtung  zu  Grunde 
uiul  ziehen  VA  luu-  aushilfsweise  zu. 

VB  zählt  zunächst  28  ZelUm  auf,  die  mit  den  ]3uchstaben  A,  B,  D— FF 
bezeichnet  sind;  eingestreut  ist  C,  eine  Kammer,  und  nach  CC  der  Thormeltil, 
welcher  dem  Dormcter,  dormitorium,  in  VA  entspricht;  in  btndim  Verzeichnissen 
werden  viele  Kisten  (VA  45,  VB  44)  gezählt,  in  deren  einer  sich  nach  VA 
ein  Kirchenteppich,  nach  VB  etliche  Kirchenteppiche  befanden.  Die  Zellen 
waren  nicht  alle  als  solche  benutzt;  mehrere  dienten  offcmbar  dazu,  überflüssig 
gewordene,  alte  oder  unbrauchbare  Dinge  aus  dem  Wege  zu  schaffen,  wie 
No.  A  und  B,  die  „vielerlei  bilwerk  und  taffeln'-'  enthielten,  No.  E  „etzlich 
alt  mannen  und  alt  gerümpell",  No.  H  „3  kleine;  Ledlcin,  5  Henckkorb  und 
ein  gemaltes  Duch",  No.  N  „3  Dücher,  4  henckig  Korb  gross  und  klein, 
4  kleinen  Defi'elgen,  ein  Sitzbedlein'-'  u.  a.  m.  ;  die  Kammer  No.  C  enthielt  vieler- 
lei Bettwerk,  No.  J  einen  Schneiderstuhl,   2  Sitzstühle,   4  Tücher,    1  Schenklein. 

Es  ist  nicht  immer  leicht  zu  entscheiden,  ob  eine  Zelle  von  Nonnen  be- 
wohnt wurde  oder  ob  sie  nur  zur  Aufbewahrung  solcher  ausser  Gebrauch 
stehender  Dinge  gedient  habe;  doch  kann  man  getrost  annehmen,  dass  letzteres 
der  Fall  war,  wenn  kein  Bett  oder  Stuhl  in  derselben  sich  befand.  Solcher 
Zellen  zählen  wir  (mit  der  Kammer  No.  C)  neun;  c.  zwanzig  also  waren  für  die 
Nonnen  bestimmt:  drei  von  ihnen  hatten  „Bedtledlein",  acht  „Sitzbedtledlein" 
oder  „Sitzbedtledchen",  sieben  „Sitzledlein"  (in  einer  deren  zwei),  fünf  „Led- 
lein" oder  „Ledgen";  die  letzten  meist  in  Zellen,  die  schon  mit  den  zuerst 
genannten  versehen  waren.  Die  nicht  mit  einer  No.  versehene,  nach  der  letzten 
Zelle  aufgeführte  Schlafkammer  der  Merg  enthielt  sogar  drei  alte  Bettladen, 
wovon  vielleicht  zwei  bei  Aufnahme  neuer  Schwestern  Verwendung  finden  sollt(!n. 
Dürfen  wir  aus  diesen  Angaben  einen  Schluss  ziehen,  so  würde  sich  als  höchste 
Zahl  der  Bewohnerinnen  des  Klosters,  auf  die  man  rechnen  konnte  (ob  auch 
erreichte,   bleibt  zweifelhaft),    zwanzig  ergeben. 

Die  Ausstattung  der  einzelnen  Zellen  war  höchst  einfach  und  einförmig. 
Tücher,  ein  Schenklein,  ein  Bänklein,  ein  Schemel,  Täfelchen,  Kistchen  u.  ä. 
kehren  ausser  den  Bett-  und  Sitzladen   oft  wieder. 

Nur  drei  Zellen  verdienen  besondere  Erwähnung :  No.  Y  war  mit  vielen 
wertvolleren  Dingen,  namentlich  an  Bettwerk  versehen;  sie  wurde  deshalb 
„verpetschirt".  Aus  gleichem  Grunde  wurde  No.  Z  „versecretirt" ;  denn  hier 
waren  „zwei  schöne  geschnittene  schiink,"  ein  „genullter  schank",  „zwei  feine 
Kistgen",  vier  „Bilt  Daffel"  und  einiges  Bettwerk.  Endli<h  dürfen  wir  nichr 
die  letzte;  Zelle,  No.  FF.,  übergehen;  sie  hiess  die  „alte  A[.tei"  und  war  von 
der  Junofrau  M(>r"'  bewohnt,  ein  Beweis,  dass  diese  noch  immer  die  Stelle  der 
Äbtissin  als  Statthalterin  bekleidete;  daher  waren  hier  auch  nach  VA  auf- 
bewahrt eine  weisse  Briefkiste,   eine  Kiste  mit  allerhand  Registern,   d.   h.  liecli- 


3 


* 


36 

nungsbücheru  iiml  ilirl.  Nach  Yli  waren  ilieso  nacli  Wiesbaden  zur  Bcsichtigiiug 
abgeschiokr  worden.  Endliih  wird  von  der  Merg  allein  gesagt,  dass  sie  eine 
besondere  Sehlalkanniu'r  an  dnu  „Xeiien  Gang"  gehabt  habe;  in  ihr  befand  sicli 
kein  weiteres  Bettwerk,   wohl  aber  in  ihrer  Zelle;  jenes  muss  sie  nach  Walsdorf 

niitgenoninien  haben. 

Von  andern  Räumlichkeiten  werden  genannt  eine  Stube  und  eine  Kammer, 
„do  man  riulür/.r  by  der  Stuben",  jene  mit  einem  Tische,  zwei  Kistchen,  zwei 
Sesseln  und  einem  kleinen  Bänklein,  diese  mit  mancherlei  Hausrat.  Es  folgt 
das  untere  Siechhaus  (YA  unterscheidet  „oben  im  Siechhaus  ein  Stübchen,  im 
untersten  S.  und  im  untern  Siechhausstübchen") ;  schon  in  der  ältesten  Zeit  des 
Klosters  wird  dessen  gedacht:  am  17.  Januar  sind  im  Necrologium  Cuno  von 
Dütscheim  und  dessen  Mutter  Katherina  als  Wohlthäter  desselben  augeführt, 
indem  jener  ein  Pfund  Heller,  diese  eine  kleine  Geldsumme  an  Solidi  (die 
Ziffer  ist  nicht  eingeschrieben)  und  drei  Hühner  „in  infirmarium"  spendete. 
Hie  Familie  derer  von  Hotzheim  starb  um  das  Jahr  HioO  aus,  die  Schenkungen 
waren  also  vorher  erfolgt.  Ha  der  Vater  Cunos  Sybode  hiess,  wie  das  Necro- 
loirium  anmerkt,  so  ist  wahrscheinlich,  dass  er  diesen  der  Familie  der  Herrn 
von  Wiesbaden  geläufigen  Namen  durch  Abstamnumg  von  einer  Tochter  der- 
selben erhielt;  und  in  der  That  ist  auch  der  Name  Katharina  bei  ihr  gebräuchlich 
o-ewesen  Ferner  schenkte  Jutta  von  Frauenstein  dem  Kloster  ein  Malter  Korn 
„in  infirmarium",  Necrologium   17.   Februar. 

Haran  schliessen  sich  in  VB  der  Revendal  (auch  „thormeltil"  genannt)  und 
die  Conventstube  mit  einem  Vorplatz :  dort  standen  drei  Brodkörbe,  zwei  Schränke, 
ein  Küchen-  und  ein  langer  Tisch,  fünf  Webstühle  oder  Rahmen,  eine  Haspel 
und  ein  Schemelchen,  hier  ausser  mehreren  Tischen,  Sesseln  u.  s.  w.  nach  VB, 
eine  Kiste  mit  zwei  eingebundenen  Zinsregistern  und  zwei  Zinsbücheru,  deren 
eins  zu  Graf  Adolfs  Zeit  (f  1511),  eins  zu  Graf  Philipps  Zeit  erneut  war, 
ausserdem  etliche  Zettel  und  Register  und  ein  Evangelienbuch,  vor  der  Convent- 
stube mehrere  grosse  und  kleine  Schränke,  eine  Kiste  und  eine  Plandfassdrisur, 
d.  h.  ein  Gefäss  zum  Handwaschen.  Von  den  Registern,  die  in  VB  fehlen, 
ist  nichts  erhalten  ausser  zwei  Haushaltungsbüchern  der  letzten  Äbtissin,  deren 
älteres  gar  keine  Ausbeute  gibt,  da  es  bloss  die  jedesmaligen  Summen,  niclit 
aber  einzelne  Posten  der  Einnahme  und  Ausgabe  enthält. 

Im  Kerker,  der  nun  in  VB  folgt  (in  VA  heisst  es  „bei  der  Nonnen 
Gefengknis")  waren  acht  Küchenschränke,  in  der  Badstube  mehrere  Badbütten. 
Eine  wichtige  Rolle  spielt  in  Nonnenklöstern  die  Winde  und  das  Windhäuslcin; 
durch  sie  wurde  der  Verkehr  der  Schwestern  mit  der  Aussenwelt  vermittelt. 
Die  Winde  war  (sine  wagerecht  drehbare  Vorriclitung  zum  Ein-  und  Auslassen 
von  Dingen.  In  VB  sind  „by  der  Winen"  einige  Kistchen  und  Schränke 
aufgeführt,  im  „Windttlieuslein"  merkwürdigerweise  neun  grössere  und  kleinere 
Kannen.  Endlich  waren  in  dem  Klostergebäude  zur  Aufbewahrung  von,  wie 
es  scheint,  alten  oder  abgängigen  Möbeln  einige  „Gänge"  benutzt,  wie  der 
Gang  bei  Jungfrau  Mergen  Schlafkammer    und  der  neue  Gaug  vor  demselben. 

VA  führt  uns  auch,  wie  gesagt,  in  den  Keller  und  zählt  den  daselbst 
aufbewahrten  Weinvorrat  auf:  es  waren  an  firnem  Wein  4  Fuder.    1  Ohm  und 


37 

2  Vicrtol,  an  neuem  Wein  4  FiiJur,  4^2  Oluii.  zustunmen  8  Fuder,  5'/2  Ohm, 
2  Viertül.  Nach  einer  Aufzeichnung^-  des  Jahres  1631  betrug  der  Ertrag  der 
Weinberge  des  ehemaligen  KU)sters  im  üurclischnitt  jährlich  10  Fudcn-,  von 
denen  je  die  Hälfte  „Mospacher  Gewechs"  war  oder  von  der  Goisheck  geerntet 
wurde");  dazu  trat  eine  Ohm,  die  zu  Biebrich  ständig  fiel.  Dem  standen  an 
Ausgaben  gegenüber:  Dienstwein  des  Kellers  ein  Fuder,  für  dessen  Frau  täglich 
eine  jMass  (=  4  Ohm,  11  Viertel,  1  Mass),  für  den  Schreiber  täglich  eine 
halbe  Mass  Tischwein  (=  2  Ohm,  5  Viertel,  3  Mass)  und  an  WeissAvein  2  Ohm. 
Den  Beschluss  der  VB  macht  die  Kirche,  die  in  VA  in  die  Mitte  gestellt 
ist  und  wie  sonst  kürzer  abgemacht  wird.  Zunächst  werden  die  Messbücher 
aufgezählt:  „ein  messbucli,  ein  gross  missale,  da  Introitus  in  steh(>n,  ein  Metten- 
buch, ein  vesperbuch,  alt  pergament,  21  sunsten  allerlei  klein  metten  büchlein, 
noch  ein  Vesperbuch,  noch  ein  buch,  so  evangelia  und  epistel  gesungen  werden, 
ein  klein  Vesperbuch,  alt  pergament",  zusammen  2S  Bücher.  In  der  grossen 
Altartafel  (VA)  befanden  sich  fünf  kleine  Kistlein,  „helffen  beiner  (von  Elfen- 
bein) und  sunsten''',  ein  Sacramentshäuslein,  ein  Crucifix  mit  Tafel,  sechs  Tafeln, 
klein,  stehen  auf  dem  Altar,  44  kleine  gemalte  Tafel-Tücher  und  Briefe  auf 
der  Stube,  vier  Pfühle,  sechs  Kircheuleuchter  von  Zinn  für  den  Altar,  ein 
Leuchter  von  Zinn  und  zwei  Fussbecken  „in  der  Orgalarei"  und  ein  kleines 
rundes  Tischlein  in  der  Kirche.  Daran  schliosst  sich  ein  Schrank  l)ei  der 
Kirche,  „do  man  aus  dem  Kloster  hineingeht"  mit  verschiednen  Tüchern  und 
Messkendlein. 

Anhang. 
Die  Kirche  und  andere  Gebäulichkeiten  des  Klosters. 

Über  den  Bau,  die  innere  Gliederung,  die  Denkmäler  und  Ausschmückung 
der  Kirche  gibt  uns  die  Inventarisation  keinen  näheren  Aufschluss  ebensowenig 
als  Reste  derselben,  da  diese  vollständig  verschwunden  sind.  Das  Wenige,  was 
wir  aus  andern  Quellen  erfahren,   soll  hier  zusammengestellt  werden. 

1.  1296  am  2.  Februar  hub  der  König  Adolf  mit  seiner  Gemahlin 
an  das  Neue  Kloster  zu  bauen.  Werner  von  Saulheim  bei  S  c  h  1  i  e  p  h  a  k  c 
11,  227.     IV,  41. 

2.  1296,  am  29.  September  wird  von  dem  Statthalter  des  Königs  Ludwig 
von  Sonnenberg  der  erste  Stein  gelegt.     Ebenda;  Necrologium  10.   Juni. 

3.  1298,  6.  Januar.  Stiftungsbrief  des  Klosters  durch  den  König  Adolf. 
Koth,   im  Korresp.-Bl.   des  Gesamtvereins  1882,   S.    78. 

4.  1298,  27.  Januar.  Die  Königin  Imagina  gibt  ihre  Zustimmung  zur 
Stiftung.     Ebenda. 

5.  Um  1304.  Weihe  des  Klosters,  t'ber  diese  s.  AV  i  d  in  a  ii  n  .  Fro- 
gramm  der  Gymnasiums  zu  Wiesbaden  1882,  S.   2^)  und  unten  Xo.   8. 

6.  1298  fl'.  Baumeister  und  Förderer  des  Baues  waren  frater  Petrus 
pictor  de  ordiiu;  minorum,  qui  fuit  magister  operis  in  principio  structure  istius 
claustri;    Necrologium    27.   Oktober;    Gotfridus    frater  de  ordine  minorum,   qui 


'■"')  Vergl.  übeji  S.  19. 


38 

tiilelitor  hiljoravit  pro  elausrrü  consrnioiulo :  Nocrologiuni  2^».  A])ril;  Wigandus 
plebanus  de  Moschbach.  qui  tidelitor  laboravit  pro  elaustro  constriiendo ;  Nccro- 
Kigiimi   !?4.   NoYOinber, 

7.  i:ill  wird  die  erste  Äbris.sin  Jfidiardis  (f -"•  ''iili)  i>'>  Kreuzgang  der 
Kirehe  beigeser/.t.    Xecrelitgiuin  22.   Juli.     II  el  wich.    D  (•  r  s  '  Epitaidiienbueli. 

8.  KI21.  24.  März.  Die  Kirclie  und  dt>r  Chor  der  Jungfrauen  wird  aber- 
mals (zum  erstenuuile?)  geweiht  von  dem  Mainzer  AVeihbischof  Tiethniar. 
"Widmann  a.  a.  0.  In  dem  .[ungi'rauenchor  hielten  und  begingen  die 
Schwestern  die  sieben  Zeiten ;  seine  Lage  war  in  der  Verlängerung  des  Mittel- 
schiffes'*) ;  es  war  etwas  höher  als  die  übrige  Kirelic  und  liiess  desshalb  auch 
der  höhere  Chor  im  Gegensatz  zu  dem  niederen  Chor.  Kirche  und  Chor  der 
Schwestern  wurde  geweiht  ,,in  die  Ere  Marien  der  wirdigeu  Jungfrawen'',  der 
Fronaltar  in  der  Kirehe  ..in  die  Ere  der  heyligen  Dreyfaltigkeit,  des  heiligen 
Crutzes  und  aller  Apostelen  und  Evangelisten".      Widmann  a.   a.   0. 

\K  l'm  1440  stall I  Jiulman,  der  länger  als  20  Jahre  llof'meister  des 
Klosters  gewesen  war  und  demselben  140  Goldgulden  „zu  stuher  zu  dem  crutz- 
gang  an  dem  buhe"  gegeben  hatte.     Necrologium   12.   April. 

10.  1500.  24.  November  starb  der  ehrwürdige  Vater  und  Bruder  Johann 
Müller  von  Gelnhausen.  Custos  am  Rhein  und  Guardian  zu  Frankfurt,  von  dem 
das  Kloster  60  Fl.  empfangen  hatte,  verwandt  „in  Nutz  des  Gotzhauses". 
Xecrologium  24.  November. 

11.  15(0)7  starb  Sifridt  Stum  von  Bleidenstat,  Laienbruder  des  Klosters, 
der  ihm  40  Fl.  für  eine  ewige  Messe  und  Vigilie  gab ;  seine  Schwester  hat 
nach  seinem  Tod  „an  das  closter  gelacht  in  bu  und  besserung  35  Fl.  1518". 
Necrolügium  13.   Januar. 

12.  1530  starb  Merg  de  Konstein,  „die  da  gegeben  hat  23  Fl.  zu  den 
Daffcln  zum  Fronaltar  in  der  Kirchen."     Necrologium  9.  Dezember. 

13.  Der  Laienbruder  Eygelberg  und  seine  Frau  Kathcriua  schenkten  dem 
Kloster  100  Fl.  für  ein  Anniversarium  „et  pro  lumine  candcle  perpetue". 
Necrologium  30.  November;  der  Eintrag  stammt  der  Schrift  nach  aus  dem 
14.   Jahrhundert. 

14.  Dctniicellus  Dederich  ILut  (von  Sonnenberg)  und  seine  Frau  Margreta 
stiften  jälnlicli  12  ^Malter  Korn  und  35  Pfund  zu  einem  ewigen  Lichte.  Necro- 
logium 4.  Oktober.  Der  Schrift  nach  aus  dem  15.  Jahrhundert,  Ein  Jungher 
Dietherich  lludt  kommt  in  einer  Urkunde  vom  7.  Dezember  14(17  vor;  ein 
Dietrich  und  dessen  Gemahlin  Nese  werden  erwähnt  mir  der  dahreszahl  1467 
und   1475.     Vogel.   Ann.    Fl,   :>,   30. 

15.  Gertrudis,  die  ^lutter  der  Schwester  Mechtildis,  schenkte  dem  Kloster 
drei  Pfund  ilelhjr  zu  eineiu  Messbuch.  Necrologium  12.  März,  der  Schrift 
nach  aus  dem  14.  .lahrhundert.  Welche  Mechtildis  gemeint  sei,  ist  nicht  fest- 
zustellen. 


")  Ver;,'l.  S  <•  li  n  c  i  il  f  r  in  W  u|,'n  ors  f,M'istliclieii  Stiften  des  Orosslier/.ugtunis   Hessen  II, 
Ü2ü  u.  224  über  das  Xoniioiitliur  im  Keicli-  und  Arine-Clarcnkloster  zu  ]Mainz. 


39 

16.  Im  Septombor  1484  stavli  dci-  .,r('V(Mon(lus  purer  et  ddininus  Joliaimo.s 
Isonburg,  cpiscopus  Thonnopolcnsis  et  SuffViigancus  doinini  Spirousis,  qui 
contulit  nobis  XX  Floi'.  et  uiiuiu  brcvitiriuiii  in  dualjus  partibus  pro  se  ot  suis 
bonis  fautoribus.  Aiiik»  doiuini  iM('CCCLXXXIlll".  Das  Nocrologiuin  vor- 
z(nclin(!t  diese  Notiz  am  4.  .Septombur,  andere  neiuien  den  1.  oder  2.  September 
1484  seinen  Todestag.  Ei-  >var  vor  dem  Jalire  14(56  C'ustos  generalis  der  Kliein- 
kustodie  dov  oberdeutsclien  Minoritenprovinz  und  Siiffraganeus  Thernio})ylensis 
gewesen.  Sielie  E  u  bei,  Gescliiclit(!  der  oberdeutsclien  (Strassburger)  Minoriten- 
provinz.     Würzburg  1886,   S.    181,    186. 

17.  Am  1.  Dezember  J431  starb  die  Gräfin  Elisabeth  von  ILanau,  (u;- 
mahlin  Ulrichs  V.  von  Hanau  (f  1419);  sie  war  die  Mutter  der  Äbtissin  Agnes 
(1422 — 1446)  und  deren  Schwester,  der  Nonne  Adelheid  (f  1440),  die  beide 
im  Jahre  1412  in  das  Kloster  Clarenthal  eingetreten  waren.  You  ilii'  Ijerichtet 
das  Necrologium,  wie  wii-  in  (h'in  ersten  T(m1  dieser  Studien  bereits  erwähnt 
haben,  dass  si(^  zwanzig  -lahre  zu  Clarenthal  in  einem  Hause,  das  sie  sich  bei 
der  Kirche  erbaut  liatte,  als  Mutter  und  Freundin  der  Schwestern  gewohnt  und 
dem  Convent  iiundert  Gulden  hinterlassen  habe. 

Wollen  wii'  uns  ein  einigermassen  zutreffendes  jjild  der  Kirche  machen, 
so  müssen  wir  vor  allem  das  im  Auge  behalten,  dass  der  Stifter  des  Ordens 
für  dessen  Bauwerke  die  grösste  Einfachheit  em])fahl  und  Bonaventura  im 
Jahre  1260  bestimmte  Regeln  aufstellte.  So  sollte  die  Wölbung  der  Kirchen 
nur  ausnahmsweise  gestattet  sein  und  diese  weder  durch  grosse  Dimensionen 
noch  durch  Säulen,  Fenster  und  Bilder  ins  Auge  fallen.'^)  Wir  dih-fen  danach 
als  wahrscheinlich  voraussetzen,  dass  die  bald  nachher  (um  1300)  erbaute 
Ciarenthaler  Kirche  im  wesentlichen  diesen  Vorschriften  entsprocheii  habe. 
Erst  im  Fortgange  der  Zeit  fing  man  an  auf  künstlerische  Ausstattung  und 
Ausschmückung  mehr  Gewicht  zu  legen.  Damit  würde  stimmen,  dass  die 
Clarenthaler  Bildwerke  an  den  Wänden  und  Fenstern  erst  dem  lö.  Jahrhundert, 
wie  wir  angenommen  haben,  angehörten."')  Wir  können  aber  auch  noch  einen 
Schritt  weiter  gehen  und  sei  es  ein  Vorbild  unserer  Kirche  oder  ein  aus  dem- 
selben Geist  entsprungenes  Bauwerk  in  der  Kirche  des  ßeichclarissen-Klosters 
zu  Mainz  erblicken,  das  als  Mutter  Ciarenthals  betrachtet  werden  kann.  Trotz 
ihrer  Verstümmelung,  sagt  S  c  h  n  e  i  d  e  r"),  ist  dieselbe  noch  heute  ein  mächtiger 
gotischer  Bau  von  guten  Verliältnissen,  abei-  herber  E  i  n  f  a  c  h  li  e  i  t ;  an  den 
grossen  Mittelbau  lehnt  sich  nur  ein  Seitenschiff  an:  ein  Querschiff  fehlt: 
sämtliche  Teile  der  Kirche  waren  überwölbt;  charaktei-istisclie  Gliederungen  und 
Ausschmückungen  sind  nur  an  einigen  Stellen  angebracht.  Inwieweit  Claren- 
thal damit  übereinstimmte,  lässt  sich  nicht  entscheiden,  z.  B.  die  Frage,  ob 
nur  ein  Seitenschiff  oder  gar  keins  angebaut  war,  ob  WiUbungen  sich  vor- 
fanden; nur  das  dürfen  wir  festhalten,    dass  die  gleiche  Einfachheit  lierrschte. 


'''")  Kraus,  Gesclnchto  der  cliristliclien  Kunst,  II.   1,   1H5. 
^«)  Aiinalen  XXIX,  18,  5. 


^')  In   dorn  "NVorko  von  "Wap^nor.    Die  vorninligon  goistliclion  8tiftc  im   fJrossherzogtuui 
Hessen  II.  2'JÜ  u.  Tafel  VIII. 


40 


Die  Grabdenkmäler  und  Gemälde  der  Kirche  zu  Clarenthal. 

Ton  der  Kirche  zu  Clrtrentiiul  ist  nichts  erhalten ;  sie  erfuhr  nach  der 
Aufhebung  des  Klosters  mehrfache  Veränderungen  und  zuletzt,  als  die  Räumlich- 
keiten des  Klosters  zu  ganz  andern  Zwecken  benutzt  wurden,  eine  gänzliche 
Zerstörung.  Die  jetzige  Kapelle  ist  für  den  protestantischen  Gottesdienst  neu 
erbaut  und  nur  i'in  Grabstein  hat  an  der  Wand  an  recht  ungünstiger  Stelle, 
hinter  einer  Treppe,  seine  Aufstellung  gefunden.  Andere  Inschriftsteine  sind 
zu  Neubauten  benutzt  und  zerschlagen,  vier  von  Persönlichkeiten  des  nassauischen 
Hauses  nach  Wiesbaden  in  die  dortige  Kirche  verbracht,  aber  teils  dem  Zahne 
der  Zeit,  teils  dem  Brande  der  Kirche  im  Jahre  1850  zum  Opfer  gefallen. 
"Was  wir  noch  von  der  Clareuthalcr  Kirche  wissen,  verdanken  wir  den  Auf- 
zeichnungen II  e  1  w  i  e  h  s  (lül4)  und  den  Abbildungen  des  Malers  D  o  r  s  (1632). 
Jener  schrieb  die  Inschriften  aller  Grabsteine,  soweit  sie  erhalten  waren  und 
gelesen  werden  konnten,  ab  und  verzeichnete  die  Namen  der  Personen,  die  auf 
den  zwei  grossen  Wandgemälden  dargestellt  sind,  dieser  machte  Abbildungen 
derjenigen  Grabdenkmäler  und  Gemälde,  welche  Mitglieder  des  Hauses  Nassau 
betrafen,  beide  mit  kürzerer  (H  e  1  w  i  c  h)  oder  genauerer  (D  o  r  s)  Angabe  der 
Stellen,  wo  sich  diese  ehrwürdigen  Zeugen  der  Vergangenheit  befanden.  So 
ergänzen  sich  beide  Aufzeichnungen  bis  zu  einem  gewissen  Grade  einander. 

Die  Kirche  lag  wie  natürlich  bei  dem  Klostergebäude;  w^nn  das  Inventar 
vom  .").  Februar  lö.öQ  sagt,  dass  ein  Schrank  bei  der  Kirche  stand,  wo  man 
aus  dem  Kloster  hineingeht,  so  muss  wohl  ein  bedeckter  Gang  aus  diesem  in 
jene  geführt  haben.  Durch  ihn  trat  Hei  wich  in  die  Kirche,  da  er  zuerst 
dif  hier  befindlichen  Gemälde  und  Inschriften  aufzeichnet,  dies  war  aber  die 
südliehe  Seite  des  Gebäudes ;  es  lag  also  im  Norden  des  Klosters :   siehe  unten. 

Von  den  liäumlichkeiten,  in  denen  sich  Denkmäler  befanden,  nennt 
Dors  1.  den  niederen  Chor,  bei  Hei  wich  Chor  schlechthin  oder  mit  ante 
aram  maiorem  (altare  malus)  bezeichnet;  2.  den  höheren  oder  Jungfrauenchor, 
bei  H  e  1  w  i  c  h  chorus  virginum  ;  ihn  fanden  wir  schon  in  der  chronikalischen 
Notiz  des  Jahres  1321  erwähnt;  3.  den  Kreuzgang  oder  ambitus.  Da  Hei  wich 
ihn  zuletzt  verzeichnet,  so  ist  er  an  der  seinem  Eingang  zur  Kirche  entgegen- 
gesetzten Seite,   also  an  der  Nordseite  des  Schiffes,   angebaut  gewesen. 

Hei  wich  befolgt  nämli(;h  in  seiner  Aufzählung  der  Denkmäler  genau 
dir  Reihenfolge  derselben,  die  er  selbst  einhielt,  indem  er  von  dem  einen  zum 
nächstliegenden  vorschritt,  anders  als  Dors,  der  mehrmals  hin-  und  her- 
springend verfuhr;  durch  genauere  Beschreibung  der  betr.  Örtlichkeit  machte 
er  jedoch  das  Irreführende  seines  Vorgehens  wieder  gut.  Nur  einmal  (No.  6) 
lässt  sieh  seine  Angabe  mit  der  Hei  wichs  nicht  vereinigen ;  s.  No.  6  unserer 
Zählung.  Hl' I  wich  beginnt  mit  dem  Chor,  dem  niederen  Chor  bei  Dors, 
N<..  1-19,  steigt  dann  zum  Jungfrauen-  oder  höheren  Chor,  No.  24,  geht  darauf 
zum  Kreuzgang.  No.  20—30,  und  schliesst  mit  dem  daran  stossenden  circuitus, 
No.  31.  Dors  oder  das  Epitaphienbuch  beginnt  mit  dem  Kreuzgang,  (No.  25) 
Kichardis,  zu  dem  er  ncch  zweimul  zurückkehrt,  No.  6  und  28,  Imagina  und 
Margarethe    von   Ei)penstein.    wendet    sich    dann    zu  dem  Gemälde    des  Grafen 


41 

Adolf  und  seiner  Familie,  No.  4,  von  da  wieder  zum  Krouzgaug,  No.  (')  Imagina, 
dann  zum  Jungfrauenchor,  No.  24  Adelheid,  darauf  aborjnals  zum  niederen 
Chor,  iS'o.  7  Mechtildis,  um  sofort  wieder  zu  jenem  zurückzukehren  (Xo.  20  bis 
23),  die  bei  II  e  1  w  i  c  h  fehlen,  und  nachdem  er  das  noch  fehlende  vor  dem 
Hauptaltar  aufgeführt  hat,  No,  8  und  9  Graf  Gerlach  und  seine  Gemahlin, 
2  und  3  Graf  Adolf  und  seine  Gemahlin,  4,  ö,  10,  das  Gemälde  Graf  Adolfs 
und  seiner  Familie,  Graf  IMülipp  und  Friedrich  von  Hohenlohc,  schliesst  er 
mit  dem  Kreuzgange,  mit  dem  er  begonnen  hatte,  No.  28  Margarethe  von 
Eppcnstein.  Offenbar  waren  die  einzelnen  Abbildungen  oder  deren  Copien  auf 
je  einem  13ogen  ausgeführt  und  wurden  in  dem  sogenannten  Epitaphienbuch 
zusammen  mit  den  anderen  nassauischen  Grabdenkmälern  in  einen  Band  ver- 
einigt, ohne  dass  man  auf  die  Stellung  in  der  Kirche  Rücksicht  nahm  und 
auch  die  zeitliche  Abfolge  nicht  genau  beachtete. 

Aus  H  c  1  w  i  c  h  s  Ortsangaben  geht  hervor,  dass  weltliche  Personen  nur 
im  niederen  Chor  bestattet  waren,  Klosterschwestern  im  Jungfrauenchor  und  im 
Kreuzgang  ihre  letzte  Kuhestätte  gefunden  hatten;  vier  Gemälde,  die  Hei  wich 
nicht  erwähnt,   befanden  sich  im  höheren  Chor,  zwei  andere  im  niederen  Chor. 

Für  die  Orientierung  der  Kirche  gibt  D  o  r  s  einen  sicheren  Anhaltspunkt, 
Nach  ihm  befanden  sich  im  Jungfrauenchor  vier  Bilder,  das  erste  auf  der 
linken  Seite  der  Wand,  die  drei  andern  im  Giebel,  welcher  dem  Altar  gegenüber 
war,  Yon  diesen  war  No.  2  und  4  auf  der  linken  und  rechten  Seite  in  Fenstern 
des  Giebels,  No.  3,  das  mittlere,  auf  die  Mauer  gemalt  gegen  Niedergang  der 
Sonne,  also  gegen  Westen  gerichtet;  der  Altar  und  der  ganze  Chor  lag  also 
genau  im  Osten  der  Kirche, 

In  der  nachfolgenden  Aufzählung  der  Denkmäler  legen  wir  die  Reihen- 
folge von  H  e  1  w  i  c  h  zu  Grunde  und  schliessen  an  die  einzelnen  eine  kurze 
Angabe  der  Örtlichkeit  von  D  o  r  s  an,  Yorher  aber  müssen  wir  eine  Be- 
merkung über  den  Gebrauch  von  rechts  und  links  bei  beiden  machen.  Was 
nämlich  H  e  1  w  i  c  h  rechts  nennt,  ist  bei  D  o  r  s  links  und  umgekehrt.  Dieses 
beruht  auf  der  verschiedenen  Stellung,  die  sie  für  die  Beschreibung  der  Lage 
einnahmen  oder  von  ihnen  eingenommen  denken.  H  e  1  w  i  c  h  steht  oder  denkt 
sich  vor  dem  Altar,  mit  dem  Gesicht  gerichtet  nach  dem  Altar,  wie  es  der 
katholische  Geistliche  bei  der  Messe  thut,  D  o  i-  s  steht  ebenfalls  vor  dem  Altar, 
aber  zu  ihm  mit  dem  Rücken  gewendet,  zu  der  Gemeinde  im  Schiffe  der  Kirche 
mit  dem  Antlitz,    So  erklärt  sich  der  entgegengesetzte  Gebrauch  beider  Wörter. 

A.    Weltliche    Personen, 

I.  Im  niederen  Chor: 
a)  Auf  der  Südseite  der  Kirche. 
1.  König  Adolf  und  seine  Gemahlin  Imagina,  eine  Kirche  in  die 
Höhe  haltend,  zu  beiden  Seiten  ihre  Kinder,  ein  Gemälde  an  der  Wand, 
Hei  wich:  pictura  ad  latus  dextrum  chori  depicta,  in  qua  Rex  Adolffus  cum 
Imagina  regina  cernuntur,  ab  utraque  parte  templum  sustinentes,  adiuncfis  filiis 
et  filiabus  eorundem.  Dors:  Dieses  Gemälde  hndet  sich  ,  .  .  im  niederen  Chor 
auf    der    linken   Seite    in    der  Höhe    auf    die  flauer    gemalt.      Abgebildet    bei 


42 

Ilagolgans    zu  S.    12  umi  KrcmiM-,   Orig.    TI  Taf.    1.    Yorgl.    Sehen  ck 
S.   399/  Scbliophako  11.    147.   IV.   46. 

•J.   uml  3.      Cr  V  a  f  A  il  o  1  f    uuil    sei nc  ( Joinalilin  M  a  r  g  a  r  v.  r  li  0.      J I  e  1  - 
wich:    ante    luaius    altaro  a  doxrris    in    numumentü    elevato.      f  Anno  doniini 
M°CCC°LXX°  in  die  sauoti  Antunii  abbatis  ob.   illustris  d.)niiniis  Adolffus  eomes 
de  Nassaw,  tilius  (Jorlaei  coniitis.   ([ui  fuit  tilius  Doniini  Adolf'fi  rogis  ronianorum. 
Ad  latus  di'xrruni  dt'i.icta  insignia  0.   in  Xassaw.    Burggr.  Norinbergcnsis.   Hiebe 
Hagelgans    S.  1!>.    Neerologiuni  unt.r   dem    IT.  Jan.     Dors:    Begräbnis   im 
niederen  Chor    auf  d.T    linken  Seite    des  Altars  in    einem  Bogen,   erhoben  und 
ist  gewesen  A.b.ltt'  Graf  zu  Nassau.   <mii  Snhn  (iraf  CJerlaehs  und  Frau  Agnes. 
Seine  Geniahlin    liegt   nrben   ihm.    welehe    eine  Tochter  Friedrichs  lY..    Burg- 
grafen  von  Nürnberg,    war.   —  Die  lusihvil'r  des   zweiten   (rrabd(!nkmals  fehlt, 
nicht  aber  das  Bildnis  der  Gräfin:  audi   in  das  Necrologium  ist  ihr  Name  nicht 
eingetragen,    obgleich  sie  in  dem  Kloster  hohes  Ansehen  genossen  hatte:    noch 
zu  ihren  Lebzeiten  —   am   10.  Februar   loTl  —bestimmte  der  Convent  für  sie 
ein    reiches  Jahrgezi'it.     das    sofmt    jnliilich    gefeiert  werden    sollte.      Dass  ihr 
Name  im  Necrologium  fehlt,   ist  um  so  autfallender,   als  sie  mit   ihrem  (Jemahl 
in  ihrem  beiderseitigen  Testamente  vom  'M.  März  1360")  das  Kloster  glänzend 
bedacht  hatten,    und  als  Margarethe  wahrscheinlich  starl).   währcMid  ihre  gleich- 
namige Tochter  Äbtissin  war.     Sie    kommt  nämlich,    was  man   bisher  übersah, 
noch  im  Jahre   1382  vor,    wo    sie  am   13.   Oktober    eine  testamentarische  Ver- 
schreibung  für  ihre  Tochter  Katherina.   Gemahlin  Reinhai  ds  IL  von  Westerburg, 
machte.'")    Der  Grabstein  wurde  später  in  die  Kirche  zu  Wiesbaden  verbracht, 
Wfi  er.    weil  er  abgängig  war,    im  Jahre  1818  vollständig    zerschlagen    wurde; 
nur  ein  liest  desselben,   zwei  gepanzerte  Füsse  auf  einem  Löwen  stehend,   mit 
der  Jahreszahl  1370,   befindet  sich  jetzt  im  Museum  zu  Wiesbaden."") 

4.  Graf  Adolf  und  seine  Gemahlin  Margarethe  mir  ihren  Kindern, 
Gemälde  wie  No.  1.  11  el  wich:  ab  uniujue  parte  ipse  cum  uxore  et  omnibus 
liberis  depictus.  Dors:  Gemalt  in  einem  Bogen  in  der  Mauer  über  ihrem 
Begräbnis,  llagelgans  S.  19,  24.  Abgebildet  bei  Kr  einer  IL  Taf.  2. 
Das  Gemälde  ist  angefertigt  nach  dem  Jahre  1396,  vielleicht  als  Face  von 
Lindau  (v  1422)  Äbtissin  war,  da  ihr  Sohn  Johann  in  diesem  Jahre  die  crz- 
Ijischöflichen  Insignien  (von  Mainz),    mir  (hmen  er  abgebildet  ist,   erhielt. 

.').  (rraf  Philipp  von  Nassau-Saarbrücken.  Hei  wich:  In  epitaphio 
iliidem  ad  murum  erecto.  Anno  1429  ipso  die  Yisitationis  b.  Mariae  virg. 
gloriosae  obiit  Nobilis  Dominus  Phili])])us  Conies  in  Nassaw  et  in  Saraponte. 
Das  Necrologium  setzt  seinen  Tod  iiiclir  auf  den  Tag  AHsitationis  (2.  Juli), 
sondern  auf  den  4.  Juli.  Dors:  Dieser  Stein  steht  aufrecht  im  niederen  Chor 
auf  der  linken  Hand.  • —  Kr  wurde  später  in  die  Kirche  zu  Wiesbaden  ver- 
braeht.  we  er  l)ei  dem  Brande  derselben  im  Jahre  1800  zu  Grunde  ging.  Ab- 
;;el>ildet  bei  U<»ssel,    Kirchliche  Altertümer  von   Wiesbaden,   Taf.    3. 


'")  Uikiindf   im  Stuatsurcliivf;  zu  Wicsbadon. 

"*)  l'rkund«  im  Stautsarcliivp  und  aligediuckt    nach    einer  alten  Kopie  bei   fjelunann, 
Oescbiclitc  der  Horrfn  von  AVestorlimi,',  S.   19t).     S,   Aljsehnitt  IV. 

""l  |{(issel.   Die  kirclilichun  Altertümer  von  AVioshadon,  H.  3S. 


4:j 

h)    Vor  dem  Altar. 

6.  Königin  I  m  a g  i  n  a.  11  <;  1  w  ich:  in  medio  clidii  ante  aram  maiorem  in 
nionumentü  elevato,  in  (|in>  Uoginac  species.  Als  T(xlestag  gibt  das  Necr.  den 
29.  8e])tcnib(Ji-  an,  das  Tüdosjahr  ist  unbekannt;  vgl.  S  c,  h  1  i  (;  p  li  ak  e  IV,  ;")<). 
Doi-s  setzt  diesen  Grabstein  in  den  Kreuzgang;  er  steht  nach  ihm  dorr  auf- 
recht und  ist  wie  bei  1 1  c  1  w  i  eh  dlmc  Inscdirift.  Gegenüber  d(mi  ausdrücklichen 
Ztnignis  Ilclwii-hs  und  dem  Ihustaud,  dass  im  Kreuzgang  sonst  keine  welt- 
lichen Personen  begraben  sind,  darf  mau  ausDors'  entschiedenen*  Angabe  ver- 
muten, dass  zwis(dien  den  Jahnni  1614  und  1632  der  Stein  in  den  Kreuzgang 
vers(^tzt  wurde  und  seine  aufrecht(!  Stellung  (erhielt,  die,  so  lange  er  sich  vor 
dem  Altar  b(>fan(l,  unmöglich  war.  Später  wurde  er  abermals  und  zwar  in  die 
Kirche  zu  Wi(>sbaden  versetzt,  wo  er  bei  den)  Brande  von  IHöO  zu  Grunde 
ging.     Eine  Abbildung  von  ihm  gibt  Rössel  a.   a.   O.,  Taf.   ;>. 

7.  Mechtildis,  Tochter  des  Königs  Adolf,  Gemahlin  des  Pfalzgrafen 
Kudolf.  ILelwich  lässt  sie  unmittelbar  auf  Imagina  folgen:  Anno  Domini 
1328  in  die  Sanctorum  Gervasii  et  Protasii  (19.  Junij  ob.  lllustrissima  Do- 
inina  Mezza  ducissa,  Domini  Adolfi  Regis  Romanorum  (filia),  mater  Dominorum 
Ducum  Bavariae.  —  Das  Necrologium  setzt  ihren  Tod  auf  den  13.  Juni. 
Dors:  Stein  im  niederen  Chor  vor  dem  Altar,  erhoben.  Mechtildis  starb  im 
Jahre  1328.     Über  sie  vgl.  Schliephake  11,  60. 

c)   Auf  der  Nordseite  der  Kirche. 

8.  9.  Graf  Ger  lach  und  seine  Gemahlin  Agnes  von  Hessen.  Hel- 
wich:  in  sinistris  ante  altare  malus  in  monumento  elevato.  Anno  Domini  1361 
in  crastino  Epiphaniae  (7.  Januar)  ob.  Illustrissinms  Dominus  Gerlacus  comes 
de  Nassaw,  filius  serenissimi  Domini  Adolfi  Regis  Romanorum.  Anno  Domini 
1332  in  crastino  Epiphaniae  (13.  Januar)  ob.  Sereniss.  Domina  Agnes,  coniux 
nobilissimi  Domini  Gerlaci,  comitis  de  Nassaw.  Im  Necrologium  steht  Gerlach 
unter  dem  10.,  Agnes  unter  dem  11.  Januar.  —  Dors:  Im  niederen  Chor  auf 
der  rechten  Seite  des  Altars,  erhoben,  in  einem  Bogen;  ist  gewesen  Graf 
Gerlach  zu  Nassau,  Sohn  Kaiser  Adolfs,  und  Agnes,  Landgräfin,  seine  Gemahlin. 

—  Der  Stein  wurde  später  nach  Wicisbaden  verbracht  und  ging  bei  dem  Brande 
der  Kirche  zu  Grunde. 

10.  F  r  i  e  d  r  i  (•  h  von  II  o  h  e  n  1  o  h  e.  II  e  1  w  i  c  h :  inscriptio  tumuli  solo 
adaequati.  Anno  Domini  1304  in  die  St.  Martini  (11.  November)  ob.  Domicellus 
Fredericus  de  liohenloch.      Im  Necrologium   steht  der  Name  am  6.   November. 

—  Dors:  Im  niederen  Chor  auf  der  rechten  Seite  des  Altars.  Die  Abbildung 
zeigt  eine  jugendliche  Gestalt.  Da  der  Stein  neben  dem  Grabstein  Gerlachs 
und  der  Agnes  lag,  so  wird  Friedrich  von  Uohenlohe  diesen  beiden  verwandt- 
schaftlich nahe  g(;standen  haben;  es  liegt  daher  die  Vermutung  nahe,  dass  er 
der  Sohn  ihrer  Tochter  Anna,  die  mit  Graft  von  Uohenlohe  bereits  im  Jahre 
1337  vermählt  war,  also  der  Enkel  Gerlachs  und  seiner  Gemahlin  Agnes  ge- 
wesen sei.  Gerlachs  zweite  Gemahlin  Irmengard  war  ebenfalls  eine  geb.  von 
Hühenlohe.     Friedrich  mag  auf  einem  Besuche  des  Grossvaters  gestorben  sein. 


44 

dj   In  der  Mute  des  Chores. 

11.  (iriifiu  Elisabeth  von  Hanau.  Hei  wich:  in  medio  chori 
in  numumonto  olevato.  Anno  Doinini  UiU  iu  crastino  Audreae  apostoli 
(1.  Dfzi-mber)  üb.  venerabilis  Doinina  Elizabeth  de  Hanamve.  —  Neorologium 
1.   Dc/ember.     Vgl.   eben  S.   39  über  ilir  Verhältnis  zu  den  Kloster  Jungfrauen. 

12.  8  i  f  r  i  d  II  u  t  (von  Sonuenberg).  Hei  w  i  e  li :  A  dextris  inseriptio 
tumuli.  Anno  l)..niini  1413  die  Cathedra  Petri  (22.  Februar)  ob.  Domiccllus 
Sifridus  dictus  lludr.  —  Neerologiuiii  21.  Febr.:  domicellus  Sifridus  dictus 
Hut  post  obituni  suun»  contulit  nobis  36  libb.    in  anniversario  suo. 

13.  Greda  Und  in  de  .Sonnenberg.  Hei  wich:  inscripti«)  tumuli. 
Anno  Doniini  1407  pridie  Kalendas  Novenibris  in  vigilia  Omniuni  Sanctoruni 
ob.   (freda  Hudin  de  Sonnenberg. 

14.  FI  a  n  n  ('  ni  a  n  n  u  s  H  c  r  o  It ,  Bürger  von  Oppenheim.  H  e  1  w  i  c  h  : 
inseriptio  tunmli.  Anno  Domiui  1340  in  die  sanctae  Catherinae  virg.  (25.  Novbr.) 
ob.  HannemannusdietusHerolt,  Civis  in  Oppenheim.  —  Necrologium,  23.  Nov.: 
contulit  nobis  annuatim  8  maldr.  silig..  V/2  virnzal,  (>  libb.  et  8  capones  pro 
remedio  anime  sue  et  uxoris  sue  Elizabeth  et  liberorum  [et]  omnium  parentum. 

1  r>. .  1 »'). .  17.  E  1  i  s  a  b  e  t  li  Heroldi.  H  e  l  w  i  c  h  :  inseriptio  tumuli. 
Anno  Domini  133ö  XHII  Kai.  Maii  (18.  April)  ob.  Elizabeth  Herokli.  quibus 
[anuis  scilieet]  X  depositis  YI  [Kai]  Martii  (24.  Februar)  ob.  Wcrutrudis 
ipsisque  [annis]  X  repositis  Y  Idus  Maii  (11.  Mai)  ob.  Lieba  tiliae  eius.  — 
Xerrologium:  20.  April  ob.  Domina  Elizabeth  de  Oppenheim;  2.").  Februar  ob. 
Wcrndrudis  de  Oppenheim,  cognata  fratris  Gerhardi,  quo  contulit  nobis  annuatim 
1  lib.  hall.  :  7.  Mai  ob.  Liba  de  Oppenheim  cognata  fratris  Gerhardi.  Wie 
man  sieht,  stimmen  die  Angaben  über  die  Todestage  nicht  überein;  richtig 
werden  die  der  Inschrift  sein.  Dieser  Stein  findet  sich  jetzt  als  der  einzige 
noch  erhaltene  in  der  Wand  der  neuen  Kapelle,  leider  an  einer  ungünstigen 
Stelle  (hinter  einer  Treppe)  eingemauert. 

18.  H  e  i  n  r  i  c  h  von  Lindau.  H  e  1  w  i  c  h :  inseriptio  tumuli  a  sinistris. 
Ann(j  Domini  1334  ob.  lleinricus  miles  de  Lindamve  XIHI.  Kai.  Octobris 
(18.  September).  —  Necrologium  24.  September:  ob.  Hominis  Hcinricus  miles 
de  Lindau  (jui  contulit  nobis  ad  anniversarium  1  marck  et  12  solid,  zu  eime 
ewigen  lii'hr. 

[19.  Katharina  von  Stockheim,  geb.  Knebel  von  Katzcnelnbogcn,  ge- 
storben d(,'n   16.  Dezember  1606,   also  nach  Aufhebung  des  Klosters.] 

H.    Im  Jungfrauenchor 
vier  Gemälde;  sie  fehlen  bei  H  cl  w  i  c  h. 

20.  Gi-iif  Gerlach  und  seine  Gemahlin  Agnes  von  Hessen;  zwei  betende 
Personen  mit  nassauischen  und  hessischen  Wappen;  Dors:  Fenster  im  Jung- 
frauenchor auf  der  linken  Seite  der  Wand. 

21.  Walrabe  und  Adolfus,  betend;  Dors:  im  Fenster  i]n  .kingfrauenchor 
auf  d(,'r  linken  Seite  im  Giebel.  Es  sind  zwei  jüngere  Söhne  des  Königs  Adolf. 
Hagelgans  S.  17  berichtet  irrtündich,  das  Gemälde  habe  sich  in  der  Kirche 
zu  Wiesbaden  befunden. 


45 

22.  Dors:  Allliio  (je)  /woi  ^[anns-  und  Weibspersonen  gemalt,  aber  gar 
verbliclien;  (rechts  oben  das  nassauisclie  Wappen,  links  das  hessische) ;  auf  die 
Mauer  gemalt  im  Juugf'rauenchor  an  dem  Giebel  gegen  Niedergang  der  Sonne. 

211.  Kuieende  Person,  eine  Kirche  emporhaltend.  mit  einer  Krone  auf  dem 
Haupte,  wie  in  No.  (5.  Im  Fenster  im  Jungfrauen-  oder  höheren  Chor  im 
Giebel  auf  der  rechten  Ifand.  Dors  sagt,  die  gekrönte  Person  sei  Imagina, 
des  Königs  zweite  Tochter  gewesen;  aber  die  Krone  deut<it  offenbar  auf  die 
Königin  liin.    di(»  ^litstifterin  des  Klosters. 

B.    Klosterjungfrauen. 
a)  Im  Jungfrauenchor. 

24.  Die  Äbtissin  Adelheid  von  Nassau.  11  el  wich:  in  choro 
Virginum.  Anno  Domini  1338  VII.  Kai.  Junii  (26.  Mai)  ob.  Alheydes 
Abbatissa  de  Nassowe  Kogis  filia.  —  Necrologium  12.  Mai.  —  Dors:  Im 
Jungfrauenchor  vor  dem  Altar.     Adelheid  war  Äbtissin  von  1311 — 1338. 

b)    Im  Kreusgang,   amhitus. 

25.  R  i  c  li  a  r  d  i  s :  11  e  1  w  i  c  h :  scquuntur  inscriptiones  in  Ambitu.  Anno 
Domini  1311  V.  Kai.  Augusti  (28.  Juli)  ob.  Soror  Richardis  de  Nassauwia, 
germana  Domini  Adolffi  regis.  —  Necrologium  27.  Juli.  Dors:  Im  Kreuz- 
gang.     Sie  war  die  erste  Äbtissin,   ohne  diesen  Namen  zu  führen. 

26.  Anna  von  Höh  enl  che.  Hei  wich:  Anno  Domini  1440  ipso 
die  nativitatis  Virginis  Mariae  (8.  September)  ob.  Illustris  Domina  soror  Anna 
de  Hohenloch.  Necrologium  8.  Sept. :  Illustris  soror  Anna  de  Hoenloch  sub 
a.    1440,   de  qua  habemus  160  Flor. 

27.  Agnes  von  Hanau.  Hei  wich:  Anno  domini  1446  die  s. 
Ceciliae  virginis  {22.  November)  ob.  Illustris  Domina  Abbatissa  soror  Agnes 
de  Hanaw.  —  Necrologium  22.  November:  fuit  abbatissa  huius  conventus  24 
annos  (1422—1426.)     Sie  war  die  Tochter  der  Elisabeth  No.    11. 

28.  Mar  gar  et  he  von  Ep  penstein,  Äbtissin  1446 — 1450.  Hel- 
wich:  Anno  Domini  1450  in  die  8.  Laurentii  (10.  August)  ob.  Illustris 
Domina  soror  Margaretha  de  Eppstein  Abbatissa  huius  conventus.  —  Necro- 
logium 17.  August.  —  Dors:  Im  Kreuzgang.  Sie  war  die  Tochter  der  Agnes, 
der  ältesten  Tochter  des  Grafen  Adolf  I.  und  der  Margaretha,  zum  erstenmale 
vermählt  mit  einem  Grafen  von  Witgcnstein,  dann  —  um  1360  • —  mir  Eber- 
hard   von  Eppenstein,     Hagelgans  S.   25. 

29.  Magdalena  S  c  h  e  n  k  i  u  von  E  r  b  a  c  h  ,  Äbtissin.  Hol  w  ich: 
Anno  Domini  1512  ipso  die  Simonis  et  ludae  (28.  Oktober)  ob.  Illustris 
Domina  Magdalena  Schenkin  de  Erpach  Abbatissa  huius  Conventus.  —  Necro- 
logium 28.   Oktober.     Sie  war  die  Tochter  des  Georg  Schenk  vcm  Erbach. 

30.  Anna  Brendel  von  1  [  o  m  b  u  r  g ,  Äbtissin.  H  e  1  w  i  c  h  :  Anno 
1553  die  Kai.  ...  25.  Oct.  ob.  veneranda  et  nobilis  Domina  Soror  Anna  Brende- 
lin de  Homburg  Abbatissa  huius  Conventus.   Sic  war  die  letzte  Äbtissin:  s.  oben. 

Ausserdem  nennt  Dors  als  im  Kreuzsanii;  Ijotindlich  den  Grabstein  der 
Königin  Imagina.   s.   No.    6. 


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48 

Tun  tlon  Grabsteinen  der  2.")  Äbtissinnen  waren  also  im  Jahre  1614  nur 
noch  sechs  erhalten,  einer  von  einer  Soror  (So.  26).  Man  darf  vermuten,  dass 
die  lange  Iteihe  der  Äbtissinnen  von  der  Adelheid  an  [So.  24)  bis  auf  die 
Agnes  von  Hanau  (^No.  27)  gleichfalls  eutweder  im  Jungfrauenchor  oder  dem 
Kreuzgang  bestattet  wurden,  ja  man  mag  diesen  um  das  Jahr  1440  deshalb 
erweitert  haben,  um  Platz  für  Grabsteine  zu  gewinnen:  aber  auch  aus  der 
folgenden  Zeit  entbehren  mehrere  Äbtissinnen  eines  Denkmals,  die  durch  die 
späteren  Umbauten  vernichtet  sein  mögen. 

Vun  dem  auf  der  Nordseite  der  Kirclie  augebauten  Kreuzgang  wendet 
sich   Hei  wich  zu  dem  benachbarten  Friedhof  des  Klosters  und  schreibt: 

cj  Extra  temphim, 
ubi  qiiomlam  aiüiqtius  fuit  circintus,  sunt  quidom  lajiides  sepulcrales 
terra  ohrafi,  inter  quos  est  unus  tali  Epigrapho : 

',)\.  Anno  Domini  1359  in  die  Parasceves  ob.  dominus  Sifridus  miles 
de  Lindauwe.  Die  Parascevc  fiel  im  Jahre  1359  auf  den  19.  April.  Necro- 
logium  '2'2.  April:  dnus  Syfridus  miles  de  Lindaw,  qui  contulit  uobis  pro  se  et 
(iiimi  parentela  sua  22V2  libb.  hall,  in  XL  super  mensam  conventus  distri- 
bueudum  (!).    Die  Urkunde  über  diese  Stiftung  ist  ausgestellt  am  27.  März  1358. 

Versuchen  wir  schliesslich  den  Denkmälern  und  Bildwerken  auf  dem 
Plane  der  Kirche  des  Klosters  nach  der  Angabe  unserer  beiden  Gewährsmänner 
einen  Platz  anzuweisen,  so  mag  die  folgende  Anordnung  etwa  das  Richtige 
treffen. 


Giebel  im  Westen. 


Kreuzgang  2ö — 30.       Extra  tcmplam  31. 


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Kloster. 


I 


I 


Über  die  zu  dem  Klosterhof  sfehörendon  Gebäulichkeiten  der  früheren 
Zeit  wissen  wir  nur  wenig.  Einige  werden  iu  dem  llaushaltungsbuch  genannt. 
Als  nämlich  der  Sturm  des  Markgrafenkrieges  im  August  1552  die  Nonnen  aus 
dem  Kloster  trieb,  um  hinter  den  Mauern  von  Wiesbaden  Schutz  zu  suchen, 
Hessen  sie  an  mehreren  Gebäulichkeiten,  um  sie  vor  den  Landsknechten  zu 
sichern,  Schlösser  und  Schlüssel  in  Stand  setzen,  und  bei  Gelegenheit  der  Be- 
zahlung der  Kosten  dafür  im  Jalire   1554  werden  genannt: 


49 

1.  Das  Kornhaus; 

2.  das  JJackluius; 

3.  das   Koltcrhaus ; 

4.  zwei    Scheunen; 

f).    das  Bichterhaus  und  in   ihm 
G.    eine  Kannner; 
7.   eine  Cfesindestube. 
Das  Kelterhaus  -^'ird    schon    in    der  Urkunde    vom    2'.].   August  1307  er- 
wähnt,  aber  so,   dass  die  Lage  desselben  nicht  genau  /u  bestimmen  ist. 

Als  Pforten  des  Klosterhofes,   /u  denen  ebenfalls  Schlösser  und  Schlüssel 
neu  augefertigt  wurden,   kommen  vor: 

1.  Die  obere  kleine  Pforte,    da  man   zum   Walde  fährt; 

2.  di(^  obere  Pfort(!; 

o.   die  unterste  l'forte ; 
4.   eine  Pforte  ohne  nähere  Angabe. 
Von  seinem  Rechte  als  Eigentümer  des  Klosters  und  seiner  Güter  macht 
(Iraf  Philip])  alsbald  mich  dem  Abzug  der  Nonnen  Gebrauch,  indem  er  am  2ß.  Juli 
desselben  Jahres   loöl)  die  Güter  zu  Niedererlenbach  verkaufte. 


IV.    Die  Jahrgezeiten  der  Gräfin  Margarethe  von  Nassau   und   ihres 

Kaplans  Cunradus  vom  Jahre    1371. 

Die  beiden  unten  mitgeteilten  Urkunden  über  die  Jahrgezeiten'')  der 
Gräfin  Margarethe  von  Nassau  und  ihres  Caplans  Cunradus  vom  10.  Februar 
(Scolasticae  virginis)  1371  sind  für  uns  sehr  belehrend;  denn  sie  geben  uns 
genaue  Mitteilung  darüber,  wie  ein  feierliches  Jahrgezeit  in  dem  Kloster  Claren- 
thal  verlief,  namentlich  erfahren  wir  etwas  genaueres  über  die  Mahlzeit,  die 
mit  demselben  verbunden  war.  Wir  ersehen  daraus,  dass  das  stille  Leben  der 
Klosterschwestern  zu  Ciaronthal,  das  wir  uns  g(u-ne  als  eintönig  und  in  Bezug 
auf  Speise  und  Trank  als  höchst  beschränkt  denken,  nicht  selten  bei  Gelegen- 
heit der  Jahrgezeiten,  deren  Zahl  nach  dem  Necrologium  nicht  gering  war  und 
im  Laufes  der  Zeit  immer  grösser  werden  musste,  durch  flotte  Mahlzeiten  unter- 
brochen wurde.     Das    Necrologium**^)    gibt    uns  zwar  über  die  kirchliche  Feier 


*')  Unser  Necrologium  sagt  gewölmlich  Jargeziit  oder  auch  schon  Jargezeit,  aber  seltner 
Jarzit  oder  Jarzeitung.  Mit  dem  Worte  wurde  die  kirchliche  Jahresfeier  zum  Andenken  Ge- 
storbener bezeichnet;  gewöhnlicher  war  sonst  die  Form  Jarzit.  Deutscli.  AVörterbuch  (Heyne) 
IV.  2.  Sp.  2249.     Lex  er,  Mlid.  Wörterbuch  unter  iärzit. 

*-)  Ein  Necrologium,  liber  animarum,  Totenbuch  oder  Seelbuch  enthielt  eigentlicli  nur 
die  Namen  der  eingetragenen  Toten;  weitere  Zusätze  über  Stiftungen  und  Totenfeiern  gehör- 
ten in  ein  Seelgerätbuch.  Unser  Necrologium  vereinigt  beides.  Daher  nennt  es  der  gräfliche 
Kanzleirat  Konrad  Lesch,  als  es  zur  Kanzlei  nach  Idstein  gel)ra('ht  wurde,  mit  dem  gleichen 
Rechte,  als  wir  Necr.,  mit  dem  zweiten  Namen,  indem  er  auf  die  vordere  Seite  des  Deckels 
den  Titel  des  Buches  also  niederschrieb:  „Sei  geredtl)uch  des  Newen  Closter  zur  Cantzley 
bracht  Anno  1564.  Con.  Lesch.**  Vgl.  auch  Baumann  im  Neuen  Archiv  VII,  23.  "NVetzer 
und  Weite  unter  Anniversarium  und  Necrologium. 

4 


50 

o-enug  Aufklärunjr,  Nvonu  es  au.li  inoistens  bloss  alli-omeino  Ausdrüeko  ohne 
weiteren  Zusatz,  coinmenioratii».  memoria.  (ledächtnis,  officium,  aniiiversariuiu, 
eonferre  in  remedium  animae,  anwendet:  wir  erfahren  an  anderen  Stellen,  dass 
wie  bei  Mar^aretlie  eine  Yigilie  des  Abends  und  tüne  Messe  mit  vier  Kerzen. 
.,als  (Jewohnheit  unsers  Ordens  ist"*  (auniversarium  cum  debita  consuetudine 
uostri  ordinis  euni  vigiliis  de  sero,  de  mane  vero  cum  missa  pro  defunctis 
cum  f|uatu..r  candelis  aecensis)  stattl'aiul.  V^l.  /-.  B.  das  Jalirgezeit  des  Erz- 
bischofs  Adolf  (loi)O;  unter  dem  G.  Februar  und  der  Margarethe  von  lieim- 
bach  unter  dem  9.  Februar.  Eine  Erwähnung  aber  der  Mahlzeit,  geschweige 
denn  über  die  Art  und  den  Umfang  derselben  finden  wir  nirgends;  nur  drei- 
mal ist  von  einem  consolari  in  auniversario,  d.  h.  von  einer  reichlicheren 
Mahlzeit  (extra  ordiuem  et  solito  suavior  et  delicatior;  Du  Gange), 
einmal  von  der  distributio  super  mensam.  d.  li.  von  der  Verteilung  einer  ge- 
wissen Summe  (unter  die  Priester  und  andere)  die  Kede:  am  17.  Mai. 
].").  .luni  und  18.  Oktober  (consolari),  sowie  am  2'2.  April  (distributio)'') ;  die 
Schrift  der  Einträge  weist  auf  das  14.  und  den  Anfang  des  1.').  Jahrhunderts  liin. 
Die  Namen  der  Grätin  ^fargarethe  von  Nassau,  der  Gemahlin  Adolfs  1.. 
und  des  Caplans  Cunradus  fehlen  in  unserm  Necrologium  ebenso  wie  die  Er- 
wähnung ihrer  Jahrgezeiten.  Dieser  Umstand  lässt  sich  erklären  aus  der  Art 
der  Entstehung  des  Necrologiums.  obgleich  dabei  auffallend  bleibt,  dass  beide 
dasselbe  Schicksal  betroffen  hat.  Unser  Necrologium  war  nämlich  nicht  das 
erste  des  Klosters,  sondern  man  hatte  anfangs  ein  zu  kleines  angelegt  oder 
dieses  war  im  Eaufe  der  Zeit  schadhaft  geworden,  so  dass  man  später  ein 
«rrösseres  und  haltbareres  anzulejiren  sich  veranlasst  sah;  in  dieses  wurden  die 
Namen  des  älteren  mit  aufgenommen.**^)  Dabei  mochte  es  vorkommen,  dass 
man  einzelne  Namen  nicht  mehr  lesen  konnte  oder  aus  Unachtsamkeit  übersah, 
wie  wir  im  ersten  Teil  dieser  Studien  mehrfach  bemerken  mussten.  oder  unter 
einem  falschen  Tag  verzeichnete,  wie  dies  nachweislich  in  Ciarenthal  geschah ; 
es  sind  hier  von  36  Personen,  deren  Todestage  wir  aus  anderen  Quellen, 
namentlich  Grabschriften,  kennen,  nur  10  richtig  eingetragen,  16  vordatiert, 
10  nachdatiert.  Die  älteren  Einträge  sind  am  Anfang  des  15.  Jahrhunderts 
von  einer  Hand  in  dem  neuen  Buche  niedergeschrieben;  der  letzte  Name  des 
älteren  Buches  war,  wie  es  scheint,  Agnes  von  Katzenelnbogen,  die  unter  dem 
10.  .1  Ulli  verzeichnet  ist.  Nach  W  e  n  c  k  starb  diese  im  Jahre  1399''°),  der  erste 
der   jüngeren  Schrift,   dessen  Todesjahr  wir  kennen,   war  Sifrid  Hut  von  Sonnen- 

"')  Hier  Iioisst  es:  .,<ib.  dominus  Syfridus  niiles  de  Lindau  (f  lit.  April  l'.i'>9  naoli 
seiner  Grabschrift,  die  Stiftung  hatte  er  am  27.  März  13ö8  gemacht),  (pii  coiitulit  nobis  .  .  . 
WIM   UM»,  liall. .  .  super  mensam  conventus  distribuenduiii."    Kreiucr  II,  414  schrieb  XXIII 

lib.  llal.,  und  weil  sein  gramnuitisches  (iefühl  sich  mm  i;('i;eii  distribuendum  sträubte,  Hess  er 
ilio  Kndung  -um   weg.  —    Über  die  distributio  s.  auch    IIa  ii  um  im  a    a.  O. 

"'j  Vergl.  Hauiiiauii  a.  a.   0. 

**)  Hess.  Landesgeschiidite  II,  50").  Woher  Woiick  diese  .Jahreszahl  liat,  giebt  er 
nicht  an,  er  beruft  sich  auf  unser  Xecr.,  das  eine  solche  nicht  enthält.  Rössel,  Ann,  VII, 
Hll,  macht  aus  wenig  stichhaltigen  <iriinden  Agnes  zur  Tochter  Diethor  III.  (f  1276),  setzt 
sie  also  etwa  hundert  Jahre  früher  an.  Jedenfalls  war  Agnes  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts 
Nonne  zu   Clarentlial    und    wird   um   die  ant,''eirelieno  Zeit  gestorben  sein. 


51 

berg,  der  nach  der  Orabsehrift  bei  lielwidi  am  22.  Februar  1413  starb. 
Vor  dieses  Julir,  also  in  den  Anfang  des  15.  Jahrbunderts,  dürfen  wir  daber  die 
Anlegung  des  jetzigen  Necrob)giunis  setzen;  das  nho  \vurd(!  niebt  aufbewalirt 
und  ist  verloren.  Die  Namen  Margarctbe  und  Cunradus  können  nun  unleserlieb 
gewesen  oder  von  dem  Scbreil)er  überseben  worden  s(Mn,  zumal  wenn  der  Zu- 
satz des  Jahrgez(!its  feblte.  Denn  viele,  bei  denen  wii-  die  Abbaltung  eines 
solc'ben  voraussetzen  dürfen,  z.  V*.  des  Stift(!rs  der  Anstalt  und  seiner  Gemablin, 
der  (h-afen  (lerlacb  und  Adolf  u.  a.,  entbehren  jeder  dabin  abzielenden  Be- 
merkung; es  verstand  siiib  wobl  von  selbst,  dass  so  grosse  Woblthäter  des 
Klosters  feierlich  „begangen"  wurden.  Es  können  freiliob  die  Namen  Marguretbe 
und  Cunradus  aucli  schon  in  älteren  Nekrologen  gefehlt  haben,  grade  so  wie 
man  auch  auf  dem  Grabmal  der  Margarethe  die  Inschrift  „vergessen  hat  bei- 
zufügen" (Hagelgans  S.    19). 

Die  Gräfin  Margarethe  war  die  Tochter  des  Burggrafen  Friedricli  IV.  von 
Nürnberg,  seit  dem  Jahre  lo32  mit  dem  Grafen  Adolf  L  von  Nassau  ver- 
mählt und  die  Mutter  einer  zahlreichen  Kinderschar  geworden;  sie  starb,  wie 
wir  in  diesen  Studien  I.,  181,  Anmerkung  nachgewiesen  haben,  nach  dem 
14.  November  1382.  Dass  sie  auch  nach  ihrem  Tode  eine  grosse  Verehrung 
in  dem  Kloster  genoss,  beweist  das  Wandgemälde  in  dessen  Kirche,  das  sie 
mit  ihrem  Gemahl  und  ihren  Kindern  darstellte  und  bei  K  r  e  m  e  r  II  abgebildet 
ist.  Warum  für  sie  die  Äbtissin  und  der  Convent  das  Jahrgezeit  und  grade 
in  dem  Jahre  1371  anordneten,  sagt  teils  die  Urkunde  selbst,  teils  können  wir 
es  aus  zwei  Wohlthaten,  die  kurz  vorher  dem  Kloster  bekannt  geworden  und 
erwiesen  worden  waren,  schlicssen.  Die  Urkunde  rühmt  nänüich  die  Andacht 
(Frömmigkeit)  und  Gutthat  der  Gräfin;  mit  dem  zweiten  Worte  weist  sie 
sicherlich  auf  die  zwei  angedeuteten  Wohlthaten  derselben  hin,  die  wir  in 
Kürze  hier  anführen. 

Margarethe  hatte  nämlich  mit  ihrem  Gemahl  am  31.  März  (feria  tertia 
proxima  post  diem  palmarum)  1360  ein  „selegerede  und  Testament"  gemacht, 
nach  dem  beide  350  Pfund  Heller  für  verschiedene  Klöster  und  Kirchen 
aussetzten,  die  der  überlebende  Teil  nach  des  andern  Tode  gänzlich  aus- 
zahlen solle.  Da  Graf  Adolf  am  17.  Januar  1370  starb,  so  fiel  dies  der 
Gräfin  zu.  Zur  Vollstreckung  des  Testaments  sollten  drei  Truwenhendor  mir- 
wirken,  „denen  der  Brief  geantwortet  war",  und  auch  für  den  Fall  des  vor- 
zeitigen Todes  derselben  war  Fürsorge  getroffen.  In  dem  Testamente  war 
Ciarenthal,  wo  die  beiden,  Graf  und  Gräfin,  auch  begraben  sein  wcdlten.  be- 
sonders reichlich  bedacht:  es  sollte  100  Pfund  Heller  erhalten;  mit  dem  Gelde 
sollte  man  beiden  ein  Jahrgezeit  kaufen  und  machen,  also  dass  man  es  den 
Klosterfrauen  und  den  Herren  daselbst  (den  Priestern)  geben  soll,  dass  sie 
ihrer  jährlich  gedenken  zu  den  vier  Fronfasten  mit  Vigilien  und  ]\Iesseu,  als 
in  ihrem  Kloster  gewöhnlich  ist.  Auch  setzte  der  Graf  dar.  wann  Gott  über 
ihn  gebiete,    das    beste  Koss''),    das    er  habe    und    das  beste  Pferd    und    zwei 


80\ 


«)  Audi  Wernber  de  Merkesheini  schenkte  ausser  nii<lcrn  Dingen  ein  grosses,  starkes 
Ross,  einen  equus  dextrarius,  das  die  Nonnen  alsbald  für  84  i'fmi.l  Heller  verkauften;  s.  d. 
15.  Juni. 


4 


* 


52 

seiner  besron  Haruischo.  einen  zum  Ernst  und  einen  zum  Schimpfe,  und  seinen 
besten  Waffenroek:  liabe  er  zu  der  Zeit  kein  Rüss,  so  sollen  es  zwei  Hengste 
sein,  die  besten,  die  er  luibc.  Die  Grätin  setzte  dar  das  beste  Gewand"),  das 
sie  habe,  nämlii-h  t'incn  Mantel,  einen  Warkos  (ein  Oberkleid)  und  ihren  besten 
Roc-k  mit  Futter. 

Diese  Stiftung  uuiss  also  im  Laufe  des  Jahres  1370  vollzogen  worden 
sein.  Dazu  fügt  Margarethe  im  J.aufe  eben  dieses  Jahres  eine  weitere  Ver- 
günstigung, wie  die  Urkunde  vom  2.").  .luli  i^die  Jacobi  apostoli)  meldet.  Sie 
verspricht  darin  mit  Graf  Johann  von  Nassau-Weilburg,  iJirem  Schwager,  und 
mit  ihrem  Sohn  Adolf*';  mir  Rat  und  Wissen  des  Erzbischofs  Gerlach  von 
Mainz,  dass  sie  alle  keine  Pferde,  Rosse  oder  Hengste,  in  das  Kloster  stellen 
wollen,  noch  Jäger  oder  Hunde  dahin  legen  werden.  Damit  war  die  Atzungs- 
geret-htigkeit  der  Schirmhorrn  des  Klosters*')  aufgeliobeu,  eine  demselben  lästige 
und  kostspielige  Auflage. 

Diese  zwei  in  dasselbe  Jahr  fallenden  Wohlthaten  mögen  die  Äbtissin 
und  den  Convent  veranlasst  haben,  wie  die  Urkunde  berichtet,  mit  Wissen  und 
Zustimnuing  ihres  Yisitators  und  Gustos  des  Minderbrüder-Ordeus  auf  dem 
Rhein,  der  bei  der  Abfassung  der  Urkunde  zugegen  war  und  sie  besiegelte, 
der  Grätin  noch  bei  ihren  Lebzeiten  ein  besonderes  Jahrgezeit  anzuordnen  und 
zu  feiern  und  zwar  nach  ihrem  Tode  auf  ihren  Sterbetag  und  vor  ihrem  Tode 
auf  den  Freitag  in  den  Fronfasten  nach  des  heiligen  Kreuzes  Tag,  da  es  erh()ht 
ward  (14.  September),  oder  an  dem  nächsten  Tag.  Wie  die  Feier  verlaufen 
sollte,   sagt  die  Urkunde,   die  wir  nun  folgen  lassen. 

Urkunde  über  das  Jahrgezeit  der  Gräfin  Margarethe 
vom  10.  Februar  1371. 

In  Godis  namen  Amen.  Wir  swester  Jutte  Eptissen  und  der  gantze 
Convent  gemeynlich  Sanct  Ciareu  ordens  zu  dem  nuwen  Closter  by  Wisebaden 
gelegen  in  mentzer  bisthdum  han  an  gesehen  und  bekant  di  Andacht,  begird 
und  di  gutdat  der  Edelen  hochgebornen  frauwen.  unser  frauwen  Margareten, 
(rreljynnen  zu  Nassauwe,  und  han  eynmuteclichen  für  uns  und  alle  unser  nach- 
kumen  globt  und  verbunden  mit  diser  gegenwortigeu  schrifft.  daz  wir  alle  iar 
eweclichen  uf  den  dag,  als  sie  verscheidit  von  diser  wernt,  sullen  bogen  ir 
iargezit  und  da  mite  irs  seligen  herren,  des  edcln  herren  grafe  Adolfs,  grafe 
zu  Xassauwe,  gedenken,  des  abendes  mit  selvesper  und  mit  vigilie  und  des 
morgens  mit  sidmesse  und  mit  eyme  duche  und  mit  brennenden  kerzen,  als 
unser  gewonheid  ist.  Aurh  sullen  wir  zu  der  zir.  so  man  das  iargezit  begeet, 
zweier  prister  me  haben,    den  gewonlich  hie   ist.      Audi   sal  man    den    frauwen. 

")  Klspeii  Hiflyen  schenkte  einen  gesteppten  Hock  mit  Perlon  und  silbernen  Bockclin 
im  ^Verte  von  70  H.;  s.   17.  November.     Geschenke  von  Kleinodion  u.  s.  w.  kommen  öfter  vor. 

*")  Dio  zwei  älteren  Söhne  waren  damals  schon  tot,  die  jüngeren  noch  minderjährig. 
Menzel  V,  28. 

•"*)  Nach  der  Vereinbarung  der  Grafen  Adolf  von  Nassau-Idstoin  und  Johnnn  von  Nassau- 
W.;ilburg  vom  11.  Januar  13.'j8  sollte  dio  Vogtoi  übor  Clareuthal  don  beiden  lirüdorn  gemoin- 
ham  zustehen.     .Menzel   V,  1.5. 


53 


iitr  <l(^n  selben  da,«;-,    uls   iiinii   ir  iargezit  bcgeot.    geb(Mi  cineu    dinst'")    vou  eleu 
zclion  guUlyn,   di    utt'  daz  iargezit  benant  syn,   yoclichor  frauwou  ein  schonbrijt, 
evn  vcnnaz")   \Yynes.    Ist  aber,   daz  man  fleisch  sat  ezsen,   so  sal  man  gesotten 
und  gebraten    geben,      ist  aber,    daz   man   tische    sal  ezsen,    zwei  gericht,    eyu 
kleyncs    und  eyn    grozses.     Die   vorgenannten    zehen  guld(!U  di  sal  man  gebeu 
und  nemen  von  den  sechs  und  zwenzig  nuildcü'   k()rng(ddis  und  von  eynen  (sie) 
fäder  wynes  uff  unseren  gutern  gelegen  zu  Nordenstat.   Welches  iares  daz  iargezit 
begangen   nicht  invvurde  und  mit    v()rda(lit(Mii  nuite    und  uffsatze  oder  gevcrde 
uubegangen  blibe    nach  der  wise,    als    vor   benant  ist,    daz  is    nicht    begangen 
^vurde  uff  (h-n  dag,   als  is  gevellet  oder  uff  den  ucliesten  dag  dar  nach,   so  man 
is  wol  Ijcgaii  n)()cht(>  au  geverde,    so  sullen  des    selben  iares  zu  eyner  pcno  di 
vorgenanten    zehen    gülden    vervalleu    syn    an  di  pfarre    zu  Wisebaden.     Auch 
sullen  wir  an  vahen  und  began  itzt   by    irm  lebtage  ir  iargezit  alle  iar  uff  den 
frietag    in    der     fronfasten,    di  da  gefellet  nach  des  heyligen  Crucisdag,   als  is 
erhaben  wart    oder    uff    den  nehisten    dag  dar  nach,    So  is  wol  gesyn  mag  an 
gevcrde,   mit  selniesso,    mit  diuste,    mit    pene  und  mit  aller  wise.   als  vor  be- 
schriben  ist.     Und  zu  eym  steten  vesten  Urkunde    So  han  wir    di  vorgenanten 
frauAven    unsers  Convents  gemeyn  yngesigel  an  diesen  brieff'  gehangen.     Auch 
han  wir  uebetten  den  ersamen    vater  Bruder  Johans    von  Dippurg,    Custos  des 
Mynro  bruder  Ordens  uff  dem  Ryn,  unser  visitator,   der  vor  und  nach  by  diesen 
dingen  ist  gewcst,   daz  er  daz  yngesigel  synes  Amptes  zu  eynem  merern  Urkunde 
an  disen  brieff  hat  gehenkit,   Der  gegeben  wart  zu  dem  Nuwen  kloster  gelegen 
bi  Wisebaden,    da  man    zalte    von  gods  geburte  Dusend  iar    druhundert  iar  in 
dem  eyn  und  sibenzigsten  iar  an  dem  dage  der  heyligen  Jungfrauwen  Scolastice 


virgmis. 


:\lit  dieser  Urkunde  ist  eine  zweite  durch  einen  Pergamentstreifen  ver- 
bunden, die  wir  ebendeshalb  auch  abdrucken  lassen;  wir  bemerken  nur  vorher, 
dass  wir  von  dem  Caplan  Cunradus  sonst  nichts  wissen. 

Urkunde  über  das  Jahrg-ezeit  des  Caplans  Cunradus 
vom  10.  Februar  1371. 

Wir  swester  Jutte  Eptisseu  und  der  gautze  Convent  sanct  Ciaren  ordens 
des  Nuwen  Closters  bi  Wisebaden  gelegen  bekennen  mit  diser  gegenwurtigcn 
schlifft,  daz  wir  alle  iar  uff  den  achten  dag  Sanct  Mathies  des  zwelffpoten'*) 
sullen  gedenken  getruwelichen  in  der  messe  und  in  unserm  gebcte  hern  Cunradis 
seligen,  ewan  Caplan  waz  der  erwirdigen  hochgebornen  frauwen,  unser  frauwen 
Margareten,  grebinnen  zu  Nassaw.  Und  uff  den  selben  dag  sullen  wir  geben 
den  frauwen  über  disch  um  spise  eynen  gülden,   den  sullen  wir  nemen  von  den 


°")  Ein  leckeres  Mahl. 

»')  Schwerlich  eine  Manss  im  heutigen  Sinne,  sundern  eine  ubgonicssone  Portion  A\eni; 
das  Wort  kommt  her  von  vermessen  =  abmessen. 

92)  Ob  hier  der  Tag  des  Apostels  Matthäus  (21.  September)  oder  des  Matthias  (24.  Febr.) 
gemeint  sei,  ist  bei  dem   Mnngvl  fines  Zusatzes  nicht  zu  sagen. 


54 

YorgeDiiDten  uuseru  gutlern  zu  Nordeustat.  da/,  der  guldon  mit  oyn  ander  eylfe 
werden.  Und  dis  zu  evneni  waren  vesten  urkuud  so  han  wir  unsers  Convents 
vngesigel  an  dise  bede  mit  eynre  j)resseln")  gehenkit  und  geslozsen.  Der 
•»e^eben  wart,  da  man  zalte  von  *:odis  geburte  dusent  iar  druhundert  iar  in 
dem    evu    und  Sibenzigsten    iare  an    ^]ov    lieyligen  Jimgfrauwen    dag  Scolasticc 


virginis. 


Die  Siegel  an  den  beiden   Urkunden  sind  erhalten. 


■  ,1  Kiiif  l'ressel  von  dum  inlat.  pri's.suhi  war  uiii  Purgameiitstreit'en.    Deutsches  Wörter- 
buch  VII,  2104. 


Das  politische  Testament  des  Grafen  Johannes 

von  Idstein- Wiesbaden. 


Von 

0*  Meinardus» 


Die  Erforschung  und  Beschreibung-  grosser  weltgeschiclitlicher  Ereignisse 
ist  nicht  die  einzige  Aufgabe  des  Historikers,  sie  ist  auch  nicht  einmal  die 
dankbarste.  Weit  anziehender  ist  die  Verfolgung  der  tiefsten  Beweggründe 
menschlicher  Handlungen ;  und  gleich  dem  frohen  Jägersmann,  der  die  glücklich 
entdeckte  Spur  eines  Edelwildes  entzückt  betrachtet,  empfindet  der  Forscher 
freudige  Genugthuung,  wenn  ihm  auf  vergilbten  Blättern  der  Vergangenheit 
eindringliche  Worte  eines  warm  empfindenden  Menschenherzens  und  edle 
Charakterzüge  entgegentreten. 

Mitlebende  unserer  Tage,  die  in  kleineren  oder  grösseren  Kreisen  drv 
Gemeinde  oder  des  Staates  eine  Kolle  spielen,  Volksmänn(!r,  Krieger,  Staats- 
männer, Fürsten  oder  überhaupt  Leute  beiderlei  Geschlechts,  die  aus  der  grossen 
Menge  der  Einzelerscheinungen  auf  ein  allgemeineres  Niveau  der  Betrachtung 
emporgehoben  erscheinen,  alle  diese  Zeitgenossen  können  heutzutage  nur  dann 
ihre  Aufgabe  erfüllen,  wenn  sie  das  Licht  der  Oeffentlichkeit  nicht  scheuen. 
Wie  eine  grelle  Fackel  beleuchtet  ihr  Thun  und  Treiben,  man  kann  sagen  auf 
allen  Teilen  des  Erdballs  der  elektrische  Funke,  wenn  uns  durch  ihn,  sei  es 
mit,  sei  es  ohne  Draht  die  neuesten  Ereignisse  übermittelt  werden.  Das  öffent- 
liche Leben  unserer  Tage  ist  in  Wahrheit  erst  ein  öffentliches  zu  nennen. 
Was  in  diesem  öffentlichen  Leben  steht  und  in  ihm  arbeitet,  dessen  Art  uiul 
Wesen  wird  auf  die  Dauer  nicht  unbekannt  bleiben,  er  kann  sie  nicht  ver- 
hehlen. Für  den  Historiker  der  Zukunft  wird  es  aber  eine  Riesenaufgabe  sein, 
diesen  ganzen  Niederschlag  zu  sichten,  die  mündlichen  Äusserungen  mit  den 
schriftlichen  zu  vergleichen,  der  Parteien  Hass  und  Gunst  zu  entwirren  und  dii; 
wahren  Charakterzüge  im  Bilde  festzuhalten  und  an  die  richtige  Stelle  zu  setzen. 

Wie  ganz  anders  stehen  wir  der  geschichtlichen  Vergangenheit  gegenüber! 
In  welches  tiefe  Dunkel  müssen  wir  uns  oft  versenken,  um  doch  so  liäufig  nur 
zweifelhafte  Ergebnisse  an  das  Tageslicht  zu  fördern,  wogegen  die  Arbeit  des 
Tauchers  wie  eine  Arbeit  an  der  Helle  des  Tageslichtes  erscheint!  Freilich  ist 
der  noch  glücklich    zu  nennen,    welcher    die  Geschichte    unserer  jüngsten  Ver- 


Ob 

»ano-enheit  Ijearboitet.  Welch  ein  roiflior  8tt»ti'  an  (lesfhichtstiiu'lK'n  aller  Art 
steht  ihm  da  zu  Gebote!  Briefe,  Tagebücher,  Memoiren,  Denkschriften,  kurz 
Aufzeichnungen  aller  Art.  Gedrucktes  und  Geschriebenes  gestatten  uns  Einblicke 
in  das  innerste  Leben  dtr  grossen  .Männi-r  aus  unserer  jüngsten  grossen  Zeit! 
Wer  dagegen  fünfzig,  hundert,  ja  zweihundert  Jahre  zurückgeht,  wie  oft  kommt 
es  da  vor.  dass  wir  vor  einem  Rätsel  stehen,  wenn  uns  die  Quellen  im  Stiche 
lassen !  Und  doch  hat  die  eigentliche  Arbeit  des  Historikers  zu  allen  Zeiten  uiul 
seffenüber  dem  reichsten  Material  mit  der  «j-leichen  Arbeitsmethode  einzusetzen. 
Wer  jetzt  zum  Beispiel  in  der  Zeitschriften-Litteratur  die  Beurteilung  verfulgt 
hat.  welche  das  grosse  Memoirenwerk  des  Fürsten  Bismarck,  seine  „Gedanken 
und  Erinnerungen''  von  einigen  unserer  ersten  Historiker')  erfährt,  der  kann 
sich  einen  Begriff  von  den  Schwierigkeiten  machen,  mit  denen  eine  Er- 
forschung der  weiteren  Yergangenheit  zu  kämpfen  hat.  Das  politische  Testa- 
ment, um  es  so  zu  nennen,  welches  unser  grösster  Staatsmann  hinterlassen, 
wird  immer  ein  klassisches  Werk  bleiben,  aus  dem  gegenwärtige  und  zu- 
künftige Geschlechter  vieles  lernen  können,  und  unsere  Fachgeuosseu  bekennen 
im  Anfang  ihrer  Kritik,  dass  sie  es  stets  in  diesem  Sinne  betrachtet  und  ge- 
lesen wissen  wollen,  aber  der  höchsten  Pflicht  des  Historikers,  der  Erforschung 
der  Wahrheit,   haben  auch  sie  sich  beugen  müssen. 

Die  „Gedanken  und  Erinnerungen'*  sind  eben  für  den  Historiker  eine 
(reschichtsquelle,  die  er  methodisch  zu  bearbeiten  hat.  Und  eine  Geschichts- 
»juelle  ist  auch  das  „Politische  Testament  des  Grafen  Johannes  von  Idstein- 
Wiesbaden, "  mit  dem  wir  uns  jetzt  beschäftigen  wollen. 

,,l*olitische  Testamente"  gehören  zur  Memoiren-Litteratur  im  weitesten 
Sinne  des  Wortes.  Es  sind  hinterlassene  Ausarbeitungen  von  Fürsten  oder 
Staatsmännern,  in  denen  sie  gewissermassen  Kechenschaft  ablegen  über  die  von 
ihnen  verfolgte  Politik  und  ihren  Nachfolgern  aus  dem  Schatze  ihrer  Er- 
fahrungen heraus  Winke  und  Wünsche  für  die  politische  Zukunft  ihres  Staates 
unterbreiten.  So  sprechen  wir  von  politischen  Testamenten  des  Grossen  Kur- 
fürsten und  Friedrichs  des  Grossen.  Es  ist  gar  nicht  nötig,  derartige  Nieder- 
schriften erst  am  Ende  des  Lebens  entstanden  zu  denken,  sondern  wie  Privat- 
testamentc,  Tagebücher  und  Memoiren  pflegen  sie  bei  passender  Gelegenheit 
angefertigt  zu  sein. 

f  !raf  Johannes,  dessen  Leben  bekanntlicli  in  die  trüben  Zeiten  des  dreissig- 
jäiu'igeu  Krieges  und  der  folgenden  Jahrzehnte  fällt  —  er  ist  160)5  geboren 
und  1(377  gestorben  — ,  hat  die  uns  noch  vorliegenden  Aufzeichnungen  offenbar 
in  seinen  letzten  Lebensjahren  verfasst.  Ein  reiches  Leben  voll  von  Erfahrungen, 
von  Mühe  und  Arbeit  lag  damals  hinter  ihm.  Als  einer  der  jüngeren  Söhne 
des  Grafen  Ludwig  II.  von  Xassau-Saarbrückeu,  dem  es  gelang,  in  der  Zeit  von 
100.) — \&J1  all(!  Landi!  des  Walramischen  Stammes  des  Hauses  Nassau  in 
Einer  Hand  zu  vereinigen,  erhielt  er  nach  des  Vaters  Tode  bei  der  Erb- 
auseinandersetzung mit  den  Brüdern,  welche  der  sogenannte  Gothaische  Vergleich 
von   \V)7)]     bestätigte,    die  Herrschaftcm   Idstein    und  Wiesbaden    nebst    einigen 


'i  Maroks  und   I>cnz  in  den  letzten  Heften  dor  Deutschen  Rundschau. 


57 

boigolcgencn  Ämtern  und  die  TleiTseluift  Tiulii'.  So  wird  in  dieseui  Gescidochte 
immer  vun  neuem  dns  überlieferte  Ilerkomiiicn  bestätigt,  die  Lande  zu  teilen 
und  die  ]\lrtclit  /u  zer.splitti'ru.  Wenn  wii'  iiicrin  einerseits  eine  privatrecht- 
liche Auffassung  der  fürstlichen  Stellung  erkennen,  welche  in  kleinen  und 
grossen  deutschen  Herrschaften  und  Fürstentümern  die  Versuche,  zu  festen 
Primogeniturordnungen  /u  gedangen,  immer  wieder  zurückdrängt,  so  kann  man 
es  andererseits  vom  Standpunkte  eines  gräflichen  Familienvaters  jener  Tage; 
wohl  verstehen,  dass  er  darauf  bedacht  war,  seine  Kind(!r  in  lierrschendcr 
Stellung  und  wohlversorgt  zu  wissen,  Nur  dass  es  bei  der  in  dieser  Epoche 
meist  recht  zahlreichen  Nachkommenschaft  unseres  gräflichen  JLauses  oft  schwer 
war,  für  jeden  Sjjrössling  einen  Souveränitätsteil  an  Landen  zu  bescliaffen. 
Wie  dem  auch  sei,  wir  werden  seilen,  dass  die  Zuteilung  der  Herrschaften 
Wiesbaden-Idstein  an  den  Grafen  Joluuuies  den  J^andeu  nur  zum  wahren  Segen 
gereicht  hat,  als  es  darauf  ankam,  die  tiefen  Wunden  zu  heilen,  welche  der 
dreissigjährige  Krieg  ihnen  geschlagen. 

In  diesen  Krit^g  sind  grade  die  nassauischen  Grafen  stark  verwickelt 
worden,  was  man  unter  andern  daraus  sieht,  dass  sie  mit  zu  den  letzten 
deutschen  Fürsten  gehörten,  welche  in  die  allgemeine  Amnestie  eingeschlossen 
wurden,  erst  1645.  In  den  ersten  Jahren  des  Krieges  wählten  sie  zu  ihrem 
Unglück  die  Neutralität  und  nmssten  es  nun  erleben,  dass  ihre  fast  unbewehrten 
Lande  von  Feind  und  Freund  ausgesogen  wurden.  Der  alte  Wetterauische 
Grafenbund,  welcher  in  der  Reformationszeit  stark  gewesen  war  und  sich  noch 
im  Anfang  des  Jahrhunderts  gegen  Spinola  und  die  Spanier  bewährt  hatte,  war 
zerfallen.  Yergeblich  waren  in  den  zwanziger  Jahren  die  Versuche  des  Grafen 
Johannes,  an  den  Höfen  zu  AschafFeuburg,  München  und  Darmstadt,  später  in 
Prag  am  Kaiserhofe  die  Befreiung  des  Landes  von  dem  furchtbaren  Druck  der 
eingelagerten  Heere  zu  erwirken.  Ihm  ging  es  so,  wie  gleichzeitig  dem  Ge- 
heimen Rat  des  Kurfürsten  von  Brandenburg,  dem  Grafen  Adam  von  Schwarzeu- 
berg,  der  auch  die  Abführung  der  Wallensteinischen  Scharen  aus  der  Mark 
Brandenburg  erbitten  sollte,  beide  erhielten  vom  Kaiser  weitgehende  Zusagen, 
aber  diese  wurden  nicht  erfüllt,  obwohl  Schwarzenberg  Katholik  und  beim 
Kaiser  eine  sehr  angesehene  Persönlichkeit  war.  Denn  damals,  es  war  1628, 
gewannen  am  Wiener  Hofe  radikale  politische  und  religiöse  Elemente,  welche 
das  Restitutionsedikt  von  16:^9  durchzusetzen  wussten,  die  Oberhand.  Auch 
katholische  Geschichtschreiber,  z.  B.  Koch,  der  Biograph  Ferdinand  HL.  haben 
dies  Edikt  verdammt,  und  Graf  .lohannes  sagt  selbst  darüber:  „Der  Jesuiten 
Geiz  und  des  Herzogs  von  Friedland  hohe  Anschläge  warfen  solche  gute  Ent- 
schlüsse (des  Kaisers)  über  den  Haufen."-  Im  Fortgange  des  Krieges  schlössen 
sich  die  nassauischen  Grafen  aus  voller  Überzeugung  dem  Schwedenkönig  an. 
Graf  Johannes  hatte  schon  1621)  durch  seine  Heirat  mit  einer  Tochter  des 
bekannten  Markgrafen  Georg  Friedrich  von  Baden-Durlach,  der  sich  nach  dem 
Niedergang  der  Union  als  erster  der  Liga  entgegengestellt  hatte,  aber  von  Tilly 
geschlagen  war,  gezeigt,  dass  seine  innere  Cberzeugung  ihn  den  lutherischen 
Glaubensgenossen  zutrieb.  So  musste  er  auch  die  weiteren  Konsecjuenzen  tragen. 
Im  Einzelneu  ganz  aufgeklärt  ist  seine  Beteiligung  an  »len  folgenden  Ereignissen 


58 

noch  nifhr.  Jodonfalls  gehörte  er  nacli  (Irin  Tode  Gustav  Adolfs  dem  Heil- 
Jirunner  Bunde  und  dem  Kriegsrat,  dem  (Vmsilium  formatum.  au,  welclu's  zunächst 
die  Kriei'sbeweguugen  leitete.  Kr  scheint  das  Ijündnis  mit  Frankreich  im 
Jahre  iGao  mit  unterschrieben  und  die  Bestallung  des  IFerzogs  Bernhard  von 
.Sachsen-Weimar  im  ^lärz  HyX)  mit  uuterzeidinet  zu  haben.  Durch  dieses 
mutige  Ynrijeht'n  im  Interesse  ihres  (rlaubens  und  ihrer  Selbständigkeit  luden 
die  AValramischen  Brüder  den  ganzen  Zorn  des  Kaisers  auf  sich:  sie  wurden 
ausdrücklich  neben  verschiedenen  anderen  südd(!utschen  Fürsten  vom  Prager 
Frieden  ausgeschlossen  und  ihrer  Länder  entsetzt;  die  Herrschaft  Idstein  übergab 
der  Kaiser  im  Jahn»  lüot)  dem  oben  genannten  Grafen  Schwarzenberg,  der 
allerdings  zwei  .lahrc  sjjäter  auf  sie  verzichtete.  Fast  13  Jahre  lang  musste 
(fraf  Johannes  mit  seinen  Brüdern  das  bittere  Brod  der  Verbannung  kosten. 
Er  lebte  mit  seiner  Familie  und  seinem  Schwiegervater  meist  in  Strassburg 
und  Metz.  Damals  ging  es  ihm  so  schlecht,  dass  er  in  Paris  die  Unterstützung 
des  französischen  Königs  anging:  und  seit  1G39  hat  er  eine  jährliche  Pension 
vdu  0000  Frcs.  von  dort  bezogen.")  Während  dieser  ganzen  Zeit  unterliielt  er 
zuirleich  Beziehungen  zum  schwedischen  Reichskanzler  Oxenstierna,  der  ihn  von 
seiner  im  Jahre  164")  erfolgten  Amnestie  in  Kenntnis  setzte,  worauf  Graf 
Johannes,  nachdem  er  im  Mai  1646  durch  den  Amtmann  Schmittburg  von 
Wiesbaden  und  Idstein  hatte  Besitz  ergreifen  lassen,  im  l)ezeml)er  dieses  Jahres 
hier  seinen  Einzug  liielt. 

Damit  schliesst  die  erste  Lebenshälfte  des  Grafen.  Die  zweite  ist  erfüllt 
von  Werken  des  Friedens.  Zwar  fanden  bis  in  die  fünfziger  Jahre  hinein  noch 
allerlei  Beunruhigungen  durch  den  Herzog  von  Lothringen  statt ;  auch  der  grosse 
Krieg  gegen  Frankreich  von  1672 — 1679  brachte  wieder  viele  Kriegsunruhen  und 
Zerrüttungen  über  das  kleine  Land.  Ebensowenig  gelang  es  der  Saarbrückischen 
Ijinie  des  Hauses  Xassau,  offiziell  zum  Reichsfürstenstande  zugelassen  zu  werden. 
Bei  den  Bemühungen  um  diese  Würde  musste  Graf  Johannes  den  grossen 
Schmerz  erleben,  dass  sein  ältester  Sohn  Gustav  Adolf,  den  er  nach  Regens- 
burg gesandt,  im  Jahre  1653  zum  katholischen  Glauben  übertrat.  Obwohl  ihn 
dieses  Ereignis  tief  erschütterte,  möchte  man  doch  beinahe  glauben,  dass  der 
bekannte,  im  Druck  vervielfältigte  Brief,  in  dem  er  den  Sohn  mit  furchtbaren 
Worten  verflucht,  ein  apokryphes  Machwerk")  ist,  da  Vater  und  Sohn  später 
wieder  miteinander  verkehrten.  Auch  sonst  gab  es  noch  die  eine  und  die 
andere    äussere    politische  Angelegenheit    zu    erledigen.     Aber    wesentlich    be- 


^)  Keller,  Die  Drangsale  des  nassauischen  Volkes  in  den  Zeiten  des  drcissigjiihrigen 
Krieges,  S.  370. 

^)  Gedruckt  zuerst  in  Moscr's  Iseueni  ])atriutis('hen  Archiv  II,  .S.  522.  —  Angeführt 
bei  Firnliaber,  Die  Xassauische  SimuUanvolk.sscliuie  I,  S.  24  und  «grösstenteils  mitgeteilt  von 
F.  Otto  in  seinem  Aufsatz:  Graf  Johann  von  Nassau,  Herr  von  Idstein  und  ^Viesbaden.  Evaug. 
Gemcindoblatt  1891,  'So.  33,  S.  261  f.  —  Es  ist  auffällig-,  dass  dieser  Brief,  nebst  einigen 
anderen  auf  die  Sache  bezüglichen,  im  .lahre  1654  als  gedrucktes  Flugblatt  im  Reiche  ver- 
trieben worden  ist.  Es  wäre  gewiss  eine  nicht  uninteressante  rntorsuchung,  festzustellen,  was 
ilabei  Thatsächliches  zu  (Jrundo  liegt.  Der  erwähnte  Abdruck  befindet  sich  im  Staatsarchiv 
zu  Wiesbaden.     11.  A.  Wairam    St.  II.  D.  2,  No.  28. 


59 

kümmorte  sich  Graf  Johannes  darum.  <li<'  \viitscluiftliche  Lage  der  Bevölkerung 
zu  verbessern.  Er  suchte  ihren  Zuwadis  durch  Heranziehung  Benachbarter  zu 
befih-dern,  Handwerk  uiul  Gewerbe  verlieh  er  neuen  Aufschwung.  Die  Land- 
wirtschaft war  er  bemüht  zu  lieben,  indem  er  die  Verwertung  der  Boden- 
(u-zeugnissc  besser  ermöglichte  und  Viehzucht  und  Ackerbau  verbesserte,  Wies- 
baden und  Idstein  haben  ihm  vi(!l  zu  verdanken,  und  während  seiner  Regierungs- 
zoit  stieg  die  Zahl  der  Bevölkerung  nicht  unwesentlich.  Dem  Badeweseu  in 
Wiesbaden  und  den  Taunusbädern  vei'lieh  m-  neue  Grundhigen,  fih'derte  über- 
haupt die  Landeskultur.  Dabei  war  er  auf  den  Wiederaufbau  und  sogar  die 
Verschönerung  der  (■■)ffentlichen  Gebäude  und  Gärten  bedacht,  und  dieser  beim 
Antritt  seiner  Regierung  so  verarmte  Graf  erübrigte  durch  verständige  Ökonomie 
soviel  Mittel,  dass  er  sich  eine  bedeutende  Gemäldegallerio  anlegen  und  die 
Kirche  zu  Idstein  neu  wieder  erbauen  und  ausschmücken  konnte.*)  Nicht  ver- 
gessen werden  dürfen  seine  Bemühungen  um  die  Hebung  der  allgemeinen 
Sittlichkeit  und  um  die  elementare  und  wissenschaftliche  Unterweisung  der 
Jugend.  Auf  seine  Stellung  zur  Kirche  und  Konfession  v, und  seine  Anschauungen 
über  Hexenprozesse  werden  wir  noch  zu  sprechen  kommen. 

Graf  Johannes  erfreute  sich  einer  zahlreichen  Familie.  Seine  erste  Ge- 
mahlin gebar  ihm  9  Kinder,  die  meist  schon  früh  gestorben  sind;  von  den 
16  Kindern  seiner  zweiten  Gemahlin,  einer  Gräfin  von  Leiningen-Dachsburg, 
waren  bei  seinem  Hinscheiden  noch  drei  am  Leben. 

Dieser  kurze  Überblick  über  den  Lebensgang  des  Grafen  muss  uns  ge- 
nügen ;  denn  es  gehört  nicht  zu  unserer  Aufgabe,  seine  Biographie  zu  schreiben, 
sondern  nur  dahin  geht  unsere  Absicht,  durch  eine  Veröffentlichung  wertvoller 
Aufzeichnungen  dieses  eigenartigen  Fürsten-Charakters  zu  weiteren  Forschungen 
über   seine  Lebensschicksale  anzuregen;    Material  dafür  ist  genug  vorhanden. 

Aufzeichnungen  aller  Art  hat  Graf  Johannes  schon  während  der  Zeit 
seiner  Verbannung  gemacht,  von  denen  aber  nur  Weniges  erhalten  zu  sein 
scheint.  Dazu  gehört  eine  ausführliche  Instruktion  für  die  Erziehung  seiner 
Kinder.  Auch  über  Aufteilungen  der  Lande  des  Saarbrückischen  Stammes  ist 
eine  Niederschrift  von  ihm  vorhanden. 

Das  uns  hier  vorliegende  politische  Testament  hat  er  in  seinen  letzten 
Lebensjahren  abgefasst.  Er  spricht  an  mehreren  Stellen  von  dem  gleichzeitig 
wütenden  Kriege  zwischen  Frankreich  und  Holland  (1672— 1()79)  und  erwähnt 
einmaP)  die  Bemühungen  um  Erlangung  der  Reichsfürstenwürdc  für  sein  Haus, 
von  denen  er  angibt,  dass  sie  vor  fünf  Jahren  in  Regensburg  augestellt  seien. 
Da  wir  nun  wissen,  dass  dies  1672  geschah,  so  muss  dieser  Teil  des  Testa- 
mentes 1677  niedergeschrieben  sein.  Es  ist  der  letzte;  denn  am  Ende  bricht 
das  Manuskript  plötzlich  ab,  offenbar  mit  den  letzten  Schriftzügen  des  Grafen, 
der  am  23.   Mai  1677  im  Idsteiner  Schlosse  das  Zeitliche  segnete. 


^)  Hierüber  ist  zu  Yt»rgleichen :  Cuntz,  Die  Kirnho  zu  Idstein.  Idstein  1868,  und  neuer- 
dings die  Aufsätze  von  Suuer  im  Beiblatt  „Alt-Nassau'*  des  Wiesbadener  Tagblntts  von  li-QS, 
No.  1—3:  „Die  Bildergallerie  und  Kuustkanimer  des  Grafen  Johann  von  Nassau-Idstein  im 
Idsteiner  Schloss." 

*)  S.  98. 


00 

Das  Testaiiionr  hat  ursprüiiglii-h  aus  drei  Teilen  bestanden.  Per  erste  ist 
bis  auf  einen  kleinen,  unten  wiedergegebenen  Zusatz  verloren  gegangen.  In 
ihm  fand  sich  Graf  Johannes  wahrseheinlidi  mit  den  religiösen  Fragen  und 
Anschauungen  seiner  Zeit  und  mit  seinem  Yerhältnis  zur  Kirchenlehre  und 
Kircheuverfassung  ab.  Der  erwälmte  Zusatz  handelt  nämlich  von  den  Pflichten 
derer,  die  geistliche  Stellen  zu  besetzen  haben,  von  der  Instandhaltung  der 
Kirchen  und  Kirchengebäude  und  von  der  Pflege  der  Musik,  die  er  für  eine 
erhabene  Kunst  erklärt,  deren  PHcge  Gott  uns  in  der  heiligen  Schrift  auferlegt, 
indem  er  befiehlt,  dass  wir  vt.r  allen  Dingen  ihn  selbst  mit  der  Musik  loben  und 
preisen  sollen.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  gerade  dieser  Teil  verloren  ist.  AVir 
hätten  gewiss  interessante  Einblicke  in  des  Grafen  religiöses  Empfinden  gethan 
und  uns  davon  überzeugen  können,  ob  der  überwiegend  praktische  Zug  seines 
rhristentums.  wir  er  uns  im  Testament  entgegentritt,  ihm  schon  von  früh  an 
iunegewohnt  hat  oder  ob  derselbe  sich  mit  der  allgemeinen  Abwandlung  der 
religiösen  Anschauungen  des  17.  Jahrhunderts')  von  dogmatischer  Reflexion  zu 
praktischer  Frömmigkeit,  von  orthodoxer  Ivechtgläul)igkeit  zur  Aufklärung,  vom 
Streit  um  dit-  Lehre  zur  Heiligung  des  Lebens  auch  bei  ihm  erst  allmählich 
entwickelt  hat.  Auch  über  'sein  Verhältnis  zum  Katholizismus  wird  er  sich  ge- 
äussert haben,  da  doch  sein  eigener  Sohn  abtrünnig  wurde  und  andererseits 
der  bekannte  l'bertritt  des  Grafen  Johann  Ludwig  von  Xassau-Hadamar  im 
Jahre  161^9  den  Vettern  Walramischer  Linie  offenbar  in  den  dreissiger  und  vier- 
ziger Jahren  zu  Statten  kam,  als  sie  vom  Kaiser  geächtet  waren:  denn  Johann 
Ludwig  galt  viel  am  Kaiserhofe  und  bei  den  damals  mächtigen  Jesuiten  und  ver- 
wandte sich  für  Uestitution  seiner  Verwandten.  Vielleicht  ist  dieser  erste  Teil 
der  Aufzeichnungen  nur  verlegt  und  findet  sich  noch  einmal  an  irgend  einer 
Stelle  des  Archivs  unter  anderen  Akten,   wo  man  ihn  nicht  vermuten  sollte. 

Die  zwei  andern  Teile  sind  erhalten.  Der  zweite  ist  überschrieben: 
«Vom  weltlichen  Regiment.  "*  Darin  ist  von  Regierungs-  und  Lebens-Grund- 
sätzen aller  Art  die  Rede.  Dem  dritten  Teil  hat  der  Verfasser  keine  Lber- 
schrift  gegeben,  aber  er  sagt  im  Anfang:  „Was  in  vorigen  beiden  Teilen 
ausgearbeitet  worden,  kann  schwerlich  ins  Werk  gesetzt  werden,  wenn  nicht 
eine  solche  Haushaltung  angestellt  wirf,  das  man  das,  so  zu  deren  Effectuiiung 
gehört,  auch  ausrichten  könne. "  Dieser  Teil  behandelt  also  die  Staatswirtschaft, 
die  Finanzen,  die  Nutzbarmachung  der  Domänen  und  Regalien  und  volks- 
wirtsehaftliehe  Fragen    aller  Art. 

Alles  ist  eigenhändig  vom  Grafen  niedergeschrieben  mit  einer  sehr  zier- 
lichen, deutlichen  Handschrift,  in  der  an  vielen  Stellen  korrigiert  ist:  auch  am 
Iiiindir  finden  sich  häutig  Zusätze,  sf)  dass  die  Aufzeichnungen  mehrfach  durch- 
gearbeitet und  gefeilt  erscheinen. 

Der  grösste  Teil  des  Dokuimmtes  ist  liereits  im  vorigen  Jahrhundert  ge- 
druckt worden,  jt^loch  unvollständig,  iidiorrekt  und  an  einer  jetzt  sehr  ent- 
legenen Stelle:  von  Friedrich  ^arl  l-'reiherrn  v  o  n  M  o  s  e  r  im  Neuen  patriotischen 
Archiv    für  Deutschland';;    ((inzelne  Stellen    haben    auch    neuere  Forscher  ver- 

•)  V^l.  Tholufk,  I»ii8  kirchliche  Leben  des  17.  Jiihihuiulerts,  2.  S.   13  ü'. 
')  Kreter  UuuA.     .MHrmhciiii   uml   Loipzi;,'    17'.)'J.     S.    147   if. 


61 

wertet,  so  P' i  r  n  li  ab  or  in  seiner  Simultanvolkssohulo®)  und  Professor  F.  Otto 
im  Evangolisclicu  Gonieinclohlatt.'"')  Eingehender  und  mit  \vurmer  Anerkennung 
hat  Tholudk  in  dem  schon  angeführten  Buciie  über  das  kirchliche  Leben 
des  17.  JahrJiundorts  II,  S.  29.")  ff.  mit  IJezug  auf  das  Testament  vom  Grafen 
Johannes  gesproclu^n. 

Man  kann  den  ganzen  Inhalt  des  Manuskriptes  in  zwei  Teile  zerglied(n-n: 
in  dem  einen  Ixn-ichtet  der  Graf  von  politischen  Handlungen  und  Erlebnissen, 
au  denen  er  beteiligt  war,  sowohl  äusseren  als  inneren,  überhaupt  von  Er- 
eignissen seines  Lebens  und  seiner  Regierung,  welche  ihn  betroffen  oder  die 
er  zur  Ausführung  gebracht  hat,  im  anderen  reflektiert  er,  fällt  Kritiken  und 
Urteile  über  .Menschen  und  Dinge,  spricht  Lebensgrundsätze  aus  und  sucht  die 
reichen  Erfahrungen  seines  (Mgenen  Lebens  zu  formuli(!ren,  um  sie  durch  kluge 
Erwägung  aller  Schädim  und  Nachtcule  und  des  Nutzens,  der  daraus  entspringcm 
könne,  für  seine  Söhne  und  Nachfolger  möglichst  annehmbar  zu  macheu.  Er 
verfahrt  dabei  wie  ein  kluger  Hausvater  und  demütiger  Priedensfürst,  dem  am 
Gedeihen  seines  I^andos  und  am  Fortblühen  des  Segens,  den  er  gestiftet,  Alles 
gelegen  ist,  ganz  im  Gegensatz  zu  so  manchen  andern  Fürsten  seiner  Zeit, 
welche  nur  das  „apres  moi  le  deluge''  kannten  und  deren  autokratischer  Eigen- 
dünkel den  krassesten  Ausdruck  im  dänischen  Königsgesotz  von  1660  gefunden 
hat,  wo  es  heisst:  „Der  erbliche  König  von  Dänemark  soll  von  nun  an  von 
seinen  Unterthanen  als  das  liöchste,  über  alle  menschliche  Gesetze  erhabene 
Oberhaupt  auf  Erden  angesehen  werden,  das  weder  in  geistlichen  noch  in  welt- 
lichen Dingen  einen  anderen  Herrn  über  sich  kennt,   als  Gott  allein." 

Wie  ganz  anders  dachte  Graf  Johannes.  Seine  Anschauungen  von  den 
Aufgaben  des  Regenten  wurzeln  in  den  tiefsten  Tiefen  seiner  religiösen  Über- 
zeugung. Er  kennt  nicht  die  Herrschaft  jenes  zum  Götzenbilde  gewordenen, 
aller  menschlichen  Gesetze  überhobenen  absoluten  Monarchen,  sondern  eine 
Theokratie  des  allmächtigen  Gottes,  dem  der  Regent  ebenso  verantwortlich  ist, 
wie  die  Regierten ;  Gott  hat  den  Herrscher  und  seine  Unterthanen  zu  richtiger 
Bestellung  seines  Dienstes  geschaffen ;  er  hat  jene  zu  seines  Reichs  Amtleuten 
vorordnet;  wer  ein  Amt  hat,  soll  sich  nicht  einbilden,  dass  er  Herr  sei,  sondern 
ein  Knecht  Gottes;  Gott  hat  die  Land  und  Leute  geschaffen  und  selbiger 
Regierung  Kaisern,  Königen,  Fürsten,  Grafen,  Herren  und  Obrigkeiten  nach 
seinem  Befehl  zu  regieren  auf  eine  Zeitlang  anvertrauet,  welches  sie  auch  Gott 
als  dem  rechten  Herrn  verantworten  müssen  und  sich  nicht  einbilden,  dass  Gott 
die  Lande  ihnen  zu  ihrer  Kurzweil,  Pracht  und  Hoheit  gegeben,  sondern  dass 
sie  die  Unterthanen  richten  sollen  mit  gerechtem  Gericht  und  nicht  ihre,  sondern 
Gottes  Ehre  zu  befördern  suchen  sollen.  Kommt  ein  Herr  zur  Regierung,  muss 
er  nicht  denken,  dass  er  ein  gewaltiger  Herr  sei,  sondern  ein  Diener  Gottes; 
je  höher  er  ist,  je  mehr  soll  er  sich  demütigen.  Indem  der  Graf  mit  aller 
Bestimmtheit  erklärt,  so  wenig  als  ein  Beamter  sagen  könne,  dass  seines  Herren 
Unterthanen  sein  seien,    so  wenig  könne  es  ein  Herr  sagen,    erhebt  er  sidi  zu 


Ol,  «.  82  f. 

^)  In  doni   olion   citiorton   Aufsatz. 


62 

einor  Anscliauiiug  von  den  Aufgaben  seiner  J'ürsrliclien  Stellung,  die  weit  über 
seine  Zeit  hinausgeht.  Mit  dieser  milden,  patriarehalisohon  Autfassung  seines 
Berufes  ist  er  sehen  unter  die  Fürsten  des  herannahenden  aufgeklärten  Zeit- 
alters zu  rechnen,  die  sieh  für  die  ersten  Diener  des  Staats  ansahen  und  dies 
unisomehr.  als  er,  wie  wir  weiter  sehen  werden,  auch  in  der  Praxis  in  diesem 
Sinne  gehandelt  hat. 

Es  ist.  als  wenn  der  Patriarch  des  Alten  Testaments  uns  liier  entgegen- 
tritt. Der  abgeklärten  und  durchgereiften  L'berzeugung  des  Grafen  liegt  die  Er- 
zit'hung  und  der  Unterricht  zu  Grunde,  welche  im  Anfang  des  17.  Jahrhunderts 
den  Fürstensühnen  und  den  Ilöchstgebildeten  der  Zeit  überhaupt  zu  Teil  wurden. 
Diese  Bildung  beruhte  auf  der  Bibel  und  der  Antike,  es  sind  im  wesentlichen 
die  Früchte,  welche  vom  Baum  des  Humanisnms  und  der  Reformation  gepflückt 
wurden;  sie  sind  allerdings  verschlechtert  und  verdorben  duich  die  Ver- 
knöcherung des  kirchlichen  Lebens;  und  musste  nicht  der  dogmatische  Zank 
der  Konfessionen,  die  wiederauflebende  Nichtigkeit  scholastischer  Wortklaube- 
reien eine  Erstarrung  der  Anschauungen  herbeiführen,  der  in  gewisser  Be- 
ziehung auch  erleuchtete  Köpfe  verfielen? 

l'nd  doch  war  die  Erziehung  des  Grafen  Johannes  immer  noch,  was  den 
Charakter  und  das  Herz  betrifft,  als  die  ]u)here,  edlere  anzusehen  gegenüber 
den  Einflüssen,  welchen  man  in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts'")  junge 
Fürsteusöhne  aussetzte.  Diese,  die  französisch-weltliche  Erziehung,  verdirbt  nach 
seiner  Ansicht  den  Charakter.  Zwar  ist  er  nicht  so  kurzsichtig,  dass  er  den 
feinen  Schliff  weltmännischer  Bildung,  wie  er  auf  Reisen  von  den  Prinzen 
und  Edelleuten  jener  Tage  an  fremden  Fürstenhöfen  erworben  zu  werden  pflegte, 
nicht  auch  seinen  Söhnen  beigebracht  zu  wissen  wünschte;  auch  lebende 
Sprachen  der  damaligen  Kulturvölker  sollen  sie  sich  aneignen.  Französisch, 
Italienisch  und  Spanisch  und  das  Studium  der  Staatswissenschaften  eifrig  pflegen ; 
es  macht  endlich  seinem  Urteil  über  Kunst  und  Kunstausübung  alle  Ehre,  wenn 
er  sagt:  „Musica  und  Pictura  schaden  einem  Herrn  nicht,  recreiren  und  schärfen 
dir  ingenia. '•  Wogegen  er  mit  scharfem  Tadel  und  mit  beissender  Ironie 
eifert,  das  sind  Reisen  in  zu  frühem  .lünglingsalter  und  die  Versuchungen, 
denen  junge  Prinzen  dabei  ausgesetzt  waren,  die  Verführungen,  denen  sie  er- 
lagen. ..Es  haben  die  alte  Teutschen  sich  des  Reisen  in  frembte  Landen  ent- 
halten und  iiiilirii  >i(li  Redlichkeit  und  Erbarkcsit  beflissen,  vor  den  frembten 
I^astern  und  Unredlichkeit  ein  Abscheu  getragen."  Was  taugen  jungen  Herren 
solche  Reisen,  sagt  er  an  anderer  Stelle,  uum  schickt  eine  Gans  übers  Meer 
und  kommt  eine  Gans  wieder  her.  Wenn  junge  Herren  von  dreizehn,  vierzehn 
.Jahren  reiscsn,  was  lernen  sic^-^  Ein  kruiiini  Füsschen  machen,  ein  wenig 
baiser  les  mains  und  bringen  einen  Wagen  voll  Laster  und  ein  leichtfertig 
paar  Hosen  wiedei'  heim  und  lassen  so  viel  Geld  darinnen  um  so  böse  Waren, 
dass  die  nachfolgenden  Gescidechter  daran  zu  zahlen  haben.  Er  hat  diese 
Erfahrungen  an  seinen  älteren  Brüdern  gemacht,  für  deren  Auslandsreisen 
Tonnen  (roldes    verausgabt  sind,    und    er    schätzt    sich  glücklich,    dass    es  ihm 


'")  Vgl.  im  allgemeinen  'Jliuluok  a.  u.  O.  II.   S.   192   ü\ 


mcht  molir  vorgönnt  gewesen  ist,  claraii  Teil  zu  nehmen,  ^[an  muss  die  Stelle 
selbst  lesen,  an  der  er  sich  noch  \veit<M-  über  diesen  heiklen  Punkt  verbreitet. 
Auch  das  lUsiscn  wirft  seiner  Ansicht  nach  Nutzen  ab,  aber  nicht  für  Kinder, 
sondern  für  junge  Männer  reiferen  Alters,  dw  fähig  sind,  das,  was  sie  sehen, 
zu  verstehen  und  davon  zu  lernen.  „Es  taugt  kein  Bau,  der  nicht  gutes 
Fundament  hat,  so  taugt  auch  kein  Reisen,  da  nicht  zuvor  d(!r  Eckstein  Pietas 
und  das  Eundamcnr  Prudcntia  ist;  man  suche  sie  bcü  (unemKind;  ist  aber  das 
Fundament  niclit  gut,  so  lallt  der  Ibiu  durch  die  Winde  und  WasserHuti^n  dor 
Verführung  zu  GottlosigkeittMi  und  Jjastern,  und  wii'd  man  von  Ausländern  ver- 
lacht,  wenn  man  ihnen  vicd  Geld  bringt  und  Narrheit  und  ihre;  Laster  heim  bringt.'' 

Man  sollte  denken,  ein  Mann,  wie  Graf  Johannes.  Avelcher  der  Musik, 
Malerei  und  Baukunst  soviel  Interesse  und  Verständnis  entgegenbrachte,  hätte 
dieselbe  Vorliebe  für  das  Theater  und  für  Kunstaltertümer  empfunden.  JJas 
ist  jedoch  nicht  der  Fall;  dabei  tritt  vielmehr  die  Rücksicht  auf  den  Nutzen 
bei  ihm  in  d<m  Vordergrund,  der  Zug  auf  das  Praktische,  wohin  die  bösen 
Zeitumstände  damals  Jeden  drängen  nmssten.  Auch  lag  die  Schauspielkunst 
im  17.  .Jahrhundert  in  Deutschland  noch  sehr  darnieder.  Er  will  nicht,  dass 
junge  Herren  um  Fastnachtspiel,  Komödien  und  dergleichen  viel  Geld  verzehren, 
„Was  liat  man  davon?  Man  kann  ja  in  Lesung  der  Historien,  so  solclie 
Komödianten  repräsentieren,  mehr  Nutzen  mit  weniger  Kosten  haben."  Auch 
die  Sucht,  auf  Reisen  Stunden  lang  zu  laufen,  um  ein  Gebäude  oder  eine 
Rarität  zu  sehen,  verdammt  er.  Das  ist  nichts  für  junge  Herren;  können  si(» 
damit  Land  und  Leute  regieren?  Auch  haben  sie  dergleichen  im  eigenen 
Vaterlande  viel  besser.  Vielleicht  dachte  er  dabei  an  die  Kirche  zu  Idstein, 
von  der  es  an  anderer  Stelle  heisst,  seitdem  er  sie  mit  Bildern  ausschmückte, 
kämen  die  Leute  von  weit  her,  um  sie  zu  sehen  und  Idstein  sei  ein  bekannter 
Ort  geworden,   während  es  früher  ganz  im  Dunkeln  gelegen. 

Lernen  sollen  die  jungen  Herren  auf  ihren  Reisen,  was  sie  später  für  die 
Regierung  ihres  Landes  gebrauchen  können,  um  gerecht  und  fromm,  um  ver- 
ständig und  vorbildlich  regieren  zu  können,  von  Gelehrten  und  Staatsmännein 
und  anderen  kundigen  Leuten.  „Zu  lernen  ist  keiner  zu  hoch  oder  zu  alt: 
hast  Du  etwa  Dich  verführen  lassen  in  der  Jugend,  dass  Du  nicht  hast  wollen 
lernen,  so  bessere  Dich  im  Alter  und  denke:  pudor  est  nil  discere  velle;  und 
dass  Du  musst  Rechenschaft  geben  alles,  was  Du  durtdi  Unwissenheit  ver- 
absäumt oder  Unrecht  gethan  hast.  Es  ist  keiner  zu  alt  /u  lernen,  es  sei 
denn,   dass  er  vor  Alter  kindiseli  worden." 

Wie  herrlich  alle  diese  Grundsätze !  Wie  warm  schlug  in  dieser  Brust 
das  Herz  für  alles  Edl(%  Schöne  und  Gute,  das  den  Menschen  zum  Göttlichen 
emporhebt!  Und  wie  treu  klingt  die  Stimme  des  warnenden  Vaters,  des  deutschen 
Patrioten  in  dieser  Zeit,  wo  fremde  Einflüsse  Deutschland  nur  zu  sehr  durch- 
seuchten. Wenn  man  von  einer  guten,  alten  Zeit  sprechen  darf,  so  konnten 
die  Nachkommen  aus  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts  ihn  als  einen  Mann  aus 
solcher  Zeit  bezeichnen. 

Und  doch  entdecken  wir  auch  bei  diesem  von  so  modernen  Anschauungen 
erfüllten  Manne  eine  tiefe  sittliche  Befangenheit  I     Mit  Schaudern    und  Grauen 


64 

nur  liest  man  in  soinoni  Testament  jene  Aiisfülirungcn  über  Hexenprozesse"), 
für  deren  strenge  Durchführung;  er  mit  Schärfe  eintritt.  Da 'zeigt  sich  bei  ihm 
kein  Gefühl  für  diese  einem  furchtbaren  Wahn  entsprungenen  Unmenschlich- 
keiten, für  dit'  Tortur,  für  den  Ted  auf  dem  Scheiterhaufen.  Er  zergliedert 
nur  mit  dem  Sccirmesser  juristischer  Gesetzes-  und  Buchstabenweisheit  die 
materielle  Grundlage  der  Strai'e.  welche  man  über  diese  l'belthäter  verhängen 
soll.  Nicht  rnglückliche  sieht  er  in  ihnen,  sondern  die  schlimmsten  Verbrecher, 
welche  er  kennt,  und  eiiu-  Milderung  des  Feuertodes  befürwortet  er  nur  in  der 
Weise,  dass  er  es  zugeben  will,  wenn  mau  das  Opfer  vorher  erdrosselt  oder 
enthauptet. 

Wenden  wir  uns  nun  /u  den  grossen  Ereignissen  seines  Lebens,  um  zu 
sehen,  wie  er  sich  über  diese  in  seinem  Testament  äussert,  so  müssen  wir  be- 
kennen, dass  es  hierbei  angebracht  ist,  die  Sonde  der  Kritik  anzulegen,  wenn 
wir  auch  noch  keineswegs  im  Stande  sind,  nach  dem  lioutigen  Befunde  der 
gedruckten  rberlieferung  alle  Einzelheiton  aufzuklären  und  zu  entliüllen.  Wir 
wollen  daher  auch  nur  im  allgemeinen  die  Auffassung  beleuchten,  welche  er 
von  seinen  Erlebnissen  im  dreissigjährigen  Kriege  kundgiebt. 

l  bei'  die  diplomatische  Geschichte  des  Krieges  bringt  er  einen  kurzen 
Auszug,  der  in  mancher  Beziehung  unser  Interesse  erregt.  Graf  Johannes 
erklärt,  er  habe  mit  seinen  Brüdern  und  Verwandten  unschuldig  leiden  müssen. 
Kr  habe  treu  zu  Kaiser  und  Reich  gehalten,  sei  zwar  in  der  ersten  Zeit  neutral 
geblieben,  später  aber,  nachdem  er  auf  die  schwedische  Seite  getreten,  und 
nach  dem  Tode  Gustav  Adolfs  habe  er  befürwortet,  dass  man  sich  nur  noch 
defensiv  verhalten  und  den  Kaiser  mit  allen  möglichen  Vorstellungen  zu  einem 
billigen  Frieden  bewegen  solle,  der  den  evangelischen  Ständen  Religionsfreiheit 
gewähre.  Er  sei  aber  mit  seiner  Ansicht  nicht  durchgedrungen  und  habe 
darauf,  als  die  Schweden  bei  iS^ördlingen  geschlagen,  mit  den  Wölfen  heulen 
müssen.  Aber  auch  den  französischen  Diplomaten  und  dem  K(>nige  von  Frank- 
reicii  sei  er  bei  den  Verhandlungen  entgegengetreten,  was  der  letztere  ihm 
liersr.nlii-h  vorgeworfen,  als  der  Graf  zu  iJim  kam.  Er  schilt  auf  die  Donationen 
der  Schweden  und  die  Pensionen  der  Franzosen  und  behauptet,  er  hätte  auch 
»o  etwas  haben  können,  sei  aber  fest  geblieben  und  habe  als  deutscher  Patriot 
für  sein  Vaterland  geredet,  jedoch  nichts  erreicht. 

.Man  muss  sagen,  die  Ereignisse  haben  sicli  in  dem  Gedächtnisse  des 
(Jrafen  etwas  verschoben,  und  auch  liei  ihm  zeigt  sich,  was  noch  bisher  von 
allen  V(^rfassern  von  Memoiren  und  Denkwürdigkeiten  festgestellt  worden  ist, 
sie  schreiben  am  Ende  ihres  Lcsbens  anders,  als  wenn  sie  kurz  hinter  der  Zeit, 
in  der  sie  handelnd  auftraten,  ihre  Erlebnisse  fixiert  hätten.  Auch  Graf  Johannes 
sclireibt  unter  den  Eindrücken  des  grossen  Rcücliskrieges  gegen  Frankreich,  und 
da  er  ausserdem  seinen  Söhnen  für  die  Zukunft  mit  seinem  Rate  dienen  will, 
so  bi-trachtet  er  unwillkürlich  auch  die  längst  vergangenen  Jugend-  und  ersten 
Maunesjalire  untt-r  diesem  Gesichtswinkel. 


")  Di«  .Stellen  über  Ilexenprozesse,  welche  Moser  fortlässt,  sind  sohon  mehrfach  ver- 
w.Tlet.  Schliephiike-Menzel,  Geschichte  von  Nassau,  VI.  S.  564  hat  die  frühere  Litte- 
ratur  aufgeführt. 


65 

Die  schlunme  Zeit  im  drcissigjälirigon  Kriogn,  wo  ihre  ganze  Existenz 
gefälirdot:  wurde,  trat  für  die  iiassauischen  Grafen  erst  dann  ein,  als  die 
schwedische  Macht  nach  der  Schlacht  bei  Nürdlingen  (1634)  zurückging. 
Während  sie  also  bis  zur  xVnkunft  Gustav  Adolfs  neutral  geblieben  waren,  hatten 
sie  sich  dem  Heldcmkönig  mit  der  Freudigkeit  ihres  protestantischen  Herzens  und 
mit  ganzer  Hingabe  angeschlossen,  was  ilinen  nicht  verdacht  werden  kann. 
Aber  in  der  Zeitlage,  die  auf  Gustav  Adolfs  Tod  folgte,  traten  doch  allerlei 
Umstände  ein,  welche  sie  zu  grösserer  politischer  Vorsicht  hätten  bewegim 
sollen.  Sie  waren  Herren  eines  kleinen  Territoriums  und  ohne  den  Kückhalt  einer 
starken  bewaffneten  Macht;  war  es  denn  durchaus  nötig,  dass  Graf  Johannes 
dem  Kriegsrate  des  Heilbronner  Bundes  beitrat,  dass  er  eine  prononcirt  feind- 
liche Stellung  gegen  den  Kaiser  einnahm?  Niemand  wird  es  ihm  vorwerfen 
wollen,  dass  er  seinem  Bekenntnisse  treu  zugethan  blieb,  aber  es  wäre  besser 
gewesen,  wenn  er  sich  jetzt  wiederum  wie  in  den  zwanziger  -Jahren  zur  X(!U- 
tralität  zurückgewandt,  wenigstens  einer  gewissen  Zurückhaltung  beflissen  hätte! 
Wenn  er  mit  seinem  Eintreten  für  Kaiser  und  Reich,  mit  dem  Antrage  auf 
defensive  Kriegführung  nicht  durchdringen  konnte,  warum  trat  er  dann  nicht 
lieber  aus  dem  Kriegsrate  heraus  und  überliess  denen  die  Weiterführung  des 
Kampfes,  welche  dazu  die  erforderlichen  militärischen  und  finanziellen  Kräfte 
besassen?  Da  er  dies  nicht  zu  tliim  für  gut  fand,  da  er  das  Bündnis  mit 
Frankreich,  dem  Hauptgegner  Österreichs,  wohl  selbst  mit  unterzeichnete  und 
Bernhard  von  Sachsen-Weimar  als  Heerführer  verpflichtete,  so  musste  er  auch 
die  bösen  Folgen  tragen,   als  die  kaiserlichen  Waffen  siegreicli  waren. 

Unschuldig  gelitten  hat  also  in  diesem  Teile  des  30  jährigen  Krieges 
Graf  Johannes  nicht. 

Wenn  er  nun  weiter  beteuert,  er  habe  schwedische  Donationen  und 
französische  Pensionen  nicht  genommen,  obwohl  er  sie  hätte  erhalten  können, 
so  hat  er  auch  mit  dieser  Behauptung  nur  in  gewissem  Sinne  recht:  angenommen 
hat  er  schwedische  und  französische  Geschenke  nicht  in  jener  Zeit,  die  dem 
Abschlüsse  des  französisch-schwedischen  Bündnisses  voraufging,  also  nach 
Gustav  Adolfs  Tod;  und  es  war  durchaus  ehrenhaft  von  ihm,  dass  er  sich  da- 
mals nicht  bereichert  hat,  wie  so  viele  kleine  Pferren,  wovon  er  im  politischen 
Testamente  Beispiele  anführt.  Erst  als  er  mit  den  Seinigen  aus  dem  Yater- 
lande  vertrieben  in  Frankreich  Schutz  suchen  musste,  entschloss  er  sich  dazu 
die  Hilfe  des  französischen  Königs  anzugehen,  wahrscheinlich  mir  Bezug  auf 
das  Bündnis,   infolge  dessen  er  ja  sein  Unglück  auf  sich  hatte  nehmen  müssen. 

Gefühlt  hat  er  es  beim  Niederschreiben  auch  wohl,  dass  sein  Verhalten 
in  diesem  Jahrzehnt  nicht  ganz  einwandsfrei  gewesen  ist  und  seine  Stimmung 
äussert  sich  mehr  in  einer  gewissen  Resignation  über  die  traurige  Stellung  der 
kleineu  Fürsten  im  Reich,  über  ihre  verlassene  Lage  gegenüber  den  grösseren 
Fürsten  und  nun  erst  recht  gegenüber  den  Grossmächten  im  Auslande.  „Dero- 
lialben  hat  man  sich  bei  innerlichen  Kriegen  wohl  furzusehen,  dass  man  den 
]{espekt  des  Oberhauptes,  soviel  Gewissens  hall)er  sein  kann,  in  acht  nehme, 
sich  nicht  durch  Mutmassungen,  Privat-Considerationen  oder  Begierde  etwas  au 
sich  zu  bringen  betrügen   lasse,   wider  selben  sich   aufzulehnen.     Da  aber  eine 

5 


66 

solche  Sach  vorticlo.  da  man  die  Religiün  zu  tilgen,  des  Reicliö  Freiheit  zu 
unterdrücken  understündc  kann  mau  sich  GeNvissens  halber  nicht  vom  evange- 
lischen Corpore  oder  dem  iieich  separieren,  sich  aber  erinnern,  dass  man  sich 
nicht  under  die  Aufriihrischen  mengen  solle,  weniger  under  dem  Yorwand  der 
licligion  und  des  Reichs  AVohltart,  Privatpassiones  oder  Begierde  zu  anderer 
Leut  Güter  etwas  wider  den  Kaiser  oder  seine  Mitstände  zu  machiniren  gelüsten 
lasse:  denn  Gott  lasset  es  nicht  ungestraft,  sondern  man  muss  leiden,  bis  causa 
communis  wider  die  ( )hnbilligkeit  eclatirt  und  Gottes  Ehr  und  die  Reichspflichten 
dazu  uecessitiren-.  Und  an  anderer  Stelle:  man  müsse  sich  gegen  seine  Reichs- 
stände so  verhalten,  dass  man  jeden  gebührend  respectire,  hiihere  ehre,  mit 
gleichen  .^icii  wohl  betrage  und  gegen  geringere  sich  freundlich  erzeige;  übe 
ein  mächtiger  Xachbar  jedoch  Gewalt,  so  weiss  er  nichts  Anderes  dagegen 
anzuführen,  als  Güte  und  das  Recht  und  zwar  eine  kaiserliche  Kommission 
oder  einen  Prozess  vor  dem  höchsten  Gericht  des  Reichs;  da  er  aber  wohl  weiss, 
wie  wenig  das  alles  helfen  kann,  fügt  er  hinzu :  „Es  ist  leider  bei  unser  jetzigen 
Reichsjustiz  das  Hand  für  den  Augen  hinweg  oder  doch  von  Flor  oder  Kammer- 
tuch gemacht,  dass  ;uan  dadurch  leicht  sehen  kann,  und  muss  man  sein  Recht 
teuer  kaufen :  man  muss  sich  aber  in  die  Zeit  schicken,  denn  es  ist  böse  Zeit, 
und  die  jetziger  Zeit  gebräuchliche  Mittel  zu  gebrauchen  nicht  vergessen  und 
nmss  hier  heissen:  cede  majori!" 

So  klingen  die  Stossseufzer  eines  deutschen  Patrioten  über  den  üblen 
Zustand  des  Vaterlandes  in  beweglichen  Klagen  aus !  Hat  Graf  Johannes  nun 
auch  als  Politiker  im  dreissigjährigen  Kriege  wenig  Glück  gehabt,  so  treten 
doch  auch  in  dieser  Zeit  aus  seiner  Handlungsweise  einige  persönliche  Charakter- 
züge hervor,  die  wir  rühmend  erwähnen  müssen,  das  ist  der  grosse  Freimut, 
die  fitt'ene  Ehrlichkeit,  mit  der  er  ungescheut  und  manchmal  auch  derbe  seine 
Meinung  den  fremden  Machthabern  gegenüber  betont.  Es  hat  eine  Gelegenheit 
sich  dargeboten,  wo  er  sogar  für  das  Beste  seiner  Unterthanen  sein  Leben 
daran  setzte.  Ein  Wallensteinscher  Oberst  hauste  1626/1^7  mit  seinen  furcht- 
baren Horden  in  so  barbarischer  Weise  in  Idstein  und  Wiesbaden,  dass  der 
Graf  seine  Entrüstung  darüber  an  der  Tafel  des  Erzbischofs  von  Mainz  laut  zu 
vernehmen  gab'"),  worauf  ihm  der  kaiserliche  Oberst  durch  einen  Stellvertreter 
eine  Forderung  überbringen  Hess.  Diese  nahm  Graf  Johannes  an :  er  war  auch 
zur  verabredeten  Stunde  an  Ort  und  Stelle;  allein  der  Gegner  blieb  aus,  da 
der  Erzbischof  sich  auf  Bitten  der  Idsteiner  Räte  ins  Mittel  legte. 

Das  Wohl  und  Wehe  seines  Landes  hat  Graf  Johannes  auch  in  dieser 
traurigem  Zeit  im  Auge  gehabt,   so  gut  er  konnte. 

Wir  wollen  nocji  rincu  Blick  auf  seine  Thätigkeit  als  Landesvater  werfen, 
auf  dir  l'iirsorge,  welche  er  seinen  Unterthanen  angedeihen  Hess,  und  wollen  es 
verfcdgeu,  wie  er  die  (Grundsätze,  deren  Ausübung  er  vom  Regenten  verlangt, 
wie  wii-  oben  sahen,   selbst  zur  Geltung  brachte. 

Er  verlangt  vom  Regenten  genaue  Rechtskenntnis,  damit  er  die  Urteils- 
sprüche seiner   Didier    revidieren   kann:    denn   nicht    jeder  ]5eainte  sei  redlich. 


'-)  Kf'IliM-  M    II.  ().  S.  75  f. 


67 

Auch  soll  (31-  sich  nicht  scheueD,  die  Klaf;(m  dev  Ilnterthanon  selbst  anzuhören 
und  ihnen  (relegenheit  verschaffen,  sie  bei  ihm  vorzubriufi-en.  Er  erklärt, 
während  seiner  langem  Reoierung  Manchem  geholfen  zu  liaben,  dem  sonst  Un- 
recht geschehen  wäre.  Mit  seinen  ]huimten  muss  er  cifter  hüs(i  Erf'ahrung(!n 
gemacht  haben;  denn  er  s]»i'i(;ht  viel  davon,  dass  ihnen  auf  di(!  Finger  gesidutn 
werden  muss.  So  sieht  man,  dass  er  in  dieser  traurigen  Zeit,  wo  Kcjrruption 
überall  nur  zu  sehr  eingerissen  war,  durch  sein  scharfes  Regiment  für  die 
Integrität  des  Beamten  Standes  und  für  die  Jteform  der  Reclitsprcclmng  un- 
ermüdlicli  gesorgt  hat.  Auch  auf  die  Vorwaltung  selbst  richtete  er  sein  Augen- 
merk: er  ordnete  öfter  Landvisitationen  an,  um  zu  untersuchen,  wie  die  Be- 
amten haushielten  und  sah  streng  darauf,  dass  die  Rechnungen  stimmten.  Bei 
dieser  Oelegenheit  wurde  aber  zugleich  Leben  und  Wandel  der  Unterthanen  in 
sittlicher  und  materielUu-  Beziehung  einer  genauen  Einsicht  unterzogen.  Wie 
CS  seit  dem  10.  Jahrhundert  bei  kirchlichen  Visitationen'^)  üblicli  war,  wurden 
die  dabei  gebräuchlichen  Grundsätze  auch  auf  weltliche  Dinge  angewandr. 
Indem  man  einerseits  die  Führung  der  Pfarrer  und  Beamten  einer  scharfen 
Prüfung  unterzog,  beschränkte  man  sich  bezüglich  der  Unterthanen  jedoch  nicht 
bloss  auf  ihr  sittliches  Verhalten,  sondern  nmsterte  ihre  ganze  wirtschaftliche 
Lage  in  eingehendster  Prüfung.  Es  soll  z.  B.  untersucht  werden,  wie  die 
Unterthanen  ihre  Haushaltungen  anstellen,  ob  sie  mit  den  Ihrigen  ehrlich  und 
friedlich  leben,  ob  sie  sich  mit  den  Nachbarn  wohl  vertragen  oder  gern  haddern, 
ob  sie  die  Wirthshäuser  fleissig  besuchen  oder  ihren  Häusern  wohl  fürstehen, 
wie  sie  ihre  Häuser  und  Gebäu  in  acht  nehmen,  ob  sie  mit  Fuhren  oder  mit 
der  Hand  frohnen,  wie  sie  bespannt,  ob  sie  ihre  Frohnen  fleissig  und  willig 
verrichten ;  —  wieviel  Güter  der  Einzelne  habe,  ob  er  sie  von  seinen  Eltern 
oder  andern  ererbt,  ob  er  Güter  erkauft,  was  für  freie  Güter  bei  ihnen,  wem  sie 
zustehen  und  woher  sie  frei  sindt ;  ob  auch  Fremde  oder  Einheimische  sich 
des  Weidwerks  heinüich  oder  öffentlich  gebrauchen  u.  a.  Die  Antworten  auf 
diese  und  ähnliche  Fragen  der  Beamten  müssen  eidlich  abgegeben  werden  und 
auch  über  die  Führung  der  Beamten  selbst  sollen  die  Leute  von  den  herrschaft- 
lichen Räten  in  dieser  Form  befragt  werden.  Dabei  Hess  es  der  Graf  nicht 
einmal  bewenden;  er  mischte  sich  bei  Jagden  oder  bei  anderer  Gelegenheit 
selbst  unter  das  Volk  uutl  fragte  und  erkundigte  sich  nach  allem,  was  er  wissen 
wollte.  Die  erhaltenen  Akten,  Protokolle  und  Rechnungen  weisen  aus,  dass 
das  politische  Testament  in  diesen  Behauptungen  nicht  zu  weit  geht,  Xach 
diesen  Weisungen  ist  verfahren  und  in  diesem  Sinne  ist  der  Wille  des  Landes- 
herrn vollzogen  worden. 

Man  muss,  rein  theoretisch  gedacht,  anerkennen,  dass  dieses  System  der 
Regierung  in  jenen  bösen  Zeiten  nach  den  furchtbaren  Kriegsjahren  angebracht 
gewesen  ist,  (heutzutage  würden  die  Bauern  es  sich  kaum  noch  gefallen  lassen, 
wenn  man  Angaben  über  die  Herkunft  des  Huhnes  von  ihnen  verlangte,  das 
sie  im  Topfe  brieten)  und  die  praktischen  Erfolge,   von  denen   wir  wissen,    be- 


^^)  Vgl.  ausser  aiuleni    uuch    F.  Utto,   Die  Visitationen   der    nassuuischon   Kirchen   des 
Mainzer  Sprongelä  in  den  Janren  1548— 13 JO  (Evang.  Cienieindeljlatt  1892,  Xo.  47 — r»0). 

5* 


p 


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künden,  dass  ps  segensreich  gewirkr  luir.  Man  darf  dabei  jedoch  nicht  ver- 
"ossen.  dass  in  erster  Linie  die  finanziellen  Erträge  in  die  Tasche  des  Grafen 
flössen.  Im  Kriege  waren  Herkommen  und  Recht  verwischt;  viele  liechts- 
verhältnisse  waren  offenbar  überhaupt  verschoben  und  unkenntlich  geworden, 
nur  Eins  stand  fest,  dass  eine  Herrschaft  da  war  und  viele  Unterthanen,  die 
Lasten  trugen  und  frohuden  mussteu.  Die  Herrschaft  besass  die  grösseren 
Mittel,  die  grössere  Macht  und  die  grössere  Fähigkeit  zu  reformieren,  ihre 
Hechte  festzustellen  und  zu  gebrauchen.  So  zeigt  sich  auch  hier,  wie  vielfach 
anderswti  in  deutschen  Landen,  dass  das  Fürstentum  mit  verstärkter  Macht 
aus  diesen  Zeiten  hervorgeht.  Das  souveräne  Fürstentum  erhebt  sich  über  der 
»■rossen  Masse  des  Adels  und  der  bürgerlich-bäuerlichen  Volksschichten,  die 
ihm  dienen  und  frohnden  müssen  und  nur  da  sich  zu  einer  gewissen  Unabhängig- 
keit aufzuraffen  und  sie  zu  erhalten  wissen,  wo  günstige  politische  Verhältnisse 
das  Heranwachsen  eines  mit  dreinredenden  Ständetums  gestattet  haben.  Nicht 
alle  deutschen  Fürsten  haben  in  dieser  Zeitepoche  zugleich  ein  warmes  Herz 
für  der  Unterthanen  Wohl  und  Wehe  gehabt.  Graf  Johannes  hatte  es;  er  ist 
während  seiner  Regierung  dazu  gelangt,  nicht  allein  viele  Schulden  seines 
Vaters  und  seiner  A'orfahren  abzubezahlen,  er  hat  nicht  nur  eine  Gemälde- 
sammlung erworben  und  Kirche  und  Schloss  in  Idstein  reich  geschmückt,  er 
ist  auch  den  Armen  und  Notleidenden  zu  Hilfe  gekommen  und  hat  ihre  Kräfte 
geschont.  „Es  weiset  der  leidige  Augenschein,  dass  viel  mal  durch  Krieg, 
Brand,  Misswachs  die  arme  üuderthauen  ganz  um  das  Ihrige  kommen,  dass  sie 
müssen  Schulden  machen,  um  wieder  auf  zu  kommen ;  hat  es  der  Landherr  im 
Vermögen,  tluit  er  wohl,  das  er  ihnen  selbsten  vorsetzet,  dass  nicht  Frembte 
einnisten ;  auf  das  wenigste  soll  er  bei  Renten  und  Aulagen  so  viel  möglich 
schonen,  dass  sie  sich  erliolen  mögen ;  hat  ein  Armer  liegende  Güter  und  keine 
Mittel,  selbe  zu  bauen,  soll  die  Gemeinde  angehalten  werden,  die  Güter  zu 
bauen :  ddch  dass  das  dritte  Theil  des  Einkommens  der  Gemein  bleibe,  vom 
übrigen  aber  der  Arme  wieder  zu  Kräften  kommen  könne." 

Es  ist  wohl  keinem  Zweifel  unterworfen,  dass  Graf  Johannes'  Regierung 
ein  Segen  für  Land  und  Volk  gewesen  ist.  Dass  es  ihm  nniglich  geworden 
ist,  in  den  dem  grossen  Kriege  folgenden  dreissig  Jahren  soviel  zu  erreichen, 
wie  er  erreicht  hat,  liegt  endlich  wohl  mit  daran,  dass  der  Graf  ein  wirtschaft- 
lich begabter  Kopf  gewesen  ist.  Und  Jeder,  der  namentlich  den  dritten 
Teil  seines  politischen  Testaments  aufmerksam  liest,  wird  zugeben  müssen, 
dass  nur  ein  wirtschaftliches  Tahmt  von  grosser  praktischer  Begabung  sich  so 
bewandert  in  allen  Fragen  der  Landesökonomie  zeigen  konnte,  wie  es  bei  ihm 
der  Fall    gewesen  ist. 

Mit  dem  Hinweis  hierauf  möchte  ich  schliesscn  und  die  Lesung  des 
Testamentes  selbst  anheimgeben.  Ich  glaube,  der  Eindruck  davon  wird  bei 
Allen  vorhalten,  dass  hier  ein  bedeutender,  origineller,  wenn  auch  in  man- 
clien  Schwächen  seiner  Zeit  befangener  Geist  zu  uns  spricht,  ein  starker, 
offener  Charakter,  der  getreu  seinem  Wahlspruch:  nee  temere  nee  timide 
festen    männlichen    Schrittes    sein    Ziel     verfolgte,     ein    treuer    Anhänger    des 


69 

luthorisohen  rflaubons,  kein  grosser  Pulitikcr,  über  ein  wuriucr  deutscher  l\uriüC 
und  ein  wahrer  Vater  seines  engereu  Jlcuinatlandes,  gescluiffen  für  den  stillen 
Wirkungskreis  eines  deutschen  KlcMn-Fürstcui  des   siebzehnten  -lahrlnindcrts. 


Additamentum  ad   primam  partem.") 

[F/l'ichtcn  derer,  die  fjeistliche  Stellen  zu  besetzen  hahen^ 
Demnach  auch  verschiedene  Stifter  coUaturen  inn  dem  unserigen  hei- 
bracht,  kann  mann  denselben  nichts  benommen,  ist  al)i'r  iim  acht  zu  nemmen. 
das  s(dbige  nicht  zu  weit  extendirt  werden,  sundern  bey  dem  herkommen  ge- 
lassen werde,  sonderlich  das  sie  sich  nicht  arrogiren  einig(^  zu  ubtrudiren,  die 
entweder  in  doctrina  oder  vita  oder  gar  inn  der  Jleligion  nicht  richtig  seyen; 
ist  ihnen  auch  die  examiuatio  deren,  so  sie  präsentiren,  keineswegs  zu  ge- 
statten, sondern  dahin  zu  sehen,  das  tüchtige  personen  ihnen  recon)mendirt. 
die,  so  erst  zu  den  collatorn  lauffen,  nicht  acceptirt,  sondern  als  untüchtig 
verworfen  undt  das  herkommen  wohl  inn  acht  g(!nommen  werde.  Wo  die 
collatores  als  decimatores  oder  nach  dem  herkommen  der  kirchen,  pfarr,  schul 
oder  andere  häuser  zu  bawen  schuldig,  scindt  dieselbe  zeitlieh  darzu  zu  erinnern 
undt  auf  saumnus  oder  verwegeruugs  fall  ihre  zehenden  oder  gefäll  so  laug 
zurück  zu  halten,  biss  die  bäw  gefülnt  undt  inn  gehörigen  standt  ge- 
setzet worden,  darbey  aber  sich  zu  hütten,  das  kein  übermaass  oder  betrug 
vorgehe. 

[Instandhaltung  der  Kirchen  und  Kirchengebäude.] 
Inns  gemein  sollen  Obrigkeitten,  Superattendenten  undt  beampten  obsicht 
haben,  das  alle  kirchen  undt  darzu  gehörige  gebäw  in  guttem  esse  erhalten, 
mit  dach  undt  fach  wohl  verwahrt  bleiben,  welche  abgangen  wiederumb  gebauet 
und  Gott  zu  ehren,  so  viel  sein  kann,  verbessert  werden;  wo  die  gefäll  nicht 
zu  langen,  hatt  die  Oberkeit  nach  vermögen  darzu  zu  helfen,  auch  die  under- 
thanen  zur  beystewer  zu  erinneren  undt  anzuhalten. 

[Fßege  der  Musilx.'] 
Es  ist  auch  die  hcylige  schrift  voll  befehl  Gottes  undt  exempel.  das 
mann  Gott  mitt  der  musica  loben  undt  preysen  solle,  welchem  auch  billig  zu 
gehorsamen,  wo  sichs  thun  lasset,  music  anzustellen;  zieret  auch  sonderlich 
fürnemme  residentzen  undt  örter,  da  viel  leut  hinkommen;  derohalbeu  htblich. 
wo  mann  selbe  anrichtet,  welches  geschehen  kann,  wann  ein  herr  wohlbestelte 
schulen  anrichtet  und  gutte  nmsicos  zu  präceptorn  haben  kann :  darneben  under 
den  cantzelisten,  Cammerdieneru  undt  anderen  bedienten  musicos  zu  haben  sich 
befleissiget;  hatt  mann  die  mittel  undt  gelegenheit  ein  mehreres  zu  thun.  ist 
es  ein  werck,  das  zu  Gottes  ehr  nicht  aus  der  acht  zu  lassen,  ist  weit  besser 
angewendt,  als  an  spielen,  sauffeu,  jagen,  comödien,  kleider  praclit  undt  andere 
Üppigkeiten. 

'*)  Das  Manuskript  ist,  da  es  ganz  eigonhändig  ist,  wörtlich  wiudergcgcJicu. 


70 

Ander  theil.   vom   weltlichen   Regiment. 

[Towj  Gottes-Gnadeniiim  und  der  Yerantirortung  des  Regenten  und  der  Regierten 

gegen   Gott.'] 

Es  harr  der  Allinäclitigo  Schöpfer  uiidr  HeiTsoher  Himmels  uiidt  der  erden 
uinb  desto  richriger  bestellung  seines  dienst  undt  mehrerer  Ordnung  Avillen  under 
den  menschen  etzliche  zu  Regenten,  etzliche  zu  dieijern  undt  underthanen 
verorduer.  undr  jedwederem  sein  taleutum  geben,  seinen  dienst  zu  versehen, 
allesambr  aber  niclu  zu  herrn,  sondern  alle  zu  seines  Reichs  amj)tleuten  über 
die  geringere  verordnet,  AVer  nun  ein  ampt  hatt,  der  warte  des  ampts  trewlich 
undt  bilde  sich  nichr  ein.  das  er  Herr  seye,  sondern  ein  Knecht  Gottes,  der 
ilime  ein  irewisses  stück  landes  zu  verwalten  anvertrawet  hatt:  Davon  "will  der 
erbherr  aller  heyden  rechenschaft  von  iedwederm,  wie  er  haus  gehalten,  fordern, 
undr  ist  keiner  so  gross  undt  inn  hohen  eheren,  das  er  sich  des  befehls :  Redde 
rationem  villicationis  tuae,  entschütten  könne,  sondern  welchem  viel  befohlen 
ist.  von  dem  wirdt  mann  viel  fordern,  et  potentes  potenter  punientur.  Dann 
bey  Gott  ist  kein  ansehen  der  person,  undt  müssen  wissen,  das  Gott  mitt  ist 
imm  gericht.  undt  das  gericht  ampt  ist  Gottes,  undt  so  wenig  als  ein  beampter 
sagen  kann,  das  seines  herren  underthanen  sein  seyen,  so  wenig  kann  es 
ein  herr  sagen;  dann  Gott  hatt  die  landt  undt  loute  geschaffen  undt  selbiger 
regierung  Kaysern,  Königen,  Fürsten,  Graffen,  Herrn  undt  Obrigkeiten  nach 
seinem  befehl  zu  regieren  auf  ein  Zeitlang  anvertrawet,  welches  sie  auch  fleissig 
undr  rrewlich  zu  verrichten  schuldig  scindt  undt  für  Gott  als  dem  rechten  herrn 
verantworten  müssen,  undt  (wie  es  leider  nur  zuviel  gcschichet)  sich  nicht  ein- 
bilden, das  Gott  die  landen  ihnen  zu  ihrer  kurtzweil,  pracht  undt  hoheit  gegeben, 
sondern  das  sie  die  underthanen  richten  sollen  mitt  rechtem  gericht,  undt  nicht 
ihre,  sondern  Gottes  ehre  zu  befürdern  suchen  sollen,  undt  sich  nicht  einbilden, 
wann  sie  diener  halten  undt  die  ämpter  bestellen,  das  sie  gnug  gethan  haben 
undr  ihres  lustes  abwarten  mögen,  sondern  wissen,  das,  wann  sie  nicht  fleissige 
aufsieht  haben,  die  diener  zwar  ihre  straf  werden  empfahen,  die  herren  aber 
die  grösste  Verantwortung  undt  straf  zu  gewarten  haben  werden.  Die  herren 
seindt  zwar  nicht  hertzenkündiger  (dann  das  hatt  Gott  seiner  allwissenheit  vor- 
behalten), aber  sie  sollen  es  machen  wie  Hiob  undt,  was  sie  nicht  wissen, 
erforschen. 

[Vom  guten  Beispiel  des  Herrschers^ 
Das  erste,  so  sie  inn  acht  zu  nemmcn  haben,  ist  das  sie  ihren 
underthanen  mitt  guttem  exempel  vorgehen  undt  nicht  ärgern,  nam  Regis  ad 
exemiihuri  rcttus  componitur  orbis.  undt  bedenken  was  jener  sagt,  omne  aninii 
Vitium  tain  cons])ectius  in  se  crimen  habet,  quanto  major  (jui  peccat  habetur, 
undt  s(dches  uiiib  so  viel  mehr,  das  der  Jlerr  Christus  das  wehe  über  die 
schreyet,  so  die  geringen  ärgeren,  undt  ein  Regent  nicht  mitt  guttem  gewissen 
dasjenige  an  anderen    straffen  kann,    darinn'")    er    selbstcn'®)    sündiget.     Ist  er 


'^)  Durchstriclieii :  das 

""')  Durchstrichen :   selbigr-r. 


71 

ungorocht,  w'w,  kann  er  die  unyerecJitigkcit  sriaffeii.  nimbt  er  geschenck  undt 
beuget  das  recht,  wie  kann  er  einen  beunipten  richten,  der  dergleichen  thut- 
ist  er  blutdürstig,  wie  kann  er  über  niordt  urtheilen.  dergleichen  mit  ehbruch, 
hurerey,  sauff'en,  fluchen  undt  allen  lästern;  höret  er  gerne  verleunibter,  so  sindt 
alle  seine  diener  gottloss'') ;  ist  er  stoltz,  so  wolhms  diener  undt  underthanen 
nach  thun. 

[Erster  Unterricht  eines  junr/en  Prinzen.  Vermeidimg  der  Schul  fuchser  ei. \ 
Das  aber  ein  lierr  sich  für  bösem  liiitte  undt  zum  gutten  desto  geschickter 
seye,  erfordert  die  notthurft.  das  er  wohl  erzogen  werde,  daran  die  älteren 
ihren  grössten  fleiss  wendi'U  sollen:  undt  zwar  ei-stlich  ist  vounöhten,  das,  so 
baldt  sie  reden  kimnen,  sie  fleissig  zum  gebet  undt  furcht  Gottes  angehalten 
werden,  damit  gleichsamb  mitt  der  nuittermilch  sie  die  Gottesfurcht  einsaugen. 
Wann  sie  gegen  sechs  oder  höchstens  sieben  Jahr  kommen,  müssen  ihnen 
praeccptores  gegeben  werden,  undt  zwar  anfangs  Tlieologi,  darmitt  sie  für 
allen  dingen  neben  litoris  humanioribus  Tlieologiam  also  fassen,  das  sie  wissen, 
wie  sie  Gott  dienen  undt  dem  AVidersprechern  das  maul  stopfen  sollcm,  sonder- 
lich") die  Bibel  aufs  fleissigst  lesen  undt  ihr  gantzes  leben  darnach  richten. 
Der  Apostel  Paulus  weiset  deren  nutzen,  undt  findet  sich  derselbe  täglich,  dann 
es  ist  das  einige  perfectes  buch,  daraus  iodermanu  inn  seinem  gantzen  leben 
sein  thun  und  lassen  gegen  Gott  undt  seinen  nechsten  richten  soll  undt  kann. 
Tun  literis  humanioribus  muss  mann  nicht  mitt  einen  jungen  herrn,  wie  mitt 
gemeinen  Kindern  verfahren,  dann  die  schulfuchserey  ihnen  nichts  nutz,  sondern 
es  ist  aller  fleiss  anzuwenden,  wie  sie  die  Grammaticam,  Ilhctoricam,  J)ia- 
lecticam  undt  latein  mehr  durch  usum  hey  lesung  der  historien  undt  Übung  der 
theologischen  information  erlernen,  als  lang  vergeblich  aufgehalten  werden; 
dann  sie  künftig  keine  Schulmeister,  die  kinder  lehren,  sondern  Kcgenteu  werden 
sollen ;  was  wirdt  ihnen  alsdann  logica,  Metaphisica,  Poesis,  Astrologia,  Physica 
undt  dergleichen  nutzen;  das  sie  inn  Rhetorica,  Oratoria  und  Logica  eine 
Cognition  haben,  ist  gut,  seindt  aber  darmitt  nicht  aufzuhalten  undt  allso,  das 
sie  nicht  besseres  versäumen. 

[Ein  Edelmann  als  Hofmeister.] 

Wann  sie  umb  die  zwölf  jähr  kommen,  hatt  mann  sich  umb  einen  edel- 
numn  umb  zu  sehen,  der  gottesfürchtig,  gelehrt,  nicht  stoltz  noch  morosus 
seye,  undt  albereits  inn  reisen  undt  sonston  etwas  erfahren  habe,  welcher  als 
hofmeister  einen  jungen  herrn  in  acht  nemmen,  seine  studia  undt  cxercitia 
anordnen,  auf  Praeccptores  undt  gesindt  acht  haben  könne,  das  ein  icder  sein 
ampt  fleissig  undt  trewlich  verrichte,  das  den  jungen  herren''')  die  Lieb  zu  den 
studiis  vermcliret  undt  durch  praeceptores  oder  gesindt  nicht  geärgert  werden. 
Deswegen  der  hofmeister  fleissige  aufsieht  zu  haben,  das  keine  lasterhafte  leut 
einem   jungen  Herrn  gegeben,    auch    sonsten    von    verführerischen    ärgerlichen 


"J  üurchstrichen:  undt  allso  von  allen  Untugenden. 
'")  Durchstrichen:   inn  ihrem  gantzen  Leben. 
*^)  Durclistricbcn:  ihnen. 


12 


Ic'urten  abgehalten  werde:  uudr  seiiulr  studia  undt  exercitia  allso  anzuordnen,  das 
keines  das  andere  liindern.  s^imderu  beides  befördert  werde;  superflua  undt 
pedautereyen  seindt  zu  meiden,  die"")  nicht  gar  nötige  scientiae  seindt  allso  zu 
tractiren,   das  gnug  seye,   wann  man  etwas  darvon  reden  könne. ^') 

[  Wissenschaftliche  Unterrichtsfächer.'] 
Inn  sprachen  sollen  neben  der  lateinischen  erst  die  Frantzösisehe,  hernach 
die  Italienisch  undt.  wo  es  sein  kann,  die  hispanische  erlernet  werden,  als 
welche  der  Situation  unserer  Landen  halben  die  gebräuchlichste.  Das  Studium 
historicum  ist  sehr  nöttig  undt  weiln  es  annehmblich,  kann  es  desto  leichter 
beygebracht  werden.  AVaun  der  Verstandt  so  weit  gewachsen,  das  das  Judicium 
sich  mehret,  hatt  man  politicam  undt  jurisprudentiam  allso  fürzuncmmen,  das 
obsoleta  die  uohtwendige  nicht  aufhalten.  Die  arithmeticam,  Georaetriam  undt 
Architecturam,  darzu  Mechanica  gehört,  seindt  einem  herrn  nöttig  undt  sehr 
nützlich,  wie  ich  in  praxi  erfahren  undt  grosse  summen  geldes  mitt  ersparet. 
Der  die  Wissenschaft  nicht  hatt,  wirdt  betrogen,  gibt  viel  geldts  für  böse 
arbeit.  Musiea  und  Pictura  schaden  einem  herrn  nicht,  recreircn  undt  schärfen 
die  ingenia. 

[Pflege  körperlicher  Erholungen.     Einwirkung   auf  den  CharaJder.     Beachtung 

der  Individualität.'] 

Ehrliche  recreationes  soll  manu  jungen  herrn  nicht  weren,  als  jagen, 
ballenspielen  undt  dergleichen;  reiten,  fechten  undt  tantzen  seindt  nötig.  Das 
letzte  zwar  am  meisten  die  gebärden  zu  formiren.  Sauffen,  hoch  spielen  undt 
alle  ü}tpigkeitten  undt  die  occasionen  zu  selbigen  undt  böse  anreitzende  gesel- 
schaften  seindt  aufs  fleissigst  zu  verhütten  undt  meiden.  Undt  da  andere  junge 
herren  sich  prostituiren,  selbiger  exempel  zur  abschew  vorzustellen;  undt  da  sich 
solche  Verführer  finden,  ihre  junge  herrn  ohne  respect  undt  forcht  für  Ungunst 
von  selbigen  abhalten,  hingegen  alle  gelegenheit  suchen  selbige  zu  Gottes- 
fürchtigen,  erfahrenen,  gelahrten  leutteu  in  conversation  zu  bringen.  Wann 
ein  junger  herr  bissweiln  curios  ist,  undt  auch  wohl  impertinente  fragen  thut, 
muss  er  nicht  darumb  gestraft,  sondern  vielmehr  seine  curiosität  gelobet  undt, 
was  gefehlet,  durch  bessere  Information  cultivirt  werden;  dann  Avir  seindt  keine 
meister  gebohren.  Was  nicht  schadet,  kann  mann  mitt  sitsamkeit  verbessern, 
böses  aber  mitt  gütte  undt,  da  es  nicht  helfen  will,  mitt  moderirter')  straf 
corrigiren.  Doch  soll  einem  jungen  praeceptori  nicht  gestatt  werden,  solche 
]>ropria  authoritate  vorzunemmen,  sondern  auf  befehl  des  herrn  oder  Käht ;  dann 
ich  hab  gefunden,  das  es  under  den  praeceptoribus  flegel  gibt,  die  da  meinen, 
sie  haben  sich  ein  sonders  lob  acquirirt,  wann  sie  bestialisch  mitt  jungen  herrn 
umbgangen,  ich  schreibe  aus  eigner  erfahrung.  Die  Gemühter  seindt  undcr- 
schiedtlich.   darumb  müssen  auch  hofmeister  undt  praeceptores  sich  nach  selbiger 

*")  Durchstrichen:  metaphysia,  astrologia,  poesis  undt  dergleichen  können  allso  super- 
fifialiter  vorgenommen  worden. 

*' I  Durchstrichen:  keineswegs  aber  sich  darinn  aufhalte. 
*''j  Correction. 


73 

richten  undt,  wh  jedes  ingeuiuiu  beschaffen,  darnach  niitt  ihme  verfahren ; 
nicht  wie  inn  trivial  schulen,  da  wegen  Vielheit  der  schüler  mann  keinem  ein 
eigene  wurst  zu  braten  pflegt.  Ein  junger  herr  ist  ein  einiges  objectum,  nach 
welchem  mann  sich  richten  undt  nach  undt  zugeben  kann;  wie  bauren 
kinder  lassen  sie  sich  nicht  tractiren;  dann  entweder  werden  sie  halsstarrig 
oder  verzagt;  deren  keines  einem  herrn  wolil  anstehet;  von  ehrlichen  gesei- 
schaften  müssen  sie  nicht  abgehalten  werden,  cordat  aber  nicht  muhtwillig  sein. 

[Warmnig  vor  Beisen  ins  Ausland  in  ni  früher  Jugend.] 
Es  haben  die  alt(^  Teutschen  sich  des  reisen  inn  frembte  landen  enthalten 
undt  haben    sich   rcdligkeit    und  erbarkeit  beflissen,    vor  den  frembten    lästern 
undt  unrcdligkeit  ein  abschew  getragen.    Als  der  könig  inn  Frankreich  Carolus 
Nonus  kaysers  Maximiliani  secundi  Tochter")  heurahtet,    ist  ein  Churfürst  von 
Mayntz  undt  Marggraf    zu  Baden    mitgeben  worden,    die    königliche    braut  zu 
überlieff'ern.     Dazumahlu    ist    die  Frantzösische    sprach    inn  Teutschlandt  nicht 
so  gemein  gewesen,    das  der  Tollmetsch    den  nebel,    so  beym  einzug  gewesen, 
nicht  auf  Frautzösisch  nennen  können,    sondern  den  könig  ans  Fenster  geführt 
undt  gewiesen,   das  es  der  nebel,   so  dazumahln  auch  war,  verhindert,   das  mann 
die  pomposität  nicht  recht  sehen  können;   wolte  Gott,   es  were  noch  allso:  ich 
hab  inn  meiner  jugeudt  mich  nicht  wenig  bekümmert,   das  ich  nicht  auch,  gleich 
meinen    altern  Brüdern    undt    anderen    jungen    heim,    inn    Franckreich    reisen 
dürfen,    dancke    aber  Gott,    das    die  zeitten    es  nicht    zugelassen.     Was  tügen 
jungen  herrn  solche  reisen?  mann  schickt  ein  gans  über  meer,   undt  kombt  ein 
gans  wieder  her.    Junge  herrn  von  dreyzehen,   vierzehen  jähren  müssen  reisen, 
auch  wohl  jüngere,  was  lernen  sie?  ein  krumb  füsgen  machen,   ein  wenig  base 
les  manes  (sagt  Dr.   Johann  Schmidt'*),    praeses  im   consistorio    zu  Strassburg, 
in    einer  predigt)    undt    bringen    heraus  ein  wagen    voll  laster  undt  ein  leicht- 
fertig pahr  hosen;  undt  lasset  so  viel  geldt  darinn  umb  so  bösser  wahren,   das 
die  nachkommende    daran    zu    zahlen    haben.     Ist    inn  Wahrheit    nicht  anders. 
Darbey  gibt  mann  ihnen  manchmahln    esel  zu,    die  hofmeister  heissen,    welche 
den  lästern  nachhängen,   auch  die  herren  darzu  verführen ;  wann  es  hoch  kombt, 
so  lernen  sie  ein  wenig  tantzen,   ein  pferdt,   das  die  schule  besser  verstehet,   als 
der    reuter,    reuten,    einen    wunderlich    gebogenen    leib    zum    fechten  machen, 
papier  mit  grundrissen  zu  festungen  verderben  undt  dergleichen.    Am  wenigsten 
kommen  sie  in  conversation  mit  gelahrten  oder  Staatsleuten,    das  gutte,   so  sie 
lernen  selten,    bleibt  zurück,    das    schlimste    undt  die  laster  lernen  sie:    mann 
führet    sie  viel  meilen    ein  gebäw    oder  rarität    zu  sehen,    dergleichen    sie  inn 
ihrem  vatterlandt  besser  sehen  könten ;  was  hilft  es  sie,  wann  sie  drey  brücken 
über  einander  sehen,   wann  sie  einen  brunnen  sehen,   der  kalt  ist  und  brent  und 
anzündet?    Können    sie    darmitt    landt  undt  leut  regieren?    oder  wann    sie  ein 
hübsches  Gebäw,  schöne  gärten  undt  dergleichen  sehen,  wiewohln,  wann  es  mitt 

")  Elisabeth.   Die  Hochzeit  fand  am  26.  ^'ovembcr  1570  zu  Mczieres  statt. 

"')  Hervorragender  Theolog  aus  der  alten  Wittenberger  Schule  in  Strassburg.  Ver?l. 
Tholuck,  Das  kirchliche  Leben  des  17.  Jahrhunderts,  S.  42,  216  u.  a.  a.  Stellen.  Tholuck, 
Lebenszeugen  der  lutherischen  Kirche,  S.  217  S. 


verstandt  gt-seht-n  winlr.  i->  uocli  soinon  nurzi'u  halieu  kauii.  luelir  als  obiges: 
kann  aber  ein  kindt  von  vierzehen  uudr  weniger  jähren  den  nutzen  finden? 
Kummen  sie  zurück,  was  Laben  sie  mehr,  als  das  sie  sich  mehr  einbilden,  bey 
verständigen  aber  verlacht  werden. 

[Xtitzen   der  Heisen  für  das    reifere  JüntjUnysalter.     Ohachf  vor  religiösen  Be- 
lehnmgsrersuehcn,   Gottlosigkeit  und  Lasterti.] 

Wann  herren  reisen,    so  verachte  ich  es    nicht,    aber    kiuderreisen    sindt 
schädlich:  herren  können  reisen,  das  ist  wann  sie  die  kindersehueh  vertretten, 
undt    die  tohrheit  der  .Jugendt  vorüber  ist.    wann   sie  die  Theologie  verstehen, 
ihr  gewissen  inn  acht  zu  nemmen  wissen,   wann  sie  eapable  seindt  mitt  staats- 
leuten  umbzugeheu.    wann    sie  den  verstandt  haben    ein  luudt    /u    considerirn, 
wie  es  beschaffen,   wie  es  regieret  würdt,    was  für  maximes  d'estat  sie  haben, 
obs  vost    oder  nicht,    was    für  vestungen  undt  päss  darin    seindt.    ob  sie  unns 
schaden  oder  nutzen  können,  wie  sie  unnserer  nation  holdt  oder  nicht,  was  sie  ver- 
mögen, wie  sich  ihrer  aufn  nohtfall  zu  erwehren  oder  ihnen  beyzukommen  oder  wie 
sie  deren  aufn  nohtfall  zu  gebrauchen,  darzu  die  jähr  undter  etzlich  undt  zwantzig 
undüchtig  seindt ;  wie  oben  gedacht  hab  ich  keine  solche  reisen  gethan,  sondern  binn 
allein  inn  wichtigen  geschaffen  oder  kriegs-expeditionen  gereiset.    Es  haben  meine 
brüder  Tonnen'')  golds  auf  ihrer  reisen  geeostet,   ich  hab  nicht  einen  heller  ange- 
wendet,  hab  doch  alle  exercitia  zu  Saarbrücken  besser  gelernt,  als  sie  inn  Franck- 
reieh,  binn  auch  (ohn  unzimblichen  rhum  zu  melden)  in  toga  et  saga  höher  kommen 
als  sie  undt  viel  andere :  Gott  hatt  mich  geleitet,  das  ich  nicht  allein  die  mauren  undt 
eusserliche    gebaw    gesehen,    sondern  den  staht  erforschet,    undt  mitt  den  vor- 
nembsten  miuistris  umbgangen  binn.    Es  taug  kein  baw,   der  nitt  guttes  funda- 
ment  hatt,    so  taug  kein  reisen,    da  nicht    zuvor  der  eckstein  Pietas    undt  das 
fundament    Prudentia    ist;    mann    suche    sie    bey    einem    kindt;    ist    aber    das 
fundament  nicht  gutt,    so  fält  der  baw  durch  die  windt  undt  wassorflutten  der 
Verführung  zu  gottlosigkeir  undr  lästern,   undt  wirdt  mann  von  ausländem  ver- 
laclit,   wann  mann  ihnen  viel  geldt  bringt    undt  narrheit    undt  ihre  laster  heim 
bringet.     Derohalbcn  ist    am  besten,   Gott    undt  ehrlichen  verständigen    leutten 
gefälliger,   das  mann  erst  das  zu  haus  lernet,   was  gutt  ist.   undt  hernach,   wann 
das  gewissen  undt    verstandt  starck  seindt.    frembte  lande  durchwandert,    undt 
was  gutt  oder  böse  darinnen  siehet,    sich  der  töhrichten   undt  gottlosen  sachen 
entschlägt,    undt  das  gutte    sich    zu  nutz  machet.     Es  ist    nicht    zu  verneinen, 
das  es  under  den  jtalian(!rn  undt  Frantzosen,  auch  anderen  natiouen  kluge  Icutt 
gibt,   wann    mann    den    atheisnuim    undt  laster  darvon  scheidet,   welches  einer, 
der  mitt  verstandt  reiset,   tliun  kann :  kombt  mann  inns  reisen,   soll  mann  sich 
hütten.    das    mann    nicht    an    solclie    ort    komme,    da    mann  die  knie  für  Baal 
beugen   müsse;,   das   ist  heuchelcn,   umb  eines  beinleins  willen,   so  mann  mehren- 
theils    nicht    weiss,    von    wem  es  ist;    wann  ihme  zu  ehren  etwa  eine  hübsche 
kircli  g(!bawet    oder  mit    goldr.    silber    undt  cdelgcsteinen    geziehret  ist,    reiset 
mann  viel  meilen,    muss    heuchlen,    darmitt  Gott  erzörnen    undt    sein  gewissen 


"j  Durchstriclieti   vor  Tonnen:  viel. 


75 

bcschwohren;  dafür  hatt  jiiicli  Gott  boliüt,  icli  l)iim  b(^y  Kaysoru  undt  Königen 
gewesen,  hab  nie  geheuchelt,  lieber  mich  der  örter  eutschlagen,  da  mann  ohu- 
geheuchelt  ohne  gefahr  nicht  sein  kann ;  an  den  orten,  dahin  mann  reiset,  die 
t'römbter  rcligion  seindt,  muss  mann  an  den  Apostel  Paulum  denckeu,  der  sagt: 
warumb  richtestu  einen  f'rembten  knc^cht,  er  stehet  oder  fält  seinem  Herrn, 
undt  weiln  junge  hcrrn  keine  vocation  habcm  andern  zu  informiren  und  ihnen 
nicht  gesagt  ist:  gehet  hin  inn  alle  weit  undt  lehret  alle  Völker,  so  warten  sie 
ihres  thuns,  sehen  was  zu  sehen  ist,  halten  politische  freuudtschaft  mitt  recht- 
schaffenen leutten,  undt  lusscni  das  lehren  undt  dis[)Utir(!n  denctn,  deren  ampt 
uiult  beruf  es  mitt  sich  bringet.  Es  sollen  sich  die  jiingi;  herren  imin  reisen 
nicht  lang  aufhalten,  weniger  umb  Fastnachtspiel,  Comoedien  undt  derghäclicn 
viel  geldt  verzehren,  was  hatt  mann  darvon?  selten  mit  Socrato  sagen:  Tanti 
poeuitere  non  emo.  Mann  kann  ja  inn  lesung  der  historien,  so  solche  Comoedianten 
repräsentircn,  mehr  nutzen  mitt  weniger  costen  haben,  was  ist  es,  wann  es 
ausgemacht  ist?  ein  gauckelspiel,  wer  es  ein  pahr  mahl  gesehen,  wundert  sich 
der  torheit;  wann  er  witzig  ist,  das  mann  so  grossen  costen  anwendet  umb 
eine  sach,  die  wie  ein  gespenst  verschwindet,  ohne  einigen  künftigenn  nutzen. 
Ja  mann  muss  noch  umb  solcher  torheit  willen  das  leben  wagen,  undt  bey 
nacht  mit  höchster  gefahr  darzu  undt  darvon  kommen,  der  anreitzungen  zu 
lästern  zu  geschweigen. 

[Richtiger  TaJct  eines  regierenden  Herrn.'] 

Kombt  ein  herr  inn  die  regierung,  jnuss  er  nicht  denckeu,  das  er  ein 
gewaltiger  herr  seye,  sondern,  wie  oben  gedacht,  ein  diener  Gottes ;  desw'egen 
sich  als  ein  diener  undt  knecht  halten,  gegen  seine  mittknecht  nicht  stoltz 
sein,  sondern  je  höher  er  ist,  je  mehr  er  sich  soll  demütig(!n,  nicht,  wie  wohl 
ctzliche  thun,  mitt  liederlichen  leutten  sauffen,  spielen,  undt  dergleichen;  dann 
dardurch  macht  mann  sich  veracht  undt  lernet  nichts  als  böses,  sondern  also, 
(his  er  mitt  ehrlichen  leutten  freundlich  umbgehe,  geringere  nicht  verachte, 
iedwederen  nach  seinem  standt  ehre,  die  ehr,  so  ihm  Gott  geben,  inn  acht 
nemme,  sich  nicht  underdrücken  lasse,  seinen  stand,  als  welcher  ihme  von  Gott 
geben,  nicht  verachten  lasse,  seinen  rang  so  ihme  gebührt,  sonderlich  bey  lleichs- 
oder  Creystagen  oder  hohen  orten,  nicht  nemmen  lasse,  sich  aber  auch  nicht 
über  standt  undt  gebür  erhebe,  mitt  geringeren  mitt  moderation  familiär,  aber 
nicht  gemein  seye,  höhere  allso  ehre,   das  er  nicht  dardurch  veracht  werde. 

[  Warnung  vor  übermässigem  Luxus,    Künstlerische  Ausschmücl'ung  von  Schloss 

und  Kirche.] 

¥a'  nuiss  auch  die  einbildung  nicht  haben,  das  grosse  übermässige  hofstatt. 
pracht  in  kleidcrn  undt  livreen  undt  was  dergleichen,  eines  Fürsten,  Gräften 
oder  herrn  gröste  ehr  seye,  der  gemeine  unverständige  pöfel  möclite  darnach 
sehen,  wie  eine  kuh  nach  einem  neuen  scheunethor,  verständige  würden  dar- 
gegen  sagen,  der  herr  trägt  herrschaften  undt  ämpter  an  den  hosen.  Ehrliche 
kleidung  an  herrn  undt  gesindt  seindt  keine  frembte  kleider.  sondern  Gott  hatt 
nicht  verbotten    sich  standt  gemäss  /u  kleiden,    aber  daniitr  prangen,    were  so 


76 

rühmlich,  als  wann  eiu  dii'b")  eiu  sträng  am  hals  tragen  müssto  undt  wolte 
daruiitt  prangen:  die  kleider  seindt  nichts  als  eine  decke  der  schaudt  undt 
straf  der  sünden;  allso  Nverden  sie  abusive  für  pracht  gebrauchet,  da  mann 
sich  billig  der  sünde  unserer  ersten  altern  erinnern  solte;  will  mann  prangen, 
so  prange  ein  herr  mitt  fugenden''")  undt*')  goldt.  silber  undt  dergleichen ;  dann 
dieselbe  ki>nnen  inn  der  noht  den  herrn  retten,  undt  werden  die  motten  nicht 
dieselbe  fressen.  Es  wirdt  hieriiiift  nicht  geohnbilliget  schöne  mobilia  zu 
haben,  können  bissweilen  sowohl  als  goldt  undt  silber  ihren  herrn  retten ;  meine 
geniählde  kosten  mich  nicht  4500  Rth.  :  da  sie  feil  weren,  würden  sie  inn 
wenig  stücken  ihr  geldt  tragen,  ist  aber  ein  schätz,  der  considerable  ist  undt 
tihne  eusserste  not  nicht  anzugreiffen.  Vermehren  ist  erlaubt,  aber  nicht  ver- 
äussern ;  was  ist  ausser  der  grosse  für  ein  uuderschiedt  under  herrn  oder  privat- 
häusern :  wann  des  herrt-n  liaus  von  zierlichen  Sachen  lelier.  das  privathaus  aber 
gezieret  ist.  warbey  kennet  mann  des  herrn  verstandt,  wann  nichts  da  ist,  das 
es  weiset?  Seithcro  ich  erst  den  garten,  hernach  die  kirch,  neben  anderen 
raritäten  gebawet  undt  zu  wegen  gebracht,  kommen  grosse  anzahl  leut  deswegen 
anhero.  da  zuvor  Itzstein  in  obscuro  gelegen.  Solches  aber  nmss  allso  angestelt 
werden,  das  es  die  mittel  nicht  allso  consummire,  das  mann  schulden  darumb 
machen  müsse,  sondern  nach  den  mittein  angefangen  undt  nicht  übereilet  werden. 
Ich  hab  solcher  sachen  halber  keine  schulden  gemacht,  sondern  darbey  viele 
geerbte  getilget,  aber  hiervon  im  dritten  theil  ein  nicheres.  Wollen  nun  an  die 
regierung  selbsten  kommen  undt.   was  ein  Regent  thun  solle,   erwehnen. 

[Kenntnis  des  g'uttlichcn  und  iveltUchcn  Rechts.'] 

Für  allen  dingen  nmss  ein  Obrigkeit  ihr  Aiiipt  verstehen,  welches  fliesset 
aus  den  göttlichen  undt  weltlichen  rechten,  derer  beider  Wissenschaft  ihme  so 
nöttig,  das  er  ohne  dieselbe  nicht  recht  regieren  kann.  Was  Gott  durch  Mosen 
darinn  befohlen,  weiset  sonderlich  das  fünfte  buch;  wie  hoch  Gott  Josua  dessen 
beständige  betrachtung  anbefohlen,  lieset  mann  inn  dem  ersten  capititeP*)  des 
buchs  Josuae;  er  habe  billig  meine  obige  meinung,  das  mann  wisse,  das  die 
herren  Gottes  knecht  undt  amptleut  seindt,  undt  Gott  wegen  ihres  Regiments 
Verantwortung  thun  müssen.  Inn  weltlichen  sachen  nmss  nmn  sich  bey  unns 
der  gemeinen  undt  Reichssatzungen  gemäss  verhalten :  wenn  ein  herr  deren  keine 
Wissenschaft  hatt,  vrirdt  er  seiner  diencr  knecht;  sindt  sie  redlich,  weiss  er  es 
nicht;  seindt  sie  falsch,  muss  er  wie  oben  gedacht  ihre  sünde  verantworten, 
und  weiss  selbsten  nicht,  ob  sie  recht  oder  unrecht  gethan  haben.  Seindt  herren 
durch  fahrlässigkeit  der  eitern  oder  Vormünder  verwahrloset  worden,  warumb 
bestreben  sie  sich  noch  bey  wehrender  regierung  nicht  zu  lernen,  was  sie  ver- 
säumbt  haben?  Zu  lernen  ist  keiner  zu  hoch  oder  alt;  hastu  etwa  dich  verführen 
lassf-n  inn  der  jugendt,  das  du  nicht  hast  wollen  lernen,  so  bessere  Dich  imm 
alter  undt  denckc:  pudor  est  nil  discere  volle;   undt  das  du  must  rechenschaft 

**)  Es  hat  ursprünglich  da  f,^estaii(len :  als  wann  einer  einen  Strang  am  Hals  tragen  müste. 

")  Mitt  tugpnden:  am  Rande. 

'•**)  ,l'ndt"   ist  verVjesBert  aus  „mitt", 

»»}  So! 


77 

geben  alles,  was  du  durch  Unwissenheit  dessen,  so  du  wissen  sollest,  verabsäumet 
oder  ohnrocht  getluin  hast.  Es  hatt  Gott  nicht  allein  Sündt-  sondern  au(;h 
Schulopf'er  angeordnet  für  die  Unwissenheit.  Es  ist  keiner  zu  alt  zu  lernen, 
es  seye  dann,  das  er  für  alter  kindisch  worden ;  hette  ich  keine  gnugsanie 
([ualitätcMi  zur  Regirung  gehabt,  ich  würde  unib  des  gewissens  willen  keine 
regierung  angetretteu  haben,    dann  ich  wüste,    das  das  gcriclitampt  Gottes  ist. 

[Persönliches  Anhören  von  Klagen  der  Untcrthanen.'] 
Das  zweitte,  so  ein  regent  inn  acht  zu  nemnien.  ist,  das  er  die  clagttm 
der  underthanen  höre,  nieniandt,  er  seye  so  gering  als  er  wolle,  verachte, 
sondern  so  ers  begert  selbsten  höre;  kann  er  seine  sach  nicht  förmblich  genug 
forbringen,  denselben  helfe  durch  floissige  nachforschung,  oder  iemandt  un- 
partheisches  selbiges  erkundigen  undt  verfassen  lasse;  es  hatt  nianchniahl  einer 
recht,  wirdt  durch  einen  verschlagenen,  weil  er  sich  nicht  helfen  kann,  \oa'^ 
fortheilet.  Da  soll  die  Obrigkeit  ex  officio  Icut  zu  ordnen,  die  diesen  niangel 
ersetzen,  auch  selbsten  inquiriren,  damit  dem  einfältigen  nicht  zu  kurtz  g(!- 
schehe.  Ich  hab  inn  meiner  langwürigen  regierung  manchem  allso  geholfen, 
dem  sonsten  unrecht  geschehen  were,  undt  haben  iun  solchem  fall  die  subtili- 
tates  juris,  undt  sibi  imputet,  quod  jus  suum  non  melius  dixerit,  für  Gott 
keinen  platz,  sondern  mann  muss  der  justitiae  undt  nicht  fraudi  helfen. 

[Handhabung  strenger  Gerechtigkeit.] 

Es  hatt  sich  eine  Obrigkeit  wohl  zu  hütten,  das  sie  nicht  umb  gunst, 
Ungunst,  geschenck  oder  nutzens  willen  den  gerechten  verdamme  oder  dem 
ungerechten  helfe;  es  ist  Gott  ein  grewel;  er  ist  gerecht,  will  auch  gerechte 
diener  haben;  er  soll  sich  hütten  unrecht  gutt  under  dem  schein  rechtens  an 
sich  zu  bringen  undt  dencken,  wie  es  Ahab  gieng,  als  seine  Isebell  den  ^'aboht 
umb  des  Weinbergs  willen  steinigen  Hesse,  auch  deswegen,  wie  obgedacht, 
iedermann  hören;  dann  auch  viel  exempel  vorhanden,  das  die  diener  umb  ihres 
nutzens  willen  leut  falsch  angeben,  darmitt  sie  zu  den  güttern  kommen  können, 
ihnen  auch  den  weg  zum  horrn  versperren,  das  sie  sich  der  falschen  anclag 
nicht  purgiren  können,  oder  die  herren,  so  gegen  sie  irritircn,  das  sie  sie  nicl.t 
mehr  hören  wollen;  darumb  ist  nöttig,  das  die  herrn  nicht  allein  die  diener, 
sondern  auch  die  Underthanen  gern  hören;  hatt  allso  jene  alte  Frau  König 
Demetrio,  so  sagte,  er  hette  nicht  weil,  sie  zu  hören,  recht  geantwortet :  wenn 
er  nicht  hören  wolte,  solte  er  auch  nicht  König  sein.  Wann  underthanen  wider 
beampten  klagen,  sollen  sie  gehört,  aber  die  Beampten  darumb  nicht  allsobaldr 
verdächtig  gehalten  werden,  biss  die  Sach  erst  recht  erkundigt  undt  die  warheit 
an  tag  gebracht  wirdt,  da  dann  ein  ]l(!gent  sich  nicht  entziehen  soll,  die  sache 
selbsten  zu  erforschen;  dann  leichtglaube  ist  ein  anzeigung  eines  leichten  oder 
unverständigen  gemühts;  undt  wann  mann  nicht  höret,  kann  mann  auch  nichts 
erfahren  noch  wissen,  ob  die  diener  gutt  oder  böse  seyen ;  darzu  seindt  Landt- 
visitationen  gutt,  da  mann  auf  diener  undt  underthanen  leben  undt  thun  iu- 
quiriret,  wie  ich  vor  etzlichen  jähren  gethan  undt  augefangen ;  wie  es  an- 
zustellen,  folget  hernach. 


78 

[nichtige  Abmessung  der  Strafen.'] 

Ein  Regent  muss  ernsthaft  sein,  das  böse  straffen,  das  gutte  befördern; 
wu  keine  straffen  seindt.  wirdt  das  vulk  ruchloss:  wo  mann  des  gutt<>n  nicht 
geneust,  verlischt  die  begierde  zum  gutten;  manu  muss  aber  bey  dem  straffen 
keine  passiones  haben,  das  mann  gerne  ursacli  an  einein  haben  mögte,  sein 
niüthleiu  /u  kühlen:  nicht  zu  tyranuiseh.  wo  es  mit  guttem  gewissen  sein  kann; 
güttig.  lieber  perdunireu  als  straffen,  doch  allso,  das  sich  der  böse  nicht  auf 
seines  herru  güttigkeit  zu  viel  verlasse:  uiidt  liatt  sicli  ein  ßegent  eben  so 
wohl  zu  hütten,  das  er  nicht  so  güttig  seye,  das  er  abschewliche  sündeu,  oder 
die  zu  gemein  werden,  perdouire  als  den  unschuldigen  straffe;  dann  wir  haben 
dessen  kein  erlaubnuss  von  Gott,  sondern  es  ladet  die  Obrigkeit  auf  sich  undt 
deren  landen  die  sündeu,  so  solche  perdouirte  ubelthäter  hernach  begehen,  wie 
Claus  Xarr  weisslich  zu  seinem  herrn  sagte,  als  er  für  einen  edelmann,  so 
zween  andere  ermordet,  hatte.  Der  Churfürst  aber  sagte,  er  müste  ihn  straffen ; 
denn  er  hette  nun  zween  umbracht;  sagte  Claus,  den  ersten  hatt  er  umbracht, 
aber  du  den  anderen;  dann  wann  du  ihn  das  erste  mahl  gestrafft  bettest,  hätte 
er  die  andere  that  nicht  gethau.  Ist  warlich  keine  narren  rede.  Ich  wolte 
nicht  aller  weit  gutt  nemmen,  einen  frcvelichen  mordt  zu  verzeihen  oder  einen 
Zauberer  lauffen  zu  lassen,  welche  alle  mörder  seindt;  dann  Gott  hatt  befohlen, 
das  mann  den  bösen  solle  von  sich  thun;  undt  das  landt  kann  nicht  versöhnet 
werden  über  dem  blut  als  durch  das  blut  dessen,  so  es  vergossen  hatt ;  undt 
ist  dieses  das  erste  gesetz  gleich  nach  der  sündfiuht.  Allso  ist  es  auch  mitt 
anderen  lästern,  wann  sie  zu  gemein  werden,  als  stehlen  kann  ohne  den  sträng 
bestraffet  werden,  wann  es  nicht  zu  gemein  wirdt;  wanu  aber  es  zu  viel  wirdt 
oder  ein  habitus  bey  den  delinqucnten  gefunden  wirdt,  muss  mann  den  galgen 
brauchen,  damitt  andere  es  sehen  undt  sich  förchten :  oder  die  Verantwortung 
fället  auf  den  herrn,  der  nicht  gebührlich  straffet;  dann  er  trägt  das  schwcrdt 
nicht  umsonst,  sondern  die  Obrigkeit  ist  eine  rächerin  zur  straf  über  den,  so 
böses'  thut,  undt  hatt  derselben  Gott  das  schwort  undt  nicht  einen  fuchs- 
schwantz  angehencket.  Doch  muss  mann  die  umbstände  recht  betrachten,  wie 
in  criminalibus  die  peinliche  halsgerichtsorduung  Kayser  Carbi  Y.  darinn 
stattliche  anleitung,   ziel  undt  mass  gibt. 

iroiiur.] 
Es  hütte  sich  ein  Regent,  das  er  sich  nicht  zu  streng. zu  vorfahren  ver- 
führen lasse,  sonderlich  um  erkennung  und  gebraucli  der  tortur:  dann  selbe 
manchmahlen  unschuldig  blut  auf  das  landt  bringen  kann,  wie  ich  deren 
exempel  mehr  als  eines  erlebet,  so  ich  umb  der  Richter  elir  willen  nicht 
nennen  will,  doch  ein  pahr  gedenken.  Es  trug  sich  einmahl  zu,  das  zwo  hexen 
zum  fewer  g(!führet  worden;  eine  ehrliche  Fraw,  die  sie  siebet  ausführen,  daucket 
Gott,  das  mann  solche  böse  leut,  so  gemacht,  das  mann  weder  kinder  noch 
vieh  erhalten  können,  einmahl  abschaffe ;  dieses  nemmen  die  böse  leut  inn  acht, 
undt  durcli  hülf  des  Teuffels  borahten  sie  sich,  di(;ses  mensch  umb  das  leben 
zu  bring(.-ii.  Als  die  execution  geschehen  soll,  geben  sie  vor.  betten  noch  etwas 
auf  dem  gewissen,    mann  solte  sie   imch  einmahl  hören,    geben  die  unschuldige 


79 

Fraw  au,  als  die  ärgste;  die  unvorsichtige  Obrigkeit  gibt  ihneu  gehör;  zieliet 
sie  ein,  torquirt  sie  ohngewöhnlich ;  durcli  die  grosse  niarter  bekennet  sie,  dessen 
sie  unschuhlig  war;  als  sie  hinausgefülu-t  wardt,  begeren  die  hexen,  das  sie 
als  die  ärgste  am  ersten  m()gte  verbrant  \v(!rden ;  als  es  geschehen,  bekennen 
sie,  das  sie  unschuldig  angeben  worden,  weiln  sie  ihnen  ihr  billiges  urtheil  so 
wohl  gegönuet  hette.  Ist  der  Oberk«nt  nicht  wohl  bekonnueu,  uudt  würde 
ärger  worden  sein,  wenn  nicht  hiUierc  intercession  es  verhütet  hätte.  Es  wurde 
ein  Cavallier  schelniisch  ermordet;  seiu  verwanter,  iiiii  dessfui  liaus  sein  degen, 
escharpe  undt  sporen  gefunden,  wurde  torquirt,  das  er  die  nicht  begangene  that 
bekennete ;  were  auch  gerichtet  worden,  wann  nicht  eben  der  thäter  d(ui  mordt 
bekant,  und  diesen  post  acceptam  ignominiam  dardurch  liberiret  hette;  ich 
habe  diese  Umt  gekaut;  derohalben  grosse  Vorsichtigkeit  darinn  vonnölitcn, 
welche  obgedachte  P.    11.   G.   O.   vorstelt. 

{Hexenprosesse.     1.   Untersuchung.^ 

Sonderlich  in  zauberey  processen  hatt  mann  sich  vorzusehen,  dann  allda 
der  l\mtfel  doppelt  geschäftig,  die  schuldige  darvon  zu  bringen  uudt  unschuldige 
inn  Unglück  zu  setzen^  sonderlich  aber  den  von  Gott  befoldenen  })rocess  zu 
stecken.  Es  gibt  die  P.  H.  0.  an  die  handt,  wie  darinnen  zu  verfahren, 
weiset  aber  vielfaltig  auf  die  obere  Obrigkeit,  weiln  es  mehrentheils  auf  die 
Untergericht  gerichtet,  als  schöpfenstühl ;  dahero  sie  augewiesen  werden  bey  der 
Regierung  sich  anzumelden,  wo  sie  sicli  uicht  selbst  gnugsam  linden  können. 
Ist  derowegen  nöttig,  das  die  Obrigkeit  selbsten,  wann  sie  solche  maleficanten 
einziehen  will,  zuforderst  sehe,  ob  auch  guugsame  iudicia  ad  capturam  vor- 
handen, da  dann  der  leumuht,  art  und  leben  wohl  zu  examiniren,  ob  verdacht 
mitt  bestaudt  auf  die  person  könne  fallen ;  die  indicia  seindt  zweyerlei,  als 
denuuciationes  redlicher  oder  böser  leut;  die  erste  seindt  wohl  zu  examiniren, 
ob  sie  relevant  in  circumstantiis,  ponderos  oder  nicht,  ob  etwa  neidt,  eigennutz  oder 
dergleichen  underlauffe;  woher  der  verdacht  rühre  und  wie  er  zu  verificiren,  Ist 
es  von  bösen  leutten,  sonderli(di  wann  zauberinneu  sagen,  ich  hab  diese  oder  jene 
persohn  auf  täntzen  gesehen,  undt  die  persohu  ist  sonsten  nicht  verdächtig,  kann 
mann  zwar  es  aufzeichnen,  aber  verschwiegen  halten ;  dann  obschon  viele  auch  darauf 
sterben,  undt  doch  keine  fama  darbey,  weniger  facta,  seindt  sie  nicht  zur  captur, 
weniger  tortur  qualiticirt;  wann  aber  facta  concurrirn,  hatt  die  Obrigkeit  auf 
dieselbe  fleissig  und  genaw  zu  inquiriren ;  finden  sich  selbige  proben  der  fama 
undt  anderen  inn  der  P.  H.  0.  specificirteu  umbständen,  hatt  mann  nach  der  captur 
erstlich  confrontation  mitt  den  anzeigern,  sie  seyen  ehrliche  oder  hexen  leut, 
vorzunemmeu;  undt  gilt  alsdann  die  aussage  der  bösen  gegen  den  inquisituiii 
nicht  für  sich  selbst,  sondern  weiln  sie  mitt  fama,  bonorum  testimoniis  uudt 
factis  concordiren.  Ist  alsdaun  inquisitus  halsstarrig,  hatt  mann  das  gesetz  der 
P.  II.  0.  wegen  der  tortur  inn  acht  zu  nemmen  und  sich  etzlicher  Juristen 
meinungen  nicht  irren  zu  lassen  undt  mitt  derselben  zu  verfahren,  nicht  nm* 
dreymahl,  sondern  so  oft  es  die  sach  erfordert,  aber  gradatim  vort  zu  gehen, 
nicht  mitt  nowen  martern,  oder  den  stachelichten  stuhlen,  so  die  Jesuiten  ei- 
fundcMi.      Wann    leut    gefunden    werden,    so    überzeugt    seindt.    undt    doch  die 


80 

turtur  ausstellen,  hatt  manu  dvr  P.  H.  0.  zu  folgen  undt  der  Universitäten,  die 
darwiderspreohen,  nicht  zu  achton.  undt  eher  noch  ein  pahr  anderer  oder  besser 
anderer  vornehmer  ßeichsstände  Rhät  rhat  zu  pflegen. 

[j2.  Exekution.'] 
Die  execution  ist  das  feyrr;  es  kann  aber  nach  den  umbstäuden  allso 
mitigirr  werden,  das  erst  der  köpf  mitt  dem  schwerth  abgeschlagen  oder 
strangulirt  uder  nach  der  spürenden  buss,  da  Gott  die  sünde  vergibt,  undt  die 
ewige  straf  erlast,  nach  der  enthaubtung  begrauen  werden.  Es  seindt  zwar 
Juristen,  die  auf  cuntiscation*")  der  gütter  gehen,  ich  halte  es  aber,  wo  unn- 
schuldige  kinder  oder  erben  seindt,  nicht  recht;  wann  aber  die  begräbnuss  ge- 
stattet wirdt,  seindt  selbige  zur  kirchen  zu  stewren  anzuhalten.  Spüret  mann 
aber  keine  buss  oder  bekehrung,  seindt  sie  der  schärpfo  nach  lebendig  zu  ver- 
brennen: die  ahncosten,  wo  mittel  fürhanden,  scintlt  aus  ilireu  mittein  zu 
nemmen,  inn  deren  entstehung  von  der  herrschaft  oder  dem  landt  zu  nommcn, 
undr  kann  sich  das  landt  deren  nicht  entschütten,  weiln  sie  undt  die  ihre  auch 
ihr  hat)  und  gutt  dardui'ch  nicht  allein  gerettet,  sondern  auch  der  gerechte  zorn 
Gottes  durch  solchen  process  vom  landt  gewandt  wirdt. 

[Schwere  des  Hexenprosesses.'] 

Es  lassen  sich  viel  Regenten  durch  die  schwere  dieses  processes  von 
administrirung  der  justitz  abschrecken ;  ich  hab  weder  inn  Gottlichen  noch  welt- 
lichen rechten  gefunden,  das  mann  inn  Verwaltung  seines  ampts,  allein  was 
leicht  zu  thun,  fürzunemmen  habe,  sondern  vielmehr,  was  mann  nicht  weis, 
soll  mann  erforschen,  undt  das  wohl  undt  fleissig.  Mann  gehe  der  peinlichen 
JI.  0.  Gar.  Y.  nach,  wirdt  man  schwerlich  irren,  so  kann  mann  in  dubiis 
vornehmer  Juristen  nicht  gebrauchen,  mitt  obgedachter  bescheidenheit ;  das  ampt 
ist  einmahl  der  Obrigkeit  befohlen,  undt  lasset  sich  das  pfundt  nicht  vergraben. 
Gott  befihlt.  mann  solle  keine  Zauberer  leben  lassen ;  thustu  dem  befehl  kein 
gnügen,  so  siehe,  wie  du  es  am  jüngsten  gericht  verantworten  könnest,  das 
arme  kinder  undt  einfältige  durch  deine  fahrlässigkeit  verführet,  viele  ehrliche 
leut  beschädigt,  das  viehe  undt  anders  verderbt,  Gott  gelästert  undt  des  Teuffels 
Reich,  wo  nicht  befördert,  doch  aufs  wenigst  nicht  gestöret  werde;  gibt  eine 
schwere  Verantwortung ;  heisset  es  innsgcmein,  du  solt  den  bösen  von  dir  thun, 
so  ist  es  gewiss  inn  diesem  laster,  inn  welchem  alle  andere  laster  im  höchsten 
grundt  sich  finden,  am  nohtwendigston :  undt  liatt  ein  Regent  si(^h  zu  hütten, 
das  er  nicht  durch  solche  forcht  den  fluch  auf  sich  lade,  w^anu  er  sein  schwehrt 
aufhält,  das  [es]  nicht  blut  vergiesse  undt  des  herrn  werck  nachlässig  thut.  Es 
betrübt  sich  billig  ein  gewissenliafter  Regent,  wann  ihm  maleflcanten  in  seine 
justitz  fallen;  dann  er  besorgen  muss,  das  Gottes  zorn  über  die  sünden  über 
ein  gantzes  landt  gehen;  will  er  aber  denselben  versöhnen,  so  thue  er  den  bösen 
von  sich,  durch  die  verordnete  straffen,  damit  er  sich  derselben  nicht  theilhaftig 
mache    durch    ülxn-sehung.     Er    soll    auch    keine    persohn    ansehen,    dann    ein 


*")  Verachriebeii:  coiification. 


81 

malcficant  ist  kein  vornohmnr,  \veni<?ov  olirlichor  mann  niohr:  mann  kann  koincn 
Edelmann  oder  geistlichen  straften:  dann  wann  sie  edel  oder  gcistlicli  selndt, 
thun  sie,  was  edel  undt  geistlieh  ist:  thun  sie  böses,  verlihren  sie  iiireu 
characterem  nndt  wirdt  alsdann  nicht  ein  edclmann  noch  geistlicher,  sondern 
ein  böser  bub,  so  sich  deren  praerogativen  verlustigt  gemacht  dui-cli  böse  thaten, 
gestraft;  thue  recht,  schewe  uiemandt.  ^Vic  alle  andere  laster  zu  straffen,  gil)t 
oft  gedachter.  H.  0.,  die  landt-  undt  kirchcn-ordmmgcn  an  die  liaiidt.  I)i(!ses 
dienet  zur  general  information,  wie  inn  criminalibus  zu  verfahren,  das  es  für 
Gott  undt  ehrlichen  leutten  verantwortlich  seye. 


[Civil-Prozesse  des  fürstlichen  Hauses.'] 
Die    civilsachen    seindt    zweyerley,    die    erste    activ    uiidr    passiv  Jiecht- 
fertiffunaen,   die  andern,   recht  den  uuderthanen  zu  schaffen. 

[«)  Ixichtige  Auswald  des  Gerichtshofes.'] 
Die  Rechtfertigungen  seindt  zweyerley,  activae  et  passivae.  J)i(!  activas 
betreffendt  suche  mann  zuvor  alle  thunliche  mittel,  sonderlich  gegen  höhereu, 
ob  die  sach  güttlich  könne  beygelegt  werden;  kann  es  nicht  sein,  muss  mann 
anderer  ungestüm  mitt  recht  zu  wiederstehen  trachten,  darbey  zu  sehen,  welches 
dicasterium  zu  wehlen  ob  adversarius  zu  viel  authorität  inn  einem  oder  dem 
anderen  habe,  ob  Commissiones  auszuwürcken,  was  vor  Commissarii  zu  suchen, 
ob  sie  dem  gegentheil  zugethan  oder  zu  viel  respect  wegen  religion  oder  sonsten 
auf  selbigen  tragen  oder  selben  zu  gebrauchen  haben  oder  förchten ;  ob  sie  sich 
auch  den  dativum  lassen  zu  lieb  sein,  undt  was  dergleichen  mehr.  Es  ist 
leider  nunmehr  dahin  kommen,  das  keiner  sein  bestes  Recht  ohne  denselben 
gewinnen  kann ;  derowegen  muss  ein  herr  denselben  nicht  vergessen,  darbei 
aber  sich  hütten,  das  er  nicht  unurecht  dardurch  zu  gewinnen  trachte;  dann 
solches  für  Gott  nicht  verantwortlich  undt  in  rechtmässigen  sachen  schadet. 
Da  auch  die  gegenparthey  vergleichung  suchet,  ist  sie  nicht  auszuschlagen,  da 
der  schade  nicht  zu  gross;  dann  wann  mann  die  gefahr,  auch  inn  den  ge- 
rechtesten Sachen  zu  succumbiren  neben  den  uncosten,  so  auf  Rechtfertigungen 
ffehen.  ansiehet,  ist  es  allezeit  am  besten,  wann  mann  mitt  ehren  aus  der  sach 
kommen  kann. 

\b)  Richtige  AiisivaM  der  Rechtsgelehrten.] 
Wirdt  er  angefochten  undt  allso  reus,  tliut  er  wohl,  wann  er  schon  recht 
hatt,  das  er  sich  inn  der  gütte  drauss  wickelt;  wo  das  nicht  sein  kann,  sehe 
er  sich  aufs  beste  vor,  als  er  kann,  sonderlicli  das  gegentheil  ihn  nicht  durch 
dativum  Überwege.  Suche  bey  bciderley  actioiicn  solche  advocatos,  so  gewissen- 
haft, redlich,  nicht  Schmeichler,  gelahrt,  geübt,  nicht  zänkisch,  die  sich 
calumniiren  oder  schmähen  enthalten;  dann  dieses  gar  gemein  undt  zu  Ver- 
wirrung der  Sachen  dienet.  Hatt  der  herr  nicht  inn  seinem  raht  gnugsam 
qualificirte  Rhät  oder  der  sachen  zu  viel  oder  in  der  Regierung  so  viel  zu  thun 
ist,  das  sie  nicht  totis  viribus  auf  diese  sachen  arbeiten  können,  so  nemme  er 
Rhat  von    ehrlichen  leutten    inn    der  nachbarschaft,    bezahle  sie  allso,    das  sie 

6 


82 

können  zufrieden  sein,  erkundige  aber  zuvor  wolil.  was  es  für  leutt  seindt 
undt  wie  viel  iliuen  zu  trawen.  undt  lasse  keine  schmäluingeu  inn  den  Schriften ; 
wirdt  ihnie  von  denn  Advocaten  oder  Rhäteu  gewiesen,  das  er  unrecht  habe, 
gebe  der  herr  nach  undt  suche  aus  der  sach  zu  kommen,  das  er  kein  unreclit 
thue:  dann  es  ziehet  straffen  nach  sich:  dann  Gott  hasset  das  arge  undt  liebet 
die  gerechtigkeit :  undt  lasse  sich  die  hofnung  inn  böser  sach  nicht  betriegen; 
dann  unrecht  gutt  faselt  nicht,   sondern  frist  das  gerechte  mitt. 

[r)  Saanrerdischc  Rechtssache  gegen  Lothringen.'] 
Es  seindt  bev    unseruj  Xassaw-Sarbrückischen  luius    die   gemeine  Recht- 

fertigungen  diese: 

Erstlich  die  Sarwerdische  sach  gegen  Lothringen:'')  vors  ander  die 
Lahrische  sach  gegen  Badcn-Durlach :  zum  dritten  die  Bentheimische  sach. 

Die  erste  hab  ich  durch  Gottes  gnadt  dahin  gebraclit.  das  die  Grafschaft, 
so  der  Hertzog  vi  armata  wieder  das  urthel  de  7.  Julii  1629  eingenommen  undt 
biss  inn  annum  lüTO  besessen,  wiederumb  inn  unsers  hauses  banden  ist  biss 
auf  die  Metzische  lelien.  derowegen  die  revision  noch  offen  undt  causa  Mandati 
wegen  der  grafschaft  undt  die  action  der  von  Lotthringen  aufgehabenen 
nutzuug<»n  noch  vorstehet.  Bey  ietzigen  leuften  ist  nicht  thunlich  die  sach  starck 
zu  treiben,  dann  der  herr  Hertzog  entweder  sich  nicht  einlassen  oder  doch  kein 
ausgang  der  sacken,  weniger  execution  würde  zu  hoffen  sein:  kombt  es  aber 
inn  andern  standt.  iiarr  mann  besser  auf  die  actionen  Mandati  et  damnorum  als 
auf  Revision  zu  treiben:  dann  dieses  trägt  viel  höher  als  diese  statt  wehrt 
seindt,  wie  die  protocoUa  dessen,  so  in  anno  1669  gehandelt  worden,  ausweisen. 
Es  ist  Gott  lob  so  weit  gebracht,  das  Lotthringen  nichts  an  unns,  wir  aber 
eine  grosse  praetension  an  Lotthringen  haben,  darbey  inn  acht  zu  nommen,  das 
Lotthringen  under  dem  practext,  als  ob  die  sach  in  revisorio  stehe,  spe  praepo- 
tentiae  et  favoris  die  gantze  sach  dahin  zu  ziehen  gedencke;  es  ist  aber  aus 
dem  Mandato  poenali  undt  paritorien  dar,  das  das  Cammergericht  die  Dorf- 
schaften Lotthringen  gantz  nicht  adjudicirt,  Lotthringen  auch  keine  revision 
gesucht,  sondern  Nassaw:  undt,  wie  oben  gedacht,  kann  mann  revisionem 
praeteriren  undt  Mandatum  prosequiren. 

\d)  Lah)-ischc  Sache  gegen  Badeii- Durlach.] 
Die  J^ahrische^^)  sach  ist  soweit  gebracht,  das  es  auf  der  liquidation 
stehet,  das  der  Marggraf  überzahlt :  dann  am  Kayserlichen  hof  das  moratorium 
stabilirt  undt  <lem  Marggrafen,  wie  im  Cammergericht,  25  000  i\.  pension  zu- 
gesjiroclien  worden ;  dahero  ich  eine  grosse  summ  voji  ihme  fordere,  so  er  zu 
viel  einirenommen :  darbev  in  acht  zu  nemmen,  das  Sarbrückische  lini  an  diesen 
25  0CK)  nichts  bezahlt.  Wcilburgisch(^  aber  nocli  ein  merckliches  rostirt,  das 
capital  aber  inn  der  schuhhüi  theilung  mir  an  meiner  quota  abzuziehen,  weihi 
es  aus  meinen  mittein  allein  bezahlet  worden. 


'V  V-,'1.  S.lili.'p  hake- Menzel  VI,  S.  530  f.,  543,  54H  ff.,  553  ff. 

'■')   Die   Jlerrscliuft  l^ulir    \Nur   iiocli   iii   den   Iliunlen  des  Markj^rufen   num  JJuden-Duilach. 
Vgl.  Seh liep hake  a.  o.  U.  S.  555. 


83 

[e)  Benthehnsche  Sache.'] 
Die  Jiuntlicimischo"^)   sacli  stehet  iiuf  dein  sprach  5  uudt  huffe  ich   dariun 
so  viel  gethan  zu  haben,    das    sie  ohuo  gofalir    sein  wirdt,    ist  allso    bey  dem 
Spruch  zu  vigiliren. 

[/)  Sfreitigkeiteti  der  Lhiien.'] 
Particulir  proccss  seindt  mehrenthiMls  durch  (his  nioratorium  undt  schulden 
bezahhing  abgetlian,   undt  keiner  von  iinportantz;  undt  wann  die  liquiihition  mit 
dem  Marggrafen   undt  di(^  scluddeu  tlieiluug  vorgangen,    wird  mein  antlieil  der 
schuhU'n  hncht  zu  bezahUm  sein. 

[//)  Fremde  Klagesachen.'] 

J)er  Churfürst  Johann  Philips  zu  Mayntz  hatte  viel  strittigkeiten  erregt; 
er  undt  seine  beide  nachfarn  haben  oft  güttliche  handlung  angenommen;  ist 
auch  einsmahls  anno  [  f*)    zu    S(diwalbacli    fürgenommen,    aber   durch 

friedthässige  ohne  effect  gemacht  worden;  werde  es  nachmahln  versuchen;  inn 
deren  (jntstehung  ist  Kayserliche  Commission  zu  suchen. 

Das  Stift  Limburg  hatt  eine  leichtfertige,  auf  eitel  lügen  bestehende 
actiou  wegen  25  nuiltcr  körn  Limpurger  maass  angefangen ;  ist  submittirt  undt 
hatt  es  Ottweiler  vom  Obersten  Hattstein  zu  lösen;  dann  es  gehöret  nach  Kir- 
berg  undt  gehet  mich  nicht  an,  als  das  sie  mich  super  arresto  actionirt,  da 
doch  keiner  war,   auch  noch  nicht  ist. 

Von  mehreren  passiv  actionen  weiss  ich  Gott  lob  nicht,  undt  haben  sich 
meine  nachkommen  zu  hütten,  das  sie  durch  ohnnötigen  streit  schulden  machen 
undt  dergleichen  keine  Ursache  darzu  geben. 

[Eingehende  Untersuchung  und  gerechte  Entscheidung  von  Bechtssachen  der 

Unterthanen.] 
Wann  die  underthanen  sachen  mitt  frembten  oder  under  sich  selbsten 
haben,  soll  der  Eegent  alle  beide  partheyen  gerne  hören,  nach  befindung  die 
Sachen  für  sich  selbsten  ziehen  oder  an  die  Cantzley  weisen;  ist  sie  bey  dem 
herrn  erst  angebracht,  soll  er,  ehe  die  urthel  verfast  oder  publicirt  wirdt,  sich 
aus  den  actis  referiren  lassen,  die  acta  darbey  haben,  das  er  sehe,  ob  den 
actis  gemäss  referirt  worden,  welches  auch  bey  appellationen,  so  an  ihn  ge- 
langen, inn  acht  zu  nemmen,  undt  fleissig  darvor  sein,  das  die  appellationen 
von  Beampten  oder  Cantzleyen  nicht  gehindert  oder  die  gravirte  nicht  ab- 
geschreckt werden  zu  appelliren ;  uiult  kann  dasselbe  nicht  f üglicher  geschehen, 
als  wann  ein  herr  iedermann  gern  höret  undt  die  landtvisitationes  oft  fürnimbt, 
davon  hernach  mehreres  folgen  wirdt.  Da  sich  finden  solte,  das  von  Rhäten 
oder  Beampten  die  leut  vom  herrn,  selbigem  selbsten  zu  clagen,  weiten  ab- 
gehalten werden,  ist  es  ein  anzeig,  das  sie  inn  ihrem  gewissen  überzeugt  sein, 
das  sie  unrecht  gethan  haben;  derowegen  das  urthel  zu  reformiren  ist.  undt 
hatt  ein  Jlerr  mitt  moderatem  ernst  dasselbe  zu  anden;  da  aber  starcker  dolus 


•'^)  Es  luiudelt  sieb  um  eine  Fürderunjj. 
^*)  Vom  Grafen  niclit  ausgefüllte  Lücke. 


84 

tlarbov  gospüret  \\\Y(\t.  ornstlu-h  zu  straftVn  undt  des  iliousts  zu  entsotzon.  daniitt 
nicht  t\vr  annvn  seufzen  auf  ihn  selbsten  fallen,  undt  er  frombte  schulde  tragen 
müssen.  Wenn  auch  sclum  secunduni  acta  et  probata  judicirt  worden,  undt 
sich  findet,  das  der  coudeniuirte  aus  einfalt  seine  sach  nicht  recht  forbracht 
oder  sein  advocat  der  saehen  nicht  gewachsen  oder  falsch  gewesen,  können 
undt  sollen  die  Khät  oder  nach  erheischender  notthurft  der  Herr  selbsten  die 
acta  revidiren.  auch  ex  officio  des  laedirten  einfalt  suppliren,  undt  dem  armen 
geholfen  wi'rden:  undt  soll  sich  inn  diesem  fall  die  Obrigkeit  nicht  verdriesen 
lassen,  tleissig  zu  intjuiiiren.  Ich  hab  leutcn,  die  aus  melancholi  über  das 
xinnrecht.  so  ihnen  von  den  beampten  geschehen,  närrisch  worden,  durch  fleissigc 
nachforschung  geholfen:  undt  ist  es  eine  Obrigkeit  schuldig;  undt  da  es  nicht 
«'eschiehet,  hart  sie  es  für  Gott  zu  verantworten.  Darum  rhümet  sich  Iliob 
löblich,  wann  er  eine  sach  nicht  gewust,  hab  er  sie  erforschet;  ist  eben  was 
oben  stehet,  undt  hatt  selbige  das  ansehen  oder  affection  seiner  dioner  nicht  so 
hocl)  zu  achten,   als  die  Verantwortung  für  Gott. 

[Laml-V'n^itationen  zur  Untersuchung  der  VerualUmg  und  von  Lehre  und  Lehen 

der  Unterthanen .] 
Zu  rechter  erkundiguug,  wie  alles  im  lande  stehe,  wie  die  beampten 
haushalten,  wie  die  underthanen  inn  lehr  uudt  leben  sich  verhalten,  wie  die 
verrechnete  diener  mitt  einnehmung  der  renthen  verfahren,  ob  selbige  rcvJlich 
oder  nicht  mit  umbgehen,  ist  kein  bequemer  mittel,  als  das  die  herrschaft 
hindtvisitationen  anstellen  uudt  durch  unpartheische  diener  erkundigen. 

[].  In  Icirchllchen  Sachen.'] 
1.  Erstlich  wie  iedes  orts  Pfarhcn  bastelt,  ob  die  Pfarlierrn  from, 
Gottesfürchtig,  lehrhaft,  fleissig,  geschickt,  ob  sie  sich  mitt  ihren  Pfarkindern 
wohl  betragen,  ob  sie  fleissig  studiren,  wohl  undt  lehrhaft  predigen,  das  böse 
straffen,  vor  sünden  warnen,  selbsten  erbar  undt  exemplarisch  leben,  die  gemein 
erbauen  undt  nicht  ärgern;  ob  sie  zancksüchtig,  privatas  passiones  auf  die 
Cantzel  bringen,  den  biudtschlüssel  missbrauchen,  umb  gelt  oder  guust  willen 
die  vor  die  Obrigkeit  gehörige  delicta  verschweigen,  under  dem  scheine  der 
sündt  ruhen,  was  ihnen  zu  lioch,  straffen  undt  vertuschen ;  ob  sie  dem  wein  er- 
geben, faul  im  sru<liren  undt  predigen,  ob  die  superattendenten  umb  geschenck, 
freundtschaft  oder  anderes  nutzen  willen  ohngelärte  undt  untüchtige  zum  predig- 
anipt  Ijefördern :  ob  die  kirchengütter,  gebäw,  renthen,  allmosen  wohl  inn  acht 
genommen  undt  ausgetheilet  werden,  uudt  was  mehrercs  sein  kann.  Zu  dieser 
in(iuisition  stillen  nicht  allein  geistliche,  sondern  iedes  orts  bcampte  undt  iemandt 
von  «h'M  weltlichen  Jihäten  geordnet  werden,  wie  auch  wann  o'm  Syuodus  ge- 
halten wirdr.  iiiidr  --'nh  uiider  keinem  praetext  abweisen  lassen,  uudt  nicht 
allein  die  schulteisen  undt  gerichten,  sondern  auch  inn  Sonderheit  die  geringenn 
gehört  werden,  als  über  die  es  am  lufüsten  zu  gehen  pflogt;  undt  darmitt  manu 
auf  l)esseren  grundt  ko)iimen  möge,  kann  mann  olingewarut  öfters  eine  oder 
andere  pfarr  besuchen  undt  v<'rnemmen,  ob  die  leut  bey  vorigen  aussagen  ver- 
plciben  od(M-  ob  sie  praeoccuj/irt  gewesen;  solches  kann  durch  Superattendeuten, 
ln^^]lectores  mitt  zu/ichung  des  Amptmauns  vorgenommeu  werden. 


r> 


85 

[3.  In  iveltlichen  Sacheii.] 
2.  Inii  well  liehen  siiclien  sollen  die  Ix^iiinptcn  ieib's  orts  iinf'un^s  niclit 
iiiitt  zugezog'on  wcrdcui,  soiidcü'Ji  luunn  soll  (ü'stlicli  (M'kuiidi;^eii.  oli  sclbigu  ilir 
ampt  recht  verwalten,  ol»  sie  di(^  lierscluif'tliche  Jura  uiidt  grcntzen  gegen  die 
benachbarte  wohl  inn  acht  nenmien,  ob  sie  die  verliüren  Heissig  lialtcm,  ob  sie 
geschenck  nenmien  undt  das  strafbare  versclnveigen,  ob  sie  den  kleinen  wie 
den  grossen,  den  arnum  wie  den  reichen  hören  undt  reclit  schaffen,  ob  sie 
gewalt  braiiclioiu  ob  sie  iemaiiden  imib  neidt  oder  gewinn  unreclit  gethan.  ob 
sie  von  benacliliarten  gesclienck  niunnieii.  (itwas  zu  schaden  oder  nachtheil  der 
herrschaf't  oder  des  landes  liingeheu  zu  lassen,  ob  sie  die,  so  dnrcli  ilii'<'  urthel 
gravirt,  abschrecken,  das  sie  nicht  appelliren  dörfen  od(!r,  da  sie  >onsten 
ieniandt  g(^walt  gethan,  verweln-en,  das  sie  es  ilirer  Obrigkeit  iiidii  klagen 
dürfen,  ob  sie  ärgerlich  leben,  ob  sie  die  landrordnungen  H(!issig  inn  acht 
nemmen,  ob  sie  den  underthanen  gegen  ausländische  die  handt  gebührlich 
bieten,  was  sie  für  aniptgebülir  fordern.  Ob  sie  inn  kriegszeitcn  fleissig  für 
die  underthanen  reiten  undt  reden,  undt  was  etwa  niehreres  die  inquisition  an 
handt  geben  wirdt. 

[o.  Führung  der  Beamten?^ 

Bey  verrechneten  dienern,  ob  sie  der  Cainnierordnung  gemäss  die  renrhen 
einnehmen,  ob  sie  mehr  als  ihnen  gehört,  erheben,  sonderlich  bey  extraordinari 
anlagen,  ob  sie  die  ansätz  ersteigern,  ob  sie  geschenck  nemmen,  die  renthen 
anstehen  zu  lassen,  da  icli  dann  befunden,  das  die  underthanen  wohl  drey 
auch  viermahl  so  viel  umb  den  anstandt  geben,  als  sie  der  herrschaft  geben 
sollen,  undt  nicht  gemerckt,  das  sie  inn  vielmahlen  dasjeuig,  so  sie  der  herr- 
schaft auf  einmahl  geben  sollen,  den  dienern  so  vielfaltig  geben  haben,  auch 
ob  sie  von  den  underthanen  die  renthen  inn  groben  sorten  vermög  der  Canimer- 
ordnung  erheben,  hernach  aber  inn  schlechtem  gelt  der  herrschaft  verrechnen, 
dadurch  den  kaufleutten  aufwechseP^)  oder  different  (discorent?)  geben,  sie 
aber  den  aufwechsel  zu  ihrem  nutzen  gebrauchen :  ob  sie  die  fruchten  ge- 
häuft einnehmen,  hernach  aber  gestrichen  verrechnen.  AVo  dei'  überschus 
hin  kommen?  Ob  sie  ihre  fruchten  under  die  herrschaftliche  fruchten  mengiMi, 
darmitt  sie  ihre  schlechte  fruchten  mitt  den  gutten  herrschaftlichen  durch- 
bringen können  oder  gar  die  fruchten  allso  ronten,  das  sie  die  beste,  die 
herrschaft  aber  die  schlechteste  habe.  Ob  sie  bey  verlähnung  der  gütter,  ver- 
pfächtung  der  zehenden  oder  dergleichen  vortheil  zu  schaden  der  herrschaft 
brauchen,   undt  was  hiervon  im  dritten  thoil  mehrer(>s  folgen  wirdt. 

liey  den  beampten  und  dienern,  ob  sie  die  underthanen  initt  frohnen 
beschweren,  ob  die  landtbereiter  gleicheit  inn  bestelluiig  der  fronen  iialten.  ob 
sie  umb  gelt  oder  gunst  willen  einen  füi-  dem  anderen  vi'rschonen.  ob  die 
schulteissen  ihr  ampt  trewlich  verrichten  otler  einen  o(h'r  andern  beschweliren. 
ob  sie  bey  besthäuptern,  zehendtpfennig  undt  zollen,  weggelt  oder  dergleiclien 
underschleif  oder  untrew  suchen,  ob  sie  auf  die  wirtli.  anschneider  undt  der- 
gleichen aufsieht  haben    oder  durch  die  linger  sehen;    ob  sie  atteutata  der  be- 

^*)  =  agio. 


86 

naehbiirrou  vorsehweigen.  ol)  Ix'v  doiii  aussclms  einer  für  dein  andern  be- 
8ohwehrr  werde,  ob  sie  ihnen  nicht  zugt'hörige  gütter,  die  der  herrschaft  heinib- 
gefaliene  an  sich  ziehen  oder  gebrauchen,  ob  sie  witwen  uudt  Avaisen  inu 
acht  nemnien  undt  selbige  schützen  oder  drücken,  ob  sie  die  gemeine  gebäw, 
marck-  undt  grentzstein  inn  aclit  nennnen,  ob  sie  undt  die  Gerichte  den  ge- 
meinen ohnnöttige  uncosten  machen,  ob  sie  die  rügen  anzeigen  oder  verschweigen, 
ob  sie  gemeine  weg,  steig,  wasser,  weide  den  Ordnungen  gemäss  inn  acht 
nemmen  undt  was  dessen  int'lir  sein  mag. 

[4.  Sittliches  Verhalten  und  wirtschaftliche  Lage  der  Unferthanen.'] 
]iev  den  underthanen  innsgemein,  ob  sie  Gott  undt  der  Obrigkeit  getrew 
oder  nicht,  was  religion  sie  seyen,  ob  sie  die  kirchen  iun  oder  ausser  hmdt 
«»■ebührlich  besuchen,  ob  sie  wohl  oder  übel  haushalten,  ob  sie  vermöglich  oder  nicht, 
ob  sie  from  »idcr  böss,  verträglich  oder  zänekisch,  ob  sie  sich  redlich  uehren 
oder  auf  dieberey,  strassenrauben,  wiltpretschiessen  oder  unehrliche  handthierung 
sich  geben,  wie  sie  ihre  haushaltungen  anstellen,  ob  sie  mitt  den  ihrigen  ehrlich 
und  friedtlich  leben,  ob  sie  sich  mitt  den  nachbaren  wohl  vertragen  oder  gern 
haddern,  ob  sie  die  wirthshäuser  fleissig  besuchen  oder  ihren  häusern  wohl 
fürstelu'n.  wie  sie  ilire  häuser  undt  gebäw  inn  acht  nemmen,  ob  sie  mitt  fuhren 
oder  handt  frohnen,  wie  sie  bespant,  ob  sie  ihre  frohnen  fleissig  undt  willig 
verrichten,  ob  sie  beim  ausschus  seyen,  wie  sie  bewehrt,  ob  undt  was  für 
herren  gütter  inn  ihrer  gemarckung,  was  für  ausgestorbene  undt  der  herrschaft 
heimbgefallene  gütter  allda  seyen,  wer  sie  brauche,  wer  die  zehenden  allda 
habe,  ob  sie  verlehnt  oder  gehoben  werden,  wie  viel  gütter  er  habe,  ob  er  sie 
von  seinen  eitern  oder  andern  ererbt,  ob  er  gütter  erkauft,  von  wem?  was  für 
freye  gütter  bey  ihnen,  wem  sie  zustehen  undt  woher  sie  frey  seindt;  ob  auch 
frombte  oder  einheimische  sich  des  weidtwercks  heimblich  oder  oft'entlich  ge- 
brauchen undt  woher  sie  es  berechtigt,  ob  es  schulteissen  oder  andere  gewust 
undt  zugelassen  undt  verschwiegen,  ob  sie  den  beamptou  undt  Khäten  mit  ge- 
schencken    boKoguen    müssen. 


"O^O" 


[Verfahren  bei  den  Latidvisitationen.'\ 
Zu  solcher  Inquisition  sollen  neben  den  beampten  iedes  ampts  (welche, 
wie  oben  gedacht,  wann  auf  ihr  thuu  inquirirt  wirdt,  anfangs  nicht  darbey  sein 
sollen)  herrschaftliche  Rhäte  undt  diener,  auch  nach  befindung  der  qualitäten 
undt  redligkeit  andere  ohnpartheischc  zugezogen  undt  zu  dieser  sach  beeydigt 
werden,  alles  fleissig  protocoUiren  undt  niemandt  durch  die  finger  sehen,  auch 
die  underthanen,  so  befragt  werden,  für  dem  fragen  undt  eydt  für  meineidt 
fleissig  zu  warnen  mitt  der  betrohuug,  das,  wann  sie  bey  künftigen  Visitationen 
oder  sonsten  falsch  gefunden  werden,  sie  schwerer  straf  gewärtig  sein  sollen, 
auch  Versicherung,  wann  sie  redlich  heraus  gehen,  das  sie  für  niemandt  sich 
sollen  zu  fürchten  haben,  wie  dann  auch  ohne  ansehen  der  person,  diejenige, 
so  falsch  gefunden  werden,  hart  zu  straffen  seindt,  undt  können  die  landtvisi- 
tatores  zwar  xmi  iedf^r  gemein  (jder  schulteiss  undt  gerichten  die  designation 
der  gütter  undt,  was  weiter  hieoben  gedacht,  erfordern,  hernach  ahvY  die  ge- 
meinen ieden  absonderlich    darüber  hören,    auch    selbsten  den  augenschein  ein- 


87 

noinnien,  wo  sie  einiges  duhium  imi  der  sachon  liabon.  Von  ilivcr  vrrrichtuno- 
haben  sie  der  Herrschaft  schriftliche,  wohl  sjuMuficii-to  relation  zu  thun,  imdt 
selbe  bey  dem  archiv  wohl  zu  verwahren,  undt  scindt  soIcIk;  inciuisitionen  oft 
zu  wiederholen,  wo  nicht  allentJuilben,  doch  hin  undt  her,  dainitt  die  leut  nicht 
sicher  werden,  sonderlich  wann  (!twa  verdacht,  das  es  nicht  i-eclit  iiergangen 
seye  oder  ein  oder  anders  wieder  Verordnung  eingeschlichen,  sich  ereignet.  Ich 
hal)  auch  diese  weise  gehalten,  das  ich  beyni  weidewcrck  oder  sonsten  mit 
den  uiulerthanen  gespräch  gehalten  undt  viel  erfahren,  das  mir  wohl  bekommen 
undt  sonsten   vertuscht    worden  were,    dessen    sich  kein  herr  zu  schewen  hatt. 

[ZiicJit  der  Beamten.] 

Wann  bey  solcher  landvisitation  befunden  wirdt,  das  beampte,  Jihiite, 
scliulteisen  oder  gerichtcn  ihres  ampts  missbraucht,  kann  nach  der  grosse  des 
Verbrechens  die  remediruug  undt  bostraffung  vorgenommen  werden,  undt  hatt 
die  Obrigkeit,  die  armen  gegen  unbilligen  gewalt  zu  schützen,  von  Gott  scharpf(> 
befehl,  betrohungen  undt  straffem  iiin  Gottes  wort  vielfältig,  undt  da  sie  zu 
viel  nachlasset,   nimbt  sie  die  Verantwortung  für  Gott  auf  sich. 

Den  Rhätcn,  ober-  undt  underbeampten  muss  zwar  ihr  respect  erhalten 
werden,  darumb  auch  nicht  leichtlich  iedermann  gegen  sie  zu  glauben,  ddch 
muss  verhütet  werden,  das  sie  nicht  zu  streng  gegen  die  underthanen  ver- 
fahren, derowegen  ein  herr  solche  leut  zu  ßhäten  und  beamptcii  zu  suchen,  die 
nicht  zu  jung,  Gotsförchtig,  redlich,  nicht  geitzig,  gelahrt  oder  wenigsten  so 
viel  studirt,  das  sie  die  landtordnungen  inn  aclit  zu  nemmen  wissen;  kann 
mann  leut  zu  Amptleuten  haben,  die  Soldaten  gewesen,  können  sie  inn  kriegs- 
zeitten  wohl  dienen  undt  haben  bessern  zutritt  bey  hohen  officirern,  Rhäte  ab(M' 
müssen  gelahrt  sein,  wann  sie  rechtsprechen  oder  dem  lierrn  Rhateu  undt  inn 
Processen  dienen  sollen.  Ich  hab  zwar  auch  leut  gesehen,  die  aus  langer 
experientz  grosses  gethan,  da  sie  doch  nicht  studirt  gehabt,  wirdt  aber  schwer, 
undt  können  inn  processen  keine  feder  ansetzen. 

\_VerhaUms  des  Herrn  zu  seinen  Beamten.'] 

Es  soll  ein  herr,  der  seiner  Rhät  undt  Beampten  trew  undt  fleiss  spüret, 
selbige  inn  ehren  haltcm.  ihres  rahts  pflegen,  demselben  inn  billigen  dingen 
folgen,  ihre  trew  undt  fleiss  recompensiren,  aber  sie  nicht  lassen  seine  herrn 
werden ;  dero  trew  undt  fleiss  kann  er  nicht  besser  erfahren,  als  wann  er  sclbsten 
im  studiren  sich  so  befleissigt,  das  er  selbsten  judiciren  könne,  ob  sie  wdhl 
od(;r  übel  hausen,  undt  dann  durch  Visitationen,  appellationen  undt  dergleichen, 
auch  durch  discurs  mitt  den  underthanen  ihr  thun  erfahren.  Es  soll  auch  ein 
herr  keinen  von  den  Khäten  dem  andern  underwerfFen,  sondern  ieglichem  inn 
seinem  thun  schützen  undt  handthaben,  auch  so  viel  möglich  selbsten  inn  der 
Cantzley  sich  finden  lassen,  selbsten  die  partheyen  hören  undt  mitt  Rhat  der 
Rhät  die  sachen  decidiren,  gibt  ursacli,  das  die  Rhäte  desto  behutsamer  undt 
fleissigcr  werden;  wann  bissweilen  die  vota  ditt'erent  fallen  oder  der  Herr  ver- 
meint, das  er  es  besser  trofl'en  habe,  thut  er  nicht  wohl,  wann  er  auf  eigener 
opinion  bestehet,    sondern    besser,    wann  er  anderer    erfahrener    leut    Judicium 


88 

darüber  eiuholot,    dasselbe  mitr    seineu  Rhäten    überlegr    undt    dann    das  beste 
wehlet. 

Sonderlich  suU  er  sich  liütten,   das  er  nicht  alles  allein  an  die  diener  hencke 
undt    seiner  kurtzweil    abwarte    oder  massig  gehe    oder    sich    so  gar    au  einen 
dii'ner  hencke.   das  er  ihnc  undt  er  selbsteu    sich  für  necessariuni  halte.      Wie 
schädlich  es  herrn  undt  dienern  scye,   weisen  die  alte  undt  uewe  exenipla.   das 
herrn  inu  höchste  Verachtung  darüber  kommen,   die  diener  insolent  worden,   den 
herrn  vrracht,    gourmandiret.  höhere   selbe  bestochen,    das  sie  untrew  worden, 
auch  selbige    trewe  diener  undertrückt,   fälschlich  angeben,    undt  auch  so  weit 
trebracht.    das    selbe    endtlich  mehr    absehens    auf    den  dienern    als    den  herrn 
gehabt,    redlichen    herren    undt  underthanen  undertrückt,    verrahten    undt  unn- 
schuldige  diener  undt  underthanen  umb  das  ihre  gebracht,   auch  wohl  gar  umbs 
leben:    was    schwere    Verantwortung  das    für  Gott  gibt,    wie  veracht    ein  herr 
darüber  wirdt.    ist  theils  zuvor  gedacht,    undt  weiset  die  erfahr ung,    das  wann 
mann  zu  spat    liatt    remediren  wollen,    das  sie  gar  die  herrn    aus  dem  weg  zu 
räumen  gesucht.     Ich  bin  dessen    ein    lebendiger  zeuge,    weiln    ich  nicht  mich 
allso  submittiren  wollen,  ist  Uneinigkeit  imm  haus  gestift,   mir  nach  dem  leben'*) 
gestanden  worden ;  die  semina  discordiae  blühen  noch,   so  solche  leut  inns  haus 
gesäet,    die  sich  bey  theils  herren  haben  necessarios  gemacht,    undt  mich,   der 
ich  mich  ihnen  nicht  undergeben  wollen,   aufs  eusserst  verfolgt,   es  ist  aber  an 
ihren  nachkommen  zu  sehen,   wie  es  Gott  gefallen.    Es  thut  ein  herr  wohl,  wann 
er  gegen    seine    diener  affable  ist,    er  muss    aber  niclit    zu  gemein  mitt    ihnen 
werden,   sondern  seinen  respect  darbey  erhalten. 

[Verhältnis  zu  Kaiser  und  Iieich.'\ 
Gegen  iedermann  soll  ein  herr  wissen,  wie  er  sich  verhalten  solle,  gegen 
höhere,  gleiche,  geringere;  zuvorderst  hatt  er  seinen  schuldigen  respect  gegen 
seinen  Keyser  zu  erweisen :  inn  allen  dingen,  so  nicht  w-ieder  Gott  undt  die 
Reichsplichten^')  lauffen.  soll  er  allen  gehorsamb,  trew  uudr  lieb  erweisen,  sich 
nicht  under  die  aufrürischen  mengen,  gern  zu  assistentz  gegen  des  Keisers 
undt  Reichs  feindt  das  seinige  anwenden,  nicht  zugeben,  das  die  seinige  un- 
gebührlich gegen  J.  K.  M.  reden,  weniger  sich  zu  Reichsfeinden  diensten  wenden 
undt  in  allen  dingen  sich  als  ein  gehorsamen  Reichsstandt  erweisen.  Da  auch 
wieder  das  Rcicli  undt  dessen  freyheit*^)  etwas  vorgenommen  würde,  es  nicht 
mitt  ungestüm  auf  nmhtmassungen  allso  balde  eifern,  weniger  sich  an  frembte 
potentaten  liencken,  sondern  so  viel  möglich  sich  gedulden.  Da  aber  eine  ge- 
meine Reichssach  oder  der  Religion  darauss  würde,  sich  seiner  Reichspflichten 
erinneren  undt  sein  Yatterlandt  retten  helfen,  inn  Religionssachen  sich  zu  dem 
pAangelischen   corpore  halt(!n. 

[Verhältnis  zu  den  Reichsständen ^ 
Gegen  die  Reichsstände    soll  er  sich  allso  verhalten,    das  er  einem  ieden 
seinen  gebürenden  respect  gebe,   höhere  ehre,   mitt  gleichen  sich  wohl  betrage, 

'*)  Das  Nähere  ist  noch  nicht  bokaiin^t. 

")  So! 

^"j  Vom   KaiHer  also  doch   wohl  I 


89 

gegen  geringere  sich  freundtlicli  erzeige,  Ijey  allen  fricidtlich  undt  nachbarlich 
sich  verhalte,  keinem,  soviel  an  ihm  ist.  /u  unwilloii  ursach  gebe,  sondern 
allezeit,  wo  es  sein  kann,  den  glinipf  zu  erhalten  suche,  doch  allso,  das  er 
mitt  guttem  sein  recht  undt  respect  erhalte  undt  si<-li  nicht  eben  undcirtrückeu 
lasse;  thut  ihm  ein  mächtiger  nachbar  gewalt,  suche  er  erstlich  die  glitte,  inn 
deren  Verweigerung  das  recht,  nach  denn  die  sach  ist,  durch  kayserliche  com- 
mission  oder  processen  sein  recht  zu  salviren.  Es  ist  leider  bey  unnser  ietzigen 
Reiclisjustitz  das  bandt  für  den  äugen  hinweg,  oder  doch  von  flor  oder  Cammer- 
duch  gemacht,  das  mann  dardurch  leicht  sehen  kann,  undt  muss  mann  sein 
recht  thewer  kauften;  nuinn  muss  sich  aber  inn  die  Zeit  schicken,  dan  es  ist 
böse  Zeit,  undt  die  ietziger  Zeit  gebräuchliche  mittel  zu  gebrauchen  nicht  ver- 
gessen undt  nniss  hier  heissen:  cede  majori. 

Gegen  gleiche  kann  mann  sich  aller  civilität  gebrauchen;  wollen  sie  sich 
aber  nicht  zu  ruhe  geben,  hatt  mann  die  von  Gott  verliehene  mittel  zu  l)rauchen 
undt  gewalt  gewalt  entgegen  zu  setzen,  undt  rechtliche  mittel  zu  gebrauchen, 
dann  es  kann  nicht  allezeit  gegen  einen  aggressorem  das  recht  erwartet  werden 
et  vim  vi  rcpellere  licet. 

Gegen  geringere  kann  mann  freundtligkeit  gebrauchen,  aber  keinen  ver- 
achten oder  zu  drücken  suchen,  sondern  gedencken,  das  unns  Gott  alle  ge- 
schaffen undt  nicht  erlaubt,  seiner  macht  zu  missbrauchen,  sondern  es  heist 
minori  parce,  auch  muss  mann  nicht  all  zu  geschwindt  umb  liederlicher  ursach 
willen  gleich  zu  harten  mittein  greiffen,  sondern  selbige  erst  von  ihrem  unfug 
abmahnen;  will  es  nicht  helfen,  kann  mann  seiner  mittel  gebrauchen. 

[Verhältnis  su  fremden  Potentaten.] 

Gegen  frembte  potentaten  muss  mann  sich  allso  verhalten,  das  sie  keinen 
praetext  haben  zu  einigem  unnwillen ;  will  es  nicht  helfen,  muss  mann  kayser- 
liche undt  Reichsmanutenentz  suchen  und  gebrauchen.  Es  ist  aber  leider  dahin 
kommen,  das  es  heist:  wer  reit,  der  reit,  wer  leit,  der  leit'') ;  doch  muss  mann 
thun,  was  mann  kann,  undt  Gott  vertrawen,  der  der  könig  hertzen  inn  seiner 
handt  hatt  undt  leitet  sie,  wie  er  will.  Inn  gemein  muss  mann  sie  recht  sal- 
viren undt  nicht  begeben,  auch  nach  vielen  Jahren  kann  es  Gott  endern;  was 
aber  begeben,  ist  weg. 

Inn  krieffszeitten  hatt  man  sich  woiil  fürzuselicn,  das  mann  dardurch 
nicht  aufgerieben  werde. 


\_Kriegc  mit  dem  Ausland.'] 
Die  krieg  seindt  zweyerley :  eusserlicho  undt  innerliche.  Bekombt  das 
Reich  mitt  ausländem  zu  thun.  kann  kein  Reichsstandt  sich  mitt  guttem  ge- 
wissen undt  ehren  vom  Reich  separiren,  sondern  ist  schuldig  das  seine  nach 
vermögen  anzuwenden,  das  dem  Reich  kein  schaden  entstehe,  docli  mitt  di'r 
bescheidenheit,  das,  wer  auf  den  grentzen  ist,  so  lang  gutte  wort  gebe,  biss 
er  succurrirt  oder  erledigt  werden  kann. 


^)  Wer  reitet,  der  reitet,  wer  liegt,  der  liegt. 


90 

Hart  Krtvsorliohe  Maysr.  krieg,  so  seiudt  sio  entweder  wegen  der  crb- 
hinden  oder  des  Reichs.  Ist  es  das  erste,  liatt  mann  zu  sehen,  wie  weit  das 
Reich  sich  einniisrliet.  undt  vun  selbigem  sich  nicht  zu  separiren;  doch  tluit 
manu  nicht  uhcl,  wer  es  vermag  undt  dem  feindt  nicht  zu  nahe  ist,  das  mann 
auch  extraordinari  dienst  thue.  Ist  es  wegen  des  Reichs,  ist  mann  schuklig 
sein  eusserstes  darbey  zu  rlum.  doch  mitt  obgedachter  beschcidenheit:  dann 
wann  mann  allein  über  vermögen  thun  will,  ist  es  eine  tohrheit,  sonderlich 
wann  mann  nicht  kann  geschützt  werden.  Ist  es  gegen  den  erbfeindt,  thut 
ein  ieder  withU  der  seinem  Kayscr  dienet  undt  seine  mitt  Christen  rettet ;  undt 
kann  ich  gar  nicht  approbiren,  das  mann  aus  einer  Jalousie  gegen  den  Kayser 
die  Türeken  solle  solche  progress  thun  lassen,  das  er  das  Reich  desto  leichter 
überschwemmen  könne. 

[Kriege  im  Innern  des  Reiches.     Kurzer   Überblick  über  den   Verlauf  des 

30jährigen  Krieges.'] 

Gibt  es  innerliche  krieg,  hat  mann  sich  am  meisten  vorzusehen:  dann 
diese  die  gefährligste  seindt. 

Selbige  entstehen  entweder  wegen  der  Religion  oder  aus  anderen  prae- 
tensionen.  Es  haben  bey  dem  dreyssigjährigcn  krieg  sich  die  Reichsstände  inn 
drey  theil  getheilet,  etzliche  als  inns  gemein  die  Romisch-Catholische  haben 
under  dem  praetext  den  Kayser  gegen  die  Böhmische  unruhe  zu  assistiren,  eine 
Ligam  gemacht  undt  verhoft,  das  Evangelium  auszutilgen,  denen  sich  etliche 
Evangelische  umb  anderer  respect  willen  zugesellet. 

Etzliche  Evangelische  haben  sich  mitt  den  genanten  Reformirten  inn  eine 
Vnion  begeben,  das  zwar  vermuthete  Reformationswesen  undt  politische  gra- 
vamina  zu  verhütten,  aber  zu  frühe;  undt  ist  das  bandt  gar  baldt  zurissen, 
weiln  mann  Gott  mehr  im  nmndt,  die  stiftor  aber  im  hertzen  gehabt,  dero- 
wegen  mein  inn  Gott  ruhender  horr  vatter  nichts  hart  wollen  darmift  zu  thun 
haben*") ;  darüber  er  zwar  von  beiden  theilen  hart  mitt  genommen  worden, 
aber  von  seiner  beständigen  trew  nicht  weichen  wollen. 

Etliche  seiudt  neutral  blieben.  Anfangs  haben  die  Römisch-Catholische 
grosse  sincerationes  gcthan,  das  sie  nichts  zu  nachtheil  der  Evangelischen  zu 
thun  gedächten;  als  sie  aber  die  uuion  zutrennet,  Pfaltz  aus  Böhmen  ge- 
jagt, die  noch  assistirende  geschlagen,  haben  sie  den  mantel  aufgedeckt  undt 
die  Religion  angegriffen  undt  seindt  so  verbleut  gewesen,  das  sie  nicht  ge- 
merckt,  das  manu  durch  den  hertzog  von  Friedlandt  das  Reich  inn  einen  andern 
model  zu  giessen  Vorhabens  gewesen,  wie  dann  nicht  allein  der  obgedachte 
General  selbsten  solches  öffentlich  gesagt,  sondern  auch  der  Kayser  selbst, 
welches  zween  Mayntzische  Capitulare  gehört  undt  gehöriger  orten  avisirt, 
welches  die  Catholische  Jjigam  alarmirt,  die  des  Tilli  armee  versterckt,  auch 
mich  Selbsten  etlich  tausendt  mann  auf  zu  bringen*')  ersucht  haben,   dessen  ich 


*")  Vgl.  Schliopliake,  VI,  418  ff. 

*')  Vgl.   Keller,  Drangsale,    S.  143,    ohne   jedoch    genügende    Aufklärung   über    diesen 
Punkt  zu  geben. 


91 

hedcnckens  g(!lial)t,  ^voilll  es  keim'  ^ciiicinc  Koiclissadi  gewesen.  Es  ist  ihnen 
aber  auch  dazumahln  wieder  solche  starke  hofnung  zu  der  Reformation  undt  der 
Evangelischfm  güttern  gemacht  worden,  das  sie  wiederumb  geholfen  iiir  eigen 
verderben  zu  befördern,  undt  d(m  Churfürsteii  zu  Sachsen  attacjuirt,  als  den 
einigen  Evangelischen,  so  noch  nicht  ruinirt  gew(!sen;  haben  zwar  es  dahin 
bracht,  das  der  Friedtländer  abgescluift  undt  die  Kayserlichc^  arniee  wold  umb 
die  helft  abgedanckt  unilt  in  Pohlen,  Italien  undt  Niederlanden  verschickt 
worden,  da  sie  dann  starck  hin  niarchirt,  aber  wenig  wiederkommen.  Als 
mann  den  Evangelischen  so  deutlich  dies  vorhaben  entdeckt,  haben  sie  sich 
anno  1()81  zu  Leipzig  zusammen  gethan  undt  einen  schlus  g(!macht,  der  zwar 
nicht  gar  wohl  gefast  gewesen  —  dann  es  w'aren  scopae  dissolutae  —  ieden- 
noch  zu  etwas  armatur  ursach  gegeben,  darzu  dann  der  König  inn  Schweden 
kommen ;  undt  obschon  beide  Churfürsten  von  Sachsen  undt  Brandenburg  anfangs 
demselben  König  keinen  pass  Magdeburg  zu  entsetzen  geben  wollen,  hatt  sie 
aber  Tilly  gezwungen,  mitt  dem  König  zu  coujuugiren,  dann  Leipzig  ein- 
gcnonmien  undt  weiter  inns  landt  gehen  wollen:  als  aber  die  Leipziger  erste 
Schlacht,  Avic  bekant,  abgangen,  hatt  der  König  den  Mayn  undt  Rheinstrom 
fast  ohne  resistentz  occupirt,  auf  die  Donaw  gangen  undt  München  ein- 
genommen, darüber  die  Catholischc  Liga  gar  zu  grundt  gangen  were,  ^vann  der 
Privatus  nicht  den  vorzug  für  dem  Publice  gehabt  hette.  Nach  des  Königs 
todt  hatt  mann  den  Heilbronnischen  bundt  gemacht,  da  dann  die?  privat 
respecten  undt  das  Französische  geldt  viel  böse  consilia  suppeditirt,  deren  ich 
etliche  verhüttet,  etzliche  aber  aufgehalten ;  undt  ist  die  Ketzerey  der  Donatisten 
Politisch  worden,  undt  hatt  ein  iedweder  donationen  undt  pensionen  haben 
wollen,  hingegen  nichts  bey  dem  gemeinen  wesen  gethan.  Ich  hette  das  ding 
auch  haben  können,  aber  ob  es  mir  auch  obtrudirt  werden  wollen,  hab  ich 
nichts  angenommen,  sondern  allein  meiner  religion  undt  vatterlandts  bestes 
gesucht:  undt  ist  der  übermuht,  bossheit  undt  untrew  so  gross  worden,  das 
Gott  durch  die  Nördlinger  schlacht  anno  1634  hatt  straffen  müssen,  dardurch 
viele  landt  undt  leut  mitt  dem  rücken  ansehen  müssen,  welches  mich  unschuldig 
betroffen.  Da  ist  es  erst  bundt  hergangen,  der  Churfürst  von  Sachsen  hatt 
durch  den  schändtlichen  Prager  Frieden  die  vornembste  Chur  undt  Fürsten  irr 
gemacht,  das  sie  baldt  diese,  baldt  jene  partie  angenommen.  Die  Schweden 
haben  inn  den  Sächsischen  Greisen  sich  verstärckt  undt  biss  naher  Wien  durch- 
gtrungen.  Ilcrtzog  Beruhart  zu  Sachsen  AVcinimai'  hatt  am  Rhein  agirt,  die 
Frantzoseu  an  sich  gezogen;  undt  nach  seinem  todt  liulx'ii  die  Frantzosen  selbe 
Kutte  Völcker  anoenommeu  und  durch  das  Reich  inn  allen  Greisen  neben  den 
Schweden,  Lünenburgischen  undt  Hessen  so  weit  victorisirt,  das  endlich  die 
Friedenstractaten  inn  Westpfahleu  haben  müssen    an   handt  genommen  werden. 

\yerte\d\(jung  seiner  Stvllioii/  i»  diesem  Kriege.] 

Diesen  kurtzen  extract  eines  laugwürigen  kriegs,  so  gantz  Europam  inn 
einander  verwickelt,  hab  ich  zu  dem  ende  hierinn  gesetzt,  das  mann  sich  für 
begangenen  fehlem  hütten  undt  künftig  klüger  handlcn  möge.    Es  ist  bey  dem 


92 

in  anno  1548")  und  ht-rnach  geführten  Roligii>nskriog  nicht  aniU'rsr  zu  gangen 
undr  ilardurch  goschelR-n.  das  cino  gutte  sach  übel  abgelauffen;  mann  hatt 
dazunuililn  darfui  gohalton.  das  manu  sich  nicht  wieder  ahubilligeu  gewalt  gegen 
den  Kayser  schützen  könne,  darunib  den  Kayser  einseitig  des  Reichs  entsetzen 
undt  uicht  mehr  deu  kayserlicheu  titul  geben  wollen,  sondern  Carln  von  Gent  ge- 
nennet, undt  ahnerwartt  geNvalts  offensive  gangen:  war  nicht  wohl  angefangen 
umlt  ahnglücklich  geendet.  Anno  IG^;')  waren  die  gemüther  nicht  besser  gestelt 
undt  wulte  mann  auch  dem  Kayser  absagen,  ich  hab  aber  mich  darwieder 
gesetzt  uudt  verwehret,  das  es  nicht  geschehen;  hab  zwar  bey  den  Schweden, 
Frantzosen  undt  bösen  teutschen  wenig  danck  verdient,  aber  justitiam  causae 
gerett.  Meine  consilia")  sindt  dahin  gaugt'n,  das  mann  sich  inn  gutte  defensions 
postur  stellen.  Kays.  Mayst.  mitt  allen  möglichen  remoustrationen  das  hertz  zu 
einem  billigmässigen  frieden  erweichen,  der  Catholischen  Liga  aber  mitt  solcher 
resolution  under  äugen  gehen  möge,  das  sie  von  ihrem  ihren  mittständen  zugefügter 
gewalt  abstehen  undt  die  Evangelische  mitt  sieh  inn  gleichem  gradt  der  imme- 
dietät  undt  religinns  freiheit  bleiben  lassen  mögten,  undt  alle;  occasionen  zu 
einem  reputirlicheu  frieden  annehmen  undt  selben  aufs  möglichts  befördern 
mögte.  Im  9.bri  1633  jähre  hatt  der  König  inn  Dennenuirck  sich  zu  einem 
interptinenten  offerirt.  ist  auch  pro  forma  angenommen  worden,  aber  mitt 
solchen  conditionen.  das  mann  sie  einem  inn  fessel  undt  banden  liegenden  nicht 
wohl  ärger  machen  könte;  als  ich  es  anhörete,  sprach  ich,  das  were  nur  schertz, 
moinete  nicht,  das  verständige  leut  dergleichen  würden  auskommen  lassen; 
wurde  mir  zur  antwort.  andern  theils  hette  mann  es  anno  IGol  auch  so  ge- 
macht: als  ich  replicirte.  ob  sie  recht  daran  gethan  undt  nutzen  darvon  ge- 
habt, wurde  von  einem  geantwortet,  manu  müste  es  ihnen  zwiefaltig  machen 
nach  ihrer  bossheit;  ein  anderer  fragte  alle  donatarios,  ob  sie  gedächten  etwas 
von  den  donationen  zurück  zu  geben,  er  wolte  leib  undt  gutt  aufsetzen,  ehe  er 
etwas  zurück  lassen  wolte,  das  der  redtliche  König  inn  Schweden  undt  die 
Cron  ihme  geben  hetten;  krigte  von  alUni  politischen  Douatisten  den  zufall. 
Ich  fragte,  ob  er  das  auch  über  ein  Jahr  noch  einmahl  sagen  wolte.  Er:  ja, 
ich  aber:  wolten  einander  gemahnen,  ehe  das  Jahr  umb  wäre,  undt  bäte  es  ad 
protocollum  zu  nemnien:  nach  dreyen  viertel  jähren,  als  die  Nördlinger  schlacht 
geschehen.  Ii;ili  iili  ihn  inn  gegenwart  Fürsten,  Graffen  undt  lierrn,  auch  vieler 
abgesandten  erinnert,  ob  er  noch  so  hertzhaft  were  als  vt)riges  jähr:  da  seine 
antwort  gewesen:  wann  er  das  seine  erhalten  könte,  wolte  er  die  hosen  ab- 
ziehen undr  dio  Olöster  besudeln  undt  sagen:  nemmct  ewcre  beschissene  Clöster 
wieder,  worauf  ich  ihme  sein  ahnbesoimenheit  vorgeworfen,  dardurch  er  mich 
undt  das  gantze  Keich  inn  clcndr  gesetzt.  Solche  böse  consilia  haben  mich 
bewogen,  das  ich  nicht  mehr  darboy  sein  wollen;  darauf  mann  mir  das 
commando  an  niedern  RIkmu  aufgel)ürdet.  Es  ist  aber  durch  der  Frantzosen 
pensions  das  werck  allso  verwirrest  worden,  das  keiner  ein  wort  im  Rhat  reden 
ktinnen.    das  nicht   ihnen  allsobaldt  zu  gebracht  worden,   aucii  durch  grosse,   zu 


**)  Mufis  heissen  1546. 

")  Vgl.  Keller   ii.  u.  ( >.  S.   11)0  f. 


93 

doron  vorunf^rmipfiing  so  rodlicho  consilia  f^^ofülirot,  so  o;av.  das  mir  der  König 
inn  Pranckrcicli  solbstcu  vorgüworft'en,  das  nicinandt  seiuon  intontionen  so  hurt 
sieh  wicdcrsotzot,  als  ich,  woh'hes  ich  so  wcuig  gch'ugncit  als  zuvor  dem 
Oclisonstirn,  Schwodischen  Itcichs  Cant/lor,  inn  gloichoni  casu,  undt  regorirt, 
das  ich  als  ein  toutscher  patriot  für  mein  vatterlandt  gcredt,  wie  andere  für 
ihr  Interesse;  undt  hcttc  der  König  meinem  ralit  gefolgt,  were  es  beiderseits 
besser  abgangen,  welches  er  auch  erkant  undt  übel  mitt  seinen  gesandten  zu- 
frieden gewes(>n,    das  sie  nicht  besser  berichtet. 

[Schiricri(/e  Lage  der  kleinen  Fürsten :  bewaffnete  Neutralität  ist  das  Beste. 
Sein   Wahlspruch:  nee  temere,  nee  ti)nide.~\ 

Dcrolialbon  liatt  mann  sich  bey  innerlichen  kriegc^i  Wdlil  für  zu  sehen, 
das  manu  den  respect  des  Oberhaupts,  so  viel  gewissens  halben  sein  kann,  inn 
acht  nemme,  sich  nicht  durch  muhtmassungen,  privat  considerationen  oder  be- 
gierde  etwas  an  sich  zu  bringen  betriegen  lasse,  wieder  selben  sich  aufzulehnen, 
sich  leiden,  so  lang  es  sein  kann.  Da  aber  eine  solche  sach  vorfiele,  da  mann 
die  religion  zu  tilgen,  die  Reichs  freyheit  zu  undertrücken  understünde,  kann 
mann  sich  gewissens  halben  nicht  vom  Evangelischen  corpore  oder  dem  Reich 
separiren,  sich  aber  erinnern,  das  mann  sich  nicht  under  die  aufrührischen 
mengen  solle,  weniger  under  dem  vorwandt  der  religion  undt  des  Reichs  wohl- 
fart,  privat  passionos  oder  begierde  zu  anderer  leut  gütter  etwas  wieder  den 
Kayser  oder  seine  mittstände  zu  machinireu  gelüsten  lasse;  dann  Gott  lasset 
es  nicht  ungestraft,  sondern  manu  muss  leiden,  biss  causa  comnumis  wneder  die 
ohnbilligkeit  esclattirt  undt  Gottes  ehr  undt  die  Reichspflichten  darzu  neccssi- 
tircn,  doch  allezeit  den  respect  des  Oberhau})ts  so  viel  möglich  inn  acht  nemmen, 
allezeit  zu  sicheren  reconciliationsmittcln  rahten  undt  mittel  zu  einem  sicheren 
frieden  suchen.  Biss  selbiger  erlangt  werdim  kann,  nmss  mann  sich  so  gutt 
möglich  inn  Verfassung  stellen,  dauu  inermis  ab  armato  sich  leges  muss  für- 
schreiben lassen,  aber  nicht  zuviel  auf  die  waffen  trawen,  das  mann  deswegen 
ehrliche  undt  billige  conditionen  zum  frieden  zu  gelangen  ausschlagen  wolte; 
dann  der  oberst  frieden  fürst  hatt  kein  gefallen  am  blut  stürtzen,  sondern  hatt 
einen  grewel  daran,  undt  kann  sich  das  blat  baldt  wenden:  anno  1628  redete 
mann  am  kayserlichen  hof,  als  ich  anfangs  hinkam"),  von  nichts  als  frieden, 
war  auch  eine  erwüntschte  gelegenheit  darzu,  da  der  Kayser  das  Reich  auch 
mitt  harten  conditionen  hotte  obligiren  undt  danck  gewinnen  können,  aber  der 
Jesuiten  geitz  undt  des  hertzogcn  von  Friedtlandt  hohe  anschlage  warfen  solche 
gutte  consilia  über  einen  hauffen,  undt  kam  der  Schwedische  Krieg,  darein 
sich  auch  Franckreich  mengete  mitt  unwiederbringlichen  schaden  des  Kaysers 
undt  Reichs  darzu,  welches  auch  zu  ietzigcm  krieg")  anlas  geben,  inn  deme 
sich  die  beide  Cronen  eingebildet  gleichen  success  bey  diesen  zeitten  zu  haben, 
ja  Franckreich  den  Domiuat  der  gautzen  weit    inn    seinen   godancken  albereits 


**)  Graf  Johann  wurde  1628  an  den  Kaiserlichen  Hof  geschickt,  um  Befreiung  oder  Er- 
leichterung des  von  "Wallenstein  besetzten  Landes  zu  erwirken.     Keller,  S.  9:j. 
*'")  Er  schreilit  während  des  Krieges  von   ir>72-167y. 


94 

"ehabt:  als  aber  keine  wiewohl  avanteuge  couditiones  von  den  Holländern  an- 
geborten  acceptirt  wurden,  ist  Hollundr  gleichsam  ohne  Schwertstreich  zu  dem 
seinigen  kommen  undr  Frankreich  su  viel  feinde  erregt,  das  mann  noch  nicht 
absehen  kann,   wie  es  ablaufen  wirdr. 

Derowegen  mann  sich  bey  solcher  unruhe  wohl  für  zu  sehen  hatt,  dulce 
bellum  inexpertis.  welches  macht,  das  mancher  zum  krieg  rüst,  der  es  wohl 
bleiben  Hess,  wann  er  wüste,  was  krieg  were  undt  was  gofahr  daraus  entstehen 
kann:  werden  auch  bissweilen  übel  belohnet,  wann  es  übel  ablauft.  Es  über- 
schlägt auch  mancher  den  krieg,  wie  ein  unerfahrener  einen  baw:  als  die 
Mavntzische  fortiticatiun  solte  angefangen  werden,  wurde  der  Überschlag  auf 
L^OOOOO  Rth.  gemacht  undt  solte  inn  fünf  jähren  gewiss  fertig  sein,  darüber 
ich  lachete.  Als  ein  jähr  oder  neun  für  über  waren,  fragte  ich  den  Cammer 
Kaht  inn  gegenwart  des  Churfürsteu.  ob  die  fortification  fertig,  undt  ob  die 
200  000  Rth.  zu  gelaugt  hetten;  es  war  aber  wohl  vier  mahl  so  viel  spesen 
drauf  gangen,  die  fortification  ist  aber  noch  nicht  fertig;  allso  macht  mann 
auch  bissweilen  den  Überschlag  im  krieg,  wie  König  Pyrrhus  inn  Epiro,  were 
aber  besser,  mann  bedächte  zuvor,  was  für  liinderungeu  fürfallen  können,  undt 
sonderlich  «ib  die  sach  gutt,  das  Gott  auch  segen  darzu  geben  könne,  inn 
welchem  aucii  nicht  allein  grosse  potentaten,  sondern  auch  geringere  fehlen 
können.  P]s  fragten  mich  einsmahls  etliche,  so  sich  mitt  Chur  Mayntz  undt 
Lothringen  gegen  Churpfaltz  inn  bünduuss  cinliesscn,  unil)  raht :  ich  wicderriehte 
es,  sie  aber  meineten.  es  were  ein  kirschenkrieg ;  ich  antwortete,  sie  selten  die 
kirschen,  hernach  die  äpfel  undt  birne,  die  trauben  undt  castanien  essen,  undt 
darnach  sehen,  ob  die  kirschen  Avieder  reif  würden  eher  als  ein  jähr;  kratzeten 
sie  sich  hinter  den  obren,  aber  zu  spat,  wie  bekandt.  Dergleichen  könte  ich 
aus  eigener  erfahrung  viel  darthun,  wo  es  nicht  von  alters  her  bekandt,  das 
solche  bündtnussen  selten  wohl  ausschlagen.  Es  geschiehet  auch  wohl,  das 
grössere  geringere  angreiffen  undt  dardurch  zu  kurtz  kommen ;  dann  neben  dem, 
das  Gott  dem  rechten  beystehet  undt  dem  hochmuht  steuret,  bewirbt  sich  auch  ein 
geringer  umb  liülf  undt  er  meistert  den  mächtigem  zu  seinem  grossen  schaden ; 
derohalben  am  besten,  wann  mann  frieden  hält,  undt  wann  der  nicht  halten 
will,  der  sich  auf  seine  praepotentz  verlässt,  muss  manu  Gott  undt  das  recht 
aurutfen  undt  gutter  freundt  underhandlung,  und  auf  den  nohtfall  assistentz 
suchen,  sich  aber  allezeit  hütten,  das  mann  keine  ursach  gebe  undt  inn  terminis 
justae  defensionis  bleiben.  Aus  obigem  kann  manu  gnugsam  abnehmen,  wie 
mann  sich  bey  innerlich(;n  undt  eusserlichen  krigeu  zu  verhalten  hatt,  ncmblich: 
das  Reich  gegen  auswärtigen  defendiren  helfen,  bey  innerlichen  der  Kayser- 
lichen  respect  nicht  verliehren,  seine  mittständt  nicht  ofiendiren,  gegen  gewalt 
sich  80  gutt  mann  kann  schützen,  sich  vom  Reich  nicht  separiren,  ausländisches 
gcldt  jiK'idcn,  für  donationen.  welche  des  vatterlandts  trewe  undt  respect  brechen 
undt  keinen  bestandt  hahen.  sich  hütten  undt  ohne  eusserste  noht  sich  nicht 
in  krieg  einmischen;  ieder  zeit,  wo  nicht  Gottes  ehr  undt  die  Reichspflichten 
es  änderst  erfordern,  zum  frieden  rahten,  keine  ehrliche  friedens  verschlag  aus 
liandeu  lassen  undt  mein  Symbolum  inn  acht  nemmen:  Nee  temere,  nee  timide, 
undt  nicht  gleich  verzagen,    wann  es  übel  gehet,    sondern  Gott  vertrawen,   der 


95 

alles  wohl  maclion  undt,  wann  die  sachon  am  aro:sten  stehen,  liolffen  kann;  ich 
hab  unschuldig-  droyzehen  jaiu-  oxulivtm  niiisson,  iiab  Gott  boy  meinem  gutten 
gewissen  irotrawet,  der  hat  mich  erhalten  undt  mitt  ehren  wieder  zu  dem 
meinigen  gebracht,  umb  Gottes  ehr  undt  woi-t  undt  des  Vatterlandts  woldfart 
ist  mann  schuldig,   alles  dran  zu  wagen. 

[Bettimysmiftel  gegen  stärkere  Gewalt:     Waffen  und  Äu/gehot,  Aushalten 

heim  Bcich.^ 

Es  were    eine  temerität,    wann  iemandt  von  unsers  hauses  mittein  gi-ossc 
armoen  richten,   si(di  gegen  grossen  gewalt  schützen  oder  andere  mitt  krieg  an- 
greiften wolte,   aber  doch  nöttig  rettungsmittel  zu  suchen,   wie  mann  sich  gegen 
o-rossen    ffewalt  defendiren  möge.     Da  seindt  nun    die  anfechter  entweder  aus- 
oder  innländische,   aucli  freundt,   undt  feindt;  hatt  mann  mitt  ausländischen  zu 
thun,   so  nuiss  mann  den  Kayser    undt  Reich  mitt  interessiren  undt  deren  hülf 
suchen  undt  erwarten,    undt  wie    schwerlich  umb   so  ein  geringes,    als  sie  bey 
unnsers  gleichen  suchen  können,    grosse  potentaten  krieg  anfangen  werden,   da 
das  Reich  mitt  eingeflochten  werden  kann,    als  ist  es  mehr  umb  die  nachbarn 
undt  strüppereyen,    so  von  freundts  undt  feinndts  Völkern  vorgehen  mögfm,   zu 
thun;    da  dann,    wann  mann    von    benachbarten   angegriff'eu,    durch    rechtliche 
mittel,   Zusammensetzung  unnscres  hauses    undt    hülf  gutter  freundt  gegenwchr 
zu  thun ;  so  es  strüppereyen  antrift,   da  wäre  zu  wünschen,   das  durch  einmütige 
Zusammensetzung  dem  werck  geholfen  würde ;  ist  aber,  wie  die  erfahrung  gibt, 
also  beschaff'en,   das  die  mächtigere  den  last  von  sich  undt  auf  die  Schwächesten 
ziehen  undt  schieben;  wann  schon  die  geringern  sich  zur  assistentz  verbinden, 
ist  keine  rechte  Verfassung  oder  aufrichtige  vertrawligkeit  mehr,    wie  bey  den 
alten,    würde    sonsten    der    sach    leicht    zu    holff'en    sein.     Als    anno  1601  der 
Hispanische  Admirant  von  Arragonien")    mitt  seiner  armee  inn  wetteraw  undt 
Westerwalt  quartier  machen  wolte,   setzten  die  grafen  sich  zusammen,   machten 
ein  retranchement  under  Alten  Kirchen  undt  logirten  sich  allda  mit  20  000  mann : 
alle  Gräften,   so  Soldaten  waren,   seindt  persöhnlich  darbey  gewessen  undt  haben 
den  Spanier  allso  abgehalten,   das  er  abziehen  müssen,  undt  haben  die  Fürsten 
von  Hessen    undt    andere    assistentz    versprochen;    wolte   Gott,    es    were    noch 
solche  Zusammensetzung,   aber!  Anno  16:52  hab  ich  den  Nassaw-Sarbrückischen 
ausschus  auf  dicsseit  Rheins  auf  ()000  wohl  exercirter  mannschaft  gesteh,   dar- 
mitt    alle,    so  unns  zwacken  wollen,    abgehalten,    auch  andere  gerettet;    es  ist 
aber  ietzo  mangel  an  mannschaft  undt  Zusammensetzung,    Gott  gebe  besserung. 
so  könte  es  noch  einmahl  allso  gesteh  werden ;  ietzo  muss  mann  sich  mitt  gutten 
Worten    retten,    wolte    die    alte    Teutsche    redlichkeit  wieder  aufkommen,   were 
gutt    solche    Zusammensetzung  zu  restabliren.     Für    allem  ist  sich  wohl  für  zu 
sehen,   das  mann  sich  mitt  ausländischen  nicht  zu  weit  einlasse  oder  verbindt. 
wirdt    gemeiniglich    Leonina    societas,    wie    bey  den  westpfählischen    Friedeus- 
tractaten    die    Frantzoseu    erwiesen,    da    sie    zur    recompens    unnserer  diensten 

*8)  Franz  Mendoza.     Vgl.    Keller,    Geschichte   Nassaus   von    der  Retornmtion    bis   zum 
Anfang  des  30  jährigen  Krieges.     S.  464  f. 


96 

iinns  vom  Reich  ab  umlt  inn  ihre  subjoction  ziehen  wollen;  undt  da  ich  mich 
darlegen  gesetzt,  haben  sie  mich  feindtlich  zu  tractiren  betrohet,  hab  aber  nicht 
nachgeben.  Mann  bleibe  inn  solchen  fallen  bey  dem  corpore  des  Reichs  undt 
rahte  iederzeir,  das  mann  sich  mitt  ausländischen  wohl  für  sehe  undt  nicht  zu 
weit  einlasse:  dann  es  heissen  wirdt:  Turpius  ejicitur  quam  non  admittitur 
hospes. 

[Streitigkeifen  des  Hauses.] 

Inn  unserem  haus  hatt  Erys  semen  discordiae  gesehet,  welches  auszurotten 
ich  viel  mühe  angewandt,  auch  viel  ül)er  mich  gehen  lassen,  aber  biss  noch 
nicht  den  gewünschten  zweck  erreichen  können ;  Ich  hab  darüber  den  inn  unsers 
hauses  Erbeinigung  vorgeschriebenen  weg  des  Arbitrii  ergriffen,  anderseits  ist 
es  80  hart  zu  wieder  gewesen,  das  mann  mich  auch  ehrurürig  angreiffen  dörfen, 
hab  es  aber  so  lang  verschmertzot,  das  es  zu  der  wiedrigen  eigenen  schimpf 
ausgeschlagen  undt  doch  endtlich  einen  anfang  genommen.  Es  ist  aber  erst- 
Uch  der  Oberst  Lcutenant  Leyen,  so  der  eine  arbiter  gewesen,  hernach  mein 
Vetter  von  Weilburg,  ietzo  aber  der  von  Dahlberg  auch  arbiter  verstorben, 
dahero  mitt  der  Sachen  nicht  fort  zu  kommen  gewesen.  Ich  binn  darüber  alt 
undt  baufellig  worden,  weiss  auch  nicht,  ob  ich  den  ausgang  erleben  werde, 
hotFe  aber,  die  von  mir  verordnete  Vormünder  werden  es  zu  endt  treiben.  Es 
ist  inn  unserm  haus  keine  eiuigkeit  zu  hoffen,  wann  dieses  verpleibt;  es  ist 
so  viel  darinn  angefangen,  das  der  sachen  leicht  zu  liolffen,  undt  binn  ich 
gefast.  das  meine  zu  erweisen  undt  anderer  seits  unfug  dar  zu  thun,  undt  will 
lieber  nachgeben,  was  thunlich,  als  die  Uneinigkeit  zu  erhalten:  Ich  hab  seither 
dem  Gottischen  recess")  mit  grosser  gedult  gesucht,  was  zu  diesem  zweck 
dienet,  mann  hatt  aber  meiner  nur  gespott,  welches  mich  gezwungen  die 
Arl)itros  inn  Camera  confirmiren  undt  authorisirn  zu  lassen,  ohneracht  ich  durch 
meines  Bruders  Söhne  darüber  hart  angegriffen  worden ;  sie  haben  aber  propriam 
turpitudinem  allegirt  undt  nichts  erhalten,  werden  aber  des  von  Dahlberg  todt 
sieh  zu  nutz  machen  undt  die  ernennung  undt  confirmation  des  successoris,  so 
lang  sie  können,  aufschieben,  welches  aber  durch  ein  Mandatum  kann  verhindert 
werden.  Das  meiste,  so  zu  thun  wirdt  sein,  ist  die  Direction  inn  gemeinen 
Sachen,  die  Administrationsrechnungen  undt  schulden  theilung.  Das  erste  ist 
wohl  inn  acht  zu  nemmen,  dann  nach  meinem  todt  Vetter  Johann  Ludtwig  sich 
wirdt  understehen  dasjenige  zu  thun,  das  er  mir  ahn  grundt  beymist,  nemblich 
nach  seinem  Latein,  nach  einem  absoluto  Directorium'*)  trachten  oder  weil 
lauter  ])Uj)illen  hier  undt  zu  Weilburg  sein  werden,  suchen  sich  zum  herrn  zu 
machen,  die  vertrag  übern  hauffen  zu  werfen  undt  die  Primogenitur  einzuführen, 
wirdt  aber  leicht  durch  die  herrn  vornmndcr  können  übern  hauffen  geworfen 
werden,   weil  herkommen  undt  vertrag  dar  seindt. 

Die  Administrations  Rechnungen  seindt  zwar  l)oy  mir  etwas  schwer,  weil 
ich  ujiib  viele  Rechnungen  kommen,   ich  will  aber  lieber  schaden  leiden,   als  das 


")  Der  Gothaische  Yergloich  übor  die  Erbteilung   der  Lande  vom  6.  März  1651.     Tgl. 
Schliephake,  S.  .088   f. 


97 

werck    darninb    nnfhaltcn ;    nicinc    v(ir;j,-<fs(ili()ss('n('    ,ii,rl(lcr    weiden    ein    nielircn-s 
austragen. 

Die  schulden  rlieiiun.i;-en  seindi  anno  IDTl  zu  Wiessbaden  so  weitt  braclit, 
das  die  arbitri  die  strittig  gemachte  ])uncten  gar  leiclir  werden  ausmachen 
kruinen ;  undt  ist  bev  diesem  Aveick  dahin  zu  seilen,  wie  einigkeit  im  haus 
i'estabilirt  weiden  köniu':  undt  seile  niaiiii  aiicli  \cilust  über  sicli  gelu'n  lassen 
müssen.  J)er  (lotliisehe  A'ergleicli  muss  wohl  inii  acht  gehalten  werden,  welchen 
obgedachter  mein  vetter  durch  alle  w(^g  ubern  hauffen  zu  werften  suchet,  olin- 
eracht  ihme  undr  seinen  Brüdern  grossei'  vertlieil  darboy  geschehen,  undt  w(dre 
selber  gerne  die  vorige  theilung(m  von  anm»  \(')'Ji)  undr  deren  ergäntzung  ile 
anno  1651  vernichten  iindi  eine  newe  theilung  nach  ietzigeiii  zustandt  der  landen 
gemacht  haben  oder,  wie  er  nicht  verschweigen  krmnen,  alles  allein  haben  undt 
übrige  zu  abgetheilten  herrn  machen:  die  bey  den  .Vrbitris  eingebene  ])uncten 
seindt  allso  beschaffen,  das  theils  gantz  falsch,  die  andere,  wann  sie  sich  allso 
befinden,  ihnen  mehr  schädlich  als  nützlich  wercüi,  wi(^  meine  notamina  ausweisen; 
darzu  er  keinen  buchstaben  inn  unnsers  hauses  vertragen  vor  si(di  hatt.  undt 
hatt  mann  sich  keines  wegs  von  <lems(dben  undt  dem  Arbitrie  abbi-ingen  zu 
lassen. 

\_Fvuansielh;  Massregcln  zur  Wiederauf hcsserunf/  des  Landes.'] 
Es  weiset  der  leidige  augenschein,  das  viel  mahl  durch  krieg,  brandt, 
misswachs  die  arme  underthanen  gantz  umb  das  ihrige  kommen,  das  sie  müssen 
schulden  machen,  umb  wieder  auf  zu  kommen;  hatt  es  (h^r  landtherr  inn 
vermögen,  thut  er  wohl,  das  (^r  ihnen  selbsten  v(n-setzet,  das  nicht  frembtc 
einnisten:  auf  das  wenigst  soll  er  b(!y  renthen  undt  anlagen  so  viel  möglich 
schonen,  das  sie  sich  erholen  mögen :  hatt  ein  armer  liegende  gütter  undt  keine 
mittel  selbe  zu  bawen.  soll  die  gemeindt  angehalten  werden,  die  gütter  zu 
bawen,  doch  das  das  dritte  theil  des  einkommens  der  gemein  bleibe,  vom 
übrigen  aber  der  arme  wieder  zu  kräften  k(unmen  könn(\ 

Bey  kriegszeitten  ist  sonderlich  nöttig.  das  zu  Verschickungen.  Ver- 
ehrungen undt  dergleichen  alle  zeit  geldt  vorhanden  seye:  deswegen  wann 
ruhe  im  landt  ist,  ein  cassa  aufzurichten,  etwa  von  ein  oder  zwey  dausent 
Kth. :  dardurch  kann  manche  beschwerung  abgewandt  werden :  undt  kann,  wann 
mann  ruhe  hatt,  monatlich  etwas  zusammen  getragen,  inn  der  Cantzley  ver- 
wahrt undt  zu  nichts  anders  angewandt  werden. 

[Befestigwtg  der  einzelnen  Orte.] 
Beschlossene  ort  sollen  mitt  mauren,  graben,  thürmen  undr  thoren  wohl 
verwahrt  werden;  hette  ich  nicht  die  Wissbader  angehalten  bey  frieden,  die 
graben  wieder  zu  machen,  weren  sie  bey  diesem  krieg,  wie  bey  vorigem 
])reiss  gewesen.  Es  wollen  aber  die  underthanen  mirr  ernst  darzu  angehaUen 
sein,  dann  sie  ungern  dran  kommen,  biss  sie  mirt  schaden  gewahr  werden, 
wie  gutt  mann  es  mitt  ihnen  gemeint,  da  man  sie  darzu  erinnert.  Umb  hiesigen 
flecken'^j    hatt    es    stattliche  grältep    imdr   mauren  gehabt,    es  ist    aber    meistes 

*")  Idstein. 


98 

al.j;aij-«'ii.  isr  abiT  lu.tri-.  .so  haUlr  os  sich  rhiin  lässor,  alles  zu  lopurireu:  /.u 
AN-issbaden  seindt  zwar  die  -räl.cii  ziniblicli  gesteh,,  aber  es  ist  mirr  inauren 
undt  thürnien  sdilecht  besteh :  iindf  /.ioheu  doch  die  büiger  verschiedeue  renthen 
/ii  diesiMU  endt.  welche,  wann  sie  iiidit  l)awen.  wiederuinb  einzuziehen  seindt. 
Es  ist  keine  V.'stung  iun  allen  Xassaw  Sarbrückischen  landen  diesseit  Rheins, 
wcre  wohl  eint'  zu  wünschen,  weiss  aber  keine  gelegenheit  darzu:  Walsdorf 
were  zwar  wcdd  gelegen,  mangelt  aber  an  wasser;  wann  dieser  fehler  zu  ver- 
bessern,   wüste  irh   keinen  ort.   der  leichter  fest  könte  gemacht  werden. 

[JieichsfürsfeusliDnl  r/r.<  Handies  Nassau.'] 
Es  iiart  Kayser  ('arolus  (|uartns  weilandt  Graf  Johannen  zu  Nassaw 
herrn  zu  Mehrenbeig  inn  ann«»  KUiC)  iiin  Fürstenstandt  erhoben:  dasselb  ist  von 
den  nachkc.nunen  etwas  negligirt.  ab.-r  für  fünf'")  Jahren  die  restitution  gesucht 
worden,  stehet  noch  am  Kayserlicheu  huf  ahnerortert,  wiewohl  der  Reichs- 
hofraht  für  uns  gesprochen.  Dieses  ist  zu  treiben  uiidt  nidir  now  zu  suchen; 
dann  es  ein  anzeigen  were,  das  es  unns  adimivr  worden,  welches  absque 
ignominia  nicht  geschehen  kann:  es  ist  in  zweyen  responsis.  das  es  uns  mitt 
recht  gebühre  undt  nicht  genommen  werden  könne.  weitläufFig  ausgeführt,  undt 
weisen  die  acta,  was  darinn  gethan  worden.  Die  päpstische  Catholici  fürchten 
pluralitatem  votorum:  ich  wolte  nicht  raliten.  das  mann  auf  vielen  bestünde: 
undt  wann  wir  gleich  Xassaw  Catzenelnbogen  nur  zwey")  erhalten  könten. 
würde  es  besser  sein  als  keines.  D(n-  rang  iun  Reichs  undt  Creisstägen  ge- 
bührte uns  vor  vielen,  so  weit  oben  sitzen,  ist  aber  besser  darinn  nach  zu 
"•eben  undr  ila  mann  bev  Mümpelgart  kommen  könte.  were  nicht  viel  zu 
ilisputiren. 


Dritte  Theil.'O 

[Wert  einer  r/uten  Hauslialiimg^ 
Was  iun  vorigen  beiden  theilen  ausgearbeitet  worden,  kann  schwerlich 
inns  werck  gesetzet  werden,  wann  nicht  eine  solche  haushaltung  angestelt  wirdt, 
das  mann  das,  so  zu  deren  eft'ectuirung  gehört,  auch  ausrichten  könne.  Es 
gibt  Claus  Narrn  nachfolgen-  viel,  die  theils  aus  ignorantz.  theils  aus  bossheir 
undt  eigenem  v(»rtheil  den  herrn  rahtiui :  verkauf  dein  Dorf,  so  krigestu  gelt; 
ist  ein  böser  ralir.  Zu  eingang  meiner  regierung  hatt  Pissport^*)  eben  diesen 
raht  gegeben,  uiul  wer.-  dci'  llürtenberg  neben  beiden  Rossbach  weg  gangen, 
wann  der  Landtgraf  redliche  leutt  gehabt  bette:  weiln  aber  dieselbe  das  darzu 
erhaben  gelt  dem  Landtgraffen   veruntrewet,    ist  es  Gott  lol»  verblieben,   da  icli 


•■'")  Wühl  1672.  nftinals  liorichtete  dor  nassauifiche  (iesandte  in  Regensburg  davon.  Vgl. 
Snh  lie|»hake  a.  a.  O.  S.  .'i56.     l'ber  frühere  Versuche  in  Wien  S.  545. 

*')  (iraf  .Johann  Ludwig  von  Hadiiniar  war  1650  und  rirnf  Ludwig  Heinrieh  von  Dilleu- 
hurg  1652  in  den   Reichsfürstenstand  erhoben. 

")  So: 

")  Philipp  (it'org  VDii  Piessport,  ( »lioranitnitmii  in  Suitrhiiickpn  1609— 16.")0.  \'gl.  Külliior, 
(iosrliiphte  von  SanrliriicktMi,  S-   '516. 


'.I'.t 

unno   KioO  dus    wiirck    \v«^;^on    iiicln    (Mtnli^iri'    /aliluni;-   wieder    icrnicrirr.      Für 
solchen    iiiittcdii    iiiiin-    sicli  ein   licir  hätten    und  (huickcn,    wunn  er  c^twas  landt 
wog^-iht,   das  dardurch   die  oinl<uniinen  g-winj'ert    undt  d(T  hist  nicht  geniindort 
wirdr,     nndr    allso    ein   dnrf    nach  (h'in   andern   hiiiwei;-  lachet,     iiiidt    dai-aiif  die 
ämptef  folgen,     liiss    mann     endtli<li     nichts     Ix-liäh.      Dieses    kann     alh's    (hii'rh 
wohi    hanshalten    verminen    lileilieii.      Ich    lial)   v<ni   nieinem    lierni    Vattern   viel 
schnlden  ererbet,     nicht   das    sie    /u    des   hauses  notthurft   oder  un\/Am  {gemacht 
worden,     sondern  durch  \ortlunIsüchti<;'k(!it  der  dieiier:    dann   erstlich  ludjen  si(! 
die  recliJinn^^iui  un(Un'schri(d»en  nndr   inu  eincMn   latei'c^  bissweihni  <^tli(di  ta\is(!ndt 
hini^-cduai  lass(ui :   voi's  ander  von   den,    so   ihr  .i;('ldt  .i^crn  wohl   aidifinn'cn  wolhni, 
verehrung'on  geneniinen    undt  dit^  vorhanchuie  iniitid  vertuscht  undt  schidden  aul'- 
i^ebürdot,   /n   ilircnn  profit  undt  der  herrschat't  schinn>f  undt  .schaden:  Jiatt  mann 
die  pensiones  zahlen  sollen,   haben  hu)  müssen  geschmiret  werden  undt  /wey  per 
cento  Cammer  recht  darzu  zurück  lassen  müssen  :  liatt  mann  dicnier,  handtwerckslout 
undt  derg-leichen  bezahlen  sollen,    haben  sie  die  «|uittungen  anf  das  totum   sich 
geben  lassen,    hingegen    die  helfte,    auch   wohl   zwey    dritte  theil    für    sich   be- 
halten.     Meiner    älteren  Brüder    reisen  haben    über  ein  tojjncn  goldts  gecostet, 
der  baw    zu  Sarbrücken    ist    so  redlich    verrechnet  worden,    das   der  Cammer- 
schreiber  meinen  herrn  Vattern  l)eredt,   das  w  die  r(H'lmungen  verbrant,   darndtt 
nicht    iemandt  den  betrug    einmahl  find(!n   möge;    luitt  dahero    ein  herr    ursach 
die  rechnungen  fleissig    undt  jährlich  abzuhören,    die  beylagen    zu   examiniieu, 
ob  sie  richtig  oder  nicht,    die  qnittungen  fleissig  zu  erforschen,    ob  sie  richtig 
oder  nicht,     zu    dem  (mdt  die,     so    sie    geben,     zu  redt  zu  setzen,     o1)    es  ihre 
liandt,    ob  sie  nicht  mehr  (piittirt    als  sie  empfangen,    undt  wie  sie  darzu   \  er- 
anlasset worden.     Die    nudmungen    s(nndt    nach    uhüiku-  (Jammer    ordming,    so 
hernach  beschrieben  stehet,   abzuhören   undt  selbe  ordnuug,    als  welche  ich  aus 
diM-  erfahrung  zusammen  getragen,   wold  in  atdit  zu  nemmeu. 

[HofhaUiDhj.] 
Fürs  ander  nmss  ein  herr  seinen  staat  allso  anstellen,  das  er  nicht  höher 
fliegt  als  seine  federn  zulassen.  Erstlich  seinen  hofstaat  allso  richten,  das  er 
seinem  standt  gemäss  seye.  Mein  inn  Gott  ruhender  herr  Yatter  hatt  einen 
über  Fürstlichen  staat  geführt  ans  lauter  güttigkeit,  weibi  er  niemandt  gerne 
eine  fehlbitt  thuu  lassen;  hatt  vicd  unordtnung  undt  ohnnöttige  costen  ver- 
m-sachet;  undt  da  mein  herr  Yatter,  als  er  allein  Ottweiler  undt  Hondiurg 
gehabt  undt  einen  staat  geführt,  dessen  sich  ein  fürst  nicht  schämen  dörfen. 
geldt  genug  gehabt,  allso  das  sich  nach  seinem  todt  inn  seiner  (Jammer  zu 
bttweiler  etlich  tausendt  gülden  inn  einem  kästen  gefunden,  darvon  er  nichts 
mehr  gewust;  dann  dazumahl  sähe  er  auf  (bis  seinige;  hernach  da  er  dw  lande 
alle  zusammen  geerbt  undt  Friedrich  Scheffern'O  zum  Cammerschreibern  be- 
kommen, da  ist  alles  dahin  gespielet  worden,  wie  man  schulden  macheu  möchte: 
undt  hatt  mann,  wann  gast  in  haus  gewesen,  vorgeben,  das  bey  so  vielen 
lauten  ahnm()glich  küchen,   speiclier  undt  keller  rechnungen   zu  thun:   mann  hatt 


■•*)   Frioilricli   Scliät'er. 


100 

jährlich  übiT  daust-nt  stück  wilKirin-et  gofaui^en.  hutr  so  viel  getluiii  als  ^ve^e]^ 
es  meiseu  gewesen :  alle  höf  seiiult  voll  viehe  gewesen  undt  noch  jährlich  grosse 
anzahl  darzii  gekauft  worden,  hatt  wenig  vortheil  gebracht.  Es  seindt  etzlich 
hundert  stück  Schweitzer  viehe  da  gewesen,  mann  hatt  viel  Centner  butter 
kautf'en  müssen:  etzlich  hundert  fuder  wein  eigen  gewächs  undt  zehenden 
haben  müssen  nichts  sein,  sondern  es  si'indt  wein  mitt  grosser  anzahl  gekauft 
worden;  manu  wirdt  von  vielen  dausenten  schaffen  wenig  nutzen  inn  rechnuugeu 
finden;  ja  die  stattlich«'  h«">ff  dies  undt  jenseits  Rheins  haben  der  herrschaft 
müssen  schädlich  sein   undt  selbige  noili  zu  bussen  müssen. 

Verrechnete  diener  seindt  angenommen  worden  ohne  instruction,  bestallung 
undt  pHichten;  <lann  hatt  mann  dm-cli  das  w<trt:  zur  kellcrey.  Rentmeisterey 
undr  dergleichen  gehi»rig.  sechtzig  oder  meher  mahl  mehr  zugeeigent  als 
sonsten  die  bestalliins  sein  scdlen.  Auf  solche  weiss  kann  ein  reicher  herr  arm 
werden;  imdt  gehen  «buh  die  diener.  so  solche  untrew  brauchen,  selbstcn  oder 
doch  die  Kinder  zu  grundt.  wie  der  augenschein  weiset.  Diesem  vorzukommen, 
muss  mann  sidi  strecken  nach  der  decken  undt  seinen  staat  allso  regaliren, 
das  er  nicht  über  das  Vermögen  geht;  bei  jetzigem  Grafenstandt  hatt  jnaun 
gnug  neben  einem  Ober  Amptmann  mitt  einem  Raht  undt  einem  Secretario, 
auch  einem  Registratore  undt  einem  oder  zwey  Schreiber.  Icli  liab  zwar  wegen 
Direction  inn  gemeinen  sachen  uiidr  vieler  rechtfertigungen  mehr  halten  müssen; 
wann  aber  stdbige  cessiren.  kaiin  es  reducirt  werden.  Bey  der  hofhaltung*") 
neben  einem  hofmeister  undt  Stallmeister  (unen  Cammerdiener,  etwa  einen 
)»a<!:en  undt  zween  lacqueien.  So  lang  der  herr  ahnverheurathet,  darf  er  neben 
nüttigen  reitpferden  aufs  hTtchst  nur  eine  Kutsch 'j  [halten].  Einen  tüchtigen 
Cammcrschreibcr  muss  er  haben,  kann  er  auch  wohl  die  kellcrey  durch  selbigen 
versehen,  einen  landtbereiter  wegen  disr  frohn ;  auf  den  ämptern  ist  ietzo 
uiemandt  überflüssig(!s.  Würde  der  Fürstenstandt  «»rnewert.  were  aufs  höchst 
ein  Cammerjuncker,  ein  Truckses  vom  adel.  ein  Pagi^  undt  noch  ein  oder  zwey 
lac«|ueyen  zuzusetzen:  dann  der  Fürstenstandt  bestehet  nicht  inn  unnötigen 
dienern  undt  kann  mann  bev  ankunft  "frembter  herrschaft  allezeit  von  den 
leben leutten  haben. 

[Vrrbesseri/ug  der  Benten.  Domänenverpachtung.  Holz- Verkauf.'] 
Man  hüttet  sich  billig  für  schulden  machen:  dann  nichts  verdi'iesslicheres 
als  das  nachlautfen.  process  undt  d(>rgleichen,  die  daraus  entspringen:  solchem 
vorzukommen  muss  mann  «'rstlidi.  wie  obgedacht.  die  Cammerordnung  inn 
fleissigor  obadir  haben  undt  die  renthen  fieissig  inn  acht  nemmen.  vors  ander 
auf  Verbesserung  d<!r  renthen  dencken,  vors  dritte  gutte  Ordnung  bey  hof  halten, 
das  nichts  unnützlich  verschwendet  werde.  Die  Verbesserung  der  renthen  kann 
geschehen.  Erstlich  wann  mann  die  heimbgefallene  gütter  umb  gewissen  pfacht 
erliliili  vr-rleihef.  da  niaiiii  nicht  daran  gebunden,  das  sie,  wie  vorige  verstorbene 
sie  ijesessen.   verbsyhe,   sondern  sehen,    wie   viel  mann  sie   höher  bringen  könne. 


*^)   Cnilcutlicli. 

'"*)  llintor   „Kutsch''    ist  «iiif   Liickf 


101 

Es  thun  dio  Diener  l)is>.\vcilrji,  ;ils  dl»  sie  niclit  liölier  zu  hiin^cn.  sct/.cii 
hofleut  darauf,  die  ihnen  violi  halten,  dar^e^en  wenif?  I)awcn:  und  liatt  allso 
der  diener  nielu*  davon  als  dei-  licir  darauf  /u  sehen:  /um  anderen  wann  mann 
das  g-ehültz  recht  hrauehet:  es  ist  in  dei'  h()lu'  viel  holtz.  das  vcn-dirht,  undt  kann 
durch  tiössen  naher  Maynt/.  nder  liinck^aw  »•ebracht  werden,  darbey  iiin  aclir 
zu  nemnieu,  das  mann  die  s])esen  nicht  anwende,  mann  habe  dann  erst  einen 
gewissen  accord  wegen  des  preisen  gemacht ;  dann  die  Mayntzische  das  holtz 
gerne  vergebens  hätten,  wie  ich  ttrfahren:  darn(d)en  kann  n)ann  auf  schneidt- 
mühlen  büclien  brettcn-  schneiden,  wc^lciu;  wohl  an  mann  zu  bi-ingen  seindt,  ist 
sonsten  die  liöhe  Ordnung  wohl  in  gang  zu  erhalten  undt  zu  handthaben:  dann 
die  förster  fahrlässig  undt  vortlieilsüclitig. 

[Michelhaclier  EifienhiUte.^^ 

Zum  dritten  hab  ich  bev  Michelbach  eini;  eisehürte  an;;ericlu ;  diescdbo 
ist  wohl  inn  acht  zu  nemmen,  sie  kann  ein  merckliches  eintragen,  wann  sie 
recht  getrieben  wirdt,  kann  auch  mercklich  verbessert  werden,  wann  mann  drat 
ziehen,  allerhandt  waffenschmidt  darauf  hält:  kann  auch  oberhalb  Michelbachcr 
niühl  einen  kleinern  liainmer  erbawet,  darauf  auch  hufeisen.  platten  undt  pfannen 
gemacht  werden;  undt  muss  wohl  bey  den  hütten  rechnuugcn  inn  acht  genommen 
werden,  das  die  Güss  gewogen  undt  was  eine  geben  könne  an  geschmittem 
eisen  erforschet  wirdt;  der  eisenstein  ist  sehr  reich  undt  gutt,  gehet  wenig  ab; 
es  mangelt  zwar  bissweilen  an  wasser,  kann  aber  durch  schleussen  inn  der  alir 
verbessert  werden,  wie  auch  da  mann  die  bach,  so  durch  Michelbacli  fieusst, 
niitt  einem  Damm  versiehet,  da  man  viel  wasser  gewinnen  kann;  holtz  wirdt 
inann  nunmeher  aus  der  höhe  nemmen  müssen,  selbiges  zu  kohlen  brennen  undt 
durch  den  Weher  grundt  biss  Sterckenraht  führen  lassen,  da  dann  selbige 
durch  die  hütten-  oder  gemietete  fuhren,  fort  undt  die  ledige  wagen  zurück 
gebracht  werden  können. 

[Bergwerke.     Mudershäuser  Marmorhruch.^ 

Bergwerck,  wann  sie  gerahten,  können  au('ii  nutzen  bringen,  ist  aber  ge- 
fährlich, undt  muss  mann  sich  für  sehen,  das  mann  nicht  mehr  inn  die  berge 
werfe,  als  mann  wieder  heraus  bringen  kann:  es  hatt  einsmahls  ein  Fürst 
viertzig  Dausent  Rth.  inn  ein  borg  geworfen  undt  viertausendt  herausbracht, 
hatt  allso  den  zehnden  seiner  auslag  wiedei'  bekommen.  AVann  mann  mitt- 
gewercke  haben  kann,  die  den  hazard  mitt  lauffen,  ist  es  desto  leichter  undt 
hatt  mann  den  zehend(Mi  vor  aus;  was  numn  nicht  sucliet,  findet  mann  selten, 
darumb  kann  ein  luu'r  wohl  besser  ein  paJir  hundert  lith.,  an  wagen,  als  es 
gar  unversucht  liegen  lassen,  aber  sich  die  hofnung  nicht  zu  weit  verleitten  lassen. 

Der  Mudersliauser  marmelbruch  ist  bekandt.  derselbe  hart  mir  noch  nichts 
eingetragen,  weiln  ich  ihne  zum  kircheubaw*')  angewendet  undt  für  mich  ge- 
braucht. Es  können  aber  auf  den  schneidtmühlen  künftig  platten,  thürgestell. 
camin  undt  dergleichen  mitt  vortheil  geschnitten  undt  den  Kluün  hinunder  ge- 
führt,  auch  wohl    mitt  Unniburgern.    Tjn1)eckern.    j'i-emeiii  undt  dergleiciien  kauf- 


'')  Vgl.  Cuntz.    Dil!  Kirche  zu  Idstein,  .S.  4, 


1  l'»l^ 

leutreu    iuu  die  Ost  :!>ei'  gobraclir    worilm.     «las    mauu    kiintrig-    uutzeii    daraus 

hüben  kann. 

[Viehzucht.'] 

Viehe  zutht  kanu  iiiauu  auch  mitr  uut/.eu  austeilen;  bey  dorn  Wissbader 
uudt  GasenbacJUT  huf  kanu  uuiuu  Nvt.hl  au  die  lumdert  undt  zelu^u  stück  uielck 
viehe  halten:  zu  Weh.-n  hal»  i<li  bishen»  die  mutterkälber  gehalten,  zu  Buvii- 
selnvalbaeli  die  juuire  Oehsen:  es  kann  aber  der  "svieswachs,  wie  hernach 
t"(dgef.  vernu'hrr  undt  allsu  uudir  viehe  geluilteu  werden.  Schaf  vielie  kann 
uiaun  aueii  au  allen  denen  orten  halten,  dir  wolle  jährlieli  zu  luitzen  bringen. 
die  lämuier  uudt  häiuuiel.   die  überHüssig  seindt.    zu  geldt  uiadicn. 

Schweinen  viehe  undt  Federviehe  kann  mann  allororteu  zui'  hofhaltung 
undt  den  uberHus  zu  verkaufen  ziehen.  Ich  luib  hiebevor  verschieden  mahl 
im  Frühling,  Sommer  umlt  Herbst  Ochsen  gekauft,  inn  die  weidt  gethan  undt 
stdchen  nutzen  darvon  gehabt,  das  ich  nicht  allein  das  Kindtfleisch  bey  der 
hofhaltung  frey.  sondern  noch  einen  gutten  überschus  an  gcldt  geliabt,  ist  ein 
starcker  Wucher,  ohne  süude;  ist  wold  inn  acht  zu  ncnumen,  wann  die  erste,  da 
das  stück  etwa  zwölf  biss  aufs  höchste  fünfzehen  Kth.  gecostet,  von  anfang  der 
weidt  biss  auf  Joliauniss  inn  doY  weidt  gegangen,  seindt  sie  auf  fünf  undt 
zwantzig  gebracht  worden:  alsdann  andere  eingescldagen  biss  auf  Jiartholonun. 
wieder  verkauft:  die  dritte  biss  Galli  undt  wann  kraut  undt  rübeu  gerahten. 
die  vierte  im  Stall  gemästet;  trägt  wie  obgedacht  das  fleisch  iun  die  küchen, 
das  unnschlicht  zu  liechteren  uudt  geldt  iun  den  beuttel 

[Wieshader  Hof.] 

Die  liöf  seiudt  wohl  inn  aclit  zu  ncnuncn.  dci'  Wissbader  liof  ist  durch 
das  Schützische  gutt  mercklich  verbessert"'*),  ist  ein  stattlich  stück,  wann  es 
trewlicli  vriwultcr  wird:  es  können  allda  neben  obgedachtem  Rindtviehe  wohl 
dausent  stück  schafviehe  gehalten  werden;  ich  hab  sie  auch  selbst  gehabt;  es 
kamen  eiusmahls  die  Wissbader  Bürger  undr  beschwehrtcn  sich,  das  icli  soviel 
schaf  hielte:  als  idi  ilmcn  antwortete,  es  betten  ja  die  Rentmeister  auch  so 
viel  gehalten,  antworteten  sie,  das  hätten  sie  ihnen  zu  gefallen  gethan:  ant- 
wortete ich,  sie  selten  es  mir  ja  billig  als  ihrem  herren  eher  zu  gefallen  thun : 
Hessen  sie  es  geschehen  undt  folgeten  untrewen  dienern  undt  dem  damahligt'u 
Su]K;rattendenten.   so  sie  angestiftet,   nicht  mehr. 

Federvieiie  zu  ziehen  ludt  es  die  beste  gelegenhoit,  wann  jnanu  nur  trewe 
leut  (hirbey  hatt:  er*'')  luitt  viel  wisswachs,  seindt  aber  die  Röder''")  wieder  inn 
gang  zu  bringen,    undt  hatt  kraut  undt  rüben  zehenden  zu  vortheil. 

[Gassenbacher  Hof.'] 

\hu  (rasenbacher  hof  habe  ich  iU(W  ei'bauet  undr  viel  güttei'  darzu  ge- 
kauft umlt  getauscht:  es  ist  aber  der  klöppeis  hof  undt  der  Zischeubacher  hof 


•'*')  (rber  den    liciitf    iiucli    so    ;^ciunnitoii   Schützeiiliuf    vül.    Otto,    CJeschiohto   der  Stadt 
NN  iesliadeii,  S.  SH. 
*''l   l).!r  Hof. 
"")   Die  KödeiwicsjtMi, 


io;i 

Itisslicfo  ;iii>  iiiiin;;«'!  ^n^iiidt  Ih'\  di'ii  l'ulirt'n  lic^rii  blicibcn.  wrldu-  küufri;;-  iiiii 
,i;;iijg-  undt  biiw  geliraclir  werden  kriniKn:  ist  aueli  i'iii  stattlicher  hof,  auf 
welchcüii  t'ünf'ziy  stück  iiielckvielie  midi  li'oO  stiudv  scJiafvielie  w(dil  können 
,1,'elialten  werdeji.  riidt  dieweil  es  elien  iiidii  (d)erHüssi_ü;e)i  wisswaclis  liatt. 
kann  die  (Ji-äfeii  wiess  wi(Hl(M'  gesaiibtut  iiiidt  l)esser  Innuiiter  fort^efülirt  werden: 
es  liaben  sicli,  wie  ich  Acvnelniie.  (it/liche.  iiachdeiii  ich  die  ych'^-enheit  he- 
sielitiget.  i>'elüst(!n  hissen  ei<;(>nes  gefaUens  wiesen  f'iii'  sich  zu  machen,  weh'he 
ahei'  hilli«;-  /u  strafen,  undr  (h'r  (h'r  herrscliaf't  «■ehüi-ii^c  i^riiiidt  ein/.u/.ieheii.  Im 
Meissel  i;il)r  es  auch  ^^idegenheit.  mehreren  wisswachs  zu  machen.  Ist  hisides 
nalier  Wissbaden.  anJieru  undt  Wellen  becjuem.  uiidt  da  dieses  an<>'(M'iehtot  wero, 
künte  mann  zu  Wehen  auch  neben  dem  jung(!n  viehe  zwantzig  oder  mehr 
stück  mek'kviehe  halten.  Ist  dai'bey  inn  acht  zu  nemineji.  das  fleissigc^  uinh 
rr(>we  leutt  boy  dem  vitdu'  seyen;  es  hatt  jnir  daran  gemanf^elt  undt  liab  daher 
weJiig'  luitzen  darvon  g(diabr.  dariimb  ich  Schweitzer  augenoiiiiiieii.  die  ein  ge- 
w^isses,   aber  zu  wenig  geben,   kann  künftig  ersteigert  werden. 

[  W('inhcm.'\ 
Es  liegen  noch  viel  läudereyen  an  Weingärten,  ackern  undt  wiesen  noch 
wüst,  seindt  künftig  nach  undt  nach  wieder  inn  baw  zu  bringen.  Am  Sommer- 
berg liegen  noch  sechs  Jiiorg(!n  wüst,  ist  sonderlich  darauf  zu  s(dien.  das  sie 
wieder  groht''')  werden,  undt  das  ein  stück  wegs  der  waldt  darvon  gehawen 
werde.  Zu  Souneuberg  seindt  vierzehen  morgen  wüst,  seindt  auch  wiederum!) 
inn  baw  zu  bringen:  diese  letztere  seindt  zwar  gutt,  tiber  den  Wissbadern 
undt  denen  auf  den  liöfen  nicht  gleich,  geben  aber  gutte  speiswein,  undt  ist 
darauf  zu  sehen,  wann  gutte  Jahr  kommen,  das  mann  mitt  den  stattlichen  weinen 
zurück  halte  undt  die  geringere  als  die  Nassawisch(>  (alhvo  auch  mehr  wüste 
weingerten  wiederumb  zu  rothen  seindt):  uudr  wann  die  herrschaft  Lahr 
wiederumb  inn  i'ochten  bänden,  dieselbe  wein,  welche  leicht  auf  dem  iihein 
herab  gebracht  wei'den  können.  Wir  speisswein  zu  l)rauchen:  undt  da  miss- 
wachsende jähr  kommen,  kommen  die  stattliche  wein  inn  lioheii  preiss,  da") 
dann,  wann  mann  o.'m  stück  verkauft,  drey  andere  darfür  (üngekauft  werih-n 
können,  welches  ein  grossen  vortheil  bringen  undt  die  köstliche  wein  sparen 
kann.  Mann  nuiss  sich  nicht  bereden  lassen,  die  vornehme  wein  zu  ver- 
schleudern; es  ist  ein  gewisser  schätz  im  liaus.  der  seinen  herrn  lösen  kann: 
auf  dem  gaw"")  undt  an  der  bergstras,  zu  Lorch  undt  zu  Frankfurth  am  Mayn 
kann  mann  wolfeile  W(>in  kaufen  zur  hofhaltung.  undt  zu  iui;-enhcim  gutte  wein 
inns  Einhorn  zu  Wissbaden  undr   auf  dii-  .fahi'niärkr. 

[Ga^tnff.'] 
(iestüJit    kann    iiiaiin    nützlich   halten,     wann   mann    auf  den   höfen   schone 
stutten  zum  ackerbaw  hält,    als  a.uf  dem  gasenbacher  hof  dreyssig.   zu  AN  issl)aden 
zwölf,    auf  dem  Nornbern'er    hof   zwev.     zu  WeluMi  Aier.     zu   Ihu-g  Schwalbach 


«')  Gerodet. 

"'•')  Hier  ist  i>lii  .,iimiiii''  nccil.ut. 

'''^)  Klioinorau. 


104 

vioi,  das  jehrlicli  dlv  lu-Uf  trächtig  seyeii.  bov  fnedouszeitton :  kann  niaun  iiin 
der  höhe  s:ele":enheitt  machen  für  die  tohleiu  unib  die  Gräfenwiess.  >Yaim  sie. 
wie  oben,  verbessert  undt  erweittert  wirdt :  da  dann  ein  herr.  Avann  er  taugliche 
bescheler  hält,  seine  Ställe  zieren,  auch  aus  jungen  pferden,  wann  sie  zugeritten 
seindt.  nutzen  undt  geldf  haben  kann.  I^s  kann  auch  allso  angestelt  Averden, 
das  die  underthanen  hübsche  Stutten  inn  ihren  fuhren  halten,  der  lierr  aber 
schöne  undt  gutte  bescheler.  da  dann,  waiui  einer  fine  stutte  springen  lasset, 
ein  ducat  pflegt  geben  zu  werden:  wann  dif  fohlen  abgestossen  werden,  gibt 
der  herr  zehen  Rfii.  darvur:  wann  sie  ihnie  gefallen,  kann  manch  guttes  pferdt 
gezogen  werden. 

Innsgenu'iu  seindt  gi-usse  liüf  der  herrscliaft  nützlich,  wenn  sie  inn  acht 
genommen  werden.  Die  kleine  werden  besser  erblich  verliehen  oder  verkauft, 
dann  sie  mehr  zu  bawen  costen.   als  sie  wehrt  seindt  oder  nutzen  können. 

[Mulden.'] 

Es  seindt  sehr  viel  mülden  abgangen,  daher  die  fruchtrenthen  sehr  ge- 
ringert  wurden,  ist  darauf  zu  sehen,  wie  sie  wuederumb  angerichtet  werden 
kiinnen.  welches  an  den  herrschaftlichen  eigenen  niühlcn  zu  thuu.  undt  jährlich 
etwas  wieder  angebawet  werden  kann:  wo  andere  }>facht  baar  abgangen,  ist 
inn  acht  zu  nenimen.  ob  sie  der  leut  eigen  oder  erblich  oder  sonsten  auf  ge- 
wisse jähr  verliehen:  seindt  sie  der  leut  eigen  oder  erblich  verliehen,  seindt 
dieselbe  zu  erinnern,  das  sie  selbe  bawen :  inn  verpleibung  seindt  die  pfächt  von 
ihnen  zu  fordern  oder  wann  sie  sie  nicht  bawen  können  oder  wollen,  dahin 
anzuhalten,  das  sie  sie  anderen  überlassen,  die  den  pfacht  entrichten,  undt 
kaim  denen,  die  sie  erbawen  wollen,  der  jifacht  auf  etzliche  zeitt  erlassen, 
herntich  etwas  geringert  werden,  biss  es  wiederumb  auf  den  rechten  pfacht 
gebracht  werden  kann.  Ich  kam  einsmahls  naher  Laher,  da  wardt  von  den 
beampten  undt  geistlichen  grosse  clag  gefülirt  gegen  den  kircheu  schafner.  Ich 
Hess  seine  rechnungen  abliih-en  undt  auf  die  clagtcn  inquiriren,  befandt,  das 
der  kirchen  schafncn-  die  gantz  verwachsene  gütter,  wie  oben  bey  den  mühlen 
gedacht,  auf  etzliclie  jähr  den  kfutten  für  ihre  schwere  arbeit  vergebens  ver- 
liehen. liernacJi  di(^  pfaeht  jährlich  gesteigert,  das  er  höher  kommen,  als  er 
iemahln  gewesen ;  strafte  ihn  derowegen  mitt  einem  hübschen  platz  zum  garten, 
welchen  ihm  der  Marggraf  ohnbillig  genommen,  ist  aber  seinen  erben,  wann 
die  herrscliaft  inn  unsern  banden  ist,  zu  restituiren. 

[Brennhoh.] 

Die  gütter  l)ey  (iasenl)ach  seindt  eitel  bäume  undt  hecken  gewesen,  Avar 
bey  den  dienern  ohnmöglicli  sie.  zu  recht  zu  briugeji;  ich  aber  Hesse  die,  so 
mir  Iteruhoitz  machtcm,  dieselbe  ausstocken,  hatte  das  andere  Jahr  fruchten 
alldar  undt  brauchte  das  holt/,  zur  hofhaltung;  ist  aHes  unmöglich,  das  mann 
nicht  angrcjift.    welches  auch   an   an<lren  ortteji  zu  rliun. 

Es  gehet  aMhicr  ein  gross  brenuholtz  auf.  so  wojil  bey  hof  als  den  bc- 
<li<!nten:  auf  das  es  abei-  desto  Icicbrei'  bev  zu  bringen  s(>ve.  wann  die  under- 
tlianeii  <lieiistgeldt  gc-beii.   kann  mann  an  den  Jungen  undr  biss  an  den  Trompeter 


105 


uiidr  (rräfVmwioHs  lidlt/.  uiitcJicji.  »iurrii  (!i;^cii<'  führen  l»fy  »lif  L'iU'clu^iiliaiK.'r 
h-M-h  hriiigen,  liernucli  durch  dcu  gnibon,  so  ich  von  (h-r  llncchcnlmncr  buch 
anhoro  luiichon  lasse,  biss  bey  das  hiius  «^cHüsst  werden:  den  dieneren  nuiss 
ied(!ni  ein  »-cwisses  an  holtz  "eniaolit  werden,  das  die  und«!rthanen  nicht  be- 
schwehrt  uudt  das  holt/,  niclit   zu  viel  verüst  werdt. 


[WaidicerJc.'] 
Ik'v  ihn-  hof'lialtung  niuss  mann  ehrlich  tractameut  haben,  sond(!rUcli  wann 
frembte  herrschaft  aukü)nmcn;  dann  zu  viel  iiaushälterisch  leben,  gibt  endtlicli 
einen  geitz;  uudt  Verachtung:  nuiun  niuss  sich  aber  für  unnützem  verschwc^nden 
hütten,  welclios  schulden  verursachet.  Dieses  landt  ist  allse  von  Gott  gesegnet, 
das,  wann  mann  recht  haushält,  mann  alles  gnug  zur  hofhaltung  haben  kann,  was 
mann  wünschen  mag !  Es  ist  oben  von  fruchten,  wein,  viehezucht  und  dergleichen 
geredt  worden,  ist  das  gröste  stück  boy  der  hofhaltung :  es  kann  aber  an  Heisch 
viel  erspart  werden,  sonderlich  bey  dem  gesindt,  wann  mann  boy  rechter  zeit 
fastenspeisen  einkauft  undt  das  weidtwerck  undt  fischereyen  wohl  anstcdlet.  icli 
liab  nach  meinem  exilio  nicht  einen  mann  bis  dato  haben  können,  der  bey  dem 
kleineu  weidtwerck  flcnssig  undt  trew  gewesen  were:  da  ich  zuvor  fünf'zehen 
hundert  biss  zwei  tauscnt  feldthüuer  auf  der  Cammer  gehabt,  hab  ich  nicht  zwey 
hundert.  Kann  mann  junge  lout  haben,  die  das  kleine  weidtwerck  lernen, 
thut  es  einen  grossen  vortheil  undt  zierdt  bey  der  tafl'el  uudt  ist  der  costen 
wohl  daran  zu  wenden,  das  mann  sie  an  orten  lernen  lasse,  da  es  rechtschaffene 
weidtleut  gibt:  liier  zu  landt  gibt  es  keine  als  zu  hüner  undt  aufs  höchste 
schneppen  fangen;  sie  müssen  aber  auch  lerchen,  hncke,  krametsvögel  undt 
dergleichen,  auch  vögel  mitt  den  globen"*)  fangen  können,  sonsten  seindt  sie 
keine  rechte  Vogelfänger ;  mann  kann  nicht  allein  feldthüuer,  sondern  Aur-  undt 
birckhanen.  haselhüner.  schnepfen,  wachtein,  krametsvögel,  lerchen  undt  mitt 
dem  globen  allerhandt  vögel  haben,  auf  dem  Jlhein  wilde  endten  mit  schiessen 
undt  endten  fängeru.  Hochwiltpret  kann  manu  zur  notthurft,  Rehe  undt  hasen 
inn  menge,  wann  es  recht  gehegt  wirdt.  haben,  da  dann  auf  die  hirten.  auch 
hauern  fleissig  acht  zu  geben,  da  sie  mitt  ihren  hunden  nicht  das  junge  wildt- 
pn^t  undt  hasen  wegfangen.  Mann  kann  auch  nacli  undt  nach  wildt  tücher 
undt  garn  zu  wegen  bringen,  darvon  numn  nicht  allein  nutzen,  sondern  auch 
histen  haben  kann;  federleinen  undt  läppen  seindt  nützlich  undt  auch  zum 
kisten  dienlich,  mann  muss  aber  die  Jäger  aufwecken,  das  sie  sich  nicht  auf 
die  faule  seitteu  legen,  sondern  die  leithundt  bey  zeitten  abrichten  undt  fleissig 
üben;  mann  nrass  auch  auf  Adeler  undt  ander(>  raubvögel  fieiss  sie  zu  tilgen 
anwenden,   dann  sie  thun  grossen  schaden. 

[Fischereien.'} 
Frisches   hschwerk    muss    mann  auch  haben:  (hirumb   reich   unch   behälter 
erhalten  undt  die  abgangene  zu  repariren;    es  hatt  diss  landt  an  Forellen  undt 
krebsen  den  uberfluss,    so  wohl    inn  bächen    als    inu   wevern    zu   Walrabenstein 


'^*)  Klobe  =  gespaltener  Stock  zum   Vugeltnnjjeu.     Siehe  Kehre  in,  Vülk,ssi»rHchu. 


100 

und  ( f a^tMiliach ;  umlr  kauji  t-iii  M-hr.ncr  wi'u-r  auf  dvv  Unt'fhonliiiner  badi  ge- 
macht wfrdeu.  so  sich  selbsteu  speiset.  ^Van  «lie  reich  inn  acht  genommen 
wenlen.  kann  luaiin  an  hecliten  und  carijeu  iiodi  verkauften:  die  weyer  zu 
Adtdfseck.  weht-n.  Wissbadeu  undr  der  graben  allhier  seindt  gnug  zu  diesem 
allem.  E>  kann  zwischen  der  Sjiiral  undr  armen  rulier  mühl  mitt  leichten 
ciisten  fin  <ch(»uer  weyer  gemacht  werden,  dieser  ietzige  krieg  liarr  luicli  daran 
verhindert:  wann  dii'  reich  rechr  inn  aciit  genommen  werden,  kann  juann  alle  jähr 
zween  fischen.  Ich  hal»  au  hiesigem  küchengarten  denn  graben  undt  behälter 
machen  lassen,  kiinucn  darein  liecht  undt  carpen  zu  täglichem  gebrauch  auf- 
gehalten wenlen :  können  iu»ch  mehr  inn  schlossgrabeu  undt  für  dem  lustgarten 
iremacht  werden,  da^  mann  allerlev  fisch  darein  halten  kann,  ich  hab  die 
stoltze  wiesh  vollendt  gebrauchen  wtdlen.  einen  grossen  garten  von  achthundert 
schurh  lang  undt  breit  daraus  zu  machen,  da  dann  ein  grosses  bassin  inn  die 
mitte  undt  an  statt  erden  zu  lusststücken  wasser  kann  gebracht  werden,  hab 
aber  wegen  anderer  gebäw  undt  uucosteu  auf  reisen  undt  Verschickungen  nicht 
darzu  irelanjren  können ;  es  y;ebe  einen  nützlichen  lusten  mitt  eascaden  undr 
anderem  wasserwerck.  undt  könte  mann  den  nutzen  von  tischen  undt  gewachsen 
darbey  haben.  Undt  dieweil  die  Kesslerin  undt  andere  wiesen  undr  kleine 
ländereyen  haben.  s(i  darinn  kommen  müsten.  weren  selbe  durch  kauf  oder 
tausch  daraus  zu  bringen,  müste  durch  machung  eines  w'assergrabens  gleich 
gemacht  werden,  welcher  etlicli  mahl  durchschnitten,  desto  mehr  gefach  zu 
tischen  geben  würde;  wann  die  weiher  recht  inn  acht  genommen  werden,  kann 
man  alle  niess  durch  die  tisch  die  messwahren  bezahlen.  Fischereveu  im  Rhein 
undt  der  Schiersteiner  loch  können  also  angestelt  werden,  das  mann  wöchentlich 
cinmahl  darein  fische.  Avas  iiichr  zur  Hofhaltung  zu  bringen,  verkauft  werde. 
p]issbrüch  seindt  auch  nützlich,  uiidt  können  die  Biebricher  undt  Schiersteiner 
umb  das  dritte  theil  oder  die  helft  mir  Schaffung  der  garne  selbiges  verrichten : 
wann  mann  eissbrüch  hatt,  kann  die  bach  inn  meiner  Kinder  garten  geschwelt 
undt  die  fisch  darinn  aufgehalten  werden. 


[T hier  fj  arten.'] 
'Filier  gärten  seindt  auch  nützlich,  müssen  aber  ohne  der  underthanen 
schallen  gemacht  werden,  der  Frawen  waldt,  mittel  undt  sangerberg,  wie  aucii 
Meissel  könnten  darzu  gebrau(dit  werden,  wann  die  uuechenhaner  undt  Eschen- 
haner  an  andere  orth.  als  den  Lirbacher  undt  Seibacher  grundt  köuten  trans- 
ferirt  wcsrden :  ist  ein  grosser  bezirck,  undr  könte  etwas  von  der  höhe  darzu 
gezogen  undt  die  Vdhlen.  wie  (»bgedacht.  darbey  gethau  werden,  doch  das 
selbe  sonderlich  inn  der  Hirschbrunst  abgescheiden  weren:  können  auch  sprüng 
gemacht  werden,  das  frembr  wildpret  darein,  aber  nicht  daraus  kommen  können: 
darmit  aber  IjUX  undr  widf  hinein  kommen,  aber  nicht  hinauskommen  können, 
scha(h'n  zu  rhun.  seindt  an  die  sj)rung.  darein  sie  fallen,  zu  beiden  seiften 
uiaureji  oder  hohe  paiissaden  zu  machen,  die  sich  zu  spitzen,  das  sie  endtlich 
iii<;ht  juelii'  /iirüek  kommen  können.  \v(ül  maim  einen  iiattfU'  liinder  ihnen  zu 
rJuin  kann:  kann  alsdann   da>  wihltjirer.    wann  mann  will,    hinein  gelassen,   JjUX, 


107 

wölf  iimlr  (lerg'loiclicii  hIuh'  imilic  gctil;;<'t  worden;  wolfsf^ürten  srindi  muli 
ilarzu  luitzlicli  iindr  kann  das  S(di\vart/wildpret  gciköret  undr  allso  gefang-en 
Avcrden. 


[Älcssirarcii.'] 

Wiini)  Mcsswaron  oinzukauttViii,  isr  dahin  /.n  sehen,  (his  mann  tüelitige 
waren  einkauffe,  entweder  bey  den  f'renibteu  oder  doch  nielit  vuii  denen  kräniern. 
SU  OS  von  selbigen  erkauften,  undr  heriiaeli  unib  d(i[)j)olt  geldt  verkauft'en;  ist 
es  an  specoreyen,  kann  mann  es,  was  centner  widss  verkauft  wirdt  (dann  den 
f'renibton  ist  es  nicht  anders  erlaubt),  am  besten  bey  den  ^'iederländern;  ist  es 
t'asts])ois,  dergleiclien;  tiiclior  zu  livreen  bey  den  Hamburgern,  da  maim  gutto 
wahren  bokt)mbt;  kann  aber  nur  jnitt  gantzon  stücken  bekommen  W(irden,  daiaii 
ni(dits  gelogen;  dann  ob  man  etwas  über  die  notthurft  kauft,  hatt  mann  es  ein 
ander  mahl  zum  bessern,  undt  liatt  manu  dahin  zu  sehen,  <his  gutte  wahr 
gekauft  werde;  dann  wann  mann  schlechte  wahr  kauft,  hatt  mann  den  vortheil. 
das  mann  zwoy  livreen  des  Jahres  geben  muss ;  es  thun  zwar  die  diener 
hissweilen,  auf  das  sie  sie  thewer  inn  liochuung  bringen  können,  wann  sie  sie 
wohlfeil  eingekauft  haben.  Für  grossen  Kleider  pracht  ist  schon  oben  gedacht 
worden,  das  mann  sich  zu  hütten  hatt,  dergleichen  ist  auch  mitt  livreen,  undr 
können  dieselbe  ehrlich  undt  zierlich  gemacht  werden,  wann  sie  schon  nicht 
übrig  köstlich  seindt. 

\_Sc/iii/(lc/itil(j/(iiy.^ 

Mann  liatt  dahin  zu  sehen,  das  die  diener  jährlich  bezahlt  werden ;  dann 
es  sonsten  baldt  aufschwillot,  undt  dieweil  der  wein  nicht  alle  jähr  geräht,  luitr 
mann  sich  zu  boHeissen,  wie  oben  gedacht,  das  mann  die  köstliche  wein  spar»^ 
undt  lieber  andere  kaufte  oder  den  dienern  goldt  darfür  gebe.  Wann  ein  herr 
schulden  ererbt  oder  durch  unglückselige  zeitten  deren  zu  machen  gezwungen 
wirdt,  hatt  er  nicht  zu  ruhen,  biss  sie  getilget  seindt,  das  dann  geschehen  kann, 
wann  manu  allso  haushält,  das  mann  geldt,  frücht  undt  wein  im  vorraht  hat: 
wie  solches  zu  wegen  zu  bringen,  ist  schon  oben  geflacht;  fürs  ander  eine 
Zeitlang  den  hofstatt  ringert,  Avelches  nicht  so  schim})ftich  als  wann  ihme 
Mandata  immissorialia  eingehändigt  werden;  zum  dritten  etwann  mitr  wein, 
fruchten  od(!r  vi  ehe  undt  anderen  eine  solche  ])artirung  treibet,  das  er  geldt 
inn  liänd(!n  bokombt,  den  numgel  der  R(Mithen  zu  ersetzen:  zum  vierten,  das 
er  auf  doA\  nolitfall  di<^  undertlianen  zu  liili'  nimbt:  dann  so  lang  es  verpleiben 
kann,  soll  mann  andere  mittel  gebrauchen  undt  dahin  sehen,  das  die  under- 
thancn  bev  cräften  bleiben. 


[Buh  und  haH-Unterhaltuntj.'] 

u'    zu  conservirung    oder  veib( 
zu  newen  iu»tti""en  ddci'   iiützlielirn    bawcii    luiei'  zu  zieraht  ixlei"  lustcn  «xlcr  zu 


Bawen  ist  entweder    zu  conservirung    oder  veibesserung    der  gebäw  oder 


108 

sicherlifir.  Die  biiw.  xi  uiirrig  iindr  nürzlicli  albereits  gebawet  seindr.  muss 
mann  i'rlialten:  dann  \vann  sie  nicht  iun  tacli  und  fach  gehalten  werden,  hatt 
mann  den  vortheil.  this.  was  mann  manches  mahl  niitt  einem  litli.  hette  erhalten 
können,  hernacli  wann  es  verwarhiset  ist,  mitt  hunderten  muss  wieder  gebawet 
werden:  undr  muss  mann  die  Diener,  so  sie  verwahrloset,  anhalten,  das  sie  sie 
auf  ihnen  costen  repariren.  Es  können  auili  die  nöttige  gebäw  verbessert 
wenU'n.   wann  mann  anstatt  des  gehöltzes  selbige  mitt  mauren  underziehet. 


Die  Wiesbadener  Landstrassen  im 
18.  und  19.  Jahrhundert. 


Ydii 

C.  Spielmann. 

Mit  1   Karte. 


Nicht  nur  in  der  Umgegend  von  Wiesbaden,   nicht  nur  in  Nassau  aUein. 
sondern  wold  allenthalben  im  Reiche  wird  man  die  Erfahrung  viclfacii  gemacht 
haben,   dass  früher  die  alten  Ileerstrassen  zum  Tcül,    die  übrigen  Landstrassen 
ebenfalls  mehr  oder  minder  andere  Richtungen  eingeschlagen  haben.     Und  zwar 
sind  die  Änderungen  der  Richtung    allermeist  in  dc^r  jüngsten  Zeil,     im  Tjaufe 
dieses  Jahrhunderts    vorgenommen   worden,    dabei  oft    so  gründlich,    dass  mau 
den  Lauf    früherer  Strassen    kaum    wiedererkennt.      Der   Grund    weshalb    diese 
Änderungen    erfolgten,    ist  in  zweierlei    zu  suchen.     Erstlich   fand    durch    den 
Regensburger  Reichsdeputationshauptschluss  im  Jahre  1803  eine  Vereinfachung 
der  deutschen  J.andkarte  statt:  eine  Menge  kleiner  Territorien  verschwand  und 
half  anderem  vergrüssern;  letztere  wurd(m  dadurch  zugleich  kompakter.     Infolge- 
dessen wurde  auch    der  Verkehr    innerhalb    der  Grenzen    der    also    erweiterten 
Ijandgebiete  freier,    der  Anschluss    der    einzelnen  Strassen    besser,    die  Durch- 
führung in  einer  Strecke  leichter;  es  Hess  sich  ferner  zwischen  mehreren  grösseren 
Staaten  leichter  ein  Abkommen  treffen,   (une  Heerstrasse  auf  weite  Entfernung 
hin  anzulegen.      Hieraus  ergal)  sich  dann  zum  anderen  schon  von    selbst    diese 
oder  jene  Änderung    der  Richtung    alter  Strassenzüge:    ausserdem    alier    nahm 
man  jetzt  bereits  etwas  darauf  Bedacht,    die  neuen  A^erkehrsstrassen  nicht  wie 
früher  geradeaus,     ohne  Rücksicht    auf   ßodensteigung,    durdi    dick    und    dünn 
bergauf    und  bergab    zu  führen.     Man  kam  überhaui)t  von    der  Praxis  ab.   die 
Wege  über  die  Höhen  zu  leiten  und  benutzte  Rasse  und  Thäler.   um  namentlich 
den  Lastfuhrwerken  die  Reise  zu  erleichtern. 

Übrigens  war  schon  in  den  Zeiten  des  aufgeklärten  Despotismus  nianche.s 
zur  Verbesserung  der  bestehenden  Strassen  und  zur  Erleichterung  des  Verkehrs 
geschehen.  Aber  der  Grundsatz  der  ]{öhenführung  der  Heerstrassen  blieb  be- 
stehen; man  haftete  daran   mit  einer  Zähigkeit,    die  erstaunlich  ist.   wenn  luau 


110 

l.eiibachr.T.    wir  amloiM-it-  mit    s..  vielem    «lureli  die   rberliefcruiii--  Uelieiligteii 
kurzer  Prozess  gemachr  wurde. 

Die  YeränderuuiC  nauieurlicli  tler  ülier  das  Höhei,'ebirge  zur  Stadt  Wies- 
liaden  tulireuden  Strassen  wird  l)es(tnders  deutlieh  erkoindjar.  wenn  wir  die  im 
Stadtarehiv  zu  Wiesbaden  l)eündlielie  alte  (Temarkungskarte  vou  1701  mir 
neueren  Karren  vergleielten.  .b'iie  Karte  stammt  aus  einer  Zeit,  da  der  Fürst 
Georg  August  von  Nassau- Idstein,  einer  der  Vorläufer  des  aufgeklärten  Despo- 
tismus, noch  nicht  begonnen  hatte.  «hMii  Strassenbau  in  seinem  (rebiete  be- 
sondere Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Ks  sind  also  lüer  noch  die  ältesten 
Strassenzüge  eingezeichnet:  selbstverstäudlieJi  sind  die  Ziele  der  Ileer-  und 
Landstrassen  dieselben  wiv  in  der  Folgezeit,  t'bei'  die  Veränderungen  geben 
uns  die  ChaussecOiauakteu  des  Archivs  entsj)rccliendeu  Aufschluss.  Betrachten 
wir  imn  di»'  alten  nach  AVit'sbaden  zi(^henden  Strassen  und  die  Veränderungen, 
die  Nie  seit  etwa  zweihundert  Jahren  eifuhren.    näher. 

1.  Die  Xenhufer  Strasse  oder  Platter  Chaussee.  Sie  ist  eine 
uralte  lleerstrasse  gewesen,  von  den  Römern  angelegt  und  vielleicht  von  diesen, 
wenn  uidit.  dann  gewiss  zur  Frankenzeit  vom  Zugmantel,  wo  dei'  Limes  sie 
«[lun-te.  iÜM'r  die  Uünerkirche  und  ülier  Kirberg  nacji  Limburg  weitergeführt 
worden. 

Nach  K.  1701')  lief  sie  aus  dem  Jleidenthore  an  der  Kircldu)fgasse,  die 
heutitre  Kirclihofffasse  und  Adlerstrasse  aufwärts,  dann  in  der  Richtung  der  Kastell- 
Strasse  weiter,  bis  sie  oberhalb  des  Städtischen  Krankenhauses  die  Linie  der 
heufiiren  Platter  Strasse  aufnahm  und  beibehielt. 

Anno  1714  fand  hier  eine  Veränderung  statt.  Fürst  Georg  August,  der 
einsehen  mochte,  dass  die  Einmündung  der  Landstrassc  in  das  enge  Heidenthor 
(auch  die  Weh(en)er  Pforte  genannt)  zu  jäh  und  daher  zu  unbequem  Avar,  dass 
aucli  nicht  die  rechte  Verkehrsader  der  Stadt  damit  getroffen  wurde,  verlegte 
die  Richtung  der  Strasse  nach  dem  Stumpfen  Thore  hin.  Er  nötigte  die  "Wies- 
badener Rürger.  dieses  Thor  zu  einem  Fahrthore  umzubauen,  was  die  Stadt  noch 
dazu  auf  ihre  Kosreii  tlum  inusste.  Ferner  wurde  es  notwendig,  den  vor  dem 
Thore  sich  eriiebenden  Hügel,  der  damals  noch  bis  zur  lieutigen  Eniser  Strasse 
in  derselben  H("ihe,  wie  wir  sie  am  Krankenhause  bemerken,  vorgerückt  war. 
zu  durchschneiden.  Das  Stumpfe  Thor  stand  am  Hause  Michelsberg  Nr.  15: 
es  entstand  also  ein  gerades  Stück  Strasse  (heute  verlängerter  Michelsberg  bis 
zur  Schwalljaclier  Strasse)  und  dann  ein  gewundener  IFohhveg  (Schwalbacher 
Strasse  und  Platttu"  Strasse  bis  zum  freien  Platze  vor  der  Kastellschule).  Auf 
<ler  Spitze  des  Grundstücks  Emser  Sti-asse  Nr.  1  (Stallforth,  früher  Stamm) 
und  g(!genüber,  auf  der  heutigen  Schwalbacher  Strasse  in  Verbindung  mit  dem 
Schulbergc^  (;rhoben  sich  zwei  hohe  ,,Bü('kel"  (Hügel),  zwischen  denen  die  Strasse 
sich  hindurchwand.  Sie  war  bis  auf  die  Hö]u>  liinter  dem  Krankenhause  ge- 
jtflastert,    doch  niclit  chausseemässig  angelegt. 

Diese  Anlage  fand  erst  177()  statt.  Der  Fürst  Karl  Wilhelm  von  Nassau- 
L'singen,   ein  grosser  Jagdliebhaber,   erbaute  in  diesem  Jahre  auf  der  Platte  ein 


')  Dio   Alikiirzuiiir   bcdoiitct   i.   f.:    Iviirtr   von    iToi    im    Wicslmdeiier  Ötddliiifliiv. 


111 


„Jägorliaiis".  an  dc^sscii  Stelle  lS2;V/iU  dincli  ILcr/u^'  W  ilhcliii  ilas  heiui.nj 
.ragflschloss  trat.  Fürst  Karl  AVillielm  eiiitinetc»  clor  IJürjioi-seliaft  zu  Wioshadffii, 
(lasH  er  vorhaben  die  alte  I  Iccrstrasse  über  XcMiliof  und  die  I  liiii(M'kircli(^  in  ihrei- 
f<anz(Mi  Ausdehnung-  ebausscemässi^  lierri(diten  zu  lassen.  Mr  wolle  in  Anbetrarht 
dei-  nalimn<>'sl()sen  Zeiten  und  einn'ei'isseiien  ( i<ddnniJifi-<ds  die  Stadt  nüt  lie- 
sondcrcMii  Ueitrafje  vcirscilnmen.  auch  die  i)eue  (']uiuss(u?  l)is  auf  die  Haui»t- 
roparaturcn  „oline  ri-acjudiz''  nntorhalton.  Doch  seicMi  di(!  Hiirf|;er  gelulltem, 
ihren  Anttdl  liis  zur  (Irenzo  des  Stadtbanns  inunentlich  inb(.'zu<i;  auf  das  PHastor 
zu  (M'neueiii.  Ms  wuide  ihnen  anlieinig(!st(dlr.  uli  sie  den  Ausbau  selbst  ver- 
nehmen oder  ihn  gegen  /ahlung  ven  ."iOO  Gulden  der  llerrsiduift  ülxirti'agcui 
wollton.  Si(^  (intschlossen  sicli  zu  erstoreni.  nahmen  alsn  (Um  IJau  selbst  in  di«^ 
lland  und  zogcm  dazu  auch  dic^  IJef'roiten,  d.  h.  di«-  Aihiligeu  und  steuerfreien 
.Ilofb(!ständer.  zur  Arbeitsleistung  (l><'ifuhri  heran,  was  fr(nli<di  anfänglirh  einen 
kleimm  Jvam]»f   kostete. 

Die  Firncuierung  der  Strasse  bestand  darin,  dass  „die;  J bilde  aj»]»laniert, 
die  zwei  vorragenden  Hüek(d  abg(Mvnrfen,  der  (Irund  und  Boden  in  den  Graben 
links  g(d)raclir.  dii^ser  ausgefidlt,  das  alte  Pflaster  liegen  gelassen  und  das  ne:ue 
daraufgesotzt  wurde.'''  Der  fürstliche  Wegebauführe)'  gab  dabei  genau  acdit, 
dass  alles  richtig  ausgeführt  wurde,  und  als  die  Wiesbadener  nicht  sachgeniäss 
genug  verfuhren,  erschien  ein  D(dvret  des  Fürsten,  „dass  in  der  Hohle  bei  der 
Bestückung  die  Steine  Imch  zu  stellen  und  einen  halben  Schuh  hoch  mit  zer- 
schlagenen kleinen  Steinen  zu  überschütten,  die  Ufer  nicht  zu  steil  anzulegen, 
vielmehr  schief  zu  beschürf(ui,  oder  besser  noch  mit  einer  flauer  zu  unter- 
fangen! seien."  Auf  Vorstellung  der  Biirger  sah  Juan  von  einer  3[auerauft'tihrung 
als  zu  kostspi(dig  ab;  es  dauerte  drei  Jahre,  bis  die  Strasse  bis  oberhalb  des 
..Wulkenbruch'"  (vor  dem  neuen  Friedhof i;)  fertig  war.  Doch  wurden  bald  darauf 
und  auch  in  der  Folgezeit  anhaltend  über  den  schlechten  Zustand  der  Strasse, 
luimentlich  beim  Wolkenbruch,  geklagt.  Der  weitere  Strassenzug  ist  bis  zur 
Platte  bis  heute  derselbe  geblieben.  Kurz  vor  dei'  Platte  zweigte  ein  Weg- 
direkt  nördlich  ühvr  die  Rentmauer,  den  Herzogsweg  (s.  w.  u. )  kreuzend. 
nach    Wehen  ab.    dei'  bis   in   die  neueste  Zeit  noch  viel  lienutzt  ward. 

2.  Die  S  c  h  w  a  1  b  a  c  h  e  r  Strasse.  Auf  K.  1 701  zwengt  diese  Strasse 
von  der  Neuhofer  Strasse  ab  und  zwar  auf  der  Höhe  gegenüber  dem  heutigen 
älteren  Friedhofe  an  der  Platter  Strasse.  Sie  lief  über  den  Atzelberg  und  kajn 
vor  der  Walkmühlen  begrünter,  durchschnittt  das  Thal  des  Deudelbachs  (Kessel- 
bachs), zog  quer  durch  den  Wald,  am  Pulverhause  vorbei,  über  den  (rlasberg 
zwischen  diesem  und  der  1 700  erbauien  Klostermühle  hinunter  nach  Clarenthal 
und  an  dieser  Niederlassung  vorüber,  bis  sie  die  heutige  Lahnstrassc  erreicht(\ 
Dann  behielt  sie  deren  Lauf  bei.  steil  aufwärts  bis  zum  riiausseehaus  und 
weiter  um  die  Hohe  Wurzel  herum  über  den  Klapperstock  und  die  Sehauze 
nach  Langenschwalbach. 

Die'^Richtung  der  Strasse  über  den  Atzelberg  ist  auf  einer  andern  Karte* 
aus  dem  Jahre  li<20  noch  durch  einen  Feldweg  angedeutet;  sie  lässt  sich  heute- 
nicht  mehr  verfolgen,  ebonse^wenig  wie  den-  Zug  über  den  Glaskojd"  und  Claren- 
thal nach  der  Lahnstrasse. 


112 

Dil'  Vorloguug  der  Münilunj;  der  Neuhofor  Strasse  in  das  Stumpfe  Thor 
im  Jahre  1714  hatte  auch  eine  Änderung  der  SchAvalbaehcr  Strasse  zur  Folge. 
Man  zog  einen  geraden  AVeg  vom  Stumpfen  Thore  aus  ,,durch  das  Baumstück, 
dem  Sturmenliof  gehörig,  am  Leimen  (Lehmgrube;",  die  lieutige  Emserstrasse. 
Hierbei  ist  zu  beac-htt-n.  «liss  die  Stadtmauer  au  der  Rückseite  der  Ilochstätte 
herlief  und  aUes  Terrain  wesrlicli  davon  aus  Cfärten  und  Ackerland  bestand. 
Ferner  war  der  neue  AVcg.  der  weiter  die  Lahnstrasse  liinaus  zur  Klostermühh> 
führte,  keine  Chaussee,  sondern  nur  der  besseren,  direkten  Verbindung  halber 
angelegt:  die  ahe  von  der  ILdie  der  Phxtter  Strasse  hinter  der  Holde  luieh  dem 
Atzelberir  führende  Strasse  bliel»   einstweilen   noch  bestehen. 

Um  ITöH  wurde  geplant,  die  S(;liwalbacher  Hauptstrasso  ehausseemässig 
von  der  Hohen  Wurzel  übei  Mosbach.  Kastei  nach  Frankfurt  zu  leiten,  während 
sie  bisher  über  Ciarenthal.  Wiesbaden  und  Erbenheim  nach  Frankfurt  gegangen 
war.  Als  Grund  dafür  wurden  die  schlechten  Wegverhältnisse  auf  letzterer 
Richtung  angegeben.  Und  in  der  Thal  scheint  sowohl  die  Strecke  über  Claren- 
thal.  wie  die  über  Erbenheini  (s.  w.  u.)  in  einem  bedauernswerten  Zustande 
gewesen  zu  sein.  Dazu  kam  der  Umstand,  dass  der  Weg  beschwerlicher  war 
als  der  andere  zum  Ausbau  vorgeschlagene.  Aber  die  Wiesbad(^ner  setzten 
sich  mit  allen  Kräften  zur  Wehr,  damit  der  Verkehr  nicht  von  ihrer  Stadt 
abgelenkt  würde.  Sie  beschrieben,  wie  si(>  grossen  Mangel  an  Nahrung  erleiden 
müssten,  wenn  namentlich  die  Lastwagenführcr  und  Hauderer  nicht  mehr  im 
Gasthause  zum  Einhorn  einkehren  würden.  Die  J\[osbacher  dagegen  hätten  die 
Hinüberlenkung  des  Verkehrs  über  die  alte  Holzstrasse  nicht  so  ungern  ge- 
sehen. Der  Fürst  Karl  vdu  iSassau-Usingen  holte  Gutachten  der  drei  Ge- 
meinden (ün.  Der  Stadtschultheiss  Hoffmann  zu  Wiesbaden,  unterstützt  von 
dem  gesamten  Stadtvorstande,  legte  darauf  einen  Flau  vor.  wonach  der  Schwal- 
bacher  Weg  zum  Stumpfen  Thore  hinaus  bis  ;in  die  Klostermühle,  ehaussee- 
mässig erbreitert.  neu  angelegt  werden  sollte.  Von  da  sollte  er  nach  dem 
Kloster  zugeführt  werd(^n  und  von  dort.  ..wie  er  gegenwärtig  ist.  inu'  dass  unten 
an  dem  Wald  derselbe  etliche  Schuh  weiter  in  die  Wiesen  und  an  das  Kloster, 
wn  die  Hohl  ist.  über  der  Hohl  her  durch  das  Feld  getrieben  müsstc;  werden, 
dann  gerade  durch  den  Wald  an  den  Wiesen  her  fort  bis  in  die  Höhe  in  die 
Schwalbacher  Strasse  an  dem  Stock"  (vor  dem  Chausseehaus V).  Der  Schultheiss 
von  Mosl)iicli  und  seine  Gemeinde,  sprachen  für  die  andere  Strassenführung  und 
<lie  Dotzh(^imcr  schlössen  sich  an;  doch  gelang  es  den  Wiesbadenern  zu  be- 
weisen, dass  die  Holzstrasse  des  schlechten  Bodens  wegen  nicht  geeignet  sei, 
eine  Hauptvcrkehrsstrasse  zu  werden.  Man  wies  dann  weiter  darauf  hin,  dass 
(dn  Weg  v<.n  der  Wald-  oder  Holzstrasse  nach  der  Sclnvalbach-Wiesbadener 
Strasse,  der  sogenaimte  Klosterweg,  als  Verliindungsweg  bestehe  und  dass  von 
Dotzheim  zwei  Wege  durchs  I  Inllribornfeld  und  durchs  Wiesbadener  Feld  nach 
letzterer  Stadt  liefen. 

Dil;  Wiesbadener  behielten  den  Sieg.  Aber  erst  zehn  Jahre  später  kam 
der  n(!ue  Chaussecibau  in  der  von  dem  Stadtvorstande  vorgeschlagenen  Weise 
zur  Ausführung.  Anno  ITO:)  ixigann  man  mit  der  Erbreiterung  des  Weges 
zunächst  auf  der  Stieeke   v«.ni  Stumpfen  Thore  bis  zur  -lunkersmüJde  (Ecke  der 


11.". 

Drudcnstrasae),  und  dann  folgte  unter  tcihvciser  Aljünderung  der  ultcn  Linie 
der  allmähliche  Ausbau  der  heutigen  Lalmstrasso  übers  Chausseehaus  zur  Hohen 
Wurzel  weiter.  Nassau-Usiugen  setzte  sich  damals  mit  Hessen-Kheinfels,  zu 
dessen  Gebiet  Langenschwalbach  gehi'.rte,  auseinander,  und  dieses  baute  dann 
die  Strecke  von  dort  aus  bis  zur  Schanze.  Erst  1785  war  die  ganze  Chaussee 
Langeuschwalbach-Wiesbadeu  vollend(!t. 

Die  Schanze,    am  jenseitigen   Hange  der  Hohen  Wurzel  gelegen,    bildete 
die  Grenze    des    nassauischen    und    hessischen  Gebietes.     Es  waren    eigentlich 
zwei    solcher  Schanzen  vorhanden,    eine  westlich    gelegene    hessische    und  eine 
östlich  "-elegeno  nassauische.     Sie  bestanden  beide  aus  einem  von  einer  Mauer 
und    einem  Erdwallo  mit  Graben    umgebenen  Gebäude,    das    nachher    als  Zoil- 
station  diente    und  stammen  wohl    aus  dem    grossen  Kriege  her.     Das  heutige 
Gasthaus    zur    Schanze    steht    auf    dem    Terrain    der    hessischen  Schanze;    die 
nassauischc,    an    der  Abzweigung    des  Seitzenhahner  Weges    von   der  Chaussee 
gelegen,    ist    abgetragen  worden.     Die  Maut    wurde    hier    streng    geübt.     Die 
nassau  -  usingische    Regierung     fand    es    1767    für    notwendig,     einzuschärfen, 
dass  der  Privatweg    unter    der  (uassauischeu)  Schanze    nach    dem  (hessischen) 
Dorfe   Wambach    nicht    befahren,    noch    von    den   Sauerwasserträgern    benutzt 
werden    dürfe.     Die  Sauerwasserträger    waren    nämlich,    um    die  Gebühren   zu 
umgehen,    gern    geneigt,    den  Weg,    der    vor    der    nassauischen  Schanze    vom 
sogenannten   Klapperstock  nach  Wambach  abwärts    führte,    einzuschlagen,    um 
sich    von    dort    nach    Schwalbach    zu    begeben,    ihre    Krüge    und    Gefässe    zu 
füllen    und    denselben    Weg,     stets    auf   hessischem    Gebiete,    wieder    zurück- 
zuwandern. 

Zu  Anfang  unseres  Jahrhunderts  wird  über  den  schlechten  Zustand  der 
Lahnstrasse  berichtet.  Auch  klagte  man  über  die  gering'e  Breite  der  Strasse; 
doch  wurde  die  beabsichtigte  Erbreiterung  (1830)  unterlassen.  Die  Chaussee 
war  unvorteilhaft  angelegt;  Lastfulirwerk  musste  mitunter  zwölf  bis  fünfzehn 
Paar  Pferde  zum  Vorspann  nehmen.  Dennoch  blieb  die  Lahnstrasse  bis  vor 
vierzig  Jahren  der  einzige  Hochweg  nach  Laugenschwalbach. 

3.  Der  B  leiden  stadter  Weg  und  die  Eisenstrasse.  Nach 
K.  1701  führte  aus  dem  Mainzer  Thore  an  der  Kirchgasse  (Nonnenhof)  westlich 
am  Druderbache  entlang  (durch  die  heutige  Paulbrunuen-  und  vordere  Bleich- 
strasse) ein  Weg,  der  weiterhin  nordwestlich  durch  die  Distrikte  Überhoben 
und  Seeroben  lief,  auf  der  Hi)he  der  heutigen  Lahnstrasse  herauskam  und  d(.rr 
die  vom  Atzelberg  durchs  Walkmühlthal  heraufkommende  alte  Schwalbach. -r 
Strasse  kreuzte.  Er  führte  dann  weiter  westlich  um  den  Glasberg  (heutige 
Strasse  zur  Fasanerie),  dann  an  der  Kreuzung  des  von  Clarenthal  über  den 
Glasberg  zum  Adamsthale  führenden  Weges  geradeaus  durch  den  Wald  zum  Holz- 
hackerhäuschen, auf  welcher  Strecke  er  als  Promenadeweg  noch  zum  Teil  besteht. 
Hier  stiess  er  auf  die  Eisenstrasse. 

Die  Eisenstrasse  ist  eine  sehr  alte  Hochstrasse,  die  über  den  Pass  der 
Eisernen  Hand,  die  tiefste  der  drei  Senken  —  Eiserne  Hand  (434  m)  in  der 
Mitte,  Klapperstock  (569  m)  links  und  Platte  (501  m)  rechts  -  des  Kammes 


114 

der  Hiilu'  tührti'.  Ihren  Xaiiu-n  liat  die  Strasse  davon,  das«  auf  ihr  die  Eiseii- 
industrieprudukte  der  Miehelbaoher  Hütte  im  Aartliale.  besonders  die  eisernen 
liaueruüfeu.  die  damals  aber  fast  ausnahmslos  auch  noch  in  den  Städten  ge- 
braucht wurden,  auf  Lastwagen  ins  Gebier  südlich  der  Höhe  verfrachtet 
wurden.  Die  Eisenstrasse  verfolgte  vom  llolzhackerbäuschen  den  Lauf  der 
heutigen  Aarstras>^e  links  (westlich)  um  den  Bleidenstadter  Kopf  herum, 
führte  dann  aljer  in  Biegungen  bald  links,  bald  rechts  von  der  letzteren 
zur    Eisernen    Hand,    einem    uralten    Strassenknotenpunkte.     auf    der    Passhühe 

sreleiren. 

Hie  Eiserne  Hand  findet  mau  am  leichtesten,  wenn  man  sicji  von  der 
Aarchaussee,  da.  wo  an  der  Einfriedigung  vor  dem  Stationsgebäude  eine  Schneise 
die  Chaussee  kreuzt,  nach  (von  Wiesbaden  aus  gedacht)  links  über  diese  Schneise 
wendet.  Nach  zwei  Minuten  befindet  man  sich  hier  auf  einer  kleinen  Wald- 
lichtung, wo  eine  Anzahl  (fünf)  Wege  radienartig  einmünden,  bezw.  wie 
die  Finger  einer  Hand  auseinandergehen,  die  Rheingauer  Strasse  (s.  im  folg.) 
als  Arm  gedacht.  Von  Wiesbaden  her  kommt  die  alte  Bleidenstadter  Strasse, 
heute  nur  mehr  eine  Schneise,  die  sich  in  gerader  Riclitung  ebenso  nordwestlich 
fortsetzt.  Aus  dem  Bheingau  führte  hinterm  Schläferskopf  her  die  Ehein- 
o-auer  Strasse,  von  der  wir  noch  hören  werden,  herauf  und  ebenfalls  in  gerader 
Richtung  noidöstlich  weiter;  sie  gabelte  sich  bald  darauf  in  die  Strasse  nach 
Hahn  und  nach  Wehen,  erstere  war  zugleich  Fortsetzung  der  Eisenstrasse. 
Ausserdem  führten  links  zwei  Wege  zur  Hohen  Wurzel  und  zur  Schanze,  nach 
rechts  einer  über  die  zuerst  erwähnte  Schneise  zum  sogenannten  Herzogsweg 
und  auf  diesem  zur  Platte  weiter.  Der  Name  Eiserne  Hand  kommt  wahr- 
scheinlich von  einem  Stock,  wie  die  Wegweiser  im  Nassauischen  heissen,  mit 
einer  eisernen  Hand.  d.  h.  mir  fünf  Armen,  entsprechend  zugleich  den  fünf 
Fingern  der  Hand  und  den  fünf  einmündenden  Wegen.  Die  Michelbacher 
inögen  ihn  aufgestellt  haben. 

Das  Holzhackerhäuschen  ist  der  alte,  bereits  um  1750  bestehende  AVohn- 
sitz  eines  fiskalischen  Holzhauermeisters,  der  auf  dem  Platze,  wo  die  Holz- 
auktionen stattfanden,  auch  Wirtschaft  betrieb.  Beim  Holzhackerhäuscheu  rechts 
von  der  Eisenstrasse  abzweigend,  <»stlich  um  den  Bleidenstadter  Kopf  herum, 
im  Thale  des  Dendelbachs  (hier  Kesselbachs)  weiter  lief  der  Wehe(ne)r  Weg. 
Da.  wo  er  den  Bach  überschritt,  teilte  er  sich.  Der  nachher  wieder  links 
über  den  Bach  führende  Weg  lief  nordwestlieh  über  die  Höhe  nach  Wehen 
(in  ihn  iiiiinder  dei  vim  der  Eisernen  ]land  kommende  Waldweg)  und  kreuzte 
östlich  vom  Altenstein  den  Herzogsweg,  den  uralten  Rennweg,  der  über  den 
Kamm  des  Gebirgs  von  der  Rheingauer  Strasse  nördlich  der  Eisernen  Hand 
zur  Platte  und  Neuhofer  Strasse  li(^f.  J)or  im  Kesselthaie  rechts  aufwärts 
fühlende  andere  Arm  des  Wehencn-  Wegs  erstieg  die  Rentniauei  und  lief  auf 
deren   Kamm  ebenfalls  als  Rennweg  zur  Platte   weiter. 

Der  Zug  der  Eisenstrasse,  vom  Holzhackerhäuschen  südwestlich,  ging  über 
den  heutigen  Waldweg,  von  diesem  zur  Fasanerie,  an  letzterer  vorüber  gerade- 
aus zur  Lahnstrasse.  di(!se  kreuzend  über  eine  heute  noch  bestehende  Schneise 
im  Distrikt  Kohlheck  zur  alten  Schwalbach-Mosbacher  Strasse,   die  heute  Wald- 


117) 

oder  Uolzstrasse  heisst.^)  Als  dci-  Fiirsr  Km!  1744  d'w  Fusiinerie  anlogt-o, 
f'ühvto  er  einen  Weg  vom  alten  ßleidonstadter  Wege  (s.  o.)  am  Glasberge 
vorbei  dorthin, der  heute  mit  einem  Teile  von  jenem,  naclidem  die  Strecke  quer  durch 
den   Widd  zum    Holzhafkci'häuschon   oingeganj'en  ist.   (Muen  geraden  Zug  bildet. 

4.  iJ  i  e  J)  o  t /.  h.  I' i  111  (' r  Strasse.  jSach  i\.  1701  ging  vom  Mainzer 
Thore  an  der  Kirchgas.se  noch  ein  zweiter  Weg  aus,  der  sich  unmittelbar  süd- 
westlich wandt(!.  An  der  Stelle,  wo  die  heutige  Kircligasse  und  Friedrich- 
strasse zusamnu'ntreff'en,  gabelten  sich  die  Strasse.  Hier  stand  ein  Stock  mit 
drei  Armen,  der  eine  Avies  südlich  nach  Mosbach,  dei-  andere  südwestlich  nach 
Schierstein,  der  dritte  westlich  nach  Dotzheim.  Der  Dotzlieimei'  W(!g  gabelte 
sich  etwa  an  der  Mündung  der  heutigen  Karlstrasse  wiederum;  (!s  bestanden  hier 
um  1701  der  alte  und  der  neue  Dotzheimer  Weg  nebeneinander.  Der  alte 
lief  erst  auf,  dann  links  von  der  heutigen  Chaussee  und  ist  als  Feldweg  noch 
erhalten.  Der  neue,  gleichfalls  heute  als  Feldweg  noch  bestehend,  ging  rechts 
von  der  Chaussee  durch  den  Distrikt  Dreiweiden,  w-estlich  am  Bahnhofe  vorbei. 
Beide  Wege  Avurden  gekreuzt  von  der  Scliwalbach-Mosbacher  Strasse  (Wald- 
strasse), der  alte  auf  der  Höhe  beim  früheren  Ciarenthaler  Stock,  wenig  südlich 
der  Chaussee,  wo  ein  lleiligenhaus  stand,  der  neue  an  der  Stelle,  wo  der 
heutige  Feldweg  auf  die  Waldstrasse  rechts  von  der  Chaussee  stösst.  Dort 
erhob  sich  ein  riesiger  Nussbaum.  Kurz  vorm  Heiligenhaus,  nach  Wiesbaden 
zu,  stand  der  Grenzstein,  der  die  Gemarkungen  Wiesbaden,  Mosbacli  und 
Dotzheim  schied.  Rechts  von  dem  neuen  Wege,  im  Distrikt  Uuterhollerborn, 
vor  der  Waldstrasse,  lag  der  Hollerborn,  itn  Quadrat  von  Bäumen  umgeben. 
Am  Hollerboru  östlich  vorbei,  parallel  mit  dem  neuen  Dotzheimer  Weg  bis  zur 
Waldstrasse,  zog  der  Landgraben  v.'ma  alte  Landwehr.  Ihn  kreuzte,  ehe  er  auf 
die  Waldstrasse  stiess,  der  Klosterfeldweg  oder  Klosterweg  nach  Clarenthal. 
der  von  jener  abzweigte  und  auch  heute  noch  besteht. 

Der  alte  Dotzheimer  Weg  mündete  bald  nach  der  Kreuzung  der  Wald- 
strasse in  die  heutige  Chaussee  ein  und  zog,  wie  diese,  durch  die  Hohle,  die 
damals  noch  enger  war  und  keine  Häuser  besass,  nach  dem  Dorfe  hinab.  Der 
n(!ue  Dotzheimer  Weg  lief  nach  Kreuzung  der  Waldstrasse  noch  eine  Strecke 
westlich  (durch  das  Philippische  und  Bahuhofterrain),  bog  aber  dann  nacli 
Süden  um  und  kam  in  einer  geschweiften  Seitenhohle  auf  den  alten  Weg  heraus. 

Die  Dotzheimer  Strasse  lief  durch  J)otzheiiii  über  Fichtenkopf  und 
Hämmereisen  nach  Georgenborn  weiter,  von  da  ging  ein  Weg  nach  Schlangen- 
bad hinab. 

5.  Die  Schier  Steiner  Strasse,  die  zweite  Abzweigung  der  aus 
dem  Mainzer  Thore  führenden  Strasse,  hatte  im  allgemeinen  die  Kichtuni,''  der 
heutigen  Chaussee  nach  genanntem  Orte,  nur  trat  sie  vor  der  Kahlemühle  links 
aus,  lief  dann  durchs  Mühlthal  bis  auf  die  Höhe  ziendich  in  der  Kichtung 
von  heute,  bog  darauf  aber  rechts  aus.  bis  sie  vor  Schierstein  wieder  die 
heutige  Richtung  einschlug.     Am  Schnittpunkte  der  Waldstrasse  links  stand  ein 


■')  Man  beaclite   den   Gegensatz    in    iIimi    Xaini-ii:    Uolzstrasse  =   Strasse  für  Jlolzluliren, 
Eiseiistrasse  =   Strasse  t'ür  EisenfulinMi 


grosser  Baum.  Der  Mühhveg  von  Dotzlieim  nacli  Mosbaoli  bestand  schon 
damals.  177:J  wurde  der  Schiersteiner  ^Veg  als  „fast  ganz  verloren"  be- 
zeichnet. Die  Besitzer  der  (Jrundsrücke  an  ihm  hatten  den  Weg  überptlügr 
und  zum  Teil  zu  ilireu  Ackern  geschlagen.  Es  bedurfte  des  energischen  Ein- 
schreitens der  Kegicrung.  ilin  wieder  ganz  frei  zu  legen.  Er  scheint  aber 
damals  nicht  mehr  als  ein  schlechter,  holperiger,  grasbewachsener  Feldwog  ge- 
wesen zu  sein. 

Tl.  Die  ]^I  (1  s  l>a  (•  li  er  (Biebricher)  Strasse,  war  die  dritte  Ab- 
zweigung der  Strasse  vom  Mainzer  Thore  aus.  Sie  lief  nach  K.  1701  von 
der  Kirchgassen-  und  Friedrichstrassen-Ecke  in  der  Linie  der  Kirchgasse  und 
Moritzstrasse  bis  zum  Rondell  (heutige  Strassenrichtung)  fort.  Etwas  südlich 
vom  Rondell  zweigte  links  (östlich)  der  Mainzer  Weg  ab,  der  am  Hange  des 
Melonenbergs  beinahe  parallel  mit  der  Mosbacher  Strasse,  heute  Chaussee,  bis 
zum  Biebricher  Kirchhof,  und  von  da  zur  Armenruhmülile  lief,  wo  er  in  die 
Schwalbach-^btsbach-Kasteler  Strasse  mündete.  Er  ist  als  Feldweg  heute  noch 
erhalten. 

Die  Mosbacher  Strasse  selbst  zog  in  der  Richtung  der  heutigen  Chaussee 
über  den  Mosbacher  Berg  nach  dem  Dorfe  hinab.  An  der  (rabelung  der 
Strasse  und  des  Mainzer  Weges  stand  ein  zweiarmiger  Stock,  dabei  ein  Heiligen- 
bild, weshalb  der  Distrikt  dort  heute  noch  Heiligenstock  lieisst.  Etwas  weiter, 
östlich  von  der  Sti'asse,  lag  am  Berghange  der  Hoiligenborn,  eine  Quelle,  die 
von  irgcmd  einem  Heiligen,  wie  der  Hollerborn  von  der  alten  Gcittin  Holda  den 
Xamen  erhalten  haben  mag.  Kurz  vor  Mosbach  lief  die  Strasse  durch  dichte  Wein- 
gärten, die  den  ganzen  Hang  des  Hügels,  welch  letzterer  —  wir  müssen  den 
heutigen  A'iadukt  hinwegdenken  —  sich  ziemlich  steil  nach  J^Eosbach  senkte 
und  Ilasenberg  liiess,   bedeckten. 

Mosbach  und  Biobrich,  die  beiden  Schwesterorte,  haben  erst  eine  höhere 
Bedeutung  bekommen,  seitdem  dort  Fürst  Georg  August  von  Nassau-Idstein 
Yttn  1701  bis  170fj  sich  ein  Residenzschloss  am  Rheine  erbaut  hatte.  Mit  dem 
Tode  dieses  sohnlosen  Fürsten  hörte  indes  die  Herrlichkeit  schon  wieder  auf. 
Erst  sein  dritter  Nachfolger  in  der  Herrschaft,  Fürst  Karl  von  Nassau-Usingen, 
verlegte  seine  Residenz  1744  aus  dem  hinterwälderischen  Usingen  nach  Biebrich 
und  den  Regierungssitz  nach  Wiesbaden,  und  beides  ist  seit  der  Zeit  also  ver- 
blieben. Da  nun  ab(!r  Regierung  und  Hof  in  steter  Verbindung  bleiben  mussten. 
Staatskarossen  und  Kuriere  oft  genug  den  Weg  von  Biebrich  nach  Wiesbaden 
zurückzulegen  hatten,  so  war  man  genötigt,  für  eine  gute  Landstrassc  zwischen 
beiden  (Jrt(!n  zu  sorgen.  Um  rasch  aus  dem  alten  Schlosse  auf  dem  heutigen 
Markte  auf  den  Weg  nach  Biebrich  zu  gelangen,  wurde  der  Ausgang  der 
Mosbacher  Strasse  ans  untere  Stadtthor  (Mündung  der  Mauergasse  in  die  Markt- 
Htrasse)  verlegt.  Von  da  legte  man  die  Strasse  in  schnurgerader  südwest- 
licher Richtung  bis  zum  heutigen  Rondell  an  und  Hess  sie  dann  in  der  alten 
Richtung  weiter  gehen.  Das  geschali  in  den  Jahren  1750  bis  1752  und  dabei 
sei  als  eigentümlich  bemerkt,  dass  diese  neue  Chaussee  zuerst  mit  Obstbäumen 
ix'iderseits  besetzt  wurde.  Bei  Anlage  der  Strasse  wurde  der  alte  Herrngarten  vorm 
unteren  Sfadtthore.  1G88  vom  Fürsten  Georg  August  auf  dem  Terrain  der  Friedrich- 


und  liiihnhofstnisso  uiul  riii^a-biiu^-  iiii^ctlcyt,  (Uircliscliiiittcu  und  dadurch  sciiunii 
Untergange  eutgogongof'ührt,  uhwulil  scino  letzten  Jlosto  erst  um  I80O  ein- 
"•ino-en.  lYw  ^Viesl)adeIler  nuisston  bei  dem  Bau  mäelitig  fronen;  sie  tliaten 
es  nur  widerwillig  und  arbeiteten  nachlässig,  l)i(!  Folge  davon  war,  dass  sich 
die  Strasse  schon  drei  Jalir(}  später  in  miserablem  Zustande  befand.  Die  Klagen 
sind  überhaupt  unaufhörlich,  ebenso  unaufhörlich  die  Flickereieii.  Der  Sache 
wurde  dadurch  ein  Ende  gemacht,  dass  1791  die  Strasse  ganz  neu  angelegt 
wurde.  Die  alte  Strasse  ward  damals  als  mit  dem  ] 'Haster  ganz  versunkeji 
bezeichnet;  von  eimu-  Wölbung,  liicss  es,    wäre  nichts  mehr  zu  sehen. 

7.  Di  ('.  M  a  i  n  z  er  S  t  r  a  s  s  e.  Aus  dem  Unteren  Stadtthore  hinaus  führte 
bereits  vor  Anlage  der  neuen  liiebricher  (IVlosbacher)  Chaussee  ein  Weg,  der, 
etwa  dem  Laufe  der  heutigen  Friedrichstrasse  folgend,  durch  ein  grosses  Wiescn- 
ferrain  lief,  das  sich  bis  zum  Salzbache  auf  dem  Warmen  Damme  erstreckte, 
weit  südwärts  zog  und  die  ,, Wiesen  auf  der  Salz''  hicss.  Da.  wo  heute  die 
anglikanische  Kirche  steht,  verzweigte  sich  der  Weg  nach  drei  Richtungen 
hin;  dort  stand  ein  Wogweiser  mit  drei  Armen.  Der  südliche  bezeichnete  die 
Mainzer  Strasse,   die  im  Thale  des  Salzbachs  weiterlief. 

Die  Richtung  dieser  Strasse,  I)is  in  die  sechsziger  Jahre  unseres  Jahr- 
hunderts noch  Mühlweg  genannt,  erscluunt  nach  K.  1701  etwas  verändert  gegen 
die  heutige  der  Mainzer  Strasse  und  Mainzer  Landstrasse.  Zum  Teil  wurde 
bei  der  Anlage  wohl  die  altrömische  Thalstrasse  benutzt,  die  ehedem  denselben 
Lauf  von  Aquae  Mattiacorum  nach  jMogontiacum  genommen  hatte.  Die  Mainzer 
Strasse  führte  östlich  vom  Salzbache  an  dieseju  entlang,  bis  sie  vor  der  Station 
Kurve  in  die  Schwalbach-Kasteler  Strasse  mündete.  Der  Salzbach  selbst  floss 
von  oberhalb  der  Neumühle  ab  in  zwei  getrennten  Armen  südlich,  die  sich 
kurz  vor  der  Mündung  wieder  vereinigten.  Die  Mühlen  im  Salzbachthale 
standen  durch  Wege  mit  der  Mainzer  Strasse  in  Verbindung;  von  der  Ncu- 
mühle  führte  auch  ein  Weg  durch  die  Wiesen  auf  der  Salz  (Richtung  der 
heutigen  Lessing-  und  Goethestrasse)  zur  Mosbacher  Chaussee. 

Von  der  Mainzer  Strasse  zweigte  östlich  ein  Weg  ab,  unterhalb  iler 
Spitalsmühle  (Spelzmühle)  im  Waschbachthale.  Im  Zahlbachfelde  gabelte  er 
sich;  ein  Arm  wandte  sich  direkt  nördlich,  die  Erbenheimcr  Strasse  (s.  u.) 
kreuzend,  nach  Bierstadt;  der  andere  lief  in  östlicher  Richtung  fort,  bis  er 
kurz  darauf  die  Erbcnheinier  Strasse  erreichte.  Der  erstcre  hiess  der  Bicr- 
stadter  Mühlweg,  der  andere  der  Erbenheimer  Mühlweg,  und  beide  bestehen 
als  Feldwege  heute  noch.  Kurz  hinter  der  Gabelung,  im  Zahlbachfelde, 
stiessen  die  Gemarkungen  Wiesbaden,  Mosbach  und  Erbenheim  zusammen. 

8.  Die  Erbenheimer  Strasse.  Sic  führte  von  dem  dreiarmigen 
Wegweiser  (s.  0.  No.  7)  südöstlich  durch  den  sogenannten  Kleinen  J lainer. 
Links  von  der  Strasse,  auf  halbem  Wege  zwischen  ihr  und  der  Bierstadter 
Warte,  steht  ein  Feldbrunnen,  Erckelsborn  benannt,  auf  K.  1701  eingezeichnet. 
1768/09  ging  die  alte  Strasse  auf  der  ]Iöhe  mehr  links  durch  di(>  Hohle. 
dann  wieder  rechts  auf  Erbenheim  zu  und  zwar  nicht  in  so  direkter  Richtung 
wie  heute.     Sie  sollte  damals    etwas  nach  Südwesten,    nach   dem  Abhänge  des 


118 

Berge>  /.n  verlegt  und  dabei  gosfreokr  werden.  Man  klngre  uänilicli  über  den 
schlechten  Zustand  auch  des  gepflasterten  (gestückten)  Teiles:  demnach  war 
die  Strasse  weiter  hinaus  nur  als  blosser  AVeg  gehalten.  Und  doch  wurde  sie, 
besonders  während  der  Frankfurter  Messezeit,  viel  befahren.  ])er  zum  Berichte 
aufgeforderte  AVegemeister  Rücker  war  für  Beibehaltung  der  alten  Jlichtung: 
er  erklärte,  der  Hang  des  Berges  sei  lettig.  Pflaster  würde  dort  schwer  zu 
unterhalten  sein,  ausserdem  gingen  durch  den  neu  projektierten  Zug  mehr  als 
hundert  Morgen  fruchtbaren  Ackerlandes  verloren.  Auch  bestehe  die  Strasse 
als  I\tststrasse  (nach  Frankfurt)  bereits  über  zweihundertfünfzig  Jahre  (also 
seit  ca.  1.")1G)  und  müsse  nur  angemessen  unterhalten,  bez.  erneuert  werden. 
Die  Sache  ruhte  bis  1789,  wo  die  Xeuanlage  der  Strasse  in  Angriff  genommen 
wurde.    — 

Die  Erbeuheimer  Strasse  besass  ein  Bankett,  was  wir  auch  von  der 
Mosbacher  Strasse  erfahren;  ob  die  Schwalbacher  Strasse  über  die  Hohe  Wurzel 
damit  versehen  war.   konnte  ich  nicht  feststellen. 

p]rwähnt  wurde,   dass  die  Erbenheimer  Strasse  durch  den  Kleinen  Hainer 
führte.     Nur  ein  geringer  Teil  des  letzteren  lag  südlich,    der  grössere  nördlich 
von  der  Chaussee  nach  dem  Bierstadter  Wege  zu.   Er  begann  unmittelbar  auf  den 
Anhöhen  hinter  dem  Warmen  Damme    und  zog  sich  bis    zur  Bierstadter  Höhe 
hinauf.    Der  Name  Hainer  kommt  von  Hain  =  Wald;  1221   wird  er  Hagenehe 
genannt,    später    in    Ottos    „Merkerbuch    der  Stadt  Wiesbaden"    Heney    und 
Henauwe  =  Hainaue.     Der  Name  Hainer    deutet    also  an,    dass    die  Höhe  ur- 
sjirünglich  mit  Wald  bestanden  war,   der  Name  Hainaue.   dass  aus  dem  Walde 
Feldfläche    geworden  ist.     Die  Bebauung    fand    frühzeitig,    vielleicht  schon  im 
dreizehnten  Jahrhunderte    statt    und  dauerte    bis    zum  grossen  Kriege.     Durch 
die  Verwüstungen,   die  dieser  mit  sich  brachte  und  durch  die  Entvölkerung  der 
Stadt  kam  es,    dass  der  Distrikt    gänzlich    verwilderte.     Die  Besitzer    der  dort 
gelegenen  Grundstücke  waren  gestorben  und  verdorben;  deshalb  zog  die  Herr- 
schaft den    ganzen  Komplex  ein    und    benutzte    das    von  Gras,    Hecken,    ver- 
wilderten Obstbäumen  und  Gartengewächsen  besetzte  Gebiet  als  herrschaftliche 
Viehweide.    Dasselbe  geschah  mit  dem  Grossen  Hainer,   der  südlich  der  Erben- 
lieimer  Strasse    bis    zum  Bierstadter  Mühlweg    sich    erstreckte.     Als    aber    die 
Bevölkerung    der  Stadt    sich  wieder  mehrte,    beanspruchte    sie  mit  Recht  auch 
wieder  die  beiden  Hainer  als  Stadtbesitz  und  die  Rjürger  begannen  seit  ca.  1680 
die  Distrikte    anzureden.     Fürst  Georg  August    untersagte    ihnen    das  anfangs, 
aber    die  Wiesbadener    liessen    sich    nicht    beirren.     Auf  K.    1701   scheint  ein 
ganz  bedeutendes  Stück  beider  Hainer    in  Acker-  und  Gartenland    verwandelt; 
im_]_Grossen  Hainer    liegt    der  Weidenborn    als    Feldbrunncn    angegeben.     Der 
Fürst  gab  schliesslich  nach  und  übcrliess  weitere  Stücke  zur  Urbarmachung,   den 
Morgen  zu  drei    oder    vier  Gulden  Kaufgeld    und    eine  Jahresabgabe  von  zwei 
Kumpf  Korn,   das  als  Saatkorn  an  arme  Feldbauern  verteilt  wurde.    Die  letzten 
ca.    neunzig  Morgen  ^wurden     1722  verkauft.      An    den    alten    Distrikt    Hainer 
erinnern    noch    die    heutigen" gleichen  Distriktnamen    und    der  Hainerweg,    die 
Strasse,   welche  von  der  unteren  Bierstadter  zur  Blumenstrasse  führt.     Durch  den 
Hainer  lief  auch  der  östliche  Landgraben,   der  als  Grenzwehr  der  Stadt  diente. 


IV.t 

9.  l)i((  15  i  c  r  >  I  a  th  (•  !•  S  r  r  a  s  s  c.  Sic  fol^r  auf  K.  17<tl  /iruilich  ilcr 
JiidituD^-  «Ilt  lieiirig'on  Cliaussue,  docli  ist  ihr  Jiaul'  nicht  so  sclimirgorade ;  sio 
ist  die  dritte  Strasse,  die  bei  dem  S.  117  yeiuiuiiten  Wej^weiser  abzweigte.  Auf 
der  halben  Höhe;  des  Bierstadtcr  Berges  teilte  sich  links  der  sogenannte  Kluppen- 
heimer  Weg  al).  dri'  am  hallicn  Hange;  des  lierges  mit  der  Bierstadter  Strasst^ 
parallel  au  liierstadt  links  vorüber  nach  Kloi)peidieijn  lief.  Die  heutige  llilda- 
strasse  deutet  seine  liichtung  ai\ ;  von  dei-  Weberschen  Gärtnerei  ah  fidirr  ei- 
als  Feldweg  weiter. 

Die  Bierstadtcr  Warte,  auf  K.  1701  rechts  von  chu'  Bierstadter  Strasse 
eingezeichnet,  zeigt  drei  Stockwerke  und  eine  Ku])pelbedachung.  Sic;  war. 
was  iJir  Name  besagt,  ein  Warttuiiu.  dei-  weit  in  die  Umgegend  Umschau 
gewährte.  Erbaut  wurde  sie  jedenfalls  schon  viel  früher,  vermutlich  in  der  Zeit, 
da  Nassau  und  Eppenstein  miteinander  fehdeten,  also  im  dreizehnten  Jahr- 
hundert. Denn  jenseits  Bicu'stadts  begann  das  „Ländchen",  als  dessen  nächster 
Ort  Iji-stadt    dicht    hinter  Bierstadt  lag.     Das  Ländchen    aber  war   erst    e])pen- 


^o 


steinisch,   dann  hessisch. 

10.  Die  Idstei  Her  Strasse  „üb(!r  die  Dörfer".  Noch  bevor 
der  Kloppenheimer  Weg  von  der  Bierstadter  Strasse  abbog,  zweigte,  kurz  liinter 
dem  dreiarmigen  Stock,  links  ein  anderer  Weg  ab,  der  durch  das  grüne  A'iertel 
hinter  den  Warmen  Damm-Anlagen  führte  und  dann  in  die  heutige  Parkstrasse 
einbog.  Er  folgte  dann  deren  Richtung  und  weiter,  seitwärts  der  Dietenmühle 
derjenigen  des  heute  noch  bestehenden,  neu  hergerichteten  J^ingertswegs.  Der 
Bingert,  eine  aus  Bienengarten  entstandene  Distriktsbezeichnung,  weist  auf 
K.  1701  an  seinem  nach  Sonneuberg  zu  gedegenen  Hange  im  unteren  Teile 
AVaUl.  im  oberen  Weinberge  auf,  die  sich  niu-dlicli,  seitwärts  der  alten  Sonnen- 
berger  Kirche  bis  zur  Höhe  ziehen.  Diese  alte  Kirche,  bekanntlich  1429  von 
dem  Edeln  Werner  Hud  von  Sonnenberg  erbaut,  erscheint  auf  K.  1701  noch 
bedacht.  Das  Dach  ist  einfach,  schräg  nach  Norden  und  Süden  abfallend; 
ein  Turm  fehlt,  dageg(Hi  erhebt  sich  auf  der  Spitze  des  Ostgiebels  ein  grosses, 
vielleicht  (der  Form  nach  zu  urteilen)  eisernes  Kreuz.  Die  Kirche  war  in 
Benutzung  bis  17o0,  in  welchem  Jahre  sie  abgebrochen  wurde.  Von  dem 
Bingert  aus  lief  die  Strasse  wie  heute  weiter  über  Naurod  und  Niedernhausen 
nach  Idstein.  Sie  hiess  Weg  über  die  Dörfer  deshalb,  weil  der  andere  Listeiner 
^Yeg  über  die  Höhe  (s.   u. )  ausser  über  Engenhahn  über  kein  Dorf  führte. 

11.  Die  So  nnejih  erger  Strasse.  Aus  dem  Sonuenberger  Thore, 
das  am  Ende  der  heutigen  Pension  zum  Ritter,  an  der  unteren  Webergasse, 
stand,  ging  ein  breiter  Weg  aus,  der  sich  in  der  Gegend  des  heutigen  Kaiser 
Friedrich-Platzes  in  scharfer  Krümmung  nordwärts  und  südwärts  gabelte.  Der 
letztere  Zweig  wandte  sich  hinüber  nach  dem  Warmen  Damme  und  lief  über 
diesen  zwischen  den  dort  befindlichen  Äckern  und  Gärten  her.  bis  er  hinter 
der  PletzmühU-  auf  den  .Vusgangspunkt  der  unter  Nr.  7.  S  und  9  benannten 
Strassen  stiess.  Der  nördliche  ^^'eg  überschritt  Schwarzbach  und  Rambach  und 
schlug  die  Richtung  der  heutigen  Sonuenberger  Strasse  ein,  den  Rambach  stets 
reelir^  l,rli;iltend.      Zu   beiden   S.'iren   des    letzteren    ist   auf  K.    I7nl    ein  breiter 


120 

Stroifen  Wieseulauik's  augegebeu.  Da.  \v<»  huiire  der  Kurliausplatz  liegt,  befindet 
sich  auf  K.  1701  der  ^Süsse  Brunn^.  d.  h.  der  Wiesenbrunneii,  eingezeichnet, 
der  bekanntlieh  später  mehrfach  verlegt  wurde  und  bei  dem  Theaterneuhau 
eingegangen  ist.  Er  hat  erst  nach  1701  seine  Blütezeit  gefeiert  und  ist  sogar 
als  einzio-er  Süsswasserbruunen  Wiesbadens  poetisch  verherrlicht  ^Yorden.  Auf 
K.  1701  ist  auch  das  aus  dem  Aukain  kommende,  oberhalb  der  Blumemviese 
in  den  Rambach  mündende  Zuwässerchen  angegeben.  Auch  die  Dietenmühle 
ist  eino-ezeichnet.  die  von  einem  Seitenarme  des  Baches,  der  oberhalb  der  Mühle 
abzweigt  und  unterhalb  sich  wieder  mit  jenem  vereinigt,  getrieben  wird.  Diese  alte 
Mühle  kommt  schon  ca.  l-'J.")«)  vor;  ihren  Xamen  will  iium  von  diet  =  Volk 
ableiten.  Nach  dem  grossen  Kriege  lag  sie  verlassen  da,  bis  sie  1685  vom 
Grafen  Georg  August  von  Nassau-Idstein  an  den  Amtmann  (rraf  von  Idstein 
seschenkt  wurde,   der  sie  neu  aufbaute. 

Die  Sonnenberger  Strasse  wurde  anno  1776  etwas  mehr  östlich  vom  Thor 
verleo-t.  Denn  in  diesem  Jahre  legte  Fürst  Karl  Wilhelm  von  Xassau-Usingen 
vor  dem  Thore  den  neuen  Herrengarten  (Kurgarten)  auf  dem  Terrain  der 
nördlichen  Hälfte  des  Kaiser  Friedrich-Platzes,  des  Nassauer  Hofes  und  Blockischen 
Hauses  an.  Er  Hess  auch  eine  Allee  zum  Wiesenbrunnen  pflanzen.  Die  An- 
lao-en  wurden  in  1808  u.  ff.  durch  den  Kurhausbau  und  die  Errichtung  des 
Nassauer  Hofs,  der  Vier  Jahreszeiten  und  des  Blockischen  Hauses  sehr  be- 
schränkt,  und  in  1825  u.   ff.   durch  den  Theaterbau  ganz  beseitigt. 

12.  Die  Idsteiner  Strasse  über  den  Trompeter.  Auf K.  1 701 
biegt  von  dem  Sonnenberger  Weg  ein  anderer  direkt  nördlich  ab  und  führt 
über  den  Fufsberg  (Adolfs-  und  Cansteiusberg  —  der  heutige  Cansteinsbergwcg) 
aufwärts.  Der  Name  Fufsberg,  eigentlich  Fusberg,  ist  der  älteste,  der  Name 
Adolfsberg  rührt  von  Herzog  Adolf,  Cansteinsberg  von  dem  Oberstleutnant  von 
Canstein  her,  der  dort  zuerst  eine  Villa  erbaute.  Auf  dem  Fusberg  teilte 
sich,  wie  heute  noch,  der  Weg  in  zwei  Zweige.  Der  eine,  westliche,  führte 
ziemlich  gerade  aus  durch  die  Hohle  (Kuhhohle)  über  den  Geisberg  zur  Trauer- 
eiche und  dann  über  den  Bahnholzkopf  zur  Höhe  des  Trompeters,  von  da  über 
Engenhahn  nach  Idstein  hinunter.^)  Der  andere,  östliche,  zweigte  rechts  über  die 
heutige  Schöne  Aussicht  ab,  bog  hinter  der  Höhe,  wo  sich  das  Reservoir  befindet, 
nördlich  um  und  lief  parallel  dem  Hauptwege  über  den  Leberberg,  am  heutigen 
Rettungshause  vorbei,  bis  er  sich  bei  der  Trauereiche  wieder  mit  dem  Haupt- 
wege vereinigte.     Er  besteht  heute  noch  zum  Teil  als  Feldweg. 

Der  Distrikt  zwischen  diesen  beiden  Wegen  auf  dem  Fusbcrge,  d.  h. 
auf  dessen  Höhe,  hiess  der  Königstuhl,  wie  heute  noch.  Der  Name  bedeutet 
eine  alte  Gerichtsstätte  des  Gaus ;  anderswo  in  Nassau  kommt  die  Bezeichnung 
ebenfalls  vor.  Der  Königstuhl  befand  sich  für  den  Königssondergau,  in  dem 
Wiesbaden  lag,  von  ca.  800  bis  1100  auf  der  Ebene  zwischen  Erbenheim  und 
Kastei.     Da  nun    nach    dieser  Zeit  von    einem  königlichen  Gerichte    des  Gaus 


')  Vom  Trompeter  ah  hiess  diese  Strasse  Trompoterstrasse;  diese  selbst  lenkte  in  früherer 
Zeit  in  die  Platter  Strasse  bei  der  Platte  ein.  Der  Name  Trompeter  und  Trompeterstrasse  ist 
von  den  auf  ilir  vtikflucnlfii  Postreitern   herzuleiten. 


]2\ 

keine  Kode  mehr  ist,  die  Gerichtsbarkeit  viehiieiir  teils  an  ilie  Grafen  von 
Nassau,  teils  an  die  von  Eppstein  überging  und  die  Dingstätte  des  nassauischen 
Teils  sieh  nachweisbar  auf  dem  .Alauritiuskirchhof  in  Wiesbaden  befand,  so  muss 
die  Dingstätte  auf  dem  Fusberge  älter  als  800  sein.  Auf  K.  1701  ist  dort 
der  Galgen  eingezeichnet;  man  hatte  also  den  Ilichtplat/  auf  der  alten  Ge- 
richtsstätto  beibehalten.  Diese  befand  sich  rechts  von  der  idsteiner  Strasse, 
etwa  in  einer  Höhe  mit  d(!m  Hofe  Geisberg. 

Der  Hof  Geisberg  ist  eine  verhältnismässig  neue  Gründung.  Er  wurde 
1788  durch  den  Regierungspräsident  von  Kruse  angelegt.  Kruse  war  einer 
jener  Minister  der  Aufklärungspcu-iode,  die  das  Heil  des  Staates  in  der  Hebung 
der  Bodenkultur  und  des  Bauernstandes  suchten,  den  Bau  neuer  Nähr-  und 
Nutzpflanz(in  (Klee,  Kartoffeln)  einfüln-ten  und  verbesserte  Methoden  des  Acker- 
baus anstatt  der  alten  Dreifelderwirtschaft  anwandten.  Die  Landwirtschaft  auf 
Hof  Geisberg  sollte  vorbildlich  auf  die  Bewohner  von  Wiesbaden  und  Umgebung 
wirken.  Es  war  jedenfalls  auch  Berechnung,  dass  mit  dem  Landbau  auf  dem 
Hofe  Gastwirtschaft  verbunden  wurde;  es  sollten  die  Leute  dadurch  mehr  zur 
Besichtigung  der  Anlagen  veranlasst  werden. 

An  der  Trauereiche  schnitt  damals  die  Gemarkung  Wiesbaden  gegen  die 
herrschaftlichen  Waldungen    ab.     Die    alte  Eiche  war    ein  Grenzbaum;    merk- 


^ö 


würdigerweise  aber  ist  sie  auf  K.  1701  gar  nicht  gekennzeichnet  wie  andere, 
schon  genannte,  heute  nicht  mehr  stehende  Grenzbäume,  trotzdem  sie  wohl  älter 
als  zweihundert  Jahre  sein  mag. 

Auf  K.  1701  ist  dann  noch  von  der  Sonnenberger  Strasse  nach  links, 
also  der  Richtung  jener  entgegengesetzt  führend  und  dem  Laufe  der  heutigen 
Taunusstrasso  entsprechend,  ein  Weg  angegeben.  Er  läuft  dann  die  vordere 
Geisberg-  und  die  Kapellenstrasse  über  den  Thorberg  weiter  zum  Neroberge, 
wo  er  auf  dessen  Höhe  an  der  Gemarkungsgrenze  im  Walde  aufhört.  Er  wird 
als  Feld-  und  Holzweg  bezeichnet. 

Auf  K.  1701  ist  auf  dem  Neroberge  eine  quadratische  Umrahnmng  ein- 
gezeichnet, an  der  Stelle  der  Domänenweinberge  von  heute,  die  auch  mit  Wein 
bepflanzt  erscheint.  Aber  auch  ausserhalb  dieser  finden  sich  die  Südhänge  des 
Nerobergs,  ferner  der  ganze  Thorberg,  jenseits  des  Dambachthals  —  der  Dambach 
ist  als  kleiner  Bach,  der  in  eine  Art  Reservoir  am  Fusse  des  Geisbergs  mündet, 
angegeben  —  der  Neuberg,  der  ganze  Geisberg  und  Leberberg,  mit  einem 
Worte  die  gesamte  Höhe  vom  Schwarzbach(Nero-)thal  bis  zum  Sonnenberger 
(Rambach-)thale  bis  hoch  liinauf  mit  Weingärten  bedeckt.  Dasselbe  ist  der 
Fall  mit  dem  Atzelberge,  auf  dessen  ganzer  Länge  und  Breite.  Auch  seit- 
wärts der  Dietenmühle  am  unteren  Bingertsweg  und  zwischen  Idsteiner  Weg 
(Parkstrasse)  und  Bierstadter  Weg  (Distrikt  Weinreb)  sind  WeinpHanzungcn 
eingezeichnet.  Demnach  sind,  wie  auch  anderweitige  Aufzeichnungen  bezeugen, 
Weinbau  und  Weinkonsum  in  und  bei  Wiesbaden  zu  Anfang  des  vorigen  Jahr- 
hunderts   sehr    bedeutend    gewesen.     Bemerkt    soll    noch    werden,    dass    1744 


_  ,->\voami         lioniprkf:      soll      nocli 

Fürst  Karl  von  Nassau-Usingen  zu  seinem  Weingarten  auf  dem  Neroberge  ein 

/nmeo«    Sfii(>U-     nrivni.nr    Anlf 


grosses  Stück    privater  Anlagen    hinzu  erwarb,    worauf  er    die  heute    noch  be- 
stehende Mauer  um  das  Ganze  aufführen  Hess. 


122 

Doi   Neroberg  wird  auf  K.    1  T(  H    Neliresberg  gesehrieben.     Xoeh  früher, 
im    sechzehnten  Jahrhundert,    heisst    er    Ersberg  oder  Örsberg,    letzteres    ohne 
Zweifel  eine  ^Verböserung"  des  ersteren.   weil  man  dialektisch  e  statt  ö  zu  sagen 
jrewohnt  ist.     Bald  naddier  kommt  auch  die  Benennung  Nersberg  vor.    Ersberg 
deutet    auf  Er  =  Ziu  hin.    d.   h.   auf  den  altgermauischen  Kriegsgott,    der  zu- 
gleich   allemannischer  llauptgt.tt    war.     Eine  Eresburg   gab    es    bekanntlieh  in 
Westfalen  au  derDiemel;  Karl  der  Grosse  zerstörte  sie.    Es  ist  wohl  möglich, 
dass  auf  der  Höhe  des  Nerobergs  ein  Heiligtum  des  Er,   d.  h.    eine  Opferstätte 
sieh  befunden  habe:    denn  Er  ist  ein  Berggott    gewesen.     Als  die  Allemanncn 
von    den    damals  noch    heidnischen  Franken,    chattischen   Stämmen,    verdrängt 
wurden,    trat    an  die  Stelle  des  Er  der  Obergott   der  Chatten,    Donar,     dessen 
Name  in  Thorberg,   früher  richtiger  Dorberg  geschrieben,   anklingt.    Auf  welche 
Weise   das    N    vor    den  Namen  Ersberg    gekommen    ist,    vermag    iiithr    nach- 
gewiesen zu  werden.      Möglich  ist,    dass  es,   wie  sonst  manchmal  der   besseren 
Aussprache  halber,    vorgesetzt  wurde.     Ein  Beweis  dieser  Behauptung  liegt  in 
folgendem.     Ein  alter  Wiesbadener  Herr,    der  meist  im  Dialekt  sprach,    sagte 
nicht  anders  als  „uf  em^Ierschberg"  (Frage  woV)  und  „uf  enNerschberg"  (Frage 
wohin?).     Beim    blossen  Sprechen  merkte  man    nicht,    dass  er  eigentlich  wohl 
„uf    em  Erschberg",    bezw.    ,,uf    en  Erschberg"    hatte    sagen  wollen.     Das  M, 
bezw.   N  ist    einfach  Jiiuübergezogeu  worden,    und  gerade    die  Anwendung  des 
M  in  der  Dativform  und  des  N   in    der  Akkusativform    beweist    wohl    die  Ur- 
sprünglichkeit  der  Form  Ersberg  (Dialekt  Erschberg).     Übrigens  kommt  nach 
den  Akten  des  Stadtarchivs  diese  Form  Ersberg  1472,  1524,  15G(5,  1594,   1692 
und  zuletzt  1716  vor  (Dorberg  zuletzt  1806).    Gesprochen  wurde  Nersberg 
und  Mersberg  schon  vor  Jahrhunderten ;  aber  erst  das  vorige  hat  die  Schreib- 
weise    mit  N    dauernd    eingeführt.     Das  Nersberg    wurde    später    (s.  K.    1701 
u.  a.  a.  0.)  zu  Neresberg,   dann,   indem  aus  dem  zweiten  e  ein  o  w^urde  (wie?) 
zu  Nerosberg  (auf  Karten  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  Nerosstrasse,   Neros- 
thal) und  schliesslich  durch  Ausstossung  des  s  zu  Neroberg,   w^elcher  ganz  will- 
küi'liche  und  irreführende  Name  sich  erhalten  hat. 

Eigentümlicherweise  befindet  sich  auf  K.  1701  kein  Weg,  der  in  das 
Nerothal  führt,  angegeben.  Zu  beiden  Seiten  des  Schwarzbachs  erscheinen 
Wiesen  bis  an  den  Fuss  des  Thorbergs  und  Nerobergs  und  durch  sie  hindurch 
können  höchstens  Pfade  zum  Walde,  der  am  Fusse  des  Nerobergs  vor  der 
heutigen  Beausite  begann,  geführt  habeii.  Auch  eine  Verbindung  des  Nero- 
thals mit  der  Höhe  der  Neuhofer  Strasse  besteht  nicht;  der  Wolkeubruchw^eg, 
der  um  1 750  bereits  erwähnt  wird,  war  damals  also  noch  niclit  durch  das 
elementare  Ereignis  geschaff(;n  worden.  Die  Stadtgemarkung  hörte  im  Walde 
hinter  der  Beausite  auf.  Diese  letztere  wurde  erst  1737  als  Walkmühle  er- 
richtet   und  damals  wahrscliciiilich  dann  der  Weg  dorthinaus  angelegt.     —  — 

Ausser  diesen  Chausseen  und  Tjaiulwegen,  die  von  W^iesbaden  hinaus- 
führten, müss(m  wir.  dci-  V(dlständigkeit  halber,  unsere  Aufmerksamkeit  noch 
auf  einige  grosse  Verkehrsstrassen  richten,   die  nahe  au  Wiesbaden  vorbei  zogen. 

Durch  Wiesbaden  selbst  führte,  wie  erwähnt,  nur  eine  der  grossen  Heer- 
strassen,   die  alte  fränkische  (Wiinische)  sogenannte  ^[ainzer  Strasse  von  Limburg 


12 


JO 


ül)or  Kirberg,  die  Jlünorkirclio,  den  Zui^iiiantel  und  die  Platif.  und  südlicli  von 
\Viesl)udcn  im  Salzbiiclitlmle  weiter.  Sic;  traf  westlich  von  der  Kurve  auf  die 
alte  Sehwalbacher  Strasse.  Eine  andere,  die  ebenfalls  schon  i)(!sohriobene 
Eisenstrasse,  lief  von  Michelbaeh  über  ]Iahn  und  die  Eiserne  Hand,  aber  nicht 
durch  Wiesbaden  unmittelbar,  sondern  lenkte  am  llolzhackerhäusciien  südwestlich 
at),    an  der  Fasaneric    vorüber  ebenfalls    in  die    alte  Schwalbacher  Strasse  ein. 

Diese  alte  Schwalb  a  c  h  er  S  t  r  a  s  s  e  nahm  ihren  Ursprung  bei  Langen- 
schwalbach;  sie  schlug  dann  die  liichtung  der  heutigen  Lahnstrasse  über  die 
Schanze  ein,  durch  hessen-rheinfelsisclies  Gebiet,  das,  wie  erwähnt,  an  der 
Schanze  aufhörte.  AM)n  da  über  den  Ivlapperstock  ging  es  im  Nassauischen 
weiter  bis  zum  Chausseehaus  und  dann  l)is  zur  Stelle,  wo  der  Distrikt  Ruhehag 
bi^giunt.  Bis  hierher  hielt  die  Strasse  die  Richtung  der  heutigen  Lahnstrasse 
ein;  dann  aber  wandte  sie  sich  ostsüdlich  durch  den  Wald  über  den  heute 
noch  bestehenden  Fahrweg,  der  die  Distrikte  Ruhehag  und  llasenspitz  von  der 
an  die  heutige  Lahnstrasse  grenzenden  Kohlheck  trennt;  auf  dieser  Strecke 
nahm  sie  die  Eisenstrasse  auf.  An  dem  alten  trigonometrischen  Punkte  Trift, 
l»('i  der  Schönen  Aussicht,  in  der  Mitte  zwischen  Dotzheim  und  Clarenthal. 
tritt  sie  heute  aufs  freie  Feld,  das  Wellritzfeld,  das  freilich  damals  noch  ganz 
bewaldet  war.  Sie  läuft  dann  weiter  durchs  Wellritzfeld,  kreuzt  die  Dotz- 
heimer  Strasse,  zieht  am  Exerzierplatz  und  der  Kaserne  südwestlich  vorüber 
durcli  die  neue  Kolonie  des  Wiesbadener  Spar-  und  Bauvereins  über  den  Hügel- 
rücken parallel  der  Dotzheim-Mosbacher  Strasse  im  Ochsenbachthale  und  mündet, 
nach  Süden  umbiegend,  durch  eine  Hohle  nach  Mosbach  hinein.  Sie  heisst 
heute  von  der  Trift  bis  zur  Mosbacher  Hidde  die  Wald-  oder  Holzstrasse.  Die 
weitere  Strecke  von  Mosbach  über  die  Kurve  nach  Kastei  ist  jetzt  in  eine  breite 
und  schöne  Chaussee  umgewandelt.  Diese  Strecke  aber  gehörte  früher  schon 
auch  einer  anderen  grossen,  aus  dem  Rheiugau  kommenden  Landstrasse  an  (s.  u. ). 

Als  weitere  vielbonutzte  Landstrasse  ist  die  sogenannte  RluMiigauer 
Strasse  zu  verzeichnen.  Sie  zog  von  der  Eisernen  Hand  südlich  in  der 
Senke  zwischen  Winterbuche  und  Schläferskopf  lier  direkt  auf  das  Chaussee- 
haus zu,  stets  durch  dichten  Wald.  Ihr  Lauf  ist  heute  noch  als  prächtige 
Waldschneise  erhalten.  Das  Chausseehaus,  wo  die  Rheingauer  Strasse  die 
Schwalbacher  Strasse  kreuzte,  ist  ein  altnassauisches  Zollhaus  gewesen  und  1774 
erbaut  worden,  um  die  Chausseegelderhebungsstelle  von  der  Schanze,  die  der 
hessischen  Grenze  zu  nahe  lag  (vgl.  S.  IL))  weiter  zurück  zu  verlegen.  Das 
alte  Haus  diente  bis  1818  als  Wohnung  des  Zöllners;  dann  wurde  es  etwas 
erweitert  und  Sitz  eines  Oberförsters.  Es  ist  1898  niedergelegt  worden,  nach- 
dem ein  neues  Gebäude  unweit  seiner  aufgeführt  worden  war. 'i  Vom  ("haussec- 
liaus  lief  die  Strasse  in  schnurgerader  Richtung  südwestlich  bis  in  das  Hoch- 
thal vor  Georgenborn,  das  der  sogenannte  Weilburger  Bach  durchtliesst.  dann 
im  JJogeu  um  den  Grauen  Stein,  wo  sie  wieder  die  Höhe  erstieg  und  in  gi-- 
brochener  Linie  auf  dem  Hügelrücken  zwischen  der  Frauensteiner  Senke  und 
dem  Waldafferhal   siidösrlich   zog.      Dann   senkte   sie  sich  durch  einen  Hohlweg 


')  (iiitigc  Mitteilung-  des  llfiin   l'orstnioistcis  Kiiliioi 


124 

ins  Rhoiiirhal  naih  Niodorwalluf.  Auf  der  ganzen  Strecke  vom  Chausseehaus 
bis  dahin,  wo  die  Höhe  nach  Xiederwalhif  abfallt,  war  mit  Ausnahme  des 
"NVeilburger  Thaies  der  dichteste  Hochwald,  und  auf  eben  dieser  ganzen  Strecke 
ist  die  alte  Strasse  lieute  noch  als  Fahrweg  vorhanden.  Von  der  Eisernen 
Hand  bis  zur  Scheide  der  Gemarkungen  Frauenstein  und  Georgenborn  führte 
die  Strasse  durch  altnassauisches  Gebiet:  dann  trat  sie  in  den  kurmainzischen 
Kheingau  ein.  Bei  >'iederwalluf  traf  sie  auf  die  von  Küdesheim  über  Ellfeld 
führende  Landstrasse  durch  den  Kheingau,  die  nach  Schierstein  weiter  lief,  an 
der  Gemarkungsgrenze  von  Niederwalluf  und  Schierstein  aus  dem  Mainzischen 
wieder  ins  Nassauische  übertretend.  Im  ersten  Drittel  der  heutigen  Strassen- 
strecke  Schierstein-Biebrich  bog  die  Strasse  links  aus  und  führte  schnur- 
gerade (heute  Feldweg)  nach  Mosbach.  A'on  dort  lief  sie,  wie  erwähnt,  an 
der  Arnu'nruhmühle  vorbei,  über  die  Kurve  nach  Kastei,  von  du  über  Kost- 
heim. Hochheim.  Wicker,  Weilbach,  Hattersheim,  Siudlingen,  Höchst,  Nied, 
Griesheim  —  immer  durch  kurmainzisches  Gebiet  —  nach  Frankfurt. 

Mit  dem  Aufauge  unseres  Jahrhunderts  trat  ein  gewaltiger  Umschwung 
im  Landstrassenbauwesen  ein.  Grund  liiorfür  waren  die  weltbewegenden  Er- 
eignisse,  die  sich  auf  politischem  und  wirtschaftlichem  Gebiete  vollzogen  hatten. 

Auf  politischem  Gebiete  geschahen  durch  die  beiden  Revolutionskriego 
von  1792  bis  1797  und  von  1798  bis  1801  und  die  nachfolgenden  Friedens- 
bestimmuugen  die  grossartigsten  Umwälzungen,  die  man  vorher  kaum  geahnt 
hatte.  Die  beständigen  Kriegszüge  der  Kaiserlichen,  Preussen,  Reichstruppen 
und  der  feindlichen  Franzosen  rüttelten  alle  Yerhältuisse  durcheinander.  Auf 
den  Landstrassen  war  ein  beständiges  Ziehen  und  "Wandern  von  Bataillonen, 
Schwadronen,  Artillerie-,  Tross-  und  Bagagezügen.  Die*  Wege  litten  dadurch 
ausserordentlich,  die  in  der  Umgegend  von  Wiesbaden  nicht  ausgenommen. 
Einige  von  ihnen,  wie  die  Wiesbaden-Mosbacher  und  Wiesbaden-Erbenheimer 
Strasse,  waren,  wie  wir  weissen,  erst  kurz  vor  deni  Ausbruche  des  Krieges  neu 
hergestellt  worden.  Nun  wurden  au(!h  sie  wieder  verfahren,  ruiniert,  die  Obst- 
bäume geplündert,  beschädigt,  abgehauen.  Mit  der  Verwüstung  der  Wege 
ging  diejenige  der  Äcker  und  Waldungen  Hand  in  Haud;  es  sah  nach  Be- 
richten, die  aus  jener  Zeit  stammen,  schauerlich  in  der  Wiesbadener  Gemarkung 
und  in  der  Umgebung  aus.  Dazu  kam,  dass  der  ganze  private  Verkehr  ins 
Stocken  geriet,  teils  wegen  der  schlechten  W^ego,  teils  aus  3Iangel  au  rollenden 
Verkehrsmitteln;  denn  Pferde  und  Ochsen,  Wagen  und  Karren  waren  von 
Fr(!und  und  Feind  fast  stets  requiriert  und  kamen  oft  nicht  mehr  in  die  Hände 
der  Besitzer  zurück.  Endlich,  was  sollte  denn  auch  verfrachtet  werden,  da  die 
unruhigen  Zeiten  Gewerbe  und  Industrie  lahm  legten  und  dazu  Banden  von 
Marodeuren  und  lUischkleppern  die  Gegend  allenthalben  unsicher  machten  und 
somit  den  geringen,   etwa  noch  bestehenden  Verkehr  bedrohten! 

Dann  kamen  die  Friedensschlüsse  von  Campo  Formio  und  Luneville,  die 
das  Land  aufatmen  liessen:  es  kam  der  Reichsdeputationshauptschluss  zu 
Regensburg,  der  die  deutsche  Landkarte,  besser  gesagt,  Länderkarte,  so  ge- 
waltig veränderte.  Es  ist  bekannt,  in  wie  ausgedehntem  Masse  diese  Ver- 
änderung auch  im  Nassauischen  um  sich  griff.     Damals,    1803,    verschwanden 


125 

die  geistlichen  Staaten  und  eine  Reihe  von  Exklaven  und  Enklaven  weltlicher 
Fürsten,  die  dafür  anderweitige  Entschädigung  faiuhüi.  So  wurd<m  in  unserer 
Umgegend  die  rechtsrheinischen  und  rechtsmainischen  kurniainzischen  Besitzungen 
von  Lorch  bis  nach  Höchst  (Kastei  kam  180(>  an  Frankreich)  und  das  Ländchen, 
bisher  hessen-darmstädtisch,  mit  Nassau  vereinigt,  mit  and(;ren  Werten,  das  ganze 
({('biet  südlich  der  Höhe  kam  unter  eine  Herrschaft.  Ahnlich  geschah  dies  über  der 
Höhe;  nur  die  Niedergrafschaft  Katzenelnbogen  blieb,  seit  180G  als  französisches 
pays  reserve,  bestehen.  Die  liheiubundsakte  von  1806  fügte  weitere  reichs- 
fürstlicho  und  reichsritterschaftliche  Gebiete:  hinzu;  der  nassauische  Staat 
konsolidierte  sich  unter  dem  Namen  Herzogtum  als  ("inig  und  unteilbar. 

Mit  der  politischen   l^mwälzung  ging  die  wirtschaftliche  Hand    in  Hand. 
Wh-  haben  schon  gehört,   dass  vor  der  französischen  Revolution  di(!  Bestrebungen 
der  aufgeklärtem  ]\[inister  auch  der  Kleinstaaten  (Regierungspräsident  von  Kruse, 
s.   0. )    dahin    gingen,    die  Lage    des    Bauernstandes    zu    heben    durch    andere 
Methoden  des  Landbaues,  Einführung  von  neuen  Nähr-  und  Nutzpflanzen  u.  s.  w. 
Dazu  kam  eine  gleich  grosse  Sorge  für  die  Hebung  von  Industrie  und  Gewerbe. 
Die  Kriegszeiten  hatten  hierin  eine  Unterbrechung  herbeigeführt;  aber  nach  der 
Beendigung  jener  strebten  Bürger  und  Bauer    schon    im   eigenen  Interesse  mir 
verdoppelter  Anstrengung  empor  und  lenkten  in  die  früheren  Bahnen  ciji.    Die 
neuen  politischen  Verhältnisse  waren  dem  Aufschwünge  auf  materiellem  Gebiete 
günstig.    Denn  früher  hatten  Austausch  und  Verkehr  nur  innerhalb  eines  jeden 
kleinen  Territoriums  sich  frei  und  ungehindert  bewegen  können,   das  rings  von 
Zollschranken  umgeben  war.     Nunmehr  waren  all  diese  kleinen  Läppchen  und 
Häppchen  mit   dem  nassauischen  Grundstocke   und  Stammlandc    vereinigt;    die 
Schranken  waren  weggefallen,    und  der  Verkehr  konnte  sicli    ungehindert    vom 
Rheine  und  Maine  über  die  Höhe  bis  zur  Lahn    und  hinauf    auf    den  Wester- 
wald  ausdehnen.     Allerdings  anfangs  nur  in  der  Theorie.     Damit  es  praktisch 
der  Fall  sein  konnte,   musste  erst   die  Verbindung,    zugleich  die  innere,    d.   h. 
die  durch  den  Krieg  ruinierten  Vizinalstrassen  und  die  äussere,    d.  h.   die  die 
ehemaligen  Gebiete  aneinander  knüpfenden  Landstrassen  hergestellt  werden. 

Die  nassauische  Regierung  hat  hier  schon  gleich  nach  1803,  die  Not- 
wendigkeit umfassenden  Strassenbaues  erkennend,  tliatkräftig  eingegriffen.  Die 
Verfügungen  betreffen  anfangs  bloss  Ausbesserungen  und  Erneuerungen.  Solche 
fanden  statt  an  der  Platter  Strasse,  Mosbacher  Strasse,  die  neu  mit  Obstbäumen 
l)eprianzt  wurde,  und  am  Sonnenbergcr  Weg  im  Jahre  1804,  an  der  Erben- 
heimer  Strasse  im  Jahre  1805;  aber  damit  war  nur  halbe  .Vrbeit  gethan.  Auch 
dauerte  es  nicht  lange,  so  wurde  schon  wieder  über  den  schlechten  Zustand  der 
Sti-assen  geklagt.  Um  all  dem  ein  Ende  zu  machen,  beschloss  die  herzogliche 
Regierung  den  gründlichen  Neubau  aller  Laudstrasseu  und  grösseren  Landwege. 
Bereits  1807  wurde  damit  begonnen  und  1808  eine  besondere  Wegebaukommission 
eingesetzt,   deren  Vorsitz  die  Regierungsräte  Ibell  und  von  Mülmann  führten. 

Die  Bauten  wurden  nun  in  den  Jahren  1807  bis  1813  fast  sämtlich 
vollendet,  allerdings  unter  starker  Zuhilfenahme    der   Gemeinden.')     Man  kann 


')  Der  muileni  cljiiusseeinässige  Ausbau  füllt   ovst  in  diV  Jaliro   IS-js  u.   rt". 


wühl  sagen,  wenn  die  Akten  schwiegen,  würden  die  Steine  (der  nassanisclion 
Chausseen)  schreien,  um  die  ungeheuren  Lasten  der  Spann-  und  Handfronen 
kuudzuthun.  die  damals  die  Bauern  besonders  drückten.  Alte  Leute  Jiaben 
ihre  Eltern  noch  davon  erzählen  hüren.  Man  hat  vielfach  der  nassauischen 
Regierung  den  Vorwurf  gemacht,  dass  sie  bei  Aufhebung  der  Leibeigenschaft 
gleichwohl  die  Wegefronen  habe  bestehen  lassen;  aber  man  muss  bedenken, 
dass  in  damaliger  Zeit  zugleich  die  grosse  Reform  des  Steuersystems  stattfand, 
durch  welche  an  Stelle  des  bunten  Abgabewesens  mit  seinen  hunderterlei  ver- 
schiedenen Benennungen.  Bestimmungen  und  A'crpHichtungen  eine  einheitliche 
Ordnung  trar.  Die  Regierung  konnte  deshalb  nicht  daneben  wagen,  so  un- 
geheure Kosten,  wie  sie  der  Strassenneubau  erforderte,  allein  der  Staatskasse 
aufzulegen.  Und  dann  rechnete  sie.  dass  dieser  Neubau  doch  in  erster  Linie 
den  Gemeinden  selbst  zu  gute  kommen  würde,  aus  welchem  Grunde  letztere 
denn  auch,   ihren  entsprechenden  Teil  beizutragen,   angehalten  werden  müssten. 

Für  die  Art  und  Weise  des  Chauseebaues  blieben  die  alten  Regeln,  Avenig 
zum  bessern  modifiziert,  in  Geltung.  Mau  wölbte  die  Strasse  etwas  mehr  und 
stach  die  Gräben  tiefer  aus,  Hess  die  Böschungen  auch  weniger  steil  abfallen. 
Durchgängig  aber  wurden  die  Landstrassen  breiter  angelegt:  auch  die  früher 
sogenannten  Wege  wurden  nunmehr  zu  Strassen.  Die  Chausseen  bekamen  zu 
beiden  Seiten,  die  Strassen  auf  einer  Seite  wenigstens  Bankette  und  wurden 
mit  Obstbäumen  eingefasst.  Ferner  fand  überall  eine  möglichste  Streckung  der 
Linien  statt,  daher  die  vielen  schnurgeraden  Landstrassen  im  Xassauischon, 
Mit  der  Ilöhenführung  hatte  man  noch  nicht  gebrochen,  doch  mied  man  die 
steilen  Aufgänge  und  den  unnötigen  AVechsel  von  Steigen  und  Fallen,  auf  den 
man  früher  nicht  geachtet  hatte.  Auch  die  Art  und  Weise  der  Wegebefestigung 
war  noch  die  alte;  das  nach  dem  Erfinder  John  M'Adam  (f  1836)  benannte 
Macadamisieren  kam  erst  viel  später  (in  den  zwanziger  Jahren)  auf,  veranlasste 
aber  damit  einen  abermaligen  Umbau  der  Strassen. 

Die  sechs  Jahre  der  rheiubündlerischen  Zeit,  eine  Friedenszeit  für  das  Herzog- 
tum auf  eigenem  Boden,  sahen  also  auch  um  Wiesbaden  das  Neuentstehen  aller 
Strassen.  Die  Platter  Strasse  besonders  Avurde  als  grosse  Heerstrasse  ausgebaut, 
sie  lief  in  der  Stadt  über  den  Michelsberg,  die  Markt-  und  neue  Friedrich- 
strasse und  setzte  sicli  sodann  in  der  ErbenheiuKn-  oder  Frankfurter  Strasse 
fort,  sodass  eine  direkte  grossartige  Verbindung  von  Limburg  über  die  Regie- 
rungshauptstadt Wiesbaden  nach  Frankfurt  entstand.  Während  die  Platter 
Strasse  im  allgemeinen  ihre  Richtung  beibehielt,  wurde  die  Frankfurter  Strasse 
nach  Erbenheini  und  von  dort  schnurgerade  durchs  Ländchen  gestreckt,  bis  sie 
vor  Hattersheim  auf  die  alte  Mainstrasse  stiess  und  mit  dieser  vereinigt  über 
Höchst  nach  Frankfurt  lief.  Auf  diese  Chaussee  war  die  Regierung  besonders 
stolz;  unweit  des  Wirtshauses  zum  Wandersmann.  berichtet  ein  Sandstein- 
obelisk init  einem  Brunnen:  „Friedericus  Dux  Nassoviae  hanc  viam  construi 
iussit.  MDCCCJXIIP'.  mit  welcher  Zahl  das  Vollondungsjahr  angegeben  werden  soll. 

Die  Schwalbacher  Strasse,  die  alte  Lahnstrasse,  erfuhr  gleichfalls  eine 
Erbreiterung  und  ihre  Fortsetzung  nach  Wiesbaden  hinein  (die  Emser  Strasse) 
ward  nun   aus  einem  Weg  ein"  ebenfalls  breitere  Strasse.     An  der  Emserstrasse 


127 

liig  noch  eine  Reihe  v<in  Mühleu,  die  Evkelsmühle  (Emser  Strasse  2),  1720. 
die  Steinersinühie  (Wah-iunstrasse  32),  1719  erbaut,  und  die  Junkersniühl(> 
(Drudenstra-sse  2),  sehen  1490  bestehend.  Dazu  kam  17.'>G  37  die  Walkniüiile 
vom  Kireheuins])ektov  llelinuind  für  di<'  Waiscnhaus/Aveck(^  erbaut,  wobei 
/ug-leich  der  AVey  dort;  hinaus  angelegt  wuide.  Eine  grössere  Bedeutung  er- 
hielt die  Lahnstrasse  noch  dadurch,  dass  der  französische  Administrator  des 
|)ays  reserve  (Niedergrafschaft  Katzenelnbogen),  der  Präfekturrat  Pietscli  /u 
Lanueuschwalbacli  von  1808  bis  1810  die  Cliaussee  von  letzterem  bis  Kernel 
weiter  baute.  Sie  wurde  1829  bis  Jlolzhauseu,  bis  zur  Lahn  dagegen  erst,  in 
den  fünfziger  Jahri'H  fortgeführt. 

Die  a-leiche  Sorufalt  wurde  auf  die  von  Wiesbaden  iiacJi  den  Nachbarorten 
Kastei,  Bi(>bricli-Mosbac]i,  Schierstein,  Dotzheim,  Sonnenberg  und  Bierstadt 
führenden  Verkehrswege  verwandt.  Sie  alle  wurden  gestreckt.  Die  Dotzheinier 
Strasse  lief  jetzt  zwischen  den  beiden  früheren  Wegen  schnurgerade  über  die 
llölie  des  Hügels  in  der  heutigen  Iiichtung;  die  alten  Wege  gingen  ein.  Die 
Schiersteiner  Strassen  wurde  gestreckt  und  etwas  erbreitert.  Die  Mosbacher 
Chaussee  behielt  die  ihr  unter  Fürst  Karl  gegebene  Richtung  bei ;  dagegen  ging 
der  links  von  ilu-  abzweigende  W(>g  nach  Kastei  als  solcher  ein.  Der  Haupt- 
verkehr nach  Kastei  und  Mainz  vollzog  sich  entweder  über  Biebrich  oder  auf 
d(T  Mainzer  Strasse  im  Salzbachthale,  die  aber  nicht  so  gut  imstande  gehalten 
wurde  wie  die  übrigen  Strassen,  die  zum  RluMue  führten.  Geradeaus  lief  nun 
auch  die  Bierstadter  Strasse;  der  Kloppcjnheimer  Weg  ging  als  solcher  ein, 
indem  sich  der  Verkehr  dorthin  über  Bierstadt  wendete.  Denn  wenn  die 
Strasse  auch  einen  kleinen  Umweg  machte,  so  kam  die  Zeitversäumuis  doch 
dadurch,  dass  jene  stets  gut  imstande  war  und  das  Fortkommen  sehr  erleichterte, 
wieder  ein.  Die  Sonnenbcrger  Strasse  wurde  erbreitert,  gegen  den  Berg,  wie 
nach  den  Wiesen  hin;  sie  wurde  ferner  über  Sonnenberg  nach  Rambach  weiter- 
geführt, oberhalb  dessen  sie  auf  die  alte  Idsteiner  Strasse  (Bingertstrasse)  nach 
Naurod  stiess,  die  von  da  ab  gleichfalls  verbessert  wurde.  Bei  Wiesbaden 
wurde  die  Sonnonberger  Strasse  weiter  westlich  verlängert  bis  zum  Nerothale: 
als  sie  bald  darauf  angebaut  wurde,  empfing  sie  den  Namen  Taunusstrasse, 
di'i'  ihr  bis  heute  geblieben  ist. 

Die  alten  Strassen  nach  Idstein,  sowohl  diejenige  über  den  Bingert,  wie 
die  über  den  Trompeter  gingen  für  den  Fuhrverkehr  fast  ganz  ein.  Wie 
schon  gesagt,  lenkte  sich  dieser  in  erstgenannter  Richtung  über  Sonnenberg 
1111(1  Rambach  nach  Naurod  und  von  da  auf  der  alten  Strasse  weiter.  Man 
hatte  dabei  den  Vorteil,  dass  die  Strasse  durchs  Rambachthal  in  Hinsicht  auf 
Steigung  und  Beschattung  b(^qu(Mner  und  angenehmer  war.  Der  Weg  über  den 
Trompeter  ging  völlig  ein,  seitdem  später  von  Idstein  nach  Neuhof  eine  gute 
Strasse  über  Eschenhahn  angelegt  war,  wodurch  die  steile  Steigung  über  di«; 
Trompeterhöhe  vermieden  und  der  Fuhrverkehr  über  die  Platte  gelenkt  wurde. 

Auch  die  alte  Eisenstrasse  bekam  eine  andere  Richtung.  Die  Strecke 
von  Hahn  und  Bleidenstadt  bis  zum  Holzhackerhäuschen  blieb  die  alte.  ])ie- 
jenige  von  dort  nach  Wiesbaden,  bezw.  nach  der  alten  Schwalbacher  Strasse 
wurde  schon  im  Jahre   1809  als  „ruinös'-'  bezeichnet.     Das  Michelbacher  Fuhr- 


\'26 

werk,  liiess  es,  nehme  aus  iliesem  Grimdo  seineu  Weg  lieber  über  Neuhof 
oder  durch  das  Hessedand.  d.  li.  die  Niedergrafschaft  Katzenelubogen,  über 
Laugenschwalbach  und  von  dorr  ius  Schlangeubader  Thal  hinab.  Der  Jäger 
Genth  auf  der  Platte  schlug  deshalb  vor.  den  Weg.  der  vom  Holzhackerhäuschen 
bis  zur  Geisheck  durch  Wiesbadener  Waldgemarkung  zog,  eine  Strecke  weit  in 
den  vom  Adamsthal  nach  dem  Kloster  führenden  und  von  da  in  den  von  der 
Fasanerie  nach  der  Stadt  ziehenden  zu  verlegen.  Die  Stadt  dagegen  besamte 
den  alten  Zug  der  Eisenstrasse  vom  Holzhackerhäuschen  bis  zur  Fasanerie  und 
le»te  einen  We"-  von  ersterem  quer  durch  den  Wald  und  direkt  auf  die  Höhe 
der  Lahnstrasse  bis  zum  alten  Exerzierplatze  an.  Dies  ist  der  Weg,  auf  dem 
jetzt  die  Militärschiessstände  errichtet  sind.  Auf  solche  Weise  wurde  die  Eisen- 
strasse von  der  alten  Schwalbacher  Strasse  ab  und  nach  Wiesbaden  hin  gelenkt. 
Bemerkt  soll  noch  werden,  dass  der  Adamsthaler  Hof  1804  von  Adam  Hass- 
loch, einem  Wiesbadener,  der  bei  Fellenberg  zu  Hofwyl  in  der  Schweiz 
Bodenkultur  studiert  hatte,  angelegt  wurde;  damals  wurde  auch  der  Ver- 
bindungsweg von  Ciarenthal  nach  Adamsthal  ausgebaut. 

Die  alte  Schwalbacher  Strasse  ging  um  dieselbe  Zeit  ein;  der  Verkehr 
ins  Aarthal  ül)er  Langenschwalbach  vollzog  sich  fortan  über  die  Hochstrasse, 
die  über  die  Hohe  Wurzel  führte  und  dann  über  Wiesbaden  und  Mosbach. 
Die  ahe  Strasse  wurde  fortab  nur  zu  Holzfuhren  aus  dem  Walde  benutzt  von 
unterhalb  des  Chausseehauses  ab,  woher  sie  denn  erst  recht  den  Namen  Wald- 
oder Holzstrasse  bekam.  Ilirer  schlechten  Beschaffenheit  halber  war  der  Ver- 
kehr schon  seit  etwa  dreissig  Jahren,  nach  dem  Neubau  der  neuen  Schwalbacher 
Chaussee,  meist  auf  diese  verlegt  worden. 

Endlich  ging  auch  die  alte  Rheingauer  Strasse  ihrem  Verfall  entgegen. 
Der  Verkehr  auch  über  sie  hörte  auf,  seitdem  Wiesbaden  zum  Schnitt- 
punkt der  verschiedenen  Strassen  über  die  Höhe  gewählt  wurde.  Er  vollzog 
sich,  wie  mehrfach  erwähnt,  über  die  neue  Lahnstrasse  und  die  Platter  Strasse 
nach  Wiesbaden.  Den  Aufschwung,  den  die  Regierungshauptstadt  Nassaus 
dadurch  nahm,  sehen  wir  an  der  steigenden  Zahl  ihrer  Bevölkerung :  18L5:  4303, 
1820:  5516,    1830:  8059,    1840:  11975,   1850:  13992  u.   s.   w. 

Aber  der  Verkehr  über  die  Lahnstrasse  w^ar  äusserst  beschwerlich.  Vom 
Chausseehaus  über  den  Klapperstock  mussten  bei  schweren  Lastwagen  bergauf 
immer  ein  bis  zwei  Dutzend  Vorspannpferde  zu  Hilfe  genommen  werden.  Endlich 
trat  auch  hier  Besserung  ein,  und  eigentümlicherweise  war  daran  wieder  eine 
dolitische  Umwälzung  schuld.  AVir  denken  hier  gleich  an  das  Jahr  1848,  das 
80  mancherlei  Folgen  auch  auf  wirtschaftlichem  Gebiete  hatte.  Die  Regierung 
hatte,  durch  den  Volkswillen  gedrängt,  die  Wegefronen  aufheben  und  die  Unter- 
haltungsarbeiten an  den  Chausseen  bezahlen  müssen.  Sie  und  der  Landtag  fanden 
aber  auch  in  der  Beschäftigung  der  Arbeiter  beim  erweiterten  Wegebau  ein 
vorzügliches  Mittel,  den  vielen  Brotlosen  Unterhalt  zu  verschaffen.  So  nahm 
der  Chausseebau  in  Nassau  einen  neuen  Aufschwung.  Man  trachtete  einerseits 
dahin,  die  vorhandenen  Chausseen  durch  Macadamisieren  zu  v(n-bessern,  ander- 
seits dahin,  neue,  bequemere  Verkehrsstrassen  herzurichten.  Merkwürdiger- 
weise ''eschah  das  zu  einer  Zeit,    da  das  neue  Verkehrsmittel,    die  Eisenbahn, 


129 

durch  den  [)mi  der  Tuunusbahu  Wiosbiidon-Fraiikfiirt  (1839/40)   und  der  Sodrncr 
Zweigbaliu   (1847)   bereits  Einführung  gefunden  hatte.     Allentluilben  sehen  wir 
also  in  den    fünfziger  Jahren    im   Herzogtum    neue  Cliausseen    und    verbesserte 
Vizinalwege  erstehen.    Au(;li  bei  Wiesbaden.")    Der  Land(>sherr  liess  die  schöne 
Biebricher    Strasse    mit    Fussgänger-    und    Keitallee    anlegen;    die    Kastanien- 
anpHanzung    erregte    damals     (1854/56)     als    etwas    ganz    Neues    überall    Be- 
wunderung.     Gleichzcntig  wurde  die  neue  Strasse  ins  Aarthal  erbaut,   die  Aar- 
strasse   genannt.      Es  ist    die   heute    vim  der  Lalinstrasse    rechts    abzweigende, 
unterhalb    des    Exerzierplatzes    geradeaus    zum     llelzhackerhäuschen    fülu'cndc 
Strasse.      Oberhalb    des    letzteren  wurde    sie,    mit  Kurrektui'    drv  Richtung  d(^s 
alten  Bhndenstadter  Weges,    in  sanfter  Steigung    über  die  Senke    dei-  Eisernen 
ILind,    rechts    an    dem    alten  Kreuzungspunkte    vorbei,    geradeaus    nach  Hahn 
hinab    und  von  da  im  Aarthale  über  Bleideustadt    nach  Langensclnvalbach  ge- 
führt.    Von  hier  aus  erfolgte  1857—1863  der  Weiterbau  aarabwärts  bis  nach 
Diez  an  der  Lahn.     So  war  ein  bequemerer  AVeg  übers  Gebirge  nach  Langen- 
schw^ilbach  für  die  Lastfuhrwerke  gefunden,   und  auch  die  Postkutsche  brauchte 
nicht  melir  über  den  Klapperstock  zu  schleichen.     Absichtlich  hatte  man  auch 
bei  Anlage  der  neuen  Chaussee    die  uralte  Kreuzungsstelle    der  Eisernen  Hand 
gemied(>n;    es  sollte    mit  dem    früheren  Strassensystem,    ja  mit  der  Erinnerung 
daran  völlig  gebrochen  werden. 

Seitdem  verödete  die  alte  Strasse  nach  Schwalbach ;  Graswuchs  bedeckte, 
Gestrüpp  umwucherte  die  Waldstrasse  und  die  ehrwürdige  Kheingauer  Strasse, 
während  die  neuen  Chausseen  über  Platte  und  Eiserne  Hand  sich  mit  desto 
lebhafterem  Verkehr  erfüllten.  Ein  Menschcnalter  lang,  da  veränderte  sich 
abermals  das  Bild:  1879  wurde  die  Eisenbahn  von  Wiesbaden  ins  Daisthal  über 
Niedernhausen  und  1889,  bezw.  1893  von  ebenda  ins  Aarthal  über  Langen- 
schwalbach  eröffnet;  die  beiden  Schienenw^ege  nahmen  den  beiden  Landstrassen 
den  Frachtverkehr  zum  grössten  Teile  ab,  und  auch  das  Posthorn  schwieg  jetzt 
auf  jenen  Strecken  durch  die  Wälder. 

Der  Spaziergänger  in  Wiesbadens  Umgebung  hat,  wenn  er  die  Reste  der 
alten  Verkehrswege  bei  den  Schiessständen,  am  Glasberge,  bei  der  Fasanerie, 
beim  Holzhackerhäuschen  und  die  ehrw^ürdige  Waldblösse  auf  der  Eisernen 
Hand,  die  nun  so  verlassen  daliegt,  sinnend  betrachtet  —  vorausgesetzt,  dass 
er  weiss,  was  und  wieviel  diese  Stellen  einst  im  Verkehrsleben  unserer  Vor- 
fahren bedeuteten  —  Ursache  genug,  über  den  Wechsel  aller  menschlichen 
Dinge  nachzudenken.  Und  der  Historiker  entnimmt  daraus  noch  für  sicli  be- 
sonders die  Mahnung,  bei  seinen  Darstellungen  auch  mit  den  Faktoren  der 
wirtschaftlichen  Entwickeluug  entsprechend  zu  rechnen. 

Anhang. 

Actum  Wiesbaden,  d.  11.  May  1789.  Wurde  heute  bei  versamletem 
Stadtrath  und  im  J3eyseyu  der  gemeinen  Vorsteher  wegen  Bauung  des  Erbeuh. 

^)  Vgl.  die  Fussnote  auf  S.  125. 


Woeo-s  mit  dorn  Werkmeistor  Bairer  und  Maurermeister  Jacob  Weber  nach- 
stellender  Accord  abg:eselilos.seii. 

1.  Verbinden  sich  auf  der  einen  Seite  j^edachte  beide  Contrahenten  das- 
jeni^a-  Stück  des  Erbeuli.  Weegs.  so  zm-  Chaussee  abgemessen  ist  und  uugefehr 
120  Ruth  enthält,  gemeinschaftlich  und  zwar  jeder  die  lliilfte  füi-  sich  allein, 
so  wie  einem  ji'den  sein  Stück  zugemessen  werden  ^Yird.  auf  eine  dauerhafte 
und  Chausseemäsii'e  Art  mit  Steinen  zu  setzen,  dass  die  Verbindungen  der 
Steine  wohl    in  acht  genommen. 

'2.  Müssen  die  Steine  in  der  Mitte  der  Chaussee  wenigstens  2  Schuh  hoch 
und  neben  nach  dem  Panciuet  aber  über  einen  Schuh  hoch  gesetzt  werden, 
dergestalt,  dass  die  Wölbung  ungefehr  10  Zoll  hoch  wird  und  die  Steine  auf 
den  Kopf  und  nicht  auf  das  Lager  gesetzt  werden. 

o.  Auf  beiden  Seiten  mus  ein  Band  von  grosen  und  tüchtigen  Steinen 
nach  der  Schnur  G  Zoll  in  die  Chaussee  Wölbungen  eingegraben  und  wechsel- 
weis wie  Binden  und  (^uater  in  das  Chaussee  Pflaster  eingreiffend  und  ver- 
bindend gemacht  werden,  welches  Band  von  20  zu  20  Schuh  ebenfalls  von  grosen 
Steinen  und  0  Zoll  in  den  Grund  eingegraben,  zwerg  durch  die  Chaussee 
nms  gezogen  werden,    und 

4.  Soll  überhaupt  die  Einrichtung  der  Chaussee  so  geschehen,  wie  sie  in 
dem  unterm  21.  May  1772  zwistihen  dem  Maurermeister  Jacob  ]5eltz  und  dem 
ir.   Rittmeister  von  Waldner  abgeschlossenen  Accord  bestimmt  ist. 

.').  Werden  auf  beiden  Seiten  der  Chaussee  sogenannte  Abweisen  vt)n 
grusen  Waldsteinen  gesetzt  und  hier  vor  nichts  besonderes  bezahlt,   dagegen  ist 

l).  Die  Pflasterung  des  Grabens  und  die  weiteren  Kosten,  wenn  allenfalls 
hin  und  wieder  eine  Antauche  erforderlich  wäre,  nicht  mit  in  dem  Accord 
begriffen. 

7.  Da  nun  beide  Contrahenten  alle  erforderliche  Steine  auser  den  Ab- 
weisern zur  Chaussee  liefern  und  solche  nur  von  der  Stadt  herbei  gefahren,  so 
wird  denselben  von  jeder  Chaussee  Ruth,  welche  10  Schuh  lang  und  20  Schuh 
breit  gerechnet  wird,  inclusive  des  Werths  der  Steine  und  des  Arbeitslohn  bei 
dem  Setzen  Drey  Gulden  Zwanzig  albus  verwilliget. 

8.  Verbinden  sich  beide  Contrahenten  die  ganze  Chaussee  bis  längstens 
künftigen  Martini  in  fertigen  Stand  zu  bringen.  Man  hat  daher  diesen  Accord 
von  den  Contrahierenden  Theilen,  nach  dem  er  noch  einmal  vorgelesen  und 
genehmigt  worden  war,  unterschreiben  lassen.  —  Joh.  J.  Bager,  Joh.  J.  Weber, 
(>.  Kulhiiann.  Stadt-Amtmann.  J.  Fr.  Schlidt,  Bg.  Meister,  J.  (f.  Sommer 
Burg.  Meist.,  Johaunes  Göttel  als  Vorste(he)r.  Johann  Balthasar  Jung  als 
Voiste?  he)r. 


Die  Wellritz, 

ihr  Name  und  Ihre  Benutzung  durch  Bürger  und  Adel  im  16.  Jahrhundert. 


Von 

Fr«  Otto* 


In  der  Freibcilage  zum  Wiesbadener  Tageblatt  „Alt-Nassau",  1898,  Nr.  8, 
S.  29  f.  hat  Herr  Dr.  Spiclmann  einen  lesenswerten  Aufsatz  über  das 
Wellritzthal  veröffentlicht,  in  welchem  er  zunächst  den  Umfang  des  alten  Gc- 
meindewaldes,  die  Wellritz  genannt,  beschreibt,  die  Deutung  des  Nanu;ns  aber 
ablehnt    und  sich  nur  gegen  die  Meinung,    als  besage  derselbe    wikh;  Rodung, 

erklärt. 

Über  den  ersten  Punkt  wölben  wir  nicht  mit  ihm  rechten  und  nur  soviel 
bemerken,  dass  die  Ausdehnung  der  AVellritz  uns  als  zu  gross  angenommen 
erscheint.  Denn  z.  B.  die  Geissheck  oder  der  Distrikt  zwischen  der  Bleiden- 
städter  Strasse  und  dem  Bruderbach  (Urkunde  vom  13.  Januar  i;U7)  gehörte 
nicht  zur  Wellritz,  d.  h.  zum  llollerbornfelde,  sondern  zu  dem  durch  die 
Distrikte  Überhoben  und  Ködern  erweiterten  Hengertfelde,  wie  mehrfache  Ein- 
träge in  Lagerbüchern  und  Güterverzeichnissen  beweisen.  Die  Grenze  der 
AVellritz  gibt  Hellmund,  welcher  der  Umwandlung  derselben  in  Ackerland 
noch  ziendich  nahe  stand,  so  an,  dass  er  sagt,  so  heisse  die  Gegend, 
welclie  über  der  Stadt  nach  ])otzheim  zu  neben  dem  Wiesengrund  liege; 
hier  führte  bereits  in  früher  Zeit  ein  Weg  von  Wiesbaden  nach  dem 
Kloster  Ciarenthal,  wahrscheinlich  längs  und  zwischen  der  Wellritz  und  dem 
Bruderbach,  wie  die  Urkunde  vom  7.  April  1326  zu  erkennen  gibr:  „die 
Bruderbach  oder  die  Forstbach,  die  do  tluzet  zu  der  rechten  hende,  so  man 
get  von  Wvsebaden  zu  unserm  clostere."  Gehörte  das  Thal  des  Bruderbachs 
mit  seinen  Wiesen  und  den  links  angrenzenden  Äckern  nicht  zur  Wellritz,  so 
bedeutete  der  heutige  Name  Wellritzthal  anfangs  nicht  das  Thal  in  der  Well- 
ritz, sondern  das  Thal  a  n  der  Wellritz  und  hat  erst  dadurch,  dass  die  Erinnerung 
an  deren  frülierc  Ausdehnung  schwand,  in  dem  unrichtigen  Sinne,  als  ob  der 
Wald  auch  das  Thal  eingenonnnen  habe,   Bestand  gewonnen. 

Doch  wir  wollen  diese  Frage  nicht  näher  erörtern,  sondern  einen  Versuch 
machen,  den  Namen  des  Bezirkes  zu  deuten,  sodann  einige  Thatsachen  aus  der 
Geschichte  der  Wellritz  erwähnen,  di.'  auih  für  die  Geschichte  der  Stadt  von 
Interesse  sind.    Zunächst  stellen  wir  die  Namensformeu  zusammen,   wie  sie  seit 


9 


* 


13i^ 

dem  Antauge    de^  14.   Jahrhuuderts.    wo  die  Wellritz  zum  ersteumale  geuaunt 
wird,  bis  zu  unserer  /»ir  lauten. 

1.  ca.  loOO:    .,uuum  iugerum  .   .  1)  i  m  e  Wilderaif 

2.  ca.    loOO:  „unum  iugerum  se  extendit  in  den  Wilderot." 

Beide  Stellen  in  einem  Eberbacher  Güterverzeielmis,  dessen  Namen 
auf  den  Anfang  des  14.   Jahrhundeits  liinweiscn. 
;>.  1;j49:  Graf  Adolf  erlaubt  dem  Kloster  Clarenthal  zu  roden  ..iin  inuc 
gmzen  rode,   daz  da  stozet  uf  d  i  Wilde  r  a  t. " 

4.  15.  Jahrhundert.  Die  Aufschrift  auf  der  Rückseite  der  unter  Xr.  :\ 
genannten   l'rkunde  hat : 

„und  an  deji  eckern  gegen  dem  Wilrotli". 
.").  i;)."):'..      Weishim  bei  Schliephake  II,   221: 

.,d  i  e  W  e  1  d  r  a  d  i  s  ist  ein  recht  almendt". 
i;.  Vor  1/jT0.     Weistum  im  Merkerbuch: 

..dar  nach  d  i  e  W  i  1  d  c  r  a  t  s". 
7.  ca.  1370—1380.    In  einem  Tiefentluiler  Güterverzeichnis  findet  sicli 
zweimal  der  Name  W  i  1  d  e  r  a  t  z : 

..1   morgen  of  dem  Felde  gen  Dotslieym  an  der  AVi  Ideratz". 

5.  „  1   mortjen  .   .   wendet  in""!!  \  W  i  l  d  e  r  a  t  z". 

9.  ca.  1430.  In  dem  zweiten  Teile  des  Karthäuser-Güterverzeichnisses, 
das  nach  den  darin  erwälmten  Namen  um  das  Jahr  1430  fällt,  finden 
sich  folgende  Namensformen: 

„1   morgen  stozet  gein  der  Wilderytze". 

10.  „2    morgen    darnach    uf    dem    stugkc,    das    I^otz    Koche   geroyt    Itat 

i  n  n  e  der  W  i  1  d  r  ü  t  z  e". 

11.  141)0.      Güterverzeichnis  des  S.   Petersstifts    (schlechte  Abschrift): 

„drei  Morgen  bei  der  Wilritz  bei  dem  Landtgrabcn". 

12.  ca.    1532.      In  einem  alten  Zinsregister  des  Wiesbadener  Hospitals: 

„Wiese  vor  der  Willritz". 

13.  nach   1560,   in  dem  Behaltnusbuch  und  dem  Jlerdschilliugsbuch  findet 
sich   häufig : 

„die  W  i  1 1-  i  t  z  (Willritz)  und  W  e  1  r  i  t  z  (Wälritz),  aucli  einigemal 
Wylretz". 

14.  1572:  „im  Walde  die  Wildritz    genannt". 

15.  Seit  dem   17.   Jahrhundert:  die  Wellritz   (Welritz). 

Do.v  erste  Bestandteil  unseres  Wortes  ist  unstreitig  das  Eigenschaftswort 
wild;  so  erscheint  es  in  fast"  allen  Formen  des  14.  und  15.  Jahrhunderts. 
Nur  zweimal,  in  Nr.  4  und  11.  ist  der  schliessende  Dental  d  ausgefallen,  ijii 
Jahre  14*.»'.»  und  einem  unl)estim]nten  Jahre  desselben  Jahrhunderts.  Der  Aus- 
fall d(;s  d  ei-klärt  sich  so:  d  wurde  zunäclist  dem  vorhergehenden  1  assimiliert 
zu  11.  dann  aber,  da  es  in  der  Aussprache  nicht  mehr  bemerkbar  war,  in  der 
Schrift  weggelassen.  Vom  10.  Jahrhundert  an  wurde  dann  diese  Schreibung 
herrschend,  doch  tritt  die  Erinnerung  an  die  ursprüngliche  Form  noch  in  Nr.  14 
(1572)  zu  Tage. 


1 .  )i} 

]Jor  ui'sprünglu'lic  Vnkal  i  ist  gleichfalls  im  14.  und  1").  JahrhuiKkTr  mit 
einer  Ausnaliinc  gewahrt:  nur  in  Nr.  5  (I^'kj)  erscliuint  ein  e,  das  \vi(>d('i- 
etwa  nacli  der  Mitte  des  lO.  .lahrhunch'rts  eintritt  und  den  Sieg  davuntriigt; 
ä  ist  von  (^  !)h)ss  grapliiseli  verschieden. 

Wild  ist  =  unangel)aut,  wild  wachsend,  wüst,  einc^  passende  Bezciichnung 
eines  Distriktes,  der  in  frülun'en  Zeiten  vielhucht  wüst  dalag,  später  mit  JJäumen. 
"Wald  und  Gebüsch  bewachsim  war  und  nicht  zum  Ackerbau  benutzt   wurde. 

S(;hwiei'iger  ist  es  eine  alles  erklärende  llerleitung  des  zweiten  Bestandteils 
zu  tinden. 

a")  Das  14.  Jahrlmndert  ztügt  die  Jjaute  ai,  a  und  (üniual  o  (^^i'r.  2j,  der 
auch  im  lö.   Jalu'hundert  noch  (üumal  wiederkehrt  (Nr.   4). 

b)  Nur  beim  ersten  Vorkommen  (Nr.  1  und  2)  hat  das  Wort  männliches, 
sonst  stets  wcübliches  Geschlecht. 

c)  Das  schliessende  -is,  s,  tz  tritt  erst  in  der  Mitte  des  14.  Jahr- 
hunderts ein  (Nr.  5—8). 

d)  An  der  Stelle  des  Yokals  a  ers(;lieiut  im  15.  Jahrlmndert  (1430, 
Nr.  9  u.  s.  w.)  der  Vokal  i,  anfangs,  wie  die  Schreibung  ti  oder  y 
(Nr.  9  und  10)  zu  erkennen  gibt,  als  Länge,  dann  'Nr.  11  ff'.)  als 
Kürze  ausgesprochen. 

Zimächst  weisen  Avii",  wozu  die  Sclueibung  Wilderot  und  Wilroth  in 
Nr.  2  und  4  verleiten  könnte,  den  Zusammenhang  des  Wortes  mit  rode  zurück; 
0  ist  hier  nichts  als  dumpferer  Laut  des  a  in  Nr.  ;5,  wie  er  in  der  volks- 
fTimlichen  Aussprache  noch  jetzt  vielfach  vorkommt.  Wie  könnte  ein  nicht 
angerodeter  Wald  als  Rod  oder  gar  als  wilde  Rod  bezeichnet  worden  sein? 
Allerdings  ist  einmal,  im  Jahre  1430  ein  Stück  Land  als  gerodet  „inne  der 
Wildrütze"  (Nr,  10)  angegeben,  und  diese  Rodung  muss  kurz  vorlier  statt- 
gefunden haben,  da  der  Name  dessen,  der  sie  vornahm,  noch  bekannt  war; 
wir  dürfen  hier  daran  denken,  dass  im  Merkerbuch  Lotze  Koch  (ca.  1370) 
genannt  wird  oder  dass  ein  Nachkomme  des  Schöffen  lleintze  Koch  (1363  ff. ) 
die  Rodung  vorgenommen  habe.  Doch  wissen  wir  nichts  Näheres  über  sie  und 
sie  kann,  da  die  AVelliitz  damals  schon  Gemeiudewald  war,  nur  höchstens  ein 
einzelner  Fall  gewesen  sein,  der,  wenn  er  wirklich  stattfand,  eine  Ausnahme 
von  der  Regel  bildete.  Erst  im  17.  Jahrhundert  begann  die  allmählicli  voran- 
schrcitende  Benutzung  der  Wellritz  zu  Ackerland. 

Es  bleiben  uns  somit  nur  die  Formen  rait,  rat  und  rit(z)  zu  betrachten 
übrig.  Von  diesen  scheint  die  zuerst  vorkommende  rait  auch  der  ursprünglichen  am 
nächsten  zu  liegen;  sie  ist  wohl  ohne  Zweifel  gleich  dem  noch  in  Hofreite  er- 
haltenen reite,  reide,  raide;  Ilofreite  ist  der  freie  Hof  platz  in  einem  Landgute 
(Heyne  im  D.  W.  VHI,  766  und  IV,  2,  1{)97).  ,  Wurde  dem  Worte  die  Vorsilbe 
gc,  got.  ga,  vorgesetzt,  so  ergaben  sich  die  Formen  gereite,  gercit.  geraid.  die  auf 
got.  garaidjan.  anordnen,  garaids.  angeordnet,  zurückgeführt  und  als  festgesetzter, 
angeordneter  Raum  gedeutet  werden  (Hildebrand  im  D.  W.  W.  1.  2.  3626). 
Beliebt  war  die  Verbindung  Heimgereite,  der  dem  Gemeinwesen  zugehörige 
Bezirk  im  Gegensatz  zum  eignen,  namentlich  die  nudueren  Gemeinden  gemeinsame 
Waldung.      Wilderait   wäre  demnach  ein   nicht   angebauter   oder   wüster   Bezirk. 


134 

>'un  aber  erheben  sieh  Schwierigkeiten:  wie  kam  es.  dass  Wildorait  als 
männlichen  Geschlechts  in  >'r.  1  und  '2  erscheint,  während  Reite  weiblich  ist? 
dass  der  Tukal  a  an  die  Stelle  von  ai  (ei)  eintrat,    dann  i  sich  festsetzt? 

Auf  die  erste  Frage  antworten  wir  mit  dem  Hinweis  auf  die  Vermischung 
von  rait  und  rät,  copia  (vgl.  II  a  u  s  r  a  t),  von  gereite  und  gerät,  die  sehr  nahe  lag 
und  von  H  i  1  d  e  b  r  a  n  d  in  D.  W.  a.  a.  O.  3567  und  3625  herangezogen  ist.  Rät 
ist  männlichen  Geschlechts  und  so  konnte  sehr  wohl  ein  Schwanken  im  Gebrauch 
desselben  leicht  stattfinden  und  Wilderait  männlich  gebraucht  werden.  Auf 
dieselbe  Vermischung  mir  Rät  sind  die  Formen  mit  a,  weldradis  u.  s.  w. 
zurückzuführen.  Mit  dem  Vokal  i  kehrt  der  Name  wieder  zu  dem  anfänglichen, 
in  dem  Volksbewusstsein  festgehaltenen  Reite  zurück,  behält  aber  von  dem 
inzwischen  angefügten  -is,  s  den  Schluss  mit  tz  bei.  Diese  Bildungen  be- 
rulien  nänüich  offenbar  auf  der  im  Jahre  1353  bezeugten  Form  Weldradis,  das 
durch  den  Ausfall  des  i  zu  Wilderats  und  Wilderatz  wurde.  Die  Erklärung 
jener  Endung  -is  ist  schwierig;  wir  haben  es  ohne  Zweifel  hier  mit  einer 
blossen  lateinischen  Nominativ -Endung  zu  thun.  Sollte  sie  einem  des  Lateinischen 
kundigen  Schreiber  zu  verdanken  sein?  Bei  allen  diesen  Wandlungen  haben  wir 
nicht  zu  vergessen,  dass  die  Schreiber  oft  fremde  Mönche  waren,  welchen  die 
ursprüngliche  Form  des  Worts  unbekannt  war  und  den  gesprochenen  Laut  durch 
die  Schrift  festzulegen  genug  war. 

Wir  kommen  nunmehr  zum  zweiten  Teile  unserer  Mitteilungen,  der  einige 
Thatsachen  aus  der  Geschichte  der  Wellritz  betreffen  soll.  Deren  gibt  es  aus 
der  älteren  Zeit  freilich  sehr  wenige,  da  wir  die  meisten  Aufzeichnungen,  die 
den  Namen  des  Gemeindewaldes  Weliritz  bieten,  Güterverzeichnisse  sind  und  keine 
geschichtlichen  Vorgänge  enthalten.  Aus  dem  14.  und  15.  Jahrhundert  kennen 
wir  nur.  was  das  Weistum  von  etwa  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  bei 
Schliephake  II,  219  ff.  und  i)n  Merkerbuch  S.  5  ff.,  sowie  die  oben  er- 
wähnte Stelle  im  Verzeichnisse  der  Karthäusergüter  von  ca.    1430  besagen. 

In  dem  Weistum  des  Merkerbuchs  heisst  es,  S.  8,  nachdem  die  vier 
Almenden,  wozu  die  Wellritz  gehörte,  aufgezählt  sind:  „daz  sint  die  fyer 
rechten  alemente,  als  sie  die  von  Wysebadin  von  aldir  hant  gehabt,  da  y  d  e  r  - 
m  a  n  von  der  gemeyn  mak  ynne  hawen  und  ir  g  n  y  s  s  e  n ,  dar  umme 
sie  n  y  m  a  n  s  a  1  pendln."  Und  so  blieb  es,  solange  als  die  Almenden 
bestanden  und  nicht  veräussert  wurden:  die  Bürger  —  aber  auch  nur  diese, 
wenn  nicht  andre  Einwohner  der  Stadt  sich  die  Erlaubnis  dazu  erwirkt  hatten 
—  durften  und  konnten  hier  ihren  Bedarf  an  Holz  holen.  Über  den  Umfang 
freilich,  in  dem  dies  stattfand,  erfahren  wir  nichts  bis  zum  Jahre  1561.  Es 
hatten  zwar  einige  Jahre  vorher,  am  13.  Februar  und  25.  April  1547')  zwei 
grosse  Feuersbrünste  stattgefunden,  die  an  jenem  Tage  zehn  Herd-  und  Feuer- 
stätten nel)st  Ställen  und  Scheunen,  an  diesem  fast  die  ganze  Stadt  in  Asche 
legten,  aber  Nachrichten  über  Neubauten  und  wie  viel  Holz  die  Wellritz  zu 
ihnen  geliefert  habe,   sind  nicht  erhalten. 


*j  Vgl.  Ann.  XIX,   102.     Rössel,  Kinliliche  Altertümer,  S.  22. 


13;") 

Zwei  weitere  älinliche  ünglückställt!  hatte  die  Stadt  im  Jahre  löGl  und 
1563  zu  erleiden,  über  welche  das  Belialtnusbiich  also  berichtet:  „Wissbaden 
gebrant  Anno  1501  uff"  Donnerstagk  nach  Medardi,  welcher  der  12.  war  des 
Monats  Junii  und  sein  verbrauth  53  f'euer  oder  hertstcsth  ohne  Schcuci-  und 
Stell,  gott  behutt  vor  weiderem  schaden"  und  „Anno  1503,  den  22.  Februarii  des 
Abentz  brant  der  Diff'entaller  hoff'  sanipt  scheuern  und  stel  b(;y  neben  4  heuser 
und  stel  und  2  scheuern,  got  behutt  vor  weittereni  Schaden,  Amen."  Infolge 
davon  gab  man  sich  rüstig  daran,  an  Stelle  der  eingeäscherten  Gebäude  neue 
zu  errichten,  und  dabei  nuisste  die  Wellritz  das  JJauholz  liefc^'n.  In  den  fünf 
Jahren  1501,  1503 — 1507  (erhielten  aus  ilir  00  Personen  mindestens  188  „I[ölzer", 
je  nacli  der  Grösse  ihres  Verlustes  und  Bedürfnisses,  viele  (30)  je  vier,  andere 
(32)  je  zwei  Hölzer,  eine  drei  und  eine  ein  Holz;  von  zweien  ist  die  Zahl  nicht 
augegeben.  Aus  der  beifolgenden  Tafel  ist  die  Verteilung  der  Personen  und 
Hölzer  auf  die  einzelnen  Jahre  ersichtlich.  Wir  bemerken  dazu,  dass  Jiicht 
alle  zu  den  „verbrannten"  Personen  gehörten;  die  Namen  der  Empfängen-  hab(!n 
wir  für  uusern  Zweck  nicht  nötig  erachtet  beizufügen.  —  Unter  dem  Worte 
Hölzer  sind  Baumstämme  zu  verstehen,  wie  denn  einigemale  beide  Bezeichnungen 
(„Höltzer  oder  Stem")  verbunden  werden  oder  bloss  von  „Stem"  die  Kode  ist. 


s 

§ 

0^ 

S 
o 

Personen 

Hölzer 

Personen 

Kl 

c 

a 
o 

1 

s 

o 

s 

Hölzer 

Summa 

— 

4 

— 

3     i 

— 

2 

— 

1 

— 

iinl)e-  j 
stimmti 

Personen  j    Hölzer 

1561 

23 

92 

— 

— 

1 

2 

— 

1 

•p 

25 

94  +  X 

1563 

3 

12 

— 

8 

16 

— 

_ 



_ 

11 

28 

1564 

1 

4 

— 

7 

14 

1 

1 

1 
_ 

9 

19 

1565 

2 

8 

— 

5 

10 

— 

1 

? 

8 

18  +  x 

1566 

1 

4 

1 

3 

10 

20 



_ 

12 

27 

1567 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

— 

— 

2 



~ 

1 

2 

Summa 

30 

120 

1 

3 

32 

64 

1 

1 

2 

? 

66 

188  +  X 

1575 

— 

— 

3 

— 

— 

\ 
\ 

3        i 

— 

— 

1 

6 

f          6 

1 

Summa 

\     30 

1 

35 

1 

2 

'        69 

120 

3 

70 

1 

V 

194  +  X 

Nach  dem  Jahri^  1507  wird  entweder  der  Verbrauch  der  Wellritzhidzer 
geringer,  da  der  Wald  so  stark  gelichtet  worden  war.  oder  die  Aufzeichnung 
im  Behaltnusbuch  weniger  gewisseidiaft  fortgeführt.    Nur  noch  einmal,  während 


i;50 

des  16.  .Jahrhuuderts,  im  Jaliii"  IT^T."),  wird  gemeldet,  diiss  drei  Personen  je 
zwei  Hölzer  erhalten  hätten,  aber  eifrig  darüber  gewacht,  dass  keine  un- 
berechti'^ten  Persuueu  (es  kam    zweimal  im  Jahre  159.")    von  Auswärtigen  vor) 

sich  Holz  aneigneten. 

Anders  stand  es  mit  dem  in  der  Stadt  Wiesbaden  ansässigen  oder  be- 
«»üterten  Adel,  und  dieser  Umstand  veranlasst  uns  die  Verhältnisse  desselben 
näher  zu  beleuchten. 

Einen  altheimisclu-u  Adel  besass  die  Stadt  nicht  mehr,  seit  das  Geschlecht 
der  Ht'rrn  von  Wiesbaden,  heruntergekommen  wie  es  dem  Anscheine  nach  da- 
mals war.  um  das  Jahr  1400  ausgestorben  und  seine  Besitzungen  in  andere 
Hände  über"-e"-angen  waren.  Neben  demselben  hatten  sich  schon  frühe  andere 
Familien  aus  der  Nähe  und  Ferne  festgesetzt;  einzelne  Glieder  derselben 
mochten  als  Burgmaunen  Eingang  gefunden  und  Grundbesitz  erworben  haben, 
andere  hatten  durch  Heirat  mehr  oder  minder  bedeutende  Güter  erworben  oder 
waren  als  Beamte  oder  Käte  in  den  Dienst  des  Grafen  berufen  worden.  Die 
Bewirtschaftung  ihrer  Besitzungen  besorgten  sie  vielfach  nicht  selbst,  sondern 
o-aben  sie  au  Päi-hter  aus  oder  setzten  Verwalter  ein.  Eine  Eingabe  der  Stadt 
an  den  Grafen  aus  dem  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  sagt,  dass  damals  sechs 
adelige  Personen  mit  30—40000  Gulden  zu  Wiesl)adcn  begütert  waren,  aber 
„mehrer  Theils"  ausserhalb  Wiesbadens  wohnten. 

Zwischen  sie  und  der  Stadtgemeinde  kam  es  nun  sehr  oft  zu  Zwistig- 
keiten.  indem  sie  sich  den  landesüblichen  und  von  der  Herrschaft  bestätigten 
Ordnungen  hinsichtlich  der  Abgaben  und  Leistungen  nicht  fügen  wollten,  auch 
sonst  sich  Eigenmächtigkeiten  erlaubten,  die  sich  die  Stadt  nicht  gefallen  lassen 
wollte.*)  Das  angezogene  Schriftstück  des  angehenden  17.  Jahrhunderts  klagt, 
sie  massteu  sich  alle  Freiheit  über  die  von  den  Grafen  gegebenen  genannten 
Befehle  an  und  wollten  Beschwerden  nicht  tragen  helfen.  Und  doch  waren 
diese  nicht  gross  und  nicht  unbillig.  Man  verlangte,  dass  die  angesessenen 
Adelspersouen  und  Herrendiener  AVeg  und  Steg  gleich  den  Bürgern  erhalten 
helfen  sollten,  da  sie.  wie  im  Jahre  1617  geltend  gemacht  wird,  dieselben  mit 
einander  zerreissen  und  zerbrechen,  sich  aber  dieser  Last  soviel  als  möglich  zu 
entziehen  suchten;  ferner  sollten  sie  wie  andere  das  sogenannte  Backungeid 
(2  Alb.  2  Pfg.  von  jedem  Malter)  entrichten,  soweit  sie  nicht  schriftliche  Be- 
freiung aufzulegen  hätten,   und  von  bürgerlichen  Gütern,   d.  h.   solchen,   die  sie 

*)  Ein  interessantes  Beispiel  erzählt  das  Beh.-Buch  fol.  197  vom  4.  Juni  1607.  WalthtM- 
von  Grodian,  Sohn  des  Reinhard  von  Grodian,  der  durch  seine  Mutter  Anna  Maria  von  Goi- 
spitzheim  in  den  Mitbesitz  eines  llofcs  in  der  Kirchgasse  gekommen  war,  hatte  den  Zaun 
seines  Gartens  vor  der  Mainzer  Pforte  herausziehen  und  auf  ein  Grundstück  der  Gemeinde 
setzen  lassen.  Als  er  nun  vergeblich  verschiedene  Male  durch  Schultheiss,  Schöffen  und  Ge- 
meindeitersonen  aufgefordert  worden  war,  den  Zaun  auf  seine  alte  Stelle  zu  setzen,  verfügten 
sich,  als  dor  Gottesdienst  beendet  war,  Schultheiss,  Schöffen,  Geschworne  und  soviel  von  den 
Bürgern  in  dor  Kirche  gewesen,  auf  vorgehabten  Hat  nach  dem  genannten  Garten,  zogen  den 
gesteckten  Zaun  aus,  so  weit  er  übersetzt  gewesen,  und  setzten  ihn  an  seine  richtige  Stelle 
zurück;  die  geschworncn  Feldmesser  waren  sofort  bei  der  Hand  vier  Marksteine  zu  setzen. 
Grodian  scheint  dies  Vorgehen  so  wenig  gefallen  zu  haben,  dass  er  zwei  Jahre  nachher  seinen 
Anteil  an  der  Besitzung  verkaufte. 


137 

von  Bürgern  erkauft,  die  liede  (Ausbude  gomuint,  wi'un  sie  auswärts  wohnten), 
zahlen.  Den  Grafen  mochten  bisweilen  die  Klagen  der  Bürger  über  die  Hinter- 
ziehung und  Schniälerung  der  Abgaben  lästig  Nverden  und  sie  Hessen  sie  wohl 
einmal  unbeantwortet,  in»  allgenu'incn  aber  standen  sie  auf  Seiten  der  Bürger 
uiul  suchten  ihnen  wiederholt  zu  ihrem  Rechte  zu  verhelfen. 

Zu  der  Zeit,  von  der  wir  handeln,  waren  (is  besonders  zwei  Junker,  die  sich 
durcdi  [JnbotmässigkiMt  und  (rewaltthätigkeit  hervorthaten,  Jlaus  Machon- 
h  0  i  m  e  r  v  o  n  Z  w  e  i  b  i  ü  <;  k  e  u  und  W  a  1 1  h  c  r  von  N  i  t  z  s  c  h  w  i  t  z.')  Haus 
Machenheimer  war  der  Sohn  des  Hans  Machcmheimer,  der  die  Tochter  des  Wies- 
badener Amtmanns  .lud  von  Eltvillo  geheiratet  und  durch  sie  nicht  unbeträchtliche 
c;üt(>r  in  der  Gemarkung  der  Stadt  ererbt  hatte,  auch  vom  Jahre  1524  an  einige  Zeit 
Amtmann  daselbst  gewesen  war.  Der  Sohn  erbte  die  väterlichen  Güter  uu-l 
darunter  das  Haus,  das  der  Vater  erbaut  hatte  gegenüber  der  Mauritius-Kirche, 
iu  dem  er  wohnte;  den  Bauplatz  hatte  er  aus  bürgerlichen  Händen  erworben. 
Walther  von  Nitzschwitz  war  früher  Amtmann  von  Greifensteiu  gewesen,  hatte 
dann  die  Witwe  des  1554  verstorbenen  Amtmanns  Moriz  von  Bresen  geheiratet  und 
mit  ihr  dessen  hinterlassene  Güter  erhalten.  Er  mag  sich  infolge  dessen  öftci- 
zu  Wiesbaden  aufgehalten  haben,  wie  wir  das  von  den  Jahren  1558  und  lo59 
wissen,  und  dadurch  den  Grafen  bekannt  geworden  sein:  im  Jahre  1567  machte 
ihn  Graf  Balthasar  zu  seinem  Rat  und  Diener  von  Haus  aus;  von  da  an  scheint 
(>r  beständig  zu  Wiesbaden  gewohnt  zu  haben.  Beide  Junker  hatten  neb(m 
ihren  gefreiten  Gütern  auch  bürgerliche  in  Besitz,  Nitschwitz  etwa  40  Morgen 
Ackerland,  Weinberge  und  Wiesen,  Machenheimer  einige  Weinberge  und  eine 
Hofreite.  Sie  mochten  bereits  oftmals  Veranlassung  zu  Beschwerden  gegeben 
haben,  welche  die  Gemeinde  übersah  oder  nicht  verfolgte,  als  endlich  das  Mass 
voll  war,  und  man  nicht  mehr  ruhig  zusehen  wollte,  wie  Recht  und  Ordnung 
missachtet  w^urde.  Eine  passende  Gelegenheit  schien  zu  sein,  als  Graf  Balthasar, 
der  das  Vertrauen  der  Bürger  nicht  besass*),  gestorben  war  (11.  Januar  1568) 
und  eine  Vormundschaft,  bestehend  aus  dem  Grafen  Johann  von  Saarbrücken  und 
der  Witwe  Balthasars,  Margarethe  von  Isenburg-Büdingen,  die  Regierung  des 
Landes  übernommen  hatte.  Namentlicli  scheint  der  Graf  Johann  den  Bürgern 
die  Hoffnung  erweckt  zu  haben,  dass  ihre  Klagen  nunmehr  Abhilfe  finden 
würden,  während  die  verwitwete  Gräfin  in  den  Verdacht  geriet,  als  ob  sie  ein 
Versprechen  ihres  Gemahls  nicht  halten  und  der  Gemeinde  ihren  Pfarrer 
Nicolaus  Gorapo  nehmen  wolle.') 

"')  Die  Schreibung  des  Xamens  ist  verschieden:  die  Grabsohrift  seiner  Cicninhlin  Aunii 
(ir)6-J)  lautet  bei  llel wich  Nitzschwitz,  daneben  findet  sich  Nichtschwitz  und  Nichsohwitz,  ein- 
mal Nitzwitz.     Wir  folgen  der  Grabschrift. 

')  Balthasar  hatte  eine  öfter  wiederholte  Klage  der  Stadt  gegen  Nitzschwitz  „anderer 
vorfallender  Geschäfte  halber"  zu  verfolgen  eingestellt.  Supplikation  vom  10  Juli  1569.  Auch 
hatte  der  (iraf  ein  Versprechen  nicht  eingelöst,  das  er  der  Stadt  gegeben,  als  diese  ihm  ihr 
altes  Kathaus,  die  Hütte,  überliess;  damals  versprach  er  ein  neues  Haus  dafür  wieder  her- 
zurichten. Ehe  er  das  gethan  hatte,  starb  er,  aber  die  (leraeindo  vorgass  die  Sache  nicht,  die 
erst  im  Jahre  1608  durch  Graf  Ludwig  ihre  Erledigung  fand. 

■')  Diesen  Verdacht  sprach  ein  Schreiben  des  Schultheissen  und  der  Schöft'en  vom 
21.   .Vpril   1508  aus,    das  die  (Jräfin  am  22.   desselben  Monats    in    ziemlidi   gereizter  Stimmung 


138 

Wir  wollen  luimiu'lir  die  hii>rbei  gehörigeu  Schriftstücke,  soweit  sie 
in  dein  Behaltnusbucli  der  Stadt  abschriftlich  erhalten  sind,  in  Kürze  be- 
sprechen und  zwtu-  zuerst  die  den  Adel  im  allgemeinen  angehenden,  dann  die 
Hans  Macheuheimer,  schliesslich  Waltlier  von  ]Sitzschwitz  betreffeud(>n  und 
bemerken  dazu,  dass  die  Angaben  des  Damms  nicht  überall  stimmen,  wie  das 
in  den  einzelnen  Fällen  angegeben   werden  wird. 

I.  (fegen  den  Adel  und  die  gefreiten  Personen  überhaupt,  ohne  dass 
bestimmte  genannt,  aber  vor  allen  die  beiden  namhaft  gemachten  Junker  ge- 
meint sind,  wie  aus  weiter  unten  folgenden  Schriftstücken  hervorgeht,  sind  die 
Klagen  gerichtet,  die  in  dem  „Yerzeichnus  derer  xVrtickell,  darin  die  Burger- 
schaft und  gantz  (femein  zu  Wispaden  hochbeschwerdt,  uf  den  Jluldungstag 
den  i'l.  Juli  1568*)  unser  gn.  Yornuindschaft  autragen  lassen",  zusammen- 
"•efasst  sind.  In  Nr.  1  wird  geltend  gemacht,  dass  in  gemeiner  Acht,  wo  die 
vom  Adel  und  gefreite  Personen  meistenteils  begütert  seien  und  Wege  und 
Stege  brauchen,  allewege  die  Wagen  des  Grafen,  des  Adels  und  der  Gefreiten 
gefahren  seien  samt  andern  Bürgern  geachtet;  dieser  Zeit  aber  thäten  sie  nach 
ihrem  Gefallen,  was  grossen  Unwillen  i]i  der  Gemeinde  errege  („emperet") 
und  dadurch  nichts  Ratsames  angerichtet  werde.  Ferner  habe  (Nr.  2)  Graf 
IMiilipi»  drr  Ältere  mit  gehäuteten  Glocken  vor  dieser  Zeit  verbieten  lassen, 
dass  keiner  von  Adel  und  der  gefreiter  Personen  Bauerngüter  kaufen  dürfe, 
08  wäre  denn,  dass  er  Zins  und  Bede  davon  entrichte.  Darauf  erfolgte  am 
4.  August  der  Abschied,  dass  dem  Amtmann  auferk^gt  sei,  wenn  ihm  hinfüro 
Klage  vorkomme,  dass  einer  oder  der  andere  seine  Gebühr  nicht  geleistet  oder 
vor  der  Zeit  abgestanden  sei,  solle  er  den  oder  dieselbigen  pfänden  und  die 
gebührliche  Strafe  abnehmen. 

In  dem  Abschied  auf  den  zweiten  Punkt  wird  vorausgeschickt,  dass  be- 
richtet worden  sei,  es  massten  sich  nicht  Adelspersonen  und  Herrendiener 
allerhand  Freiheiten  in  Bezahlung  des  Backungelt(is  und  der  Ausbede  an  und 
hätten  das  Landgebück  hier  und  da  ausgerodet  und  sich  angeeignet:  daraufhin 
wird  verordnet,  dass  die  Burgermeister  beide  Abgaben  einfordern  und  im  Falle 
sich  einer  dessen  verweigern  würde,  ihn  jifänden  sollen,  wobei  der  Amtmann 
ihn  jeder  Zeit  handhaben  solle.  In  Betreff  des  Adels  heisst  es:  da  die  Vor- 
mundschaft in  währender  Handlung  befunden  habe,  dass  die  Klage  begründet 
sei,  so  befehle  sie  allen  Büi'gern  und  Inwohnern  der  Stadt,  dass  „ihrer  keiner 
keinem  Freien  einig    liegend  Gut    ohne  Vorwisson    der  Obrigkeit  verkaufe  bei 

beantworteto,  indem  sie  die  .Vuschuliliftungcn  zurückwies  oder  richtig  stellte;  sie  kehrte  schliess- 
lich den  Spioss  um:  sie  ermahnt  die  liiiryer,  dass  sie  die  Predigt  tieissig  und  ordentlich  be- 
suchen und  den  Pfarrer  und  die  Kirchendiener  mit  zeitlicher  notwendiger  Unterhaltung  wohl  ver- 
»ehen,  insbesondere  darauf  achten  sollten,  dass  nichts,  wie  doch  geschehen  sein  soll,  von  den 
Pfarrgütern  abgezogen  werde;  es  solle  deshalb  das  Pfarrgut  von  neuem  abgemessen  und  das 
Kntwendete  wieder  zugemessen  werden,  i^as  Schreiben  der  Gräfin  findet  sich  im  städtischen 
Archive. 

°)  So  in  der  Lberschrift;  in  der  Unterschrift  heisst  es:  „Actum  ...  in  der  Huldung 
unserer  gn.  Vormundschaft  vorgchaltin  den  21.  Junii  Anno  1568."  Die  Huldung  aber  fand 
statt  am  21.  Juli;  sie  steht  im  Beh.-B.  zwischen  einem  Eintrag  von  Johannis  Bapt.  und  von 
Mariao  Himmelfahrt;  dabei  ist  das  Datum  der  Überschrift  das  richtige. 


i:u> 

Ycrlust  flossolbcn  Gutes,  da«  er  verkauft  habe,  und  im  Falle,  dass  es  erlaubt 
werde,  der  Käufer  der  Stadt  eine  Rccognition  der  J3ed(!  halber,  das«  er  dieselbe 
jährlich  auszuriehten  sclaüilig-  sei,   zu  Händen  stelle." 

Es  erhcdltit,  dass  bereits  l'hilipp  der  Altere  (!s  für  nöti«;-  erachtete,  die 
Verpflichtung  des  Adels,  voji  bürgerlichen  Gütern  Bede  zu  /ahkm,  einschärfen 
niusste');  aber  trotz  der  Wiederauffrischung  des  Gebots  hören  später  Beschwerden 
wegen  Nichtachtung  desselben  wie  auch  wegen  Erhaltung  von  Weg  und  Steg 
nicht  auf,  und  jedesnuil,  wo  der  Graf  sich  darüber  äussert,  sehen  wir  ihn  auf 
der  Seite  der  Bürger  stehen,  wie  wir  z.  B.  von  Graf  Ludwig  hüren,  der  grade 
das  Gebot  vom  Jahre  lööS  in  Beantwortung  einer  Su])plikation  der  Stadt  im 
Jahre  1609  wiederholt.  Wenn  dies  auch  ebenso  sehr  in  dem  Interessen  des 
Grafen  wie  der  Stadtgemeinde  lag,  so  niusste  doch  auch  das  Gebahren  einzelner 
Junker  ihn  nicht  wenigen-  als  diesen  aufbringen  und  zum  Einschreiten  reizen, 
wien  es  bei  den  beiden  oben  genannten  Hans  Machenheimer  und  Walther  von 
Nitzsclnvitz  nötig  wurde. 

II.  H  a  n  s  M  a  c  li  e  n  h  e  i  m  e  r  v  o  n  Z  w  c  i  b  r  ü  c  k  (^  n.  Mit  diesem  keliren 
wir  wieder  zu  unserem  Ausgangspunkte,  der  Wellritz,  zurück.  Er  hatte  nändich 
in  der  Woche  nach  Andreastag  des  Jahres  1567  vier  eichene  Stämme  „eignes 
Gewalts  und  freventlicher  AVeise"  in  der  Wellritz  abgehauen  und  entführt. 
Schultheis«  und  Schöffen  hatten  zwar  sofort  die  Sache  dem  Amtmann  Hans 
Bernhard  von  Langein  vorgebracht,  aber  dann  nachbarlicher  Weise  fallen  lassen 
in  der  Hoffnung,  es  werde  nicht  wieder  geschehen.  Aber  Hans  ^lachenheimer 
fuhr  —  wir  folgen  hier  fast  wörtlich  der  eindringlichen  Klagschrift  der  Ge- 
meinde vom  1.  Juli  1568  —  dessen  unangesehen  zum  andern  Male  in  eigener 
Person  zu  Ross,  mit  Wehre  und  Büchse,  Zimmcrlcuten,  Wagen,  Pferden  und 
Knechten  eignes  freventlichen  Gemüts  und  Gewalts  in  der  Gemeinde  Wald, 
fällte  sechs  eichene  Hölzer  und  zeichnet  noch  andre  an,  die  er,  wenn  etliche 
Bürger,  die  ihn  auf  frischer  That  erfanden,  nicht  wehren  konnten,  auch  gefällt 
hätte.  „Als  wir,  heisst  es  weiter,  in  der  Stadt  diesen  Frevel  erfuhren,  schickten 
wir  etliche  aus  den  Rotten  mit  wehrhaftiger  Hand  ihm  nacli  und  erhielten  von 
dem  Amtmann  die  Erlaubnis  ihn  zu  pfänden,  wie  wir  denn  von  Alters  her 
dazu  befugt  sind.  Aber  als  jene  den  Frevler  mit  freundlichen  Worten  anredeten, 
hat  er  sie  nicht  allein  mit  gotteslästerlichen  Worten  Schelme  und  Hiebe  ge- 
heissen,  sondern  seine  Büchse  gezogen,  ihnen  zu  schiessen  gedroht,  ist  aber 
doch  alsbald  mit  Gewalt,  mit  Ross  und  Wagen  davon  gefahren.  Docli  wir 
ihm  die  Pforten  zugethan,  den  Wagen,  daraus  der  Knecht  die  Pferde  gespannt 
und  gen  Mainz  zu  reiten  Willens,  genommen  und  liinter  den  Schultheissen 
gestellt.  Über  das  so  hat  er,  Machenheimer,  eine  stattliche  Nahrung,  braucht 
Wasser  und  Weide,  die  Gemeinde  beschützt,  bewacht  und  behütet  ihm  sein 
Haus,  Hof,  Vieh  und  Güter,  da  er  doch  mit  dem  wenigsten  Buchstaben  einige 
Burgmannsfreiheit  nicht  darthun  kann,   also  dass  wir  wcdil  verursacht,    auch  v<>r- 


^)  Sprachlich  ist  vielleicht  nicht  ohne  Interesse,  dass  es  in  dem  Verzeichnis  vom  21.  .luli 
lioisst:  „mit  gelautter  Klockcn",  in  der  Wiederholung  des  Satzes  im  Abschied  vom  4.  August: 
„mit  leudcnden  Glocken'',  also  nicht  allein  der  Numerus  des  Substantivs,  sondern  auch  das 
Cienus  Yerbi  wechselt. 


140 

möge  unserer  gerhanon  EidspHidit.  ihn  diihin  zu  lialten.  dass  er  zu  Wege  und 
Stege  zu  dienen  nicht  gefreiet,  sein  Baekungeld.  Ausbedo  und  dergleichen  Be- 
schwerden, wie  andere,  die  unget'reite  Güter  besitzen,  ausrichten  sollte.  Und 
dieweil  wir  dann  ihn  in  allem,  wie  itzt  genielt.  aus  gutherziger  nachbarlicher 
Mt'inung  bis  anheru  geleben  lassen  und  er  das  undankbar  achtet,  so  gelangt 
an  E.  Ct.  unser  ganz  unterthänig  und  Heissiges  Bitton,  E.  (i.  wollen  uns  bei 
langwieriger  hergebrachter  Gereclitigkeit  schützen  und  schirmen,  auch  ihn  dahin 
halten,  dass  er  seines  Frevels  halber  uns  eine  Erstattung  thue  und  von  seiner 
Drohung  abstehe."  Zum  Schlüsse  versteigen  sich  die  Bittsteller  zu  der  Drohung. 
dass  sie,  im  Falle  sie  in  ruhiger  Posscssion  nicht  geschützt  werden  möchten 
oder  könnten  (wie  sie  dann  nicht  zweifeln),  verursacht  würden  andere  Mittel 
und  Wege  zum  Guteu  der  ganzen  Gemeinde  vorzunehmen,  und  versichern  i.  Gn. 
ihres  schuldigen  Gehorsams. 

Die  Antwort,  um  welche  sie  gebeten  hatten,  erfolgte  am  4.  August  1568^), 
die  in  einer  Abschrift  von  der  Hand  und  mit  der  Unterschrift  des  Gerichts- 
schreibers Nicolaus  Albrandt  (er  bekleidete  dieses  Amt  vom  29.  Juli  1570  bis 
zum  23.  Juli  1074)  vorliegt.  Sie  erfolgte  nach  einem  Verhör  der  beiden  be- 
teiligten Seiten  und  weiteren  gewissen  Erkundigung  und  lautet:  „Wofern  sich 
^[achenheimer  innerhalb  vierzehn  Tage  mir  den  Bürgcaii  seiner  betretenen  Miss- 
handlung  halber  in  der  Güte  nicht  vorgleichen  werde,  dass  alsdann  den  Bürgern 
der  abgepfändete  AVagen  zu  ihrem  besten  Nutzen  zu  verkaufen  erlaubt  sein 
solle,  und  dem  Amtmann  befohlen  worden,  ihnen  in  dem  Handhabung  zu  er- 
zeigen, und  dabei  auch  Machenheimer  mit  Ernst  untersagt,  dass  er  sich  aller 
Drohworte,  auch  dergleichen  Frevel  und  Mutwillens  enthalte  und  sich  in  dem 
gebührlichen  Rechtens  bevaheu  (?)  lasse." 

Die  letzten  Worte  des  Bescheides  sind  wohl  so  zu  verstehen,  dass  Machen- 
heimer die  Ausbede  und  Zins  u.  s.  w.  von  den  unadeligen  Gütern,  die  er 
und  sein  Vater  erkauft,  geben  solle. 

Welchen  Ausgang  die  Sache  nahm,  ist  nicht  überliefert:  Machenheimer 
wird  sich  gefügt  haben.  Von  Übertretungen  der  Ordnung  und  Gewaltthätig- 
keiten  hören  wir  bis  zu  seinem  im  Jahre  1574  erfolgten  Tode  nichts  mehr. 

HI.  W  a  1 1  h  e  r  v  o  n  N  i  t  z  s  c  h  w  i  t  z  liatte  wie  Machenheimer  gleichfalls 
Il<dz  aus  der  Wellritz  sich  angeeignet  und  ZAvar  etwa  in  derselben  Zeit  als 
dieser.  Darüber  berichtet  die  „Supplication  contra  J.  Waltheru  von  Nitzschwitz, 
den  19.  Juli   15G8*)  übergeben",    die    erst    wie    andere  Aktenstücke    von    dem 


")  Nach  einem  Bericlit  des  Beh.-B.  erfolgte  die  Antwort  am  24.  Juli  durch  den  Lirafeii 
Hans  und  seine  Räte.  Ist  diese  Angabc  richtig,  woran  wir  zu  zweifeln  nicdit  Ursache  haben, 
da  sie  unmittelbar  nachher  niedergeschrieben  wurde,  so  ist  diese  Verschiedenheit  des  Datums 
80  zu  erklären,  dass  der  Graf  bei  (ielegenhcit  der  Huldigung,  die  am  21.  Juli  stattfand  und 
ihn  Wühl  noch  einige  Tage  zu  Wiesbaden  zurückl.ielt,  eine  mündliche  Antwort,  die  ganz  mit 
der  schriftlichen  übereinstimmte,  gab,  die  sr-hriftliche  aber  später  folgen  Hess. 

")  Auch  hier  weicht  das  Datum  der  Überschrift  von  dem  am  Schlüsse  angegebenen  al>, 
da  jenes  di-ii  10.  Juli  l.')G!«  bietet.  Da  der  Abschied  auf  die  Bittschrift  am  4.  Oktober  1568 
erfolgte,  so  müssen  wir  diese  in  das  Jahr  1568  setzen,  das  auch  im  Kontext  genannt  wird. 
Ks  wäre  auch   auttallcnd,   wenn   man  ein  ganzes  Jahr  mit  der  Beschwerde  gewartet  hätte. 


141 

Gerichtsscliroibor  der  Jahro  ir)70— 1574,  Nicohius  Albrundt,  in  das  Belialtnus- 
buch  ('iDg(!rra}j;iai  ist.  In  di(!ser  Bittscbrift  wird  zuerst  Klag«;  erhobou.  dass 
Waltlitsr  von  Nitzschwitz  „eignes  Gcwalts  der  Gomeido  Landgra])on  zum  Teil 
oingenomnien,  Sträucho.  Dornen  und  J lecken  ausgerodet  ....  auch  die  Pfähle 
ausgehauen  haln;''  u.  s.  w.  Die  Bittsteller  liätten  dies  bei  chiiu  Grafen  riiilipi) 
und  IJairliasar  niehnuals  klagend  vorgebraclit,  aber  „wolerniolter  unser  gn.  Herr'' 
(soll  wohl  der  letztgenannte  sein)  habe  jeder  Zeit  dei-  vorfallenden  Geschäfte 
halber  auf  den  Augenschein  zu  gehen  und  zu  besichtigen  uns  Zcdt  zu  ernenmm 
eingestellt.  Mittlerweile  sei  er  mit  Tod  abgegangen  und  ^S'itzschwitz  habe  nun 
noch  einen  sumpflichen  Platz  der  Gemeinde  eingenommen,  was  dieser  und  au<h 
dem  Grafen  beschwerlich  sei  und  Schaden  l)ringe,  Sie  ])itt(!n  um  liesichtigung 
durch  Unparteiische,  die  das  Landgebück  und  Gebrüdi  abstcnnen  und  wieder 
zu  ihren  Händen  stellen.  Ferner  habe  Nitzschwitz,  nachdem  sie  in  nächst 
verschienener  AVinterszeit  auf  sein  bittliches  Begehren  sechs  eichene  Stämme 
Bauholz  aus  ihrem  Walde  Welritz  zu  liauen  erlaubt,  deren  undankbarliclu^r 
AVeise  nicht  geachtet,  sondern  zu  den  sechsen  noch  acht  eignes  Gewalts  ge- 
hauen, was  sie  dem  Amtmann  zu  Wiesbaden  klagend  vorgebracht,  aber  er- 
sitzen lassen,  in  Hoffnung,  er  (AValther)  werd(>  der  Gemeinde  ferner  kein  Un- 
recht zufügen.  Dessen  alles  uuangesehen,  sei  er  zugefahren  Samstag  nach 
Jubilate  (15.  Mai)  dieses  itzt  laufenden  G8.  Jahres  und  cignc^s  Gewalts  ohne  einiges 
Begehren  ihnen  in  ihrem  Wald  zum  anderen  Male  abgeliaucn  22  junge  eichene 
Stämme.  Sie  bitten  um  Schutz,  dass  sie  nicht  von  dem  Ad(d  belästigt  werden; 
wo  nicht,  WHirden  sie  andre  Mittel  vornehmen,  ihre  Gerechtigkeit  zu  behalten. 
Auch  möge  man  von  wegen  der  Obrigkeit  darauf  hinwirken!,  dass  er  sich  seines 
Frevels  mit  ihnen  vergleiche.  Er  habe  ebensowenig  Burgmannsfreiheit  bei- 
zulegen als  Machenhsimer,  und  sei  deshalb,  wie  billig,  Backungcld,  Bede  und 
dergleichen  Beschwerungen  von  den  ungeadelten  und  ungefreiten  Gütern  zu 
geben  schuldig. 

Es  folgt  ein  „A'erzeichnus  derer  ungeadelten  (und  geistlichen)  Güter,  so 
der  Edel  und  Ehrnvest  Waltlier  von  Nichschwitz  inhat''. 

Die  Klage  vom  19.  Juli  wurde  verabsclüedet  am  4.  Oktober.  In  Betreff" 
des  Landgrabens  und  Gebückes  erging  der  Befehl  an  die  Idsteinischen  Räte, 
dass  sie  mit  dem  Amtmann,  Schultheissen,  Schöffen  und  der  ganzen  Gemeinde 
zu  Wiesbaden  beide  besichtigen  und  in  den  alten  Stand  lichten  sollen.  Von 
Pjackungeld  soll  Nitzsclnvitz  wie  andre  vom  Adel  frei  und  unbeschwert  sein, 
von  der  Ausbede  sei  er,  so  lauge  er  Diener  sei,  auch  gefreit  und  dem  Rent- 
meister befohlen  worden,  dieselbe  jährlicli  der  Gemeinde  zu  entrichten  und  zu 
verrechnen.  Was  das  Übrige  betreffe,  so  seien  beide  Teile  verhört,  und  es  sei 
auch,  wo  nötig,  der  Augcnscliein  eingenommen  worden,  aber  zwischen  ihnen 
nicht  Fruchtbarlisches  ausgerichtet  und  daher  die  Verhandlung  eingestellt  worden. 
So  fand  die  Gemeinde  keinen  Ersatz  für  die  weggenommenen  Wellritzstämme, 
aber  das  hatte  sie  erreicht,  dass  kein  weiterer  Eingriff  in  ihre  Rechte  von 
Walrher  gewagt  wurde.  Er  gab  z^Yar  später  noch  mehrmals  Anlass  zu  Klagen, 
wie  er  denn  im  Jahre  1069  sich  der  Verordnung  wegen  des  Landgrabens  nichr 
fügen  wollte,   eine  Ölmühle    ,,eignes  Gefallens"    zu    einer  Mahlmühle    gemachr. 


142 

Netz-  und  Garnstellon  vorgenommen  und  Drolnvorte  gegen  einige  Bürger  hat 
vernehmen  hissen,  sogar  sieh  uiclit  scheute,  den  Zaun  seines  Gartens  au  einigen 
Orten  zwei 'und  drei  Sc-huh  ausserhalb  der  gesetzten  Steine  aufzustellen.  Aber 
als  er  im  Jahre  1574  sechs  Hölzer  oder  Stämme  zu  seinem  laugen  Bau  be- 
durfte, si'heinr  er  die  Gemeinde  um  die  P^rlaubnis  angesprochen  zu  haben,  sie 
;ius  der  WcUritz  zu  holen,   und  sie  ^Yurdeu  ihm  verwilligt. 

Die  beiden  Junker  hatten  also  im  Ganzen  52  Stämme  aus  der  Wellritz 
entnommen.  40  ohne  und  V2  mit  Erlaubnis  der  Stadt.  Rechnen  wir  dazu  das 
an  die  Bürger  ausgegebene  Hauholz  =  li»4  -f  x  Stämme,  so  ergiebt  sich  für 
die  kurze  Zeit  von  1061—1574  die  Zahl  von  246  +  x  oder  etwa  250  Stämmen. 
Noch  grösser  mag  der  Verbrauch  von  Holz  aus  der  AVellritz  nach  dem  grossen 
Brande  von  1547  gewesen  sein. 

Es  frao-t  sich,  ob  man  sofort  dafür  sorgte,  diesen  Verlust  zu  ersetzen  und 
wie  das  geschah.  Auf  die  erste  Frage  gibt  eine  Bittschrift  der  Gemeinde  vom 
16.  Dezember  1592  Antwort,  durch  welche  der  Graf  ersucht  wurde,  den  Wald 
vor  dem  unbefugten  Fällen  von  Bauholz  durch  einen  Neuhof  er  Zimmermann  zu 
schützen.  Derselbe  wollte  eine  ganze  Anzahl  von  Stämmen  sich  zueignen; 
dagegen  machte  die  Gemeinde  geltend,  dass  der  Wald  von  ihren  Vorfahren 
und  ihnen  «-eheo-et  und  gepflegt  worden  sei  und  noch  werde,  um  ihnen  im 
Notfall,  bei  Feuersbrünsten  u.  s.  w.  Vorrat  an  Bauholz  zu  bieten;  jetzt  sei  er  ein 
junger  W  a  1  d  uiul  untauglich  zu  diesem  Zweck  u.  s.  w.  ;  der  Graf  traf 
sofort  dem  Gesuch  entsprechend  die  nötigen  Anordnungen.  Wir  entnehmen 
aus  der  Bittschrift,  dass  Anpflanzungen  von  jungen  J5äumeu  im  Laufe  des 
Jahrhunderts  stattgefunden  hatten,  um  etwaigem  Bedürfnis  zu  genügen,  und 
dass  der  Wald  in  seinem  bisherigen  Umfange  erhalten  werden  sollte. 

Tn  Betreff  der  zweiten  von  uns  aufgeworfenen  Frage  giebt  eine  kurze 
Notiz  vom  Jahre  167;-^»  Aufschluss.  In  diesem  Jahre  reichten  die  Geschworenen 
als  Vertreter  der  Gemeinde  bei  Schultheiss  und  Schöffen  mehrere  Gravamina 
ein,  von  denen  der  vierte  Funkt  lautete:  „dass  jeder  Bürger  wie  vor  Alters 
seine  gewisse  Zahl  eichener  Stämme  zu  setzen  angehalten  werde."  Wir  ersehen 
daraus,  dass  in  früherer  Zeit  jeder  Bürger  eine  gewisse  Zahl  von  Eichbäumen 
zu  pHanzen  verpflichtet  war,  dass  aber  dieser  Brauch  im  Laufe  der  Zeit  ausser 
i'bun^  eekommen  war.  Für  das  16.  Jahrhundert  dürfen  wir  ihn  ohne  Bedenken 
voraussetzen :  es  war  eine  schöne  Sitte,  die  jedem  den  Wald  lieb  nuichte,  wenn 
er  (las  Wachstum  der  von  ihm  oder  seinen  Vorfahren  gepflanzten  Bäume  ver- 
folgt!; und  er  sich  sagen  konnte:  diesen  oder  jenen  Baum  habe  ich  oder  mein 
Vater  u.   s.   w.  gesetzt. 

Doch,  wie  bemerkt,  war  dieser  Brauch  nicht  mehr  lebendig.  Das  17.  Jahr- 
hundert huldigte  andern  Anschauungen:  es  Hess  die  Wellritz  eingehen.  Nach- 
dem bereits  im  Jahre  1619  ein  Teil  derselben  verkauft  worden  war  (man  trug 
mir  dem  Erlöse  eine  Schuld  von  1000  H.  ab),  schritt  man  seit  dem  Jahre  1650 
zur  systematischen  Vernichtung  derselben,  indem  man  sie  in  einzelne  Lose  teilte 
und  diese  gegen  Entgelt  an  die  Bürger  ausgab.  Dadurch  geschah  es,  dass  am 
Ende  des  Jahrhunderts  das  ganze  Gebiet  des  ehemaligen  Waldes  dem  Ackerbau 
srewonnen  war.    Vfjl.  den  oben  erwähnten  Aufsatz. 


Der  nassauische  Publizist  Johannes  Weitzel. 


Von 

G.  Zedier. 


Wiederholt  ist  in  tlicser  Zeitschrift')  eine  Darstellung  von  Wcitzels  Leben 
und  schriftstellerischem  Wirken  gefordert  worden.  Wenn  ich  mich  auf  den 
folgenden  Blättern  dieser  Aufgabe  unterziehe,  so  wurde  ich  durch  meine  Be- 
schäftigung mit  der  Geschichte  der  Presse  in  Nassau  von  selbst  dazu  geführt, 
Wcitzels  publizistischer  Thütigkeit,  der  auch  das  erste  politische  Blatt  Nassaus 
seine  Entstehung  verdankt,   näher  zu  treten. 

Wir  besitzen  über  Weitzel  ausser  seiner  allerdings  nur  die  Jugendzeit 
beliandelnden  Selbstbiographie  ziemlich  ausführliche  Nachrichten  in  dem  Nach- 
ruf, den  ihm  die  Allgemeine  Zeitung  kurz  nach  seinem  Tode  widmete.^)  Ferner 
bietet  das  1843  erschienene  Buch  D  o  r  ^>  w  s  „Erlebtes  aus  den  Jahren  18i:>— 1820" 
gerade  für  die  Zeit,  in  der  Weitzel  auf  der  Höhe  seines  Lebens  stand,  wert- 
volles Material,  das  aus  hinterlassenen  Papieren  Weitzels  in  dem  Aufsatze 
Mathien  Schwanns  „Aus  der  Zeit  der  Karlsbader  Beschlüsse"  neuerdings')  eine 
willkommene  Ergänzung  erfahren  hat.  Die  den  Lebensnachrichteu  über  den 
Ptegierungs-Präsidenteu  K.  von  Ibell  von  K.  Seh  war  t  z')  eingefügte  Lebensskizze 
Weitzels  ist  wesentlich  eine  Jvorapilation  der  in  dem  Nachruf  der  Allgemeinen 
Zeitung  und  bei  D  o  r  o  w  enthalteneu  Angaben  und  atmet  bei  dem  engen  An- 
schluss  an  diese  Quellen  auch  den  panegyrischen  Geist  derselben.  Für  die 
Beurteilung  von  Weitzels  Thätigkeit  als  Redakteur  der  Rheinischen  Blätter 
kommt  das  Buch  Sauers,  „Das  Herzogtum  Nassau  in  den  Jahren  18i:>— 1820" 
in  Betracht,  für  das  jene  Zeitung  eine  llauptciuelle  bildet.  Der  ebenfalls  von 
Sauer  bearbeitete  Artikel  über  Weitzel  in  der  Allgemeinen  deutschen  Bio- 
graphie gibt  eine  auf  Grund  dieser  Quellen  und  Akten  des  Staatsarchivs  zu 
Wiesbaden  gemachte  Zusammenstellung  der  wichtigsten  Daten  von  Weitzels 
Leben.     Die  angeführte  Litteratur    gewährt  uns  keinen  Einblick  in  den  Inhalr 

1)  Bd.  XI,  S.  203  und  Bd.  XIV,  S.  42. 

-)  Aiisserovdentliclie  Beilage  1837,  Xo.  67—73.     Auf  diesem  Xnclinif  l.orulit   aurh    der 
Artikel  im  Neuen  Nekroh.g  der  Deutschen  .lalirg.   15  (1837),  I.,  S.  r,7— 83. 
*)  Vüssische  Zeitung  1897,  Sonntugsbeil.  No.  34  und  3."). 
*)  Aunalen  Bd.  XIV,  S.   1  —  109. 


144 

und  Geist  von  Weitzels  Sohrit'ton,  und  erniöglitlir  os  uns  deshalb  auch  nielit 
ein  lebendiges  Bild  dieses  Mannes  zu  erhalten  und  uns  ein  Urteil  über  ihn  zu 
)>ilden.  Im  Hinblick  auf  den  Umfang  seiner  Schriften  und  auf  die  Stellung, 
die  Weitzel  seinerzeit  als  Publizist  eingenommen  hat,  scheint  eine  eingehendere, 
diese  Forderungen  befriedigende  Darstellung  aber  durchaus  gerechtfertigt.')  Ich 
habe  abgesehen  von  gedrucktem  Material  einige  bisher  nicht  verwertete  Akten 
des  Staatsarchivs  zu  Wiesbaden  und  Familienpapiere  benutzt,  die  mir  ein  Ur- 
enkePj  AVeitzels  freundlichst  zur  Verfügung  stellte  ich  bemerke  indessen  vor- 
weg, dass  ich  mich  in  der  Angabe  der  äusseren  Lebensumstände  auf  das  AVesent- 
lichste  und  Charakteristische  beschränke.  Mit  dem  Folgenden  beanspruche  icli 
auch  keineswegs  eine  eigentliche  Biographie  AVeitzels  zu  geben,  meine  Aufgabe 
findet  vielmehr  in  der  Darstellung  dessen,  was  AVeitzel  als  Publizist  erstrebt 
und  geleistet  hat,  der  Hauptsache  nach  ihre  Begrenzung. 

1.   Jugfendjahre. 

Johannes  "SVeitzel  ist  zu  Johannisberg  im  Rheingau  am  24.  Oktober  1771 
geboren.')  Er  war  kaum  vier  Jahre  alt,  als  sein  Täter,  ein  Winzer,  starb. 
Seine  nüt  vier  noch  unerzogenen  Kindern  zurückbleibende  Mutter  verlor  durcli 
betrügerische  Verwandte  und  durch  die  Habsucht  gewissenloser  Beamter  das  nicht 
unbeträchtliche  Besitztum  fast  ganz  und  hatte  Mühe  sich  durchzuschlagen.  Da 
der  zart  gebaute  Knabe  zu  der  harten  Arbeit  des  Weinbaues  nicht  tauglich 
erschien,  riet  man  der  ^lutter  ihn  das  Schneiderhandwerk  erlernen  zu  lassen. 
Dageg-en  erhob  sich  aber  in  dem  Knaben,  dessen  lebhafte  Phantasie  durch  die 
Lektüre  der  kleinen,  von  seinem  Vater  hiuterlassenen  Bibliothek  schon  früh 
wachgerufen  war,  der  entschiedenste  Widersprucli.  Er  wollte  höher  hinaus, 
und  ein  zufälliger  Besuch  in  Mainz,  wo  ihm  gelegentlich  eines  feierlichen  Hoch- 
amtes in  der  Kirche  des  dortigen  Karmeliterklosters  die  ganze  städtische  Pracht- 
entfaltung entgegentrat,  wirkte  nach  dieser  Richtung  entscheidend.  Fortan 
ruhte  er  nicht,  bis  er  mit  Hilfe  des  Dorfschulmeisters  seiner  Mutter  die  Ein- 
willigung zum  Besuch  einer  Gelehrtenschule  abgerungen  hatte.  Mit  dem 
zwcUften  Jahr  kam  AVeitzel  nach  Kreuznach  auf  die  dortige,  von  Karmelitern 
geleitete  Schule.  Sie  stand  in  dem  Rufe  strenger  Rechtgläubigkeit,  was  sie 
in  den  Augen  der  Mutter  als  besonders  empfehlenswert  erscheinen  liess.  Der 
Unterricht  wurde  hier  aber  so  mechanisch  gehandhabt,  dass  Weitzel  trotz 
glänzender  Zeugnisse  nach  Verlauf  eines  Jahres  die  Schule  aus  eigenem  Ent- 
schluss  schon  wieder  verlicss,  um  sie  mit  dem  3Iainzer  Gymnasium  zu  ver- 
tauschen. Hier  in  Mainz  musste  er,  abgesehen  von  einem  ganz  unbedeutenden 
Stipendium,   sich  seinen  Lebensunterhalt  durch  Privatunterricht  selbst  verdienen. 


*)  In  einem  im  "NVinter  1897/98  gehaltenen  Vortrage,  der  im  Rhein.  Kurier  1897, 
?fo.  353  und  354  mit<jeteilt  worden  ist,  habe  ich  hcreits  die  pu'nlizistischen  Schriften  Weitzels 
aus  der  früliori-ii  Periode  bis  zu  don  Karlsbader  Beschlühseii  kurz  skizziert. 

^)  Herr  Dr.  Aicfcld  in   JJarmstadt. 

^)  Merkwürdigerweise  giebt  sioli  AVeitzel  auf  zwei  seiner  späteren  Schriften  den  Vor- 
namen Josef;  nach  dem  Johannisberger  Kirchenbuch  erhielt  er  in  der  Taufe  die  IS'amen 
.Ifdtanne8  Ignatz. 


145 

Er  mietete    sicli    «'in   Itoi    einer  armen   Witwe,     wo  er    das    enge  l)a(li.stüh(;lien 
abgesehen    von  dem   rngc/ieler    mit    vier    anderen  Stubengenossen,    von  denen 
zwei  sogar  mit   ihm   in  eiiunn  Bette  schliefen,   zu  teih>n  hatte.     Der  in  grösster 
Dürftigkeit    aufgcwaolisene  Dorf  junge  fand    sich  ab(U-  mit  diirscn  Verhältnissen 
/urecht.      Aus  der  Schilderung,    di<^  er   in    seiner  Selbstbiographie    von    seinem 
damaligen  Mainzer  JiidxMi  gibt,    geht  hervor,    dass  er  sich  trotz  aller  sonstigen 
Entbehrungen    doch  die  Kunstgenüsse,    wie    sie  ^lainz    in  seinem  Theater  bot, 
keineswegs    versagte.     Namentlich    die  Oper    besuchtem  er  Heissig.     Vom  Vater 
her  war  Weitzel,   wie  er  selbst  sagt,    musikalisch  beanlagt,    und   wenn  auch  die 
Ungunst  der  Verhältnisse  verhinderte,   diese  Anlage  zu  pHegcm  und  aktiv  zu  ver- 
werten,  so  beweisen  doch  die  vielen  aus  der  Musik  genommenen  Vergleiche  in 
seineu  Schriften    und  die  namentlich    in  seinen  Romanen  wiederkehrenden  Be- 
trachtungen   über    die  Wirkung    der  Musik    eine  besondere  Vorliebe    für  diese 
das  Gemüt  am  unmittelbarsten  ergreifende!  Kunst.    Den  Ansprüchen  der  Schule 
mit  Leichtigkeit  genügend  vergrub  er   sich  zu  Hause  in  die  Lektüre,    die  ihm 
die  Leihbibliothek  eines  Mainzer  Juden  bot  und  verschaffte  sich  auf  diese  Weise 
eine  für  seine  Jahre  ungewöhnliche,   wenn  auch  nicht  sehr  systematische  Litte- 
raturkenntnis.    War  der  Lehrkörper  der  Schule,   wie  es  scheint,  von  dem  Geist 
der  Aufklärung  wenig  berührt,    so  fanden,    wie  man  denn  auch  in  den  oberen 
Regionen    des    damaligen  Mainz    dem  Zeitgeiste  huldigte,    in  der    ebenso  auf- 
geweckten,  wie  leichtlebigen  Bevölkerung  die  revolutionären  Ideen,   die  im  be- 
nachbarten Frankreich  bald  den  Zusammenbruch    der   bestehenden  Verhältnisse 
herbeiführen  sollten,    den    günstigsten  Boden.      Der   junge  Weitzel,    der  schon 
früh  die  Gegensätze    des  Menscheulebens    in    ihrer    ganzen  Schroffheit   kennen 
gelernt    und  in   schweren    inneren  Kämpfen    den  Glauben  seiner  Kindheit,   den 
die  strenge,    dem    katholischen  Bekenntnis  treu  anhängende  Mutter    in    ihm  zu 
pflegen   beflissen  gewesen  war,    bereits    in    jungen  Jahren    verloren   hatte,    sog 
die  Lehren  Rousseaus  begierig    in  sich  ein.     Nach    einem  Zeitraum    von    fünf 
Jahren    verliess    Weitzel    das    Gymnasium,    um    zur    Universität    überzugehen. 
Trotzdem  er  auf  Grund  eines  in  die  Hände  der  Lehrer  gefallenen  Manuskriptes, 
in  welchem  er  seine  dem  strenggläubigen  Lehrkörper  höchst  austössigen  Grund- 
sätze niedergelegt  hatte,    kurz  zuvor  noch  mit  dem  Kirchenbann  und  der  Ver- 
weisung aus  der  Schule  bedroht  worden  war,  wurde  ihm  unter  den  Abiturienten 
die  Ehre  zu  teil,   die  Abschiedsrede  zu  haiton. 

Weitzel  begann  seine  Universitätsstudien  ebenfalls  in  Mainz,  wo  besonders 
Heinrich  und  Niklas  Vogt  seine  Lehrer  waren.  Neben  dem  Studium  der  Ge- 
schichte pflegte  er  seine  litterarischen  Interessen  emsig  weiter.  ^lit  den  deutschen 
und  ausländischen  Klassikern  machte  er  sich  durchaus  vertraut.  Seine  Lieblings- 
autoren aber  waren  Rousseau  und  der  von  den  'deutschen  Klassikern  politische 
Fragen  in  wissenschaftlicher  Form  einzig  behandelnde  Herder.  Zugleich 
ersinff  er  sich  in  allerlei  schriftstellerischen  Versui-hen.  Er  verfasste  Schau- 
s])iele.  Sing-  und  Trauerspiele,  schrieb  R.)mane  und  war  zugleich  bestrebt,  die 
ihn  im  bunten  Wechsel  beschäftigenden  Gedanken  in  zusammenhängenden 
prosaischen  Abhandlungen  zu  Pai)ier  zu  bringen,  um  das  Niedergeschriebene 
mit    gleichgesinnten  Freunden    zu    besprechen.      Er    sagt    selbst,    dass    er  ver- 

10 


14ß 

ständig:  ffonug  seweson.  niclits  von  diesen  Yersuehen  durch  den  Druck  zu  ver- 
öffentlichen,  und  die  späterhin  in  seiner  Selbstbiographie  mitgeteilte  Probe  be- 
stätigt nur  die  Dichtigkeit  dieser  Selbstschätzung.  Sie  zeigt  uns  aber,  wie  ihn 
politische  Fragen,  wenn  auch  rein  tlieoretischer  Xatur,  schon  damals  lebhaft 
interessierten.  Es  ist  deshalb  nicht  zu  verwundern,  dass  das  empfängliche 
Gemüt  des  Jünglings,  dem  die  Schriften  Rousseaus  ein  Evangelium  waren, 
vom  Ausbrucli  der  französischen  Revolution  aufs  tiefste  ergriffen  wurde.  Zumal 
als  dieselbe  in  ihren  unmittelbaren  Folgen  nicht  mehr  auf  Frankreich  beschränkt 
blieb,  sondern  die  Revolutionsheere  sich  seit  1792  gegen  den  Rhein  wandten, 
war  für  Weitzel  „an  keine  Kunst,  an  keine  Wissenschaft  mehr  zu  denken, 
wenn  sie  nicht  mit  dem  grossen  Gegenstand,  der  allein  ihn  unwiderstehlich 
anzog,  mit  der  französischen  Revolution  in  Verbindung  stand."  Den  Enthusias- 
nms  der  Mainzer  Klubisten  teilte  Weitzel  durchaus,  er  wohnte  anfangs  auch 
ihren  Sitzungen  bei,  allein  die  rauhe  Wirklichkeit  entsprach  dem  seinerseits 
geträumten  Ideal  so  wenig,  dass  er  sich  bald  verstimmt  nach  dem  Rheingau 
zurückzog,  wo  er  zunächst  in  Rüdesheim  ein  Unterkommen  als  Hauslehrer  fand. 
Hier  brachte  er  sicJi  aber  bald  durch  unvorsichtige  Äusserungen  in  den  Ver- 
dacht der  Zugehörigkeit  zu  den  Klubisten.  Von  den  Preussen  verfolgt,  ent- 
ging er  der  Verhaftung  nur  durch  eilige  Flucht  auf  das  linke  Rheinufci'. 

Die  französische  Revolution  gab  Weitzel  Veranlassung  zu  seiner  ersten 
publizistischen  Arbeit.  Im  Sommer  1795,  noch  ehe  er  seine  Universitätsstudicu 
in  Jena  wieder  aufnahm,  veröffentlichte  er  die  anonym  erschienene  Schrift 
„Geist  der  fränkischen  Revolution"'.  In  seiner  Selbstbiographie  teilt  er  umfang- 
reiche Auszüge  aus  diesem  damals  bereits  vergessenen  Erstlingswerke  mit,  die 
zur  Genüge  zeigen,  wie  die  Phrase  darin  vorherrscht.  Der  Satz  aus  Rousseaus 
politischer  Ökonomie,  dass  das  Vaterland  nicht  ohne  Freiheit,  die  Freiheit 
nicht  ohne  Tugend  bestehen  könne,  bildet  das  Grundthema,  welches  mit  grossem 
Pathos  in  ermüdenden  Variationen  ausgeführt  wird,  um  darzuthun,  dass  die 
französische  Republik  Gefahr  laufe,  an  sich  selbst  Schiffbruch  zu  erleiden,  und 
ihr  eigentliches  Ziel  nur  erreicht  werden  könne,  wenn  die  Freiheit  in  der  Tugend 
und  Bildung  der  Bürger  die  einzig  sichere  Stütze  finde. 

Kurz  nach  Veröffentlichung  dieser  Schrift  ging  Weitzel  auf  die  Universität 
Jena,  wohin  ihn  ausser  Fichte,  durch  den  er  in  das  Studium  der  kritischen 
Philosophie  eingeführt  zu  werden  hoffte,  der  Wunsch,  die  gefeierten  Dichter- 
heroen Weimars  und  Jenas  in  der  Nähe  sehen  zu  können,  lebhaft  hinzog. 
Allein  mit  so  grossem  Eifer  er  sich  auch  an  das  Studium  Kants  imd  seiner 
Kommentatoren  machte,  seiner  gefühlsseligen  Natur  ward  die  nüchterne  Be- 
schäftigung mit  der  Wissenschaft  des  abstrakten  Denkens  bald  überdrüssig  und 
bei  Anbruch  des  Frühlings  trieb  es  ihn  in  die  Weite.  Mit  zwei  Freunden 
wanderte  er  nach  Dresden,  wo  er  sich  an  den  Kunstgenüssen  und  landschaft- 
lichen Reizen  dieser  Stadt  und  ihrer  Umgebung  erfreute.  Nach  kurzem  Aufent- 
halt in  der  Heimat  suchte  Weitzel  1796  die  Göttinger  Universität  auf,  wo  er 
unter  Schlözer  und  Spittler  Geschichte  und  Staatswissenschaften  studierte  und 
ausserdem  Lichtenberg  und  Bouterwek  näh(>r  trat.  Aber  auch  hier  duldete  es 
ihn  nicht  lange.     Mitten  im  Semester  brach    (!r,     des    übermässigen  Studierens 


147 

müde,  zu  scjincr  Erholung'  in  den  ]Iiir/  iiuf,  um  nach  Schluss  des  Schuljahres 
seine  Universitätsstudion  abzubrechen  und  im  Frühjahr  1797  mit  dem  Gefühl, 
„dass  er  nicht  zum  Gelehrten  geboren  sei",  nacl:  Juhannisberg  zurückzukehren. 
Die  tiefe  Geiehrsamk(Mt  Schlözers  hatte;  auf  die  Dauer  ebenso  wenig  An- 
ziehungskraft auf  ihn  ausüben  können,  wie  die  kritische  Philosophie  Kants. 
Vielmehr  fesselte,  wie  die  heimliche  Jjektüre  Rousseaus  den  8chulknaben  in 
Banden  geschlagen  hatte,  der  naive  Glaube;  an  die;  natürliche  Unschuld  des 
Menschen  und  die  Lehre  von  der  allgemeinen  Gleichheit  und  der  Souveränität 
des  Volkes  auch  den  zum  Manne  heranwachsenden  Jüngling.  In  ebenso  engen 
häuslichen,  wie  staatlichen  Verhältnissen  aufgewachsen,  hielt  er  in  seiner  Ge- 
fühlsseligkoit  diese  Lehren  für  die  Grundlage,  auf  der  fortan  alles  politische 
und  soziale  Leben  neu  aufgebaut  werden  müsse.  In  diesem  Sinne  zu  wirken 
erschien  ihm  als  die  höchste  Lebensaufgabe.  Zu  Ilauso  ohne  bestimmte  Be- 
schäftigung, verfiel  der  in  Idealen  schwelgende  Schwärmer  jetzt,  wo  es  für 
ihn  galt  ins  Leben  hinauszutreten  und  zur  Verwirklichung  dieser  Ideale  werk- 
thätig  seine  Kräfte  einzusetzen,  zunächst  in  tiefe  Schwermut.  In  dieser  Zeit 
kam  er  auf  den  Gedanken,  auf  dem  Theater  in  Scherz  und  Spiel  zu  finden, 
was  seine  von  der  rauhen  Wirklichkeit  des  Lebens  sich  abgestossen  fühlende 
Natur  in  der  Welt  im  Ernste  nicht  erwarten  durfte. **)  Erst  eine  Keise  in 
die  Schweiz  stellte  das  Gleichgewicht  bei  ihm  wieder  her  und  gab  ihm  die 
Ruhe  seiner  Seele  zurück. 

2.  Unter  der  französischen  Herrschaft. 

Bald  nach  seiner  Rückkehr  erhielt  Weitzel  durch  Empfehlung  seines 
früheren  Lehrers,  des  ehemaligen  Professors  Ilofmann,  der  damals  den  Posten 
eines  General-Einnehmers  in  dem  von  den  Franzosen  neu  geschaffenen  Departe- 
ment Donnersberg  bekleidete,  eine  Anstellung  als  Verwaltungsbeamter  im  Kanton 
Otterberg  bei  Kaiserslautern.  Bei  seiner  Begeisterung  für  die  hier  praktisch 
gewordenen  republikanischen  Ideen  trug  er,  der  Angehörige  eines  dem  Unter- 
gänge bereits  geweihten  deutschen  Kleinstaates,  kein  Bedenken  in  französische 
Dienste  zu  treten,  vielmehr  war  hier  allein  der  Boden,  wo  für  ihn  eine  öffent- 
liche Wirksamkeit  im  Dienste  des  Staates  in  Frage  kommen  konnte.  Zu  Beginn 
des  Jahres  1799  wurde  ihm  die  vakante  Stelle  eines  Kreiskommissars  in 
Germersheim  übertragen.  Als  solcher  hatte  er  einen  mit  ziendicher  Macht- 
befugnis ausgestatteten,  verantwortungsvollen  Posten.  Wir  können  es  Weitzel 
glauben,  dass  er  seines  Amtes  mit  peinlicher  Rechtlichkeit  und  Unparteilichkeit 
waltete,  und  dass  diese  Eigenschaften  das  damalige  republikanische  Beamtentum 
nicht  eben  auszeichneten.  Andrerseits  war  der  noch  gänzlich  unerfahrene  junge 
Mann,  der  in  jugendlicher  Unbefangenheit  die  Menschen  au  den  ihm  mit 
gleicher  Vorliebe  wie  Rousseau  vorschwebenden  Plutarch'schen  Idealgestalten 
eines  Epaminondas  oder  Cato  mass,  wohl  kaum  dazu  berufen  in  einer  dem 
Generalkommissar  eingereichten  Denkschrift  die  Zustände  der  Verwaltung  einer 
scharfen  Kritik  zu  unterziehen  und  als  Anwalt  des  Volkes  aufzutreten.    Jedenfalls 


*)  Das  Merkwürdigste  aus  meinem  Leben  I,  S.  201. 

10* 


14b 

eiTciclir  er  nie-hrs  weiter,  als  ilass  er  sieh  an  eutscheidender  Stelle  lästig  machte 
und  bei  der  nach  dem  Staatsstreiche  Napoleons  im  Jahre  1800  statttindeuden 
Reorganisation  der  A'erwaltung  übergangen  wurde.  AVeitzel  kommt  in  seinen 
Schriften')  häutig  und  nicht  ohne  eine  gewisse  Selbstgefälligkeit  auf  diese 
Episode  seines  Lebens  zu  sprechen.  In  seiner  Selbstbiographie'^)  sagt  er:  „In 
dem  thätigen  handelnden  Leben  konnte  ich  nur  einen  mir  angemessenen 
Wirkungskreis  finden.  Hatte  mir  die  mütterliche  Natur  einige  Talente  gegeben, 
dann  konnte  ich  sie  nur  in  iliiii  l»ilden  und  anwenden  und  sie  bestimmten  mich  zu 
einer  ganz  anderen  Laufbahn,  als  die  ist,  welche  mir  mein  Verhängnis  anwies.  Dieser 
Selbstbeurteilung  gegenüber  muss  jedoch  betont  werden,  dass  AVeitzel  sich 
weder  seiner  Naturanlage  noch  seiner  ganzen  Entwickelung  nach  zum  Staats- 
mann und  zu  einer  öftentlichen  Wirksamkeit  eignete.  Es  ist  bereits  hervor- 
gehoben, dass  gerade  seine  Gefühlsschwärmerei  ihn  in  diese  Laufbahn  hinein- 
gedi'ängt  hatte.  Die  allzugrosse  Erregbarkeit  des  Gemüts  brachte  ihn  unter 
dem  Einfluss  ungünstiger  äusserer  Verhältnisse  von  früher  Jugend  an  gar  zu 
leicht  in  einen  Zwiespalt  mit  der  ihn  umgebenden  Welt.  Wie  sich  seiner 
schon  als  Knabe  die  Überzeugung  bemächtigt,  „dass  es  kein  Recht  gäbe,"  und 
dieser  Gedanke  „wie  ein  wildes  Tier  seine  Krallen  und  Zähne  in  sein  Herz 
schlägf^,  wie  den  Jüngling  „überall  die  Gemeinheit  und  Erbärndichkeit  anekelt, 
welche  die  Welt  regiert'',  so  sieht  auch  der  gereifte  Mann  immer  wieder  den 
Stein  des  Anstosses  im  Wege  liegen.  Die  Widersprüche,  die  das  Leben  bietet, 
rauben  ihm  allzu  schnell  den  ruhigen  Genuss  der  Gegenwart  und  lassen  ihn 
aus  der  rauhen  Wirklichkeit  gern  in  das  i)hantastische  Reich  seiner  eignen 
Gedanken  flüchten.  Eine  solche  Tassonatur  passt  nicht  für  eine  öffentliche 
Thätigkeit,  und  so  w^erden,  wenn  Weitzel  vielleicht  auch  persönlich  Grund  haben 
mochte,  über  seine  Dienstentlassung  ungehalten  zu  sein,  doch  auch  andere  als 
rachsüchtige  Motive  massgebend  gewesen  sein,  die  sich  seinem  Verbleiben  im 
Amte  entgegenstellten. 

AVeitzel,  der  sich  in  Germersheim  mit  Margarethe  Dietrich,  der  Tochter 
eines  begüterten  Ilolzhäudlers,  verheiratet  hatte"),  gedachte  sich  jetzt  mit 
seiner  jungen  Frau  nach  Johannisberg  zurückzuziehen.  Doch  wies  ihn  die  ehe- 
malige Mainzer  Regierung,  die  ihren  Sitz  zu  Aschaffenburg  hatte,  wegen  seiner 
die  revolutionären  Ideen  nährenden  Schriften  aus.  Er  hatte  soeben  in  Mainz 
ein  Buch  „Über  die  Bestimmung  des  Menschen  und  des  Bürgers"'  erscheinen 
lassen,  das  ebenfalls  Gedanken  des  Gesellschaftsvertrags  und  der  politischen 
Ökonomie  Rousseaus  verallgemeinert.  Einzelne  Stellen  sind  direkte  Über- 
tragungen aus  jenen  Werken,  und  wenn  es  darin  mit  Emphase  heisst,  „Rousseaus 
Donner  stürmen  erzitternd  gegen  die  Thronen  der  Völkerwürger  durch  alle 
Zonen",    so  erscheint    das  Verfahren    der  kurfürstlichen  Regierung    gegen    ihn 


*)  Siehe  besonders  Briefe  vom  Rhein,  S.  498—011. 
'")  Teil  I,  S.  189. 


")  Die  Ehe  war  eine  sehr  glückliche,  wie  es  Briefe  aus  Weitzels  Xachlass  bezeuge«, 
und  er  es  auch  iu  seiner  Selbstbiographie  (I,  S.  189)  bekennt.  Das  einzige  Kind  aus  dieser 
Ehe,  AVeitzels  Tochter  Auguste,  war  mit  dem  nassauischen  General  Alefeld  verheiratet. 


149 

nicht  so  grundlos,  wio  es  Weitzol  liinzustoUon  boliobt.'-)  Frciilicli  ist  die  Scliriit 
im  übrigen  harmloser  Natur.  Der  Stuat  ist  Weitzel  ganz  so,  wie  im  Contrat 
social,  auf  den  Vertrag  der  Individuen  begründet.  Der  blindem  Konflikt  von 
physischen  Kräften  hat  ihn  geschaffen  und  die  blosse  physische  Kraft  blieb 
seine  Beherrscherin.  Darum  erfasste  die  Willkür  das  JUidor,  weiches  der  Ver- 
nunft gehiirt  hätte.  80  hat  sich  der  Kevolutionsstoff  gebildet,  der  gären<l  in 
den  Völkern  liegt.  Die  Erscheinung  einer  solchen  Staatsumwälzuug  wie  (hir 
französischen  Revolution  ist  in  dieser  Totalität  einzig.  Die  Vernunft  hat  hier 
d'w  unverwerfliche  Urkunde  der  mit  der  Menschheit  unzertrennlich  verbundenc-n 
Vorzüge  der  Freiheit  und  Gleichheit  unter  dem  Schutt  von  tausendjährigen 
Vorurteilen  hervorgesucht.  Dass  aber  diese  Güter  der  Menschheit  erhalten 
bleiben  und  zum  völligen  Besitz  werden,  dazu  bedarf  es  nicht  so  sehr  einer 
äusseren,  wie  einer  inneren  Gesetzgebung:  dazu  ist  die  Herrschaft  des  Moral- 
gesetzes  notwendig. 

Weitzel  beabsichtigte  in  Mainz  ein  politisches  Dckadenblatt  herauszugeben. 
Da  ihm  hierzu  aber  die  Genehmigung  versagt  wurde,  so  änderte  er  den  Plan 
des  Blattes  um,  das  in  der  Folge  unter  dem  Titel  „Egeria,  eine  Monatsschrift 
für  Freunde  der  Geschichte,  Gesetzgebung  und  Politik''  und  zwar  zuerst  im 
Germinal  des  Jahres  9  der  Republik  (April  1801)  erschien.  Diese  Zeitschrift 
hatte  nicht  den  gewünschten  Erfolg.  AVeitzel  fand  weder  genügende  Mitarbeiter 
noch  die  erforderliche  Unterstützung  des  Publikums,  so  dass  das  Unternehmen 
am  Ende  des  Sommers  bereits  wieder  einging.  Er  veröffentlichte  in  ihr  vor 
allem  den  umfangreichen,  über  vier  Hefte  sich  erstreckenden  Aufsatz:  „Be- 
trachtungen über  die  Ursachen  grosser  Staatsrevolutionen  mit  besonderer  Hin- 
sicht auf  die  fränkische."  Auf  ihn  legt  er  auch  später  noch  besonderes  Ge- 
wicht und  bezeichnet  ihn  als  den  Keim,  aus  dem  fast  alles,  was  von  ihm  im 
Fache  der  Staatswissenschaft  geschrieben  worden  sei,  sich  entwickelt  und 
gestaltet  habe;  er  bilde  das  erste  Kapital,  das  nur  durch  glückliches 
Anlegen  und  Umschlagen  gewachsen  sei.^^)  Weitzel  nimmt  hier  das  Thema 
seiner  früheren  Schriften  wieder  auf  und  sucht  für  die  in  der  Politischen  Öko- 
nomie Rousseaus  enthaltenen  Maximen  Mittel  und  Wege  zu  ihrer  praktischen 
Durchführung  darzulegen.  Alle  Menschen,  führt  er  aus,  haben  gleiche  xVnsprücho 
auf  die  Güter  dieses  Lebens  und  folglicli  als  Bürger  eines  Staates  gleiche  An- 
sprüche auf  die  Güter  dieses  Staates.  Die  Gesetze,  sow^eit  sie  Überfluss  und 
Mangel  in  gewissen  Familien  verewigen,  sind  ungerecht  und  sollten  aus  jedem 
gerechten  Staate  verbannt  sein.  Denn  die  Ungleichheit  der  Güter  ist  die  Quelle 
der  Verbrechen  und  des  Elends,  welche  das  gesellige  Leben  geissein.  Si(>  hat 
nicht  nur  die  französische,  sondern  alle  Revolutionen  von  jeher  ins  Dasein  ge- 
rufen. Ein  vollkonmiener  Staat  ist  ein  Ideal.  Die  Wirklichkeit  muss  aber 
diesem  Ideal  möglichst  nahe  gebracht  werden,  und  da  eine  gleiche  Verteilung 
der  Güter  wahrscheinlich  von  einer  gefährlichen  Revolution  begleitet  sein 
würde,   so  könnte   uns  eine  weisere  Bestimmung  der  Erbfolge,    ein  gerechteres 


'■)  Briefe  vuiii  Kliciu,  H.  öll. 

**)  Dfts  Morkwürdigste  aus  lUGiiiem  Leben  I,  S.  323. 


150 

Steuersystem  und  zweckmässige  Anordnungen  bezüglich  der  Mitgift  bei  Heiraten 
der  Gleichheit  der  Güter  ohne  Gefahr  nähern.  Die  Hauptsache  aber  ist  — 
und  hier  knüpft  er  an  seine  vorige  Schrift  an  —  dass  die  äussere  Gesetzgebung 
durch  die  innere,  die  moralische,  ersetzt  werde.  Der  Mensch  soll  aus  Über- 
zeug-unfr  und  aus  Freiheit  thun.  was  er  thut.  Das  Streben  des  Staates  muss 
demnach  darauf  gerichtet  sein,  die  positive  Gesetzgebung  durch  die  ethische 
abzulösen,  die  Strafgesetze  unnötig  zu  machen  und  ihren  Zwang  durch  einen 
rechtmässigen  Willen  zu  ersetzen,  der  des  Zwanges  nicht  bedarf.  Dies  ist  nur 
erreichbar  durch  eine  entsprechende  Erziehung.  Daneben  muss  eine  weisere 
bürgerliche  Gesetzgebung  Platz  greifen.  Yor  allem  müssen  öffentliche  Sitten- 
gerichte eingeführt  werden.  Die  Bestimmung  derselben  soll  sein.  Handlungen, 
über  welche  das  positive  Gesetz  nicht  abzusprechen  hat,  der  öffentlichen 
Meinung  zu  denunzieren.  Undankbare  Söhne,  schlechte  Väter  und  Gatten, 
Ycrläumder,  Verschwender,  Betrüger,  Undankbare,  Verräter,  Treulose,  Lügner, 
Verführer,  Trunkenbolde,  Ehebrecher  und  Feige,  kurz  Menschen,  welche  die 
Würde  der  menschlichen  Natur  schänden,  sollen  durch  Urteile  der  Sitten- 
gerichte der  öffentlichen  Verachtung  und  dem  allgemeinen  Hasse  hingegeben 
werden.  Handlungen  einer  edelmütigen  Aufopferung,  der  Dankbarkeit,  Treue, 
einer  edlen  Einfalt  und  eines  ausgezeichneten  Mutes  soll  dies  Gericht  verbunden 
sein,  der  öffentlichen  Achtung  zu  empfehlen.  Ihre  Organisation  denkt  er  sich 
ähnlich  der  der  peinlichen  Gerichte.  Km-  Männer,  bekannt  durch  reine  Sitten 
und  ein  tadelloses  Leben,  dürften  als  Mitglieder  dieses  Tribunals  aufgenommen 
werden.  Seine  Sitzungen  sollen  öffentlich  sein,  ebenso  sollen  die  Protokolle  zu 
bestimmten  Zeitpunkten  dem  Drucke  übergeben  werden,  und  obgleich  ein  jeder 
Bürger  von  tadellosem  Hufe  vor  ihm  als  Ankläger  auftreten  kann,  so  soll  es 
doch  seinen  öffentlichen  Ankläger  haben,  welcher,  vermöge  seines  Amtes  den 
hohen  Beruf  hat,  die  oben  bezeichneten  Vergehungen  zu  verfolgen.  Mit  offen- 
barem Wohlgefallen  ergeht  sich  AVeitzcl  in  diesen  letzten  Ausführungen,  bei 
denen  ihm  wohl  zunächst  antike  Einrichtungen  vorgeschwebt  haben.'*)  Auch 
nach  dem  Eingehen  der  Egeria  setzte  er  diese  Untersuchungen  weiter  fort. 
Aus  den  Protokollen'^)  der  Departenientalgesellschaft  der  Wissenschaft  und 
Künste  ersehen  wir,  dass  er  in  der  Sitzung  vom  Ib.  Ventose  des  Jahres  11 
der  Kepublik  über  die  Folgen  der  Ungleichheit  der  Güter  und  die  Mittel,  den- 
selben zu  begegnen,  las.  Er  schlägt  vor:  Man  lege  in  allen  Teilen  eines 
Reiches  einen  Fonds  an,  aus  dem  jeder  junge  Bürger  ohne  Vermögen,  der  sich 
cntschliesst,  Familienvater  zu  werden,  ein  Kapital  erhält,  welches  nach  einer 
angestellten  Berechnung  hinreicht,  um  am  Orte  seiner  Niederlassung  ein  Ge- 
schäft anzufangen ;  man  bestimme  gesetzlich  das  Maxinmm  des  Landeigentums, 
welches  ein  Bürger  besitzen  kann;  man  verwandle  allmählich  alle  National-  und 
Gemeindegüter  in  Privateigentum;  man  wende  alle  Mittel  an,  den  Ackerbau 
zu  ernmntern,    durch  Erleichterung    des  Absatzes    der  Produkte,    durch  Urbar- 

'*)  Äliiilich,  wenn  aucli  historisch  vollständig  unrichtig,  fasst  Weitzel  die  Stellung  der 
jüdischen  Propheten  als  staatlich  eingesetzter  Vertreter  der  öffentlichen  Meinung  auf.  Vergl. 
seine  Geschichte  der  Staatswissenschaft  iJd.  I,  S.  32. 

'■^)  Siehe  Mainzer  Zeitung  Xo.  88  dieses  Jahres. 


löl 

iiiuchung  öder  Liiiulcvcicn  vini  Staiitswegen,  durcli  Bowirkuug  einer  leichten, 
wohlfeilen  und  sc^lnudlen  Konuminikution  zwischen  Verkäufern  und  Abnehmern; 
man  gleiche  das  Gehalt  der  unteren  Staatsbeamten  möglichst  mit  dem  der  oberen 
aus;  schliesslich  lasse  sich  jeder  durch  seine  Stelle  ausgezeichnete  Mcinsch  an- 
gelegen sein,  das  Beispicd  von  Frugalität  und  Einfachheit  zu  geben.  Mit 
diesen  Ideen,  Erzeugnissen  einer  allzu  phantastischen  Spekulation,  juochte  er 
wohl  kaum  viel  Jieifall  finden.  Das  grosse  Publikum  las  diese  in  die  Form 
wisscnsdiaftlicher  Abhandlungen  gekleideten  Expektorationen  überhaupt  nicht. 
Um  nun  seinen  politischen  Gedanken  Eingang  bei  diesem  zu  verschaffen, 
zog  es  Weitzel  demnächst  vor,  sie  in  einen  Komau  zu  v(!rarbeiten.  Schon  in 
der  Egeria  wirft  er  die  Frage  auf,  warum  man,  während  so  viele  Rojnane  über 
das  häusliclie  und  eheliche  Glück  der  Menschen  geschrieben  würden,  keine 
über  das  der  V()lker  schreibe.  Er  veröffentlichte  hier  aucli  bereits  Teile  aus 
dem  politischen  Roman,  der  unter  dem  Titel  „Lindau  oder  der  unsichtbare  liund. 
Eine  Geschichte  aus  dem  Kevolutions-Kriege"  1805  selbständig  in  Frankfurt 
a.  M.  erschien.  Die  Zeit  der  Freiheit  und  Gleichheit  war  dahin;  aus  der 
Republik  war  Napoleon  zunächst  als  erster,  dann  als  lebenslänglicher  Konsul 
und  1804  als  erblicher  Kaiser  hervorgegangen.  Seine  Stellungnahme  zu  diesen 
Ereignissen  hat  Weitzel  in  diesem  Roman  gekennzeichnet.  Lindau,  ein  junger 
Deutscher,  hat  wie  der  in  der  ersten  Person  sich  einführende  Verfasser,  mit 
dem  jener  von  Jugend  auf  durch  innige  Freundschaft  verbunden  ist,  voll  Enthusias- 
mus für  die  Revolution  seine  Heimat  verlassen,  um  unter  der  Republik  seine 
Ideale  verwirklichen  zu  helfen.  Seine  jugendlichen  {[offnungen  und  Wünsche 
haben  sich  aber  nicht  erfüllt,  vielmehr  haben  ihn  die  Jahre,  in  denen  er  von 
Weitzel  getrennt  im  Dienste  der  Republik  thätig  war,  bittere  Enttäusclmngen 
gebracht.  Die  Mitteilung  der  letzteren  und  die  Aussprache  der  Freunden  über 
ihre  gegenseitigen  Erfahrungen  bilden  den  Inhalt  des  ersten  Teiles  des  Romanes. 
Die  jetzt  wieder  vereinigten  Freunde  machen  die  Rckanntschaft  Wilsons,  mit 
dem  sie  ihre  Ansichten  über  Staat  und  Politik  austauschen.  In  ihm  zeichnet 
Weitzel  Napoleon,  den  er  in  Mainz  auch  persönlich  kennen  zu  lernen  Gelegen- 
heit liatte."^)  Wilson  weist  mit  überlegener  Einsicht  auf  das  Überschwengliche 
ihrer  Ploffnungen  und  Erwartungen  von  einer  republikanischen  Staatsverfassung 
hin.  Er  belehrt  sie,  dass  diejenigen,  welche  die  Lage  des  menschlichen  Ge- 
schlechtes durch  Staatsverfassungen  bessern  wollen,  das  Geschäft  der  Danaiden 
besorgen,  denn  einer  jeden  Verfassung  werden  die  Gebrechen  der  ]\[enscheu 
anhaften.     Es  giebt  nur  ein  Mittel  allen  diesen  Übelständen  zu  begegnen:    Es 


"')  Die  C'haraktoristik,  die  Weitzel  hier  (S.  90  f.)  von  Xapoleoii  giebt,  ist  nielit  ohne 
Interesse  schon  hinsichtlich  der  Beurteilung  von  Wcitzels  Stellung  zu  letzterem,  auf  die  wir 
\veiter  unten  einzugehen  Veranlagsung  haben.  Deshalb  seien  die  "Worte  hier  mitgeteilt:  .,Es 
war  ein  Mann  im  Sommer  seiner  Jahre,  nicht  gross,  aber  von  starkem  Körperbauc.  Auf  seiner 
hohen  Stirne  thronte  Kraft  und  Muth.  Aus  seinem  tiefliegenden  glühenden  Auge  sprach  eine 
wilde  Keckheit.  Seine  Jlaltung  war  mehr  stolz  als  edel.  Sein  ganzes  AVosen,  Ausdruck  und 
Geberde  verrieten  eine  absj)rechende,  verachtende  Kälte.  Der  erste  Eindruck,  den  dieser 
Mensch  auf  mich  machte,  war  unvertdgbar,  und  ungern  begegnete  ich  seinem  düstern  Blicke, 
tlor  tief  in  das  Mark  dessen  zu  dringen  schien,  den  er  ins  Auge  fosste.  Das  Französische 
sprach  er  fertig,  tibor  mit  ciniMii   fremden,  rauhrii   Akzent." 


152 

ist  ein  Bund  der  weisesten  uiul  muriirston  Mensehen  jeder  Generation,  welcher 
den  grossen  Zweck  erfüllt,  die  Menschen  über  ihre  Pflichten  und  Rechte  auf- 
zuklären und  durch  seine  unsichtbare  Gewalt  die  Entschlüsse  und  Handlungen 
der  Reg:ierunu:en  leitet.     Auf  diese  Weise  wird  der  Beste   und  Würdigste  den 


-r*^*""o 


Staat  lenken.  "Wilson  führt  beide  Freunde  in  diesen  Bund,  dem  er  selbst 
angehört,  ein  und  nuuht  sie  mit  der  Organisation  desselben  bekannt.  Der 
Bund  führt  durch  seine  Mitglieder  genau  Buch  über  alle  politischen,  wirtschaft- 
lichen und  sittlichen  Verhältnisse  jedes  Landes,  seines  Volkes  und  seiner 
Regierung.  Unter  den  erläuternden  Denkschriften,  die  der  Bund  verwahrt, 
betindet  sieh  auch  eine  über  die  beste  Staatsverfassung  für  Frankreich,  Sie 
führt  aus.  dass  der  Bürger  die  Fähigkeit  und  ]^eigung,  sich  mit  den  Angelegen- 
heiten des  Staates  zu  beschäftigen,  in  demselben  Masse  verliere,  als  sich  die 
letzteren  von  seinem  persönlichen  Interesse  entfernen,  und  aus  diesem  Grunde 
der  ausgebreitete  Umfang  eines  Staates  keine  demokratische  Verfassung  vertrage. 
Die  grossen  Verhältnisse  eines  Staates,  wie  es  der  fränkische  ist,  übersieht  nur 
der  grosse  Geist  eines  ausserordentlichen  Menschen.  Da  dieser  aber  nicht  zu- 
gleich in  die  enge  Sphäre  des  Bürgers  dringen  kann,  so  muss  die  konzentrierte 
Gewalt  der  Regierung  mit  einem  föderalistischen  System  der  Lokaladministration 
verbunden  werden. 

Die  Idee  des  heiligen  Bundes  lag  damals,  in  der  Zeit  der  Geheimbunde,  in 
der  Luft.  Ebenso  phantastisch  wie  diese  Idee  durchgeführt  ist,  ebenso  über- 
schwenglich ist  die  in  den  politischen  Kern  des  Romans  verwobene  Liebes- 
geschichte, welche  das  Ganze  nur  sehr  locker  zusammenhält.  Auch  der  Stil  ist 
stellenweise  schwülstig.  Aber  bei  aller  Überspanntheit  zeigt  der  Roman  doch, 
dass  "Weitzels  politische  Anschauungen  in  mancher  Hinsicht  gereiftere  geworden 
sind.  Was  zur  Verteidigung  des  bureaukratischen  Verwaltungssystems  Napoleons 
ausgeführt  wird,  beruht  weit  mehr  auf  wirklicher  Beurteilung  der  realen  Ver- 
hältnisse als  die  frühere  phrasenhafte  Verherrlichung  der  französischen  Revolution 
und  die  allzu  phantasievollen  theoretischen  Untersuchungen  über  ihre  Ursachen, 
die  den  Gegenstand  seiner  früheren  Schriften  bilden.  Wie  wenig  im  übrigen 
seine  Hoffnungen  und  Wünsche  bezüglich  Napoleons  mit  der  Wirklichkeit  zu 
thun  hatten,  darüber  war  Weitzel  nach  der  Vorrede  des  Buches  zur  Zeit,  wo 
er  diesen  Roman  selbständig  erscheinen  liess,  nicht  mehr  im  Unklaren.  Wir 
haben  aber  guten  Grund  zu  glauben,  dass  er  damals,  als  er  ihn  niederschrieb 
—  Teile  desselben  waren,  abgesehen  von  der  Egeria,  bereits  1802  und  1803 
unter  dem  Titel  „Politische  Fragmente"  in  der  Mainzer  Zeitung  veröffentlicht  — 
wirklich  diese  schwärmerischen  Hoffnungen  auf  Napoleon  gesetzt  hatte. 

Weitzel  hatte  bald  nach  dem  Eingehen  der  Egeria  die  Redaktion  der  Mainzer 
Zeitung  erhalten.  Ein  solch(!s  öffentliches  Organ  herauszugeben  und  durch  das- 
selbe der  Herold  der  öffentlichen  Meinung  zu  sein  hatte  für  ihn  grossen  Reiz,  wie 
(;r  andrerseits  bei  seiner  leichten  und  gefälligen  Art  der  Darstellung,  seinen 
vielseitigen,  wenn  auch  nirgends  in  die  Tiefe  gehenden  Kenntnissen  und  seiner 
grossen  Belesenheit  vftrzüglich  dazu  geeignet  war.  Die  Zeitung  erlangte  deshalb 
auch  im  Gegensatz  zu  dem  aus  Mangel  an  Beteiligung  eingegangeneu  „Be- 
obachter vom  Donnersberg'"    im  ganzen  Departement  schnell  Ansehen  und  Be- 


153 

liobthoit.      Woit/X'l,     (l<iii    der    rräfckt    dos    I)(!partcments    Jeanbon-St.   Andre 
porsönlich  wohl  wollte,   hatte  zunächst  unter  der  Zensur  nicht  gross  zu  leidem. 
Ein  IMick  in  seine  Zeitung  belehrt  uns  auch,   dass  seine  mehr  aus  der  Theorie 
als  aus  der  Praxis  geschöpften  politischen  Erörterungen  selbst    einer    rigorosen 
Zensur  nicht  bedenklich  zu  erscheinen  brauchten.     Man  könnte  freilich,    wenn 
Treitschke,   wo  er  von  der  Auflösung  des  deutschen  Reiches  spricht,    in  seinem- 
Deutschen  Geschichte")  sagt:    „Im  Lager  des  Bonapartismus  lärmte  die  freche 
Schadenfreude.    Die  Mainzer  Zeitung  schrieb:  „„Es  ist  kein  Deutschland  mehr. 
Was  man    für  Anstrengungen    einer  gegen    ihre  Auflösung  kämpfenden  Naticm 
zu  lialten  versucht  werden  könnte,   sind  nur  Klagen  weniger  Menschen  au  dem 
Grabe  eines  Volkes,   das  sie  überlebt  haben.     Deutschland  ist  nicht  heute  erst 
untcro-eo-angen.      Was    der  Geschichte    der  Völker  Inhalt   und  Leben  giebt,   ist 
der    Geist    einiger  grösseren  hervorragenden  Menschen""  —  worauf    dann    die 
übliche  Kniebeugung  vor  dem  Helden  des  Jahrhunderts  folgte  — "   man  könnte, 
wenn  man  diese  Worte  liest,   zu  dem  Glauben  kommen,   dass  Weitzel  in  seiner 
Zeitung  für  Napoleons  Eroberungspläne  Propaganda  gemacht  und  sich  in  serviler 
Liebedienerei  gegen  den  Imperator  gefallen  habe.    Beides  lag  Weitzel  gänzlich 
fern.    Weitzel  ist  zwar  kein  starker,  willenskräftiger  Geist,    aber  überall  tritt  er 
uns  als  ein  von  idealen  Gedanken  erfüllter,  über  niedrige  Eigtmschaften  durchaus 
erhabener  Charakter  entgegen.     Bei  der  Schwere  des  Vorwurfs  sei  es  gestattet, 
jene    Stelle    der    Mainzer    Zeitung    nach    ihrem    vollen    Wortlaut    mitzuteilen: 
„Es  ist  kein  Deutschland  mehr.    Was  man  für  Anstrengungen  einer  gegen  ihre 
Auflösung    kämpfenden  Nation    zu    halten    versucht    werden    könnte,    sind    nur 
Klao-en  weniger  Menschen  an  dem  Grabe  eines  Volkes,   das  sie  überlebt  haben. 
Sie  glaubten  an  eine  Nation,   weil  eine  gemeinschaftliche  Sprache  und  gemein- 
schaftliche Sitte    ihnen    ein  Volk  zusammen    zu  halten    schienen.     Deutschland 
ist  nicht  heute  erst  untergegangen.    Es  selbst  hat  seine  Auflösung  beschleunigt 
und  seinem  Dasein  ein  Ende  gemacht.    Es  selbst  konnte  sich  nur  retten.    Aber 
was  der  Geschichte  der  Völker    und  den  Völkern  Inhalt    und  Leben  giebt,    ist 
der  Geist  einiger  grösseren,    hervorragenden  Menschen,    die  durch    sie  wirken. 
Deutschland    hatte  einen    solchen  Menschen  nicht    und  konnte    ihn    nicht  wohl 
haben,   weil  der  Zufall  ihm  denselben  hätte  schenken  müssen.     Jedes  Volk  und 
jedes  Zeitalter  findet  die  kräftigen  Seelen,    deren  es  bedarf,    aber  selten    giebt 
ihnen    die  Laune    des    Schicksals    im    Augenblick    der    Not    den    umfassenden 
Wirkungskreis  von  einem  Throne  herab.    Was  die  breite  Bahn  des  Herkommens 
verfola-t,  wo  das  Herkommen  keine  Norm  und  kein  Gesetz  mehr  ist,   findet  das 
Ziel,  vor  welchem  der  Geist  der  Zeit  es  vergebens  warnt,    und  er  hat  es  ver- 
gebens gewarnt."     Weitzel    ist  ganz    unverkennbar    selbst  der  Schreiber  dieser 
Zeilen.     Aber  ich  meine,    es  klingt  aus  ihnen  nicht  freche  Schadenfreude  und 
niedrige  Schmeichelei,  sondern  diese  Worte  sind  vielmehr  der  Ausdruck  kühler 
Reflexion  eines  Politikers,   der  in  dem  Regiment  des  aus  dem  Volke  kraft  eigner 
Tüchtigkeit  hervorgegangenen  Usurpators,    ebenso  einen  Beweis    für  die  durcli 
die  Revolution  angebahnte    gesunde  politische  Entwickeluug  Frankreichs  sieht. 


")  Bd.  I,  S.  235. 


154 

wie  er  überzeugt  ist.  dass  der  Zusammenbruch  "Deutschlands  mit  Notwendigkeit 
habe  erfolgen  müssen,  weil  es  dem  durch  die  Revolution  angebahnten  Zoitgciste 
nicht  gefolgt  sei.'*)  Gewiss  ist  es  zu  bekhigen,  dass  das  deutsche  National- 
irefühl  und  Selbstbewusstsein  so  ersterben  konnte,  aber  warf  nielit  auch  Fichte"*), 
der  zwei  Jahre  darauf  seine,  die  nationale  Begeisterung  weckenden  Reden  an 
die  deutsche  Nation  hielt,  damals  noch  die  Frage  auf:  „Welches  ist  denn  das 
Vaterland  des  wahrhaft  ausgebildeten  christlichen  Europäers?"  und  antwortete 
darauf:  ,Jni  allgemeinen  ist  es  Europa,  insbesondere  ist  es  in  jedem  Zeitalter 
derjenige  Staat  iu  Europa,  der  auf  der  Höhe  der  Kultur  steht.  Jener  Staat, 
der  gefährlich  fehlgreift,  wird  mit  der  Zeit  freilich  untergehen,  demnach  auf- 
hören auf  der  Höhe  der  Kultur  zu  stehen.  Aber  eben  darum,  weil  er  unter- 
geht und  untergehiMi  nuiss,  kommen  andere  und  unter  diesen  Einer  vorzüglich 
herauf,  "*  Andrerseits  ist  auch  der  Beweis  zu  erbringen,  dass  Weitzcl,  mochte 
er  auch  in  seiner  kosmopolitischen  Befangenheit  und  in  seiner  Begeisterung  für 
die  ihm  vorschwebenden  Ziele  der  französischen  Revolution  das  Heil  der  Welt 
damals  von  Frankreich  erwarten,  doch  nicht  vergass,  dass  er  Deutscher  war. 
Durch  den  Präfekten  wurde  die  französische  Regierung  auf  ihn  aufmerksam. 
Dem  General  Savary.  dem  Chef  der  Napoleonischen  Geheimpolizei,  schien  er 
die  geeignete  Persönlichkeit,  kurz  bevor  Napoleon,  der  sich  damals  in  ]\Iainz 
aufhielt,  den  Feldzug  von  1806  eröffnete,  in  geheimer  Mission  nach  Deutsch- 
land zu  gehen.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  man  Weitzel  zur  Beobachtung 
und  Erforschung  der  Stimmung  in  Deutschland  benutzen  wollte,  wozu  man 
vorzüglich  Männer  heranzog,  die  mit  den  litterarischen  Kreisen  Deutschlands 
Fühlung  hatten. ^*')  Weitzel  sollte,  wie  nach  seinem  Roman  „August  und 
Wilhelmine"  zu  vermuten  ist''),  dem  französischen  Hauptquartier  zu  diesem 
Zweck  attachiert  werden.  Trotz  der  glänzendsten  Aussichten  und  der  dringendsten 
Vorstellungen  Hess  sich  Weitzel  hierzu  aber  nicht  bestimmen.  Er  erklärte 
vielmehr,  dass  er,  Deutscher  von  Geburt,  dem  Lande  mit  allen  seinen  Er- 
innerungen der  Kindheit  und  der  Jugend  angehöre.  Auch  erkennt  man  aus 
seinem  Roman,  „Eugen  oder  die  Feindschaft  aus  Liebe",  Avelcher  1809  in  Mainz 
erschien,  dass  Weitzel  den  Wünschen  echter  deutscher  Patrioten  in  seinem 
Herzen  damals  nicht  mehr  fern  stand.  Er  beschreibt  ein  Maskenfest,  Unter 
den  auf  demselben  gebotenen  Überraschungen  ist  auch  ein  hundertköpfiges 
Ungeheuer,  das  sich  vergeblich  zu  erheben  bemüht,  da  die  hundert  Köpfe  in 
verschiedener  Richtung  auseinunderstreben.  Ein  Zauberer  berührt  es  mit  seinem 
Stabe,  und  die  hundert  Köpfe  verwandeln  sich  in  Glieder  eines  zehnarmigen 
Riesen.  Die  zehn  Arme  reichen  sich  brüderlich  die  Hände.  Der  Riese  steht 
stolz  und  mächtig  da.     Auf  dem  Gürtel,   von  dem  sein  Schwert  herabhängt,   liest 

'*)  Es  schweben  Weitzel  augensclieinlicli  die  Worte  aus  Rousscaus  GesoUschaftsvertrag 
^Bucli  3,  Knp.  6)  vor:  Le  peuple  se  troinpe  bien  raoins  sur  ce  (des  leitenden  Stfiatsmunnes) 
choix  que  ie  Prinee,  et  un  homme  d'un  vrai  nunite  est  presque  aussi  rare  <lans  le  ministere, 
qu'un  8ot  ä  la  tele  d'un  gouvernement  republicain. 

'*)  In  den  (irundzügen  des  gegenwärtigen  Zeitalters;  s.  Sämtliche  Werke  I5d.   7,  .S.  212. 

'"'")  Wie  z.  B.  in  Kassel  den  Gesandten  Reinhard,  den  Freund  (Joethes,  s.  Treitschke, 
Deutsche  Geschichte  Ud.   1,  8.  302. 

")  Bd.  2,  8.   102. 


1 55 

man:  Germanien.  Der  Held  des  Romans  begleitet  diese  Erscheinung  mit  dem 
Seufzer  „Gott  gebe  es!"  und  meint,  dass  sie  vielleicht  ein  hoffnungsvoller 
Blick  in  die  dunkle  Zukunft  sei. 

Der  Koman  behandelt  sonst  keineswegs  wie  Lindau  politische  Probleme. 
Von  zwei  Freunden  liebt  der  eine  die  Braut  des  anderen.  Seine  Liebe  findet 
auch  Erwiderung,  da  die  Verlobung  seiner  Zeit  nur  durch  die  Machenschaften 
einer  alten,  eitlen  und  geizigen  Tante  zu  Stande  gekommen  ist  und  nicht  auf 
wirklicher  Neigung  und  innerer  Seelenverwandtschaft  beruht.  Di(;  Lösung 
dieses  unwahren  Verhältnisses  und  die  Vereinigung  der  von  der  Natur  für 
einander  ]5estimmten  bildet  den  Korn  des  Romans.  Die  Charaktere  der  drei 
Hauptpersonen  sind  mit  sichtlichem  Fleiss  gezeichnet,  aber  alle  übertrieben, 
wie  denn  der  Verfasser  auch  hier  seiner  Gefühlsseligkeit  die  Zügel  schiessen 
lässt.  Bei  alledem  entliält  der  Roman,  in  d<!n  zugleich  in  ungezwungener 
Weise  eine  Rheinreise  eingeflochten  ist,  die  Weitzel  Gelegenheit  gibt,  die 
Schönheiten  seines  Heimatlandes  in  beredter  Weise  zu  schildern,  viele  treffende 
Bemerkungen.  In  der  Erörterung  der  eingestreuten  ästlietisch-litterarischen 
Fragen  zeigt  der  Verfasser  ein  richtigeres  und  gesunderes  Urteil,  als  wo  er  sich 
in  seinem  eigentlichen  Fahrwasser  bewegt.  In  ziemlich  ausführlicher  Weise 
spricht  sich  Weitzel  hier  auch  über  Erziehung  und  Unterricht  aus.  Die  Grund- 
sätze, die  er  entwickelt,  sind  folgende :  Alles  Wissen  ist  nur  Mittel  und  nicht 
Zweck.  Der  Unterricht  soll  doshalb  nicht  so  sehr  mit  Kenntnissen  bereichern, 
als  die  Kräfte  üben.  Die  tote  Vielwisserei  und  leere  Buchstabenweisheit  soll 
nicht  die  selbstthätige  Kraft  des  Denkens  erdrücken  und  den  Menschen  zur 
Maschine  machen.  Grossen  Wert  legt  er  darauf,  dass  das  Streben  des  Menschen, 
sich  ein  Ideal  zu  bilden,  geschont  und  geachtet  werde.  Denn  für  den  besseren 
Menschen  müsse  es  etwas  Grösseres  geben  als  das,  was  sich  seinem  Blicke 
bestimmt  und  mit  genauen  Grenzen  darstelle.  Die  grösste  Kunst  der  Erziehung 
bestehe  indessen  mehr  im  Unterlassen  als  im  Thun,  denn  im  Grunde  bilde  der 
Mensch,  auch  sogar  das  Kind,   sich  selbst. 

Die  napoleonische  Fürstenfabrik  und  namentlich  der  Krieg  mit  Spanien, 
in  dem  der  in  Rousseau'schen  Ideen  gross  gewordene  Politiker  seine  Sympathie 
für  die  Gegner  Napoleons  nicht  verleugnen  konnte,  hatten  ihm  den  Geschmack 
an  der  Politik  verdorben.  Es  erbitterte  ihn,  dem  eine  lautere  Gesinnung  und 
Wahrheitsliebe  eigen  waren,  dass  die  französische  Regierung  in  der  Presse 
sich  so  oft  der  niedrigen  Mittel  der  Falschheit  und  Lüge  bediente.  Nach 
mannigfachen  Konflikten  mit  der  Polizei  ward  ihm  endlich  im  Jahre  1811  die 
Redaktion  der  Mainzer  Zeitung  gänzlich  entzogen. 

Neben  der  Herausgabe  dieser  Zeitung  hatte  Weitzel  seit  1805  einen 
weiteren  Wirkungskreis  als  Professor  an  dem  1803  neu  gegründeten  Mainzer 
Lyceum  gefunden.  Man  hatte '  ihm  in  der  Faculte  des  Lettres,  die  man  in 
Mainz  zu  errichten  plante,  eine  hervorragende  Stellung  zugedacht,  allein  der 
Krieg  mit  Russland  verhinderte  die  Ausführung  des  Planes. 

Ohne  Zweifel  war  es  aber  weniger  seine  Lehrthätigkeit  als  seine  litterarische 
Wirksamkeit,  der  er  die  öffentliche  Anerkennung  zu  verdanken  hatte.  In  'Iciii 
damaligen  Mainz  und  seiner  Umgebung  herrschte  noch  unter  der  Nachwirkung 


156 

der  kurz    zuvor    aufgehubenen  Universität    ein    reger  Sinn    für  Litteratur    und 
Kunst.--)     Bodmann.    Lehne,    Müller,  Neeb,    Schunk.  Vogt  sind 
alles  Männer,    die    sieh    als  Forscher  einen    gewissen  Namen    gemacht    haben. 
Neben    ihnen  gab  es  noch    eine  ganze  Reihe    kleinerer  Geister.     Sie  alle    und 
ausserdem    auswärtige    benachbarte   Gelehrte  von    Ruf  wie  H  un  d  e  sh  a'g  en  , 
Gerning   und  andere  verstand  AVeitzel,    der  zwar  nicht  durch  Gelehrsamkeit 
und  Gründlichkeit,   wohl  aber  durch  schriftstellerische  Begabung  und  vielseitige 
Bildung   alle    überragte,    jetzt  heranzuziehen,    um  mit    ihrer   Unterstützung  die 
von  N.   Vogt    herausgegebenen    Europäischen  Staatsrelationen,    deren   eifriger 
Mitarbeiter  er  bisher  gewesen  war.   zu  einer  auf  weitere  Kreise  der  Gebildeten 
berechneten,    belletristischen  Monatsschrift  umzugestalten.     Das    von    ihm    und 
Vogt,  an  dessen  Stelle  später  N  e  e  b  tritt,  seit  1810  herausgegebene  „Rheinische 
Archiv^',    ist  eine  Zeitschrift,    die    bei  der  Mannigfaltigkeit    ihres  Inhalts,    der 
freien  vorurteilslosen  Stellung    ihrer  Mitarbeiter,    sowie  bei  der  sachlichen  Ge- 
diegenheit mancher  Aufsätze  den  Vergleich  mit    keinem  anderen  gleichzeitigen 
deutschen  Journal  gleicher  Art  zu  scheuen  braucht.     Es  ist  hier  nicht  der  Ort 
auf  den  reichen  Inhalt  der  in  den  Jahren  1810  bis  1814  erschienenen  fünfzehn 
Bände  dieser  Zeitschrift    im  allgemeinen  einzugehen.     Weitzel  war,   abgesehen 
von    seiner    redaktionellen  Thätigkeit,   auch    ihr  thätigster  Mitarbeiter.     Ausser 
den  regelmässig,   wie  in  den  Staatsrelationen,   von  ihm  erscheinenden  Aufsätzen 
über  die  Geschichte    der  Zeit    veröffentlichte    er    in    ihr  auch  Teile  von    sjjäter 
selbständig    erschienenen    und    weiter    ausgearbeiteten  AVerken,    so  von   seinem 
Roman  „August  und  Wilhelmine",   seiner  Selbstbiographie,  der  „Rhciureise"  und 
„Ernst  und  Scherz'-,    auf    die  wir  unteu  zurückkommen.     Auch  die    später  im 
zweiten    und    dritten  Band    seiner  Vermischten  Schriften    vereinigten  kleineren 
Aufsätze    sind  hier    zuerst    veröffentlicht.     Im  „Reiz    der  Neuheit"    geisselt  er 
mit  Ironie  und  Laune  die  politischen  Tagesschriftsteller,    die  mit    dem  Strome 
der  Zeit  schwimmend  sich  jeder    veränderten    politischen  Situation    anzupassen 
wissen.     „Der  Tod  des  Pythagoras"   und  „Panthea"  sind  schon  von  den  xVlten 
mit  reicher  Phantasie    ausgeschmückte  Stoffe.     Weitzel,   der  wie  Rousseau  die 
Vorbilder    von  Lebensweisheit    und  Sittenreinheit    in   der    antiken  AVeit    sucht, 
benutzt  sie,    um  das  Bild    eines  über  alle  Wechselfälle    des  Lebens    erhabenen 
Weisen    und  einer  hingebenden  liebevollen  Treue  zu  zeichnen.     So  recht  nach 
seinem  Geschmack    ist    die    an  Rolandseck,    den  Drachcnfels    und    das  Kloster 
Nonnenwerth    sich    anlehnende,     durch    ihre    Tragik    ausgezeichnete    Sage    von 
„Roland  und  Hildegard'\      In  den  „Briefen  aus  der  Stadt''    und  ihrem  Gegen- 
stück den  „Briefen  vom  Lande"  —  der  Titel    ist  off'enbar    nach  Analogie    von 
Rousseaus  Genfer  Bergbriefen  und  der  diese  angreifenden  „Briefe  vom  Lande" 
des  Generalprokurators  Tronchin    gewählt  —   charakterisiert  er  die    Schwächen 
und  Albernheiten  der  Alltagsmenschen.    Daneben  machte  Weitzel  das  Publikum 
durch    Übersetzungen  und  längere  Auszüge  aus  hervorragenden  Werken,   denen 
er  zugleich  eine  Kritik    und  ästhetische  Würdigung  zu  Teil    werden  lässt,    mit 
der    neu    erscheincmden  Litteratur  Frankreichs    bekannt.     Ein    genauer  Kenner 


')  \er^\.  ^Veitzels  llheinreise,  S.  87. 


157 

und  ontsdiunloner  Freund  der  Franzosen  und  ilirer  geistreich  gefälligen  Art  der 
Darstellung,  die  er  selbst  von  ihnen  gelernt  hatte,  zeigt  er  sich  doch  nicht  als 
einseitiger  Bewunderer  dersellicii.  Die  Imiih!  l'berhebung  und  geringscliätzige 
]3eurteilung  tonangeb«>nder  französischer  Journale,  wie  des  Mercure  de  France 
und  des  Journal  <!<■  TEnipire,  über  die  neueren  Erscheinungen  der  d(!utsehen 
Litteratur  weist  er  mit  scharftuii  Spotte  zurück.  Das  besonders  am  Mittelrhein 
sehr  verbreitete  Rheinische  Archiv  dienten  dazu,  Weitzels  Namen  in  litterarischen 
Kreisen  in  vorteilhafter  AVeise  bekannt  zu  machen.  Die  philosophische  Fakultät 
der  Universität  Marburg  ernannte  ihn  im  Jahre  1811,  „den  Wert  seiner  Be- 
strebungen in  Verbreitung  humaner  Gesinnungen  und  in  Beförderung  einer 
echten  Lebensweisheit  aiun-kennend'"',  zu  ihrem  Ehrendoktor  und  die  Pariser 
Universität  im  Jahre  darauf  zum  Bachclier  es  Lettres. 

Die  Kriegsjahre  1813  und  1814  entrissen  Weitzel  seiner  gewohnten  Thätig- 
keit  am  Mainzer  Lyceum.  In  der  unfreiwilligen  Müsse  schrieb  er  „unter  dem 
Geräusche  der  Waffen,  um  sich  von  dem  Boden  der  rohen  Wirklichkeit  in 
das  Gebiet  schöner  Ideahi  zu  retten",  seinen  Roman  „August  und  Wilhclmine 
oder  das  Missverständnis'"',  der  freilich  erst  1815  und  1816  bei  Schellenberg  in 
Wiesbaden,  welcher  seit  1813  auch  den  Verlag  des  Rheinischen  Archivs  über- 
nommen hatte,  in  zwei  Bänden  erschien.  Der  Hauptinhalt  des  Romans  ist  kurz 
folgender.  Ein  Bürgerlicher  verliebt  sich  in  eine  adlige  Dame.  Trotz  aller  Vorurteile 
der  Gesellschaft  finden  sich  die  Herzen  beider  zu  einander  und  halten  fest  zusammen, 
wenn  sich  auch  alles  vereinigt,  um  sie  zu  trennen.  Es  kommt  indessen  nicht 
zu  einer  glücklichen  dauernden  Vereinigung  der  Liebenden,  der  heimliche  Ver- 
lobte wird  vielmehr  verwundet  und  stirbt,  die  von  allen  Seiten  umworbene 
Braut  aber  lebt  fortan  luir  noch  ihrem  Schmerz.  Abgesehen  von  diesem  un- 
befriedigenden Schluss,  den  der  Verfasser  augenscheinlich  gewählt  hat,  um  die 
Macht  wahrer  Liebe  gegenüber  der  Engherzigkeit  und  Beschränktheit  der 
menschlichen  Gesellschaftsordnung  ins  hellste  Licht  zu  setzen,  zeigt  der  Roman 
manche  Mängel.  Die  auftretenden  Personen  haben  etwas  Schemenhaftes;  be- 
sonders die  beiden  Hauptpersonen  vereinigen  alle  Vorzüge  ihres  Geschlechtes  in 
einer  Weise,  dass  man  sich  nicht  mehr  Menschen  von  Fleisch  und  Blut  gegen- 
über fühlt.  Dazu  wird  der  Gang  der  Erzählung  allzu  oft  dadurch  unterbrochen, 
dass  die  handelnden  Personen  die  Anschauungen  des  Verfassers  über  das  Leben 
und  den  Menschen,  besonders  über  die  inenschliche  Willensfreiheit,  über  die 
Stellung  des  Weibes  zum  Manne,  über  Erziehung  und  Unterriclit  und  andere 
Fragen,  bei  deren  Erörterung  immer  die  neuesten  litterarisch  vertretenen  An- 
sichten berücksichtigt  werden,  in  allzu  deklamatorischer  Form  vortragen.  Bei 
alledem  bietet  der  Ronuiu  doch  sehr  viel  Gediegenes,  besonders  ist  die  am 
Endo  des  vorigen  Jahrhunderts  —  der  Roman  spielt  zur  Zeit  der  ersten  fran- 
zösischen Republik  —  im  süddeutschen  Adel  noch  herrschende  Vorliebe  für 
französische  Sitten  uud  französischen  Geschmack  gut  illustriert,  auch  die  Eigen- 
tümlichkeiten des  deutschen,  französischen  und  englischen  Volkscharakters  sind 
in  den  auftretenden  Personen  lebendig  und  treffend  zur  Darstellung  gebracht. 
Viele  Reminiscenzen  aus  Weitzels  eignem  Leben,  besonders  der  Göttinger 
Studentenjahre    uud    der  Zeit,    wo    er    als  Augenzeuge    die   Zustände    der  Ver- 


158 

waltung  unter  der  ersten  französischen  Republik  kennen  zu  lernen  Gelegenheit 
gehabt  hatte,  hat  Weitzel  geschickt  verwertet,  sodass  er  in  einzelnen  Kapiteln 
auch  den  heutigen  Leser  noch  durch  die  Anschaulichkeit  seiner  Erzählung  fesselt. 

3.  Die  Jahre  1814  und  1815. 

Den  grossen  Zeitereiffuisseu  folgte  Weitzel  mit  warmem  Interesse  und  ge- 
spannter  Aufmerksamkeit.  Die  elementare  Kraft  des  Volksgeistes,  die  der 
Allmacht  des  Imperators  in  Spanien  so  energischen  Widerstand  geleistet  hatte 
und  Weitzels  Verehrung  für  Napoleon  in  oben  dem  Masse  erschütterte,  als 
dieser  sie  niederzuwerfen  bestrebt  gewesen  war,  diese  Kraft  erkannte  und 
würdigte  Weitzcl  auch  in  der  deutschou  Bewegung.  Nachdem  in  der  Neujahrs- 
nacht 1814  die  Verbündeten  unter  Blücher  den  Rhein  überschritten  hatten, 
übertrug  im  Mai  dieses  Jahres  die  in  Mainz  eingesetzte  provisorische  Regierung 
Weitzel  wieder  die  R(>daktiou  der  Mainzer  Zeitung.  Er  musste  die  Druck- 
kosten selbst  tragen,  erhielt  dafür  aber  auch  den  ganzen  Ertrag  der  Zeitung. 
Zwei  kurz  hintereinander  erschienene  Aufsätze,  die  er  zunächst  in  dieser 
Zeitung  und  sodann  zusammenhängend  im  Rheinischen  Archiv  veröffentlichte, 
beschäftigen  sich  mit  den  im  Vordergrund  des  Interesses  stehenden  politischen 
Fragen. 

In  den  „Betrachtungen  über  einige  der  wichtigsten  Begebenheiten 
unserer  Tage''  führt  Weitzel  aus,  wie  mit  der  französischen  Revolution  ein  neuer 
wichtiger  politischer  Faktor  in  der  öffentlichen  Meinung,  einer  ebenso  wert- 
vollen Verbündeten  wi(^  furchtbaren  Feindin  der  Regierungen,  sich  gebildet 
habe.  Die  ziemlich  gleiche  Kulturstufe,  auf  der  die  Gebildeten  beinahe  aller 
Völker  Europas  ständen,  verbünde  die  aufgeklärtesten  Menschen  aller  Nationen 
als  Bürger  eines  unendlichen  Freistaats.  Früher  in  den  ersten  Zeiten  der 
Revolution,  wo  Frankreich  für  seine  Freiheit  und  die  Menschenrechte  kämpfte, 
habe  es  seine  Freunde  bei  allen  Völkern  der  Erde  gehabt,  die  sich  für  seine 
gute  und  gerechte  Sache  erklärten.  Die  durch  die  Verletzung  der  heiligsten 
Menschem-echte  beleidigte  öffentliche  Meinung  aber  habe  in  den  unterdrückten 
Staaten  den  Nationalgeist  geweckt.  Die  Bewegung,  die  ganz  Deutschland  in 
einem  freudigen  Gefühl  durchwandert,  ist  ein  heiliges  Gefühl,  das  mehr  von 
dem  Volke  als  von  den  Regierungen  ausgeht.  Ein  unter  solchen  Vorbedeutungen 
angefangener  Kampf  muss  glücklich  enden.  „Aber",  fährt  er  fort,  „uns,  den 
Siegern,  sei  heilig,  was  es  dem  Feinde  nicht  gewesen,  Sprache,  Sitten,  Ge- 
bräuche, Freiheit  des  Gewissens  und  der  Meinung.  Weisen  wir  Frankreich  in 
die  Grenzen  zurück,  die  ihm  die  Natur  angewiesen  hat,  und  die  vor  allem 
durch  die  Sprache  der  Bewohner  bestimmt  werden."  Bezüglich  Napoleons 
bckemit  er,  „in  ihm  habe  ich  den  Mann  der  Vorsehung  verehrt.  Mein  Herz 
hing  an  ilim  mit  Achtung,  Liel)e  und  Bewunderung.  Er  hat  diese  Gefühle, 
wie  seinen  wahren  Ruhm,  seine  Grösse,  die  Wünsche  und  Hoffnungen  der 
Menschh(^it  v(U"uichtet.  Die  Geschichte  wird  Napoleon  würdigen,  wenn  er  nicht 
mehr  ist,  und  seine  Schmeichler  wie  seine  Feinde  verstummt  sind.  Eine  seltene 
Kraft    und  ein  fester  Wille  zeichneten    ihn  aus.     Zu    seinem  Kopfe  fehlte  nur 


159 

das  Her/,  und  mir  Ucclit  wüi-de  er  ein  grosser  Mann  luMsson,  wäre  er  ein 
grosser  Mensch  gewesen".  Dem  deutsclien  Volke  wünscht  er  (ilück  zu  der 
Befreiung  von  dem  drückenden,  ihm  von  Napoleon  aufgelegten  Joche,  mehr 
aber  nocli  /u  der  Befreiung  \on  der  nocli  schmählicheren  und  gefährlicheren 
Sklaverei,  in  der  es  fremden  Sitten  und  Gebräuchen,  sowie  einer  fremden 
Sprache  untertliänig  gewesen  sei.  „Ich  bin/'  heisst  es  am  Schlüsse,  „soweit 
davon  entfernt,  den  Franzosen  Böses  zu  wollen,  dass  ich  sie  vielmehr  als  ein 
ffeistreiches,  artio-es  und  braves  Volk  liebe.  Ich  wünsche  nur,  der  Deutsche 
möge  seinen  eignen  Wert  fühlen  und  aus  übertriebener  Gefälligkeit  gegen 
fremdes  Vordienst  das   seinigc;  ni(^ht  mehr  ganz  verkennen." 

In  dem  Aufsätze  „Deutschlands  Hoffnungen",  ebenfalls  1814  geschrieben, 
entwickelt  Weitzel  seine  Ansichten  über  die  Zukunft  Deutschlands.  Würde 
die  alte  deutsche  Reichsverfassung  mit  ihren  Mängeln  und  Missbräuchen  wieder 
hergestellt,  so  meint  er,  hätten  die  Nationen,  deren  Anstrengungen  und  Opfer 
der  herrliche  Sieg  vordankt  wird,  nur  für  eine  Ordnung  der  Dinge  gekämpft, 
durch  die  sie  geschwächt  und  herabgewürdigt  waren,  dann  wäre  der  erbärmliche 
Zweck    der   grossen  Mittel    nicht  wert.      Seine  Wünsche    an  die  Mitglieder  des 


o 


Wiener  Kongresses  fasst  er  dahin  zusammen:  man  gebe  der  deutschen  Nation 
bei  aller  Beachtung  der  Individualität  der  einzelnen  Staaten  einen  Zentralpunkt, 
von  dem  die  oberste  Leitung  ausgehe,  jedem  Staate  eine  konstitutionelle  Ver- 
fassung, sowie  dem  Gesamtstaat  eine  Nationalrepräsentation;  ferner  fordert  er 
gleichmässige  Verteilung  aller  Lasten  im  Verhältnisse  des  Vermögens  eines 
jeden  Staatsbürgers,  desgleichen  unter  Aufhebung  aller  Privilegien,  soweit  sie 
nicht  aus  einem  anerkannten  Bedürfnis  des  Staates  im  Einverständnis  mit  dem 
strengsten  Recht  hervorgehen,  gleiches  Recht  für  alle,  schliesslich  —  und  hierauf 
legt  er  das  meiste  Gewicht  —  eine  Nationalerziehung.  Eine  Nation  könne  der 
begeisternden  Vaterlandsliebe  nicht  ermangeln,  denn  nur  auf  der  Grundlage 
eines  Nationalcharakters  vermöge  ein  Volk,  wie  ein  stämmiger  Stamm  auf 
seinen  tiefen  Wurzeln  befestigt,  im  Sturm  und  Wetter  ruhen.  Deshalb  komme 
es  darauf  an,  den  deutscheu  Nationalgeist  zu  wecken  und  zu  erhalten  durch 
Belobung  alles  dessen,   was  uns  zu  Deutschen  macht. 

Diese  warm  geschriebenen  Aufsätze  sind  ein  ebenso  unmittelbarer  Erguss  von 
Weitzels  Fühlen  und  Denken  in  dieser  Zeit,  als  sie  seine  politische  Grundidee  von 
der  Volkssouvcränität  zum  Ausdruck  bringen.  Neben  dem  Kosmopolitismus,  mit  dem 
er  das  politische  Leben  bisher  ausschliesslich  betrachtet  hatte,  kommt  bei  ihm  jetzt 
die  nationale  Gesinnung  zum  Durchbruch.  Klingt  der  erste  Aufsatz  an  Fichtes  Reden 
an  die  deutsche  Nation  au,  so  sind  seine  Gedanken  über  die  deutsche  Verfassung 
mit  der  Forderung  einer  Zentralgewalt  offenbar  durch  die  1814  erschienene 
Schrift  „Esquisse  de  Constitution"  des  von  Weitzel  öfter  in  seinen  Schriften  er- 
wähnten und  geschätzten  französischen  Publizisten  Benjamin  Constant  beinflusst. 

Das  meiste  Aufsehen  erregte  Weitzels  ebenfalls  in  dieser  Zeit  verfasste, 
anonym  erschienene  „Denkschrift  von  Napoleon  Buonaparte",  von  der  in  kurzer 
Zeit  zwei  Auflagen  vergriffen  waren.  In  ihr  lässt  er  Napoleon  sich  in  Bericliten 
von  Bord  des  Northumberland  über  sich  und  die  damalige  Weltlage  aussprechen. 
Der  Imperator  rechtfertigt  sich  vor  der  Welt,   indem  er  die  Anklage  derer,   die 


160 

ilin  villi  Hass  und  Gemeinheit  jetzt  in  den  Staub  zögen,  ^väll^eud  sie  ihm 
vorher  geschmeichelt  hätten,  zurückweist  und  sich  auf  die  Nachwelt  beruft,  die 
erst  das  wahre  Verdienst  erkenne.  Wenn  man  jetzt  auf  dem  Wiener  Kuugress 
auf  das  Alte  zurückkomme,  das  schon  einmal  hätte  untergehen  müssen,  und 
ein  aus  Gräbern  beschworenes  Gespenst  für  den  rettenden  Geist  gehalten  werde, 
so  sehe  er  voraus,  dass  die  Natur  sich  zu  helfen  suchen  werde.  Das  Gewitter 
der  Revolution,  das  über  Frankreich  aufgestiegen  sei,  werde  sich  über  ganz 
Europa  lagern,  und  erst  wenn  die  Natur  sich  au  brennbarem  Stoffe  erschöpft 
habe,   werde  der  Donner  aufhören  und  ein  heiterer  Tag  erscheinen. 

Als  Ergänzung  zu  dieser  Denkschrift  erschien  ein  Jahr  später  „Napoleon 
Buonai)arte's  Ansicht  der  gegenwärtigen  Weltlage  aus  Berichten  von  Northumber- 
land".  Hier  lässt  Weitzel  den  gestürzten  Machthaber  den  Nachweis  führen, 
wie  der  beständige  Krieg  für-  ihn  unter  den  Verhältnissen,  die  er  vorgefunden 
liabe,  eine  Notwendigkeit  gewesen  sei.  Das  Verhältnis  der  Staaten  zu  einander 
gründe    sich  nicht  so  sehr  auf  das  Recht    als    auf    die  Macht.     Es    gebe    kein 


o 


Völkerrecht  als  das  Gewissen  der  Fürsten  oder  ihrer  Kabinette,  und  das  er- 
sehnte Ziel,  wo  Nationen  als  gleiche  Glieder  eines  Staatenbundes  unter  einem 
gemeinschaftlichen  Gesetz  und  Richter  leben  würden,  wie  die  Bürger  eines  und 
desselben  Staates,  wo  die  Entscheidung  des  Rechtes  die  streitenden  Interessen 
ausgleichen  werde,  liege  noch  in  weiter  Ferne.  Volk  stehe  gegen  Volk  be- 
waffnet, Staat  gegen  Staat  gerüstet.  Stärke  sei  darum  der  erste  Vorzug,  und 
PHicht  des  Herrschers  sei  es,  seinem  Volke  einen  kriegerischen  Geist  zu  geben, 
denn  Frieden  habe  nur.  wer  den  Krieg  zu  führen  wisse.  Spöttelnd  weist  er 
auf  die  Versuche  seiner  Feinde  auf  dem  Wiener  Kongresse,  die  Ordnung  her- 
zustellen, zumal  auf  die  deutsche  Bundesakte,  welche,  um  ein  Fass  zu  machen, 
die  Dauben  künstlich  ohne  Reif  zusammenfügen  wolle.  Der  Gärungsstoff,  der 
in  den  Völkern  und  gerade  in  denen  liege,  die  in  der  Kultur  am  weitesten 
vorgeschritten  seien,  sei  eine  Wirkung  der  Unverträglichkeit  des  Alten  mit 
d(.'m  Neuen.  Die  Verschmelzung  dieser  beiden  Elemente,  von  der  allein  Rettung 
zu  erwarten  sei,  sei  ein  wunderbar  grosses  Kunststück,  das,  wie  es  ihm  selbst 
nicht  gelungen,   seine  Überwinder  umsonst  zu  vollbringen  bemülit  wären. 

Man  merkt,  dass  es  nicht  Napoleon,  sondern  Weitzel  selbst  ist,  der  hier 
das  Wort  führt,  um  in  diesen  Aufsätzen  mit  der  Verteidigung  Napoleons  auch 
wohl  seine  eigne  politische  Vergangenheit  zu  rechtfertigen,  vor  allem  aber,  um 
seinem  Unmut  darüber  Luft  zu  machen,  dass  die  Neugestaltung  Deutschlands 
sich  in  ganz  anderer  Weise  vollzog,   als  er  es  gehofft  und  erwartet  hatte. 

Weitzel  wurde  von  der  provisorischen  Regierung  auch  zum  Mitglied  der 
Kniiijiiission  für  die  Aufsicht  der  Schulen  der  Stadt  Mainz  ernannt  und  erhielt 
Ende  August  1814  wieder  die  Stelle  eines  Lehrers  der  Geschichte  und  Geographie 
an  dem  neu  errichteten  .Mainzer  Gymnasium  mit  einem  jährlichen  G(!halt  von 
l.")00  Franken.  So  wirkte  er  wie  früher,  aber  in  wesentlich  kleineren  Ver- 
hältnissen, da  die  Stadt  Mainz  fortan  nicht  mehr  die  Hauptstadt  eines  grösseren 
Gebietes  bildete. 


C.l 


4.  Die  Rheinischen  Blätter. 


Inzwisclicn  war  im  l[orzof^tiiin  Nassau,  das  (liiicli  die  Zutcilun^j^  des  Rlioiii- 
^i>-auos  Weitzcls  llcimailaml  i^cwdiMlcii  war.  die  I'rossfrL'iliiMr  cin-'-cfülirr.  und  di(! 
Einrii'lituii^'  cincf  auf  kniisiiniiinncllfii  (h'uiulsäi/.cn  Ihm  iilicndcn  ^\u■f'assuur'•  vcr- 
küiidi<;'t  wdidcii.  W'cii/.cl  In  achte  dci'  Heimat  und  di-m  Jjandcsf'ürstcn.  di'm 
ILm'zog  Fi'icdi'icli  .Vug'ust,  sowie  seiner  lie^ieiam^'  l(d)luif't(?  Syinpatliieri  ontfi^c^-iMi. 
denen  er  in  der  Eiidcdtun^i;-  /u  dem  im  -hdi  ISI,')  im  Uheinisclieii  Aicdiiv  er- 
seliionenen  Aufsätze  über  den  Xatienaleluirakter  der  J)outscl]en  Ausdruck  f^'iljt. 
»Seilen  damals  scheint  er  intimere  J)e/ieliii!i<4('n  zu  Wiesbaden,  wo  seit  diesem 
.Fahre  auch  das  Ivheinisclie  Archiv  erschien,  ani^(!knüi)f't  zu  liahen.  Das  freinid- 
schaftlicho  Verhältnis,  welches,  wie  uns  1)  o  r  o  w  erzählt,  zwischeu  ihm  und  dem 
Kegierungspräsidenten  Ibell  bestand,  wurde  vielleicht  schon  in  jener  Zeit  be- 
gründet. 

Die  nassauische  Itegierung  harte,  nacluhuu  bctreits  1H(.K5  dvv  Anti(|iiar 
und  Advokat  Jean  (jiijorg  Pöckelsheim  zu  Offenbach  um  dit;  Konzession  zu 
einer  politischen  Zeitung  für  Nassau  nachgesucht  hatte"),  in  den  folgenden 
Jahren  mit  dem  Pfarrer  Handel  und  Buchhändler  Schellenberg  über  die  Heraus- 
gabc einer  allgemeinen  Landeszeitung  verhandelt.  Weim  man  bei  Begründung 
des  Verordnungs-  und  Intelligenzblattes  im  Jahre  1800  den  Plan  einstweilen 
wieder  fallen  gelassen  hatte,  so  war  dies  geschehen,  weil  es  an  einer  geeigneten 
Persönlichkeit  zur  Herausgabe  einer  solchen  Zeitung  fehlte.  Der  Mangel  eines 
einheimischen  Blattes  nmsste  sich  jetzt,  v:o  man  daran  ging,  die  Verfassung 
einzuführen,  mehr  als  früher  geltend  machen.  G(dang  es  einen  Publizisten  von 
der  Vergangenheit  und  dem  Ansehen  Weitzels  für  ein  solches  Unternehmen  zu 
gewinnen,  so  konnte  die  nassauische  Regierung  sich  nur  dazu  beglückwünsciien. 
Andrerseits  musste  bei  den  bekannten  liberalen  Tendenzen  der  Regierung  Weitzel 
die  Begründung  einer  Zeitung  in  (unem  Lande,  das  die  ilim  so  verhassten 
Zensurmassregeln  aufgtdioben  hatte,  verlockend  genug  erscheinen.  Die  Unter- 
drückung von  Görres'  Rheinischem  Merkur  zu  Anfang  des  Jahres  1816  durch  die 
preussische  Regierung  eröffnete  ausserdem  einer  neuen  Zeitung  bezüglich  ihrer 
Verbreitung  am  ^Mittelrludn  günstige  Aussichten. 

Unter  diesen  Umständen  entschloss  sich  Weitzel  seine  ihm  überdies  nicht 
mehr  in  der  früheren  Weise  zusagende  Stellung  in  ^lainz  aufzugeben'^)  und 
mit  dem  Charakter  eines  Revisionsrates  und  dem  Titel  Hofrat.  sowie  (Mnem 
Jahresgehalt  von  1200  dulden  in  nassauische  Dienste  zu  treten.  Er  siedelte 
nach  "Wiesbaden  über,  um  hier  mit  dem  2.  Juli  1810  eine  viermal  wöchentlieh 
erscheinende  Zeitung,  die  Rheinischen  Blätter,  herauszugeben.  Nassau,  das 
bisher  nur  khrine  unpolitische  Amtsblätter  erzeugt  hatte''^),  kam  dadurch  mir 
einem  Schlage  in  den  13ositz  einer  dank  iler  gcnvandten  Feder  ihres  Rcnlakteurs 
bald  EinHuss    und  Ausehen    gewinnenden    politiseheu  Zeitung.     Die  Jiegioruug 


-')  A''erji;l.  Sauer,  Diis  Herzogtum  Nassau,  S.   lü.s,  Anin.   1. 
")  yer{,d.   darübor  Hric'fc   vom   Rhein,  S.   180  f. 

^*)  Siehe  lueiuen   Aufsat/:   .,I)ie  Iiitelligonzlilätter  lier  nassaui^cheii  FürsteiitiiiinT."     Ann. 
IJ.l.  XXIX,  8.  9;5-114. 

11 


162 

leistete  dem  üljrigeus  auf  AVeitzels  eigene  Reoliiumg  und  Gefahr  begründeten 
Unternelinien  möglichst  Vcrsi-hub:  alle  IJehürden,  weklie  bisher  auf  Kosteu  des 
Staats  oder  der  Kirche  die  Frankfurter  Ober-Postamts-Zeitung  zu  halten  be- 
rechtigt gewesen  waren,  wurden  angewiesen  von  jetzt  ab  die  Rheinischen  Blätter 
zu  halten,  sowie  alle  Ediktalladungen  und  sonstigen  öffentlichen  Bekannt- 
machungen, welche  abgesehen  von  dem  Jlerzoglichen  Intelligenzblatt  bisher 
noch  in  die  Frankfurter  Ober-l*ostamts-Zeitung  eingerückt  worden  waren,  in 
der  inländischen  Zeitung  bekannt  zu  machen.  Dem  Herzoglichen  Stadtdirektt>r 
zu  Wiesbaden  wurde  aufgegeben,  jedenfalls  für  sich  selbst  aus  dem  ihm  dafür 
ausgesetzten  Betrag  diese  Zeitung  gleich  dejn  Verordnungs-  und  Intelligenzblatt 
anzuschaffen  und  für  seine  Amtsnachfolger  gleich  anderen  öffentlichen  Urkunden 
aufzubewahren,  zugleich  aber  auch  darauf  hinzuwirken,  dass  in  den  Städten 
von  den  Stadtschuhheissen  und  in  den  grösseren  Gemeinden  ven  dem  Ober- 
schultheissen  ein  Exemplar  der  ]{heinischcn  Blätter  für  Rechnung  der  Gemeindc- 
kasse  angeschafft  werde. 

Selbsts'crstäudlich  erfolgte  diese  wirksame  Unterstützung  des  Unternehmens 
nicht  umsonst.     Es    liegt  kein  Vertrag  vor,    der  zwischen    der  Regierung    und 
dem  Herausgeber  der  Rheinischen  Blätter  abgeschlossen  wäre,    und  es  ist  auch 
niclit  wahrscheinlich,    dass    ein  solcher    überhaupt    abgeschlossen  ist,    vielmehr 
verstand    es  sich    bei    der  Stellung  Weitzels    zur    nassauischen  Regierung    von 
selbst,   dass  das  Blatt  den  Intentionen  der  Regierung  in  der  öffentlichen  Meinung 
die  Wege  bahnte.     Überall,   sei  es,   dass  es  sich  um  die  Vertretung  des  Stand- 
punktes   der  Regierung  dem  eignen  Lande  gegenüber  handelt,    sei  es,    dass  es 
gilt  Augriffe  in  der  auswärtigen  Presse  zurückzuweisen,   sehen  wir  Wcitzel  als 
Anwalt  der  nassauischeu  Regierung  auf  dem  Plan.     Es  ist  gewiss  richtig,   wenn 
Sauer  meint,   AVeitzel  habe  sich  der  bedeutenderen  Persönlichkeit  Ibells  unter- 
geordnet,   und  ebenso  mag    der  geistige  Urheber  mancher    aus  Weitzels  Feder 
geflossenen  Aufsätze  der  nassauische  Regierungspräsident  sein.    Bei  alledem  steht 
es  aber  auch  ebenso  fest,   dass  Weitzel  keinen  Satz    gegen    seine  Überzeugung 
geschrieben    hat.      Das    freundschaftliche    Verhältnis    Ibells    und    Weitzels    zu 
einander  bürgt  uns  dafür,    dass  der  eine  nicht    die  blosse  Kreatur  des  anderen 
war.    Der  Einklang  i>olitischer  Ansichten  und  Interessen  verband  beide  Männer, 
und    wie    die    von    Ibell    geschaffene  Verwaltungsorganisation    des    Herzogtums 
Nassau  Beachtung  und  Anerkennung  gefunden  hat,   so  kann  Weitzel  die  allzeit 
schlagfertige  Gewandtheit  und  die  besonnene  Mässigung,  mit  der  er  der  Regierung 
den    vielfachen    Anfeindungen    und    Verdächtigungen    gegenüber    unter    Nicht- 
aclitung  persönlicher  Verketzerung   in  überzeuguugsvoller  Hingebung    zur  Seite 
stand,   nur  ziu-  Ehre  gereichen. 

Übrigens  hätte  der  Umfang  des  Herzogtums  Nassau  zu  einer  Zeit,  wo 
das  politische  Interesse  im  Volke  selbst  noch  wenig  regsam  war,  der  Zeitung 
kein  genügendes  Absatzgebiet  geboten.  Weitzel  fühlte  sich  auch  nicht  so  sehr 
als  Nassauer,  wie  als  Rheinländer.  AVie  schon  aus  dem  Namen  des  Blattes 
hervorgeht,  liatte  er  mit  demselben  in  erster  Linie  ein  öffentliches  Organ  für 
die  Rheinlande  zu  schaffen  beabsichtigt.  Und  in  der  That  fasste  das  Blatt 
besonders  am  Mittelrhein  bahl  Fuss  und  spiegelt  am  unmittelbarsten  die  politische 


Stimmung  in  don  Rheinlandon  zu  einer  Zeit,  wo  es  für  Proussen  galt,  dies  neu 
erworbene  Gebiet  mit  seiner  von  den  Ijcwolnicrn  der  ultpreussischen  Stimmdundc 
so  wesentlich  verschiedenen  Bevölkerung  sei  nein  übrigen  Stuatskürpcr  zu  einem 
organisehen  Ganzen  einzugliedern. 

Weitzel  war  seiner  ganzen  Natur  nach  w(!it  davon  entfernt  tler  preussischen 
]v,(;gierung  grundsätzlicli  ojjjjositioncdl  gegenüber  zu  treten,  alier  andrc^rseits  war 
er  jederzeit  bereut,  für  die  ^^'a]lI•ung  der  Kigenrüiiilicld<eit(!n  der  Rheinländer 
sowohl  selbst  eine  Lanze  zu  bicn-lien  als  auch  l)ei'(!chtigten  Wünschen  und 
^Vusstellungen  seiner  LandsUuite  die  SpaltiMi  seines  J*datt(^s  zui-  Verfügung  zu 
stellen.  Die  durch  die  Missstimnumg  in  (h^i-  neu  erworbeneji  i'ruvinz  emplind- 
lich  bfu'ührte  j)reussische  Regierung  hätte  (hnu  fi'eimütigen  Sprecher  gern  den 
Mund  geschlossen,  wie  sie  es  zuvor  mit  Görres  und  seinem  Hlatte  gethan 
hatte.  Der  Oberpräsident  Staatsminister  von  Ingersleben  zu  Kcjblenz  ver- 
langte weg(m  zweier  im  Januar  1817  in  Nr.  15  und  16  der  Jxheinischen 
Blätter  veröffentlichten  Artikel,  in  denen  die  Organisation  der  in  den  Uhein- 
provinzen  errichteten  Regierungen  einer  scharfen  Kritik  unterzogen  wurde, 
den  Namen  des  Verfassers  dieser  Artikel,  eventuell  die  Cbersenduns:  des 
Manuskripts,  um  duich  Vergleichung  der  Handschrift  den  Einsender  aus- 
zuinittciln.  Weitzel  wies  beid(\s  mit  Entscdiiedenheit  zurück  und  erklärte  seiner 
Regierung,  dass  er  keine  Namen  nennen  würde,  es  sei  denn,  dass  ihm  nach- 
gewiesen würde,  dass  jene  Artikel  erlogene  Angaben  entliieUen.  Der  darauf  er- 
folgenden Zumutung  des  Oberpräsidenten  im  Administratiouswege  gegen  den 
widerstrebenden  Redakteur  vorzugehen,  begegnete  der  Staatsminister  von 
Marschall  mit  der  Erklärung,  dass  die  Laiidesgesetze  ihm  im  vorlieg(?nden  Falle 
nicht  erlaubten,  weitere  Schritte  zu  thun.  Ein  in  der  Nummer  vom  21.  Juni  1817 
erschienener  Artikel,  der  die  damals  in  den  Rheinlanden  herrscliende  Teuerung 
zum  Gegenstande  hatte  und  gegen  die  preussische  Regierung  den  Vorwurf  erhob, 
nicht  mit  der  erforderlichen  Umsicht  und  Schnelligkeit  der  Not  gesteuert  zu 
haben,  veranlasste  dtm  preussischen  Staatskanzler  Fürsten  Hardenberg  selbst, 
den  Ministerresidenteu  von  Mettingh  in  Wiesbaden  zu  beauftragen  über  die 
Zügellosigkeit  des  Redakteurs  der  Rheinistdieu  Blätter  dringende  Beschwerde  zu 
führen.  In  dem  Mettingh  gewordenen  Auftrag  heisst  es:  Seine  Majestät  er- 
warten die  Ausmittlung  des  Einsenders  jenes  Aufsatzes,  und  dass  man  denselben 
zur  gebührenden  Strafe  ziehen  werde,  zughdch  ersuche  ich  Sie  darauf  anzutragen, 
dass  der  Redakteur  zum  AViderruf  und  zui'  Berichtigung  der  nach  dem  ab- 
schriftlich anliegenden  Berichte  des  Staatsministers  von  Ingersleben  falsclien 
Thatsachen  angelialten  und  für  die  Folge  einer  strengeren  Censur  unterworfen 
werde.  Weitzel,  dem  Marschall  die  Beschwerdeakte  zustellte,  lehnte  wiedeium 
die  Namensnennung  ab,  da  dvv  betreff'cmde  Artikel  mir  Thatsachen  enthalte. 
„Es  ist  schmerzlich"',  schliesst  er  seine  Rechtfertigung,  „bei  den  reinsten  Ab- 
sichten und  dem  aufrichtigsten  Bestreben  nützlich  zu  sein,  solche  Vorwürfe  zu 
liören,  die  tief  demütigen  müssten,  wenn  sie  verdient  wären.  Ich  werde  gern 
alles  anstössig(i  vermeiden,  die  Erzählung  von  Thatsachen  aber  liegt  in  meinem 
Beruf.''  Wenn  Marschall  auch  dem  BxM'liner  Kabinet  s(>in  Bedauern  über  den 
Vorfall  ausdrückte,    so    begnügte    er    sich    doch   von   Mettingh    die    nassauische 

11* 


1(34 

Verorclniino;  über  Prcssfreiheit  zu  üljorsondcn  mir  der  blossen  Versiclierung,  dass 
AVeitzel  aller  Veranlassung  zu  weiteren  Besclnverdcn  aus  dem  AVeg-e  gehen 
werde.  Als  Mettingli  seinen  Auftrag  jetzt  mit  mehr  Xaclulruck  wiederholte, 
beschwerte  sicli  Marschall  seinerseits  über  das  anmassende  Benehmen  des 
preussischen  ^linisterresidenten  und  hatte  die  Gimugthnung.  dass  der  jireussische 
Minister  des  Auswärtigen  Jordan  ilim  dureh  den  nassauischen  .Miuistcrrt'sidenteu 
Generalmajor  von  L'p]stocq  erkläri'u  li«'ss,  dass  von  Mettinglis  Zudriiiglichl^eir 
und  seine  Zunuitung.  den  Redakteur  der  Kheinischen  Blätter  zur  Nennung  seines 
Korrespondeiuen  zu  zwingen,   in  Berlin   (hu'chaus  missbilligt  werde. 

^^'ie  NN'eitzel  in  dieser  Weise,  durcli  kiüne  Rücksicliren  IxMi-rr.  der 
allgeujeineu  Stimnuiiig  in  den  Kheinlanden  Ausdruck  gab,  so  wuriU'  er  andrer- 
seits durcli  nachdrückliche  Vertretung"  seiner  politischen  Überzeugungen  wied(!rum 
auch  ein  Bundesgenosse  der  preussischen  Regierung.  Bekanntlich  wurde  dem 
8taatskanzl(>r  Ilardeuberg  gelegentlich  seiner  Rheinreise,  die  er  unternalnn,  um 
die  Stimmung  der  neuen  Provinzen  aus  eigner  Anschauung  kenneu  zu  lernen,  in 
Engers  auch  vnn  Abgesandten  des  rheinischen  Adels  die  Denksclirit't,  die  Ver- 
fassungsverhältnisse der  Lande  Jülicli,  Cleve,  Berg  und  Mark  betreffend,  überreicht, 
in  der  die  Berufung  der  alten  Landstände  verlaugt  und  gegen  die  „allverwirrende 
(rleichheit  der  französischen  Revolution"'  Protest  erhoben  wurde.  Noch  weiter  s-inff 
die  V(in  Görres  verfasste  Koblenzer  Adresse  an  den  Staatskanzler  in  ihren 
Forderungen  zu  Gunsten  des  Adels,  der  katholischen  Kirche  und  der  Wieder- 
herstellung des  Feudalsystems.  Mit  beiden  setzte  sich  Weitzel  alsbald  in  den 
Rheinischen  Blättern  auseinander,  um  gegenüber  dem  Jleaktionären  in  diesen 
Kundgebungen  die  soziale  Gleichheit  und  kirchliche  Parität  mit  aller  ihm  zu  Ge- 
bote stehenden  Beredsamkeit  als  zeit-  und  volksgemäss  zu  verteidigen.  Der  liberale 
preussische  Staatsminister  verkannte  den  Einfluss  nicht,  den  die  Rheinischen 
Blätter  sich  in  den  Rheinlanden  erworben  hatten  und  trachtete  alsbald  danach, 
diesen  Herold  der  öffentlichen  Meinung  dauernd  in  das  preussische  Lager  hinüber 
zu  ziehen.  Durch  seineu  Günstling  Dorow,  der  sich  seit  Mitte  August  .1817 
zur  Stärkung  seiner  (Gesundheit,  sowie  zum  Zweck  von  Ausgrabungen  in  Wies- 
Ijaden  aufhielt  und  hier  vielleicht  zunächst  nach  höherer  Weisung  Weitzel  nebst 
den  Präsidenten  Rjell  und  von  Dalwigk  persönlich  näher  getreten  war,  Hess  er 
mit  ersterem  Verhandlungen  anknüpfen,  um  ihn  mit  seinen  Rheinischen  Blättern 
zum  rberzug  nach  Bonn  zu  bewegen.  Gelegentlich  von  llardenborgs  Durch- 
reise durch  Wiesbaden  Ende  1818  wurden  dann  durch  den  GeJieimen  Ober- 
Regierungsrat  Koreff  di(!  Grundzüge  von  Weitzels  Übersiedlung  festgestellt. 
Rjoli  und  Weitzel  hatten,  wie  Dorow  meldet,  damals  beide  den  Wunsch,  in 
preussisclie  Dienste  zu  tret(!)i.  .,  Weitzel.  den  Deutschland  durch  seine  Schriften 
und  den  Anfang  seiiiei  Selbstbiographien  kennt",  heisst  es  bei  Dorow  '-"),  „er- 
schien besonders  als  v'in  gidsser  Gewinn,  denn  seine  Stimme  hatte  guten  Klang 
in  den   liheinprovinzeii." 

Damals  Hess  W^eitzel  dem  Staatskanzler  durch  Dorow  di(!  von  Ititzterem 
ihrem  Wortlaut  nach  mitgeteilte"  j  Denkschrift  „liheinprcusseji  im  Dezember  LSIS" 


'^«)  Erlebtes  I,  S.    ITo. 

-')  a.  n.  0.  n,  S.   l.Jl  — 16«. 


lO,") 

überreichen.  In  ilicscr  scliickt  Weitzel  der  Darlegung  der  Ur.saelicii.  wanini  lsl4 
in  den  Rheinlaiiden  der  AViiiisdi  allgemein  gewesen  sei,  der  preussisclien  Mdnarchie 
einverleibt  v.n  werden,  während  die  Stiinnning  jetzt  eine  durchaus  preussen- 
f'eindliidie  geworden,  als  einen  wesentlichen  Artikel  seintw  politischen  Glaubens- 
bekenntnisses eine  Ausfülu'uiig  über  den  Einfluss  des  Volkes  und  der  öffentlichen 
Meinung  im  Prozess(!  des  Staatslebens  voraus.  „Die  Stimmung  der  Zeit",  heisst 
es,  „ist  wesentlich  demokratisch,  in  den  aufgeklärten  LändiMU  ist  sie  es  be- 
sonders und  somit  auch  am  Klu'in.  Freiheit  und  Cleicliheit,  dieser  so  ver- 
schrieene Ruf.  an  den  sich  schmähliche  und  furchtbare  Erinnerungeji  knüpfen. 
ist  das  Jjosungswoi't  der  (Jegenwart:  Freiheit,  die  Befugnis,  nur  dem  Gcisetz 
zu  gehorchen,  (lieichheit.  die  allgemeine  Verpflichtung,  einem  und  demselben 
Gesetze  unterthan  zu  sein.  In  fünfzig  Jahren  ist  in  der  schönsten  Hälfte  von 
Europa  der  Sieg  dieses  Wahlspruches  ents(;hieden.  Diese  Freiheit  und  diese 
Gleichheit  werden  dann  ihre  Jlorrschaft  begründet  haben,  ob  auf  eine  blutige 
oder  unblutige  Weise,  das  hängt  von  uns  ab.^*)  Dieser  demokratische  Geist 
ist  wesentlich  monarchisch.  Ohne  erbliche  Monarchie  weder  Freiheit  noch 
Sicherheit,  darüber  sind  alle  Verständige  unter  uns  einig,  aber  auch  darüber, 
dass  diese  Freiheit  und  Sicherheit,  wie  die  Festigkeit  des  Thrones  selbst, 
iln-o  Bürgschaft  in  einer  Verfassung  finden."  Abgesehen  davon,  dass  die 
allgemeine  Erwartung  der  Einführung  der  letzteren  bis  jetzt  getäuscht  sei, 
habe  man  die  Rheinländer  noch  durch  mannigfache  ^lissgriffe  der  preussi- 
sclien Verwaltung  besonders  gekränkt.  Das  wirksamste  ^Mittel,  die  begangenen 
Versehen  wieder  gut  zu  machen,  sei  eine  sorgfältige  Auswahl  der  höchsten 
Provinzialbeamten.  Die  Beamten  müssteu  ebenso  sehr  das  Vertrauen  des 
Volkes  wie  das  des  Königs  haben.  „Die  letzte  Bedingung  ist  am  Rhein 
besonders  wichtig,  weil  es  hier  eine  öffentliche  Meinung  unter  aufgeklärten 
Menschen  gibt."  Das  Volk  verstelle  nicht  Jeden  und  werde  nicht  von  Jedem 
verstanden,  wenn  sie  auch  dieselbe  Sprache  sprächen.  Darum  sei  es  klug  und 
billig,  einem  Lande  Vorgesetzte  zu  geben,  die  seinen  Menschen,  ihren  Begriffen, 
Sitten  und  Gewohnheiten  nicht  fremd  seien.  Man  muss  Treitschke")  Recht 
geben,  dass  aus  dieser  Denkschrift  das  naive  Selbstgefühl  des  Rheinländers 
spricht,  der  damals  auf  die  Altpreussen  als  hinter  ihm  in  der  Kultur  zurück- 
geblieben herabsah,  im  übrigen  fordert  Weitzel  aber  nicht,  wie  Treitschkc 
sagt,  dass  Jeder  von  Seinesgleichen  gerichtet  werde,  sondern,  wie  aus  dem 
Zusammenhang  klar  hervorgeht,  dass  keine  mit  den  Verhältnissen  des  Landes 
und  der  Bewohner  unbekannte  Beamte  ernannt  würden,  eine  um  se  billigere 
und  gerechtfertigtere  Forderung,  als  die  preussische  Regierung  sich  in  der 
Wahl  ilirer  Beamten  für  die  Rheinlandc  thatsächlich  arger  Missgriffe  schuldi"; 
gemacht  hatte. 


*")  Mit  Reclit  kdiiiite  Knrl  Briiuii  im  Jaliro  1S48  in  der  von  iliiii  iierausgcgebenen 
„Nassauischen  Zeiung"  (No.  70)  auf  diese  AVorte  himveison,  um  den  Nassauern  zu  zeigen,  wie 
einer  ilirer  Landsleuto  mit  proplietischom  Blick  den  kiniftiijon  Gang  der  staatlichen  Entwickelung 
Deutschlands  vorausgesagt  habe. 

^^  Deutsche  Geschichte,  Teil  2,  3    AuH.,  S    270  f. 


106 

Unror  lU-in  'J(j.  Februar  lt>19  ging  Woitzol  ein  Schreiben  Hardenbergs 
zu,  in  welchem  ihm  unter  der  Voraussetzung,  dass  er  in  seiner  Zeitung  das 
Interesse  des  preussischen  Staats  zum  Ilaujitaugenniork  nelnnen  und  solche  im 
Geiste  der  Mässiguug,  besonuenen  IJilligkeit  und  leidenschaftslosen  Prüfung 
redigieren  und  überhaupt  das  seinen  lEänden  anvertraute  Organ  der  Öffentlich- 
keit mit  Umsicht  und  Klugheit  gebrauchen  werde,  damit  der  Geist  der  ncnuMi 
Provinzen  mit  dem  der  älteren  vertraut  gemacht  und  freundlich  verbunden,  und 
ein  wuhlthätiger  EinHuss  auf  die  Stimmung  dieser  Länder  ausgeübt  werde,  die 
Autiorderung  zuging,  softirt  seinen  Wolinsitz  in  den  preussischen  Hheinprovinzcn, 
wo  es  ihm  beliebe,  zu  nehmen.  Es  wurde  ihm  für  die  JUieinischen  Blätter, 
jedoch  nur  unter  seiner  liedaktion,  die  Befreiung  von  der  Zensur  zugesichert, 
ferner,  um  ihn  einigermassen  von  der  Abhängigkeit  frei  zu  machen,  in  welcher 
jeder  Redakteur  mehr  oder  weniger  von  der  Zahl  seiner  Abonnenten  sich  be- 
finde, ein  vom  1.  Januar  1819  ab  zahlbares  Jahrgehalt  von  1000  Thalern  mir 
der  Aussicht  einer  künftigen  Erhöhung  dieser  Summe,  ausserdem  öOO  Thaler 
Umzugsgelder  und  der  Titel  eines  Geheimen  Kofratos.^")  Weitzel  konnte  sich 
aber  nicht  sofort  entscheiden.  Er  betojir  iu  dem  Antwortschreiben  vom 
12.  März^').  dass  er  die  öffentliche  Meinung  für  sich  haben  müsse,  um  den 
auf  ihn  gesetzten  Erwartungen  zu  entsprechen.  Sein  ganzes  öffentliclies  Sein 
sei  ein  Geschenk  der  öffentlichen  Meinung.  Durch  jeden  raschen  Wechsel  setze 
er  sie  aber  auf's  Spiel.  Man  würde  nicht  unterlassen  ihn  als  einen  Partei- 
gänger darzustellen,  dessen  Grundsätze  und  Dienste  käuHich  seien.  Aus  diesem 
Grunde  will  er  seine  gegenwärtigen  Verhältnisse  nur  ablösen,  nicht  abbrechen 
und  bittet  deshalb  sein  Berufungspatent  noc^h  hinausschieben  zu  wollen.  Der 
Befreiung  von  der  Zensur  wünscht  er  eine  so  ausdrückliche  Sanktion  gegeben, 
dass  er  nur  dem  Könige,  dem  Staatskanzler  und  seinem  Gewissen  verantwortlich 
Ijleibe,  gegen  untergeordnete  Stellen  und  Lokalbehördeu  sich  aber  nie  zu  recht- 
fertigenden Erörterungen  veri)flichtet  sehe.  Dem  Könige  und  dem  Vaterland  sich 
nützlich  zu  machen,  bezeichnet  er  als  einen  der  grössten  Wünsche  seines  Lebens, 
denn,  schlicsst  er.  „in  meiner  Seele  steht  die  Überzeugung  unerschütterlich  fest, 
dass  Deutschland  nur  durch  und  mit  Preussen  zu  retten  ist.''  Unter  dem 
11.  Juni  1810  weist  Weitzel  in  eincni  zweiten  Schreiben  an  Hardenberg  .darauf 
hin.  dass  er  seinerseits  die  öff'entliche  Meinung  jetzt  wohl  ziemlich  vorbereitet 
finden  dürfe,  dass  sich  die  Stimmung  in  den  Rheinlanden  aber  nur  noch  ver- 
schlimmert habe.  Gehe  er  unter  dies(!n  Verhältnissen  nach  der  ihm  zugeduchten 
Bostimnmng  ab.  daini  komme  er  in  die  liTichst  schmerzliche  Lage,  mit  der 
öffentlichen  Meinung  zu  brechen,  oder  oft  in  einer  der  Regierung  missfälligen 
Lage  zu  erscheinen.  Kv  möchte  deshalb  nicht  eher  abgerufen  werden,  bis  etwas 
Entscheidendes  füi-  das  Land,  sei  es  durch  Errichtung  von  Ständen,  oder  auf 
irgend  eine  anden^  Weise  geschehen  sei.  Weitzel  hatte  schon  zu  Godesberg 
bei  Bonn  durch  Dorow  eine  Wohnung  für  sich  besorgen  lassen.  Er  erklärt 
sich  in  einejii  S(;hreiijen  vom  l'.i.  Juni  Hardenberg  gegenüber  auch  bereit 
seinen  Lljerzug  nach    I5o)in   im  September  vorzunehmen. 


o'-o" 


^'')  Siehe  Schwann  a.  a.  O.  iiiid  den  Anlinn''. 

*')  Diesen  und  die  folgenden  JJricle   s.  JJoiow,  Erlebtes  II,  S.  105—150. 


i(;7 

Inzwisclu;]!  waren  infolge  ilcr  Jli'inoidiui'^-  Jvot/.i^ljues  /u  Maiinhciin  ajii 
2o.  März  1810  durch  Sand  und  Lünin^s  Mordanschlag  auf  Ibcll  am  1.  Juli 
desselben  Jahres  durch  die  Karlsbader  lic^schlüsse  für  die  gesamte  Presse  Deutsch- 
lands scharfe  Zensurmassrcgeln  eingeführt.  Weitzel  hatte  dadurch,  dass  er  für 
das  Lüning'sclie  Verbrechen  die  demagogischen  Umtriebe  verantwortlich  machte, 
die  liberale  Presse  Doutsclilands  gegen  sich  aufgehetzt.  Unt(!r  Hinweis  darauf, 
dass  das  bosliaft(^  G(M'ücht,  er  schreibe  im  Dienste;  dei-  Jlegierung  eine  Ilof- 
zeituiig.  ihn  ausser  Stand  setze  weiter  für  das  Land  zu  wirken,  hatte  er  untcu* 
dem  lö.  Juli  1819  dem  Minister  von  Marschall  seine  Absicht,  von  der  Redaktion 
der  ivheiuischen  Blätter  zurückzutreten,  augezeigt.  ^'^)  Es  fällt  auf,  dass  Weitzel 
in  dicsein  Schreiben  die  ilim  seitens  Preussen  gemachten  Anerbietungen,  die 
er  doch  im  Prinzip  bereits  angenommen  hatte,  gar  nicht  erwähnt,  sondern  sein 
Yorhaben,  die  Redaktion  niederzulegen,  nur  als  eine  infolge;  dei-  ungünstigen 
einheimischen  Verhältnisse  notwendig  gewordene  Massrogel  hinstellt.  Wenn  er 
auf  Verleumdungen,  heimliche  Neckereien  und  verborgene  Kränkungen  liinweist, 
denen  er  ausgesetzt  sei,  so  mag  es  dahin  gestellt  bleiben,  ob  bei  Übertriebcnlieit 
dieser  Angaben  ihre  Richtigstellung,  wie  Sauer  meint,  leicht  gewesen  wäre, 
jedenfalls  waren  diese  Verdriesslichkeiten,  unter  denen  er,  worauf  auch  das 
Schreiben  hinweist,  ein  Jahr  vorher  gelegentlich  der  sogenannten  Dillenburger 
Petition  ^^)  ebenso  zu  leiden  gehabt  hatte,  nicht  das  Hauptmotiv  für  Weitzel. 
Und  wenn  er  dem  Zureden  Marschalls  nachgebend  sich  jetzt  ontschloss,  weit<.'r 
auszuharren,  so  war  dafür  wohl  in  erster  Linie  bestimmend,  dass  er  das  er- 
wartete preussische  Berufungspateut  noch  nicht  in  der  Tasche  hatte.  Diese 
Berufung  aber  zog  sich  hinaus.  Die  Karlsbader  Beschlüsse  veranlassten  Harden- 
berg vielmehr  unter  dem  4.  September  Weitzel  mitzuteilen,  dass  Verhältnisse, 
welche  die  letzten  Vorfälle  auf  eine  ganz  unerwartete  Weise  herbeigeführt 
hätten  und  die  mit  allgemeinen  Massregeln  im  Zusammenhang  ständen,  es  iliiii 
unmöglich  machten,  ihm  die  verlangten  Papiere  in  diesem  Augenblick  zu  ül)er- 
senden.  Jedoch  liege  in  diesen  Verhältnissen  durchaus  nichts,  was  seiner  An- 
stellung und  den  dabei  ausgesprochenen  Bedingungen  bis  auf  einige,  vielleicht 
durch  allgemeine  Bestimmungen  eintretende  Modifikationen  den  geringsten  Ein- 
trag thun  könnte.  Er  hoffe  ihn  von  diesen  Modifikationen  in  wenigen  Wochen 
in  Kenntnis  setzen  zu  können  und  ersuche  ihn  bis  dahin  die  Ankündigung  der 
Verlegung  seiner  Zeitung  auszusetzen. 

Die  Bundestagsbeschlüsse  vom  20.  September  wurden  inzwischen  im 
Nassauischen  Vorordnungsblatte  unter  dem  5.  Oktober  1819  publiziert,  uml 
damit  die  Zensur  wieder  im  Herzogtum  eingeführt.  Jetzt  erklärte  AVeitzel 
der  Redaktion  dvv  Rheinischen  Blätter,  so  lange  diese  Verliältnisse  wälu'ten. 
entsagen  zu  müssen.  ^Marschall  gewährte  ihm  unter  dem  12.  Oktober  1819 
einen  Urlaub  auf  unbestimmte  Zeit,  und  Weitzel  zog  sich,  während  der 
Konrektor  Fischer  bezüglich  der  Rheinischen  Blätter  — ■  sie  gingen  am 
1.    Oktober    1820    ein,     von    da    bis    zum    Jahre    1848    erschien    in    Nassau 


^^)  Sauer,  Diis   Herzogtum  ^■(lss^ul,  S.   141   teilt  das  Sclireiben  im  Auszuge  mit. 
^*)  Saue  r  a.  a.  0.  S.  55  ff. 


168 

kein  politisches  Blatt  —  seine  Vertretung  übernuliiii.  imcli  Juhaunisberg- 
zurück.  Avo  er  ein  kleines  Lantlgut  erworben  hatte.  Wenn  gleich  darauf  in 
der  deutschen  und  ausländischen  Presse  das  Gerücht  auftauchte,  dass  er  endlich 
dem  unwiderstehliclien  Anerbieten  Prcussens  nacligogeben  und  seine  "Wohnung 
in  Bonn  gentunmen  halie.  wo  er  eine  Pension  von  1500  Thalern  genicsse, 
so  konnten  die  Kheinischen  Blätter^')  dies  Gerücht  als  unrichtig  zurück- 
weisen. „Abenteuerlich"'^)  aber  war  es  gewiss  nicht,  und  wenn  man  auch, 
Weitzels  em})tindliche  Xatur  berücksichtigend,  mit  liecht  sag(m  kann,  dass  die 
Zensurmassregeln  die  bestimmende  Veranlassung  für  ihn  waren,  die  Ivedaktiou 
aus  den  Händen  zu  geben  '*).  die  Absicht  nach  Preussen  zu  gehen,  hatte  er 
nicht  aufgegeben.  Kin  Schreiben  an  Dorow  vom  26.  November  1819  zeigt, 
wie  er  mit  Ungeduld  auf  eine  Entscheidung  aus  Berlin  w'artet,  wenn  auch 
seine  allgemeinen  politischen  Hoffnungen,  die  er  auf  Preussen  gesetzt  hat, 
untergegangen  sind.  L'nter  dem  10.  Dezember  1819  erklärt  er  seinem  Freunde: 
„AVenn  es  nur  meine  Finanzen  ertragen,  dann  verlasse  ich  schwcrli(.'h  den 
Johanuisberg  mehr!  Es  lohnt  sich  wahrhaftig  der  Mühe  nicht,  dass  mau  mit 
dem  Leben,  der  AVeit  und  den  Menschen  so  viele  Umstände  maclit.  Um  es 
gut  hier  zu  haben,  muss  man  ein  Narr  oder  ein  Spitzbube  sein,  und  ich  bin 
für  jede  Schule  und  fremde  Lehren  verdorben  und  zu  alt. "  Doch  resigniert  er 
nicht  gänzlich:  „hätte  ich'%  schreibt  er  den  6.  April  1820.  ..nie  ein  öffentliches 
Leben  gehabt,  dann  wäre  ich  mit  meinen  kleinen  Wünschen  wohl  leichter  zu 
befriedigen ;  aber  da  denke  ich  mir  ein  Vaterland,  eine  Nation,  Natioualehre 
und  Nationalglück  und  gehe  in  dem  verwaisten  Hause  durch  die  hohlen  Gänge, 
wo  Misstrauen  und  böser  Anschlag  im  Verborgenen  lauern  und  höchstens  einige 
alte  Kinder  und  kindische  Alte  Vaterlandchens  spielen,  um  das  Grosse  in  der 
Brust  des  Menschen  und  der  Geschichte  zu  parodieren. " 

Weitzel  sah  sich  indessen  gezwungen,  der  nassauischen  Regierung 
eine  bestimmte  Erklärung  zu  geben,  ob  er  in  Nassau  zu  bleiben  gesonnen  sei 
oder  nicht.  Im  ersteren  Falle  wurde  ihm  sein  bisheriger  Gehalt  von  1200  Gulden 
als  Pensicm  zugesichert.  Auf  Dorows  Rat  hatte  er  Ende  Fcsbruai'  nochmals  an 
Hardenberg  geschrieben  und  unter  Schilderung  seiner  misslichen  Lage  um  Be- 
schleunigung der  Entscheidung  seines  Schicksales  gebeten.  Nach  monatelangem, 
vergeblichem  Warten  nahm  Weitzel  das  nassauische  Anerbieten  au.  Durch  die  Gunst 
des  Herzogs  und  seines  ersten  Beamten  erhielt  er  am  20.  Dezember  1820  die  Stelle 
des  Bibliothekars  der  öffentlichen  Bibliothek  zu  Wiesbaden.  Am  18.  Juni  1820 
schreibt  er  an  Dorow:  ..Ich  musste  mich  zu  einer  Kapitulation  entschliesscn, 
die  nicht  glänzend  ausfallen  konnte,  weil  ich  eine  schlechte  Stellung  hatte. 
Das  Achtzehnnionatskind  ist  also  unzeitig  und  ohne  Leben  abffoffaniren.  Fahre 
auch  Du  hin,    wie    so  jnancher  werte  Entwurf    in  diesem  Leben!    Ich  habe  in 


•")  Jnhrg.  1819,  No.  1(57.  Wie  verbreitet  die  Rheinischen  Blätter  übrigens  damals  waren, 
lüsst  sich  daraus  f-clilicsson,  dass  dein  Yorwurt'o  drn-  IJcstccliung  ontgcgengolmltcn  wird,  Weitzel 
li.'ibe  mit  den  Kheinischen  Blättern  wohl  mehr  als   l.jO0  Tlialer  aufjjeireben. 

")  Sauer  a.  a.  O.  S.   1.51,  Anm    1. 

^'')  Schwartz,  .\nnttlen  XXIV,  S.  46  behält  deshalb  doch  gegen  Snnora.  n.  0.  8.  141, 
.\iiMi.  2,  Kocht. 


UV.) 

der  langoii  Scliwaiigerschaft  PreussiMi  viel  f^copfcit.  Am  TJlioin  gelästert,  V(tn 
iriindertcn  verkannt,  in  manolien  Interessen  gekränkt,  oft  gezwnngen  mit  liestcr 
Absieht  nnd  entscliiculenem  Willen  in  zweid(Hitig(Mn  Sinne  zu  orselieincn.  habe 
ich  nur  einen  falschen  SeJiritt  —  wenn  ich  ihn  wirklich  getlianV  in  jeder  Hin- 
sicht y.n  t(Mu>r  bezahlt/' 

J)()ro\v  teilte  die  ihm  iiiicrwartcit  gekoiuinene  Entscheidung  s('in(\s  Freundes 
Hardenberg  sofort  mit.  um  womöglich  noch  eine  Änderung  in  denn  Schick- 
sale Weitzels  herbeizuführen.  Der  Staatskanzler  aber  nahm  (Wr,  Entscbliessunir 
des  letzteren  zur  wiilkoraniencn  IFandhabe,  um  die  VtM-handlungen  mir  ilim. 
wenn  aucli  in  höflichster  Form,  abzubrechen.  Xachdeni  infolge  den*  Karls- 
bader l>eschlüsse  den  llegierungen  Mittel  in  die  Iiänd(3  gegeben  waren,  jede 
laut  werdende  Stimme  der  Unzufriedenheit  durch  die  Zensur  schon  von  vorji- 
herein  zum  Schweigen  zu  bringen,  und  es  nicht  mehr  erforderlich  schien, 
den  Massnahmen  der  Jlegierung  in  der  ()ffentlichen  Meinung  gegen  Angriffe 
und  Yerdächtigungen  das  Wort  zu  reden,  war  der  eigentliche  Zweck  von 
Weitzels  Berufung  nach  Preussen  hinfällig  geworden.  Unangenehm  aber  wai- 
es,  bei  den  einmal  gemachten  Zusicherungen  den  Rückzug  anzutreten.  Von  der 
Zwangslage  Weitzels  in  Berlin  genau  unterrichtet,  hatte  man  diese  Entscheidung 
gewiss  nur  herbeigewünscht,  um  dann,  wie  es  in  dem  Auftrage  Hardenbergs 
von  dem  Geheimen  Oberfinanzrat  Schaumann  an  Weitzel  unter  dem  24.  August 
1820  gerichteten  Schreiben  geschieht,  sein  scheinbares  Bedauern  über  dieselbe 
aussprechen  zu  können.  W^eitzel  durchschaute  die  Sachlage  nicht,  wenn  (>r  in 
seiner  Erwiderung  vom  1.  September  den  Vorwurf,  als  trage  er  selbst  di(^ 
Schuld  an  der  erfolgten  Entscheidung  durch  Darstellung  des  ganzen  Verlaufs 
der  Angelegenheit,  zurückweisen  zu  müssen  glaubt.  Hardenberg  antwortete 
darauf  unter  dem  18.  September  eigenhändig.  Er  kleidet  sein  Bedauern,  der 
Aussicht  ihn  zu  besitzen,  entsagen  zu  müssen,  in  die  verbindlichsten  AVorte 
und  bittet  ihn  zugleich  um  Angabe  der  Entschädigung,  welche  er  verlange. 
Welchen  Eindruck  das  Schreiben  auf  Weitzel  machte,  ersieht  man  aus  folgender 
Stelle  von  dessen  Brief  vom  2o.  Oktober  1820  au  Dorow:  „Dass  ich  den  so 
hoch  verehrten  Fürsten  eine  Zeche  machen  soll,  das  lieber  Dorow,  nuithen  Sie 
mir  nicht  zu.  So  etwas  verträgt  sich  weder  mit  meiner  Achtung  gegen  den 
Staatskanzler,  noch  —  erlauben  Sie  mir  den  Stolz !  —  mit  meiner  Achtung  vor 
mir  selbst.  Ich  habe  nichts  verlangt,  verlange  nichts  und  werde  nichts  ver- 
langen. Der  Fürst  soll  nicht  übel  von  mir  denken,  darin  besteht  meine  ganze 
Forderung.  Ich  will  die  gute  Meinung  verdienen,  die  er  von  mir  hat.  Man 
soll  mich  allenthalben  entbehren  können,  das  lasse  ich  mir  gefallen,  aber  an 
keinem  Orte  soll  man  mich  verächtlich  finden,  das  ist  meine  Sorge.  Dem 
Fürsten  hätte  ich  für  den  Ausdruck  seiner  gütigen  Gesinnung  schon  gedankt, 
wären  Sie  nicht  dagegen."  Nur  für  die  von  ihm  schon  in  Godcsberg  gemietete 
Wohnung  nahm  Weitzel  die  Entschädigung  an. 

Erst  allmählich  wurde  ihm  die  ganze  Situation  klar.  Die  veränderte 
Stimnmng  klingt  durch  in  dem  ]5rief  an  Dorow  vom  13.  Dezember  in  den 
Worten:  „Man  hat  doch  etwas  zu  arg  mit  mir  gespielt."  Dorow  versuchte 
auch  jetzt  noch  beim  Staatskanzler  für  seinen  Freund  zu  wirken.      Er    schrieb 


170 

zu  diesem  Zweck  au  den  Geheimen  ( )ben'egieruugsriit  Scholl,  der  inzwischen 
an  KorefFs  Stelle  getreten  war.  und  dem  er  späterhin,  offenbar  tdine  Grund,  die 
Schuld  an  der  Xichrberufung  AVeitzels  nach  Preussen  giebt.'")  Aus  dem  von 
Hardenberg  selbst  darauf  erfolgten  Antwortschreiben  vom  4.  Januar  1821  geht 
hervor,  dass  Dorow  für  den  Fall,  dass  "NVeitzels  Überzug  in  der  ursprünglich 
beabsichtigten  Form  nicht  angängig  sei,  ihn  für  eine  akadennsche  Lehrstelle 
empfohlen  hatte.  Sicherlich  erfolgten  diese  Bemühungen,  denen  Plardenberg 
nut  dem  Hinweis  begegnete,  dass  für  dergleichen  Anstellungen  der  Kultus- 
minister die  einzig  zuständige  Instanz  sei.  hinter  Weitzels  Kücken.^*) 

Während  Dorow  erst  jetzt  die  Vergeblichkeit  weiterer  Versuche  einsah, 
kennzeichnet  Weitzel  in  einem  lirief  vom  2.  Februar  den  ganzen  Verlauf  der 
Sachlage  richtig  nnt  den  ^^'orten :  „Das  Spiel  war  eine  lustige  Posse,  in  der 
ich  als  ehrlicher  Hanswurst  Prüircl  bekam.  Einmal  ist  es  den  Herren  Ernst 
gewesen,  da  die  Ivheinischen  Blätter  nocli  im  Gange  waren.  Diesen  hat  es 
gegolten;  sie  sollten  gewonnen  werden,  da  sie  nicht  unterdrückt  werden  konnten. 
Kaum  hatten  die  Karlsbader  Konferenzen  der  Sache  ein  anständiges  Ende  ge- 
macht, als  man  auch  eine  andere  Sprache  führte.  Es  hatte  ja  zu  regnen  auf- 
gehört, warum  sollte  mau  den  lästigen  Schirm  nicht  in  eine  Ecke  stellen?  So 
ist's;  und  ich  beklage  mich  nicht  dariU^cr.  Ich  liiu  nur  eiufältig.  zutraulich, 
aus  lauter  Achtung  und  Ergebenheit  furchtsam  gewesen.  Was  mir  in  allen 
Verhältnissen  des  Lebens  geblieben  ist,  blieb  mir  auch  hier,  das  Bewusstscin 
aufrichtiger  Gesinnung  und  gerader  Handlungsweise.''' 

Diese  Verhältnisse  sind  eingehender  geschildert  worden,  weil  die  Be- 
deutung, die  die  Rheinischen  Blätter  erlangt  hatten,  daraus  am  klarsten  hervor- 
tritt, und  weil  die  durch  dii;  Karlsbader  Beschlüsse  herbeigeführte  ungünstige 
Wendung  für  Weitzel,  dessen  Charakter  in  den  ^vähr(md  dieser  Verhandlungen 
an  Dorow  gerichteten  Briefen  offen  vor  uns  liegt  und  sicli  als  iu  jeder  Be- 
ziehung ehrenwert  bewährt,    einen  wichtigt'U  Abschnitt  bedeutet. 

5.   Publizistische  Arbeiten  in  der  Zeit  der  Reaktion. 

Wir  haben  Weitzels  Natur  und  Fähigkeiten  genügend  kennen  gelernt, 
um  zu  verstehen,  wie  dieser  jähe  Abbruch  seiner  politischen  Wirksaudceit  für 
ihn  verhängnisvoll  werden  musstc.  Dorow  fand  Weitzel,  als  er  ihn  IS2d  in 
Wiesbaden  wiedersah,  sehr  verändert.  Wenn  er  sagt"*®) :  „Weitzel  war  der  Mann 
für  einen  grossen  Staat ;  sein  weitstrebender  Geist  und  seine  grossartigen  Welt- 
ansichten gingen  unter  in  den  Mühen  und  in  (Im  kliüncii  Vcrhältuissen  und 
Intriguen  eines  so  eng  begränzten  bürgerlichen  Lebens",  so  hört  uuin  aus 
diesem  Urteil  Weitzels  eigene  Klage  heraus,  iliin  war  das  Arbeitsfeld  ge- 
nonmien,  auf  dem  er  im  Kampf  der  Parteien  mitten  innestehend  in  harter 
Tagesarbeit  vermöge  seiner  Schlagfertigkeit  und  Mässigung  sich  eine  beachtens- 


")  Dorow,  lürleijtes  II,  S.   109. 

'*)  Sauers  Meinung  (Annalen  XXVII,  S.  203),  uls  habe  ssicli  Weitzel  um  eine  Profetsaur 


in  Bonn  bemüht,  ist  irrig. 

")  Krlebtes,  Teil  3,  S.  351. 


171 

werte  Stellung'  gescliuffcn  liatte.     Es  fehlte  ihm   fcnKn-liin  dlv.  uninittelbaie   He- 
lühnm"'  mit  dem  öffentlicheu  Loben  und  damit  gleichsam  di(^  Scliuh!  der  Praxis, 


'O 


d'w.  für  seine    allzu  gefühlsselige  Natur    ein    uniintbehrliches  Korrektiv    liildete. 
Die    systematische  Unterdrückung    aller  freiJKiitlichen  Jleguugen,    an  die    er  so 
grosse  lloff'nungcm  und  Erwartungen  für  die  zukünftige  Gestaltung  Deutschlands, 
sowie  ganz  Europas  geknüi)ft  hatte,    wurden  von  ihm  schwer  empfunden,      fhm 
war  CS  gewiss,   dass  das  alte  Staatssystem  abgewirtschaftet  hatte  und  eine  iwnn 
Zeit  heraufgekomnuiu  war,   die  in  den  Kulturstaaten  Europas  das  Volk  zur  Mit- 
wirkung an  der  Verwaltung  der  öffentlichen  Angelegenheiten  und  am   weiteren 
Ausbau  des  Staates  berief.    Diese  richtige  Überzeugung  war  aber  bei  ihm  nicht 
zugleich  von  der  Einsicht  getragen,  dass  der  Staat  ein  organisches  Gebilde  ist,  dessen 
Entwickelung  mau  nicht  auf  Grund  theoretischer  Erwägungen    vorgreifen  darf. 
Erst    einer    jüngeren    Generation    ist    diese    tiefere    Erkenntnis    aufgegangen. 
Weitzel    sieht  das    einzige  Hindernis   für  die  Einführung  konstitutioneller  Ver- 
fassungen in  der  Abneigung  der  Regierungen,   sich  ihre  bisherigen  Machtbefug- 
nisse kürzen  zu  lassen.    Sein  politischer  Instinkt  fühlt,   dass  fernerhin  Preussens 
Entwickelung  für  Deutschlands  Entwickelung  massgebend  sein  wird.     Und  nun 
ist  es  gerade  dieser  Staat,   der  durch  sein  Beharren  in  dem  alten  Geleise  nach 
Weitzels  Meinung  dem  angebahnten  und  unabweisbaren  Fortschritt  entgegentrat. 
Auch  in  dem    engeren    nassauischen  Vaterland,    dessen  Verwaltung  Weitzel  in 
den  Jlheinischen  Blättern    so  überzeugt    und  beredt  gepriesen  hatte,    trat  unter 
dem  Druck  von  aussen    und  unter    dem  Eindruck    der  Gefahr    seitens  der  un- 
gezügelten liberalen  Strömungen  ein  gänzlicher  Umschlag  der  Verhältnisse  ein, 
den  Weitzel  selbst  in  dem  Aufsatz  „Nassau  und  der  Minister  von  Marschall''  *") 
in  geistvoller  AVeise  charakterisiert  hat.    p]s  ist  unter  diesen  Umständen,   zumal 
wenn    wir  Weitzels  Naturell    berücksichtigen,    begreiflich,   wie  in  den  späteren 
Schriften    des    nach    wie    vor    rastlos    thätigen    Publizisten    eine    unfruchtbare 
Nörgelei  an  den  bestehenden  Verhältnissen,   die  ihn  die  Welt  und  die  Menschen 
allzu    oft  mit    getrübter  Brille  betrachten  lässt,    mehr    und  mehr  Platz    greift. 

Auch  noch  in  einer  anderen  Beziehung  wirkte  das  Aufgeben  seiner  unmittelbar 
praktischen  politischen  Thätigkeit  ungünstig  ein.  Weitzel  stand  gerade  auf  der 
Höhe  seines  Wirkens;  als  namhafter  Publizist  hatte  er  sich  eine  Gemeinde 
geschaffen,  zu  der  zu  sprechen  ihm  Bedürfnis  geworden  war.  ][infort  der 
Tagespolitik  entzogen,  die  für  ihn  der  eigentliche  Lebensnerv  gewesen,  greift 
er  nicht  sislten  auf  frühere  Zeiten  zurück,  um  aus  dem  Vorrat  seiner  älteren 
Schriften  das  darin  noch  Verwertbare  seinem  nunmehrigen  grösseren  Leserkreise 
als  neue  Gabe  darzureichen.  Durch  diese  Umstände  erleidet  insonderheit  für  den. 
der  Weitzels  Schriften  im  Zusammenhange  liest,  das  Literesse  an  den  späteren  Er- 
zeugnissen seiner  Feder  eine  beträclitliche  Einbusse. 

Zunächst  gehört  freilich  die  Schrift :  ,JIat  Deutschland  eine  Revolution  zu 
fürchten?",  die  Weitzel  unter  dem  unmittelbaren  P^iudruck  von  Lönings  Mord- 
anfall auf  Ibell  im  Juli  1819  verfasste,  und  die  in  kurzer  Zeit  in  zwei  Auf- 
lagen hintereinander  bei  Schelleuberg  in  Wiesbaden  erschien,   noch  der  früheren 


")  AUjjemeine  Zeitung  1834,  Aufserordontliclie  Boil.  Xo.   114—117/118. 


172 

Periode  aii.  Die  biTeitsi  erwähnte  Denk-^e-lnitt  ülier  lilieiii|)reu»si'ü  tinder  sich 
hier,  abgesehen  von  den  ausschliesslich  die  Jiheinlande  betreffenden  Bemerkungen, 
verarbeitet.  In  Tendenz  und  Ausführung  das  gerade  Gegenteil  von  Görres' 
im  August  desselben  .lahres  erschienener  Flugschrift  ,,DeutschIand  und  die 
Ivevolutiou"  tritt  diese  Schrift  unter  Hinweis  auf  die  Notwendigkeit,  die  vor- 
handene (lärung  zu  beseitigen,  für  Ideen  ein.  die  in  Bezug  auf  Schatt'ung  einer 
Zentralgewalt  und  Keiiräsentativverfassung  Deutschlands  bei  gleichzeitiger  mög- 
lichster Schonung  der  Selbständigkeit  der  einzelnen  Staaten  die  (»edanken 
seiner  1814  veifassten  und  oben  besprochenen  Aufsätze  Aviederholen  und  weiter 
ausführen.  Entgegen  Görres'  Ideal  von  der  Wiederbelebung  des  alten  Kaiser- 
staats unter  Österreichs  Führung  weist  Weitzel  darauf  hin.  dass  Preussen  schon 
seiner  geographischen  Lage  sowie  <lein  Geist  seiner  Bevölkerung,  seiner  Kultur 
und  seinen  Sitten  nach  das  Land  sei,  auf  das  Deutschlands  Zukunft  sich  auf- 
bauen müsse.  .,Mit  gestrecktem  Körper  dehnt  es  sich  von  einer  äusserstcu 
(frenze  Deutschlands  bis  zur  anderen  aus;  seine  Sicherheit  ist  ein  Theil  der 
unsrigen,  sein  Wohlstand  ein  Theil  des  unsrigen,  jede  Gefahr  für  es  ist  auch 
Gefahr  für  uns.  und  durch  die  vielseitige  nahe  Berührung  theilt  sich  wechsel- 
seitig fast  jeder  Schmerz  und  jedes  Leiden  sympathetisch  mit.  Preussen  und 
Deutsehland  stehen  in  verwandter  Wechselwirkung;  ihr  Schicksal  ist  an  dasselbe 
liad  der  umkreisenden  Zeit  geflochten,  das  in  seinem  Hollen  die  Bande  nur 
immer  mehr  zusammenziehen  und  verschlingen  kann."")  Wie  er  hier  die 
Bedeutung  Preussens  für  die  Zukunft  Deutschlands  mit  klarem  Blick  erkennt, 
so  zeichnet  er  auch  richtig  die  Vorteile  und  Xachteile,  die  sich  aus  der  selbst- 
ständigen P]utwickelung  so  vieler  kleiner  Staaten,  wie  sie  Deutschland  besitze, 
ergeben  hätten,  um  ebenso  wojil  die  Zweckmässigkeit  eines  einheitlichen  Mittel- 
juinktes  wie  einer  foederativen,  die  einzelnen  Staaten  in  ihrer  individuellen 
Entwickelung  möglichst  wenig  hindernden  Verfassung  darzuthun.  Diese  trotz 
der  aufgeregten  Zeit  sine  ira  et  studio  verfasste  Schrift  steht  an  Gehalt  und 
politischem  Urteil  unter  den  publizistischen  AVcrken  Weitzcls  jedenfalls  oben  an. 

Die  Xusse  auf  seinem  Landsitz  in  Johannisberg  benutzte  Weitzel  dazu 
einen  Teil  seiner  früheren  Schriften  als  „Vermischte  Schriften"  in  drei  Bänden 
1820  bis  1821  ebenfalls  bei  Schelhmber"-  in  Wiesbaden  neu  herauszugeben. 
Der  erste  Band  enthält  eine  teilweise  Umarbeitung  seines  1795  erschienenen 
politischen  Bomans  „Lindau  oder  der  heilige  Bund"  unter  dem  Titel  „Der  heilige 
Bund".  Die  romanartige  Einkleidung  der  politischen  Grundideen  des  Buches  ist 
in  dieser  Neubearbeitung  besser  durchgeführt  unter  Weglassung  der  in  „Lindau" 
vorhandenen  Anspielungen  auf  Napoleon.  Auch  die  den  Kernpunkt  der  Schrift 
ausmachende  Idee  der  Verbesserung  der  Menschheit  und  der  Staaten  durch  eine 
Verbindung  der  rechtschaff'enen  und  aufgeklärten  Menschen  zu  einem  heiligen 
Bunde  ist  bezüglich  des  Wirkungskreises  den  veränderten  Verhältnissen  und 
Ansichten  des  Verfassers  entsjtrechend  geändert.  Das  Buch  bildet  so  ein 
merkwürdiges  Gemisch  jugendlicher  Cberschwenglichkciten,  die  schon  der 
etwas  schwülstige  Stil  als  aus  der  ersten  Auflage  stammend  kennzeichnet,   und 


')  2.   Aufl.,  S.   78  f. 


(•I 


Godankon    gorciftcM-     [((»litisclicr    Einsicht     und    Mouschcnkonntnis.      Scliwcrlicli 
fand  es  violo  Tjcsgi',   wie  sich  schon  daraus  (Mitnclinum  lüssf,   dass  der  Vorh^gcr 
lS2.'i  eine  neue  Titolauflago  vovanstalteto,   \y'\o  or  es  1820  ebenfalls  mit  Wcitzels 
Jtoman  „August  und    Wilhelniino"  gctlian   hatte     Den  zweiten  Jiaiid  bilden  die 
«Tösstcnteils    bereits    im    Ivlicinischen   Archiv     vcn'tfCcntlichten,     im    allgemeinen 
nur    wcmig    v(!ränderteu    Aufsätzen    „J)(!r    lieiz    d(;r    Neuheit,"    „Der    T(jd    d(!s 
Pvthageras",    „lloland  und  Uildegarde".    „Panthea  od(;r  die  Treue",    „Briefe  aus 
der  Stadt",   „Briefe  vom  Lande"  und  „Emil  und  Theod(n-".     Im  letzteren  unter- 
sucht Weitzel  in  der  Form  des  Dialogs  allgemeine  menschliche  Fragen,   wie  ilif 
über  die  Bestimmung  des  Menschen,   die  wie  seine  Ajdagcm  dreifacher  Art  s(m, 
körperli(;h,  moralisch,    intelUsktuell  und  sich  in  seinem  Leben  vollende,   weil  dies 
nicht    als  Teil  nüt    eiiiem  grösseren  Ganzen  zusammenhänge,    sondern  für  sich 
bestehe  und  vou  seinem  Anfange  bis  zum  Ende,   von  der  Wiege  bis  zum  Grabe; 
ein    geschlossenes  Ganze    bilde.      Der    dritte  JJand    enthält  neben  dem  Wieder- 
abdruck   der    Schrift    „Hat  Deutschland    eine    Itevolutiou    zu    fürcliten?",    die 
„Denkschrift    über  Napoleon",    historische,    gh'ichfalls    im  Rheinischen  Archiv 
zuerst    veröffentlichte  „Parallelen"    und    die  1820  verfasste  Denkschrift    „l'ber 
den  gegenwärtigen  Zustand  von  Euro})a'\ 

Dieser  gedenkt  Weitzel  in  einem  Bericht  an  Dorow    vom    l,'».   ^fai   1820 
mit    den  AVorten:    „Die    Denkschrift    wollen    wir    noch    ein    wenig    ruiien    und 
reifen  lassen.    Sie  ist  mein  Manifest,   mit  dem  ich  wieder  aufzutreten  gedenke, 
wenn  es  Krieg  giebt  und    zwar    als    litteiarischer  Potentat.     So    toll    auch    die 
Kirchweihmusik  sein  mag,    ein  gutes  Pfarrkind  übernimmt  dabei  eine  Stimme, 
wenn    sie  auch  selten  gehört  wird."     So  ist    auch    diese  Schrift    in    der   llott- 
nung     auf     eine     baldige     Berufung     nach    Preussen    und     eine    publizistische 
Wirksamkeit  grösseren    Stils  abgefasst.     Hervorgerufen  ist  sie    zunächst    durch 
die    Görres'sche    Flugschrift    „Teutschland    und    die    Revolution",     gegen    die 
sie  in    stiller  Polemik    nachzuweisen    sucht,    dass    die    Behauptungen    über    das 
Vorhandensein    eines    revolutionären    Geistes    in  Deutschland    nicht    so    viel    zu 
bedeuten  hätten,    wie  überspannte  Schriftsteller    und  Fanatiker  glauben  machen 
möchten.      Die    Deutschen     seien    besser    als     ihre    politischen     Institutionen, 
die  Regierungen    hätten    den    besten  Willen.     Die  Gefahr  sei,    wie    die  Dinge 
jetzt    in  Europa  ständen,    keineswegs   bedenklich,    wenn  man    ihr  zu  begegnen 
wisse.     Die  Mittel,    die    er  dazu  vorschlägt,    sind  die  bekannten:   Gesetze  und 
Institutionen,    die  dem    fortgeschrittenen  Zustande    der  Völker,    ihrer    geistigen 
Ausbildung  und  der  Entwicklung  ihria-  Industrie,  ihres  Handels,   ihres  häuslichen 
und  öffentlichen  Lebens    angemessen    seien.     Weseutlicli    erweitert  durch    eine 
Zeitgeschichte    der    einzelnen    europäischen  Staaten    liess  Weitzel    diese  Schrift 
1824  auch    selbständig  bei  Ritter    in  Wiesbaden    erscheinen.      In  den  „Briefen 
vom  Rhein"-")    erzählt    uns  Weitzel,    dass  ein  angesehener  Staatsmann  —  ge- 
meint ist  ohne  Zweifel  vou  Marschall  —  ihm  in  Bezug  auf  dies  Buch  gesagt  habe, 
um  die  AVeit  und  ihre  Angelegenheiten  zu   übersehen,    müsse  man  über    ihnen 
stehen,    ein    insofern    treffendes  Urteil,    als  es  dem  A'erfasser    nie    einfällt    bei 

»2)  S.  345. 


174 

seinen  Reformvorschlägeu  die  Macht  und  den  Wert  der  bestehenden  Yerhültuisse 
in  IJetracht   zu  ziehen. 

Diese  Sannnluug  seiner  Schriften  ergänzte  AVeitzel  durcli  eine  Selbst- 
biographie. 1821  erschien  bei  Brockhaus  in  Leipzig  davon  der  erste  Teil  unter 
dem  Titel:  -Das  Merkwürdiirste  aus  meinem  Leben  und  aus  meiner  Zeit."  Das 
Buch  Itietet  eine  zwar  etwas  selbstgefällige,  aber  mit  ebenso  grosser  Offenheit  wie 
Aus(diaulichkeit  geschriebene  Erzählung  seiner  Jugendentwickeluug.  Freilich  sind 
einzelne  Züge  mit  einer  Breite  dargestellt,  die  zu  ihrer  Bedeutung  in  keinem 
Verhältnis  steht.  Ausserdem  stören  allzu  oft  eingelegte  allgemeine  Betrachtungen 
den  Gang  der  Erzählung.  Auch  das  lange,  den  Schluss  des  ersten  Bandes 
bildende  Kapitel  über  seine  ersten  schriftstellerischen  Versuche  ist  nicht  ge- 
eignet, das  Interesse  des  Lesers  zu  steigern.  Hat  aber  dieser  erste  Band  im 
Ganzen  und  Grossen  den  Beiz  eines  Memoirenwerkes,  so  ist  der  zweite,  1823 
erschienene  Teil,  in  dem  "Weitzel  an  der  Hand  der  Darstellung  der  Ursachen  und 
des  Verlaufs  sowie  der  Ergebnisse  der  französischen  Revolution  und  der  Ver- 
gleichung  dieser  Epoche  mit  der  Zeitgeschichte  die  Richtigkeit  der  Grundsätze 
des  von  ihm  früher  und  damals  vertretenen  Rationalismus  zu  erweisen  sucht, 
jeglichen  derartigen  Interesses  bar.  Indem  er  auf  Ereignisse  zu  sprechen 
kommt,  die  von  der  Epoche  seines  Lebens,  mit  der  sich  der  erste  Band  be- 
schäftigt, durch  mehrere  Jahrzehnte  getrennt  sind,  verliert  er  vollständig  den 
Faden  der  Erzählung,  und  es  ist  sehr  begreiflich,  dass  die  Teilnahme,  die  dieser 
Fortsetzung  seitens  des  Publikums  entgegengebracht  wurde,  ihn  nicht  zur 
Vollendung  des  Werkes  ernmtigte. 

Auch  die  nächste  Schrift  Weitzels,  seine„Rheinreise",  von  der  ein  erster  Band 
1825  bei  Ritter  in  Wiesbaden  erschien,  blieb  ein  Bruchstück.  In  ihr  dient 
die  eigentliche  Reisebeschreibung  dem  übrigen  Inhalt  nur  zur  Folie.  Dennoch 
ist  gerade  dieser  Teil  des  Buches  heute  allein  noch  von  Interesse.  Wiesbaden 
und  sein  damaliges  Kurleben  sind  ebenso  wie  die  Orte  des  Rheingaues  bis 
Rüdeslieim  mit  dem  gegenüberliegenden  Ufer  zum  Teil  sehr  anschaulich  ge- 
schildert, wobei  Weitzel  sich  allerdings  für  gewisse  Partien  selbst  ausschreibt, 
indem  er  die  in  seinem  Roman  „Eugen"  enthaltene  Reisebeschreibung  in  dies 
Werk  beinahe  unverändert  herüber  genommen  hat.  Den  wesentlichsten  Teil  des 
Inhalts  bilden  aber  die  Gespräche,  die  Weitzel  mit  seinem  Reisebegleiter  und 
unterwegs  angeknüpften  Bekanntschaften  über  Gegenstände  der  verschiedensten 
Art  führt.  Darunter  sind  viele  treffende  Bemerkungen,  abei-  derjenige,  der 
Weitzels  frühere  Schriften  kennt,  findet  wenig  Neues  darin.  Sein  Vergleich 
der  d(!Utschen  und  französischen  Litteratur,  der,  wenn  er  auch  au  der  Oberfläche 
haften  bleibt,  docli  eignes  Urteil  und  Kenntnis  des  Stoffes  zur  Grundlage  hat, 
ist  uns  in  der  Hauptsache  schon  im  „Rheinischen  xVrchiv"  begegnet  und  seine 
Ausführungen  über  die  Macht  und  den  EinHuss  der  Mode  frischen  ebenfalls 
nur  einige  Kapitel  seines  Romans  „Eugen"  wieder  auf.  Auch  das,  was  sich 
aus  d(!m  Imnt  gemischten  Inhalt  schon  dem  Umfang  nach  am  deutlichsten 
abhebt,  seine  Betrachtungen  über  das  Menschenleben,  vor  allem  über  die  Motive 
der  Handlungen  des  Menschen,  über  ihre  Vorurteile  und  Fehler,  ist  grösstenteils 
nur  eine  Wiederholung  von  früher  Gesagtem   in  nur  krasserer  und  einseitigerer 


1 


I.) 


Beleuchtung,  wie  denn  der  Pessimismus  dos  Verfassers  sich  sclion  in  dem  stüneni 
Werke  vorangestellten  Motto  aus  Tassos  befreitem  Jcn-usalein  von  vornherein 
zu  erkennen  gibt. 

Wir  haben  bereits  aus  früheren  Schriften  Weitzels  gesehen,  dass  er  der 
Erziehungsfrage  als  der  Nvichtigsten  Vorbedingung  einer  gesunden  Staats- 
entwicklung ein  grosses  Interesse  entg(!genbringt.  Seine  Anschauungen  und 
Erfalirungen,  wie  er  sie  während  seiner  Mainzer  ]iehrthätigkeit  gemacht  hatte, 
hat  er  auch  in  einem  besonderen  Duclie,  das  1828  bei  Jjrockhaus  in  Leipzig 
unter  dem  Titel  „Was  soll  man  leruenV  oder  Zweck  des  Unterrichts"  lun-aus- 
kam,  in  eingehenderer  Weise  niedergelegt.  Abgesehen  von  den  schon  früher 
mitgeteilten  allgemeinen  Grundsätzen  vertritt  er  hier  die  Ansicht,  dass  Erziehung 
und  Unterricht  durchaus  nach  eine;  ]u  Plan  und  in  einem  Geiste  von  Personen 
besorgt  werden  müsse,  deren  Fähigkeit  dazu  hinlänglich  (u-probt  sei.  Zu  diesem 
Zweck  wünscht  er  eine  Körperschaft  von  Tiehrern,  welche  sich  selbst  ergänzt, 
um  sich  in  ihrer  Stärke  und  Reinheit  zu  bewahren.  Das  erforderliche  Mass 
von  Begeisterung  für  den  hohen  Beruf  des  Erziehers  lässt  es  iliiii  sogar 
rätlich  erscheinen,  dass  die  Glieder  dieser  Körperschaft  keine  Familie  haben. 
Dass  er  im  übrigen  die  Methoden,  die  man  beim  Unterricht  befolgen  solle, 
nicht  für  so  wichtig  hält,  als  Erzieher  und  Lehrer  vom  Fach  glauben  machen 
möchten,  vielmehr  mit  Rousseau  den  Gang  der  Natur  als  die'  einzig  richtige 
Methode  preist,    ist  bei  seinem  rationalistischen  Standpunkte  selbstverständlich. 

In  den  früheren  Schriften  ist  uns  auch  das  Interesse,  das  Weitzd  an 
Napoleon,  seiner  Persönlichkeit  und  seinem  Schicksal  nahm,  genugsam  entgegen- 
getreten. Augenscheinlich  gab  ihm  das  1823  veröffentlichte  gleichbetitcdte  Buch 
des  Franzosen  Massias  Veranlassung  zu  seiner  Schrift  „Napoleon  durch  sicli 
selbst  gerichtet",  die  1829  bei  Sauerländer  in  Frankfurt  a.  M.  erschien.  Urteile 
und  Aussprüche  Napoleons  über  sich  selbst,  durch  eigne  mehrfach  aus  persön- 
lichen Erinnerungen  und  Beobachtungen  der  Mainzer  Zeit  geschöpfte  Zusätze 
vermehrt,  stellt  Weitzel  hier  zu  einem  eigenartig  individuellen  Bilde  des  Lnpe- 
rators  zusammen,  das  freilich  in  seinen  verschiedenen  Elementen  schon  in  den 
vorher  erschienenen  Schriften  nachweisbar  ist. 

In  dem  1830  in  gleichem  Verlage  erschienenen,  zum  grössten  Teil  noch 
vor  der  Juli-Revolution  niedergeschriebenen  Buche  „Scherz  und  Ernst;  zur 
Charakteristik  unserer  Zeit"  bietet  Weitzel  in  acht  verschiedenen,  von  einander 
unabhängigen  Aufsätzen  Parodien  und  Satiren  auf  die  Zustände  der  Zeit  in 
politischer,  religiöser  und  litterarischer  Beziehung.  In  dem  „prophctisclien 
Almanach  auf  alle  Jahre"  wird  die  auf  Saint-Pierre  zurückgehende,  in  Deutsch- 
land durch  Kant  und  Fichte  vertretene  Idee  des  ewigen  Friedens  parodiert, 
indem  Weitzel  für  ein  bestimmtes  Jahr  der  fernen  Zukunft  und  alle  späteren 
folgende,  hier  natürlich  nur  angedeutete  Prognose  st(^llt :  Die  Wahrheit  wird  die 
erste  Ilofstelle  bekleiden  und  sich  dem  Throne  beherzt  und  gefahrlos  nähern, 
das  anständige  Wort  wird  frei  sein,  der  Überfluss  wird  die  Dürftigkeit  zu 
Gast  bitten,  die  Beamten  werden  glauben,  die  Diener  des  Gesetzes,  nicht  aber 
.  die  Herren  des  Volkes  zu  sein,  Verdienst  und  Tugend  werden  an  die  Stelle 
treten,    die    früher  Gunst  und  Vetterschaft    eingenommen,     und    die  politischen 


ITC) 

Blätter  svcnlon  inolir    an    die  Iloiligkoit    clor  Walirlieit    und  dos  Rechts    als  an 
die  Zahl  ihrer  Abnehmer  denken.     In  dem  zweiten  Aufsatze  „An  die  verehrliche 
und  verehrte  Redaktion  der  Cik-iiia''   (einer  Zeitschrift  für  di(>  nuisikalische  Welt) 
benutzt  Weitzel  eine  an  ihn  erganijeni'  Einladung  zur   Mitarbeit,   uiii   sich  über 
solche  lustig  zu  mat-hen.    die  von  Dingen   reden,    die    sie  nicht  verstehen    und 
zugleich    um    untt-r  Hinweis    auf    bestimmte  Falk'    ilie    zu  vers^jotten,    die    im 
llandunulri'hen  mit  sich  eine  Metamorphose  vornehmen  und  sogar  ihre  religi«isen 
l'berzeugungeu  itKitzlii-h    ins  Gegenteil    ändern    können.      Tn    dem    ,,]jolitisfhen 
Ulaubensbokenntnis  eines  Mannes   ohne  AVclf*  glossiert  er  den  Standpunkt  der 
Regierungen    und    Parteien    vornehmlich    in  Deutschland    auf    politischem    und 
kirchlichem  Crebiet.     ISemerkenswert    ist    darunter    seine  Verurteilung    der   von 
den  Regierungen    ergriffenen  Massregeln    gegen    die  vermeintlich    revolutionäre 
Gefahr,    die    darauf    liinauslaufe,    dass    einige  Studenten   und  Kaufmannsdiener 
sich    mit  Weltreformen    in    den  Feierstunden    die  Zeit    vertreiben.     Ausserdem 
seien  seine  Ansicht(Mi  über  die  Jesuiten  erwähnt,   die  mau  nach  seiner  Meinung 
gewähren  lassen  soll,    da  jeder  Streit,    der  Religion,    Glauben  und  Meinen  be- 
trifft,   nur    gefähilich  werde,    wenn  die  Regierungen  sich    in  ihn  mischen,      in 
der  „Dorfchronik  von  Dorfheim'',   in  der  das  Philister-  und  Spiessbürgertum  ge- 
geisselt  wird,    hält    sich  Weitzel  an  ältere,    wenn    auch  eigne,   Vorlagen.     Die 
folgenden  Aufsätze  „Deutschland""  und  „Stimmen  über  die  Reformation  und  die 
Revolution"  besprechen  Erscheinungen  der  zeitgenössischen  Litteratur.     In  dem 
ersteren  bekennt    sich  Weitzel  fast  durchweg    zustimmend   zu  dem  anonym  er- 
schienenen,   bekannten  Werke  Karl  Weber's  „Deutschland,    oder  Briefe    eines 
in  Deutschland    reisenden  Deutschen"',    in    dem    anderen  weist    er  Marheinekes 
Kritik  von  ^lenzel's  Geschichte  der  Reformation  und  die  Kritik  der  allgemeinen 
Litteraturzeitung  von  Mignets  Geschichte  der  französischen  Revolution  zurück. 
„Herr  Martin'"  bietet  dem  Leser  allerlei  politische  Klughoits-  und  Lebensregeln. 
Dem  mosaikartigen  Ganzen  wird  durch  Beifügung  einer  Sammlung  von  „Anek- 
doten,  Gedanken  und  Maximen"  ein  passender  Schluss  gegeben.    Darunter  sind 
zwar    manche,    nur    wieder    aufgefrischte   Gemeinplätze,    aber    auch    viele  Be- 
merkungen,   die    ebenso    individuell    wie    geistreich    die  grosse  Belesenheit  des 
Verfassers,    sein  lebendiges  Interesse    an  allen  das  geistige  Leben  berührenden 
Fragen  und  die  eigne  selbständige,   von  philosophischem   Geiste  getragene  Auf- 
fassung bezeugen.    Hier  am  Schlüsse,  der  unter  dem  Eindruck  der  Juli-Revolution 
geschrieben    ist,    w(üclit    auch    der  Pessimismus    des  Verfassers    einem    frohen 
Ausblick  in  die  Zukunft   in  den  für  ileii  Publizisten  charakteristischen  Worten: 
„Richtet  sich   inrin    IMick    ;iuf  das  aulblüluaide  Geschlecht,    dann    sage   ich   mit 
einer  innigen,    mächtigen   l'berzeugung:    (Glücklich  die,    so  nach   uns  kommen! 
Alles  verkündet  für    sie    (un  grosses  Jahrhundert.      Der  Strom    ist  über    seinen 
schäumenden  Fall    gekommen,    die  Gewässer    beruhigen    sich,    der  menschliche 
Geist  geht    frei    und  stark    auf    einer  breiten  Bahn.     Eine  reine  Absicht  leitet 
ihn;  ein  glühendei-  Durst  nach  Vollkommenheit,   nach  Sittlichkeit  und  Wahrheit 
verzehrt  ihn:    ein  neuer  Sinn,   ein  heilsamer  oder  verderblicher  Sinn  ward  ihm 
gegeben,   um  ihn  zu  stillen.     ])ieser  Sinn    ist  die  Presse;    dieses    neue  Ver- 
mögen,  das  sich   nicht  kennt,    erschrickt  nncli  vor  sich  selbst.      Aber  die  Zeit. 


<  I 


seine  ei,o-nen  Verivrnni>-en.  dir«  cin/io-o  unfclilliarc  Probe  der  rieHetzf,'ebun^n'n 
werden  den  (iebraudi  desselben  (n-ilncii.  o|in(>  seine  Vurtbfilr  /u  ciii/iclicii. 
und  welches  aueli  dei'  fiii'cbtliaiT  Zweifel  scvii  iwivj;,  mir  dem  die;  Prosst;  selbst 
di(!  Beherztesten  quält,  so  kann  ieii  dorji  unniö;^li(di  j-laubcn.  dass  \vir  einer 
^facht,  mit  der  die  Vorsehun««',  die  edelmütiger  und  scharfsichtiger  ist,  als  wir, 
den  Gedanken  des  Mous(dien  berei(diert  hat,  tiuchen,  eine  ilii'er  .srhihisti'u  (laben 
versclimähen  und   ilire  Widdtliat   abweisen   sollen." 


In  den  18^54  verött'entlicliten  „Ibiefc  vom  Rhein"  lierrscht  liingegen  eine  um 
so  gedrücktere  Stimmung.  Weitzcd  warnt  die  deutsclien  Kegierungen,  sicli,  nach- 
dem der  Sturm  der  Juli-Revolution  vorübcn-gerauscht  sei,  dem  Gefühl  der  Siclierheir 
hinzugeben.  Sclion  lange  glimme  aucli  in  Deutschhmd  das  Feuer  unter  dei'  Asche. 
J)io  Revornuindung  der  A^'Hker  durcli  die  Fürsten  auf  dem  Wiener  Kongresse  und 
die  Karlsbader  JJesclilüsse  liätten  das  Pulver  im  Stillen  ausgestreut  und  angehäuft. 
Indem  er  auf  die  Einfülirung  konstitutioneller  Verfassungen  dringt,  gesteht  er 
der  absoluten  Monarchie  höchstens  für  einen  kleineu  Staat,  in  dem  der  Unterthan 
in  dem  Fürsten  das  Haupt  einer  grossen  Familie  ehre  und  liebe,  eine  gewisse 
JJerechtigung  zu. 

Wenn  er  W'citerhin  auf  die  Nachteile  kleiner  Staaten  zu  sprechen 
kommt,  die  allzugern  zu  lächerlichen  Kopien  von  grossen  würden,  indem 
sie  wie  diese  eine  auswärtige  Politik  hätten,  das  kostspielige  Soldaten- 
spiel mitspielten  und  einen  glänzenden  Hof  hielten,  indem  die  Beamten  leicht 
aus  Dienern  des  Staates  zu  Dienern  des  Herrn  würden,  und  die  Fiskalität  sich 
im  persönlichen  Interesse  des  Fürsten  mit  dem  gemeinen  Eigennutz  in  einen 
Wettkampf  einlasse  und  die  Gewinnsucht  niedriger  Spekulation  überbiete,  um 
der  fürstlichen  Kasse  einen  Vorteil  zuzuwenden,  den  Bürger  oder  Gemeinden 
zu  beanspruchen  sich  berechtigt  glaubten,  so  zielen  diese  Bemerkungen  augen- 
scheinlich auf  die  damaligen  nassauischen  Zustände.  Die  seit  1830  zwischen 
Regierung  und  Landständen  hier  entstandene  Spannung,  vor  allem  der  unerquick- 
liche Domänenstreit,  hatte  in  der  Bevölkerung  eine  lebhafte  Gärung  erzeugt, 
untei'  deren  Rückwirkung  selbst  das  Wiesbadener  Badeleben  zu  leiden  hatte, 
wie  dies  Weitzel,  der  die  neue  Einrichtung  der  Dampfschiffe  benutzend  den  Rhein 
hinauffährt,  im  vierzehnten,  vom  24.  August  1832  datierten  Brief  zur  An- 
schauung bringt.  Die  Vorwürfe,  die  Weitzel  hier  dem  v.  MarschaH'schen 
Regierungssystem  macht,  klingen  auch  in  dem  bereits  erwähnten  Nachruf  auf 
den  am  22.  Januar  1834  seiner  Wirksamkeit  durch  den  Tod  entrisseneu  Minister 
durch,  wenn  Wtdtzel  dort  im  übrigen  auch  gerade  die  gutem  Seiten  dieses 
Systems  betont  und  die  Gefühle  persönlicher  Achtung  und  Verehrung  gegen 
den  Verstorbenen  warm  zum  Ausdruck  bringt.  Der  nassauische  Domänenstreit 
veranlasst  ihn,  gegen  die  von  Savigny  begründete  Rechtsschule  ins  Feld  zu  ziehen, 
welche,  um  Streitigkeiten  über  Staats-  und  TIausdomänen  zu  entscheiden,  sich  in 
die  dunkle  Vorzeit  verliere.  Weitzels  Ausführungen  zu  Gunsten  des  Naturrechts. 
so  verfehlt  sie  auch  an  sich  sind,  kennzeichnen  doch  treffend  die  damals  beliebten 
l'bertreibungen  der    historischen    Schule.       Gegenüber    der    kurhessischen    Ver- 

12 


178 

fassung  von  1831"),  der  er  vor  jeder  anderen  in  Europa  den  Vorzug  giebt,  und 
in  der  er  „einen  bedeutenden  Fortschritt  auf  der  konstitutionellen  Bahn"  sieht, 
tadelt  er  den  durchaus  tiniokratischen  Charakter  der  nassauischen  Verfassung. 
Sie  jnaehe  die  Wahl  der  Abgeordneten,  bei  der  es  doch  darauf  ankomme, 
Männer  von  Einsicht  und  Verdienst  zur  Beratung  der  Regierung  zu  berufen, 
von  dafür  ganz  gleichgiltigen  Bedingungen  abhängig. 

Im  dreiundzwauzigsten  und  in  den  folgenden  Briefen  setzt  sich  Weitzel 
mit  den  Stimmfüln-ern  der  liberalen  Bewegung  in  den  deutschen  Kleinstaaten 
auseinander.  Er  wiederholt  hier  seinen  Aufsatz  aus  den  Pölitz'schen  Jahr- 
büchern") :  „Was  würde  ich  thun,  wenn  ich  jetzt  Abgeordneter  zu  einer  land- 
stäudischen  Vi'rsammlung  in  Teutschland  wäre?''  Weitzel  bekennt  zwar  im 
allo-emeinen  seine  Cbereinstimmung  mit  Männern  wie  Jordan  und  Kotteck, 
aber  er  weist  auf  die  Gefahren  hin,  die  entstehen  müssten.  wenn  mau 
den  Grundsatz  der  Volkssouveränität  dahin  verkehre,  dass  man  der  trägen, 
seelenlosen  Masse  schmeichle  und  Hass  zwischen  Regierung  und  Volk  säe. 
..Von  dem  Volke",  ruft  er  aus,  „bin  ich,  und  für  das  Volk,  und  ich 
bin  es  fast  unbedingt,  weil  das  Volk  fast  immer  und  allenthalben  im  Nachtheile 
ist",  aber  eine  demokratische  Regierung  bezeichnet  er  nach  dem  Gange,  der 
die  Entwickelung  und  Ausbildung  des  gesellschaftlichen  Lebens  genommen  habe, 
als  ein  Unding.  Auch  republikanisch  könne  sie  nicht  sein,  nur  die  konstitutio- 
nelle Monarchie,  in  der  Regierung  und  Volksvertretung  sich  aber  nicht  befehden, 
sondern  in  der  Sorge  für  das  Staatsw^ohl  miteinander  wetteifern  müssten,  ent- 
spreche den  Anforderungen  der  Zeit.  So  unbestritten  Weitzel  hier  das  Richtige 
trifft,  so  entwirft  er  von  den  herrschenden  Zuständen,  na(!h  denen  das  Volk  den 
Regierenden  eine  fremde  Welt  sei,  die  nur  durch  Steuern,  Leistungen,  Befehl  und 
Gehttrsam  mit  der  ihrigen  zusammenfalle,   ein  übertriebenes  und  unwahres  Bild. 

In  ebenso  trübem  Lichte,  wie  die  politischen  Verhältnisse  der  Zeit, 
erscheinen  W^eitzel  auch  die  litterarischen.  Namentlich  über  die  Litteratur- 
zeitungen  und  unter  ihnen  besonders  über  die  Leipziger  giesst  er  die  volle 
Schale  seines  Ingrimms  aus.  Erinnert  man  sich  der  Kritik,  die  letztere,  wie 
wii-  gleich  sehen  werden,  kurz  zuvor  seinem  eigentlichen  Lebenswerke  hatte 
zu  Teil  werden  lassen,  so  kann  man  sich  des  Gedankens  nicht  erwehren,  dass 
weniger  heiliger  Zorn,  wie  es  den  Anschein  hat,  über  thatsächlicho  Missständo 
als  jiersünliche  Empfindlichkeit  ihm  hier  die  Fedei-  führen. 

Es  ist  dies  die  letzte  publizistische  Schrift  Weitzels,  die  wenigstens  als 
seli)ständiges  Buch  erschien.  Am  10.  Januar  18o7  rafft(!  ihn  der  Tod  nach 
kurzem  Krankenlager  dahin. 

Neben  diesen  nach  der  Reihenfolge  ihres  Erscheinens  aufgezählten  und 
kurz  skizzierten  Werken  liefcir(!  Weitzel,  wenn  er  auch  die  Redaktion  einer 
Zeirsclirifr  oder  Zeitung  jiicJu  wieder  übernahm,  doch  eine  grosse  Anzahl  von 
Aufsätzen,     besonders  für  (Wv.  Allgemeine  Zeitung,    die  Pölitz'schen  Jahrbücher 


*^)  Siehe  seinen  Aufsatz  ^Üi)!'!'  dir  cliurhessisclie  Verfassung-  von   1831."    rülitz'  Julir- 
häcli.T  ilcr  Gescliiclito  uinl  Staatskunst"    1S31,  I.  S.  385—411. 
")  Jahrg.    1S33  I.  S.  21— .^.2. 


179 

der    Geschichto     und    Sfaatskimat,     'Rottocks     allgonieinc!    politische    Annali-n, 
Weicks  Aunuleu  für   Gescliichte    und  Politik  und    dio    Frankfurter    Didaskalia 
auf  die  näher  einzugcdieu  wir  sclion   um  deswillen  verzichten  können,   weil  diese 
Aufsätze    grösstenteils    wieder    in    seinen    seihständigen   Werken    aufifeiK.ninien 
oder  wenigstens  verarbeitet  sind. 

6.   Sonstige  litterarische  und  amtliche  Wirksamkeit. 

Die  publizistischen  Schriften  Weitzels  verdanken  mehr  oder  weniger  der 
Müsse  des  Augenblicks  ihre  Entstehung.  In  seiner  Selbstbiographie  sagt  er, 
dass  seine  Schriften  gewöhnlich  dadurch  entstanden  seien,  dass  er  das,  was  er 
auf  Si)aziergängen  gedacht,  mit  Bleifeder  aufgezeichnet  habe.'^)  Er  rechnet 
sie  in  diesem  Sinne  zu  seinem  Müssiggang.  Anders  verhält  es  sich  mit  seiner 
„Geschichte  der  Staats  wissen  sc  haf  t",  deren  erster  und  zweiter  Band, 
die  Darstellung  von  der  ältesten  Zeit  bis  zur  Wiedereinsetzung  d(!r  Bourboncin 
führend,  18;>2  und  18-38  bei  Cotta  in  Stuttgart  herauskamen.  Sie  beruht  auf 
langjährigem  Studium.  Weitzel  meint  dies  Werk,  wenn  er  in  der  Vorrede  seines 
1815  veröffentlichten  Romans  „August  und  Wilhelmiue"  sagt:  „Schon  lange 
arbeite  ich  an  einem  grösseren  historischen  Werke,  das  ich  aber,  wenn  es 
meiner  Erwartung  entsprechen  soll,  unter  den  günstigsten  Verhältnissen  in 
mehreren  Jahren  erst  vollenden  werde.  Bleibt  eine  Erinnerung  an  mein  Daseyn, 
dann  ist  es,   hoffe  ich,   dieses  AVerk." 

Dasselbe  bekundet  das  grosse  Interesse  Weitzels  an  den  Staatswissen- 
schaften, das  in  Göttingen  durch  Schlözor  geweckt  ilin  nie  verlassen  hatte, 
es  bekundet  aber  auch  zugleich  das  Unvermögen  des  Verfassers,  seiner 
Aufgabe  gerecht  zu  werden.  Dazu  mangelte  es  ihm  an  wahrem  geschicht- 
lichen Verständnis.  Wie  Weitzel  als  Publizist  den  Staat  nach  abstrakten 
Ideen  ohne  Rücksicht  auf  d\o  im  Staatsleben  waltenden  Kräfte  gemodelt 
wissen  wollte,  so  verkennt  er,  dass  die  Geschichte  der  Staatswissenschaft 
die  verschiedenen  Staatsformen  und  Systeme  nach  ihrem  Geist  und  Wesen 
aus  den  jeweiligen  Zeitverhältnissen  heraus  zu  erkennen  und  zu  beurteilen  hat. 
Abgesehen  von  diesem  Grundfehler,  dem  zufolge  „alle  Erscheinungen  vcmi 
Standpunkte  des  gemässigten  neuzeitigen  Liberalismus  aufgefasst  sind"  und  nur 
diesem  eine  innere  Berechtigung  zugemessen  wird^"),  ist  die  Darstellung  be- 
sonders bezüglich  des  Altertums  und  Mittelalters  auch  recht  oberflächlich.  Das 
Buch,  auf  das  Weitzel  so  grosse  Hoffnungen  gesetzt,  fand  zwar  begeisterte 
Lübredner,  wie  in  den  Pölitz'schen  Jahrbüchern,  die  besonnene  Kritik  aber 
wies  es  ab,  die  Leipziger  Litteratur-Zcitung '")  n.iit  der  „schmerzlichen  Be- 
trachtung, dass  hier  ein  berühmter  Name  und  eine  glänzende  Darstellungsgabe 
verwendet  seyen,  um  den  flachen  und  doch  so  unheilvollen  Alltagsmeinungen 
einc^  neue  Stütze  zu  leihen."  Statt  einer  Geschichte  der  Staatswissenschaften 
wird  dem  Leser  vielmehr   ein  zusammenhängendes  politisches  Raisonnement  über 


")  T.  S    327. 

■**)  V.  Mühl,  Die  Geschieht!'   inul   l^iitenitiir  der  Staatswisseaschiifteii  I.  S.  62. 

*')  Jfthi-f,'.   1833,  8.  398. 

12* 


180 

(las  JStautsk'ben  der  Yergangenbeit  und  die  staatsvvissenschaftliclie  Litteratur  in 
dersolbon  AVoiso  und  von  demselben  Standpunkt,  wie  es  Weitzels  publizistische 
Schriften  bezüglich  iler  Gegenwart  sind,  in  diesem  Werk  geboten.  Der  dritte 
Band,   der  dasselbe  zum  Absehluss  bringen  sollte,   ist  nicht  erschienen. 

Werfen  wir  jetzt  noch  einen  Blick  auf  Weitzels  bibliothekarische 
Wirksamkeit  und  seine  damit  im  Zusammenhang  stehenden  Bemühungen  um  die 
nassauische  Landesgeschichtc  so  ist  von  vornherein  anzunelimeu,  dass  er  dem  Amt, 
in  das  er  sich  so  jibitzlich  aus  dcan  Himmel  liott'uuugsfroher  journalistischer  Er- 
wartungen heraus  versetzt  sah,  keine  besondere  Neigung,  geschweige  denn  die 
wünschenswerte  Vorbildung,  entgegenbrachte.  Weitzel  spricht  dies  auch  in  dem 
Briefe  an  Dori>w  V(im  K'^.  31ärz  1S21  deutlich  aus.  Es  kann  aucli  iiiclit  be- 
haujjtet  werden,  dass  dem  Institut  die  ihm  von  Weitzel  gewidmete  Thätigkeit 
zum  besonderen  Segen  gereicht  liätte.  Der  beissenden  Kritik  gegenüber,  die 
van  der  Linde*')  an  der  bibliothekarischen  Wirksamkeit  Weitzels  geübt  hat, 
ist  es  indessen  Pflicht  anzuerkennen,  dass  Weitzel  seinem  Beruf  mir  bestem 
Willen  und  Eifer  obgelegen  hat.  Der  unter  ihm  begonnene  Druck  der  Kataloge 
hat,  soweit  auch  ihre  ganze  Anlage  und  Ausführung  hinter  modernen  An- 
forderungen zurückbleibt,  seiner  Zeit  die  Benutzung  der  Bibliothek  unzweifel- 
haft sehr  gefördert.  Auch  lassen  manche  Fächer  der  Bibliothek  in  ihren  älteren 
Beständen  seine  sorgsame  und  einsichtsvolle!  Pflege  erkennen.  Am  unheilvollsten 
hat  Weitzel  gewirkt  als  wissenschaftlicher  Berater  der  Regierung  in  Fragen, 
wo  es  sich  um  die  Erhaltung  oder  Erwerbung  alter  Bücher  und  Handschriften 
handelte.  An  sich  kann  man  es  dem  ausgesprochenen  Bationalisten  ja  nicht 
verdenken,  dass  er  für  die  Beurteilung  des  Wertes  solcher  Gegenstände  ebenso- 
wenig A'erständnis  wie  für  antiquarische  Forschungen  überhaupt  ^^)  besass. 

Tief  bedauerlich  bleibt  es,  dass  unter  den  Bibliothekaren  Hundeshagen 
und  Weitzel  die  litterarischen  Klosterschätze  Nassaus,  denen  bereits  in  den 
Kevolutionskriegen  allzu  übel  mitgespielt  worden  war.  zum  grossen  Teil  so  zu 
sagen  systematisch  zerstreut  und  verschleudert  sind,  auch  dass  die  für  eine 
geringe  Summe  mögliche  Erwerbung  des  hochwichtigen  Bodmanu'sehen  Nach- 
lasses unterlassen  wurde. 

Weitzels  Thätigkeitsdrang  wurde  durch  das  Amt  des  Leiters  der  Landes- 
bibliothek und  des  Beraters  der  Regierung  in  litterarischen  Angelegenheiten 
auch  auf  eine  Bahn  gelenkt,  auf  der  für  ihn  noch  weniger  Lorbeeren  zu  ernten 
waren,  als  in  dem  damals  überhaupt  noch  nicht  von  vorgebildeten  Fachleuten 
ausgeübten  bibliothekarischen  Berufe.  Er  fasste  den  Plan,  eine  nassauische 
L  a  n  d  e  s  g  e  s  c  h  i  c  h  t  e  zu  schreiben.*")  Der  besondere  Auftrag,  den  er  sich  dazu 
erbat,  ward  ihm  zunächst  nur  mündlich  zu  Teil.  Im  Dezember  1824  stellte 
er  anlässlich  dieser  Arbeit  bei  dem  Staatsministerium  den  Antrag,  man  möge  die 
historischen  Urkunden  von  den  Akten  in  den  Archiven  scheiden  und  im  Lokale 


*^)  Centralblatt  für  Jiibliuthekswesen  I.  S.  50  ff. 

*^  Siehe  Kheinreise,  S.  87. 

'"')  Sauer'«  Darstellunfij  dieser  Episode  aus  Weitzels  Loben  in  der  Lebensskizze  Yoj^els 
(Aiiiialeii  XXVII,  S.  203  ff.)  enthält,  abgesehen  von  ihrer  geringeren  Ausführlichkeit,  mehrere 
rngenauigkeiien   und  bezüglich    llabids  'rh}itiij:keit  in    Idstein   auch   eine  falsche  Berichtigung. 


IHI 

dor  ütt'ontlicluMi  liibliothek  aufbewalii'un,  (liiiiiit  sie  zu  Zwecken  der  Landesj^eseliichte 
leichter  benutzbar  seien.  Vom  ^linisteriiini  aufgefordert,  nälu-re  Yurist-hläge 
über  die  Art  und  Weise  der  Ausführung  diestss  Projektes  zu  machen,  unt(!rliess 
er  es  zunächst,  wie  er  vorgieht,  wegen  d(U'  finanzieUen  Lagi;  dc.v  Bibliothek. 
Erst  in  einem  Bericht  vom  "2V).  Juni  l.Si^T  HH^ldete  (m-  dem  Ministerium,  dass 
er,  nachdem  er  die  EinUntung  zu  einer  (ajschichte  des  Hauses  Nassau,  welche 
eine  Übersicht  der  Geschichte  Deutschlands,  seiner  ])()litisohen  und  kirchlichen 
Verfassung  und  seiner  Kulturentwicklung  vem  Ende  des  achten  bis  zum  Anfang 
des  dreizehntem  Jahrhunderts  (uithalti;,  bereits  v(»Ilendet  habe,  nunuKihr  in  die 
Lage  komme,  von  dem  Archivmaterial  Oebrauch  zu  machen.  Mau  könne  siidi 
nicht  auf  die  Sachkenntnis  und  den  guten  Willen  der  Archivare  verlassen, 
sondern  es  sei  nötig,  dass  ein  Mann,  der  sich  darauf  verstehe,  an  Ort  und 
Stelle  die  brauchbaren  Materialien  auswähle.  Er  selbst  könne  es  nicht,  weil 
eine  längere  Abwesenheit  sich  nicht  mit  seinem  Dienste  vertrage  und  besonders, 
weil  er  im  IJrkundenlesen  wenig  Fertigkeit  besitze,  und  der  Zustand  seiner 
Augen  es  ilim  sehr  beschwerlich  mache.^')  Das  Ministerium  beauftragte  jetzt 
den  besten  Kenner  der  nassauischeu  Geschichte,  Pfarrer  Vogel  zu  Schönbach, 
mit  der  Durchforschung  der  Urkunden  und  zw^ar  auf  Kosten  des  Archivs. 
Vogel  begann  seine  Arbeit  im  Idsteiner  Archiv  in  den  ersten  Tagen  des  August, 
zunächst,  an  die  wenigen  Dienststunden  gebunden,  in  langsamerem  Tempo,  von 
September  ab  jedoch  in  dem  gewünschten  Umfang  von  z(din  Stunden  täglich. 
Anfang  Oktober  musste  er  die  Arbeit  aufgeben,  da  ilim  im  Archiv  kein  heizbares 
Zimmer  angewiesen  werden  konnte,  und  dort  auch  kein  Licht  gebrannt  w^erden 
durfte.  Er  hatte  seine  Arbeit  soweit  gefördert,  dass  er  bis  1400  die  historischeu 
Urkunden  nach  ihrem  Hauptinhalt  ausgezogen,  von  da  ab  sie  aber  nur  summarisch 
verzeichnet  hatte.  Weitzel  war  damit  nicht  zufrieden,  sondern  verlangte,  dass  er 
auch  aus  diesen  wie  aus  den  früheren  Urkunden  in  entsprechender  Weise  Auszüge 
machen  solle.  Er  setzte  es  auch  durch,  dass  Vogel  das  Material  zu  diesem 
Zwecke  nach  Schönbach  entliehen  w^urde,  so  dass  letzterer  während  des  Winters 
die  Arbeit  zu  Hause  fortsetzen  konnte. 

Weitzel  Hess  unterdessen  die  erwähnte  Einleitung  als  die  Frucht  seiner 
bisherigen  geschichtlichen  Studien  im  Druck  erscheinen.  Zunächst  veröffent- 
lichte er  daraus  1828'')  in  den  Brockhaus'schen  Blättern  für  litterarische  Unter- 
haltung den  Aufsatz  „Der  Kampf  der  weltlichen  und  der  geistlichen  Macht 
im  Mittelalter.  (Aus  der  noch  uugedruckten  Geschichte  des  Hauses  Nassau  von 
Joseph  Weitzel. ")  '')  Bald  darauf  gab  er  das  Ganze  als  selbständiges  Werk  heraus 
unter  dem  Titel:  „Betrachtungen  über  Deutschland.  Von  der  letzten  Hälfte 
des  achten  bis  zur  ersten  des  dreizehnten  Jahrhunderts,  oder  von  Karl  dem 
Grossen  bis  auf  Friedrich  H."  Das  Buch,  das  ebenfalls  bei  Brockliaus  in 
Leipzig  erschien,  steht  kaum  auf  der  Höhe  der  damaligen  Geschichtsforschung, 
beruht  auch  nicht  auf  selbständigem  (Quellenstudium,  sondern  auf  den  Forschungen 


^')    Professor   Baiser    in    Gielsen    bewahrte    ihn    durch    eine    geschickte    Operation    vor 
Erblindung. 

^•^)  Jahrg.  1828,  Iso.  145  ff. 

^^)  Über  den   Vuriiunien  s.  oben    Aniii.   7. 


182 

Anderer.  Das  Selbständige  daran  sind  mein-  nder  weniger  geistreiche  Eäsonne- 
ments.  Mau  sieht  nieht  ein.  was  diese  Betrachtungen  mit  der  nassauischen 
Geschichte  zu  thun  halu-n  und  mit  vcdleni  Rechte  verlangte  Luden  in  der 
Jenaischen  Allgemeinen  Litteratur-Zeitung")  statt  diesiM-  HiMiothekstoppeln  von 
dem  Verfasser  eine  (ireschichte  Nassaus. 

Hierzu  nahiu  Weitzel  jetzt  einen  vielversprechenden  Anlauf.  In  einem 
ausführlichen  Berichte  vom  IT.  Januar  1828  setzte  er  dem  Ministerium  aus- 
einander, dass,  wenn  die  von  ihm  in  Angriff  genommene  Geschichte  einen 
oftiziellen  Charakter  haben  solle,  alle  Archive,  die  eine  Ausbeute  versprächen, 
auch  die  auswärtigen,  zu  Rate  gezogen,  ausserdem  aber  auch  die  bedeutenderen 
Denkmäler,  die  sich  im  Lande  befänden,  mitgeteilt  uiul  zu  diesem  Zwecke 
aufgenommen  werden  müssten.  Zur  Bearbeitung  einzelner  Teile,  die  ihm  ferner 
läo-en.  könne  man  A'ogel,  Habel  und  den  Bibliotheksekretär  Zimmermann 
heranziehen.  Auf  diese  Weise  werde  eine  Geschichte  von  bleibendem  Wert 
geschaffen  werden.  Wenige  Tage  später  erfolgte  eine  Kabinetsordre,  welche 
die  Ausarbeitung  der  Landesgeschichte  in  der  von  Weitzel  angegebenen  Weise 
anordnete.  Infolge  dessen  wurden  die  Lokalbehörden  im  ganzen  Lande  zu 
Mitteilungen  über  die  in  ihrem  Gebiet  vorhandenen  Denkmäler  aufgefordert,^*) 
Weitzel  selbst  unterhandelte  mit  Vogel  über  die  Bedingungen,  unter  denen 
dieser  sich  zur  Mitwirkung  bei  der  Bearbeitung  der  nassauischen  Geschichte 
verstehen  wolle.  Vogel  versprach  seine  ganze  Kraft  für  die  Sache  einzusetzen, 
wenn  er  eine  baare  Zulage  von  200  Gulden  erhalte  bis  zu  seiner  Versetzung 
auf  eine  um  mindestens  diesen  Betrag  einträglichere  Pfarre,  und  wenn  ihm  aus- 
wärtige Kommissarien  nach  den  gesetzlichen  Bestimnmngen  honoriert  würden. 
Er  stellte  zugleich  seine  seit  zwanzig  Jahren  gesammelten  handschriftlichen 
Kollektaneen  zur  Disposition  des  Staates,  ohne  besondere  Vergütung  dafür  zu 
beanspruchen,  und  erklärte  seinerseits  der  beabsichtigten  Herausgabe  einer 
nassauischen  Gescliichte  entsagen  zu  wollen.  Auf  Weitzels  Empfehlung  ging  die 
Regierung  auf  das  allerdings  sehr  annehmbare  Anerbieten  Vogels  ein.  Dieser 
übersandte  jetzt  ein  Verzeichnis  seiner  handschriftlichen  Materialien  zur  nassau- 
ischen Geschichte  und  erbot  sich  zugleich  aus  seiner  Bibliothek  diejenigen  auf 
die  vaterländische  Geschichte  bezüglichen  Werke,  welche  der  öffentlichen 
Bibliothek  noch  fehlten,  letzterer  zum  Geschenk  zu  machen,  eine  Freigebig- 
keit, durch  welche  dieselbe  in  den  Besitz  einer  beträchtlichen  Zahl  meist  seltnerer 
Xassoica  kam. 

Weitzel.  der  gar  nicht  daran  dachte,  von  deJi  von  Vogel  hergestellten 
l'rkundenregesten,  noch  von  dessen  Kollektaneen  ernstlichen  Gebrauch  zu 
macheu.  beantragte  gleichwohl  bei  der  Regierung,  dass  die  für  die  nassauische 
Geschichte  in  Betracht  kommenden  Urkunden,  um  si(!  sofort  bei  der  Hand  zu 
haben,  zu  einem  besonderen  Archive  in  Wiesbaden  vereinigt  würden,  wie  er 
es  bereits  im  Jahre  1824  vorgeschlagen  habe.  Wahrscheinlich  wollte  er  dadurch 
in  den  Stand  gesetzt  werden,    die  ihm  so  lästige,   aber  unvermeidliche  urkund- 


'"*)  Jahrjj.   1828,  Xu.   21."). 

'"'')  iJio  betrotiendoii  iiiiifiingroiohoii  Akten  Ix^tiiidcii  sich  jetzt  im    Arcliiv  dos  Vereins. 


183 

liehe  Unterlage  für  seine  GeschicJite  (lurcli  den  JJibliotlieksekn.'tär  Ziniiiicniiann 
fertig-  stellen  /ai  lassen.  Sein  Vorschlag,  Jlabel  von  Schierstein  mit  jener  Arbeit 
zu  beauftragen  und  diesem  zugleich  unter  Oberaufsi(dit  des  Bibliothekars  die  Ver- 
waltung der  Altertümer,  Gemälde,  ]\lünzen  und  Kupferstiche  mit  einem  Gehalt 
von  800  Gulden  zu  übertragen,  wurde  gencdimigt.  Ilabel  ward  mit  dem 
Jahre  1829  angestellt. 

Nachdem  ei'  in  den  Wintermonaten  die  Altertüiiici  und  Kiinstgegenstände 
geordnet  liatte,  ging  er  im  April  nach  Idstein.  AVähreud  des  Sommers  schied  er 
hier  .'JOOO  Urkunden  aus  und  U>gte  zugleich  ein  Repertoriiim  darüber  an.  Es 
waren  Urkunden  des  Stifts  Limburg,  des  Jungfrauenklosters  Bethl(;liem  zu  Limburg, 
des  Stifts  Dietkirchcn,  der  Klöster  Eupertsberg  und  Eibingen,  sowie  des  Klosters 
Marienhausen.  Im  November  wurden  diese  Urkunden  nach  Wiesbaden  transportiert. 
Da  Ilabel  von  Weitzel  den  Auftrag  hatte,  nur  das  Historische  mit  gänzlicher  Über- 
gehung aller  topographischen  Nachrichtim  zu  berücksichtigen,  so  war  die  Ausbeute 
in  diesen  Klosterurkunden  sehr  unbedeutend.  Der  gründliche  Forscher  durchging 
deshalb  auf  eigne  Faust  auch  die  in  älteren  Werken  und  Deduktionen  im  Druck 
erschienenen  Urkunden  zur  nassauischeu  Geschichte  und  liess  aus  diesem 
Grunde  auch  viele  Bände  besonders  der  Medicus'schen  Deduktionssammlung  nach 
Wiesbaden  befördern.  Im  März  und  April  arbeitete  er  von  Neuem  in  Idstein, 
wo  er  über  1000  weitere  Urkunden  der  Klöster  Gottesthal,  Diett'enthal  und 
Marienstatt  ausschied  und  verzeichnete. 

Weitzel,  dem  diese  höchst  umständliche  Arbeit  viel  zu  lange  dauerte, 
arbeitete  inzwischen  ohne  das  urkundliche  Material  an  seiner  Geschichte.  Ende 
September  1829  teilte  er  dem  Ministerium  mit,  dass  er  bis  zum  nächsten  Sommer 
auf  die  Vollendung  der  Arbeit  in  zwei  massigen  Bänden,  die  hofteutlich  der 
Erwartung  des  gebildeten  Publikums  entsprechen  würden,  rechnen  dürfe.  Drei 
der  angesehensten  deutschen  Buchhandlungen  hätten  sich  schon  um  den  Verlag 
beworben.  Später,  wenn  das  historische  Archiv  erst  eingerichtet  sei,  gedenke  er 
dieselbe  Geschichte  nach  einem  grösseren  Plane  unter  Benutzung  der  ürkuiulen 
umzuarbeiten.  Der  vorläufigen  Herausgabe  des  Werkes  trat  man  indessen  höheren 
Orts  entgegen  und  forderte  vielmehr  Bericht  darüber  ein,  welche  Hindernisse  einer 
schnelleren  Ausscheidung  und  Benutzbarkeit  der  Urkunden  im  Wege  ständen. 
Weitzel  beklagte  sich  jetzt  über  Habel,  indem  er  ihn  direkt  der  Dienstvernach- 
lässigung zieh.  Vom  Ministerium  zur  Verantwortung  aufgefordert,  hatte  Habel 
zwar  die  Genugthuung,  dass  ihm  die  beruhigendsten  Zusicherungen  hinsichtlich  der 
Beurteilung  seiner  bisherigen  Dienstthätigkcit  gemacht  wurden,  allein  ein 
förderliches  Zusammenarbeiten  beider  Männer  war  fortan  ausgeschlossen. 

Der  einzige,  der  mit  Erfolg  an  der  Landesgeschichte  arbeitete,  war  Vogel. 
Ende  1832  liess  er  sein  Manuskript,  die  nassauische  Geschichte  von  496 — \'2')') 
umfassend,  dem  Ministerium  durch  Weitzel  zur  Begutachtung  vorlegen.  Letzterer 
erbat  sich  zugleich  für  den  Fall,  dass  die  Vogel'sche  Darstellung  nicht  ge- 
nüge, sondern  eine  Umarbeitung  gewünscht  werde,  einen  Urlaub  von  drei 
Wochen  und  zweihundert  Gulden  Keisegeld,  um  das  ihm  noch  unbekannte 
nassauische  Stammland  kennen  zu  lernen,  die  wichtigsten  Orte  desselben  be- 
suchen und  Sagen  und  Überlieferungen  im  Lande  nachspüren  zu  können!  Der 


184 

Herzog  uud  sein  Minister  erkannten  jetzt  wuJil,  elass  man  Weitzel  mit  einer 
Aufgabe  betraut  habe,  tleren  Schwierigkeiten  oy  nicht  einmal  ahnte,  geschweige 
(lass  er  ihnen  gewachsen  gewesen  wäre.  Man  liess  seinen  Bericht  unbeant- 
wortet. Yogel  erhielt  sein  Manuskript  erst  im  Jahre  1838  zurück.  Nach 
Weitzels  Tode  wurde  das  Filialarchiv  in  Wiesbaden,  dem  die  drei  damals  dem 
Altertumsmuseum  überwiesenen  Zimmer  des  Museumsgebäiides  links  vom  Haupt- 
eingange  vorbehalten  gewesen  waren,  wieder  aufgelöst,  die  Urkunden  wurden 
auf  Kosten  der  Bibliothekskasse  an  das  Idsteiner  Archiv  zurückbefördert. 
Diesem  wurden  auch  zusammen  mit  der  Regierungsregistratur  die  für  die  Auf- 
bewahrung der  Urkunden  zu  Wiesbaden  seiner  Zeit  für  über  559  Gulden  an- 
gefertigten elf  Schränke  zugewiesen.  • 

Wenn  auch  die  verursachten  ^[ühen  und  Kost(.'n  nicht  ganz  umsonst 
waren,  sondern  durch  das  von  Weitzel  angeregte  Unternehmen  Vogels  landes- 
gesehichtliche  Forschungen  bedeutenden  Vorschub  erhielten  und  bezüglich  der 
historischen  Denkmäler  ein  umfangreiches  Material  gesammelt  wurde,  so  spielt 
Weitzel  hierbei  doch   eine  nichts  wenis-cr    als  glänzende  Rolle.     Dass  er  seine 


'o' 


Kräfte  so  überschätzen  konnte,  hängt  mit  seiner  Auffassung  der  Geschichts- 
schreibung eng  zusammen.  Auch  hier  vertritt  er  den  rationalistischen  Stand- 
])unkt.  der  über  (^ufHenstudium  erhaben  und  die  Kathederweisheit  verspottend 
als  die  einzige  Schule  des  Geschichtsschreibers  das  öffentliche  Leben  und  das 
Wirken  in  demselben  ansieht.  Dabei  glaubt  er  angesichts  seiner  publizistischen 
Thäfigkeif.  die  doch  nichts  weniger  als  die  Summe  der  Erfahrungen  eines 
politischen  Praktikers  darstellt,  den  Namen  eines  Geschichtsschreibers  eher 
beanspruchen  zu  können,  als  ein  schulmässig  gebildeter  Historiker,  den  er  mit 
einem  potenzierten  Thorschreiber  vergleicht,  der  nur  niederschreibe,  was  und 
wer  passiert  sei.")  In  diesem  Sinne  bezeichnet  er  auch  in  dem  dem  Minister 
von  Marschall  gewidmeten  Nachruf*')  alles,  was  man  bisher  für  eine  Geschichte 
Nassaus  geboten  habe,  als  höchstens  rohen  Stoff,  der  ihr  dienen  könne,  wenn 
er  geläutert  und  geordnet  werde.  Übrigens  kann  Weitzel  weder  als  Bibliothekar 
noch  als  Historiker  ernstlich  unser  Interesse  beanspruchen.  AVir  haben  es, 
wenn  ich  auch  diese  Seiten  seiner  Wirksamkeit  nicht  mir  Stillschweigen  über- 
gehen zu  sollen  glaubte,   vielmehr  mit  ihm  als  Publizisten  zu  thun. 

Rückblick. 

Vergegenwärtigen  wir  uns  auf  Grund  der  gewonnenen  Kenntnis  von  Weitzels 
Schriften  das  Bild  des  Publizisten,  wie  es  sich  darin  wiederspiegelt,  seinen  Haupt- 
zügen nach,  so  sehen  wii.  dass  er  zunächst  ganz  unter  dem  EinHuss  des  Mannes 
steht,  der  seiner  Zeit  als  der  Verkündiger  einer  neuen  Weltordnung  erschien. 
Wie  bei  s(»  vielen  ^lännern  jener  Zeit  bildeten  die  Rousseau'schen  Schriften 
die  Lieblingslektüre  des  heranwachsenden  Weitzels,  dem  in  Mainz  der  Kontrast 
des  Zeitalters  der  Aufklärung  und  dos  Beharrens  in  mittehilterüchcm  orthodoxen 
Anschauungen    in    seiner    ganzen  Schärfe    entgegentrat.      Weitzels   Naturanlage 


*")  Briefe  vom  Khein,  S.  289  ff. 

")  Allgemeine  Zeitung   18:34,  xVulsorüril.  Beil,  ^'u.   117/118,  S.  466. 


185 

war  dorjeiiigon  Rousseaus  oii^-  verwandt.  lim  helKüTSL-lit  diesiilbc  ritor- 
sch\ven«^lichkeit  des  Gefühls,  die  Rousseau  charakterisiert  und  ihn  die  un- 
umstüssliclion  IJedinj^'ungen  und  Gesetze  des  Gescdieheus  so  oft  nicht  anerkennen 
lassen  will.  Das,  was  Ilettner  in  seiner  Litteraturgcschichte  des  acht/cdinten 
Jahrhundtn-ts'*'')  als  den  Grundtnn  der  ^"esaniten  damaligen  Ztiitstiminung  bezeichnet, 
„jenes  tiefe  grüblerische  AVeli  über  den  tragischen  AVidersjiruch  zwischen  Ideal 
und  Wirklichk(Mt,  zwischcm  den  Furdi'rungen  des  über(|uellenden  warmen 
Herzens  und  der  undiirchbrechbaren  Eng(j  und  Kälte  der  widerstrebenden  \N'elt- 
verhältjiisse"  war  aucdi  für  Weitzcd  d(M'  Grundton  seines  innersten  Denkens  und 
Empfindens.  Wie  dies  seine  Schriften  so  vielfacli  bezeugen,  so  heisst  es  auch 
in  seiner  Selbstbiographie''^):  „Ich  hatt«;  in  einer  schweren,  verhängnissvollen 
Zeit  so  viel  Herrliches  und  Gemeines,  so  viel  Edles  und  Schlecht(!s  sich  in 
Hüchtiger  Eile  verdrängen,  ein  gleiches  Schicksal  teilen,  entstehen  und  unter- 
gehen gesehen,  dass  mir  das  menschliche  Streben  recht  eitel  und  fruchtlos  vor- 
kam, und  ich  das  Dauernde  und  Begründete  nur  in  unserem  Innern  suchte. 
Diese  unglückliche  Stimmung  drängte  mich  in  allen  entscheidenden  Momenten 
meines  Lebens  von  der  Aussenwelt  in  mich  selbst  zurück,  und  die  Herrlichkeiten 
des  öffentlichen  Lebens  voll  Schein  und  Trug  Hessen  mich  so  gleichgültig  wie 
seine  Armseligkeiten  und  sein  Jammer. " 

Der  Umstand,  dass  die  Rousseau'schen  Ideen  in  der  französischen 
Revolution  praktische  Bedeutung  (erlangten  in  dem  Augenblicke,  wo  Weitzel 
den  Knabenschuhen  entwachsen  war,  wirkte  bestimmend  auf  sein  ganzes  Leben 
ein.  Für  ihn,  den  gefühlsseligen  Jüngling,  galt  es  jetzt  im  Dienste  des  von 
Rousseau  verkündigten  Evangeliums  einer  neuen  Zeit  thätig  zu  sein.  Als 
Vierundzwanzigjährigcr  tritt  er,  wenn  auch  ohne  seineu  Namen  zu  nennen,  zum 
ersten  Male  als  Publizist  auf,  um  nach  einem  missglückten  Versuche,  sich  einer 
praktisch  politischen  Laufbahn  zu  widmen,  als  solcher  in  einem  langen  Leben 
bis  zum  Ende  unermüdlich  wirksam  zu  sein.  Wie  Rousseau  kein  Mann  der 
That  und  kein  eigentlich  politischer  Kopf  war,  so  kann  man  dies  auch  nicht 
von  Weitzol  behaupten.  AVeitzel  ist  auch  kein  originaler  Geist.  Er  geht  nicht 
darauf  aus,  selbständig  ein  neues  politisches  System  aufzustellen,  sondern  er 
sieht,  erfüllt  von  humaner  Gesinnung  und  begeistert  für  edle  Gedanken,  seine 
Aufgabe  darin,  die  von  Andern  übernommenen  Ideen  durch  die  Schrift  zu  ver- 
breiten und  ihnen  zum  Siege  zu  verhelfen.  Dabei  ist  er  aber  ein  selbständiger, 
aufmerksamer  Beobachter,  der  weit  davon  entfernt  ist,  sich  einem  blinden 
Autoritätsglauben  hinzugeben. 

So  machen  denn  auch  seine  politischen  Anschauungen,  wenn  sie  auch  nie  den 
Boden  verleugnen,  aus  dem  sie  hervorgegangen  sind,  doch  unter  dem  Eindrucke 
seiner  Erlebnisse  verschiedene  Wandlungen  und  Läuterungen  durch.  Während  sein 
Enthusiasmus  für  die  republikanische  Staatsform  ihn  in  seiner  Erstlingsschrift  ein- 
dringlich vor  der  Gefahr  eines  das  Ruder  des  Staatsschiffes  ergreifenden  Caesars 
oder  Cromwells  warneu  lässt,    erlischt  bald  darauf  infolge    der    im    praktischen 


"")  III.  3,  2,  1870,  S.  392. 
"^)  Bd.  I.  S.  327. 


186 

Leben  geinacliten  Erfahrungen  die  Begeisterung  für  die  licpublik  bei  ilini  für 
immer.  Die  Grussartigkeit  der  durch  Xapdleon  hergestellten  Strafi'heit  der  Gesetz- 
gebung und  Verwaltung  lässt  den  für  alles  Grosse  so  Empfänglichen  in  dem 
Usurpator  geradezu  den  Mann  der  Vorsehung  verehren,  den  eigne  Tüchtigkeit  aus 
dem  Volke  heraus  an  die  Spitze  des  Staats  gebracht  hat,  um  die  Hoffnungen  und 
AVünsche  seiner  Zeit  zu  orfüUen.  Freilich  kann  der  Jünger  ßousseaus  der 
zwar  die  Errungenschaften  der  Revolution  zum  Teil  anerkennenden,  im  übrisen 
aber  in  Despotismus  ausartenden  Militärherrschaft  Napoleons  auf  die  Dauer 
nicht  sympathisch  gegenüberstehen.  Schon  in  „Lindau"  sucht  sich  der  idealistische 
Schwärmer  über  die  Kluft,  die  zwischen  s(ünen  politischen  Ideah'n  und  der 
Wirklichkeit  besteht,   mit  frommen  Wünschen  hinwegzuträumen. 

Nach  dem  Sturze  Napoleons  schliesst  sich  AVeitzel  den  Vertretern  des 
konstitutionellen  Liberalisnnis  au,  der  von  Frankreich  ausgehend  zwischen  der 
absoluten  monarchischen  Staatsform  und  der  in  der  Revolution  begründeten 
bürgerlichen  Freiheit  zu  vermitteln  suchte  und  auch  in  Deutschland  eine  immer 
grösser  werdende  Zahl  von  Anhängern  fand.*^")  Sein  iiopulärster  Vertreter  ist 
hier  bekanntlich  in  den  zwanziger  und  dreissiger  Jahren  unseres  Jahrhunderts 
der  JJadenser  Karl  von  Rotteck.  Während  aber  Rotteck  und  die  Mehr- 
zahl seiner  Gesinnungsgenossen  ihr  Ideal  in  der  Republik  sahen  und  sich  mit 
der  konstitutionellen  Staatsform  nur  als  mit  der  ihrem  Ideal  am  nächsten  kom- 
menden befreundeten,  ist  "NVeitzel  ein  überzeugter  Anhänger  der  Monarchie. 
Fast  mehr  noch  als  den  Absolutismus  fürchtet  er,  gemahnt  durch  die  Erfahrungen 
seiner  Jugend,   die  Majorisierung  der  Minderheit  durch  die  Massen, 

Diesen  verschiedenen,  wenn  auch  nicht  bedeutenden,  docli  immerhin  be- 
merkenswerten politischen  Wandlungen  gegenüber  bleibt  Weitzel  sich  in  \  einem 
Punkte  immer  gleich,  in  der  Betonung  der  Wichtigkeit  des  moralischen 
Momentes  im  Staate.  Hier  wirkt  zunächst  die  Rousseau'sche  Tügendherr- 
schaft  nach,  ebenso  wie  die  Vorliebe  Weitzels  für  die  Plutaich  entnommenen 
Idealgestalten  der  Antike,  die  er  seinen  Lesern  mit  wirklich  ermüdender  Aus- 
dauer immer  wieder  vorführt,  auf  Rousseau  zurückgeht.  Aber  dies  ethische 
Moment  tritt  bei  Weitzel  viel  stärker  hervor,  und  wenn  irgendwo,  so  ist  er  in 
seinen  spekulativen  Versuchen,  dies  Moment  zum  beherrschenden  Prinzip  des 
Staatslebens  zu  gestalten,  originell,  wie  dies  besonders  in  seinem  Aufsatze 
,,Betrachtungen  über  die  Ursachen  grosser  Staatsrevolutionen"  der  Fall  ist. 
Anfangs,  wo  er  noch  ganz  im  Sinne  Rousseaus  republikanischen  Ideen  huldigt, 
dringt  er  auf  die  Heranbildung  aller  Bürger  zu  sittlich  tüchtigen  Menschen. 
Entsprechend  dem  Gesellschaftsvertrag  Rousseaus,  der  den  Staat  in  eine 
Summe  von  Individuen  auflost,  glaubt  er  die  Kraft  des  Staates  auf  die  moralische 
Tüchtigkeit  des  Einzelnen  begründen  zu  müssen.  In  „Lindau",  wo  ihm  die 
Einsicht  geworden  ist,  dass  die  antike  Demokratie  Rousseaus  sich  nicht  mit 
den  komplizierten  Verhältnissen  eines  grossen  modernen  Staates  verträgt,  ver- 
langt er  einen  Bund  der  Weisesten  und  Besten  aller  Staaten,  der  den  einzelnen 
Regierungen  in  der  Leitung  der  öffentlichen  Angelegenheiten  an  die  Jlaud  gehen 


")  Bluii  tschl  i,  Gescliiclitc  des  allgemeinen  Staatsrechts  und  der  Politik.     18G4.  S.  519. 


187 

soll.  So  phantastisch  diese  Idee  auch  ist,  und  so  wenig  Weitzel  über  ihre  Durch- 
führbarkeit aucli  nur  nachgedacht  zu  haben  scheint,  gegenüber  der  Forderung, 
dass  die  Bürger  in  ihrer  Gesamtheit  zu  Tugendhelden  erzt)gen  werden  sollen, 
bedeutet  sie  ininierliiii  einen  Fortschritt.  Der  Kern  dieser  Idee  verwächst  auch 
mit  den  weiter  von  ihm  vertretenen  gereifteren  politischen  Anschauungcüi.  Hei 
der  konstitutionellen  Verfassung  legt  er  den  grösstisn  AVert  auf  die  Bestimmungen 
über  die  Wahl  der  Abgeordneten.  Diese  Wahl  nmss  seiner  Meinung  nach  in 
jeder  Beziehung,  im  passiven  und  aktiven  Sinne,  frei  sein,  sie  darf  vor  allem 
nicht  an  Keichtum  und  Grundbesitz  gebunden  werden.  Dc^nn  nur  dann  können, 
worauf  es  doch  ankommt,  die  moralisch  und  intellektuell  Tüchtigsten,  die 
Aristokratie  des  Geistes,  zu  Abgeordneten  und  Vertretern  des  Volkes  berufen 
werden. 

Dies,  seine  politischen  Anschauungen  durchdringende,  ethische  Moment  hat 
es  auch  zur  Folge,  dass  die  Erzicdumgsfrage  in  Weitzels  Schriften  einen  so 
breiten  Raum  einnimmt.  Hängt  doch  die  Verwirklichung  seines  Ideals  wesent- 
lich von  ihr  ab.  Auch  hier  ist  er  bei  Rousseau  in  die  Schule  gegangen. 
Aber  die  Absurditäten  des  „Emil"  bei  Seite  lassend,  hat  er  sich  die  wertvollen 
Bestandteile  der  Rousseau'schen  Erziehungslehre  zu  eigen  gemacht.  Nicht 
so  sehr  die  Erwerbung  von  Kenntnissen  ist  Aufgabe  der  Erziehung  und  des 
Unterrichts,  als  die  Erweckung  selbstthätigen  Nachdenkens  und  Urteilens,  be- 
sonders aber  die  Pflege  idealen  Sinnes  und  sittliclier  Tüchtigkeit.  Die  Aufgabe 
des  Erziehers  sieht  AVeitzel  als  eine  so  hohe  und  schwierige  an,  dass  ihm,  dem 
sonst  nur  die  Freiheit  der  Entwickelung  die  Gewähr  für  die  Gesundheit  aller 
Institutionen  bietet,  der  Lehrerstand,  um  sich  in  seiner  Reinheit  und  Tüchtig- 
keit zu  erhalten,  einer  gewissen  Abgeschlossenheit  zu  bedürfen  scheint.  Die 
Erziehung  ist  eine  nationale  Aufgabe.  Durch  sie  soll  begeisterte  Vaterlands- 
liebe gepflegt  werden,   ohne  die  eine  Nation  nicht  bestehen  kann. 

Bezeichnend  ist  gerade  diese  Forderung  für  Weitzel,  der  von  liaus  aus 
als  Sohn  des  Zeitalters  der  Aufklärung  und  als  Bürger  eines  deutschen  Klein- 
staates Kosmopolit  war  und  dies  auch  in  gewissem  Sinne  immer  geblieben  ist. 
Die  grosse  Zeit  des  deutschen  Freiheitskampfes  ist  aber  nicht  spurlos  an  ihm 
vorübergegangen  und  mit  dem  wiedergewonnenen  Glauben  an  die  deutsche 
Nation  ist  ihm  wie  anderen  Männern  seiner  Zeit  zugleich  das  Verständnis  für 
nationale  Kraft  und  Eigenart  aufgegangen.  In  dem  Staat,  der  in  nationaler 
Begeisterung  den  anderen  deutschon  Staaten  im  Kampf  gegen  die  Fremdherr- 
schaft vorangegangen  war,  erkennt  er  deshalb  auch  prophetischen  Blickes  den 
Grundstein,   auf  dem  sich  die  Zukunft  Deutschlands  aufbauen  muss. 

Wenn  Dorow")  sieben  Jahre  nach  Weitzels  Tode  meint,  dass  Weitzel 
als  Publizist  und  belletristischer  Schriftsteller  stets  eine  sehr  bedeutende  Stellung 
einnehmen  werde,  so  erscheint  dies  Urteil  heute,  wo  Weitzels  Schriften  auch 
in  seiner  engeren  Heimat  kaum  noch  Leser  finden,  als  sonderbare  Hyperbel. 
Als  Belletrist  kommt  Weitzel  überhaupt  keinerlei  Bedeutung  zu.  Seine  Romane 
sind    als    solche    ohne    besonderen    Wort,     das     dichterisch     freie    Empfinden 


51)  Erlebtes  IL  S.  107. 


188 

tritt  in  ihiiL'U  vur  (k-m  nächsten,  tlcni  belebroudeu  Zweck  zurück.  AVohl 
zeichnen  Leichtigkeit  und  Glätte  des  Stils  seine  belletristischen  \vi<>  pul)]!- 
zistischen  Schriften  au^;.  und  geNviss  soll  nicht  geleugnet  wiu'den,  dass 
manche  des  AuHesens  werte  Goldkörner  interessanter  Beobachtungen  und  Lebens- 
erfahrungen sich  in  ihnen  finden,  aber  der  Kern  ihres  Lihalts  zitdit  uns  nicht 
mehr  an.  I^ennoch  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  sicli  Weitzel  seiner  Zeit  be- 
sonders als  Herausgeber  des  „Rheinischen  Archivs''  um  das  geistige  Leben  am 
Mittclrht'in   mtschicdi^ne  Verdienste  (>rworben   hat. 

In  erster  Linie  ist  Weitzel  ein  politischer  Tagesschriftsteller.  Fast  zwei 
.lahrzehnt(»  hindurch  ist  er  als  Redakteur  zweier,  ihrer  Zeit  angesehenen  Blätter 
hintereinander  thätig  gewesen.  Als  solcher  ist  er  in  seinem  eigensten  Element. 
Die  öffentliche  Meinung,  diese  mit  der  französischen  Revolution  ins  Leben 
gerufene  neue  Macht,  zu  vertreten,  nach  oben  wie  nach  unten,  darin  erkennt 
er  seinen  eigentlichen  Beruf.  Hatte  ihm  die  ^'apoleonischc  Zensur  schliesslich 
dvn  Mund  geschlossen,  so  stellt  er  nach  dem  Sturz  d(!s  Luperators  seine  ganze 
Kraft  alsbald  wieder  in  den  Dienst  dieser  Macht,  durch  deren  Nichtbeachtung 
seiner  Ueberzeugung  nach  auch  der  gewaltige  Machthaber  zu  Fall  gekommen 
war.  Sein  ganzes  Sein  und  Wirken  bezeichnet  er  geradezu  als  ein  Geschenk 
der  ()ffentlichen  Meinung.  Als  Herausgeber  der  „Rheinischen  Blätter"  hat 
Weitzel  in  den  Jahren  181G — 1819  für  Nassau  eine  wichtige  Rolle  gespielt. 
Die  Bedeutung  seines  Blattes  greift  auch  nach  Preussen  über,  so  dass  der 
preussische  Staatskanzler  sich  schon  des  geAvandten  Publizisten  zu  vergewissern 
sucht.  Die  Karlsbader  Beschlüsse  aber  bereiten  dieser  bedeutungsvollen  Wirk- 
samkeit ein  vorzeitiges  Ende. 

Der  Grundzug  von  Weitzels  politischen  Anschauungen,  der  politische 
Rationalismus,  ist,  seitdem  Niebuhr  und  Savigny  die  Einsicht  in  die  geschicht- 
lichen Grundbedingungen  des  Staatslebens  und  des  Rechts  geöffnet  haben,  und 
seitdem  das  Jahr  1848  jnit  seinen  herben  Erfahrungen  „die  Einen  die  Geschichte 
als  ein  ew^iges  Werden  begreifen  Hess  und  die  Anderen  erkennen  lehrte,  dass 
im  Staatsleben  nur  das  historisch  Begründete  vernünftig  ist"''^),  einer  richtigeren 
Erkenntnis  gewichen.  Es  ist  nicht  unsere  Aufgabe  zu  untersuchen,  welcher  Wert 
jenem  in  der  französischen  Revolution  und  ihren  litterarischen  Vorboten  wurzelnden 
Rationalisnms  in  der  Geschichte  des  Staatslebens  zukommt.  Das  aber  ist  sicher, 
dass  jene  Ijchre,  die  sich  nicht  mit  den  Geheimnissen  des  geschichtlichen 
Werdens  beschwerte,  sondern  in  der  Vernunft  und  der  Idee  des  Rechtes  die 
einzig  massgebenden  Faktoren  für  die  Beurteilung  staatlicher  Verhältnisse  sah, 
jedenfalls  dazu  beigetragen  hat,  das  in  der  Kleinstaaterei  und  dem  Kabinets- 
regiment  b(!grabene  ])(ilitische  Bewusstsein  unseres  Volkes  wieder  zu  wecken 
und  erstark(!n  zu  lassen.  Sie  dicuite  der  in  Fatalismus  auszuarten  di'oliendiMi 
neuen  historischen  Auffassung  des  Staats-  und  Rechtslcbeus  gegenüber  zugleich 
als  heilsamer  Gegensatz.  Nur  im  Kampf  der  Gegensätze  konnte  auf  der  lang- 
sam fortschreitenden  Bahn  der  Entwicklung  eine  tiefere  politische  Bildung 
Platz  greifen,   und  darum  darf  das  Verdienst  der  Männer,   die  befangen  in  den 


'^)  TreitBchke,  Deutsche  Geschichte.    Bd.  2.    3.  Aufl.,  S.  63. 


1H9 

Auscliiuumgcn,  wio  n'w  die  französische  JI(!V()lution  zur  Folge  hatte,  dem  Natur- 
recht  ]uihli,i;t(>ii  und  dasselbe  /uin  Au.sgaii<^si>uiikte  ihrer  [ntlitiselien  Bestrebuu'M'n 
maclit(ni,   nicht  verkannt  und  geschnnilert  werden."*) 

Weitzol  nimmt  unrei'  üincii,  weini  er  auch  ni(;lit  als  jn-aktischor  Politiker 
gewirkt  und  nicht  die  l'opulurität  eines  llottcud-:  oder  Jordan  erlangt  hat. 
doch  (iine  beachtenswerte  Stellung  ein.  Als  (lin  Sohn  seiner  Zeit,  in  ihren 
Anscliauung(m  und  Ideen  fussend,  ist  er  vom  besten  AVillen  beseelt  und  von 
ehrliclier  Überzeugung  geleitet,  in  nie  rastender  Thätigkeit  bestrebt  gewesen, 
an  der  politischen  Erziehung  des  Volkes  und,  was  bei  seinem  kosmopolitischen 
Stand})unkt  ein  und  dasselbe  war,  an  der  Erziehung  der  Menschheit  zu  Humanität 
uiul  SittlichkiTit  mitzuarbeiten.  Seine  Zeit  hat  ihn  geehrt  und  gefeiert,  und 
wenn  er  ihr  auch  den  Vorwurf  macht,  dass  sie  die  Preis-  und  Ehrenmünzen 
allzu  freigebig  auspräge®*),  so  können  wir,  die  wir  zwar  über  ihn  und  seine 
Zeit  hinausgewachsen  sind,  doch  in  die  Anerkennung  seiner  Zeitgenossen"*) 
einstimmen. 


A  n  h  a  n  g. 

Zur  Ergänzung  der  bei  Dorow  (Erlebtes  II,  109 — ^1.50)  mitgeteilten 
Briefe  seien  drei  von  dem  Staatskanzler  Fürsten  von  Hardenberg  teils  selbst, 
teils  in  seinem  Auftrag  an  Weitzel  in  Sachen  der  llheinischen  Blätter  gerichtete 
Schreiben,  die  bisher  nur  in  der  Vossischen  Zeitung  a.  a.  0.  veröffentlicht 
worden  sind,  nach  den  mir  gütigst  von  Herrn  Dr.  G.  Alefeld,  einem  Urenkel 
Weitzels,   übersandten  Originalen  mitgeteilt. 

I. 

Da  aus  den  bereits  gepfiogeneu  Unterhandlungen  mit  Ew.  Wohlgeboren  und 
aus  den  mündlichen  Verabredungen  mit  dem  Hofrath  Dorow  und  dem  Geheimen 
Ober-Regierungsrath  Korcff  hervorging,  dass  Sie  geneigt  wären,  unter  den  mir  von 
diesen,  durch  mich  Beauftragten,  mitgetheilten  Bedingungen  Ihre  Zeitung:  die 
Rheinischen  Blätter  betitelt,  in  den  Preuss.  Rhein-Provinzen  künftig  er- 
scheinen zu  lassen  und  in  diesen  Ländern  Ihren  Aufenthalt  zu  wählen,  so  habe 
ich  Seiner  Majestät  dem  König  Vortrag  davon  gemacht  und  bin  autorisirt.  Ihnen 
die  Bestätigung  Ihrer  vorgeschlagenen  Bedingungen  in  der  Voraussetzung  zuzusichern, 
dass  Sie  in  Ihrer  Zeitung:  die  Rheinischen  Blätter,  das  Interesse  des  jtreus- 


'^^)  Weit  gerechter  als  Treitschke  urteilt  über  diese  Publizisten  liberaler  Richtung  Georg 
Kaufmann  in  seiner  soeben  erschienenen  Politischen  Geschichte  Deutschlands  im  neunzehnten 
Jahrhundert,  S.  231  ff. 

«*)  Scherz  und  Ernst,  8.  49. 

°^)  Nicht  ohne  Interesse  ist  das  Gedicht,  welches  der  Rektor  Muili  zu  Hadamar  in 
seiner  „Nassovia,  Vaterländische  Gedichte",  S.  125—128  sechs  Jahre  nach  AVeitzels  Tode  diesem 
gewidmet  hat. 


190 

sischen  Staats  zum  Haupt-Augenmerk  nehmen  und  solche  im  Geiste  der  Mässigung. 
besonnenen  Billigkeit  und  leidensehaftlosen  Prüfung  verfassen  und  redigiren.  und 
dass  Sie  aus  allen  Kräften  dazu  beytragen  werden,  die  liberalen  Gesinnungen  und 
wühlthätigen  Absichten  der  Preussischen  Regierung  in  ihrem  gebührenden  Lichte 
darzustellen,  dass  Sie  die  Handlungsweise  dieser  Regierung  gegen  Verunglimpfung 
und  Verläumdung  muthig  vertheidigen,  Irrthümer  berichtigen,  die  Bosheit  entlarven, 
mit  einem  Worte,  nach  Ptiicht  und  Gewissen  im  Sinne  eines  redlichen  Preussischen 
Staatsbürgers  handeln  und  das  Ihren  Händen  anvertraute  Organ  der  Öffentlichkeit 
mit  Umsicht  und  Klugheit  gebrauchen  werden,  damit  der  Geist  dieser  neuen  Pro- 
vinzen mit  dem  der  älteren  vertraut  gemacht  und  tVeundlich  ver])unden  werde, 
und  so  ein  wohlthätiger  Einfluss  auf  die  Stimmung  dieser  Länder  ausgeübt  und 
die  Gemüther  für  König  und  Vaterland  gewonnen  werden. 

In  dieser  Voraussetzung  erhalten  Sie, 

1.  die  Aufforderung,  sofort  Ihren  Wohnsitz  in  den  Preussischen  Rheinprovinzen. 
wo  es  Ihrer  Conveuienz  zusagt,  zu  nehmen  und  für  Ihre  Zeitung:  die  Rheini- 
schen Blätter,  jedoch  nur  unter  Ihrer  Redaction  allein,  die  Befreyung  von 
der  Censur. 

2.  Um  Ew.  Wohlgeboren  zugleich  einigermaassen  von  der  Abhängigkeit  frey 
zu  machen,  in  welcher  jeder  Redacteur  eines  Zeitblatts  mehr  oder  weniger  von 
der  Zahl  seiner  Abonnenten  sich  befindet  und  Ihr  Wirken  dadurch  freyer  und 
rücksichtsloser  zu  machen,  einen  Jahrgehalt  von  1000  Preuss.  Tlialern,  vom 
1,  Januar  1819  an  zahlbar,  mit  dem  Versprechen,  diese  Summe  in  der  Zukunft 
zu  erhöhen,  wenn  Ihr  Blatt,  wie  es  sich  gar  nicht  anders  erwarten  lässt,  den  Hoff- 
nungen,  Wünschen  und  Absichten  der  Regierung  genügend  entsprechen  wird. 

3.  Zur  Entschädigung  für  die  Kosten,  welche  die  Aenderung  Ihres  Aufenthalts 
Ihnen  verursachen  wird,  soll  Ihnen  die  Summe  von  500  Thalern  ausgezahlt  werden. 

4.  Der  getroffenen  Verabredung  gemäss,  soll  Ihrem  Wunsche,  den  Titel  eines 
Geheimen-Hofraths  zu  führen,  gewillfahrt  und  das  darüber  auszufertigende  Patent 
Ihnen  zugesendet  werden. 

Ich  bitte  Sie,  mir  nun  die  Annahme  dieser  Bedingungen  baldmöglichst  be- 
kannt zu  machen  und  werde  mich  freuen,  wenn  ich  Gelegenheit  finde,  Ihnen  fernere 
Beweise  meiner  aufrichtigen  Hochachtung  zu  geben, 

Berlin,  den  26sten  Februar   1819, 

r,  F.   V.  Hardenberg. 
An 
den  Herrn  Hofrath  Weitzel 
Redacteur  der  Rheinischen  Blätter 
in 

Wiesbaden. 


IL 

Wohlgeborener 
Ilochzuverehrender  Herr  Hofrath! 

Ew,  Wohlgeboren  ist  es  ohne  Zweifel  bekannt,  dass  Se,  Durchlaucht  der 
Herr  StaatsKanzler  Fürst  v.  Hardenberg  sich  hierher  begeben,  um  die  Brunnen- 
kur zu  gebrauch  n.  Kurz  nach  der  Ankunft  hierselbst  wurden  mir  von  dem  Herrn 
Fürstin  mehrere  X'erhandjunfren  übergeben,  welche  sich  auf  die  Wirksamkeit  be- 
zogen, die  nach  der  bestandenen  Absicht  Ew,  Wohlgeboren  in  den  diesseitigen 
Staaten  erhalten  sollten.  Diese  Angelegenheit  ist,  mit  Ausnahme  einer  unter  dem 
2G.  Februar  v.  .1.  von  Sr.  Durchlaucht  Ihnen  gemachten    ansfübrlchen  Eröffnung, 


191 

nicht  auf  offiziellem  Wege,  sondern  durch  rrivat-Corrospondonz  mit  dem  Tl.  Geh. 
Ob.  Reg.  Kath  Korctt"  und  dem  H.  IlotVatli  Dorow  betrieben  worden.  Hierin  mag 
wohl  der  Grund  zu  suchen  seyn.  dass  die  mir  vorliegenden  Verhandlungen  unvoll- 
ständig und  ohne  allen  inneren  Zusammenhang  erscheinen.  Der  Erstere  würde 
gewiss  im  Stande  seyn,  mir  die  nötigen  Aufklärungen  zu  geben.  Da  aber  der- 
selbe nicht  hier  anwesend,  auch  nicht  einmalil  in  Berlin  ist,  sondern  sich  gegen- 
wärtig auf  einer  ihm  von  dem  Herrn  Fürsten  besonders  aufgetragenen  Geschäfts- 
Reise  befindet,  so  würde  durch  jede  Rückfrage  an  ihn  ein  neuer  Zeitverlust  her- 
beigeführt werden,  welcher  bey  dieser  ohnehin  schon  verzögerten  Angelegenheit 
billig  vermieden  werden  muss.  Von  Sr,  Durchlaucht  mit  deren  Bearbeitung  jetzt 
beauftragt,  erlaube  ich  mir  daher,  mich  unmittelbar  an  Ew.  Wohlgeboren  zu 
wenden,  indem  ich  mir  im  Voraus  Glück  wünsche,  mit  einem  Manne  in  nähere 
Beziehung  zu  treten,  dessen  Talente  und  persönlicher  Charakter  mich  stets  mit 
der  innigsten  Achtung  erfüllte. 

Die  Bedingungen,  unter  denen  Ew.  Wohlgeboren  sich  bereit  erklärt,  eine 
Wirksamkeit  im  prcuss.  Staate  zu  übernehmen,  sind  in  dem  oben  erwähnten 
Schreiben  vom  2().  Febr,  v.  J.  enthalten.  —  In  einem  Schreiben  vom  12.  März  v.  J. 
zeigten  Ew.  Wohlgeboren  dem  Herrn  Fürsten  die  Giünde  an,  weshalb  Sie  dem 
erhaltenen  Rufe  nicht  so  schnell  zu  folgen  vermöchten,  als  es  gewünscht  würde. 
Noch  erheblichere  Gründe  in  dieser  Beziehung,  waren  in  Ihrem  Schreiben  vom 
11*-  Juny  V.  J.  aufgestellt.  Sie  äusserten  darin  den  Wunsch,  zu  Ihrer  Bestimmung 
nicht  eher  abgerufen  zu  werden,  bis  etwas  Entscheidendes  für  das  Land,  sey  es 
durch  Errichtung  von  Ständen  oder  auf  irgend  eine  andere  [Weise]  geschehen  sey. 

Späterhin  zeigten  Ew.  AVohlgeboren  Sr.  Durchlaucht  an,  dass  Sie  entschlossen 
wären,  im  Septbr.  v.  J.  Ihren  Ueberzug  nach  Bonn  vorzunehmen,  und  bemerkten 
dabey,  dass  Sie  für  die  von  Ihnen  redigirten  rheinischen  Blätter  auf  die  Censur- 
Freiheit  rechneten.  Ohne  Zweifel  sind  Ew.  Wohlgeboren  in  dieser  Hinsicht  von 
Seiten  des  Herrn  Geh.  Ob.  Reg.  Raths  Koreff  Eröffnungen  zugekommen,  die  in- 
zwischen jenen  Punkt  nicht  beseitigt  zu  haben  scheinen.  Wenigstens  steht  die 
von  dem  Herrn  p.  Koreff  noch  vor  kurzem  mündlich  gemachte  Aeusserung,  „dass 
Ew.  Wohlgeboren  sich  schwerlich  der  Censur  unterwerfen  würden",  mit  der 
Aeusserung  des  H.  Hofraths  Dorow  in  einem  neuerdings  an  Se.  Durchlaucht  ge- 
richteten Schreiben,  wonach  „Ew.  Wohlgeboren  keinen  Anstand  nehmen  würden, 
sich  einer  nicht  plagenden  und  chikanirenden  Censur  zu  unterwerfen'',  in  Wider- 
spruch. 

Auf  diese  Verhältnisse  scheint  es  jetzt  übrigens  nicht  weiter  anzukommen, 
und  ich  erwähne  selbige  nur  beyläufig,  um  die  Haupt-Momente  der  Sache,  so  wie 
sie  zeither  zu  meiner  Kenntniss  gekommen  sind,  zu  bezeichnen 

Für  überwiegend  und  entscheidend  dürfte  dagegen  der  Umstand  zu  erachten 
seyn,  dass  Ew.  Wohlgeboren  neuerdings  wieder  Unterliandlungen  mit  der  Nassau- 
ischen Regierung  angeknüpft  und  ein  Ihnen  von  derselben  angebotenes  bleibendes 
Verhältniss  angenommen  haben.  Ich  kenne  die  Gründe  nicht,  durch  welche  Ew. 
Wohlgeboren  mögen  veranlasst  worden  seyn,  diesen  Schritt  zu  tliun.  ohne  zuvor 
Se.  Durchlaucht  davon  in  Kenntniss  zu  setzen.  Doch  wird  jeder,  der  die  Ehre 
hat,  Sie  persönlich  zu  kennen,  im  Voraus  diesen  Gründen  Gerechtigkeit  widerfahren 
lassen  und  die  nächste  Veranla.ssung  dazu  in  den  unglücklichen  Misveiständnisseu 
suchen  müssen,  welche  sich  in  dieser  ganzen  Angelege  heit  gekreutzt  und  sie,  ohne 
zum  Ziel  zu  führen,  bisher  verzögert  haben.  Mir  würde,  selbst  für  den  Fall,  dass 
auch  Ew.  Wohlgeboren  die  Unterhandlungen  mit  Ihnen  als  abgebrochen  betrachten, 
doch  immer  noch  das  angenehme  Geschäft  b  eiben,  Sie  zu  überzeugen,  dass  der 
Herr  Fürst  auch  nicht  den  entferntesten  Antheil  an  dem  Ausgange,  den  die  Sache 
so  unerwartet  genommen,  habe,  dass  die  hohe  Achtung,  die  Er  Ihnen  widmet, 
unverändert  fortdauert,  dass  die  Absicht,  Ihnen  im  preuss.  Staat  eine  Wirksamkeit 


192 


zu  geben,  zwar  günstigeren  Verhältnissen  vorbehalten  werden  könne,  aber  nie  auf- 
gegeben worden  ist.  Dass  endlich  Se.  Durchlaucht  mit  Vergnügen  Ihnen  für  die 
Opfer,  welche  Sie  dem  Ihnen  zugedachten  Verhältnisse  bereits  gebracht  haben 
sollten,  einen  Ersatz  gewähren  werden. 

Ew.  Wohlgeboren  werden,  wie  ich  mir  schmeichle,  den  Mittheilungen,  welche 
ich  Ihnen  hier  im  Auftrage  Sr.  Durchlaucht  zu  machen  die  Ehre  gehabt,  eine 
freundliche  Aufnahme  schenken.  Haben  Sie  die  Güte  mir  jetzt  auf  das  ausführ- 
lichste und  mit  derjenigen  (»rtenheit,  welche  ich  Ihnen  gezeigt.  Ihre  Ansichten  ver- 
traulich zu  eröt!uen.  Nicht  besser  kann  ich  dem  Vertrauen  des  verehrtesten  Fürsten 
entsitrechen,  als  wenn  ich  die  Sache  baldigst  zu  einem  Sie  befriedigenden  Ziele 
führe.  Dies  ist  alier  nur  möglich,  wenn  auch  Sie  mir  Ihr  gütiges  Vertrauen 
schenken  und,  bis  ich  Ihnen  Heweise  davon  zu  geben  vermag,  von  der  Re Uheit 
meiner  Go«innun.iren  gegen  Sie  im  Voraus  überzeugt  sind.  Bis  zum  14''  k.  M. 
hotfe  ich  hier  zu  bleiben,  sollte  es  Ew.  Wohlgeboren  nicht  möglich  s  yn.  mir  bis 
dahin  Ihre  Antwort  hier  zukommen  zu  lassen,  so  bitte  ich  solche  nach  Berlin 
zu  senden. 

Ich  bin  mit  der  ausgezeichnetsten  Hochachtung 

Ew.  Wohlgeboren 

ganz  ergebenster  Diener 

Schauraann,  Geh.   Finanz  Rath 
im  Bureau  des  H.  StaatsKanzlers  Durcbl. 
Pyrmont.   24.  Aug.   1820. 

III. 

Pyrmont,  den   13ten  Sept.    1820. 
Wohlgebohrener  Herr 

Hochgeehrtester  Herr  Revisions  Rath, 

Ich  ergreife  selbst  die  Feder,  um  Ew.  Wohlgeb.  Schreiben  an  den  Herrn 
Geheimen  Finanz  Rath  Schaumann  zu  beantworten.  Je  aufrichtiger  meine  Achtung 
für  Sie  ist,  um  desto  mehr  war  es  auch  mein  Wunsch.  Sie  für  den  preussischen 
Staat  zu  erwerben,  um  desto  lebhafter  ist  mein  Bedauern,  dass  zufällige  Umstände 
uns  im  Wege  standen,  dass  sie  meine  Antworten  verzögerten  und  Ew.  Wohlgeboren 
bewogen,  anderweitige  Verbindungen  mit  dem  Nassauischen  Hofe  einzugehn.  Es 
thut  mir  wahrlich  sehr  leid,  dass  ich  für  jetzt  der  Aussicht  entsagen  muss,  Sie 
zu  besitzen.  Sie  von  der  übrigens  durchaus  nicht  lästigen  und  drückenden  Censur 
zu  entbinden,  steht  nicht  in  meiner  Macht. 

Findet  sich  in  der  Folge  eine  Gelegenheit,  Sie  mit  uns  in  Verbindung  zu 
setzen,  so  schmeichle  ich  mir,  dass  Sie  immer  noch  geneigt  seyn  werden,  zu 
uns  über  zu  gehn  und  ich  werde  die  erste  Gelegenheit  mit  Vergnügen  ergreifen, 
Ihnen  die  Bahn  zu  eröfnen.  Jetzt  ist  es  nur  eine  Angelegenheit  für  mich,  Sie 
zu  bitten  mir  oflfen  und  freymütliig  zu  eröfnen,  welche  Entschädigung  Sie  verlangen. 
Sie  soll  Ihnen  alsbald  werden.  Erhalten  Sie  mir  ihr  gütiges  Andenken  und  seyn 
Sie  von  der  vorzüglichen  Hochachtung  versichert,  mit  der  ich  beharre 

Ew.   Wuhlgeb. 

ergebenster  Diener 
(".    V.   V.    11  ard  r  11  her  .^,^ 


Ein  Gesamtfund  römischer  Kleinerze  aus 
der  Zeit  Diocletians. 


Von 

E.  Ritterling» 


Die  Kenntnis    dieses  Fundes   verdanken  wir  einer  Bemerkuus:  Kabel 's 


o 


in    seinem    um    28.   Mai    1841     in    der    Generalversaminlun"-    des    Vereins    für 


o 


nassaiiische    Altertumskunde    und    (Tesehiclitsforschung    vorgetragenen    Jalires- 


berichte  (Annal.  III.  2,  S.  218).  Unter  den  für  das  Museum  angekauften 
Gegenständen  nennt  er:  „eine  Anzahl  von  160  Stück  besonders  wohl  cilialtener 
römischer  Kupfermünzen  von  den  Kaisern  Valerian  (so!  soll  heissen  Aurelian), 
Probus,  Diocletian,  Maximinian  (so!),  Constantius  Chlorus  etc.  mit  mannig- 
faltigen Rückseiten.  Diese  waren  in  der  Moselgegend,  angeblich 
nebst  mehr  als  2000  andern  von  demselben  Metall  in  einem 
irdenen  G  e  f  ä  s  s  ,  zum  Teil  r  o  1 1  e  n  w  e  i  s  e  zusammengelegt, 
von  einem  L  a  n  d  m  a  n  u  gefunden  worden  und  in  die  Hand  eines 
Binger  Israeliten  gekommen,  bei  dem  ich  sie  aussuchte.  Das  hiervon  gefertigte 
Verzeichnis  beschreibt  die  einzelnen,  mitunter  seltenen  Münzen".  Es  hat  sich 
ein  von  H  a  b  e  Ts  Hand  beschriebener  Zettel  erhalten,  welcher  uns  die  Anzahl 
der  Münzen,  mit  der  die  einzelnen  Kaiser  vertreten  waren,  kenneu  lehrt: 
,,1841.   25ten  Febr.   zu  Bingen  gekaufte  römische  Münzen: 

„        ,     „  ,,     ,  ,         Ju  Summa 

Versen.  Reverti      Doubl.  stüfk 

Aurelian 1  —  1 

Probus 26  6  32 

Diocletian 24  31  55 

Val.  Maximinian.   (so !)  Herc.    .  23  35  58 

Constantius  Chlorus     ....  5  3  8 

Galerius  Maximinian  (so !)    .     .  5  1  6 

Darunter  steht:  ^^  '^^  ^^^ 
„Ferner  d.    Uten  Juni  41  zu  Wiesbaden": 

Probus 9  1  10 

Val.   Maximinianus  Ilerc.      .      .  3  4  7 

Magnentius 1  —  1 

Diocletian 2  3  5 

99  84         183 

13 


194 

Daraus  ergiebt  sich,  dass  zu  den  oben  erwähnten  160  Stück  später  noch 
23  Stück  hinzugekauft  wurden,  die  demselben  Funde  entstammten  bezw.  ent- 
stammen sollten.  15ei  der  summarischen  Aufnahme  der  Münzsannnlung  des 
Museums,  welche  iS'rJ  und  in  den  folgenden  Jahren  durch  K  i  li  m  vorgenommen 
wurde  (s.  Annaleu  XXYIII.  S.  193  f.),  fanden  sich  diese  183  Stück  noch  zu- 
sammenliegend vor.  Dass  dieselben  in  Kihm's  „X.  Verzeichnisse  römischer 
Münzen",  welclies  am  Kopf  den  Vermerk  „von  Bingen"  trägt  (s.  Annal.  XXYIII. 
193  Anm.    34)    entiialteu    sind,    zeigt    eine    Zusammenstellung    mit    den    nach 

llabel  dem   Funde  angehörigeu  Stücken. 

X.Verzeichnis      Hiibel 

Aurelian 1  1 

Probus 43  42 

Diodetian 59  60 

Val.   Maximinianus  (so!)  Herc.  ...           66  65 

Constantius  Chlorus 8  8 

Galerius  Maximinianus  (so!)       .      .      •             6  6 

^lagnentius j 1 1 

184  183 

Die  Differenzen  bei  Probus,  Diocletian  und  Maximian  um  je  1  Stück  er- 
klären   sich    wolil  am  einfachsten  aus  Versehen  Kihm's   (doch  vgl.   Anm.   5). 

Der  Fund  ist  dann,  wahrsclieinlich  von  Kihm  selbst,  in  die  Samndung 
zerstreut  worden.  Doch  hat  sich  ein  von  HabeTs  Hand  auf  12  Oktavblättern 
aus  grauem  Schreibpapier  geschriebenes  Verzeichnis  erhalten,  welches  dieselbe 
Anzahl  Münzen  derselben  Kaiser,  welche  aus  dem  fraglichen  Funde  für  das 
Museum  erworben  wurden,  unter  genauer  Angabe  der  verschiedenen  Keverse, 
der  Marken  in  Feld  und  Abschnitt,  sowie  zum  Teil  auch  der  Aversbilder  und 
Umschriften  beschreibt:  es  ist  ohne  Zweifel  dasselbe  Verzeichnis,  welches  der 
Generalversammlung  vorgelegen  hat,  da  die  erst  nach  derselben  hinzugekauften 
Stücke  zum  Teil  noch  als  nachträglich  eingetragene  (so  bei  Probus  und  Maximian) 
erkennbar  sind.  Obwohl  dieses  Verzeichnis  im  einzelneu  nicht  ganz  frei  von 
Lesefehlern  und  Versehen  ist,  wurde  es  mit  seiner  Hilfe  doch  möglich,  den 
dem  Münzkabinet  des  Museums  einverleibten  Teil  des  Fundes  fast  lückenlos 
wieder  zusammenzusetzen.  Es  ergab  sich  dabei  die  bemerkenswerte  Thatsache, 
dass  die  überwiegende  Mehrzahl  der  in  der  Münzsamndung  überhaupt  vor- 
handenen Münzen  der  in  Betracht  kommenden  Kaiser  eben  diesem  Funde  ent- 
stammt ;  dadurch  findet  die  wiederholt  gemachte  Beobachtung,  dass  die  Münzen 
aus  den  letzten  Jahrzehnten  des  3.  Jahrhunderts  im  rechtsrheinischen  Grenzlaude 
und  daher  auch  in  den  entsprechenden  Lokalsammlungen  vergleichsweise  selten 
begegnen,  eine  Beobachtung,  welcher  der  Bestand  im  hiesigen  Münzkabinet  bis- 
her zu  widersprechen  sdiicii.    (Mue  weitere  Bestätigung. 

Ein  weiterer  Bestandteil  desselben  Müuzfundes  ist  iji  die  Münzsammlung 
des  Kaufniannes  Pli  i*.  L  ii^c  ii  h  ü  !i  1  in  Wiesbaden  (inzwischen  durch  Schenk- 
ung des  Herrn  Ferd.  jj  uge  n  1)  ii  li  1  dem  Museum  überwiesen)  gekommen,  in 
welcher  die  einzelnen  Stücke  den  Herkunftsvermerk  „Bingen"  oder  „bei  Bingen" 
tragen.   Wie  sich  durch  mündliche  Erkundigung  feststellen  Hess,  sind  dieselben  von 


195 

einem  Handelsmann  aus  Bingen  nach  Wiesbaden  gebracht')  und  aus  einer  grösseren 
Zalil  älmlicher  Münzen  von  dem  Samnder  ausgesucht  und  erworben  worden. 
Dieser  Umstand,  weiter  ihr  villiig  gleichartiger  Erhaltungszustand  und  die  llur- 
einstimmung,  welche  die  von  ihnen  vertretene  Kaiserreihe  mit  der  der  Museums- 
münzen, in  wclcluM'  sie  luii'  einig(!  Lücken  ausfüllen,  aufweist,  lassen  keinen 
Zweifel  darüber,  dass  sie  aus  demselben  Gesamtfunde  stammen,  wie  die  IH'A  von 
IIab(^l  beschriebenen  Stücke.  Sämtliche  dem  Funde  jetzt  noch  zuzuweiscüidcn 
Münzen  sind  Weisskupferstücke  di-itter  Grösse  mit  dem  strahlengekrönten  Kopf 
des  Kaisers;  der  Silbersud,  btü  mehreren  noch  vorzüglich  erhalten,  scheint 
bei  einer  grossen  Anzahl  erst  durch  einen  mit  ihnen  vorgenommenen  chcunisclien 
Reinigungsprozess  verloren  gegangen  zu  sein.  Die  Prägung  ist  durchweg  noch 
frisch;  stellenweise  schlecht  lesbare  Umschriften  bezw.  Prägevermerke  sind  nicht 
auf  Abnutzung,    sondern  auf  mangelhafte  Ausprägung  zurückzuführen. 

]Jei  der  Einzelbeschreibung  der  jetzt  noch  mit  Sicherheit  nachweisbaren 
Münzen  des  Fundes  sind  die  Stücke  des  Hab  el' sehen  Verzeichnisses  von 
den  Lugen  b  ühl '  sehen  nicht  getrennt;  zu  letzteren  gehören  alle  Münzen  der 
Kaiser  Tacitus,  Carus,  Carinus  und  Numerian;  hierin  wie  in  der  verhältnis- 
mässig geringen  Anzahl  von  Dubletten  zeigt  sich  die  sorgfältigere  zur  Ergänzung 
vorhandener  Lücken  getroffene  Auswahl  des  Privatsammlers  gegenüber  den 
vielfach  in  grosser  Zahl  vertretenen  Dubletten  (so  des  Diocletian  mit  Jovi  Augg.. 
Maximian  mit  Pax  Augg.)  der  Museumsmünzeu.  Yen  einem  Abdruck  des 
Habel'schen  Verzeichnisses  durfte  abgesehen  werden,  da  die  in  ihm  be- 
schriebenen Münzen  ja  fast  ausnahmslos  noch  zu  identifizieren  sind;  die  iiiehr- 
fachen  aus  der  Untersuchung  der  Münzen  selbst  sich  ergebenden  kleineren 
Abweichungen  von  Habel's  Beschreibung'  sind  in  den  Anmerkungreu  notiert. 


No. 

Zugehörig- 
keit 

Ö 

Ä 
O 

o 

Revers 

Feld 

Abschnitt 

Stück- 
zahl 

Gesamt- 
zahl 

1 

Aurelian 

60  var. 

[conjoordia  militum 
Äv.  Kopf  mit  Strahlen, 
nicht  mit  Lorbeerkranz 

TXXI 

1 

2 

» 

105 

Jovi  conser. 

— 

P 

3 

n 

113 

Jovi  conservatori 

— 

P 

4 

V 

140 

Oriens  Aug. 

— 

Q 

5 

v 

153 

Oriens  Aug.   mit  zwei 
gefesselten  Gefangenen 

— 

QXXT 

6 

y> 

154 

n 

— 

XXI 

1 

7 

Tacitus 

183 
40 

providen.  deor. 
felicit.  tenip. 

SXXI 

//T 

8 

7 

9 

n 

90  var. 

provide  (nicht  provid.)  Aug. 

— 

Q 

10 

V 

100 

Providentia  Aug. 

" 

XXI  A 

;{ 

*)  Offenbar  demselben,  von  welchem  Habel  am  11.  Juni  1S41  zu  Wiesbaden  den  zweiten 
Posten  von  23  Stück  des  Fundes   füi-  das  Museum  ankaufte. 

13* 


196 


No. 

Zugehörig- 
keit 

Cohen 

Revers 

Feld 

Abschnitt 

! 

Stück- 
zahl 

Gesarat- 
zahl 

11 

1 

Probus 

1 

nbundnntfin  Aug.] 
Der  Av.  hat  Itoppelschlag 

1 
1 

1           

1 
1 

I 

12 

n 

37 

advenhis  Aug. 

— 

:    R  ^  z 

'    0 
1    " 

13 

« 

?) 

1 

— 

1     R  Corona  [~ 

14 

- 

40 

., 

— 

R  f'iiliiion  Z 

l 

15 

. 

84 

dementia  tenip. 

-~ 

XXI  z 

1 

16 

n 

102 

conies  Aug. 

A  links 

-- 

1 

IT    1^ 

•n 

108 

comiti  Probi  Aug. 

— 

IUI 

2 

19 

« 

,      137 

conoord.  niilit. 

— 

XXI  VI 

^  u 

20 

1» 

« 

•^ 

— 

XXI 

1  )^ 

21 

1» 

164 

eüncordia  niilit. 

— 

XXI  5: 

1 

22 

n 

165 

•» 

— 

XXIA  {y) 

1 

23  24 

n 

182 

conservat.  Aug. 

— 

TXXT 

2 

25 

«* 

199 

( 

» 

— 

TXXT 

1 

26 

- 

210 

felicit.  temp. 

— 

II 

1 

27 

_ 

215 

felicitas  Aug. 

— 

A  fulmen  Z. 

1 

28 

"5 

248 

fideß  milit. 

cod.e 

XXI 

1 

29 

V 

252 

fides  niilitum 

— 

R  fulmen  f 

1 

30-34 

n 

254 

« 

— 

R  Corona  ^ 

3 

" 

yi 

n 

— 

R  Corona  A 

1      5 

n 

rt 

■n 

— 

undeutlich 

1  1 

35 

n 

256 

11 

— 

III 

1 

36 
37 

305 

Jüvi  cons.  Prob.  Aug. 

V 

— 

(?)  R  fulmen  B 
REB 

;i-^' 

38 

fl 

334 

Mnrs  viotor 

— 

III 

1 

39 

» 

■  337 

n 

— 

III 

1 

40 

rf 

398 

Pax  Aug. 

— 

IUI 

1 

41—49, 

n 

401 

n 

D  link»  2) 

— 

5 

n 

n 

» 

1 1 1  rechts 

XXI 

1 

n 

n 

?) 

V  rechts 

XXI 

1 

9 

n 

•n 

n 

— 

IUI 

•> 

.JO— 53 

y> 

435 

])iaetas  Aug. 

— 

III 

4 

54—58 

n 

437 

pietas  Aug. 

— 

III 

*u 

n 

n 

y) 

C  rechts ' 

— 

ir 

59 

n 

477 

provident.  Aug. 

— 

BXXI 

1 

60 

n. 

498 

Providentia  Aug. 

— 

XXIA 

1 

61 

j) 

515  ff. 

restitutor  orbis^) 

— 

PC  (?) 

1 

62—64 

V 

528 

Romae  aeter. 

— 

R  fulmen  A 

1 

1 

•7 

n 

— 

R  V  A  cn 

;r 

n 

r> 

>» 

— 

undeutlich 

65 

n 

642  : 

Soli  invicto 

— 

R  fulmen  f 

1 

66 

n 

643 

1 

tj 

R  fulmen  f 

1 

56 

'^)  Hu  bei  hat  statt  dessen  auf  den  beiden  in  seinem  Verzeichnisse  enthaltenen  .Stücken 
irrtümlich   L  gc'lesen. 

')  Dieses  Stück  des  Habel'schen  Verzeichnisses  fehlt  jetzt;  eine  genauere  Hcstimmung 
ist  daher  uimiöglich;  die  Buchstaben  im   Absdinitt  .scheinen  verlesen  zu  sein. 


1 


1117 


No. 


Zugehörig- 
keit 


67 
68 
69 
70 
71—73 


74 
75 
76 

77 
78 
79 

80 
81 

82 

83 

84 

85  86 

87  88 
89-  97 

98-102 

103 
104 


105-21 

122  22a 
123-25 
126-28 


Probus 


Carus 

Numerian 

Carinus 

» 

Diocletian 


a 

0) 
Ä 

o 
u 


644 
650 

n 

726 

727 

n 

n 
729 
766 

n 

816 
819 

840 

18 
49 

18 

97 
120 

147 

11 
11 

153 

w 

154 
fehlt 


169 

n 

n 

171 

n 
183 


Revers 


Soli  iiivicto 


teinpor.  felicit. 


teniporuiii  felicitus 
Victoria  Uerm. 


Virtus  Aug. 


consecratio 
pax  Augg. 

[Mars]  Victor 

priiicipi  iuuentutis 
saeculi  felicitas 

Jovi  Augg.,  stellender  Jup. 
Ac.  Brustbild  im  Mantel 

n 
Jovi  Augg. 

Av.  Brustbild  im  Panzer 

Jovi  Augg.,  stehender  Jup. 

» 

'1 

Av.  imp.  C.  Diocletianus 

p.  f.  Aug.  Büste  mit 

Strahlen  und  Mantel  n.  r. 

Jovi  Augg.,  sitzender  Jup. 

Av.  Brustbild  im  Mantel 

11 
Jovi  Augg.,  sitzender  Jup. 
Av.  Brustbild  im  Panzer 
Jovi  Augg.,  sitzender  Jup. 

1) 
Jovi  Conser.  Augg.^ 


Feld 


Abschnitt      ^ -^ 


c/a 


N 


B  links 


B  links 


D  rechts 


A  ri'ckts 
B  links 


I      :h 


R  fiilinen  f  1  1 

undeutlich  1  ' 
II  (-■)                    1 

II  <  ) 


RA 


QXX 


P 
A 

A 
P 
A 

A  (•:') 


verwischt 
A 

A 
I 

S  M  L  (••) 


i  I 


R  fuiiiicn  A     ,    1  ' 


QXXT 
XXI  Z 


'>  ) 


3    17 
2' 
2 


■  I 


69 


45 


')  Bei  diesen    und   den   nächstfolgenden  Reversen   ist   das  IlabeTsche  Verzeichnis   am 
wonigsten  genau;    nicht  nur,  dafs    er    keinen   Unterschied    in    den    verschiedenen  Abkürzungen 


198 


Abschnitt      ^  ■% 


SS 


129.  30 
131 

132 
133-38 


139 
140 


141-45 
146 
147 

148.  49 

150 
151 

152 
153 
154 
155. 56 
157.  58 
159 


n 

V 

n 
n 
1» 
n 

71 


fehlt 


297 

362 

362  lar. 

366 

n 

374 
441 

442 
444 
448 
453 

453  Tar. 

455  Tar, 


Jovi  conservat////////// 
Jovi  conservatori 
Ac.  inip.  C.  Val.  Diücletianus  jD  links 

p.  f.  Aug.  Büste  mit 

Strahlen  und  Panzer  n.  r. 

Jovi  tutatori  Augg. 

Pax  Augg. 

.,  aber  Av. 

imp.  Diocletianus  p.  Aug. 
Pax  Augg.'"),  mit  Victoria 


„  mit  Zweig 

Salus  Augg. 
aber  Av.  Kopf  mit  Strahlen 
Salus  Augg. 


TXXIT 

SXXIT 

XXI  B 


XXI  (?i 


45 


'1 
2     6 

1  ' 


saecurit.  perp.®) 
securit  perp. 


B  rtchls 


P 
II  ü'ler  A 

B 
III 
B 
A 

T 
C 

p   oder  A 
P 

A 


76 


des  Wortes  conser  oder  conservat  macht,  auch  ausser  Acht  lässt,  ob  conservatori  allein  oder 
conservat  Augg.  steht,  er  hat  auch  drei  Münzen  mit  der  Umschrift  Jovi  tutatori  Augg.  dem 
Revers  Jovi  conservatori  Augg.  zugeschrieben.  Von  dem  Revers  Jovi  tutatori  Augg.  ver- 
zeichnet er  nur  ein  Stück  mit  dem  .\bschnittsvormeik  A'  während  in  "Wahrheit  4  Stück  vor- 
handen sind,  mit  p  im  Abschnitt;  die  drei  in  seinem  Verzeichnisse  scheinbar  fehlenden  sind 
offenbar  die  gleiche  Zahl  an  14.  Stelle  eingetragenen,  mit  Revers  Jovi  Conservatori  Augg.,  im 
Abschnitt  ß. 

^)  Habel  hat  noch  ein  Stück  mit  Pax  Augg.  im  Abschnitt  S.  1'"  ein  solches  jetzt 
fehlt,  auch  dieser  Absclinittsvermerk  bei  den  Diocletian-Münzen  sonst  nicht  wiederkehrt,  liegt 
wolil  eine  falsche  P.intragung  vor,  indem  das  Stück  dem  3Iaximian  gehörte,  auf  dessen  PAX 
AVGG. -^l''"'^ß'i  S  häufig  ist.  Aus  der  richtigen  Zuweisung  dieser  Münze  an  Maximian 
durch  Kihm  wird  sich  auch  die  Differenz  zwischen  seiner  und  Habel's  Gesamtzahl  der  Dio- 
cletian-  und  Maximian-Münzen  erklären:  Kilnu  59  Diocletian-,  66  Maximian-Münzen,  Habel 
60  Diocletian-,  65  Maximian-Münzen. 

*)  Habel  hat  irrtümlich  die  Umschrift  „saecurit  publ.",  welche  bei  Diocletian  über- 
haupt nicht  begegnet. 


199 


No. 


Zugehörig-      « 
keit 


160 
161.  62 
163 
164 
165.66 
167-69 
170 
171 
172 
173-75 


176-78 
179-84 
185 
186 

187-89 


190 


191— 
222 

223-25 

226-29 

230 
231 

232-35 
236 

237-41 
242 
243 
244 
245 
246 

247. 48 

249 
250.51 


Maximian 


Revers 


Abschnitt 


435  var, 


438 


452 
454 
456 
480 
516 
517 
523 
531  var 
555 
567 
642 

647 
650 


aequitas  A[ugg.] 

conios  Augg. 
concürdiii  Augg. 


felicit.  publ. 


t'olicitas  saoc. 
Tlcrculi  invicto  Augg.') 

•n 

Herculi  pacifero 


Jovi  Augg.,  stehender  Jup. 
„  sitzender       „ 

Jovi  Conservat.  Augg. 
pax  Augg.,  Minerva 

» 

Pax  Augg.,  Pax  in.  Zweig 

Ao.  Büste  niclit   mit  Helm, 

sondern  Stralilenlcranz 

Pax  Augg.,  mit  Yictoria 


provident.  deor. 
Salus  Augg. 


saecurit.  perp. 
virtus  Augg.,  Vii-tus 

„  Hercules 

virtuti  Augg.,  Hercules 
den  Löwen  würgend 


links 

-FC--) 

links 


B  links 


B 
C 

undeutiicli 
II 

B 
B 
S 


SML 

SML 
A 
A 
A 

X///// 

Q 

•^  A  CO 
B 


B 

S 

III 

B 

C 

B 

S 

ß 

S 

S 

II 

C 

C 

C 

P 

III 

C 


1     , 

1 

Ä 

^H 

ü 

Ä 

a 

cJ 

4.:» 

N 

U) 

2  1 
ll 


1 
1 
4 
1 
5 
1 
1 
1 
1 
1 
2 

1 
2 


(1)   N 


0  Habel  hat  nur  Ilcrcuii  invicto,  welche  Umschrift  bei  3Iaximian  nicht  vorkommt. 


200 


No. 

Zugehörig- 
keit 

Cohen 

Revers 

Feld 

Abschnitt 

Stück- 
zahl 

Gesamt- 
zahl 

252 

Constantius 
Caesar 

8  «r. 

claritas  Augg. 

— 

— 

1 

253 

.* 

12 

comes  Augg. 

— 

B 

1 

254.  55 

.. 

15 

coucordia  Augg. 

— 

li 

;^ 

*t 

n 



III  (?) 

256. 57 

n 

237 

provident    deor ,  stehende 
Provideiuiii 

— 

A 

fulnien 

;i^ 

258-64 

n 

238 

„              „    sitz.Piuvid. 

— 

II 

:i' 

n 

n 

~-~ 

B 

13 

265 

Galerius 
Caesar 

11 

claritas  Augg. 

— 

PTR 

1 

266.67 

T) 

19 

concordia  Augg. 

— 

B 

0 

268 

"> 

29 

Hdes  milit. 

D  (?) 

PTR 

1 

269 

^ 

161  Tiir. 

pax  Augg.,  Pax  m.  Zweig 

— 

A 

1 

270 

fi 

162 

„                „     111.  Victoria 

— 

III 

1 

271.72 

V 

182 

provident.  deor. 

— 

II 

2 

273 

n 

194 

securit.  Augg. 

B 

1 

9 
S.S.  274 

Die  Münze  dos  Magnontius  (Ruvor.s:  Mouugramm  Christi),  wek-lic  zu- 
sammen mit  22  der  oben  beschriebenen  Stücke  von  IIa  bei  zu  Wiesbaden 
angekauft  war  (s.  oben  S.  193)  und  deragemäss  sowohl  in  Hab  el '  s  detailliertem 
Verzeichnis,  wie  in  K  i  h  m's  Übersicht  erscheint,  kann  dorn  Funde  keinesfalls 
zugehört  haben.  ^)  Nicht  nur  das  Fehlen  der  ^Münzen  sämtlicher  Nachfolger 
Diocletian's  bis  zur  Mitte  des  4.  Jahrhunderts,  sondern  vor  allem  auch  die 
durchgängig  sehr  geringe  Abnutzung  der  erhaltenen  Münzen,  die  unmöglich 
lange  im  Verkehr  gewesen  sein  können,  schlicsst  die  Möglichkeit,  dass  der 
Schatz  erst  nach  der  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  in  die  Erde  gekommen  sei, 
unbedingt  aus.  Andererseits  ist  daraus,  dass  Constantius  und  Galerius,  welche 
im  Mai  d.  J.   305  zu  Augusti  erhoben  wurden,   auf  den  Münzen  unseres  Fundes 


*)  Auch  nocli  drei  andere  Münzen,  wolclie,  in  der  Lugenbührschen  Sammluna:  befind- 
lich, den  Fundvernierk  „Bingen"  tragen,  werden  schwcrlicli  dein  Bestände  des  Fundes  zu- 
gerechnet wenlcn  dürfen.  Es  sind:  1.  Biilon-Antoninian  des  Herennius  Etruscus,  Rev.  prin- 
cipi  iuventutis  (Cohen  26),  2.  Weisskupferstück  des  Claudius,  Rev.  fides  exerci  (Cohen  87), 
3.  Weisskupfer)«tiick  des  Quintillus,  Rev.  conco  exo[rci]  im  Abschnitt  T  (Cohen  8).  Schon 
die  geringe  Ziiiii  dieser  vor  der  aurelianisciien  Münzret'orni  geprägten  Stücke,  sowie  die  aus- 
drückliche Angabe  Habers,  der  einen  grossen  Teil  des  Schatzes  noch  beisammen  gesehen 
hatte,  dass  die  Münzreihe  mit  Aurelian  (Valerian  in  der  üIumi  angeführten  Stelle  der  Annalen 
kann  nur  ein  Schreib-  oder  Druckfehler  sein)  beginne,  schliessen  diese  drei  Stücke  von  der 
Zugehörigkeit  aus.  Dazu  kommt,  dass  die  Hilluii-.Vntoiiiniane  von  den  weisskupforiien  Antoniiiianen, 
weil  verschieden  gevvertet,  in  den  Schatzfunden  der  späteren  Zeit  getrennt  aufbewahrt  worden 
zu  sein  scheinen,  und  dass  namentlich  das  Stück  des  Claudius  im  Verhältnis  zu  den  nur  wenig 
jüngeren  des  Aurelian  autrailend  abgcschlilfen  ist. 


201 

ausnahmslos  noch  den  Caesartitol  f'üliicn,  keineswegs  mit  Sicherheit  zu  schliesseu, 
dass  der  Münzscliatz  v  o  r  jenem  .Jahre  vergraben  sein  müsse.  Denn  weiss- 
kupf'ernc!  Antoniuiane  mit  der  Strahlenkronc,  aus  welch<!n  der  Sehatz,  so  weit 
er  uns  b(^kannt  ist,  ausscldiesslicli  bestciht,  liab(!n  beide  Kaiser  als  Augusti 
überluiu})t  niclit  mchi-  geselllagen,  sdiidern  nur  nach  dem  von  Dioeletian  um 
oOO  eing(^f'ührten  ncmen  System  gemünzt.  Haben  zu  dem  Sciuitze  noch  andere 
Münzsorten  gehört,  die,  wie  ül)li(li,  von  den  Wcusskupferstücken  getrennt  ver- 
packt und  darum  vieHeicht  nicht  aufgefunden  worden  sind,  so  können  diese, 
etwa  Denare  des  diocletianischen  Fusses,  z(Mtlich  noch  etwas  weiter  herabgereicht 
haben.  Die  jüngsten  der  uns  erhaltenen  Stücke  scheinen  dagegen  nicht  nach  dem 
Jahre  ;500  geprägt  zu  sein :  die  beiden  in  der  Trierer  Offizin  geschlagenen 
Stücke  des  Galerius  mit  „claritas  Augg/'  und  „Fides  milit. "  gehören  nach 
Hettner's  Aufstellung  (Westd.  Zeitschr.  VI.  143  f.)  der  fünften,  etwa  299 
beginnenden  Emission  dieser  Münzstätte  an.  Auch  die  auf  den  i\[ünzen  Diocletians 
und  seiner  Mitregenten  in  unserem  Funde  vorkommenden  Keversumschriften  sind 
offenbar  der  überwiegenden  Mehrzahl  nach  nur  vor  der  Einführung  des  neuen 
Münzsystems  im  Gebrauch  gewesen,  da  sie  nur  auf  nach  gallieniscliem  System 
geschlagenen  Stücken  begegnen;  die  Umschriften  Jovi  Conservat  und  Jovi 
Conscrvat  Augg.  bei  Dioeletian,  Herculi  pacifero,  Jovi  conservat  Augg.,  pax 
Augg.,  Virtus  bez.  Virtuti  Augg.  bei  Maximian  erscheinen  dagegen  auch  noch 
auf  Stücken  der  zwischen  296  und  301  eingeführten  diocletianischen  Währung. 
Was  das  Gewicht  der  ^fünzen  anlangt,  so  wiegen  41  Stücke  des  Probus 
durchschnittlich  3,8  g,  140  Stücke  Diocletians  und  seiner  Mitregenten  durch- 
schnittlich 3,74  g;  am  schwersten  sind  einige  des  Probus  mit  4,6  g,  eines 
des  Dioeletian  (Collen  366)  mit  4,9  g,  eines  des  Galerius  mit  4,8  g.  Unter 
3  g  sinkt  nur  das  einzige  auf  das  Gewicht  untersuchte  Stück  Aurelian's  mit  2,8  g. 


Graf  Ludwig  von  Arnstein  und  die  Neubegründung 
des  Klosters  Münsterdreisen. 


Von 

S,  Schaus* 


Das  Privileg,  mit  doiu  Kourad  111.  im  daliv  1145  die  Errichtung  der 
Abtei  Arnstein  bestätigt  hat'),  ist  wohl  die  erste  Künigsurkunde,  die  das  Kloster 
empfangen  und  in  seinem  Archiv  verwahrt  hat,  aber  nicht  die  erste,  die  sich 
mit  ihm  befasst.  Yiehnehr  hat  derselbe  Konrad  III.  der  Stiftung  des  frommen 
Grafen  Ludwig,  schon  ehe  er  sie  von  Jloichswegen  anerkannte,  eine  grosse 
Auszeichnung  widerfahren  lassen,  indem  er  sie  auf  Ersuchen  seines  Bruders 
Friedrich  damit  betraute,  eine  alte  aber  in  Verfall  geratene  geistliche  Anstalt 
wiederher/Aistellen. 

Das  Kloster,  das  so  in  die  früheste  Arnsteiner  Geschichte  mitverflochten 
wurde,  ist  Münster  zu  Dreisen  am  Donnersberg ;  und  da  die  Urkunde,  die  also 
auch  in  die  nassauische  Geschichte  einschlägt,  nur  in  entlegenen  Werken  ge- 
druckt vorliegt,  so  rechtfertigt  es  sich  wohl,  dass  die  in  Betracht  kommende 
Stelle  hier  zur  genaueren  Kenntnis  mitgeteilt  wird.) 

König  Konrad  sagt  in  seinem  Diplom,  das  zu  Bamberg  im  Jahre  1144 
ausgefertigt  ist^) : 

—  vir  illustris  Fridericus  noster  germamis  dux  Suevie  et  Ahacie  nostram 
celsitudinem  adiens  petilt,  quatenus  ecclesiam  quandam  a  Nanfhario 
quondam   dnce    et  uxore   ipsius  Chiinigtint   in    Jionorem   dei   et    domini 


*)  Siehe  Stumpf,  Verzeichnis  der  Kaiserurkunden  ^'o.  3490.  An  der  zeitlichen  An- 
setzung  Stumpfs  darf  man  vorläufig  wohl  festhalten,  wenn  mich  Bernhard!,  Jahrbücher 
Konrad's  III.,  S.  384  die  Urkunde  in  das  Jahr  1144  rücken  möchte.  Er  vermutet,  die  Zahl 
MCXLVI  sei  vielleiciit  aus  MCXLIV  verschrieben  worden.  Im  Original  ist  die  Jahresangabe 
aber  wörtlich  ausgeschrieben. 

-)  Die  Angaben  von  KöUner,  Geschichte  der  Herrschaft  Kirchheim-Boland  und  Stauf 
(Wiesbaden   1854),  361  sind  vielfach  unrichtig. 

^)  St.  34H8.  Das  wohlerhaltene  Original  wird  jetzt  im  königl.  iillgcnieiiien  lieiclis- 
archiv  zu  München  aufbewahrt.  Der  Druck  in  den  Acta  academiae  Tlieodoi'o-l'alatinao  I 
(Mannh.  1706)  297  ist  wiederholt  in  den  Acta  Sanctorum  Octob.  XI  744  und  in  ihrer  Sonder- 
ausgabe der  Vita  1>.  Ludovici  comitis  de  Arnstein  von  V.  de  Bück,  Bruxellis  1864,  105.  Für 
die  "Wiedergabe  des  Textes  konnte  ich  durcli  die  gütige  hiermit  dankl)ar  hervorgehobene 
Vermittelung  des  Herrn  Professors  Dr.  Scheffer-Boichorst  in  JJerlin  eine  Abschrift 
Böhmer 's  nach  dem  damals  in  Darmstadt  befindlichen  Original  vergleichen. 


203 

nostri  Jesu  Christi  ei  sancfi  Saüirnini  martiris  edißcatani  congruisque*) 
sanctimonialhim  et  deo  devotarum  feminarum  disciplinis  ordinatam  sed 
iam  lomjis  retro   temporihus    ah   omni   cultu   divino   et   deo  servientium 
frequenfia   destitiitam   tandemque    ad    sue    dominationis  provintialisque 
comitis  Theoderici  potestatcm  devohdunv')  in  pristinum  sue  digniiatia  H 
religionis  rohitr  ;;er  nostrani  regiain   auctoritatem  revocaremus.     Ifaque 
ex  eins  jjetitioue  et  consensu  eandem  ecclesiam  sancti  Saturnini  in  pago 
Wormaciensi    tunc   in    episcopatii    Moguntino    sitam    nunc   commisimus 
regendam  et  ordinandam  Ludeivico  comiti  de  Arnestein  etfratribus  apud 
Ärnestein,    qui  sub  canonica  heati  Augustini  regida  et  ordinc  Fremon- 
stratensi  congregati  sunt^  ea  ratione  td  deinceps  in  omni  ciira  et  ordine 
prefato  loco  absque  ullius  persone  contradictione  provideant. 
Im  Folgenden  werden  die  Güter  und  Rechte  des  Klosters  aufgezählt. 
Im  Arnsteiner  Archiv  findet  sich,   soviel  man  sieht,   keine  Abschrift  dieser 
Urkunde,    obwohl  sie  ein  ehrenvolles  Zeugnis  für    die  Abtei  darstellt.     Jedoch 
war  man  hier  natürlich  nicht  ohne  Kunde  von  der  rühmlichen  Thatsache,   dass 
der  Stifter  einst  zum  Wiedercrwecker  jener  abgestorbenen  geistlichen  Pflanzung 
berufen  worden  war,  sondern  man  besass  eine  lebendig  ausgemalte  Überlieferung, 
die  der  Verfasser  der  Vita  Ludovici  aufgezeichnet  hat.')    Nach  seiner  Erzählung 
kam  Graf  Ludwig    einmal    im  Gefolge    des    Herzogs   Friedrich  von  SchAvaben, 
mit  dem    er  verwandt    und    sehr   befreundet  war,    zu    dem  Kloster  Münster  an 
der  Pfrimm.    Da  fand  der  Herzog  die  ehemals  von  Nonnen,   dann  von  Regular- 
kanonikern  bewohnte  Stätte    jedes  göttlichen  Dienstes  ledig  und  sah  mit  tiefer 
Bewegung,    dass  Jagdhunde    im  geweihten  Altarraum    der  Kirche  herumliefen. 
In  frommem  Eifer    entbrennend    übertrug    er  den  Ort  mit  allen    seinen  Gütern 
dem    Grafen,    der    zugleich    Laienbruder    von  Arnstein  war    (dilecto    comiti   et 
converso)    und   bat    ihn    die   klösterliche  Zucht    wiederherzustellen.     Das  nahm 
Ludwig    mit    freudiger  Dankbarkeit  an;    er  erwählte    sechs  erprobte  Kanoniker 
aus    dem    Kloster    Gottesgnaden,    gab    ihnen    andere   geeignete    Personen,    die 
Abt    Gotfrid    von    Arnstein    aussuchte,    bei    und    setzte    an    ihre  Spitze    seinen 
früheren  Kaplan  und  Notar  Markwart,   der  auch  ins  Kloster  Arnstein  eingetreten 
war.     Im  Jahr  1145  zog  dieser  als  der  erste  Abt  mit  den  Seinen  in  Münster- 
dreisen  ein. 

Vergleicht  man  den  Bericht  der  Arnsteiner  Quelle  mit  der  Urkunde 
Konrads,  so  ergiebt  sich  völlige  Übereiustimnmng  in  allem  Wesentlichen.  Der 
Biograph  Ludwigs  ist  nicht  so  unterrichtend  über  die  Vorgeschichte  und  die 
rechtliche  Grundlage  der  Stiftung  wie  die  Urkunde,  er  sagt  nichts  von  der 
Bestätigung  durch  den  König;  allein  er  bietet  dafür  das  anschauliche  Bild 
von  dem  verfallenen  Kloster  und  den  Männern  davor,  die  bereit  sind,  der  Zer- 
störung abzuhelfen  —  eine  Sceue,   die  nichts  eigentlich  Unwahrscheinliches  hat. 


^)  que  fehlt  in  Böhmer' s  Abschrift. 

^)  Dieser  Heimfull  uii  die  weltlichen  Obrigkeiten  ist  verfixssungsgcschichtiich  nicht  ganz 
ohne  Interesse;    vergl.  Waitz,    Yerfassnngsgesohichte  7,    131.     Über   das  Herzogtum   und    die 


Landgrafschaft  vom  Elsafs  s.  ebenda  60  u.  104. 


^}  Ann.  d.  Vereins  f.  nass.  Altertumskunde  XYIII,  258. 


204 

AVertvoll  ist  es  weiter,  iius  der  Vita  zu  erfahren,  dass  Amstein  den  Abt.  sein 
Mutterklüster  Gottesgnaden  aber  den  Hauptstamm  der  Insassen  für  Münster- 
dreisen  geliefert  hat.  Aber  einen  der  AVirklichkeit  fremden  Zug  hat  anscheinend 
der  Amsteiner  eingefügt,  da  nämlich,  wo  es  heisst.  dass  nach  den  Xonnen 
schon  regulierte  Chorherren  in  Münster  gesessen  hätten,  auch  sie.  ohne  die 
klösterliche  Zucht  aufrecht  erhalten  zu  können.  Davon  sa^t  die  Urkunde 
Konrads  nichts,  und  wenn  nicht  aus  anderen,  bisher  übersehenen  Quellenstelien 
irgend  eine  Stütze  dafür  beigebracht  wird,  so  darf  man  wohl  annehmen,  dass 
die  Klosterüberlieferung  hier  eine  übrigens  harmlose  Verbesserung  der  Geschichte 
vorgenommen  hat :  der  Euhm  der  Söhne  Norberts  strahlte  um  so  heller,  wenn  sie 
eine  Aufgabe  lösten,  an  der  andere  Ordensmänner  sich  vergeblich  versucht  hatten. 

Damit  ist  wohl  erschöpft,  was  der  Gegenstand  für  die  engere  nassauische 
Geschichte  bietet.  Es  sei  jedoch  gestattet,  noch  kurz  auf  einzelne  Angaben 
der  Urkunde  Konrads  für  Münsterdreisen  hinzuweisen,  die  in  sonstiger  Hinsieht 
beachtenswert,  aber,  wie  es  scheint,  nicht  genügend  beachtet  sind. 

Da  ist  zunächst  ein  kleiner,  freilich  sehr  wenig  aufschlussreicher  Ueiirag 
zur  Mainzer  Kirchengeschichte  zu  erwähnen.  Unter  den  Gütern,  die  der  König 
dem  Kloster  bestätigt,  wird  auch  genannt:  et  moim<terium,  quod  in  ciritate 
Mogontia  et  cum  omnibtis  suis  appendiciis  que  snhscripta  sunt,  maust  XXII 
et  rinee  od  carratas  rini  XXX. 

Was  für  eine  Kirche  oder  kirchliche  Anstalt  unter  diesem  monasierium 
zu  verstehen  sei.  lässt  sich  bei  dem  Fehlen  ieder  näheren  Bestimmung  nicht  sa«ren. 

Eine  andere  Stelle  in  der  Güterbestätigung  zieht  in  höherem  Grade  die 
Aufmerksamkeit  auf  sich.     Sie  lautet: 

Ea    etiam   bona    que  Beatrix    et   MahtikUs   marciomsse  Tu.<cie  pro 
animahus   suis  et   mariiorum  suorum  Gotefridi  et  JBoni/acii  admonente 
comite  Friderico  nepote  nostro  atque  preposifo  prefate  ecchsie  Anshelmo 
ad   idem   monasterium   contulerunt,    nos    quoque   petiiione    et    consensu 
sepedidi   ducis   ad   eundem    locum    restituimus    et   cotißrmamus,    omnia 
videlicet  que  p/refate  nobilissime  jemine  possederunt    in    loco  qui  dicitur 
Steten  —  —   —   et  ea  omnia  que  habuenoit  in  loco   Walesicilre. 
Dass  die  grosse  Gräfin  Mathilde  von  Tuscien.  die  Freundin  Gregors  VIL, 
Besitzungen  im  rheinischen  Lande  hatte,  ist  bekannt;  aber  die  hier  genannten') 
werden  in  der  Geschichte  ihres  Gutes,  die  wir  Overmann  verdanken,  nicht  auf- 
geführt.*)    Zugleich    berichtigt    unsere    Stelle    den    Satz    dieses    Autors,    dass 
Mathilde    keine   einzige  Schenkung    für   das  Seelenheil  ihres  Gemahls  gemacht 
habe.')     Sie    hat    diese    EhrenpHicht    durch    die    Stiftung    für    das    rheinische 
Xonnenkioster    vermutlich    gleich    nach    dem  Tode    ihres  Gemahls    erfüllt,    im 


')  Steten  ist  Stettcn  nordöstlich  von  Münsterdrei<en  bei  Kirchbeimbolanden.  AVales- 
wilre  vielleicht  Weläweüer  bei  Waltniohr  ini  Zweibrücki«-chen,  8  v.  d.  Nahnier,  Enrwicke- 
lang  der  Territorial-  und  Verfassungsverhältnisse  der  deutschen  Staaten  an  beiden  Ufern  des 
Rheins  (Frankfurt  1832),  325. 

*)  Siehe  A.  Orermann,  Gräfin  Mathilde  von  Tuscien.  Ihre  Besitzungen.  Geschichte 
ihres  Gutes  von  1125—1230  und  ihre  Kegesten  (Innsbruck  1895),  38. 

*)  Overmann,  244. 


205 

Frühjahr  107(5.  Denn  Herzog  Gottfrioil  der  Bucklige  von  Lothringen  wurde 
am  26.  Februar  1070  ermordet  und  schon  im  April  desselben  Jahres  starb  die 
^[utter  der  Mathilde,  Beatrix,  die.  wie  es  scheint,  die  Tradition  für  Münster- 
dreisen  noch  zusammen  mit  iiirer  Tochter  vollzogen  hat.'*)  Beatrix  hatte  für 
das  Andenken  zweier  Gatten  zu  sorgen,  des  1032  ermordeten  Markgrafen 
Bonifacius  von  Tuscien  und  des  1069  verstorbenen  Herzogs  Gottfried  des 
Bärtigen  von  Lothringen."  i  Der  Schreiber  Kourads  HL.  der  bei  der  Ab- 
fassung des  Privilegs  die  Schenkungsurkunde  der  Markgrätinnen  zweifellos 
benutzte,  hat  anscheinend  einen  der  Gottfriede  ausgelassen.  Dafür  ist  er  seiner 
Vorlage  um  so  sklavischer  gefolgt,  wenn  er  schreibt,  dass  Beatrix  und  Mathilde 
die  Schenkung  gemacht  hätten  admonenfe  cotnite  Friderno  nepote  nostro. 
Ein  Neffe  oder  gar  Enkel  Konrads  HL  kann  natürlich  nicht  im  Jahre  1076 
die  Markgrätinnen  von  Tuscien  beraten  haben.'")  Die  Worte  sind  gedankenlos 
abgeschrieben,  und  gemeint  ist  Graf  Friedrich  von  Mömpelgard.  der  1073  als 
Neffe  der  Beatrix  genannt  wird.'^) 

In  eine  noch  früliere  Zeit,  in  das  9.  Jahrhundert  führt  die  letzte  zu  be- 
sprechende Bemerkung  in  der  Urkunde  Konrads  zurück.  Gegen  Schluss  heisst 
es  darin:  Vf  aiitem  hcc  patfina  jirma  —  pcimaufof,  quam  in.rta  tctwreni  priri- 
leiiii  Ludcirici  recjis  secundi,  gui  femporihus  Nantharii  ducis  in  orientali 
Francin  XXXIIoiu-'i  ouuis  reguaverat,  conscrild  maiidav'nnus,  sigilli  nostri  im- 
pressione  com  i)isig)iiri  iussinuis. 

Daraus  geht  hervor,  dass  im  Jahr  1144  noch  das  Privileg  erhalten  war. 
mit  dem  König  Ludwig  der  Deutsche  die  Stiftung  des  Nonnenklosters  zu 
Münsterdreisen  durch  den  Herzog  Nantharius  bestätigt  hat.  Der  Urknnde  seines 
karolingischen  Vorgängers  hat  der  Staufer  vornehmlich  wohl  den  Hauptteil  der 
Güterbeschreibung,  darunter  die  schon  behandelte  Anführung  des  tnamisttriiim 
in  Mainz  entnehmen  lassen.  Lidern  dann  auch  die  Regierungsjalire  aus  der 
Vorurkunde  mitgeteilt  werden,  ist  die  Möglichkeit  geboten,  die  Zeit  der  ersten 
Gründung  von  Münsterdreisen  ungefähr  zu  bestimmen.  Das  o2.  Köniffsialir 
Ludwigs  des  Deutschen  wurde  in  seiner  Kanzlei,  übrigens  unrichtig  um  ein 
Jahr  zu  früli.  vom  September  863  bis  September  864  gezählt.'*)  Dazu  stimmt 
es  wohl,  dass  863  ein  Graf  Nantharius  als  Gesandter  des  Königs  Lothiu"  IL 
von  Lothringen  genannt  wird.'') 

Doch  mit  der  nassauischen  Geschichte  haben  alle  diese  Dinge  nichts  zu 
thun.   und  mehr  als  dieser  Hinweis  ist  hier  nicht  am  Platz. 


''')  Siehe  Overmann,  137. 

")  Siehe  Overmann,   r2o  u.   l'Jö. 

'^  So  liest  man  aber  bei  Remling,  l  rkundliche  Gesohiohte  der  Abteien  und  Klö*ter 
in  Rheinbayern,  II.  (Neustadt  a.  d.  Haardt  IS36V  lO.'v 

'*)  Siehe  Overmann.  1-JT.  Die  Erklärung  der  Stelle  duroh  das:  Einwirken  der  Yorurkunde 
verdanke  ich  Professor  Seh  et'ter-Boiohorst. 

'*)  Siehe  Böhmer-Mühlbacher,  Kegosta  iiuperii  I.  No.   1410  —  1412,  vgl.   p.  L\\l\. 

'*)  Siehe  daselbst  No.  1263  b.  Die  unrichtige  Angabe  ST2  tÜr  d»is  Oründungsjahr  bei 
Remling  II.  163,  ver.,'1  Hernhardi.  Konrad  III.  375,  beruht  wohl  darauf,  da^s  die  Regierung 
Ludwigs  des  Deutschen  vom  Tode  seines  Vaters  Ludwigs  des  Frvunmen  (f  S40)  ab  gez.HhU  wurde. 


Die  Auflösung 
der  nassauischen  Klosterbibliotheken. 


G.  Zedier* 


^lir  wie  -svcnig  Verständnis  und  Pietät  die  Bestände  der  infolge  des 
Reichsdcputationslniuptsohlusses  im  Jalire  1803  an  Nassau  gefallenen  Kloster- 
liibliütheken  behandelt  worden  sind,  das  hat  bereits  van  der  Linde')  au 
einigen  Beispielen  nachgewiesen.  Roth')  hat  seine  Angaben  in  mehrfacher 
Beziehung  noch  ergänzt  und  ausserdem  auf  Grund  der  in  der  Wiesbadener 
Landesbibliothek  und  in  der  bischöflichen  Priestersemiuarbibliothek  vorhandenen 
llandscliriften  und  Bücher,  sowie  der  Einsicht  in  die  auf  der  Landesbibliothek 
befindlichen  Akten  eine  „Geschichte  der  Klosterbibliotheken  Nassaus"  zusammen- 
gestellt. Diese  Geschichte  besteht  allerdings  nur  aus  sehr  dürftigen  Nachrichten, 
die  auch  die  vorhandenen,  unmittelbar  vorliegenden  Quellen  keineswegs  erschöpfen. 
Für  manche  dieser  Klosterbibliotheken  wie  Arnstein,  Deutz,  Eberbach,  Marien- 
statt, lionnnersdorf  und  Sayn  liegen  die  bei  Aufhebung  dieser  Klöster  ange- 
fertigten, freilich  manches  zu  wünschen  übrig  lassenden,  Bücherverzeichnisse 
auf  dem  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden,  welches  unter  seineu  Akten  auch  sonst 
noch  wertvolle  Nachrichten  dieser  Art  über  andere  nassauische  Klöster  verwahrt, 
Akten,  die  von  dem,  der  eine  wirkliche  Geschichte  dieser  Klosterbibliotheken 
zu  schreiben  sich  unterfangen  wollte,  in  erster  Linie  heranzuziehen  wären.  Es 
ist  klar,  dass  eine  solche  Geschichte,  die  die  Erfassung  und  Darstellung  des 
geistigen  Lebens,  das  innerhalb  der  Mauern  der  einzelnen  Klöster  sich  entfaltet 
hat,  so  wie  der  geistigen  Beziehungen  dieser  Klöster  untereinander  oder  zu 
anderen  ausserhalb  des  nassauischen  Gebietes  liegenden  Klöstern  und  somit  die 
Geschichte  des  gcüstigen  Leljens  vcsrgangener  Jahrhunderte  zumal  auf  einem 
historisch  so  denkwürdigen  Boden,  wie  es  der  Rheingau  ist,  zum  Ziel  setzt, 
ihren  Wert    und  ihre  Bedeutung  hat.     Allein  wie   sich  materielle   und  geistige 


')  Die  Küniyliclio  liUiideHhihliutlu'U  in  Wicshadon.  Centrallil.  f.  Hil)liotlieks\vescn,  Bd.  1, 
1884,  S.  46-55. 

*)  Geschichte  und  Beschreibung  der  Küiiigl  Landesbibliothek  in  Wiesbaden.  Xebst  einer 
Geschichte  der  Klosterbibliothelien  Nassaus.     Frani<furt  a.  iL   1886.  31  S.  8°. 


207 

Kultur  ong-  b(M'ühi'on  und  letztoro  dio  erstere  zur  Voraussetzung  luit,  so  kann 
eine  solche  Geschichte,  die  zugleich  umfangroiche  iitterarische  Quellenstudien 
bedingt,  mit  Ei-fnlg  auch  erst  unternonmien  werden,  nachdem  die  äussere 
Geschichte  jener  Klöster,  für  dio  das  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  ein  reiches 
bisher  wenig  beachtetes  Material  auf'bewalirt,  eine  intensivere  Erforschun"-  er- 
fahren hat,   als  dies  bisher  der  Fall  gewesen  ist. 

Ich  liabo  mir  hier  ein  ungleich  bescheideneres  Ziel  gesteckt,  nämlich  einnial 
einen  Überblick  über  den  ungefähren  Umfang  jener  Bibliotheken  zur  Zeit  d(;r  Auf- 
hebung dv.Y  Klöster  zu  geben  und  sodann  den  Prozess  ihrer  allmählichen  Vernich- 
tung im  Zusammenhange  darzustellen,  soweit  dies  an  derlland  der  noch  vorhande- 
nen, dafür  in  Betracht  kommenden  Quellen  möglich  ist.  Van  der  Li  n  de  und 
R  0 1  ]i  geben  darüber  nur  einzelne  abgerissene  Notizen,  aus  denen  wir  weder 
ein  irgendwie  vollständiges  Bild  dieses  so  beklagenswerten  Vernichtungsprozesses 
gewinnen,  noch  eine  richtige  Vorstellung  erhalten  von  dem,  was  damals  auch 
nur  dem  äusseren  Umfang  nacli  an  litterarischen  Schätzen  zu  Grunde  gegangen 
ist.  ]linzu  kommt,  dass  ihre  Angaben  mehrfach  der  Berichtigung  bedürfen. 
Freilich  ist  es  auch  mir  nicht  gelungen,  aus  dem  Mosaik  der  in  den  Akten  ent- 
haltenen Einzelnachrichten,  sowie  aus  dem  in  den  erhaltenen  Bücherverzeich- 
nissen und  in  den  Büchern  selbst  vorliegenden  Material  ein  Bild  zu  entwerfen, 
das  nicht  Lücken  aufwiese  und  überall  deutliche  Konturen  böte,  aber  ich  glaube 
doch  alles  erreichbare  Material  herangezogen  und  verwertet  zu  haben. 

Der  nassauischen  Regierung  stand  1803,  als  sie  in  den  Besitz  zahlreicher 
demnächst  aufgehobener  Klöster  und  ihrer  Bibliotheken  kam,  keine  öffentliche 
Bibliothek  zur  Verfügung,  in  der  die  Bücher  derselben  hätten  untergebracht  werden 
können,  wie  dies  anderswo  der  Fall  war.  Die  seit  1730  zuerst  in  Usingen,  dann  in 
Wiesbaden  bestehende  Regieruugsbibliothek  war  damals  noch  eine  unbedeutende 
Büchersammlung-,  welche  aber  trotz  ihres  geringen  Umfanges  kaum  selbst  an 
ihrem  Aufenthaltsorte  Platz  hatte.  ^)  Schwerwiegender  war  es  noch,  dass  in 
Nassau  auch  kein  Bibliothekar  vorhanden  war,  der  die  jetzt  infolge  Aufhebung 
jener  Klöster  frei  werdenden  Büchermassen  mit  Sachkenntnis  hätte  prüfen  und 
sichten  können.  Der  Regierungsbibliothekar,  der  damalige  Regierungsaccessist 
Lange  war  mit  Regierungsarbeiten,  sowie  später  mit  der  Uutcu'bringung  der 
Klosterarchive  so  beschäftigt,  dass  seine  Fürsorge  für  die  Bücher  nicht  über 
den  guten  Willen  hinauskam,  und  der  180(5  nach  ihm  zum  Regierungsbiblio- 
thekar ernanute  Hofrat  Brodreich  war  ein  jovialer  alter  Herr,  der  das  bisher 
mühelose  Amt  nur  übernahm,  weil  er  die  mit  dieser  Sinekure  verbundenen, 
wenn  auch  sehr  geringen,  Emolumeute  gut  gebrauchen  konnte. 

Man  trug  sich  damals  mit  dem  Plan,  in  Idstein  im  Anschluss  an  das  dort  be- 
stehende protestantische  Gymnasium  und  SclmlUüu'erseminar  einen  für  die  liöhere 
Bildung  der  protestantischen  und  katholischen  Jugend  gemeinscliaftlichen  Mittel- 
punkt der  durch  den  katholischen  Rheingau  erweiterten  nassau-usingischen  Lande 
zu  schaffen,  und  wie  man  im  Idsteiner  Schloss  eine  besondere  Kapelle  zur  Aus- 
übung des  katholischen  Gottesdienstes  eingerichtet  und  einen  katholischen  Pfarrer 

')  Siehe  meinen  Aufsatz:  „Zur  Vorgeschiclite  der  Landesbibliothek  zu  Wiesbaden'"  in 
den  Mitteilungen   1898/99,  Sp.  84—90  u.   112—117. 


208 

dahin  berufen  hatte,  so  -wollte  man  hier  auch  aus  jenen  Klosterbibliotheken 
eine  geistlich  katholische  Bibliothek  begründen.*)  Zu  diesem  Zweck  vereinigte 
man  hier  in  den  Jahren  1804  bis  1806  mit  nicht  geringen  Transportkosten 
Bücher  aus  dem  Antouiterliause  zu  Höchst,  sowie  den  Klöstern  Sayn.  Rommers- 
dorf,  Deutz  und  Eberbach,  d.  h.  man  häufte  sie  in  den  Zimmern  des  dritten 
Stockes  im  sogenannten  Saarbrücker  Bau  des  Idsteiner  Schlosses  wüst  aufeinander 
und  überliess  sie  den  zahlreich  dort  vorhandenen  Ratten  und  Mäusen,  Be- 
kanntlich zog  sich  die  Organisation  des  Schulwesens  in  Nassau  noch  eine  Reihe 
von  Jahren  hin.  Die  nassau-usingischen  und  nassau-weilburgischen  Lande 
einigten  sich  1806  im  Herzogtum  Nassau  und  die  Bildung  eines  besonderen 
katholischen  Priesterseminars  zu  Limburg  wurde  schon  damals  in  Aussicht  ge- 
nommen. Diese  Umstände  führten  zumal  bei  der  Unruhe  der  Zeiten  in  der 
begonnenen  Auflösung  der  Klosterbibliotheken  bald  wieder  einen  Stillstand  herbei. 

Machen  auch  wir  hier  einen  Augenblick  Halt,  um  zu  sehen,  wie  viel 
Bände  in  jenen  Jahren  nach  Idstein  kamen,  und  wie  gross  der  Umfang  dieser 
damals  aufgehobenen  Klosterbibliotheken  anzusetzen  ist. 

Die  bedeutendste  dieser  Bibliotheken  war  die  Eberbacher.  Sie  zählte 
gegen  8000  Bände.  Der  Transport  einer  so  umfangreichen  Büchersammlung 
Hess  sich  nicht  auf  einmal  bewerkstelligen,  wie  das  bei  deu  anderen  möglich 
war.  und  zog  sich  in  die  Länge.  Ein  beträchtlicher  Teil  —  nach  dem  noch 
vorhandenen  Verzeichnis  1100  Werke")  in  über  2000  Bänden  —  verblieb  sogar 
damals  im  Kloster,  weil  der  Transport  bei  den  infolge  der  ungünstigen  Witterung 
nicht  fahrbaren  Wegen  mittels  der  Kellereifuhrwerke  unmöglich  war,  und  die 
Regierung  die  vorgeschlagene  Beförderung  zu  Wasser  nach  Biebrich  v.egen  der 
Kosten  nicht  genehmigte.*)  Der  um  die  Regierungsbibliothek  verdiente  da- 
malige Regieruugsassessor  und  Referent  in  Bibliotheksaugelegenheiten  vonUngern- 
Sternberg  gibt  uns  in  einem  Bericht  an  die  Regierung  aus  dem  Jahre  1805 
nicht  uninteressante  Nachrichten  über  die  Bibliothek  der  ehrwürdigen  und  be- 
rühmten Abtei.  Er  sagt,  die  Bibliothek  sei  geteilt  in  eine  alte  und  neue.  Die 
erstere,  in  welcher  ohne  Zweifel  aus  Platzmangel  die  selten  oder  gar  nicht  mehr 
gebrauchten  Bücher  zusammengestellt  waren,  sei  in  drei  kleineren  Zimmern 
untergebracht'),  die  letztere  in  einem  70  Schuh  langen  und  25  Schuh  breiten 
Saale.    In  diesem  seien  vierzehn  Schränke  in  den  Wänden  befestigt,   über  diese 


*)  Siehe  Firnhaber,  C.  G.,  Die  Xassauischc  Simultaiivolksscliiile,  Bd.  1,  S.  204. 

^)  Hier  wie  weiterhin  sind  die  in  Samnielbänden  enthalteneu  Werke  nicht  gerechnet, 
da  die  ungenauen  YerzeichniSfje  auf  diese  höclist  selten  Rücksicht  nehmen. 

")  van  der  Linde  a.  a.  0.,  S.  51  will  glauben  machen,  man  habe  den  Transport  mit 
solcher  Sorglosigkeit  ausgeführt,  dass  dieser  mehrei-e  tausend  Bände  umfassende  Teil  der 
Bibliothek  überhaupt  ganz  übersehen  sei.  So  schlimm  war  es  doch  nicht,  wie  dies  die  Akten 
ausdrücklich  bezeugen.  Da  die  Bibliotheksfrage  gleich  darauf  überhaupt  für  einige  Jahre  ins 
Stocken  geriet,  verlor  man  allerdings  den  in  der  Abtei  zurückgebliebenen  Büchervon-at  gänz- 
lich aus  dem  Auge. 

^)  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  war  es  diese  Bibliothek,  welche  1806  im  Kloster 
zurückgelassen  wurde;  es  wäre  sonst  merkwürdig,  dass  AVerke  aus  allen  Fächern  der  Bibliothek 
in  diesem  Reste  vorhanden  waren,  wie  dies  aus  dem  Verzeichnis  ersichtlich  ist. 


201) 

Schräuko  huifc  eint'  liroift'  (iiillcric,  die  iiiun  mittels  cinci  'IVciipc;  erstinyo. 
Auf  dieser  Gallorio  seien  die  einzelnen  Repositurien  mit  folgenden,  in  vergoldeten 
Buchstaben  angebrachten,  t'berschriften  versehen :  A.  Sacra  Biblia  Sancti  Patres 
Concilia  et  Scribtores*)  Ecclcsiastici,  B.  Theologi  Scholastici  Morales  et  Polemici, 
C.  Cath(^gistae,  Canoucs  et  Rituales,  D.  Ascetae  et  Spirituales,  Concionatores 
et  Miscellanei,  E.  Juris  Civilis  Comment.  et  Consulti,  F.  Pliilosophi  Ethici  Medici 
Mathematici  et  Technici,  G.  Historici  Geographi  Cronol.  et  Philologi,  IT.  lluma- 
niores.  Nach  diesem  System  seien  die  Bücher  der  Bibliothek  übisrhaupt  g(!- 
ordnet  und  meist  mit  Buchstaben  Ixv.cuclnK^t.  Die  auf  dem  Bücherrücken  bo 
hndlichen  Buchstaben  A  bis  II  in  besonders  grosser  Kapitalschrift  sind  auch 
heute  das  beste,  manchmal  freilich  verschwundene,  äussere  Erkennungszeichen 
der  Eberbachcr  Bücher.')  Diese  Beschreibung  lehrt  uns,  was  wir  unter  dem 
bei  Roth'")  vorkommenden  custos  inferioris  bibliothecae  zu  verstehen  habim. 
Wir  greifen  auch  wohl  nicht  fehl,  wenn  wir  in  der  oberen,  in  offcuicn  Jic- 
posituren  aufgestellten  IJibliothek  die  wahrscheinlich  am  Treppenaufgang  ver- 
schliossbare  Eberbacher  Abtsbibliothek  vermuten,  deren  besondere  Existenz  sich, 
wie  schon  Roth  bemerkt  hat,  aus  den  Inschriften  der  Bücher  ergibt,  sodass 
die  untere  in  verschlossenen  Schränken  aufgestellte  Bibliothek  für  den  (icsbrauch 
der  Kouventualen  bestimmt  gewesen  wäre.  Eine  besondere  Abteilung  bildeten 
die  verbotenen  Bücher  in  drei  verschlossenen  Schränken,  die  damals  allerdings 
ihres  wesentlichen  Inhalts  bereits  beraubt  waren.  Das  wohlgeordnc^te,  umfang- 
reiclie  Klosterarchiv  war  in  einem  besonderen  Zimmer  in  zwei  Schränken  ver- 
wahrt. Hier,  niclit  in  der  Bibliothek,  befand  sich  damals  auch  dvv  Oculus 
nicmoriae,  das  berühmte  zwei  Bände  umfassende  Eberbacher  Kopiälbuch  nebst 
achtzelm  alten,  grösstenteils  auf  Pergament  geschriebenen  und  mit  schwerem 
Messing  beschlagenen  Chorbüchern.  Für  letztere  bezeugt  dies  von  Ungern- 
S  1 0  r  n  b  e  r  g  in  seinem  Bericht,  für  den  Oculus  memoriae  ergibt  sich  dies  daraus, 
dass,  als  im  Jahre  1804  der  Präsident  des  Departements  Donnersberg  denselben 
für  Hodmann  auf  zwanzig  Tage  von  der  nassau-usingischen  Regierung  leih- 
weise erbittet  und  die  letztere  zurückmeldet,  dass  das  Buch  trotz  eifrigster 
Nachforschungen  in  der  Eberbacher  Bibliothek  und  dem  bereits  nach  Idstein 
gebrachten  Teil  derselben  nicht  habe  aufgefunden  werden  können,  Bodmann 
der  nassauischen  Regierung  mitteilen  lässt,  dass  das  Buch  sich  nicht  in  der 
Bibliothek,  sondern  im  Archiv  des  Klosters  befinde.  Die  Sache  ist  deshalb 
nicht  gleichgiltig,   weil  mau  daraus  (M-sieht,   dass  auch  bezüglich  der  Erhaltung 


*)  V.   Uiigerji-Stornbüi'g  vermerkt  uusdrücklich  diesen  Lapsus. 

°)  Roth  (a.  a.  ().,  S.  21)  giebt  die  roten,  Idtiueii  oder  grünen  Signaturen  als  untcr- 
sclicidende  Merkmale  an,  an  denen  man  die  Eberbaoher  J3ücher  weithin  in  der  AViesbadener 
und  Limburger  Bibliothek  erkenne,  als  ob  niclit  mehr  oder  minder  jede  alte  Klüsterbii)liothek 
sich  solcher  farbiger  J$üchcrsignaturen  bedient  hätte,  wie  dies  denn  auch  bei  einer  ganzen  Keiiie 
nassauischer  Klöster  zutriil't.  Nach  Roth  (a.  a.  0  ,  S.  23)  besitzt  die  Landesbibliothek  keine 
60  Eberbacher  Bücher  mehr,  und  doch  kamen  schon  1804  aus  Eberbach  mehrere  Imndert 
juristische  und  historische  Werke  in  die  Regierungsbibliothek,  die  grösstenteils  wenigstens  in 
den  Akten  namhaft  gemacht  werden,  und  diese  Werke  sind  samt  vielen  anderen  auch  iieute 
noch  im  Besitz  der  Landesbibliothek. 

'"j  Ueschichtsquellen  aus  Nassau,  T.  4,  S.  159. 

14 


210 

der  Klosterarchive  keine  besondere  Sorgfalt  obgewaltet  bat.  Denn  der  Oeulus 
raemoriae  hat  bekanntlicli  ein  eigentümliches  Schicksal  gehabt.")  Man  hat 
seinen  AVert  trotz  B  o  d  m  a  n  n  ,  der  eine  Beschreibung  der  Handschrift  bei- 
fügte, nicht  erkannt,  und  dieselbe  ist  -wahrscheinlich  zugleich  mir  jenen  alten, 
ebenfalls  wertvollen  pergamentnen  Chorbüchern,  die  im  Jahre  1820  von  Idstein 
nach  Wiesbaden  abgeliefert  wurden,  dorthin  gekommen  und  hier,  wie  wir  dies 
wissen.  1821  nach  seinem  Pergamentwert  verkauft.  Gleich  anfangs  im  Jahre 
1864  wurden  nun  ausser  den  nach  Wiesbaden  in  die  Kegierungsbibliothek 
gelangenden  mehnn-en  hundert  juristischen  und  historisch(>n  Werken  die  Ab- 
teilungen A  und  B.  die  bei  weitem  grossten  der  Bibliothek,  nach  Idstein 
geschafft.  Es  wird  dies  ziemlich  die  ganze  eine  Hälfte  der  im  grossen 
Bibliothekssaal  aufgestellten  Bücher  gewesen  sein,  also  etwa  3000  Bände. 
Dann  wurde,  wie  schon  gesagt,  die  Fortschaffung  der  Bücher  unterbrochen. 
Die  Verschlage  wurden  zum  Transport  der  zu  Schiff  nach  Biebrich  beförderten 
Sayner,  Kommorsdorfer  und  Deutzer  Bibliotheken  gebraucht,  und  als  man  endlich 
im  Frühjahr  1806  die  andere  Hälfte  der  Eberbacher  Bücher  aus  dem  Biblio- 
thekssaal abholte,  kamen  die  Fuhrwerke  bei  den  aufgeweichten  Wegen  ver- 
mutlich mir  knapper  Not  nur  bis  Wiesbaden,  und  man  sah  sich  gezwungen, 
die  zweiten  oOOO  Bände,  in  60  Kisten  verpackt,  hier  einstweilen  im  Kontrollhof 
unterzubringen,  um  für  den  Weitertransport  nach  Idstein  eine  günstigere  Jahres- 
zeit abzuwarten.  Da  aber  beim  Eintritt  derselben  die  Bibliotheksfrage  in  den 
Hintergrund  getreten  war,  wurden  sie  vergessen  und  standen  dort  noch  bis  zum 
Jahre  1821,  wo  man  sich  ihrer  endlich  erbarmte,  freilich  um  ihnen,  wie  wir 
weiter  unten  sehen  werden,  nach  dieser  langen  Gefangenschaft  zum  grossen 
Teil  vollends  den  Garaus  zu  machen. 

Bezüglich  der  Bibliothek  des  Antoniterhauses  zu  Höchst  erfahren  wir  nur, 
dass  sie  unter  der  Plünderung,  der  alle  diese  Klosterbibliotheken  in  den  Kriegs- 
zeiten der  neunziger  Jahre  des  achtzehnten  Jahrhunderts  nachweislich  ausgesetzt 
gewesen  sind,  und  bei  der  auch  die  damals  im  Gebrauch  befindlichen  Kataloge 
sämtlich  verloren  gingen,  ganz  besonders  arg  gelitten  habe,  sodass  der  gegen 
3000  Bände  betragende  Bestand  nur  noch  „wertlosen  Plunder,  höchstens  drei 
oder  vier  ueuoro  Bücher  von  Wert"    enthalte. 

l'ber  Sayn,  Bommersdorf  und  Deutz  liegen  die  bei  Aufhebung  dieser 
Klöster  verfertigten  Bücherverzeichnisse  vor. '^)  Der  Umfang  der  beiden  unteren 
Bibliotheken  war  nur  gering.  Die  Rommersdorfer  Bibliothek,  die  früher  die 
in  jenen  Kriegszeiten  nach  Bendorf  geflüchtete  Sayner  an  Zahl  und  Wert  der 
Bü(;her  übertroffen  hatte,  zählte  kaum  noch  300  Werke,  darunter  sechs  Hand- 
schriften und  41  Inkunabeln.  Mehr  als  doppelt  so  stark  war  die  Sayner  Bibliothek, 
die  bescmders  reich  an  neueren  juristischen  Schriften  war  —  die  dort  vorhandene 


")  Darüber  s.  Ilabel  in  den  Ann.  lil,  3,  S.  2üö  und  vun  der  liiiide  a.  a.  O.,  S.  52, 
Anm.   1. 

*")  Diese  Klöster,  sowie  die  zu  Ehrcnbreitstein  und  Linz  fielen  im  Jahre  1815  infolge 
(jebietsaustauschcs  zwisr-lion  Preussen  und  Nassau  an  ersteren  Staat.  Sie  waren  damals  aber 
bereits  von  der  nassauischen  Regierung  aufgelöst  und  über  das  Schicksal  der  in  ihnen  ent- 
halten gewesenen  Bibliotheken  schon  entschieden. 


211 

Dinhiktioiishibliothek  o-dano-to  damals  direkt  nach  Wiesbaden  in  ilie  ücüieruiiirs- 
bibliotliek  —  danobon  aber  aucli  cune  lleilie  wertvoller  theologischer  SaimiKil- 
werkc  besass,  wie  die  Acta  Sanctoruin,  welche  die  jetzige  Landesbibliothek 
erst  vor  einigen  Jahrzehnton  für  ttuires  Geld  und  noch  dazu  in  einem  unvoll- 
ständigen Exemplar  erwarb.  Die  Zahl  der  in  beidiMi  IJil)li()theken  voriuind(;n(!n 
Bücher  betrug  kaum  mehr  als  2000  Bände;. 

Charakteristisch  und  gewiss  typisch  für  die  Verhältnisse,  die  diese  Kloster- 
bibliotheken in  den  letzten  zwei  Jahrzehntcm  durchgemacht  hatten,  ist,  was  der 
Abt  Godefridus  und  der  lichrer  Schmitz,  der  frühere  Bibliothekar,  über  die 
Dcutzer  Bibliothek  an  die  Regierungs-Kommissaro  berichten.  Nachdem  sie 
zunäclist  des  Verlustes  gedacht,  den  die  Bibliothek  dadurch  erfahren,  dass  die 
Abtei  b(ü  der  Errichtung  der  kurfürstlichen  Universität  zu  Jjonn  Bücher  aus 
verschiedenen  Fächern  und  von  vorzüglichem  Werte  —  das  im  Staatsarchiv  zu 
Wiesbaden  vorhandene  Verzeichnis  weist  35  Werke  in  116  Bänden,  darunter 
Baronius  und  andere  grosse  theologische  Sammelwerke  auf  —  dahin  habe  ab- 
geben müssen,  erzählen  sie,  dass  während  des  letzten  Kriegs  schrecklic-li  in  der 
Abtei  gehaust  sei,  alle  Zimmer  seien  erbroclien  und  durchsucht,  ein  grosser  Teil 
der  Bücher  sei  verdorben,  andere  seien  weggeschleppt.  Dies  habe  sich  öfter 
bei  den  Vor-  und  Rückmärschen  wiederholt.  Unter  anderem  habe  di^r  fran- 
zösische General  Desjardins,  der  dreizehn  Wochen  mit  seinem  Hauptquartier 
in  der  Abtei  gelegen,  sich  ein  Lieblingsgeschäft  daraus  gemacht,  täglich  in  die 
Bibliotliek  zu  gehen.  Er  habe  nach  und  nach  Einsicht  von  allen  Werken  ge- 
nommen und  manche  Stücke,  besonders  die  in  Bänden  aufbewahrt  gewesenen 
Landkarten,  an  sich  genommen.  Damals  sei  auch  der  Katalog  abhanden  ge- 
kommen. Für  die  Bibliothek  habe  schon  seit  langer  Zeit  nichts  augeschafft 
werden  können.  Dem  Herkommen  gemäss  hätte  zwar  jeder  Konventual  bei 
Ablegung  seiner  Ordensprofession  zehn  Reichstiialer  zum  Besten  der  Bibliothek 
gezahlt,  in  den  letzten  achtzehn  Jahren  seien  aber  nur  neun  Konventuale  zur 
Profession  gelangt,  und  diese  wenigen  Gelder  habe  man  bei  den  auf  allen  Seiten 
herrschenden  Bedürfnissen  wie  auch  schon  vordem  zur  Haushaltung  verwenden 
müssen.  Li  früheren  Zeiten  war  dagegen  die  Deutzer  Klosterbibliothek  sehr 
gepflegt  worden,  wie  man  dies  jetzt  noch  aus  den  grösstenteils  gut  erhalteniMi 
und  mit  teilweise  schön  ausgestatteten  Einbänden  versehenen  Büchern  ersieht. 
Die  zwei  auf  dem  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  befindlichen,  sich  ergänzenden 
Verzeichnisse  führen  gegen  2400  Werke,  darunter  34  Handscln-iften  in  etwa 
4500  Bänden  auf.  Von  diesen  kam  eine  Anzahl  juristischer  Bücher  ebenfalls 
gleich  damals  in  die  Wiesbadener  Regierungsbibliothek. 

Alles  in  Allem  enthielten  die  fünf  Klöster  Eberbach,  Höchst,  Rommers- 
dorf,  Sayn  und  Deutz  zusammen  über  18  000  Bände  und  damit  stimmt  es, 
wenn  sich  bei  der  im  Jahre  1818  erfolgenden  Verzeichnung  der  nach  Idstein 
geschafften  Bücher,  zu  denen  1817  noch  750  Bände  aus  dem  Franziskaner- 
kloster zu  Limburg  kamen,  dort  2530  Folianten,  gegen  2400  Quartanten  und 
etwa  8000  Oktavbände,  also  zusammen  12  939  Bände,  vorfanden.  Denn  von 
der  Summe  von  18  000  Bänden  sind  die  in  Eberbach  zurückbleibenden  2000, 
ferner  die  1806  im  Kontrollhofe  zu  Wiesbaden  deponierten  3000  Bände,   sowie 


■J\'2 

tlio    mohrereu    liumlort  Werke,     welche  aus  Ebevbach.    Deutz  und  Sayn  in  die 
Regierungsbibliothek  zu  \ViesI)adeu  gelaugten,   in  Abzug  zu  bringen. 

Es  ist  daraus  ersichrlieh.  dass  man  i»  diesen  Jahren  noch  keine  Büclier- 
versteigerungen  vurnahni.  wenigstens  nicht  grösseren  Unifangs.  In  den  Akten 
werden  solche  auch  nicht  erwähnt.  Nur  Rössel  in  seiner  Ausgabe  der 
Diplomatischen  (ieschicbte  der  Abtei  Eberbach  von  Hermann  Bär '3)  weiss  von 
o-rossen  Versteigerungen  der  Bibliothek  dieser  Abtei  zu  berichten.  Er  sagt. 
dass  die  Eberbacher  Bücher,  mehrere  Wagen  voll,  1806  nach  Wiesbaden  ge- 
fahren und  hier  auf  der  Hofkammer  pfundweise  versteigert  worden  seien. 
Buchbinder  und  andere  Geschäftsleute  liätten  das  alte  Pai)ier  gekauft.  Vor 
allem  gedenkt  er  des  Fragmentes  eines  1853  von  ihm  für  den  nassauischen 
Altertumsverein  erworbenen,  mit  schönen  Miniaturen  und  Initialen  ausgestatteten 
riK.ralbuches  aus  dem  vierzehnten  Jahrhundert  im  grössten  Folio,  das  von  dem 
Inhaber  einer  Wiesbadener  Pianofortefabrik  nebst  anderen  kleineren  Büchern 
damals  gesteigert  und  dessen  feines  Pergament  von  diesem  verschnitten  sei,  um 
die  Ilämmerchen  seiner  Instrumente  zu  verledern.  Nach  allem,  was  wir  über 
den  Umfang  jener  Bibliotheken  erfahren,  muss  in  Rücksicht  auf  den  später  in 
Idstein  vorhandenen  Büchervorrat  eine  solche  Versteigerung,  nocli  dazu  in  dieser 
Ausdehnung,  im  .Jahre  1806  aber  als  völlig  unwahrscheinlich  bezeichnet  werden. 
Zudem  scheint  daraus,  dass  bei  der  Aufhebung  der  Abtei  achtzehn,  grössten- 
teils auf  Pergament  geschriebene,  alte  Chorbüchcr  vorhanden  waren,  1820  aber 
von  Idstein  vierzehn  „Alte  Chor-  oder  Wechselgesänge  auf  schönes  Pergament 
geschrieben^  nach  Wiesbaden  abgeliefert  wurden,  doch  geschlossen  werden  zu 
müssen,  dass  die  Versteigerung  jener  pergamentnen  Chorbücher  nicht  schon 
1806,  sondern  frühestens  1820  stattgefunden  hat.  Schliesslich  begriffe  man  auch 
nicht,  warum,  wenn  man  einmal  mittels  Versteigerungen  mit  den  alten  Büchern 
aufräumte,  die  in  dem  Wiesbadener  Kontrollhofe  stehenden  Kisten  unberührt 
davon  j?ebliebeu  wären.  Nach  allem  scheint  es  als  sicher  angesehen  werden 
zu  müssen,  dass  Rössel  sich  hier  eines  Anachronismus  schuldig  gemacht  hat, 
indem  er  die  Thatsache  der  Versteigerung  ohne  weiteres  in  das  Jahr  setzte, 
in  welchejn  die  Eberbacher  Bibliothek  aus  der  Abtei  entfernt  worden  war. 

Erst  mit  dem  Jahre  1813  trat  die  Bibliotheksfrage  in  ein  neues  Stadium. 
In  diesem  Jahre  wurde  die  bisherige  Regierungsbibliothek  zu  Wiesbaden  als 
Central-Regieruugs-Bibliothek  durch  Erlass  vom  12.  Oktober  zu  einer  öffent- 
lichen Bibliothek  umgewandelt.  Die  Bezeichnung  „öffentliche  Bibliothek", 
die  sich  schoii  von  vornherein  (einbürgerte  und  auch  bereits  vorher  amtlich 
gebraucht  wurde,  wurde  durch  Erlass  vom  3.  Mai  1817  zur  offiziellen.  Schon 
am  2>^.  Februar  1813  war  der  Hofgerichtsadvokat  Dr.  Bernhard  Hundeshagen 
in  nassauischc;  Dienste  übernommen  worden,  „um  sich  bei  der  Aufsicht  der 
Regierungsbibliothek  gebrauchen  zu  lassen."  Man  hatte  gelegentlich  der  Auf- 
lösung jener  oben  erwähnten  fünf  Klosterbibliotheken  die  Entdeckung  gemacht, 
dass  in  dies(!n  I5ücliersammlung(!n  doch  mehr  enthalten  sei.  als  was  zu  einer 
L'eistlich   katholischen  Bibliothek    erfcn-derlich    oder    für  eine    solche    auch  nur 


13 


')  H(l.   1,  S.  553. 


2ia 

wünschenswert  war,  und  Imtte  beschlossen,  jetzt  in  erster  Linie  für  die  erweiterte 
liihliothek  der  nauptstadt  den  Rahm  aus  jenen  Kh)sterbibli()tliekon  abschöpfen 
zu  lassen.  Für  diese  Aufgabe  glaubte  man  jetzt  in  irundeshagon  den  richtigen 
Mann  gefunden  zu  liabiui. 

Dieser  war  entschieden  ein  talentvoller  Mann  mit  viels(;itigen  Interessen 
und  Kenntnissen,  aber  litterarisch  doch  nicht  durchgebikhit,  dazu  unlji'ständig 
und  ohne  inneren  Halt.  Ein  guter  Mathematiker  und  geschickter  Zeichner, 
war  ein  Architekt  an  ihm  verloren  gegangen.  Das  erste,  was  cn  für  die 
Bibliothek  that,  war  ein  Entwurf  für  den  Umbau  der  ungenügenden  Lokalität, 
in  der  dieselbe  untergebracht  war.  Aber  auch  die  städtischen  liauten  inte- 
ressierten ihn  mehr  als  seine  Bücher,  und  wie  für  einzelne  (iebäude  und  Plätze 
der  Stadt,  so  entwarf  er  auch  einen  Plan  für  den  Ausbau  Wiesbadens  selbst. 
Im  Jahre  1814  wurde  er  sogar  zu  militärisch-topographischen  Arbeiten  amtlich 
verwendet  und  seinem  bibliothekarischen  IJerufe  auf  längere  Zeit  entzogen. 
End<>  1817  wurde  er  wegen  seines  illoyalen  Benehmens  seines  Amtes  entsetzt 
und  entlassen.  Abgesehen  von  der  grenzenlosen  Unordnung,  die  seine  Verwaltung 
ausgezeichnet  hatte  und  durch  die  mehrere  damals  angefertigte  Verzeicli- 
nisse  von  Klosterbibliotheken  spurlos  verloren  gingen,  hatten  sich  auch  wieder- 
holt sonstige  Unregebnässigkeiteii  in  der  Geschäftsführung  ergeben.  Dass 
eine  solche  Persönlichkeit,  der  es  an  dem  ersten  aller  bibliothekarischen  Er- 
fordernisse, dem  Sinn  für  Ordnung,  gebrach,  nicht  gerade  zum  Leiter  einer 
Bibliothek  berufen  war,   versteht  sich  von  selbst. 

Aber  auch  der  uns  hier  interessirenden,  ihm  zugefallenen  Aufgabe  der 
Sichtung  der  Klosterbibliotheken  war  er  nicht  gewachsen,  und  er  hat  sich  durch 
die  Art  und  Weise,  wie  er  sich  derselben  entledigt  hat,  ein  keineswegs  rühm- 
liches Denkmal  gesetzt. 

Am  13.  Juni  1813  zum  Bibliothekar  ernannt,  hatte  er  schon  in  den 
Monaten  März,  April  und  Mai  nacheinander  die  Klöster  Notgottes,  Ehrenbreit - 
stein,  Linz,  Montabaur,  Limburg  und  Bornhofen  besucht  und  die  für  die  Wies- 
badener Bibliothek  ihm  geeignet  erscheinenden  Werke  ausgeschieden,  das  andere 
aber  allemal  an  Ort  und  Stelle  versteigern  lassen.  Nur  in  Notgottes,  das  er 
zuerst  aufsuchte,  nahm  er  sich  die  Zeit,  die  Handschriften,  nur  8  an  Zahl, 
die  Inkunabeln  über  100  und  weiter  ungefähr  20  andere  bemerkenswerte, 
meist  jnathematische,  ihn  besonders  interessierende,  Bücher  aufzuzeichnen. 
Die  ganze  Bibliothek  umfasstc  über  4000  Bände,  von  denen  noch  nicht 
der  vierte  Teil  für  die  Wiesbadener  Bibliothek  bestimmt  wurde.  Die 
Bibliothek  der  Kapuziner  zu  Thal  Ehrenbreitstein  war  von  ziemlich  gleicher 
Stärke,  aber  die  aus  ihr  von  Hundeshagen  getroffene  Auswahl  war  ge- 
ringer, zumal  dem  Stadtpfarrer  zu  Ehrenbreitstein,  geistlichen  Bat  Hommel, 
erlaubt  wurde,  die  merkwürdigsten  Bücher  für  die  dortige  Pfarrbibliothek  zurück- 
zidialten.  Aus  der  1593  Bände  umfassenden  Bibliothek  der  Kapuziner  zu  Linz 
wählte  Hundeshagen  nur  235  Bände  aus,  aus  Montabaur,  wo  die  Bibliothek 
allerdings  noch  kleiner  als  die  zu  Linz  war,  sogar  nur  60  Bände.  Die  Biblio- 
thek der  Franziskaner  zu  Limburg,   unter  deren  Resten  sich  Bücher  aus  Gronau 


214 

und  aus  der  alten  Franziskanerbibliotliek  zu  Marburg'*)  finden,  schlägt 
Hundeshagen  zu  10  000  Bänden  an.  von  denen  aber  nur  750  mit  besonderer  Rück- 
sicht auf  das  Priesterseniinar  zu  Limburg  ausgesonderte  Bände  erhalten  blieben. 
Auch  in  Bornlu.fen  fand  er  unter  24:)0  Bänden  nur  50  der  Erhaltung  und  Ein- 
reihuno- in  die  AViesbadener  Bibliothek  wert.  Im  Ganzen  wählte  er  aus  diesen 
über  2.")  000  Bände  enthaltenden  sechs  Klosterbibliotheken  nur  4345  Bände, 
Handschriften.  Inkunabeln  und  im  übrigtni  vorwiegend  theologische  und  histo- 
rische AVerke  aus.  Hess  dieselben  in  Kisten  verpacken  und  bis  auf  die  750 
Limburger  Bände,  die  im  dortigen  Kloster  verblieben,  bis  sie  1  Hl 7  nach  Idstein 
transportiert  wurden,  nach  Wiesbaden  abgehen,  wo  sie  bis  Mitte  Juni  sämtlich 
eingetroffen  waren.  Die  übrigen  20  000  und  mehr  Bände  wurden  versteigert, 
zum  «'rössten  Teil  als  Makulatur  verkauft.  Auf  das  oberflächliche  Ermessen 
eines  für  diesen  Zweck  durchaus  nicht  mit  den  nötigen  litterarischen  Kennt- 
nissen ausgerüsteten  Mannes  hin  wurden  neben  gewiss  vielen  Dubletten,  die 
festzustellen  Hundeshagen  übrigens  gar  nicht  in  der  Lage  war,  weil  er  keine 
Kataloge  in  Händen  hatte,  unersetzliche  litterarische  Schätze  verschleudert  und 
der  Vernichtung  preisgegeben.  AVenn  nicht  noch  alte  Kataloge  dieser  Biblio- 
theken auftauchen,  ist  —  hinsichtlich  Notgottes,  das  auch  die  alte  Johannisberger 
Bibliothek  in  sich  enthielt,  und  Limburg  ist  auch  nach  den  kleinen  erhalten 
gebliebenen  Resten  auf  einstige  höchst  wertvolle  Büchersammlungen  zu  schliessen 
—  jede  Möglichkeit  genommen,  uns  von  diesen  Bibliotheken  ein  Bild  und  von 
diesem  aus  Rückschlüsse  auf  die  ehemalige  geistige  Regsamkeit  und  Bedeutung 
dieser  Klöster  zu  machen. 

Auch  aus  dem  Kloster  Marienthal  auf  dem  Westerw^ald  wählte  Hundes- 
hagen 1814  an  der  Hand  zweier  über  diese  Bibliothek  ihm  übersandten  Ver- 
zeichnisse^^), welche  sich  gegenseitig  ergänzen  und  im  ganzen  nahezu  600  Werke 
aufweisen,  nur  zwölf  Werke,  darunter  sechs  mathematische,  aus.  Kaum  so 
viele  Werke,  darunter  freilich  die  beiden  grössten  Kostbarkeiten  der  Bibliothek, 
die  Hildegard-Handschriften,  kamen  in  demselben  Jahre  aus  Eibingen  nach 
Wiesbaden. 

Wie  schon  erwähnt,  wurde  Hundeshagens  bibliothekarische  Thätigkeit 
alsdann  eine  Zeit  lang  unterbrochen.     Hernach  beschäftigte  ihn  die  Aufstellung 


'*J  Daher  stammt  wahrscheinlich  auch  die  wertvolle  Pergamenthandschrift  41,  Tiieodorichs 
Leben  der  hl.  Elisaljcth.  Landgräfin  von  Hessen,  enthaltend,  die  llundeshagon  noch  in 
Limburg  vorfand,  dem  im  Übrigen  auch  hier  mitgeteilt  wurde,  dass  ein  feindlicher  (französischer) 
Kommissar  die  Bibliothek  besonders  bezüglich  der  Handschriften  geplündert  habe. 

'■^j  van  der  Linde  (a.  a.  O.,  S.  52)  erwähnt  diese  Verzeichnisse,  sagt  aber  nicht,  dass 
hier  das  Marienthal  auf  dem  Westerwald  zu  verstehen  sei.  Deshalb  bezweifelt  Roth  die 
Richtigkeit  seiner  Angabe,  da  das  ihm,  wie  es  scheint,  allein  bekannte  Marienthal  im  Rhein- 
gau damals  längst  aufgehoben  gewesen  sei.  Dass  aber  die  Verzeichnisse  sich  auf  das  auf  dem 
Westerwald  bei  Breitscheid  (Kreis  Altenkirchen)  gelegene  Marienthal  beziehen,  ergiebt  sich 
daraus,  dass  das  eine  Verzeichnis  unterzeichnet  ist:  Christianus  Liborius  Helfrich  p.  t.  Pi'arr- 
verwalter  zu  Marionthal  181.3,  19.  Juni  Der  Staats-  und  Adress-Calendor  des  Herzogthums 
Nassau  für  du.«  Jalir  IHK:!  S.  107  führt  diesen  als  Pfarrer  von  Marienthal  im  Landkapitcl 
Cunostein-Engers  auf.  v.  d.  Linde  giebt  den  N'amen  falsch  an,  weil  er  die  nicht  grade  sehr 
deutliche  Hand  nicht  richtig  gelesen  hat. 


215 

dci'  iius  dun  Kl()st('in  Iicrbcigescliafftün  Büc-hcr.  S(!ino  Entlassiino-  voran- 
lasstc  abermals  eine  längorc  Pause  in  (h-r  Entscheidung^  iibcjr  das  Schicksal 
der  Klosterbibliotheken.  ])(Min  sein  Nachfolger,  Professor  Pagenstecher  aus 
Herboin,  starb  kurz,  nachdem  er  sein  neues  Amt  angetreten  hatte.  Der  IJiblio- 
thekssekrotär  Bette  aber,  der  alsdann  interimistisch  die  Jiibliothek  verwaltete 
—  unt(!r  dieser  Verwaltung  wurde  endlicli  auf  Anregung  des  Direktors  des  in 
der  ehenuiligen  Abtei  inzwischen  eingerichteten  Korrektionshauses  der  längst  in 
Vergessenheit  geratene  Hest  der  Eberbacher  Bibliothek  nach  Wiesbaden  in  die 
r)ffentli(;he  Bibliothek  abgeliefert  —  war  v.\n  kranker  hypochondrischer,  jeder 
Initiative  entbehrender  Mann. 

Erst  am  20.  Dezember  1820  erhielt  die  Bibliothek  einen  neuen  Vorsteher 
in  der  Person  des  Publizisten  Johannes  Weitzel.  Inwiefern  diese  Wahl  ein  Miss- 
griff' war,  dafür  darf  ich  auf  meinen  Aufsatz  in  diesem  Annalenbande'^)  verweisen. 
Weitzel  war  in  gewisser  Weise  das  Gegenstück  zu  Ilundeshagen.  Erachtete 
dieser  vermöge  eines  gewissen  antiquarischen  und  persönlichen  Interesses  vor- 
nelnnlich  Handschriften  und  Inkunabeln,  sowie  im  übrigen  mathematische  Werke 
und  Seltenheiten  in  dem  Bücherchaos  der  Klosterbibliotheken  als  erhaltungswürdig, 
so  sah  der  allen  antiquarischen  Neigungen  abholde  Weitzel  seine  Aufgabe 
darin,  möglichst  die  neueren  Werke  aus  diesen  Bibliotheken  auszulesen,  da- 
gegen das  Übrige  und  zumal  die  ältere  theologische  Litteratur,  falls  sie  nicht 
von  ganz  besonderer  Bedeutung  war,  mehr  oder  weniger  als  unnützen  Ballast 
abzustossen.  So  hat  er  Ilundeshagen,  der  doch  einen,  wenn  auch  weniger 
auf  litterarischer  und  historischer  Durchbildung  beruhenden,  sondern  mehr  aus 
individueller  Neigung  hervorgehenden  Trieb  hatte,  die  älteren  und  selteneren 
Werke  zu  retten,  in  der  Vernichtung  der  Klosterbibliotheken  in  qualitativer 
Hinsicht  noch  übertroffen. 

Sein  Mitarbeiter,  der  1823  Bette  ersetzende  Bibliothekssekretär  Zimmer- 
mann hat  ihn  dabei  nur  unterstützt.  Ohne  die  Verdienste  dieses  jNEanues  um  die 
Bibliothek  —  die  unter  der  Weitzel'schen  Verwaltung  durchgeführten  Ordnungs- 
arbeiten und  die  Herstellung  der  im  Druck  erschienenen  Kataloge  wäre  ohne  die 
gewissenhafte,  Peissige  und  hingebende  Arbeit  Zimmermanns  nicht  m()glich  ge- 
wesen —  schmälern  zu  wollen,  findet  man,  wenn  man  den  Spuren  seiner  Thätig- 
keit  nachgeht,  das  Urteil  seines  späteren  Vorgesetzten,  des  Geheimen  Kegierungs- 
rats  Dr.  Koch'^),  dass  es  ihm  trotz  eifrigsten  Bemühens  und  trotz  ausgedehnten 
encyklopädischen  Wissens  nicht  gelungen  sei,  den  Mangeleines  höheren  Bildungs- 
ganges auszugleichen,  durchaus  bestätigt.  Dies  zeigt  insbesondere  die  Art  und 
AV(!ise,  wie  Zimmermann  die  Handschriften  und  Inkunabeln  mit  äusserlich 
allerdings  sehr  sauber  ausgestatteten  Inhaltsverzeichnissen  versehen  hat,  die 
meist  unvollständig,  mehrfach  falsch  sind  und  häufig  höchst  triviale,  die  L'onie 
van  der  L  i  n  d  e  '  s  mit  Recht  herausfordernde  Bemerkungen  enthalten. 


'")  Siehe  besonders  S.  180. 

^'}  Siehe  Der  Wanderer,  Beiblatt  zur  Xassauischen  Allgemeinen  Zeitung  1850,  Xo.  137: 
„IMiilipi)  Zimmermann,  eine  Erinnerung."  Veranlasst  wurde  dieser  Artikel  durch  den  Zimmcr- 
mann's  Verdienste  überschätzenden  Nekrolog  in  No.  228  und  229  desselben  Jahrgangs  der 
Nass.  Allgeni.  Zeitung. 


216 

"NVeitzel  nuhiii  sich  der  Einziehung  der  noch  überall  im  Lande  zerstreuten 
Klosterbibliotheken  oder  ihrer  Reste  sofort  nach  seinem  Amtsantritt  mit  allem 
Eifer  an.  Zunächst  war  ein  geräumigeres  Lokal  für  die  öffentliche  Bibliothek 
eine  seit  Jahren  bestehende  Forderung  der  2sotwendigkeit,  die  jetzt  infolge  des  zu 
erwartenden  Zuwachses  dringender  denn  je  wurde  und  im  Jahre  1821  endlich 
dadurch  ihre  Erledigung  fand,  dass  der  Bibliothek  die  Räume  im  Erdgeschoss 
des  neuen  Palais,  des  jetzigen  Museumsgebäudes,  rechts  vom  Eingang,  ein- 
geräumt wurden. 

Schon  im  Jahre  1818  hatte  die  Oberschulbehörde,  die  noch  immer  über 
die  in  Idstein  für  die  ehemals  geplante  geistliche  Bibliothek  angehäuften  Bücher- 
massen die  Aufsicht  führte,  nach  dem  inzwischen  höchst  mangelhaft  hergestellten 
und  noch  unvollständigen  Verzeichnis  dieser  Bücher  17  Werke  für  das  Päda- 
gogium zu  Dillenburg.  25  für  das  theologische  Seminar  zu  Herboru.  83  für 
das  Gymnasium  zu  W'eilburg  und  70  für  die  öffentliche  Bibliothek  zu  Wies- 
baden ausgesucht.  Der  Obersclmlrat  Schellenberg  schlug  vor,  dass  alle  für 
das  zukünftige  katholische  Seminar  in  Limburg  dienlichen  Werke  in  Idstein 
bleiben,  die  übrigen  aber  nach  Gewicht  verkauft  werden  sollten.  Nur  die 
Schriften  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  solle  man  zurückbehalten,  bis  man  sich 
durch  genaue  Autopsie  von  ihrer  Untauglichkcit  überzeugt  habe.  Dem  pensio- 
nierten Amtsassessor  Selenka  wurde  aufgegeben,  das  von  dem  Kandidaten  Jeckel 
begonnene  Verzeichnis  zu  vollenden,  um  über  die  noch  nicht  darin  aufgenommenen 
Bücher  in  gleicher  Weise  verfügen  zu  können.  Man  nahm  auf  Anregung 
Schellenbergs  auch  in  Aussicht,  dies  Verzeichnis  zu  gleichem  Zweck  auf  die 
1819  aus  Eberbach  in  die  öffentliche  Bibliothek  zu  Wiesbaden  gelangenden 
2000  Bände,  sowie  auf  die  im  dortigen  Kontrollhofo  noch  stehenden  60  Kisten 
voll  Bücher  auszudehnen. 

Mit  der  Ernennung  Weitzels  zum  Bibliothekar  der  öffentlichen  Bibliothek 
wurde  diesem  nach  Massgabe  der  von  der  Oberschulbehörde  gemachten  Vor- 
schläge die  Fürsorge  über  die  in  Idstein,  sowie  über  alle  sonstigen,  noch  in 
Klöstern  lagernden  Büchermassen  übertragen.  Jetzt  wurden  die  im  Kontrollhofe 
zu  Wiesbaden  so  lange  verwahrten  Reste  der  Eberbacher  Klosterbibliothek 
aus  ihrer  unwürdigen  Lage  endlich  befreit.  Die  Bücher  wurden  noclimals  ge- 
sichtet und  gelichtet,  das  bei  dieser  zweiten  Musterung  für  Wiesbaden  oder 
Weilburg,  Herborn  und  Limburg  überliaupt  tauglich  Befundene  wurde  heraus- 
gesucht und  verteilt.  Der  an  Wiesbaden  fallende  Teil  wurde  alsdann  mit  dem 
vorhandenen  Bestände  der  Bibliothek  verglichen  und  die  Dubletten  oder  die 
vermeintlichen  Dubletten  —  eine  Berücksichtigung  der  Sammelbände  und  eine 
genaue  Vcrgleicliung  der  Ausgaben  fand  natürlich  nicht  statt  —  wurden  mit 
allem,  was  von  vornherein  unbeachtet  geblieben  war,  zur  Veräusserung 
bestimmt. 

Dasselbe  Verfahren  wurde  mit  den  damals  noch  in  ihren  Klöstern  rulienden 
und  jetzt  allmählich  nach  Wiesbaden  geschafften  Büchersamndungen  befolgt. 
Zunächst  kam  die  noch  an  Ort  und  Stelle  befindliche  Franziskanerbibliothek 
zu  Iladamar  an  die  Reihe.  Die  Regierung  hatte  1816  bestimmt,  dass  die  In- 
kunabeln und  die  des  Aufbewahrens  werten  Bücher  der  Landesbibliothek  zufallen. 


lMT 


alles  Übrige  aber  zu  ihrem  Verteile  verkauft  werdcüi  solle.  lnf()lf>(!  dessen  hattn 
schon  damals  Professor  Pistor  in  Jladamar  (lr(n  Fünftel  ihn-  JJibliothck  ver- 
zeichnet. Jlundeshagen,  dem  im  ^Fai  1817  dieser  Katalog-  zugestellt  war.  um 
danach  die  Auswahl  zu  treffen,  hatte  ihn  aber  verschlep])t.  Der  Rektor  Frorath 
zu  Hadamar  wurde  dalier  mit  der  Anfertigung  eines  neuen  Verzeichnisses  be- 
auftragt. I)i(^  in  z(^]in,  wenn  auch  mit  Gitterthüren  verwahrten  Schränken 
aufgestellte,  dennoch  arg  mitgenommcme  und  gt^piündertc^  liibliothek  umfasstc; 
noch  etwas  mehr  als  700  Werken  in  etwa  2000  Bänden.  Davon  wurde;  der 
theologische  Teil  ganz  für  Limburg  aufbewahrt,  27  Werke  kamen  nach  Weil- 
burg, 20  nach  Wiesbaden,  das  tlbrige  wurde  bis  auf  18  von  Frovatli  für 
lladamar  erbetene  als  Makulatur  v(>rsteigert. 

Ebenso  wurde  jetzt  dm  Bibliothek  der  Abtei  Schönau,  die  Weitzel  zu 
diesem  Zweck  besuchte,  im  März  1821  aufgelöst.  Das  1809  bereits  auf  Ver- 
anlassung der  nassau-weilburgischen  Regierung  augefertigte  Verzeichnis  hat  sich 
leider  nicht  im  Staatsarchive  zu  Wiesbaden  erhalten.  Der  Umfang  dieser  alten 
Ivlosterbibliothek,  die  jetzt  nach  Wiesbaden  überführt  wurde,  wird  dem  der 
Bibliotheken  zu  Notgottos  und  Arnstein  gleich  gekommen  sein  und  kann  mit 
Wahrscheinlichkeit  auf  etwa  4000  Bände  angenommen  werden.  Die  neuere 
Litteratur  war  weniger  vertreten,  dafür  umso  mehr  die  ältere,  "von  der  auch 
eiu  wertvoller,  äusserli(!h  leicht  erkennbarer  Rest  in  Wiesbaden,  Limburg, 
Weilburg  und  Herborn  erhalten  ist. 

Bei  der  Bibliothek  der  Abtei  Marienstatt  dagegen  sparte  man  die  Trans^xn-t- 
kosten.  Gegenüber  dem  vom  Kirchenrat  Schröder  zu  Hacheuburg  leidlich  ver- 
fertigten Verzeichnis  dieser  ehemals  gleichfalls  bedeutenden  Büchersammlung^^), 
die  noch  immer  unter  rund  2000  Bänden  mehr  als  40  Inkunabeln  —  darunter 
eine  Reihe  von  Sammelbänden  —  besass,  beobachtete  man  die  grösste  Zurück- 
haltung, sodass  jetzt  nur  noch  eine  Handvoll  von  dorther  stammenden  Drucken 
des  fünfzehnten  Jahrhunderts  in  Wiesbaden  und  den  drei  anderen  Orten  auf- 
zutreiben ist.  Die  Landesbibliothok  ist  allerdings  1822  durch  die  Marienstatter 
Bibliothek  in  den  glücklichen  Besitz  des  Gutenberg'schen  Catholicons  gelangt. 

Leider  unterblieb  die  1822  erwogene  Einverleibung  der  IJibliothek  der 
1817  aufgelösten  Hohen  Schule  zu  Herborn  in  die  Landesbibliothek.  Durch 
sie  hätte  letztere  einen  besonders  auf  dem  Gebiet  der  Reformationslitteratur 
höchst  wortvollen  Zuwachs  erhalten.  ]\lan  beschränkte  sich  von  Seiten  der 
Landesbibliothek  vielmehr  darauf,  eine  Reihe  brauchbarer  Bücher,  soweit  sie 
für  das  theologische  Seminar  zu  Herborn  nicht  weiter  in  Frage  kamen,  aus 
der  nahezu  10  000  l>ändo'")  umfassenden  Bibliothek  auszusuchen. 


^*j  Über  die  Verwahrlosung  derselben  s.  v.  d.  Tiindo  n.  a.  0.,  S.  53. 

"J  Der  damals  als  veraltet  ausgeschiedene  und  auf  dem  Speicher  eines  jetzt  abgerissenen 
Anbaues  der  Hcrborner  Stadtkircho  untergebrachte  Teil  der  Hohen  Schulbibliothok  —  darunter 
vornehmlich  der  grösste  Teil  der  mehrere  tausend  Bünde  umfassenden  liibliotheca  l'auseniana 
—  blieb  sich  hier  sechs  Jahrzehnte  hindurch  selbst  überlassen.  In  den  achtziger  Jahren  des 
neunzehnten  Jahrhunderts  wurde  sie  unter  der  Hand  au  die  Königliche  Bibliothek  zu  Berlin 
zu  Gunsten  der  theologischen  Seminarbibliothek  verkauft. 


21f^ 

Auch  iiii  (las  CJyinnasiimi  zu  Weilburg  wurdou  ^später.  im  -laliro  I80I. 
400  AVorko  von  Ilerborn  ubgogebcn.  Im  .hilirc  1883  erhielt  dagegen  die  dortige 
Seniinarbibliothek  seehszehn  CeutniM-  IJücher.  denen  weircrliin  iiorli  zu  ver- 
schiedenen Malen  weitere  Sendungen  folgten,  aus  der  Landesbibliothek,  sodass 
jene  Bibliothek  in  ilu-er  älteren,  jetzt  in  der  ehemaligen  feuchten  Küche  des 
Herborner  Schlosses  untergebrachten  Hälfte  einen  verhältnismässig  respektablen 
Rest  aus  nassauischen  Klosterbibliotheken  aufweist. 

Es  ist  nicht  zu  verwundern,  dass  bei  der  strengen  Musterung,  der  die 
von  allen  Seiten  zuströmenden  Büchermassen  von  Weitzel  unterworfen  wurden, 
sich  ein  gewaltiger  Haufe  sogenannter  Makulatur  sclmeil  ansammelte.  Unter 
dem  1^1'.  -lanuar  1823  bittet  AVeitzel  das  Staatsministerium,  sich  der  Mengen 
von  „alten  Predigten  unbekannter  Mönche,  finster  asketisclie  und  dogmatische 
Ausgeburten  obskurer  Theologen"  durch  eine  Versteigerung  entäussern  zu  dürfen. 
Die  Erlaubnis  dazu  wurde   ihm  anstandslos  erteilt. 

Im  September  1823  wurde  die  ehemalige  Regieruugsbibliothek  zu  Plachen- 
burg.  7.")  Centner,  nach  Wiesbaden  geschafft.  Mit  dieser  Bibliothek,  die  früher 
schon  unter  der  nassau-weilburgischen  Verwaltung  zum  Transport  nach  Ehrcn- 
breitstein  bestimmt  gewesen,  deren  Auslieferung  damals  aber  verweigert  worden 
war,  weil  die  Bibliothek  ein  Fideikommiss  sei,  ist  besonders  für  die  Abteilung 
der  Xassoica  eine  wertvolle  Grundlage  gelegt. 

Auch  aus  Idstein  Hess  jetzt  Weitzel  alles,  was  von  den  in  den  Jahren 
1803  bis  1806  und  1817  dorthin  geschafften  Klosterbibliotheken  noch  vorhanden 
war,  herbeiholen.  Es  waren  noch  350  Centner.  Die  Kosten  des  Transportes, 
150  Gulden,  wurden  durch  den  Verkauf  von  100  Centnern  weiterer  Makulatur 
gedeckt.  Zugleich  wurden  mehrere  tausend  angebliche  Dubletten  versteigert. 
Das  Staatsministerium  billigte  Weitzels  Verfahren  durchaus  und  benachrichtigte 
ihn  unter  dem  11.  August  1824,  dass  „das  befriedigende  Resultat  der  Ver- 
äusserung  der  iJoubletten  gerne  ersehen  worden". 

In  Weilburg  lagerte  noch  immer  die  schon  zwanzig  .Jahre  früher  dahin 
gebrachte  Bibliothek  der  alten  Prämonstratenser-Abtei  Arnstein  zusammen  mit 
der  gleichfalls  längst  ausser  Gebrauch  gesetzten  ehemaligen  nassau-weilburgischen 
R(!gierungs-  und  Hofkammerbibliothek.  Ihrer  erbarmte  man  sich  jetzt.  Um 
Transportkosten  zu  sparen,  wurde  Zimmermann  nach  Weilburg  geschickt  mit 
dem  Auftrage,  das  Unbrauchbare  auszuscheiden  und  an  Ort  und  Stelle  zu  ver- 
kaufen. 23'/i!  Centuer  Bücher  stiess  man  als  Makulatur  auf  diese  Weise  schon 
in  AVeilburg  al).  73  Ccntner  kamen  nach  Wiesbaden.  Die  Arnsteincr  Bibliothek 
lieferte  nach  Weitzels  lieiidit  fast  nur  Makulatur,  die  Rogierungsbibliothek 
dagegen  bot  (üne  gute  Ausbeute, ^*^)  Und  doch  weist  das  freilich  jeder  Kritik 
spottende  Verzeichnis  dieser  alten  Abteibibliothek,  die  durch  Verkauf  schon 
im  achtzehnten  Jahrhundert  grosser  Kostbarkeiten  entäussert  worden  war,   unter 

-")  In  ihr  hofiindeii  «ich  unter  niulerem  niülirere  hundert  Exemplare  von  Krenier's 
goneiilo},'ischer  (jeschiclite  des  alten  ardennisiilien  (leHchlechtes,  die  zu  (iunsten  der  Bibliotheks- 
kasse 1S'J9  un  Kaut'iiiaiin  Klciiisclmiidt  zu  Idstein  als  Makulatur  für  114  H.  42  kr.  verkauft 
wurden. 


219 

den  etwii  1^^00  Werken  in  viertluilbhiuseud  Bänden  ausser  einer  j^anzen  Reilie 
rcrgamonthandscliriften-'-)  beinalie  100  Bände  mit  Inkunabeln  auf. 

In  Erniaugelun<^  anderer  Nachrichten  über  das,  was  an  Handschriften  und 
Druckwerken  damals  verst(;igert  worden  ist,  ist  es  ganz  instruktiv,  einen  Blick 
in  di(!  alten  Rechnung-s-Journale  dor  Landesbiblioth(>k  /u  werfen.  Jlier  finden 
wir  unt(;r  Kapitel  VI,  wo  die  unvorhergesehenen  Einnahmen  aufgeführt  sind, 
folgende  Posten: 

1820  aus  versteigerten  BibUothels-EJ'eUen 240  ß.  52  kr. 

und  123  „  46  „ 

182o   atis  alten,  für  Mahilatiir  versteigerten  Büchern  .     .  102  ,,  45  „ 

1824  aus  dem  Verkauf  des  teihveise  veräusserten  Doubletfen- 

Vorrats  im  II.  Qtl.  1824 .       7i  „     —  „ 

aus  versteigerter  Makulatur  und  unbrauchbarem  Per- 
gament     262  „     14  „ 

ans  den    am    24. — 28.    Jtüy    versteigerten    Biicher- 

Doubktten 333  ,,     48  „ 

aus  dem  Verkaufe  der  Beste  der  Douhletten-Bibliothek     451  „     —  „ 
aus  der  £u  Weilbnrg  verkauften^  aus  der  Arnsteiner 

Klosterbibliothek  abgesonderten  Makulatur     .     .       57  „     —  ,, 
(Die  wertvolle  Bibliothek  ging  also  pro  Centner 
für  etwas  mehr  als  2  fl.   ab !) 

Ferner  werden  noch  verschiedene  Sorten  von 
Dubletten-Yerkäufen  an  Private  aufgeführt;  im 
Ganzen  betrug  das  Ergebnis  der  Veräusserungcn 
in  diesem  Jahre  1374  ß.  14  kr. 

1825  aus  der   Versteigerung  von  Doubletten 189  „       8  ,, 

1826  für  Makulatur  und  Bücher- Doubletten  von  der  Herr- 
mann'scheu  Buchhandlung  in  Frankfurt      ....     160  „     —  ., 

1827  Desgl " ^40  .,     -  „ 

1833  für  eine  Parthie  Doubletten  und  als  Makulatur  aus- 
geschiedener Bücher  von  der  Herrmann' sehen  Buch- 
handlung        300  „     —  „ 

Unter  solchen  Umständen  war  es  ein  Glück,  dass  die  Seminarbibliothek 
zu  llerborn,  die  Gymnasialbibliothek  zu  Weilburg  und  vor  allen  Dingen  das 
1829  begründete,  aber  längst  vorher  in  Aussicht  genommene,  katholische  Seminar 
in  Limburg  Abzugskanäle  für  die  Landesbibliothek  bezüglich  der  in  dieser  zu- 
sammenkommenden Büchermassen  bildeten.  Dadurch  ist  einer  noch  weiter- 
gehenden Verschleuderung  und  Vernichtung  jener  wertvollen  litterarischen 
Schätze,  die  zum  Teil,  wi((  die  Handschriften,  auf  nassauischem  Boden  ent- 
standen sind,  in  ilirer  Gesamtheit  aber  die  Jlauptrepräsentanten  des  geistigen 
Lebens,  das  in  vergangenen  Jahrhunderten  sich  innerhalb  der  Grenzen  des 
Nassauerlandes  entfaltet  hat,   darstellen,   und  denen  darum  naturgemässer  Weise 

^')  Im  Verzeichnis  steht  meist  nur  „altes  Manuscript  auf  Pergament",  was  uns  ja  freilich 
für  den  vorliegenden  Zweck  genug  sagt. 


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220 

aiu'h  in  der  iiassauischen  Landosbibiiuiiiok   zu   W'iosbaJeii  (nn  IHirenplatz  hätte 
augcwiesen  werden  sollen.  Avenigstons  in  etwas  entgegengewirkt  worden. 

Übersehen  wir  noch  -^inmal.  wtis  wir  über  den  äusseren  Umfang  der 
nassauisehen  Klosterbibiiotlieken  zur  Zeit  ihrer  AuHösung--)  haben  feststellen 
können  und  stellen  wir  die  einzelnen  Klosterbibliotheken  nach  ihrer  Grösse 
zusauinien.    nändieh 

Limburg mit  etwa  10000  IJänden 

Eberbach SOOO 

Deutz 4  500 

2sotgottes 4000 

Sehöuau ,,       „  4000 

Arnstein ,        .,  'M){)0 

Ehrenbreitsteiu „  .'»500 

Uöchst -5000 

Bornhof  en „        .,  2500 

Marieustatt „        „  2000 

Hadamar „       „  2000 

Savn „  1800 

Linz IGOO 

Montabaur „        ..  1200 

Rommersdorf     ....        „        „  700         „ 

Marienthal ,       „  600         „ 

Eibingen ,.        ..  600 

so  ergibt  sieh  dic^  Gesamtsumme  der  in  ihnen  entJialten  geweseneu  iJüclier  auf 
rund  55  000  Bände,  Hiervon  ist  leider  nicht  mehr  der  fünfte  Teil  in  der  Landes- 
bibliothek zu  Wiesbaden,  sowie  in  der  bischöfliclion  Priesterseminarbibliothek 
zu  Limburg,  der  evangelischen  Seminarbibliothek  zu  lierborn  und  den  Gym- 
nasialbibliothekeu  zu  Weilburg,  Wiesbaden  und  Iladamar  erhalten.  Als  Mass- 
stab dafür,  wie  die  erhaltenen  Beste  sich  auf  diese  sechs  Bibliotheken  verteilen, 
sei  bemerkt,  dass  die  Anzahl  der  Inkunabeln,  wie  sie  sicli  mir  gelegentlich  ihrer 
Verzeichnung  in  diesem  Jahre  ergab,  in  der  Landesbibliothek  zu  Wiesbaden  oo9, 
in  der  Seminarbibliothek  zu  Limburg  317,  in  der  Gymnasialbibliothek  zu  Weil- 
burg 7L  in  der  Seminarbibliothek  zu  ][erborn  60,  in  der  Gynmasialbibliothek 
zu  Wiesbaden  10  und  in  der  Gynmasialbibliothek  zu  Hadamar  o  beträgt. 
Darunter  befinden  sich  allerdings  79  aus  der  Hohen  Schulbibliothek  zu  Herborn, 
15  aus  der  ehemaligen  Gymnasialbibliothek  zu  Idstein  und  einzelne  anderswoher 
stammende  Werke.  Die  Zahl  aller  in  diesen  Bibliotheken  enthaltenen  Drucke  des 
fünfzehnten  Jahrhunderts  beläuft  sich  nach  Ausschluss  der  Dubletten  auf  nur  741. 

^'0  Rücksichtlich  fast  aller  dieser  Bibliotheken  muss  uiftii  iiiimor  im  Auge  behalten,  dass 
feindliche  Hände,  aber  auch  und  nicht  zum  wenigsten  sachverständige  Konventualen  sie  vor 
der  Aufliebung  der  Klöster  bereits  des  A'"orzüglichsten  beraubt  hatten,  wie  denn  in  ganz  Süd- 
deutschluiid  die  holländischen  und  englischen  Ausgaben  lateinischer  und  griechischer  Klassiker 
nie  80  wohlteil  gewesen  sein  sollen  wie  im  Juhrc   1802. 


Annal.  d.  Vereins  f.  Nass.  Altert,  u.  Gesch.  Bd  XXX. 


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ANNALEN  DES  VERELNS 


FÜR 


NASSAUISCHE  ALTERTUMSKUNDE 


UND 


GESCHICHTSFORSCHUNG. 


EINUNDDREISSIGSTER  BAND- 

ERSTES  HEFT. 

•      1900. 


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WIESBADEN. 
VERLAG  VON  RUD.  BECHTOLD  &  COMP. 

1900. 


DIE  INKUNABELN 

NASSAUISCHER  BIBLIOTHEKEN. 


VERZEICHNET 

VON 


DR.  GOTTFRIED  ZEDLER 

BIBLIOTHEKAK  AN  DEB  LANDESBIBLIOTHEK  ZU  WIESBADEN. 


FESTSCHRIFT 


ZUR 


FÜNFH  UNDERTJÄHRIGEN  GEDÄCHTNISFEIER 

JOHANN  GUTENBERGS 

HERAUSGEGEBEN 

VOM 

VEREIN  FÜR  NASSAUISCHE  ALTERTUMSKUNDE 
UND  GESCHICHTSFORSCHUNG. 


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WIESBADEN. 
VERLAG  VON  RUD.  BECHTOLD  &  COMP. 

1900. 


Die  Ergebnisse  der  ebenso  methodisch  wie  sorgfältig  durchgeführten 
Typenvergleichung  der  Inkunabeln  des  British  Museum  und  der  Oxford  Library, 
wie  sie  in  Proctors  Index  vorliegen,  haben  die  Inkunabelnforschung  geradezu 
aui  eine  neue  Basis  gestellt.  Ihr  nächstes  weiteres  Ziel  wird  die  Feststellung 
der  ihren  Drucken  nach  zwar  unterschiedenen,  ihrem  Namen  nach  aber  noch 
unbekannten  Drucker  sein  müssen.  Die  Lösung  dieser  Aufgabe  wird  wesent- 
lich Sache  einer  von  der  Lokalforschung  ausgehenden  monographischen  Behand- 
lung der  einzelnen  Drucker  und  Druckorte  sein.  Die  Vorbedingung  für  solche 
Einzelforschungen  bleibt  aber  immer  die  Verzeichnung  und  Nachweisung  des 
überall  zerstreuten  Inkunabelnmaterials,  Dass  dies  in  Deutschland  in  derselben 
einheitlichen  Weise  geschehen  wird,  wie  jetzt  in  Frankreich  durch  den  Pelle- 
chetschen  Katalog,  ist  mindestens  zweifelhaft.  Denn  abgesehen  von  den 
grösseren  Schwierigkeiten,  welche  einem  solchen  Unternehmen  bei  uns  aus  ver- 
schiedenen unschwer  zu  erkennenden  Gründen  entgegenstehen,  scheint  gegen- 
wärtig die  Meinung,  dass  man  das  letzte  Ziel  der  Inkunabelnforschung, 
die  Herstellung  eines  Gesamtkatalogs  aller  Drucke  des  fünfzehnten  Jahr- 
hunderts, direkt  erstreben  müsse  und  könne,  in  den  interessierten  Kreisen  die 
vorherrschende  zu  sein.  Meines  Erachtens  sollte  man  freilich  in  Deutschland 
sowie  in  den  anderen  beteiligten  Ländern  das  Beispiel  Frankreichs  nachahmen. 
Es  wäre  dies  eine  erreichbare  Aufgabe,  welche  dadurch,  dass  sie  der  Spezial- 
forschung  das  Material  an  die  Hand  gäbe,  um  die  für  einen  Gesamtkatalog 
erforderlichen  Vorarbeiten  erfolgreicher  und  in  grösserem  Massstabe  als  bisher 
in  Angritf  nehmen  zu  können,  die  Herstellung  des  letzteren  am  sichersten  in 
die  Wege  leiten  würde.  Denn  ein  neuer  Hain,  welcher  in  der  Verzeichnung 
der  einzelnen  Drucke  in  mancher  Hinsicht  gewiss  kürzer  und  präziser  als  die 
oft  allzu  umständhche  Beschreibungen  erfordernden  Inkunabelnkataloge  von 
heutzutage  sein  könnte,  müsste  doch  nicht  allein  über  die  noch  unbekannten 
Drucke,  sondern  auch  über  die  noch  unbekannten  Drucker  die  nötige  Aus- 
kunft geben.  Dass  dies  aber  bei  dem  heutigen  Stande  der  lukunabelnforschung 
in  befriedigender  Weise  geschehen  könne,   wird  man  nicht   behaupten  wollen. 

Wie  dem  aber  auch  sei,  einstweilen,  solange  nicht  ein  allgemeiner  inter- 
nationaler Inkunabelnkatalog  oder  doch  ein  Gesamtkatalog  der  in  den  deutschen 
Bibliotheken  vorhandenen  Inkunabeln  unternommen  wird,  kann  die  Veröffent- 
lichung von  Verzeichnissen  einzelner  Sammlungen  zweifellos  nur  dienlich  sein. 
Ist  das  vorliegende  auch  nur  sehr  bescheidenen  Umfangs,  so  giebt  es  doch 
Auskunft  über  die  Inkunabelnbestände  eines  grösseren  Gebietes,  insofern  als 


—     VI      — 

samtliche  Wiegendrucke  der  im  Gebiet  des  vormali^'en  Herzogtums  Nassau 
bestehenden,  für  diese  Litteratur  im  wesentlichen  wohl  einzig  in  Beti-acht 
kommt^nden  Bibliutheken  darin  verzeichnet  sind.  Mit  wenigen  Ausnahmen 
stammen  die  liier  aufgeführten  Drucke  aus  den  im  Jahre  18<)3  durch  den 
Reichsdeputatioushauptschluss  an  Nassau  gefallenen  und  damals  aufgehobenen 
zahlreichen  Klosterbibliotheken  sowie  aus  der  Bibhothek  der  Hohen  Schule  zu 
Herbom.  Im  vorhergehenden  Bande  dieser  Zeitschrift  ist  von  mir  des 
Näheren  nachgewiesen,  wie  pietätlos  nicht  nur  mit  den  Beständen  jener  Bibho- 
theken  umgegangen  worden  ist,  sondern  wie  auch  infolge  ungünstiger  Umstände 
und  durch  tlie  Schuld  unberufener  Bibliothekare  diese  zu  spärlichen  Resten 
zusammengeschmolzenen  Bücherschätze  nicht  einmal  in  der  nassauischeu 
Landesbibliothek  vereinigt,  sondern  obendrein  möglichst  im  Lande  zerstreut 
worden  sind. 

Die  hier  verzeichneten  Inkunabeln  verteilen  sich  ausser  auf  die  Landes- 
bibliothek und  die  Bibliothek  des  Vereins  für  Nassauische  Altertumskunde 
und  Geschichtsforschung  zu  Wiesbaden,  auf  die  bischöfliche  Seminarbibhothek 
zu  Limburg  a.  d.  Lahn,  die  evangelische  Seminarbibliothek  zu  Herborn  sowie 
auf  die  Gymnasialbibliotheken  zu  Weilburg,  Wiesbaden  und  Hadamar.  Über 
die  Art  der  Verteilung  giebt  das  Register  B  am  Ende  eine  Übersicht,  ebenso 
wie  man  im  Reirister  C  zusammengestellt  tindet,  was  sich  über  die  Zugehörig- 
keit dieser  Drucke  zu  einer  jener  ehemahgen  Klosterbibliotheken  oder  zur 
Hohen  Schulhibliothek  ermitteln  liess.  Wo  dafür  in  den  Büchern  selbst  die 
Indizien  fehlen  oder  durch  Herausreissen  von  Blättern  oder  durch  Entfernung 
der  inneren  Deckelbeläge  verloren  gegangen  sind,  ist  es  allerdings  nur  ganz 
vereinzelt  möghch  gewesen  an  der  Hand  der  bei  der  Auflösung  der  Kloster- 
bibliotheken verfertigten,  höchst  ungenauen  Verzeichnisse  die  einstige  Heimat 
zu  bestimmen. 

Mit  welcher  Gleichgültigkeit  trotz  angeblicher  Sorgfalt  die  Bücher,  nach- 
dem aus  den  der  Aufbewahrung  überhaupt  für  wert  erachteten  die  wirklichen 
oder  vermeintlichen  Dubletten  ausgesondert  und  veräussert  worden  waren,  an 
die  verschiedenen  Bibliotheken  verteilt  worden  sind,  dafür  liefert  auch  dieser 
Katalog  die  sprechendsten  Belege.  Man  vergleiche  nur  No  21,  wo  von  den 
vier  Bänden  der  Summa  universae  theologiae  des  Alexander  de  Ales,  welche 
aus  der  Franziskanerbibliothek  zu  Limburg  stammen,  der  1.,  3.  und  4.  Band 
jetzt  in  der  Landesbibliothek  zu  Wiesbaden,  der  2.  dagegen  in  der  Bibliothek  zu 
Limburg  betindlich  sind,  oder  No  54,  wo  von  den  vier  ebenfalls  aus  dem 
Franziskanerkloster  stammenden  Teilen  der  Summa  theologica  des  Antoninus 
Florentinus  Teil  1.  2,  4  und  die  er^te  Hälfte  des  3.  Teiles  der  Gymnasial- 
bibliothek zu  Weilburg,  die  zweite  Hälfte  dieses  Teiles  dagegen  der  Landes- 
bibliothek zu  Wiesbaden  zugeteilt  worden  sind,  oder  No  120,  wo  von  ein  und 
demselben  Exemplar  des  Dictionarius  des  Petrus  Berchorius  jetzt  Teil  1  in 
Weilburg,  Teil  3  in  Limburg,  Teil  2  überhaupt  nicht  mehr  vorhanden  ist,  wo- 
mit freilich  nicht  gesagt  sein  soll,  dass  die  grosse  Masse  der  jetzt  nur  noch 
unvollständig  erhaltenen  Exemplare  auf  Rechnung  der  mit  der  Aufhebung  der 
Klosterbibliotheken  betrauten  Bibliothekare  zu  setzen  sei.  Es  führte  aber 
viel  zu  weit,  wenn  man  die  Sorglosigkeit  und  Unachtsamkeit,  welche  bei  der  Ver- 


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teilung  stattgefunden  hat,  hier  noch  weiter  illustrieren  wollte.  Ohnehin 
kann  jeder,  der  sich  dafür  interessiert,  mit  leichter  Mühe  dies  Sündenregister 
aus  dem  Katalog  selbst  vervollständigen. 

Die  Landesbihliothek  besass  bisher  kein  weiteres  Verzeichnis  ihrer  Inku- 
nabeln als  das  im  Jahre  1823  im  ersten  Hefte  des  „Cataloges  der  ütfentHchen 
Bibliothek  zu  Wiesbaden"  verötl'entlichte.  Damals  war  die  Auflösung  der 
Klosterbibliotheken  noch  nicht  beendigt  und  vor  allem  war  über  das  Schicksal  der 
Bücher  noch  nicht  endgültig  entschieden  worden.  So  kommt  es,  dass  von  den  dort 
verzeichneten  nahezu  hundert  Wiegendrucken  jetzt  verschiedene  nicht  mehr 
nachweisbar  sind.  Ihrer  hat  man  sich  wohl  bei  den  im  Laufe  der  nächsten 
Jahre  wiederholt  stattfindenden  grossen  Makulatur-  und  Dublettenversteige- 
rungen entledigt,  wie  denn  auch  eine  ganze  Reihe  anderer  wertvoller  Bücher, 
ja  selbst  Handschriften  spurlos  verschwunden  sind.  Auch  die  Gymnasialbiblio- 
thek zu  Weilburg  ist  im  Besitze  eines  Verzeichnisses  ihrer  Inkunabeln  und 
alten  Drucke  bis  zum  Jahre  1550*,  welches,  wenn  es  auch  nicht  ganz  voll- 
ständig und  genau  ist,  doch  bei  Feststellung  des  dortigen  Bestandes  von  mir 
mit  Dank  benutzt  werden  konnte,  ebenso  wie  die  in  dem  Wiesbadener 
Clymnasialprogramm  von  1882  enthaltene  Mitteilung  Wedewers  über  die  in 
der   Bibliothek    dieses  Gymnasiums  vorhandenen  Inkunabeln. 

Tjpenvergleiche  in  grösserem  Umfange  vorzunehmen,  dem  stand  meist 
die  räumliche  Trennung  der  Bestände  im  Wege.  Wo  sich  mir  die  Gelegen- 
heit dazu  bot,  habe  ich  sie  nicht  verabsäumt  und  bei  späterer  Einsicht  des 
Proctorschen  Index  meine  Beobachtungen  meist  bestätigt  gefunden.  Wo 
Proctors  Autorität  fehlt,  muss  ich  bei  dem  Mangel  ausreichenden  Materials, 
zumal  mir  auch  Burgers  Monumenta  leider  nicht  zugänglich  waren,  die  Rich- 
tigkeit meiner  Beobachtungen  dahingestellt  sein  lassen.  Proctors  Bestim- 
mungen bin  ich  ü1)erall,  auch  wo  sie  von  den  Angaben  anderer,  sonst  zuverlässiger 
Kataloge  abweichen,  ohne  Bedenken  gefolgt,  ebenso  wie  ich  mich  durchweg 
seiner  Bezeichnungen  für  die  ihrem  Namen  nach  noch  unbekannten  Drucker 
bedient  habe. 

In  der  Hauptsache  handelte  es  sich  für  mich  nur  um  die  Feststellung 
und  eventuelle  Beschreibung  der  in  den  genannten  Bibliotheken  vorhandenen 
Bestände,  eine  Arbeit,  die  mühevoller  war,  als  es  der  vorliegende  Katalog 
vermuten  lässt,  da  ich  nur  den  allernotwendigsten  bibliographischen  Apparat 
mit  mir  führen  konnte  und  deshalb  gezwungen  war,  manche  überflüssige  Be- 
schreibung vorzunehmen.  Was  die  von  mir  bei  der  Beschreibung  befolgte 
Methode  betrifft,  so  bin  ich  dabei  von  der  Überzeugung  ausgegangen,  dass 
auch  ein  noch  so  minutiöses  Verfahren  unter  Umständen  nicht  genügen  wird, 
um  zwei  verschiedene,  aber  einander  sehr  ähnliche  Drucke  richtig  auseinander- 
zuhalten. Dazu  würde  in  jedem  Falle  nur  die  photographische  Nachbildung 
ausreichen,  und  in  solchen  Fällen  kann  nur  eine  genaue  Vergleicbung  der 
Drucke  die  charakteristischen  Unterschiede  an  die  Hand  geben.  Im  ül)rigen 
ist  zwar  eine  peinliche  Akribie  bei  Beschreibung  von  Inkunabeln  erfordt- rlich, 
aber  zugleich  doch  auch    die  Beschränkung   auf  das  Notwendige    und  Zweck- 


*  Dies  von  dem  damaligen  Direktor  des  Gymnasiums  E.  Bernhardt  verfasste  Verzeichnis 
findet  sich  im  Programm  des  Gymnasiums  für  1877/78. 


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massige  geboten.  Ich  sehe  keinen  Grund  ein.  ■warum  die  an  sich  schon  so 
zeitraubende  Arbeit  z.  B.  durch  die  Unterscheidung  von  i  und  r  oder  von 
f  und  s  erschwert  werden  soll,  und  pflichte  unbedingt  der  im  Campbellschen 
und  Pellechetschen  Katalog  zur  Anwendung  gekommenen  Praxis  bei,  welche 
dergleichen  als  ..Hyperakribie"  getrost  bei  Seite  lässt.  Die  Mode  die  ver- 
schiedenen Typeuarten  des  (Originals  durch  Anwendung  der  gotischen  oder 
römischen  T\"pe  bei  der  Beschreibung  zur  Darstellung  zu  bringen,  ist  eben- 
falls zum  mindesten  überflüssig,  in  vielen  Fällen,  wenn  nicht  die  Typenart 
ausserdem  noch  besonders  charakterisiert  wird,  sogar  irreführend.  Dagegen 
haben  die  in  den  älteren  Katalogen  sich  vortindenden  vielfachen  DiÖerenzen 
in  der  Blattzählung  es  auch  mir  notwendig  erscheinen  lassen,  die  Signaturen 
und  Blattlagen  genau  zu  beachten  und  anzugeben,  was  sich  ohnehin  aus 
sonstigen,  schon  von  anderer  Seite  hervorgehobenen  Gründen  empfiehlt. 

Dass  durch  dies  Verzeichnis  für  die  in  Nassau  vorhandenen  Wiegendrucke, 
welche  naturgemäss  in  der  Laudesbibliothek  hätten  vereinigt  bleiben  sollen, 
wenigstens  wieder  eine  ideale  Einheit  hergestellt  werden  konnte,  das  ist  in 
erster  Linie  das  Verdienst  der  Vorstände  der  beteiligten  Institute  und  ihrer 
Bibliothekare,  bei  denen  ich  überall  das  grösste  Entgegenkommen  gefunden 
habe.  Dafür  sei  auch  an  dieser  Stelle  Sr.  Gnaden  dem  Herrn  Bischof  DoiiiNicüS 
sowie  den  Herren  Domkapitular  Dr.  Höhlee  und  Subregens  Goebel  zu  Lim- 
burg, Bibliotheksdirektor  Professor  Dr.  Lieseuaxg,  Gymnasialdirektor  Dr. 
Fischer  und  Professor  Dr.  Spiess  zu  Wiesbaden.  Gymnasialdirektor  Dr.  Padxus 
und  Oberlehrer  Dr.  GrsDLAcn  zu  Weilburg.  Professor  Knodt  zu  Herborn  und 
Oberlehrer  Dr.  Otto  zu  Hadamar.  dessen  freundliche  Bemühungen  mich  des 
Nachforschens  an  Ort  und  Stelle  überhoben,  herzlich  gedankt.  Bei  der 
Arbeit  selbst  haben  mich  ferner  die  Herren  Bürger  in  Leipzig  und  Velke 
in  Mainz  unterstützt.  Ersterem  verdanke  ich  den  Nachweis  zu  No  249, 
letzterem  den  zu  No  620.  Auch  die  Buchhandlung  Joseph  Baer  &  Co.  in 
Frankfurt  am  Main,  die  mir  den  Pellechetschen  und  Proctorschen  Katalog 
sowie  andere  bibliographische  Hilfsmittel  mit  bekannter  Liberalität  zur  Ver- 
fügung stellte,  hat  mich  zu  Dank  verpflichtet,  dem  bücherk-undigen  Prokuristen 
dieser  Firma  Herrn  Sondheim  schulde  ich  für  mehrfache  freundliche  Mit- 
teilungen besonderen  Dank.  Vor  allem  aber  sei  dem  Vorstande  des 
Vereins  für  Nassauische  Altertumskunde  und  Geschichtsforschung,  der  den 
Druck  dieser  Arbeit  ermöglichte,  mein  Dank  gesagt.  Kann  sie  leider  nicht 
Ausk-unft  geben  über  das,  was  Gutenbergs  Kunst  auf  nassauischem  Boden  im 
fünfzehnten  Jahrhundert  in  Eltville  und  Marienthal  geleistet  hat,  so  wird  sie 
doch  hofientlich  mit  dazu  anregen,  dass  über  die  noch  an  so  vielen  Orten 
aufbewahrten  unbekannten  Inkunabelnbestände  Kataloge  veröffentlicht  werden 
aus  denen  die  Forschung  wie  anderswo  so  auch  bezüglich  der  nassauischen 
Wiegendrucke  neue  Impulse  empfangen  und  zweifellos  auch  weitere  Resultate 
gewinnen  wird. 


1  Accursius,  Franciscus:  Casus  in  terminis  super  novem  libris  Justi- 
niani  codicis.     [Argentinae,  t)'pogr.  vitarum  patnim]  s.  a.     2^. 

Hain-Copinger  *6g.     PelUchet  41.     Praetor  430. 

Der  Rubrikator  hat  am  Ende  die  yahreszahl  148g  vermerkt. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Schonau.) 

2  Acta  et  decreta  Concilii  Constantiensis.  Hagenoae,  Henricus  Gran, 
1500.     40. 

Hain-Copinger  ^6og. 
Limburg.     {Aus  L/adamar.) 

3  AdrianusCarthusiensis:  Liber  deremediisutriusquefortunae.  [Coloniae, 
Ulricus  Zell]  s.  a.    4«. 

//airt  *gj.     Pellechet  SS-     Praetor  858. 
Limburg. 

4  Aegidius,  Franciscus:  Verba  aurea  de  gratia  dei,  virtutibus  et  vitiis. 
[Coloniae,  Ulricus  Zell]  s.  a,     4o. 

Hain-Copinger  */OS-     Pellechet  66.     Praetor  884. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

5  Aegidius  Suchtelensis :  Elegantiarum  viginti  praecepta.  Daventriae, 
Rieh.  Pafraet,  1490.     4o. 

Hain-Copinger  6 ££8.      Campbell  Suppl.  J,  6/2. 
Wiesbaden  LB. 

6  Aeneas  Sylvius:  Historia  Bohemica.  [Basileae,  Johannes  de  Amer- 
bach,  1489?]     4". 

Hain  *2£4.     Pellechet  i/6.     Praetor  ^626. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Natgottes,  vorher  in  yohannisberg.) 

7  Aesopus:    Fabulae,  deutsch,     o.  0.  Dr.  u.  J.?     2o. 

Bl  za  leer.  Bl  ib:  Holzschnitt:  „ESOPVS"  umgeben  von  allerlei  Tieren  darst.  Bl  2a  Z  i : 
C  Vita  Esopi  fabulatoris  clarissimi  e  greco  latina  per  |  Rimicium  facta  ad  reuerendissimum 
patre?  dominum  Anthonium  Tituli  sancti  Chrisogoni  prespiterü  Car  dinalem  T)[H!zschniii- 
initia/e]A3  leben  des  hochberümten  fabeldichters  Esopi.  auß  kriech-l  ischer  zungen  in  latejm/ 
durch  |,  Rimiciü  gemachet/  an  de  hoch  wirdigen  vater  herren  antho-  nium  des  titeis  sancti 
Chrisogol  ni  priestern  Cardinalen.  Vnd  ;  fürbaß  da?  selb  leben  Esopi  mit  j  seinen  fabeln/ 
die  ettwo  romu-  ;Iu3  von  athenis  seine  sun  Thiberino  auß  kriechischer  zungen  in  latein/ 
gepracht  hat  gesendet/  vü  mer  etlich  '  d'  fabel  Auiani.  auch  doligami.  Aldefonsy.  vü  schimpf  || 
reden  poggij  vnnd  anderer,  yegklich  mit  jrem  titel  ob  \  verzeichnet,  auß  latein.  von  doctore 
heinrico  3teinhö-|iwel  schlecht  vü  verstentlich  geteütscht.  nitt  wort  auB    '  wort,  sunder  syn 

z 


o      

auB  syn  lie  Bl  J^a  Z  15:  G  Hie  hat  ein  end  das  leben  esopi  Fl  112  'das  Ixxvij  plat]  b  Z  18: 
C  Ein  ennde  habent  die  fabeln  Esopi  die  vö  de  hoch-  gelerten  meyster  Rimicio  newlich 
auß  kriechischer  zungen  in  latein  gepracht.  welche  fabeln  vö  Romu  lo  in  seinen  vier 
büchem  nit  begriffen  werden-  Bl  iil  ^das  Ixxviij  platj  b  Z  i:  C  Die  fabeln  Auiani  Bl  12g 
[das  Ixxxxiiij  plat]  b  Z  : :  C  Gesamelt  fabeln  Bl  rS5  [das  cxx  plat]  b  Z  31 :  C  Hienach  volget 
das  Register  über  die  gemeinen  punckten  der  materi  diß  püchlins.  Bl  160b  Z  16:  C  Hie 
hat  ein  ende  das  Register  der  gemeinen  punkten  vnd  materi  diß  büchlins  Es  folgen  dann 
ohne  Anfang  und  Ende  vier  Blätter  aus  der  Hystoria  sigismundi:  der  tochter  des  fürsten  tancredi 
von   salemia   vnd   des   iünglings  gwisgardi. 

//o'.-'J  Bl  ohne  Sign  1/  Layjm  i—i  6,5  //smf,  Bl  3^—^55  »umerteri  I—CXX,  36  Zeüen, 
goth.   Schrxß,   mit  ca   200   Holzschnitten. 

Bl  161 — 163  und  168—1/0  fehlen. 

Wiesbaden  LB. 

8  Aesopus  moralisatus  cum  bonö  commento.  [Coloniae,  Henricus 
Quentell],  1489  4". 

Hain-Copinger  *304.     Pellechet  212.     Praetor  12g  2. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  fohannisberg.) 

9  Alanus  ab  Insulis:  Doctrinale  altum  seu  liber  parabolarum  metrice 
conscriptus  cum  expositione.     [Coloniae,  Henricus  Quentell]  s.  a.     40. 

Bl  la   Titel:    Doctrinale    altum    seu    li-|  ber   parabolarum  Alani   metrice  descriptus  cü 
sententijs  jj   et    metrorum    expositionibuu  [!]    vtilis    valde    ad    bonorü    mo  |rum  instructionem 
Darunter  der  Holzschnitt:  ein  Lehrer  mit  z-un  Schülern,  im  Spruchbande  die  Inschrift:  Accipies  tanti  etc. 
f  Bl  mit  Sign  [AA—CC3,  das   Weitere  fehlt],  4^  Zeilen  (Bl  2  a),  goth.  Schrift,  drei  Schriftgrössen. 
Wiesbaden   G.     [M  48).     {Aus  Idstein,   Gymn.  Bibl.) 

10  Alanus  ab  Insulis:  Doctrinale  altum  seu  liber  parabolarum  metrice 
conscriptus  cum  expositione.     Coloniae,  Henricus  Quentell,  1497.     4®. 

Bl  la  Titel:  Doctrinale  altü  |  seu  über  parabolarü  Alani  me|  trice  descriptus  cum 
sententijs  ;  metrorü  expositöibo.  vtilis  |  valde.  ad  bonorum  morum  :  virtutum  que  via  sunt 
ad  bea  titudinemi  instructionem.  Bl  2Sb  Z  34:  C  Doctrinale  altü  parabolaii  Alani  cum 
glosa  finit  feliciter  C  Impssum  Colonie  p  Henricum  Quentell.  Anno  domini  .]  Millesimo 
quadringentesimo   nonagesimo    septimo    Bl  26   leer. 

26  Bl  mit  Sign  [AA,^  BB—DDl\  Bl  2  a  45  Z,  sonst  verschieden,  goth.  Schrifl,  vier  Schrißgrdssen. 

Hain  382. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

11  Albertanus  Brixiensis:  De  arte  loquendi  et  tacendi.  Coloniae, 
[Henr.  Quentell],  1487.     4". 

Bl  la  Titel:  Tractatus  de  arte  '|  loquendi  t  tacedi.  Bl  ib:  Compendiosus  tractatus 
de  arte  loquendi  :  tace,  di  multum  vtils  [!]  \\  (  iVoniä  indicendo  :|  multi  erant  nee  est  aliqs 
qui  linguä  sua?  ad  |  etc.  Bl  Sb  am  Ende:  Explicit  liber  de  doctrina  loquendi  et  tacendi 
ab  Albertano  causidico  brixiensi  ad  instructione  filiorum  suoy  compositus.  ||  Impressus  ac 
finitus  Colonie  Anno    dTii  M".  cccc.  Ixxxvij. 

8  Bl  [Bl  3  ist  signtrt:  AAüj\,  3g  u.  40  Zeilen,  goth.  Schrift,  drei  Schriftgrössen. 

Hain-Copinger  40 3.     Praetor  1288. 

Limburg.     {Aus  Limburg^) 

12  Albertus  Magnus:  Commentum  in  libros  physicorunL  Venetiis, 
Johannes  et  Gregorius  de  Gregoriis,  1488. 

Pellechet  334.     Hain-Copinger  518. 
Sign:  a  3,  b — «4,  jr3. 
Herbom  1/6/.     {Aus  Deutt.) 


—     3     — 

13  Albertus  ]\ragnus:    Compendium  theologicae   veritatis.     [Coloniae], 
N[icol.]  G[oetz],  s.  a.     2«>. 

Hain  *433. 
Limburg. 

14  Albertus  Magnus:  Compendium  theologicae  veritatis  cum  tabula 
Thomae  Dorniberg  de  Memmingen.     [Coloniae?  Daventriae?]  s.  a.     2^. 

Hain  *434.     PelUchet  2^4. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

15  Albertus  Magnus:  De  adhaerendo  vero  deo.  [Ulmae,  Job.  Zainer, 
1473.]     20. 

Hain  *42g.     Praetor  2^ Ol. 
Limburg.     (Aus  Limburg.) 

16  Albertus  Magnus:  De  secretis  mulierum  et  virorum  [Eustadii, 
Reyser?]  s.  a.     4o. 

Hain  *S49-     L>as  S  am  Anfang  grosse  Holzschnittinitiale. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbach.) 

17  Albertus  Magnus:  Liber  aggregationis  seu  de  virtutibus  herbarum 
seu  secreta  secretorum.  Quaestiones  naturales  philosophorum.  Antverpiae, 
Godfridus  Bac,  1499.    4». 

Campbell  Suppl.  2  No  84a.     Pellecket  j6j. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstaä.) 

18  Albertus  Magnus:  Postilla  in  evangelium  Johannis.  [Coloniae, 
Johannes  Guldenschatf,  c.  1478].     2^. 

Hain-Copinger  *4Sg.     Pellecket  2g£.     Praetor  I2i£. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Sckönau.) 

19  Albertus  Magnus:  Scriptum  in  «^uattuor  libros  sententiarum. 
[Lugduni,  Job.  Syber?],  s.  a.    2^. 

Pellecket  385. 
Limburg.     [Aus  Deutz.) 

20  Albertus  Trottus  de  Ferrariis:  Tractatus  de  horis  canonicis. 
[Lugduni,  Nicolaus  Pistoris  et  Marcus  Reinhardus  de  Argentina,  c.  1478]. 

Hain-Copinger  *£g6.     Pellecket  40 J. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Arnstetn.) 

21  Alexander  de  Ales:  Summa  universae  theologiae.  Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1481—1482.     4  Bde     2». 

Hain-Ci>pinger  *64J.     Pellecket  431. 

Wiesbaden  LB :  Bd  i,  3,  4.   \ 

Umburg:  Bd  2.  ]     (^''"^  Limburg.) 

22  Alexander  de  Ales:  Summa  universae  theologiae.  Papiae,  Johannes 
de  Birretis  et  Franciscus  de  Girardenghis,  1489.     4  Bde     4". 

Hain-Copinger  ^644.     Pellecket  432. 
Limburg.      Nur  Bd  i,  3  u.  4.     [Aus  Deutz.) 


-     4     - 

23  Alexander  Anglicus:  Destructorium  vitiorum.    Coloniae,  [Ludovicus 
de  Renchen],  1485.     2'\ 

Hain-Copmger  *6£o.      PdUchtl  4j^.     Prcct^v  13/6. 
Limburg.     [Aus  Eberbcuh.) 

24  Alexander    de   Villadei:    Doctrinale    cum    commento  Ludovici    de 
Guaschis,     Basileae.  [Johannes  de  Amerbach],  1486.     2<>. 

Hain-Copngfr  V-^/-      Praetor  /S/O. 

IValburg.     [Aus  Limburg.) 

25  Alexander  de  Villadei:  Doctrinale  seu  grammatica  latina,  metrice. 
Coloniae,  Henricus  Quentell,  1492.     4". 

Bd  I:  Bl  la:  Prima  pars  doctrinaUs  Alexandri  cum  sententijs.  notabilibus,  et  vo- 
cabuloru?  lu  cida  expositione.  nönulliscj  annexis  argumentis  cum  eo/  ]rundem  replicis  ad 
nouellorum  in  grammatica  incipienti,|Um  profectum.  cum  quibusdam  alijs  additis  pro  in 
seien- ;tijs  aliqualiter  prouectis  Darttttter  der  Hokschnät  mit  dem  Magister  und  zwei  Schülern ;  auf 
dem  Spruchband  aie  Inschrift:  Accipies  tanti  etc.  Bl  124a  Z  j6 :  .  .  .  Explicit  feli  'citer  Impressa 
in  felici  Colonia  circa  summü  p  Henricum  Quentell  \\  Anno  a  natiuitate  Xpi.  M.  cccc.  xcij. 
qnto  Kalendas  Septembris  —  Bd  II:  Bl  la:  Glosa  notabilis  secunde  |  ptis  Alexandri  cum 
interlinialibusexpositionibo  textus  eiusde  in  planissimis  sentetijs.  subiüctis  ppulchre  ordina  |tis 
questionibo  atcj  argumetis  cü  replicis  cötra  eoninde?  ;'  etc.  Darunter  derselbe  Holzschnitt  zvu  in 
Bd  I.  Bl  114  a  Z  40:  C  Explicit  feliciter  scda  ps  Alexädri  cum  glosis  metroy  interlinealibo  |( 
planissimisqi  eorüde  subiüctis  sentetijs  fam  rectü  sniandi  modü.  multis  ||  cü  .  .  .  ||  .  .  .  ||  .  .  . 
Im-;  pressa  in  sancta  Colonia  p  Henricü  Quentell  circa  summum  Anno  in- Jcamationis 
dominice  M.  CCCC.  XCij.  quarto  ydus  Octobris.     Bl  114b  leer. 

Bd  I   224  Bl  [al—sl,  /4,  t/4], 

Bd  II  114  Bl  \ai—pi,  q^s^\ 

46  Zeilen,  goth.  Schrift,  5  Schriftgrossen. 

Limburg. 

Alexander  Magnus  s.  Liber  Alexandri  de  praeliis. 
Alliaco  3.  Petrus  de  Alliaco. 

26  Alphonsusa  Spina:  Fortalitium  fidei  contra  fidei  christianae  hostes. 
Xorimbergae,  Anton  Koberger.  1485.     2o. 

Hain- Cef  inger  *8f3.     Pellechet  ß6j. 

Zu  Beginn  des    Textes  ist  die  Initiale   U  eine  schöne  Federzeichnung. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Schdnau.) 

27  Ambrosius  Mediolanensis  Opera.   Basileae,  Johannes  de  Amerbach, 
1492.     3  Bde  2o. 

Hain-Cofinger  *Sg6.      Pellecket  S79- 

Limburg.     {Aus  Höchst.) 

28  Ambrosius  Mediolanensis:  De  officis  libri  III.   [Coloniae,  Ulr.  Zell], 
s.  a.     40. 

Hain-Copinger  *g05.     Pellechet  £88.     Praetor  86o. 
Limburg.     {Aus  Limburg,  vorher  in  der  Kirche  zu  Königstein.) 

29  Ambrosius    Mediolanensis:    De    officiis.     Acc.  Senecae  libellus  de 
quattuor  virtutibus.     [Parisiis.  ülr.  Gering,  1472.]     4o. 

Hain-Copinger  go/.     Pellechet  £gi. 
Limburg.     (Aus  Ehrenbrettstein.) 


—     5     — 

30  Ambrosius  deSpira:  Quadragesiinale  de  floribus  sapientiae.  Venetiis, 
Antonius  de  Valentia,  Jacobus  Britannicus  sociique,  1481.     2'^. 

Hairt'Ci-'pinger  *g20.     PelUchet  6oo. 
6o  u.  6l   Zeilen. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

31  Amici:  Sermones  Amici  dicti.    Basileae,  Nicolaus  Kesler,  1495.   40. 

Hain-Copinger  g24.     Pellechet  604. 

Das   voräegende  Exemplar  ist  nur   von  Bl  LXXXI  ab  erhalten.     Der  Druck  stimmt  mit  dem 
bei  Hain  angeführten  am  Schlüsse  überein. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 

Ancona  s.  Augustinus  de  Ancona. 

32  Andreae,    Johannes:     Additiones  ad   speculum  iudiciale  Durantis. 
[Argentinae,  G.  Hussner,  ca  1470.]     2^. 

Hain  *ioSj.     Pellechet  6^0. 
Limburg.     (^Aus  Rommersdorf^ 

33  Andreae,    Johannes:     Lectura    super    arboribus    consanguinitatis, 
affinitatis  et  cognationis  spiritualis.  Norimbergae,  Fridericus  Creussner,  1477.  2». 

Hain  *i02g. 

Herbom  1525.     (Aus  Herbom  HSch.) 

34  Angelus    de   Clavasio:    Summa    angelica   de   casibus    conscientiae. 
Argentinae,  Martinus  Flach,  1489.     20. 

Hain-Copinger  *5388. 
Limburg.     (Aus  Eberbach.) 

35  Angelus    de    Clavasio:    Summa   angelica    de    casibus   conscientiae. 
Argentinae,  Martinus  Flach,  1495.     2». 

Hain-Copinger  *£jg/. 
Limburg.     (Aus  Hadamar.) 

36  Angelus   de    Clavasio:    Summa    angelica    de   casibus   conscientiae. 
Argentinae,  Martinus  Flach,  1498.     2o. 

Hain-Copinger  *S399- 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes) 

37  Angelus    de    Clavasio:    Summa    angelica   de   casibus    conscientiae. 
Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1488.     2'>. 

Hain-Copinger  "5385. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Linz.) 

38  Angelus    de   Clavasio:     Summa    angelica    de   casibus   conscientiae. 
Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1492.     2^. 

Hain-Copinger  *5395. 
Limburg. 

39  Angelus    de    Clavasio:    Summa  angelica   de    casibus    conscientiae. 
Venetiis,  Georgius  Arrivabenus,  1487.     4*^. 

Hain-Copinger  *£384. 

1.  Herbom  S  IV  3/0.     (Aus  Limburg.) 

2.  Limburg. 


40  Angelus   Je    Clavasio:     Summa   angelica    de    casibus    conscientiae 
Venetiis.  Georgius  Arrivabenus,  1489.     4". 

Bl  I  leer.  Bl  3a  \Sign  2]:  C  Epla.  F.  Hieronymi  tomieli  Icctoria  Ad.  fv.  p.  F.  Angelü 
de  clauasio  fsentis  operis  Auctorem:  in  qua  orat  eius  Reuerentiam :  vt  ipsum  opus  im- 
primi  faciat:  ppter  talem  et  tantam  dicti  operis  excellentiam  et  vtilitatem.  Pluribu3  retro 
actis  temporibus.  Reuerende  ac  mi  cordialissime  pater.  Ad  lecturam  ca  suum  etc.  Bl  ja 
[3"z,-n  j  :  In  nomine  domini  nostri  iesu  christi.  Amen.  |  C  Incipit  prologus  in  summa  An- 
gelica: de  casibus  conscientie:  per  fratrem  Angelum  de  clauasio:  or  dinis  minorum:  eic. 
Z  j/ :  C  Explicit  prologus  incipit  tabula  dcclaratoria  ordinis:  contentorum  in  predicta 
summa.  Bl / a  St^:  j,  numer.j  a:  Incipit  summa  angelica:  |!  (  >  Bbas  debet  esse  pre  sbyter 
c.  i.  de  '  rf<r.  Bl  ^840.  numer.  j-Sa  Zjo:  C  Explicit  summa  Angelica  de  casib9  ascie  p  || 
fratre  Angelü  d'  clauasio  cöpilata;  maxima  cü  \  diligetia  reuisa:  :  ßdeli  studio  emendata 
sicut  I  ip?  op9  p  se  sati'  attestabit':  Venetijs  ipressa  per  Georgiü  de  Riuabenis  Mätuanü: 
Als  Pa  retem.  Anno  dhi.  M.  cccclxxxix.  7  Idus  Octo  bris.  jS4a^  /olgi  Jas  Registrum  und  das 
Dru.keT^ewken. 

jg4  Bl  mit  Sign  [li,  a — s,  r,  d,  y,  A—V^,  Xi,  75]  und  Numerierung  \Bl ^ — 384  =  1 — 3/8\, 
2  Spalten  ausgenommen  die  ersten  Seiten,  £i  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Copinger  II,   i,  1662. 

IVUsbaden  LB.     [Aus  Herbom  HSck.) 

41  Ansjelus  de  Clavasio:  Summa  angelica  de  casibus  conscientiae. 
Venetiis,  Paganinus  de  Paganinis  Brixiensis,  1499.     kl.  8o. 

Hain-Coptn^er  ^^401. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

42  Angelus  de  Ubaldis  de  Perusio:  Repetitio  legis  Si  insulam  ff.  de 
verbo  obl.  Acc.  repetitiones  aliae.  Brixiae,  Boninus  de  Boninis  de  Ragusio, 
1491.     2'^ 

Bl  la  \Sign  CJ  a.-  C  Repetitio  legis  Si  insulam.  ff.  de  vbo.  obli.  p  claris.  d.  |  Angelum 
de  vbaldis  de  Perusio  iuris  vtriuscj  doctore.  \  Bl  40.^  Z  i^ :  (c)Iuitas  mutui  datione  diu:  qz 
lex  ista  cu^  sua  mä  vtilis  nöbilis  :  practicabilis  e:  hac{jrcne  eä  repetedä  elegi.  Bl  6aa 
Z  41:  C  Repetitio.  S-  Si  duobus  vehiculum.  in.  1.  Si  vt  certo'  .ff.  commodati.  Bl  ga^  Z  ^ 
V.  u.:  C  hanc  lege  repetiit  petrus  t  iö  Ci.  in  eius  repetitiöe  de  lectans  dixit  eä  sümo  digito 
attingedä  sie  et  nos  faciamus  altiori  ü.  stilo  vt.  j.  patebit  resecatis  supfluis.  j  (s)  I  certis 
änis.  etc.  Bl  /2aß  Z  26:  C  Elegantissimas  has  Repetitiones  Impressit  Boni  [nus  de  Boni- 
nis   de  Ragusio  BrTxie    anno    domini.    M  CCCCXCi    die.  XI.  Marcii.       FINIS,     Bl  12b  leer. 

Bl  ija  Sgn  £]  a:  G  Lex  Falsus  procurator.  C.  de  Furtis  Repetita  per  '  clarissimum 
Dominum  Angelum  de  Perusio.  Bl  /5jß  Z  26 :  C  Repetitio  Excelletissimi  domini  Saldi  de 
Perusio  '  super.  1.  edicto  diui.  C.  de  edicto  diui  adri.  tollendo.  Bl  i/b^  ZI  ^6 :  (e)  Milius. 
ff.  de  minoribus  etc.  Bl  2iba  ZI  g :  C  L.  Si  filius  qui  patri.  ff.  de  vul.  :  pu.  Bl  24ba  ZI  jg : 
C  Composita  :  repetita  anno  domini  M.  CCCLXIIII.  de  |  mense  octobris  in  die  beate  vrsuline 
per  me  arsendinü  do  mini  Rainerii  etc.  Bl  24ba  ZI  4g:  Lex  in  eos.  ff.  de  custodia  reorum 
per  dominü  Albri  |cu5  de  rosato  de  pergamo.  Bl  246^  ZI  66:  C  Albricus  de  rosato  de  Per- 
gamo  dixit  suprascripta    ,  omnia  :c. 

24  Bl  mU  Sign  \CDEFi),  2  Spalten,   64—6/  ZI,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrdsse. 

Der  erste  Teil  ist  =  Hain  15883.  Auch  dies  ist  augenscheinlich  (j.  die  Sign.)  nur  ein  Teil 
eines  grösseren   Ganzen. 

WUsbaden  LB.     (Aus  Herborn  HSch.) 

43  Angelus  de  Ubaldis  de  Perusio.  Repetitio  1.  qui  se  patris.  C.  unde 
liberL     [Perusii]  s.  t.  et  a.     2o. 

Bl  z a  [Si^n  a'\  a:  Solemnis  repetitio.  1.  qui  se  patris.  C.  unde  libe!]ri  nuperime  [!]  reperta 
subtili  ingenio  que  non  reperi  tur  in  lecturis  nee  alibi  imprcssa.  Famosissimi.  J.  U.  || 
monarce.  d.  Angeli  magistri  Fräeisci  de  Perusio      non  minus  vtilis  q.  nccessaria  eurantibus 


habere  I'  materiä  successionu?  cü  alleget'  per  aJiquos  docto-'res  i  pauci  habeant.  In  qua 
cösistit  virtus  vtilitas  ac  intelligentia  ipsius.  1.  ;6.  Fl  ^,;ß  ZI  33:  Finis  alteriua  solemnis 
repetitionis.  1.  qui  se  pa  tris.  C.  vnde  übe.  edita  ab  eximio  :  famosissimo.  J.  U.  monarcha. 
d.  Angelo  magistri  Fräcisci  de  Pe  nasio  nunc^  impresse.  in  qua  consistit  virtus  :  vtili-  taa 
ipsius  legis.    [  FINIS. 

4  Bl  mit  Sign  [aj],  2  Spalt fn,   64  ZI,  i^oth.  Schrift,  eint  SchH/tgrdsse. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 

44  Angelusde  Ubaldis  de  Perusio:  Repetitio  l.  si  vacantia  C  de  bonis 
vacantibus  etc.     s.  1.  t.  a.     2''. 

Hain  *is88i. 

Wusbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 

45  Anna,  S.,  Gebete  an  — .   Reutlingae,  [Michael  GreyffV,  1494.]   kl.  S". 

El la:  Zu  Reutlingen  in  sant  ,|  Niciaus  capellen  da  beschächen  vil  \f  wunderbarlicher 
zaichen  von  blinde  wartzechte  leuten  stumen.  jungen  vn  |  alten  von  mengerley  kranck- 
heit  vnd  stand  hernach  fast  zway  gute  gebet  |  vö  sant  Anna  vn  jrem  geschlächt.  Da- 
runter ein  Holzschnitt:  die  hl.  Anna  mit  Marta  u.  Jesus.  Bl  i  h:  O  ^Holzschnitt]  Du  aller  hailigoste  '  vn 
vsserwölte  hoch  gelopte  vnnd  gnad'  reiche  frow  Sant  ;  anna.  Ein  müter  ma  rie  der  muter 
gottes    !  Unnd    ain    groszmuter    vnsers    herren   |  Jhesu    christi    etc.       Bl  3b    ZI  n :    C    Babst 

Alexander   d.  vj.  hat    geben      ablasz vn  hat  di  sen  ablasz  bestätigt  auff  den  Oster- 

tag  II  als  man  zalt  M.  cccc.  Ixxxxiiij.  Jar.  Bl  4a  ZI  21:  ryche.  Amen.  Getruck  [!]  zu 
reütlingen.     Bl  40:  Das  Reutlinger  Stadtwappen. 

4  Bl  ohne  Sign,  20  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schrift^rösse. 

Diesen  dem  Büchlein  von  der  Liebe  Gottes  [Hain  ^4063)  beigebundenen  Druck  kennt  Steiff,  Zur 
Geschichte  des  Reutlinger  Buchdrucks,  {Reutlinger  Geschichtsblätter  Jahrg  1/2  i8go  u.  18 gl  No  4—J, 
Jahrg  3  1892  S  8— II  u.  Jahrg  7  i8g6  S  16—20)  nicht. 

Herbom  PVJ  g6  an.     {Aus  Herbom  HSch.) 

46  Anselmus  Cantuariensis:  Opera  et  tractatus.  Norimbergae,  Caspar 
Hochfeder,  1491.     3  Bde  2'\ 

Hain-Copinger  *II34.     Pellechet  /p/. 

Limburg:    2  Exemplare.     {Aus  Amstein  und  aus  Schönau.) 

Herborn  HX  3.     {Aus  Limburg) 

47  Antoninus  Florentinus:  Chronicon  sive  Opus  historiaiiim.  Basileae, 
Nicolaus  Kessler,  1491.     2o. 

Hain-Copinger  *ii6i.     Pellechet  815. 
Limburg:    Bd  i.     {Am  Rommersdorf.) 
Wiesbaden  LB :    Bd  3. 

48  Antoninus  Florentinus:  Chronicon  sive  Opus  historiarum.  Xorim- 
bergae,  Antonius  Koberger,  1484.     2o. 

Hain-Copinger  *ii^g.     Pellechet  813. 

Herbom  I/32 :  nur  Bd  2  und  3  vorhanden.     {Aus  Limburg.) 

49  Antoninus  Florentinus:  Confessionale.  Argentinae,  Martinus  Flach, 
1492.     4°. 

Hain-Copinger  *I200. 

Weüburg.     {Aus  Höchst). 

50  Antoninus  Florentinus:  Summa  theologica.  Argentinae,  Johannes 
Grüninger,  1490.     4  Bde     2'\ 

Hain-Copinger  ^1248.     Pellechet  882.  * 

Limburg:  Bd  i,  3,  4  {aus  Eberbach)  und  Bd  3  u.  4  {aus  Rommersdorf.) 
Wiesbaden  LB :  Bd  3  und  4.     {Aus  Schönau.) 


—     8     — 

51  Antoninus  Florentinus:  Summa  theologica.  Argentinae,  Johannes 
Griininger.  1496.     -4  Bde  2«. 

Hain-Cofinger  *l24g.     FeiUcket  884. 

Limburg:  Bd  I — 4.      {Aus  Sayn),  ferner  Bd  i  u.  J. 

WU:baden  LB :    Bd  4. 

52  Antoninus  Florentinus:  Summa  theologica.  Norimbergae.  Antonius 
Koberger,  1477— U79.     4  Bde  2'\ 

Hcun-Copin^er  '1242.     Pellechet  8//. 
Herbom  1/31.     [Aus  RcTnmersdorf.) 

53  Antoninus  Florentinus:  Summa  theologica.  Norimbergae,  Antonius 
Koberger.  1486—1847.     4  Bde  20. 

Hain  *I246.     PeUechet  883. 
Limburg:    Bd  j.     {Aus  Schönau.) 
IVUsbaden   LB :    Bd  1—4.     {Aus  Deutx.) 

54  Antoninus  Florentinus:  Summa  theologica.  Venetiis,  NicoL  Jenson, 
1477-1480.     4  Bde  2o. 

Hain-Ccfinger  *1242.      Pellechet  8/8. 
Weilburg:    Bd  i,  2,  j,  j.   4.     {Aus  Limburg.) 
Wiesbaden  LB. :    Bd  J,  2.     {Aus  Limburg.) 

55  Antoninus  Florentinus:  Johannis  Molitoris  tabula  sive  repertorium 
super  totam  JSummam  Antonini.     [Coloniae,  Henricus  Quentell],  1490.     2^. 

Hain-Cofinger  '1261.     Praetor  1301.     Pellechet  8gi:    {Basileae?) 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

56  Antoninus  Florentinus:  Tractatus  de  instructione  simplicium  con- 
fessorum.     [Daventriae,  Rieh.  Pafraet].  s.  a.     4^. 

Bl  I  leer.  Bl  2a:  (iNcipiüt  Rubrice  super  Tractatü  de  instructio'jne  seu  directöe 
simpliciü  confessoria.  Et  primo  De  ptäte  fl,  cöfessoris  in  audiedo  ofessiones  j  :  absoluendo. 
Capitulü  primü.  itc.  Bl  ja  Sign  at\:  Prologus  super  Tractatü  de  instructione  |!  seu  direc- 
tione  simplicium  confessorum.  Editü  i|  a  domino  Anthonino  archiepö  florentino.  Bl  ij^b 
am  Ende:  Explicit  Summa  ofessionü.  seu  Interroga  toriü  pro  simplicibus  Cöfessoribus. 
Editü  I  ab  Archepo  Florentino,  videlicet  fratre  Anthonino  ordinis  predicatorum  •:• 
Bl  136  leer. 

136  Bl  [a—h,  k—q^,  i,  ri]  28  Zeüeti,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Hain-Copinger  ii/ic.      Campbell  164. 

Limburg.     {Aus  Umburg.) 

57  Antonius  de  Bitonto:  Sermones  dominicales  per  totum  annum. 
Argentinae,  Johannes  Griininger,  1496.     kh  8. 

Hain   *3220. 

Limburg. 

58  Antonius  de  Butrio:  Speculum  de  confessione.  Acc.  Speculum 
aureum  animae  peccatricis,  Hugonis  speculum  ecclesiae,  Rodorici  Zamorensis 
et  Galagaritani  Hispani  speculum  vitae  humanae,  Dionysii  de  Leuwis  alias 
Rikel  speculum  conversionis.  Lovanii,  Johannes  de  Westphalia.  s.  a.  [nicht 
vor  1483.]     2'>. 

Haut-Copmger  '418^. 

Bl  44 — 5J   den   tractatus   artis   bene   moriendi  enthaltend  fehlen  in  dem  vorliegenden  Exemplar. 

Limburg, 


—     9     — 

59  Apoll  onius,     Petrus:      Libellus     maiorum     fastorum.       Mediolani, 
Philippus  de  Mantegatiis,  1492.     4». 

Hain-Copinger  i2go.     Pdlechet  gii. 
Wüsbadin  LB.     [Aus  Herbom  HSck) 

60  Apuleius  Madaurensis:  Opera.   Venetiis,  Philippus  Pincius  Mantua- 
nus,  1493.     2'>. 

Hain  *I3I^.     PelUchet  g2^. 
IVfilburg^,     [Aus  Rimimersdorf.') 

Aquila  s.  Petrus  de  Aquila. 
Aquino  s.  Thomas  de  Aquino. 
Argentina  s.  Thomas  de  Argentina. 

61  Aristophanes:  Comoediae  novem,  graece.  Venetiis,  Aldus  Ma- 
nutius,  1498.     2o. 

Hain-Copinger  *i6£6.     PelUchet  11/ 4. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Herborn  HSch.) 

62  Aristoteles:  Copulata  super  veterem  artem.  [Coloniae,  Henricus 
Quentell],  1490.     2o. 

Hain  *i6/3. 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 

63  Aristoteles:  De  anima  cum  commentariis  secundum  doctrinam 
Alberti  Magni.     Coloniae,  Henr.  Quentell,  1497.     2». 

Hain-Copinger  i/ii.     Pellechei  12 lO. 
Weilburg.     [Aus  Herbom  HSch.) 

64  Aristoteles:  De  meteoris  libri  IV  cum  commentariis  Jacobi  de 
Amstbrdia.     Coloniae,  Henricus  Quentell,  1497.     2^. 

Pellechet  1204.      Copinger  II,  /,  616. 
Sign:    A—Nl,   O—P'. 
Weilburg.     [Aus  Herbom  HSch.) 

65  Aristoteles:  De  physico  auditu  libri  octo  cum  commentariis 
Joannis  Harderwyck  iuxta  doctrinam  Alberti  Magni.  Coloniae,  Henricus 
Quentell,  1497.     2o. 

Voullieme  g^.     Hain-Copinger  16044. 
Limburg.     (Aus  Limburg^ 

66  Aristoteles:  Parva  naturalia  cum  commentariis  Johannis  de  Mech- 
linia  secundum  Alberti  Magui.     Coloniae,  Henricus  Quentell,  1498.     2o. 

Pellechet  1215.     Hain  i;;i8. 

Das  vorliegende  Exemplar  hat  106  Bl  \A—Q\  R^,  Sz]. 

Weilburg.     [Auz  Herborn  HSch.) 

67  Aristoteles:  Problemata,  latine,  Theodoro  Gaza  interprete  cum 
vita  Aristotelis.     [Coloniae,  Henricus  Quentell.  1496?]     4*>. 

Bl  la  Titel:  Probleumata  Arestote  lis  determinätia  multas  questiones  de  varijs  cor- 
poru;  I|  humanoy  dispositionibD  valde  audientibD  suaues.  cum  i  eiusde  Aresto.  vita  :  morte 
metrice  descripta.  subiüctis  metroy  cü  interlineali  glosa  sententialibo  expositionibD.  Bl  ib 
leer.     Bl  2a  {Sign  atj']:   [JMnes   homines   naturaliter    scire   desi-  derät.  vt  scribit  Arestoteies 


_      10      — 

pnceps  phi' losophorum  pmo  metaphisice.  Cui9   '     BI  jj   {Sign  fuj]  .i    ZI  2^:  x  semper  p  in- 
finita   seculoi«    secula.     AMEN.     i^>  33^:    Incipit    über    de    vita    ;    morte  Arestotelis      omniü 
philosopho^  principis.      Bl  ^o  ^i    ZI  2i:    vbi  statum  :  religione    ipsoy    intueri    valent  seipsos 
iudicaturi      Explicit    liber  de  vita  i  morte  Arestotelis. 
^O  Bl  mii  Sign  Iß^gl,  -44],  36  Zfuen,  goth.   Schrift. 

Copinger  II,  /,   623  ist  nicht  ganz  genau.     Praetor  I3g3. 

Wiesbaden   G.  {M  48.^     [Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.) 

88  Aristoteles:  Problemata  lat..  Theod.  Gaza  interprete  cum  vita 
Aristotelis.     [Coloniae,  Henr.  Quentell],  s.  a.     40. 

Hain  'i/2i.     Froctar  1410. 
Weüburg.     {Aus  Höchst.) 

69  Aristoteles:  Problemata  lat.,  Theodoro  Gaza  interprete  cum  vita 
Aristotelis.  s.  l.  t  a.     40. 

Hain  1^23  genügt. 

Fl  4.'?a  Z!  /.•  nobis  concedat  deus  in  secula  benedictus  AMEN  \\  3-5^  Concludendo 
ergo  finaliter  ;  cum  veritate  dico.  q,  Arestoteies  p  dei  misericordiam  etc.  ZI  30:  Ibi  eni 
statum  ;  religione  suam  intueri  valent  seipsos    iudicaturi.     Bl  48b  leer. 

48  Bl  [Sign  a — hi\,  36  und  44  Zeilen,  goth.  Schrift,  drei  Schriftgrössen. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

70  Astesanus:  Summa  de  casibus  conscientiae.  [Argentinae,  Job. 
Mentelin,  c.  1472.]     20. 

Hain- Copinger  *l8Sg.     Praetor  2II. 

Limburg.     {Aus  Limburg,  vorher  in   Griinberg.) 

71  Astesanus:  Summa  de  casibus  conscientiae.  Coloniae,  Henricus 
Quentell.  1479.     2  Bde  2». 

Hain-Copinger  *i8g4.     Pellechet  1406. 
Limburg.     (Aus  Sayn.) 

72  Astesanus:  Summa  de  casibus  conscientiae.  Coloniae,  Henricus 
Quentell,  1479.     2  Bde     2o. 

Hain-Copinger  *l8g£.     Pellechet  140/. 
Limburg.     (Aus  Limburg.) 

73  Auetori tates  Aristotelis.     Daventriae,    [Eich.  Pafraet],    1489.     40. 

Campbell  ig2.     Pellechet  I4ßl.     Hain-Copinger  ig33. 
Wiesbaden  LB. 

74  Augustinus  de  Ancona:  Summa  de  ecclesiastica  potestate. 
[Xorimbergae,  Petrus  Wagner?;  Lugduui,  Petrus  Ungarns?],  s.  a.     2o. 

Hain-Copinger  g^g. 

Bl  3 a(x  ZI  2  steht  summa  und  nickt  summa. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Höchst.) 

75  Augustinus,  S.  Aurelius:  Canones  iuxta  triplicem  quam  edidit 
regulam.     Argentinae.  Martinus  Schott,  1490.     2o. 

Hain  *2076.     Pellechet  1568. 

148  Bl  \a  b  dfh  k  t  zA,  c  e  g  il  mn  0  p  q  r  s  A  Bl\;  dU  Tabula  umfasst  Bl  I—I2,  Bl  13S  «•  13^  ^"r. 

Wiesbaden  LB.:  3  Exemplare  (aus  Schönau  ohne   Tabula  und  Höchst.) 

Limburg. 


—    11    — 

76     Augustinus,     S.    Aurelius :      De     caritate.       [Coloniae,     typo^r 
Dictyos,  1471—75.]     -l«.  ^^l^^ö'- 

^//«.-    Incipit  Tractatus   bti  Augustini    de    caritate.     Bl  2b    ZI  22 :    Explicit    bmo  bti 
Augustini  epi  de  caritate. 

2  Bl  okn<;  Sign,  2/  Zeilen,  goth.   Schrift,  eine  Schrijtgrösse. 

Hain-Capinger  208g.     Praetor  p/p. 

Limburg. 

11     Augustinus,    S.  Aurelius:    De  civitate  dei  cum  commento  Thomae 
Valois  et  Nicolai  Triveth.     Basileae,  Johannes  de  Amerbach,  1489. 

Pellechet  155g.     Hain-Copinger  2064. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schunau.) 
Her  bor n  1/4/.     [Aus  Rommersdorf.) 

78  Augustinus,  S.  Aurelius:    De  civitate  dei  cum  commento  Thomae 
Valois  et  Nicolai  Triveth.     Basileae,  Johannes  de  Amerbach,  1490.     2o. 

Hain-Copinger  *2o66.     Pdlecket  l^6l. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

79  Augustinus:    De   civitate    dei   cum    commento  Thomae  Valois  et 
Nicolai  Triveth.     Friburgi,  [Kilianus  Piscator],  1494.     2». 

Hain-Copinger  *2o68.     Pellechet  1562. 
Herborn  804.     [Aus  Herbom  HSch.) 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

80  Augustinus,   S.  Aurelius:    De  civitate  dei  cum  commento  Thomae 
Valois  et  Nicolai  Triveth.     Moguntiae,  Petrus  Schöfier,  1473.     2". 

Pergamentexemplar ,    aus   dem   leider  Bl  i  u.   2  sowie  46  weitere  Blätter  herausgeschnitten  sind. 
Hain-Copinger  *20S/.     Pellechet  IS55- 
Wiesbaden  LB. 

81  Augustinus,  S.  Aurelius:  De  sancta  virginitate.   [Coloniae,  Gulden- 
schatf?  ter  Hoernen?  G.  ten  Raem?,  c.  1480?] 

Hain-Copinger  *20/8.     Praetor  i^ig.     Pellechet  156g. 

Roth,    Die  Druckerei  zu  Eltville  S.  7,    Anm,  4  zueist  den  Druck  Gutenberg,  Klemm  No.  4  der 
Eltviller  Presse  zu. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Arnstein.) 

82  Augustinus,    S.  Aurelius:   De    trinitate  dei.     Basileae,   Johannes 
de  Amerbach,  1489.     2'>. 

Pellechet  1541.     Hain  203/. 

Die  Beschreibung  Copingers  zu  dieser  No.  trifft  nicht  zu,  passt  vielmehr  zu  H.  *203g. 

Herbom  1/4/.     (Aus  Rommersdorf.) 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

83  Augustinus,  S.  Aurelius:  De  trinitate  dei.     Basileae,  Johannes  de 
Amerbach,  1490.     2». 

Hain-Copinger  *20jg.     Pellechet  1542. 

Limburg:  2  Exemplare.     [Aus  Schönau  und  Hadamar.) 

84  Augustinus,    S.   Aurelius:   De  trinitate  dei.      [Friburgi,    Kilianus 
Piscator],  1494.     2o. 

Hain-Copinger  *2040.     Pellechet  154$. 
Herbom  804.     [Aus  Herborn  HSch.) 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 


—     12     — 

85  Augustinus,  S.  Aurelius:    Epistolae.     [Argentinae.  Joh.  Mentelin, 
1468  (?).]     2*>. 

Hatn  *ig66.     PilUchet  1481.     Bl  ^Oa  leer,  Bl  /ob  nur  Sp.  ß  van  4§  Zfilen. 
Wusbaden  LB. 

86  Augustinus.  S.  Aurelius:  Epistolae.     Basiliae,  Johannes  de  Amer- 
bach,  1493.     2'>. 

Ham-Copnger  *ig6g.  PeUechet  1483. 
Herbem  I/4g.  \Aus  EJirenbreüsletn.) 
Limburg:  2  Exemplare.     [Aus  Limburg  und  Schönau.) 

87  Augustinus,   S.  Aurelius:    Psalmorum  explanatio.     Basileae,  Joh. 
de  Amerbach,  1489.     2«. 

Hain-Copmger  ig/Z.      VouUiime  128.     PeUechet  1485. 
Limburg.     {Aus  SchMau.) 
Wusbaden  LB. 

88  Augustinus,  S.  Aurelius:  Psalmorum  explanatio.  Basileae.  Johannes 
de  Amerbach,  1497.     2». 

Hain-Q^pinger  *ig/j.     PeUechet  148/. 
Limburg.     yAus  Limburg.) 

89  Augustinus.    S.  Aurelius:   Psalmorum  explanatio.     Venetiis,   Ber- 
nardinus  Benalius,  1493.     2^. 

//ain  *ig/J.     PeUechet  i486. 
Limburg.     {Aus  Deutz.) 

90  Augustinus,  S.  Aurelius :  Homiliae  et  primo  de  eo  quod  psalmista 
ait:   Quis  est  homo  etc.     [Coloniae,   L'lr.  Zell,  c.  1467.]     4o. 

Hain-Ccpinger  *ig84.  PeUechet  14g/. 
Limburg. 

91  Augustinus,     S.    Aurelius:     Liber    prolocutionis    et    meditationis. 
[Argentinae,  typogr.  Henrici  Ariminensis]  s.  a. 

Hain  *2I02.     Praetor  J02.     PeUechet  158/:  H.   Eggesteyn  c.  14/2. 
Limburg.     \Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

92  Augustinus,    S.    Aurelius:    Sermonum    opera    plura    et    diversa. 
Basileae,  Johannes  de  Amerbach,  1494 — 1495.     2«. 

Umburg. 

Wiesbaden  LB.     Dies  Exemplar  endet  mU  Bl  248,  der   Titel  ist  demgemäss  handschr.  geändert. 

93  Augustinus,  S.  Aurelius:  Sermo  de  verbis  evangelicis  <f/t:.   [Coloniae, 
Arnoldus  ter  Hoemen],  s.  a,     4'^. 

PeUechet  I4gg. 
Limburg. 

94  Aureolus,    Petrus:     Tractatus    de    conceptione    virginis    Mariae. 
[Moguntiae,  Petrus  Schoetfer],  s.  a.     4'^. 

Hain-Copinger  "2142.     PeUechet  1614. 

Limburg.     {Aus  Amstein.) 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannuberg.') 


—     13     — 

95  Aurifaber,  Aegidius:  Speculum  exemplorum.  Argentinae,  [typogr. 
Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1490.     2'). 

Hain-Copinger  *i4gi8. 

Am  Ende  feklfn  einigt  Blätter. 

Limburg.     {Aus  Sayn.) 

96  B albus,  Johannes,  de  Janua:  Catholicon.  [Argentinae,  typogr. 
singularis  R,  c.  1470.]     2o. 

//ain  *23^I.     Proctor  246.     Pellechet  16 gg. 
Weilburg.     (Aus  PammersJor/.) 

97  Baibus,  Johannes,  de  Janua:  Catholicon.  Moguntiae,  [Joh.  Guten- 
berg], 1460.     20. 

Hain-Copinger  ^2254.     Pellechet  I/02.     Proctor  146:  Printer  of  Catholicon. 

Ueber  die  beiden  Zeichnungen  am  Schlüsse  dieses  Papierexemplars  s.  van  der  Linde,  Gutenberg, 
Stuttgart  18/8.  S.^J.  Anm.  u.  Centralblatt  Jür  Bibliothekswesen  /.  S.^4.  Anm.  sowie  Roth,  F.  W  E., 
Geschichte  und  Beschreibung  der  Königl.  Landesbibliothek  in  Wiesbaden.  Frankfurt  a.  M.  1886. 
S.  2/.  Sicherer  als  hierdurch  ist  übrigens  die  Herkunft  durch  das  noch  vorhandene  l^erseichnis  der 
nach    Wiesbaden  aus  Marienstatt  gelangten  Bücher  bezeugt. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

98  Baibus,  Johannes,  de  Janua:  Catholicon.  Venetiis,  Hermannus 
Liechtenstein,  1483.     2». 

Hain-Copinger  *23J/.     Pellechet  1/05. 
Weilburg.     [Aus  Notgottes.) 

99  Bai  düng,  Hieronymus:  Aphorismi  compunctionis  theologicales. 
Argentinae,  Joh.  Gruninger,  1497.     4^. 

Hain-Copinger  *22/0.     Pellechet  I/20. 

Die  Überschriften  in  goth.,  das  Übrige  in  röm.  Schrift.  Dies  Exemplar  hat  in  der  letzten  Zeile: 
MCCCCXCVII. 

Limburg:  2  Exemplare  [deren  eines  aus  Limburg). 

100  Baptista  Mantuanus:  Bucolica.  s.  1.  t.  a.?    4o. 

Elia  Titel:  Baptiste  Mantuani  !j  Bucolica  seu  adolescentia  \\  in  decem  eglo  'gas  diuisa: 
Ab  Jodoco  Badio  Ascen  |sio  familiariter  exposita:  cum  '|  indice  dictionum.  i  EHalogus  cius- 
dem  de  vita  beata:  ||  Carmen  eiusdem  de  sancto  Joanne  Baptista.  [  Hermanni  Buschij  oda 
de  contemnendo  mun|jdo  &  amanda  sola  virtute  &  scientia.  ]|  In  eglogas  Mantuani  Decato- 
sticon  ;|  omniü  earü  argumeta  complectens  \\  Joannis  Gallinarij  Budorini.  ||  Es  J eigen 5  Distichen. 
El  4b:  Baptista  Mantuanus  Carmelita  :|  Paridi  Ceresario.  S.  P.  Ti.\\etc.  Dat.:  Kalendis 
Septembris  Anno  domini  MCCCCXCVIII.     Bl  ggb  ZI  32 :  Murice  vestes.     Bl  100  [leer?]  fehlt. 

100  Bl  mit  Sign  [ABDEGHKLNOQRS2,  CFIMPT4]  und  Blattzählung,  26  und  jg  Zeüen, 
röm.  Schrift,  nur  die  beiden  ersten    Worte  des   Titels  in  goth.  Schrift,  drei  Schrißgrössen. 

Weüburg.     [Herbom  HSch.) 

101  Baptista  Mantuanus:  De  patientia.  Basileae,  Johannes  Bergmann 
de  Olpe,  1499.     4«. 

Pellechet  iSlJ.     Hain-Copinger  2 40/. 
Limburg.     [Aus  Deutz.) 

102  Baptista  de  Salis  s.  Trovamala:  Summa  casuum  conscientiae 
dicta  Rosella  seu  Baptistiaua.     Norimbergae,   Antonius  Koberger,   1488.     2". 

Hain-Copinger  *i4i8i. 
Limburg,     [Aus  Hadamar.) 


—     14     — 

103  Baptista  de  vSalis  s.  Trovamala:  Summa  casuiim  conscientiae  dicta 
Rosella  seu  Baptistiana.     Spirae.  [Petrus  Drachj.  1488.     2"J. 

Hj-irfCcpinger  ^14180.      Pro<ti}r  2J/4.  » 

Limburg.     (Aus  HadamarA 

104  Baptista  de  Salis  s.  Trovamala:  Summa  casuum  conscientiae  dicta 
Rosella  seu  Baptistiana.     Venetiis,  Georgius  Arrivabenus,  1495.     80. 

Haifi'Copin^fr  ^1418^. 
Limburg.     [Aus  Rcmmersdorf^ 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Marimstatt^ 

105  Barbatia,  Andreas:  Repetitio  Rubricae  de  fide  instrumentorum 
Mediolani.  [Philippus  de  Lavagnia],  1490.     2^. 

Bl  la  \Sign  a.\  a  ZI  i :  Repetitio  Solemnis  Rubrice.  De  fide  instrumen  torum.  Edita 
per  excellentissimum  virü.  :  iuris  vtriuscj  Monarcham.  diuum  dnm  Andream  Barbaciä 
Sei  culum  '!'  Messanensem.  Bl  i6a^  ^^39-  Clarissimi  iuris  vtriusc^  Monarce  ac  Sere- 
nissimi Regis  Aragonum.  :c  Nobilis  cösiliarii  D.  Andres  barbacie  Siculi  de  fide  instru. 
solenis  Repeticio  Ml  i  est  impressa  die  V  Mensis  Nouebris  Mcccclxxxx.     Bl  i6b  leer. 

l6  Bl  mii  Sign  \a  b^\  und  SpallenzäAlung,   6j  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schrißgrösse,  mit  Margin. 

Copinger  11,  I,   No  86g. 

Wiesbaden   LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 

106  Barbatia,  Andreas:  Repetitio  legis  cum  acutissimi  C.  de  fidei- 
commissis.     Bononiae,  Hugo  Rugerius,  1492.     2"^. 

Bl  la  leer.  Bl  ib  ZI  i :  C  Reuerendissimo  in  xpo  pri  ac  dno  domino  Aloysio  Capre 
Mediolaneii.  epo  pisauren.  dignissi  mo  Reuerendissimi  legati  :c.  Bononie  locütenenti  bene- 
merito  iurecösultissimo  i  dno  suo  vnico  j  Ugo  Rugerius  Bononien.  impressor  debita  cömen- 
datöe  premissa.  S.  P.  D.  (c)  Ogitanti  mihi  etc.  ZI  IJ:  Datum  Bononie  ex  edibus  nostris  die. 
xxij.  ianuarij.  Mcccclxxxxiij.  diuo  Johanne  Bentiuolo  ||  feliciter  regente  pacemtp  totius  patrie 
nostre  iam  iam  longissimo  tempe  nutriente.  Bl  2a  [Sign  aijj  a;  C  Repetitio  egregia  ac  pere- 
grina  legis  cu?  acu-  tissimi.  C.  de  fideicömissis  edita  per  excellentis-  simum  virü  i  iuris- 
vtriuscj  monarcham  dominü  i  Andream  barbatiam  siculum  messanensem  mili-  tem  nobilissi- 
mum.  Bl  ß4a^  ZI  i^ :  C  Impressa  Bononie  impensis  acuratissimi  Ugo-  nis  de  Rugerijs. 
Anno  salutis.     Mcccclxxxxij.   die  \\  vero  octana  [!]  Martij.     Am  Ende  das  Druckerzeichen. 

S4  Bl  mit  Sign   [a4  b  c  dl  e/^],  2  Spalten,   66  Zeilen,  goth.  Schrift,  zwei  Schriftgrössen. 

Wusbaden   LB.     (Aus  Herbom  HSch) 

107  Barthol omaeus  de  Chaimis:  Interroaatorium  seu  confessionale. 
Moguntiae,  Petrus  Schöffer  de  Gemsheim,  1478.     4". 

Hain-Copinger  *248j. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Amstein.) 

108  Bartholomaeus  de  Chaimis:  Interrogatorium  seu  confessionale. 
8. 1.  t.  a.     40. 

Hain-Copinger  *24/g. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes,  zorher  in  fohannisberg) 

109  Bartholomaeus  de  Glanvilla:  De  propietatibus  rerum.  Argentinae, 
[typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483J,  1485.     2'\ 

Hain   "2506.      Proctor  £g2. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Deutt.) 


—     15     — 

HO  Bartholomaeus  de  Glanvilla:  De  proprietatibus  remm.  Coloniae, 
Johann  Koelhoff  de  Lübeck,  1-483.     2o. 

Hiün   "2^04. 

Das  vorlie:retide  Exemplar  ist  am   Anfang  und  Ende  verstümmelt. 

Herbcnn    V  VI  ii.     [Aus  Limburg^ 

111  Bartholomaeus  Pisanus:  Summa  de  casibus  conscientiae.  [Spirae, 
Petrus  Brach,  1480?]     2o. 

Hain-Copinger  ^2^24. 
VVUsbaden  LB. 

112  Bartholomaeus  de  Usingen:  Parvulus  logicae.  Lipsiae,  Wolfgang 
Steckel  1499.    4o. 

Bl  la  Titel:  Paruulus  Loyce.  Commentarij  figurales  loyce  Compendiu?  vbertim  '| 
aperientes  In  famatissima  Erffurdiensi  achademia  ;j  per  Bartholomeü  de  Usingen  liberaliü 
disciplinarü  |  interpretem  elucubrati.  Qui  non  protrita  nee  peniten  da  docent  sed  dyalec- 
tice  documenta  multiiuga  erudi[|tione  conspicua  reddunt.  Necnon  loyce  totius  prima  fun- 
damenta  ordinatissime  tradunt.  ßl  ib  leer.  Bl  ja  [Sign  aij];  Plrca  initium  Paruuli  ,  loyce 
ante  textus  exordiu?  quedam  pambularia  inj^totä  loycam  ett:.  Bl  140a  ZI  4:  profuturos  in- 
cepi  ac   ad  finem  vs(j  perduxi.      Die  Schlussschrift  ist  herausgeschnitten, 

140  Bl  mit  Sign  \a, — r,  e—f,  h — /,  /,  m,  0 — s,  v—z,  r2i,  d,  g,  k,  n,  t^]  41  Zeilen,  goth.  Schrift, 
j  Schriftgrössen. 

Hain  2^j6. 

Die  Typen  sind  dieselben  wie  in  Hain  *2£24. 

Wiesbaden  LB. 

113  Bartholomaeus  de  Usingen:  Parvulus  philosophiae  naturalis. 
Lipsiae.  Wolfgang  Steckel,  1499.     4^. 

Harn  *2534. 
Wiesbaden  LB. 

114  Bartolus  de  Saxoferrato:  Lectura  super  L  et  IL  parte  Codicis. 
Venetiis,  Andreas  Torresanus  de  Asula,  1488.     2". 

Hain  ^25 46.     Pellechet  igo^. 

In  dem  vorliegenden  Exemplar  Bl  la  [vielmehr  2a,  Sign  AA2]  a  Z  I  steht:  Ubrica  ista  statt 
wie  bei  Hain  und  Pellechet  Ubrica  illa. 

Wiesbaden  LB:    Nur  Pars  I  vorhanden.     {Aus  Ehrenbreitstein.) 

115  Bartolus  de  Saxoferrato:  Lectura  super  I  et  LE  parte  digesti 
veteris.  Yenetiis,  Petrus  Maufer,  Johannes  de  Forlivio  et  Hercules  de  Buscha, 
1480—1481.     20. 

Hain  *2S/2.     Pellechet  ig22. 

Wiesbaden  LB :    Nur  P.  J  vorhanden.     [Aus  Ehrenbreitstein.) 

Baysio,  s.  Guido  de  Baysio. 

116  Beda:  Repertorium  sive  tabula  auctoritatum  xlristotelis  cum  com- 
mento.     Coloniae,  Henr.  Quentell,  1495.     40. 

Hain-Copinger  *2/J4. 
Weilburg.     {Aus  Höchst.) 

117  Beda:  Repertorium  sive  tabula  auctoritatum  Aristotelis  cum  com- 
mento.     ^'orimbergae,  Petrus  Wagner,  [1490?]     4». 

Hain-Copinger  *2/JJ. 

Auf  Bl  2  ist  das  A  eine  Holzschnitiinitiale. 

Wiesbaden   G.     {M  4S.)     {Aus  Idstein  Gymn.  Bibl) 


—     16     — 

118  Beichtbüchlein  [Magdeburgi,  Simon  Koch.  c.  i486].     4o. 

Bl  la:  0  Eyne  schone  geystlike  lere  vn  vnderwijsinge  van  der  bychte.  wo  eyn 
mjmsche  bychten  schal.  Ock  wo  he  sine  penitentie  holden  vn  gode  offeren  schal.  Dci7"unter 
nn  H.\t::hniit  fznfn  Bfuhtvaier  und  drei  Beühtmdf  dar;teilend.  Bl  ib:  C  Eyne  lere  wo  de  mynssche 
syne  penitentie  J  gode  offeiren  vn  beruwen  schal.  Bl  lob  ZI  24:  len.  De  glorie  vn  vroude 
des  hemels. 

10  Bl  mit  Sign  [33,  3»],  JO   Zfilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Im  dem  zerlegenden  Exemplare  ist  Bl  4  herausgerissen,  vgl.  Falk  im  Centralblatt  f.  Bibliotheks- 
-ivaen  Jahrg.  /,  i8go.  S.  ^44. 

Limhdrg. 

119  Berber ius  Johannes:  Viatorium  utriusque  iuris.  [Argentinae, 
Joh.  Pryss].  s.  a.     8». 

Hain-Cepinger  *2/g3.     Praetor  5/2. 
IViesöaden  LB.     [Aus  Amslein.) 

120  Berchorius,  Petrus:  Dictionarius  seu  Repertorium  morale.  Norim- 
bergae,  Antonius  Koberger.  1489.     3  Bde  2o. 

Hain-C^ypinger  2801.     Pellechet  2060. 
Weüburg:    Bd  i  {Aus  Limburg.) 
Limburg:    Bd  J.     (Aus  Limburg.) 

121  Berchorius,  Petnis:  Liber  bibliae  moralis  s.  Moralisationes  bibliae. 
[Coloniae],  Bartholomaeus  de  Unckel,  1477.     2». 

Hain-Copinger  *2/gy.     Pellechet  20S9- 
Limiurg.     (Aus  Deuts.) 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

122  Bernardinus  de  Busti:  Rosarium  sermonum  praedicabilium. 
Hagenoae,  Henricus  Gran,  1500.     2  Bde  2o. 

Hain  ^4164,     16  nicht  nummerierte  Bl,  Bl  16  leer. 
Limburg.     {Aus  Limburg.) 

123  Bernardinus  Senensis:  Sermones  de  evangelio  aeterno.  Basileae, 
Nicolaus  Kessler,  s.  a.     2^ 

Hain  '2828.  Bl  jooa  Z  26  steht  in  dem  vorliegenden  Exemplar:  Semones[!]  de  charitate. 
siue  de  euägelio  eter/  \\ 

Limburg.     {Aus  Deutt.) 

124  Bernardinus  Senensis:  Sermones  de  festivitatibus  virginis  gloriosae. 
Norimbergae,  Fridericus  Creussner,  1493.     40. 

Hain-Copinger  "2832. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Höchst.) 

125  Bernardus  Claraevallensis:  Epistolae  cum  aliis  eiusdem  tractatibus. 
Basileae,  [Nie.  Kessler],  1494.     2o. 

Hain-Copinger  *28/2.     Pellechet  2106. 
Limburg.     [Aus  Herbom  HSch.) 

126  Bernardus  Claraevallensis:  Epistolae  cum  aliis  eiusdem  tractatibus. 
Parisiis,  [Ulricus  Gering],  1494.     4". 

Hain-Copinger  28/4.      Praetor  82gg.      Pellechet  2108. 
Limburg.     {Aus   Limburg.) 


—     17     — 

127  ßernardus  Claraevallensis:  Flores  de  diversis  sermonibus.  Coloniae, 
Johannes  Koelhoff  de  Lübeck,  1482.     2". 

Hain-Capinger  2g26.      Voulliime  /gg.     Pfüechet  2/81. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

128  Bernardus  Claraevallensis:  Floretus.  [Coloniae,  Hearicus  Quentell, 
c.  1490.]     40. 

Hain-Copinger  *2gi2.     Pellechel  2166. 

Klemm  und  Pellechet  halten  diese  Ausg.  für  die  Editio  princefs.     Copinger  setzt  sie  /^OO  an. 

IViesbaden  LB. 

129  Bernardus  Claraevallensis:  Sermones  super  cantica  canticorum. 
Acc.  Gilberti  sermones  super  cantica  canticorum.  Argentinae,  Martinus  Flach, 
1497.     20. 

Halft- Copinger  *28£g.     Pellecket  20gS. 

Limburg:    2  Exemplare  [deren  eines  aus  Herbom  HSch.) 

130  Bernardus  Claraevallensis:  Sermones  super  Cantica  Canticorum. 
Parisiis,  [ülricus  Gering],  1494.     4'^, 

Hain-Copinger  28^8.      Pellechet  20g/.     vgl.  Proäor  82g g. 
Bl  /  Z  j:    tiue  q.- 
Limburg.      {Aus  Limburg.) 

131  Bernardus  Claraevallensis:  Sermones  super  Cantica  Canticorum. 
Rostock,  fratres  communis  vitae  ad  S.  Michaelem,  1481.     2o. 

Bl  I  fehlt.  Bl  2aa  rot:  Repertoriü  notabiliü  sentenciarü  in  omelias  mel|1iflui  doctoris 
bernhardi  super  cantica  canticorü.  |j  schwarz  (jbel  alacri  Cayn  contracto  vultu  obtulit  ;  etc. 
Bl  4b^  rot:  Quisquis  videris  hoc  repertorium  si  ad  vnguem  in  j!  puncto  nö  inueneria  quod 
queris  leges  paulisper  vel  superiora  vel  inferiora  et  non  fraudaberis.  Memen  to  etc.  Bl  ^a 
rot:  Incipiunt  sermones  egregij  atc^  melliflui  doctoris  beati  ;|  bernhardi  Clareuallensis  abbatis 
Sup  cantica  canticorü  ,1  schwarz:  ()Obis  fratres  alia  q.de  selb:  aut  cer-  |te  aliter  dicenda  sunt. 
Ulis  siquide  lac  ||  etc.  Bl  20/ a  ZI  i  rot:  Ad  laudem  et  gloriam  omnipotentis  deL  gloriose 
virginis  i  marie.  et  omnium  sanctoy.  Finiunt  feliciter  elegantissimi  at?  (!)  pulcherrimi  ser- 
mones beati.  Bernardi  clareuallesis  abbatis  doctoris  melliflui  super  Cantica  canticorum 
suma  cü  diligen  cia  correcti  atcj  impressi  in  Ro?stock  per  fratres  Cois  vite.  ad  sanctü 
Michaelem.  Anno  a  natiuitate  domini.  Millesimo  'j  quadringentesimo  octuagesimopmo 
qnto  kaledas  Augusti.     Darunter  das  Druckerzeiihen  rot.     Bl  208  fehlt. 

208  Bl  ohne  Signaturen,  J/   Zeilen,  die   Tabula  60  Zeilen,  goth.  Schrift. 

Hain-Copinger  2856.     Pellechet  20g5. 
Pellechet  weicht  etwas  ab. 
Herbom   833  b. 

132.  Bernardus  Claraevallensis:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis. 
[Parisiis,  ülricus  Gering,  c.  1494,]     40. 

Hain-Copinger  "2843.     PMechet  2086.     vgl.  Praetor  82gg. 
Limburg.     {Aus  Limburg.) 

133  Bernardus  de  Parentinis:  Expositio  officii  missae.  [Spirae.  JoIl 
et  Conr.  Hist?],  s.  a.     2«. 

Hain-Copinger  *i24l6. 
IViesbaden  LB.     {Aus  Eierbach.) 


—     18     — 

134  Bernardus  Parmensis:  Casus  longi  super  quinque  libros  decre- 
talium.     Argentinae,  [Job.  Pryss].  1498.     2'\ 

Hain-Copmgtr  *2g^8. 
Limburg.     {Aus  Uml>urg.) 

135  Bernardus  Parmensis:  Casus  longi  super  ijuinque  libros  decre- 
talium.     Argentinae,  s.  t,  1493.     2o. 

Hain  *2pj6. 
WiescaJfft  LB. 

Bertorius  s.  Bercborius. 

136  Betrübnisse  Marias.    Magdeburg.  Johannes  Grashover,  1486,    4". 

Bl  la  [Signz'i]:  Hijr  beghynnet  dat  bock  van  der  bedroj  ffenisse  vnde  herteleyde  der 
hogheloue  ;  den  konnigynnen  der  alderleueste  mo  der  cristi  marien  C  Dat  erste  capittel.  ,| 
sprickt  Wu  dat  maria  to  bethleem  ghynck  vnd  wu  ;  se  ore  kynt  ghebar  vnde  van  oreme 
groten  armoyde.  Darurtier  Holzschnitt:  Maria  und  Josef  das  "Jesuskind  anbetend.  Bl  ~4b  ZI  l6 : 
C  Loff  vnde  ere  sy  der  benedygeden  moder  mari  'en  de  dusse  materien  dem  dichter  in  syn 
herte  heft  gegheue  welke  materie  is  ghemaket  nach  der  ge  bord  cristi  vnses  heren  ver- 
teynhundert  dar  na  in  dem  vyfTundeachtentighesten  iare  Unde  den  dar  na  in  den  ses?- 
undeachtentighesten  iare  dorch  Jo  ;hannem  grashoue  borgher  to  magdeborch  is  ghe  prentet 
worde  Des  de  almechtighe  god  maria  syn  |1  benedigede  moder  myt  allem  hymmelschen 
here  to  \  ewyghen  tyden  ghelouet  syn.  Bl  ~ß  a  Holzschniit  Maria  mU  Jünf  Schwertern,  die  durch 
ihr  Herz  gehn,  darstellend.  Bl /jb:  C  Hijr  beghynnet  de  vyff  betroffenisse  marien  i|  der  leuen 
soten  moder  cristi.  Bl  /8b  ZI  28 :  scheyde  myt  den  armen  dyner  barmherticheyt  amen 
Di£  letzten  Blätter  fehlen.  Vorhanden  sind  i8  Bl  mit  Sign  [a — /4,  ki],  28  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine 
Schriftgrösse  mit  eingedruckten  Initialen  und  vielen  Holzschnitten,  vgl.  Falk,  Der  Magdeburger  Drucker 
Johann   Graschoff  i486  in   Centralblatt  f.  Bibliothekswesen  Jahrg.  /,  l8go,   S.  246 — 248   und  344. 

Limburg. 

137  Biblia  latina.     [Argentinae,  Job.  Grüninger],  1483.     2o. 

Hain-Cjpinger  3088.     Praetor  43/.     Pellechet  2^15. 
Limburg:  nur  von  Bl  JO^  [Hain  J04]  ab  vorhanden. 

138  Biblia  latina.     Basileae,  Jobannes  Froben,  1491.     8'^. 

Hain-Copinger  *3ZO/.     Pellechet  232g. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

139  Biblia  latina.     Basileae,  Johannes  Froben,  1495,     8o. 

Hain-Copinger  *3Il8.     Pellechet  2JJ^. 
Herbem  ig 3.     (Aus  Herbom  HSch.) 
Limburg  [unvollständig). 

140  Biblia  latina.     [Basileae,  Johannes  de  Amerbach],  1481.     2«. 

Hain-Copinger  *3o8l.     Praetor  /S^'^-     P'U^chei  2 30 8. 
Herbom  1/6.     [Aus  Eberbach.) 
Limburg.   [Aus  Limburg.) 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Rammersdorf.) 

141  Biblia  latina.     [Basileae,  Johannes  de  Amerbach],  1482.     2o. 

Hain-Copinger  *3o86.     Praetor  /^ÖJ. 
Limburg.     [Aus  Sayn.) 

142  Biblia  latina.     [Basileae,  Bernh.  Richel],  1475.     2". 

Hain-Copinger  "3053.     Praetor  /S24.     Pellechet  22/ pr. 
Wiesbaden  LB.     Nur  Bl  228—4^5  vorhanden. 


—     19     — 

143  Biblia  latina.     Coloniae,  Conradus  de  Homborch,  1479.     2^ 

Hain-Copinger  *jo/i.     Pellechet  2JOO. 
IJmburg.     {^Aus  Sayn.) 

144  Biblia  latina.     [Coloniae,    Nicolaus  Goetz.    c.  1472.J     2  Bde.     2**. 

Bd  /:  Bl  I  \Uer?\  fehlt.  Bl  2'aa:  Incipit  epla  sancti.  leronimi  ad  !|  paulinü  psbitey 
de  omnibD  diuine  !|  historie  libris.  Ca.  I.  [|  ()Rater  ambrosi9  ]  tua  michi  munus:,cula  pferes, 
detu- |lit  simul  et  suauis  simas  Iräs.  que  a  pncipio  amicicia-  rü.  fidem  pbate  ^U.  Bl  £a^ 
ZI  j6:  Explicit  plogus  in  penthateucon  i|  moysi.  Incipit  über  bresich  quem  [  nos  genesim 
dicimus  •:•  ||  Capitulum  primum.  i;  Bl  5jß.*  ()N  pncipio  creauit  deus  ce  lum  et  terram.  Terra 
aute  li  eat  inanis  :  vacua:  :  tene||bre  erat  sup  faciem  abisai:  ||  x  spüs  dni  ferebat  super 
a||quas.    eic.      ßl  Jj6a^    ZI  40:    Spiritus    laudet    dnm.     Explicit    psalterium  •:•    Bl  3^6 b  leer. 

Bl  I:   336  Bl  ohne  Sign    [35  Lagen:   i^n,  16—20,  22—2;;  2g,  3^5,  13—15,  21,  28,  30, 

32—34,  36*>  3^i]- 

Im    Übrigen  s.  Pellechet  2268.      Copinger  II,  I,  1020 ■ 
Limburg  und   IViesbaden  LB. 

145  Biblia  latina.     [Coloniae,  Nie.  Goetz,  c.  1473.]     2  Bde     2o. 

Hain-Copinger  ^3042.     Praetor  iii/.     Pellechet  22/2. 

Limburg:  2  unvollständige  Exemplare ,  das  eine  mit  dem  Buche  Tobiae  beginnend  und  mit  dem 
Evangelium  fohannis  endigend  {aus  Deutz),  das  andere  die  libri  Regum,  Paraäpomenon,  Esdrae,  und 
das  Psalterium  enthaltend  {aus  Sayn). 

Wiesbaden  LB :  nur  Bd  2,  in  dem  aber  das  Druckerzeichen  am  Ende  fehlt.     (Aus  Rommersdorf.) 

146  Biblia  latina.     [Coloniae,  Nie.  Goetz,  c.  1475.]     2  Bde     2o. 

Hain-Copinger  ^3046.     Praetor  1118.     Pellechet  226g. 
Limburg:  nur  der  IL    Teil  vorhanden. 

147  Biblia  latina.     Coloniae,  [Nicolaus  Goetz],  1480.     2  Bde    2o. 

Copinger  II,  i,  IO25.      VaullUme  223. 
Wiesbaden  LB:  nur  Bd  i  vorhanden.     [Aus  Limburg.) 

Es  ist  dies  die  Bibel,  auf  die  sich  v.  d.  Lindes  Kritik  des  alten  Inkunabelverzeichnisses  der  Wies- 
badener  Landesbibliothek  (Centralblatt  für  Bibliothekswesen  I,  S.  £4)  bezieht. 

148  Biblia  latina.     Moguntiae,  Petrus  Schöifer.  1462.     2  Bde     2o. 

Schön  rubricirtes  Exemplar  auf  Pergament,  das  Bl  laa  ZI  i  \roi\:  Incip  epla  sei  iheronimi 
ad  paulinü  psbite-||rü:  de  oinibD  diuine  historie  libris;  Ca.  pmü.  ||  ( jRater  ambrosius  beginnt, 
vgl.  Pellechet.  Bl  2o6  u.  20/  haben  gefehlt,  sind  aber  von  H.  Klemm  in  Dresden  im  fahre  18S3 
sehr  kunstvoll  nachgebildet  worden. 

Hain-Copinger  *3050.     Pellechet  228z. 

Wiesbaden  LB:  nur  Bd  i. 

149  Biblia  latina.     Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1478.     2o. 

Hain-Copinger  *3o68.     Pellechet  22 g6. 

Nach  handschriftlicher  Notiz  auf  dem.  letzten  Blatte  kostete  diese  Bibel  im  Jahre  I4gi  5  Gulden, 
das  Rubriciren  12  Albus. 
Wiesbaden  LB. 

150  Biblia  latina.     [Spirae,  Petrus  Drach],  1489.     2o. 

Hain-Copinger  "^3105.     Praetor  23/8.     Pellechet  232/. 
Hadamar.     (Aus  Hadamar.) 
Wiesbaden  LB.    (Aus  Sayn.) 

151  Biblia  latina.     Yenetiis,  Nicolaus  Jenson,  1479.     2". 

Hain-Copinger  *30/3.     Pellechet  2302. 

Im  vorliegenden  Exemplar  fehlen  die  beiden  ersten  Bl. 

Wiesbaden  LB. 


—     20     — 

152  Biblia  latina.     Venetiis.  Franciscus  Renner,  1480.     4«. 

Hain-Opnger  'jO/S.    PelUchet  2^0$ • 
Um'ourg. 

153  Biblia  latina  cum  Concordantiis.  Argentinae.  [Johannes  Grüninger] 
1497.     20. 

Hain-Capinger  *JI22.     Prcctor  4^g. 
Limburg.     (Aus  Hadamar.) 

154  Biblia   latina    cum   postillis  Hugonis    de  Sancto  Caro.      Basileae, 
Johannes  de  Aiuerbach.  1498—1502.     7  Bde     2o. 

Hain-Copinger  31/ 5.     Pd'.echet  23^4. 
Limburg.     [Aus  Eöerbach.) 

155  Biblia   latina   cum   postillis  Nicolai   de  Lyra.     Argentinae.  [Job. 
Grüninger].  1492.     4  Bde     2'\ 

Hain-Copinger  "J/Ög.     Praetor  462.      Pellechet  2348. 

Limburg:  2  vollständige  Exemplare  [aus  Sayn  und  Notgottes\  ein  3.  Ex.,  nur  P.  II,  {aus  Deute). 

156  Biblia  latina  cum  postillis  Nicolai  de  Lyra.     [Lugduni],  Johannes 
Syber.  [1496?]     4  Bde     2". 

Hain-Copinger  ^3163.     Proctor  8542.     Pellechet  2342. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

157  Biblia  latina  cum  postillis  Nicolai  de  Lyra.    Norimbergae,  Anton. 
Koberger.  1485.     4  Bde     2'^. 

Hain-Copinger  *3/66,     Pellechet  234^. 

IViesbaden  LB :  nur  Bd  4  vorhanden.     [Aus  Höchst.) 

158  Biblia    latina    cum    postillis    Nicolai     de    Lyra.       Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1487.     4  Bde     2^. 

Hain-Copinger  *3l6/.     Pellechet  2346. 

Limburg:  ein  Exemplar  [aus  Deutz),  ein  2.  Ex.  nur  Bd  i,  2  und  4  [aus  Rommersdorf),  ein  3.  Ex. 
nur  Bd  I  [aus  Deutz)  u.   Bd  4  laus  Hadamar). 

159  Biblia  latina  cum  postillis  Nicolai  de  Lyra.    Norimbergae,  Anton. 
Koberger,  1497.     4  Bde     2'^. 

Hain-Copinger  "'31/I.     Pellechet  23£0. 
Limburg:   nur  Bd  i  u.  3.     [Aus  Deutz). 

160  Biblia  latina  cum  postillis  Nicolai  de  Lyra.     Venetiis,  Franciscus 
Renner,  1482.     3  Bde     2«. 

Hain-Copinger  *3l6£.      Pellechet  2344. 
Limburg:  Bd  I.     [Aus  Rommersdorf.) 

161  Biblia  latina  cum  postillis  Nicolai  de  Lyra.     Venetiis,  Octavianus 
Scotus,  1489.     4  Bde     2o. 

Hain-Copinger  *3i68. 
Limburg:  nur  Bd  i  u.    2. 

162  Biblia    latina   cum   glossa  ordinaria  Walafridi  Strabonis  et  inter- 
lineari  Anselmi  Laudunensis.    [Argentorati,  Adolphus  Rusch,  1480.]    4  Bde    2'\ 

Pars  II  Bl  la  abweichend  von  Hain   und  Pellechet:    ()Iginti    et   j  duas    litteras  es  'se  apud 
hebre-  os  etc. 

Hain-Copinger  *3l/3.      Proctor  2g g.     Pellechet  2352. 

Limburg:  Bd  I  u.   4.      IViesbaden   LB.:  Bd  2  u.  3.     [Aus  Deutz.) 


—     21     — 

163  Biblia  germanica.    Argentinae,  [Job.  Grüninger],  1485.    2  Bde    2o, 

DU  Holzschnitte  sind  kolorirt,  der  2.  Band  ist  mit  vielen  schönen  Initialen  versehen. 
Hain-Ccrpinger  "^3138.     Praetor  443.      Pellechet  23/6. 
IViesboilen  LB.     {Aus  Hadamar.) 

164  Biblia  germanica.    [Norimbergae,  Andreas  Frisner  et  Job.  Sensen- 
schmid,  c.  1472.]     2o, 

Hain  '3132.      Praetor  2204.     Pellechet  23/I. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Sayn.) 

165  Biel,  Gabriel:  Expositio  sacri  canonis  missae.   Reutlingae,  Johannes 
Otmar,  1488.     2o. 

Hain-Copinger  *3i/8. 
Limburg.     (Aus  Xotgottes.) 

166  Biel,  Gabriel:  Expositio  sacri  canonis  missae.   Tubingae,  [Jobannes 
Otmar],  1499.     2o. 

Hain-Copinger  *3i^g. 
Wiesbaden  LB. 

167  Biel,  Gabriel:  Expositio  sacri  canonis  missae.   Tubingae,  [Johannes 
Otmar],  1499.     4». 

Hain-Copinger  *3i8l, 
Herbom  341, 

168  Biel,  Gabriel:  Sermones  de  festivitatibus  Christi  et  virginis  Mariae 
atque  de  sanctis,     [Tubingae,  Johannes  Otmar],  1499.     4o. 

Hain-Copinger  ^3184.     Praetor  3234. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  yohannisberg.) 

Bitonto  s.  Antonius  de  Bitonto. 
Blony  8.  Nicolaus  de  Blony. 

169  Boethius:  De  consolatione  philosophiae  c.  comm.  Acc.  Job.  Gerson: 
De  consolatione  theologiae.     Coloniae,  Johannes  Koelhoff  de  Lübeck,  1488.   2'\ 

Hain-Copinger  *338o 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

170  Boethius:    De  consolatione  philosophiae  cum  commento.     Daven- 
triae,  Jac.  de  Breda,  1490.     4» 

Hain-Copinger  3381.     Campbell  312. 
Wiesbaden  LB. 

171  Boethius:  De  consolatione  philosophiae  cum  commento.    Hagenoae, 
[Henricus  Gran],  1491.     40. 

Hain  *3383.     Proctor  31/2. 
Wiesbaden  LB. 

172  Boethius:   De  consolatione  et  de  uisciplina  scholarum.     Venetiis, 
Johannes  et  Gregorius  de  Gregoriis,  1497.     2o. 

Copinger  //,  /,  1118. 

Der   Titel  ist  nicht  in  Kapitalschrifi. 

Weüburg.     {Aus  Herbom  HS  eh.) 


—     22     — 

173  Boethius:    De    Jisciplina   schoUirium    cum    commento.      Coloniae, 
Henricus  Quentell.  1489.     4ö. 

Hain-Ccfinger  24^9- 
WUibaden  LB. 

Boloj]'ninus  s.  Ludovicus  Bolocminus. 

174  Bonaventura:  Biblia  pauperum.  [Argentiuae,  Johann  Pryss], 
1490.     4. 

Hain-Capinger  *J^03.     ZI  J  des    TiUh  steht  omniius,  wie    VouWJme  26 1  angiebt. 
Herbem  S  l'  £.     {Aus  Herborn  HSch.) 

175  Bonaventura:  Breviloi^uium.  Acced.  Biblia  pauperum.  Yenetiis, 
Johannes  de  Colonia  et  Johannes  Manthen  de  Gherretzem,  1477. 

Hain  '34/3. 

Limburs;:  Nur  die  Biblia  pauperum  vorhanden.     {Aus  Amstein.) 

176  Bonaventura:  Liber  protectuum  religiosorum.  [Daventriae. 
Richardus  Pafraet.  14ö3— 1484.]     4'). 

Hain-Copin^er  3£lO.     Campbell  1442.     Proctor  8g 6/. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

177  Bonaventura:  Libri  et  tractatus  varii.  Argentinae,  Martinus 
Flach,  1489.     2«. 

Hain-Ccpinger  "346^- 
Limburg. 

178  Bonaventura:  Libri  et  tractatus  varii.  [Coloniae,  Bartholomaeus 
de  Unckel],  14S4.     2'\ 

Bl  la  Titel:  Tractatus  sancti  Bonauenture  ,'  Breuiloquium  |  Itinerarius  mentis  in  deum  || 
Paruum  bonum  Regimen  conscientie  Föns  vite  Soliloquium  siue  De  quattuor  exer- 
citijs  deuotorü  Lignum  vite  ,  Centiloquium  Apologia  pauperum  Epistola  eiusdem  eli- 
minans  errorem  [  cuiusdä  magistii  circa  regulam  beati  Francisci  ,  Epistole  plures  ''  Epis- 
tola eiusdem  dans  regulä  oibus  in  christo  viuere  volentibus  Uiginti  passus  de  virtutib9 
bonorum  religiosorum  De  reductöe  artium  ad  theologiä  De  tribus  ternarijs  infamibus  J 
Expositio  orationis  dominice  De  Septem  gradibus  contemplatöis  Laudismus  de  sancta 
cruce  11  Laudisonus  de  sancta  cruce.  Bl  ib  leer.  Bl  ^4  ist  leer.  Hain  F.  /J  ist  also  Bl  ^5. 
Bl  83  [Hain  81]  ist  dagegen  nicht  leer,  ist  vielmehr  Hain  82\  Von  Blatt  ig^  ab  ist  der  Schrift- 
charakter ein  anderer,  dennoch  ist,  wie  der  Titel  zeigt,  Jas  Werk  so,  wie  es  Hain  anführt,  ein  rinheit- 
liches.  Der  zuletzt  im  Titel  angeführte  Laudisonus  de  sancta  cruce  ist  identisch  mit  Laudismus 
de  Santa  cruce.  Das  Werk  hat  im  Ganzen  2^8  Bl  mit  Sign  [a—fi,  g — h3,  aa*,  bbi,  A — C4, 
D—Gl,  H—P',,   Qs,  a—i*,  ks]. 

Im    Cbri^en  s.  Hain-Copinger  *3463.     Procter  I143.      Vgl.    Voullieme  Nachtr.  S.  262. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Limburg.) 

179  Bonaventura:  Opuscula  parva.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de 
Quedlinburg,  a.  1483].  1495.     2^. 

Hain-Copinger  ^346 8.      Proctor  63g. 
Limburg:    Pars  //.     [Aus  Limburg.) 

180  Bonaventura:  Perlustratio  in  quattuor  libros  sententianim« 
Friburgi,  Kilianus  Piscator,  s.  a.     4  Bde     2o. 

Hatn  '354t. 

Beigebunden  ist  aie  Tabula  Bl  i — /£  [75^  w/  überklebt]  der  Kobergerschen  Ausgabe  v.  T^OO 
=  Hain  "3543- 

Limburg:    Bd  i  u.  2.     [Aus  Limburg.) 


23     — 


181  Bonaventura:  Perlustratio  in  quattuor  libros  sententiarum.  Norim- 
bergae,  Antonius  Koberger,  [1491].     5  Bde.     2«. 

Du   Tabula  -jjeicht  von  Hain  ab. 

Bl  la  Titel:  Tabula  super  libros  sententiay  '  cum  Bonauentura.  Bl  tb  leer.  Dl  2a 
{Sign  ai\  a;  Johannis  bekenhaub  moguntini  in  scripta  diui  j  bonauenture  cum  textu  senten- 
tiarum  tabula,  quam  ,  siquis  etc.  Bl  g8b^:  Tabule  sup  textü  sententia^  cü  Bonauentura 
fi||nis.  In  qua  sparsim  viciola  quedä  adnotaui  in  Bo  nauentura  et  lombardo  suis  locis 
em8danda.  Vere  ;or  -r/r.  Bl  ggaa:  Sequuntur  värij  irticu  li  erronci  omnium  pene  facul- 
tatum.  in  anglia  et  pa.i;risius  studiose  :  auctoritatiue  condenati  cum  reuoca  tionibus  eorun- 
dem.  II  rf^.  Bl  112  leer.  Bl  iija  [Si^  ggj  a.'  Ordo  questionum  di,,ui  Bonauenture  etc. 
Bl  1x8 a<^  ZI  10:  nolle  debeamus.  d.  Bl  118 b  leer.  118  Bl  {Sign  a^,  b-ql,  13,  -4,  ggi].  Das 
Übrige  wie  Hain. 

Hain-Copinger  *3540.      Praetor  2068. 

Herbom  814  b:  Bd  i  u.  2  mit  der   Tabula.     (Aus  Herbom  HSch.) 

Limburg:  Bd  1—5  [mit  der  Tabula  Bl  i—g8)  und  ein  2.  Ex.  von  Bd  2.     {Aus  Limburg.) 

Wiesbaden  LB:  Bd  J  u.   4.     [Aus  Marienstatt.) 

182  Bonaventura:  Perlustratio  in  quattuor  libros  sententiai-um. 
Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1500.     2o. 

Hain-Copinger  ^3543. 

Limburg:    Nur  die   Tabula  Bl  1—75  vorhanden.     (Aus  Limburg.) 

183  Bonaventura:  Sermones  de  tempore  et  sanctis.  Reutlingae, 
[Johannes  Otmar],  1485.     2o. 

Hain  *3S!/-     Praetor  270;^. 
Wiesbaden  LB. 

184  Bonaventura:  Sermones  mediocres  de  tempore.  Argentinae, 
[typograph.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1496.     4o. 

Hain-Copinger  *3523.     Praetor  668. 
Limburg. 

185  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium  cum  Clementinis. 
Basileae,  Johannes  Proben,  1494.     4». 

Hain-Copinger  *36/g. 

Nach  einer  handschrifil.  Notiz  wurde  das  Buch  zu  Mainz  1494  für  18  Albus  gekauft. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSeh.) 

186  Bonifacius  YIII:  Liber  sextus  decretalium  cum  Clementinis. 
Basileae,  Johannes  de  Amerbach  et  Johannes  Proben.  1500.    4». 

Hain-Copinger  ^3626. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Ehrenbreüstein.) 

187  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium  cum  Clementinis. 
[Basileae,  Nicolaus  Kessler,  1495?]     2*>. 

Hain-Copinger  *3585.      Praetor  76g 7. 

In  dem  Exemplar  aus  Deutz  steht  Bl  5 a  Text  rot:  Incipit  sextus  liber  decre.  Im  Öhrigen 
stimmt  alles  mit  Hain  überein. 

Limburg:  2  Exemplare.     {Aus  Deutz  und  Rommersdarf.) 

188  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium.  Basileae,  Michael 
Wenssler,  1477.     2o. 

Hain  *359S. 
Limburg. 


—     24     — 


189  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium.  Lugduni,  Johannes 
Syber,  1482.     2o. 

Du  z-ier  ersten  Bl  \die  Rubricae  enth.?\  fehlen.  Bl  §a  [Sign  a.  v."  Text  ß  rot:  Incipit 
sextus  liber  decre  talium.  |l  Dann  schwan  (  ONIFACIUSa  Epüs»>  |  Kommentar  a:  qiUia  pre- 
posterus  est  ordo  prius  humana  subsidia  pe  tere  ut  illis  deficientibus  diuini  fauoris  gratia 
postu-  letur  de  cöse.  di.  i.  omnis  christianus  in  fi.  Iccirco  ego  Johänes  andree  etc. 
Bl  i4£a^:  Liber  sextus  decretalium  una  cum  apparatu  dompni  [!  iohänis  andree.  diligen- 
tissime  emendatus.  feliciter  explicit.  Impressus  j  impendio  magistri  Johänis  syber  almani. 
Anno  salutis  do-  minice.     Mcccclxxxii.    pridie  kalendas  may.     Bl  146  [^^/j  fehlt. 

146  Bl  mit  Sign  [a5,  b — j4]  2  Spalten.  Text  in  grösserer  Schrift  vom  Kommentar  umgeben. 
Kommentar  68 — 6g  Zeilen,  goth.   Schriß, 

Hain  j6oi. 

Limburg, 

190  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium.  Lugduni,  Michael 
Wenssler,  1494.     2o. 

Copinger  II,  i,  I308. 
Limburg. 

191  Bonifacius    VIII: 
Antonius  Koberger,  1486.     2o. 

Hain-Copinger  *^6lJ. 
Wiesbaden  LB. 


Liber     sextus     decretalium,       Norimbergae, 


192  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium  cum  Clementinis. 
Venetiis,  Baptista  de  Tortis,  1496.     2«^. 

Bl  I  rot  oben:  Cum  priuilegio  weiter  unten:  Sextus  et  clemejjtine  de  tortis. 
Hain-Copinger  *^622. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

193  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium  cum  apparatu  Joannis 
Andreae.  Venetiis,  Bartholomaeus  [de  Blavis]  de  Alexandria,  Andreas  [de 
Torresanis]  de  Asula,   Maphaeus  [de  Paterbonis]  de  Salodio  socii,  1482.     40, 

Hain  *j6o4. 

Limburg.     (Aus  Hadamar.) 

194  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium.  Venetiis,  Joannes  et 
Gregorius  de  Gregoriis,  1489.     2^ 

Hain  *j6i4. 

Wiesbaden   LB.     {Aus  Herbom  HSck.) 

195  Bonifacius  VIII:  Liber  sextus  decretalium.  Venetiis,  Thomas  de 
Blavis  de  Alexandria,  1489.    4». 

Bl  T  leer.  Bl  2  a  {Sign  a3-\  a  ()Irca  lecturaj  arboris  diuersis  olim  ||  diuersuro  moduj 
tenentibus :  Jo.  de  deo  hispanus  post  illos  lecture  ipsi9  ;|  arboris  nouü  modü  assumens  per  \\ 
etc.  Bl ßa  Text  rot:  Incipit  sextg  liber  decretaliü  j|  schwarz  ()ONIFACIUSa  Episco-|j  Kommen- 
tar: f)Uia  pposterus  e  ordo  pus  humana  subsidia  '  petere:  vt  illis  deficietib9  diuini  fauoris 
gra  postulet:  etc.  Bl  r^^a^  rot:  Liber  sextus  decretaliü  vna  cum  apparatu  donmini.  [!] 
Joannis  andree  accuratissime  castigans  feliciter  explicit.  Uene  tijs  impressus  opera  at<y 
impensa  Tbome  de  Blauis.  de  Ale /xädria  Anno  salutis  Christiane  M.  cccc.  Ixxxix.  die.  xiiij. 
aug.     Bl  rßßb   Regutrum  und  Jas  Drucktrzeiehen.     Bl  156  fehlt. 

Iß6  Bl  mit  Sign  [a—s^,  /6j.  2  Spalten,  Text  in  grösserer  Schrift  vom  Kommentar  umgeben, 
letzterer  6j  Zeilen,  goth.  Schrift. 

Hain  3615. 

Wiesbaden  LB. 


—     25     — 

Bonum  universale  de  proprietatibus  apum  s.  Thomas  Cantiprateusis. 

196  Brack,    Wenceslaus:    Vocabularius    rerum.     [Argentinae,    typogr 
Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483J,  1491.     40. 

Hain   ^J/O/.     Praetor  663. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

197  Brack,  Wenceslaus:  Vocabularius  rerum.  [Spirae,  Conr  Histi 
1496.     40.  Lt..        3tj, 

Hain   *3/lO.     Praetor  2432. 

Limburg:  2  Exemplare.     (Aus  Limburg  und  aus  Arnstein.) 

198  Brant,  Sebastian:  In  laudem  virginis  Mariae  multonimque  San- 
ctoinim,  et  varii  generis  carmina.  [Basileae,  Johannes  Bergmann  de  Olpe 
c.  1494.]     40.  o  P  , 

Hain  *j/jj. 
Limburg. 

Brant,  Sebastian,  s.  KlagspiegeL 

199  Brant,  Sebastian:  Narrenscliiff,  latine  interprete  Jacobo  Locher 
Philomuso.     Argentinae,  Johannes  Grüninger,  1497.     40. 

Hain  *J/4g.     vgl.    Voulliime  284. 
Limburg:  2  Exemplare. 

200  Brant,  Sebastianus:  Varia  carmina.  Basileae,  Johannes  Bergmann 
de  Olpe,  1498.    4o. 

Hain-Copinger  *3/Sl. 
Limburg. 

201  Bruno  Herbipolensis :  Psalterium  ex  doctonim  dictis  collectum. 
[Eustadii,  Michael  Reyser,  i486.] 

Hain-Copinger  *40II.     Praetor  JI2J. 

IViesbaden  LB.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

202  Bruno  Herbipolensis:  Psalterium  ex  doctorum  dictis  collectum. 
Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1497.     40. 

Hain-Copinger  ^4013. 

Limburg.     [Aus  Arnstein.) 

203  Büchlein  von  der  Liebe  Gottes  samt  dem  Spiegel  der  kranken 
und  Sterbenben  Menschen.     Augsburg,  Hans  Froschauer,  1494.     8«^. 

Hain  *4o6j. 

140  Bl;  Bl  140  ist  leer.   Bl  13g  Z  g:  im  vorliegenden  Ex.  criisti  [!J  geburt.  M.  cccc.  xcJij, 

Herborn  PVd  g6.     {Aus  Herbom  HSck.) 

Busti  s.  ßernardinus  de  Busti. 

Butrio  s.  Antonius  de  Butrio. 

Caccialupis  s.  Johannes  ßaptista  de  Caccialupis. 


—     26     — 

204  Caesar.  C.  Jul.:  Commentarii  Je  bello  Gallico  et  (ie  hello  civili. 
Venetiis.  Theodonis  de  Ragazonibus,  1490.     2'^. 

Hain- Cef mger  ^42 ig. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Herbem  HSck.) 

205  CalJerinus,  Johannes:  Repertorium  iuris.  [Basileae.  Michael 
WensslerJ  1474.     2o. 

Hain-Copinger  *4248.     Proctor  /461. 

.Auf  Bl  I  .\[iniatur  einen  Rechts  gelehrten  darstellend,  ebenfalls  das  A  zu  Anfang  gemalte  Initiale. 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Rommersdcrrf.) 

206  Campanus,  Johannes  Antonius:  Oratio  in  conventu  Ratisponensi 
dicta  ad  exhortandos  principes  Germanorum  contra  Turcos  et  de  laudibus 
eorum.     [Romae,  Stephanus  Planck],  s.  a.     4". 

Hain   *42gO.     Proctor  3/32. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eierbach.) 

Canones  poenitentiales  s.  Petrus  episcopus  Civitatensis. 

207  Caracciolus  Robertus:  Opus  quadragesimale  quod  de  poenitentia 
dictum  est.     Argentinae,  Martinus  Schott,  1485.     2^. 

Hain-Copinger  ^4436.     Proctor  3g5. 

Limburg. 

208  Caracciolus,  Robertus:  Sermones  de  laudibus  sanctorum.  Spirae, 
Petrus  Drach.  1490.     2". 

Hain-Copinger  *4484. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

209  Caracciolus,  Robertus:  Sermones  de  laudibus  sanctorum.  Venetiis, 
Bernardinus  BenaHus,  1490.     4o. 

Hain  *44S2. 
Limburg. 

210  Caracciolus,  Robertus:  Tractatus  de  divina  caritate.   s.  1.  t.  a.  2o. 

Bl  la:  Incipit  tractatus  de  diuina  caritate  opilatus  per  Reue-  Irendü  sacre  Theologie 
doctore  magistrü  Robertum  de  Li  tio  ordinis  minorum  in  quo  ostenditur  cü  omni  ueritate 
sa-|  cre  sancte  scripture:  qualiter  deua  benedictus  quätum  in  se  |)  est  omnibus  peccatoribus 
offert  indulgentiam  &  remissio  nem  peccatorü  neminem  excludes  a  salutis  uia.  Bl  48a 
ZI  ig:  per  gratiam  &  in  futuro  per  gloriam.     Amen.     Bl  48b  leer. 

vgl.   im    übrigen    Copinger  //,  /.   I4S4- 

Limburg.     [Aus  NotgoUes,  vorher  in  Johannisberg.) 

Carchano  s.  Michael  de  Carchano  Mediolanensis. 
Cassia  s.  Simon  de  Cassia. 

211  Cassianus,  Johannes:  De  institutis  Coenobiorum,  de  origine  causis 
et  remefliis  vitiorum,  de  collationibus  patrum.  Basileae,  [Job.  de  Amerbach], 
1485.     20. 

Hain-Copinger  ^4562     Proctor  ^^56^. 

Limburg.     [Aus  Notgottes.) 


—     27     — 

212  Cassianus,  Johannes:  De  institutis  Coenobiorum,  de  origine  causis 
et  remediis  vitiorum.  de  collationibus  patrum.  Basileae,  Johannes  de  Amer- 
bach,  1497.     2«. 

Institutis  ce- 

Bl  la   Titel      Joannes         .       nobiorum. 
;.,       .  de     _  .    - 

Cassianus  Origie:  causis 

et  remedijs 

vitiorum. 

Collatiöibus 

patrum 
Bl  ib:  Auctor  quis  ac  qualis  fuerit:  quos  libros:  ad  quos:  :  de  quibQ  '  scripserit: 
cömedaticia  breuisqi  expositio.  j]  etc.  Bl  2 a  \Stgn  2\:  Notabilium  dictorü  iu-  xta  alphabeticum 
ordine?  I  librorum  Joannis  Cassia-!(ni:  annotatio  jj  rfr.  Bl  220a^  ZI  ;^o :  Expliciüt  viginti- 
quattuor  ;}  collationes  sanctoy  patrum  i|  conscripte  ab  Johanne  eremi-  ta  qui  et  Cassiing 
dicit:  Im-  presse  Basilee  per  magistrü  ,  Joannem  Amerbach :  Anno  domini  M.  CCCC. 
Ixxxxvij.  j    Deo  gratias.     Bl  220  b  leer. 

Hain-Copinger  4564.     Die  Blattzahl  u.  das    Übrige  richtig  bei  Copinger. 
Herbom  1/8/.     [Aus  Herbom  HSch.) 

213  Casus  in  terminis  super  Institutis,  [Argentinae,  Joh.  Prj'ss, 
1498—99].     20. 

Hain- Copinger  *4666. 
Limburg.     [Am  Limburg.) 

214  Casus  papales,  episcopales  et  abbatiales.     s.  1.  t.  a.     4'^. 

Bl  la  ZI  i:  C  Casus  Papales.  Episcopales.  et  Abbatiales.  ||  ()Rimus  casus  Papalis  e 
in  illo  qui  percutit  enor;,miter  clericü.  Bl  4a  ZI  jj:  Finiüt  casus  Papales  Epäles  &  abba- 
tiales.   Bl  4b  leer. 

4  Bl  ohne  Sign,  34  Zeilen,  röm.    Type. 

Wiesbaden  LB.     [.4us  Eberbach.) 

215  Cato  cum  glossa  et  moralisatione.  Argentinae  [Martinus  Flach], 
1487.     40. 

Hain-Copinger  *4/2i.     Praetor  6/2. 
Limburg. 

216  Cato  cum  glossa  et  moralisatione.  Basileae,  Nicolaus  Kessler, 
1486.     40. 

Hain  *4/i8. 

Limburg.     [Aus  Ehrenbreitstein.) 

217  Cepolla,  Bartholomaeus:  Cautelae.  [Argentinae,  Johannes  Pr)-ss], 
1490.     40. 

Hain  *486ß.     Praetor  54/. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Amstein.) 

Chronica  s.  Rudimentum  novitiorum. 

218  Chrysostomus,  Johannes:  De  compunctione  cordis.  [Daventriae. 
Richard  Pafraet,  1491].     8o. 

Hain-Copinger  *^046.      Campbell  424. 
Wiesbaden  LB. 


—     28     — 

219  Chrysostomus.  Johannes:  Liber  dialogorum  de  dignitate  sacerdotii. 
[Coloniae.  ülr.  Zell.  U72].     -t^. 

Hain-Copm^er  "'£048.      Prodor  8S7- 
Limburg. 

220  Chrysostomus,  Johannes:  Homiliae  LXX  in  evangelium  S. 
Matthaei.  Georgio  Trapezuntio  interprete.  Coloniae.  Johannes  Kuelhoff  de 
Lübeck  1487.     2«. 

Hain  '5OJ5. 

iVie:badfn  LB.     [Aus  Afarürtsiati.) 

221  Chrysostomus.  Johannes:  Sermo  super  Psalmum:  Miserere  mei 
deus.     [Coloniae.  Ulr.  Zell,  1466—67].     4^. 

Hain-Cofingtr  'SOJI-     Prodor  8og. 
Signaturen  hat  dies  Exemplar  nicht. 
Limburg. 

222  Chrysostomus,  Johannes:  Sermones  de  patientia  lob.  Coloniae, 
JoL  Koelhoff  de  Lübeck,  1487.     2*>. 

Hain-Ccpinger  *502/. 

Das  Werk  hat  6o  Bl  {Sign  /4,  a— <rS/,/3,]  in  der  Blatinumerierung  sind  die  Zahlen  XXIII 
und  XXV  übersprungen. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  SchSnau.) 

223  Chrysostomus,  Johannes:  Sermones  de  patientia  lob.  [Coloniae, 
Ulr.  ZeU.  1467} 

Bl  I  leer.  Bl  2  a  Säctissimo  et  Clemetissimo  dno.  |  dno  Nicoiao  diuiä  puidetia  pape 
qui-  to  sce  Romane  ac  vniusalis  eccie  sümo  pontifici.  Lilij  Tifernatis  vltimi  suorü  | 
seruorü  prologus  in  sermones  sancti  Johannis  Crisostomi.  Bl  47b  am  Ende:  Expliciüt 
sermoes  Sancti  Joli.  Criso-  Storni  In  iustü  et  beatü  lob  de  pacia.     Bl  48  leer. 

48  Bl  ohne  Sign  mit  2/  Zeilen,  goth.  Schrift.     Die  6  Anfangszeilen  in  grösserer  Schrift. 

Hain-Copinger  5024.     Praetor  808. 

Limburg. 

224  Chrysostomus,  Johannes:  Sermones  XXV  e  graeco  latine  versi 
a  Christophoro  Persona.     [Coloniae,  Joh.  Koelhoff  de  Lübeck,  1487].     4o. 

Hain-Copinger  *^040.     Prodor  10/8. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

225  Cicero,  Marcus  Tullius:  De  officiis.  Venetiis,  Jacobus  de  Paganinis, 
1491.     2'^. 

Hain-Copinger  *52/7. 

Weilburg.     [Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.) 

226  Cicero,  Marcus  Tullius:  Epistolae  ad  familiäres  cum  commentario 
Hubertmi  Clerici  Crescentinatis.    Venetiis,  [Andr.  de  Paltascichis?].  1480.   2o. 

Hain-Copinger  *5l87.     Prodor  £662. 

Weüburg.     Die  ersten  drei  Blätter  fehlen.     {Aus  Herbom  HSch.) 

227  Cicero,  Marcus  Tullius:  Orationes.  Venetiis,  Bartholomaeus  de 
Zanis  de  Portesio,  1499.     20. 

Hain  "5128. 
Wusbaden   LB. 


—     29     — 

228  Cicero,  Marcus  Tullius:  Synonyma  s.  de  proprietatibus  terminorum. 
[Moguntiae,  Petrus  Schöffer.  c.  1476].     4o. 

Hain- Ccfinger  *5346. 
WeÜburg. 

229  Cicero,  Marcus  Tullius:  Tusculanarum  quaestionum  libri  cum 
commentario.     Venetiis,  Johannes  de  Tridino,  1494.     2o. 

Bl  la  Titel:  MARCI  TVLII  [!]  CICERONIS  TVSCV  LANARVMQVAESTIONVM. 
Bl  ib  Iftr.  Bl2a  [-%«  aiij  Text:  MARCI  TVLII  [!]  CICERONIS  TVSCVLANARVM  QVAES- 
TIONVM  LIBER  PRIMVS.  Kommentar:  CVm  defensionum.  Temporibus  quibus  Cesar 
rerum  potiebatur:  &  multum  Cice-|ironi  etc.  Bl  £8a  unter  dem  Text:  Marc»  Tulii  [!]  Cice- 
ronis  Tuscula^  [!]  quaestionü  finis.  ||  Impressarü  Venetiis  per  Joanne  de  Tridino  maxima  cum 
di-|jligemia.     M.  cccc.  Ixxxxiiii.  die  tertia  Februarii.     Darauf:  Registrum  huius  operis. 

ßS  Bl  {a—i\  k-^\,  44  und  6o  Zeilen,  röm.  Schriß,  drei  Schri/tgrössen,  mit  eingedruckten  Initialen. 

Hain  531g. 

Weilburg.     [Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.) 

230  Claudianus,  De  raptu  Proserpinae.     s.  1.  t.  a.     4*^. 

Bl  la:  Vorausgehen  6  Distichen,  dann:  Claudiani  proserpina  incipit  ;  (  Nferni  raptoris 
equos  afflatacy  curru  jl  Bl  22  a:  Claudiani  proserpina  finit  feliciter.     Bl  22b  leer. 

22  Bl  ohne  Sign  \j  Lagen:  i—2^,  p],  28  Zeilen,  röm.  Schriß. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eierbach.) 

Clavasio  s.  Angelus  de  Clavasio. 

231  Clemens  V:  Constitutiones  cum  apparatu  Joh.  Andreae.  Basileae, 
Michael  Wenssler,  1476.     2». 

Hain-Copinger  *^4i8. 
Limburg. 

232  Clemens  V:  Constitutiones  cum  apparatu  Johannis  Andreae. 
Lugduni,  Michael  Wenssler  1495.     2*^. 

Copinger  II,  I.     Nr.  l6/j. 
Limburg. 

233  Clemens  V:  Constitutiones  cum  apparatu  Joannis  Andreae. 
Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1486.     2o. 

Hain-Copinger  *5435- 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

234  Clemens  V:  Constitutions  cum  apparatu  Joannis  Andreae.  Venetiis, 
Bartholomaeus  [de  Blavis]  de  Alexandria,  Andreas  [de  Torresanis]  de  Asula. 
Maphaeus  de  Paterbonis  de  Salodio  socii,  1482.    4*>. 

Hain  ^5428. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

235  Clemens  V:  Constitutiones  cum  apparatu  Joh.  Andreaa  Venetiis, 
Johannes  et  Gregorius  de  Gregoriis,  1489.     2^. 

Hain  ^£442. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Herbem  HSch.) 


—     30     — 

236  C 1  e  m e  n  s  V :  Constitutiones  cum  apparatu  Joannis  Andreae.  Venetiis, 
Thomas  de  Blavis  de  Alexandria.  1489.     4o. 

ßl  I  fehlt.  Bl  2a  \Si^  A^\  a  Text  rot:  Incipiüt  cöstitutiöes  clemen  tis  pape  quinti 
vna  cü  appa-  ratu  domini  Joänis  andree.  |1  ^fAt^jars ;  OANNESa  epi  scopus  seruus  ser-  uoruj 
dei  Dilectis  ttc.  Kiymmentar:  (  -Oannes.  gratiosum  hoc  nomen  per  interpre'  tationes  etc. 
Bl  -6a  a  rot;  Opus  clemetinarü  Ipensa  atcp  idustria  thome  de  bla  uis  de  alexädria.  Uenetijs 
impressü  feliciter  finit:  vna  cum  apparatu  domini  Joannis  Andree  anno  salutis  ,.  dnce.  M. 
CCCCLXXXUIIII.  die  primo  lunij.  Laus  deo.  Bl /6b  leer.  Bl  //a  [Si^  k]  a  rot:  Incipiunt 
decretales  extrauagates  que  ema-  narunt  post  sextum.  |i  etc.  Bl  840,0.  ZI  ^4:  nostri  anno 
secüdo.     Bl  8411^  Registrum  und  darunter  das  Druckerzeichen  rot. 

84  Bl  mit  S:^  [A — //*,  7°,  A'4],  Text  in  grösserer  Schrift  vom  Kommentar  umgeben;  letzterer 
63  Zeilen,  die  Extravagantes  £4  Zeilen,  goth.  Schrift. 

Hain  5441. 

WUsbaden  LB. 

Co  einer,  Johannes,  de  Vanckel  s.  Koelner. 
Columna  s.  Guido  de  Columna. 
Comestor  s.  Petrus  Comestor. 

237  Compendium  de  reformatione  Canonissarum.     s.  1.  t.  a.     8^. 

WUsbaden  LB.     [Aus  Notgottes.) 

238  Compendium  octo  partium  orationis.    Argentinae,  s.  t.  et  a.    4". 

Copinger  II,  i,  I/I^  =   VouUieme  354. 
Limburg.     [.Aus  Limburg^ 

239  Computus  Nurenbergensis.  [Lipsiae,  Martinus  Landsperg,  c. 
1490].    4^ 

Bl  la  Titel:  Computus  nirenbergensis.  Bl  ib:  ()mia  cü  inferiora  motib9  corpm  supioy 
gubemä  tur  ideo  de  ipsoy  motuü  inuetiöe  piter  i  cognitöe  nö  tn  01m  s^  tm  solis  :  lune 
gnoräcia  qb9  circa  diuinü  officiü  etc.  Bl  na  [Sign  b^]  ZI  11:  Sequitur  scdüs  über.  Bl  zoa 
ZI ^:  Finis.  Contenta  primi  libri  Computi  nyrenbergensis.  ZI  22:  Contenta  scd'i  libri  Com- 
puti  nyrenbergensis.     ZI  2g:  De  oppositione  media. 

20  Bl  mü  Sign  [a,  b*,  c^],  //  Zeilen,  [Bl  20 :  2g   Zeilen),  goth.  Schrift. 

Limburg.     [Aus  Hadafnar.) 

Concilium  Constantiense  s.  Acta  et  decreta. 

240  Conradus  de  Bnmdelsheim:  Sermones  de  tempore.  Argentinae, 
Joh.  Grüninger,  1484.     2\ 

Hain-Copinger  *  14826. 

Herbom :    nur   77  /.     (Aus  Limburg.) 

Cordiale  quattuor  novissimorum  s.  Gerardus  de  Vliederhoven. 

241  Corona  beatae  virginis  Mariae.  [Argentinae,  typogr.  Vitarum  patriun 
a.  1483],  s.  a.     2". 

Hain  *S747-     Praetor  426. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Correctio  fratema  s.  Tractatus  de  traterna  correctione. 
Cracovia  s.  Mattliaeus  de  Cracovia. 


—     31     — 

Cursus  librorum  philosophiae  naturalis  secundum  nam  doctoris  subtilis 
Scoti  s.  Xicolaus  de  Orbellis. 

242  Cursus  optimarum  quaestionum  cum  textualibus  expositionibus 
Porphyhi  etc.     [Coloniae,  Henr.  Quentell,  c.  1490].     2". 

Hain  *SS6S. 

Limburg.     [Aus  Limburg.) 

243  Cursus  optimorum  quaestionum  cum  textualibus  expositionibus 
novae  logicae  Aristotelis  etc.     [Coloniae,  Henr.  (Quentell,  c.  1490].     2**, 

Harn  *S866. 

Limburg.     (Aus  Limburg.) 

244  Curtius  Rufus,  Q.:  De  rebus  gestis  Alexandri  Magni  cum  commen- 
tario  Bartholomaei  Merulae.  Venetiis,  Johannes  [de  Cereto  de  Monteterrato] 
de  Tridino  alias  Tacuinus,  1494.     2°. 

Hain-Copinger  *5885. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 

Dan  s.  Jordanus  de  Quedlinburg. 

245  Danhusen,  Petrus:  Relatio  de  obsidione  urbis  Rhodiae  ad  Frideri- 
cum  Imperatorem.     [Argentinae,  Henricus  Knoblochtzer,  1480].     4*^. 

Hain  *5g22.     Praetor  j/8. 

In  der  Schlussschriß  steht  in  dem  vorliegenden  Exemplar:  Danbussen. 

Wiesbaden:    JVass.  Altertumsverein. 

246  De  defectibus  in  missa  occurrentibus.     s.  1.  t.  a.     4". 

ßl  la  De  defectibus  occurretibus  in  missa  |  ()Egula  dirigens  missarum  celebratores 
vt  II  caueät  a  defectibus  periculis  et  disturbüs  [\  etc.  Bl  gb  ZI  lo:  tercia  parte  summe.  || 
Digna  bona  laude  semper  Wormacia  gaude.     Bl  lO  Uer. 

lO  Bl  ohne  Signaturen,  2/ — 2g   Zeilen,  goth.   Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Limburg.     [Aus  Arnstein.) 

Declaratio  modi  et  formae  venditionis  s.  Gerardus  de  Elten. 
Dialogus  inter  clericum  et  militem  s.  Guilelmus  de  Ockam. 

247  Dialogus  inter  Salomonem  et  Marcolphum.  [Argentinae,  Georg. 
Husner],  s.  a.    4^ 

Hain-Copinger  *  142 46.     Praetor  384. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 

248  Dialogus  inter  Salomonem  et  Marcolphum.  [Spirae,  JoL  et  Conr. 
Hist,  1480].     4". 

Hain-Copinger  *  142 48.     Praetor  2 40/. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbach.) 

Disputatio  inter  clericum  et  militem  s.  Dialogus. 

249  Donatus,  Aelius:    De  octo  partibus  orationis.     [Utrecht?]     4°. 

Fragment  von  2  Bl  au/  Pergament,  ohne  Sign,  2/  Zeilen,  dieselbe  goth.  Schrift  zvie  Holtrop 
Monuments  typogr.  Taf.  2g(j3).  Das  Holtropsche  Facsimile  giebt  auch  eine  Seite  des  Textes  unseres 
Fragmentes  wieder,  dock  ist  es  ein  anderer  Druck;  das  vorliegende  Exemplar,  welches  ich  auf  der 
Innenseüe  des  Deckels  von  Na.  i8i  [Wiesbaden  LB.)  fand,  lautet  ZI  I :  I  acci  t  vti  quod  declina- 
bitur  sie  [Njtö  hie  :  hec  t  hoc  M  legens  gtö  huius  legentis  dtö  huic  legcnti  accö  hüe  i  i| 
häc  legente  x  hoc  leges  vtö  o  leges  ablatö  ab  H  :  ab  1,  .  .  .  ZI  2^—2/  stimmen  genau  mU  dem 
Fragment  bei  Holtrop  über  ein. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Marienstati.) 


—     32     — 

Dorbellus,  Nicolaus  s.  Nicolaus  de  Orbellis. 

Dorniberg.  Thomas,  de  Memmingen:  Tabula  in  Compendium  theologicae 
veritatis  s.  Albertus  Magnus. 

250  Dorp.  Johannes:  Commentum  super  summulas  Johannis  Buridani. 
[Taui-ini?].  Johannes  Fabri.  1490.     4°. 

Bl  la  Titel:  Cömentü  magistri  Johänis  dorp  |  super  textu  summularum  magistri  |1  lo- 
hannis  Buridani.  Bl  if>  ZI  i  Q  Etsi  liberaliü  arliü  [qs  zenocrates  calcedoni9  platonis  auditor 
admicula  dicebat  phi  losophiel  etc.  Bl2a  [i'/f«  aij]  a  Zlr:  ()yaletica  est  ars  artiü  sei  ;entia 
sciarü  ad  oiu?  me-  thodoy  pricipia  viam  habens  ( )Ste  est  traiCtatus  sümulay  magri  Joliis 
Buridani  q  i  se  |  Dtinet  nouem  tractatus  ,  ptiales.  etc.  Bl  2^jd^  ZI  8:  C  Et  sie  finit  totus 
sumularum  liber  eruditissimi  magistri  loh.  dorp  veri  nominaliü  opinionü  recitatoris  interptis 
et  expositoris  textus  Buridani  per  lohannem  fabri  dilige  tissimü  impressorem  impressus. 
Anno  dni      MCCCC.   XC.  die   vero.  xvij.     Der  Monatsname  fehlt.     Bl  2^4  leer. 

2S4  Bl  \a — 74,  rj,  A — A]  2  Spalten,  £0   Zeilen,  goth.  Schrift,  J  Schriftgrössen. 

Hain   6400. 

Limburg.     {^Atis   Limlmrg.) 

251  Duns  Scotus.  Johannes:  Scriptum  in  quattuor  libros  sententianim. 
Venetiis.  Johannes  de  Colonia  et  Johannes  Manthen  de  Gerretzem,  1477 — 78. 
4  Bde.     2°. 

Hain- Geringer  '"6416. 

Wiesbaden  LB :    Nur  Bd  i  vorhanden,  Bl  245  bis  261  fehlen.     {Aus  Eberbach.) 

252  Duranti,  Guilelmus:  Rationale  divinorum  officiorum.  [Argentinae, 
Georg.  Husner],  s.  a.     2°. 

Hain-Cofinger  *646s.     [mit  dem  bei  Hain  angeg.  Druckfehler).     Praetor  j6/. 
Limburg.     {Aus  Limburg.) 

253  Duranti,  Guilelmus:  Rationale  divinorum  officiorum.  Argentinae. 
[typogr.  Jordani  de  QuetUinburg  a.  1483],  1493.     2^ 

Hain- Cjpinger  '6 4g 6.     Proctor  626. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

254  Duranti,  Guilelmus:  Rationale  divinorum  officiorum.  Basileae, 
Nicolaus  Kesler,  1488.     2". 

Hain-Cofinger  ''64g^. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Höchst.) 

255  D  u  r  a  n  t  i ,  Guilelmus :  Rationale  divinorum  officiorum.  Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1481.     2°. 

Hain  *64<9_S- 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Manenstatt.) 

256  Duranti,  Guilebnus:  Rationale  divinorum  officiorum.    s.  1.  t.  a.   2°. 

Hain  "646^. 

360  Bl,  das  erste  Bl  leer. 

Herbom  16/2:    2  Exemplare.     (Aus  Rommersdorf  und  Herbom  HSch.) 

'1^1  Duranti,  Guilelmus;  Speculum  iudiciale.  Argentinae,  Georgius 
Husner  et  Johannes  Bekenhub,  1473.     2°. 

Hain  *6^o6. 

Am    Ende  fehä  ein  Blatt. 

IVeilburg.     {Aus  Rommersdorf.) 


—     33     — 

258  Ebrardus,  ülricus:    Modus  latinitatis.    s.  1.,  t.,  a.     4^ 

Hain  *6S3S. 

Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Elegantiarum  viginti  praecepta  s.  Aegidius  Suchtelensis. 

259  Elimandus:  Gesta  Romanoruin.  [Argentinae,  Johannes  GrÜDin-^erl 
1488.     2\  "    ■■' 

Hain-Copingfr  *//4S-     Praetor  450. 
Weüburg.     [Aus  Rommersdcr/.) 

260  Elimandus:  Gesta  Romanorum.    s.  1.,  t,  a.     2". 

Copinger  11,  i,  2/i/.      Vouliieme  40/. 
Bl  CIX  ist  handschr.  ergänzt. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes.) 

261  Ephrem  Syrus:   De  compunctione  cordis,  de  iudicio  dei  et  resur- 
rectione.     [Basileae,  Jacobus  WolÖ],  s.  a.     2°. 

Bain- Copinger  *6ßg/.     Praetor  //IT. 
Weüburg.     [Aus  Deutz.) 

262  Eucherius:    Libellus  de  contemptu  mundi  cultuque  dei.    [ZwoUis, 
Tymannus  Petri  de  Os,  c.  1497].     4". 

Campbell  /Og.     Hain- Copinger  66 g2? 

Der   Titelholzschnitt  stellt  einen  Bischof,  der  Holzschnitt  auf  Bl  ib  Christus  dar,  auf  dem  Spruch- 
band des  letzteren:    salvator  mundi  salua  nos. 

Limburg.     [Aus  Limburg.) 

263  Eusebius:  De  praeparatione  evangelica  Georgio  Trapezuntio  inter- 
prete.     Tarvisii.  Äüchael  Manzolinus,  1480.     2*^. 

Hain-Copinger  *6/02. 
Limburg.     [Aus  Notgottes.) 

264  Eusebius:  Epistola  ad  Damasum  de  morte  Hieronymi  etc.  [Coloniae, 
Ulricus  Zell],  s.  a.     4°. 

Hain-Copinger  *6/ig.     Praetor  868  u.  862. 
Limburg. 

265  Eusebius:  Historia  ecclesiastica  latine  interprete  Ruffino.   [Argen- 
tinae, Henr.  EggesteynJ,  s.  a.     2". 

Hain  *6/o8.     Praetor  28g. 
Limburg.     [Aus  Höchst.) 

266  Evangelien  und  Episteln.   Strassburg,  Hans  Grüninger,  1500.   2°. 

Hain  *6/4/. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

267  Exhortatio  de  celebratione  missae  per  modum  dialogi  inter  pouti- 
ficem  et  sacerdotem.     [Esslingae,  Conradus  Fyner],  1473.     4*^. 

Hain-Copinger  *6//3.     Praetor  245/. 

Das  erste  und  die  zwei  letzten  Bl  fehlest,  sind  handschriftlich  ergänzt. 

Limburg.     [Aus  Natgottes,  vorher  in  Johannisberg) 


—     34     — 

268  Exhortationes  novitiorum,  colloquium  Jesu  cum  puero  editum 
a  Dionysiü  Carthusiensi.  colloquium  Jesu  et  senis.  de  iudicio  mortis  et  variis 
eius  casibus.     Daventriae.  Richardus  Patraet,  1491.     4^ 

Hain-Copinger  5///.      Campbdi  /Tg. 

In   Campbells  Beschreibung  muss   es  statt  F  i6  heissen  F  ib,  femer  steht  Bl  J4b    Z  2  dyonisio 
und  nicht  dijonisio.     Dit  ru.>ei  letzten  Blätter  fehlen  in  diesem  Exemplar. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Expositio  hymnorum  s.  Hymnarius. 

269  Farinator,  Matthias:  Lumen  animae  s.  über  moralitatum.  [Argen- 
tinae.  typogr.  Legendae  aureae  a.  1481],  1482.     2°. 

Hain-Cypingtr  *lOS33-     Proäor  413. 
Limburg. 

Earrago  s.  Hegius,  A. 

Fasciculus  temporum  s.  Rolevinck,  Werner. 

270  Felicianus:  Tractatus  de  divina  Providentia.  [Spirae,  Johanneset 
Conradus  Hist],  s.  a.     4°. 

Hain  "ög^l.     Praetor  2416. 
WeÜburg. 

Ferrariis  s.  Johannes  Petrus  de  Ferrariis. 
Ferrerius  s.  Vincentius  Ferrerius. 

271  Fi  ein  US,  Marsilius:  De  -sita  triplice.  [Basileae,  Johannes  de 
Amerbach],  s.  a.    4". 

Hain-Copinger  */o6j.     Praetor  76^0. 
Weilburg.     {Notgottes,  vorher  in  Johannesberg.) 

F  0  r  m  u  1  a  vivendi  canonicorum  s.  Rolevinck,  Werner. 
Friburgensis  s.  Johannes  Frihurgensis. 

272  Fusigna,  Jacobus:  Libellus  artis  praedicationis.  Acced.  über  de 
arte  bene  moriendi  et  canones  poenitentiales.  [Coloniae,  Bartholomaeus  de 
Unckel,  c.  1476.]     2\ 

Bl  laa:  Incipit  libellus  artis  pdica'  cionis  opositus  a  fratre  iacobo  ||  fusingnam  ordinis 
frat?  pdi-  catorum.  ;  etc.  Bl  22 a^  ZI  2g:  Et  sie  est  finis  libelli  J  de  arte  pdicandi  |!  <r/r. 
Bl  220(1  Incipit  pherniü  de  arte  be Jne  moriendi  !|  etc.  Bl 320^  ZI 30:  Explicit  liber  de  ar-||te 
bene  moriendi.  ,  Et  sie  est  finis.  Bl 32ba:  ()T  saeerdos  cauci9  ,]  in  speciali  circa  peni|  tecias 
arbitret  No  'tädi  süt  casus  in  q-Ubs  p  canöes  certe  pe|]ne  etc.  Bl  36 aa  ZI  22:  Expliciüt 
canones  pniales. 

36  Bl  ohne  Sign,  2  Spalten,  38  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Hain  /3gg. 

Limburg. 

Gallensis  s.  Johannes  Gallensis. 

273  G  a  1 1  u s  abbas  Cisterciensis :  Dialogus  Malogranatum  dictus.  [Coloniae, 
Ludovicus  de  Renchen?],  1487.     2''. 

Bl  J/ — 40  fehUn,  di^  benachbarten  Blätter  sind  durch  Brand  beschädigt. 

Hain-Copinger  */4£i.     Praetor  12/ g. 

Wiesbaden  LB.     (.4us  Limburg,  vorher  in   Gronau) 


—     35    — 

Geminiano  s.  Johannes  de  S.  Geminiano. 
Gemma  vocabulorum  s.  Yocabularius. 

274  Georgius  de  Ungaria:  Tractatus  de  moribus  Turcorum.  [Urachi, 
Conradus  Fyner,  c.  1480.]     4P. 

Bl  2  a  grosse  Hohschnittinitiale  I. 

Hain-Copinger  *l^6/2.     Procior  2822. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgoties,  vorher  in  yohannisberg.) 

275  Gerardus  deElten:  Declaratio  modi  et  formae  venditionis  ac  emtionis 
redituum  perpetuorum  et  vitalium.  [Coloniae,  Arnoldus  terHoeruen,  c.  1475.]  2*^. 

Das  Zeilenzeichen  in  der  vorletzten  Zeile  am  Ende  zwischen  quorücüc^  und  saniorü  ist  bei  Hain 
irrtümlich  gesetzt. 

Hain-Copinger  *6o66.     Praetor  g6£. 
Limburg. 

276  Gerardus  de  Yliederhoven:  Cordiale  quattuor  novissimorum. 
Coloniae,  Henr.  Quentell,  1492.    4o. 

Hain-Copinger  *£/o/. 
Bl  I  fehU. 
Limburg. 

^11  Gerardus  de  Vliederhoven:  Cordiale  quattuor  novissimorum. 
Daventriae,  Jacobus  de  Breda,  [c.  1491.]     4^. 

Hain-Copinger  36g/.     Campbell  IJ06. 
Limburg.     [Aus  Amstein.) 

278  Gerardus  de  Vliederhoven:  Cordiale  quattuor  novissimorum. 
Daventriae,  Richardus  Pafraet,  1494.    4o. 

Hain-Copinger  *£/o8. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

279  Gerardus  de  Zutphania:  Tractatus  de  spiritualibus  ascensionibus. 
Acc.  Meditationes  de  vita  et  beneficiis  Jesu  Christi  cum  gratiarum  actione.  — 
Horologium  devotionis  circa  vitam  Christi.  [Argentinae,  Johannes  Pryss,  1495]. 
kl.  80. 

Hain-Copinger  *  162g 4  ist  nur  ein  Teil  des  Druckes.  Es  gehören  dazu  ferner  die  bei  Copinger  // 
/,  3g54  und  Hain  *8g2g  aufgeführten  Drucke. 

Copinger  zu  Hain  *i62g4  irrt,  wenn  er  sagt,  dass  Bl  I  leer  sei.  Es  sind  104  Bh  davon  ent- 
hält das  erste  Bl  den  TUel ,  wie  es  Hain  richtig  angiebt.  Alsdann  setzt  si^h  der  Druck  folgender- 
massen  fort: 

BlioSa  Tüel:  De  vita  t  beneficijs  \\  saluatoris  Jesu  chrillsti  deuotissime  medi  tationes 
cum  gratialirum  actione.  Bl  105b  leer.  Bl  io6a  [Sign  Ö,].-  Prefatio.  (I  desideras  pfecte 
munda'yia  vitijs/  si  nobiliter  dita-;  ri  in  vtutibus/  si  altissime  il  luminari  in  jcptur  /  si 
gl'io  jse  triüphare  de  inimic]  si  co  piose  asolari  in  aduerb:  etc.  Bl  216a  ZI  15 :  cü  ipo  resurgas 
in  gloria.  Amen  [,  Laus  deo.  Bl  216b  leer.  —  Dann  folgt:  Bl  21;^ a  TUel:  Horologium  deuoti|| 
onis  circa  vitam  xpi  vgl.  Hain  *8g2g.     Bl  J04  leer. 

304  Bl  [Sign  A—Z,  Aa—Pp^\,  23  und  24  Zeilen,  goth.  Schrifl,    Titel  in  grosserer  Schrift. 

Wiesbaden  LB. 

3* 


—     36     — 

280  Gerson,    Johannes:     Opera.     Argentinae,    Martinas   Flach,    1494. 
3  ßde     20. 

Hain-Ccpinger  *^62£, 

Herbem  2442I244J:  Bd  1  mit  Imtntarium  u.  Bd  J.     {Aus  Herbom  HSch.) 

281  Gerson,  Johannes:  Opera.  [Argentinae,  Joh.  Pryss],  1488.  3  Bde  2o. 

Hiim-Cofinger  ^^622.      Prcxtor  £24 — 53^- 

Limburg:    Bd  i. 

IViesbadtm  LB:    Bd  2  und  J.     {Aus  Schänau) 

282  Gerson,  Johannes:  Opera.   Coloniae,  Johannes  Koelhoff  de  Lübeck, 
1483.     4  Bde     2^ 

Hjin-Cjpinger  /621. 

Limburg:  nur  Bd  2.     {Aus  Hadamar,') 

283  Gerson,  Johannes:  Opera.   [Norimbergae.  Georg.  Stuchs  de  Sulz- 
bach], 1489.     40. 

Hain-Copinger  "^62^.     Praetor  226J. 

IViesbadtn  LB :    Bd  1  mit  Inventarium.     {Aus  Schönau.) 

284  Gerson,   Johannes:    Conclusiones   de   diversis   materiis   moralibus. 
[Coloniae,  Ulr.  Zell],  s.  a.     4». 

Hain  */6jg.     Proctor  86g. 
WUsbaden  LB. 

285  Gerson,  Johannes:  De  cognitione  castitatis  et  pollutionibus  diurnis. 
[Coloniae,  Ulr.  Zell],  s.  a.     4». 

Hain  ^/6go.     Prodor  80/ . 
IVUsbaäin  LB. 

286  Gerson,    Johannes:    De    custodia  linguae.     [Coloniae,   Ulr.  Zell], 
s.  a.     40. 

Bl  la  ZI  I  steht  in  diesem  Exemplar:   Incipit  Nöbilis  questio  de  Custodia  ligue  [!] 
Hain   */683,   nicht  */682.     Proctor  834. 
IVUsbaden  LB. 

287  Gerson,  Johannes:  De  efficacia  orationis  ^/^.    [Coloniae,  Ulr.  Zell], 

s.  a.     40. 

Hain  */68/.     Proctor  8j£. 
Wiesbaden  LB. 

288  Gerson,     .Johannes:      De    laude    scriptorum.      [Coloniae,    typogr. 
Augustiui  de  tide],  s.  a.     4^. 

Hain-Copinger  */688.     Proctor  lOg/. 
WUsbaden  LB. 

289  Gerson,  Johannes:  De  mendicitate  spirituali.    [Coloniae,  Ulr.  Zell], 
s.  a.     40. 

Hain  */6/S.     Proctor  855. 

Herbom  in  2443''.     {Aus  Herbom  HSch.) 

290  Gerson,  Johannes:    De  passionibus  animae.     [Coloniae,  Ulr.  Zell], 
s.  a.     40. 

Bl  t  leer.     Bl  2a:    Incipit    tractatus    nobilis    de  passioni  'bus  ale.  venerabil'  mgri  J0I3. 
gerson.    !()Assionü  feruore  effectü  etc.     Bl  2^a:   Explicit    tractatus  notabil'  de  pa8sionij|bu8 


—     37     — 

aTe.  Ed:t9  a  mgro  Johäne  Gerson  H  Cäcellario  parisiensi  necn5  professore  !  sacre  theologie 
eximio.  Bl  j/b:  de  male  rndendo  caueant.  Malos  rumores  '  fU.  ist  verdruckt  ist  Bl  --Qb 
Bl  28a:  Incipit  tractatulus  bon9  eiusde  de  modo  viuendi  omniü  fideliü  |  etc.  Bljrb:  Expli- 
ciunt  regule  pulchre  eiusdem  de  (]  modo  viuendi  omnium  fidelium.     Bl  j3  Ucr. 

32  Bl  ohne  Signaturen,  27   Zeilen,  goth.  Schrift,  cwei  Schri/tgrössen. 

Herbom  12443  b.     [Aus  Herbom  HS  eh.) 

291  Gerson,  Johannes:    De  passionibus  animae.    [Coloniae,  ülr.  Zell], 
s.  a.     40. 

Hain  ^6/8  genügt,  nur  steht  Bl  i  [vielmehr  2]  a  ZI  i  passioibj  und  nicht  passiöib9.    33  Bl, 
Bl  I  und  32  sind  leer. 
Praetor  805. 
Wiesbaden  LB. 

292  Gerson,  Johannes:  De  pollutione  nocturna,  an  impediat  celebrantem 
vel  non.     [Coloniae.  Ulr.  Zell],  s.  a.     4o. 

Hain  *^6g6.     In  diesem  Exemplar  steht  Bl  la  Z  2:    JoÄ.     Praetor  83/. 
Wiesbaden  LB. 

293  Gerson,  Johannes:  De  remediis  contra  pusillanimitatem.   [Coloniae, 
Ulr.  Zell],  s.  a.     4o. 

Hain  *//05.     Praetor  838. 
Wiesbaden  LB. 

294  Gerson,  Johannes:  De  remediis  contra  pusillanimitatem.   [Coloniae, 
tjpogr.  Daretis],  s.  a.     4<^. 

Hain-Copinger  *//o6.     Praetor  gg6. 
Herborn  in  2443b.     {Aus  Herborn  HSch.)     • 

295  Gerson,  Johannes:    De  simonia  etc.     [Coloniae,   typogr.  Daretis], 
s.  a.     40. 

Hain-Copinger  '^/;ro8.     Prodor  gg/. 
Herbom  in  2443  b.     {Aus  Herbom  HSch.) 

296  Gerson,  Johannes:  De  simplificatione,  stabilitione  et  mundificatione 
cordis.     [Coloniae,  Ulr,  Zell],  s.  a.    4o. 

Hain-Copinger  */68l.     Praetor  8^3. 
Herbom  2443b.     (Aus  Herborn  HSch.) 

297  Gerson,  Johannes:    De  sollicitudine  ecclesiasticorum.     [Coloniae, 
Ulr.  ZeD],  s.  a.    4o. 

Hain-Copinger  */668.     Praetor  8/4. 
Wiesbaden  LB. 

Gerson,  Johannes:  Imitatio  Christi  s.  Thomas  a  Kempis. 

298  Gerson,   Johannes:    Opus  tripartitum  de  praeceptis  decalogi,    de 
confessione  et  de  arte  moriendi.     [Coloniae,  Ulr.  Zell],  1467.    4». 

Hain-Copinger  /'S 53.     Die  Beschreibung  Hains  genügt.     Praetor  804. 
Wusbaden  LB. 

Gesta  Romanorum  s.  Ehmandus. 


—     38     — 

299  Gouda,  Guilelmus:    Expositio  mysteriorum  missae  et  verus  modus 
rite  celebrandi.     Coloniae,  Heuricus  QueutelL  [l-tQOj.    -i^. 

Hain-Ciypinger  */836. 
IVustadtm  LB.     {Aus  Nottgottes,  vorher  in  Jchannisberg^ 

300  Gouda.  Guilelmus:   Expositio  mysteriorum  missae  et  verus  modus 
rite  celebrandi.     Coloniae,  [Henricus  Quentell],  s.  a.     4°. 

Hain  *-^828.     Praetor  1384. 
irürsiaJfTt  LB.     [Aus  Nctgottes.) 

301  Gratianus:     Decretum    cum    apparatu.      Argentinae,    Johannes 
Grüninger,  1484.     20. 

Hatn-Cofinger  */goi. 

Der  Kaufpreis  des  Buches  sammt  Martini  Margarita  betrug  nach  handschriftlicher  (75.  J.)  Notiz 
auf  dem  inneren    Vorderdeckel  3  ß.  u.  6  Allnts. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbach.) 

302  Gratianus:     Decretum    cum    apparatu.      Argentinae,    [Jobannes 
Grüninger],  1489.     2o. 

Hain-Copinger  *790/.     Praetor  452. 
Unünirg:  3  Exemplare. 

303  Gratianus:     Decretum    cum    apparatu.      Argentinae,    [Johannes 
Grüninger],  1490.     2». 

Hain-Copinger*  ;^gog.  Hain:  quadringentesitno  (jtr)  j(7^/4<!Tfj<wqnadringentesimo.  Praetor  45^. 
Wiesbaden  LB :    2  Exemplare,  davon  eines  aus  Linz. 

304  Gratianus:  Decretum  cum  apparatu.   Basileae,  Michael  Wenssler, 

1481.  20. 

Hain  */8gS- 
Herbom  P   VI  I02. 

305  Gratianus:  Decretum  cum  apparatu.   Basileae,  IMichael  Wenssler, 

1482.  20. 

Hain-Copinger  */8g6. 
Limburg  und   Wiesbaden  LB. 

306  Gratianus:  Decretum  cum  apparatu.   Venetiis,  Baptista  de  Tortis, 
1496.     20. 

Hain  *pgi5. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes) 

307  Gratianus:   Decretum  cum  apparatu.     Venetiis,  Nicolaus  Jenson, 
1477.     20. 

Hain-Copinger  /8gO. 

Auf  Bl  2  {Sign  at\  über  den  Anfang  des  Textes  schöne  Miniatur,  die  Überreichung  der  Dekretalen- 
Sammlung  durch   Gratian  an  den  Papst  Eugen  darstellend;  ausserdem  schone  gemalte  Initiale  H. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Deutt.) 

308  Gratianus:  Decretum  cum  apparatu.   Venetiis,  Petnis  [de  Piasiis] 
Cremonensis  dictus  Veronensis,  1483.     4o. 

Hain-Copinger  *^goO. 
Limburg.     {Aus  Hadamar.) 


—     39     — 

.'509     Gregorius     Magnus:      Commentum     super    cantica     canticorum. 
[Coloniae,  ülr.  Zell,  c.  1473].     2o. 

Hain-Ciypingtr  */g3/.      VoidlUme  ^/p.     Praetor  8g 4. 
Limburg. 

310  Gregorius  Magnus:  Dialogorum  libri  quattuor.  [Argentinae, 
Jacobus  Eber],  s.  a.     4». 

Hain-Copinger  */gS9-     Praetor  ^Og. 
Herbem  NX  J.     (Aus  Limburg.) 

311  Gregorius  Magnus:  Dialogorum  libri  quattuor.  Coloniae,  ßartho- 
lomaeus  de  Unckel,  [1480.]     4o. 

Hain-Copinger  */g62. 
Limburg.     (Aus  Sayn.) 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgoties.') 

312  Gregorius  Magnus:  Dialogorum  libri  quattuor.  [Coloniae,  Ulr. 
Zell,  c.  1473]. 

Bl  laa:  ()stoy  libro^  ctuor  dyalolgoy  beati  gregorij  pape  |  in  hoc  cösistit  efrect9 
compedio  ;se  cöscriptus  q.  pm9  j  tertig  de  jdiuersis  virtutibj  :  miracuf  scö  rü  tractant  etc. 
ßl  2aa:  ()Vadam  die  dum  ni  |mis  quorüdam  secu  jlariü  tumultibus  de  pssus  etc.  Bl  8iba  Z  ij: 
Explicit  liber  quartus  dya||logoruin  gregorij. 

8l  Bl  ohne  Signaturen,  2  Spalten,  J/  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schrift  grosse. 
Limburg.     [Aus  Notgottes.) 

313  Gregorius  Magnus:  Dialogorum  libri  quattuor.  Parisiis,  Udalricus 
Gering  et  Bertholdus  Rembolt,  1494.    4o. 

Hain-Copinger  */g64. 

Herbom  1/8/.     [Aus  Herbom  HSch.) 

314  Gregorius  Magnus:  Explanatio  in  Septem  psalmos  poenitentiales. 
Moguntiae,  Jacobus  Meydenbach,  1495.     4». 

Hain-Copinger  */g4i. 

Limburg:    2  Exemplare,  das  eine  aus  Limburg.     Im  anderen  Ex.  fehlt  Bl  i. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes.) 

315  Gregorius  Magnus:  Moralia  s.  expositio  in  Jobum.  Basileae, 
Nicolaus  Kesler,  1496.     2». 

Hain-Copinger  */gS4. 

Wiesbaden  LB :    2  Exemplare,  davon  das  eine  aus  NotgotUs. 

316  Gregorius"  Magnus:  Moralia  s.  expositio  in  Jobum.  [Coloniae, 
Conradus  Winters  de  Homburg,  1475].     2o. 

Hain-Copinger  */g2/.     Praetor  11//. 
Limburg.     (Aus  Deutz.) 

317  Gregorius  Magnus:  Pastorale  s.  Regula  pastoralis.  [Coloniae, 
Ulr.  Zell,  1472].     4o. 

Hain-Copinger  */g8l.     Praetor  851. 
Limburg:    2  Exemplare. 


—     40     — 

318  Gregorius  Magnus:  Pastorale  s.  regula  pastoralis.  Venetiis, 
Hieronymus  de  Paganinis  Brixiensis,  1492.     4". 

Hain-Cofingfr  *-g86. 
Limburg.     [Aus  NoigoCtes.) 

319  Gregorius  IX:  Decretalium  libri  quinque  cum  glossa.  Norim- 
bergae,  Antonius  Koberger,  1482.     2". 

Hiiin-C.'finger  *8oi4. 

Umburg:    2  Exemplare,  davon  das  eine  aus  Deutz. 

Wiesbaden  LB. 

320  Gregorius  IX:  Decretalium  libri  (juinque  cum  glossa.  Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1493.     2^. 

Hdin-Copinger  *8ojO- 

Limburg:    2  Exemplare.     [Aus  Rommersdorf  und  Sayn.) 

321  Gregorius  IX:  DecretaHum  libri  quinque  cum  glossa.  Spirae, 
Petrus  Drach,  1492.     2«. 

Hain-Copinger  *8028.     2^4  Bl,  Bl  2/4  leer. 
Limburg. 

322  Gregorius:  Decretalium  libri  quinque  cum  glossa.  Venetiis, 
Bartholomaeus  de  Blavis  de  Alexandria,  Andreas  de  Torresanis  de  Asula, 
Maphaeus  de  Paterbonis  de  Salodio  socii,  1482.     4o. 

Hain-Copinger  *8oi^. 
Limburg.     [Aus  J/adamar.) 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Montabaur.) 

323  Gregorius  IX:  Decretalium  libri  quinque  cum  glossa.  Venetiis, 
Baptista  de  Tortis,  1491.     2«. 

Hain  *8o26. 

Das  Exemplar  ist  dadurrh  verstümmelt,  dass  Blätter  zu  Anfang  jedes  Buches  und  am  Ende  ohne 
Zweifel  -jjegen  der  auf  ihnen  enthaltenen  Initialen  herausgerissen  sind. 
Wiesbaden  LB. 

324  Gregorius  IX:  Decretalium  libri  quinque  cum  glossa.  Venetiis, 
Baptista  de  Tortis,  1500.     2o. 

Hain  *Sosg. 
Wusbaden  LB. 

325  Gregorius  IX:  Decretalium  libri  quinque  cum  glossa.  Venetiis, 
Johannes  Herbort,  1481.     2o. 

Bl  21  ist  auf  Pergament  handschriftlich  ergänzt. 
Hain-Copinger  *8oiI. 
Wiesbaden  LB. 

326  Gregorius  IX:  Decretalium  libri  quinque  cum  glossa.  Venetiis, 
Paganinus  de  Paganinis  Brixiensis,  1489.     2'>. 

Hain  *8o24. 
Limburg.     [Aus  Deutz.) 

327  Gritsch,  Johannes:  Quadragesimale.  Coloniae,  Henricus  Quentell, 
1481.     20. 

Hcun-Copinger  *8o68. 
Wiesbaden  LB. 


—     41     — 

328  Gritsch,    Johannes:     Quadragesimale.      Norimbergae,    Antonius 
Koberger,  1479.     S«. 

Hain  "So 66. 

Herbom  ig  6 8.     {Aus  Umburg.) 

329  Guido    de    ßajsio:     Rosarium    decretonim.      Venetiis,    Johannes 
Herbort,  1481.     2o. 

Hain  *2/T/.     Pellechet  2014. 
Umburg.     (Aus  Limburg.) 

330  Guido  de  Columna:  Historia  Troiana.  [Argentinae,  typogr.  ritarum 
patriun  a.  1483],  s.  a.     20. 

Hain  *S503.     Praetor  42g. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes.) 

331  Guido  de  Monte  Rochen:  Manipulus  cui-atonira.  Argentinae, 
[Martinus  Flach],  1487.     4». 

Bl  la  Tüel:  Manipulus  curatorü.  ||  officia  sacerdotuj  scd'm  ;|  ordine  septe  sacrametoy  |; 
perbreuiter  oplect^s.  Bl  ib  leer.  Bl  2a  [Sign  a^j  beginnt  die  Tabula;  die  Bl  jb  endigt.  Bl  4 
[Sign  a4]  Adoris  epistola.  Bl  5 b  beginnt  der  Text:  Tractatus  primus  de  ,,  sacramentis  in 
generali.  Et  habj  tria  capitula.  ||  etc.  Bl  121a  Z  24:  Hec  circa  officiü  curatorü  breuiter 
a  me  pstricta  sunt  ||  etc...  Hec  in-  sup  exarata  sunt  in  famosa  ciuitate  Argentinensiü. 
Anino  diii.  M.  cccc.  Ixxxvij.  x.  die  mensis  Maij.  Bl  121b:  De  conditöibus  requi  aitis  in 
sumente  eucharistie  sacramentü.  Das  Werk  endigt  auf  dieser  Seite  mit  Z  jj:  Pontificem  sup 
hijs  semp  dicendis  adibis.     Bl  122  leer. 

J22  Bl  mU  Sign  [d— <?4,  /Sj,  J7  Zeüen,  goth.  Schriß,  zwei  Schriftgrössen. 

Hain-Copinger  8 ig 4.     Praetor  6;ri. 

Herborn  P  i^  36.     (Aus  Herbom  HSck.) 

332  Guido  de  Monte  Rochen:  Manipulus  curatonim.  Argentinae, 
s.  t.,  1493.     40. 

Bl  la  TU.:  Manipulus  curatoy  offi|;cia  sacerdotum  bm  ordijnem  Septem  sacramento-!| 
rum  perbreuiter  comple:|ctens.  Bl  ib  leer.  Bl  2  u.  3  enthält  die  Tabula.  Bl  4  {Sign  a  4]: 
Incipit  feliciter  doctissimi  \\  ac  famosissimi  viri  dni  Guidonis  de  möte  Rotherij  liber.  \  Mani- 
PUI9  curatoy  vulgarit'  appellat.  in  q  p  necessaria  of  ficia  eoy  q'bo  cura  animay  omissa  est 
bm  septe^sacramentoy  j]  ordine  breuiter  ptractant'  Actoris  epistola  |  \x)  Euerendo  in  christo  \ 
pri  ac  dno  dfio  Richarde  diuia  prouiden  jtia  etc.  Bl  iiob  Z  34:  pces  ad  deü  fidelit'  fundat. 
Hec  insup  exarata  süt  in  famosa  !|  ciuitate  Argen.  Anno  dni.  M.  cccc.  xciij.  Bl  iiia:  De 
cöditionibus  requisitis  |!  in  sumente  eucharistie  sacrm  Z  24:  Casus  episcopales  patent  in 
his  versiba.  Es  folgen  6  versus.     Bl  iiib  u.  112  leer. 

112   Bl  mU  Sign   [a—c  egi In p ^^,  fkkmo^,  dri]  55  Zeiün,  goth.  Sehriß,  2  Schriftgrössen, 

Copinger  II,  i,  2845. 

Limburg.     (Aus  Hadamar.) 

333  Guido  de  Monte  Rochen:  Manipulus  curatorum.  Argentinae, 
8.  t.,  1493.    40. 

Hain-Copinger  ^8205. 
Weüburg     (Aus  Höchst.) 

334  Guido  de  Monte  Rochen:  Manipulus  curatorum.  Coloniae,  Barthol. 
de  Unckel,  1476.     2o. 

Bl  laa:  [JEuerendo  in  xpo  \\  patri  ac  dno  dno  '  raymüdo  diuina  puidentia  sancte  'I 
valentie  sedis  epi,scopo  Suo^  deuotoy  mim9  guido  d'  möte  rotherij  cü  deuota  :  humili 
recömedatione  sc  totü  i|  suis  obseqis  mäcipatü-  etc.  Bl  lafi  Z  35:  Incipit  prologus  in  librum 
q  i|dicitur   manipulus   curatorum  \\  Bl  2aa   Z  21:  Incipit   libellus    q  d'r  manipu-J  lus  curatoy 


—     42     — 

qui  hx  tres  ptes  et<r.  Fi  go6^  Z  2^:  Explicit  manipulus  curatorü  libellus  vtilis  ac  sacer- 
dotibD  p  necessarius  impssus  aute  colo  nie  p  bartholomeü  de  vnckel.  ad  laude  dei  :  ad 
vtilitatem  ec  clesie  sue  sancte  i  Anno  dni  millesimo  qdringen  tesimoseptuagesimo  sexto  in 
vi  gilia  palmaif  Bl  lOOaa:  Incipit  tabula  siue  registrü  |  manipuli  curato^^  ßl  loob^  am 
Ende:  Explicit  tabula      Et  sie   est  finis    ,  Deo  gracias    •:• 

JOO  ßl  ohne  Signaturin,  2  Spa'.Un,  ^8  Znien,  goth.  Schrift,  eine  Sckri/tgrösse. 

Hain-Qypinger  81/ £. 
Limburg. 

335  Guido  de  Monte  Rochen:  Manipulus  curatorum.  Coloniae,  Hen- 
ricus  Quentell,  s.  a.     2'\ 

ßl  ra  [Si^  a  i]  Z  i:  [leuerendo  in  xpo  patri  ac  domi  no:  dno  Raymundo  diuina  pui- 
dentia  sce  valentie  sedis  episcopo  Suorum  deuotoy  j  minimus  guido  de  monte  rotherij  cuj 
deuo  ta  et  humili  recommendatione  se  totü  suis  |1  obsequijs  mancipatum.  e/c  Bl  2a  \Sign 
a2\  Z  10:  Explicit  :  plog9.  Incipit  libell9  q  d'r  maipulg  curatoy  q  h^  tres  ptes  '  eU.  Bl  /j6a 
Z  22:  Hie  curatorum  manipulus:  p  ecclesie  curä  et  regimen  presertim  gerentibus  humili 
8ti  lo  compilatus:  per  Hinricum  quentel  Colo,|nie  impressus.  Admissus  ab  alma  vniuersi-H 
täte  Colonien.  et  aflibatus :  finit  feliciter. 

136  Bl  mit  Stgn  [a—mi,  «4,  ^4],  38  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schrißgrössen. 

Hain  8l6g  ? 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

336  Guido  de  Monte  Rochen:  Manipulus  curatorum.  Acc.  Jacobus 
Fusigna,  libellus  artis  praedicatiouis.  —  De  arte  bene  moriendi.    s.  l.,  t.,  a.    2"\ 

Hain  '8162. 

Bl  1055^  Z  36:  humili  stilo  compilat9.     Et  modus  siue  !|  106  Bl  [Bl  106  leer.) 

Limburg.     [Aus  Amstein.) 

337  Guilelmus  de  Gouda:  Tractatus  de  expositione  missae.  Daven- 
triae,  Richardus  Pafraet,  s.  a.     4". 

Bl  2gb  Z  24  steht  richtig  obseruätia  und  nicht  wie  bei  Campbell  obseruätie. 
Hain-Copinger  ^821.     Campbell  888. 
Limburg.     [Amstein.) 

338  Guilelmus  de  Ockam:  Dialogus  inter  clericum  et  militem  super 
dignitate  papali  et  regia.     [Coloniae,  Gosw.  Gopsj,  1475.     4''. 

Bl  la:  Disputacio  Iter  clericum  et  milite  sup  potesta||te  prelatis  ecclesie  atcy  prin- 
cipib}  terrae  com  missa  sub  forma  dyalogi  incipit  feliciter.  Bl  13b  Z  10:  Et  sie  est  finis. 
ßl  14a:  Cöpendium  de  vita  anticristi  incipit  feliciter  |  Bl  16 b  Z  23:  Explicit  opendiü  de 
vi|,ta  anticristi  sub  Anno  ]^ni.     M.  cccc.  Ixxv. 

Im    Übrigen  s.  Hain-Copinger  6jl/.     Praetor  I135. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

339  Guilelmus  de  Ockam:  Dialogus  inter  clericum  et  militem  super 
dignitate  papali  et  regia.     Coloniae,  Henricus  Quentell,  [149  .j.    4'\ 

Hain-Copinger  *6ll£. 
IViesbaden  LB.     [Aus  Amstein.) 

340  Guilelmus  de  Ockam:  Dialogus  inter  clericum  et  militem  super 
dignitate  päpaü  et  regia.     [Daventriae,  Richard  Pafraet],  1491.     40. 

Hain-Copinger  *6iig. 

Limburg,     [Aus  Nothgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 


—     43     — 

341  Guilelraus  de  Ockam:  Quaestiones  et  decisiones  in  .[uattuor  libros 
sententiarum  cum  centilogio  theologico.   Lugduni,  Johannes  Trechsel,  1495.   2«. 

Hain-  Copinger  *iig42. 
Limburg.     {Aus  Ebfrbach.) 

342  Guilelmus  de  Ockam:  Quodlibeta  septera.  Argentinae,  [typogr. 
Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1491.     2». 

Hain- Copinger  *iig4i.     Praetor  66 1. 
Limburg.     {Aus  Eberbach.') 

343  Gui  Herrn  US :  Postilla  super  epistolas  et  evangelia.  Argentinae, 
[typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1485.     2». 

Hain  *S262.     Praetor  ^g4. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

344  Guillermus:  Postilla  super  epistolas  et  evangelia.  Argentinae, 
[typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1490.     2». 

Hain  *82/2.     Praetor  6^/. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes.) 

345  Guillermus:  Postilla  super  epistolas  et  evangelia.    Coloniae   s  t 
1482.     20. 

Blia  leer.  Bliba  Z  i:  [jltam  bona  et  exitü  beatü  !|  Ego  frat'  gwillerm9  sacre  the  ologie 
pfessor  etc.  Bl  ibß  Z  jj;  Epistola^^  i  euägelio^«  de  te^Ipore  et  aanctis  über  incipit.  Bl  123a 
\n.  CXXijJ  ß:  Postille  sup  Epistolas  et  EuägeHlia  dScales  etc.  collecte  p  religiosü  patrem 
fratrem  |i  Gwillermü  theologü  eximiü:  magiijstrum  Parisiensem.  nouissime  imps  [se  äno  salutis 
millesimo  quadringelltesimo  octuagesimo  secundo:  decimo-,  septimo  kal'.  Augusti:  finiüt 
felicit'  II  in  sancta  Colonia:  Es  folgt  du  Tabula,  Bl  125b  {n.  CXXv]  ß  Z  jp;  ExpUcit  tabula  euan-Ü 
geliorum  et   |  Epistolarum. 

125  Bl  numenrt  und  mit  Sign,  2  Spalten,  4g  Zeilen,  got/i.  Schrift,  j  Sehriftgrössen. 

Ln  der  Blattzählung  zwei  Fehler:  LXiüj  statt  L  Vi  und  XCVH  statt  Ciü.  Bl  84  und  85  sind 
handschriftlieh  ergänzt. 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 

346  Guillermus:  Postilla  super  epistolas  et  evangelia.  Coloniae, 
Henricus  Quentell,  1494.    4o. 

Hain-Copinger  *8285. 

Limburg:    2  Exemplare.     {Aus  Amstein  und  Hadamar.) 

347  Guillermus:  Postilla  super  epistolas  et  evangelia.  [Spirae,  Petrus 
Drach],  s.  a.    2o. 

Copinger  LI,  i,  2862.      Voullieme  £03. 

Bl  ib  endigt  die  erste  Zeile  hinter  Gvuillerinus. 

Herbom  in  16/2.     {Aus  Rommersdorf.) 

348  Guillermus:   Postilla  super  epistolas  et  evangelia.    s.  1.,  t..  a.     2". 

ßl  la  leer.  Bl  ib:  Eximij  doctissimicj  viri  fratris  Guillermi.  N.  Sacre  theologie  \  p- 
fessoris  parisiesis  Dignissimi  In  exposicöe.  Epl'ay  atcy  euä-  ]geliorum  p  circulum  anni  tä 
de  tpe  quam  d  Sanctis  occurren  jcium  Prologus  feliciter  incipit.  |,  [jltä  bona  i  exitü  beatü. 
Ego  frater.  Guillermus.  sacre  j|  theologie  pfessor  mim9  pisi9  educat9  Sacroy  cuägelio  rum 
etc.  Bl  6a:  EHgnissimi  supramemorati  doctoris.  In  epistolas  :  Euägelia  q  |l  p.  Anni  cir- 
culum in  sancta  dei  ecclesia  occurrunt:  Exposicio  ad  |  laudem  dei  feliciter  Incipit.  Bl  jgsb 
Z  II :  Explicit  postilla  sup  Euägelia  dnicalia  ;  sup  euägelia  de  säctis:  etc.  Z  jj;  Vin. 
i.  vinceci9  Raban9.     Et  sie  de  alijs: 

igz  Bl  ohne  Signat.,  j6  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Sehrifigrösse. 

[Jmburg. 


—     44     — 

[Guillermus:    Postilla  super  epistolas   et   evangelia  de  tempore   et  de 
sanctis  et  pro  defiinctis.     s.  1..  t.,  a.     4'1] 

Hain-Ccfingtr  ''8241.     Ist  nach  Praetor  kein  Druck  des  1$.  Jahrhunderts. 
Limburg.     {Aus  Hadamar.) 

349  Guillermus  Parisiensis:  De  Septem  sacramentis.  [Moguntiae, 
Jac.  Meydenbach.  c.  1495].     4*^. 

Hain-Copinger  *8siO.      Procter  164. 
Wiesbaden  LB:    2  Exemplare.     {Aus  .Votgottes.) 

350  Guillermus  Parisiensis:  Rhetorica  divina.  [Basileae,  Joh.  Amer- 
bach,  1490.]     2o. 

Hain-Copinger  *8203.     Prjctor  /62J. 
WeiUmrg.     {Aus  Deutt.) 

Guillermus  Textor  de  Aquisgrano  s.  Textor. 

351  Haemmerlein,  Thomas:  Hortulus  rosarum  de  valle  lacrimarum. 
Basileae,  Johannes  Bergmann  de  Olpe,  1499.     8'\ 

Bl  la  Tuet:  Hortulus  rosarü  ;|  de  valle  lachryma-  rum  continens  egregias  :  deuotas  || 
sentecias  I /.j(99.  ,  Nihil  sine  causa,  j]  Olpe,  jj  Ode.  S.  Braut.  [!]  Ji  In  cömendatione  Hortuli 
Rosarü  Es  fy^gen  6  Strophen,  die  erste  auf  derselben  Seite,  die  anderen  auf  Bl  ib.  Bl  2a  {Sign 
a  ii\:  Incipit  Ortulus  rosay  de  valle  la-'!crimarum.  Es  folgen  die  Kapitelüberschriften.  Bl  3a 
{Sign  a  /»]  beginnt  Kap.  i:  [c]  Vm  sancto  sanct9  ||  eris:  j  cü  peruerso  ,j  peruerteris.  Atten|| 
de  diligenter  frater  ;|  etc.  Bl  ii^a  Z  8:  rectionem  \\  Hugonis  de  säcto  victore  opus-jcula  de 
studio  orädi:  &  de  tribus  '  dietis:  Basilee  opera  &  expensis  ;|  Johannis  Bergman  de  Olpe 
im-  pressa  finiunt  feliciter  Bl  115b:  Ad  gloriosam  vir'lgine  mariä:  ex  ver-(|bis  Apuleii 
Precatio.  S.  Brant.  Bl  ii/b:  In  laude  virginis  \\  gloriose  ex  vbis  beati  Bernardi  cla-|| 
reuallcnsis:  Salutatio  S.  Brant:  Bl  118 b  Z  13:  pfundum  j|  queat  inuestigare?  ||  149g.  |j  Nihil 
sine  causa:       Olpe.     Bl  iig  und  120  leer. 

120  Bl  mit  Sign  [a— p  4J  ig  Zeilen,  römische  und  goth.  Schrifl,  2  Schriftgrössen. 

Hain-Copinger  8g 3g. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  iVotgottes.) 

Harentalis  s.  Petrus  de  Harentalis. 
Hassia  s.  Henricus  de  Hassia. 

352  Hegius,  A.:    Farrago.     Daventriae,  [Rieh.  Pafraet],  1495.     4'>. 

Campbell  /42. 
Wiesbaden  LB. 

353  Henricus  de  Hassia:  De  arte  praedicandi.  Argentinae,  Martinus 
Flach,  s.  a.     4o. 

Hain  *83g8.     Proctor  ^25. 
Wiesbaden  LB. 

354  Henricus  Hostiensis  de  Segusio:  Summa  in  quinc^ue  libros  decre- 
talium.     [Argentinae,   typogr.  Henrici  Ariminensis],   1478 — 1479.     2    Bde     2". 

Ham-Copinger  *8g62.     Bl  la  Z  3  steht  vulgariore  statt  vulgari. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schlau.) 
Limburg.     {Aus  Rommersdorf.) 


—     45     — 

355  Herben,  Matthaeus:  De  constructione  substantivorum  in  simili  casu. 
s.  1.,  t.,  a.     4**. 

Bl  I  \leer?\  fehlt.  Bl  2a:  De  constructione  substantiuorum  in  simili  casu  ;  ()Eu8  pater. 
dei  pris:  deo  patri.  deü  prej.  :c.  |  ( lEus  filius.  dei  filij.  deo  filio.  dcum  filium.  et  cetera.  | 
(jEus  spiritussanctus.  dei  spüssäcti-  deo  spirituisctö.  |1  Papa  Innocentius.  pape  innocetij. 
pape  innocetio  ||  etc.  Bl  2jb  Z  12:  Dyasinthetica  per  Matheü  herben.  Rectorem  scholariu? 
beati  Seruatij  ex  eruditissimis  Grämatice  pfessoribus  Gua-,  rino  at<j  Nicoiao  perotto  Archie- 
piscopo  Sipontino  domino  j|  suo  extracta  desint  feliciter.     Bl  24  [leer i;\  fehlt. 

24  Bl  mit  Sigyt  [a  b  ^4]  ^g   Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Limburg.     [Aus  Limburg!) 

356  Hermannus  de  Schildis:  Speculum  sacerdotum.  Moguntiae,  s.  t, 
[c.  1480].    40. 

Hcun-Copinger  *l4£ig. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

357  Hermannus  Torrentinus:  Opusculum  de  generibus  nominura,  de 
heteroclitis,  de  patron\Tnicis,  de  nominum  signiticationibus.     s.  1.,  t.,  a.     4^ 

Bl  la  Titel:  Hermäni  Torrentini  opu  sculum  perutiie.  [|  De  Generibus  nominum  De 
Heteroclitis  |  De  Patronymicis  [j  De  Nominü  significatöibus  Darunter  Holzschnitt  [die  Buchstaben : 
ihs  umgeben  von  den  Symbolen  der  vier  Evangelisten.)  Bl  ib:  C  Hermänus  Torrentinus  docto 
t  religioso  vi-j'ro  Joanni  vinsemio.  S.  Bl  2  a  [Sign  AijJ.-  C  De  generibus  nominü.  Caput 
pmum.  |]  {)Enera  noim  unt  [!]  sex.  masculinü.  femininü.  neutrü.  cöm-j|ne.  epicenum  :  omne.  etc. 
Bl  24a  Z  18 :  Zi^ania  grece  lolium  latine  herba  nocens  frumento.   ||  C  Et  sie  est  finis. 

24  Bl  mit  Sign  [A^  B^   C4  DA,  jg   Zeilen.     Goth.  Schrift.     Drei  Schriftgrössen. 

LJmburg.     [Aus  Limburg.) 

358  Herodotus:  Historiarum  libri  IX  interprete  Laurentio  Valla. 
Venetiis,  Johannes  et  Gregorius  de  Gregoriis,  1494.     2^. 

Hain-Copmger  *84/2. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Herbarn  HSch.) 

359  Herolt,  Johannes:  Liber  de  eruditione  Christi  fidelium.  [Argen- 
tinae,  Georgius  Husnerj,  s.  a.     2«. 

Hain  *8SI/-      Proctor  ^£/. 

Limburg.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  yohannisberg.) 

360  Herolt,  Johannes:  Sermones  super  epistolas  dominicales.  [Argen- 
tinae,  Georg.  Husner],  s.  a.     2^. 

Hain  *8SlO.     Proctor  SS  8. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

361  Herolt,  Johannes:  Sermones  de  sanctis.  s.  1.,  t,  a.  [nicht  nach 
1489].     2^ 

Bl  I  leer.  Bl  2a  [Sign  a^]  a;  Incipit  Registrum  ||  breue  hui9  operis  bm  ordine?  al  pha- 
beti.  effect9  spealiores  cuiusli-|  bet  sermonis  breuissime  indicäs.  ||  ()Ndreas  noue  habet 
puilegia.  bmöe  |j  etc.  Bl  6a  leer.  Bl  fa  {Sign  b  i\:  Incipiüt  sermones  discipuli  de  sanctis 
per  an  |ni  circulü  In  quorü  quolib^  tria  deducunt'  mebra  ,  Sequitur  Prologus  In  eosdem  , 
OAudate  dominü  \  sanctis  eius  psal.  cl.  |!  etc.  Bl  ii2b  Z  31:  nunc?  vel  raro  audiuit  integram 
missam  vel  sermonem.  hoc  qre  in  pm-jlptuario.  xlvi.  m.  Expliciüt  Sermöes  discipuli  de 
scis  p  äni  circulü. 

112  Bl  [Sign  ai,  d—i\  k~l5,  m—n',,  ol],  J/  und  38  Zeilen,  goth.  Schrift,  zwei  Schriftgrössen. 

Der  Rubrikator  hat  am  Ende  die  Jahreszahl  148g  vermerkt. 

Wiesbaden  LB.      {.Aus  Sc/ionau.) 


—     46     — 

362  Herolt,  Johannes:    Sermones   de  tempore.     [Coloniae,  Ulr.  Zell], 
1478.     20. 

Hain-Ciypinger  84/g. 

Limburg:    2  Exemplare.     {Aus  Rammersdorff  und  aus  HaJamar.)    Das  R.  Exemplar  ist  defekt, 
es  fehlt  Bl  i  und  der  Schiuss. 

363  Herolt,  Johannes:  Sermones  de  tempore  et  sanctiscum  promptuario 
exemplorum.     Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1480.     2^. 

Hjin  *S4Sl. 

Limburg.     [Aus  Umiurg.) 

364  Herpf.    Henricus:    Speculum    aureum    decem    praeceptorum    dei. 
Moguntiae,  Petrus  Schöffer,  1474.     2^. 

Hain-Copinger  "852^. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Limburg.) 

365  Herpf,    Henricus:    Speculum    aureum    decem    praeceptorum    dei. 
Norimbergae.  Antonius  Koberger,  1481.    2o. 

Hain  *8S24, 
LinUntrg. 

366  Herveus:  Quattuor  quodlibeta.   Venetiis,  Raynaldus  de  Noyimagio, 
1486.     20. 

Hain-Copinger  ^8530. 

Herbom  808.     {Aus  Herhom  HSch.) 

Limburg:    am  Ende  defekt.     {Aus  Eberbach.) 

367  Heylin.  Johannes,  de  Lapide:  Resolutorium  dubiorum  circa  cele- 
brationem  missarum  occurrentiunL     Argentinae,  Martinus  Flach,  1494.     40. 

Hain-Copinger  *ggog. 

Wiesbaden  LB.     {Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

368  Heylin,  Johannes,  a  Lapide:    Resolutorium  dubiorum  circa  cele- 
brationem  missarum  occurrentium.     Coloniae,  Henricus  Quentell,  1493.    4o. 

Copinger  //,  /  34g £.      Voulliime  ^48. 

Limburg.     {Am  Notgottes,  vorher  in  johannisberg^ 

369  Hieronymus:  Aureola  ex  floribus  S.  Hieronymi  contexta.    [Spirae, 
typogr.  Gestorum  Christi],  s.  a.     2o. 

Hain-Copinger  *8586.     Proctor  2322. 
Limburg.     {Aus  Limburg.) 

370  Hieronymus:     Commentaria    in    biblia.      Yenetiis,    Johannes    et 
Gregorius  de  Gregoriis,  1497—1498.     2  Bde     2o. 

Hain  "8581. 

Die  Initialen  sind  eingedruckt. 

Bl  g    Titel  Z  2  steht  queationes  und  nicht  wie  bei  Hain  quaestiones. 

Limburg.     {Aus  Deutz.) 

371  Hieronymus:    Epistolae  et  tractatus.     Basileae,  Nicolaus  Kesler, 
1492.     2  Bde     2o. 

Hain  '8^6/. 

Limburg:    nur  Bd  2.     {Aus  Hadamar.) 

Wiesbaden  LB.     {Aus  EhrenbreUstetn.) 


—     47     — 

372  Hieronymus:    Epistolae  et  tractatus.     Basileae,  Nicolaus  Kesler 
1497.     3  Bde     2». 

Haift-Copingfr  ^SsS^. 

Limburg:    Bd  i  u.  2.     {Aus  Eberbach.) 

373  Hieronymus:  Epistolae  et  tractatu8.   Moguntiae,  Petrus  Schöffer, 
1470.     20. 

Hatn  *8554.     Das  vorliegende  Exemplar  stimmt  genau  mit  Hains  Beschreibung  überein. 
Wiesbaden  LB. 

374  Hieronymus:  Epistolae  et  tractatus.     Venetiis,  Johannes  Rubeus 
Vercellensis  1496.     2». 

Hain-Copinger  ^8^6^. 
Limburg.     [Aus  Höchst.) 

375  Hieronymus:  Expositio  symboli  contra  Jovinianum  haereticum. 
[Coloniae,  Ulr.  Zell,  c.  1470].     4". 

Hain-Copinger  *(?5/<5'.     Praetor  8//. 
Limburg. 

376  Hieronymus:  Liber  contra  Helvidium  Je  virginitate  Mariae. 
[Coloniae,  typogr.  Dictyos,  1471 — 75].     4o. 

Bl  la:  Incipit  liber  beati  Jheronimi  cötra  helindiü  [!]  ||  de  virginitate  sancte  dei  geni- 
tricis  Marie  \\  Bi  1$ a  Z  lo :  Explicit  liber  beati  Jeronimi  contra  Helindiü  [!j  ;;  de  virginitate 
sancte  dei  genitricis  Marie:  .  Bl  i^b:  Incipit  epistola  sei  Jeronimi  ad  Gaudecium,  de  inst- 
tucione  [!j  filie:  |j  Bl  i8b  Z  26:  Explicit  epistola  bti  Jeronimi  ad  gau.  ut  sup  Bl  iga: 
Incipit  Epistula  beati  Jheronimi  ad  panmajxhium  et  Occeanum.  ||  Bl  21b  Z  14:  Explicit 
eplä  bti  Jeronimi  ad  pämachiü  et  oc: 

21  Bl  ohne  Sign,  27  Zeüen,  goth.  Schrift,  eine  Schrißgrösse. 

Hain-Copinger  85/5.     Proctor  g86. 

Umburg. 

377  Hieronymus:  Vitae  sanctorum  patrum.  [Argentinae,  typogr.  vitarum 
patrum  a.  1483],  1485.     2o. 

Hain-Copinger  *86oo.     Praetor  422. 

Wiesbaden  LB. 

WeUburg.     [Aus  Rommersdorf.) 

378  Hieronymus:  Vitae  sanctorum  patrum.  [Coloniae,  Arnold,  ter 
Hoernen,  ca.  1470]. 

Hain  *8S93-     Proctor  ^/j. 
Umburg. 

379  Hieronymus:  Yitae  sanctorum  patrum.  [Coloniae,  Conrad.  Winters, 
c.  1476?] 

Bl  laa  Z  i:  Incipit  plogus  in  vi||tas  Säctoy  patrum.  ||  ()Enedictus  deus  q  vult  ||  omes 
homines  saluos  j  fieri  t  ad  agnicöem  ve|]ritati3  venire:  qui  etiaj  \\etc.  Bl ^ßa^  Z21:  Liber 
de  vitis  sanctoy  Paty  Heremitay  atg  Möchoy  se  cüd9  finit  foeliciter  •:•  •:•  Bl  36aa  Z  i: 
Incipit  plog9  Palladij  epi  in  liby  tertiü  de  vitis  patrü.  ßl  116 aa  Z  24-  Pars  quarti  üb", 
xiij.  de  hospi' talitate  explicit  foeliciter.  ;|  DEO  GRATIAS.  Bl  Ii6b  u.  11/  leer.  Bl  j6oa^ 
Z  J^:  Explicit  liber  quintus  de  vi' tis  sanctorum  patrum    •:•     !   DEO  GRATIAS. 

160  Bl,  2   Spalten,   41  Zeilen.      Goth.  Schritt. 

Hain-Copinger  8^86? 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 


—     48     — 

380  Hieronymus:  Vitae  sanctorum  patrum,  deutsch.  [Herbipoli, 
Georg.  Reyser,  1480?].     2o. 

Hain-Cofvtgfr    *S6oj.      Prociijr   32  £l    zveiss   nicht,    wekhem    Druckort  dies  fr   Druck   angehört. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

Hispanus  s.  Petrus  Hispanus. 

381  Holkot,  Robertus:  Opus  super  sapientiam  Salomonis.  [Coloniae, 
Conrad.  Winters,  c.  1479].     20 

Hain- Geringer  *S/S3.     Proctar  Il88. 
Umburg.     {^Aus  Deuiz.) 

382  Hollen,  Gotschalcus:  Praeceptorium  divinae  legis.  Coloniae, 
Johannes  Guldenschaff,  1481.     2'^. 

H^tn-Copinger  S/66. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  .Marienstatt.) 

383  Homiliarius  doctorum  a  Paulo  Diacono  collectus.  Spirae,  Petrus 
Drach,  1482.     2^. 

Hain-Cofinger  *S/gO. 

Herbom  20£6.     (Aus  Herbom  HSch.) 

Limburg.     (Aus  Limburg.) 

384  Honorius:  Expositio  super  cantica  canticorum.  [Coloniae,  Joh. 
Guldenschaff,  c.  1480].     4». 

Hain-Copinger  *88o2.     Praetor  12^0. 
Limburg.     (^Aus  Amstein.) 

385  Horatius:  Opera  cum  annotationibus  Jac,  Locher  Philomusi. 
Argentorati,  Johannes  Grüninger,  1498.     2*^. 

Hain- Coptnger  *88g8. 
Hadamar  G. 

Horologium  aeternae  sapientiae  s.  Suso,  Henricus. 

386  Hortulus  animae.     l.?,  t.?,  a.?     kl.  8o. 

Bl  la  Titel  rot:  Ortulus  anime.  Bl  ib  beginnt  das  Kalendarium.  Bl  20  {Sign  rr4]  rot: 
Sequit  registrü  prtis  libelli  Bl  24b  Z  21:  Uigilie  mortuorü,  ccviij.  cuj  plu|]ribus  collectis  in 
fine  annexis.  Finis.  Der  Druck  ist  zum  grossen  Teil  durch  handschriftlichen  Text  ersetzt,  daher 
eine  genaue  Beschreibung  nicht  möglich,  zumal  Anfang  und  Ende  des  eigentlichen  Textes  sowie  die 
Schlussschrift  überhaupt  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Blattzählung,  Signaturen  sind  vorhanden,  22  Zeilen, 
Rot-  und  Sch-juarzdruck,  goth.  Schriß,  der   Titel  in  grösserer  Schrift,  zahlreiche  Holzschnitte. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  NotgotUs.) 

Hortulus  rosarum  in  valle  lacrimarum  s.  Haemmerlein,  Thomas. 
Hort  US  sanitatis  s.  Johannes  de  Cuba. 
Hostiensis  s.  Henricus  Hostiensis  de  Segusio. 

387  Hugo  de  S.  Caro:  Postilla  super  psalterium.  Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1498.     2«. 

Hain-Copinger  *8g/3. 
Limburg.     [Aus  Deutz.) 


—     49     — 

388  Hugo  de  S.Victore:  De  sacramentis  christianae  fidei.   Argentinae, 
[typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1485.     2^. 

Hain-Copinger  *go2^.     Praetor  Sg/. 
Limburg. 

389  Humbertus:  De  praedicatione  sanctae  crucis.  [Norimbergae, 
Fridoricus  Creusner],  s.  a.     4o. 

Hain-Copinger  *g02g.     Praetor  2igj. 
Limburg.     [.Aus  Dfuiz.) 

390  Hymnarius  s.  Expositio  hymnomm.  Coloniae,  Henricus  Quentell, 
1492.    4". 

Hain  *6^84- 

Limburg.     [Aus  Amstfin.) 

391  Hymnarius  s.  Expositio  hymnorum.  Coloniae,  Henricus  Quentell, 
1494.     40. 

Hain  *6;-86. 

Herborn  P  IV  ^rg.     {Aus  Herhom  HSch.) 

Jacobus  Januensis  s.  Jacobus  de  Voragine. 

392  Jacobus  de  Theramo:  Consolatio  peccatorum  s.  Belial.  [Argen- 
tinae, Henr.  Knoblocbtzer],  1484.     2o. 

Bl  I  fehlt.  Bl  2a  [Sign  a  ij]  a:  Reuerendi  patris  domini  Jacobi  |j  de  Theramo  Com- 
pendium  pbreue  [j  Consolatio  peccatorum  nuncupatü.  |:  Et  apud  nonnullos  Belial  vocitatü  j| 
ad  papä.  Vrbanum  sextum  conscrip-||tum.  Incipit  feliciter.  Bi  gja^  Z,  ^i:  seculorum. 
AMEN.  II  Explicit  über  belial  nücupat9  al's  |[  peccatoy  consolatio.  ,  Anno  dni  M«.  || 
cccclxxxiiij.     Bl  g^b  und  g4  leer. 

g4  Bl  mit  Sign  [a  b  e g  i  l  m  n^,  c  if  k  ki\  2  Spalten,  42  Zeilen,  gath.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Praetor  J/J. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

393  Jacobus  de  Voragine:  Legeuda  sanctorum  seu  historia  Lombardica. 
[Argentinae,  Georg.  Husner,  ca  1475].     20. 

Bl  la  leer.  Bl  iba:  De  festiuitatibus  que  occur-ürunt  infra  tpus  renouationis  |  ete. 
Ende  der  Tabula  auf  Bl  2b^  Z  32.  Bl  3  [num.  /]  Z  /:  Incipit  prologus  sup  legendaj  san- 
ctoy  qua  cöpilauit  frater  ||  iacobus  natione  lanuesis  ordinis  fratrü  pdicatoy.  ||  ()Niversü  temp9 
pntis  vite  i  qttuor  distinguit'  jj  sc^  1  tep9  deuiatiöis.  renouatiöis  siue  reuocati|'onis.  recöncili- 
ationis.  et  peregrinatöis.  Temp9  |!  deuiatiöis  e/e.  Bl  jg4  [num.  CCCXCII\  a  Z  ig:  Explicit 
legenda  lombardica  iacoi|bi  de  voragine  etc.  Bl  3g4b:  De  decem  milibo  martirum. 
Bl  422  [num.  CCCCXX\  a  Z  2g :  et  odoris  fragrantia  vsqt  in  octauä  diem  ibi  manebat. 
Marti-||ri  lucie  ideo  oiücta  fuit.  <j  ipsa  odilia  duobus  modis  martir  ||  fuit  voluntate  et  carnis 
maceratione.     Bl  422b  leer. 

422  Bl  [2  nicht  num.,  I—CCCCXX]  ohne  Sign,  38  Zeilen,  goih.  Schrift,  i  Schriftgrösse. 

Limburg. 

394  Jacobus  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  historia  Lombardica. 
Argentinae,  [Georg.  Husner],  1479.     2°. 

Bl  I  fehlt.  Bl  2aa:  Incipit  tabula  super  legen  das  sanctorum  secundum  or  dincm 
alphabeti  collecta.  et  |  primo  premittitur  prolog9  i  qui  ostendit  modum  reperi-  endi  materias 
contentaa  in  j;  diuersis  locis  huius  volumifnis.  '  PROLOGVS  ,  (IVoniam  sicut  die  ysidor9 ,  etc. 
Der  Prologus  schliesst  Bl  2a^  Z  3g :  uersis.  Bl  x6aa  am  Ende:  Finit  tabula  feliciter.  Bl  l6b 
und  il^a  leer.  Bl  i^b  folgt  der  prologus  super  legendas  sanctorum.  Bl  l8a  Z  8:  Explicit 
prologus.     Incipiunt  capitula.     Bl  20a:  Incipit  legenda  sanctoru;  que  lombardica  nomir.atur 

4 


—      so- 
hl- storia   Et   primo   de    festiuitatibus   que    occurrunt   infra   tem-j^pus  renouationis  quod  re- 
presentat    ecclesia    ab    aduentu    vscj       ad    natiuitate?    domini.     Bl  412a  am  Ende:  Hoc   opus 
historie  lombardice.  deo  opitulan  te.  cum  legendis  in  fine  annexis.  est  impres-  sum  Argentine. 
Anno  domini  Millesinco-  quadringentesimo  septuagesimo  nono.     Bl  412  b  her. 

412  Bl  ohne  Sign  [j/  Lagen,  davon  i,  2,  4  —  8,  1O—14,  l^,  V>  '9—-3<  -^5.  -Ö".  2S—SO, 
32-3^.  3^-40,  4^-47'  49\  3.  9,  '5.  ^/>  37'  jO,  5/5.  r8,  24.  31,  41,  48  <\  39-40  Zeüev, 
goth.  Schrift,  2  Schrijigrössen. 

Prodor  3S9- 

Wtesl.iden  LB.     [Aus  Noigoties.) 

395  Jacobus  Je  Voragine:  Legeiida  aurea  s.  historia  Lombardica. 
Argentinae.  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1483,     2'^. 

Fl  I  fehlt.  Bl  2aa:  Incipit  tabula  su  'per  legendas  sanctorum  secundu?  J  ordinem 
alphabeti  collecta.  et  pri-,  mo  premiltitur  prologus  qui  GSte|  dit  modum  reperiedi  materias 
c5  tentas  in  diuersis  locis  huius  vo-  luminis  Prologus.  j  ()Voniam  sicut  ||  dicit  ysidorus 
in  libro  de  sum'  mo  bono  e.'c.  Bl  ijaa:  Incipit  legenda  sanctorum  que  |  lombardica  no- 
mlatur  historia.  Et  primo  de  festiuitatibus  que  occur  runt  infra  tempus  renouatöis  qd'  || 
representat  ecclesia  ab  aduetu  vscj  ad  natiuitatem  domini  ;j  Legenda  Prima  A  j  De  aduentu 
domini  i  Duent9  domi  ni  per  quattu  or  septimanas  agit'  ad  signi  ficandü  etc.  Bl  2430^ 
Z  5;  US  p  omnia  secula  seculorü.  amen  ;|  Explicit  legenda  lomi.bardica  Jacobi  de  voragine 
ordinis  predi  catorum  episcopi  ianuensis.  Bl  24jba:  Sequuntur  quedä  ;'  legende  a  quibusda? 
alijs  superad-  dite.  Et  primo  de  decej  milibg  mar],tyrum  Bl  2//ti^  Z  26:  bent  q.  corpus 
Christi  est  ;  sanguis  eius  I  Expliciunt  quo  |rüdam  sanctorum  legende  adiuncte  post  Lom- 
bardicam  hi-  storiam.     Impresse  Argentine.     Anno  dni  M.  cccccxxxiij.     Bl  2;^8  leer, 

2/8  Bl  ohne  Sign  [3g  Lagen:  i,  3—5,  7,  g,  IT,  13,  15,  17,  19,  21,  23,  25,  2/,  2P.  JA  JJ. 
15,  39*,  2f  ^,  •^,  ^0>  ^-,  14,  16,  18,  20,  22,  24,  26,  28,  30,  32,  34,  36,  381,  J75],  2  Spalten, 
4/  Zeilen,  goth.  Schrift,  3  Schriftqrössen. 

Wiesbaden  Lß-     [Aus  Eberbach.) 

396  Jacob  US  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  historia  Lombardica. 
Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1485.     2'J. 

Bl la  Titel:  Lombardica  historia  ||  que  a  pleriscj  Aurea  |  legenda  säctorum  ap-||pellatur. 
Bl  ib  leer.  Bl  2a  {Sign  i\  o.:  Incipit  tabula  super  \\  legendas  sctö^t  scdm  ordine  alphabeti 
collecta.  et  primo  premittitur  p!  logus  qui  ostendit  modü  reperiedi  j  materias  contentas  in 
diuersis  lo  eis  huius  voluminis.  Die  Tabula  endigt  Bl  I2b^.  Bl  I3aa:  Incipit  prologus  su-j;per 
legendas  sanctoy  quas  collegit  j  in  vnum  frater  iacobus  natione  ia-  nuensis  ordinis  fratrum 
predicato-  rum.  Ä /jjß;  Explicit  prologus.  .5'/7j<5a.-  Incipiunt  capitula.  Bl  i^ a  [Sign  a]  a: 
incipit  legenda  sctö^  que  lombar:  dica  noiatur  historia  Et  primo  de  fe  ]stiuitatib9  que  occurrüt 
infra  temp9  renouatöis  qd'  representat  eccl'ia  ab  |i  aduetu  vscj  ad  natiuitate  domini.  Bl  233/)^: 
Explicit  legenda  lom  bardica  lacobi  d'  voragine  ordinis  pdica,  torum  episcopi  ianuesis. 
Impressa  Argen  tine.  Anno  domini.  M.  cccc.  Ixxxv.  Finita  i  ||  die  sancti  Floriani 
martiris.  Cuius  legeda  |1  repitur  in  additionibus  huius  voluminis  |I  in  legenda.  CXCV.  || 
Sequuntur  additiones.  Bl  234  leer.  Bl  26g b^  am  Ende:  Expliciüt  quorü/]!dam  sanctoy  legende 
adiücte  post  ;  Lombardicam  historia?.  Impresse  ,,  Argetine  Anno  dni.  M.  cccclxxxv  |1 
Finite  in  die  sancti  Floriani  marty;|ris.     Bl  2^0  {jedenfalls  leer)  fehlt. 

2/0  Bl  [/4,  23,  a4,  bi,  c\  di,  <f4,  /3,  gA,  hi,  /4,  ki,  l\  ml,  «4,  oi,  /4,  ql,  r4,  sZ,  /4,  vi, 
x4,  yl,  24,  AI,  Ba,  C),  Z?4,  Ei,  F\  Gl,  HS,  Ii,  K\,  Li,  .1/4,  N^\,  2  Spalten,  47  ^"^^»^ 
goth.  Schrift,  3  Schrftgrössen. 

Proctor  600. 

Weilburg.     [Aus  RommersdorJ.) 

397  Jacob U3  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  liistoria  Lombardica. 
Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1489.     2*>. 

ni  la   Titel:   Lombardica  historia   j  que  a  pleriscp  Aurea   ;  legenda  säctorum  ap;  pellatur 

Bl  ib   Uer.     Bl  2a    {Sgn  i\   (x:    Incipit  tabula  super  |;  legendas  sctöy  scdm  ordine  alphabeti. 


—     51     — 

Colle-I|cta  et  primo  premittitur  prologus  qui  oste-'  dlt  modü  reperiendi  materias  contentas 
i  diuersis  locis  huius  voluminis;  j'  Prologus  |  [  jVoniam  sicut  |]  dicit  ysidor9  in  libro  de 
sümo  i|  etc.  Bl  i2aa:  Incipit  prologus  su-  per  legcndas  sanctoy  quas  collegit  in  vr.ü  frater 
Jacobus  natione  ianuensis  ordinis  \\  fratrum  predicatorum  Bl  ißa  [Sign  a\  a:  Incipit  legcnda 
sctöy  que  lombardica  ]|  noiat  hystoria.  Et  pmo  de  festiuitatibus  q  |  occurrüt  infra  tepus 
renouatöis  qd'  repre-!!sentat  ecclesia  ab  aduentu  vscy  ad  natiuita  tem  domini.  Bl  22g  a^  ^  '5' 
seculoif  amen.  ||  Explicit  legenda  lomiibardica  Jacobi  de  voragine  ordinis  predi  catoy  cpi 
Januensis.  Impressa  Argetine  ||  äno  dni.  Mccccixxxiz.  Finita  altera  die  j*  sancti  Mathie 
apostoli.  II  Sequuntur  additiones.  Bl  26^b^:  Expliciüt  quorüdam  j|  sanctoy  legede  adiücte 
post  Lombardicaj  |i  historiä  Impresse  Argetine  Anno  doini-{{ni.  Mcccclxxxix.  Finite  in 
vigilia  scti  Ma||thie  apostoli.     Bl  268  leer. 

268  Bl  mü  Sign  [/4,  2i,  a  cegilnprtxz,  B  D  FHN^,  bdfhkmoqsvy  A  C  EG  I  KL 
Ml\  2  Spalten,  46  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schri/tgrössen. 

Praetor  618. 

IViesbaden   GL  48.     {Aus  Idstein,   Gymn,  Bibl.) 

398    Jacobus    de  Voragine:     Legenda    aurea   s.  historiä  Lombardica. 
Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1-190.     20. 

Bl  la  Titel:  Lombardica  historiä  |j  que  a  pleris(j  Aurea  j|  legenda  säctorum  ap  pellatur. 
Bl  ib  leer.  Bl  2a  [Sign  j]  a:  Incipit  tabula  super  ;,  legendas  sctöy  scdm  ordine  alphabeti 
colle-||cta.  et  primo  premittitur  prologus  q  ostcnj|dit  modü  reperiendi  materias  contentas 
i  II  diuersis  locis  huius  voluminis.  ||  Prologus.  !|  (JVoniam  sicut  jj  dicit  ysidor9  in  libro  de 
sümo  jl  bono  etc.  Bl  T2b^  am  Ende:  Finit  tabula  feliciter.  Bl i^aa:  Incipit  prologus  su-|  per 
legendas  sanctov  quas  collegit  in  vnuj  ||  frater  lacobus  natione  ianuensis  ordinis  fratnim 
•  predicatorum.  ||  ()Niuersü  tem|[pus  pntis  vite  in  qtuor  di  jstinguit.  etc.  Bl  ijba:  Incipiunt 
capitula.  Bl  14  a  [Sign  a\  (x:  Incipit  legenda  sctöy  que  lombardica  ||  noiat'  hystoria.  Et  pino 
de  festiuitatibus  q  ||  occurrüt  infra  tepus  renouatöis  qd' repre-' sentat  ecclesia  ab  aduentu 
vscp  ad  natiuita||tem  domini.  ||  Legenda  I.  A  ||  De  aduentu  domini.  ||  ()Duent9  dni  per 
quatu-||or  septimanas  agit'  ad  ||  etc.  Bl  22g a^  Z  i£ :  seculoy  amen,  i]  Explicit  legenda 
lom||bardica  lacobi  de  voragine  ordinis  predi-'^catoy  epi  Ianuensis.  Impressa  Argetine  || 
äno  dni.  Mccccxc.  ||  Sequuntur  additiones.  Bl  26jb^  Z  jr:  corp9  xpi  est  z  sanguis 
eius.  II  Expliciüt  quorüdam  j|  sanctoy  legede  adiücte  post  Lombardicaj  [[  historiä.  Impresse 
Argetine  Anno  domi-||ni  Mccccxc.     Finite  altera  die  assumptiöis   ]  Marie.     Bl  264  leer. 

264   Bl  mit  Sign  [/4,    2  3,  a  cegilnprtxzBD  Gl  iVa,  b  dfh  kmoqsvyACEFH 
K L  Mi\  2  Spalten,  46  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

.     Praetor  622. 

IViesbaden  LB.     {Aus  Notgottes.) 

399  Jacobus  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  historiä  Lombardica. 
Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1496.     2o. 

Bl  z  a  Titel:  Lombardica  historiä  que  a  plerisc^  ||  Aurea  legenda  sanctorü  appellatur. 
Bl  ib  leer.  Bl  2a  [Sign  t]  a."  Incipit  tabula  super  !|  legendas  sanctorum  bm  ordinem  alpha- 
be||ti  collecta.  Et  pmo  pmittitur  prologus  qui  ||  ostedit  modum  reperiendi  materias  aten  tas 
in  diuersis  locis  hui9  voluminis  ||  Prologus  |  ()Voniam  sicut  dicit  l3idor9  in  libro  de  sum-  mo  etc. 
Bl  14a  [Sign  a]  a:  Incipit  legenda  sctöy  que  lombardica  ,  noiat'  hystoria.  Et  pmo  de  festiui- 
tatibus q  II  occurrüt  infra  tps  renouationis  qd'  repre-  isentat  eccl'ia  ab  aduentu  vsqi  ad 
natiuitate  ||  domini  etc.  Bl  26jbfi  Z  2g:  Expliciüt  quorundä  sanctoy  legede  ad  iuncte  post 
Lombardica  historiä.  Impresi|se  Argentine  Anno  dni.  Mccccxcvi.  Fini  |te  circa  festü 
ascensionis  dni,     Bl  264  [wohl  leer]  fehlt. 

268  Bl  {Sign  74,  23,  ai,  bi,  c^,  di,  e^,fi,  -4,  hi,  ii,  i  3,  h,  mi,  «4,  /J,  o^,  /J,  r*,  sl, 
ti,  vi,  x4,  yi,  2  4,  Ai,  B^,  Ci,  D\,  Ei,  Fi,  C4,  Hi,  /4,  A'— .1/3,  .V4]  2  Spalten,  46  Zeilen, 
goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Proctor  630. 
Herbom  i£26. 

4' 


—      ö-J      — 


400  Jacobus  de  Voragine:  Legenda  sanctonim  seu  historia  Lombardica. 
Basileae,  ^icolaus  Kesler,  1486.     4°. 

Bl  za  Tuel:  Legenda  sanctorum  als  ,  Lombardica  historia.  Bl  ib  Uer.  Bl  2aa:  Incipit 
tabula  sup  legendas  sanctoni?  eU.  Bl  13a  [Sign  <r]  a:  Incipit  legenda  sanctoy  que  lom- 
bardi  ca  noiatur  historia.  Et  primo  de  festiuita-  'tibus  que  occurrüt  infra  tempus  renoua-|| 
tionis  qd'  representat  ecclesia  ab  aduentu  vscp  ad  natiuitatem  domini.  etc.  Bl  2^/b^  am 
Sch.'usje:  Legenda  sancto^  als  Lombardica  hy  storia  nücupata  Impressa  Basilee  i  felici'  ter 
asummata  p  Nicolaü  kesler.  Sub  an-,  no  dni  Millesimo  quadringetesimo  octo  gesimosexto. 
die  vero.  xxv.  menb  Junij.     Darunter  das  Druck frzeicken.     Blatt  258  [jedenfalls  leer)  fehlt. 

2SS  Bl\Siin  \a—bl\  r4,  dl,  e\,  fi,  .f— /4  ^,  »3,  X-4,  /3,  fw4,  «3,  o^,  p3,  q>i,  rl,  s~v^,  xl,y\, 
*j,  AI,  B\  Ci,  Z?4,  Ei,  Fi,  Gl,  H*,  /3,  A'4,  Li,  il/4,  Ni,  Ol],  3  Spalten,  SS  teilen,  goth. 
Schriß,  zwei  Schrifigrossen. 

Herbcrm  IS^5-     {Aus  Herbom  HSch.) 

401  Jacobus  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  historia  Lombardica. 
Coloniae,  Conradus  de  Homborch,  1478,     2o. 

Bl  i  fehlt.  Bl  2aa:  Prefatio  sup  legendas  scoy  per  |  anni  circuitü  venientiü  quas  3pi-|| 
lauit  frater  iacob9  de  voragine  orj  dinis  predicato^  quondä  epus  j  ianuensis  incipit  feliciter. 
Bl  sba  Z  i£ :  Incipit  tabula  legendarum  de  j  sanctis  per  annum.  Bl  2b^  Z  26:  Aliä  tabulam 
qre  in  fine  libri.  Incipit  legenda  scö^  aurea  que  ;  alio  noie  dr  historia  longobardi  ca. 
Et  primo  de  aduentu  dni.  Bl  3232^  Z  2£:  seculorü  AMEN  |  Explicit  legenda  aurea. 
Bl  323b  Uer.  Bl 324aa:  Item  hystorie  sequentes  \\  addite  sunt  ad  hystoriä  lombardica.  i.  j|  etc. 
Bl  3/Sa:  Ad  laudem  :  gloriam  dei  ac  virginis  gloriose  matris  eius  necnö  ad  vtilita  tem 
xpristi  fideliü  impressa  est  hec  preclara  :  multis  profutura  historia  lort:  gobardica  additis 
tn  multoy  sanctoy  ac  sanctarum  legendis  pulcris  ac  raris  vt  patet  tabulam  sub  alphabeti . 
ordine  editam  intuenti.  t  ad  fine?  |  vscj  deducta  est  p  me  conradum  de  Hoemburch  Anno 
dni  millesimo  qua  dringetesimo  septuagesimo  octauo  ipö  die  sei  bemardi  doctoris  melliflui 
i,,alma  vniuersitate  Coloniensi  de  quo  sit  deus  gloriosus  benedict9  in  secula.  Bl  3/3  leer. 
Bl  3/6  fehlt. 

376  Bl  ohne  Sign  [40  Lagen:  1—5,  10-28,  30—31^  34,  3^^  40i,  6—9,  2g,  33,  35,  4,  32, 
37'  39  •5»  3^%  -2  Spalten,  3g  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Schonau.) 

402  Jacobus  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  historia  Lombardica. 
Norimbergae,  Anton.  Koberger,  1481.     2'». 

Bl  la  Uer.  ib  enthält  die  Tabula.  Bl  2 a  \mtmer.  Fo.J.]  a:  Incipit  prologus  in  legendas 
sanctorü  quas  coUegit  in  vnu?  frater  Jacobus  ianuensis  de  |  ordine  predicatorum.  []  Niuersü 
tempus  pre-  sentis  vite  in  quatuor  distinguit.  etc.  Bl  184 af,  Z  ^o :  vsg  hodie  seruant.  || 
Finit  lombardica  historia  p  mädata  Anthonij  ;'  Koburger  Nurenberge  impressa  Anno  salutis  || 
;c.  Ixxxj.  ydus  vo  Aprilis  tercio.     Bl  184b  leer. 

184  numer.  Blätter  ohne  Sign,  [26  Lagen:  zu.  23 S,  2,  4,  5,  8,  IZ — Z4,  z8—2z,  25,  26 1,  3,  6, 
7,  g,  zo,  zS — 17,  22,  2./4,]  2  Spalten,  £6  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Wiesbaden  LB. 

403  Jacobus  de  Voragine:  Legenda  sanctorum  seu  historia  Lombardica. 
Norimbergae,  Anton.  Koberger,  1482.     2°. 

Voullieme  5g6. 
Limburg.     [Aus  Sayn.) 

404  Jacobus  de  Voragine:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis.  s.  1.  et  t, 
1484.     2". 

Bl  za  Titel:  Registrum  In  sermones  Ja-  Jcobi  de  voragine  de  tempore.  Bl  zb  Uer. 
Bl  2aa  Z  z:  Incipit  Registrü  in  Sermo-  nes  de  tepore  preclarissimi  do-'ctoris.  magistri 
Jacobi  de  vora-  gine  ftc.  Bl  Z4b^  Z  z8 :  Explicit  tabula  alphabetica.  ßl  z^a  Titel:  Sermones 
Jacobi  de  vora-  gine  de  tempore  i  de  sanctis.    Bl  z£b  Uer.   Bl  z6a  [Sign  c^j  a  Z  z:  Sermones 


—     53     — 

aurei  :  pulcherrimi  |  varijs  scripturarü  doctrinis  re- [ferti  de  tempore  per  totü  annu?  '  editi 
a  solennissimo  theologie||  doctore  magiatro  Jacobo  de  vo  ragine  ordinis  predicato»  quo,  dam 
episcopo  Januesi  ff  Heiter  ;[  incipiunt.  Bl  /j^a^  Z  4/:  Finia.  Bl  124b  Urr'.  Bl  123  a:  [Titel] 
Sermonea  de  Sanctis  ||  Jacobi  de  Voragine.  Bl  i2Sb  Z  i:  Tabula  sermonQ  de  sanctis  in 
hoc  vo|]lumine  cötentoy.  etc.  Bl  126a  [Sign  a.  ;>]  a  Z  i :  Sermonea  pulcherrimi  varija  scrip  | 
turav  doctrinis  referti  de  aanctis  per  anni  H  totius  circulum  acurrentibus.  editi  a  ve  nerabili 
viro  Jacobo  voraginis  etc.  Bl  j/^a^  Z  36 :  Finiunt  scrmones  eximij  sacre  thcolo  gie  pro- 
feasoria  Jacobi  voraginis  de  sanc  tis  per  circulum  anni.  impressi  :  exactlsai-  ma  diligentia 
corecti  [!]  Anno  domini.  M.jjCCCC  Ixxxiüj.  xix.  kaj.  Augusti  de  quo  ,,  sit  deus  benedictus  in 
secula.     Bl  375  b  und  3/6  leer. 

3/6  Bl  mit  Si^^  [a-ei,/3,g^,  ^i,  i-r,f,  s-y,  aa,  bb\  cd,  a-k\  lm\n-q^,  xs\  rt/4, 
■^—2.  A—Cl,  DE^,  FGi,  HI\  KL\  J/4  +  14  Bl  am  Anfang  ohne  Sign],  2  Stalten,  im  i  Tl  4;, 
im  2.  44  Zeilen,  goth.  Schrift^  3  Schrijtgrössen. 

Wiesbaden  LB. 

405  Jacob  US  de  Voragine:  Sermones  de  sanctis  per  anni  circulum 
s.  sanctuarium,     s.  1.,  t,  a.     2". 

Bl  I  [leer?]  fehlt.  Bl  2aa  Z  i:  Incipit  registrum  in  Sermo||nes  de  sanctis  per  circulü 
anni  ||  preclarissimi  doctoria.  magistri  ;|  Jacobi  de  voragine  scdm  ordi(  nem  alphabeti  täges 
materiaa  ||  generales  in  singulis  sermoni-j  bus  contentas.  j]  (jGer  triplexj  e.  bmöe.  clxxxiiij. 
circa  medi.  |l  etc.  Bl  6b^  Z  4^:  Explicit  Tabula  Bl ^ a  [Sign  A]  a  Z  i:  Sermones  pulcerrimi 
varijs  ||  scripturarü  doctrinis  referti  d'  I|  säctis  p  äni  toti9  circulü  cöcur-  rentibg:  editi  a 
venerabili  viro  ;  Jacobo  voraginis  ordinis  pPdicatoy  quondä  epo  Januesi  |  Incipiunt  feliciter.  |) 
Sermo  primus  de  jj  sancto  Andrea.  ()Estigia  ||  ei9  secu-i  tus  e  pes  meg.  viä  |  eig  custodiui 
et  nö  II  declinaui  etc.  Bl  242 a^  Z  26:  Finiütur  bmones  eximij  sacre  ||  theologie  professoris 
Jacobi  II  de  voragine  de  sanctis  p  circu-||lum  anni  feliciter.     Bl  242b  leer. 

242  Bl  mit  Sign  [A-B\  Ci,  D-H,  Mi,  iV-P^,  q\  R—  T,  U,  X-Z,  i—6i,  /5;  du  Blätter, 
die  die   Tabula  enthalten,  sind  ohne  Sign]  2  Spalten,  4/  Zeilen,  gothische  Schrift,  3  Schriftgrössen. 

Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Janua  s.  Baibus,  Johannes,  de  Janua. 

406  Jason  de  Mayno:  Commentum  super  notabili  autentica  res  (\\iq 
ex  §.  quam  ob  rem  in  autentico  de  restitut.  elc.     s.  L,  t.,  a.     2". 

Hain  *  10967.     6  Bl,  das  letzte  leer,  61  und  63  Z. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Herborn  HSch.) 

Imitatio  Christi  s.  Thomas  a  Kempis. 
Imola  s.  Johannes  de  Imola. 
Innocentius  III  s.  Lotharius. 

407  Innocentius  IV:  Apparatus  super  quinque  libros  decretalium. 
Venetiis,  Johannes  Hamman  de  Landoia,  1491.     2". 

Hain-Copinger  *gig3. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Her  bor  n  Seh.) 

408  Innocentius  VIII:  Regula  revocatoria  circa  beueticia  ecclesiastica. 
s.  L,  t.,  a.    40. 

a  Z  i:  Sanctissim^  in  xpo  pr  &  dns  nr  dns  Innocetius  '|  diuia  puidetia  papa  viii. 
urgetib9  nönull'  ratij|onabilib9  cäis  öes  &  singl'as  eccl'iaFt  monasteri  |orü  dignita.  &  bnficiorü 
eccle.  quorülibj  späles  |  reseruatiöes  vniöes  änex.  icorpor.  vniedi  quocp  \\  annecti  &  icorporädi 
mädata  perpetua  uel  ad  '\  etc.  Z  i/ :  Lecta  t  publicata  fuit  auprascripta  regula  i  Ca  ccllaria 
apostolica  äno  a  natiuitate  dni.  m.  cccc.  Ixxxvi.  die  martis  decimanöa  mensis  Septebris 
pötificat9  eiusdej  dni  nri  pape  Anno  tertio. 

I  Bl  a  24,  b  20   Zeilen,  röm.  Schrift,  eine  Schrifigrösse. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbach.) 


—     54     — 

Institor,  Henr.:  Malleus  inaleticarum:  s.  Sprenger,  lac.  u.  Henr.  Krämer. 

409  Johannes  Baptista  de  Caccialupis:  Repetitio  legis  in  titulo  ff.  de 
iureiurando.     Bononiae.  Johannes  Walbeck,  s.  a.     2o. 

Bl  I  Iffr.  Bl  2a  [S:^  "^ '.']■'  Utilis  :  aurea  ;  quotidiana  repetitio  legis  ad  monedi  site 
in  titulo.  ff.  de  iureiurando.  Senis  re-  petita.  Anno  domini.  M.  cccc.  Ixvi.  p  clarissimum  || 
vtriusg  cesure  doctore  t  oiu^  nostri  temporis  iuris  ||  asultof  vertice  Dominü  Joannem  baptista 
caccia  lupu)  de  sancto  seuerino  suum  hie  fiunt  exordium.  Bl  2i><jß  ^  39-'  Impressum 
Bononie  per  Johannem  valbeck.     Es  folgt  das  rtpertorium  das  auf  Bl  ^ob  endet. 

JO  Bl  mU  Sign  [j  f  9  j  3  'J'/*],  2  Spalten,   62  ZeiUn,  goth.  Schrift,  I  Schriftgrösse. 

Hain  41g/. 

IVUsbaden  LB.     [Aus  Herbom  HSch.) 

410  Johannes  de  Cuba:  Hortus  sanitatis,  deutsch,    o.  0.,  Dr.  u.  J.   2o. 

Hain  'Sg46.     Bl  2aa  Z  8  steht  in  diesem  Exemplar:  d'  natue  [!]  wye. 
Wiesbaden  LB.     {^Aus  Amstein.) 

411  Johannes  Franciscus  de  Pavinis:  Relatio  circa  canonisationem 
Bonaventurae  cum  aliis.     [Coloniae,  J.  Koelhoff,  1490].    4°. 

Hain-Ccpin^er  *  12^31.     Praetor  108g. 
IVeubur^. 

412  Johannes  Friburgensis:  Summa  confessorum,  deutsch.  Augsburg, 
Johannes  Baemler,  1472.     2o. 

Hain  ''/36/.  2;-/  Bl.  Bl  i  und  2^/  leer.  In  diesem  Exemplar  steht  Bl  2  a  Z // verkünde 
u.  Z  12  künden.  Das  Register  schliesst  Bl  14b  Z  22.  Der  die  Jungfrau  Maria  darstellende  Holz- 
srhnitt  fehlt.  Der  Text  beginnt  Bl  15  a:  \{eingedrucktes  rotes  Randümament^\{  nomie  domini  Amen 
Hie  hebt  sich  an  der  prolog9   j  etc.   Bl  2/6a  Z  i  steht:  ()weyfelt  ein  mensch  oder  es  hatt  etc. 

Herbom  P  Ib  g.     {Aus  Herbom  HSch.) 

413  Johannes  Friburgensis:  Summa  confessorum.  Ulm,  Konrad 
Dinckmut.  1484.     2'^. 

Hain  */J/i  (statt  buch  muss  es  überall  buch  heissen.)     Bl  ig8  [CLXXXV)  fehlt. 
Limburg. 

414  Johannes  Gallensis:  Communiloquium  s.  Summa  collationum  ad 
omne  genus  horainum.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinbui-g  a.  1483], 
1489.     20. 

Hain'Copinger  *^444.     Praetor  64g. 

Herborn :    2  Exemplare  P  Ha    1^4  u.  E   VH  44.     {Aus  Herborn  HSch.) 

415  Johannes  de  S.  Geminiano:  Summa  de  exemplis  et  similitudinibus 
renim.  Basileae,  Johannes  Petri  de  Langendorff  et  Johannes  Proben  de 
Hammelburg,  1499.     4o. 

Hain  *^^46.      Voullieme  643. 
Limburg.     [Aus   Hadamar.) 
Wiesbaden  LB.     {Aus  .Amstein.) 

416  Johannes  de  Imola:  Opus  in  Clementinas.  Venetiis,  Johannes  de 
Colonia  et  Johannes  Manthen  de  Gerretzem,  1480.     2^. 

Hain- Copinger  *gi44. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Deutt.) 


—     55     — 

417  Johannes  de  Imola:  Super  tertio  decretalium.  Venetiis.  s.  t.,  1489.  2'>. 

Hain  *gi40.     In  der  Schlussschrift  steht  nicht:  M.  cccclxxxxviüj,  wie  Hain  angiebt,  sondern: 
M.  cccclxxxviiij. 

WUsbaden  LB.     [Aus  Herbom  HSch.) 

418  Johannes  de  Lamsheym:  De  fraternitate  et  rosario  beatae  Mariae 
virginis.     Moguntiae,  Petrus  Friedberg,  1495,     4o. 

Hain-Copinger  *g84/, 
Wiesbaden  LB. 

419  Johannes  de  Lapide:  Resolutorium  dubiorum  circa  celebrationem 
missarum  occurrentium.  Basileae,  Johannes  Froben  de  Hammelburg,  1492.    8o. 

Hain-Copinger  *9go5- 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgoties.) 

420  Johannes  de  Lapide:  Resolutorium  dubiorum  circa  celebrationem 
missarum  occurrentium.     Coloniae,  Henr.  Quentell,  1493.    4^. 

Der  Druck  ist  verschieden  von  Hain  *ggo6. 

El  la  Titel:  Resolutoriü  dubioy  circa  ||  celebrationem  missay  oc-;|Currentiutn.  per 
venerabilem  patrem  dominum  Johänetn  jj  de  lapide  doctorem  Theologum  parisiensej.  ordinis 
Carjltusiensis.  ex  sacrorum  canonum  probatorumcj  doctorum  Ij  sententijs  diligenter  collectum 
Darunter  ein  Holzschnitt  luie  bei  Hain,  ebenso  das  Summarium.  El  ßb:  Incipit  tractatus  dubios 
ac  difficultatü  circa  officium  misse  i  ea  que  ||  ad  debitam  eiusde  celebratione  exiguntur 
freqntius  occurrentiü.  iuxta  sa  [croy  canonü  ostitutiones.  pbatorücj  docto^  firmiores  atcj  tutiores 
sen-||tentias  resolutorius.  El  24a  Z  44:  Explicit  resolutoriü  dubio^i  circa  celebratione  missay 
occurrentiü  ||  Impssum  Colonie   p  Henricü  Quentell.     Anno  dni  M.  cccc.  xciij.     El  24b  leer. 

24  El  mit  Sign  \a—di\,  45  Zälen,  goth.  Schrift,  drei  Schrißgrössen. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes) 

421  Johannes  Nivicellensis:  Concordantiae  bibliorum  et  canonum. 
[Basileae,  Nie.  Kesler],  s.  a.     2o, 

Hain-Copinger  *g4i2.     Proäor  //Ol. 
Limburg.     [Aus  Herbom  HSch.) 

422  Johannes  Petrus  de  Ferrariis:  Practica  nova  judicialis.  [Mo- 
guntiae?], s.  t.,  [ante  1474.]     2*^. 

Hain  *6g84. 

Auf  El  10  gemalte  Initialen  und  Randverzieritng.  Dem  Dntck  ist  handschriftlich  ein  ausführlicher 
2g  Blätter  umfassender  Index  beigegeben,  der  folgender massen  schliesst :  Et  sie  est  finis  anno  domini 
millesimo  quadringentesimo  septuagesimo  tercio  indictione  sexta  die  decima  nona  mensis 
Septembris. 

Wiesbaden  LB. 

423  Johannes  Presbyter:  De  ritu  et  moribus  Indorum.  [Spirae,  Joh. 
et  Conr.  Hist],  s.  a.     4"^. 

Hain  *g428.     Praetor  2 40 4. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 

424  Johannes  de  Turrecremata:  De  efficacia  aquae  benedictae.  [Au- 
gustae,  Anton  Sorg]  s.  a.     2o. 

Hain-Copinger  *  15/38.     Praetor  166 J. 
Herbom  1525.     [Aus  Herbom  HSch.) 


—     56     — 

[Johannes  de  Turrecremata:  De  efficacia  aquae  benedictae.  Norimbergae, 
Johannes  Stuchs,  s.  a.     4o.] 

Hain-Cofinger  * IS743-     ^^l  "'^^'^  Praetor  kein  Druck  des  l£.  Jahrh. 
Wiesbaden  LB. 

425  Johannes  de  Turrecremata:  Expositio  super  toto  Psalterio. 
Moguntiae.  Petrus  Schöffer,  147-i.     2o. 

Hain  'ißögS. 

Limiurg:  Am  Ende  handschrißlkh  [i£.  y.):  Librü  hüc  dedit  petrus  de  gernsjhei  impssor 
maguntie  sancto  florino  in  sconaw.  o.  b.  t.  d.  Über  die  Beziehungen  Adrians,  Abis  von  Schönau, 
zur  Peter  Schiffer' sehen  Druckerei  s.  Falk  im  Centralblatt  f.  Bibliothyw.  l6,  iSgg  S.  233—23/.  {Aus 
Schönau.) 

IV-esbaden  LB :  Am  Schlüsse  die  handschrifiliche  [i£.  J.)  iVotiz,  dass  das  Buch  2 ß  gekostet  habe. 
[Aus  .\farienstatt.) 

426  Johannes  de  Turrecremata:  Expositio  super  toto  Psalterio. 
Moguntiae.  Petrus  Schötier,  1476.     2*>. 

HaiH'Copinger  */j6gg. 

Herbom  E   VII  44.     {Aus  Herborn  HSch.) 

427  Johannes  de  Turrecremata:  Expositio  super  toto  Psalterio. 
Moguntiae,  Petrus  Schöffer,  1478.     2«. 

Hain  *i£/OT.     ig/  Bl,  das  letzte  leer. 
Wiesbaden  LB. 

428  .Johannes  de  Turrecremata:  Meditationes  seu  Contemplationes. 
[Moguntiae],  Johannes  Numeister,  1479.     2o. 

Hain-Copinger  *  1^/26. 

Herbom  in  l£2ß.     [Aus  Herborn  HSch.) 

429  Johannes  de  Turrecremata:  Quaestiones  evangeliorum  de  tempore 
et  de  sanctis.  Coloniae,  [typogr.  Johannis  de  Turrecremata  quaest.  evang.  a. 
1478],  1478.     20. 

Hain-Copinger  13 /lO.     Proctor  1233. 
Wiesbaden  LB. 

430  Johannes  de  Turrecremata:  Quaestiones  evangeliorum  tarn  de 
tempore  quam  de  sanctis.     Daventriae,  Richardus  Pafraet,  1484.     2*^. 

Hain-Copinger  iß/l/.     Campbell  i6g4. 
Zum  grossen    Teil  handschriftlich  ergänzt. 
Limburg.     [Ans  Deulz.) 

431  Johannes  de  Vanckel:  Summarium  textuale  et  conclusiones  sexti 
Decretalium  et  Clementinarum.  Coloniae,  Johannes  Koelhoff  de  Lübeck,  1488.  2o. 

Hain  *9/8/. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

432  Johannes  de  Vordena:  Sermones  dormi  secure  de  tempore  et  de 
sanctis.     Hagenoae,  [Henricus  Gran],  1492.    4*'. 

Ifain  *  13964.     Praetor  31/6. 

Limbuig:    nur  die  Sermones  de  satutis.     [Aus  Hadamar.) 


—     57     — 

433  Johannes    de    VerJena:     Sermones     dorrai     secure    de    tempore, 
s.  1.,  t,  a.     20. 

//ain    *i5g68.     Die  erste  Zeilentrennung   am  Anfang  ist  bei  Hain  nicht  angegeben,    Sermones 
dominicales  cum  expo,  sitionibus  etc. 

Il6  Bl  mU  Sign  [a—e,  g  h  k—p\  /ii\.    Bl  i  und  n6  leer.    An/angsteUen  in  grösserer  Schrift. 
Limburg.     {^.4us  Hadamar.) 

434  Jordanus    de    Quedlinburg:     Sermones    de    sanctis.      Argentinae, 
Johannes  Grüninger,  1484.     2«^. 

Hain •  Copinger  *g440. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 

435  Jordanus    de  Quedlinburg:    Sermones    de  tempore.     Argentinae, 
[typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1483.     2o. 

Hain-Copinger  *g4^8.     Praetor  £84. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

Wiesbaden    LB:    2    Exemplare,    das    eine    aus    Limburg,    das    andere,    in    dem    die    vier  ersten 
Blätter  fehlen,  aus  Marienstatt. 

436  Josephus,   FL:  De  Antiquitatibus  et  de  hello  Judaico.    Venetiis, 
Albertinus  [Eubeus]  Vercellensis,  1499.     2o. 

Hain-Copingtr  *g455- 

Limburg.      Codex  monasterii  sancti  Mathie  ApPi. 

437  Isidorus:  Etymologiarum  libri  XX   et  de  summo  bono  libri  Ol. 
Venetiis,  Bonetus  Locatellus,  1493.     2o. 

Hain  *g28o. 

Weilburg.     [Aus  Deutz.) 

438  lustinianus:     Codex   cum   glossa.     Basileae,    Michael   Wenssler, 
1478.     20. 

Hain-Copinger  g6o8. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Deutz.) 

439  lustinianus:  Codex  cum  glossa.   Norimbergae,  Antonius  Koberger, 
1488.     20. 

Hain-Copinger  *g6og. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Lins.) 

440  lustinianus:     Codex   cum   glossa.     Venetiis,  Baptista   de  Tortis, 
1496.     20. 

Hain  *g6ig. 

Wiesbaden  LB:    2  Exemplare,  das  eine  aus  Ltnz. 

441  lustinianus :     Codex    cum    glossa.      Venetiis,    Jacobus    Rubeus, 
1478.     20. 

Hain-Copinger  *g6oi. 
Wiesbaden  LB.      (Aus  Nbtgottes.) 

442  lustinianus:    Digestum  infortiatum  cum  glossa.     Romae,  [typogr. 
apud  S.  Marcum],  1475.     2o. 

Harn  *gs6j.     Proctor  3533. 

Es  fehlt  Bl  2. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Ehrenbreitstein.) 


—     58     — 

443  lustinianus:  Digestum  novum  cum  glossa.  Xorimbergae,  Anton. 
Koberger.  14S3.     2". 

Ha:n-Ccpngfr  "9385. 

Auf  Bl  I  in  baden  Exemplaren  schön  gemalte  Initiale. 

IViesbaaen  LB:    2  Exemplare,  das  eine  aus  Eberbach,  das  andere  aus  Linz. 

444  lustinianus:  Digestum  novum  cum  glossa.  Yenetiis,  Baptista 
de  Tortis,   1494.     2». 

Bl  I  [Uer]  fehlt.  Bl  2  [Signaij]  aa  Text  [rotl:  Domini  lustiniani  sacratissimi  [I  pncipis 
perpetui:  semper  augusti:  |  iuris  enucleati:  ex  omni  veteri  iure  |  coUecti:  digestoru^  seu 
pandecta^  Explicit  über,  xxxviij.  Glosse  [rot]:  C  De  operis  noui  nunciatione.  Rubrica.  '\ 
C  [schwarz]  Sed  cum  septe;  sint  partes  digestoy:  t.  vi.  incipit.  i.  de  bo.  pos.  vij.  i;  Bl  308b 
{am  Schlüsse):  Uenetijs  per  Baptistam  de  tor-ijtis  M.  cccclxxxxiiij.  die  xxiij.  decembris. 
Bl  30ga  Rubricae.     Bl  $ogb  Registrum.      Darunter  das  Druckerzeichen.     Bl  ßio  leer. 

310  Bl  mit  Sign  [a—z,  l,  o,  f,  A—M\  .Vi],  Blattzählung  I—308,  2  Spalten,  Text  in 
grösserer  goth.  Schrift  von  dem  Kommentar  in  kleinerer  umgeben,  letzterer  82  Zeilen. 

Hain  9544. 
Wiesbaden  LB. 

445  lustinianus:  Digestum  novum  cum  glossa.  Venetiis,  Nicolaus 
Jenson,  1477.     2'\ 

Hain  *958i. 

Zu  Beginn  der  einzelnen  Bücher  schön  gemalte  Initialen.    Die  drei  ersten  Blätter  sind  herausgerissen. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Ehrenbreüstein.) 

446  lustinianus:  Digestum  vetus  cum  glossa.  Venetiis,  Nicolaus 
Jenson,  s.  a.     2"^. 

Hain-Copinger  ^9^44. 

Wiesbaden  LB:  2  Exemplare,  das  eine,  in  welchem  zu  Beginn  der  einzelnen  Bücher  schön  gemalte 
Initialen,  aus  Ehrenbreitstein,  das  andere  aus  Notgottes. 


447     lustinianus:    Digestum  vetus  cum  glossa  s.  1.,  t.,  a. 


90 


Bl  I  leer.  Bl  2  a  {Sign  a  i  f,  numer.  if]  Text  {rot\:  In  nomine  a  dni  Jesu  xpi  Im- |perator 
lustiangb:  cesarc.  flauigd;  |  alamanic9 :  gothicus:  francus:  ger-  maniC9:  attic9:  afric9:  van- 
dalicus:  piius«:  felix  f:  inclituss:  victorh;  ac  triü-  phator^^:  sp  august9':  Theophilo  :  || 
dorotheo  viris  illustrib9  :  ancesso;  rib9l'  Salute^l.  ||  [schwarz]  [o)  Mne  totius  reipu  blice  nostre 
sanctio  ne^^  a  nobis  iam  es  se  purgatäa  etc.  Kommentar :  (jN  noie  dni  ame.  impator  dicit 
q:  impat  subditis.  |  etc.  Bl 3/8  [numer.  CCCLXX  viif]  ^  Z  12  Text:  Finis.  ff.  veteris  cü  casib9. 
Kommentar:  Z  12  sam.  accursius.  Darauf  Tabula  titulorum  seu  rubricarum.  ff.  veteris  in 
quo  folio  seu  charta  contineätur.  Dieselbe  endigt  Bl  3f8b  Z  21:  sionibus  :  mora.  cccxlv. 
Dann  folgt  das  Registrum.     Bl  3/9  und  380  leer. 

380  Bl  [a4,  3s  ci,  e\  fi,  g—l\mS,  «— :?4,  rS  s—z^,  :S,  0  4,  <H,  As,  B—H\  /5,  K—Mi, 
N':,  0  3,  F—  7'4,  Vi,  numer.  Bl  2  —3/8],  2  Spalten,  Text  in  grösserer  Schrift  vom  Kommentar  umgeben, 
letzterer  / 4' Zeilen,  goth.  Schrift. 

Weilburg.     {Aus  Limburg.) 

448  lustinianus:  Institutiones  cum  glossa  [Basileae,  NicoL  Kesler], 
s.  a.     2'>. 

Hain  '948/.     Proctor  ^699. 
Limburg. 


—     59     — 

449  lustiuianus:  Institutiones  cum  glossa.   Basileae,  Michael  Wenssler 
1486.     20. 

Hain  *g5l^. 
Limburg.     (Aus  Sayn.) 
Wiesbaden  LB.     [Aus   Lint.) 

450  lustinianus:  Institutiones  cum  glossa.  Venetiis,  Baptista  de 
Tortis,  1495.     2o. 

Hain  *9534. 

Limburg:  In  diesem  Exemplar  passt  die  Beschreibung  Hains  nur  auf  Bl  /ß  «■ /ö^,  Bl  i  und 
3  Stimmt  vielmehr  mii  Hain  *9S3J>  ««'"«  L)ruei  des  Bemardinus  \Stagninus\  iie  Tridino  de  Monie- 
ferrato  v.  1494,  überein.     (Aus  Limburg.) 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Arnstein.) 

451  lustinianus:  Institutiones  cum  glossa.  Venetiis,  Jacobus  Rubeus 
1478.     2^ 

Hain-Copinger  *9ßOß. 

Mit  schönen  Initialen  tu  Anfang  des  2.  3.  und  4.  Buches;  Bl  2  ist  herausgerissen,  wahrscheinluh 
aus  diesem  Grunde. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Ehrenbreiistein.) 

452  lustinianus:  Institutiones  cum  glossa.  Venetiis,  Bernardinus  [Stag- 
ninus]  de  Tridino  de  Monteferrato,  1494.     2°. 

Hain  *9533. 
Wiesbaden  LB. 

453  lustinianus:  Novellae  cum  glossa.  Basileae,  Michael  Wenssler, 
1478.     20. 

Hain  *g625. 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Deutz) 

454  lustinianus:  Novellae  cum  glossa.  Venetiis,  Jacobus  Rubeus^ 
1477.     2<>. 

Hain-Copinger  ^9624. 

Buch   lo — 12  voran  gebunden;   am  Anfang  der   einzelnen  Bücher  schön  gemalte  Initialen;  von 
Buch  10  ab  ist  das  erste  Blatt  wohl  aus  diesem   Grunde  herausgerissen. 
Wiesbaden,     (Aus  Ehrenbreiistein.) 

455  lustinianus:  Novellae  cum  glossa.  Venetiis,  Bernardinus  [Stag- 
ninus]  de  Tridino  de  Monteferrato,  1494.     2o. 

Wiesbaden  LB. 

456  lustinus:  Epitome  historiarum  Trogi  Pompei.  Acc.  Flori  gestorum 
romanorum  epitome.     [Venetiis,  Johannes  Rubeus,  c.  1475.] 

Hain-Copinger  *g6£4.     Praetor  ß/39. 
Wiesbaden  LB. 

457  luvenalis:  Satirae  cum  commentariis  Domitii  Calderini,  Antonii 
Mancinelli,  Georgii  Vallae.   Venetiis,  Johannes  de  Cereto  de  Tridino,  1494.   2'\ 

Hain-Copinger  *9//0. 
Weüburg. 

Kempis  s.  Thomas  a  Kempis, 


—     60     — 

468  Klagspiegel  oder  Xeu  geteutscht  Rechtbuch,  [Moguntiae,  s.  t., 
c.  1480].     20. 

Hain-  Cc'finger  *^/r/.      Procter  i£0  :    Printtr  of  Darmstadt  prognostication. 
Bl  ib  Z  2  stehi:    st  (et  statt  statt,  zvU  Hain  angiebt. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Herbem  HSch.) 

Koelner  s.  Johannes  de  V^anckel. 

459  Lactantius.  Lucius  Coelius  Firraianus:  Opera.  Yenetiis,  Vincentius 
Benalius,  1493.     2«. 

Hain-Copinger  *g8l6. 
Limburg.     {^Aus  Limburg.) 

460  Lactantius,  Lucius  Coelius  Firmianus:  Opera.  Yenetiis,  Simon 
Bevilaqua  Papiensis,  1497.     2". 

Hain-Copinger  *g8l8. 
Wiesbaden  LB. 

Laerius,  Wernenis,  cognomento  Rolevinck  s.  Rolevinck,  Werner. 

461  La  et  US,  Pomponius:  Compendium  historiae  Romanae.  Yenetiis, 
Bernardinus  [de  Yitalibus]  Yenetus,  1499.     4*. 

Hain-Copinger  *gSjO. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Herborn  HSch) 

462  Lambertus  de  Monte:  Copulata  super  tres  libros  Aristotelis  de 
anima.     [Coloniae,  Henricus  Quentell,  c.  1486 j.     2'\ 

Hain-Copinger  *ii§8S-     ~^gl-  VouilUme  ///.     Proctor  1385. 
Umburg.     (Aus  Limburg.) 

Lamsheym  s.  Johannes  de  Lamsheym. 

463  Land  rechtbuch  oder  Schwabenspiegel,     s.  1.,  t.,  a.     2". 

Hain  *g8/l. 

Die  das  Register  enth.  8  ersten  Blätter  sind  im  vorliegenden  Exemplar  ans  Ende  gebunden.  Das 
Werk  enthält  auf  Bl  2,  48,  4g,  5/,  Sg,  6g,  /2,  ^6,  lOJ,  lO^  und  auf  dem  ersten  der  nicht 
numerierten  Blätter  eingedruckte  Holzschnittinitialen. 

Wiesbaden  LB. 

464  Langius,  Rudolphus:    Carmina.    Monasterii  Westfaliae,  Johannes 

Limburgus,  1486.     4^. 

Bl  la  Titel:  Rhodolphi  Langii.  Ca.  Monasterienfa  '|  Carmina  Bl  ib  ()NcIyto  Roperto 
Baioarie  duci  et  sancte  Coloni-  enb  ecciesie  decano.  Sc  corr.mendat  et  felicitatem  \\  dicit. 
Rhodolphus  Langius  Canonicus  Monaste  rienb :  etc.  Datiert  ist  der  Brief:  Ex  Monasterio.  M". 
cccc".  vjo.  et  Ixxxo.  Bl  2b:  ö  Auetor  ad  librum  8  Verse.  Bl  ja:  C  Ad  illustrissimum 
principem  I  Reuerendissimü  patre?  ','  Dnm  Hermannü.  Sancte  Coloniensis  ecclesia  Archi-|| 
antistitem.  Rerum  a  se  fortissime  gestarum  Rhodolphi  |j  langij  Canonici  Monasterienb 
deditiasimi  sibi  clientis  '  Panegyricon.  Carmine  lyrico  |  Sapphico  :  Adonio;  Bl  fb:  C  Ad 
preclarissimü  luuenem  Johannem  Listhigum  Ro  |mam  e  patria  sua  repetentem  Rhodolphi 
Langij  amici  sui  |  pro  fausto  felicicj  itinere  Comprecatio;  ||  Metro  dactylico  Asclepiadeo 
Endecasyllabo  \\  Quarto  Gliconico;  Bl  8b  C  Ad  peram  eidem  Jo.  liathigo  dono  datam  j| 
Distichon;  Bl  ga:  (;Hodolphus  Langius  Salutem.  P.  D.  Conrado  ||  Polman  viro  docto  atcy 
prestantissimo.  etc.  Z  2i :  C  Metrum  Sapphicum  endecasyllabum  quarto  (sententi  'am  explente) 
dimetro  Adonio;  Bl  loa  Z  i^  ^  Diuo  Paulo  electionia  vasi:  ecciesie.  Urbis  Dicionis  || 
nostre  presidi  optimo.  Sanctissimocj  patrono.  Endecasylla  borum  Phaleuciorum  Hymnus; 
Bl  14b  folgt   (in   Geauht   an    Aaolphus   Kiuhius,   Bl   ißb   an   Hinricus    Sivartzburgensis,    Bl  16 a   an 


—     61     — 

Johannti  Listhigm,  Bl  T/ban  Lubbertus  Zedelerus  u,  s.  w.  Bl 36 a  Z  j :  ([  Rho.  Lan.  Ca.  Monaaterienb. 
Carmina  |1  Finiunt;  ||  C  Johannes  Limburgus.  Monasterij  wesfalie  impressit  feliciter  Mo. 
cccc".  Ixxxvio.  II  Julij.  xxix.  !|  Regnante  gloriosissimo  Maximiliano  pio  felice  Augusto;  || 
C  Eiusdem  Rhodolphi  Langij  In  arte?  imprimendi  et  im  pressoris  laudem  epigramma:  quo 
hec  cunctis  et  sculpto  ribus  et  pictoribus  ars:  longe  anteferenda  censetur;  C  Tinxerai  hec 
formis.  sculptores  arte  Johannes  l|  Limburgus  superans:  nee  polyclete  ncgas;  ,|  Hoc 
sibi  pellei  iuuenis  tribuisset  apelles  [  Pictor:  et  ex  auro  qui  dedit  ora  ducis;  j|  Laus  tibi 
et  gloria  Jjsu  christe  bndicte.  optime.  maxime;,  G  Registrum  huius  Ubclli  :  e/c.   BljöbUer. 

j5  Bl  ohne  Signaturen  \i — 2\,  J 3,  4^,  £i\,  18  Zeilen,  goth.  Schnjt,  eine  Schriftgrösse. 

Hain  g8g4. 

Über  diesen  seltenen  und  für  die  Geschichte  des  Münsterischen  Humanismus  wichtigen  Druck 
vgl.  Nordhoff,  I.  B.,  Denkwürdigkeiten  aus  dem  Münsterischen  Humanismus.  Münster  1S/4.  S.  l8ff. 
Wusbaden  LB. 

Lapide  s.  Heylin,  Johannes,  de  Lapide. 
Laude  s.  Oldradus  de  Laude. 

465  Laudivius:  Vita  Hieronymi.  [Romae,  Johannes  Schureuer],  s.  a.  4«. 

Die  Beschreibung  Hains  gg43  genügt.     Proctor  25^^- 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbac/i.) 

Lavacrum  conscientiae  s.  Jacobus  de  Gruytrode. 

466  Leo  Magnus:    Sennones.     [Basileae,  Mich.  Wenssler],  s.  a.     2". 

Hain  *I00I4.     Praetor  ^470. 
l£4  Bl,  das  erste  und  letzte  leer. 
Herborn  HX  J.     {Aus  Limburg^ 

467  Leo  Magnus:  Sermones.  [Coloniae,  Bartholomaeus  de  Unckel, 
1475].     20. 

Bl  r—j,  die  Widmung  des  Herausgebers  y.  Andreas  und  das  Inhaltsverzeichnis  enthaltend,  fehlen. 

Bl  4aa:  Liber  sermonü  sancti  leonis  ||  primi  pape  doctoris  floridissi  mi  ac  eloquen- 
tissimi  incipit  fe|  Heiter:  Sermo  primus  de  ||  ordinatione  sua  i  pontifice:  \[  etc.  Bl  I2ib^  am 
Ende:  Expliciüt  bmoes  leonis  pape. 

124  Bl  ohne  Sign,  2  Spalten,  ^8  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Copinger  H,  I,  3543  ==  Hain  /g4/  II?    Proctor  J138. 

Limburg. 

468  Leonardus  de  Utino:  Sermones  aurei  de  sanctis  per  totum  annum. 
[Coloniae,  Ulricus  Zell],  1473.     2°. 

Hain-Copinger  *i6i28.      Voullieme  /28.     Proctor  88i. 
Herbom.     {Aus  Limburg.) 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schimau.) 

469  Leonardus  de  Utino:  Sermones  quadragesimales  de  legibus. 
Vincentiae,  Stephan  Koblinger  de  Vienna,  1479.     2o. 

Hain-Copinger  16121. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

Libellus  de  modo  confitendi  s.  Modus  confitendi. 

470  Liber  Alexandri  de  proelüs.  [Coloniae,  Arnoldus  ter  Hoemen, 
1473].    40. 

Scheint  übereinzustimmen  mit  dem  von  Copinger  zu  Hain  //8  erwähnten  Exemplar  der  König- 
lichen Bibliothek  zu  Berlin.     Pellechet  445. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

Liebe  Gottes  s.  Büchlein  von  der  Liebe  Gottes. 


—     62     — 

471  Lindelbach.  Michael:    Praecepta  latinitatis.     s.  1..  t,  a.     4o. 

Bl  la  Tuel :  Precepta  latinitatis  ex  .diuems  oratorü  atg  poe-  tarü  codicibus  tracta. 
Bl  ib  bepnnt  dU  Taiula,  zi-dcke  Bl  6b  endi^.  Bl  /a  leer.  Bl yb:  Precepta  latinitatis  ex  diuer- 
sis  oratorum  atcj  poetarum  codicibo  tracta.  ,  p  magistrun>  Michaelem  lindeelbach  ex  ochsen-|| 
fürt  in  vnum  iuxta  donati  ordinem  collecta  In-  cipiunt  foeliciter.  Bl  8a  \Sign  a  ij]  (jVpientes 
studio  sissime  Andrea  tuis  adquiescere  "  Bl  ga  [Si^  a  i  ij]  Z  i8:  Primü  preceptü  de  parti- 
bus  orationis  BlSoa  am  Ende:  Finiunt  tricenta  triginta  octo  latinitatis  pcepta  Edita  p. 
mgrm.  michaele  lindelbach  ex  ochsefurt  ,  conregente  pro  tue  in  almo  vniuersitatis  studio  || 
Tubingensi.     Bl  Aob  leer. 

So  Bl  mit  Sifn  f/j,  3  4,  6 — cj,  d*,  ^— /3,  ^4,  A — i3,  y64,  /j]  jo  Zeilen  goth.  Schrift,  zwei 
Sckrißgrössen. 

IVeilburg.     [Aus  Eherbach.) 

472  Livius,  Titus:  Historiae  romaiiae  decades.  Venetiis,  Philippus 
Pincius  Mantuanus.  1495.     2*^. 

Hain-Copinger  *t0I4I. 
IVeilburg.     {Aus  Hadamar.) 

Lombardus  s.  Petrus  Lombardus. 

473  Lotharius,  postea  Innocentius  III:  Liber  de  miseria  huraanae 
conditionis  seu  de  contemptu  mundi.  [Coloniae,  typogr.  Aiigustini  de  fide, 
c.  1475].     4''. 

Hain-Copinger  *I02II.     Praetor  lOgg. 
Limburg. 

474  Lucianus:  Dialogus,  quomodo  solus  nudus  per  Acheronta  transvebi 
potest.  Acc.  Isidori  synonyma.     [Coloniae,  Henricus  Quentell],  s.  a.     4". 

Hain-Copinger  *102/^.     Praetor  1404. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Amstein.) 

475  Ludolphus  de  Saxonia:  Expositio  Psalmorum.  [Spirae,  Petrus 
Drach,  1491].     2». 

Hain-Copittger  *I0J04.     Praetor  2^8 1.     Das  erste  Blatt  fehlt. 
Limburg.     [Aus  Amstein.) 

476  Ludovicus  Bologninus.  Repetitio  ad  text  1.  naturaliter  §  nihil 
commune  ff.  de  acquir.  possessione.     Bononiae,  Plato  de  Benedictis,  1494.     40. 

Bl  la  leer.  Bl  ib:  Sanctissimo :  Dno  Dno.  N.  Alex.  vj.  Pontifici  Max.  bn  merito  Ludo- 
uicus  Bolognin9  Minimus  inter  alios.  v.  iuris  doctor :  x  eques:  Sacri  palacij  apostoUci 
aduocatus  Consisto-  rialis:  x  Cristianissimi  Francorum  Regis  consiliarius:  iura  duilia  or- 
dinarie  legis  in  vetustis  simo  inclyte  ciuitatis  patrie  sue  Bononie  studio :  premisso  ex  corde 
ad  sacros  eiusdem  pedes  I|  osculo.  x  humili  commendatione.  S.  P.  D.  Bl  2  a  \Sign  aa.f]  a  rot: 
C  Repetitio  solemnis:  totacp  aurea  ad  singu-' larem  tex.  .1.  naturaliter.  S- nihil  comune.  [!]  ff. 
de  acquir.  posses.  in  materia  petitorij:  :  possessorij  \\  x  cumulationis  eorundem  cum  suis 
pertinenti-  bus  :  cöncxis:  Et  cum  nouo  intellectu  ad  istum  j|  text.  x  quäplures  alios  per  .  .  . 
Z  II :  D.  Ludouicum  Bolo-  gninum.  Anno  domini.  M.  cccc.lxxxxiiiij.  Ka-j  lendis  Nouembribus. 
Bl  IIa  [Sign  bbitj]  a  Z  £/:  C  Explicit  repetitio  solemnis  :  tota  aurea  ad  ||  text.  .  .  .  Z  66: 
studio  Dominü  Ludouicü  de  Bologninis  Bo  noniensem.  Anno  Dfii  M.  cccclxxxxiüj.  Bl  iia^ 
folgt  die  Tabula.  Bl  nb^:  C  Sequütur  apostille  illustris  domini  Alexan  dri  de  imola  in  dicto. 
S-  nihil  cömune :  cum  ali-;|quibus  additionibus  etiam  ad  eas  per  dictum  ||  dnm  Ludouicü 
Bologninü  etc.  Bl  J3b^  Z  ii:  in.  xiiij.  col.  de  causa  posse.  ;  proprieta.  i|  FINIS.  Darunter 
das  Druckerzeichen.      Bl  14  [leer]  fehlt. 

14  Bl  mit  Sign  [aa^  bbi],  2  Spalten,  80   Zeilen,  goth.  Schrift,  J  Schrißgrdssen. 

Hain  3449. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 


—     63     — 

477  Ludovicus,  Pontanus:  De  relictis  ad  pia3  causas  etc.  Papiae, 
Christophorus  de  Canibus,  1489.     2». 

Hain  *I32S3,  doch  steht  Bl  iSa^  Z  46  in  diesem  Ex.  richtig  posuU,   60—65  Zeilen. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Herborn  HSch.) 

478  Ludovicus  de  Prussia:  Trilogiura  aniraae.  Norimbergae,  Antonius 
Koberger,  1498.     4o. 

Hain-Copinger  *  10315. 
Limburg.     (Aus  Limburg.) 

Lumen  animae  s.  Farinator,  Matthias. 

479    Magister,  Johannes:  Dicta  s,  glossulae  circa  summulas  Petri  Hispaui. 
(Heidelbergae),  Fridericus  Misch,  (1490).     2«. 

ßl  la  Titel:  DIcta  circa  sümulas  ||  magistri  pe.  his.  inge>[  niosissimi  viri  rngri  Jo-!| 
hannis  mgri;  introducto  ria  in  doctrinä  doctoris  !  subtili3.  Bi  ib  Z  i :  Frater  pauloa  scrip- 
toris  ordis  minoy  Friderico  Misch  impressorie  artis  sagacissimo  arti  fici.  Salutem  plurimam 
dicit  etc.  Z  38 :  ...  Uale  optime  heros.  curacj  «j  P-;!niü  tradere  qd*  tä  auide  remorat.  Date 
Moguntie  ipso  festo  circücisiöis  dni.  Anno  1490.  Bl  2a  [Sign  Aj]  a  Z  i :  Dicta  circa  sümulas 
magistri  petri  hijspa  ni  igeniosissimi  viri  magistri  Johänis  ma  gistri  sacre  theologie  bacca- 
laurei  formati:  |j  ac  vtriuscp  iuris  doctoris  consultissimi:  n^  nö  Serenissimi  francoy  regia  in 
sua  süma  curia  ||  parlamenti  consiliarii  sapientissimi.  Bl  J4  u.  51  leer.  Bl  I22b^  Z  35: 
Et  hc  d    exponibilibus  dicta  sufficiant. 

123  Bl  mit  Sign  [Titelbl.,  Ai,  B—F,  A—Ri\,  2  Spalten,  $4  Zeilen,  goth.  Schrift.  Die  Anfangs- 
teilen  in  grösserer  Schrft. 

Bl  88  bis  gs  fehlen. 

vgl.  Hain  10  456. 

Limburg.     (Aus  Limburg.) 

480  Magui,  Jacobus,  de  Parisiis:  Sophologium.  [Argentinae,  typogr. 
singularis  R],  s.  a.     2*^. 

Hain-Copinger  *I0  4/I.     Praetor  2 40. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Ehrenbreitstein.) 

481  Mahomet  II:  Magni  Turci  epistolae.  Daventriae,  Rieh.  Pafraet, 
1490.    40. 

Hain-Copinger  10508.      Campbell  iigi. 
Wiesbaden  LB. 

482  Maldura,  Petrus  Ludovicus:  In  vitam  S.  Rochi.  [Moguntiae, 
Petrus  de  Friedberg,  1495].     4o. 

Hain-Copinger  *I054^-     Praetor  ig2. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg) 

Mammotrectrus  s.  Marchesini,  Joh. 

483  Maneken,  Carolus:  Epistolarum  formulae.  [Argentinae,  Martinus 
Schott],  1490.    40. 

Hain-Copinger  *lo6/4.     Praetor  402. 

Das  Werk  hat  im  Ganzen  90  El,  6  nicht  numerierte  und  84  [/-A',  Xn-LXXXV\  numenerle 

Blätter. 

Wiesbaden  LB.    {Aus  Marienstali.) 


—     64     — 

484:  Maneken,  Carolus:  Epistolarura  formulae.  Lovanii,  Johannes  de 
Westfalia,  s.  a.    4'^. 

El  I  enthält  fine  rctgidruckte  W.U.  Bl  2a  \Sign  j^]  Continet  iste  libellus  epistolares 
quasdä  formulas  J  iudicio  cöponetis  pueroy  captui  n5  absimiles/  Quas  correctoria  vocät/ 
Easdemq;  extractas  ex  maioy  litte'  rarü  missiuay  collectorio/  scolarib9  louanii  in  pedago  gio 
lilii  lectarü  etc.  Bl  ga  \Sign  b\  Z  i:  curia  nutrit/  :  satis  nosti  äf  müdas  manus  gestare  de  || 
eti.  Bl  III3.  am  Ende:  Expliciunt  quedä  epistole  quas  correctoria  vocant  lecte  Louanii  i 
pedagogio  lilii  per  Magistrum  karolü  ,  Viruli  Impressecf  ibide  per  me  Joanne  de  westfalia. 
Bl  III  b  u.   112  leer 

112  Bl  mit  Sipt  \a — tM],  jr  Zeilen,  gcth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Hain  lO  6§g  ?  Jedenfalls  ist  der  ~jon  Campbell  Suppl.  4  No  1204  beschriebene  und  von  Ci}pinger 
mit  dem  bei  Hain  identificierte  Druck  ein  anderer. 
Weüburg.     {Aus  Amstein.) 

485  Marchesini,  Job.:  Mammotrectus  super  bibliam.  [Argentinae, 
Georg.  Husner,  c.  1473?] 

Hain-Copinger  *iO^£l. 

Limburg.     [Aus  Schönau.) 

Wiesbden  LB.     {Aus  Notgoties,  vorher  in  yokannisberg.) 

486  Marchesini.  Joh.:  Mammotrectus  super  bibliam.  Coloniae,  Johann. 
Koelhoff  de  Lübeck.  1479.     2\ 

Bl  I  leer.  Bl  2a  \Sign  a^\  a.:  Incipit  prefatio  in  mammetractü.  1]  ijMnium  scriptonim  || 
veterü  vsc^  in  nos  celebris  est  et  nota  j  traductio  vt  suis  c-[  ditionibp  qsdam  p  logos  seu 
prefatio-  nes  pmitteret,  qb9  lecto^  suoy  ani  imos  etc.  Bl  2b  und  jaa  enthält  den  ordo  libri. 
Bl  $a  [Sign  J  3]  ß  beginnt  das  Prooemium  Bl /aa  Z  jj  der  Text:  Super  genesim  ;{  f)N  principio 
creauit  deus  celum  et  ']  terra  etc.  Bl  20oaa:  Liber  dictg  Mammetractus  reli  jgiosi  pris 
fratris  Murachismi  de  sa  cro  ordine  minorü  deuotissimi  Per  |  me  Johanne  Koelhoff  ciuem 
Co-  lonie  diljgenter  correctü  ac  impres  sum  feliciter  explicit.  Anno  dni  M.|  cccclxxix.  in 
vigilia  sancti  Seuerini  j  archipresulis  Coloniensis. 

200  Bl  mit  Sign  \a—z,  r  o  4],  2  Spalten,  jg  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Hain  10560. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

487  Marchesini,  Job.:    Mammotrectus  super  bibliam.     s.  1.,  t.,  a.     4o. 

Bl  I  leer.  Bl  2a  \Sign  A'»\  a  Z  i:  Incipit  vocabularius  in  Ma  motrectü  scd'5  ordine 
alphabeti  '  etc.  Bl  26 a'^  schliesst  der  Vocabularius.  Bl  26b  leer.  Bl  2^a  {Sign  a]  a  Z  i: 
Prologus  autor/  i  mamotrectü.  ||  (Mpatiens  proprie  ;|  imperitie  ac  ruditati  jl  cöpatiens 
pauperü  i|  etc.  Bl  2£/a^  Z  30:  Expliciüt  expositiöes  :  correcti-i  ones  vocabuloy  libri  qui 
dicit'  II  Mamotrect9  tä  biblie  9  aliorü  \\  plurimoy  libroy.  Bl  2£/ba  Z  i:  Incipit  tabula  libro<< 
:  alioi«  quoy  expositiöes  et  correctiöes  (|  vocabuloi«  i  psenti  libro  otinet.  Bl  258 a%  Z 36 : 
Explicicit  tabula. 

258   Bl  mit  Sign    [A,   B\,    Cl,    a—s,   t,   v,  x,  y,  l—/^]  2  Spalten,    3/  Zeilen,  goth.  Schrift, 

3  Schrißgrössen. 

Bl  2§8b  ist  bedruckt.  Diese  Seite,  -velche  beginnt:  maturitate  venire  matr]  scindüt  bis 
participiü.  Nisibus.  me.  cor.  id  e  gehört  jedoch  in  den  vorhergehenden  Zusammenhang  und  ist  nur 
infolge  falscher  Anordnung  des  Satzes  ans  Ende  gekommen. 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 

Maria  s.  Paulus  de  S.  Maria. 

488  Martialis:  Epigrammata  cum  coramentariis  Domitii  Calderini  et 
Georgii  Merulae.     Venetiis,  [Christophorus  de  Pensis],  1495.     2o, 

Hain-Copinger  *io824.     Praetor  5233. 
Weilburg. 


—     05     — 

489  Martinas  Polonus:    Serraones  de  tempore  et  de  sanctis.     Argen- 
tinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1484.     2". 

Hain  *  10854.     Praetor  5g  [. 

Im  vorliegenden  Exemplar  fehlt  Bl  i. 

Wiesbaden  LB. 

490  Martinas    Polonus:     Margarita    decreti    sea    tabula    Martiniana. 
Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1489.     2*^. 

Hain-Copinger  *  10845.     Praetor  650. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Deutz.) 

491  Martinas    Polonus:     Margarita    decreti    seu    tabula    Martiniana. 
[Spirae,  Petras  Drach],  s.  a.     2^. 

Hain-Copinger  ^10838.      Praetor  2358. 

Wiesbaden  LB:    2  Exemplare,  das  eine  aus  Eberback,  das  andere  aus  Linz. 

492  Martyrologium,  Viola Sanctoraminscriptura.  Argentinae,  Johannes 
Pryss,  1487.     4». 

Hain-  Copinger  *  lO  8/0. 
Weilburg. 

493  Matheolus  Perusinus:    Tractatus    de   memoria.     [Argent.,    Henr. 
Knoblochtzer,  1475]. 

Copinger  //,  /,  3912.     Praetor  385. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 

494  Matthaeus    de   Cracovia:    Tractatus   rationis    et   conscientiae  de 
frequenti  usu  Communionis.     [Moguntiae,  Job.  Gutenberg],  s.  a.    4^. 

Hain  *58oj.     Praetor  14/:    Printer  0/  Catholicon. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Mayno,  Jason  de  s.  Jason. 

495  M eckenloche r,  Fridericus,   de    Wendelstein:    Casus   in  terminis 
sexti  decretalium.     Argentinae,  Martinas  Flach,  1490.    2o. 

Hain-  Copinger  *io  g8j. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Arnstein.) 

Mediavilla  s.  Richardus  de  Mediavilla. 

496  Meffret:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis.   [ßasileae,  Nicolaus 
Kesler,  i486]. 

Hain-Copinger  *ioggg.     Praetor  7656. 
Limburg:    Bd  i.  \     ,  ^       r-^        \ 

Wiesbaden  LB:    Bd  3.   )     (^«^  ^^«^^O 

497  Meffret:     Sermones    de    tempore    et    de    sanctis.      Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1487.     3  Bde     2o. 

Hain- Copinger  *IT  004. 
Limburg.     [Aus  Rommersdorf.) 

498  Melber,  Johannes,  de  Geroltzhoffen:    Vocabularius  praedicantium 
s.  Yariloriuus.     [Argentinae,  Henricus  Knoblochtzer],  1482.    4^ 

Hain  *ii038.     Praetor  3/0. 
Limburg.     [Aus  Sayn.) 


—     (^S     — 

499  Melber,  Johannes,  de  Geroltzhoffen:  Vocabularius  praedicantium 
s.  Variloquus.    Argentinae,  Johannes  Kuoblouch,  s.  a.     4*^. 

Bi  la  Titel:  UOcabularius  1  Prcdicantium.  Darunter  Hexastichon  ad  lectorem. 
Bl  ib  leer.  El  2a  [Si^  aij]  Z  /:  C  Vocabularius  dictus  Variloquus.  qui  verbü  poliscmon  |) 
ac  sequiuocum  lingua  Germanica  multifariam  exponit  predicantibus  vtilissimus.  Per  Joannem 
Melberium  Ger-  oltzhoffien.  ex  sermonibus  auditis  &  scriptis  sub  Judoco  Eychmino  [!]  de 
Kalb  egregio  doctore/  famigeratissimiqi  ver-  bi  dei  pclamatore  collectus  Heidelbergij. 
Sequitur.  ,  A  ANTE  B.  £1  ii6a  Z  jj;  lium  animaliü  sortitur.  |  Hunc  nuper  librum  Knob- 
louchus  rite  premebat  \   Cuius  apud  Tribotes  calchographia  viget. 

Il6  Bl  mit  Sign  \a — e,  h  k  m — o,  / — /,  x — s  X^,  / i  l p  v^\  j6  Zeilen,  goth.  und  röm.  Schrift, 
du  An/jn^irJen  in  grösserer  Schrift. 

Limburg. 

500  Melber,  Johannes,  de  Geroltzhoffen:  Vocabularius  praedicantium 
s.  Varilo«iuus.     s.  1.,  t.,  a.    4^. 

Hain  *iiOJJ. 

Limburg:    3  Exemplare,  davcm  das  eine  aus  Limburg. 

501  Mensa  philosophica.     [Coloniae,  Joh.  Guldenschaff,  1485].     4^ 

Hain-Copinger  "iio/ß.     Prodor  122g. 
Wttsbcuien  LB.     [Aus  Eberbach.) 

Mensch,  sterbender  s.  Sterbebüclilein. 

502  Michael  de  Carchano  Mediolanensis:  Sermonarium  triplicatum  per 
adventum  et  per  duas  quadragesimas.     Basileae,  Michael  Wenssler,  1479.    2*^. 

Hain-Ccpinger  *4£og. 
Limburg.     (Aus  Limburg^ 
Wiesbaden  LB. 

503  Michael  de  Ungaria:  Sermones  praedicabiles  per  totum  annum, 
licet  breves,  s.  sermones  tredecim  universales.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de 
Quedlinburg  a.  1483],  1487.     4». 

Hain-Copinger  *go46.     Praetor  6lO. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

504  Michael  de  Ungaria:  Sermones  praedicabiles  per  totum  annum 
licet  breves  s.  sermones  tredecim  universales.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de 
Quedlinburg  a.  1483],  1490.    4». 

Hain-Copinger  *g04/.     Praetor  62J. 
Limburg:    2  Exemplare. 

505  Milis,  Johannes,  de  Verona:  Repertorium  utriusque  iuris.  (Coloniae), 
Nicolaus  Götz  de  Sletzstat,  1475.     2o. 

Hain-Copinger  *ili^J. 
Limburg.      (Aus  Sayn.) 

.506     Mirabilia  Romae.     [Romae,  Adamus  Rot],  s.a.     4". 

Bl  la  Z  i:  Mirabilia  Rome  Incipiunt.    j  Murus  ciuitatis  Rome  habet  trecentas  Sexa-|| 
ginta  et  unam  turres.     Bl  6b  Z  28:    Mirabilia  Rome  finiunt. 
6  Bl  ohne  Sign,  JO   Zeilen,  Antigua, 
Hain  III/5. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 


—     67     — 

507  Missae  familiäres  secunJum  usum  ordinis  Praemonstratensis. 
s.  l,  t.,  a.     8">. 

Bl  i>i  \Sii;n  ä]  a;  <I  {rot)  Sequunt'  alique  misse  fa-|;miliares  abbreuiate  bm  vsu;  |( 
Premonstraten.  ordinis.  Et  !;  primo  de  sctö  spü.  Introitus.  [schwarz)  SPiritus  dni  icple  uit 
orbem  terrarü  jj  eU.    Bl  gb  Holzschnitt:  Jesus  am  Krtuz.    Bl  /6b  a  Z  g:  minü  nostrü  iesum  xpm, 

l6  Bl  [Si^  a,  e^\  2  Spalten,  J/  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schri/tgröise.    Eingedruckte  Initialen. 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 

508  Missale  ordinis  sancti  BeneJicti.   Spirae,  Petrus  Drach,  1498,   2». 

Bl  la  Titel:  [rot]  Missale  ordinis  ||  sancti  Benedicti.  /;/  ib  leer.  Bl  2  a  Holzschnitt  Jen 
h.  Benedictus  darstellend  mit  der  Inschrift:  Sanctus  Benedictus.  Bl  2b:  Emendatores  huius  libri 
missalis  (|  lectoribus  vniuersis  salutem.  Bl  j—8  Calendarium.  Bl  ga  [Sign  a  u.  numer.  /] 
o.-  [rol]  Ordo  missalis  secundum  ||  ritum  et  consuetudinem  orjjdinis  diui  patris  Benedi[  cti.  || 
Dnica  prima  aduetus  dni  i|  A  [Holzschnittinitiale  rot ;  dann  schwarz\  D  te  le-  uaui  ani  mä  meä  ''  üeo 
me-||us  in  te  ||  con|  fido  non  eru||bescam.  äc.  Bl i£2a  [numer.  cxliiij\  ß  Z 30  \rot\:  introitus  misse. 
Bl  i/ja  [Sign  t,  num.  cxlv\  a:  [rot\  Sequitur  ordo  missarum  |j  votiualiü  etc.  Bl  2gj  [num. 
cclxiiij]  b^:  Cösummatü  est  hoc  opus  j|  missalis  sedin  morem  et  cö 'suetudinem  ordinis  sancti  j| 
Benedicti  per  honestü  vi-j|rum  Petrü  drach  ciue  et  se-  natore  insignis  ciuitatis  ,[  spirensis. 
Anno  dni.  M.  I|  ccccxcviij.  iij.  kl.  augusti.  ex-'  emplari  iterum  emendato  "  et  in  cöpluribus 
locis  dili-  gentissime  castigato  per  so]|lennem  virum  eiusdem  orljdinis.  Darunter  das  Drucker- 
zeichen. Bl  2g4  leer.  Bl  2g£aa.  [rot]:  Sequuntur  informatiöes  ,,  et  cautele  obseruäde  psbyte  ro 
voleti  diuina  celebrare. 

2gS  Bl  [mit  Sign  u.  Blattzählung  {cclvij  doppelt  gezählt)]  2  Spalten,  J2  und  1/  Zeilen,  Missaltype, 
drei  Schriftgrössen. 

Hain-  Copinger  112/ 4. 
Limburg. 

509  Modus  confitendi  et  poenitendi.  Coloniae,  Johannes  Koelhoff, 
1489.     40. 

Copinger  II,  i,  Mo  4303.      Voullieme  No  800. 
Limburg.     [Aus  Notgottes.) 

510  Modus  confitendi  et  poenitendi.  Coloniae,  Henricus  Quentell, 
1491.     4". 

Hain- Copinger  */J/S9- 
Wiesbaden  LB. 

511  Modus  confitendi  et  poenitendi.  [Daventriae,  Jac.  de  Breda,  c. 
1498/99].     40. 

Copinger  II,  i,  42g8.     Campbell  1146. 

Unter   dem    Titel  ist   der   Holzschnitt:   i  h  S    umgeben    von  den  Symbolen  der  vier  Evangelisten. 
Bl  2a  Z  4:    pnia?  agas  .i.  velociter  p  qn  ||  etc. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

512  Modus  legendi  abbreviaturas  in  utroque  iure.  [Coloniae,  Nie.  Götz 
ca.  1475].     20. 

Bl  laa  Z  1:  Incipit  libellus  dans  modum  ||  legendi  abbreuiaturas  in  vtro  qi  iure  :c. 
()Via  ppo-,  sterus  est  j  ordo  pri9  n  hüana  pe,  tere  subsi,  dia  vt  il- :lis  deficie  tib9  diui  ni 
fauoris  gratia  postulet.  vt  d'  j|  etc.  Bl  40a^  ^33'  Explicit  Registrü  ordis  siue  ;,  pcessus 
iudiciarij  in  q  facilit'  in'luenies  quälibet  materiam  eunde  ||  pcessü  ocernente  cuj  aliquibus  \\ 
formis  in  marginibo  annotatis.     Bl  40b  leer. 

40  Bl  ohne  Sign,  2  Spalten  mit  38  Zeilen,  goth.  Schrift. 

Limburg,     [Aus  Amstein.) 

5' 


—     68     — 

513  Modus  legendi  ubbreviaturas  in  utroque  iure.  Aco,  processus  iudi- 
ciarius  Johaunis  de  rrbach  una  cum  Domiuici  de  Viseutia  de  notariis  archiepis- 
coporum  et  episcoporuiu,  tractatu  praescriptionum  a  Dyuo  de  Mugilo,  tractatu 
de  arbitrio  a  Petro  Jacobo  Montipessulano,  differentiis  legum  et  canouum  a 
Galuano  de  Bononia,  tractatu  de  tabellioiiibus  Bartoli.  Spirae,  Petrus  Drach, 
[c.  1475].     40  (auch  die  letzte  Lage,  die  bei  Hain  als  2t>  bezeichnet  wird.) 

Bl  ja  Uer.  Bl  ib  Z  i:  [  ]Ite  in  expeditü  agilem  doctücj  practice  iuridice  executore  || 
iuvat  euadere:  etc.  Am  Schlüsse  der  Vcrrede :  Viue  vale  lector  feliciter.  arripe  pulcrum.  || 
Quod  tibi  spirensis  Drach  petrus  edit  opus.  Bl  2aa  Z  i:  Incipit  libcllus  das  ,i  modü  legedi 
abbreui  aturaa  in  vtrocj  iure.  Bl  j/ aa  Z  i:  Incipit  processus  ,,  iudiciarius  eximij  do- jctoris 
iuris  canonici  |  Johannis  de  vrbach.  Bl  950a  Z  1:  Incipit  tractatus  ,  presumptionü 
Bl  p/JQ  Z  i:  Incipit  summa  magi  stri  dominici  de  ciuita,  te  visentia  qualiter  no  ,tarij 
archiepiscoporü  et  episcoporum  debe  jant  notarie  officiü  ex-j  ercere.  Bl  ii4af>  Z  i :  Incipit 
tractatus  no-  tariatus.  Bl  igoaa  Z  i :  Incipit  tractatus  pscriptionü  ||  cöpositus  p  dominü 
dynü  de  mugi-  lo  legü  doctorem.  Bl  ig^aa  Z  //.•  Tractatus  breuis  de  arbitris  et  arbitra- 
to- ribus  incipit.  Bl  ig/a^  Z  26:  Explicit  tractatus  domini  Petri  iacobi  doctoris  legum 
montepesse  lano.  Incipiunt  differentie  legum  z  ,|  canonü  dni  Galnani  [!j  de  bononia. 
Bl  20ia^  Z  11:  Incipit  trctatus  de  taj  bellionibus  per  dnm  |;  bartoluj  compilatus.  Bl  2o6a^ 
Z  10:    Finit  tractatus  de  tabellionibo. 

206  Bl  ohne  Sign  [2j  Lagen:  i,  11^,  2—10,  12  24^,  2^ i]  2  Spalten,  42  ZrUen,  goth.  Schrift, 
2  Schnftgrössen. 

Hain  II 462. 

Wusbaden  LB.     (Aus  £ier6acA.) 

Molitor,  Johannes  s.  Antoninus  Florentinus:    Summa  theologica. 

514  Molitor,  Ulricus:  Tractatus  de  lamiis  et  pythonicis  mulieribus. 
Coloniae,  Cornelius  de  Zürichsee,  [149.].     4*>. 

Copinger  II,  i,  4340- 

Bl  la  u.  23  b  enthalten  Hohschniite. 

Wusbadm  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 

Monte  8.  Lambertus  de  Monte. 
Monte  s.  Petrus  de  Monte. 
Montepicino,  Paulus  de,  s.  Paulus. 

515  Mundinus:    Anatomia.     [Lipsiae,  Martinus  Landsberg],  s.a.     4", 

Ilain  *ii6s3-      ProUor  2gg4. 

Bl  I  fehlt  im  vorliegenden  Exemplar. 

Wiesbaden  LB. 

516  Niavis,  Paulus:  Dialogus  parvuLis  scholaribus  ad  latinum  idioma 
perutilissimus.     s.  1.,  t.,  a.     4'*. 

Hain  *li/02. 
Wiesbaden  LB. 

517  Nico  laus  de  Ausmo:  Supplementum  sumraae  Pisanellae.  Acc. 
canones  poenitentiales  fratris  Astensis.  Coloniae,  Conrad,  de  Homborch,  1479.  2^. 

Hain- Copinger  2160.     Pellechet  1634. 

Herborn    V  VI  8.    {Aus  Deutz.) 

Limburg.     {Aus  Sayn.) 

Wiesbaden  LB:    In  diesem  Exemplar  fehlen  2  Bl  am  Anfang. 


—     69     — 

518  Nicolaus  de  Ausmo:  Supplementum  summae  Pisanellae.  Norim- 
bergae.  Georgius  Stuchs,  1488.     4», 

Hain-Cijpinger  ''2168.     Pellecket  1641. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Amstein.) 

519  Nicolaus  de  Blony:  De  sacramentis  et  de  divinis  officiis  eorumque 
administrationibus.     Argentinae,  [Martinus  Flach],  1488. 

Hain-Copinger  *325S.     Procter  6/6. 

In  Jiesem  Exemplar  steht  Bl  i  im    Titel  Sacerdotalis  nicht  ~vie  bei  Hain  scerdotalis. 

Limburg. 

520  Nicolaus  de  Blony:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis,  Viri- 
darius  nuncupati.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  148:3], 
1494-95.     2<\ 

Hain-Copinger  ^3262.     Proäor  636. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  SckÖnau.) 

521  Nicolaus  de  Lyra:  Postilla  super  bibliara  cum  additionibus  Pauli 
Burgensis  et  correctoriis  editis  a  Mattliia  Doringk.  Argentinae,  [typogr. 
Henrici  Ariminensis],  s.  a.     3  Bde     2'\ 

Hain  *J036/.     Praetor  J2^. 

Wiesbaden  LB :  Ein  Band  Psalierium,  Proverbia,  Ecclesiastes,  Canlica  Canticorum,  libri  sapientiae, 
Ecclesiasticus  enthaltend.     {Aus  Schönau.) 
Ausserdem  Bd  3.     [Aus  Deutz.) 

522  Nicolaus  de  Lyra:  Postilla  in  universa  biblia  cum  expositionibus 
(xuil.  Britonis  et  additionibus  Pauli  Burgensis  et  correctoriis  editis  a  Matthia 
Doringk.     [Coloniae,  Ulr.  Zell,  c.  1485.]     4  Bde     2». 

Hain-Copinger  ^1036 8.      Voullihne  825. 

Limburg:    nur  Bd  2,     {Ans  Deutz.) 

Wiesbaden  LB:    nur  Bd  J  und  Bd  4  von  Bl  268  {epist.  Pauli)  ab  bis  Schluss. 

523  Nicolaus  de  L}Ta:  Postilla  super  bibliam  cum  additionibus  Pauli 

Burgensis   et  correctoriis  editis  a  Matthia  Doringk.     Norimbergae,  Antonius 

Koberger,  1481.     3  Bde     2'>. 

Hain  */036g. 

Am  Ende  fehlt  ein  Bl. 

Wiesbaden   G:    nur  Bd  2.     L  2IO.     {Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.) 

524  Nicolaus  de  Lyra:  Postilla  super  quattuor  evangelistas.  s.  1.,  t..  a.  2". 

Bl  la  Titel:  Postilla  magistri  Nicolai  ||  de  Lira  ordinis  fratrü  mi-  |nov.  super  quatuor 
euigej;listas.  Bl  ib  leer.  Bl  2 a  \Sign  a  ij]  a:  Postilla  mgTi  Nicolay  de  Lira  [  ordinis 
fratrü  minorü  sup  qua[|tuor  Euangelistas  incipit.  [i  [JVatuor  facies  vni.  Ezech.  p°  Scdm 
qd'  scribit  be.  greg.  sup  ezec^.  i|  etc.  Bl  226 b^  Z  2/:  sancto  viuita  regnat  in  scl'a  sclorum  || 
Arne.  |]  Explicit  postilla  sup  Johane. 

226  Bl  mit  Sign  [aS,  b—z,  ^—£4],  2  Spalten,   33  Zeilen,  goth.  Schriß,  2  Schri/igrössm. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

525  Nicolaus  de  Lyra:  Postilla  super  epistolas  Pauli,  actus  Aposto- 
lorum,  epistolas  Canonicales  et  Apocalipsin.     s.  1. 1.  a.     2*^. 

Bl  la  [Sign  a  j\  a:  Incipit  phemiü  fris  Nicolay  de  ly- ira  ordis  fraty  minov  i  eplas 
pauli.  |i   []Cce  descripsi  eam  ti  bi  tripliciter.  tc.    ,  Prouerbioy.  xxij.  Qd'    ,  verbü  de  sapietie 


—     70     — 

descp  tione  d'r.  etc.  PI  i66aa:  Postilla  sup  Actus  apl'o^f  fratris  Nicolai  de  lira  ordis  minoy 
incipit.  <r/i-.  B/  20S<^CL  Z  iß:  Incipit  postilla  sup  eplas  canoni-I  cales  etc.  Bl  2^4bo.  Z  4^: 
Postilla  fratris  Nicolai  de  lira  sup  Apocalipsim  incipit  |!  ttc.  Bl  2/jd^  am  Ende  Postilla 
venerabilis  ;  magnifici  dni  ,  Nicolai  de  Lira  :  ordinis  fratrü  mino  rü  sup  Apocalipsim  finit 
feliciter   •:•   Bl  2^4  fehlt. 

2/4  Bl  mit  Si^  [a — :,  A — A'4,  Li]  2  Spalten,  5J   Zeilen,  golh.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Dieselbe  Type  wie  in  No  524. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Marienstatt.) 

526  Nicolaus  de  Lyra:  Praeceptorium  seu  expositio  in  decalogum 
cum   aliis   tractatibus.     Coloiiiae,  Hermannus  Bungart  de  Ketwich,    1497.     8^. 

Bl  la  Täel:  Preceptoriü  Nicol.  de  Lyra  siue  Expositio  tripharia  brel'uis  et  putil  in 
decalogü  leg]  diuine:  C  De  articulis  fidei:  De  septem  peccatis  mortalibus.  j  C  De  tri- 
plici  modo  peccandi  in  deü.  ||  De  operibus  misericordie.  j  C  De  decimis  dandis :  1|  Intro- 
gatöes  facied'  ifirmo  morieti.  De  natiuitate  vita  ;  morte  antixpi.  \  C  De  fine  müdi  Et 
extremo  iuditio.  De  passione  Jhesu  cristi.  ;  C  De  planctu  beate  Marie  virginis,  j  Collo- 
quiü  pctöris  :  crucifixi  Jhesu.  Dyalogus  de  homine  et  ratione  :c  Bl  ib  |  Anthonij  liberi 
Susatensis  in  lau  dem  inclite  Colonoy  vrbis  Epygrä[|ma  feliciter  incipit.  Folgen  10  Distichen. 
Bl  2a  \Sign  A  2]  Z  /:  C  Venerabilis  fratris  Nicolai  de  Ly  ra  ordinis  seraphici  Francisci. 
preceptoriü  siue  ex-' positio  tripharia  breuis  ;  vtilis  in  decalogü  legis  diuine  Incipit 
feliciter.  Bl  88a  Z  25.-  C  Explicit  pceptoriü  vene.  Nicolay  de  lira  cum  alijs  qbusdä 
certis  tractat'  putiliba.  pdicätibo  ,  necnö  ofessioes  audietibo  ml' tu  3uenies  Impssü  j  Colonie 
p  me  Hermänuj  bügart  de  Ketwych  Ibide  sup  antiquü  forü  moräte.  t;o  dem  Wilde  |  mäne 
Anno  diii.  1497.  meb  Augusti.  Bl  88 b  leer.  Bl  8g  a  \Sign  P i\  Z  i:  C  Anselmi  deuotissimi 
de  passiöe  Je  su  christi  querentis.  :  gloriosissime  |i  Marie  virginis  respondentis  dyaloj  gus 
incipit  feliciter.  Bl  g6a  Z  20:  C  Finis  dyalogi  beati  Anselmi  de  passione  Jesu  |  Christi 
I  beate  Marie  virginis.  Bl  g6b  leer.  Bl  97  \^Sign  Qi\  Z  i:  C  Tractatus  beati  Bernardi  de 
plä  ctu  beate  Marie  virginis.  Bl  102a:  Explicit  tractatus  beati  Bernardi  de  planctu  beate 
Marie  virginis.  Bl  102b  Z  i:  De  imagine  saluatoris.  ^j  Folgen  drei  Distichen.  Darauf:  C  Incipit 
colloquiü  peccatoris  :  cru  cifixi  Jesu  Christi.  Bl  iiob  Z  2g:  C  Explicit  dyalogus  crucifixi 
siue  Colloquium  |  peccatoris  :  crucifixi  Jesu  Christi.  Bl  iiia  [Sign  S j\  Z  i:  C  Dyalogus 
siue  sinonima  ysidori  \\  de  homine  ;  ratione:  PI  122a:  C  Explicit  dyalogus  ysidori  de  homine 
:  r5ne  vna  cü  passione  christi.  :  planctu  Marie.  Necnö  cü  colloquio.  :c:  Impressum 
Colonie.  supra  an-  tiquü  foy.  pprie  t;o  dem  Wildeman.  in  opposito  1,  sancti  Martini  maioris. 
Per  Hermannü  Bü-  gart  de  Ketwich  Anno  dni.  M.  cccc.  xcvij.  In  ;  profesto  Mathei  Euan- 
geliste.     PI  122  b  leer. 

132  Bl  mit  Sign  [A-~C^,  D^,  £4,  F^,  Gs,  H\  /4,  A'^,  L^,  .1/4,  A— C)-%  P—Q^,  R'-,  S\ 
T\\,  JO   Zeilen,  goth.  Schrift,  j  Schriftgrössen. 

Hain  10406. 
Limburg. 

527  Xicolaus  de  Orbellis:  Compendium  copulatum  ex  dictis  Scoti. 
ßasileae,  Michael  Furter,  U94     4o. 

Der  erste  Teil  des  Werkes  ist  Hain-Copinger  *  12044,  <f'*'  -'veite  7ind  dritte  Teil  Hain- Copinger  5864. 

Hain  *I2044  hat  /2  Bl,  das  letzte  leer.  Das  Werk  ist  zwar  auch  in  dem  vorliegenden  Exemplar 
infolge  des  Teiltitels  in  zwei  Bänden  gehenden,  die  Zusammengehörigkeit  beider  Teile  ergiebt  sich  aber  aus 
dem  Inhalt  von    Tl  2,  s.  Bl  14  und  1^8. 

PI  7ja  Titel:  Cursus  librorum  philosophie  natura-  lis  bm  viam  doctoris  subtilis  Scoti. 
Bl  /4a  [Sign  aij]a:  (jXpedita  prima  pte.  ,  principali  huius  tractatus  j!  scj  d  scientia  mathe- 
matica:  ||  videndü  e  consequenter  de  ,  secunda:  sc^  de  phisica:  siue  |'  de  naturali  phia  ^/r. 
Bl  iijh^  Schlüssen  di<!  Phisica.  Sequit'  primus  li-  ber  de  celo  et  mdb.  Bl  118 a^  Z  2g:  Finit(y 
über  de  celo  et  müdo.  De  ter,  tio  aule  et  quarto  libris  agitur  de  ele|jmentis:  nihil  ad  pns 
d'  ipis.  satis  em  dicetur  in  sequentibus.  1,  Sequitur  librr  de  gene-  ratione  et  corruptione. 
Bl  I2ib^   Z  24:    Explicit   secundus    über   de  |    generatione    et   corruptöne.    |  Incipit  primus 


—     71     — 

metherorü.  I|  etc.  Bl  /j/aß  Z  20:  Incipit  über  de  anima.  I.  ||  etc.  Bl  ijSifi:  Explicit  über 
d'  anima  |;  i  per  cösequens  tota  '|  philosophia  naturalis  |  que  est  secünda  pars  hu  ius  cö- 
pendij  copulati  ||  ex  dictis  scoti  doc.  sub-  tilissimi.  Bl  ijpaa:  ()Xpedita  secunda  1  parte 
istius  tractatus  q  ,|  erat  de  pliica  restat  nüc  ;  agere  d'  tercia  pte.  3.  me  taphisica.  etc. 
Bl  /,?/a^  Z  20:  G  Finitur  ergo  cösideratio  metaphisica  ||  in  deo  benedicto  cui  est  bonor 
et  gloria  ]  per  infinita  seculorum  secula  cöpilatum  j;  per  Reuerendü  magistrü  fratrem  Nico-|| 
laum  de  orbello  ordinis  minorü  de  ob-  ;seruantia  bm  viam  scoti.  |j  Scquuntur  libri  ethi-i| 
corum  bm  viä  docto-|jris  subtilis  scoti.  Bi  248 a^:  Expliciüt  libri  Ethico  rum  Basilee  im- 
pressi  :|  per  Michaela  furter.  ||  Anno  incarnatiöis  do  mini.  M.  ccccxcüij.  Bl  248b  leer. 
Bl  24g  a  [Sign  i\  a  Z  i:  Incipit  Mathematica.  ,|  etc.  Bl  251a  [Sign  itj]  a  Z  12 :  Incipit  Geo- 
metria.     Ca.  III.  jj  etc.     Sckluss  Bl  2£ja^  Z  iS :    huius  patet  in  figura. 

254   Bl   mit   Sign    [a4,    bl,   e—g^,   k—ki,   a-<r4,  f-gi,  >44,  «^  k—y^,  z5,  /3],    2   S/alten, 
48  Zeilen,  goth.  Schrift,  drei  Sckrißgrössen. 
Wiesbaden  LB. 

528  Nicolaus  Panormitanus:  Lectura  super  quinque  libros  decretalium. 
Basileae,  [Johannes  de  Amerbach],  1481.     6  ßde     2o. 

Hain-Copinger  *I2JI2. 
Limburg:    nur  Bd  2. 

529  Nico  laus  Panormitanus:  Lectura  super  quinque  libros  decretalium. 
Basileae,  Johannes  de  Amerbach,  1488.     6  Bde  2o. 

Hain-Copinger  *I2JZ^. 

Herbom :    nur  Bd  i.     240/.     {Aus  Limburg.) 

530  Nico  laus  Panormitanus:  Lectura  super  quinque  libros  decretalium. 
Basileae,  [Michael  Wenssler],  1477.     .5  Bde     2o. 

Hain-Copinger  */2jog.  ^ 

Wiesbaden  LB:    nur  Bd  1—4.     {Aus  Deutz.) 

531  Nicolaus  Panormitanus:  Lectura  super  quinque  libros  decretalium. 
Venetiis,  Nicolaus  Jenson,  1477.     6  Bde    2». 

Hain  */2J/0. 

Wiesbaden  LB. :    nur  Bd  i.  2.  5.  und  6.     {Aus  Ehrenbreiistein.) 

532  Nicolaus  Panormitanus:  Lectura  super  quinque  libros  decretalium. 
s.  1.,  t.,  a.     6  Bde     2». 

Nur  Bd  5  und  6  vorhanden.  Bd  5:  Bl  i  leer.  Bl  2  \Sign  Aa  ij\  a  Z  /:  (o'iMnipotentis 
dei  II  postulato  suffragio  vt  ostendam  in  volu||mine  ordine  fuisse  suatü  otinuäda  est  p-  mo 
rubrica  ad  pcedetia  que  p  doctores  ||  duobus  möis  continuat.  etc.  Bl  2//b^  Z  J2:  Sup  tertio 
pclara  lectura  famosissimi  doctoris  dr7i  Ni  colai  siculi  Abbatis  panormitani  cincta  optimis 
glo.  seu  II  additiöib9  excelletissimi  iuris  vtriuscp  doctoris  dni  Bar-  tholomei  de  belle^inis  i 
alioy  prudentiü  viroy  Duenieti-jbus  dictis  hie  finit  cu?  casuü.  Bemardi  interpositione.  Dann 
folgt  das  Registrum.     Bl  212  leer. 

Bd  6:  Bl  I  leer.  Bl  2  [Sig  AAA  ij\a  Z  z:  C  Rubrica  de  sponsalibus  :  matrimonijs  i| 
(s)Upra  Visum  est  in  precedenti  libro  de  acti-jbus  :  gestibus  spectätibus  ad  clericos.  me-|| 
rito  nunc  restat  videre  de  spectantibus  ad  |  laicos  etc.  Bl  42b^  Z  ig :  C  Super  quarto 
decretalium  Lectura  Abbatis  siculi  |  panormitani  cum  casibus  longis  Ber.  finit  fcliciter. 
Bl  43,  44  und  4£  leer.  Bl  46a  [GGGij"\a  Z  /:  De  accusationibus  :  inquisitionibus  :  denü- 
ciationibus.  ||  Bl  i/ja^  Z  jj :  C  Ultima  pars  clarissimi  ac  famosissimi  doctoris  do-  mini 
abbatis  Panor.  super  quarto  j  quinto  decretaliü  hie  finit  cincta  optima  glosis  [I  seu  addi- 
tionibus    clarisBi,|mi   iuris    vtriuscj    doctoris    do.     Bartholomei  de  belle?i-i  nis  i  alioy  insigniü 


72 


viroY  cu?  casuü  Bemardi  interpo-  sitione.  Et  inprimis  diligentcr  emendata  ad  laude?  dei  |j 
;  cömunem  studentiü  vtilitatem.     Es  folgt  Jus  Kf^Otim.     Bl  1/4  Iter. 

Bd  £:  212  Bl  mU  Sign  {Aa—DJi,,  £>3,  Ff\—Hh\,  Ii\  Kk\-Nn^,  Ool,  Oo  0.'3,  Pp^—Ss^,, 
Tts,  L'ui,  Xx4,  }>4,  Z»3,  AAj^—CCc*,DDdi].  Bd  6:  i;4  Bl  \AAA—DDD',,  EEE—FFFi, 
GGG—II/i,  KKK—PPP^,  QQQ—RRRl,  SSS—  VYY^],  2  Spalten,  /J  und  ^4  ZeUen,  2  SchriftgrZssm. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Hirbom  HSch.) 

533  Nicolaus  Panormitanus:  Lectura  super  IL  decretalium.  Yenetiis, 
Franciscus  de  Girardengis.  1485.     3  Bde     2o. 

Bd  I  defekt. 

Bd  2:  Am  Anfang  fehlen  drei  Blätter.  Bl  iJSb^:  Exactutn  hoc  opus  \%  secunda  ps  secüdi 
decretali  um  libri  Nicolai  siculi.  Impressa  per  Franciscum  Gi  rardengum.  M".  cccc".  Ixxxv^-. 
die.  XV.  Junij.     Bl  /J4  leer. 

Bl  j:  Bl  I  leer.  Bl  2  \Sign  aja^ja  Z  i:  []Iso  de  iure  ^^  :  quo  muniuntur  ut  lanceis 
seu  ;  gladijs  merito  subijcit'  ius  reo»  quo  muniütur  ut  clypeis  :  lori  eis  etc.  Bl  I2gb^:  Domini 
Abbatis  Siculi  pars  tertia  super  secundo  decre.  finitur.  Impressa  Uenetijs  per  Franciscum 
gy  rardengum.     M.  cccclxxxv.  die.  xv.  Julij.     Bl  i^o  fehlt. 

Bd  2:  134  B!  mit  Sign  \aa—qq\,  rri\.  Bd  3:  fJO  Bl  [aaa—ccci,  ddd3,  eee—iiH,  iiii, 
Ul—qqq\,  rrrl\;  2  Spalten,  6g— ^2  Zeilen,  goth.  Schrft,  Anfangszeilen  in  grösserer  Schrift.  Bd 3  Bl  2 
eine  Miniatur  in  Spalte  a,   Christus  am  Kreuz  darstellend,  das  Gegenstück  in  Spalte  ß  herausgeschnitten. 

Hain  12324. 

Limburg.     i^Aus  Limburg.) 

534  Xicolaus  Panormitanus:  Lectura  super  IIL  decretalium.  [Venetiis? 
PapiaeV],  Franciscus  de  Girardengis,  1486.     2». 

Bl  I  ileerT)  fehlt.  Bl  2a  {Sign  AA^]  a:  QMnipoteni  tis  dei  postulato  suffra'  gio  ut  oiidam 
in  uolumi  ne  ordine  fuisse  seruatu?  ||  etc.  Bl  2oSa^  Z  ^S:  rigat  p  suä  ineffabile  clemetiä. 
Abbas.  ;  Super  tertio  dec.  lectura  dni  Abbatis  siculi  finit.  |  Impressacp  p  Fräciscu?  gyrar- 
dengu?.     M.  cccclxxxvi.  ]|  die.   xx.  Aprilis.     Bl  2o8b  leer. 

208  Bl  .Sign  AA—TT^,  Vl{i,  AAA—DDD^,  EEEs],  2  Spalten,  ;rr  Zeilen,  goth.  Schrift, 
2  Schriftgrossen. 

Nur  der  erste  Teil  von  Hain  12328.  Mir  scheint  indessen  der  Druck  in  sieh  abgeschlossen  und 
nicht  mit  den  zwei  weiteren  Teilen  super  IV.  und  V.  zusammenzugehören,  wogegen  auch  die  Schluss- 
schrift des  dritten    Teiles  bei  Hain  nicht  spricht. 

Herborn  2406.     [Aus  Limburg.) 

535  Nicolaus  Panormitanus:  Processus  iudiciarius  seu  practica  de 
modo  procedendi  in  iudiciis.     [Argentinae,  Johannes  Grüniugerj,  s.  a.     4«. 

Hain-Copinger  */236o.     Proctor  50O. 
Limburg. 

536  Nid  er,  Johannes:  Consolatorium  timoratae  conscieniiae.  [Coloniae, 
Ulr.  Zell,  c.  1470].    4o. 

Hain-Copinger  11806.      Voullieme  835.     Proctor  843. 
Limburg.     {Aus  Limburg.) 

537  Nider,  Johannes:  Manuale  confessorum.  [Coloniae,  ßartholomaeus 
de  Unckel,  c.  1481]. 

Hain-Copinger  *^ II 8 36.     Proctor  1153. 

Limburg.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

538  Nider,  Johannes:  Praeceptorium  legis  seu  expositio  decalogi. 
Basileae,  [Johannes  de  Araerbach],  1481.     2". 

Hain-Copinger  *Ii;;'g3.     Praetor  p^Ol. 
L-mlurg.     {Aus  Limburg.) 


—     73     — 

539  Nider,     Johannes:      Praeceptorium     legis     s.    expositio     decalogi. 
[Reutlingae,  Michael  Greyff].  s.  a.     20. 

Hain-Cciping(r  */i-8i.     Proclor  3684. 
Limburg. 

540  Nider,  Johannes:    Sermones  totius  anni  de  tempore  et  de  sanctis 
cum  quadragesimali.     Spirae,  Petrus  Dracli,  1479.     2o. 

Hain  *i/Soj. 

IViesbadfti  LB.     [Aus  NotgotLs.) 

541  Niger,  Petrus:  Contra  perfidos  Judaeos  de  conditionibus  veri 
Messiae.     Esslingae,  Conrad.  Fyner,  1475.     2". 

Hain  *u885. 

Die  Schlussschrift  auf  El  4jb  ist  herattsgeschtiitten. 

Nach  Hain  ist  dies  der  erste  Druck,  in  zveUhem  hebräische   Typen  vorkommen. 

Wiesbaden  LB. 

Novissima,  Quattuor,  s.  Gerardus  de  Vliederhoven. 
Ockam  s.  Guilelmus  de  Ockam. 

542  Oldradus  de  Laude:  Consilia  et  quaestiones.  (Viennae),  Eberhard. 
Frommolt,  1481.     2o. 

Hain-Copinger  *ggj^.     Praetor  8/3/. 

El  2g8  [vielmehr  2gg\  a  Z  i^  steht  in  diesem  Exemplar  richtig:  consulentium. 

Wiesbaden  LB. 

543  Oppizonus,  Ambrosius:  Commentum  §  Divi  Sever.  et  Antonin.  1. 
filius  familias.     s.  1.,  t.,  a.     2". 

Bl  I  leer.  Bl  2a  \Sign  aij\a:  Eximij  ac  prestantissimi  Juris  vtriuscj  doctoris  Do-  ;mini 
Ambrosii  oppi^oni  papiensis.  Jura  ciuilia  pu-;|blica  in  gymnasio  ticinensi  interpretantis. 
solemne  c5|  mentuj  perutilis.  §.  Diui  seuerus  i  antoninus.  1.  filius  t'  familias.  ff,  de  lega.  ; 
fideicomis.  primo.  ibidem  in  auditoriis  nouis  ornatissimis  editum.  In  quo  accumü  latissime 
eius  materiam  varijs  in  locis  sparsam  repo||suit.  äno  salutis  nostre.  i4'39.  octauo  idus 
septembres.  Bl  joa^  Z  ^^ :  In  hoc  solemni  comento.  %  diuL  1.  filiusfa.  ff.  de  le.  i.  tractatur 
principaliter  an  et  quando  quibus  casibus  j]  res  possint  alienari.  in  dotem  dari.  uel  in  illis 
heres  in|  stitui  aut  quouis  alio  ti.  in  aliu^  transferri  non  obstä  te  prohibitione  testatoris 
legis,  statuti.  iudicis  arbijtri.  aut  alterius  et  contrahenü  cü  multis  aliis  simili|jbus  :  notabilibus 
decisionibus.  que  accurate  legenjtibus  latius  occurent.     Bl  job  leer. 

JO  Bl  mit  Sign  [a4,  b—di,  e^],  2  Spalten,   64 — 65  Zeilen,  goth.  Schrift. 

Hain  12016. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Herbom  HSch.) 

Oratio  querulosa  contra  invasores  sacerdotum  s.  Wimpheling,  Jacobus. 

544  Orosius,  Paulus:  Historiarum  adversus  Paganos  libri  VII. 
Venetiis,  Christophorus  de  Pensis,  1499.     2'\ 

Hain-Copinger  *I2I03. 
Weäburg.     {Aus  Limburg.) 

545  Orosius,  Paulus:  Historiarum  adversus  Paganos  libri  VII.  Venetiis, 
Octaviauus  Scotus  Modoetiensis.  1483.     2^. 

Hain-Copinger  *I2I02. 
Wiesbaden  LB. 


—      74     — 

54*1     O  vidi  US,  Publius:    Metamorphoseon   libri.     Venetiis,   Bernardinus 
Benalius.  1493.     2o. 

Hain  *i2i/0. 

IVrJburg.     [Aus  Hfrbom  HSch.) 

Panormitanus  s.  Nicolaus  Panormitanus. 

547  Paraldus.  Guilelmus:  Summa  de  virtutibus.  Coloniae,  Henricus 
Quentell,  1479.     2  Bde     2«^. 

Hj-in-Copinger  *I2$8/. 

Limburg:    nur  Bd  i.     (Aus  Limburg.) 

548  Paratus:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis.  [Daventriae,  Richard. 
Pafraet,  c.  1463].     2o. 

Vcfullieme  No  88l.      Campbell  Stippl.  I  1358a. 
Limburg. 

549  Paratus:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis.  Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1496.     2^. 

Hain  *  12413. 

Limburg.     [Aus  HaJamar.) 

550  Paratus:    Sermones  de  tempore  et  de  sanctis.     s.  1..  t.,  a.     2o. 

Bl  I  leer.  Bl  2a  {Sign  a^]  a  Z  i :  Paratus  de  tempore  continens  euä'  geliorum  de  tpe 
expositiones  necnon  de  te-  pore  epistolaru;  sermones.  elaboratum  opus  et  correctissimu? 
incipit  feliciter  ■  Aratus  e  iudicare  ,|  viuos  et  mortuos.  i.  j  etc.  Bl  ipßb<^  Z  jg:  Paratus 
continens  sermones  de  tei  pore  äni  totiua  opus  perutile  elaboratis  sime  Impressum  explicit 
feliciter.  Bl  i/6  und  ///  leer.  Bl  i/8a  [Sign  aaj\  o  Z  i:  Paratus  continens  sermones  de 
sä  ctis  incipit  feliciter  \\  De  sancto  Andrea.  :|  Sermo  primus  ||  () Aratus  [[  sü  et  nö  i|  sü  turbat9 
vt  cu  stodiä  mandata  j    tua.  Psal.  Ista  i|  etc.     Die  zivei  letzten  Bl  2/3  und  2/4  fehlen. 

2/4  Bl  mit  Sign  \a — g,  g,  i—y,  aa — mm':],  2  Spalten,  44  Zeilen,  goth.  Schrift.  Anfangszeilen 
in  grösserer  Schnft. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

[Passio  domini  Jesu  Christi  secundum  quattuor  Evangelia.   s.  1.,  t..  a.   4'^.] 

Hain-Copinger  *I243/.     Nach  Praetor  kein  Druck  des  15.  Jahrhunderts. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

551  Paulus  n  Pontitex  Maximus:  Bulla  de  beneficiis  afifectis  etc. 
s.  L,  t,  a.    40. 

Bl  1  a  Z  I :  Bulla  de  beneficijs  affectis  ||  ()Aulus  Episcopus  seruus  seruorum  dei  ad 
ppe-|,tuam  rei  memoria?  ad  romani  pontificis  proui-|!dentiam  ^/r.  Bl  2  a  Z  26:  Johänis  pape. 
xxij.  constitutio  \\  ()Xecrabili8  quorüda;  tam  religiosoy  q?  secula  |rium  ambitiö  etc.  Bl  4a 
Z  28:  Benedicti  pape.  xij.  reseruatio  ad  regimen  [|  Bl  6a  Z  i:  Bulla  contra  simonlacos  || 
Paulus  episcopus  etc.  Bl  6b  Z  30:  Bulla  de  casibus  reseruatis  [,  QAulus  Episcopus  etc. 
Bl  pb  Z  31:  Priuilegium  curialium  j|  (^Ugenius  Epüs  etc.  Bl  8b  Z  28:  Bulla  martiniana  || 
(^Artinus  Episcopus  seruus  seruorum  dei.  Ad  p,  petuam  rei  memoriam  viam  ambitiöse 
cupiditatis  etc.  Bl  lOa  Z  4:  Bulla  paulina  de  alienatöe  bonoy  ecciasticoy.  ||  Bl  lOb  Z  25: 
Nicolaus  I  D  perpetuam  rei  memoria  Ad  sacram  Petri  se  de?  etc.  Bl  14a  Z  20:  Sumptum 
de  Registro  camere  apostolice  collationatü  |;  per  me.  G.  deUulterris  dicti  registri  magistrum 
et  con-   cordat.     Bl  14b  leer. 

14  Bl  ohne  Sign  [2  Lag'm  m.  4  und  3  Bl],  31  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrosse. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 


—      /o     

552  Paulus  de  S.  Maria:  Dialof^s  qui  vocatur  scrutinium  scripturaiiun. 
[Argentinae,  Joli.  Mentelin,  c.  147u].     2o. 

Hain  *io/62.     Praetor  223  A. 
Limburg.     {Aus  Eberbach,) 

553  Paulus  <le  S.  Maria:  Dialogus  ([ui  vocatur  scrutinium  scripturanim. 
Moguntiae,  Petrus  Schöffer,  1478.     2». 

Hain-Copinger  IO/66. 

Limburg. 

Wiesbadm  LB :    2  Exemplare,  das  eine  aus  Notgottes,  das  andere  aus  Schonau. 

554  Paulus  de  Montepicino:  Repetitio  in  quart.  ff.  ad  L.  talc.  Papiae, 
Antonius  de  Carchano  1493,     2^. 

Bl  la  leer,  ib  rot:  Ad  Illustrissimum  i  excellentissimutn  principem  '[  Ludouicum 
Sfortiam  Vicecomitem  barri  ducem  1  Inuictissimum.  Pauli  de  montepico.  J.  v.  doctoris  ] 
prefatiuncula.  Bl  2a  \Sign  aij\  a  rot:  Repetitio  subtillis  x  utilis.  1.  In  quartä.  Pf.  ad.  1. 
falci.  jj  nuper  edita  per  accutissimum  Juris  utriusg  Interpte  (|  d.  Paulum  de  Montepico.  ex 
Nobilibus  de  Ruyno  ]|  Civem  Papien.  In  florentissimo  Ticinen.  gymnasio  Jura  Ciuilia  de 
sero  legentem.  Anno  Salut,  dominice  |'  M.  cccclxxxxiij.  die.  xxj.  Augusti  Bl  2Sii^  ^-  35- 
Impressum  Papie.  per  Magistrum  Antoniuj  j]  de  Carchano.  Anno  Dni.  Mcccclxxxxiij.  || 
die.  iiij.  Mensis  Nouembr .     Es  folgen  12  Distichen. 

28  Bl  mit  Sign   \a — di,  -f^],  2  Spalten,  ^4  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herborn  HSch.) 

555  Paulus  de  Montepicino:  Repetitio  subtilis  et  utiLissima  Titia  cum 
nuberet,  alias  tinalis  famosissime  1.  Titia  cum  testamento  ff.  de  legatis  secundo 
Titia  nominata.     Papiae,  Antonius  de  Carchano  1494.     2o. 

Bl  la  leer.  Bl  ib:  Pauli  de  Montepicho  ex  Nobilibus  de  Ruyno  Juris  ||  vtriusc?  doctoris. 
Ad  Scholasticos  vtriuscp  professionis  i|  In  florentissimo  Ticinensi  Gymnasio  prefatiuncula. 
Bl  2a  [Sign  aij\  a  Z  i  rot:  Repetitio  subtillis  :  vtilissima.  S-  Titia  cm,  nuberet:  alias  finalis. 
famosissime,  1.  Titia  cum  testameto.  ff.  de  le  |gatis  secundo.  Titia  nominata.  edita  nouiter 
per  accu-j;tissimü  Diuini  :  humani  Juris  interpretev  d.  Paulum  ||  de  Montepicho  .  .  .  ||  .  .  ,  || 
,  .  .  Anno  dominice  salutis  [|  M,  cccc.  Ixxxxij.  die.  iiij.  Junij.  Bl 2/b^  Z  66:  Explicit  sollenis 
ac  vtilissima  rpetitiö  .  .  .  Z  /o:  .  .  .  Impressa  vo  '  Papie  p  Magist^  Antonium  de  carchano 
äno  dni  cu!  rente  M.  cccc.  Ixxxxiiij.  die.  21.  octobris  tepore  etc.     Bl  2S  leer. 

28  Bl  mit  Sig?t  [a—dZ,  e^],  2  Spalten,  74—76  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrosse.. 

Copinger  //,  /,  4356. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 

Pavinis  s.  Johannes  Franciscus  de  Pavinis. 

556  Pelbartus  de  Themeswar:  Sermones  de  Sanctis.  Hagenoae,  Hen- 
ricus  Gran,  1500. 

Hain  *I2S56. 

Bl  3^6a^  Z  24:    Sermones  Pomerij  de  sanctis  cöportati  p  |j  fratre  etc. 

Limburg, 

557  Pelbartus  de  Themeswar:  Stellarium  coronae  Virginis  xMariae. 
Hagenoae,  Henricus  Gran,  1498.     2'^. 

Hain- Copinger  *  125  6  7. 
Limburg.     {Aus  Limiurg.) 


—     76     — 

558  Persius,  Aulus  Flaccus:  Satirae.  Venetiis,  Dionysius  de  Bertochis 
et  Pelegrinus  de  Paschalibus,  1484.     2°. 

Bl  12  hfr.  Fl  ib:  BARTOLOMEI  FONTII  PROOEMIVM  IN  PERSIVM  POETAM 
AD  LAVREN-  TIVM  MEDICEN.  j  (;Vanq  Laurent!  poetae  omnes  uel  ad  bene  dicendum: 
uel  ad  honeste  uiuendum  plurimü  ||  etc.  Bl  2a  [Sign  aij]  Text:  PAULI  FLACCI  PERSII 
POETAE  SATIRARVM  OPVS.  QEC  PONTE  LABRA  PROLVI  CA  BALLINO.  Nee 
in  bicipiti  somniasse  parnaso  |  ftc.  Kommmtar:  (  Ec  fönte  labra  prolui  caballino.  Quo 
maiore  animi  libertate  alios  deinde  corrigeret;  se  ji  (tc.  Bl  J/a  T~^xt  am  Ende:  A.  Persii. 
Flacci  Satyrarum  Finis.  Bl  2/6 :  BARTHOLOMEVS  Fontius  Francsco  [!]  saxeto  Salutem. 
ßi  2Sj  folgen  lUa  Fersü  und  Regutrum.  Darunter:  Venetiis  per  Dionysium  de  bertochis  & 
Pelegrinü  |  de  paschalibus.  Bononienses.  MCCCCLXXXIIII.  \  die.  X.  Septembris.  Daneben 
das  Drucket zeuhen.     Bl  28h  leer, 

28  Bl  mii  Sign  [j — dl,  e^\,  Text  vom  Kommentar,  welcher  £0  u.  ß2  Zeilen  hat,  umgeben, 
rdm.  Schrifl,  drei  Schriftgrossen. 

Hain  12/24. 

iVeilburg.     [Aus  Rommersdtyrf.) 

559  Petrarca,  Franciscus:  Opera.  Basileae,  Johannes  de  Amerbach, 
1496.     2^. 

Hain-Cjfinger  12/ 4g. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

560  Petrus  de  Alliaco:  Quaestiones  super  libros  sententiarum.  Argen- 
tinae,  [typogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  14S3],  1490.     2". 

Hain-Cofinger  841.      Voullieme  goo.     Proctor  654.     Pellechet  £44. 
Herdom  808.     [Aus  Hethom  HSch.) 

561  Petrus  de  Aquila:  Quaestiones  super  quattuor  libros  sententiarum. 
Spirae,  Petrus  Brach,  1480.     2\ 

Hain  *I32£. 
Wiesbaden  LB. 

562  Petrus  de  Aquila:  Quaestiones  super  quattuor  libros  sententiarum. 
Spirae,  Petrus  Drach,  [1485J.     4°. 

Hain-Copinger  */j24. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Arnstein.) 

563  Petrus  Civitatensis:  Canones  poenitentiales.  [Romae,  Barth. 
Guldinbeck],  s.  a.     4'>. 

Hain  *433/.     {8  Bl,  Bl  i  leer.)     Proctor  3$ gg. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach.) 

564  Petrus  Coraestor:  Historia  scholastica.  Argentinae.  Job.  Grüninger 
et  Henricus  de  Inguiler,  1483.     2^. 

Hain-Copinger  *5532. 

Lmburg:  2  Exemplare,  das  eine  aus  Deutz  mit  der  ersten  der  bei  Hain  angeführten  Schluss- 
ichriß en. 

565  Petrus  Coraestor:  Historia  scholastica.  Argentinae,  [typogr. 
Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1485.     4«. 

Hain  *5533.     Praetor  5g3. 

Weilburg.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 


—     77     — 
566     Petrus  Comestor:    Historia  scholabtica.     Basileae,   s.  t.,  1481.     2"*. 

Bl  i  fehlt.  Dl  2  a  \Si^n  a^\  a.-  Incipit  prologus  epistolaris.  '  f]Eueredo  '  pri  ac  do-l] 
mino  suo  guilhelmo.  |{  dei  gratia  ser.esi  archi-  epo.  Petr9  ser9  chri-  sti  psbytcr  trecesis  de. 
Bl  22gb^  Z  38 :  loco  magis  honorabili.  s.  in  cathacumbis.  ,;  Explicit  Scolastica  hisioti* 
magistri  |  Petri  comestoris.  Impressa  Basilee  An.  ||  domini.  M.  cccc.  Ixxxvj.  Finita  post 
festum  II  Katherine.     Bl  230  fehlt. 

2JO  Bl  mit  Sign  \a—c\,  Ji,  <?4,yj,  ^4,  h—ii,  k^,  l i,  m^,  «3,  (74,  p—s\  t^,  v—xi,  yi,  i  J, 
A—ßi,  C—Gi,  H»,,  /,  //,  A'jj,  2  Spalten,  46  Zeilen,  goth.  Schrift,  drei  Schnftgrossen. 

Wiesbaden  LB. 


567  Petrus    de    Harentalis:     Expositio    libri    psalmorum.      Coloniae, 
Johannes  Koelhotf  de  Lübeck,  1487.     2". 

Hain-Copinger  *Sj66. 

Am  Ende  fehlt  ein  Bl. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Marienstatt.) 

568  Petrus    de    Harentalis:     Expositio    libri    psalmorum.      Coloniae, 
Conradus  de  Homborch,  1480.     2°. 

Hain-Copinger  8364. 
Limburg.     [Aus  Deulz.) 

569  Petrus  Hispanus :  Textus  cum  copulatis  omnium  tractatuum  parvorum 
logicalium.     Coloniae,  [Henricus  QuentellJ,  1499.     4'). 

Hain  *S/03. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

570  Petrus    Lombardus:     Sententiarum    libri    quattuor.     [Argentinae, 
typogr.  Henrici  Ariminensis],  s.  a.     2'>. 

Hain  *ioi84. 
Limburg. 

571  Petrus  Lombardus:  Sententiarum  libri  quattuor.   Basileae,  Xicolaus 
Kesler,  1486.     2o. 

Hain-Copinger  *ioigo. 
Limburg. 

572  Petrus     Lombardus:      Sententiarum     libri     quattuor.      [Basileae, 
Nicolaus  Kesler,  c.  i486?]     2«. 

Hain  *lOl8^.     Praetor  ;^6g6. 
Herbom  8o6.     [Aus  Herbom  HSch.) 

573  Petrus  Lombardus:  Sententiarum  libri  quattuor.  Basileae,  Nicolaus 
Kesler,  1487.     2", 

Hain-Copinger  *iOig4. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

574  Petrus  Lombardus:  Sententiarum  libri  quattuor.   Basileae,  Nicolaus 
Kesler,  1489.     2^. 

Hain  *iOig6. 
Limburg:    2  Exemplare. 
Wiesbaden  LB. 


—     78     — 

575  Petrus  Lombardus:  Sententiarum  libri  (luattuor.  [Coloniae,  Henricus 
Quentell],  U64.     2^'. 

Hitin- Copm^er  ^lOlSg.     Procter  12 Sß. 

Im  fiyrlif^ey.den  Exentplare  stelU  Bl  238 aa  Z  J/  rühiig  famosisäimg  und  nicht  luie  Hain 
angiebt  famosimus. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Ehrenireüstein.) 

576  Petrus  Lombardus:  Sententiarum  libri  (luattuor.  Norimbergae, 
Anton  Koberger  1-idl.     2^. 

Hain  "lOiSS. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Schonau.) 

bll  Petrus  de  Monte:  Expositio  circa  Aristotelis  libros  tres  de  anima. 
Colomae,  Henricus  Quentell.  1498.     2^ 

Haiti  *iijS5. 
Wiesbaden  LB. 

578  Petrus  de  Monte:  Expositio  commentaria  in  octo  libros  Aristotelis 
de  physico  auditu.     Coloniae,  Henricus  Quentell,  1498.     2^ 

Hain-Copinger  *ii£8l. 
Wiesbaden  LB. 

.579  Petrus  de  Monte:  Quaestio  quid  de  salvatione  Aristotelis  dici 
possit.     [Coloniae,  Henricus  Quentell,  c.  1494].     2'\ 

Hain  "11586. 
Wiesbaden  LB. 

580  Petrus    de   Monte:     Repertorium   utriusque    iuris.     Norimbergae, 

Andreas  Frisner  et  Johannes  Sensenschmid,  1476.     3  ßde     2o. 

Hain  *  115  88. 

Wiesbaden  LB:    nur  Bd  i  und  J.     {Aus  Deuiz.) 

581  Petrus  de  Monte:  Repertorium  utriusque  iuris.  Patavii,  Johannes 
Herbort  de  Seigenstat,  1480.     2  Bde     2o. 

Hain-Copinger  *ii£8g. 
Wiesbadeen  LB.     [Aus  Limburg.) 

582  Petrus  de  Palude:  Sermones  quadragesimales  thesaurus  novus 
nuncupati.     Argentinae,  [typogr.  Vitarum  patrum  a.  1483],  1485.     2». 

Bi  i  \leer?\  fehlt.  Bl  2a  \Sign  a^\  a.:  Tabula  sermonum  !  quadragesimaliü  Thesauri 
noui  indicans  '  quomodo  quis  in  pmpto  reuoluat  bmone  [  volitum.  i  vt  sciat  qt  sint  sermones 
de  vno  quO(y  die  quadragesime.  <tc.  Bl  3a  [Signal]  a:  Incipiüt  sermöes  ;  quadragesimales 
notabiles  atc?  putiles  qui  thesaurus  nouus  intitulant.  |1  In  die  Cinerü.  Sermo.  1.  de  epla. 
(cOnuertimi  ni  ad  me  i  toto  corde  ve-  stro  in  ieiunio  et  fletu  et  ||  etc.  Bl  i6/b^  Z  24: 
exultauerunt  in  deum  viuum  :c.  Opus  perutile  sermonü  quadragesima  lium  Thesaurus 
nouus  nuncupatü  Arge!  tine  Impressum  Anno  domini.  M.  cccc.  ,,  Ixxxv.  Finit  feliciter. 
Bl  168  leer. 

168  Bl  [a— /4  4,  ii,  k—s',,  ti,  Z/4,  x—yi],  2  Spalten,  .//  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Praetor  42J. 

Herbom  P  Ha  1^4      {Aus  Her  bor  n  HS  eh.] 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 


—     79     — 

583  Petrus  de  Palude:  Sermones  thesauri  novi  de  sanctis.  Basileae, 
s.  t,  1485,     2». 

Bl  i  u.  2  fihlen.  Bl  Ja  [Si<;n  ai]  a:  Incipiüt  sermöes  ;|  notabiles  atcy  perutiles  de 
sanctis  per  circulü  ||  anni.  quibus  ab  editore  suo  doctorc  i  predica  tore  famosissimo  nome 
vt  Thesaurus  nouus  (|  intituletur  inditum  est.  Bl  2/^ia  Z  j6:  mabus  refrigcrium  et  diabolo 
suppliciü.  II  Opus  putile  sermonü  de  sanctis  p  circulü  ||  anni.  Thesaurus  nouus  nuncupatü: 
impres-,  sum  Basilee  Anno  dni.     M.  cccc.  Ixxxv.  finit   |  feliciter.     B/  2/6  leer. 

2;f6  Bl  mUSign  {a—J\  gi,  h—o^,  /5,  /— /4,  v,  xi,  y^,  zi,  A—B*,  C—Ds,  F—L^,  Ms\, 
2  Spalten,  46  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Marienstatt.) 

584  Petrus  de  Palude:  Sermones  thesauri  novi  de  sanctis.  Norimbergae, 
Antonius  Koberger,  1487.     2». 

Voullieme  No  g2£. 
IJmöurg.     [Aus  Hadamar) 

585  Pfeffer,  Johannes, deWydenberg:  Directoriumsacerdotale.  s.l.,t.,a.  2°. 

Bl  la  leer,  ib  beginnt  die  Tabula,  -jielche  Bl  6b  endigt.  Bl  ^  a  \Sign  A\  a  •  Directoriü 
sacerdotale  pvtile  feliciter  icipit  I]  [JIrca  lecturam  epistulay  beati  \  apfi  pauli  Ad  thymo- 
theum  X  \\  ad  Tytü  libuit  p  maiori  eoy  ||  que  ibi  dicta  et  diceda  sunt  de  ;claracöne  etc. 
Bl  io4b^  Z  j^ :  nedictus  Amen.  \\  Magister  iolies  pfeffer  de  wydeberg  sacre  ||  theolie  [!] 
pessor  [!]  studij  vniuersal'  Friburgen.  ||  iniciator  hec  cöcepit  :  legit  registrum  com-j  pleuit. 
Anno  dni.  M.  cccc.  Ixxxij.     Vigilia  !|  thome  apostoli. 

/04  Bl  mit  Sign  [(/3)  As,  B—F,  I—L»,,  G,  H,  MNi\,  2  Spalten,  42  Zeüen,  goth.  Schrift, 
eine  Schrißgrösse. 

Hain  12862. 

Wiesbaden  LB:  2  Exemplare,  das  eine  aus  Schonau,  das  andere  aus  Notgottes,  vorher  in 
Johannisberg. 

586  Pfeffer,  Johannes,  de  Wydenberg:  Tractatus  de  materiis  indul- 
gentiarum.     s.  1.,  t.,  a.     2o. 

Bl  la  [Si^pt  A]  a:  Tracrat9  iam  nouiter  opilatus  de  materijs  \\  diuersis  indulgenciarum 
p  doctissimü  ac  fa-||mosissimü  viy  dominü.  Johäne^  pheffer  wi  jdenberg  Sacre  theologieqi 
pfessorem  exi-  ,inium  Ac  alme  vniuersitatis  studij  friburgejsis  ordinarium  feliciter  incipit. 
Bl  2<Saa  Z  26 :  Sequütur  quatuor  bulle  Jubilei.  Bl  J2aa  Z  J4:  Incipit  tractatus  Jubilei 
edit9  et  Dpilat9  p  \\  Reuerendum  patrem  vtriuscj  iuris  in  orbe  |[  monorcham  f!]  dominü  Johanne 
de  anama  ||  archidia.  Bononienb  etc.  Bl  J4aa  Z  21:  Materiam  precedentem  indulgenci- 
arum II  et  iubilei  distinxi  In  nouem  questiones  vo|  lens  itacj  materiam  quamcumcj  de  indul-|| 
gencijs  habere  sequentem  intret  tabulam  ||  abcdariam  querens  de  quo  velit  et  inueniet  || 
etc.     Die   Tabula  schliesst  Bl  j6b^  Z  42:    causa  et  origo  idulgeciay  questiöe.     pma.  c 

46  Bl  mit  Sign  [A,  C,  D  3,  B,  Fi,  £4],  2  Spalten,  42  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schrißgrösse. 

Hain  12863. 

Der  Dntck  ist  insofern  bemerkenswert,  als  Bl  4a^  Z  12  der  Satz  abbricht  und  erst  auf  Bl  5 
sich  fortsetzt ;  der  Bogen  B  zvar  also  schon  vor  A  gedruckt.  Der  Drucker  half  sich  über  die  am  SMuss 
des  Bogens  A  durch  Verrechnung  des  Setzers  entstandene  Zerreissung  des  Druckes  auf  die  einfachste 
Art  hinweg,  indem  er  auf  Bl  4a^  hinter  Z  12  die    Worte:    Hie  non  est  defect9  druckte. 

Wiesbaden  LB.  2  Exemplare,  das  eine  aus  Schonau,  das  andere  aus  Notgottes,  vorher  in 
johannisberg. 

587  Pharetra  auctoritates  et  dicta  doctorum,  philosophorum  et  poetanim 
continens,     [xlrgentinae,  Johannes  Mentelin],  s.  a.     2'\ 

Bl  lad  Z  i:  (N  cöuersionis  mee  pmordio  cü  pro  metis  [[  recreacöe  sancto»  auctes 
legere  &  legendo  varias  pcipere  corrupcones.  Visu  est  mi-||chi  securü  &  bonü  vt  ad  ipm 
fönte  origi- inaliü  recurrere  etc.     Z  4^:    Incipiüt  noia  doctoy.     Bl  2ao.  Z  28:   Tabula  mate- 


—     80     — 

riaf  in  generali.  Bl  /.ia  Z  i:  .  E  abbate  Qrego-|,rius  in  registro  ad  anastasiü  abbatem  || 
Huius  te  pcepti  se  rie  omonemus.  ut  necp  mulieres  i  mo  nasterio  tuo  «?/<.  Bl  jöiöa  Z  jg: 
Job.   Qui  affert  Stellas  pluuie  &  effundit       ymbres  ad  instar  gurgitü. 

j6l  Bl  ohne  Si'^'v,  3  S/ir^frn,  £o  Zeikn,  goth.  Sihriß,  2  Schrißgrössen. 

Hain  I2go8.      PrOitor  32j. 

IVUs baden  LB.     [Aus  Limburg.) 

588  Pharetra  fidei  contra  Judaeos.     [Argentinae],  s.  t.  et  a.     4'^. 

Bl  2  a  \m.  S:gr  a  ij\  A  grosse  Hohschnitlinitiale. 

Ham-Cofinger  *i2gii.     Praetor  //:?. 

Wiesbaden   LB.     (Aus  Xotgoties,  vorher  in  yohannisberg.) 

589  Phile Iphus,  Frauciscus:  Orationes  cum  quibusdam  aliis  opusculis. 
[Basileae,  Johannes  de  Amerbach,  1491].     ■^^. 

Hain-C'pinger  *i2g[8.  Proctor  /64£. 
Limburg. 

590  Philippus,  Jacobus:  Reformatorium  vitae  morumque  et  honestatis 
clericorum.     Basileae,  Michael  Furter,  li94.     80. 

Hain-Co/inger  i^/20.  Vouäieme  g4g. 
Bl  gg  ßhit  im  vorliegenden  Exemplar. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Notgottes.) 

591  Picus,  Johannes.  Mirandulae  comes:  Aureae  epistolae  ab  Ascensio 
recognitae.     S[pirae],  C[onrad]  H[ist],  [1495?]     4». 

Hain-Copinger  T2gg£.      Voullieme  g^o. 
Wiesbaden  LB. 

Pisis  s.  Rainerius  de  Pisis. 

592  Plato:  Opera,  latine  a  Marsilio  Ficino.  Venetiis,  Bernardus  de 
Choris  de  Cremona  et  Simon  de  Luere  impensis  Andreae  Torresani  de  Asula, 
1491.     20. 

Hain-Copinger  */Jo6j. 
Wiesbaden  LB. 

593  Plautus:  Comoediae  cum  interpretatione  Petri  Vallae  et  Bernardi 
Saraceni.     Venetiis,  Simon  ßevilaqua  Papiensis,  1499.     2o. 

Hain-Copinger  *  1^082. 

Weilburg.     (Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.') 

594  Plinius  major:  Historia  naturalis.  Venetiis,  Bartholomaeus  de 
Zanis  de  Portesio,  1496.     2o. 

Hain-Copinger  *i^iOO. 

Am  .Anfang  fehlen  2  Blätter. 
Weilburg. 

595  Plutarchus:  Apophthegmata  latine  Francisco  Philelpho  inter- 
prete.     Daventriae,  Richard.  Pafraet,  1499.    4. 

Hain-Copinger  13141.      Campbell  1424. 

Weilburg.     (Aus  Notgottes,  vorher  in  yohannisberg.) 

596  Plutarchus:  De  liberis  educandis  latine  interprete  Guarino 
Veronensi.     [Coloniae,  Ulricus  Zell?  Arn.  ter  Hoernen?],  s.  a. 

Bl  la  rot:  Plutarcus  de  liberis  educädis  E  greco  tradu-||ctus  per  Gnarinum  f!]  vero- 
nensem  greca  latinaq»  \\  facundia  eruditissimum  et  clarissimum  virum  ad   ;  angelü  Corneliü 


—     81     — 

ciuem  florentini.  Et  primo  ipsios  I  Gnarini  [!j  phemium  incipit  feliciter.  1|  schwärt  (Aiores 
nrös  Angele  mi  suauissime  non  ]|  etc.  Bl  i6b  am  Ende:  Explicit  Plutarcus  de  ,  liberis  c- 
ducandis. 

i6  Bl  ohne  Sigv,  :?/  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  SchriftgrSsse. 

Hain-Cofinger  1^146? 

Limburg. 

Poeniteas  cito  s.  Modus  confitendi. 

597  Poncius:  Rhetorica.    [Argentinae,  Johannes  Grüninger],  1486.   4«. 

Hain-Cüpinger  *  13255.     Praetor  445. 
Am  Ende  fehlen  6  Blätter. 
Weilburg.     {Aus  Eberbach.) 

Pontanus  s.  Ludovicus  Pontanus. 

598  Positiones  circa  libros  physicorum  et  de  anima  Aristotelis. 
[Coloniae,  Henricus  Quentell],  1494.     2o. 

Hain  *  13304.     Praetor  1322, 
Wiesbaden.   LB. 

599  Praeceptorium  perutile  in  quo  decem  sermonibus  materia  praecep- 
torum  decalogi  perstringitur.     Lipsiae,  Conradus  Kacheloten,  1494.     4". 

Hain  *I33I/. 

Limburg.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  yohannisberg.) 

600  Principia,  subscriptiones  et  suprascriptiones  litterarum  raissivarum. 
[Romae,  Johannes  Schurener],  s.  a.     4^. 

Bl  la  Z  I :  C  Sequunt'  principia  subscriptiöes  et  supra'  scptiöes  Irai^  missiuay  ad 
oes  psonas  cuiuscücj  j  Status  gdus  cöditiöis  aut  peminetie  fuerint.  Bl  6b  Z  2g :  Reuerendis 
parentibus  A.  et  B.  precunctis  \\   huiusmodi  uite  mortalibus  metuendis. 

6  Bl  ohne  Sign,  30   Zeilen,  röm.  Schrift. 

Die   Typen  sind  dieselben  wie  in  Hain  gg43  =   Praetor  35ll- 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbach.) 

601  Probus,  Valerius:  De  interpretandis  Romanorum  litteris.  Venetiis, 
Joannes  de  Tridino,  1499.    4o. 

Bl  la:  Valerii  probi  grämatici  de  interpretandis  romano'lrum  litteris  opusculum  feli- 
citer incipit.  'I  Romanorü  ciuiü  noia:  pnomia  ac  cognomina.  eo-  rumcf  magistratuum.  ;| 
Alie  abreuiature  ex  Valerio  probo  excepte.  j  Littere  singulares  in  iure  ciuili  de  legibus  & 
plebi-j  scitis.  i]  In  legibus  actionibus  hec.  In  editis  perpetuis.  |  De  ponderibus :  E>e  nu- 
meris  ||  Lex  ex  tabellis  diuum  de  re  futuaria.  Sacra  lex.  !|  Vt  quemadmodum  sibilla  In 
arcu  Home  sculpife  cit  uigiti  litteras  quae  per  bedam  declarate  fuerüt  '  Epitaphium  situ 
polensis  parasiti  I  Sämonici  Sereni.  ex.  quinto  libro  rerü  recöditatv.  '  Phylisci  cösolatoria 
marco  ciceroni  coUoquenti  pre  stita  dum  in  macedonia  exularet  per  Joannem  aurispam 
e  greco  in  latinum  traducta.     Das   Übrige  gibt  Hain  richtig  an. 

20  Bl  mit  Sign  [a— ^2],  zum  Teil  2  Spalten,  2g  Zeilen,  rom.  Schrift,  2  Schriflgrössen,  Stahl- 
schnittinitialen. 

Hain  -  Copinger  133/  8- 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herhom  HSck.) 

602  Promptuarium  argumentorum  dialogice  ordinatorum.  [Coloniae, 
Henricus  Quentell,   a.  ?]     4o. 

Bl  la  Titel:  Promptuarium  argume  torum  dialogice  ordinatorum.  a  Lilio  Albertista 
et  Spi||neo  thomista  mutuo  sibi  obuiantibo  per  atrarias  ratiöes  /  presuppositis  DclusiöibD 
tan^  sagittariov   signaculis   dis-  putatoy.     Quod  est    dum  materia  expostulati  ctiä  probleu-J 


—     82     — 

maticum.  vtile  ;  necessarJü  omnibo.  qui  volüt  rectum  impe-  |trare  argumentädi  :  soluendi 
modü  in  quacüqi  etiä  facul-  täte  in  supplementü  illoy  collectü.  qui  dum  disputant!  ar-  gu- 
menta  propter  ingenij  imbecillitate?  excogitare  nö  pnt  Darunter  der  Holzschnilt  mit  Jefn  Lehrer 
und  rzi'ei  Schülern,  auf  dem  Spruchband  dit  Inschnjt:  Accipies  tanti  etc.  Bl  5ja  sind  b  enthält 
das  Registrum.     Bl  64  leer. 

64  Bl  mU  Sign  \a — « J,  k  5],  46  Zeilen,  goth.  Schrift,  drei  Srhriftgrössen. 

Bl  2—£  und  5/ — 63  fehlen,  dii  genaue  Beschreibung  ist  deshalb  unmöglich;  jedenfalls  ist  der 
Drucker  surhtr. 

Wiesbaden   G  Af4S.     (Aus  Idstein   Gym.  Bibl.) 

603  Prosper:  De  vita  contemplativa  atque  actuali,  sive  de  norma 
ecclesiasticorum.     [Spirae,  Petrus  Drach],  1487.     4'^. 

Hain-Copinger  *i24l8. 

50   Bl  \das  letzte  leer.  Sign  a — (-4,  ^Z— /3,  f  4], 

Herbom  in  P  Ib  36.     [Aus  Herbom  HSch.) 

604  Ptolemaeus,  Claudius:  Cosmographia  lat,  interprete  Jac.  Angelo. 
Ulmae,  Johannes  Reger.  1486.     2'\ 

Hain-Copinger  *i^£40. 
IVeilburg. 

Quaestiones  duodecim  pro  S.  Theologiae  studiosis  s.  Rolevinck,  Werner. 

605  Quintilianus:  Declamationes  et  institutiones  ex  recognitione 
Andreae  Pontii  Brixiaui.  Tarvisii,  Dionysius  Bononiensis  et  Peregrinus,  1482.  20. 

Bl  I  a  her.  Bl  ib  Andreae  Pontia  Brixiani  ad  I^dovicum  Marcellum  epistola.  Bl  2  a  \Sign 
ai\:  M.  CELIVS  FABIVS  QVINTILIANVS  TRIPHONI  BIBLIOPOLE  SALVTEM  || 
()FFLAGITASTI  Quotidiano  cöuitio  ut  libros  quos  ad  Mar  cellü  meum  de  institutione  ora- 
toria  scripseram:  iam  emittere  ]  inciperem.  etc.  LI  ij/b  am  Ende:  M.  FABII  QVINTILIANI 
oratoriarü  institutionum  libri  duodecimi  j  &  Ultimi.  Impraessum  [!J  taruisii  per  magistrü 
Dionysium  Bononien-  sem  ac  Peregrinum  eius  sociü.  Anno.  D.  M.  CCCC.  LXXXII.  DIE  || 
XXII.  raensis  octobris  l|  FINIS.     Bl  138a  Registrum.     Bl  138 h  leer. 

138  Bl  mit  Sign  \a — </ 4,  r  5],  4g   Zeilen,  röm.  Schrijt,  zwei  Schriftgrössen. 

Hain-Copinger  13661. 

Weilburg.     (Aus  Deutt.) 

606  Rainerius  de  Pisis:  Pantlieologia  s.  Summa  universae  theologiae. 
Norimbergae,  Johannes  Sensenschmid  et  Henr.  Kefer  de  Moguntia,  1473. 
2  Bde.     20. 

Hain  */jO/£. 
Limburg:    nur  Bd  l. 

607  Rainerius  de  Pisis:  Pantheologia  s.  Summa  universae  theologiae. 
Venetiis,  Hermann  Liechtenstein,  1486.     2  Bde     2". 

Hain-Copinger  *  1301g. 

Limburg:    2  Ejcemplare,  aus  Deutz  und  aus  Limburg, 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Marienstatt.) 

608  Rampigollis,  Antonius:  Compendium  Bibliae,  s.  aureum  Bibliae 
repertorium.     [Coloniae,  Ludovicus  de  Renchen  ?j,  s.  a.     4'^. 

Hain-Copinger  *i36/g.     Praetor  1281. 
Limburg.     [Aus  Hudamar.) 


—     83     — 

609  Ray  m  un d  US  de  Sabunde :  Tbeologia  naturalis  seu  über  creaturarum. 
Argentinae,  Martinus  Flach,  1496.     20. 

Hain-Copinger  *  1406g. 
Limburg.  [Aus  Deutt.) 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes.) 

Ret'ormatorium  vitae  s.  Pliilippus,  Jacobus. 
Regimen  rusticorum  s.  Rolevinck,  Werner. 

610  Regnierus,  Helias:    Casus  longi  Sexti  et  Clementinanim.   [Argen- 
tinae, Johannes  Pryss,  1490.]     2o. 

Hain-Copinger  *i^8l2.     Praetor  £40. 
Wiesbaden  LB. 

611  Regnierus,  Helias:  Casus  longi  Sexti  et  Clementinarum.   [Argen- 
tinae, t}-pogr.  Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483],  1496.     2«. 

Hain-Copinger  *  1^816.     Praetor  66g. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

[Reisch,  Gregorius:    Margarita  philosophica.     4*^. 

Hain  138^2,    ist  kein  Heidelberger  Druck   van   14g  6,  sondern  ein  datierter  Strasshurger  Druck 
des    "Johannes  Schott  von  /^04.] 
Wiesbaden   G. 

612  Repertoriura     continens    titulos    quinque    librorum    decretalium. 
Coloniae,  Henricus  Quentell,  1495.     4^. 

Hain-Copinger  138/4. 

Limburg.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

613  Richardus  de  Mediavilla:    Super  quarto  sententiarum.     Yenetiis, 
Christophorus  Arnoldus,  s.  a.     2^. 

Hain-Copinger  *  zog  8  4. 

Herbom  81/.     [Aus  Herbom  HSch.) 

614  Richardus  de  Media\illa:    Super  quarto  sententiarum.     Venetiis, 
Bonetus  Locatellus,  1498. 

Hain-Copinger  */og8/. 
Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

Robertus  de  Licio  s.  Caracciolus  de  Licio,  Rob. 

615  Rodericus     Zamorensis:     Epistola     super    expugnatione    insulae 
Negropontis.     [Coloniae,  Ulr.  Zell,  c.  1473.] 

Hain  *l3g57-     Praetor  Additicns  goo. 
Limburg. 

616  Rolevinck,  Werner:  Fasciculus  temporum.    Argentinae.  Johannes 
Pryss,  1487.     2". 

Hain-Copinger  *6g36. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Deutz.) 

617  Rolevinck,  Werner:  Fasciculus  temporum.   [Argentinae.  Johannes 
Pr}^ss],  s.  a. 

Hain-Copinger  *6gi6.     Praetor  ^63. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Am  st  ein.) 

6* 


—     84     — 

618  Rolevinck,  Werner:  Formula  vivendi  canoniconim.  [Coloniae, 
Am.  ter  Hoemen?],  s.  a.     4o. 

Bl  la:  Incipit  tabula  formule  viuedi  canonlcorum.  |j  Bl  2a  Z  2/:  Explicit  pns  tabula 
istius  sequetis  formule.  £/  2b:  Formula  viuendi  canoniconim  siue  vicariorü  secularium 
aut  eciam  deuotorum  psbiterorum  j  ()Ic  psalmum  dicam  noi  tuo  in  seculum  ]  seculi  etc. 
Bl  2jb  Z  /:  Explicit  formula  viuedi  canonicoy.  !  jEc  prescripta  formula  viuendi  edita 
dicitur  ||  etc.     Schluss  Bl  24a  Z  /.•    Nä  ;  ipi  in  ea  modü  viuedi  sibi  agruü  descptü  hnt. 

24  Bl,  ohne  Sign,  2/  Zeilen,  am  Rande  die  Kapitelnummem  \arab.\,  goth,  Schriß,  eine  Schrißgrösse. 

Limburg.     {^Aus  Limburg.) 

619  Rolevinck,  Werner:  Libellus  de  regimine  rusticorum.  [Coloniae, 
Arnoldus  ter  Hoernen.  c.  1472.]     4'^. 

Hain-Copinger  ij/26.      Voullieme  1026a. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

620  Rolevinck,  Werner:  Quaestiones  duodecim  pro  S.  Theologiae 
studiosis.     [Coloniae,  Arnoldus  ter  Hoernen,  147.5.]     4o. 

Bl  laa.  \rot'\:  Questiones  duodeci  notabiles  valde  |]  et  vtiles  pro  plJris  et  studentibus 
ac  [|  alijs  sacre  doctrine  insudantibus.  \'  (scA-warz)  (jVeritur  primo  quib^  |i  potissimü  credita 
süt  '  eloquia  dei.  aut  qui  |  ftf.  Bl  I4b^  Z  jo:  culorum.  Amen  •:•  Expliciunt  duodeci 
questiones  pul-  cherrime  a  quodä  venerabili  et  reli  gioso  patre  ordinis  carthusien  ad  ,  gloriä 
eius  q  solus  habet  sapieciä  et  i{  possidet  nomen  gloriosü  honorecp  et  {|  impiü  p  secula 
etema  edite    •:• 

/4  Bl  ohne  Signaturen,  2  Spalten,  jg   Zeilen,  goth.  Schriß,  eine  Schrißgrösse. 

Ennen  Katalog  der  Inkunabeln  in  der  Stadtbtbliothek  zu  Cöln  S.  62  No  1^0.  vgl.  Centralblatt 
f.  Bibliothekswesen  Bd  6  i88g,  S.  jgi.  Xo  6.  Miraeus,  Bibliotheca  Cartusiana,  Coloniae  i6og  p. 
2g^lg6  führt  die  Schriß  als  Werk  des  Wemerus  Laerius  cognomento  Roeleuinck  an  und  zwar  mit  dem 
Zusatt:    impressae  Coloniae  in  40  apud  Amcldum    Therhoernen  anno  14/$. 

Herbom  152^.     [Aus  Herbom  HSch.) 

Roxiate  ] 

[  s.  Albericus  de  Rosate. 
Rosate    J 

621  Rudiment  um  novitiorum.     Lubecae,  Lucas  Brandis.  1475.     20, 

Hain  *4gg6. 

Herbom    V I  lo.     [Aus  Herborn  HSch.) 

622  Rupertus  Tuitiensis:  De  victoria  verbi  dei.  Augustae,  Anton 
Sorg,  1487.     2\ 

Hain  ^14046. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgotles.) 

Sabunde  s.  Raymundus  de  Sabunde. 

623  Sachsenspiegel.   Augsburg,  Hans  Schünsperger,  1496,     2o. 

Bl  la  Titel:  Hye  hebt  sich  an  der  sa  chssenspiegel  mitsampt  ||  den  cautelen  vnd 
addi'|tionibu3  bockstorfT.  Bl  ib  Holzschnitt:  der  Kaiser  Recht  sprechend,  auf  dem  Spruchband:  ipe 
dii  et  fcta  süt  ipe  mädauit  et  creata  st",  ps.  32.  Bl  2  a  {Sign  a  ij\  bis  Bl  6h  Register  des  ersten 
Buches.  Bl  pa  \Sign  bj\  a  beginnt  die  Vorrede  Z  i:  N  [Ifolzschnittinitiale]  W  vernept  vmb  i  der 
herren  gebur-'jte  von  dem  lande  zu  Sachsen  C  Der  |  von  anehalte,  vn  |  der  von  Branden-|| 
bürg  vnd  der  vö  |  etc.  Bl  loa  [Sign  b  iiij]  ß  Z  40 :  mo.  |j  Also  habe  wir  die  uorrede  nun  !| 
Sequit  articulus  primus.  Bl  loba:  Articulus  primus  j  C  [Holzschn-.it]  Zwey  Schwert  He  Le 
got)  auff  dem  ertrich  zu  beschier  men  die  cristehey-,  te  C  Dem  bapste  ;  ist  gesalzt  d? 
geyst  lieh  de  Keysen  das  weltlich  etc.  Bl  6oaa  Z  J2:  latione  tertia  sc.  |  Et  sie  est 
finis    huius    prmi    libri.     Bl  60b   leer.      Bl  6/a  [Sign   kj.\   bis  Bl  65b  Register  des  zweiten  Buches. 


—     85     — 

Bl  66  leer.  Bl  6^a  \Sign  lj\  beginnt  Jas  zxvdte  Buch,  schliefst  Bl  11/ b.  Bl  u8  leer,  ßl  ug  \Sign 
[j]  beginnt  das  Register  des  dritten  Buches,  schliesst  Bl  124b.  Bl  I2£  [Sign  tj]  beginnt  das  dritte  Buch, 
schliesst  Bl  20/ a'^  Z  36 :  treüw  gelübte  Didicij  tagcworchten.  Ij  Explicit  der  sachbenspiegel 
den  der  er-||Wirdig  in  Got  vater  und  her  Theode  ;ricus  von  bockstorff  bischoff  zu  Neüen|| 
bürge  seliger  gecorrigieret  hat.  Bl  20/b  leer.  Bl  2o8aa:  C  [Holzschnitt]  Autela  bin  ich 
ge||nant.  etc.  Bl  22g  b^  Z  20:  recht  vt  s  s  li.  ij.  ar.  xij;  S-  vltimo.  Bl  2jo  leer.  Bl  2$ia 
\Sign  L  i\  beginnt  der  lateinische  Text,  schliesst  Bl  24/ b.  Bl  248  leer.  Bl  24ga  [Sign  Oj\  a:  N 
[Holzschnitt]  V  ist  zu  wissen  d?  |  mä  hier  nach  vin  !det  alle  zusetze  ge  |nant  in  de  lateine  | 
additiones  die  do|  hin  vfl  her  in  dem  aachtiespiegel  au(j  [wendig  des  textes  vn  der  glosen 
soltet  jj  geschribe  stan.  etc.  Bl  2^jb^:  C  Hye  endet  sich  der  sachssenpiegel  [!j  ||  mit 
sampt  den  cautelen  vn  additio-  bus  [!J  Bockstorff.  Gedruckt  vnd  selig-  klich  volendt  An  vnser 
frauwe  abet  |  den  man  nennet  dye  verkündunge.  in  der  Keyserlichen  statt  Augspurg  J 
durch  Hannsen  Schönsperger  Als  |j  man  zalt  nach  Cristi  vnsers  herren  j  geburt.  Tausent- 
wierhundert  vnd  |;  jm  sechL  vnd  Neüntzigosten  Jar.     Bl  2^4  leer. 

2S4  Bl  mit  Sign  [a  c  e  g—k  m  o  q  /  fv  y  i  ;  b  d  flnp  txsi;  A  C  E  G  I  LOl,  B  F  H<\ 
Blattzählung  innerhalb  der  einzelnen  Bücher,  im  lat.  Text  durchgehend,  4^  Zeilen,  latein.  Text  61  Zeilen, 
goth.  Schrift,  eingedruckte  Holzschnittinitialen,  J  Schrijtgrössen. 

Hain-Copinger  14080. 

Wiesbbaden  LB. 

Saldis,  Hermannus  de,  s.  Hermannus  de  Schildis. 

624  Salicetus,  Nicolaus:  Antidotarius  animae.  Hagenoae,  [Henricus 
Gran],  1494.     8o. 

Hain-Copinger  *  1416 5.     Proelor  31/9. 
Limburg.     [Aus  Limburg,  vorher  in   Gronau^ 

Salis  s.  Baptista  de  Sulis. 

Salomo  s.  Dialogus  iuter  Salomonen!  et  Marcolphum. 

H25  Sallustius,  C.  Crispus:  Opera  cum  Laurentii  Vallae  commcntario 
in  bellum  Catilinarium.     Venetiis,  Theodonis  de  Ragazonibus,  1492.     2". 

Bl  la:  Hoc  in  uolumine  haec  continentur:  Pöponii  Epistola  ad  Augustinü  Mapheü  ]| 
C.  Crispii  Salustii  bellü  catilinarium  cum  jl  cömento  Laurentii  ualensis.  Portii  Latröis 
Declamatio  cötra.  L.  catilinä  |'.  C.  Crispi  Salustii  bellum  iugurtinum.  ||.  C.  Crispi  Salustii 
uariae  orationes  ex  ||  libris  eiusde  historiarum  excerptae.  jl.  C.  Crispi  Salustii  uita.  |i  Romae 
per  Pomponium  emedata:  ac  \\  Venetiis  diligentissime  impressa.  Bl  ib  Pomponii  epistola, 
Bl  2a  [Sign  aü\  Text:  C.  CRISPI  SALLVSTII  LIB,  DE  CON!  IVRATIONE.  L.  SER.  CATI- 
LINAE.  1|  (  MNIS  HOMINES  Qui  sese  j  etc.  Kommentar:  (  MNIS  HOMINES:  Patritia  gente 
Crispus  Salustius  romae  natus  post  re  pub.  ciuili  discor|  dia  etc.  Bl  4^  am  Ende:  Finis  || 
Laus  omnipotenti  Deo  ||  Impressum  Venetiis  per  magistrum  ||  Theodorum  de  ragazonibus 
de  I!  asula  Anno  domini.  M.  cccc  ||  Ixxxxii  die.  yiiii.  Julii  |  Deo  gratias  \\  Amen.  ,  Re- 
gistrum Cartarum  etc.     Bl  46  leer. 

46  Bl  mit  Sign  [a—gi,  h'],  43  und  61  Zeilen,  röm.  Schrift,  drei  Schriftgrössen. 

Weilburg.     {Aus  Idstein,   Gymn.  Bibl.) 

626  Samuelis,  Rabbi:  Rationes  breves  ad  reprobandos  Judaeorum 
errores.     Coloniae.  [Henricus  Quentell],  1499.    4o. 

Hain-Copinger  *  142^1.     Proctor  1361. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Amstein.) 

627  Samuelis,  Rabbi:  Rationes  breves  ad  reprobandos  Judaeorum 
errores.    Norimbergae,  Caspar  Hochfeder,  1498.    4*>. 

Hain-Copinger  *  142/0. 

Herborn  SV  3.     {Aus  Herborn   HSch.) 


—     S6     — 

628  Schatzbeliälter  oder  Schrein  der  wahren  Reichthümer  des  Heils 
und  ewiger  Seligkeit  genannt.     Nürnberg,  Anton  Koberger,  1491.     2^. 

Hain-Copinger  *I4^0/. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Schonau.) 

H29  Schedel,  Hartmannus:  Liber  Chronicaruni.  Augustae,  Johannes 
SchÖQsperger,  1497.     2^. 

Bl  la  Tue/:  REgistrum  huius  |  operis  libri  cronicay  |  cum  figuris  et  yma-!;ginibus 
ab  inicio  mü  'di  vs(f  nüc  temporis.  Bl  ib  leer.  Bl  2a  \Sign  2]  a;  Tabula  operis  hui9  de  || 
temporibus  mundi  vt  hystoriay  rerumcy  cete-!|  etc.  Bl  2^c2^:  Finit  Registrum.  Bl  2ßb  u. 
26  leer.  Bl  2/d:  LIber  cronicarum  cum  figuris  et  yma-  ginibus  ab  inicio  müljdi  vscp  nüc 
temporis.  Bl  J2ia  \^Si^  GGi;  numer.  CC xdüt]  ß  Z  2(S:  COmpleto  in  famosissima  Nurem- 
ber-  gensi  vrbej  Operi  de  hystorijs  etatü  mü!  di.  ac  descriptione  vrbium.  felix  imponi|jtur 
finis.  Collectum  breui  tempore  Auxilio  do-  ctoris  Hartmanni  Schedel.  qua  fieri  potuit  di-|| 
ligentia.  Anno  christi  Millesimo  quadringen-  tesimo  nonagesimotertio.  die  quarto  mensis 
iu  nij.  :c  I  Deo  igitur  optimo.  sint  laudes  |  infinite  in  scla  seculorü.  Amen.  Bl  j6^a^ 
[numer.  Folium  CCC xxxvia\  am  Ende:  Finit  hie  feliciter  liber  Cronicaru?  cum  ||  figuris  i 
imaginib9  ab  initio  müdi  us  (^  nunc  teporis  Impressum  ac  finitu)  |  in  vigilia  purificatiöis 
Marie  in  imp  iali  vrbe  Augusta  a  Jobanne  Sehen  sperger.  Anno  ab  incarnatiöe  domini  || 
M.  cccc.  xcvij.     Bl  j6^b  und  j66  leer. 

j66  Bl  \jj,  74  mit  falscher  Zählung,  a3,  b—e'^,  f—g^,  -^  ^  '-3.  ^»,  l-,  ni  i,  «4,  o—J>i,  q'^, 
r—vi,  x^,  y—zi,  A—Zi,  AA—MMi,  NN^,  00 i;  Bl  28—365  numer.],  2  Spalten,  51  Zeilen,  goth. 
Schrift,  drei  Schrißgrössen,  eingedruckte  Initialen  und  viele  Holzschnitte. 

Hain-Copinger  1450g. 

Wedburg.     (Aus  Höchst.) 

630  Schedel,  Hartmann:  Liber  chronicarum.  Norimbergae,  Anton. 
Koberger,  1-193.     20. 

Hain-Copinger  *l45o8. 

Wiesbaden  LB.  Die  Schlusschriß  steht  auf  Bl  J20b  [Hain  Druckfehler  J2b\.  Früher  im  Besitze 
Georgs,  Burggrafen  zu  Kirchberg.     ( Aus  der  Hachenburger  Bibliothek.) 

Schildiz  s.  Hermannus  de  Schildiz. 
Schwabenspiegel  s.  Landrechtbuch. 

631  Scotus,  Michael:  Liber  Physionomiae.  [ßasileae,  Johannes  de 
Amerbach],  s.  a,    4°. 

Hain  *  145  45  =  ^455^-     Praetor  ^617. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Eberbach  ) 

632  Seneca,  L.  Annaeus:  Opera  philosophica  et  epistolae.  Tarvisii, 
Bemardus  de  Colonia,  1478.     2". 

Hain-Copinger  *i4ßgr. 

Am  Anfang  fehlen  //  Blätter. 

Weilburg. 

633  Seneca,  L.  Annaeus:    Proverbia.     [NeapoU?],  s.  t.  et  a.     4». 

Hain  *  146 44.     31—30  Zeden. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Eberbach.) 

634  Seneca,  L.  Annaeus:  De  remediis  fortuitorum.  s.  1.,  t,  a.  [nicht 
nach  1488.]     4". 

Bl  la  leer.  Bl  tb  Z  t :  (hiVnc  libru?  composuit  Seneca  no-|  bilissim9  orator  ad 
Gallione   ami-  ,cü   suü   cötra   öes  impet9   et   machi-  jnameta   fortune.     4  Zeilen  tiefer:    Incipit 


—     87     — 

über  senece  d  remediis  fortuito,^.     Bl  loa  Z  iS :    Annei  lucii  Sencce  d  re„medÜ5  forluitorm 
über  [|   pxplicit.     Bl  lob  leer. 

lO  Bl  ohne  Sign,  2/  Zeilen,  röm.  Sckrt/t,  eine  Schrißgrösse. 

Der  Rubrikalor  hat  am  Ende  dte  Jahreszahl  1488  hinzugefügt. 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Eberbach.) 

H35  [Sequentiae:]  Textus  sequeiitiarum  cum  commento.  [Coloniae. 
H.  Quentell,  1492.J     4o. 

Hain-Copinger  ^14682.     Praetor  1414. 
Herbom  P  IV  /ß.     (Aus  Herbom  HSch.) 
Limburg    [Jehlt  Bl  i).     [Aus  Arnstein.) 

636  [Sequentiae:]  Textus  sequentiarum  cum  commento.  [Hagenoae, 
Henr.  Gran],  1489.     4". 

Hain-Copinger  *I468/.     Praetor  Jl/O. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Arnstein.) 

Sermones  Dormi  secure  s.  Johannes  de  Verdena. 
Sermones  tliesauri  novi  s.  Petrus  de  Palude. 

637  Sermones  tres  de  passione  Cliristi  trium  venerabilium  doctorum, 
quorum  primum  compilavit  sive  Guillermus  de  Aquisgrano  sive  Gabriel  de 
Urach,  ceterorum  nomina  ignorantur.  Acc:  Anselmi  de  passione  Jesu  Christi 
querentis  et  Mariae  virginis  respondentis  dialogus.  Tractatus  beati  Bernardi 
de  planctu  beatae  Mariae   virginis.     Argentinae,  [Martinus  Flach],  1490.     4". 

Voullieme  1065.     Praetor  686. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Nolgottes,  vorher  in  yokannisberg.) 

638  Sifridus  de  Arena:  Expositiones  seu  declarationes  titulorum  utrius- 
que  iuris.     Coloniae,  Johannes  Koelhoff  de  Lübeck,  1491.     2°. 

Hain-Copinger  */4/2^. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Limburg.) 

639  Signorolus  de  Homodeis:  Consilia,  quaestiones  et  allegationes. 
Mediolani,  Udalricus  Scinzenzeler,  1497.     2°. 

Bl  la  leer,  ib  beginnt  der  Index  zur  Tabula,  er  endigt  Bl  2b.  Bl  ^a  \Sign  aa  üj\  a  Z  /: 
C  Tabula  seu  repertorium  omnium  principalium  t  inciden  tium  dictorum:  tarn  questionum 
4  consciliorum  [!]  famosissimi  ;|  V.  I.  monarce:  militiscf:  ac  Comitis  dni  Segnoroli  de 
Ho-|!modeis  de  Mediolano.  sub  cögruis  Iris  alphabeti  situatum.  Ende  der  Tabula  auf  Bl 54b. 
Bl  55a  leer,  Bl  ^^b  Z  i:  Ludouicus  Galeratus.  I.  V.  doctor  Mediolanesis.  Magnifico  Seg- 
norolo  Homodeo.  I.  V.  |i  consumatissimo  ac  lusticie  ordini  prefecto.  Sal'.  Blß6a  [Sign  A]a 
Z  I :  C  Clarissimi  vtriuscp  iuris  monarce  nee  nö  equitis  ac  comi  tis  insignis.  d.  Signoroli 
de  Homodeis  de  Mediolano  c^  ca|  stigatissima  iuris  responsa:  i  questiones  p  eum  disputate.  , 
Feliciter  incipiunt.  Bl  241  b^  Z  28 :  C  Expliciunt  Consilia  Questiones  ;  allegationes  famo- 
sissi-i|mi  legum  doctoris  domini  Segnoroli  de  Homodeis  de  Me-  |diolano  Militis  ac  Comitis  . 
Palatini  dignissimi.  Impressa  1}  Mediolani  per  Magistrum  Vlderium  Scinzenzeler.  Anno  || 
domini.  M.  cccclxxxxvii.  die.  xv.  Maij.  Darunter  das  Druckerzeiihen.  Bl  242  a  folgen  Registrü 
tabule  und  Registrü  totius  operis. 

242    Bl   mii  Sign    [aa—äi,    a  4,    b—z,    1 0  <f,    A—Ei],    2  Spalten,   /^    ZeiUn,   goth,   Schrifl, 
2  Schriftgrössen. 

Hain  8/g^. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 


—     88     — 


640  Simon  de  Ca>sia:  Expositio  super  totum  corpus  evangeliorum, 
[Argentinae.  Johannes  Pryss,  1480.]     2''. 

Hdtn-Copmger  *4S57-     Praetor  528. 
Limburg, 

641  Sinthis,  Johannes:  Glossa  super  quattuor  partes  Alexandri. 
Argentinae.  Johannes  Pryss,  1499.     2  Bde     8°. 

Häin-Cafinger  r4/6j. 

Die  2  letzten  Blätter  des  2.  BJes  fehlen. 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 

642  S  ixt  US  IV':  Bulla  extensionis  Indulgentiarum  pro  tuitione  tidei 
catholicae  ac  insulae  Rhodi  contra  Turcos.  s.  1,  et  t  [1480]  1   Bl.     2o. 

Anfang  und  Ende  fehlt,  das  Bruchstück  befindet  sich  auf  der  Innenseite  des  Vorderdeckels  von 
Nro  42S  eingeklebt  und  besteht  aus  4/    Zeilen  [28,/  cm  lang,  22  Zetlen  =  io  cm  Hohe]. 

Z  i:  aimo  vitä  in  piculo  ponere  et  sanguin[e]  effundi  ac  tande  morte  subire  n5 
dubitassent.  Et  lic^ipi  Magister  :  fratres  ac  eorüdem  locoy  incole.  virili  aimo.  ad  resistedum  || 
eorüde  Thurco^  incursib?  parati  semp  [e  xistercnt  etc.  Z  4/ :  sint  eis  ocedere  Hbere  et  licite 
valeät.  motu,  scietia  i  auctoritate  pdictis  ocedimus.  Declaramus  ^^of  reiterätes  visitacöne 
ecciarü        öi  dicti  Johänis  vel  alias  in  cö-jj 

goth.  Schn/t,  eine  Schriftgrösse, 

vgl.   Hain  14803. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Marienstatt.) 

643  Sixtus  IV:  Regulae,  Ordinationen  et  constitutiones  Cancellariae 
apostolicae.     s.  1.,  t.,  a.     4o. 

Hain-Copinger  *  148 22. 
Wu:bnden  LB.     (Aus  Eberbach.) 

Soccus  s.  Conradus  de  Brundelsheim. 

644  Solilo(iuium  peccatoris  conversi  et  compuncti.  Norimbergae, 
Fridricus  Creussner,  1479.     4". 

//ain  '148/2. 

Limburg.     [Aus  Limburg). 

Speculum  exemplorum  s.  Aurifaber,  Aegidius. 

645  Speculum  rosariorum  Jesu  et  Mariae.  Lueneburg,  Johannes 
Lucae,  1493.     8*'. 

Voulliime  lO/^. 

Bl  r^  u.   16  sind  leer. 

Im  vorliegenden  Ej.emplar  fehlt  Bl  I. 

Limburg. 

646  Sprenger,  Jacob  u.  Heinr.  Krämer:  Malleus  maleficarum.  [Argen- 
^torati,  Job.  Pryss],  s.  a.     2^. 

Hain-Copin^er  *g2j8.     Prector  526. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Schönau.) 

647  Sprenger,  Jacob  und  Heinr.  Krämer:  Malleus  maleficarum. 
Norimbergae,  Antonius  Koberger,  1494.     4°. 

Hain-Copinger  *g24§. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Herbom  HSch.) 


—     89     — 

648  Sprenger,  Jac.  und  Heinr.  Krümer:  Malleus  maleficarum.   Norira- 
hergae,  Antonius  Koburger,  1496.     4". 

Hain  *g246. 

Wiisbadfn  LB:    2    Exemplare,   aus  Ehrenbreilstein    und  Herborn  HSih.  ;    m  letzterem  fehlt  Jas 
letsU  Blatt. 

649  Sprenger,  Jacob  u.  Heinr.  Krämer:  Malleus  maleficarum.   [Spirae, 
Petrus  DracbJ,  s.  a.     2'\ 

Hain-Copin^er  *g2jg.     Praetor  2383, 
Limburg.     [Aus  Amstein.) 

650  Statuta  provincialia  antiqua  et  nova  Moguntina.  [Argentinae, 
Johannes  Pryss],  s.  a.     2o. 

Hain  *  1^041.     Praetor  52g. 

Limburg. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Sehönau.) 

651  Statuta  synodalia  cum  modificationibus  ecclesiae  Leodiensis. 
Coloniae,  Lodevicus  de  Renchen,  1492.     4'\ 

Bl  la  Titel:  Statuta  synodalia  cuj  ||  modificatöibus  ecclie  ||  Leodien  •:•  Darunter 
Holzschnitt.  Bl  ib  leer.  Bl  2a  [Sign  A  ij"\  a  Z  1 :  Incipiunt  statuta  Synoda|  lia  ecclesie 
Leodief).  []Ohänes  dei  gra-]|tia  Leodien.  epis{|copus  Uniuersis  ||  Abbatibus  ab-!  batissis 
Pricrib9  \[ete.  Bl  /£b^:  Statuta  synodalia  diocesis  ]|  Leodien  cü  niodificatöib9  j  ad,  ditöib^ 
eorunde  nedü  sacerdo- itibus  verüetiä  qbuscüc|  clericl  |!  notarijs  :  oib9  familiarib9  curie  | 
predce  dyocesis  summe  nccäria  [!]  ||  impressa  p  me  Lodeuicü  renc-||hen  in  felici  Colonia 
Explici-|,unt.  anno  dni.  M.  cccc.  xcij.  se||xta  Aprilis.     Bl  /6  leer. 

75  Bl  mit  Sign  [A—Di,  £4,  F—Li,  M^]  2  Spalten,  35  Zeilen,  goth.  Schrift,  Tüel  in 
grösserer  Schrift. 

Umburg.     [Aus  Hadamar.) 

652  Stella  clericorum.     Daventriae,  Jac.  de  Breda,  1498.    4". 

Hain-Capinger  l£o8o.      Campbell  1614. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

653  Stella  clericorum.     [Coloniae,  Henricus  Quentell],  s.  a.     4". 

Hain-Copinger  *  1^063.     Praetor  13g 8. 

Limburg. 

Weilburg.     (Aus  Höchst.) 

654  Sterbebüchlein.     [Magdeburg.  Simon  Koch],  s.  a.    4o. 

Bl  la:  Uan  dem  steruende  mynsschen  Ij  Unde  dem  gülden  seien  tröste.  Darunter 
ein  Holzschnitt:  ein  Sterbender  auf  seinem  Lager,  links  der  Arzt,  rechts  der  PtUster.  Bl  ib  Holt- 
schnitt:  kleine  Kreuzigung.  Darunter  C  Hijr  begynnet  eyne  schone  geistlike  le-  re  van  dem 
steruende  minschen  dat  eyn  deil  ghejlnome  is  vth  dem  boke  dat  de  meyster  gcmaket  hefft 
van  der  kunst  wol  to  steruende  vnde  is  ein  ||  kunst  aller  kunste  Dat  ein  iewelick  minsche 
vä  II  rechter  ordeninge  by  sik  hebben  vn  mit  grotem  \  vlyte  betrachten  schal  etc.  Bl  15a 
[Sign  euj]  Z  21:  C  Hijr  Begynnet  de  gülden  seien  troest/  vn  ;  alsus  bydde  vor  de  armen 
sele/  de  de  rechtuer-ljheyt  etc.  Bl  18a  Z  2g:  des  segge  ik  di  here  lof  vn  cre  nu  vn  iumer 
mer  i|  C  Amen.    Bl  18  b  leer. 

18  Bl  nü  Sign  [Sign  a,  b,  c  j],  2g   Zeilen,  goth.  Schrifl,  2  Sehriftgrössm. 

Bl  2,  5,  13  fehlen  im  vorliegenden  Ex. 

Über  diesen  Druck  s.  Falk,   Centralblatt  /.  Biiliotheksivesen  7,  l8go,  S  24/  und  344. 

Limburg. 


—     90     — 

655  Stoefflcrus,  Johannes,  et  Jacobus  Pflaumen:  Almanach  nova. 
LToiae.  Johannes  Reger.  1499.     4o. 

Hain-  Ccrfinger  "ißn  Sß. 

Es  sind  nur  ßi  i — /o   zjrhanden. 

IVusbaJfn  LB. 

656  Suetouius,  C.,  Tramiuillus:  Vitae  XII  Caesanim  cum  commen- 
tario  Philippi  Beroakli.     Bononiae,  Benedictus  Hectoris.  14'.):).     2". 

ßl  la  Uer.  Bl  ib:  Habes  mi  lector  candide  trän.  Suetonii  tabu-  lam  uocabulorum 
&  bistoriarü  &  loco^r  mul-  jtorum  declaratione  nö  iniocundä.  Et  aduerte  multa  ee  uocabula 
i  ipsa  tabula  colocata  quae  :;  in  margine  extracta  nö  sunt  sed  intus  in  cöme  tariis  reperies 
si  lectitabis.  Vale.  Bl  2  a  {Sign  i\  folgt  die  Tabula,  -velche  Bl  na  endigt.  Dann  folgt  was  bei 
Hmn  als  Bl  i  bezeichnet  ist;    i8  nicht  numer.  Bl  +  J26  numerirte  +  i  nicht  numerirtes  Bl  =■  JV5  ^^• 

Hain-Copinger  *  1^126. 

Wedburg.     (Aus  Sayn.) 

657  Suetonius,  C,  Trau([uillus:  Vitae  Xll  Caesarum.  [Tarvisii, 
Johannes  RubeusJ.  1480.     2^. 

Hain-Copinger  */^rig. 

IVeüburg.     [Aus  Marienstatt.)  , 

658  Suso.  Henricus:  Horologium  aeternae  sapientiae.  Coloniae,  Johannes 
Landen,  1496.     4o. 

Bl  la  Tu.:  Incipit  horologium  |j  eterne  sapientie.  Darunter  Holzschnitt.  Bt  ib  leer, 
ßl  2a  \Sign  ai/]:  Incipit  prologg  libri  qui  in:  titulat  horologiü  eterne  sapie  ||  (jEntite 
ni  domino  |  in  bonitate  z  in  simplicitate  cordis  querite  |  illü.  etc.  ßl  6jb  Z  j6:  C  Explicit 
horologium  eterne  sapientie  Colonie  per  me  Jo||hannem  Landen  infra  sexdecim  domos 
omoräte  impressu?  atcp  diligenter  correctum.  Anno  domini.  M.  CCCC.  XCVI.  men  jsis  Sep- 
tembris.  die  vero  Nono.     ßl  64  [leer/]  fehlt. 

64  ßi  mit  Sign  [ai,  b^,  ci,  d',  <f 3, /»,  g3,  h^,  i — mi\,  45  Zeilen,  goth.  Schrifl,  zzuei  Schrift- 
grossen. 

Limburg.     [Aus  Limburg.) 

659  Tacitus:  Historiae.     Venetiis,  Philippus  Pincius,  1497.     2'^. 

Hain-Copinger  *  1^222. 
Wiesbaden  LB. 

600     Tacitus:    Vita  Agricolae.     Venetiis,  Philippus  Pincius,  1497.     2^'. 

Hain-Copinger  *  1^222. 
Wiesbaden  LB. 

661  Talmud.     [Lipsiae,  Landsperg?],  o.  J.     4o. 

Bl  la  Tit.:  Thalmut  j|  Obiectiones  in  dicta  Thaljjmut  seductoris  Judeorum.  Zu  Seiten 
des  Titels  rechts  und  links  je  2  Porträts.  Bl  ib  leer.  Bl  2  a.  ()Halmut  est  doctrina.  Et  diui- 
ditur  I  in  quatuor  libros  quoy  quilibet  eoy  appellatur  ||  Cefer  in  genere.  Et  nos  oes  libros 
Moysi  voca!  mus  Bibliä.  etc.  Bl  8  Z  28:  tarn  acriter  passi  sunt,  ergo  patet  q.  grande  pec- 
catum  com-j  miserunt  q>  Christum  verum   regem  occiderunt  rc. 

8  Bl  ohne  Sign,  34 — j5  Zeilen,  goth.  Schrift,  Titel  u.  Anfangszeilen  des  Textes  in  grösserer  Schrift. 

Limburg.     [Aus  Hadamar.) 

662  Tauler,  Johannes:  Predigten.  Lipsiae,  Conrad,  Kccheloven,  1498.  40. 

Hain-Copinger  *I^J46. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Hadamar.) 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes  handschr.  {i6.  Jahrh.):  Dit  boich  halt  der  wirdiche  ritter 
Her  Frederich  vam  steyn  den  sustere  zo  besselich  geben  im  lare  XV'\ 


—     91     — 

663  Taxa  sacrae  Pueuitentiariae.   [Roinae,  Johannes  Besicken],  s.  a.   4". 

Hain  *I335/.     Praetor  3g  8 4. 
Wusbaden  LB.     (Aus  EierdacA.) 

664  Taxa  Romanae  Cancellariae  et  Poenitentiariae.  Romae.  [Johannes 
BuUej,  1479.     4«. 

ßl  I  fehlt.  Dl  2  Z  i:  De  expectatiuis  .  Expectatiua  pro  prescnte  ad  unum  bnficium 
scdm  regulas  cani  cellarie  graciosa  etc.  Bl  i8a  Z  22:  Finis  est  laus  deo.  :  Impressum 
quidem  romae  pridie  Kalenday  Mali,  millesimoqua  dringentesimoseptuagesimonono.  BliSbUer. 

18  Bl  ohne  Sign,  [2  Lagen  /4,  2  5]  j5  ZeUen,  goth.  Schrijt,  eine  Schhjtgrösse. 

Hain  15349- 

WUsbadeyi  LB.     (Aus  Eberbach.) 

665  Terentius,  Puhlius:  Comoediae  sex  cum  directorio  vocabulorum, 
glossa  interlineari  et  commentariis  Donati,  Guidonis  et  Ascensii.  Argentinae, 
.lohaunes  Grüninger,  1499.     2". 

Hain-Copinger  *  15432. 

In  diesem  Exemplar  steht  Bl  5  nicht  THERINTII  ivU  Hain,  sondern  THERFNTII  EPITA- 
PHIVM,  -wie   Voullieme  1118  angiebt. 
Weilburg.     (Aus  Notgottes.) 

666  Terentius,  Puhlius:  Comoediae  sex  c.  comm.  Aelii  Donati  et  Joh. 
Calphurnii  in  Heautontimorumenon.     Venetiis,  Simon  Bevilaqua,  1495.     2". 

Hain  ^15420. 

Weilburg.     (Aus  Rommersdorf.) 

667  Terentius,  Puhlius:  Comoediae  sex  cum  comm.  Donati,  Guidonis, 
Calphurnii  et  Ascensii.     Veuetiis.  Lazarus  de  Soardis,  1499.     2o. 

Bl  la  Titel:  Terentius  cum  quattuor  com-!|mentis :  videlicet  Dona- |ti  Guidonis  Cal-|| 
phurnii  :  ||  Ascen-||sii.  Bl  ib  Holzschnitt  den  Dichter  und  seine  Kommentalyren  darstellend.  Bl 
2a  [Sign  aii,  numer.  ü]:  Terentii  Vita  (pjVBLlVS  Terentius  Afer  Carthagine  natus:  seruiuit 
Romae  Terentio  Lucano  senatori:  a  ||  etc.  Bl  5  b  Holzschnitt  mit  der  Inschrift :  COLISEVS 
SIVE  THEATRVM.  Bl  6a  [numer.  vi]  beginnt  das  argumentum  Andriae  Terentianae.  Bl  /  a 
[Sign  b.  numer.  z-ii]  Text:  ANDRIAE  PROLOGyS.  ,  (p  OETA  quü  primum  animum  \\  etc. 
Kommentar:  AELII  Donati  grammatici:  nee  non  Guidonis  luuenalis  Cenomani  in  Sex.  Pub. 
Terentii  Afri.  Comoedil|as  interpretatio  ||  etc.  Bl  236a  [numer.  ccxxxvt]:  Venetiis  per  La- 
zarum  de  Soardis:  qui  obtinuit  a  Dominio  Veneto  q,  nullus  possit  |  imprimere  nee  imprimi 
facere  in  eorum  dominio  sub  poena  ut  patet  in  suis  ;  priuilegiis.  Die.  VII.  Nouembris. 
MCCCCXCIX.     Laus  Deo.   Finis.     Darunter  6  Distichen  ad  lectorem  und  das  Druckerzeichen. 

236 Bl  mit  Sign  [a—fi,  gi,  h—z,  A—Qi,  R2,  numer.  ii—ccxxxzi],  Text  in  grosserer  Schrift 
vom  Kommentar  umgeben,  letzterer  60  Zeilen,  Marginalie,  römische  Schrift  mit  Ausnahme  des  Titels, 
der  in  goth.  Schrift  gedruckt  ist. 

Wusbaden  LB.     (Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannüberg.) 

668  Textor,  Guillermus,  de  Aquisgrano:  De  passione  Christi  sermo. 
Anselmi  dialogus  de  passione  Jesu  Christi  et  beatae  Mariae  virginis.  Bernardi 
tractatus  de  planctu  heatae  Mariae  virginis.     Basileae,  s.  t.,  [c.  1487.]     4«. 

Voullieme  mg. 

Weilburg.     (Aus  Eberbach.) 

Textus  sequentiarum  s.  Sequentiae. 


—     92     — 

669  Theobaldus  Episcopus :  Physiologus  de  naturis  duodecim  animalium. 
Coloniae,  Henricus  Quentell,  [löuO].     4*'. 

l8  Bl,  El  i8  Utr. 

Wusbaden  LB.     (Aus  Afartensia/t.) 

670  Theocritus:  Idyllia  et  alia  aliorum  carmina.  graece.  Venetiis, 
Aldus  Manutius.  1495.     '2'\ 

Ham-  Ccpin^er  '154//. 

IViestadm  LB.     [Aus  Herhcm  HSch.) 

671  Theodulus:    Ecloga.     Coloniae,  Henr.  Quentell,  1495.     4". 

Hain   '15486. 
Limburg. 

Theramo  s.  Jacobus  de  Theramo. 

672  Thomas  de  Aquino:  Catena  aurea  s.  Continuum  in  quattuor  Evan- 
gelistas.     [Augustae,  Günther  Zainer,  1472.]     2o. 

Hain  *1328.     Pellecket  gj2.     Procter  IS55- 
iViesbaJen  LB. 

673  Thomas  de  Aquino:  Commentaria  in  omnes  epistolas  Pauli. 
Basileae,  Michael  Furter,  1495.     2«. 

Hain-Ccpinger  */JJ9.     Pellechet  g42. 
Herbom  ß/8.     [Aus  Amstein.) 

674  Thomas  de  Aquino:  De  arte  et  modo  praedicandi.  [Daventriae, 
Jac.  de  Breda,  c.  1499.]     4'\ 

Hatn-Copin^er  I2S4-      Campbell  i66/.     Pellechet  g68. 
Bl  II  ohne  arbar. 
IVtesbaäen  LB. 

675  Thomas  de  A(|uino:  De  quidditate  et  efficacia  eucharistiae  sive 
de  corpore  Christi  cum  Nicolai  de  Lyra  dictis  de  sacramento  et  expositiones 
orationis  dominicae,     [Coloniae,  Henricus  Quentell],  s.  a.     4**. 

Hain-Copinger  *ij/0.     Pellechet  gSo.     Praetor  1445. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  Marienthal.) 

676  Thomas  de  Aquino:  De  veritate  catholicae  fidei  contra  errores 
infidelium  s.  Summa  cathoHcae  tidei.  [Argentinae,  typogr.  Henrici  Ariminensis], 
s.  a.     2*^. 

Hain  "i^SS.     Pellechet  g86.     Proctor  322. 
Wiesbaden  LB. 

677  Thomas  de  A(|uino:  Opuscula.  Venetiis,  Hermann  Liechtenstein, 
1490.     40. 

Hain-Copinger  *I54T.      Pellechet  lOgj. 
Limburg.     [Aus  Notgottes.) 

678  Thomas  de  Aquino:  Quaestiones  de  potentia  Dei.  Coloniae. 
Henricus  Quentell,  1500.    2". 

Hain-Copinger  *i4i8.     Pellechet  loi/. 
Limburg. 


-     93     - 

679  Thomas   de  Aquino:    Summa  de  articulis  fidei  et  ecclesiae  sacra- 
mentis.     [Moguntiae,  Petrus  Schüffer],  s.  a.     4^, 

PelUchet  1024. 

WusbaJea  LB.     {Aus  Notgottes,  zorhrr  in  Johannisberg.) 

680  Thomas   de  Aijuino:    Summa  de  articulis  tidei  et  ecclesiae  sacra- 
mentis.     [Parisiis,  Simon  Doliatoris?],  s.  a. 

Coping<r  II,  1  No  5 60.     Pellecket  IO25.     Praetor  84/6. 
Limburg.     {Aus  Notgottes,  vorher  in  Johannisberg.) 

681  Thomas  de  Aquino:  Scriptum  super  tertio  sententiai-um.   Venetiis, 
Hermann  Liechtenstein,  14:90.     2^. 

Hain-Copinger  *l48o. 

Herbom  8lJ.     {Aus  Herbom  HSih.) 

682  Thomas  de  A<iuino:  Scriptum  super  quarto  sententiarum.    Venetiis, 
Bonetus  Locatellus,  1497.     2'J. 

Hain-Copinger  *I485. 
Limburg. 

683  Thomas    de    Aquino:     Summa    theologica.      Basileae,    [Michael 
Wenssler],  1485.     3  Bde     2o. 

Hain-Copinger  "^1434.     Pellechet  1033.     Prodor  /§o6—/£o8. 

Bl  ip-o  Z  56 :  muss  es  statt  quadringetesimoquinto,  zvie  Hain  hat,  quadringetesimooctui- 
gesimoquinto  heissen. 

Limburg:    nur  Bd  i  u.  3.     {Aus  HaJamar.) 

684  Thomas  de  Aquino:    Summa  theologica.     Norimbergae,  Antonius 
Koberger,  1496.     3  Bde     2°. 

Hain-Copinger  *I436.     Pellechet  1035. 

IViesbaJen  LB. 

Limburg:    nur  Bd  i  und  2.     {Aus  Limburg.) 

685  Thomas  de  Aquino:  Summae  theologicae  partis  secundae  pars  prima. 
Venetiis,  Franciscus  Renner  et  Petrus  de  Bartua,  1478.     2". 

Hain-Cotinger  *I448.     Pellechet  IO41. 
Herbom  in  ißSß.     {Aus  Sayn.) 

686  Thomas    de    Aquino:     Summae   theologiae   secundae   partis    pars 
secunda.     [Moguntiae,  Petrus  Schöffer  de  Gernsheim,  1467].    2o. 

Auf    Pergament,   die    bei    Hain    ^1459    angegebene    Schlussschrift  fehlt.      Rubricirtes,    sehr   gut 
erhaltenes  Exemplar. 
Pellechet  104g. 
Wiesbaden  LB. 

687  Thomas  de   Aquino:    Summae   theologicae  pars  tertia.     Venetiis, 
Bernardinus  Stagninus  de  Tridino  de  Monteferrato,  1486.     2"^. 

Hiin-Copinger  *I470.     Pellechet  1060. 
Herborn.     {Aus  Herborn  HSck.) 

688  Thomas    de    Argentina:    Scrij^tum   super    quattuor   Ubris    senten- 
tiarum.    Argentinae.  Martinus  Flach,  1490.     2o. 

Pellechet  1164. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau) 


—     94     — 

689  Thomas  Cantipratensis:  Bouum  universale  de  proprietatibus  apum 
[Coloniae.  1470—75],     2'^. 

Bl  1  fehlt.  Bl  2aa:  Incipit  liber  qui  dicit'  bonü  '|  vniüsale  de  ppetatibus  Apum.  || 
fEueredo  in  xpo  pa  tri  frat'  hüberto  ma  gistro  ordinis  pre  dicatorü.  ftc.  Bl  /j6aa  Z  21: 
Explicit  Über  apü  q  dicit  bonü  vniüsale  quia  de  prelatis  et  sub  ditis  tractat  de  quo  sit 
deus  bn  dictua  i  secula  Amen.  Bl  i^/ba:  Principia  singulorü  capitu:|lov  etc.  Bl  ißgaa: 
Tabula  psentis  libri  bm  al  phabeti  ordine  kipit  feliciter  \\  etc.  Bl  i6£ba  Z  30 :  Explicit 
tabula.     Amen.     Bl  166  fehlt. 

166  Bl  ohne  Sign  [//  Lagen:  /  —  /J5,  16 S,  14,  i^,  7/4]  2  Spalten,  J5  Zeilen,  goth.  Schrift, 
eine  Schrift  grosse. 

Copinger  II,   I   iVo.  I2l8. 

Wiesbaden  LB.     [Aus  Notgottes,  vorher  in  fohannisberg). 

690  [Thomas  a  Kempis]:  Imitatio  Christi.  Venetiis,  Petrus  Loeslein, 
1483.     4'\ 

Hain-Copin^er  go8£. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

691  Thucydides:  Historia  belli  Peloponesiaci  latine  a  Laurentio 
Valla  facta.     [Tarvisii,  Johannes  Rubeus,  1485].     2^. 

Hain-Copinger  *rߣir.      Praetor  6^00. 
IViesbaäen  LB.     {.4us  Herbom  HSch.) 

692  Tinctor,  Nicolaus:  Dicta  super  summulas  Petri  Hispani.  Reut- 
lingae,  Michael  Greyff,  1486.     2". 

Hain-Copinger  *iß^28. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Torrentinus  s.  Hermannus  Torrentinus. 

693  Tractatus  de  fraterna  correctione.  [Coloniae.  Arnoldus  ter  Hoer- 
nen,  1471]. 

Hain-Copinger  *ß/6o.     Praetor  g/3. 
Limburg.     [Aus  Notgottes.) 

Tractatus  de  moribus  Turcorum  s.  Georgius  de  Ungaria. 

694  Trittenheim,  Johannes :  Catalogus  illustrium  virorum.  [Moguntiae, 
Petrus  de  Friedberg,  1495].     4». 

Hiin  *l^6l£.      Praetor  l/g. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

695  Trittenheim.  Johannes:  CoUatio  de  republica  ecclesiae.  [Mo- 
guntiae, Petrus  de  Friedberg.  1493].     4*^. 

Hain-Copinger  */^62g.     Praetor  l/l. 
Wiesbaden  LB.     [/ius  Schönau.) 

696  Trittenheini,  Johannes:  De  cura  pastorali.  Moguntiae.  Petrus 
de  Friedl)erg.  [1496.]     4". 

Bl  la  Titel:  De  cura  pastorali.  Oratio  jo-]  annis  tritemij  Abbatis  span-  hemensis 
habita  in  selgenstat  in  prouinciali  capitulo.  Anno  M.  cccc.  xcvj.  Bl  ib  leer.  Bl  2a  \^Stgn 
Aij\:  Oratio  de  cura  pastorali.  joan  nis  tritemij  abbatis  spanhemensis  habita  in  capitulo 
ge  Inerali  in  selgenstat  prima  die  mensis  MaSj.  Anno  diii  |]  M.  cccc.  xcvj.  Bl  ga  Z  28: 
Finis  orationis  de  cura  pastorali  Joannis  tritemij  ab-  batis  spanhemensis  ordinis  diui  patri3 
benedicti :    ha-  bite   p  eum  in  capitulo  generali  abbatum  prouincie  ma-   guntine  et   diocesis 


—     95     — 

bambergensis:    jn  cenobio  Seigen-;  statensi.    Anno  dHi  M.  cccc.  xcvj.  prima  die  menb  maij.  |] 
Impresse  maguncie   p  Petrü  de  Friedbergk.  icl.     Bl  gb  leer.     Bl  lo  JehU. 

lO   Bl  mit  Si^n   [/f  5],  2^  Zeilen,  goth.  Schrift,   2  Schrißgrössen. 

Hain  1562/. 

Limburg.     (Aus  Limburg^ 

Wiesbaden  LB.:    2  Exemplare,  aus  Schönau  und  aus  Notgottes  [vorher  in  Johannisberg.) 

697  Trittenheim,  Johannes:  De  laude  scriptonim.    Moguntiae.  Petrus 
de  Friedberg,  1494.    4«. 

Hain   *i£6r/. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Schönau.) 

698  Trittenheim,  Johannes:  De  laudibus  ordinis  fratrum  Carmelitarum. 
Moguntiae,  [Petrus  de  Friedberg,  1494].     4".* 

Hain*  15628. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

699  Trittenheim,    Johannes:     De    laudibus    S.    Annae.      Moguntiae, 
Petrus  de  Friedberg,  1494.     4». 

Hain  ^/S^JJ-      Titel  rot. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

700  Trittenheim.  Johannes:  De  operatione  divini  amoris.    [Moguntiae, 
Petrus  de  Friedberg,  1497J.     4«. 

Hain-Copinger  *  15636.     Praetor  186. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

701  Trittenheim,  Johannes:  De  proprietate  monachorum.    Moguntiae. 
Petrus  de  Friedberg,  1495.     4°. 

Hain-Copinger  *i56ig. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

702  Trittenheim.  Johannes:    De  scriptoribus  ecclesiasticis.     Basileae, 
[Johannes  de  Amerbach],  1494.     2**. 

Hain-Copinger  *i56ij.     Proäor  /6oi. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Herborn  HSch.) 

70.3     Tritten  heim,   Johannes:    De  statu   et   ruina   monastici    ordinis. 
[Moguntiae,  Petrus  de  Friedberg,  1493.] 

Hain-Copinger  *  15 6 2 4.     Praetor  i6g. 
Wiesbaden  LB.     [Aus  Schönau.) 

704  Trittenheim,  Johannes:    De  vanitate  et  miseria  vitae  humanae. 
Moguntiae,  Petrus  de  Friedberg,  1495.    4^ 

Ha  in  -  Copinger  *I5  6j5  • 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Schönau.) 

705  Trittenheim,  Johannes:  Institutio  vitae  sacerdotalis.    [Moguntiae, 
Petrus  de  Friedberg,  c.  1494].     4». 

Hain  *i562r.     Praetor  t;'4. 
Wiesbaden  LB.     (Aus  Schönau.) 


—     96     — 

706     Trittenheim,  Johannes:    Oratio  de  duodecim  excidiis  ubservantiae 
regularis.     [Moguntiae.  Petrus  de  Friedberg,  1496J. 

Hain-Copinger  ^J^öj;".      Praetor  1S4. 
Limburg.     (Aus  Umintrg.) 
IVifsbaJen  LB.     [Aus  SchiJKau.) 

Turrecremata  s.  Johannes  de  Turrecremata. 
Türe  US,  Magnus:    Mahomet  IL 
Ubaldis,  s.  xA.ngelus  de  Ubaldis. 


üngaria   s.  •! 


Georgius  de  üngaria. 


Michael  de  üngaria. 
Utino  s.  Leonardus  de  Utino. 

707  Valerius   Maximus:    Factorum    dictorumque    memorabilium   libri 
novem.     Moguntiae,  Petrus  Schöffer.  1471.     2", 

Hain-Copinger  *i^//4. 
Wiesbaden  LB. 

708  Valerius  Maximus:  Factorum  dictorumque  memorabilium  libri  no- 
vem.    Venetiis.  Dionysius  et  Pelegrinus,  1485.     2*. 

Hain-Copinger  *i^/8/. 
IVeiJburg.     (Aus  Idstein,  Gymn.  Bibl.) 

709  V'egius,  Maphaeus,  Laudensis:  Philalethes.    [Argentiuae.  Henricus 
Knoblochtzer],  s.  a.    4o. 

Hain-Copinger  *i£g26.     Praetor  j68. 

14  Bl  '2  La^en:  n,  2  3],  das  'rste  Bl  leer. 

Weilburg.     {Aus  Amstein.) 

Verdena  s.  Johannes  de  Verdena. 

710  Vergilius:  Opera  cum  Servii,  Donati,  Landini  atque  Calderini 
commentariis.     Venetiis,  Lazarus  de  Soardis  de  Saviliano,  1491.     2^. 

Bl  I  U.2  enthält  du  Tabula.  Bl  Sa:  MARONIS  VITA  [j  (v)IRGILIVS  MARO  parentibus 
modicis  fuit:  &  precipue  patre  Marone:  quem  qdam  j  etc.  Bl  g  a  \Sign  a,  numer.  /]  Text: 
Publii  Virgilii  Maronis  Bucolica.  aegloga  pri-  ma.  Inter  locutores  Meliboeus:  Sc  Tityrus 
amici.  ,  ME  1  [jITYRE  TV  PATVLAE  ||  recubans  sub  tegmine  fagi  ij  etc.  Kommentar: 
(t)ITYRE  tu  patulae :  PASTOR  inducitur  securus :  &  dare  operam  cätilenae  sub  arbore 
re-  cubans:  etc.  Bl  Jja  \Sign  d,  numer.  25]  Text  Z  6:  P.  Virgilii  Maronis  Georgicorum 
liber  primuS.  ||  etc.  Bl  S/a  {_Sign  l,  numer.  /g]  beginnt  das  erste  Buch  der  Aeneide.  Bl  J2J 
[numer  Ji^]  b:  Ad  Lcctorem.  En  tibi  candidissime  Lector  Publii  Virgilii  Maronis  opera: 
cum  Seruii  Mauri  Honorati  grämatici:  Aelii  \\  Donati:  Christophori  Landini:  Atque  Domitii 
Cal- ;derini:  "  Ccmentariis:  Impensis  atque  diligentiori  cura  Lazari  de  Sauiliano  impressa 
Venetiis:  Anno  natalis  domini.  M.  cccc.  Ixxxxi.  Tertio  Nonas  Januarii.  ij  Dann  folgt  das 
Registntm.  Darauf:  LAVS  OMNI  POTENTI  DEO.  FINIS.  ;|  Darunter  das  Druckerzeichen. 
Bl  324  leer.  Bl  2^5'^  [^i?^  Pt  numer.  J/6]  a:  Maphei  Veggü  Laudensis  poetae  Clarissimi  || 
Liber  Tertius  decimus  Additus   Duodecim.    ,   Aeneidos  Libris.     Am  Ende  fehlen  5  Bl, 

356  Bl  mit  Sign  [/,  a—ii,  l—z,  &,  3,  fH,  A—.\\  P,  Q,  4,  k,  R,  Si,  T^\  mU  Blatttahlen  und 
Kustoden,  Text  43,  Kommentar  62  Zeilen,  röm.  Schrift,  Text  in  grosserer  Schrift  vom  Kommentar 
um^fben. 

Hadamar  G. 


—     97     — 

711  Vergilius:    Opera    cum    iiiterpretationibus    Christo[)hori    Laiidini. 
Veiietiis,  Liga  Boaria,  [14'Jl.J     2o. 

Praetor  5356. 

Das  Exemplar  ist  defekt  und  nicht  mehr  ^etiau  zu  beschreiben. 

Limburg. 

712  Vergilius:    Opera  cum  commentariis  Servii.    Venetiis,  Thomas  de 
Blavis  de  Alexandria,  1484.     2o. 

Copinger   Incunabula    Virgtliana  [=    Trausaciions  of  the  Bibliographical  Society    Vcl.  II  Part  II 
London  i8g£\  No  £g. 

Weilburg.     [Aus  iVolgottes.) 

713  Versor,  Johamies:  Quaestiones  super  libros  etliicorum  Aristotelis. 
Coloniae,  Henricus  Quentell,  1491.     2''. 

Hain  *i6ojJ. 

Limburg.     (Aus  Limburg.) 

714  Vincentius    Bellovacensis:     Speculum    doctrinale.      [Argentinae, 
typogr.  singularis  R,  c.  1473.]     2^, 

VouUieme  1200.     Die   Type   ist  übrigens   halbgothisch  und  nicht  römisch,    2  Spalten,    6/   Zeilen. 
Proctor  252. 

Wiesbaden   G.   K  g4.     [Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.) 

715  Vincentius   Bellovacensis:     Speculum   doctrinale.     Norimbergae, 
Anton,  Koberger,  1486.     2o. 

Voul Herne  1201. 

Wetlburg.     {Aus  Deuiz.) 

Wiesbaden  LB:    Es  fehlen  die  2  ersten  Bl. 

716  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  historiale.  Argentinae,  Job. 
Mentelin,  1473.     4  Bde     2'\ 

VouUiime  1202. 

Mit  gemalten  Initialen, 

Weilburg. 

in  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  historiale.  [Augustae,  in 
Monasterio  SS.  Ülrici  et  Afrae],  1474.     2'>. 

Beschreibung  s.  Dziatzko,  K.,     Über  InkunabelnkataLgisierung   in  Sammlung  biblio'hekswissmsch. 
Arbeiten  hrsg.  v.  Karl  Dziatzko  Heft  lO.     Leipzig  i8g6,  S.  128 f.     Proctor  /6jg. 
Wiesbaden  LB:    nur  Bd  j.     (.tus  Marienstatt.) 

718  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  historiale.  Xorimbergae, 
Antonius  Koberger,  1483.     2». 

VouUieme  12  OJ. 

Weilburg:  j  Exemplare,  das  eine  aus  Limburg,  die  beiden  anderen  aus  Deutz,  das  eine  mit 
eingemalten  Initialen  und  dem  Vermerk  eines  Lesers  am  Ende,  dass  er  von  i^iS—lS-3  '^"  'i'f*  Werke 
gelesen  habe. 

719  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  morale.  Norimbergae,  Anton. 
Koberger,  1485.     2». 

VouUieme  120^. 
Weilburg,     {Aus  Deuiz.) 

7 


—     98     — 

720  Vincentius  Bellovacensis:  6peculum  morale.  Venetiis.  Hermann 
Liechtenstein,  1493.     2". 

Bl  la  Tiid:  Speculum  Morale  Uincentü.  El  iba:  Tabula  Index  in  opus  Spe-|;culü 
Bcilic?  Morale  Uincentü  ;  etc.  Die  Talula  mdi^-t  Bl  3bf,.  Bl  4a  [S!^n  a\  num.  4]a:  Speculi 
Moralis  Vincentii  Liber  primus  incipit  feliciter.  C  De  Operü  Humanorü  Necessitate. 
DISTIN,  .1.  '  [IN  omni-  bus  ope-  ribus  tuis  memora-' re  nouissima  tua:  et  j|  in  eternü  non 
pecca-  bis.  rtc.  ß/  26^l>?  cm  Ende:  Opus  preclarü  Qd'  Speculü  morale  intitulat:  ab  egregio 
doctore  Uincentio  alme  Beluacensis  ecclesie  presule:  ac  sancti  dnici  ordi-  nis  professore: 
editu?:  feliciter  fir.it.  Impensis  qi  :  cura  non  me  diocri  Hermäni  liechtenstein  coloniensis: 
emendatior.e  diligentis-  jsima  Impressum  Anno  Salutis.  M.  cccc.  Ixxxxiij.  pridie  kal'.  octo!;bris 
Uenetijs.     Laus  Christo.     Bl  266  fntkäli  das  Registrum. 

266  Bl  mU  Sign  [fl— «,  I,  0,  f,  aa—ff^,  ggi]  und  Blattzahlen  [2—266],  2  Spalten,  74  Zeilen, 
goth.  Schrift,   2   Schrißirössen. 

IViesbaden   G.     K  92.     (Aus  Idstein  Gymn.  Bibl.) 

721  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  monile,  s.  1.,  t.,  a.  [nicht 
später  als  1478].     2". 

Bl  laa:  Sequit'  tabula  breuis  alphabetica  |  demösträs  quoto  libro  quota  Par  |te  quotacj 
distinctione.  queqi  i  hoc  volumine  principaliter  tractata  in  ueniri  debeant  ||  etc.  Bl  jba 
unten:  Explicit  tabula  moraliü  vincentij.  Bl  4aa:  Speculi  moralis  dni  vicentij  doctoris 
egre  'gij  ordinis  aüt  pdicatof  in  quo  raoraliter  :  []  pulchre  narrantur  omni  statui  cöuenientia  || 
liber  pmus  incipit  feliciter.  ;N  Omnibus  operi  bus  tuis  meorare  \\  etc.  Bl  Soiaa  Z  55 : 
vü  secula  benedictus  deus   •:•    ;!  Speculum   Morale  Finit. 

Der  Rubrtkator  bemerkt  am  Schluss:    Anno  dni  Mo,  cccco.  Ixxviijo. 

507  Bl  ohne  Sign,  2  Spalten,  £8  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Weilburg. 

722  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  naturale.  [Argentinae, 
typogr.  singularis  R,  1473].     2  Bde     2". 

Bd  I.  Bl  lao.:  Incipit  speculü  naturale  Vincentij  beluaceL.  '[  fratris  ordinis  pdicatorum. 
Et  primo  plogus  d'  causa  suscepti  opis  et  eius  materia  Primü.  \  (  Voniä  ml'titudo  li|;brorum:  || 
Et  tempis  ,  breuitas:  memorie  J  etc.  Bl  j3ß  Z  54:  ceptönibus  incioamus.  ||  .xxj.  Continetia 
et  capitula  libri  primi  |1  etc.  Schluss  des  Registers  Bl  20bo.  Z  42.  Bl  21  aa:  .1  De  diuersis 
müdi  acceptionibus.  Ex  ji  libro  qui  dicitur  imago  mundi.  |l  ()Vndi  factura  quinlcj  modis 
describi't:       letztes  Bl  J^jb^   enthält   den   Anfang  von  Kap.  Ixxxij  des  18.  Buches,  das    Übrige  fehlt. 

Bd  2:  Bl  laa:  .xxxix.  Continentia  libri  deciminoni.  ||  (lEcimus  nonus  liber  incipit 
age-|!re  de  opcre  sexti  dici  hoc  est  de  ;;  animalibus  terrestribus  &  pri  mo  de  iumentis  siue 
pecoribus  ,|  &  armentis.  Continet  autem  :[  xcviij.  capitula.  vt  sequi  videris.  |1  etc.  Die 
Tabula  schlUsst  Bl  8b(x  Z  25.  Bl  gaa:  .'].  De  opere  sexte  diei.  Et  primo  de  animajübus. 
Guillerinus  de  conchis.  |j  (;i3cibu8  itacj  et  :|  auibus  effectu  i  superio^«  ex  aq  '|  creatis:  vbi 
fuit  II  etc.  Bl  j2Sba  Z  26:  perstricta  sunt,  sed  latiore  in  fine  speculi  hysto-j  rialis.  ppates- 
cunt.     Amen.     Bl  326  [leer?]  fehlt. 

Bd  I  r  Bl.     Bd  2  :  326  Bl,  2  Spalten,  66  Zeilen,  halbgoth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Praetor  255. 

Weilburg. 

723  Vincentius  Bellovacensis:  Speculum  naturale.  [Xorimbergae, 
Antonius  Koberger,  i486.]     2'>. 

Voulliime  1206.     Praetor  2056. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Deutz.) 

724  Vincentius  Fenrerius:  Sermones  de  tempore  et  de  sanctis. 
Argentmae,  [s.  t.j,  14S8-1489.     3  Bde     2*). 

Ham-Copinger  "/OOS^ 
Limburg:  nur  Bd  i  und  3. 


—     99     — 

725  Vincentius  Ferrerius:  Öermunes  de  tempore  et  de  bunctis. 
Coloniae,  s.  t,  1485.     3  ßde     2o. 

Hain  */OOl.      Voullume  12 lO. 

Limburg:  nur  BJ  I  und  J. 

Wiesbaden  LB:    nur  Bd  J.     [Aus  Sayu.) 

726  Vincentius  Ferrerius:  Tractatus  de  interiori  homine  formativus. 
Magdeburgi,  Mauritius  Brandis,  1493.     4o. 

Hain-Copinger  /024. 

El  20  Z  J5  steht  nicht,   wie  Coßinger  angiebt,  catkalogo  sondern  richtig  cafhalogo,  es  ist  dasselbe 
dem  k  sehr  ähnliche  h  wie  sonst. 
Limburg.     [Aus  Limburg.) 

Viola  sanctorum  s.  Martyrologiura. 

727  Vitruvius:  De  arcliitectura  libri  X.  Acc.  Sexti  Julii  Frontini  de 
Aquaeductibus,  Angeli  Policiani  Panepistemon,  eiusdem  Lamia.  Florentiae, 
[Antonius  Francisci],  1496.     2^ 

Bl  la:  Hoc  in  uolumine  haec  opera  continentur.  ||  L.  Vitruuii  Pollionis  de  Architectura 
libri  decem.  |j  Sexti  Julii  Frontini  de  Aquaeductibus  über  unus.  ||  Angeli  policiani  opus- 
culum:  quod  Panepistemon  inscribitur.  i|  Angeli  Policiani  in  priora  analytica  praelectio,  || 
Cui  titulus  est  Lamia.  Bl  ib  Index.  Bl  2  {Si^  A(i)\:  L.  VITRVVII  POLLIONIS  AD 
CAESAREM  AGVSTVM[I]  DE  ||  ARCHITECTURA  LIBER  PRIMVS.  ,[  i;Vum  diuina 
mens  tua:  &  numen  Imperator  Caesar  imperio  po 'tiretur  etc.  Bl  64a  endigt  Vitruvius.  Am 
Ende:  Florentiae  Impressum  anno  a  natali  christiano.  M.  cccc.  Ixxxxyi.  Bl  64b  und  ^4b 
leer.     Bl  8 sß  fehlen. 

?  Bl  mit  Sign  [Ai,  B—/i,  K,  L^,  aai,  bb^,  ai,b2  ,  .  .],  44  Zeilen,  röm.  Schrift,  eine  Schri/tgrösse. 

IVeilburg. 

728  Vocabularius  breviloquus.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Qued- 
linburg a.  1483],  1489.     2o. 

Bl  la  Titel:  Vocabularius  breuiloquus  cum  arte  |  diphthögädi.  püctandi  et  accen- 
tuandi.  Bl  ib  Z  i:  Sunt  qui  sibi  iam  plurima  comparare  uo  jlumina  statuerunt.  etc.  Bl  2a 
ySig  Aa  2]a  Z  i:  Gnarin9  [!]  Ueronensis  Floro  suo  salute  plu|rimam  dicit  I|  (n)On  sine 
cau|'sa  factü  esse  certo  scio  q>  |!  diphthonganda  voca-  bula  scire  te  velle  Intel-!  ligo. 
quoniam  ei  rem  ;  \\  ad  ortbographiaj  recte  |j  scribedi  formulä  ptine  re.  ;  nö  puü  legedi  docu- 
mentuj  pstare  posse  ;j  cognoris  etc.  Bl  / a  [Signa^aZi:  Incipit  Breuiloquus  vocabularius.  |( 
QA  .a.  do||mine  de[|us  ecce  nescio  loljqui.  qi  puer  ego  jj  sum.  Hiere.  pri  mo.  Licet  istud  '| 
verbü  etc.  Bl  ^2ib^  Z  j8:  Finit  vocabularius  Breuiloquus.  tri-  plici  alphabeto  diuersis  ex 
autoribD  nec-j  non  corpe  vtriuscp  iuris  collectus  ad  lati  num  sermone  capessendü  vtinisim9. 
Im|!pressus  Argentine  Anno  dni.  M.  cccc.  ||  Ixxxix.  Finitus  in  die  sancti  Leonardi.  Bl  J22 
[leer?]  fehlt. 

322  Bl  mit  Sign  [Aa2,  a—d4,  ei,  f—g%  A3,  i—ki,  l3,  m—n^,  ol,  p'>,  q3,  r\,  sl,  t *,  v3, 
xi,  y3,  j4,  Ai,  B\  C—E3,  F\  G—Hi,  /4,  K'—Li,  M*,  M3,  Oi,  Fi,  Q^,  B—S3,  Ti,  U3,  A'4,  >'j] 
2  Spalten,  5J  Zeilen,  goth,  Schrift,  Anfangszeilen  in  grosserer  Schrift. 

Praetor  6^3. 

Limburg.     [Aus  Rommersdorf) 

729  Vocabularius  breviloquus.  Argentinae,  [typogr.  Jordani  de  Qued- 
linburg a.  1483],  1493.     2o. 

Bl  la  Titel:  Vocabularip  breuiloqu9  cü  arte  dipthon"gand!.  punctandi.  et  accentuandi. 
Bl  ib:  Sunt  qui  sibi  iam  plurima  comparare  uo  lumina  statuerunt  a  quoy  profecto  lectöe 
sepius  dictionü  auertit  ignorantia.  fastiditqr  !|  etc.  Z  2g:  coniugationis.  Et  sie  de  alijs.  |' 
In  psenti  libro  otinentur  ;j  Item  ars  dipthongacdi  Guarini  Veronensis  Item  cöpendiosus 
dialog9    de   arte   punctandi.    ||    Item    tractatus    vtilis   de    accentu.       Item   Breuiloquus  voca- 


—     100     — 

bularius.  Bl  2 i  [Si^  .-/j  .']  a;  Guarinus  Veronensis  Floro  suo  salute  plurimam  dicit.  || 
I  On  sine  cau-  sa  factü  esse  certo  scio  q,  di-  pthonganda  vocabula  sei-  re  etc.  Bl  /« 
\Sign  j]  a."  Incipit  Breuiloquus  vocabularius.  (  A  .a.  do-  mine  de9  ecce  nescio  loq.  qa  | 
etc.  Bl  J2ili^  ^36:  :  acuit  penl .  Finit  vocabuIari9  Breuiloqu9  triplici  al  phabeto  diuerb 
ex  autoriba.  necnon  corpore  vtriuscy  iur]  colIect9  ad  latinü  bmone  capes  sendü  vtilissim9. 
Impressus  Argentine  An-  no  dni.  M.  cccc.  xciii.  Finit9  sexta  feria  post  ,  festum  Erhardi 
episcopi.     Bl  J2a  leer. 

J22  Bl  [Aai,  a—d*,  ei,f—g\,  hl,  i—k»,,  li,  m—n^,  oi,  /4,  <jl,  r4,  sl,  /4,  vi,  x—z^,  Ai, 
B\,  C—£i,  f\,  G-Hl,  /4,  K—Ll,  M\  N~Pl,  Q\,  R—Sl,  T^,  V\  A'4,  Ki),  2  Spalten, 
^2  Zeüm,  goth.  Schr-.ß,  Anfangszeilen  in  passerer  Schrift. 

Limburg.     (.4tts  RiymmersJorf.') 

Weilburg.     {Aus  Sckönau.) 

730  Vocabularius  brevilonuus.  Basileae,  [Johannes  de  Amerbach], 
1482.     2'>. 

Voullieme  1218.     Praetor  /S64. 
IVeüburg.     yAus  Eberbach.) 

731  Vocabularius  breviloquus.     Basileae,  Nicolaus  Kesler,  1486.     2^. 

Voullieme  1220. 
Weüburg. 

732  Vocabularius  breviloquus.    [Coloniae,  Conradus  Winters],  s,  a.   2«. 

Das  Exemplar  ist  am  Anfang  und  Ende  verstümmelt  und  lässt  sich  nicht  genau  beschreiben. 

Praetor  I183. 

Weilburg. 

733  Vocabularius  de  partibus  indeclinabilibus.  [Argentinae,  typogr. 
Jordani  de  Quedlinburg  a.  1483,  1491.]     4". 

Bl  la  Titel:  Vocabularius  de  par-  tibus  indeclinabilibus.  Bl  ib  Vorrede,  die  mit  Z  j2 
endigt:  liquit  iuditio  discuciendum.  Vale.  Bl  2a  [Sign  aij\:  Vocabularius  de  partibus  )| 
indeclinabilibus.  C  Um  tepusculo  brumali  multe  lucubratio-  nis  nisu  vscp  ad  conticiniü 
ferme  apponas-  sem.  in  letheum  tandfem  soporem  hirciscj  o-  perimen  receptantib9  artus 
perduxL  Dücj  etc.  Bl  2b  beginnt  der  Text:  lAiBs  et  ab  ex  e  die  vnum  significare.  Ab 
qq5  vo  cales  e  querunt  a  c^  sonantes.  Unde  hec  pre  positio  etc.  Bl  63b  Z  i£ :  Vulgariter 
id  est  vulgo  id  est  communiter  vbicp.  Ij  il)stas  siquidem  indeclinabilium  scaturigines  sej |cun- 
dum  veram  totius  latinitatis  normam  pro  jlatas.  ^/ir.  Z  24:  diuecy  virginis  gloriam  et  honorem 
Amen.       Finis   vocabularij.     Bl  64  leer. 

64  Bl  mit  Sign   [(Z  4,  b — ;3,  ^4],  J2  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen,  eingedruckte  Initialen. 

Praetor  664. 

Weilburg. 

734  Vocabularius  ex  quo.  [Argentinae,  typogr.  Henrici  Ariminensis], 
s.  a.     20. 

Bl  I  leer.  Bl  2a:  ()X  quo  vocabularij  autentici.  videlicet  Huguicio  Katholi-I'con 
Breuilogus  Papias  alijc?  Codices  sunt  I  compatöe  '  pciosi.  in  collectöne  prolixi.  et  in  intellectu 
obscuri/  et  in  numero  multi  ita  vt  pauperes  scolares  eosdem  defacili  i  p  pre  cio  com- 
petenti  röne  eorum  paupertatis  habere  ac  sibi  pcurare  |  non  valeant.  etc.  Bl  150b  Z  16: 
ms  Zosimus  .id  est  viuax  vel  viuidus    \  DEO.  GRATIAS.     Bl  ißi  leer. 

l£l  Bl  ohne  Signaturen,  40  Zeilen,  goth.  Schrift,  eine  Schriftgrösse,  das  A  tu  Beginn  des  Textes 
auf  Bl  la  ist  eine  Holzschnittinitiale. 

Praetor  328. 

Weilburg,     (Aus  Limburg.) 

735  Vocabularius  ex  quo.     s.  L,  t.,  a.    4°. 

Bl  la:    Incipit  vocabulari9  que  ex^  nücupam9.  ||  QX    quo    vocabularij    varij  autetici  \\ 


—     101     — 

videlic?  huguicö  katholicon  bre  uilogq  papias  alijcy  Codices  süt  !|  in  opacöe  pciosi :  in  col- 
lectiöe  p  lixi  :  itellectione  obscuri.  :  in  nuo  multi:  ita  |  q.  paupes  scolares  eosdc  de  facili 
I  p  precio  I|  cöpeteti  ac  racöe  eoy  pauptatis  sibi  pcurare  nö  valeät.  B/  --5*  Z  36: 
.n.  //////////  cav  Cü  aliqd  capio. 

225  ß/  ohm  Siptaiurett,  26  Zilien,  gotk.  Schrift,  eine  Schriftgrösse. 

Das  letzte  Blatt  ist  beschädigt. 

Limburg. 

736  Vocabularius  iuris  utriusque.  Argentinae,  [typogr.  Jorduni  Je 
Quedlinburg  a.  U83],  1490.     2°. 

Bl  la  Titel:  Vocabularius  utriuqs^  [!]  iuris.  Bl  ib  leer.  Bl  2a  \Sign  a^j  q  7.  i :  fq) 
Voniaj  iu||ri  operam  |i  datuy  pri9  nosse  opor  tet  vn  nome  iuris  de-|  scedat.  ff.  de  iusti  i 
iu-|ire  etc.  Bl  I2gb^  iim  Schlüsse:  Explicit  vocabularius  iuris  Impres-  sus  Argentine  pro 
cömuni  omniü  vtilita'  te  t  faciliori  aditu  ad  vtriusc^  iuris  notici,iam.  Anno  dni.  M.  cccc.  xc. 
Finit9  in  pro-  |festo  sancti  Michaelis.     Bl  ijo  leer. 

IJO  Bl  mit  Sign  [a4,  bl,  ^4,  di—ti,  v3,  xi],  2  Spalten,  52  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Praetor  656. 

Wiesbaden  LB :    J  Exemplare,  aus  Arnstein,  Deutz  und  Marienstatt. 

737  Vocabularius  iuris  utriusque.    [Basileae,  Michael  "Wenssler],  s.  a. 

Bl  laa:  ()Voniä  iuri  operam  [  datuy  prius  nosse  !  oportet  vnde  nome  \  iuris  des- 
cedat.  ff.  i]  Bl  66b  leer.  Bl  102  leer.  Bl  i^ib  leer.  Bl  i6oa'^  Z  iß:  Finit  vocabularius  ;| 
iuris   vtriuscj.     Bl  160  b  leer. 

160  Bl  ohne  Signaturen,  2  Spalten,  46  Zeilen,  goth.  Schrift. 

Praetor  /4//.? 

Wiesbaden  LB.     (Aus  Ehrenbreüstein.) 

738  Vocabularius  iuris  utriusque.  [Coloniae,  Ludovicus  de  Renchen], 
1483.     20. 

Bl  I  leer.  Bl  2a  \Sign  a  if]  a  Z  /:  Incipit  vocabulari9  iuris  vtriuscp  ;I  |]Uoniam  iuri 
ope'ram  daturum  prius  nosse  oportet  vn-pde  nomen  iuris  descendat.  ff.  de  iust.  et  etc. 
Bl  ig/b^  Zig:  Uocabularius  vtriuscj  iuris  alpha  betice  ordinatus  tercio  kalendas  Octo  bris 
explicit  felicit'  Anno  dni  m.  cccc.  ||  Ixxxiij.  impressus.  ;  Protestatur  huius  operis  director. 
al{  legata  non  vti  iurista  perlustrasse:  sed  tä  |^  theologie  alumn9  ex  orthographia  :  gräma- 
tica  positiua  q:  plura  emfedasse.  |i  qua  emulorum  ora  compescere  arbitra-  tus  est.    Bl  ig2  leer. 

ig2  Bl  mit  Sign  [a—t,  v — z,  I4],  2  Spalten,  42  Zeilen,  goth.  Schrift,  2  Schriftgrössen. 

Praetor  1283. 

Limburg.     {Aus  Limburg.) 

739  Vocabularius  optimus  s.  Gemraa  vocabulorum.  Daventriae, 
Richardus  Pafraet,  1495.     4°. 

Campbell  ^8l. 
Limburg. 

Vo ragine  s.  Jacobus  de  Voragine. 

740  Wernerus:  Liber  deflorationum  seu  excerptorum  ex  diversis 
patribus.     Basileae,  [Johannes  de  Amerbach],  1494.     2o. 

Hain-Copinger  *i6lS8.     Praetor  /604. 
Limburg.     {Aus  Hadamar.) 

[Wimpheling,  Jacobus:  Oratio  querulosa  contra  invasores  sacerdotum. 
s.  1.,  t,  a.     4".] 

Hain  *i6ig2.     Nach  Praetor  kein  Druck  des  i£.  Jahrh. 
Limburg.     [Aus  Notgottes,   vorher  in  Johannisberg.) 


—     102     — 

741  TVolfram  von  Eschenbach:    Titurel.     [Strassburg,   Joh.  Mentelin], 
1477.     20. 

Ham-Ccpin^er  *6683.     Froctor  31/. 

Am  Ende  bt schädig. 

WUsb^den   G.  A  IL     (Aus  Idstfin   Gymn.  Biil.) 

742  Wolfram  von  Eschenbach:  Parzival.    [Strassburg,  Joh.  Mentelin], 
1477.     20. 

Hain-C^pinger  *6684.     Proct-yr  2l6. 

Am  Anfang  sind  die  ersten  20  Bl  beschädigt. 

Wiesbaden   G.  A  11.     {Aus  Idstein   Gymn.  Bibl.) 


NACHTRAG.  • 

743  Antoninus  Florentinus:  Summa  theologica.  Spirae,  Petrus  Drach, 
1487—88.     4  Bde     2o. 

Hain-Copinger  *I24/.     Praetor  2^6 g. 
WUsbaiün  LB :    Nur  Bd  IL     {Aus  Monlabaur.) 

74A  Augustinus,  S.  Aurelius:  De  doctrina  christiana  s.  de  arte  prae- 
dicandi.     Moguntiae,  Joh.  Fust  et  Petrus  Schöffer,  s.  a.     2". 

Hain  */gS/-     Praetor  70.     Pelleehet  14/3. 

Das  Fust-Schöffersehe  Druckerzeichen  ist,  obgleich  Roth  [Studien  u.  Mitteilungen  aus  dim  Bene- 
dictiner-  u.  Cistercimser-  Orden  Jahrg.  pr  Bd  I  S.  4jy)  es  behauptet,  in  dem  vorliegenden  Exemplar  nicht 
vorhanden.  Beachtenswert  ist  das  Vorwort,  in  dem  es  heisst:  Feci  ergo  deo  teste  magnam  pro  eius  correctione 
diligentiam  itaque  omnia  exemplaria,  quae  in  studio  Heydelbergensi  necnon  in  Spira  et  in  Wormacia 
atque  tandem  etiam  in  Argentina  in  vllis  librariis  reperire  potui,  diligenter  proinde  respexi.  Ei  cum  inter 
haec  experimento  discerem,  quod  idem  liber  Augustini  raro  invenitur,  etiam  in  magnis  et  preciosis  librariis 
et  adhuc  rarius  de  ullis  ex  eisdem  librariis  ad  rescribendum  poterii  haberi  atque  etiam,  quod  peius  est, 
rarissime  correctus  sive  emendatus  inibi  queat  reperiri,  idcirco  permotus  fui  ad  hoc  studiosius  laborare,  ut 
secundum  exemplar  meum  tanto  nunc  studio  et  labore  quantum  saltem  potui  correctus  dictus  libellus  sie 
et  taliter  in  brevi  tempore  multiplicari  passet,  ut  ad  plurimorum  usum  et  ad  communem  profeetum 
eeelesiasticum  facUe  et  scito  perveniret.  Quapropter  cum  nuUo  alio  modo  sive  media  id  expeditius  fieri 
posse  iudicarem,  discreto  viro  Johanni  Fust  incolae  Magunlinensi  impressoriae  artis  magistro  modis  omnibus 
persuasi,  quatenus  ipse  assumere  dignaretur  onus  et  laborem  multiplicandi  hunc  libellum  per  vtam 
impressionis  etc. 

Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

745  Augustinus.  S.  Aurelius:  Sermo  in  festo  praesentationis  Mariae 
virginis.     [Moguntiae],  Johannes  Fust  et  Petrus  Schöffer,  s.  a.    2o. 

Hain-Copinger  iggs  {==  gg54).     Pelleehet  1504.     Praetor  ijg. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Schönau.) 

746  Bartholomaeus  de  Glanvilla:  De  proprietatibus  renim.  [Lugduni], 
Nicolaus  Philippi  Pistoris  de  Bensheym  et  Marcus  Keinhardus,  1480.     2«'. 

Hain-Copinger  *2^00.     Praetor  SSJO. 
Wiesbaden  LB.     {Aus  Arnstein.) 

lAl     Correptorium Flamingorum.  [Antverpiae,  Gerardus  Leeu.  1488].  4". 

Hain-Copinger   ''^/62.     Campbell  4gg.     Praetor  gjSi. 
Nass.  Altertumsverein.     {Aus  Eberbach.) 


—     104     — 

748  Duns  Scotus,  Joliannes:  QuoJlibeta  .|uaestionum.  Vonetiis,  Johannes 
de  Colonia  et  Johannes  Manthen  de  Gerretzem,  1477.     4*^. 

Ham-Copinger  *6424. 
Limburg.     (Aus  Eberback.) 

749  Legenda  S.  Servatii.     Coloniae,  Araoklus  ter  Hoernen,  1472.    4«. 

Bl  I  fehlt.  Das  Ersatz-Bl  ib  enthält  handschriftlich  ein  Kalendarium,  das,  zvie  es  scheint,  einer 
gedrt4ckten  Verlane  nachgebildet  ist.  Bl  2 a  Z  r:  Vt  sacerdotes  et  clerici  rurales  :  colligiati 
nüq!  äplip  habeät  necesse  dubitae  fintrogare  i,  die  sep  tuagesima  etc.  Bl  jb  rot:  Incipit 
de  scö  buatio  legeda  minor  et  valde  bö.  ||  schwarz:  ()llustrissimi  viri  sei  buacij  tungreb 
citatis  deci  epi:  stemate  inclito  nati«:  mei'tis  sup  ethera  exaltati.  dicem9  vitä  :  miracula.  IJ 
tc.  Bl  sob  Z  13:  Vetuit  id  est  prohibuit.  E.xplicit  legeda  de  sancto  seruatio.  ;v/.-  Explicit 
sanctissirai  seruacij  tügrensis  ecclesie  presulis  et  consanguinei  xpristi  [;  legeda  de  nouo 
stilo  claro  ac  eleganti  cöpilata  Colonie<y  Impressa  p  me  Ar'noldü  ther  Hoyrnen  finita. 
Anno  dni    '  mo  cccco  Ixxij»  die  mercurij  qrta  mesis  ||  marcij.     Darunter  das  Druckerteichen. 

Praetor  g2g. 

JO  Bl  ohne  Sign  [ J  5  L^gen],  2p   Zeilen,  gotk.  Schrift,  eine  Schriftgrosse. 

JVass.  Altertumsverein.     (Aus  Eberbach.) 

[Wirt,  Wigandus:  Dialogus  apologeticus  adversus  Trithemium  de  con- 
ceptione  virginis  Mariae.     Oppenhemii,  Jacobus  Coebel,  s.  a.     4'^.] 

Hain-dypinger  *  1621g. 

DUser  Druck  gehört  nickt  dem  15.  Jahrhundert  an.  Vgl.  Roth,  F.  W.  E.,  die  Buckdruckerei 
des  Jacob  Köbel  in  Beiheft  2.  Centralbi  /  Bibl.  4  S.  24/.  und  Zeüschrift  f  Bücherfreunde  Jg  i,  Bd  2 

S.  444- 

Herbom  S   V  S-     {Aus  Herborn  HSck.) 


Register. 


A. 


Druckoi'te  und  Drucker. 


1499.  17. 
1488.  747. 


Antwerpen. 
Gottfried  Back. 

Gerardus  Leeu. 


Augsburg. 

Hans  Bämler. 
1472.  412. 

Hans  Froschauer. 
1494.  203. 

Hans  Schüasperger. 

1496.  ti23. 

1497.  ()29, 

Anton  Sorg. 
1474  im  Kloster   von  St.  Ulrich  u.  Afra  mit 
Typen  des  Anton  Sorg  717. 

1487.  622. 
o.  J.  424. 

Günther  Zainer. 
1472.  672. 

Basel. 

Johannes  de  Amerbach. 

1481.  140  028  538. 

1482.  141  730. 

1485.  211. 

1486.  24. 

1488.  529. 

1489.  6?  77  82  87. 

1490.  78  83  350. 

1491.  589. 

1492.  27. 

1493.  86. 


1494.  702  740. 
1494  —  1495  92. 

1496.  .5.09. 

1497.  88  212. 
1498-1502.  1.54. 
0.  J.  271  631. 

Johannes  de  Amerbach  und  Johannes  Froben. 
1500.  186. 

Johannes  Bergmann  de  Olpe. 
1494.  198? 

1498.  200. 

1499.  101  351. 

Johannes  Froben. 

1491.  138. 

1492.  419. 

1494.  18B. 

1495.  139. 

Michael  Furter. 

1494.  527  590. 

1495.  673. 

Nicolaus  Kesler. 

1486.  216  400  496  571  572?  731. 

1487.  573. 

1488.  254. 

1489.  674. 

1491.  47. 

1492.  371. 

1494.  125. 

1495.  31  187? 

1496.  315. 

1497.  372. 

0.  J.  123  421  448. 

Joh.  Petri  de  Langendorff  u.  Joh.  Froben. 
1499.  415. 

Bemardus  Richel. 
1475.  142. 


106     — 


Michael  "Wenssler. 
1474.  205. 
1476    i'31. 

1477.  l&*i  530. 

1478.  43d  4Ö3. 

1479.  .v>2. 

1481.  :yi>i. 

1482.  305. 

1485.  t>ö3. 

1486.  449. 

o.  J.  4f)8  737. 


0.  J.  261. 

1481.  566. 
1485.  583. 
1487.  668? 


1494.  476. 
1493.  656. 
1492.  106. 
o.  J.  409. 

1491.  42. 


Jakob  Wolfif. 
Ohne  Drucker. 


Bologna. 
Plato  de  Benedictis. 

Benedictus  Hector. 

Hugo  de  Rugeriis. 

Johannes  Walbeek. 

Brescia. 
Boninus  de  Boninis. 


Deventer. 

Jacobus  de  Breda. 

1490.  170. 

1491.  277? 

1498.  511?  652. 

1499.  674? 

Richard  Pafraet. 
1483  —  1484.   176  548? 
1484.  430. 

1489.  73. 

1490.  5  481. 

1491.  218  268  340. 

1494.  278. 

1495.  352  739. 
1499.  595. 

o.  J.  56  337. 

Ohne  Drucker. 
0.  J.  14. 


1486.  201. 
0.  J.  16? 


Eichstndt. 
Michael  Reyser. 


Esslingen. 
Konrad  Fyner. 


1473.  267. 
1476.  541. 


1496.  727. 


Florenz. 
Antonio  di  Francesco. 

Freiburg  i.  B. 
Kilian  Piscator. 


1494.  79  84. 
o.  J.  180. 


Uagenau. 
Heinrich  Gran. 


1489.  636. 

1491.  171. 

1492.  432. 
1494.  624. 
1498.  557. 
1500.  2  122  556. 


1490.  479. 


Heidelberg. 
Friedrich  Misch. 

Köln. 


Herrn.  Bungart  de  Ketwich. 
1497.  526. 

Nikolaus  Goetz  von  Schlettstadt. 

1472.  144? 

1473.  145? 

1476  146?  505  512? 
1480.  147. 
o.  J.  13. 

Goswin  Gops  von  Euskirchen. 
1476.  338. 

Johannes  Guldenschaff. 
1478  18? 

1480.  81?  384? 

1481.  382. 

1486.  501. 

Job.  Koelhoff  von  Lübeck. 
1479.  486. 

1482.  127. 

1483.  110  282. 

1487.  220  222  224  567. 

1488.  169  431. 

1489.  5<)9. 

1490.  411. 
1481.  638. 


—     107     — 


Johannes  Landen. 

1470.  375?  536? 

1496.  658. 

1472.  219  317. 

Heinrich  QuentelL 

1473.  3(j9?  312?  468  615? 

1479.  71  72  547. 

1478.  362. 

1481.  327. 

1486.  522? 

1484.  675. 

0.  J.  3  4  28  264  2&4   2&>  286  287  289  290 

1486.  462? 

291  292  293  296  297  596? 

1487.  11. 

Corn.  de  Zyrickzee. 

1489.  8   173. 

0.  J.  514. 

1490.  55  62  128?  242?  243?  299  339? 

Drucker  von  Augustinus  de  fide. 

1491.  510  713. 

1476.  473? 

1492.  25  276  390  635. 

o.  J.  288. 

1493.  368  420. 

Drucker  von  Dares. 

1494.  346  391  598  579? 

0.  J.  294  295. 

1496.  116  612  671. 

Drucker  von  Dyctis. 

1496.  67? 

1471—1476.  76  376. 

1497.  10  63  64  65. 

Drucker     von    Johannes     de     Turrecremata 

1498.  66  577  578. 

quaest  evangeL  1478. 

1499.  569  626. 

1478.  429. 

1500.  669  678. 

Ohne  Drucker. 

0.  J.  9  68  300  335  474  602?  653  675. 

1470—1476.  689. 

Ludwig  von  Renchen. 

1482.  345. 

1483.  7b8. 

1485.  725. 

1485.  23. 

0.  J.  14. 

1487.  273. 
1492.  651. 

Leipzig. 

0.  J.  608. 

Konrad  Kachelofen. 

Gerardus  ten  Raem. 

1494.  599. 

1480  81? 

1498.  662. 

Arnoldus  ter  Hoernen. 

Martinus  Landsperg. 

1470.  378? 

1490.  239? 

1471.  693. 

0.  J.  515  661 ? 

1472.  619?  749. 

Wolfgang  Stoeckel. 

1473.  470, 

1499.  112  113. 

1475.  275?  620. 

Lö7cen. 

1480.  81? 

0.  J.  93?  696?  618? 

Johannes  de  "Westfalia. 

0.  J.  58  484. 

Bartholomaeus  de  Unckel. 

1475.  467. 

Lübeck. 

1476.  272?  334. 

1477.  121. 

Lucas  Brandis. 

1480.  311. 

1476.  621. 

1481.  537? 

1484.  178. 

Lüneburg. 

Konrad  "Winter  de  Homborch. 

Johannes  Lucae. 

1476.  316. 

1493.  645. 

1476.  379? 

Lyon. 

1478.  401. 

1479.  143  381?  517. 

Nicolaus  Pistoris  u.  Marcus  Reinhard. 

1480.  568. 

1478.  20? 

1480.  .568. 

1480.  746. 

0.  J.  732. 

Johannes  Syber. 

Ulrich  Zell. 

1482.  189. 

1466-1467.  221. 

1496.  156? 

1487.  90?  223  298. 

0.  J.  19? 

108     — 


1495.  341. 
o.  J.  74? 

1494.  19<). 

1495.  232. 


1493.  728. 

1486.   136. 

1486.    US? 
o.  J.  H54. 


Johannes  Trechsel. 

Petrus  L'ngarus. 

Michael  Wen?sler. 


Magdeburg. 
Mauritius  Brandis. 

Johannes  Grashover. 

Simon  Koch. 


1490.  l')5. 


1492.  5(<. 


Mailand. 
Philippus  de  Lavagnia. 

Philippus  de  Mantegatiis. 

Udalricus  Soinzenzeler. 


1497.  639. 

Mainz. 

Petrus  Je  Friedberg. 

1493.  695  703. 

1494.  697  698  699  705? 

1495.  118  482  694  701  704. 

1496.  696  706. 

1497.  7W. 

Joh.  Fust  u.  Peter  Schüffer. 
0.  J.  744  745. 

Johannes  (iutenberg. 
1460.  97. 
0.  J.  494. 

Jakob  Meydenbach. 
1495.  314  :M9? 

Johannes  Numeister. 

1479.  428. 

Peter  Schüffer. 
1462.  148. 
1467.  686, 

1470.  373. 

1471.  707. 

1473.  KO. 

1474.  364  425. 
1476.  228?  426. 
1478.  107  427  553. 
o.  J.  94  679. 

Ohne  Drucker, 
vor  1474.  422? 

1480.  356?  458? 


1480.  464. 


0.  J  633.? 


^[ünsier  i.  W. 
Johannes  Liiuburgus. 

Neapel. 
Ohne  Drucker. 


Nürnberg. 

Friedrich  Creussner. 

1477.  33. 

1479.  644. 
1493.  1l^4. 
0.  J.  389. 

Andreas  Frisner  u.  Joh.  Sensenschmid. 

1472.  164? 
1476.  580. 

Kaspar  Hochfeder. 
1491.  46. 
1498.  627. 

Anton  Koberger. 
1477—1479.  62. 

1478.  149. 

1479.  328. 

1480.  363. 

1481.  255  365  402  523  576. 
1481—1482.  21. 

1482.  319  403. 

1483.  443  718. 

1484.  48. 

1485.  26  157  719. 

1486.  53  191  233  715  723. 

1487.  158  497  584. 

1488.  37  102  439. 

1489.  120. 

1491.  181  628. 

1492.  38. 

1493.  320  6.30. 

1494.  647. 

1496.  549  648  684. 

1497.  159  202. 

1498.  387  478. 
1500.  182. 

Joh.  Sensenschmid  et  Henr.  Kefer. 

1473.  606. 

Georg  Stuchs  de  Sulzbach. 

1488.  518. 

1489.  283. 

Petrus  "Wagner. 

1490.  117? 
o.  J.  74? 

Padua. 

•Joh.  Herbort  von  Seligenstadt. 

1480.  581. 


109     — 


Paris. 

Speier. 

0.  J.  680? 

Simon  Doliiitoris. 

Peter  Drach. 
1475.  513? 

Ulrich  Gering. 

1479.  .540. 

1472.  2!». 

1480.  111?  561. 

1494.   126 

130  132? 

1482.  383. 

Ulrich  Gering  u.  Berthold  Rembolt. 

1485.  562. 

1494.  313. 

1487.  6<)3. 

1487  —  1488.  743. 

Pavia. 

1488.  103. 

Job.  de  Birretis  et  Franc,  de  Girardenghis. 
1489.  22. 

Christophorus  de  Canibus. 
1489.  477. 

Antonius  de  Carchano. 
1493.  .554. 

1489.  150. 

1490.  208. 

1491.  475. 

1492.  321. 
1498.  .508. 

0.  J.  :i47  491  649. 

1494.  555. 

Johann  u.  Konrad  Hist. 

Fl 
1486.  534? 

•anciscus  de  Girardenghis. 

1480.  248. 

0.  J.  133?  270  423. 

Konrad  Hist. 

Perugia. 

1495.  591? 
1498.   197. 

0.  J.  43. 

Ohne  Drucker. 

Drucker  von  Gesta  Christi, 
0.  J.  369. 

Peutlingen. 

Strasshurg. 

1486.  692. 
1494.  45? 
0.  J,  539. 

1485.  183. 
1488.  165. 

Michael  GreifiF. 
Johannes  Otmar. 

Jakob  Eber. 
0.  J.  310. 

Heinrich  Eggesteyn. 
0.  J.  265. 

Martin  Flach. 

1487.  215  331. 

1488.  519. 

1489.  ;34  177. 

Born. 

1490.  495  637  688. 

0.  J.  663. 

Johannes  de  Besicken. 

1492.  49. 
1494.  280  367. 

1479.  664. 

Johannes  Bulle. 

1495.  35. 

1496.  609. 

Bartholomaeua  Guldinbeck. 
0.  J.  563, 

1497.  129. 

1498.  36. 

0.  J.  206.  • 

Stephanus  Planck. 

0.  J.  353. 

Johannes  Grüninger. 

0.  J.  506. 

Adam  Rot. 

1483.  137. 

1484.  210  301  434. 

Johannes  Schurener. 
0.  J.  465  600. 

1485.  163. 

1486.  .597. 

1475.  442. 

Apud  S.  Marcum. 

1488.  259. 

1489.  3<I2. 

1490.  50  303. 

Rostock. 

1492.  155. 
1496.  51  57. 

Fratres  vitae  communis  ad  S.  Michaelem. 

1497.  99  153  199. 

1481.  131. 

1498.  385. 

—     110     — 


1499.  fi65. 

1500.  2W. 
o.  J .  535. 

Job.  Grüninger  et  Henr.  de  Inguiler. 

1483.  5e>4. 

Georg  Husner. 
1470.  32. 
1475.  393?  485  ? 

1479.  394. 

0.  J.  247  2'j2  3ö9  360. 

Georg  Husner  et  Job.  Beckenhub. 
1473.  257. 

Jobannes  Knobloucb. 
0.  J.  499. 

Heinrich  Knoblochtzer. 
1475.  4tt3. 

1480.  245. 

1482.  498. 

1484.  392. 
0.  J.  709. 

Johannes  Mentclin. 
1468.  85? 
1470.  552? 

1472.  70? 

1473.  716. 
1477.  741  742. 
0.  J.  587. 

Jubannes  Prüss. 
1480.  640. 

1487.  492  616. 

1488.  281. 

1490.  174  217  610. 
1495.  279. 

1498.  134.- 
1498  —  1499.  213. 

1499.  641. 

0.  J.  119  617  646  6.50. 

Adolf  Rusch. 
1480.  162. 

Martin  Schott. 

1485.  207. 
1490.  75  483. 

Drucker  mit  dem  bizarren  R. 
1470.  96? 
1473.  714?  722. 
0.  J.  480. 

Drucker  von  Henricus  Ariminensis. 
1478—1479.  354. 
o.  J.  91  521  570  676  734. 

Drucker  vun  Jordanus  de  Quedlinburg  1483. 

1483.  395  435. 

1484.  489. 

1485.  109  343  388  396  565. 
1487.  503. 

1489.  397  414  490  728. 


1490.  95  344  398  504  560  736. 

1491.  196  342  733. 
1493.  253  729. 
1494-1495.  .=^20. 

1495.  179. 

1496.  184  399  611. 

Drucker  der  Legenda  aurea  1481. 
1482.  269. 

Drucker  der  Vitae  patrum  1483. 

1485.  377.  582. 
0.  J.  1  241  330. 

Ohne  Drucker. 
1488  —  1489.  724. 
1493.  135  332  333. 
o.  J.  238. 

Treviso. 

Dionysius  de  Bertocbis  et  Peregrinus 
Bononienses. 
1482.  605. 

Bernardus  de  Colonia. 
1478.  632. 

Michael  Manzolinus. 
1480.  263. 

Johannes  Rubeus. 
1480.  657. 

1486.  691. 

Tübingen. 

Johannes  Otmar. 
1499.  166  167  168. 

Turin. 
Johannes  Fabri. 


1490.  250. 


1484.  413. 

1486.  604. 

1499.  655. 

1473.  15.' 


1480.  274? 


Ulm. 

Konrad  Dinckmut. 

Johannes  Reger. 
Johannes  Zainer. 

Urach. 
Konrad  Fyner. 

Utrecht. 
Ohne  Drucker. 


0.  J.  249? 


111    — 


Venedig. 

Christopliorus  Arnoldus. 
0.  J.  613. 

Georgias  Arrivabene  Mantuanus, 

1487.  39. 

1489.  40. 

1495.  104. 

Bernardinua  Becalius. 

1490.  209. 
1493.  89  546. 

Vincentius  Benalius. 

1493.  459, 

Dionysius  de  Bertochis  et  Peregrinus 
Boaoniensea. 
1484.  558. 
1486.  708. 

Simon  Bevilaqua. 

1496.  666. 

1497.  460. 
1499.  593. 

Barthol.  de  Blavis,  Andr.  de  Torresanis, 
Maphaeus  de  Paterbonis. 
1482.  193  234  322. 

Thomas  de  Blavia. 
1484,  712. 
1489.  195  236. 

Johannes  de  Cereto. 

1494.  229  244  457. 
1499.  601. 

Bemardus  de  Choris  et  Simon  de  Luere. 

1491.  592. 

Joh.  de  Colonia  et  Joh.  Manthen  de 
Gherretzem. 
1477.  175.  748. 
1477-1478.  251. 

1480.  416. 

Franciscus  de  Girardenghis. 
1486.  533. 
1486.  534? 

Johannes  et  Gregorius  de  Gregoriis. 

1488.  12. 

1489.  194  235. 
1494.  358. 
1497.  172. 
1497—1498.  370. 

Johannes  Hamman  de  Landoia. 
1491.  407. 

Johannes  Herbort  de  Seigenstat. 

1481.  325  329. 

Xicolaus  Jenson. 
1477.  307.  445.  531. 
1477—1480.  54. 
1479.  151. 
0.  J.  446. 


Lazarus  de  Isoardis  de  Saviliano. 
1491.  710. 
1499.  667. 

Herrn.  Liechtenstein. 
1483.  98. 

1488.  607. 

1490.  677  681. 
1493.  720. 

Lig.i  Boaria. 

1491.  711. 

Bonetus  Locatellus. 
1493.  437. 

1497.  682. 
"1498.  614. 

Petrus  Loeslein. 
1483.  690. 

Aldus  Manutius. 

1496,  670. 

1498.  61. 

Petrus  Maufer,  Joh,  de  Forlivio  et  Hercules 

de  Buscha, 
1480  -1481.  115. 

Raynaldus  de  Novimagio. 
1486.  366. 

Hieronymus  de  Paganinis. 

1492.  318. 

Jacobus  de  Paganinis. 

1491,  225. 

Paganinus  de  Paganinis. 

1489.  326. 

1499.  41. 

Andreas  de  Paltascichis. 
1480.  226? 

Christophorus  de  Pensis. 
1495.  488. 
1499.  544. 

Petrus  de  Piasiis  Cremonensis. 
1483.  308. 

Philippus  Pincius  ilantuanus. 

1493.  60. 
1495.  472. 

1497.  659  660. 

Theodorus  de  Ragazonibus. 

1490.  204. 

1492.  625. 

Franciscus  Renner. 
1480.  152. 
1482.  160. 

Franciscus  Renner  et  Petrus  de  Bartua. 
1478.  685. 

Albertinus  Rubeus. 
1499.  436. 

Jacobus  Rubeus. 

1477.  454. 

1478.  441  451. 


112     — 


Jobaanes  Rubeus. 
1475.  4ö^? 
1496.  374. 

Octaviauus  Scotus. 
1483.  Ö4Ö. 
1489.   l'il. 

Beraardinus  Stagninus  de  Tridino. 
i486.  tjciT. 
1494.  452  455. 
Antonius  de  Stancbis  et  Jacobus  Britannicua 

3ocii(iue. 
1481.  30. 

Andreas  de  Torresanis. 

1488.  114. 

Baptista  de  Tortis. 
1491.  32.3. 

1494.  444. 

1495.  450. 

1496.  IU2  306  UO. 
1500.  oJi. 

Bernardus  de  Vitalibus. 
1499.  4H1. 

Bartholomaeus  de  Zanis. 
1496.  .">!>4. 
1499.  iJi'T. 

Ohne  Drucker. 

1489.  417. 


1479.    41)9, 


1481.  542. 


1480.  380? 


Viceiiza. 
Steph.   Kolilinger. 

Wien. 
Eberhard  Frommolt. 

Würzhurg. 
Georg  Reyser. 

Zwolle. 


Tymaunus  Petri  de  Os. 

1497.  2H'J? 

<>hne  Ort  \ind  Drucker. 

1480.  H42. 

1484.  404. 

0.  J.  7  44  H9  100  108  210  214  230  237  246 
256  258  260  336  348  355  357  361  386  405 
406  408  410  433  447  463  471  4«7  5(XJ  507 
516  524  525  5:')2  543  550  551  585  586 
588  6:i4  643  721  735. 


B. 


Von  den  üben  verzeichneten  Drucken  be- 
sitzt 

1)  die  Landsbibliothek  zu  Wiesbaden  346: 
1  5  6  7  H  10  16  17  18  20  21  26  31  36  37  40 
42  4:j  4.4  47  50  51  53  54  55  59  61  69  73  74 
75  77  80  81  82  85  87  92  94  97  104  105  106  107 
108  109  111  112  113  114  115  119  121  124  127 
128  133  135  138  140  142  144  145  147  148  149 
1.50  151  157  162  163  164  166  168  169  170  171 
173  176  178  181  183  185  186  191  194  195  201 
2^)4  205  206  214  217  218  220  222  224  227  2:K) 
233  235  236  237  244  247  248  24i>2öl  254  255 
260  273  274  278  279  281  283  284  285  286  287 
288  2".n  292  293  297  298  299  3(X)  301  303  305 
:K^  307  311  314  315  319  322  323  324  325  327 
3;iO  339  34:3  :344  ^4!^  351  352  353  354  358  361 
364  367  371  373  377  380  382  386  392  394  395 
398  401  4^)2  4<U  406  407  408  409  410  415  416 
417  418  419  420  122  423  425  427  429  \:\A  435 
438  4J9  44')  Ul  442  443  444  445  446  149  450 
451  452  453  454  455  456  458  460  461  463  464 
465  468  469  474  476  477  480  481  482  483  485 


486  489  490  491  493  495  496  501  502  506  510 
513  514  515  516  517  518  520  521  522  524  525 
527  528  530  531  532  540  541  542  543  545  551 
553  554  555  559  561  562  563  566  567  573  574 
575  576  577  578  579  580  581  583  585  586  587 
588  590  591  592  598  600  601  607  609  610  616 
617  622  623  626  628  HTO  631  633  C34  636  637 
638  639  642  643  646  647  648  650  655  659  660 
662  663  664  667  669  670  672  674  675  676  679 
684  686  688  689  691  694  695  696  697  698  700 
701  702  703  704  705  706  7o7  715  717  723  725 
736  737  743  744  745, 

2)  der  Verein  für  Xassauische  Altertums- 
kunde und  Geschichtsforschung  zu  Wies- 
baden 3:  245  747  749, 

3)  die  bischiJtliche  Seminarbibliothek  zu 
Liraburg  a.  d.  Lahn  319:  2  3  4  11  13  14  15 
19  21  22  23  25  27  28  29  30  32  34  35  38  39 
41  46  47  50  51  53  56  57  58  62  65  70  71  72 
75  76  78  79  83  84  86  87  88  89  90  91  92  93 
94  95  99  101  102  103  104  118  120  121  122 
123  125  126  129  130  132  134  136  137  139  140 


—  113  — 

141  14:5  144  140  116  lö2  l.vJ  154  155  156  158  693  696  699  701  706  711  713  724  725  726  728 

159  160  161  162  165  175  177  179  180  IHI  182  729  735  738  739  740  748. 

184  187  188  189  190  192  193  196  197  198  199  4i  dio  Semiuarbibliothek  zu  Herborn  63: 

2(J0  202  207  208  2(J9  210  211  213  215  216  219  12  33  39  45  46  48  52  77  79  82  84  86  110  131 

221  223  231  232  234  238  239  241  242  243  246  139  140  167  174  181  203  212  240  256  2H0  ii89 

250  252  253  258  262  263  264  265  266  267  268  290  ii94  2!  »5  296  :j<)4  310  313  328  331  :i47  366 

269  272  275  276  277  282  302  305  308  309  311  383  391  399  400  412  414  424  127  429  466  468 

312  314  316  317  318  319  320  321  322  326  329  517  529  534  560  572  582  603  613  620  6:il  627 

332  334  335  336  337  338  340  :U1  342  345  346  635  673  681  685  687, 

348  354  355  356  359  360  362  363  365  366  368  5j  die  Gymnaaialbibliothek  zu  Weilbur^,'  71 : 

369  370  371  372  374  375  376  378  379  381  383  24  49  54  60  63  64  66  68  96  98  100  116  120 

384  387  388  389  390  393  4^)3  405  413  415  421  172  225  226  228  229  257  259  261  270  271  333 

425  430  431  432  433  4;U  435  436  448  449  450  350  377  396  411  437  447  457  471  472  4.^  488 

459  462  467  470  473  475  478  479  485  487  490  492  544  546  55H  565  593  594  595  597  i;04  605 

494  496  497  498  499  502  503  504  505  507  508  625  629  632  653  656  657  f;65  (i66  668  708  709 

509  511  512  513  517  519  522  526  528  533  535  712  715  716  718  719  721  722  727  729  TV)  731 

536  537  538  539  547  548  549  550  552  553  556  732  733  734, 

557  564  568  569  570  571  574  582  584  5h9  596  6|  dieGymnasialbihliothekzu  Wiesbaden  10: 

599  606  607  608  609  611  612  614  615  618  619  9  67  117  397  523  602  714  720  741  742. 

624  6.38  641  644  645  649  6.50  651  6.52  653  6.54  7)  die  Gymnaaialbibliothek  zu  Hadamar  3: 

658  661  671  677  678  680  682  683  684  690  692  150  385  710. 


C. 


Von  den  oben  verzeichneten  Drucken  ge- 
hörten 

a)  zu  nassauischen  Klosterbiblio- 
theken* 

1.  Arnstein:  20  46  81  94  107  119  175  197 
202  217  246  277  336  337  339  346  384  39(J  410 
415  450  474  475  484  495  512  518  562  617  626 
635  636  649  673  709  736  746, 

2.  Deutz:  12  19  22  .53  89  101  109  121  123 
145  1.55  158  159  162  187  261  307  316  319  326 
350  370  381  387  389  416  430  437  438  453  490 
496  517  521  .522  530  5(U  568  580  605  607  609 
616  715  718  719  723  736. 

3.  Eberbach:  16  23  31  34  50  133  140  154 
206  214  230  247  248  251  30l  341  342  366  372 
395  408  423  434  443  465  471  491  493  501  5(»6 
513  551  552  563  597  6(J0  631  633  634  643  663 
tj64  668  730  746  748  749, 

4.  Ehrenbreitstein:  29  86  114  115  186  216 
371  442  445  446  451  454  480  531  575  648  737, 

5.  Hadamar:  2  35  41  78  83  102  103  150 
153  158  163  193  234  239  253  266  282  308  322 

•  Hierzu  Tgl.  meinen  Aufsatz  ^Die  Auflösung  der 
nassauischen  Kloaterbibliotheken"  Xass.  Annalen  B<1. 
30  S.  206—220.  Die  Unterscheidung  von  Hadamar, 
Herboru  und  Limburg  bezüglich  der  Register  B  und  C 
ist  in  den  betreffenden  Angaben  bei  den  einzelnen 
Drucken  dadurch  Bchon  gesichert,  dass  immer,  wo 
Klosterbibliotheken  oder  die  ehemalige  Hohe  Schul- 
bibliothek zu  verstehen  sind,  der  Ortsbenennung  ein 
„aus"  vorangesetzt  ist. 


332  335  346  360  362  371  379  415  431  432  433 
435  470  472  503  549  5.50  569  584  608  614  651 
661  683  740, 

6.  Höchst:  27  49  68  74  75  116  124  157  254 
265  333  374  629  653, 

7.  Limburg:  4  11  14  15  21  24  28  (vorher 
in  Königstein)  30  39  46  48  54  56  62  65  70 
(vorher  in  Grünberg)  72  79  84  86  88  99  110 
120  122  126  130  132  134  140  147  156  178  179 
180  181  182  192  196  197  208  213  238  24iJ  241 
242  243  250  252  258  262  268  273  (vorher  in 
Gronau)  310  314  328  329  3.38  345  355  .356  357 
363  364  369  383  405  434  435  447  450  459  462 
466  468  478  479  487  490  494  5(X)  .502  5o7  511 
529  533  534  536  538  544  547  557  581  582  587 
607  611  618  619  624  (vorher  in  Gronau)  6:38 
H41  644  652  658  684  690  692  696  699  701  706 
713  718  726  7^4  738, 

8.  Linz :  37  303  439  440  443  449  491, 

9.  Marienstatt  (die  Zugehörigkeit  der  ein- 
geklammerten Nummern  ist  nicht  direkt  be- 
zeugt, ist  aber  nach  dem  alten  Verzeichnis 
höchst  wahrscheinlich):  10  17  69  97^104)  121 
138  (181)  220  (233)  (249)  (255)  278  (382)  425 
(435)  (483)  (486)  (524)  (525)  (567)  583  (607)  (642) 
,657)  669  717  (736), 

10.  Montabaur:  322  743. 

11.  Xotgottes  (die  Nummern,  denen  ein  J 
hinzugefügt  ist,  gehörten  vorher  dem  Johannis- 


—  114  — 


berger  Kloster  an):  8J  8J  38  OIJ  94J  98 
108  J  Inö  lt>5  lfi8j  ITrtJ  201  J  210 J  211  237 
260  2H3  267  J  271J  274  J  299  J  :40<)  :>o6  :U1 
314  315  318  330  IMiJ  J  343J  i44  349  351  359  J 
367  J  368  J  386  394  398  419  420  -1-tl  446  4.s2J 
485  J  5o9  537  J  540  554  559  J  565  J  5.s5  J  58«)  J 
588  J  590  595  J  599  J  609  612  J  622  637  J  665 
667  J  675  (vorher  in  Marienthai)  677  679  J 
680J  689J  693  696J  712, 

12.  Rommer^idorf :  32  47  50  52  60  77  82  96 
lt>4  140  145  15«  16(t  1m7  205  256  l>57  259  320 
347  354  362  377  396  497  558  666  728  729, 

13.  Sayn:  51  71  95  141  143  145  15(t  1.55 
1H4  311  320  4<J3  449  498  .5o5  517  656  685  725, 


14.  SchÜnau:  1  18  26  46  .50  53  55  75  77 
^2  83  86  87  127  lti9  222  224  281  283  354  361 
■■•^}  392  401  425  468  469  4^5  520  521  553  573 
576  585  586  628  646  650  688  694  695  696  697 
698  7(MJ  701  703  7(>4  705  706  729  744  745, 

b)  zur  Bibliothek  der  Hohen  Schule 
zu  Her  bor  n:  33  40  42  43  44  45  59  61  63 
t;4  W  79  84  KXJ  105  106  125  129  139  172  17  t 
IMI  185  194  203  204  212  226  235  244  256  280 
2S9  290  294  295  296  313  331  358  366  :i83  391 
4(H)  4iHi  4Jt7  41(9  412  414  417  421  424  426  428 
458  461  476  477  514  532  543  546  554  555  560 
572  5f<2  601  603  613  620  621  627  635  639  (>t7 
»U«  670  681  687  691  7<i2. 


Druck  Toa  W.  Bruguliii  in  Leipzig. 


ANNALEN  DES  V El! EINS 


FUll 


NASSAÜISCHE  ALTERTÜM8KUN I )  lo 


UND 


GESCHICHTSFORSCHUNG. 


EINUNDDREISSIGSTER  BA^D. 


1900. 


Mit  el\1v\[  I'i,a^e. 


WIESBADEN. 

VERLAG  VON  RUD.  BECHTOLD  &  COMP. 
1901. 


KlirCK   Vft.V  KLT).  I'.ECHT(IM)  &  COMP.,   WIESBAPEX. 

BrCHDIUTCKERKI  i-  I-ITIIOCK.  ANSTALT. 


Inlialts-Verzeicliiiis. 


A  nna  len. 
Erstes  Heft. 

Seite 

Die  Inkunabeln  nassauischer  Bibliotheken,    \orzeichnet  von  ü.  /  i-  d  1 1-  v  1  —  114 

Zweites  Heft. 

1.  Die  hessische  Diözese  der  Niedergrafschaft  Katzenellenbogen.     \ du 

A.  lleldnianii li:.— 171 

IL  Der  Ringwall   auf   dem   Hofheimer   Kapellenberg.      Mit    oin<;iii    I'laii. 

Von  ('.  L.  Thomas 172-1T'.I 

III.  Ein  Gesamtfund  römischer  Denare  aus  Flonheim.    Von  K.  IM  tterl  i  ni;  18U  — liJ-J 

IV.  Namen  und  Lage  von  Wiesbadener  Örtlichkeiten.     Von  F.  Otto  193— 2U1 
\  .  Zur    Geschichte    der    Sporkenburg,    sowie    der    ehemaligen    Vogtei 

Denzerode  bei  Ems.     Von  F.  :\[icliel       2():i  — -JU 

VI.  Die  Zeugnisse  für  Gutenbergs  Aufenthalt  in  Eltville.    Von  (i.  Zcdl.T  -Jl -)  —  •_>•_'•_' 
VII.  Beiträge  zur  Geschichte  der  Gründung  des  Vereins  für  nassauische 

Altertumskunde  und  Geschichtsforschung.    Von   I'.   Wu.-ncr     .     .     .  223— 23:i 


Mitteilungen  1900/1901. 

Spalte 

A'creinsnachricliten  von  (i.   /edler 1-4,  33— li.J,  (J5-ti7,  {)7--91i 

Vorträge  1SU9/1900: 

Aus   dem  Tagebucli  eines  nassauischen  Ofti/.iers  von  li.   K  o  1  !> *~'^ 

Die  neuesten  Ansiirahuno-en  auf  dem  römischen  Forum  von  V.  Lolir   .     .  •>— ' 

Der  Felsendom   zu   Limburg  a.   d.   L.  von  31.   llöiiler •  ' 

ri)er  das  voro-eschichtliche  Lraubach  von  K.  Bodewig 11  —  13 

Über  Johann  Krafl't  von  Ilerboru  von  ().  31  ei  nardus ...  __      _' 

ri)er  den  mittelalterliclieu  Rheiinveinhandel  von  31.  Hoffmann 3o— 37 

Kismarcks  Bezieh  uugeu  zu  Nassau   von  E.  Seh  aus 


I'.eohtermünze  zu  Eltville  von  U.  Zedier ■     •     •      1^'^'     '"- 


1900/1901: 

Die    Presse  der   ^ 

Vurrömische  Wo-e  und  Dürfer  im  westlichen  Nassau   von  IL    Itodeui-        •     •  10'--1 

Das  Walten   der  alten  deutschen  Kaiser  in   den  Ilhei.ilan.len   von  31.    Iloffmann^  ^^^t'_^, 

Verwaltungsbericlit  des  Altertuuis-31useums  von   i:.   Kitte  rl  in-   .      Di- 19,  38-4.>,  10«      lU» 

Lmide  (s.   aucli   den   Verwaltiuigsbericht  des  Altertu7ns-3luseums): 

,  .  i;t  — 21 

zu  Höchst  (3Iünzfund)  von  E.  Su  einer ■ 

4(< —  4  t 
zu    üraubacli   von   IL    Modewig- 


IV 

Spalte 

ZU  Siiimiern  bei  Klirenbreitsteiii  von  K.   Uddowli: -17 

zu  Jlüclist  (römisches  Gefäss)  von  E.  8uchier 4.— 4V» 

zu  I>ii(lisenh!iu.sen  von  R.  Bodewig •     •  •?•— ()8 

Miscellen: 


Die  Aufheimu''  der  Ltübeigeusduift  in  Nassau  von  l».   .NF  oi  na  nl  us      ....         21 


•>i— '> 


o 


Ülier  ein  altes   M«'r£;\veik  bei  Naurod  von  1'.  Wagner '-5     30 

Der  Name   Heil  (lleyl)  zu  "SViesbaden  im   IG.  Jalirli.  von  F.  Otto 3i>— 32 

Zur  Geschiolite  des  rümisclien  "Wiesbaden  von  E    Kitterlini,'- 49—52 

Drangsale  eines  nassauisclien  Geistlichen  im  30 jährigen  Kriege  von  V.  Kirlit.-r  .")2— .59 
Der  Empfang  des  Fürsten  Wilhelm    V.    von    Na>sau-()ranien    zu   Heri>urn    l,s01 

von  F.  Ott..        ■ 59-62 

Die  Originalliandschrifc  <les  Eppsteiu'schen  Lehnbut-hes  von  P.   Wagner      .     .  6S— 70 
Die     llerufung    des    waldeckischen    UofiiM-dicus    .1.    Tli.    Fritze    nach    Dillenburg 

von   1".   Otto 70-74 

Die   Wiesbadener  Kurliste  von  U.  Zedier 74— b* 

Nacliträge  zu  „Goethe  in  Nassau"  von  F.  Otto •  S* — 89 

Eine  Schünauer  Kiosterurdimng  des  14.  .lahrh.  von  G.  Zedier        110—112 

IJeitriio-e   zur   <renealo<rischen    (Jeschichte   des  Hauses  Nassau.     I.  Else,  Tochter 

des  Graten  Philipp   II.  von  Nassau-Saarbrücken  von  M.   v.   Domarus      .     .  112— lls 
(.'hronik: 

Altertunisverein  zu  ilerborn,  Bericht  von  J.   iL   lloftiiiaun 62  —  04 

Historischer  Verein  zu   Dillenburg,  Bericht  von  C   Dönges 90—91 

Altertumsverein  zu  Höchst,  Bericht  von  E.  Suchier 118—121 

Eine  Hallstattniederlassung  bei  Nouliäusel  nach   üericht  von  W.  Soldan      .     .  ".11—96 

Nassauische  Geschichtslitteratur  des  Jahres  1900.  zusammengestellt  von  G.  Zedier  121—128 


Die  hessische  Diözese 
der  Niedergrafschaft  Katzenellenbogen, 

ihre  Superintendenten  und  Inspektoren. 


Yon 

A«  Heldmann* 


Die  nachfolgenden  Zeilen  bilden  zunächst  einen  kleinen  Beitrag  zur  kirch- 
lichen Geographie  einer  durch  mehr  als  drei  Jahrhunderte  mit  Hessen  verbundenen 
Grafschaft.  Die  kirchliche  Geographie  überhaupt  und  Hessens  im  Besonderen 
ist  ein  noch  wenig  gebautes  Gebiet.  Selbst  Würdtweins  Dioecesis  Moguntina 
giebt  für  die  ältere  kirchliche  Geographie  der  Mainzer  Diözese  bezw.  Hessens 
nur  ein  undeutliches  Bild.  Sodann  aber  ist  die  hessische  Diözese  der  2sieder- 
grafschaft  Katzenellenbogen  in  ihrem  Verhältnis  zu  den  übrigen  hessischen 
Gebieten,  ihren  Staats-  und  Kirchenregierungen  noch  gar  nicht  gewürdigt  worden. 
Während  fast  vollständige  Verzeichnisse  der  Superintendenten  und  Inspektoren 
der  althessischen  Gebiete  und  der  später  zu  Hessen  gekommenen  Graf-  und 
Herrschaften  Schaumburg,  Hanau,  Schmalkalden  und  Hersfeld  vorhanden  sind'), 
hat  es  bis  da  an  einer  Reihenfolge  der  Superintendenten  und  Inspektoren  der 
Niedergrafschaft  Katzenellenbogen  gefehlt.  Was  darüber  veröffentlicht  ist-),  ist 
unvollständig  und  durch  Vermengung  der  beiden  zu  St.  Goar  bestandenen 
Diözesan-Vorstände  verworren.  Ihre  Kenntnis  ist  für  die  Landes-  und  Kirchen- 
geschichte dieser  entlegenen  und  weit  mehr  von  den  kirchlichen  K;impfen 
bewegten  Grafschaft,  wie  auch  Althessens,  von  Wichtigkeit,  Einer  der  Ilaupt- 
wortführer  auf  den  hessischen  Geueralsynoden  des  16.  Jahrhunderts  war  der 
Superintendent  Mag.  Melchior  Schott  zu  St.  Goar,  Ebenso  nahmen  die  für 
Hessen  und  den  Protestantismus  verhängnisvollen  sog.  Verbesserungspunkte 
durch  den  dasigen  Superintendenten  Mag,  Christian  Zindel,  Schott's  Nach- 
folger, ihren  Anfang. 


'0^*7        lillV^U        ii.UXCHJj_,. 


')  Ledderho.so,  He.sclireibung  dos  Hess.  Kirclienslaats,  1780,  S.  "JO  ti".,  l")?  »»'.,  '261  tl". 
—  Bach,  Kurze  Goschichte  der  Hes.s.  Kirchenverfussuiig,  1832,  S.  HS  H".  —  Aliiolit.  Dor 
Kreis    Wetzlar,   lil.  S.   167  ff. 

-)   Ledderliose  a.  a.  ().  S.  295.  —  Strftiiilier!>:,  Rlieiii.  Anti(iiiariiis  II.  7,  S.    I  «7. 
Orebel,  (iesehiclito  der  Stsidt  St.  Goar,   184S,  S.   Hu;  u.   in7. 

8 


—     116    — 

Die  Niedergrafödiaft  Katzcnellenbogeu  liattc  im  Anfauge  des  17.  Jahr- 
hunderts ungefähr  2000  Hausgesässe.  Davon  hatten  die  grösseren  Orte  St.  Goar  133, 
St.  Goarshausen  39,  Nastätteu  108,  Langen-Schwalbach  107.  Bornig  73,  Laufen- 
seiden 73,  Holzhausen  über  Aar  54,  Holzhausen  auf  der  Heide  37,  Bärstadt-')  24. 
Doch  waren  die  Einwohner  keineswegs  alle  evangelisch,  ein  nicht  unbeträcht- 
licher Teil  in  einigen  Pfarreien  und  Grenzdürferu  war  und  blieb  katholisch  und 
hielt  sich  zu  benachbarten  katholischen  Pfarreien.') 

Die  vom  Landgraf  Philipp  dem  Grossmütigen  1528  für  die  ganze  Nieder- 
orafschafr  errichtete  Diözese  begriff  alle  damals  bestehenden  Pfarreien,  von 
welchen  die  des  Amts  Hohenstein  bis  da  kirchlich  zum  Erzstifte  Mainz,  alle 
übrigen  zum  Erzstifte  Trier  gehört  hatten.  Beide  Erzbischöfe  von  Mainz  und 
Trier  erkannten  im  Laufe  des  16.  Jahrhunderts  die  vom  Landgrafen  Philipp  vor- 
genommene Reformation  und  kirchlichen  Änderungen,  insbesondere  die  von  dem 
Fürsten  an  sich  genommene  Kirchengewalt  förmlich  an  und  verzichteten  auf  ihre 
Diözesanrechte  bis  zur  weiteren  Entscheidung  durch  ein  allgemeines  freies  Konzilium, 
nämlich  Erzbischof  Albert  H.  von  Mainz  durch  den  Vertrag  von  Hitzkirchen 
vom  11.  Juni  1528,  Sebastian  durch  den  Vertrag  zu  Rödelheim  vom  1.  Aug.  1552 
und  Erzbischof  Jacob  von  Trier  durch  Vertrag  vom  10.  April  1576.'') 

Die  Diözese  hatte  ihren  grössten  Umfang  im  Anfang  des  17.  Jahrhunderts. 
Sie  begriff  damals  auch  noch  die  Herrschaft  Eppstein,  welche  unter  Landgraf 
Philipp  dem  Grossmütigen  und  auch  noch  nach  der  Teilung  Hessens  (1568), 
obgleich  politisch  zur  Herrschaft  Ludwigs  IV.  von  Oberhessen  gehörig,  zur 
Superintendentur  der  Obergrafschaft  Katzenellenbogen  zu  Darmstadt  zugehört 
hatte,  —  doch  durfte  der  Superintendent  „ohne  Landgraf  Ludwig's  Vorwissen 
im  geringsten  nichts  statuieren  oder  handeln"")  —  seit  1605  aber,  um  auch  hier 
die  sog.  Verbesserungspunkte  durchzuführen,  von  der  letzteren  abgetrennt  und 
mit  der  Diözese  der  Niedergrafschaft  durch  Landgraf  Moritz  verbunden  worden 
war.')  Die  Gliederung  der  Diözese  schloss  sich  gleich  den  übrigen  hessischen 
Diözesen  an  die  bestehenden  weltlichen  Ämter  an.  Sie  begriff  nach  einem 
Verzeichnis  aus  dem  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  folgende  49  Pfarreien,  von 
welchen  die  drei  ersten  auf  der  linken  Rheinseite  gelegen  waren.') 

I.  Amt  Rheinfels: 

1.  St.  Goar:  Pfarrei  und  Diakonat  mit  Biebernlieim. 

2.  Pfalzfeld:   E.    Hungenroth,    Niedert,    Mühlpfad,    Hausbey   (metter- 
nichisch);  F.  Badenhard,  E.  Utzenhain. 

•■')  Joh.  Herni.  liui)persbcrg,  II(38S.  Kircliennacliricliten,  S.  115—125.  Mskrpt.  im 
Huperintendentur-Archiv  zu  Marburg. 

';  Landgraf  Ernst  rechnete  es  sicli  daher  als  ein  Verdienst  an,  dass  er  durch  seinen 
Übertritt  zur  katholischen  Kirche  aufh  diesen  katholischen  l'nterthanen  die  Erbauung  von 
Kirflinn  und  Gotteshäusern  ermöglicht  liabe. 

'-)  liaoh  a.  a.  0.  S.  42.     Hess.  Zeitschr.  31,  S.   19. 

*)  Lic.  Diehl,  Die  Alstelder  Superintendentur  und  der  Superintendenteusitz  Giessen  in 
den  Mitteilungen  des  Oberhess.  Geschichts-Vereins  1900,  IX,  S.  51  ff. 

')  Ruppersberg  a.  a.  ü.  S.  115—125.  —  Lic  Diohl,  Zur  Geschichte  der  Kntwicko- 
liMig  der  ev.  Kirche  im  Grossherzogtum  Hessen,  S.  2  ff. 

*•)  E.  =  Eingoi.farrt,  F.  =  Filial,  V.  =  Vikariat,  C.   =   Collator  (Patron). 


—     117     — 

3.  Wcrhiu:    E.    ßopborger    Hof;    F.    llol/fcld    (kurpfülziseli):    C.    das 
St.  Castorstift  zu  Coblenz. 

4.  St.  Goarsliausen  mit  einigen  Mühlen. 

5.  Patersberg:  E.  Hof  Offcnthal;  V.  Thal  Ueichonberg. 

6.  Bornig. 

II.  Amt  Reichenberg". 

1.  Nocheru:  E,  Hof  Molzberg;  V.  Lierscheid ;  E.  Auol;  ('.  die  Faiuilio 
von  Nordeck. 

2.  Nastätten:  E.  Buch  (vierlierriscli). 

3.  Ru  ppertsliofen:   E.    Bogel,    Casdorf,    Eudliclihofeu,    Pissighofcu, 
Olsberg. 

4.  Ilinimighofeu  mit  Gemmerich.^) 

5.  Nieder-Tiefenbach:  E.Roth,  LoUscheid,  Pold;  C.  der  Abt  von 
Arusteiu. 

III.   Amt  Hohenstein. 

1.  N  ieder-Meilingen :  E.  Ober-Meilingen ;  V.  Zorn;  E,  Algeuroth. 

2.  Dick  schied:  E.  Hilgenroth,  Nauroth,  Schünberger  Hof;  C.  das 
Kloster  Gronau. 

3.  Kernel:    E    Watzelhain,  Wisper,  Huppert,  Erlenhof;    F.  Springen. 

4.  Bär  Stadt:  E.Hausen  vor  der  Höhe,  Fischbacli,  Langenseifen,  Hof 
Dornbach,  Ramschied,  Hettenhain,  Wambach,  die  hessische  Schanze; 
C.  Nassau-Usingen,  die  Brömser  von  Rüdesheim  (später  die  Grafen 
von  Metternich),  die  Freiherrn  von  Dem  (später  die  von  Wülknitz), 
welche  wechselweise  präsentierten. 

5.  Langen-Schwalbach:  E.  Lindscheid  und  Heimbach. '") 

6.  Kliugelbach:  E.  Herold,  Ergershausen,  Katzenellenbogen,  Fisch- 
bach ;  C.  von  Katzenellenbogen  :  das  Kloster  Bleidenstadt. 

7.  Hohenstein:  E.  Schloss  Hohenstein,  Hof  Gieshübcl:  Y.  Holzhausen 
über  Aar. 

8.  Holz  hausen  auf  der  Heide. 

9.  Laufenseiden:  E.  Stegerhof. 

10.  Ackerbach:  E.  Bernderoth,  Ober-Fischbach,  Höfe  Roth  und  Hasen- 
berg; F.  Reckenroth. 

11.  Schönborn:  C.  die  Familie  von  Schönborn. 

12.  Diethardf'j:  E.  Weidenbach,  Müncherorh. 

13.  Kloster  Gronau:  E.  Egenroth,  Martenroth,  Grebenroth,  Lang.schicd, 
Mappenhain,  Schwalschiedcr  Hof,  Schäferhof;  C.  das  Kloster  Gronau, 
später  dessen  Obervorsteher. 

IV.   Amt  Braubach. 
1.  Braubach:  E.  Marxburg. 


■')  (Jommoricli,  seit  10)48  daniistridtisch,  wunlo  1007  zu  oinor  soll.sh"m<ligoii  T'l'firroi  orliol.on. 

'")  Dioso  beiden  Orte  waren  meist  kotlidliscli. 

")  Diotliavdt,  fi-ülier  wcsterburg-iscii.   wurde   1578   von   Hessen  erwurlxMi. 

8* 


-     lis    — 

2.  Rhens  a.  Rh.:  E.  Alberhof;  C.  das  Revilieustift  zu  Cöln.'-) 

3.  Dachsenhausen:  C.  die  Junker  von  Stein. 

V.  In  der  Gemeinschaft  (Hessens  und  Nassau-Katzenellenbogens). 

1.  Ems  mit  Kemmenau. 

2.  Kettenbach. 

VI.  Vierherrschaft.'') 

1.  Sinffhofen:  C.  der  Abt  von  Arnsteiu. 

2.  Dornholzhausen:  E.  Geisig. 

3.  Kördorf:  E.  Breraberg  (nassauisch)  und  Attenhain  (nassauisch), 
Guteuacker  und  die  Höfe  Kerberloh,  Neidhof  und  zum  Ilaus;  0.  der 
Abt  von  Arnstein  und  das  Kloster  Bleidenstadt. 

4.  Ober-Tiefen bach:  E.  Bettendorf  und  Spriesterbacher  Hof;  C.  der 
Abt  von  Arnstein.'*) 

5.  Weyer:  C.  der  Erzbischof  von  Trier;  V.  Eschbach. 

6.  Ober-Walmenach:  E.  Läutert  und  Rettershain;  F.  Reitzenhain; 
F.  Nieder- Walmenach. 

7.  Auf  dem  Altenberge  (mit  dem  Kloster  Gronau  vereinigt). 

8.  Nieder-Bachheim:  E.  Ober-Bachheim,  Winterwerb,  Kehlbach;  C. 
die  Freiherrn  von  Stein. 

9.  Marienfels:  E.  Ilunzel;  C.  die  Freiherrn  von  Stein. 

VII.  Herrschaft  Eppstein. 

1.  Igstadt. 

2.  Weiden  bach:   E.  Wildensachsen. 

3.  Lorsbach:  E.  Langenhain. 

4.  Eppstein  im  Thal:   F.  Bremsthal;    C.  der  Erzbischof  von  Mainz.'^) 

5.  Ober-  und  Nieder-Liederbach:  C.  das  Domkapitel  zu  Mainz  (vgl. 
Anm.   15). 

6.  Diedenbergen:  C.  die  von  Wallenstein  in  Hessen. 

7.  Wallau:  C.  das  Kloster  Bleidenstadt."') 

8.  Breckenheim. 

9.  Nordenstadt:  C.  das  Domkapitel  zu  Mainz  (vgl.  Anm.   15). 

10.  Delkenheim. 

11.  Massenheim. 


'«)  Hess.  Zeitsclir.  31,  S.  2  tt'. 

^^)  Hessen   und  die   drei  nassauischen  Häuser   Dillenburg,  Saarbrücken  und  "NViesbaden. 

'*)  Diese  Pfarrei  war  später  bald  mit  Xioder-Tieteni)afli,  bald  mit  Holzhausen  tiuf  der 
Heide  vereinigt. 

*^)  Erzbischof  Joh.  Schwoikard  von  Mainz  vertauschte  mit  Zustimmung  des  Domkapitels 
zu  Mainz  durch  Vertrag  vom  30.  Okt.  1608  die  Collatur  über  Eppstein,  Ober-Liederbach  und 
Xordenstadt  an  den  Landgrafen  Moritz  gegen  dessen  Collatur  über  die  mainzischen  Pfarreien 
Schröck,  Bauor})ach  und  Himmelsberg  bei  Marburg.  AVürdtwein,  Dioec.  Mogunt.  IX,  pag.  262. 

'";  In  der  Folgezeit  erkannte  die  Itegierung  und  das  Konsistorium  zu  Darmstadt  diese 
Collatur  nicht  mehr  an  und  besetzten  diese  Pfarrei. 


—     110     — 

In  der  Folgezeit  erfuhr  dieser  Bestand  der  Diözese  nicht  uuhedcutende 
Verringerungen  und  Zersplitterungen.  Infolge  der  FJu-  und  Durcliführung  der 
sog.  Verbesseruugspuuktc  erfolgte,  wie  anderwärts  gezeigt  worden  ist,  durch 
den  Erzbischof  Ferdinand  von  Cöln  im  Jahre  1G29  die  Lösung  der  Pfaudschaft 
der  cölnischen  Stadt  ßhens  a.  Rh,  und  infolge  davon  die  Herstellung  des 
römisch-katholischen  Kirchenwesens  daselbst.'") 

Die  vom  Landgraf  Ludwig  V.  am  29.  Juli  1617  für  die  Obergrafschaft 
Katzenellenbogen  erlassene  Definitorialordnung  wurde  durch  einen  Beschluss  der 
von  diesem  Fürsten  eingesetzten  darmstädtisclicn  Regierung  zu  Marburg  vom 
30.  März  1024  auch  auf  die  diesem  Fürsten  durch  das  kaiserliche  Reichshof- 
ratserkenutnis  eingeräumten,  von  Landgraf  Ludwig  IV.  besessenen  Gebiete  aus- 
gedehnt und  die  Herrschaft  Eppsteiu  damals  wieder  mit  der  Superintendentur 
zu  Darmstadt  vereinigt.  Ein  Konsistorium  gab  es  damals  für  die  darmstüdtischen 
Lande  nicht.  Die  Einsetzung  eines  Konsistoriums  zu  Marburg  für  Hcssen-Casscl 
durch  Landgraf  Moritz  im  Jahre  1610  zwecks  Durchführung  der  sog.  Ver- 
besserungspunkte zählte  zu  den  Beschwerden  Hessen-Darmstadts  in  dem  ober- 
hessischen Erbschaftsstreite,  durch  welche  dasselbe  die  althessische  Super- 
intendenturverfassung  und  das  Testament  Ludwig  IV.  durch  Moritz  verletzt  und 
sich  selbst  zur  AUein-Erbschaft  in  Ludwigs  Landen  berechtigt  erachtete.  Die 
Aufhebung  dieses  mauritianischen  Konsistoriums  zu  Marburg  und  seine  Verlegung 
nach  Cassel  folgte  daher  der  darmstädtischen  Besitznahme  des  Oberfürstentums 
1 624  auf  dem  Fusse  nach.  Durch  das  weitere  Reichshofratsurteil  vom  2 1 .  April  1626 
und  den  kurcölnischen  Kommissionsbescheid  vom  24.  Juli  1626,  bezw.  durch 
die  darauffolgende  Eroberung  der  Festung  Rheinfels  und  den  hessischen  Haupt- 
vergleich von  1627  kam  die  ganze  Niedergrafschaft  für  die  von  Hessen-Cassel 
in  der  Zeit  von  1606—1623  aus  Landgraf  Ludwigs  IV,  Landen  gezogenen 
Nutzungen  als  Pfandschaft  an  Hessen-Darmstadt, 

Schon  Ludwigs  V.  Sohn,  Landgraf  Georg  IL.  teilte  durch  Verordnung 
vom  Sonntag  Palmarum  1628  die  Diözese  der  Obergrafschaft  Katzeuellenbogen 
in  zwei  Superintendenturen,  zu  Darmstadt  und  Gross-Gerau,  Die  letztere  um- 
fasste  ausser  den  Amtern  Rüsselsheim,  Kelsterbach  und  Doruberg  auch  die 
Herrschaft  Eppstein.  In  dieser  Verordnung  gab  Georg  H.  nähere  Bestimmungen 
über  die  Bestellung  der  Superintendenten,  welche  nach  gutachtlicher  Äusserung 
der  theologischen  Fakultät  zu  Marburg  und  nach  Zustimmung  der  Geistlichen 
geschehen  sollte,  sowie  über  den  von  den  Superintendenten  auszustellenden  Lehr- 
und  Religionsrevers  und  über  die  Bestellung  der  Dehnitoren  und  Pfarrer.") 

Im  Jahre  1635  bildete  Landgraf  Georg  II.  aus  dem  Amte  Ilohcnsteiu 
und  der  Herrschaft  Eppstein  eine  besondere  Diözese,  über  welche  der  Pfarrer 
Mag.  Anton  Forst  zu  Laugen-Schwalbach  zum  Superintendenten  bestellt  wurde. 
Ferner  gab  Landgraf  Georg  II,  durch  den  Vertrag  von  Laugeu-Schwalbach  vom 
24.  Juli  1643  vorbehaltlich  der  Hoheitsrechte  des  regierenden  Hauses  seinem 
Bruder  Johannes   für    dessen   jährliche  Deputatgelder   die    Herrschaft   Eppstein 


'')  Hess.  Zeitschr.  31,  S.  2Jl  ff. 

")  Ruppersberg  a.  a.  O.  S.  263-266. 


--      12(»     — 

erblich  ein,  sowie  für  Fonlerungen  des  Johannes  und  au  Bau-  iiud  Yer- 
bcsserungskosten  iu  Höhe  von  40  0U0  Thalern  pfandweise  die  Stadt,  Schloss 
und  Amt  Braubach,  Marxburg.  Dachsenhausen,  Geramerich,  den  hessischen 
Anteil  au  Ems,  das  Kirchspiel  Katzenellenbogen,  Schloss  und  Flecken  und 
die  Dürfer  Katzenellcubogen,  Kliugelbach,  Schönborn,  Allendorf,  Ober-» 
Mittel-  und  Xieder-Fischbach,  Ebershauseu,  Gutenacker.  Von  diesen  40  000  Thaleru 
sollten  24  000  Thaler  auf  Stadt  und  Amt  Braubach,  16  000  Thaler  auf  das 
Kirchspiel  Katzenellenbogen  gerechnet,  .die  Einlösung  dieser  Gebietsteile  bei 
Lebzeiten  des  Johannes  ausgeschlossen  und  dessen  Erben  zu  ihrer  Herausgabc 
nicht  verbunden  sein,  so  lange  ihnen  nicht  der  Pfaudschilling  bezahlt  sein 
würde.  Infolge  des  von  beiden  hessischen  Fürstenhäusern  Cassel  und  Darm- 
stadt aufgerichteten  Rezesses  vom  14.  April  1G48,  durch  welchen  die  Nieder- 
grafschaft an  Ilessen-Cassel  zurückgegeben  wurde,  sollte  Johannes  zwar  in 
seinem  Besitz  und  Pfandschaft  verbleiben,  jedoch  nach  seinem  und  seiner  männ- 
lichen Erben  Abgang  dem  Hause  Hessen-Cassel  den  ehemaligen  casselischen  Anteil 
gegen  Zurückgabe  des  Empfangenen  an  sich  zu  lösen,  freistehen.  Ebenso  war 
durch  den  Nebenrezess  vom  20.  Februar  1650  dem  Hause  Hessen-Cassel  die 
Einlösung  des  verpfändeten  Amtes  Braubach  und  des  Kirchspiels  Katzenellen- 
bogen nach  des  Johannes  Tod  von  dessen  weiblichen  Erben  vorbehalten. 
Johannes  starb  kinderlos  1.  April  1651.  Auch  nach  seinem  Tode  blieb  nach 
langen  Streitigkeiten,  welche  erst  durch  den  Vertrag  zu  Giessen  vom  11.  Juni  1767 
beigelegt  wurden,  das  Amt  Braubach  und  Kirchspiel  Katzenellenbogen  gegen 
eine  an  Hessen-Cassel  zu  zahlende  Rente  von  jährlich  500  fl.  bei  Hessen- 
Darrastadt.  Dadurch  kamen  diese  Gebiete  des  Johannes  von  der  übrigen 
Diözese  ab  und  an  Hessen-Darmstadt,  welches  aus  ihnen  zwei  kleine  kirchliche 
Verbände  bildete : 

I.  Die   evangelisch-lutherische   Diözese   Eppstein    mit    den    11 
Pfarreien:    Igstadt,  Weidenbach    mit    Wildensachsen,    Lorsbach    mit 
Langenhain,  Eppstein  mit  Bremsthal,   Ober-  und  Nieder-Liederbach, 
Diedenbergen,     Wallau,     Breckenheim,     Nordenstadt,     Delkenheim, 
Massenheim; 
U.  die     evangelisch-lutherische     Diözese     Braubach-Katzen- 
ellenbogen mit  den  8  Pfarreien:    Braubach,  Dachsenhausen,  Ems, 
Kemmenau,  Gemmerich,    Klingelbach,    Katzeuellenbogeu,  Schönborn. 
Die  Pfarrer  der  Braubacher  Diözese   nahmen  noch   während  der  Amtszeit 
des  Superintendenten  Dr.  Christiani  (1658 — 1681)    an  den  Diözesansynoden   zu 
St.  Goar  teil.''')     Die    Vorstände    dieser    kleinen    Diözesen,    seit    1668    Metro- 
politane,  seit  1777  Inspektoren  genannt,    wurden  vom  Landgrafen  von  Ilessen- 
Darmstadt  frei  bestellt  und  einem  theologischen  Examen  unterzogen.     Für  diese 
Metropolitane  oder  Inspektoren,  deren  Amt  nicht   an    ein   bestimmtes  Pfarramt 
gebunden  war,  erliess  Landgraf  Ernst  Ludwig  1668  eine  besondere  Instruktion.-") 
Diese  Diözesen,  welche  allen  Entwickelungen  des  evangelischen  Kirchenwesens 


"')  Dr.  Cliristiuiii,  .Afeiiioriale  8.  17,  .Alskrpt. 

^°)  W.  Köhler,  Die  Hess.  Kirchenverfassung  im  Zeitalter  der  Reformation,  1894,  S.  83. 


—     121     — 

iu  Hosscn-Dnrnistadt  folgten,  stauclcn  seit  1668  unter  dem  Kousisturiiim  und 
Superintendenten  zu  Darmstadt  und  werden  als  solche  in  dem  hcssen-darni- 
städtisclieu  Staatskalender  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  bis  zur 
Abtretung  derselben  an  Nassau  (1802)  aufgeführt.  Damit  war  die  alte  Diiizosc 
der  Niedergrafschaft  seit  1648  in  drei  Teile  zerschlagen. 

Der  grössere  Teil  derselben,  welcher  im  Jahre  1648  au  Ilessen-Cassel 
zurückgefallen  war,  umfasste  daher  nur  noch  die  drei  Ämter  Rheinfels,  Reichen- 
berg, Hohenstein  und  die  Viorherrschaft,  d.  h.  vier  Klassen,  deren  Vorstände, 
Deiinitoren  genannt,  von  den  Klassenpfarreru  gewählt  und  von  dem  Superinten- 
denten bestätigt  wurden.  Auch  die  hessen-casselische  Diözese  erfuhr  eine  Ver- 
ringerung infolge  der  Teilung  der  Vierherrschaft  zwischen  Hessen  und  Nassau 
durch  den  Vertrag  von  Nastätten  vom  27,  Juni  1774.  Da  jeder  Teil  seine 
Hoheitsrechte  in  der  Vierherrschaft  geltend  zu  machen  suchte,  so  waren  häufige 
Differenzen  entstanden.  Im  16.  Jahrhundert  wurden  in  diesem  Gebiet  jährliche 
Oberamtstage  gehalten,  mit  welchen  eine  Synode  verbunden  war.  Nassau  be- 
klagte sich  1581,  dass  die  vierherrischen  Pfarrer  nicht  zu  den  hessischen 
Synoden  berufen  würden.  Nach  einem  Beschlüsse  des  Oberamtstages  zu  Miehlcn 
vom  12.  Januar  1586  sollte  am  15.  August  ein  Konvent  zu  Arnstein  und  im 
Anschluss  daran  Visitation  und  eine  Synode  gehalten  werden.  Doch  kam  der 
Beschluss  nicht  zur  Ausführung,  weil  nassauischerseits  kein  Beigeordneter  des 
hessischen  Superintendenten  zu  St.  Goar  bestellt  wurde.  In  der  Folgezeit 
wurden  daher  die  vierherrischen  Pfarrer  zu  den  Synoden  nach  St.  Goar  und 
Nastätten  berufen,  jedoch  der  Besuch  der  nassauischen  Synoden  ihnen  verboten. 
Jede  Einziehung  von  kirchlichen  Abgaben,  z,  B.  für  den  Aufzug  des  Superin- 
tendenten zu  St.  Goar,  stiess  bei  den  nassauischen  Regierungen  auf  Schwierig- 
keiten. Es  w^aren  daher  schon  im  Jahre  1681  von  dem  hessischen  Vizekanzler 
von  Haxthausen  erfolglose  Verhandlungen  über  eine  Teilung  des  Gebiets  ge- 
führt worden.  Durch  den  gedachten  Vertrag  von  Nastätten  fielen  die  Pfarreien 
Siughofen,  Doruholzhausen  und  Marienfels  an  Nassau.  Die  Hessen-Cassel  zu- 
gefallenen Pfarreien  1.  Kördorf,  2.  Ober-Tiefenbach,  3.  Weyer,  4.  Ober-  und 
5.  Nieder -Walmenach,  6.  Nieder- Bachheim,  sowie  7.  die  mit  dem  Kloster 
Gronau  vereinigte  Kirche  auf  dem  Altenberge  unter  dem  Namen  der  Pfarrei 
Egenroth  (Oegert)  wurden  durch  Reskript  des  Konsistoriums  zu  Casscl  vom 
8.  Januar  und  6.  Februar  1776  den  übrigen  drei  Klassen  zugewiesen,  sodass 
seitdem  bis  zu  Ausgang  des  18.  Jahrhunderts  die  hessen-casselische  evangelisch- 
lutherische Diözese  folgende  27  Pfarreien  mit  den  oben  genannten  Filialen  und 
eingepfarrten  Orten  befasste:^^) 

I.  Klasse  Rh  ein  fei  s  mit  9  Pfarreien:  1.  St.  Goar,  Pfarrei  und 
Diakonat  mit  Biebernheim,  2.  Pfalzfeld,  3.  Werlau,  4.  St.  Goars- 
hausen,  5.  Patersberg,  V.  Reichenberg,  6.  Nochern,  V.  Licrscheid, 
7.  Weyer,  V.  Eschbach,  8.  Himmighofen,  9.  Bornig. 
H.  Klasse  Reichen berg  mit  9  Pfarreien:  1.  Nieder- Bachheim, 
2.  Ruppertshofen,    3.  Nastätten,    4.   Nicder-Tiefenbach,    5.  Kördorf. 

^'j  Ledderhüsc  a.  a    O.  .S.  280-203. 


—     122     — 


ü.  llolzliauöcu  auf  der  Heide,  V.  Ober-Tietenbaeli,  7.  EgoLiroth  mit 
Kloster  Gronau  und  Altenberg,  8.  Ober  -  Walmenaeh,  9.  Nieder- 
"Walmenach.-'-') 
ili,  Klasse  Höllenstein  mit  9  Pfarreien:  1.  Hohenstciu,  Y.  Holz- 
hausen über  Aar,  2.  Langen-Scliwalbach,  3.  Bärstadt,  4.  Kernel, 
5.  Dickschied,  6,  Diethardt,  7.  Xieder-Meilingen,  Y.  Zorn,  8.  Laufen- 
seiden,  9.  Ackerbach. 

Endlich  fielen  infolge  des  von  Hessen -Cassel  mit  der  liepublik  Frauk- 
rcifh  am  28.  August  1795  geschlossenen  Friedens  von  Basel  und  des  Friedens 
von  Luneville  vom  9.  Februar  1801  und  der  darin  festgesetzten  Gebietsver- 
änderungen die  drei  auf  der  linken  Rheinseite  gelegenen  Pfarreien  St.  Goar 
mit  Biebernheim,  Pfalzfeld  und  Werlau  an  Frankreich,  so  dass  die  Diözese 
seitdem  nur  noch  24  rechtsrheinische  lutherische  Pfarreien  begriff.  Die  Klasse 
Ilheinfels  führte  seitdem  den  Namen  St.  Goarshausen. 

Unter  der  Regierung  des  Landgrafen  Moritz  war  die  Superintendentur  zu 
St.  Goar  auch  nach  Zindels  Tod  mit  eifrigen  Anhängern  der  sog.  Yerbesserungs- 
punkte  besetzt.  Während  des  hessen-darmstädtischen  Pfandbesitzes  (1626 — 1648) 
stellte  Landgraf  Georg  II.  auch  in  diesem  Landesteile  das  lutherische  Kirchon- 
wesen  her  und  Hess  sich,  wie  oben  bemerkt,  bei  der  Besetzung  der  höheren 
Kirchenämter  nicht  bloss  von  seinen  Räten,  sondern  auch  von  der  theologischen 
Fakultät  beraten.  Die  von  ihm  berufenen  Superintendenten  waren  durchweg 
gelehrte,  würdige  und  kirchlich  tüchtige  Männer.  Die  nach  der  Entlassung  der 
mauritianischen  Pfarrer  in  der  Niedergrafschaft  zur  Anstellung  gekommenen 
Geistlichen  stammten  meist  aus  Giessen  und  Marburg  und  deren  Umgegend.") 

Durch  den  von  beiden  hessischen  Fürstenhäusern  Cassel  und  Darmstadt 
über  die  Beilegung  des  oberhessischen  Erbschaftsstreites  am  14.  April  1648 
geschlossenen  und  im  westfälischen  Frieden  bestätigten  Yertrag  war  über  die 
Religionsverhältnisse  der  damals  an  Hessen  -  Cassel  zurückgegebenen  Gebiete 
bestimmt,  dass  dieselben  bei  der  evangelisch  -  lutherischen  Religionsübung  ver- 
bleiben und  bei  Veränderung  der  Kirchen-  und  Schuldieuer  die  Kommunen  des 
Orts  mit  Rat  und  Belieben  des  Superintendenten  der  fürstlichen  Obrigkeit  zwei 
der  evangelisch-lutherischen  Religion  zugethane,  wohl  qualifizierte  Subjekte  vor- 
schlagen sollten,  aus  welchen  dann  dieselbe  eins  elegieren  und  konfirmieren 
solle.  Bei  Erledigung  der  Superintendentenstelle  sollen  alle  in  die  Superinten- 
dentur gehörigen  Pfarrer  zusammenkommen  und  vermöge  der  alten  hessischen 
Kirchenordnung  (von  1566)  zwei  tüchtige,  wohl  qualifizierte  Subjekte  nominieren 
und  die  fürstliche  Obrigkeit  eins  davon  erwählen,  berufen  und  bestätigen.  Die 
Examina,  Ordinationen  und  Investituren  sollen  von  dem  Ministerium  und  Super- 
intendenten auf  des  Landesfürsten  Verordnung  verrichtet  werden.  „Und  da 
ferner  sich  in  berührtem  hessen-casselischen  Teil  an  einem  Orte  ein  namhafter 


-'■)  Nie(lcr-^Valmen!lcll   wurde   1722  eigene   Pfarrei. 

-*)  Dalün  gehört  auch  iler  160G  von  l^imdgraf  Moritz  entlassene  Pfarrer  Theophil  Faber 
zu  Cappel,  welcher  1629  l'farrer  zu  Ober- Walmenaeh  wurde.  IJeibeluilten  wurde  ausser  einigen 
Prüzeptoren,  so  viel  ersiolitlich,  nur  der  Pfarrer  Franz  Briaous  zu  Itoniii;  (IC)!.") — 1G26),  wel- 
cher Pfarrer  zu  St.  Goarsliausen  (1020 — l(i35)    wurde. 


—    12;}    — 

Cuetus  von  Personen  der  refuniiierteu  Religiuii  ziigetliun  Huden  niüdite,  die 
für  sieh  auf  ein  Keligionsexercitium  dringen  würden,  so  liat  Hessen-Casscl  ihnen 
dasselbe  doeli  der  evangelisch-lutherischen  Religionsübung,  wie  sie  selbige  in 
ihren  Kirchen  hergebracht,  nachzulassen  bedingt."  Durch  einen  Nebeurezesa 
für  die  Niedergrafschaft  Katzenellenbogeu  und  die  Herrschaft  Schmalkaldcn 
wurde  hinsichtlich  des  letzten  Punktes  festgesetzt,  dass  es  mit  den  evangelisch- 
lutherischen  Kirchen  und  Schulen  in  dem  bisherigen  Stande  verbleiben,  jedoch 
iu  diesem  Falle  den  Reformierten  in  den  Städten,  wo  zwei  Kirchen  seien, 
nachgelassen  und  verstattet  sein  solle,  sich  der  einen  zu  bedienen,  auch  die 
Intraden  der  Pfarrei  zu  teilen,  damit  beide  Konfessions- Verwandte  mit  einander 
in  ihrer  Gewissensfreiheit  unbeeinträchtigt  leben  möchten.  Wäre  aber  nur  eine 
Kirche  am  Orte,  so  soll  beiden  Teilen  frei  stehen,  ihren  Gottesdienst  darin  zu 
verschiedenen  Stunden  zu  halten,  oder  falls  der  eine  oder  andere  Teil  hierzu 
Bedenken  trüge,  so  kann  jeder  seinen  Gottesdienst  an  einem  anderen  bequemen 
Ort  verrichten,  in  welchem  Falle  jedoch  derjenige  Teil,  welcher  zur  Zeit  des 
Vertrags  die  zum  Unterhalt  der  Kirchendiener  geordneten  Stücke  besass,  allein 
in  diesem  Besitze  bleiben  soll.-^)  Der  Rezess  bildete  seitdem  die  Kirchenver- 
fassung der  Niedergrafschaft. 

Diese  vertragsmässigen  und  reichsrechtlichen  Beschränkungen  der  landes- 
fürstlichen Kirchengewalt  sind  dem  Casseler  Fürstenhause  und  seiner  Bureau- 
kratie  stets  ärgerlich  gewesen  und  von  ihm  nur  mit  Widerwillen  ertragen  worden ; 
dasselbe  ist,  wie  die  weitere  Darstellung  zeigen  wird,  diese  Schranken  zu  durch- 
brechen stets  bestrebt  gewesen. 

Nach  der  Rückgabe  der  Niedergrafschaft  an  Hessen-Cassel  Hess  Landgraf 
Ernst,  welcher  damals  noch  von  demselben  Eifer,  wie  weiland  sein  Vater 
Moritz,  für  den  Calvinismus  beseelt  war,  laut  des  erwähnten  hessischen  Rezesses 
vom  14.  April  1648  nicht  bloss  in  der  Schlosskapelle  zu  Rheinfels,  sondern 
auch  in  der  Stadtkirche  die  reformierte  Religionsübung  und  das  Simultaneum 
einführen  (1649).  Die  seitdem  mit  der  reformierten  Predigerstelle  zu  St.  Goar 
verbundene  reformierte  Inspektur  hatte  anfangs  ausser  dem  reformierten  Rektor 
oder  Diakonus  daselbst  gar  keinen,  später  die  zwei  1685  nach  Kemel,  bezw. 
Langen-Schwalbach  und  1712  nach  Nastätten  bestellten  reformierten  Prediger 
unter  sich  und  bedeutete  daher  anfangs  nur  einen  leeren  Titel.  Diese  refor- 
mierten Inspektoren  zu  St.  Goar,  sowie  die  reformierten  Prediger  zu  Langen- 
Schwalbach  und  Nastätten,  welche  fast  ausnahmslos  aus  Niederhessen  stammten 
und  vorher  oder  nachher  in  niederhessischen  Kirchenämtern  standen,  wurden 
auf  Vorschlag  des  Konsistoriums  zu  Cassel  vom  Landgrafen  frei  bestellt,  vom 
Konsistorium  mit  Bestallungsschreiben  versehen  und  verj)flichtet  und  dem 
Reservatenkommissar  zu  St.  Goar  von  der  Bestallung  Nachricht  gegeben,  um 
dieselbe  den  beiden  anderen  Predigern  bekannt  zu  machen  und  den  Bestallten 


■*)  Ledderliose,  Hess.  Kirchenstaat,  S.  276.  —  Yilmar,  (lescliiolitc  des  Konfessions- 
standes  der  ev.  Kirche  in  Kurliesseii  1860,  8.  2'Sö  tt".  Bei  Griiiidmiu-  der  rot".  Gemeinde  zu 
L.-Scliwalbach  sind  die  Pfarrintraden  nicht  g(>teilt,  sondern  die  i'redi*i:erstollo  mit  anderen 
-Mitteln  von  Hessen-Cassel  dotiert  worden. 


—     124     — 

in    die    Einkünfte    einzuweisen.      Eine    kirclilichc    Einfülirung    derselbon    hatte 
nicht  statt.'*) 

Infolge  des  Übertritts  des  Landgrafen  Ernst  zur  katholischen  Kirche  1652 
wurde  für  den  casselischeu  Teil  der  Niedergrafschaft  laut  des  zwischen  der 
regierenden  Linie  zu  Cassel  und  dem  Landgrafen  Ernst  geschlossenen  Regens- 
burger Vertrags  von  1654  zur  Wahrnehmung  der  hessen-casselischen  Hoheits- 
rechte und  Kirchengewalt  das  eigentümlich  hessische  Amt  des  reformierten 
Reservat  e n kom  m issa  rs  geschaffen.  Dasselbe  war  anfangs  wenig  be- 
schäftigt und  weder  bei  der  Bevölkerung  und  Geistlichkeit,  noch  weniger  bei 
dem  eifersüchtigen  rheinfelsisch-roteuburgischen  Fürstonhause  beliebt,  da  es  zu 
beiden  in  einem  konfessionellen  Gegensatze  stand.  Einer  dieser  Reservaten- 
kommissare, Reinhard,  war  so  verhasst,  dass  er  vor  der  ihn  bedrohenden 
Gegenpartei  aus  St.  Goar  die  Flucht  ergreifen,  jedoch  auf  Befehl  des  Land- 
grafen Karl  dahin  zurückkehren  musste  (1718)."'')  Seine  Hauptaufgabe  war  die 
eines  ständigen  Kommissariats  des  reformierten  Konsistoriums  zu  Cassel,  welchem 
seit  Landgraf  Ernst's  Übertritt  nicht  bloss  das  neu  begründete  reformierte, 
sondern  auch  das  hergebrachte  lutherische  Kirchenwesen  der  Niedergrafschaft 
unterstellt  wurde.  Die  Reservatenkommissare  verpflichteten  Namens  des  Kon- 
sistoriums zur  Ersparung  der  weiten  Reisen  nach  Cassel  die  Geistlichen,  sowie 
auch  die  Superintendenten  und  Inspektoren,  soweit  die  letzteren  nicht  vor  ihrem 
Amtsantritt  bereits  vom  Konsistorium  in  Cassel  selbst  verpflichtet  worden  waren. 
Eifersüchtig  auf  die  althessische  Superintendenturgewalt  und  bemüht,  dieselbe 
im  bureaukratischen  Interesse  herabzudrücken,  wohin  auch  die  chikanöse  Ent- 
ziehung des  seit  der  Reformation  hergebrachten  Superinteudententitels  seit  dem 
Jahre  1681  gehört,  waren  die  Reservatenkommissare  die  eigentlichen  Kirchen- 
regenten der  Niedergrafschaft.  Nach  ihren  Anträgen,  auch  wenn  dieselben  mit 
dem  Willen  und  Gutachten  der  Superintendenten  und  ganzen  Geistlichkeit  im 
Widerspruch  standen,  wurden  in  der  Regel  alle  Kirchensachen  und  Personal- 
fragen von  dem  Konsistorium,  welchem  die  Verhältnisse  und  Personen  meist 
fremd  und  unbekannt  waren,  entschieden.  Die  Reservatenkommissare  waren 
vorher  Offiziere,  Zollschreiber,  Advokaten  oder  Amtmänner,  der  obige  Reinhard 
war  Forst-  und  Jagdsekretär  gewesen,  und  hatten  sich  bis  zu  ihrer  Bestallung 
nach  St.  Goar  mit  allem  Anderen  eher,  als  mit  kirchlichen  und  theologischen 
Dingen  befasst.  Sie  waren  daher  für  die  Kirche  ein  kaltes,  herzlos  bureau- 
kratisches  Element,  mehr  mit  dem  Charakter  eines  Polizeibeamten,  als  eines 
Pflegers  und  Hüters  des  evangelischen  Kirchenwesens,  die  ihre  Aufgabe  mehr 
in  der  Beschränkung  des  letzteren,  als  nach  ihrer  ursprünglichen  Bestimmung 
in  der  Beschränkung  des  römischen  Kirchenwesens  suchten  und  suchen  sollten. 
Für  das  Gemeinwohl  war  das  Amt  der  Reservatenkommissare,  von  vornherein 
prohibitiv  und  polizeimässig,  ein  unfruchtbarer  Baum.  Die  katholische  Laudes- 
herrschaft Landgraf  Ernst's  uud  seiner  Nachfolger  hat  für  das  Wohl  der  Be- 
völkerung entschieden  Grösseres  geleistet,  als  die  Rescrvateukommissare.     Nach 


")  Ledderliose  a.  a.  O.  {5  04. 

^'^)  Aus  Akten  des  Künigl.  Staatsarchivs  zu  Coblenz.     Reinlmnl  wurde  alsbald  versetzt. 


—     125     — 

Volleaduiig  der  allgemeinen  Landesvermessung  und  der  StcuerkatuHter  waren 
die  Reservatenkommissare  seit  1768  zugleich  die  Kataster-  und  Fortschreibungs- 
beamten der  Niedergrafschaft.  Ihr  Amtssitz  wurde;  nach  der  Abtretung  des 
linken  Rhcünufers  1795  ebenso,  wie  die  fürstlich  rotenburgische  Uegierujigs- 
kan/lci,  von  St.  Goar  nach  Langen-Schwalbach  verlegt.-') 

Die  hessischen  Reservatenkommissare  waren  :■*) 

1.  Joh.  Konrad  Nordeck,  bisher  Kapitän,  wurde  laut  des  Rcgens- 
burger  Vertrags  am  1.  Januar  1055  mit  100  Gulden  Gehalt  zum 
Reservatenkommissar  bestellt  und  ihm  und  später  seinen  Nachfolgern 
zur  Pflicht  gemacht,  keine  weitere  Ausdehnung  des  katholischen 
Religionsexercitiums,  als  im  Regensburger  Vertrag  zugestanden,  zuzu- 
lassen, über  etwaige  Versuche  aber  mit  dem  lutherischen  Superinten- 
denten und  dem  reformierten  Pfarrer  zu  St.  Goar  Kommunikation  zu 
pflegen,  ungebührliches  Verhalten  der  lutherischen  Pfarrer  und  Schul- 
dieuer  dem  Superintendenten  und,  wenn  dieser  säumig  sein  sollte,  dem 
Konsistorium  zu  Cassel  anzuzeigen,  auch  dahin  zu  sehen,  dass  die 
reformierten  Pfarrer  und  Schuldiener  zu  St.  Goar  ihr  Amt  fleissig  ver- 
richten.    Nordeck  f  4.  März  1662. 

2.  Joh,  Gottfried  von  Steprode  aus  einer  niederrheinischen,  auch  bei 
Siegen  begüterten  Familie,  hessischer  Rat,  wurde  am  I.Juli  1662  zum 
Reservateukommissar  mit  180  Kammerguldeu  Gehalt  und  20  Gulden 
Hauszins  bestellt. 

'S.  Joh.  'David  Viels,  bisheriger  Zollschreiber  zu  St.  Goar,  wurde  am 
1.  Januar  1671   bestellt,  f  L  Sept.  1679. 

4.  Dr.  Valentin  Kanler,  früher  Prokurator  fisci  zu  Cassel,  dann  Samt- 
zollschreiber zu  St.  Goar,  am  1.  Okt.  1679  mit  50  Thalern  Gehalt  und 
Futter  für  ein  Pferd  bestellt,  f  2.  Juli  1691. 

5.  Lic.  jur.  Joh.  Debel,  Oberkriegs-  und  Landkommissarius  zu  Cassel, 
wurde  mit  demselben  Gehalt  am  1.  Okt.  1691  zum  Reservatenkommissar 
und  Samtzollschreiber  bestellt,  f  5.  April  1703. 

6.  Lic.  jur.  Wolrad  Reinhard,  Forst-  und  Jagdsekretär  zu  Cassel,  am 
1.  Juli  1703  bestellt,  1718  versetzt. 

7.  Lic.  jur.  Jost  Heinrich  Appold,  Zollschreiber  zu  St.  Goar,  -am 
80.  Dez.  1718  bestellt.  Ihm,  wie  seinem  abziehenden  Vorgänger, 
wurden  50  Thlr.  Umzugskosten  bewilhgt  (2.  Jan.  1719),  f  4.  Juni  1728. 

8.  Dr.  Joh.  Georg  Beza  aus  Cassel,  1728  bestellt,  f  1758. 

9.  Joh.  Konr.  Gössel,  geb.  1714,  Auditeurzu  Cassel,  wurde  1750Dr.  Beza's 
Adjunkt,   1758  Nachfolger  mit  dem  Titel  Raf-^"),  f  20.  Juli  1770. 

10.  Joh.  Georg  Resius  war  seit  1771  Reservatenkommissar,  fl I.März  1778. 


")  Ihr  Siegel  zeigte  den  liessisclien  Löwen  mit  der  Umschrift:  F.  Hess.  Keservut.  Coiii- 
missariat.  Sieg.  z.  St.  Goar. 

-«)  Die  Reihenfolge  bei  Orebel,  Geschichte  der  Stadt  St.  Goar,  1848,  S.  132  und  hei 
Genth,  Kulturgeschichte  von  L.-Schwalbach,  S.   168    ist  unvollständiii-  und  unrichtig. 

-")  Strieder,  Hess.  Gel.-Lexikun  7,  455. 


—     126     — 

11.  reter  Friedrich  Victor,  Regioruugs-Prokurator  zu  Ciissel,  1778 
Reservatenkommissar,  erhielt  1781  den  Titel  Rat,  f  23.  Dez.    1786.'^') 

12.  (jreorg  Schmerfeld,  Reservatenkommissar  1788 — 1792. 

13.  Karl  Friedrich  Zipf,  Kriegsrat,  1792  Reservatenkommissar  zu  St.  Goar, 
1795  zu  Langen-Schwalbach,  am  2.  April  1792  auch  Katasterbeamter, 
1805  versetzt. 

14.  Karl  Arstenius,  Oberauditeur  bei  dem  hessischen  Gardcregimeut, 
17.  Dezember  1805  zum  Reservatenkommissar  mit  dem  Titel  Rat  bestellt. 

15.  Karl  Friedrich  Koch,  Justizbeaniter  zu  Spaugenberg,  12.  Juli  181G 
mit  380  Thalern  Gehalt  und  4  V-'  Klafter  Holz  zum  Keservatenkommissar 
bestellt,  wurde  1818  nassauischcr  Beamter  zu  Nassau. 

Die  Superintendenten  zu  St.  Goar  wurden  im  IG.  und  in  der  ersten 
Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  von  dem  Fürsten  frei  bestellt,  seit  dem  westfälischen 
Frieden  zufolge  der  Bestimmungen  des  in  demselben  bestätigten  hessischen 
Rezesses  vom  14.  April  1648  von  den  Definitoren  und  den  übrigen  Diözesan- 
geistlichen,  dem  geistlichen  evangelischen  Ministerium,  jedoch  in  einer  weniger 
feierlichen  ^Yeise,  als  zu  Marburg  üblich  war,  schriftlich  durch  Stimmzettel  in 
einem  sog.  Generalkonvent  gewählt,  welcher  nach  vorherigem  Befehl  des  Fürsten 
und  Konsistoriums  zu  Cassel  auf  Ersuchen  des  Reservatenkommissars  von  den 
Definitoren  nach  Nastätten,  dem  ungefähren  Mittelpunkte  der  Diözese,  ausge- 
schrieben wurde. ")  Die  „beiden  Subjekte",  auf  welche  die  Mehrzahl  der  Stimmen 
gefallen,  wurden  von  den  Definitoren  namens  des  Ministeriums  dem  Landgrafen 
zu  Rheinfels,  später  dem  zu  Cassel  präsentiert  und  eins  derselben  bestätigt. 
Der  Bestätigte  wurde  nach  Ausstellung  eines  Reverses,  welcher  ungefähr  dem 
der  Geistlichen  in  Niederhessen  gleichlautend  war,  von  dem  Reservatenkommissar 
verpflichtet  und  dem  geistlichen  Ministerium  vorgestellt  und  darauf  im  Beisein 
des  letzteren  durch  die  Definitoren  im  öffentlichen  Gottesdienste  zu  St.  Goar, 
welchem  auch  Landgraf  Ernst,  seine  Hof-  und  Regieruugsbeamten,  sowie  auch 
seine  katholischen  Geistlichen  und  Jesuiten  beizuwohnen  pflegten,  ins  Amt  ein- 
geführt und  der  Gemeinde  vorgestellt. 

In  Wirklichkeit  war  seit  und  infolge  der  absolutistischen  Regierung  des 
Landgrafen  Karl  diese  Wahl  meist  eine  leere  Formalität.  Der  wahre  Wähler 
und  Kirchenregent  war  auch  bei  den  Superinteudentenwahlen  der  Reservaten- 
kommissar und  das  Konsistorium  zu  Cassel,  welche  die  Diözesangeistlichen  meist 
nach  ihrem  oder  des  Landgrafen  Willen  für  die  höheren  Orts  gewünschte  Persön- 
lichkeit zu  bestimmen  oder  dieselbe  auch  gegen  den  Ausfall  der  Wahl  aufzu- 
nötigen wussten.  Auffallend  und  eigentümlich  ist  nämlich,  dass,  während  sonst 
in  Hessen  die  Staats-  und  Kirchenämter,  abgesehen  von  den  französischen 
Rehgionsflüchtlingen,  in  der  Regel  mit  Landeskiuderu  besetzt  wurden,  bei  der 
Su[)erintendcntur  und  Inspektorat  zu  St.  Goar  ein  anderes  Yerfahren  eingehalten 
wurde.     Nach  dem  Worte,   dass   ein  Prophet  nirgends  weniger^   als   in   seinem 


•'")  Aus  liaiidBchriftliflii'H  Zusätzen    zu    SiricdDr    muI'   der  Univ.-IJibliotliek    zu  (üesseu. 
'')  Auch  die  Diözesansynoden  zur  Krhultuug  des  Consensus  doctriiiao  uuter  dem  Super- 
intendenten Schott  im    HJ.   Jnlirhundert   wurden   meist  in   Naf^tätten  «(ehalten. 


1 


'jii 


Vaterlande  gilt,  wurden  iu  der  Regel  Auswärtige  und  nur  nusiialiinsweise  ein 
Landeskind  aus  der  Niedergrafschaft  berufen.  In  der  Zeit  von  1528  bis  17GS 
sind  nur  drei  Geistliche  aus  der  Niedergrafschaft,  zwei  im  10.  und  einer  im 
17.  Jahrhundert,  zu  der  lutherischen  Superintendentur  gelangt,  von  den  übrigen 
14  stammten  5  aus  Niederhessen,  9  aus  anderen  Gebieten.  Von  den  13  seit 
1649  berufenen  eassclischen  reformierten  Inspektoren  stammte  kein  einziger  aus 
der  Niedergrafscliaft,  sie  waren  ausser  drei  von  aussen  berufenen,  wie  oben 
bemerkt,  sämtlich  aus  Niederhessen  gesandt.  Diese  Berufung  und  Bevorzugung 
Auswärtiger  war  eine  Geringschätzung  gegen  die  Diözesangeistliohen.  Man 
behandelte  die  Niedergrafschaft  wie  eine  eroberte,  unzuverlässige  Provinz.  Im 
16.  und  17.  Jahrhundert  waren  gerade  die  bedeutendsten  Männer,  welche  der 
Diözese  vorgestanden,  Melchior  Schott  und  Anton  Forst  aus  der  Niedergrafschaft 
hervorgegangen,  so  dass  es  keineswegs  an  geeigneten  Persönlichkeiten  dort 
gefehlt  hat.  Hingegen  waren  die  unter  der  Herrschaft  der  Reservaten- 
kommissare und  des  Konsistoriums  zu  Cassel  von  auswärts  berufenen  lutherischen 
Inspektoren  mit  Ausnahme  der  aus  der  Wahl  der  Geistlichen  hervorgegangeneu 
Giessener  Professoren  der  Philosophie  Dr.  David  Christiaui  und  Mag.  Philipp 
Kasimir  Schlosser,  sowie  des  reformierten  Inspektors  Nikolaus  Treviranus 
wissenschaftlich  und  kirchlich  meist  mittelmässige,  zum  Teil  unbedeutende 
Männer.^")  Der  Grund  ihrer  Berufung  und  der  Ausschliessung  der  einheimischen 
Geistlichen  lag  in  konfessionellen  Vorurteilen  und  Widerwillen,  in  der  Über- 
schätzung der  eigenen  kirchlichen  Weisheit  und  in  der  konfessionellen  Bevor- 
mundung, welche  mau  seitens  des  andersgläubigen  Konsistoriums,  Landesherrn 
und  Reservatenkommissars  gegen  die  einheimischen,  in  den  kirchlichen  Kämpfen 
des  Landes  stehenden  Geistlichen  am  besten  durch  fremde,  wirklich  oder  ver- 
meintlich der  Regierung  gegenüber  unentschiedene  und  ihr  zu  Dank  verpflichtete 
Männer  üben  zu  können  glaubte.  Es  vollzog  sich  daher  auch  seit  Landgraf 
Karls  Regierung  bis  zum  Ende  der  hessischen  Herrschaft  fast  keine  einzige 
lutherische  Inspektorwahl  mehr  nach  den  Bestimmungen  des  hessischen  Rezesses 
von  1648  ohne  Streit  des  Konsistoriums  und  ohne  hämische  Ausfälle  und  heim- 
liche Verdächtigungen  der  Reservatenkommissare  gegen  die  Wähler  und  Ge- 
wählten hinler  deren  Rücken,  ohne  dass  diese  dagegen  sich  zu  rechtfertigen  imstande 
waren.  Die  Bestallungsakten  zeigen,  dass  bei  der  Besetzung  höherer  Kirchen- 
ämter und  für  die  Frage,  ob  ein  dazu  in  Aussicht  Genommener  persona  grata 
oder  ingrata  sei,  zuweilen  niclits  weniger,  als  kirchliche  Befähigung  und  kirch- 
liche Interessen,  sondern  auch  Vorurteile,  Wohl-  oder  Übelwollen  unterer 
Beamten  und  Günstlinge  und  selbst  blosse  Gerüchte  ausschlaggebend  sind.  In 
zwei  Fällen  waren,  wie  wir  wissen,  Empfehlungen  von  in  liofguust  stehenden 
Offizieren  für  diese  auswärtigen  Unbekannten  erfolgt,  zwei  andere  verdankten 
ihre  Berufung  Badebekanntschaften  zu  Wildungen.  Indessen  erfüllten  diese 
unbedeutenden  Importierten  zum  Teil  die  in  Cassel  in  sie  gesetzten  Ilotfuungen 
sehr  wenig.     Zwei  derselben  wurden  wegen  schwerer  Vergehen  abgesetzt,  einer 


^^)  Dass  auch    die    von  aussen   an  die   Universität  Marburg  berufenen  Tlieologon  meist 
unbedeutende  Männer  waren,  darüber  s.   V'iliuar,  Gesell,  des  Kontessionsstaiides,  18<>o,  S.  24.T. 


—     128     — 

sogar  ^YCgen  tlcs  kirelilichen  Vergehens  der  Simonie.  Gegen  einen  anderen 
erhoben  nach  seinem  Abgang  die  Definitoren  schreiende  Khigcn  wegen  seines 
landknndigen  Nepotismus  und  erachteten  das  Wohl  der  Kirche  besser  durch 
einen  Oberhirten  aus  dem  Lande,  als  durch  einen  „Extraneus"  gewahrt.  Gleich- 
wohl folgte  auf  Empfehlung  eines  Generals  ein  altersschwacher  unbekannter 
Fremder.  Erst  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  als  die  Schärfe  der  kon- 
fessionellen Gegensätze  dem  Rationalismus  und  einer  grösseren  Toleranz  gegen 
die  nicht  der  Konfession  des  Laudesherrn  angehörigen  Unterthanen  gewichen 
war,  fing  man  au,  dem  reichsrechtlichen  Wahlrechte  der  Diözesanen  gerechter 
zu  werden.  Doch  noch  am  31.  Oktober  1806,  dem  letzten  Tage  der  kur- 
hessischen Herrschaft,  als  das  Unglück  bereits  an  den  Thoren  Cassels  anklopfte, 
zankten  Regierung  und  Konsistorium  mit  der  Kirche  und  Geistlichkeit  der  Nieder- 
»rafschaft  über  dieses  Wahlrecht. 

Nach  dem  Untergange  des  Kurstaates  (1.  November  180G)  wurde  die 
Niedergrafschaft  mit  dem  Departement  des  Douuersbergs  vereinigt.  Der  für 
dieselbe  bestellte  Laudesadministrator,  Präfekturrat  Pietsch  zuLangen-Schwalbach, 
gestaltete  namens  des  Präfekteu  zu  Mainz  die  Staatsverwaltung  nach  modernen 
Grundsätzen  um,  übte  die  Kirchengewalt  aus  und  bestätigte  alsbald  die  in  Cassel 
bestrittene  lutherische  Inspektorwahl.  Von  ihm  wurde  durch  Verordnung  vom 
12.  März  1808  ein  eigenes  Konsistorium  für  die  Niedergrafschaft  aus 
dem  Reservatenkommissar,  Rat  J.  K.  Arstenius  und  den  Inspektoren  Joh.  Dan. 
Hartz  zu  Diethardt  (lutherisch)  und  Joh.  Spieker  zu  Nastätten  (reformiert)  bestellt, 
welches  ganz  die  Befugnisse  des  Konsistoriums  zu  Cassel  haben  sollte.^^)  Doch 
würde  man  irren,  wenn  man  annehmen  würde,  dass  diese  Einrichtung  im  In- 
teresse der  Niedergrafschaft  oder  gar  ihres  Kirchensvesens  getroffen  worden  sei. 
Dieselbe  geschah  vielmehr  lediglich  auf  Antrag  und  im  persönlichen  Interesse 
des  Reservatenkommissars  Arstenius,  welcher  sich  durch  die  politische  Umwälzung 
in  seinem  Einfluss  und  besonders  in  seinem  Einkommen  sehr  geschmälert  sah. 
Derselbe  hatte  nämlich  als  Konsistorialkommissar  in  den  am  Konsistorium  an- 
hängigen Schwängerungs-,  Ehe-  und  anderen  Judizialsachen  mancherlei  Sportein 
zu  beziehen.  Infolge  der  französischen  Okkupation  und  der  Verteuerung  des 
Portos  nach  Cassel  bei  der  französischen  Post  waren  diese  Judizialsachen  und 
damit  auch  die  Sportelu  des  Reservatenkommissars  in  merkliche  Abnahme 
gekommen.  Um  sich  daher  diese  Einnahmequelle  zu  sichern  und  wieder  fliessen 
zu  machen,  beantragte  Arstenius,  ein  Provinzialkonsistorium  einzurichten  und 
machte  der  französischen  Administration  am  23.  Febr.  1808  entsprechende  Vor- 
schläge, welche  auf  des  Pietsch  Bericht  der  Präfekt  des  Departements  des  Don- 
nersbergs am  3.  März  1808  genehmigte.  Dieses  „provisorische  Konsistorium"  wurde 
dann  durch  Verordnung  des  genannten  Administrators  vom  12.  März  1808  ein- 
gerichtet, Arstenius  zum  Direktor,  die  beiden  Inspektoren  Hartz  und  Spieker 
zu  dessen  Sekretären  bestellt.  Das  Konsistorium  sollte  an  jedem  zweiten 
Mittwoch  im  Monat,  Morgens  9  Uhr,  zu  Nastätten  und  zwar  die  Geistlichen  in 


^^)  Akten,   die  Errichtung  eines  provisorischen  Konsistoriiniip   hotr.  1808 — 1813.     Wios- 
hailoner  Archiv,  Kat/fncllfMiIxiuon   X,  (i,  T^. 


—     121)     — 

kirclilichcr  Kleidung,  Sitzung  halten.  Arstenius  erhielt  seine  früheren  Spoi-teln, 
sowie  die  Gebühren  für  Urteile,  ausserdem  auch  Diäten  für  seine  Reisen  /u 
den  Konsistorialsitzungeu,  Alle  drei  Mitglieder  erliielten  zusammen  monatlifh 
11  Gulden  für  Bureaukosten,  welche  Arstenius  gleichmässig  teilen  sollte.  Das 
Konsistorium  sollte  alle  Episkopalrechte  ausüben,  sowie  alle  protestantischen 
Kirchensachen  und  die  Ehesachen,  jedoch  alles  nach  Maassgabe  des  Organisations- 
besclilusses  vom  1.  Dezember  180G.  in  ihren  Privatsachen  wurden  die  Geist- 
lichen jetzt  den  ordentlichen  Gerichten  überwiesen,  und  damit  eine  Quelle  vieler 
Einmischungen  und  Zerwürfnisse  der  kirchlichen  Behörden  mit  den  Geistlichen 
verstopft.  In  allen  Judizialsachen,  —  und  schliesslich  konnten  alle  Gegen- 
stände dazu  gemacht  werden,  —  war  Arstenius  ständiger  Referent  (referens 
perpetuus).  Bei  Ablegung  von  Eiden  sollte  ein  geistliches  Mitglied  dem 
Schwörenden  zuvor  die  Heiligkeit  des  Eides  erklären.  Die  geistlichen  Mit- 
glieder sollen,  und  zwar  jeder  der  Inspektoren,  in  den  zu  seiner  Inspektion 
gehcörigen  geistlichen  Angelegenheiten  referieren.  In  allen  wichtigen  Fällen  soll 
an  die  Landesadministration  berichtet  werden.  Dahin  gehören  auch  die  Dis- 
pensationen in  Ehesachen.  Arstenius  soll  darin  berichten,  die  Administration 
resolvieren  und  Arstenius  den  geistlichen  Mitgliedern  davon  Mitteilung  machen. 
Die  Disziplinarfälle  und  die  Bestallung  der  Pfarrer  sollen  dem  Administrator 
vorbehalten  sein  und  das  Konsistorium  unter  Vorlage  einer  Kompetentenliste 
und  der  Bewerbungsgesuche  zuvor  berichten.^')  Die  dem  Konsistorium  obliegende 
Pfarrer-  und  Definitorenbestallung  sollte  in  pleno  bewerkstelligt  werden.^") 

Dass  nunmehr  auch  die  lutherische  Kirche  und  Diözese  in  ihrem  Inspektor 
wenigstens  eine  Stimme  im  Konsistorium  hatte,  war  zwar  eine  Gerechtigkeit 
und  ein  Fortschritt  gegen  die  althessische  Organisation.  Doch  waren  thatsächlich 
beide  Inspektoren  eben  nur  „Sekretäre"  und  dem  Direktor  Arstenius  und  dem 
Administrator  Pietsch  gegenüber  ohne  Einfluss.  Arstenius  spielte  das  alte 
Heimlichkeits&piel  der  Reservatenkommissare  gegen  die  Kirche  der  Nieder- 
grafschaft weiter.  Hatten  schon  die  Casseler  Behörden  und  die  Reservaten- 
kommissare die  dem  Superintendenten  und  der  Geistlichkeit  aus  dem  hessischen 
Rezess  von  1648  zustehenden  Befugnisse,  ihre  Wahl-  und  Präsentationsrechte 
als  lästige  Beschränkungen  des  Bureaukratismus  empfunden  und  stets  dagegen 
augekämpft,  so  räumte  nun  der  Reservatenkommissar  und  Direktor  Arstenius 
unter  Beihilfe  der  französischen  Gewalthaber  auch  noch  mit  dem  letzten  Rest 
des  Rezesses,  mit  der  dem  Inspektor  vorbehaltenen  Präsentation  zweier  Subjekte 
zu  den  erledigten  Pfarrstellen  und  der  Wahl  und  Bestätigung  der  Definitoren 
auf.^*^)  Als  der  Inspektor  Hartz  bei  Wiederbesetzung  der  Pfarrei  Laufenseiden 
dieses  herkömmliche  Recht  der  Präsentation  in  Anspruch  nahm,  berichtete 
Arstenius  am  24.  August  1808:  es  sei  ehedem  vom  Konsistorium  zu  Gasse!  (?) 
nur  der  Entfernung  (?)  wegen  dem  Inspektor  die  Präsentation  und  der  Bericht 
über  die  Wiederbesetzung    aufgetragen  worden,    indessen    sei  das  Konsistorium 

^*)  lustriiktion  des  Administrators  Pietscli,  d.  d.  L.-.Scli\van)!icli,   V2.  März   180S. 
^')  Beschl.  vom  2.  Aug.  1808. 

^'')  Akten  der  Keservatenkommissare,  die  Präsentation  und  Introduktion  dnr  (ioistliclion 
liotr.    Wioslifiilonor  Arcliiv,   X. -Grafschaft  Katzenellenbogon  X.  d,  8. 


-     130     — 

uicht  an  den  Bericht  des  Inspektors  gebunden  gewesen,  in  mehreren  Fällen 
seien  die  Ptarrstellen  an  fremde  Kandidaten  übertragen  worden.  Die  ße^yerber 
seien  jetzt  schuldig"),  ihre  (Jesuclie  bei  dem  Konsistorium  einzureichen  und  der 
frühere  Grund  der  Entfernung  von  Cassel,  dessen  wegen  man  dem  lutherischen 
Inspektor  diese  Befugnis  eingeräumt,  weggefallen,  Aveil  die  Niedergrafschaft  jetzt 
ein  eigenes  Konsistorium  habe,  von  welchem  die  Pfarrstellen  zu  vergeben  und 
auch  die  Detinitorcn  zu  bestellen  seien.  Der  Landesadministrator  genehmigte 
diesen  Bericht  und  verfügte  dann  in  diesem  Sinne  (26.  August  1808). 

Schon  bald  nachher  wurde  auf  Antrag  genehmigt,  dass  die  Sitzungen  in 
den  Wintermouaten  im  Pfarrliause  zu  Kemel  abgehalten  würden,  weil  es  unschick- 
lich sei,  die  Sitzungen  einer  geistlichen  Behörde  in  Ermangelung  eines  geeigneten 
Lokals  in  einem  Wirtshause  zu  Nastätten  abzuhalten ;  es  blieb  bei  dieser  Ein- 
richtung auch  trotz  der  Agitation,  welche  der  interessierte  Wirt  dagegen  ins 
Werk  setzte.''"^)  Über  die  Kompetenz  dieses  „provisorischeu  Konsistoriums" 
erhoben  sich  bald  viele  Zweifel  und  Erörterungen.  Namentlich  zeigten  sich  die 
fürstlich  rotenbuvgischen  Beamten  und  Schultheisse  wenig  geneigt,  ihren  welt- 
lichen Arm  zur  Vollstreckung  konsistorialer  Urteile  und  ihre  Gefängnisse  zur 
Einsperrung  von  Unterthanen  um  religiös-kirchlicher  Vergehen  willen  demselben 
zur  Verfügung  zu  stellen.  Das  neue  Konsistorium  nahm  jedoch  in  jeder  Hin- 
sicht dieselben  Rechte  und  Befugnisse,  wie  sie  vordem  das  zu  Cassel  gehabt, 
in  Anspruch.  Mit  Genehmigung  des  Landgrafen  Victor  Amadeus  stellte  daher 
auch  die  rotenburgische  Kanzlei  endlich  ihre  Gefängnisse  diesem  Konsistorium 
zur  Verfügung,  w^ie  vormals  dem  zu  Cassel.^^)  Auch  die  Kompetenz  in  Ehe- 
sachen der  Katholiken  wurde  trotz  des  Widerspruchs  des  katholischen  Pfarrers 
Kulimann  zu  Langen-Schwalbach  dem  neuen  Konsistorium,  weil  sie  auch  dem 
Casseler  zugestanden,  gewahrt.'") 

Gegen  Ende  der  französischen  Herrschaft  bewarb  sich  der  wenig  be- 
schäftigte reformierte  Prediger  Christian  Friedrich  Zickendrath  zu  Langen- 
Schwalbach  (1803 — 1817),  gebürtig  aus  Hersfeld,  ein  hypochondrischer  Mann, 
der  1791  gegen  seine  Neigung  zu  Marburg  Theologie  studiert  hatte  und  lieber 
Jurist  oder  Mediziner  geworden  wäre"),  unter  Verzicht  auf  Diäten  und  Ver- 
gütungen um  die  Mitgliedschaft  an  diesem  Konsistorium.  Auf  Befürwortung 
des  Arstenius  wurde  dieser  Aufdringlichkeit  des  eitelen  Mannes,  der  gern 
regieren  und  befehlen  wollte,  von  dem  französischen  Administrator  wirklich 
willfahrt.'-)  Das  Konsistorium  bestand  nunmehr  bei  24  lutherischen  Pfarreien 
und  3  reformierten  Gemeinden  aus  1  lutherischen  und  3  reformierten  ]\Iit- 
gliedern.  Alle  4  Mitglieder  überlebten  die  französische  Herrschaft.  Wie  ab- 
tällig  der  alte  Pfarrer  Heinr.  Ludw.  Metz  zu  Höllenstein  über  dieses  französische 
Konsistorium  urteilte,  wird  uns  später  begegnen. 


")  Instruktion  vom  12.  März  1808,  §  10. 

'*)  Kons. -Besohl,  vom   l:j.  .Sept.   1809  und  dos  .\dministrntors  vom   \b.  Mai   1810. 

'»)  Kuuzleibeschl.  vom  3.  Nov.  1808. 

*")  Beschl.  vom  19.  Juni  1809. 

«•)  Strieder  17,  S.  '{46. 

)  r.fricht  lies  Arstenius  vom  TJ.  Fclir.  und  Di^'^clil.  dos  Adiniiiistrutors  vom  IR.  l'Vlir.  ISIH. 


41 


—    i;3i    — 

Mit  der  Rückkehr  des  Kurfürsten  traten  in  den  Jahren  1814  bis  1811)  die 
früheren  Beliörden    und    die  Jiechtsverhältnissc    zwischen    Kurhesson    und    dorn 
Hause   Rotenburg    und    daher    auch    die    Tliütigkeit   des    Reservatenkommissars 
wieder  in  Kraft.      Sofort   lebte    auch    der  Streit   der  Regierung    und  des  Kon- 
sistoriums zu  Cassel  über  das  rezessmässige  Walilrecht  der  Diözesangoistlichcu 
wieder  auf  und  fulir  nacli  dem  damaligen  casselischen  Grundsatz,   dass  es  eine 
sechsjälirige  französische  Zwischenregierung  nicht  gegeben,  am  2.  Februar  1814 
genau    da    in    der  Bestreitung    der  lutherischen  Inspektorwahl  fort,    wo    er    am 
31.  Oktober  1806  stehen  geblieben  war,  wie  später  gezeigt  werden  wird.    Nach 
der  Einverleibung    der   Grafschaft    in    das    Herzogtum   Nassau    im    Jahre    181(j 
hörte    laut   herzoglichen  Edikts,    d.  d.  Weilburg,    den  16.  Dezember  1816,    die 
Wirksamkeit  des  Reservatenkommissars  und  der  Kanzlei  zu  Langen-Schwalbach 
am  31.  Dezember    181G    auf.      Von    sämtlichen  Geistlichen    trat  kein  Einziger, 
selbst    nicht     die    aus     Niederhessen    stammenden    reformierten    Prediger    zu 
Nastätten,  Langen- Schwalbach  upd  St.  Goarshausen,  noch  auch  der  neue  Reser- 
vatenkommissar Koch  nach  Kurhessen  zurück.")     Waren  die  Beziehungen  und 
Neigungen  schon  früher  wenig    der  Casseler  Regierung   und   dem  Konsistorium 
zugethan    gewesen,    so  hatte   die  Zeit    der  Fremdherrschaft    die  Gemüter  völlig 
dem  Kurstaate    entfremdet,    und    die  Einverleibung    in  Nassau,    welche  die  un- 
befriedigende Verbindung  mit  Hessen  löste,  wurde  daher  von  keiner  Seite  schwer 
empfunden. 

Bei  dem  Übergang  an  Nassau  standen  folgende  Pfarrer  im  Amte: 

I.  Klasse  St.  Goarshausen: 

1.  St.  Goarshausen:  Maximilian  Christian  Glatzau. 

2.  Bornig:  Kour,  Christoph  Ebenau,  Defiuitor. 

3.  Nieder- Walmenach :  Heinrich  Karl  Wagner. 

4.  Ober- Walmenach:  Jakob  Theodor  Zinn. 

5.  Patersberg:  Wilh.  Eberhard  Otto. 

6.  Weyer:  Friedrich  Zinn. 

7.  Nochern:  Friedr.  Wilh.  Ebenau. 

8.  Himmighofen:  Heinr.  R.  Wagner  zu  Nieder-Walmenach. 

II.  Klasse  Nastätten: 

1.  Nastätten:  Georg  Karl  Eben  au;  Adjunkt:  Lor.  Christian  Eb  ena  u. 

2.  Diethardt:    Joh.    Daniel    Hartz,    Inspektor;    Adjunkt:    Phil.  Karl 
Samuel  Hartz. 

3.  Ruppertshofen:    Joh.  Theodor  Werner,  Dehnitor;    Adjunkt:  Phil. 
Heinr.  Werne  r. 

4.  Nieder-Bachheim  :  Joh.  Friedr.  Karl  R  ii  o  d. 

5.  Nieder-Tiefenbach :  Joh.  Friedr.  Adam  Winter. 

6.  Kördorf:  Joh.  Heinrich  Raidt. 

7.  Ilolzhausen  auf  der  Heide:  Joh.  Mich.  Glatznu. 

8.  Nieder-Meilingen:  Wilh.  Christian  Ludowici. 


^■■)  (Icnrh,   Kiilturgosoli.   vnn    L -Scliwiillnicli,    1858,  S.    1C8. 


—     132     — 

III.    Klasse  Hohenstein: 

1.  Hohenstein:  lleiur.  Ludw.  Metz. 

2.  Langen-Scliwalbach :  Aug.  Konr.  11  e  u  s  i  n  g  e  r. 

3.  Bürstadt:  Joh.  Christian  Wagner. 

4.  Kernel:  Joh.  Anton  Wilh.   Willielmi. 
.5.  Dickschied:  Ludw.  Christian  Winter. 

6.  Egenrotli:  Jac.  Phil,  lleinzemann,  Definitor. 

7.  Laufenseiden:  Georg  Heinrich  Funck. 

8.  Ackerbach:  Phil.  Christ.  Colon  ins. 

Die  jungen  Theologen  aus  der  Niedergrafschaft  besuchten  meist  die  höheren 
Schulen  zu  Idstein  oder  zu  Trarbach  und  studierten  dann  zu  Giessen,  einige 
auch  wohl  zu  Wittenberg,  Jena  und  Halle.  Seit  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts 
machte  die  Casseler  Regierung  für  alle  lutherischen  Theologen  den  Besuch  der 
Universität  Rinteln  obligatorisch.^')  Ihre  Prüfung  pro  venia  concionandi  geschah 
durch  den  Superintendenten,  die  Prüfung  pro  ministerio  im  16.  Jahrhundert 
durch  den  Superintendenten  und  die  Synodalassessoren  laut  eines  Statuts  vom 
Jahre  1565,  später  durch  die  Definitoren.^^) 

Zur  Versorgung  der  Pfarrwitwen  gründeten  auf  Veranlassung  des  Kon- 
sistoriums zu  Cassel  die  Geistlichen  am  12.  Mai  1733  eine  Pfarr-Witwen-Kasse, 
in  welche  ausser  den  Beitrittsgeldern  und  Jahresbeiträgen  der  Pfarrer,  welche 
die  letzteren  in  einem  Sack  Frucht  leisteten,  auch  jährliche  Beiträge  der  Kirchen- 
kassen und  die  Interkalareiukünfte  erledigter  Pfarrstellen  flössen. 

In  dem  Nachfolgenden  geben  wir  das,  was  über  die  Lebensumstände  der 
Superintendenten  und  Inspektoren  in  der  Niedergrafschaft  und  über  ihre  Be- 
rufung aus  den  Akten  und  anderen  Quellen  festzustellen  war. 

I.   Superintendenten   und    Inspektoren    der  Gesamt-    bezw.  evangelisch- 
lutherischen  Hauptdiözese   zu  St.  Goar.  "j 

1.  Mag.  Gerhard  Ungefüge  (1528 — 1542),  mit  dem  latinisierten 
Namen  Eugenius   aus  Homberg    in  Niederhessen,    studierte    1507    zu  Erfurt, 

**)  V.  O.  vom  13.  Ainil  1750.  Geh.  Min.-lieskr.  vom  18.  Dez.  1766.  —  Ledderliose, 
Kirchenrecht  1785,  §  297  u.  313. 

*')  Die  hl,  Die  Acta  synodica  comitatus  Cattocubiteusis  S.  101  in  der  Zeitschr.  für 
prakt.  Theologie  1900. 

*^)  Benutzt  .sind:  a)  Aus  dem  Küuigl.  Staatsarchiv  zu  Coblenz:  Zwei  Hefte  Casseler 
Konsistorialakten,  betr.  die  Bestallung  der  luther.  Inspektoren  zu  St.  Goar  1597 — 1706  und 
1740—1815,  gez.  Rheinfels  II,  10  u.  11  und  Akten  des  Landgrafen  Ernst  und  der  Reservaten- 
komniissare  über  die  ref.  und  luth.  Inspektoren  daselbst  (1036  —  1786);  b)  aus  dem  König!. 
Staatsarohiv  zu  Wiesbaden:  Zuverlässige  Xaelirichten  von  den  luther.  Superintendenten, 
Inspektoren  und  Pfarrern  der  N. -Grafschaft  Katzenellenbogen  von  Wilh.  Helf.  Ebenau,  In- 
spektor und  Pfarrer  zu  Nochern;  Akten  der  Hess.  Sequestrationskomniission  und  der  Ober- 
rentkammer  zu  Cassel,  die  Bestallung  und  Besoldung  des  luth.  Inspektors  zu  St.  Goar  (1802 
bis  1806),  gez.  X.-Grafschaft  Katzenellenbogen  X,  d,  5a;  c)  aus  dem  Künigl.  Staatsarchiv  zu 
Marburg:  Ecclesiastica  der  X. -Grafschaft  Katzenellenbogen;  d)  aus  dem  vormaligen  luther. 
S  uperin  tendentur- A  rchi  ve  der  X. -Grafschaft,  jetzt  Pfarrei  Xastätten:  Memorialo  et 
designatio  anniversaria  visitationum  et  collationum  ecclesiarum,  scholarum  et  aerariorum  iii- 
ferioris  comitatus  Catimelibocani  institutarum   IGOO,  se»j.   von  Dr.  David  Christiani. 


—     133     — 

und  hatte  schon  vor  der  Ilonibcrger  Synode  die  evangelische  Lehre  in  Hessen 
gepredigt^'),    wurde    1.  Jan.   1528    der  erste  evangelische  Geistliehe  und  Super- 
intendent zu  St.  Goar,     Er  bewohnte,    wie    seine  Nachfolger,  die  Dechanei  des 
dasis:en  KoUegiatstiftes  und  führte  auch  den  Titel  eines  Stiftdekans.     Er  erliielt 
als  Gehalt  drei  Stiftskanonikate,  der  erste  Stadtprediger  erhielt  deren  zwei  und 
die  Vikarie  S,  Anton,    der    zweite    ebenfalls   zwei  Kanonikate   und  die  Vikarie 
S.  Barbara.      Dr.    M.   Luther,    mit    welchem    Eugenius    in    Briefverkehr    stand, 
nennt  ihn  den  Bischof  von  St.  Goar.      Als  Kaiser  Karl  V.  mit  dem  Erzbischof 
Johann  III.  von  Trier  und  mehreren  spanischen  Bischöfen  am  Sonnabend  nach 
Lichtmess  1532  durch  St.  Goar  durchkam  und  eine  Messe  in  der  dasigen  Stifts- 
kirche durch  einen  kaiserlichen  Kaplan  halten  zu  lassen  verlangte,  verweigerte 
ihm  dieses  Eugenius  und  wollte  auch  dem  Kaiser   den  Eintritt  nicht  gestatten. 
Der   Kaiser   achtete    die    religiösen    Bedenken    des    Superintendenten   und    fuhr 
weiter  nach  Oberwesel,  wo  er  am  Tage  Veronika  Messe  halten  Hess.*")    Eugenius 
versah  auch  zugleich  die  Pfarrei  Werlau  und  bezog  deren  Einkünfte. 

2.  Georg  Ni vergäll  (1542 — 1552)  war  bis  1528  Vikar  am  Stifte  zu 
St.  Goar,  1529  der  erste  evangelische  Pfarrer  zu  Bornig  und  nach  des  Eugenius 
Tod  der  zweite  Superintendent  zu  St.  Goar,  f  1552.^') 

3.  Mag.  Melchior  Schott  (1552 — 1597),  ein  Bürgerssohn  aus  St.  Goar, 
studierte  1535  zu  Marburg,    wurde  1542  erster  Knabenlehrer  zu  St.  Goar  und 
bezog  als   solcher    die  Einkünfte    der  Vikarie  S.  Petri,    1546  Pfarrer   zu  Ems, 
1552  Superintendent  und  Dekan  zu  St.  Goar.     Schott  ist  der  bekannteste  und 
bedeutendste  Superintendent,    der   auf  den    Diözesan-   und    hessischen   General- 
synoden die  lutherische  Lehre  mit  Eifer  und  Erfolg  vertrat  und  gemeinsam  mit 
den    übrigen    hessischen    Superintendenten    die    sog.    grosse,    vom    Landgrafen 
Philipp  am   21.  Oktober    1566    publizierte    und    eingeführte    hessische  Kirchen- 
ordnung,   über   welche    er  im  Jahre  1563    eine  Diözesansynode  gehalten  hatte, 
am  Mittwochen  nach  Trinitatis,  20.   Juni   1565  erlieäs.^")    Bei  dem  Regierungs- 
antritt Landgraf  Phihpps  IL  in  der  Niedergrafschaft  (1567)  wurde  Schott  noch- 
mals in  sein  Amt    eingewiesen.      Nur   unter   viel  Widerspruch  wurde    die  Ein- 
führung der    hessischen  Kirchenagende   von  1574  durch  Landgraf  Wilhelm  IV. 
durchgesetzt.    Die  Pfarrer  Martin  Dentatus  zu  Kemel  und  Joh.  Streit  zu  Langen- 
Schwalbach  befahl  Landgraf  Wilhelm  deshalb  „als  ungehorsame  nit  Prädicanteu, 
sondern  Buben"    bei    Wasser   und   Brot    ins  Gefängnis    zu    sperren    und    ihnen 
keinen  Wein   und  Bier   zu    reichen    (16.  Juli    1587).      Nach   dem  Tode    seiner 
Ehegattin  wollte  Schott  im  Jahre  1589  resignieren,    blieb    aber  auf  Bitten  der 
Diözesanen  im  Amte.     Im  Jahre  1590  und  1591    war   er   fast    blind,    weshalb 
die  Diüzesansynoden  damals  ausfielen.'')    Schott  starb  an  der  Pest  5.  Aug.  1597. 

*'')  La  uze,  Chronik  I,  S.  59. 

^*)  Grebel,  Geschichte  der  Stadt  St.  Goar,  184S,  S.  96. 

■»")  Grebel  a.  a.  0.  S.  106  u.  391  erwähnt  auch  Joh.  Alberti  als  .Superintendent.  Der- 
selbe war  Stadtjirediger. 

^0)  Grebel,  S.  391.  —  Feuerborn,  Spezialw.  11,  S.  203.  —  Heppe,  Gesch.  der 
Hess.  Generalsynoden  1847. 

5')  Über"  Schotts  .synodalische  Thätigkeit  vorgl.  Lic.  Dr.  W.  Diehl,  Die  Acta  synodica 
Coiiiitatus  Cattocubitonsis  des  Pfarrers  Steph.  C'oloinis  /u  Katzcnellonbogen  (l.iGG— l.'>9r.)  in  der 
Zeitschr.  f.  prakt.  Theologie  1900.  y* 


-     134     - 

4.  Mag.  Christiau  Zindel  (1597— 1613)  aus  Allendorf  an  der  Werra, 
studierte    1579   zu  Marburg,    1586   Pfarrer   zu  Friede wald,    15.   Juli    1589    zu 
Sooden  an  der  Werra,  gegen  Ende  des  Jahres  1597  Superintendent  zu  St.  Goar. 
Er   zeit'te    27.  Dezember    1597    dem    Oberamtmaun    Burcliard    von    Calenberg 
seine  Ankunft  zu  St.  Goar  für  den  2.  Januar  1598  au  und  wurde  24.  Januar 
in  Gegenwart  der  Pfarrer  in  St.  Goar  eingeführt.'')     Zindel  war  der  radikalste 
unter  Allen,  welche  das  Superintendentenamt  in  Hessen  bekleidet  haben.    Schon 
bei  seinen  Visitationen  im  Jahre  1598    und  1599    ging  sein  Streben   auf  einen 
vöUio-en  Bruch  mit  der  Vergangenheit,  er  schafi"te  die  Beichte,  sowie  die  Jacli- 
und  Nottaufe  der  Hebammen   ab    und   liess   die  Chorröcke  an   die  Armen  ver- 
teilen.     Er  eiferte   gegen  die   drei  Hände  Erde,    welche  den  Verstorbenen  ins 
Grab  nachgeworfen  wurden  und  gegen  die  Leichenmahlzeiten  („das  Vertrinken 
der  Leiche").     Aus  der  Kirche  zu  Holzhausen  über  Aar  nahm  er  die  nassauische 
Kirchenao-endc  weg  und  legte  die  hessische   hinein.      In  seiner  „Relation,   was 
er   in  Kircheusachen    seiner   Inspektion   verrichtet    1600"    schlug   er   vor,    „die 
Bilder  und  Götzeuwerk",   welches  in  fast  allen  Kirchen  auf  den  Altären  stehe, 
weo-zuräumen,  weil  noch  viel  grober  Missbrauch  mit  Beten  des  Ave  Maria  und 
Anrufuno-  der  Heiligen  gefunden  werde.     Ebenso  beantragte   er  die  Sonn-  und 
Feiertagstänze,     Fastnacht-    und    Kirmessreigen,    Lehnausrufen,    Eieraufheben, 
Johannisfeuer  und  „andere  sündhafte  und  ärgerliche  Leichtfertigkeiten",    sowie 
die  Heiligentage  abzuschaffen   und   den  80jährigen  l^farrer  Martin  Dentatus  zu 
Kernel,    der    viele  Sträubung  gethan  und    ihm,    dem  Superintendenten,    bei  der 
Visitation    widersprochen,     zu    emeritieren.      Auf    dem    Amtstag    zu    Miehlen 
(19.   Juni    1599)   wurde   nach    seinem    Antrag    beschlossen,    „das   Götzenwerk, 
Kreuz  und  Fahnen"  aus  allen  vierherrischen  Kirchen  „in  aller  Stille  sensim  et 
absque  tumultu"  zu  eutfernen.     Es  war  der  erste  Pfarrer  der  Niedergrafschaft, 
welcher  nach  vorheriger  Belehrung   in    der  Frühpredigt   des  Palmsonntags  und 
Ostertaa-s  am  Ostermontag  1603  die  Ceremonie  des  Brotbrechens  beim  hl.  Abend- 
mahl zu  St.  Goar  einführte,   indem  er  die  runden  Hostien  brach  und  darüber 
mit  dem  dasigen,  alten  seit  1557  im  Amte  stehenden  Pfarrer  Job.  Greiff,  welcher 
am  Nachmittage  dieser  Tage    gegen  Zindel   gepredigt    und  dessen  calvinische 
Lehre  unter  Zustimmung  und  Beglückwünschuug  des  Volks  widerlegt  hatte  und 
sich  der  Abendmahlsfeier  in  der  Kirche  seitdem  enthielt,  in  Streit  geriet.    Das 
Volk  war  durch  die  zwieträchtige  Lehre  so  erregt,    dass    es  der  Oberamtmann 
kaum  im  Zaum  gehalten.")     Zindel  wurde  wegen  dieses  Eingriffs  in  das  Epis- 
kopalrecht des  Fürsten,   weil  er  das  Brotbrechen  ohne  der  Regierungsräte  und 
des  Oberamtmanns  Befehl,  Wissen  und  Willen  gethau,  und  kein  Pfarrer  in  der 
Kirchenpolizei  etwas  anzuscliaffen  und  zu  ändern  habe,  vom  Landgrafen  Moritz 
suspendiert.      Bei  Vollzug    der    Suspension    hielt    ihm    der   Oberamtmann    Otto 
Wilhelm  von  Berlepsch  sein  ärgerliches  Leben  in  Zank  und  Schwelgerei,  seine 

**)  Zindels  iiacli  St.  Goar  ^^^obmchter  Hausrat  im  Gewicht  vuii  3ü  Oentner  87  Pfund  war 
in  8  Fässern  und  2  Kisten  verpackt,  deren  schwerste  je  5  Centner  wogen.  Ausserdem  hatte 
er  2  eiserne  Töpfe  und  1  Kessel  von  zusammen  78  Pfund.  Der  Überzug  kostete  82  i\. 
2.S  Alb.  3  Jlllr. 

*■'')  IJericht  des  .loh.   von   Itodiiiihauscn  voin   12.  .Tiili   1004. 


—     1 35     — 

Belustuug  der  Kirchenkassen  durch  übermässige  Zechen  und  Zelirungen  bei  den 
Visitationen    und    dass   er  Pfarreien    mit    untüchtigen  Pfarrern    besetze,   welche 
mit  leichtfertigen  Dirnen  behaftet   seien,    vor/"')     Zindels  eigenes  Leben  wider- 
sprach   demnach    seinen    rigorosen    kirchlichen    Anordnungen.      Auch    der    alte 
Pfarrer  Greiff  wurde    wegen    der    von    ihm  gehaltenen  Hauskommunioneu  und 
conventicula  suspendiert  und  in  Untersuchung  gezogen.    Doch  ergab  sich  nichts 
gegen    ihn,    als    dass    er  auf  Verlangen  für  Kranke   im  Hause  Kommunion  ge- 
halten.    Dem  Superintendenten  waren  in  der  Einführung  des  Brotbrechens  der 
Pfarrer  zu  Ackerbach    am  Neujahrstage   1G04    und   der  Pfarrer  Dietr.  Kettcnus 
zu  Pfalzfeld  am  5.   Februar  1604  nachgefolgt.     Joh.  Herrchen  zu  Katzenellcn- 
bogeu  gebrauchte  beiderlei  Ritus  neben  einander,  den  bisherigen  für  das  Volk, 
das  Brotbrechen  für  sich  und  die  Seinigen.    Landgraf  Moritz  sandte  den  Joh.  von 
Bodenhausen  mit  einer  besonderen  Instruktion  zur  UntersuchuDg  nach  St.  Goar. 
Zindel  rechtfertigte   die   von  ihm   eingeführte  Ceremonie    des  Brotbrechens  mit 
vielen  Gründen  aus  der  hl.  Schrift,  unter  anderem  auch  damit,    weil  es  „tröst- 
lich sei,  das  Brechen  zu    sehen,   weil    wir  sonst  von  den  Teufeln  in  der  Ewig- 
keit müssten   gebrochen,    d.  i.   gemartert   und   gepeinigt    werden    und    weil  die 
Glieder   einer   Gemeinde,    wenn   sie   von    einem   gebrochenen   Brote    essen,    in 
wahrer  Liebe  zu  einem  Leibe  verbunden    würden".     Den  Hauptgrund    gibt  er 
zuletzt  an,  dass  „die  bäpstische  (?)  Meinung,  dass  der  Leib  Christi  in  und  unter 
dem  Brote  gegeben  werde,  durch  das  Brechen    am  besten  aus  den  Herzen  ge- 
räumt werde."     Der  Landgraf  ordnete  an,  dass  das  Brotbrechen,  weil  bibhsch, 
beibehalten   und  Zindel,    welcher   seine   Lehre,    Thun,    Wandel   und  Leben  zu 
bessern  gelobt  hatte,  wieder  ins  Amt  eingesetzt  werden  solle.    Auch  mit  Greiff 
sollte  dieses  geschehen,    doch  bat  dieser   um   seine  Emeritieruag   wegen    seines 
Alters  und  erhielt  36  Gulden  und  6  Malter  Korn  Jahrgehalt  (1.  Oktober  1604). 
Laut   einer   Instruktion   vom    10.  September   erfolgte  Zindels  Restitution  durch 
den  Superintendenten    Dr.  Greg.  Schönfeld  zu  Cassel  am   24.  September  1604, 
sowie  auch  die  Einführung  von  Greifs  Nachfolger   Christoph  ][orn.'')     Eine  im 
Anschluss  hieran  am  25.  und    26.  September    abgehaltene  Diözesansynode   und 
Colloquium  nahm  im   allgemeinen   die  sog.  Verbesserungspunkte  an.     Doch  er- 
klärten die  Pfarrer  Chr.  Waldschmidt  von  Langen-Schwalbach  und  Nie.  Freins- 
heim    von  Nieder-Tiefenbach,    dass    sie   in   Betreff   der  Lehre   von    der  Person 
Christi  (communicatio  idiomatum)   noch    nicht   ganz    klar   seien.     Am  27.  Sept. 
wurde    das   Ergebnis   vom  Superintendenten    Schönfeld    auf   dem  Rathause    der 
Bürgerschaft  mitgeteilt. 

5.  Mag.  Christoph  Hörn  (1613—1616)  war  1604  des  Joh.  Greiff  Nach- 
folger zu  St.  Goar,  1007  wohnte  er  der  hessischen  Generalsynodc  zur  Einführung 
der  Verbesserungspunkte  bei''),  1608  erster  Pfarrer  an  der  Uuterneustadt  zu 
Cassel,   1613  Superintendent  zu  St.  Goar. 


*^)  Back,    (iesch.  der  evaiig.   Kirche  zwischen  Jlhciii,    Mosel  und  ^'ahe   2,   589  u.  .j'Jl. 
55)  Akten,  die  in  der  Niedergrafschaft  entstandenen  Spaltungen    betr.  ir,()4.     Marhurger 
St.-Archiv,  Ecclesiastica  etc.  II. 

°^)  Heppe,  Yerbesserungspuukte,  !S.  65. 


—     136     — 

0.  Mag.  llermanu  Ewald  (1617  — 1G26)  aus  Soutra,  geb.  1578,  studierte 
1591»  zu  Marburg,  1601  Rektor  zu  Sontra,  1603  Kaplan  zu  Eschwege,  1-617  Super- 
iutendent  zu  St.  Goar,  f  im  März  1626.  Er  führte  1618  iu  der  in  hessischer 
Pfaudschaft  stehenden  cölnischen  Stadt  Rhens  die  Ceremonie  des  Brotbrechens 
und  den  Gebrauch  gemeinen  Bäckerbrots  bei  dem  heiligen  Abendmahl  ein.") 
Ewald  Hess  ausser  mehreren  Leichenpredigten  einen  „christlichen  Katechismus", 
d.  h.  52  Predigten  über  den  niederhessischen  Katechismus  zu  Schmalkalden  1612^") 
drucken.  Seit  1625  war  ihm  der  Diakonus  Mag.  Reinhard  Nordeck  zu 
St.  Goar  als  Vizesuperintendent  beigegeben. 

7.  Mag.  Joh.  Reinhard  Breidenbach  (1626 — 1634)  aus  Zierenberg, 
ein  Sohn  des  Pfarrers  Ludw.  B.,  w^ar  1594 — 1596  Subdiakonus  an  der  Pfarr- 
kirche zu  Marburg,  stand  um  1610  als  Pfarrer  zu  Igstadt,  1624  zu  Eppsteiu, 
wurde  24.  Sept.  1626  als  Pfarrer  und  Superintendent  zu  St.  Goar  eingeführt. 
Obgleich  Kryptocalvinist,  wusste  er  sich  doch  unter  Landgraf  Georg  IL  im  Amte 
zu  erhalten.  Dieser,  welchem  die  Unterthanen  der  Niedergrafschaft  30.  Juli  1626 
gehuldigt  hatten,  erteilte  ihm  am  4.  Oktober  1626  den  Befehl,  die  calvinischen 
Pfarrer  zu  entfernen  und  durch  lutherische  zu  ersetzen.  Im  Jahre  1629  wurde 
die  Stadt  Rhens  von  Kurcöln  eingelöst  und  das  römische  Kirchenwesen  her- 
gestellt.""'') Breidenbach  f  6.  Februar  1634.  Eine  Tochter  desselben  war  mit 
dem  Pfarrer  Paul  Lange  zu  Werlau,  gebürtig  aus  Giessen,  vermählt  (1626). 

8.  Dr.  Konrad  Greber  (1634—1635)  aus  Alsfeld,  geb.  1601,  studierte 
zu  Giessen,  wurde  1621  Magister  und  bei  der  Restauration  des  lutherischen 
Kirchenwesens  im  Oberfürstentum  1624  Subdiakonus  und  Stipendiateumajor  zu 
Marburg,  1627  auch  Professor  der  Logik  und  nach  der  Einnahme  der  Stadt 
Mainz  mit  der  Stelle  eines  evangelischen  Predigers  daselbst  beauftragt, 
1632  Oberprediger  zu  Darmstadt,  29.  März  1633  Doktor  der  Theologie,  im 
März  1634  Superintendent  zu  St.  Goar''"),  im  Oktober  1635  Superintendent  zu 
Darmstadt,  f  28.  Dezember  1667,  nachdem  er  infolge  eines  Schlagflusses  6  Jahre 
emeritiert  gewesen.^') 

9.  Dr.  Erdwin  zur  Wohnung  (1635 — 1636),  eines  Kaufmanns  Sohn  aus 
Osnabrück,  geb.  1604,  studierte  seit  1622  zu  Rostock,  Wittenberg  und  Mar- 
burg, erlangte  16.  Dezember  1630  zu  Marburg  die  Magisterwürde,  1632  dritter 
Stadtprediger  zuDarmstadt,  wurde  durch  denProfessor  Joh.Steuber  24.  März  1635 
in  der  Kirche  zu  Giessen  zum  Doktor  der  Theologie  promoviert,  22.  Mai  1635 
auch  DeHnitor  in  der  Obergrafschaft,  6.  Dezember  1635  Superintendent  zu 
St.  Goar,  t  5.  Mai  1636,*')  Er  war  seit  1633  mit  Margaretha,  des  Professors 
und  Superintendenten  Dr.  Balth.  Mentzer  zu  Marburg,  bezw.  Giessen  Tochter, 
dos  Hofpredigers  Martin  Ilelvicus  zu  Butzbach   Witwe,    vermählt.     Bei  seinem 


")  Hess.  Zeitschr.  31,  S.  24. 

6»)  Strieder,  Hess.  Gel.-Lex.  4,  S.  4. 

s»)  Hess.  Zeitschr.  31,   8.  31  if. 

^)  Er  erhielt  dorthin  8  Thlr.  3'/::  Köpfst.  Eeisekosten. 


^')  Strieder  5,  S.  90.  —    F.  .Justi,  Catalogus  stud.  Marpurg.  1888,  S.  41. 
*-)  Strieder   8,    S.    423.     Leichenpredigten    auf   ihn    erschienen    von    Dr.    Leisring   zu 
Darmstadt  1636,  und  von  Joh.  Conr.  IJachniann  zu  Marljurg  1636  im  Druck. 


■  > « 


Tüdc    wareu    seine    Aufzugskosten    nach   St.  Goar   (149    Tlilr.)    noch    niclit    be- 
richtigt.''') 

10.  Mag.  Johannes  Renker  (1G36— 1G51)  aus  Friscliborn,  studierte 
1614  zu  Giessen,  war  dann  bis  1G24  Informator  des  Grafen  Otto  Sebastian 
von  Sohns,  auf  dessen  Fürsprache  er  bei  der  Restauration  des  Kirchenwesens 
im  Oberfürstentuni  im  Juni  1624  von  dem  Grafen  Phihpp  d.  A.  von  Sohns  zum 
Pfarrer  zu  jjohra  bestellt  wurde.  JJei  der  Generalkirchenvisitation  im  Jahre  1029 
klagte  er  über  die  betrügerische  Hinterziehung  des  Zehntens  und  bekannte, 
Skrupel  in  der  iichre  de  communicatione  idiomatum  zu  haben;  1036  Super- 
intendent zu  St.  Goar,  y  am  Schlagfluss  2.  Dezember  1G51."')  Unter  ihm 
wurde  zufolge  des  hessischen  Rezesses  von  1G48  durch  den  Landgrafen  Ernst 
das  Simultaneum  in  der  Kirche  zu  St.  Goar  1649  eingeführt  und  eine  Stadt- 
predigerstelle daselbst  1G50  an  einen  reformierten  Prediger  Joh.  Werner  über- 
geben.^'^) Bei  der  Wiederherstellung  der  Universität  Giessen  wurden  drei  Söhne 
Renkers  auf  einmal  bei  derselben  immatrikuliert. 

Unmittelbar  nach  Reukers  Begräbnis  am  5.  Dezember  1651,  zu  welchem 
alle  Pfarrer  nach  St.  Goar  beschrieben  waren,  versammelten  die  rheinfelsischen 
Räte  Valentin  vonPurgold  und  Joh.  Ilerm.  Nordeck  diel'farrer  im  Chore  der  Kirche 
und  verlangten,  dass  sie  einige  zum  Superintendentenamte  geeignete  Persön- 
lichkeiten dem  Landgrafen  Ernst  zur  Bestätigung  in  Vorschlag  bringen  sollten. 
Das  Bedenken  des  Superintendenten  und  Pfarrers  Forst  wogen  der  Gnaden- 
bezüge der  Witwe  Renkers  beseitigte  der  Ilofrat  Purgold  dadurch,  dass  er 
diese  Gnadenbezüge  sofort  bestätigte,  aber  nun  um  so  mehr  auf  alsbaldiger 
Denomination  bestand.  Die  Pfarrer  verlangten  Aufschub  bis  zum  anderen  Tage 
zur  Abgabe  ihrer  Erklärung.  Am  Sonnabend  den  6.  Dezember  baten  die 
Pfarrer  Joh.  Phil.  Colouiae  zu  Bornig  und  Joh.  Breideubach  zu  Weyer  um 
weitere  Frist,  weil  ihnen  durch  den  verstorbenen  Superintendenten  Renker,  wie 
auch  sonst  bekannt  sei,  dass  zwischen  der  regierenden  Linie  zu  Cassel  und  der 
rheinfelsischen  Linie  über  das  Episkopalrecht  Streit  bestehe,  und  den  Pfarrern 
ihre  Unterthänigkeit  gegen  den  Landgrafen  Ernst  von  dem  regierenden  Hause 
zu  Cassel  als  Meineid  angerechnet  worden  sei.  Purgold  belehrte  sie  jedoch, 
dass  diese  bei  Kaiserlicher  ^Majestät  anhängige  Streitsache  die  Pfarrer  und  diese 
Wahlsache  nicht  berühre;    eine  Weigerung,  zu  wählen,    werde  Landgraf  Ernst 


®^)  Marsilius  Sebastiaui,  welclier  1625—1036  Superintendent  in  St.  (iuar  gCAveseu  sein 
Soli  (Grrebel  S.  38  u.  106),  war  nur  Stadtpfarrer. 

^*)  Strieder  8,  S.  439.  —  Ledderhose  a.  a.  0.  S.  295.  Anderwärts  wird  als  Todes- 
tag der  21.  Mai  1651  angegeben. 

®^)  Reukers  zwei  letzte  Lebensjahre  waren  durcli  die  Kücicsiehtslosinkeiten  des  Land- 
grafen Ernst  und  des  Predigers  \Verner  selir  verbittert.  Er  inusste  nicht  nur  die  Weingolallo 
aus  dem  Stift  mit  Werner  teilen,  sondern  die  Landgrätin  Maria  Eleonora,  ebenso  fanatisch, 
wie  Ernst,  ging  sogar  so  weit,  den  luth.  Pfarrern  und  Gemeinden  den  Besuch  des  reformierten 
Gottesdienstes  anzubefehlen.  Als  der  Superintendent  R.  diesem  Befehl  nicht  nachkam,  wurde 
er  in  Untersuchung  gezogen  und  seine  Berufung  auf  die  durch  den  westfälischen  Frieden 
garantierte  Gewissensfreiheit  verhühnt  und  verspottet.  Umgekehrt  durften  die  Reformierten 
zu  St.  Goar  den  luth.  Gottesdienst  niclit  besuchen,  sondern  mussten  zu  dieser  Zeit  auf  Schloss 
Rheinfels  dem  Gottesdienste  des  ref.  Ilofprodigers  Fabricius  beiwohnen. 


—    i:}.s    — 

aU  eine  Antuflituug  seines  Rechtes  anselieu  müssen.  Kaclidoiu  sich  die  l'l'arrer 
weiter  unterredet,  übergaben  sie  ihre  Yortjcliläge  schriftlieh  dem  Landgrafen 
Ernst,  welcher  eben  von  der  Mittagsmahlzeit  aufgestanden  war.  Die  Pfarrer 
des  Amtes  Hohenstein,  welche  in  Forst  einen  Superintendenten  hatten,  be- 
teiligten sich  nicht  an  der  Wahl,  Aus  dieser  ging  einmütig  der  Superintendent 
Mag.  Anton  Forst  zu  Langen-Schwalbach,  ausserdem  die  Pfarrer  Mag.  Hart- 
mann Mog  zu  Giessen  und  Job.  Ifciur.  Heiler  zu  Patersberg  hervor.  Landgraf 
Ernst  bestätigte  sofort  den  Mag.  Forst,  wünschte  ihm  Glück  zu  seinem  Amte 
und  schon  am  folgenden  Sonntag,  den  7.  Dezember  führte  ihn  der  Pfarrer  Job. 
Georg  Wepener  zu  St.  Goarshausen  nach  der  Frühpredigt  in  Gegenwart  der 
Pfarrer,  des  Landgrafen,  seiner  Hofräte  und  des  Oberschultheissen  Cölsgcn  in 
der  Kirche  zu  St.  Goar  kirchlich  ein.  Noch  ehe  man  in  Cassel  von  dem  Be- 
gräbnis des  Superintendenten  Renker  Nachricht  haben  konnte,  war  schon  ein 
neuer  Superintendent  ernannt  und  instituiert.*''^) 

11.  Mag.  Anton  Forst  (1651  — 1658),  geboren  zu Nastätten  31.  März  1597, 
besuchte  die  Schulen  zu  Ursel  und  Idstein,  1613  die  Universität  Giessen,  1616 
Magister  der  Philosophie  und  Informator  des  Job.  Herm.  von  Cronberg,  1619 
Lehrer  zu  Schierstein,  vermählte  sich  6.  Mai  1620  mit  Katharina,  des  Pfarrers 
Friedr.  Weber  zu  Mosbach  Tochter,  1621  Rektor  an  der  Gelehrtenschule  zu 
Idstein,  1622  Diakonus  daselbst.  Bei  der  Restauration  des  lutherischen  Kirchen- 
wesens in  der  Niedergrafschaft  unter  Landgraf  Georg  II.  wurde  er  2.  Nov.  1626 
Pfarrer  zu  Nastätten,  1634  zu  Langen-Schwalbach,  1635  Superintendent  der 
von  Landgraf  Georg  II.  aus  der  Herrschaft  Eppstein  und  dem  Amte  Hohen- 
stein gebildeten  Diözese,  nach  Renkers  Tod  einmütig  zum  Superintendenten 
gewählt  laut  der  Bestimmung  des  hessischen  Rezesses  vom  14.  April  1648,  am 
7.  Dezember  1651  eingeführt  und  am  28.  Dezember  mit  Bestallungsschreiben 
von  Landgraf  Ernst  versehen.  Mag.  Anton  Forst  f  62  Jahr  alt,  22,  April  1658. 
Der  Pfarrer  Mag.  Job.  Heinr.  Heiler  zu  Patersberg  hielt  ihm  die  Leichen- 
predigt. 

Je  näher  Landgraf  Ernst  seinem  Übertritt  zur  römischen  Kirche  kam, 
in  desto  rabiaterer  Weise  suchte  dieser  Fürst,  der  den  Eigensinn  und  Jähzorn 
von  seinem  Vater  geerbt  hatte,  seine  Kirchengewalt  gegenüber  dem  Super- 
intendenten und  der  Casseler  hessischen  Fürstenlinie  geltend  zu  machen.  Galten 
bisher  seine  Provocationen  der  lutherischen  Kirche,  die  er  nach  dem  Rezess  zu 
erhalten  und  zu  schirmen  verpflichtet  war,  so  wendete  er  dieselbe  jetzt  gegen 
Alle,  welche  seinem  fürstlichen  Absolutismus  in  Kirchensachen  entgegenstanden. 
Er  war  damals  noch  weit  davon  entfernt,  die  angemasste  Kirchengewalt  abzu- 
geben.**') Ernst  trat  am  hl.  Dreikönigstag,  6.  Januar  1652,  mit  seiner  Gemahlin 
in  Köln  zur  katholischen  Kirche  über.  Schon  am  24.  Januar  1652  war  der 
Superintendent  Forst  in  Ungnade  bei  ihm  gefallen,  weil  Ernst  zu  dessen  Nach- 
folger   zu  Langen-Schwalbach    den  Hofprediger    Job.  Phil.  Eibert    zu    Eppstein 


''")  Akten,    Atteuticrle   Ücstelliiiiy  des  Supcriiiteiideiiteu  zu  .St.  Guar,  betr.  IC.")!.     31iul). 
8t. -Archiv,  Ecclesiastica  der  Nicdergrufscluift  Kntzoiiollonliogoii. 

"')  Wie  er  den  reforiuierten  Inspektor  Werner   absetzen    lies-s,    wird  unten  voi kommen. 


—    mo    — 

bestellt  wisscu  wollte  uud  diesem  schon  seine  fürstliclie  „ydirift  und  ISie"'el''' 
darüber  gegeben,  Forst  aber,  dem  als  Superintendent  laut  des  Rezesses  die  Be- 
setzuDg  zukam,  infolge  eines  Missverständnisses  in  einer  Unterredung  mit  Ernst 
die  „Impertinenz  seine  fiirstl,  Schrift  und  Siegel  zu  missachten  geliabt",  und 
einen  Pfarrer  Gleyberger  aus  Idstein  dahin  bestellt  hatte.  Elbert,  der  in  Epp- 
stein  keine  Entlassung  erhielt,  verzichtete  schliesslich  auf  die  Berufung;  weil 
aber  Gleyberger  dem  Landgrafen  „nicht  anständig"  war,  so  wurde  der  Diakonua 
Kic.  Schöpf  zu  St.  Goar  Forst's  Nachfolger  zu  Langen-Schwalbach.  Forst  trat 
das  Amt  zu  St,  Goar  zu  Ostern  1652  an,  Um  sich  weiter  als  Kirchenregent 
zu  gerieren,    erteilte  Ernst   dem   Superintendenten    Forst    am  %r^^~^-  1G52 

22.  NovcnibtT 

Auftrag  und  Genehmigung  zur  Berufung  einer  Diözesansynode,  welche  dann 
Forst  zur  Beseitigung  kirchlicher  Gebrechen  am  17.  Februar  1653  auf  Dienstag 
nach  Reminiscere  (16.  März)  berief.  Landgraf  Ernst  suchte  ihm  auch  die 
Hälfte  der  Besoldung,  welche  der  Landgraf  zu  leisten  hatte,  wegen  der  1648 
erfolgten  Abtrennung  der  Herrschaft  Eppstein  und  des  Amtes  Braubach- 
Katzenellenbogen  von  der  Diözese  zu  kürzen,  wogegen  Landgraf  Wilhelm  VI. 
sich  seiner  wiederholt  annahm.^^)  Landgraf  Georg  II.  schätzte  den  Mag.  Forst 
nach  Obigem  hoch  und  hatte  ihn  mit  dem  höchsten  Kirchenamte  geehrt.  Auch 
ein  namhaftes  Schriftwerk  seiner  Zeit  hat  ihm  unter  den  hervorragenden  Ge- 
lehrten seines  Zeitalters  eine  ehrenvolle  Stellung  gegeben.'*^)  Nach  dem  Über- 
gange des  kirchlichen  Regimentes  in  der  Niedergrafschaft  auf  das  Konsistorium 
zu  Cassel  durch  den  Regensburger  Vertrag  standen  jedoch  die  bureaukratischen 
Geister  dieser  Behörde  ihm,  dem  Lutheraner,  sofort  feindlich  gegenüber,  be- 
drohten ihn  auf  Angebereien  des  Reservatenkommissars  mit  harten  Strafen 
und  der  Ungnade  des  Fürsten,  erlaubten  ihm  jedoch  die  Kontroverslehren  vor 
den  Zuhörern  zu  behandeln.™)  Alle  Ehesachen  sollten  von  jetzt  ab  an  das 
Konsistorium  zu  Cassel  gehören.  Dasselbe  ordnete  an,  in  Zukunft  laut  des 
Rezesses  für  die  erledigten  Pfarrstellen  stets  „zwei  Subjekte"  zu  präsentieren, 
was  wegen  des  Theologenmangels  nach  dem  grossen  Kriege  nicht  immer  hatte 
geschehen  können,  und  die  Präsentierten  bei  dem  Konsistorium,  bezw.  Detini- 
torium  zu  Marburg  prüfen  und  ordinieren  zu  lassen,  was  auf  eine  Entziehung 
der  dem  Superintendenten  der  Niedergrafschaft  im  Rezess  von  1648  vorbe- 
haltenen Befugnisse  hinauslief.  "Wenn  auch  diese  letzte  Anordnung  nicht  zur 
Ausführung  kam,  so  nahm  doch  mit  diesem  schroffen  Erlasse  das  oben  erwähutc 
Missverhältnis  zur  Kirche  der  Niedergrafschaft  seinen  Anfang.  Später  meldet 
das  Konsistorium  dem  Reservateukommissar  Nordeck,  dass  sich  Forst  zur 
Bildung  eines  gemeinschaftlichen  Presbyteriums  zur  Aufrechthaltung  äusserer 
Kirchenzucht  bereit  erklärt  habe  und  übersandte  demselben  die  casselische  Prcs- 
byterialordnuug  von   1657  (30.  März  1658)."') 

*'*')  Schreiben  Lamlgraf  NVilliehu.s   VI.   vom   19.  Jaii.  uiid  4.  ükt.   16.">(i. 

^^)  Freheri,  Theatriiin  virorum  eruditione  clarorum,  1GS8,  S.  601. 

'"')  Schreiben  des  Konsistoriums  zu  Cassel  vom  i  Nov.  1654.  Ks  handelte  sich  um 
den  in  den  Religionsstreitigkeiten  des  17.  Jahrhunderts  üblichen  Vorwurf  des  „.Sclimühens", 
der  dem  Superintendenten  l-'orst,  dem  Priizeptor  Joh.  Giesse  zu  St.  Goar  u.  a.  gemaciit  wird. 

")  Der  Gegenwart    wird    dieses   Vorfahren    der   C'asseler    IJoliürden    unverständlich    und 


—     140     — 

Nach  Forst's  Tod  gab  das  Kousistorium  dem  Reservateukommissar  Nordeck 
auf,  gemäss  des  Vertrags  von  1G48  „zwei  gelehrte,  fromme  und  friedsame 
Männer",  wie  seitdem  der  behürdUche  Ausdruck  lautete,  von  dem  evangelisch- 
lutherischen  Ministerium  der  Diözese  erwählen  und  präsentieren  zu  lassen 
(15.  Mai  1658).  Ein  besonderer  geheimer  Zettel  an  Nordeck  sagt,  er  solle  ad 
partem  berichten,  „welche  von  beiden  Personen  am  friedlichsten  und  mit  welcher 
am  besten  fortzukommen".  Nordeck  hatte  damals  einen  Pfarrer  in  Aussicht 
genommen  uud  das  Konsistorium  gab  ihm  auf,  denselben  mit  in  Vorschlag 
bringen  zu  lassen,  um  ihn  dem  Fürsten  zu  empfehlen. 

12.  Dr.  theol.  et  phil.  David  Christian!  (1658—1681),  geboren  zu 
Greifenberg  in  Pommern  25.  Dezember  1610,  besuchte  die  Gymnasien  zu  Col- 
berg  und  Stettin,  studierte  1628  zu  Greifswald  Theologie  uud  orientalische 
Sprachen,  1631  zu  Frankfurt  a.  0.,  1632  zu  Rostock,  erhielt  1632  zu  Greifs- 
wald die  Magisterwürde,  besuchte  auf  grösseren  Reisen  1634  Marburg,  1636 
Strassburg,  1638  IJasel,  war  1639  wieder  in  Marburg,  wo  er  nach  weiteren 
Reisen  in  Deutschland  1642  Professor  der  Mathematik,  1647  auch  der  Bered- 
samkeit wurde,  1650  zog  er  mit  der  Universität  nach  Giesscn  als  Professor  der 
Mathematik,  1652  auch  Professor  uud  Doktor  der  Theologie;  1658  zum  Super- 
intendenten zu  St.  Goar  erwählt  und  bestellt,  trat  er  das  Amt  im  April  1659 
an.'*)  Christiani  besetzte  die  infolge  des  Kriegs  und  des  Theologcnmangcls 
durch  benachbarte  Pfarrer  bedienten  Pfarreien  wieder  mit  eigenen  Geistlichen, 
übte  Zucht  und  Ordnung  unter  Pfarrern  uud  Lehrern.")  Das  oben  erwähnte 
handschriftliche  „^Eemoriale  et  desiguatio  anniversaria  visitationum  et  collationum 
ecclesiarum,  scholarum  et  aerariorum"  1660,  ein  Visitationsprotokoll,  ist  ein 
Zeugnis  der  in  seinem  Superintendentenamte  bewiesenen  Treue  und  Sorgfalt.'*) 
Seine  Verdienste  um  die  Kirche  der  Niedergrafschaft,  namentlich  auch  gegenüber 
der  römischen  Kirche  werden  von  dem  späteren  Inspektor  Wilh.  Helfr.  Ebeuau, 
wie  auch  von  Strieder  hochgeschätzt  uud  gerühmt.  Nichtsdestoweniger  traf 
auch  ihn,  da  er  ein  Lutheraner  war  und  am  Rezess  von  1648  festhielt,  gleich- 
wie seinen  Vorgänger  Forst,  die  Ungnade  des  Konsistoriums  uud  der  Regenten 
zu  Cassel  und  am  21.  April  1681  sogar  die  Entlassung  von  seinem  Amte, 
welche  durch  den  hessischen  Kanzler  von  Haxthauseu  vollzogen  wurde.  Als 
Gründe  dieser  bis  da  in  Hessen  unerhörten  und  harten  Massregel  wurde  die 
Unterlassung  der  Kirchenvisitationen   im  Vorjahre,    seine  geringe  Widerstands- 


widersinnig erscheinen,  erst  die  evangelische  Kirche  durch  Gründung  besonderer  reformierter 
Gemeinden  zu  zerreissen  und  dann  dieselbe  alsbald  wieder  vereinigen  zu  wollen. 

")  Strieder  2,  162  ff.  Hess,  llebopfer  4,  S.  493.  —  Herzog,  Theol.  Keal-Encyclo- 
Iiüdie  15,  145. 

^^  U.  a.  setzte  er  im  Jahre  1677  den  Lehrer  zu  St.  Goarshausen  wegen  TruiiksucJit 
in  die  Sakristei. 

")  Dieses  Memoriale,  velches  seine  Tochter  mit  nach  Braubach  genommen,  wurde  von 
da  in  das  Siip.-Arcliiv  zu  St.  Goar  zurückgebraclit.  Ich  VL'rdaiike  dasselbe  der  gütigen  Mit- 
teilung des  Herrn  Pfarrer  Klein  zu  Xastütten.  Christiani  rühmt  in  dem  Memoriale  mehrfach, 
dass  die  Gemeinden  ^'^astätten,  Kernel,  L. -Schwalbach,  Hohonstoin,  St.  Gonrsliausen  u.  s.  w. 
bei  den  Visitationen  im  Katechismus  gut  Bescheid  gewusst  und  Alt  und  .luiig  „gut  re- 
spondieret". 


—     141      — 

kraft  gegen  die  Ausbreituug  der  römischen  Kirche  und  dass  er  dem  IMaricr 
Joh.  Peter  Dietz  zu  Langen-Schwalbach  in  einer  Sache  Unrecht  gethau  und 
dieser  um  20  Gulden  gestraft  worden,  angegeben.  Dass  auch  ein  Superintendent 
einen  Pfarrer  nicht  ungestraft  beschuldigen  durfte,  war  gerecht,  duch  eine  so 
harte  Massregel  nicht  gerechtfertigt.  Diese  vorgeblichen  Gründe  waren  nur 
Nebensachen,  Der  wirkliche  Grund  lag  tiefer.  In  einem  Schreiben,  welciies 
Christiani  nach  seiner  Entlassung  an  die  Landgräfin  und  Regentin  von  llessen- 
Darmstadt  richtete,  teilt  er  mit,  dass  man  „schon  vor  20  Jahren,  bald  nach 
dem  Keligionsgespräch  zu  Cassel  (1.  Juli  1G61),  mit  seiner  Entlassung  zu 
Cassel  umgegangen  und  Ursache  gesucht,  wie  er  dessen  gewisse  Zeugnis  habe". 
Diese  Mitteilung  ist  vollkommen  richtig.  Der  Keservatenkommissar  Nordeck 
hatte  bereits  in  einem  geheimen  Schreiben  vom  26.  Januar  1660  in  Cassel 
denunziert,  dass  sich  Christiani  der  in  Cassel  beliebten  ungetreuen  Auslegung 
und  Anwendung  des  hessischen  Rezesses  von  1648  zur  Ausbreitung  der  refor- 
mierten Konfession,  namentlich  der  Einführung  des  reformierten  Kultus  in  der 
lutherischen  Kirche  zu  Laufenseiden  widersetze.  Die  Entlassung  Christiani's 
ist  wie  die  frühere  des  verdienstvollen  Professors  der  Theologie  Joh.  Gissenius 
zu  Rinteln  (1651)  bisher  von  den  hessischen  Geschichtsschreibern  mit  Schweigen 
bedeckt.  Ob  die  Visitationen  im  Vorjahre  krankheits-  oder  altershalber  unter- 
blieben sind,  ist  unbekannt.  Jedoch  werden  in  dem  „Memoriale"  in  den 
Jahren  1678  bis  1680  eine  ganze  Reihe  von  Rechnungsabhörungen  an  Ort  und 
Stelle  angemerkt,  z.  B.  Himmighofen,  Werlau,  Bärstadt,  Bornig,  Lierscheid, 
Pfalzfeld,  Langen-Schwalbach.  Die  Visitationen  waren  also  nicht  ganz  unter- 
lassen worden.  Am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  sind  acht  Jahre  lang  keine 
Visitationen  abgehalten  worden,  ohne  dass  das  Konsistorium  nur  eine  Rüge  er- 
teilt hat.  Zu  einem  Urteile  über  den  Widerstand  gegen  die  römische  Kirche 
war  bei  den  völlig  anders,  als  in  Niederhessen  gearteten  Verhältnissen  der 
rheinischen  Diözese  am  wenigsten  das  Konsistorium  zu  Cassel  im  Staude.'^)  Das 
Urteil  Ebenaus  und  Strieders,  welches  auch  durch  die  Akten  bestätigt  wird, 
lautet,  wie  bemerkt,  anders.  Die  Landgräfin  von  Hessen-Darmstadt  verlaugte 
1.  August  1681  von  Christiani  Bericht  über  die  Rehgionsverhältnissc  in  der 
Niedergrafschaft,  welchen  dieser  dahin  erstattete,  dass  der  Rezess  von  1648  in 
Cassel  in  einer  ur getreuen  Weise  angewandt  und  ausgeführt  werde.  Der  Rezess 
verlange  zwar  einen  „namhaften  Coetus  von  Personen  der  reformierten 
Religion"  als  Voraussetzung  der  Einführung  der  reformierten  Religionsübung, 
indessen  werde  letztere  auch  ohnedies  eingeführt,  z.  B.  in  Nastätten,  wo  nur  3, 
und  zu  Langen-Schwalbach,  wo  nur  2  reformierte  Männer  seien.  So  habe  man 
doch  dorten  und  schon  früher  zu  St.  Goarshausen  und  Biebernheim,  wo  nui- 
eine  einzige  reformierte  Person,  den  reformierten  Gottesdienst  einführen  lassen, 
um  auf  diese  Weise    dann  laut   des  Rezesses    den  Lutherischen  die  Hälfte  des 


'''")  Selbst  der  auf  den  Huperintondouteu  sein-  eiforsüclitig-e  Koiisistorial-  und  liesenuteii- 
kommissar  v.  Steprode  konnte  nicht  einmal  den  Übertritt  eines  Faniiliengliedes,  ^Vill^cll^ina 
von  Seelbach,  in  seinom  Hause  zur  katli.  Kirclic  verhindern.  Die  khig-lifhc  K.dle  des  Reser- 
vatenkommissars Kanlcr  gegenüber  der  kath.  Kirche  zu  Khens  ist  anderwärts  dargestellt 
worden. 


—     142     — 

PfarrciokoimneDS  iibziinehnieu,  weuu  auch  die  Reformierten  dort  nur  alle  (3 
Wochen  predigten."'')  Er  habe  diese  Dinge  bezüglich  Xastättens  schon  5.  Sep- 
tember 1670  dem  Landgrafen  Georg  Ludwig  vorgestellt  und  21.  Oktober  jenen 
Jahres  Resolution  erhalten.  —  Unklar  ist  das  Yerhältuis  Christiani's  zu  dem 
Pfarrer  Dietz.  Abgesehen  von  mancherlei  Klatsch  steht  hier  Zeugnis  gegen 
Zeugnis.  Peter  Dietz  aus  Biedenkopf  hatte  167G  zu  Giessen  studiert  und  war 
auf  Ansuchen  der  Gemeinde  und  unter  Befürwortung  des  Landgrafen  Ernst  zu 
Rheinfels  1678  zum  Pfarrer  zu  Langeu-Schwalbach  bestellt  worden.  Sicher  ist, 
dass  man  in  Cassel  den  Pfarrer  Dietz  gegen  den  Superintendenten  Dr.  Christian! 
gebraucht  hat,  um  letzteren  zu  verdrängen.  Christiaui  klagt  über  ihn:  „Ach 
was  Ungelegenheit,  Ärgernis  und  Schaden  hat  er  im  Lande  angestiftet.  Gott 
räche  es  an  dir  falschen  und  bösen  Mann.  Amen!"'')  Dem  steht  gegenüber, 
dass  die  hessischen  Behörden  den  Pfarrer  Dietz  bis  zum  Jahre  1683  ireschützt 
und  Landgraf  Karl  infolge  von  Dietzens  Katholikeuhetze  sogar  durch  eine  be- 
sondere Verordnung  vom  19.  Juni  1680  der  Ausbreitung  der  katholischen 
Kirche  entgegentrat  und  darin  den  Dietz  gegen  alle  ihm  von  dieser,  sowie  von 
seiner  eigenen  Gemeinde  widerfahrenen  Unbilden  in  Schutz  nahm.")  Christiani 
beschuldigt  in  dem  erwähnten  Schreiben  an  die  Landgräfin  den  Dietz,  dass  er 
statt  der  hergebrachten  Lieder  ungewöhnliche  singen  lasse,  dass  er  die  casselischc 
reformierte  Kirchenagende  von  1657  auf  dem  Altar  gebrauche,  den  Gottesdienst 
und  seine  Predigten  den  hohen  reformierten  Kurgästen  zu  Langen-Schwalbach 
zu  Liebe  einrichte,  um  sich  deren  Gunst  zu  verdieneu,  dadurch  aber  Anstoss 
errege;  er  habe  durch  seine  vielen  Reisen  nach  Cassel  wiederholte  Unter- 
suchungen gegen  die  Katholiken  und  dadurch  viele  Eide  und  Meineide  veran- 
lasst. Dem  gegenüber  steht  die  erwähnte  fürstliche  Verordnung  von  1680,  sowie 
die  Thatsache,  dass  nachgehends  Dietz  als  Pfarrer  zu  Viermündon  ohne  Ver- 
hör und  Untersuchung  auf  Befehl  Landgraf  Karls  vom  29.  August  1685 
wegen  „Schmähung  der  reformierten  Religion  und  der  dazu  übergetretenen 
Unterthanen"  (zu  Schreufa)  abgesetzt  und  Landes  verwiesen  worden  ist.  End- 
lich beschuldigt  Christiani  den  Pfarrer  Dietz  des  Ehebruchs  mit  seines  Schul- 
meisters Weib,  sagt  aber  selbst,  dass,  als  er  dieses  habe  erweisen  sollen,  er 
sich  „darauf  nicht  einlassen  können  oder  wollen",  und  habe  es  Dietzens  er- 
kaufter und  bestochener  Prokurator  dahin  gebracht,  dass  er  entlassen  worden, 
er  sei  aber  trotzdem  noch  dreimal  nach  Cassel  citiert  und  verhört  worden.  Um 
die  Person  und  das  Amt  des  Superintendenten  vollends  herabzu\vürdigen,  be- 
schlagnahmte der  Reservatenkommissar  Dr.  Kanler  auf  Antrag  des  Dietz  zur 
Bezahlung  der  Kotteu  die  rückständige  Besoldung  Christiani's.  Dieser  wollte 
seine  Sache  in  Cassel  nicht  mit  fürstl.  Gönnern  betreiben,  sondern  sie  Gott  an- 
heimstellen und  um  seiner  Religion  willen  Schimpf  und  Schaden  leiden.")    Am 


'"'')  Die  KonfessionsiVage  war  also  in  Cassel  wesentlicli  eine  Geldfrage,  um  die  Pfarr- 
iiitrudeii  zu   teilen. 

'^)  Menioriale  S.  *J9.     Das  AVort  f^iilg  l^ald  in   lOrfüllung. 

")  Die  V.  O.  VOM!  19.  Juni  1680  ist  abgedruckt:  Grebel  8.  544  ft". ;  Gentli,  Kultur- 
gesch.  von  L.-Sohwalbacli  1858,  8.  23.'j   tV. 

'")  Aus  dem  Staatsarchive  zu  Wiesbadon.  Diotz  wurde  infolge  eines  Kxcesses  hessischer 
Soldaten    in    der   katholischen  Kirche   zu  L.-8ch\valbach   (Abreissung  einer   päpstlichen  Bulle) 


—    143    - 

14.  August  1G81  dankte  er  der  LaudgrüHü  für  soiuo  Wiederanstcllung.  Clirigtiani 
kehrte  1681  als  ordentlidicr  Professor  der  Theologie  nach  Giessen  zurück,  wo 
er  1G86  wegen  Äusserungen  der  Missbilligung  bei  einer  theol.  Doktorproniotion 
des  Pastor  Job.  Colner  zu  Sachscuberg  über  die  Unterdrückung  der  Lutherischen 
in  der  Mark  Brandenburg  auf  Dringen  Kurbrandenburgs  entlassen,  doch  bald 
nachher  restituiert  wurde,  f  13.  Februar  1088.  Er  war  seit  1644  mit  Anna 
Elisabeth,  des  Bürgermeisters  Konr.  Linckcr  zu  Grünberg  Tochter,  seine  Tochter 
aus  dieser  Ehe  Christine  Elisabeth  später  mit  dem  Pfarrer  und  Metropolitan 
Job.  lleinr.  Vietor  zu  Braubach  (1070— 172G)  vermählt. 

In  dem  am  22.  April  1681  abgehaltenen  Geueralkonvente,  welchem  der 
Kauzler  llaxthausen  beiwohnte,  wurde  der  Pfarrer  Mag.  Joh.  Christo])h 
Nasemann  zu  Marburg,  gebürtig  aus  Kirchhaiu,  und  auf  besondere  Empfehlung 
von  Cassel  aus  der  Pastor  prim.  Laureutius  Hart  mann  zu  Wildungen  ge- 
wählt und  präsentiert.  Von  jetzt  an  führten  die  Diözesanvorstände  nicht  mehr 
den  Supcrintendententitel,  sondern  hiesseu  nur  Inspektoren. 

13.  Laurentius  Hartmann  (1081 — 1088),  geboren  als  Sohn  eines 
Bürgers  und  Gastwirts  zu  Wildungen  26.  September  1033,  studierte  1650  zu 
Giessen,  wurde  1652  Lehrer  zu  Wildungen,  1653  Diakonus  zu  Corbach,  1668 
Pfarrer  zu  Wildungen,  8.  Juni  1681  zum  lutherischen  Inspektor  zu  St.  Goar 
ernannt  und  berufen,  21.  Juni  durch  den  Pfarrer  und  Defiuitor  Mag.  Reinhard 
Roth  zu  St.  Goarshausen  im  Beisein  des  Landgrafen  Ernst,  seiner  Räte, 
Jesuiten  und  ganzen  Hofstaats  kirchlich  eingeführt.  Trotz  der  ihm  anfangs  von 
Cassel  aus  erwiesenen  Gunst  gab  doch  auch  Hartmauu  Ende  Oktober  1688 
seine  angefochtene  Stellung  auP)  und  folgte  einer  Berufung  an  die  l'farr-  und 
Superintendentenstelle  zu  Königsberg  in  Franken,  welche  er  „mit  sonderbarer 
Gravität  rühmlich  und  treulich  verwaltet,"  f  11.  Juli  1703,  begraben  in  der 
dortigen  Stadtkirche,  Er  war  zweimal  vermählt,  1.  mit  Anna  Katharina,  des 
Pastor  M.  Kandels  zu  Sachsenhausen  i.  W.  Tochter,  2.  mit  Anna  Elisabeth 
Reiffenberger  und  hinterliess  sieben  Töchter.  Sein  gleichnamiger  Sohn  war 
Pfarrer  zu  Patersberg  (1686). 

Nach  Hartmaun's  ,, anderweiten  Verrückung"  war  die  Pfarr-  und  luspektor- 
stelle  zu  St.  Goar  1  Jahr  und  5  Monate  erledigt.  Vielfach  hegte  man  die  Be- 
fürchtung, dass  in  Cassel  infolge  der  dortigen  Unduldsamkeit  gegen  die 
Lutheraner  eine  Wiederbesetzung  überhaupt  nicht  beabsichtigt  werde.  Die 
Verzögerung  hatte  jedoch  teils  in  den  kriegerischen  Ereignissen,  von  welchen 
das  linke  Rheinufer  und  auch  St.  Goar  betroffen  war,  teils  und  hauptsächlich 
in  dem  Übelwollen  und  Feindschaft  des  Reservatenkommissars  Kanler  und  in 
der  Gleichgültigkeit  des  Konsistoriums  ihren  Grund.  Erst  auf  Antrag  der 
Definitoren  vom  3.  April  1689  fragte  endlich  letzteres  am  19.  April  bei  dem 
Landgrafen  Karl  au,   ob  man  die  Definitoren  veranlassen  solle,    nach  den  Ver- 


als  Veranlasser  1683  von  da  abberufen,  1684  Pfarrer  zu  Vieruiünden  bei  Frankenberg,  l'bcr 
seine  Absetzung  vergl.  meine  Gesch.  des  Gerichts  Viermünden  und  seiner  Geschleelitor,  111. 
Hess.  Zeitschr.  1900,  S.  299  ff. 

*")  Bei  Ebenau  und  anderwärts   und    selbst   in   den  Akten   in   einem    Sohreilien  Land- 
graf Karls  vom  21.  April   1697   wird   llartnmnii   unrichtig  als   1CS9   veri?torboM  bczoicliiiot. 


-     144    — 

trägoii  zwei  Subjekte  vorziisclilagen,  „doch  olinc  eiuige  MassgebuDg".  Die 
letzten  Worte,  von  einer  anderen  Hand  dem  Konzepte  beigefügt,  besagen,  wie 
wenig  man  sich  noch  au  den  Ilezess  von  1648  zu  binden  gewillt  Avar.  Am 
3.  Mai  1689  gab  das  Konsistorium  dem  Reservatenkommissar  Kauler  auf,  die 
Pfarrer  auf  das  Schreiben  der  Definitoren  „zu  incaminieren.  ein  gewisses  zu 
der  Inspcktur  tüchtiges  Subjekt  im  Nassau-Idsteinischen",  das  ihm  durch  den 
Superintendenten  zu  Cassel  bereits  uandiaft  gemacht,  zu  erwählen.  Es  war 
dieses  der  Rektor  Mag.  Joh.  Illfr.  Gärtner  an  der  höheren  Schule  zu  Idstein. 
Dieser  erklärte  sich  bereit,  sofern  man  in  St.  Goar  eine  höhere  Schule  mit  3 
Lehrern  gründen  würde,  da  er  seine  3  Sohne  jetzt  an  seinem  Tische  behalten 
und  zur  Universität  vorbereiten  könne.  Da  ihm  hierzu  keine  Aussicht  gegeben 
und  ihm  die  Nachfolge  seines  Schwiegervaters,  des  Superintendenten  Ebert  zu 
Idstein  zugesichert  wurde,  so  lehnte  Gärtner  (y  31.  Mai  1707)  ab.  Die  Pfarrer 
schritten  daher  im  Generalkonvcnt  zu  Nastätten,  22.  Juli  1689,  zur  Wahl,  aus 
welcher  der  von  dem  vorigen  Inspektor  Hartmanu  empfohlene  und  verwandte 
Pfarrer  Mag.  Joh.  Daniel  Artopaeus  zu  Wolf  an  der  Mosel  und  der  Definitor 
Justus  Kröckius*')  zu  Holzhausen  auf  der  Heide  hervorgingen.  Dem  Reser- 
vatenkommissar war  keiner  von  beiden  genehm.  Das  Urteil  dieses  Mannes,  der 
schon  anderwärts  als  ein  ungeschickter  Diplomat  gegenüber  der  römischen  Kirche 
begegnet  ist  und  die  reformierten  Kirchengüter  zu  Rhens  an  dieselbe  verloren 
hatte^-)  und  der  jetzt  unter  der  Maske  der  Friedensliebe  ratlos  und  intriguierend 
hin-  und  hertappte,  galt  gleichwohl  in  Cassel  mehr,  als  das  der  Definitoren  und 
der  ganzen  Geistlichkeit.  Kanler  berichtete,  Artopaeus  sei  ihm  „unbekannt,  doch 
höre  er,  dass  derselbe  ein  junger,  unerfahrener^^),  streitbarer  und  sonderlich 
gegen  unsere  reformierte  Religion  eifernder  Mann  sei,  von  welchem  das  Kon- 
sistorium und  wir  allhier  viel  Widrigkeit  und  Verdruss  zu  gewarten  haben 
würden,  wo  wir  friedliebende  Leute  von  Nöten  haben",  Kröckius  sei  gleichfalls 
einer  von  den  Harten  und  Widrigen  und  ein  wunderlicher  Mann,  dass  mit  ihm 
nicht  fortzukommen.  Daher  möge  das  Konsistorium  mit  Hintansetzung  der 
Definitoren  und  des  lutherischen  Ministeriums  ein  anderes  Subjekt  zum  In- 
spektorat  befördern.  Um  aber  dem  Ministerium  keine  Ursache  zu  Beschwerden 
zu  geben,  möge  man  den  Definitor  Reinhard  Roth  zu  St.  Goarshausen,  der  nur 
6  Stimmen  gehabt,  „weilen  derselbe  doch  eben  nicht  so  eifrig  gegen  uns,  noch 
zanksüchtig",  mit  dem  Inspektorate,  und  des  Definitor  Kröckius  Sohn,  den 
Präzeptor  Joh.  Andreas  Kröckius  zu  St.  Goar  und  Pfarrer  zu  Biebernheim,  mit 
Roths  Stelle  zu  St.  Goarshausen  beauftragen.  Roth  war  ein  alter  gebrechlicher 
Mann,  der,  wie  Kanler  weiter  ausführt,  „nicht  mehr  reiten,  noch  gehen  konnte", 


*')  Just.  Kröckius  aus  Eisenach  war  1650  Adjunkt  des  Pfarrers  Joh.  Heinr.  Borngrebcr 
zu  Nastiitten,  1654  Pfarrer  zu  Ilolzliausen,  f  1703. 

^^)  Hess.  Zeitsohr.  31,  S.  (;i   H". 

"=)  Artopaeus  hatte  1675  die  Majjisterwürde  in  Giessen  erworben.  Eine  Tochter  des- 
solbeii  war,  wie  Kanlf«r  in  seinem  JJerichte  andeutet,  mit  des  Inspektor  Hartmaini  gleicli- 
namigem  Sohn  Laur.  Hartmann  zu  l'atorsberg  (1686  —  1089)  vermählt.  Artopaeus  war  daher 
damals  ungefähr  45  Jahre  alt  und  der  Bericht  des  Reservaten-  und  Konsistorialkommissars 
Kaidei'  nucli  hinsiclitlich   dor  angeblichen  Jugend  des  Artopaeus  parteiisch  und   lügenhaft. 


—     145    — 

er  bekomme  aber  Futter  für  ein  Pferd,  habe  auch  eigene  Wiesen  in  der  Um- 
gegend und  könne  daher  aus  seinem  Eigenen  zuschiessen,  wenn  die  Stiftsgefälle 
etwa  ausblieben,  und  in  einer  Kalesclie  seine  auswärtigen  Geschäfte  verrichten 
(15,  August  1689).")  Es  waren  also  lauter  Gründe,  die  mit  dem  Wohle  und 
Interesse  der  Diözese  keinen  Zusammenhang  hatten,  vage  Gerüchte  und  Be- 
fürchtungen über  einen  Unbekannten  und  Verdächtigungen  gegen  einen  Be- 
kannten. Die  vermeintlich  bedrohten  Interessen  der  kleinen  reformierten  Ge- 
meinde zu  St.  Goar  sollten  den  Ausschlag  geben,  der  grossen  Stadtgemeinde 
und  ganzen  Grafschaft  einen  abgelebten  Mann  vorzusetzen,  der  „nicht  mehr 
reiten,  noch  gehen  konnte,"  Das  Konsistorium  genehmigte  am 20,  September  1G89 
wirklieh  diesen  Vorschlag  Kanler's,  dass  Roth  die  Inspektorstelle  interimistisch 
und  Kröckius'  Sohn  Ivoth's  Stelle  versehen  solle,  „womit  das  lutherische 
Ministerium  wohl  zufrieden  sein  werde."  Dennoch  kamen  Kanlers  kluge  Be- 
rechnungen nicht  zur  Ausführung, 

Schon  lange  herrschte,  namentlich  unter  den  älteren  Geistlichen,  ein  tiefer 
Groll  über  die  von  dem  Inspektor  Hartmann  eingehaltene  Weise  der  Besetzung 
der  Pfarreien,  In  dem  erwähnten  Generalkonvent  (22,  Juli)  gaben  die  vier 
Definitoren  Roth,  Kröckius,  Joh,  Heiur,  Ebenau  zu  Marienfels  und  Joh.  Tile- 
mann  Wilner  zu  Ruppertshofeu  in  einer  Eingabe  an  das  Konsistorium  ihrem 
Unwillen  einen  Ausdruck:  sie  hätten  nun  geraume  Zeit  in  Kirchen  und  Schulen 
nach  ihrem  Vermögen  Gott  und  seiner  Gemeinde  gedient,  sich  an  den  ge- 
ringsten Orten  und  unter  fremden,  brabantischen  und  der  römisch-katholischen 
Religion  zugethanen  Leuten  beholfen,  auch  mehrmals  durch  den  Krieg  ihre 
Nahrung  verloren,  jedoch  vordem  der  guten  Hoffnung  gelebt,  bei  den  vielen 
unter  Hartmann  vorgekommenen  Veränderungen  würde  auch  sie  einmal  das 
Glück  begrüssen,  es  sei  aber  immer  vorübergegangen,  andere,  viel  jüngere 
seien  dem  Konsistorium  empfohlen  und  denselben  die  besten  und  bequemsten 
Pfarreien  übertragen,  ihrer  aber,  weil  sie  keinen  grossen  Namen  in  der  Welt, 
nicht  vom  Stamme  Levi  geboren,  noch  in  denselben  eingepfropft,  ganz  ver- 
gessen worden,  daher  sie  geblieben,  wie  sie  von  Anfang  an  gewesen.  Zwar 
erkenne  Kröckius  sich  wegen  seines  Alters  für  einen  vornehmen  Ort  nicht  mehr 
geeignet,  doch  hätte  er  gehofft,  bei  einer  volkreicheren  Gemeinde,  als  seines 
Orts,  wo  kaum  10  evangelische  und  2  reformierte  Zuhörer  seien,  weil  man 
mehr  auf  die  Schafe,  als  auf  die  Wolle  Absicht  haben  solle,  auch  dienen  zu 
können.  Weil  sie  und  Andere  ihre  Söhne  mit  Kosten  auf  Schulen  unterhalten 
und  sie  zu  ehrlichen  Diensten  im  Lande  befördert  zu  sehen  wünschten,  aber 
befüi'chten  müssten,  dass  mit  Beförderung  eines  Extraneus  zur  Inspektur  die 
Landeskiuder  das  Nachsehen  haben  würden,  so  wollten  sie  bitten,  künftig  bei 
Bestellung  der  Pfarrdienste  auch  ihrer  Söhne  zu  gedenken  und  Beförderung 
widerfahren  zu  lassen.     Die  Antwort  auf  diese  Eingabe  ist  nicht  bekannt. 

Bald  nachher  am  18,  September  1689  richtete  auch  die  grosse  lutherische 
Stadtgemeinde  zu  St.  Goar   an  den    im  Bade  Ems    weilenden  Landgrafen  Karl 


»^)  Mao-,  Reinhard  Rohdius   aus  Marburg   wurde   2.  Dez.  1660   tiU  Pfarrer   zu  Pfal/.fold 
eingeführt,  1678  Pfarrer  /ii  8t.  (ioarshausen  und  DoHnitor,  zog  170'2  um-h  Kürdorf,  f  12.  Juli  1.1... 


-     146     - 

eine  energisclic  Beschwerde  über  Kanlor  imd  das  Konsistorium :  ihre  Pfarrstelle 
sei  nun  schon  ein  ganzes  Jahr  offen    und  vergeblich  hätten  sie  bei  Kauler  um 
deren  Besetzung  nachgesucht.      Sie  seien   hirtenlose  Schafe,      Täglich  raffe  in- 
folge des  Kriegs  die  Seuche   so  viele  Menschen  in  St.  Goar  hinweg,    dass  alle 
Tage  eine  Beerdigung  stattfinde  und    die  Kranken   und  Sterbenden    mit  Gottes 
Wort  und  Sakrament    versehen    werden    müssten.      Schon    am  folgenden  Tage 
verfügte  der  Landgraf   an    das  Konsistorium,    die  Stelle    baldigst   zu    besetzen. 
Der    wahrheitsgetreuen  Darlegung   gegenüber    hielten  Kanler's  Ränke    und    die 
denselben  erteilte  Genehmigung  keinen  Stand.    Kanler  musste  selbst  bestätigen, 
dass  die  Sterblichkeit  so  gross  sei,   dass  zuweilen  3  bis  5  Personen  an  einem 
Tage  zur  Bestattung  kämen.     Die  Gemeinde  war  aber  auch  seiner  Absicht,  ihr 
den  alten  Roth    zum  Pfarrer   zu    setzen,    wegen    dessen  Unvermögen    und    aus 
anderen  Gründen,  welche  sie  ihm  vorerst  mitzuteilen  weigerte,  aber  an  rechter 
Stelle  vorzubringen    und    zu    erweisen   drohte,    entgegengetreten.      Kanler    hielt 
deshalb  die  konsistoriale  Genehmigung  seines  Antrags  vom  20.  September  1689, 
um  den  alten  Roth  „nicht  zwischen   zwei  Stühle  zu  setzen",  zurück.      Infolge 
der  Beschwerde    der  Gemeinde    und    weiteren    Berichts   Kanler's    billigte    dann 
auch    das    ebenso    ratlose    Konsistorium    am    4.    Oktober    die    Zurückbehaltung 
seiner  Anordnung  vom  20.  September  und  wies  den  Reservatenkommissar    an, 
seinen  Antrag    und    dessen    konsistoriale  Genehmigung    geheim    zu    halten  und 
namentlich  den  Pfarrer  Roth   nichts    davon    wissen    zu    lassen.     Dem    letzteren 
hatte  Kanler  inzwischen  den   Widerwillen   des  Ministeriums    und  der  Gemeinde 
St.    Goar,    sowie    seine    eigene    Gebrechlichkeit    vorgestellt,    worauf  Roth   von 
einer   Übernahme     der    ihm    zugedachten  Stelle    abstand.      Der   ratlose  Kanler 
machte  jetzt,  um  sich  aus  der  von  ihm  verfahrenen  Sache  herauszuziehen,  einen 
anderen  A^orschlag,  die  beiden  Erwählten,  Artopaeus  und  Kröckius,  nach  Cassol 
vorzuladen    und    vor  dem  Konsistorium    zu  verhören    und    nach    dem    Ergebnis 
dem  Ministerium  eine  andere  Wahl  aufzugeben.     Er    unterliess    es    auch   jetzt 
nicht,  beiden  Präsentierten  zwar  nicht  mehr  konfessionellen  Eifer,   aber  anderes 
Nachteiliges  anzuhängen,  dem  Kröckius  ,,üble  Ausrede",    dem  Artopaeus  seine 
Jugend    und    die   Furcht    vor    der    Hartmannischen    Liga    und    Verwandtschaft 
(20.  Oktober].     Inzwischen  hatte  man  in  Cassel  endlich  eine  Persönlichkeit  ge- 
funden,   die    wieder    kein  Landeskind,    sondern    ein  Fremder   war  und  von  der 
Kanler  nur  zu  berichten    wusste,    dass    dieselbe    ein  ganz  unbekannter  Mensch 
sei,  über  den  er  überhaupt  noch  nichts  erfahren,   namentlich  nicht,    ob  er  sich 
energisch  gegen  die  Papisten  und  freundlich  zu  den  Reformierten  stellen  werde 
(8.  November  1689).    Nur  diese  beiden  Eigenschaften  befähigten  demnach  nach 
der  Ansicht   des  Reservatenkommissars   zum    Superintendentenamte.     Diejenige 
Autorität,    welche    diesen  Unbekannten    für  das  Oberhirtenamt    der  Niedergraf- 
schaft   empfohlen    hatte,    war  der  wegen  seines    calvinistischen    Eifers    in    den 
Casseler   Ilofkreisen    angesehene  General   von    der   Lippe,    welchen    der   Fürst 
nach  mehrjährigem  Streite    mit    dem   deutschen  Ritterorden    1683    zur    Würde 
und  den  hohen  p]inkünften  eines  Landkomturs  der  Bailei  Hessen  befördert  hatte. 

14.  Gustav  Adolf  Hildebrand  (1689 — 1695)  aus  Stargard  in  Pommern 
war    nach    seinem  Studium    am  4.  Juni    1650    von   Heidelberg    her  zui-  vierten 


—     147     — 

PfaiTstellc    im    evaDgelischen    Ministerium     zu    Speier,     zur    Pfarrei     bei    den 
Augustinern,  seit  1.  Juni  1673  zur  Pfarrei  von  Ht,  Georg  und  seit  1GG7  auch  zum 
Inspektor  des  Gymnasiums  daselbst  berufen  worden,  damals  1(389  aucli  Senior  des 
evangelischen  Ministcrums  zu  Speicr.*')     Ä-uch  er  war  bereits  ein  altersschwacher 
Mann,  der  zwar  in  den  Kriegsverhältuissen  in  der  Pfalz  und  nach  dem  Brande  der 
Stadt  Speier  noch  als  einer  der  letzten  daselbst  ausgeharrt  hatte,  aber  auch  endlich 
über  den  Rhein  nach  Lussheim,  Heidelberg  und  Frankfurt  geflohen  war  und  sich 
in  Frankfurt  zur  Ruhe  gesetzt  hatte.    Fjr  hatte  sich  mehr  durch  eine  Gymnasial- 
reform zu  Speier  in  den  Jahren   16G7  und   1679,    als    im  Kirchenamte    hervor- 
getlian.     Seine  Wahl  und  Präsentation  durch    die  Geistlichen  der  Diözese  war 
eine  blosse  Formalität;  er  wurde  am  28.  Januar  1690  berufen,  „am  14.  Februiir 
nach  Cassel  vociret"    und    12.    Februar    dem  Reservatenkommissar  Kanler    die 
Zulieferung   der  Litteralien  und  dem  Definitor  Roth    die    kirchliche  Einführung 
des  Bestellten  aufgetragen.     Die  letztere    erfolgte   4.  April   1690  in  Gegenwart 
des  ganzen  Ministeriums  mit  Ausnahme    des  kranken  Pfarrers  Rodius    zu  Köi'- 
dorf  und  Klunck  zu  Langen-Schwalbach,    ,,so   an  Füssen  baufällig."     Die  Ein- 
führungsmahlzeit wurde  aus  dem  Yakauzeinkomrnen,  an  Umzugskosten  60  Thalcr, 
welche  die  lutherischen  Gemeinden  der  Grafschaft  aufbringen  mussten,    gleich- 
wie an  den  Vorgänger,  bezahlt.     In  Hildebrand's  Amtszeit  fällt  die  französische 
Belagerung  der  Stadt  St,  Goar  und  der  Festung  Rheinfels  und  deren  ruhmvolle 
Entsetzung  durch  die  Hessen.     Hildebrand  starb  schon  22.  Juni  1695.*'') 

Auf  Wunsch  des  geistlichen  Ministeriums  und  Antrag  des  Reservaten- 
kommissars Debell  vom  24.  Juni  genehmigte  das  Konsistorium  die  Ver.sehung 
der  Stelle  des  alten  Definitors  Roth  hinsichtlich  der  Yersehung  der  Inspektur- 
geschäfte  in  der  Erledigungszeit,  doch  dem  Ministerium  un  vorgreif  lieh,  durch 
den  Pfarrer  Job.  Melchior  Schugk  zu  Bornig  (28.  Juni).  Jetzt  bot  sich  auch 
der  alte  Definitor  Roth,  der  länger  als  50  Jahre  im  Amt  und  40  Jahre  im 
Lande  stand  und  schon  vor  6  Jahren  „nicht  mehr  reiten,  noch  gehen  konnte", 
aufs  neue  für  die  Inspektorstelle  an  und  versicherte,  dass  „die  gnädigste  Herr- 
schaft und  das  ganze  Land  an  ihm  ein  Genügen  verspüren"  solle  (3.  Juli).  Die 
Geistlichen  wählten  und  präsentierten  den  Professor  der  Philosophie  Mag. 
Philipp  Kasimir  Schlosser  zu  Giessen  und  den  Stadtpfarrer  3Iag.  Heinrich 
Theobald  Schenck  daselbst.-')  Dem  Landgrafen  war  keiner  von  beiden  „an- 
ständig", und  der  Widerstand  zu  Cassel  gegen  beide  grösser,  als  in  früheren 
Fällen.  Das  Konsistorium  forderte  am  9.  August  den  Reservatenkommissar 
Debell  und  den  reformierten  Inspektor  Konr.  Wiskemauu  zum  Bericht  über 
die  Gewählten  auf.     Dem  letzteren  war  damit  Gelegenheit  und  Befugnis  gewährt. 


«")  Aus  Akten  des  Königl.  llnyr.  Kreisarchivs  zu  Spcier.    Stadtarchiv  Faso.  46.J,  467,  499. 

«6)  Hildebrand  war  zweimal  verniülilt,  1.  mit  Elisabeth  Ursula,  des  Pfarrers  Dr.  Joh. 
Konr.  Schragmüller  zu  Speior  Tochter,  2.  mit  Martha  Elisabeth,  des  Bürgermeisters  Joh.  Hart- 
mann Scheibeier  zu  Gemünden  an  der  Wohra  Tochter,  und  hatte  aus  erster  Ehe  5,  aus  zweiter 
7  Kinder.  Mayerhoffer,  Die  ältesten  Taufbücher  der  Reichsstadt  Spcier,  im  Pfalz.  Museum, 
XIII.  Jahrg.  1896,  S.  10 

**')  Schenck,   g 
uitor  zu  Giessen,  f  H-  M^ril   1727.     Strieder  10,  S.   10. 


"^  Sdienck,'  geb.  10.  April  1656,    war  Pfarrer  und  Stipendiatenmajor,    1690  auch  Defi- 


10 


—     148     -- 

sich  auch  in  die  hitherische  Diözese  einzumisclicu.  Beide  Begutachter  knunten 
natürlich  weder  den  einen,  noch  den  anderen.  Sie  berichteten,  dass  „beide 
feine  und  friedliebende  Subjekte  seien,  Sthenck  wegen  seines  sittsamen  und 
moderaten  Gemüts  von  den  Delinitoren  und  Pastoren  vorgezogen  werde" 
(24.  Aug.).  Aber  auch  in  Cassel  und  Marburg  hatte  man  so  wenig  Fühlung  und 
Bekanntschaft  mit  der  lutherischen  Schwe.steruniversität  Giessen,  ihren  Dozenten 
und  der  lutherischen  theologisclien  Zeirlitteratur,  dass  man  sogar  in  einen  Betrug 
fallen  konnte.  Schon  am  15.  August  war  ein  ungnädiger  Beschluss  des  Ge- 
heimen Rats  zu  Cassel  ergangen,  welcher  besagte,  dass  nach  in  Marburg  ein- 
gezogenen Nachrichten  und  nach  den  Angaben  eines  „Herrn  von  Rochau 
Schlosser,  als  er  zu  Heidelberg  im  Ministerio  gestanden,  sich  gegen  die  dasigen 
Reformierten  widrig  bezeiget,  dass  zwischen  den  Lutheranern  und  Reformierten 
fast  alle  gütliche  Conversation  aufgehoben ;  auch  der  andere  (Schenck)  sei  nicht 
von  solcher  moderation,  dass  man  sich  einer  guten  Harmonie  von  ihm  versehen 
könne".  Auch  diesmal  meiute  man  in  Cassel  den  dienlichen  Mann  besser,  als 
das  ganze  Ministerium  gefunden  zu  haben,  nämlich  in  dem  Pfarrer  und  Leiningen- 
schen  Inspektor  Joh.  Ludw.  Wentzel**)  zu  Grüustadt  in  der  Pfalz.  Das 
Konsistorium  verlangte  am  21.  Sept.  1695,  dass  dieser  Mann,  der  dem  Land- 
grafen wegen  seiner  grossen  Friedfertigkeit  gerühmt  worden,  und  weil  die  beiden 
Präsentierten  in  guten  und  beständigen  Diensten  ständen,  wegen  der  französischen 
Prozeduren  aber  der  Pfarrer  in  Grünstadt  gar  nicht  sicher  und  der  ganze 
Hunsrück  durch  den  Krieg  ruiniert  sei,  mit  in  Vorschlag  gebracht  werde.  Der 
Landgraf  und  das  Konsistorium  waren  diesmal,  wie  bemerkt,  in  einen  Betrug, 
sei  es  des  genannten  Herrn  von  Rochau  oder  eines  Anderen,  gefallen.  Schlosser 
hatte  zwar  20  Jahre  früher  in  seiner  Jugend  in  Heidelberg  Philosophie  studiert, 
aber  noch  niemals,  weder  zu  Heidelberg,  noch  sonst  im  Ministerio  gestanden, 
auch  bis  da  noch  nicht  einmal  die  Ordination  empfangen.  Es  lagen  auch  jetzt 
Ränke  und  Verleumdungen  konfessioneller  Eiferer  gegen  Schlosser  und  das 
Bemühen  eines  Gönners  des  Wentzel  zu  Grunde,  diesen  thunlichst  bald  von 
Grünstadt  in  eine  andere  Stellung  zu  bringen.  Wentzel  hatte  allerdings  Ursache, 
wegen  der  französischen  Kriegshändet  eine  baldige  Versetzung  von  Grünstadt, 
wo  seine  „Stellung  gar  nicht  sicher"  war,  zu  suchen.  In  einer  Schrift  des 
Nachfolgers  Speners  und  damaligen  Seniors  des  geistlichen  evangelisch-lutherischen 
Ministeriums  zu  Frankfurt  a.  M.  Joh.  Dan.  Arcularius^^)  fand  sich  die  Stelle: 
„Wer  sollte  wohl  denken,  dass  bei  diesen  betrübten  Zeiten  ein  Prediger  sich 
möchte  beladen  mit  den  französischen  Kriegskommissarien,  um  von  ihnen  die 
Zehnten  zu  pachten  und  dadurch  seinen  eigenen  Mitbrüdern  die  Seufzer  zu 
erwecken,  dass  sie  um  ihr  Brot  kommen,  eine  rechte  Einflechtung  in  die  Händel 


*")  Joh.  Ludw.  AVentzel  aus  Grünstadt  liatt«  1667  zu  Giessen  studiert,  war  1692  —  1726 
Pfarrer  /u  Grünstadt.  Die  unten  erwähnte  Ausweisungsalisicht  kam  niclit  zur  Ausführung  infolge 
der  allg.  Amnestie  des  Rijswijker  Friedens.    Gümbel,  Gesch.  der  prot.  Kirche  der  Pfalz,  S.  238. 

**)  .Joh.  l)au.  Arcularius,  Die  Einigkeit  im  Geist,  wie  sie  von  S.  Paulo  Ephesor  4 
allen  Christen  ernstlich  anbefohlen,  aber  jetzt  wenig  in  Acht  genommen  wird.  Frankfurt  1693; 
S.  188.  Weiteres  über  die  durdi  diese  Schrift  veranlassten  diplomatischen  Verliandlungon 
bei  Strieder   1,  S,    136.      Die  Schrift  seliist  luibe   ieh   mif  keiner   lühlidtliek  findcMi   küniieii. 


—     149     — 

der  Nalnung,  die  dem  Herrn  nicht  gefallen  kann,  der  uns  zum  Dienste  seiner 
Kirclie  angenommen".  Der  Mann,  der  durch  solche  Zehntkauf-  und  Pacjit- 
geschäfte  mit  den  französischen  Kriegsktjnimissarcn  in  der  Pfalz  seine  Amts- 
brüdor  um  ihr  Brot  brachte  und  ihnen  Seufzer  erweckte,  war,  wie  man  am 
Rheine  wusste  und  der  Graf  von  Leiningen  selber  während  einer  Badekur  zu 
Langcn-Sehwalbach  dem  dortigen  Pfarrer  Joh.  Matth,  Lucius  bestätigt  hatte, 
der  „friedfertige"  Pfarrer  zu  Grünstadt.  Der  Graf  wünschte,  dass  sicli  Wentzel 
baldigst  fortmachen  möge,  andernfalls  er  ihn  nach  dem  Abzug  der  Franzosen 
ausweisen  werde.  Mit  Rücksicht  auf  obige  Stelle  erklärte  sich  das  Ministerium 
der  Niedergrafschaft  vor  dem  Reservatenkommissar  entschieden  gegen  die  Be- 
rufuna-  Wentzels,  der  den  Mantel  nach  dem  Wind  drehe  und  mehr  mit  dem 
französischen  Intendanten  de  la  Goupilliere,  als  mit  seinem  Herrn,  dem  Grafen, 
Korrespondenz  halte.  Es  seien  daher  weder  gute  Harmonie,  noch  gute  Erbauung 
und  Früchte  zu  hoffen.  Der  Bureaukrat  Debell,  der  für  solche  biblisch-kirch- 
lichen Erwägungen  kein  Verständnis  hatte,  zog  alles  in  Zweifel  und  verlangte 
von  den  Geistlichen  das  Opfer  ihrer  Überzeugung  und  strikten  Gehorsam,  denn 
„nobis  obedientiae  gloriam  relictam  esse"  (12.  Okt.).  Die  Geistlichen  beharrten 
jedoch  bei  ihrer  Präsentation,  baten  um  Bestätigung  eines  von  beiden  und  er- 
klärten sich  nochmals  gegen  Weutzel,  „der  von  einem  vortrefflichen  Theologen 
angezapfet  und  mit  dunkelen  Farben  abgemalt  sei".  In  gleicher  Weise  protestierte 
die  Gemeinde  St.  Goar  vor  dem  Landgrafen  gegen  Wentzel  wegen  dessen  Ein- 
mischung in  die  weltlichen  Händel  (11.  Okt.). 

15.  Mag.  Philipp  Kasimir  Schlosser  (1696— 1708)  aus  einer  Theologen- 
familie zu  Darmstadt,  als  Sohn  des  Mag.  Phil.  Schlosser,  19.  Okt.  1658  geboren, 
hatte  1675  zu  Heidelberg,  1676  zu  Giessen  studiert,  1678  Magister  und  Lehrer 
der  Söhne  Landgraf  Ludwigs  VI.  zu  Darmstadt,  1686  Professor  der  Logik 
und  Metaphysik  zu  Giessen,  1693  Rektor  der  Universität,  kam  1695  nebst 
den  Professoren  Dr.  Heinr.  Phasianus,  Balth.  Menzer,  Professor  der  Mathematik, 
und  Greffor  Nitsch,  Professor  der  Ethik,  mit  der  theologischen  Fakultät,  die 
sie  mehrfacher  Irrtümer  beschuldigten,  die  sie  nicht  erweisen  konnten,  in  Streit. 
Es  wurden  deshalb  Phasianus  und  Nitsch  5.  Nov.  für  einige  Monate  suspendiert 
und  Menzer  3.  Jan.  1696  entlassen.'")  Schlosser  wurde,  als  dem  Herkommen 
nach  zu  der  lutherischen  Inspektorstelle  zu  St.  Goar  präsentiert,  durch  Be- 
rufungsschreiben vom  1.  Febr.  1696  auf  den  14.  Febr.  zum  Empfling  der  Be- 
stallung vor  das  Konsistorium  zu  Cassel  vorgeladen  und  am  18.  Febr.  dem 
Reservatenkommissar  Debell  und  den  Definitoren  ^vegeu  Übergabe  der  Litteralicn 
und  Einführung  Nachricht  gegeben.  An  demselben  Tage  stellte  er  Revers  aus, 
in  welchen  infolge  der  erwähnten  Verleumdungen  und  der  heillosen  Furcht, 
welche  man  in  Cassel  vor  den  Lutheranern  hatte,  Bestimmungen  eingesetzt 
wurden,  welche  weder  einem  Diözesanvorstand  zu  St.  Goar,  noch  sonst  wo  vor- 
her oder  nachher  zugemutet  wurden  und  ihn  vielleicht  von  der  Übernah mo 
des  Amts  abschrecken,  jedenfalls    ihn  fest  binden    sollten."')     Schlosser  erklärte 

«")  Hess.  Hebopfer  4,  507.     :>rarb.  Heitrü-je  3,  239. 

«^)  Alle  früheren  und  späteren  Reverse  der  lutli.  und  ref.  Inspektor-n  xvaren  -edruckte 
Fürmularo,  der  Revers  Schlossers  hinicegen   i^-anz  gcsciirieben. 

10* 


—     150     — 

dem  Rate  Göddaeus,  dass  er  gegen  den  Revers  uiclits  einzuwenden  finde 
(17.  Febr.).  Er  musste  darin  versprechen,  „dass  er  sich  aller  ungebührlichen, 
harten  Reden  und  Sclimähworte  insgemein,  als  auch  aller  anzüglichen  Reden 
und  Schmühworte  insonderheit  gegen  die  reformierte  Religion  enthalten  solle, 
noch  deren  Zugethane  in  ihrem  Gottesdienst  in  einige  Wege  turbieren  oder 
behindern,  auch  dass  solches  von  anderen  untergebenen  Pfarrern  ebensowenig 
o-eschehe  fleissia:  zu  sehen  und  Acht  haben.^')  Auch  hinsichtlich  der  Kasten- 
o-üter  u.  s.  w.  sollte  Schlosser  keine  Neuerung  machen,  sondern  alles  m  dem 
Stande  wie  er  es  finde,  lassen  und  damit  zufrieden  sein".  Selbst  alle  äusseren 
Kirchensachen  erachtete  demnach  der  damalige  kirchliche  Byzantinismus  in 
Cassel  für  vortrefflich  und  über  jede  Verbesserung  erhaben.  Schlosser  war 
damals  8  Tage  in  Cassel  und  bat  bei  Göddaeus  um  Schreiben  an  den  Super- 
intendenten Mag.  Joh.  Fenner  m  Marburg,  ihn  auf  der  Rückreise  zu  ordinieren 
(17.  Febr.).  Nachdem  Schlosser  28.  Febr.  1696  vom  Landgrafen  von  Darm- 
stadt die  Entlassung  erhalten,  wurde  er  am  30.  März  durch  den  Pfarrer  Mag. 
Joh.  Melch.  Schugk  zu  Bornig  in  Gegenwart  des  Landgrafen  von  Rheinfels, 
seiner  Räte  und  katholischen  Priester  ins  Amt  eingeführt.  Schlosser  stand  in 
hohem  Ansehen  und  wurde  nach  dem  am  26.  März  1706  erfolgten  Tod  des 
Superintendenten  M.  Heinr.  Orth  zu  Marburg  18.  Mai  zu  dessen  Nachfolger 
erwählt  und  nach  erfolgter  Bestätigung  und  Ernennung  zum  Ekklesiasten  der 
Pfarrkirche  und  Konsistorialrat  6.  Aug.  durch  den  Metropolitan  Ilerm.  Wilstach 
aus  Frankenberg  ins  Amt  eingeführt,  f  1.  Juli  1712.  —  Von  seinen  Söhnen 
war  Friedr.  Phil.  Schlosser,  geb.  16.  Sept.  1701,  ein  eifriger  Anhänger  der 
Wolff  sehen  Philosophie,  der  erste  Pfarrer  der  1731  konzessionierten  lutherischen 
Gemeinde  zu  Cassel,  f  1^-  ^"ov.  1742;  Joh.  Ludw\  Schlosser,  geb.  11.  Nov.  1702, 
seit  1739  Hauptpastor  an  St.  Katharinen  zu  Hamburg,  f  7.  April  1754.'') 

Auch  von  den  beiden  im  Jahre  1706  Erwählten  war  keiner  in  Cassel 
genehm,  man  nahm  wieder  einen  Extraneus,  den  Pfarrer  zu  Kleinern  bei 
Wildungen,  Joh.  Heinrich  Birckenhauer,  in  Aussicht,  für  w^elchen  schon  am 
30.  Juli  1706  das  Bestallungsschreiben  entworfen  w^ar.  Doch  fand  man  es 
nachträglich  für  gut.  durch  den  Reservatenkommissar  Lic.  Reinhard  mit  den 
Diözesanen  auf  einem  Generalkonveut  (9.  Sept.)  zu  verhandeln.  Dort  habe, 
berichtet  Reinhard,  die  Schlosser'sche  Partei  sich  ablehnend  erklärt,  weil  Bircken- 
hauer keine  Probepredigt  gehalten  und  als  Famulus  des  Professor  Dr.  Bielefeld 
mit  Pietisterei  infiziert  sei.")  Der  Definitor  zu  Marienfels  habe  zu  wissen  verlangt, 
warum  Serenissimus  die  beiden  Vorgeschlagenen  verworfen  habe.  Reinhard  ver- 
langte aber  einfache  Annahme  des  Birckenhauer,  denn  „es  sei  Alles  aufs  beste  in- 
caminiret'-,  es  habe  jedoch  die  Schlosser'sche  Partei  so  „kontraminiret",  dass 
auch  die,  welche  sich  zu  allem  erboten,  wankend  geworden.  Reinhard  belehrte 
die  Pfarrer   w^eiter,    der  Fürst    werde    schon   gesorgt  und    einen  Mann    erwählt 

^^)  Durch  den  Revers  sollten  die  im  obigen  Berichte  Dr.  Christianis  erwähnten  casse- 
lischen  dolosen  Überschreitungen  dos  Rezesses  gesichert  werden. 

Ȋ)  Strieder  13,  S.  47   tt'.     AUg.  Deutsche  IJiographie  31,  541,  544. 

«*)  Über  Dr.  Joh.  Christoph  Bielefeld,  Professor  der  Theologie  zu  Gicssen,  vergl. 
Strieder  1,  396.    Hess.  Hebopfer  4,  508. 


—      l.')! 

liabüii,  dci'  froiMiu  uud  geschickt   wäre   und  vuu  dem  luaii  sicli  Uciiier  IMetisterei 
zu  versehen.     Da  die  Pfarrer    bei  ihrem  Vorschlag  beharrten,    verlangte  Rein- 
hard kategorisch  ihre  Erklärung  für  Birckenhauer.    Hierauf  tingen  sie  an,  schreiljt 
er,  gelindere  Saiten  aufzuspannen.     Sie  erklärten  darauf  bündig:    „So  sind  wir 
unterthänigst    gehorsamst,    sofern    Herr  Joh.  Heinr.   Birckenhauer    quoad  Aug. 
Conf.    orthodoxus    purus,    und    wollen    auch    künftig    in    Kirchen,    Schulen    und 
Häusern  für  den  Fürsten  zu  beten   bereit    sein".^*)     Da  der  Designierte  wegen 
des  Widerwillens  des  Ministeriums  vielleicht  hätte  ablehnen  können,  so  stimmte 
der  Rat  Willi.  Vultejus  dahin,    „es   sei    demselben    nichts  weiter  zu  sagen,    als 
dass  ihm  nunmehr  das   Inspektorat    wirklich  aufgetragen  worden    und  er  dabei, 
wie  gewöhnlich  ermahnt  werde".     Die  Ernennung  erfolgte  IG.  Sept.   1700,  das 
Datum  des  obigen  Berufungsschreibens  vom  30.  Juli  wurde  in  den  1.  Oktober 
geändert  uud  die  durchstricheuen  Worte,  „nachdem  derselbe  anstatt  derer  sonst 
von  demselben  Ministerio  vorgeschlagenen  zweyer  subjectorum  anderwärts  präsen- 
tieret worden",  wieder  hergestellt. 

16.  Mag.  Joh.  Heinrich  Birckenhauer  (1706—1740),  geboren  zu  Alt- 
wildungen  1673,  studierte  1692  zu  Giessen,  1695  daselbst  ^Magister,  1G96  Pfarrer 
zu  Kleüiern,  16.  Sept.  1706  Inspektor  zu  St.  Goar.  Er  führte  in  der  Diözese 
den  Spener'schen  Katechismus  ein.  Durch  ihn  kamen  auch  weitere  Waldecker, 
Zinn,  Pilgrim,  Reysser,  in  der  Niedergrafschaft  ins  Pfarramt.^*')  Er  starb  am 
24.  Jan.  1740.  Birckenhauer  war  zw^eimal  verheiratet,  zuerst  mit  einer  Colonius, 
dann  mit  einer  Tochter  des  Stadtschreibers  Kling  zu  St.  Goar.")  Seine  drei 
Söhne  standen  im  Pfarramte:  1.  Jeremias,  1721  Diakonus  zu  St.  Goar,  wurde 
noch  in  demselben  Jahre  Inhaber  der  damals  durch  eine  Strafversetzung  er- 
ledigten besten  Pfarrei  der  Diözese,  zu  Bärstadt,  f  28.  Nov.  1733;  2.  Joh. 
Heinrich  war  Pfarrer  zu  Wehrheim  bei  Usingen;  3.  Gustav  bei  Hannover; 
4.  seine  Tochter  Maria  Elisabeth  war  mit  Joh.  Chr.  Pfeiffer,  Pfarrer  und  Detiuitor 
zu  Bornig,  vermählt. 

Von  Birckenhauers  Tod  machte  der  Definitor  Lauber  zu  Nastätten  (24.  Jan.) 
und  der  Reservatenkommissar  Dr.  Beza  am  26.  Januar  dem  Konsistorium  An- 
zeige mit  dem  Wunsch,  dass  die  Wahl  auf  ein  friedfertiges  und  unaustössiges 
Subjekt  fallen  möge.     Der  Wunsch  ging  nicht  in  Erfüllung. 

17.  Peter  Becker  (1740—1767),  geb.  zu  Herzogenbusch  als  Sohn  des 
Hessischen  Militärpredigers,  später  intrudierten  Superintendenten  Peter  Becker 
d.  A.  zu  Marburg,  2.  Febr.  1701,  wurde  1725  Kabinettsprediger  der  lutherischen 
Prinzessin  Maximilian  zu  Cassel,  lehnte  1733  einen  Ruf  als  schwedischer  Ge- 
sandtschaftsprediger zu  Wien  ab,  bewarb  sich  3.  Febr.  1740  um  die  Pfarr- 
und  Inspektorstelle  zu  St.  Goar  bei  dem  Geheimen  Rat  zu  Cassel,  welcher  das 
Gesuch  9.  Febr.  an  das  Konsistorium  abgab.     Da  man  sich  in  St.  Goar  durch 


^°)  Bericht  des  Reservatenkoramissars  Reinhard,   12.  Sopt.  1706. 

««)  Joh.  Heinr.  Zinn,  ein  von  Birckenhauer  mitgebrachter  und  erzogener  Waisenknabe 
aus  Wildungen,  war  1728  Pfarrer  zu  X.-Walnienacli,  1734  zu  Weyer,  f  18.  April  1760,  wo 
ihm  sein  Sohn  Jeremias  Zinn,  f  8.  Sept.  1802  und  Knk.d  Friedricli  Zinn,  f  21.  1-Vbr.  1839, 
folgten. 

'■")  Strieder  1,  S.  428. 


—     152     — 

diese  Bewerbung  eines  Ilüfpredigers  geehrt  fühlte,  so  baten  die  Kircheniiliestcn 
bei  dem  Regenten,  Prinz  Wilhelm,  um  seine  Bestallung,    weil  „auf  das  votum 
uegativum  der  Eingepfarrten  hierbei  wohl  wenig  regardieret  werde".     Das  Konsi- 
storium gab  (11.  März)  dem  Reservateukommissar  Dr.  Beza  auf,    den  Pfarrern 
au  die  Hand    zu  geben,    den  Hofprediger  Becker   iu  Consideration    zu  bringen. 
Auf  Beza's  Antrag    wurde  die  Zusammenberufung   der  Geistlichen  5.  April  ge- 
nehmigt.    In  dem  Generalkonvent  am   17.  Mai  1740  wurden  der  Pfarrer  Mag. 
IMiil.  Friedr.  Schlosser  an  der  lutherischen  Gemeinde  zu  Cassel,  des  früheren 
Inspektors  Sohn,    und    der  Kabinettsprediger  Peter  Becker    daselbst    erwählt 
und   präsentiert.     Die    Resolution    des  Geh.  Rats    vom  27.  Mai    lautete:    Beim 
Consistorio    soll    zuvorderst    nachgesehen  werden,    ob  es  mit  dem    vorgeblichen 
Herkommen  und  jure  praesentandi  seine  Richtigkeit  habe.     Nach  der  Bejahung 
dieser  Frage  wurde  P.  Becker,  d.  d.  Stockholm  -^  Juli  1^40  bestätigt,  vom 
Bestellten  19.  Aug.  Revers  ausgestellt  und  derselbe  30.  Sept.  1740  eingeführt. 
Die  von  dem  Landgrafen  Karl  durch  einen  Vertragsbruch  und  Verletzung 
des  Superintendenturwahlrechts  ins  Land  gebrachte  Pietistenfamilie  Becker  hatte 
hier  wenig  Glück.    Landgraf  Karl  wünschte  den  Joh.  Pet.  Becker  d.  A.  ^wegen 
seiner  Gaben   und   hohen   Geschicklichkeit"    nach   Schlossers   Tod    zum    Super- 
intendenten zu  Marburg    befördert  zu   sehen.     Die  Pfarrer  gingen  jedoch,    weil 
er   „dem  Pietismus  zugethan  und  ein  Scheinheiliger  sei",  auf  diese  Beschränkung 
ihres  Wahlrechts    nicht    ein.     Becker  wurde  dann    trotzdem  gegen   den  Ausfall 
der  Wahl,    in  welcher   er  nur  13  Stimmen  hatte,    und  trotz    des  Protestes   der 
Pfarrer,  dass  ihnen  ein  fremder  und  unbekannter  Mann  gesetzt  sei,  von  Land- 
graf Karl  bestellt  und  so  auch  im  Oberfürstentum  der  Rezess  von  1648  durch- 
brochen:    „Becker   hat    1713    auf  Quasimodogeniti    zu    Marburg  seine    Probe- 
predigt und  1714   auf  Quasimodogeniti   seine  letzte  Predigt   gethan,    1713  den 
23.  April  seine    Antrittspredigt   zu    Marburg,   morgens    9   Uhr,    gehalten,    1714 
den    23.    April,    morgens    9    Uhr,    gestorben".*')      Sein    Sohn,     der    Inspektor 
P.  Becker  d.  J.,  war  in  seinem  Amte  träge  und  faul,  der  Diakonus  zu  St.  Goar 
und  spätere  Inspektor  Wilhelm  Helfrich  Ebenau  hatte  allein  in  den  letzten  10 
Jahren  Beckers  386  Predigten,  alle  Betstunden,  131  Taufen,    16  Kopulationen 
und   128  Ilauskommunionen  für  ihn  verrichtet.      Im  Jahre  1767  hatte  Beckers 
Frau,  eine  Tochter  des  Dr.  med.  Ebert  zu  Marburg,  welche  hauptsächlich  den 
verkommenen    Haushalt    Beckers    verschuldet    hatte,    mit   Einverständnis    ihres 
Mannes  die  Schulstelle  zu  Bärstadt  für  50  Gulden  verhandelt.     Infolge  Berichts 
des  Konsistoriums  vom  14.  Juli  1767  forderte  der  Geheimrat  das  Konsistorium 
zu  Bericht,    ob  nicht    wegen  Beckers    bedenklichem   und   anstössigem  Betragen 
das  Inspektorat  einem  Anderen  zu  übertragen  sei.     Nach  weiterem  Bericht  des 
Reservatenkommissars  Gössel  vom  28.  Juli  und  des  Konsistoriums  vom  6.  Nov. 
wurde  durch  Extrakt  Geh.  Rats-Protokolls  vom  24.  Nov.  1767  dem  Konsistorium 
aufgegeben,  den  Inspektor  Becker  wegen  Schulkrämerei  und  anderer  ungebühr- 
lichen Unternehmungen  zu   entlassen,    ihm  die  Litteralien  abzunehmen  und  die 

"",  .Jüli.    Herrn.    Ruppersberg,    Superintendent   zu  Marburg,    Hess.    Kirclien-Xachr. 
Fol.  411.    Mscpt. 


ii);;       — 


Wahl  eines  audcreu  luspcktors  der  Verfassung  gemäss  zu  veranstalten/^)     Das 
Konsistorium    vollzog    diesen    Auftrag    durch    Schreiben    an    den    Reservaten- 
kommissar   Gössel    (30.  November).'"")      Als    dieser    am    7.  Dezember    die  I-]ut- 
lassung   vollzielien    und    die    Litteralien    abnehmen    wollte,    kam  Beckers  Frau 
dazu,  fing  allerlei  Disputationen  an,    zog  den  Schlüssel  aus  der  Repositur  und 
ging  damit  auf  die  Festung  zum  Gouverneur  Heinrich  Wilhelm  von  Wutgeuau. 
Darüber   verging    der  Yormittag.     Der  Schlüssel    wurde    zwar    endlich    wieder 
beigebracht,    doch    begab    sich  uachmittags  auch  Becker  zum  Gouverneur,     Es 
konnte  daher  die  Übergabe    nicht   geschehen.     Gössel    stellte  eine  Schildwache 
au  die  J\,ei)ositurkammer.     Am  8.  Dezember  erklärte    sich  der  Inspektor  durch 
den   Diakonus    Ebenau    und    zwei  Kirchenälteste    zur  Übergabe   bereit,    worauf 
die  Littcralien    in    4  Kisten    auf    das  Stifts-  und    Hospitalarchiv   gebracht,    die 
Schildwache    zurückgezogen  wurde    und  Becker   um  Verzeihung    der   gestrigen 
ungebülu-lichen  Reden  bat.    Ob  die  Untersuchung  formell  richtig  geführt  worden 
ist,  ist  zweifelhaft.     Becker  schreibt  an  den  Landgrafen:  „Gott  ist  mein  Zeuge, 
dass  ich  mir  dergleichen  nie  habe  zu  Schulden  kommen   lassen,    gleichwie    ich 
denn    auch   zur   gebührlichen  Justifikation    so    wenig,    als    gehörigen  Vernehm- 
lassung  gezogen    und    resp.  vorgefordert";    auch    sei    ihm  eine  copia  protocolli 
gänzlich  versagt  worden,   er  zweifele  nicht,    dass  eine  Revision  seine  Unschuld 
ergeben  werde.     Das  Konsistorium  wurde  darüber  22.  Dezember  1767    zu  Be- 
richt  gefordert.      Nachgehends    bekannte   Becker    (23.  Januar  1768)    in    einem 
Schreiben    an  den  Landgrafen    seinen  Fehltritt,    durch  den  er   seine  Frau    und 
Kinder    unglücklich    gemacht    und    bat   um  Restitution   oder  doch  um  Berück- 
sichtigung   bei  einer  Vakanz.     Auch    seine    Frau   bat    um  Verzeihung,    da    ihr 
Mann  erst   zwei  Tage    nachher  von   ihrem  Handel  Kenntnis   erhalten   und    am 
Tage  nach  seiner  Entsetzung  zum  Zeugnis  seiner  Unschuld  das  hl.  Abendmahl 
empfangen   und    bat   um    Restitution.     Sie    wurde    vom    Konsistorium    an    den 
höheren  Ort  verwiesen  (3.  Februar  1768).     Becker  wurde  schon  im  Jahre  1768 
wieder  angestellt  als  lutherischer  Pfarrer   zu  Karlshafen,    wo  er   14  Tage  nach 
dem  Tode  seiner  Frau  am  9.  Mai  1772,  71  Jahre  alt,  starb. 

Von  seinen  Söhnen  war  Karl  Becker,  welcher  als  Feldprediger  1781 
mit  den  Hessen  nach  Amerika  zog,  1774  Pfarrer  zu  St.  Goarshausen,  1785 
zu  Bornig,  f  20.  Oktober  1805;  Peter  Becker  1781  Pfarrer  zu  St.  Goarshausen, 
wurde,  weil  er  seine  Magd  geschwängert  und  vorgeblich  ausser  Landes  ge- 
heiratet, 4.  März  1803  kassiert,  jedoch  von  dem  französischen  Konsistorium  1808 
zum  Pfarrer  zu  Langen-Schwalbach  bestellt,  y  1813. 

Um  die  Inspektorstelle  meldete  sich  der  in  den  Hofkrciscn  angesehene 
Metropolitan  Philipp  Leonhard  Stausebach  zu  Frankenberg,  früher  Feldi)rediger, 
mit  der  Bitte,  ihn  dem  geistlichen  Ministerium  und  Rat  Gössel  für  die  ^^  ahl 
zu  empfehlen  (2.  Januar  1768).  Derselbe  kam  jedoch  nicht  in  Betracht.  Vom 
Geheimen  Rat  wurde  am  5.  Januar  dem  Konsistorium  und  von  diesem  am  7.  Januar 


«■■')   Nach    einer   damals   zwischen    den    nassanischeii    Kanzleien    geführten    Verlinndluni: 
hatte  das  Kousistuiiuni  die  (.iutachtcn  von  drei  Faknltäten  eingeholt. 
'"")  Vilniar,  Komotion  Hess.  Pfarrer  1867,  S.  25. 


—    1  :)4    — 

dem  Rat  Gössel  die  Besclileunigung  der  Wald  aufgegeben.  Letztere  fand 
14.  Januar  statt.  Die  drei  Definitoren  Gust.  Christoph  Lauber,  Joh.  Dan. 
Boller  und  Joh.  Dietr.  Wagner  brachten  die  daraus  hervorgegangenen  „ge- 
lehrten, frommen  und  friedfertigen  Subjekte",  den  Pfarrer  und  Defiuitor 
Konrad  Kasimir  Werner  zu  Ruppertshofen  und  den  Pfarrer  Mag. 
Philipp  Konrad  Otto  zu  Nochern,  welche  „vor  auswärtigen  subjectis"  die 
Verhältnisse  am  besten  kannten,  in  Vorschlag.  Werner  hatte  19,  Otto  15, 
Boller  und  Wagner  je  12  Stimmen.  Um  dem  alten  Werner  den  Rang  abzu- 
laufen, wendete  sich  Otto  an  das  Konsistorium  und  versprach  „an  den  ihm 
geraachten  Auflagen  nicht  das  geringste  ermangeln  zu  lassen,  während  Werner 
schon  seit  9  Jahren  seinen  Sohn  als  Adjunkt  habe  und  aus  Verwandtschafts- 
rücksichten gewählt  sei"  (16.  Januar).  Gleichzeitig  beschwerte  und  bewarb 
sich  Birckenhauers  Witwe  für  einen  ihrer  Söhne,  an  deren  Studium  sie  ihr  Ver- 
mögen gehängt,  denen  aber  Becker  jüngere  Bewerber  vorgezogen,  um  die 
Pfarrei  Ruppertshofen,  wo  seit  74  Jahren  lauter  Werner  gewiesen  und  da 
Werner  seinen  seit  9  Jahren  adjungierten  Sohn  nach  St.  Goar  mitnehmen 
werde  (21.  Januar).  Das  Konsistorium  entschied  sich  für  Otto,  der  20  Jahre 
im  Amt  und  in  seinen  besten  Jahren,  hingegen  der  emeritus  Werner  mehr  als 
40  Jahre  im  Amte  und  seit  1759  seinen  Sohn  als  Adjunkt  und  seit  5  Jahren 
cum  spe  succedendi  erhalten  habe  (23.  Januar).  Vom  Geheimen  Rate  wairde 
Otto,  „der  mit  in  ohnmasgeblichen  Vorschlag  gebracht",  am  26.  Januar  1768 
bestellt  und  dem  Konsistorium  wegen  anderweiter  Plazierung  Becker's  zu  be- 
richten aufgegeben. 

18.  Mag.  Philipp  Konrad  Otto  (1768—1802)  war  als  Sohn  des 
seit  1710  zu  Kochern  gestandenen  und  9.  März  1768  verstorbenen  Pfarrers 
Joh.  Christian  Otto,  8.  April  1727  geboren,  besuchte  die  Schule  zu  Idstein, 
1746_1748  die  Universität  Wittenberg,  wo  er  Magister  wurde,  18.  Januar  1749 
Gehilfe  seines  Vaters,  26.  Januar  1768  Inspektor,  wurde  als  solcher  im  Auf- 
trag und  Namen  des  Konsistoriums  vom  Rate  Gössel  18.  April  verpflichtet  und 
27.  April  1768  in  Beisein  des  hessischen  Gouverneurs  eingeführt.  Er  war  seit 
110  Jahren  der  erste  Inspektor,  der  aus  der  Niedergrafschaft  gebürtig  war. 
Im  Jahre  1799  feierte  er  sein  öOjähriges  Jubiläum,  wobei  ihm  die  Definitoren 
mit  einem  Gedichte  gratulierten,  f  11.  Mai  1802,  alt  75  Jahre  1  M.  3  Tage. 
Während  seiner  Amtszeit  wurde  1774  statt  des  Spener'schen  Katechismus 
der  Jakobische  und  1783  statt  des  alten  Marburger  Gesangbuchs  das  verwässerte 
Casseler  Neue  luth.  sog.  Waisenhaus-Gesangbuch   in  der  Diözese  eingeführt. 

Infolge  der  Erneuerung  älterer  Prozesse  des  Stifts  zu  St.  Goar  wegen  des 
Eigentums  des  umfangreichen  und  wertvollen  Stadtwaldes,  welche  Otto  als 
Stiftsdekan  auf  Grund  alter  Urkunden  seit  1781  betrieb,  machte  er  sich  so 
missliebig,  dass  ilim  die  Bürgerschaft  die  Fenster  einwarf  und  seine  Mobilien 
zerstörte,  und  er  auf  die  Festung  Rheinfels  flüchten  musste.  Die  Klage  des 
Stifts  wurde  vom  Ober-Appellationsgoricht  zu  Cassel  12.  Dezember  1782  abge- 
wiesen.'")    Durch  die  Kriegsstürme  der  französischen  Republik  kamen  die  drei 

1"')  Grebcl,  Ücschiclite  der  Stadt  St.  Uour  1848,  S.  220. 


-     155     - 

linksrhcinisclieu  l'f'urroien  an  Fraukrcicli  (1705).  Otto  bcliiclt  y.wur  dio  In- 
spektion über  den  rechtsrhcioischoa  Teil  der  Diözese  und  die  von  demselben 
fälligen  Gefälle,  lobte  aber  infolge  des  Kriegs,  da  in  den  Jahren  17IJ1) — 1801 
alle  Gefälle  seciuestriert  waren,  in  Mangel  und  Dürftigkeit.  Seit  8  Jahren 
waren  keine  Kirchen-  und  Schulvisitationcn  mehr  gehalten,  auch  die  Pfarrer 
nicht  mehr  kirchlich  eingeführt  worden.'"-)  Nach  Otto's  Tod  wurden  seinen 
Erben  an  rückständiger  Besoldung  der  rechtsrheinischen  Gefälle  Casselischer 
Seits  200  Thaler  zuerkannt  (2.  Juli  1803). 

Von  Otto's  Söhnen  war  a)  Wilh.  Eberhard  Otto  1784  Adjunkt  des 
Pfarrers  Kobbeus  zu  Niedcr-Tiefenbach,  1793  Pfarrer  zu  Patersberg,  f  1819; 
b)  Joh.  Christian  Otto,  1769  Diakonus  zu  St.  Goar,  ging  in  das  republikanische 
Lager  über  und  gab,  als  die  Franzosen  die  fürstlichen  Möbel  des  Schlosses 
Rheinfels  verkauften,  den  Ausrufer  ab,  weshalb  Jiessischer  Seits  seine  Rückkehr 
nach  Hessen  verboten  wurde,  er  wurde  jedoch  auch  von  der  republikanischen 
französischen  Regierung,  „weil  er  sich  etwas  weiter  gewagt,  als  Klugheit  und 
Vorsicht  erlaubten"  für  einige  Zeit  bis  zum  Juni  1803  suspendiert'"^),  c)  Christian 
Nicolaus  Otto  hatte  1783 — 1785  zu  Rinteln  studiert,  wurde  1793  seinem  Vater 
adjungiert  und  nach  dessen  Tod  ihm  die  Rückkehr  und  Bewerbung  in  Hessen 
freigestellt.    Derselbe  machte  jedoch,  soviel  ersichtlich,  keinen  Gebrauch  davon.'"') 

Nach  Otto's  Tod  beauftragte  das  Konsistorium  den  ältesten  Definitor  Wilh. 
Helfrich  Ebenau  zu  Nochern  mit  den  Inspekturgeschäften,  welche  derselbe 
schon  8  Jahre  lang  diesseits  des  Rheines  besorgt  hatte,  mit  der  Auflage,  sich 
die  Akten,  Rechnungen  und  Litteralien  aus  der  Repositur  von  dem  Sohne  des 
Verstorbenen  nach  und  nach  und  ohne  Aufsehen  zu  erregen ,  zuliefern  zu 
lassen  und  über  den  Rhein  herüberzuschaffen.  Dasselbe  gab  gleichzeitig  dem 
obigen  Pastor  extr.  Christian  Nicolaus  Otto  laut  einer  Anordnung  an  seinen 
Vater  vom  12.  April  1802  auf,  die  Akten  an  Ebenau  abzuliefern.  Als  näm- 
lich der  Inspektor  Otto  um  die  Weiterzahlung  seines  Gehalts  vom  rechten 
Rheinufer  bat,  wurde  ihm  diese  zwar  zugestanden,  jedoch  auf  Antrag  der 
Sequestrations-Kommission  aufgegeben,  das  Superintendenturarchiv  über  den 
Rhein  nach  St.  Goarshausen  zu  schaffen  und  dasselbe  dort  unter  seinem  Ver- 
schluss zu  halten,  weil  dasselbe  sonst  von  der  französischen  Regierung  zurück- 
behalten und  ein  Recht  zu  fernerer  Besoldung  des  ersten  lutherischen  Pfarrers 
zu  St.  Goar  gegen  Hessen  geltend  gemacht  werden  könnte  (12.  und  26.  April  1802). 
Ehe  die  Anordnung  vollzogen  war,  starb  Otto.  Ebenau  berichtet  29.  Mai,  dass 
er  diesem  Befehl  nachleben  und  dieses  mit  vielen  Hindernissen  und  Gefahren 
verbundene  Geschäft  verrichten,  und  wenn  es  glücklich  vollendet,  berichten 
werde.  Ein  Bericht  über  den  Vollzug  liegt  zwar  nicht  vor,  doch  schreibt  er 
in  seinen  „Zuverlässigen  Nachrichten":  „Dieses  that  er  auch",  und  der  obige 
Pfarrer  Wilhelm  Eberhard  Otto  zu  Patersberg  berichtet  o.  Mai  1803,  dass  sie, 
Otto's  Kinder,    die  HerüberschafFung   des  Archivs    meistens  veranstaltet  hätten. 


^"-)  ßericlit  des  Inspektors  Ebciifiu,  2'J.  .Mai   ISUli. 
^^^)  Aus  Ebemius  Zuverl.  Xnclirieliteii. 

104 


')  Kons.-Bcsclü.  3.  Aug.  1802. 


—    löli    — 

Es  ist  darnach  kein  Zweifel,  dass  das  umfangreiche  Arcliiv  des  lutherischen 
Superintendenten,  über  dessen  Verbleib  noch  ein  Dunkel  schwebt,  1S02  nach 
Nocherii  herübergeschafft  worden  ist."'^) 

Im  Jahre  1690  enthielt  das  Archiv  62  Haupteonvolute  und  10  Packete 
alter  Briefe:  2sr.  1 — 3  Perganientbücher  über  die  Pfarreion  und  Schulen,  ihre 
Güter,  Kollaturen,  Tisitationen,  Xr.  4  Hartmauns  Diarium,  Xr.  6  das  Stift 
St.  Goar,  Xr.  7  Vorstellung  uud  Aufzug  der  Superintendenten,  Xr.  8  Amt, 
Forum  und  Strafen  der  Geistlichen.  Jurisdiction  des  Reservatenkommissars, 
Xr.  9—13  Kirchensachen  von  St.  Goar,  Xr.  14  Stipendien,  Kanonikate,  Legate, 
Kollekten,  Xr.  15  Synoden,  Xr.  16  Streitigkeiten  der  beiden  protestantischen 
Religionsparteien,  Nr.  17  Fürstliehe  Verordnungen  und  Verträge,  Nr.  18 — 24 
Buss-  und  r^ettags-  und  Fürbittenausschreiben  für  das  kaiserliche  und  fürst- 
liche Haus,  X'r.  25 — 60  Akten  der  einzelnen  Pfarreien  (alphabetisch),  darunter 
auch  die  der  Darmstädtischeu  Diözesen  Braubach  und  Eppstein  (54 — 59)  und 
der  Cölnischen  Stadt  Rhens  (60),  Nr.  61  Kandidatensachcu,  Xr.  62  Ver- 
schiedenes."*') 

Auf  Antrag  des  Konsistoriums  vom  19.  Juni  und  Beschluss  des  Geheimen 
Rats  vom  29.  Juni  1802  sollten  unter  den  veränderten  Umständen  die  Prediger 
nach  Langen-Schwalbach  berufen  und  bedeutet  ^Yerden,  wegen  Ausfalls  der 
Pfarrei  St.  Goar  ihre  Wahl  auf  solche  Subjekte  zu  richten,  welche  eine  Pfarr- 
stelle in  der  Xiedergrafschaft  bekleideten.  Gleichzeitig  erfolgte  eine  anderweite 
Festsetzung  des  Gehalts.  Die  Besoldung  vom  linken  Rheinufer  wurde  ganz 
abgetrennt.*"')  Das  Einkommen  der  lutherischen  Pfarr-  und  Inspektorstelle  zu 
St.  Goar  war  im  Jahre  1760  zu  440  Thaler  22  Alb.  4  Hlr.  veranschlagt. 
Davon  blieben  1795  auf  dem  rechten  Rheinufer  280  Thaler  20  Alb.  6  Illr. 
Die  Besoldung  des  künftigen  Inspektors  wurde  auf  250  Thaler  aus  den  rechts- 
rheinischen Stifts-  und  anderen  Casselischen  Gefällen  festgesetzt'"*)  und  dieser 
Gehalt  durch  Allerh.  Reskript  vom  15.  März  1803  dem  neuen  Inspektor  von 
der  Zeit  an,  wo  die  Witwenkasse  im  Bezüge  aufhöre,  bewilligt.  Ausserdem 
bezog  der  Inspektor  aus  hessen-roteuburgischen  Kassen  32\'l>  Thaler  und  12 
Malter  Hafer,  welche  der  Rescrvatcukommissar  Zipf  im  März  1805  bei  der 
Oberrentkammer  an  obigen  250  Thalern  zu  kürzen  vergeblich  beantragte  und 
damit  einen  neuen  Beweis  lieferte,  von  wie  geringem  Wohlwollen  die  Reser- 
vatenkommissare gegen  die  Kirche  und  ihre  Diener,  die  sie  regieren  sollten, 
erfüllt  waren.*"') 


'"^)  Der  frühere  Superintendent  Hegemaun  zu  St.  Goar  teilte  mir  1875  mit,  dass  es  ilim 
unerklärlicii  sei,  dass  das  Archiv  zu  St.  Goar  so  sehr  dürftii^  sei  nnd  <3;ar  keine  Akten  ü})cr 
die  Diözese  enthalte.  Die  obige  Darstellung  klärt  diese  Dürftigkeit  auf,  wenn  auch  meine 
weiteren  Naclifoi-schungen  über  den  Verbleib  dos  Archivs,  das  zunächst  bei  der  Pfarrei  oder 
dem  Dekanate  Nastütten  zu  suchen  sein  sollte,  bis  da  ohne  Erfolg  geblieben  sind. 

'*'*)  Aus  den  obigen   liestallungsakten  des  Staatsarchivs   zu  Coblenz. 

"*^)  p:xtr.  Geh.  R.  Prot.  24.  Sept.  1802. 

'"")  E\tT.  Geh.  K.  Prot.  8.  Febr.  1803.  Akten  der  hess.  Sequestrationskommission  und 
Ubcrrentkammer  zu  Cassel,    die  Bestallung  und   Mosoldung    de^s  luther.  Kircheninspektors  betr. 

""*)  Die  Oberrentkainmer  fragte  16  März  bei  dem  Konsistorium  und  dieses  bei  dem 
Inspektor  Ebenau  an,  welcher  berichtete:  „dass  diese  feindselige  Denunziation  in  der  Absicht, 


--    \'ü    — 

Am  11.  Februar  1803  erhielt  Zipf  den  Auftrag,  die  Pfarrer  zur  Walil 
nach  Langen-Schwalbach  zu  berufen.  Auf  Antrag  des  Definitors  Joh.  Theodor 
Werner  wurde  jedoch  die  Wahl,  wie  frülier,  zu  Nastätten  am  HO.  März  ISO.'i 
vorgenommen.  Es  bewarb  sich  auch  der  frühere  Mihtärprediger  und  damalige 
Pfarrer  zu  Ober-Walmenach  Joh.  Christian  Willi.  Schwartz,  „ein  Fremdling  in 
der  JNiedergrafschaft,  ohne  Weib,  Kinder,  Bruder  uiul  daher  isoliert  von  aller 
Verwandtschaft,  ein  redlicher  und  unbefangener  Mann",  um  die  Wahl."")  Ge- 
wählt wurden  der  I'farrer  Willi.  Helfrich  Ebenau  zu  Nochern  und  der 
Defiuitor  Willi.  Metz  zu  ifohenstein  und  der  erstere  vom  Konsistorium  zur 
Bestätigung  empfohlen  (14,  April  1803). 

19.  Wilhelm  Helfrich  Ebenau  zu  Nochern  (1803—1806)  aus  einer 
seit  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  im  Pfarramte  in  der  Niedergrafschaft 
stehenden  angesehenen  Familie  aus  Giessen"'),  Sohn  des  Pfarrers  Joh.  Friedr. 
Ebenau  zu  Ober-Walmenach,  geb.  14.  Januar  1733,  studierte  zu  Idstein  und 
Rinteln,  seit  21.  September  1755  Adjunkt  seines  Vaters,  9.  November  175t') 
Diakonus  zu  St.  Goar,  wo  er  bei  der  grossen  Pulverexplosion  21.  August  1759, 
durch  welche  41  Menschen  umkamen,  50  Schritte  weit  weggeschleudert  und 
betäubt  wurde,  aber  doch  wie  durch  ein  Wunder  mit  dem  Leben  davon  kam, 
und  auch  den  grossen  Brand  14.  April  1761  erlebte,  wurde  21.  Juli  1769 
Pfarrer  zu  Nochern,  14.  Oktober  1785  auch  Definitor  der  rheinfelser  Klasse, 
19.  April  1803  als  Inspektor  landesherrlich  bestätigt.  Er  wurde  ohne  kirch- 
liche Einführung  zufolge  Auftrags  des  Konsistoriums  an  den  Reservaten- 
kommissar Zipf  von  diesem  9.  Juni  1803  verpflichtet  und  5,  Juli  zu  Nastätten 
den  Pfarrern  vorgestellt.  Ebenau  war  bereits  70  Jahre  alt  und  feierte  1805 
sein  Jubiläum,  f  30.  Juli  1806.  Seiner  Witwe  wurde  das  Stcrb-  und  Gnaden- 
quartal bewilligt.  Eine  Frucht  kirchlicher  Arbeit  und  Treue  der  Familie  Ebenau 
ist  die  von  Strieder"-)  erwähnte  handschriftliche  Pfarr-Chronik  „Zuverlässige 
Nachrichten",  welche  Johann  Friedrich  Ebenau  begonnen,  der  Inspektor  Willi. 
Helf.  Ebenau  am  12.  Juli  1797  vollendet,  dann  aber  dessen  Sohn  Friedr.  Willi. 
Ebenau,  späterer  Kirchenrat  zu  Nochern,  fortgesetzt  hat  und  wovon  eine  Ab- 
schrift sich  dermalen  im  Königl.  Staatsarchive  zu  Wiesbaden  befindet. 

Nach  Ebenaus  Tod  wurde  der  alte  Definitor  Joh.  Theodor  Werner  zu 
Ruppertshofen  mit  dem  Inspektorat  für  die  Vakanzzeit  am  7.  August  1806 
beauftragt;  er  versah  dasselbe  bis  zum  7.  Dezember  1806.  Auf  Antrag  des 
Konsistoriums  und  Beschluss  des  Geh.  Rats  vom  19.  August  1806  wurde  die 
Wahl  nach  Langen-Schwalbach,  jedoch  auf  Widerspruch  Werner's  der  Gencral- 


deiu  Iiispoktor  zu  schaden,  sicli  selbst  aber  durch  leere  Vorspiegelungen  liühero  Gunst  zu  er- 
schmeicheln", eine  nngegründetc  Anzeige  sei  und  die  Stifts-  und  Kotcnburgischon  üetallo  ganz 
getrennte  Fonds  und  olmo  Zusammenhang  seien  (4.  Mai  18UJ). 

"")  Schwartz,  gebürtig  aus  Cassel,  war  1792  Feldpredigor  der  Hessen  in  Frankreich, 
1795  Pfarrer  zu  Ober-Walmenach,  j  21.  .Inni   1808. 

'")  Joli.  Heinrich  E.  wurde  als  Adjunkt,  Nachfolger  und  Eidam  des  Pfr,  Simon  1-co 
zu  Marienfels  9.  l'ebr.  1660  ordiniert. 

"')  Strieder  11,  S.  80.  Die  Chronik  gründet  sicli  für  das  16.  u.  17.  Jahrhundort  auf 
Christianis  Memoriale,  enthält  jedoch  auch  inancherleiigk  Unrichtoiten. 


—    i:)8 

konvent,    wie   herkümnilich,    nach   NastüUeu   auf   den  21.  Oktober    anberaumt. 
Eine  geradezu  schülerhafte  Behandlung  hatte  der  Reservatcukommissar  Arstenius 
den  Geistlichen  zugedacht.     Derselbe  stellte  dem  Konsistorium  vor,  die  Pfarrer 
der    Niedergrafschaft    seien     alle    mit    einander    verwandt    und    bildeten    eine 
Familie,    es   könne  daher  wohl    die  Wahl    auf  einen  solchen  Mann  fallen,    der 
wegen  Leibes-  und  Geistesschwachheit  nicht  die  nötigen  Fähigkeiten  habe;    er 
beantragte  daher,    ihm  aufzutragen,    die  Stimmen   zu  sammeln    und  von  jedem 
AVähler  die  Gründe  der  Wahl  zu  Protokoll  zu  nehmen,  damit  das  Konsistorium 
entscheiden  könne.     Das  Konsistorium   lehnte  jedoch   eine   solche  ehrenrührige 
Behandlung  der  Geistlichen  ab  und  beliess  es  bei  dem  Herkommen  (5.  Sept.). 
Gewählt  wurden  der  Pfarrer  J  oh.  Daniel  Hartz  zu  Diethard,  62  Jahr  alt, 
und  Ebenaus  Sohn,    Friedrich    Wilhelm   Ebenau"')    zu   Nochern,    40 
Jahr  alt.     Hartz  hatte   1   Stimme  mehr.     Die  drei  Defiuitoren  Joh.  Friedr.  Karl 
Rhod    zu  Nieder-Bachheim,    Heinr.  Ludw.  Metz    zu  Hohenstcia    und    Joh.  Chr. 
Wagner  zu  Bärstadt  baten    in    einer  gründlichen  Darlegung  (25.  Oktober)   bei 
dem  Konsistorium  um  Bestätigung  Ebenau's,  weil  diese  Stelle  wegen  der  vielen 
damit  verbundenen  Arbeit  nicht  geeignet  sei,  als  Belohnung  vieljähriger  Dienste 
zu  gelten,    sondern  einen  Mann  von  Geistes-  und  Körperkräften  erfordere,    um 
sie  mit  Würde  bekleiden  zu  können.     Ebenau   sei   gut  geschult  und  schon  bei 
seines  Vaters  Wahl  in  Betracht  gezogen,  gleich  weit  entfernt  von  Unerfahren- 
lieit,    wie  von  Erschlaffung    des  Alters  und   habe   solche  Geistes-    und  Körper- 
bildung, dass  er  viel  Gutes  wirken  könne.    Sie  baten,  beide  Gewählte  vor  dem 
Konsistorium  über  ihre  Würdigkeit  zu  prüfen.    Auch  beide  Gewählte  bewarben 
sich  in  Cassel   um  die  Bestätigung,    Hartz    sogar    bei    dem  Kurfürsten    selbst: 
Ebenau  sei  jung  und  durch  die  Pfarrei  Nochern  genügend  versorgt.     Er  stellte 
seine  von  den  Vaterlaudsfeinden    erfahrenen  Gewaltthaten,    Kontributionen  und 
Requisitionen  auf  seiner   früheren  Stelle  Pfalzfeld  vor,    w^odurch  er  namenlosen 
Schrecken  gehabt  und  sein  erspartes  Vermögen  verloren;    durch  die  Inspektor- 
besoldung werde  er  seine  6  Kinder  besser  versorgen  können.     Seinen  Patriotis- 
mus und  seine  Verluste  durch  die  Franzosen  und  etliche  zu  denselben  gefallene 
Pfarrkinder  Hess  er  sich  durch  den  hessischen  Kanzleirat  und  Amtmann  Wächter 
zu    St.    Goar    bescheinigen.      Hartz    war    kein    ganz    ehrenwerter    Charakter. 
Ebenau  war  würdiger  und  tüchtiger.     Dieser  erbot   sich  zu  einer  Prüfung  und 
zur  Erlangung   der  Magisterwürde,    Hartz    sei    infolge    von  Familienverbindung 
gewählt,  gehöre  zu  den  wohlhabendsten  Pfarrern  und  sei  seit  seinem  23.  Jahre 
vom  Glücke  begünstigt.     In  Cassel    suchte    man    durch   einen  Ausweg  um  die 
Entscheidung  herumzukommen.     Der  Ausweg    war   allerdings   geradezu  dumm. 
Zufolge   einer  höchsten  Order  forderte  das  Konsistorium  am  31.  Oktober  ISOü 
den  Reservatenkommissar  Arstenius  auf,  die  Pfarrer  zu  vernehmen  und  zu  be- 
richten,   warum    die  Defiuitoren    bei    der  Wahl  übergangen   seien.     Jedoch  am 
1.  November  1806  hatte  auf  Anordnung  Napoleons  der  junge  Kurstaat  Hessen 


"•'j  Fr.  AVilli.  Ebenau,  gob.  zu  Ht.  Guar  ü.  Jan.  17(57,  studierte  zu  Idstein  und  Rin- 
teln, 1793  Gehilfe  des  l'tr.  Ebenau  zu  Kieder-Mcilingen,  IG.  Febr.  1794  ordiniert,  1797  Ad- 
junkt seines  Vaters  zu  Nochern,  1803  Pfarrer  zu  St.  Goarshausen,  1806  zu  Nochern,  Jubilierte 
16.  bezw.   18.  Febr.    1844  in  der  Kirche,  wurde  Kirchenrat,  f  30.  Mai   1844. 


—     159     - 

aufgehört.  Sofort  bewarb  sich  Hartz  bei  den  „Vaterlandsfeinden"  um  seiue 
Bestätigung,  welche  der  französische  Administrator  Pietsch  nach  Anliöriing  des 
Reservatenkommissars  Arstenius  am  4.  Dezember  180G  bereitwillig  erteilte  und 
dem  Konsistorium  zu  Cassel  mitteilte. 

20.  Joh.  Dauielllartz  zu  Diethard  (180G  — 1818),  Sohn  des  Pfarrers 
Nie.  Hartz  zu  Pfalzfeld,  geb.  4.  Febr.  1744,  besuchte  die  Schule  zu  Trarbach, 
studierte  zu  Rinteln  unter  Schwarz,  Plitt  und  Chrysander,  wurde  11.  Jan.  17(17 
Adjunkt  seines  Vaters,  1770  dessen  Nachfolger,  4.  Nov.  1795  Pfarrer  zu  Diet- 
hard, hatte  bereits  180G  seinen  Sohn,  später  seinen  Eidam  Kirsch  zum  Adjunkt, 
1817  Kirchenrat,  behielt  bei  der  anderweiteu  kirchlichen  Organisation  1818 
seine  Würde  und  Gehalt  in  seiner  Eigenschaft  als  Dekan  des  Dekanats 
Nastätten,  wurde  1833  emeritiert  und  starb  in  dem  hohen  Alter  von  90  Jahren 
zu  Dörsdorf  im  Jahre  1834. 

Nach  der  Herstellung  des  Kurstaates  bat  Hartz  18.  Dezember  1813  bei 
dem  Kurfürsten  und  Konsistorium  zu  Cassel  um  Bestätigung  in  seinem  Amte. 
Es  sprachen  sich  zwar  alle  Räte  des  Konsistoriums  für  ihn  aus,  doch  fuhr  das- 
selbe jetzt  genau  da  fort,  wo  es  am  letzten  Tage  des  Kurstaates,  31.  Okt.  1806, 
stehen  geblieben:  es  sei  der  vom  Reservatenkommissar  Arstenius  am  31.  Okt.  180G 
erforderte  Bericht  noch  nicht  eingegangen,  daher  zu  erinnern  und  zu  erstatten 
(2.  Februar  1814),  Auch  bei  Arstenius  suchte  Hartz  am  10.  Februar  1814 
um  Befürwortung  seiner  Bestätigung  nach.  Alle  im  Jahre  1806  im  Amte  ge- 
standenen Pfarrer  mussten  sich  daher  wirklich  wegen  ihres  damals  ausgeübten 
Wahlrechts  rechtfertigen  und  wegen  Übergehung  der  Definitoren  entschuldigen. 
Es  wurde  damit  die  von  Arstenius  den  Geistlichen  zugedachte  Behandlung 
schliesslich  vom  Konsistorium  adoptiert. 

Arstenius  legte  seinem  Berichte  (4.  März)  diese  Rechtfertigungsberichte 
der  Pfarrer  bei.  Diese  beriefen  sich  teils  auf  ihr  freies  Wahlrecht,  auf  das 
hohe  Alter  und  ausdrückliche  Ablehnung  der  Definitoren,  oder  —  so  Hartz 
selbst  —  dass  vor  1803  niemals  ein  Definitor,  1768  aber  sogar  ein  Adjunkt 
gewählt  worden.  Der  Pfarrer  Heinr.  Ludw.  Metz  zu  Hohenstein  berichtet 
ausser  diesen  Gründen:  „die  Würdigkeit  des  Hartz,  der  damals  auch  schon  alt 
gewesen  und  einen  Gehilfen  gehabt,  sei  w^eniger,  als  die  der  Definitoren  zu 
verteidigen.  Die  Wahl  desselben  gereiche  dem  geistlichen  Ministerium  nicht 
sonderlich  zur  Ehre.  Die  Präsentation  desselben  sei  nicht  seine  Schuld  und 
habe  er  sich  nicht  fremder  Sünden  teilhaftig  gemacht.  Bei  einer  künftigen 
Wahl  könne  er  nicht  auf  die  unter  den  Auspizien  des  von  der  französischen 
Administration  angestellten  Inspektors  Hartz  kreierten  Definitoren  stimmen" 
(1.  März).  Der  Pfarrer  Glatzau  zu  Holzhausen  a.  d.  H.  berichtete,  dass  er  die 
Definitoren  Werner  und  Wagner  als  würdige  gewählt;  es  sei  aber  die  ärger- 
liche und  den  Predigerstand  herabwürdigende  Gewohnheit  eingerissen,  dass 
Werber  ausgeschickt  würden,  die  Stimmen  zu  sammeln  mit  dem  Yersprecheu 
besonderer  Vergünstigungen  bei  Vakanzen.  Arstenius  berichtete  dann,  dass 
die  Pfarrer  freies  Wahlrecht  hätten  und  die  Definitoren  zu  alt  gewesen. 
Das  Konsistorium  war  nicht  ganz  einig.  Während  der  Konsistorialrat  Ernst 
äusserte,    dass    „Ebenau  jun.    nicht    im    besten  Lichte    erscheine",    meinte    der 


—     100     — 

General-SuperiuteDclent  Dr.  Rominel  dagegen,  ,,dass  die  Sache  sich  etwas 
anders  verlialte,"  Die  freimütige  Äusserung  des  Pfarrers  Metz  aber  war  für 
die  hierarchischen  Ohren  eines  Konsistoriah-ats  ein  sokdier  Misston,  dass  der- 
selbe sie  für  hassenswert  erkhirte.  Das  Konsistorium  trug  am  15.  Mai  1814 
auf  Bestätigung  des  Hartz  bei  dem  Kurfürsten  au. 

Hartz  hatte  schliesslich  noch  einen  widerhcheu  Streit  mit  dem  alten 
Definitor  Job.  Theodor  Werner  über  den  diesem  für  Versehung  der  Inspektur- 
geschäfte  während  der  Vakanz  zugebilligten  Inspektorgehalt.  Laut  des  Reskripts 
an  den  Inspektor  Ebenau  vom  15.  März  1803  hatte  das  Konsistorium  auch  dem 
Werner  am  11.  September  1807  den  Gehalt  nach  Ablauf  des  Sterb-  uud 
Gnadenquartals  für  die  Zeit  der  Vakanz  (157  Thaler  24  Alb.  6  Hlr.  und 
4  Malter  Hafer)  und  ebenso  die  französische  Administration  am  21.  Februar  1807 
zugebilligt.  Letztere  hatte  den  Gehalt  für  4  Monate  au  Werner  zahlen  lassen, 
dann  aber  auf  Betreiben  des  Hartz,  weil  der  älteste  Definitor  die  Inspektur- 
geschäfte  eo  ipso  und  gratis  versehen  müsse,  am  11.  April  1807  die  Vergütung 
dem  Werner  abgesprochen  und  diesen  den  Betrag  zurückzahlen  lassen.  Das 
Konsistorium  zu  Cassel  verfügte,  dass  von  einer  unentgeltlichen  Versehung 
keine  Rede  sein  könne  und  dass  der  Nachfolger  (Hartz)  das  Sterb-  und  Gnaden- 
quartal tragen  müsse  (16.  Oktober  1807)."^)  Dasselbe  wies  daher  den  Hartz 
an,  nunmehr  diese  Vergütung  an  Werner  zu  leisten  (6.  Sept.  1814).  Hartz 
erhob  jetzt  gegen  den  alten  Werner  die  schändliche  und  erlogene  Beschuldigung, 
dass  dieser,  um  die  Ehre  und  Einkünfte  der  Inspektur  möglichst  lange  zu  ge- 
niessen,  die  Inspektorwahl  im  Jahre  1806  verzögert  habe.  Werner  wies  zwar 
den  Ungrund  dieser  Verleumdung  nach,  indessen  leistete  Hartz  auch  auf  eine 
weitere  Konsistorialverfügung  keine  Zahlung,  sondern  appellierte  an  das  Ober- 
Appellationsgericht  und  verschwieg  und  behielt,  als  dieses  diese  Klage  als  ,,un- 
qualifizierbar"  am  18  Februar  1815  abgewiesen,  dieses  Resolut  mehr  als 
ö  Monate  zurück.  Auf  nochmalige  Klage  Werner's,  der  jetzt  auch  Kosten  und 
Verzugszinsen  verlangte,  gab  dasKonsistorium  wiederum  am  9  und  27.  Aug.  1815 
dem  Inspektor  Hartz  auf,  den  Werner  zu  befriedigen,  und  dem  Reservaten- 
kommissar, demselben  zur  Befriedigung  zu  helfen.  Jedoch  auch  Arstenius  ver- 
zögerte die  Ausführung,  liess  dem  Hartz  4  Wochen  Frist,  weil  noch  nicht  de- 
finitiv entschieden  sei,  und  gab  dem  Werner  am  23.  Dezember  1815  auf,  ein 
documentum  desertae  appellationis  vom  Ober-Appellations-Gericht  zuvor  beizu- 
bringen. Das  Konsistorium  forderte  nochmals  9.  März  1816  den  Reservaten- 
kommissar zum  Bericht.  In  demselben  Monat  starb  der  80jährige  Definitor 
Werner.  Diese  Sache,  mit  welcher  die  hessischen  Kirchenregimentsakten  der 
Niedergiafschaft  Katzenellenbogeu  schliessen,  lässt  erkennen,  warum  die  Defini- 
toren  im  Jahre  180G  gegen  die  Würdigkeit  des  Hartz  begründeten,  wenn  auch 
vergeblichen  Widerspruch  zu  erheben  für  Pflicht  erachteten. 


"^)  Es  borulito  dieses  mit'  L(m1  d .« ili  ose ,  Hess.   Kirelien-Kei'lit   ITS.",,  §  ;!-19  u.   X)9. 


161     — 


II.  Casselische  reformierte  Inspektoren   zu  St.   Goar  seit  1649. 

1.  Adolf  Fabriciuö  aus  Kotenbiirg,  geb.  19.  Jan.  1GÜ4,  studierte  \V)2'} 
zu  Basel,  besuchte  1626  Italien  und  Genf,  wurde  Sekretär  bei  dem  Land"iafen 
Moritz,  studierte  darauf  noch  Thoologie  und  besuchte  1629  England.  Dort  Hess 
er  sich  IG.  Juli  1033  vom  Bischof  von  Lincoln  nach  dem  Ritus  der  englischen 
Staatskirche  ordinieren,  ohne  dass  man  in  Hessen  an  dieser  Ordination  in  einer 
Kirche  des  Auslandes  damals  Anstoss  nahm.  Fabricius  stieg  jetzt  noch  höher 
in  fürstlichen  Gnaden,  kirchlichen  Ämtern  und  Ehren.  Er  wurde  10.  März  1634 
an  dem  Collegium  Mauritianum  zu  Cassel  immatrikuliert,  dann  Hofprediger  bei 
der  Landgräfin  Juliane,  deren  Söhne  Christian  und  Ernst  er  auf  Reisen  nach 
Italien  und  Frankreich  begleitete ;  nach  5  Jahren  wurde  er  wieder  Hofpredio-er 
der  Landgräfin  Juliane  bis  zu  ihrem  Tod  1643.  Im  Jahre  1646  begleitete  er 
den  Landgraf  Friedrich  von  Eschwege  nach  Schweden  zu  dessen  Vermählung 
mit  Eleonore  Katharina  von  Pfalz-Zweibrücken.  Als  Landgraf  Ernst  die  Nieder- 
grafschaft erhielt,  wurde  Fabricius  1649  Hofprediger  desselben  zu  Rheinfels 
und  führte  den  reformierten  Gottesdienst  am  1.  Adventssonntag  1649  in  der 
Stadtkirche  zu  St.  Goar  ein.  Nach  Landgraf  Ernsts  Übertritt  zur  katholischen 
Kirche  lebte  Fabricius  zwei  Jahre  zu  Witzenhausen,  wurde  1653  Metropolitan 
zu  Ilomberg  und  nahm  als  solcher  Teil  an  der  Synode  der  niederhessischen 
Kirche  zur  Umarbeitung  der  hessischen  Kirchenagende  von  1574,  f  7.  Febr.  1676. 
Schriftstellerisch  ist  Fabricius  nur  durch  Herausgabe  mehrerer  Leichen-  und 
anderer  Predigten  thätig  gewesen.''") 

2.  Johannes  Werner  aus  Homberg,  studierte  1639  auf  der  Akademie 
zu  Cassel,  war  gegen  Ende  des  dreissigjährigen  Krieges  Prediger  bei  der 
hessischen  Garnison  zu  Lippstadt  und  als  solcher  mit  dem  Landgrafen  Ernst 
bekannt  geworden."")  Ernst  trat  am  8.  März  1649  mit  ihm  in  Yerhandlnng, 
weil  ihm  „das  jus  praesentandi  zustehe",  zwecks  Berufung  zum  reformierten 
Prediger  zu  St.  Goar.  Weil  Lippstadt  in  hessischen  Händen  blieb,  verzögerte 
sich  die  Bestallung.  Landgraf  Ernst  präsentierte  unmittelbar  vor  seinem  Über- 
zug nach  St.  Goar  den  Werner  dem  Konsistorium  zu  Cassel  (25.  Juni  1649). 
Werner  versprach  bei  seiner  Bestallung  im  Revers  dem  Landgrafen  Wilhelm  VI. 
Treue  und  Gehorsam  und  nicht  von  seinem  Kirchendienste  abzustehen,  er  habe 
denn  ordentlichen  Urlaub  genommen  und  sei  seines  Dienstes  von  denen  ent- 
lassen, bei  welchen  die  Entlassung  stehe  (9.  Dez.  1649).  Man  wusste  demnach 
damals  weder  zu  Cassel,  noch  auch  Landgraf  Ernst  selbst  etwas  von  einer 
Kirchengewalt  des  letzteren,  sondern  nur  von  einem  Präsentationsrecht.  Ernst, 
damals  noch  ein  Eiferer  für  den  Calvinismus,  forderte  14.  Dez.  1649  den  Werner 
auf,    schleunigst    noch    vor   dem  Christfeste    sein  Amt    anzutreten,    „damit    den 


"^)  Striedor,  Hess.  Gel. -Lex.  4,  34.  —  IIopi)e,  Eiiit'iiliruiiy:  dor  Vorbe8.<eruiig.<i)miUto 
1808,  S.  225. 

"")  Hess.  Zeitschr.  N.  F.  18,  295.  Joli.  AVornor  i.st  Ycr.scliiodeii  viui  dem  ijleitdizpitiiroii 
und  gleichnamigoii  Joh.  Wernor  uns  Marburg,  wolclior  1634  zu  (.'nssol  stuiliert  und  1(551  Pfarn-r 
zu  Troysa  war,   f   1G83. 


—     1G2     — 

Lutherischen  der  Mut  je  mehr  und  nielir  benommen  werden  möge",  Werner 
wurde  durch  Fabrioius  ins  Amt  eingefülirt.  Der  Streitruf  Ernsts  gegen  die 
Kirche,  welclie  das  Fürsteuhaus  laut  des  westfälischen  Friedens  zu  erhalten  und 
zu  schützen  verpflichtet  war,  verhallte  jedoch  bei  Ernst  und  Werner  schnell 
in  einen  kläglichen  ^lissklang.  Nach  Ernsts  Übertritt  wurde  Werner  durch 
dessen  Rat  Joh.  Ilerm.  Nordeck  am  7.  Juni  1652  abgesetzt,  weil  er  einer 
Anordnung  zuwider  heimliche  Schreiben  des  Konsistoriums  zu  Cassel,  worin  er 
starke  Anmahnungen  zu  seiner  Pflicht  erhalten  hatte,  nicht  abgeliefert  und 
Werner  sich  als  dem  Landgrafen  Wilhelm  verpflichtet  bezeichnet  hatte  laut 
seiner  Bestalhiuo-,  Werner  lebte  noch  ein  halbes  Jahr  im  Pfarrhause  zu  St.  Goar 
und  Ernst  bewilligte  ihm  trotz  seiner  „vielfältigen  Widerspenstigkeit"  am 
22.  Dez.  1652  weitere  3  Monate  Frist,  Werner,  welcher  auch  durch  wieder- 
holte sehr  unterwürfige  Schreiben  keine  Wiedereinsetzung  erlangen  konnte, 
erhob  darauf  einen  vergeblichen  Besoldungsstreit  gegen  Ernst,  von  welchem  er 
für  5  Monate,  welche  er  im  Jahre  1649  zu  Homberg  verweilt,  Besoldung  ver- 
langte."') Auch  seitens  des  Konsistoriums  zu  Cassel,  welches  ihn  1649  bestellt 
hatte,  erhielt  Werner  keinen  Schutz,  Er  folgte  im  Jahre  1653  einer  Berufung 
des  Rats  der  Stadt  Bremen  an  die  dasige  Ansgarikirche"**),  wo  er  wegen  Un- 
zucht mit  seiner  Magd  1657  suspendiert,  1658  abgesetzt  und  durch  Beschluss 
des  Rats  vom  17,  März  1658  aus  dem  Pfarrliause  uiid  aus  der  Stadt  Bremen 
ausgewiesen  wurde,"') 

Landgraf  Ernst  erteilte  nach  Werners  Absetzung  dem  Oberschultheiss 
Wilh,  Cölsgen  Auftrag,  für  die  Versehung  des  Gottesdienstes  Sorge  zu  tragen 
und  überliess  es  der  reformierten  Gemeinde,  welche  damals  18  Familien  zählte, 
einen  Prediger  zu  berufen.  Die  luterimscura  versah  der  Pfarrer  Matthaeus  zu 
Bacharach.  Nach  vergeblichen  Verhandlungen  mit  dem  Pfarrer  Peter  Petenius 
aus  üillenburg  wurde  berufen 

3.  Heinrich  Werner  Candidus  (1653 — 1657),  ein  Sohn  des  herzogl. 
zweibrückischen  Superintendenten  Samuel  Candidus,  Derselbe  war  ein  unruhiger 
Geist,  in  Bern  zum  Predigtamte  ordiniert,  Feldprediger  bei  den  Schweizern, 
1647  Pfarrer  zu  Mimbach  in  der  Pfalz,  von  wo  er,  weil  ihm  infolge  der  Kriegs- 
nöte seine  Pfarrkompetenz  nicht  ausgerichtet  wurde,  am  6.  Juli  1648  die  Ent- 
lassung nahm  und  die  ihm  vom  hessischen  General  Geisse  angebotene  Feld- 
predigerstelle mit  monatlich  21  Rthlr.  und  freiem  Tisch  beim  Regiments-Oberst 
übernahm.  Im  Jahre  1652  war  Candidus  Jlofprediger  zu  Bedburg.  Laut  Be- 
rufung der  Gemeinde  wurde  er  mit  GeJichmiguug  Landgraf  Ernsts  reformierter 
Prediger  zu  St.  Goar  und  stellte  11.  März  1653  Revers  aus.  Candidus  war 
ein  eifriger  Calvinist,  der  überall  in  die  Pfarreien  der  Niedergrafschaft  ein- 
zudringen suchte  und  daher  bei  der  Bevölkerung  als  Unruhstifter  galt.  Auch 
er  fiel  bei  Landgraf  Ernst    in  Ungnade,    weil  er  eine  Eiidadung    zu  einem  von 


"■)  Akten:   Joli.  ^Vernor,    IMarrer  zu  St.  Goar,    vom   [.aiKlyrafoii    Ernst   seines   Dienstes 
entsetzt,  1652.     Marb.  Staats- Arcliiv. 

"")  Berufungssclireiben  vom  22.  .Iiili   1G53. 

"^)  Predigerverzeiclinis  der  Ansgarikircho,  png.  49.    Msejit.   rostii  Clnonicon  ad  a.  lOf)?. 


—     163     — 

(licsGni  vcraiistaltetcii  Keligioiisgeöpräch  abgclcilint  und  dazu  die  andere  llällic 
des  Papiers  des  fürstlichen  Einladungsschreibens  bcjuitzt  hatte. '■'")  P^rnst  entzo«' 
ihm  mehrere  Besoldungsstiicke  aus  der  fürstlichen  Kammer,  als  angcdjüch  zur 
Besoldung  des  Schlosspredigers  zu  llheinfels  gehörig,  \v(dche  mit  di-m  Wegfall 
des  Dienstes  auch  wegfallen  sollten.  Auch  trotz  wiederholter  Yerwendiiuf 
Landgraf  Wilhelms  bei  Ernst  konnte  Candidas  diese  Bezüge  nicdit  wieder  er- 
langen.'-') Die  reformierte  Gemeinde  zu  St.  Goar,  bei  welcher  er  ebenfalls 
wenig  beliebt  war,  bat  bei  dem  Konsistorium  zu  Cassel  um  seine  Versetzuno-, 
weil  er  „wegen  seiner  leisen  Stimme  und  unvernehmlichen  Ausrede  im  Predigen 
bei  den  Zuhörern  wenig  Erbauung  gestiftet".  Das  Konsistorium  wollte  ihn 
trotzdem  als  eifrigen  Calvinisten  mit  einem  der  besten  Pfarrdienste,  dem  zu 
Allendorf  an  der  Werra,  belohnen,  den  er  jedoch,  als  ilim  nicht  bequem,  ab- 
lehnte. Im  Jahre  1657  wurde  er  Prediger  der  reformierten  Gemeinde  in  der 
cölnischen  Stadt  Rhens  a.  Rh.  Einen  bei  deren  Religionsverwandteu  zu  Hanau 
und  in  den  JS'iederlajiden  gesammelten  Kollekteufond  wollte  er  schliesslich,  statt 
die  Schulden  der  Gemeinde  zu  bezahlen,  zur  Ausbreitung  der  reformierten  Ge- 
meinde zu  Sr.  Goar  unter  der  lutherischen  Bevölkerung  der  Niedergrafschaft 
verwenden.  Landgraf  Wilhelm,  allen  kirchlichen  Gegensätzen  abhold,  miss- 
billigte jedoch  dieses  Treiben.'"')  Candidus  wurde  1661  Pfarrer  und  Lispektor 
zu  Meisenheim,  im  Juni  1670  zweiter  Pfarrer  zu  Bergzabern,  f  ID.  August  1670. 
Er  war    vermählt    mit    Susanna  Margarete  Hofmann.     Von    seinen  Söhnen    war 

1.  Job.  Daniel  Candidus  reformierter  Pfarrer  zu  Ransweiler,  1678  zu  Ann  weder, 
1682  zu  Barbeiroth,   1690  zu  Bergzabern,  zugleich  Inspektor,  y  5.  Jan.  1719; 

2.  Georg  Friedrich  Candidus,  Stadtschreiber  in  Annweiler;  o.  Friedrich  David 
Candidus,  geb.  zu  St.  Goar  1654,  Apotheker  zu  Weinbeim.''^) 

4.  Nicolaus  Treviranus  (1658 — 1666)  aus  Hirschberg  bei  Diez,  studierte 
1620  —  1625  zu  Herborn,  1625  Gehilfe  seines  Vaters  im  Pfarramt  zu  Hahn- 
stätteu,  1627  Diakouus  zu  Diez,  1632  reformierter  Pfarrer  zu  Nassau,  tauschte 
1633  mit  dem  zweiten  Pfarrer  Job.  Jak.  Birlenbach  zu  Diez,  1635  Inspektor 
daselbst  und  Nachfolger  seines  Schwiegervaters,  Andreas  Arcularius.  In  dieser 
Stellung  kam  er  als  eifriger  und  entschiedener  Calvinist  in  Streitigkeiten  mit 
dem  lutherischen  Statthalter  und  damaligen  Pfandherrn  der  Grafschaft  Nassau- 
Diez,  Achatius  von  Iloheufeld.  Der  letztere  warf  ihm  Hochmut  vor,  absolute 
zu  regieren,  sei  der  einzige  Streitgrund.  Obgleich  durch  den  Prinzen  Adolf 
von  Nassau-Schaumburg  ein  Vergleich  zustande  kam,  dass  beide  in  Kirchen- 
uud  Schulsachen  einmütig  handeln  sollten,  so  nahm  Treviranus,  der  schon  1648 
einen  Ruf  nach  Marburg  abgelehnt,  zwei  Jahre  später  seine  Entlassung  und 
folgte  der  Berufung  nach  St.  Goar.  In  seinem  Abschied  stand,  dass  er  den. 
Fürsten  in  sein  jus  episcopale  eingegriffen  und  um  mehrerer  Kompetenz  willen 
sein  Vaterland  verlasse.    Die  BerufunKsverhandlung  mit  ihm  war  dem  Reservaten- 


'''^")  Strambei'g,   Ivheiii.   Antitjiiarius  '_',  4,  777. 
'^')  Schreiben  Landgraf  Wilhelms  19.  Jan.    und  4.   (»kt.   1G')G. 
1")  Hess.  Zeitsehr.  N.  F.  31,  S.  .j2. 

'-^)  Th.   (iünibel,  Gesch.   der  protost.   Kirche  der  ITulz,    S.   .".i(4,    und  .'ins  .Mitt«ilun;.'en 
des  Künigl.   i5a\  r.  Kreis-Archivs  zu  Speicr. 

11 


-      104     — 

kummissar  Job.  Kuur.  Nordeck  aufgetragen  (30.  März  1658).  Auch  zu  St.  Guar 
erwies  sich  Treviranus  als  ein  energisch-hierarchischer  Maon,  sodass  Landgraf 
Wilhelm  VI.  seine  grosse  Hitze  und  dass  er  zu  praecipitanter  verfahre,  miss- 
bilHgte  (26.  Februar  1659),  y  9.  Februar  1666.  llohenfeld  erkannte  ihn  später 
als  einen  aufrichtigen  Mann  an,  der  sich  jedoch  von  seinen  stolzen  Söhuen 
habe  regieren  und  verführen  lassen.'-*)  Seine  Witwe  Anna  Kunegunde  und 
mehrere  kleine  Kioder  lebten  später  in  armseligen  Yerhältnissen  in  Speier. 
Ausser  einer  Leichenpredigt  auf  die  Fürstin  Sophie  Hedwig  zu  Diez  über 
Psalm  16  (1642)  und  auf  Landgraf  Wilhelm  VI.  über  2.  Könige  20,  2  und  3  (1663) 
schrieb  er  eine  Postille  „Christliche  Andachten  über  die  Sonntagsevangelien ", 
welche  nach  seinem  Tode  in  mehreren  Auflagen  erschien. '^^)  Von  seinen  Sühnen 
war  1.  Andreas  Heinrich  Treviranus  1650  Pfarrer  zu  St.  Peter  und  Kaplan  zu 
Diez,  1656  zu  Bacharach,  2.  Joh.  Gottfr.  Treviranus  zu  derselben  Zeit  Konrektor 
zu  Bacharach,  später  Pfarrer  zu  Bicken  bei  Dillenburg.'-") 

5.  Konrad  Wiskemann  (1666 — 1706),  gebürtig  aus  Witzenhausen,  Sohn 
des  Pfarrers  Joh.  Wiskemann,  geb.  1633,  studierte  1650  zu  Cassel,  wurde 
30.  März  1666  zum  Inspektor  zu  St.  Goar  bestellt,  y  17.  Juni  1706,  begraben 
in  die  Kirche  zur  rechten  Seite  des  Altars.  Während  seiner  Amtszeit  zog  in- 
folge der  Austreibung  der  Reformierten  aus  Rhens  deren  Prediger  Joh.  Bernh. 
Delph  1685  „aus  Privatinteresse"  nach  Kemel,  führte  dort  reformierten  Gottes- 
dienst neben  dorn  lutherischen  ein  und  begründete  eine  kleine  Gemeinde,  deren 
Pfarrsitz  später  nach  Langen-Schwalbach  verlegt  wurde.'") 

6.  Nicolaus  Kürsner  (1707 — 1714),  der  Sohn  eines  Buchdruckers  zu 
Marburg,  geb.  1661,  war  Feldprediger,  1694  zweiter  reformierter  Prediger  und 
Professor  der  griechischen  Sprache  zu  Rinteln,  1706  Inspektor  zu  St.  Goar, 
trat  das  Amt  erst  6.  Nov.  1707  an,  1714  reformierter  Inspektor  zu  Schmalkalden, 
24.  Febr.  1718  Superintendent  zu  Cassel,  im  März  auch  Oberhofprediger  und 
Konsistorialrat,  -j-  14.  Jan.  1734.'-*)  Während  seiner  Amtszeit  wurde  eine  dritte 
reformierte  Predigerstelle  in  der  Niedergrafschaft,  nämlich  zu  Nastätten,  ein- 
gerichtet und  Joh.  Th.  Neuber  aus  Niederhessen  zu  deren  Prediger  1712  bestellt.'-') 

Von  den  von  dem  Konsistorium  zu  Cassel  am  15.  Febr.  1715  zum  Inspek- 
torat  vorgeschlagenen  Pfarrern  Keppel  zu  Grenzebach,  Joh.  Ludw.  Klinkerfues 
an  der  Uuterneustadt  zu  Cassel  und  Schenkel  zu  Zierenberg  —  auch  ein  Hof- 
prediger der  Markgräfiu  von  Bayreuth  war  in  Betracht  gezogen  —  wurde 
k^'iuer  bestätigt. 

7.  T  i  1  e  m  u  n  n  S  r  a  h  1  s  c  Ii  ni  i  d  r  (1  71.3 — 17P)4)  aus  Siegen,  studierte  seit 
(lern  5.  August  1686  zu  Ilorborn,  bekleidete  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts 
eine  Stellung  in  der  Pfalz,  1701  Oberpfarrer  und  Wittgensteinischer  Inspektor 
/u    Lasphe,     ein    bi>    da    tleissiger    und    ordnungsliebender    Mann,    wurde     am 


'2-*)  Steubing,  Topograplii.;  der  Grafschaft   Diiv.   1812,  S.   lO'J   ff. 

>")  Strieder  16,  2.34. 

^•^'■■)  Steubing  S    106  u    113. 

'•-")  Ledderhose,    Hess.  Kirchonstaat  1780,    S.  298.    —    Hess.  Zeitsflir.  >".  F.  :U,  .^0. 

''■*")  Hacl),  Kurze  GescIi.  d.   kui'li.   Kirchenverfassung  1832,   S.   121. 

'■•'^)  Lfdderhosc  a.  a.   O.   S.   :!()(>. 


—     Kif)     — 

4.  Ai)ril    171.")  zum   Inspektor  nach  St.   (n.ur  Ixirufcn   und   sein«-  Eni(!nmin>;-  am 

5.  A])ril  den  icformiorton  Predigern  zu  Nastütton  und  L.-Sclnvalbacli  lickannt 
zu  macliun  und  den  ncstclltoii  in  <li('  Einkünfte  einzuweisen,  dem  Iteservaten- 
komniissar  Ilcinluird  aut'^-otraucn.  LanilgTaf  Karl  v(irwilli;4t(f  dem  Bestellt. n 
40  T]uil(>r  Transportkosten,  sowie  die  Hälfte  d(!r  Vakanzeinkünfte  seiner  Stelle?  viuii 

11.  November  1714  ab,  während  di(^  and<a'(?  Hälfte  den  Vakanz))redii,'ern  /ii- 
i>-ebillii>t  wurde.  Stahlsdimidt  und  der  leformierte  Diakonus  l>ad(?idiausen  zu 
St.  Goar  wurden  im  Jahre  1734  kassiert  wegen  ihrer  zu  <)tfentlicliem  Äri^n-r- 
nis  ausgearteten  Streitigkeiten.  Dass  der  Inspektor  S.  (linem  gefallenen  Mädchen 
beim  heil.  Abendmahl  das  Brot  reichte,  wähi'end  der  Diakonus  (hmisidben  den 
Kelch  verweigerte,  gab  Anlass  zu  diui  heftigsten  gegenseitigen  Schmähungen 
uud  Verhnimdungen,  die  selbst  auf  die  Kanzel  gebracht  wurden.  Obwohl  die 
dem  Inspektor  gemachten  Bescluildigungen,  darunter  auch  di(;  des  Khebruchs. 
nicht  bewiesen  werden  konnten,  so  hatte  doch  der  Ruf  beider  so  gelitten,  dass 
das  Konsistorium  auf  Suspension  und  spätere  Versehung  mit  einem  geringeren 
Pfarrdienste  antrug.  Statt  dessen  erfolgte  jedoch  die  Kassation  (wahrscheinlicdi 
im  Februar),   indem  man  Stahlsclimidt  als  belastet  ansah.'""; 

8.  Joh.  Konrad  Kessler  (17o4 — 1747),  eines  Bäckers  Sohn  aus 
Cassel,  geb.  i:].  Januai  1682,  studierte  zu  Marburg  1699,  war  Pfarrer  zu 
NiederzNvehren  bei  Cassel,  wurde  d.  d.  Stockholm,  24.  März  17;U  zum  Inspektor 
ernannt  uud  dem  Reservateukonimissar  Dr.  Beza  2.  Juli  davon  Nachricht  gegeben. 
Kessler  starb  auf  seinen  Gütern  zu  Niederzwehren  21.  Februar  1747.  Der 
dasige  Pfarrer  Grau,  welcher  Kesslers  Tod  dem  Konsistorium  am  22.  Februai- 
anzeigte,  erklärte  sich  auf  Anfrage  des  Letzteren  zur  Nachfolge  gegen  Vergütung 
der  Umzugskosten  uud  Beigabe  der  Garnisonspredigerstelle  bereit  (20.  März). 
Auch  der  Pfarrer  Joh.  Peter  Koppen  zu  Harnuitsachsen  verlangte  Umzugskosten. 
Der  Pfarrer  Göbel  zu  Obersuhl  lehnte  die  Stelle  ab.  Das  Konsistorium  schUm- 
Grau  und  Koppen  vor  (21.   April  1747). 

9.  Joh.  He  inhold  Grau  (1747 — 1768)  aus  Melsungen,  geb.  21.  A[)ril 
1701,  besuchte  die  Schulen  zu  Cassel,  studierte  1718  zu  Marburg,  dann  zu 
Heidelberg,  Leyden  und  Utrecht,  wurde  17o6  Pfarrer  zu  Niederzwehren.  am 
16.  Mai  1747  zum  Inspektor  ernannt,  f  19.  April  1768.  Grau  schrieb  „die 
erfreute  Seele  in  dem  Bethause  Gottes  vorgestellt   in  dem  2.").    rsalm.'"'') 

10.  Heinrich  Wilhelm  Eskuche  (1768—1776)  aus  Wulfhagen, 
geb.  25.  September  1718,  studierte  1734  zu  Marburg,  war  seit  2.  Juni  1747 
reformierter  Prediger  zu  Nastätten,  1762  zu  Hümme,  28.  .Iiini  1 76S  zum 
reformierten  Inspektor  zu  St.  Goar  bestellt  uikI  ileiu  Ifeservatenkommissar  Gössel 
22.    Juli    von    der    Ernennung    Nachricht    gegeben.       Eskuche    trat    das    Amt 

12.  November  an,  y  H-  April  1776.'^-)  Eskuche  und  sein  Nadifolger  N<dte 
waren  die  ersten  reformierten  Inspektoren,  welche  mit  den  lutherischen  rnspekturen 
und  Geistlichen  auf  einem   erträudich   friedlichen  Fusse  lebten. 


^^"}  Aus  Akten  des  .Marburger  Stiiatsiircliivs. .  Sein  Suhii  Joh.  Ludw.  Stalilscliiuidt  war 
1789  Oyiiuiasialprot'essor  zu  Zweibrüclcon,  1747  ref.  Pfarrer  zu  Cuutrii;-  in  der  l'falz.  t  'Ji'..  Apr. 
17G2.    Güml)el,  a.  a.  O.  S.  747.    lleintz,   Le  College  de  Deux-l'onts   111,  S.  ."):{. 

'^0  Strieder  5,  88. 

'^■')  Strieder  ö,  307, 

11* 


—     UU)     — 

über  die  Vakiinzv('rsoliun<i-  cntsrand  eine  errefjto  Verliiindlunu-.  Der 
rt'furmieito  l)iak(»nus  E.  K.  ituiiiiiii'l  zu  Sr.  (Jciai'.  machte  von  dein  Abloben 
^des  Inspektors  der  ref(n-mierten  Keli<;i(i]i"  dem  Konssistorium  Anzeige  und  nannte 
sieh  selbst  dabei  „decanus  zu  Sr.  (niar. "  Der  Superintendent  Tvciuli.  ("hr. 
Unuewitter  bekht^te.  dass  dem  litunniel  so  sehr  das  Judicium  disoretionis  mani;eie 
und  bei  der  Vakanz  kein  besseres  Subj(!kt  die  vices  diaconi  versehe.  Um  den- 
selben ganz  bei  Seite  zu  schieben,  beantraj^-tc  Ungewittei-  die  Vakanzversüruuni;' 
durch  den  lutherischen  Inspektor  anordnen  zu  lassen,  bezw.  die  i-ef'ormierten  Ein- 
wohner in  den  lutherischen  Gottesdienst  gehen  zu  lassen,  da  es  nicht  unerbaulich 
sei,  so  vi(d  als  m()gHcli  im  Ausseren  eine  gewisse  Vereinigung  zu  zeigen 
(16,  April).  Dm  weltlichen  Mitglieder  waren  jedoch  konfV^ssioneller.  als  der 
Superintendent.  Das  Konsistorium  beauftragte  dabei-  den  Reservatenkoinmissar 
Resius  eine  Vakanzversehung  anzuordnen,  welche  der  reformierte  Prediger  Karl 
Theodor  Kessler    zu  Nastätteu    und  Romniel    schliesslich    übern(diineu   luussten. 

11.  Johannes  Xolte  i'lTTß — 1786)  aus  Oberelsungen,  geb.  '29.  Mai 
17:^1',  wurde  nach  seinem  Studium  zu  Oassel  und  ^larburg  Stipondiatenniajor 
daselbst.  17r)8  rc^formierter  Diakonus  und  Rektor  zu  Frankenbers>",  1761  Pfarr- 
adjunkt  zu  Kirchbaiina.  1764  erster  Pfarrer  an  der  Unterneustadt  zu  Cassel, 
25.  Juni  1776  zum  lns})ekror  zu  St.  Goar  ernannt,  1786  Su})erintendent  zu 
Allendorf  a.   AV..   t  12.   April   HSO.'^*) 

12.  Joh.  \Villi(«lm  IJingel  (1786—180:))  aus  Cassel,  hatte  1759  zu 
^Marburg  studiert  und  den  Eeldzug  der  Hessen  nach  Amerika  als  Stabsprediger 
mitgemacht,  Avurde  dann  Diakonus  zu  St.  Groar,  und  auf  Antrag  des  Reservaten- 
kominissars  Vietor  vom  Konsistorium  21.  März  1786  vorgeschlagen  und  28.  März 
von  Landgraf  Wilhelm  IX.  zum  Inspektor  ernannt,  9.  Mai  von  Vietor  verpflichtet. 
[nfolg(!  der  Abtretung  des  linken  Rheinufers  an  Frankicjch  sollte  vom  -lahre 
1800  ab  (Um  jenseitigen  Beamten  keine  Besoldung  mehr  von  Hessen  gereielit 
werden.  Dem  Inspektor  war  di(^  Zahlung  des  Stiftseinkoinmens  von  der  Rückkehr 
auf  das  rechte  Rheinufer  abhängig  gemacht.  Da  Bing(!l  die  Rückkehr  ver- 
zögerte, war  er  vom  1.  Januar  1800  bis  1.  März  U^Ol  ohne  Besoldung  und 
nahm  endlich  die  durch  Versetzung  des  Pfarrers  Joh.  IFeinr.  Koch  nach  Iininen- 
hausen  frei  gewoidnu»  rcsformierte  Predigerstelle  zu  Nastätteu  (9.  ^[äi'z  1801) 
an,  mit  welcher  seitdem  die  ref.  Ins])ektur  verbunden  blieb.  Eür  seine  Verluste 
erhielt  er  7.  Juni  1S05  an  liickständiger  Besoldung  von  seinem  Abzug  aus 
St.  (Toarbis2H.  F(!bruar  1805  (üne  Xachzahlung  von  840  Thaler  18  Albus  und  von 
da  an  40  Thahn-  21  Albus  aus  der  Tranksteuer  und  für  alle  übrigen  weg- 
gefallenen Besoldungsstück(!  117  Thaler  'M  Albus  10  I [eller.'")  —  Am  9.  Juli 
180;)  bewarb  sich  der  reformii-rfe  Pfarrer  rornelius  Rausch  zu  St.  Goarshausen, 
gebürtig  aus  Ziegenhain,  welche)'  17S7  refoi-mieiter  Prediger  zu  Nastätteu,  seit 
1797  reformierter  Diakoniis  zu  Sr.  (Joar  gew(js(m,  wegen  des  Kriegs  seine 
Stelle  verlassen   und  am   ;!.    November   1798  nach  St.    Goarshausen  übergezogen 


'•■'=')  15a oll   ji.  (i.   ().  S.   rjT. 

'^*)  Akten  der  (Jnsseler  Oberreiitkaninier,  die  Bestallung  und  den  («oliait  des  rct'uniiierten 
Kii'flieiiin.spektors  betr.   ISO.')  u.   ISOO,  im   ICüiiij;!.  Staatsarcliiv  zu   M'ii'shadfn. 


—     1(57     — 

war.    Hill  die  Nac!]it'()l<;o   Jus  kräukliclum   In.spcktdrs   Uinyi'!:    das  (rcsiicli   wiinl»« 
j(!duch   ab<>(ischla^('u   {'2'.).   Juli),      Uiti^^d  y  ^ö.    Oktober   1805. 

lo.  Dr.  Johann  S  p  i  c  k  c  !•  •/ u  N  as  t  ä  1 1  <■  n  (ISOC»  -1818).  eines  Kauf- 
manns 8(»lin  aus  W((lfliagen,  geb.  2G.  Mäi'/  ITöG,  studierlc  zu  Marburg  1771 
bis  1775,  seit  1.  Dezcfiuber  1770  reformierter  l'rediger  zu  luiuscluMiberg,  2'2.  Mai 
1800  Stiftsprediger  zu  Jlersfcid'"j,  '22.  Aj»ril  ISOC»  reformierter  Prediger  und 
Inspektor  zu  Nastätten,  trat  das  Amt  1.  Mai  an;  1.  .lull  1818  erster  iM'arrcr. 
])ekan  und  Professor  am  tlieol.  Seminar  zu  Herborn,  wo  er  \2.  .liili  das  Amt 
antrat,  y  18.  April  1825.  Am  18.  Oktobtu-  182S  wurde  ihm  in  der  Kirdie 
zu  llerborn   ein  Denkmal  errichtet. 


III.    Darmstädtische  Metropolitane  und  Inspektoren  der   evangelisch- 
lutherischen   Diözese  Braubach-Katzenelienbogen. 

1.  Dr.  t  h  e  o  1.  Balthasar  Seh  u  p  ]>  i  u  s  (1646 — 1649),  geb.  zu  Giessen 
1610,  studierte  1625  zu  Marburg,  dann  zu  Königsberg  und  Rostoek,  wo  er  16ol 
Magister  wurde,  bosuclite  die  Niederlande,  16o5  Professor  der  Beredsamkeit 
und  Geschichte  zu  Marburg,  1641  liizentiat,  164a  auch  Pfarrer  an  St.  Elisabetli 
daselbst,  1645  Dr.  theol.,  1646  Hofprediger  und  Inspektor  zu  Braubach,  nahm 
seit  A))ril  1648  an  den  Friedensverhandlungen  zu  ^lünster  und  Osnabrück 
Teil,  nach  deren  Abschluss  er  15.  Oktober  1648  zu  Münster  die  Friedenspiedigt 
hielt,    1649  Pfarrer  an  St.   Jacobi  zu  Hamburg,   f  26.   Oktober  1661. ''«) 

2.  Joh.  Kaspar  llorresius  (1649—1672)  aus  .Marburg,  seit  1626 
Pfarrer  zu  Braubach,    1649  Metropolitan,    y  12.   Sept.    1672,    alt  75  Jahre. •'') 

3.  Mag.  Johannes  Winkh^r  (1()72 — 1676),  geb.  zu  Goltzern  bei 
Grimma  13.  Juli  1642,  besuchte  die  Schule  zu  Grilnma,  1656  die  Thomasschule 
zu  Leipzig,  1659  die  dasige  Universität,  1661  Privatlehrer  zu  Grimma.  1664 
Magister  zu  Jena,  1666  Privatgelehrter  zu  Leipzig,  1668  Informator  der  Söhne 
des  Herzogs  Phil.  Imdwig  von  Holstein-Sonderbui-g,  dessen  Sohn  Karl  Ludwig 
er  nach  Tübingen  begleitete,  1672  zweiter  Pfarrer  zu  Homburg  v.  d.  Höhe, 
auf  Wunsch  des  Landgrafen  Georg  Christian  12.  Dezember  1672  zum  Pfaricr 
und  Metropolitan  zu  Braubach  bestellt,  von  der  Ablegung  eines  besonderen 
theologischen  Examens  dispensiert  und.  weil  die  Pfarrer  der  Diözese  noch  jung 
und  zur  kirchlichen  Einführung  ungeeignet  crschieueu,  ohne  diese  durch  ein 
fürstl.  Schreiben  der  Gemeinde  befohlen,  1676  Hofprediger  /u  Darmstadr.  \\" 
er  in  die  pietistischen  Streitigkeiten  verwickelt  wurde,  1678  Pfaner  an  der 
lutherischen  Gemeinde  zu  Mannheim,  1()78  Pfarrer  und  Superintendent  zu 
Wertheini,    1684  Hauptpastor  zu  St.  Michaelis  zu  Hamburg,  y  5.  April  1705."') 


'■''')  >Spieker  schri(*l)   1801    über  Kulipuckcniiiipt'iiiiu-.     Strieder  IT),   175. 

'■"')  Strieder  14,  43  ff.  —  Jiisti,  {{iMlicufolge  der  l'tarror  uii  der  Sf  KlisalMilikirclio 
zu  Marburg-  183ö,  S.  39   ff. 

'■")  AVi  Diel  Uli,  Mitteiluufieu  aus  der  Ciescliicliti'   r.iaubadis  1884,  S.  30  ff. 

'"")  Akten,  die  IM'arrbestellung  zu  l'.raubncli  beir.  Wiesbadener  .Vrehiv.  Strieder 
IT,   141    ff. 


—     168     — 

4.  yi  a  y:.  ,1  1.  li.  J  [  I'  i  II  r  i  c  ]i  V  i  c  r  o  r  (1676 — 1724)  aus  GikIoUiu.  studierte 
1663  zu  Giessen.    1676  Pfarrer  und  Mi^tropolitan  zu  Bi'aubach.   t  1726. 

5.  Job.  Martin  Schade  aus  Gerau  (1726 — 1733),  studierte  1608  zu 
Giessen.  1723  Gehilfe  Vietors.    1726  Pfarrer    und  Metropolitan    zu  Brauhach, 

I      1  iOO. 

6.  J  o  h.  G  e  o  r  g  Jose  p  h  W  e  i  s  s  c  n  b  r  u  c  li  (1 733 — 1 764)  aus  Engelrod 
bei  Lauterbach,  studierte  zu  Giessen.  1722  Pfarrer  der  luther.  St.  Michaelis- 
genu'iude  zu  Diez,  1727  Pfarrer  zu  Ems.  1733  Pfarrer  und  Metropolitan  zu 
Braubacli.  auch  Garuisonsprediger  zu  Marxburg,  ein  wegen  seines  exemplarischen 
Lebens  und  seiner  Amtstreue  gerühmter  Mann,  y  5.  November  1764.'^''')  Sein 
Sühn  AVilhelui  Justus  war  ihm  seit  11.  Jaiuuir  1760  adjuiigierr  und  nach  seinem 
Tode  Diakouus  zu  Braubach,  der  bisherige  Diakonus  Henr.  Martin  Hammes 
wurde  Pfarrer.  Hammes,  sowie  sein  Nachfolger  im  Pfarramte  Wilh.  Justus 
Weisseubruch  (1780 — 1792),  waren  niclit  mit  der  Diözesauinspektion  betraut, 
sondern  der  Pfarrer 

7.  Mag.  .loh.  Peter  Suell  (1765 — 171)7)  zu  Dachsenhausen,  geb.  zu 
Braubacli  25.  Januar  1 720.  Derselbe  war  ein  Sohn  des  Pfarrers  ^lichael  Snell 
zu  Gemmerich  und  dessen  Frau  Johanna  Maria,  einer  Tochter  des  Metropolitan 
Job.  Heinr.  Yietor  zu  Braubach,  studierte  1741  bis  1745  zu  Giessen,  1745 
Magister.  1746  Hauslehrer  zu  Staden,  1747  Privatdozent.  1747  Adjunkt  seines 
Vaters  zu  Gemmerich,  1749  Diakonus  zu  Nassau,  1750  Pfarrer  zu  Dachsen- 
bausen,  1765  Metropolitan,  1777  Inspektor,  y  ^-n  Klingelbach  1.  April  1797, 
begraben  zu  Dachsenhausen  5.   April.'") 

8.  Job,  Christoph  Ilöhling  (1797 — 1800)  aus  Gundernhausen,  der 
Soliu  eines  Leinwebers,  geb.  27.  April  1757.  studierte  1778  zu  Giessen,  Avar 
dann  Hauslehrer  zu  Gundernhausen  und  zu  Hering  am  Otzbcrge,  Lehrer  am 
Waisenhaus  zu  Frankfurt  a.  M.,  1792  Pfarrer  zu  Braubach,  1797  Inspektt)r 
der  Kirchen  und  Schulen  der  Diözese  Braubach.  Er  verfasste  mein-ere  Schriften 
naturwissenschaf tli  chen  Inhalts.  '*' ) 

9.  Job.  Gott  lieb  Ammann  (1800 — 1810j  aus  Pirmasens,  geboren 
17.  November  1774,  studierte  seit  1790  zu  Giessen,  war  1797 — 1800  Instruktor 
der  Prinzen  zu  Darmstadt  und  Freiprediger  an  der  dasigen  Hofkirche,  1800 
Pfarrer  zu  Braubacli  und  Inspektor  der  Diözese,  1810  Pfarrer  zu  Weilburg  und 
Ephorus  der  Kirchen  und  Schulen  des  Weilburger  Konsistoriums,  auch  Scholarch 
des  dasigen  Crymnasiums,  1818  Dekan  und  erster  Pfarrer  mit  dem  Titel 
Kirchenrat,  f  als  designierter  nassauischer  Landesbischof  27.   März  lö37.'^-) 


^^®)  Steubiny,    'rupugrapliic  der  Gnit'scliarD   Dioz    ISl'i,    S.  Iö8.     Akten,    dio   (jolialts- 
verbessciuiig  des  Pfarrers  Weishienbrucli  hotr.     AVichbadeiior  Arcliiv. 
'*")  Strieder  14,  35. 
'")  Strieder  12,  02. 
i'2)  Abicht,  Der  Kreis    Wetzlar  111,  S.    Ibl. 


—     160 


IV.    Darmstädtische  Metropolitane  und  Inspektoren   der   evangelisch- 
lutherischen   Diözese   Eppstein. 

1.  r  h  i  1  1  p  |)  K  ;i  s  j)  a  r  1>  c  c.  li  t  o  1  d  /  u  W  a  1  1  u  u  (1007 — lOOo),  geb.  zu 
tiiosrton  1.  Mai  1010,  war  aiif'iinglicli  Pfarrer  /u  Nieder- Woisbacli,  Ki.M  zu 
DausGiiau,  1002  zu  Dclkoiilieim,  seit  15.  Oktober  160.')  zu  Wallaii.  1007 
Metropolitan,   2:5.    -Mai    109:)  emeritiert,   y    11.    Oktober   10'.)0. 

2.  M  a  g.  .1  o  h.  K  b  e  r  li  a  r  d  Zell  e  i'  z  u  W  a  1  1  a  u  (101):5— 170.")  j,  gebürtig 
aus  Stuttgart,  iiandgraf  Ernst  Ludwig  beauf'ti\igte  d.  d.  Xidda,  2:5.  Mai  109:5 
den  Hüfprediger  Bielefeld,  den  Zeller,  der  sich  damals  in  Frankfurt  aufhielt, 
cum  spo  succedondi  zum  Tfarrei'  und  Metropolitan  zu  Wallau  zu  bestellen. 
Zeller  wai'  ein  kirehlieli  uuerfahrcuier,  eigensinniger,  jähzorniger,  krankhafter 
Manu,  über  welelieu  sieh  naeh  S  Jahren  die  Gemeinde  beschwerte,  dass  sein«' 
oft  3  Stunden  langen  Predigten  und  seine  Kinderleliren  dunkel  und  unverständlich, 
dass  er  die  vorgeschriebenen  Gebete  verlängere  und  seit  8  Jahren  keine  Kinder 
konfirmiert  habe,  weil  er  die  Hände  aufzulegen  J3edenken  trage  (1.  Tim.,  5,  22)^ 
wenn  etwa  ein  Kind  gefehlt,  so  dass  viele  fast  20  jährige  noch  nicht  konfirmiert 
seien,  dass  er  seine  Ehefrau  misshandle,  die  Gemeinde  ärger  als  Sklaven  b(.'handle 
und  weder  mit  der  Gemeinde,  noch  mit  dem  Gesinde,  welches  alle  14  Tage 
wechsle,  auskomme,  dass  er  „seine  ohnedem  trukene  Konstitution  mir  den 
schärfsten  Arzneien  und  Getränken  unterstütze  und  anrege".  Da  er  die  ihm 
angebotene  Emeritieruug  (24.  April  1099)  ablehnte,  so  verfügte  der  Landgraf 
8.  Juni  1701  seine  Entlassung.  Z.  bat  jetzt,  ihn  nicht  mit  Schimi)f  aus  dem 
Amte  zu  stosseu  und  erbot  sich  unter  Beibehaltung  des  Mctr(»politanats  das 
Pfarramt  abzugeben,  ihm  aber  zu  erlauben.  zuw(nleu  zu  predigen.  Auf  .Bielefelds 
Antrag  (4.  Februar  1702)  wurde  ihm  Wilh.  Martin  Niess  als  Adjunkt  beigegeben 
(14.  Februar).  Zeller  wollte  das  Amt  schliesslich  doch  nicht  abgeben  und 
bezeichnete  Niess  als  Eindringling  (1.  Petri  4,  15),  weshalb  dieser  um  seine 
eigene  Enthebung  bat  (4.  Mai  170:3).  Zeller  wurde  darauf  vom  Pfarramt  ganz 
enthoben  und  eventuell  mit  einer  Untersuchung  bedroht  (29.  ^lärz  1704).  Zeller 
starb  schon  2.  Oktober  1705  und  zwar,  wie  Henkel  berichtet,  unter  lebendiger 
Hoffnung  und  festem  Glauben  an  den  Felsen  Jesu  und  nachdem  er  die  Lenden 
rechtschaffen  umgürtet.  '^^) 

:5.  Philipp  Ger  lach  H  e  ]i  k  e  1  zu  Delkenheim  (1700—1724) 
wurde  1076  Pfarrer  zu  Breckenlieim,  2:3.  November  1694  zu  Delkenheim. 
4.  Nov.  170C)  uiii  (leiu  Mctropolitanat  beauftragt,  27.  Oktober  1707  wirklicher 
Metropolitan,  hatte  anfangs  Differenzen  mit  den  Pfarrern,  von  welchen  er  ni.ht 
genug  Ehre  zu  empfangen  meinte,  und  dem  Landrat  Schlaff  zu  A\  allau.  Es 
wurde  ihm  deshalb  vom  Konsistorium  eröff'iu't,  dass  er  friedlich  und  selnedlicli 
sich  betragen  und  das  Vergangene  vergessen  solle  (21.  Noveniln'i-  1  (09j.  und 
dem   Rate  Scldaff",   dasn  er  keiiuMi   Aidass  zu   Lästerungen  für  die   iieuachbarten 


"•')  Akten,    ilio    Mcstallung    des    Mn-.  Z'-H'-r    /.um    l'l'iUT:i<lJiinUt    /.ii   ^Vall«u    K.on      iTi:. 
Ijctr.     Wiesbadener  Ai'cliiv. 


—     ITC     — 

Auders^läuhigeu  geben  solle.  Henkel,  weleliem  seit  1723  sein  Suhu  Samuel 
Heinrich  H.  im  Pfarramte  adjungiert  war,  hat  die  Eppsteinischc  Pfarv-Witwen- 
Kasse  gegründer.   v  10.   Januar  1724.   alt  "0  Jahre. '^'j 

4.  H  e  i  u  r  i  o  h  Christian  M  u  r  u  s  zu  M  a  s  s  e  u  h  e  i  in  (1724 — 1 7oo). 
«T-ebürtis:  aus  Xürdenstadt.  studierte  1086  /u  Giessen.  1692  Pfarrer  zu  >'orden- 
Stadt.  1706  zu  Massenheim,  wurde  6.  November  1724  zum  Seniorat  der  Diözese 
Eppsteiu  vorgeschlagen  und  14.  November  bestätigt,  jedoch  auf  seine  Bitte 
wegen  Alters  und  Podagras  1733  davon  rnthunden.  f  1^-  Ajiril  173,").  alt 
67  Jahr   3  Monate. '^^) 

.").  ^V  i  1  h  e  1  m  31  a  r  t  i  n  N  i  e  s  s  z  u  W  a  1 1  a  u  (1 733—  1 740),  gebürtig 
aus  Giosseu.  studierte  1690,  war  dann  Kollaboratoi-  am  Pädagogium  zu  Darm- 
stadt, „durch  Studien,  unsträfliches  Leben  und  sanftmütige  Stille  ausgezeichnet'', 
1702  Gehilfe  des  Mag.  Zeller  zu  Wallau  und  1705  dessen  Nachfolger,  auf 
Vorschlag  der  Definitoren  und  des  Konsistoriums  (2.  Mai  1733)  am  17.  August 
1733  landesherrlich  zum  Metropolitan  bestellt,  f  13.  April  1740,  fast  70  Jahre 
alt.  Infolge  eines  SchlagHusses  war  ihm  sein  Sohn  Joh.  Jak.  Niess  seit  5.  Januar 
1742  im  Pfarramte  adjungiert. 

6.  Peter  Pfeiffer  zu  Nordenstadt  (1745—1776),  aus  Unter- 
liederbach, studierte  1704  zu  Giessen,  1715  Pfarrer  zu  Schönborn.  20.  September 
1718  als  Pfarrer  zu  Nordenstadt  durch  den  Superintendenten  Gebhard  eingeführt, 
auf  Antrag  der  Definitoren  und  des  Konsistoriums  (15.  und  24.  Januar  1743) 
landesherrlich  am  13.  Februar  1743  mit  der  Adjunktur  im  Metropolitanat  be- 
traut und  nach  Niess's  Tod  3.  Juli  1745  zum  Metropolitan  ernannt,  f  11.  August 
1776,   alt  90  Jahre. 

Da  sich  während  Pfeiffers  Erkrankung  der  Senior  der  Diözese,  der  Pfarrer 
Joh,  Justus  Winter  zu  Eppstein.  das  Metropolitanat  verbeten  hatte,  so  wurde 
der  Pfarrer  Joh.  Jak.  Niess  zu  Wallau  mir  dessen  Versehung  beauftragt 
(18.  Januar  1776).  Ihn  empfahl  nach  Pfeiffers  Tod  auch  der  Senior  Winter, 
sowie  das  Konsistorium  für  dieses  Amt  (26.  September  1776).  Der  Geheimerat 
von  Moser  erklärte  sich  jedoch  unter  Zustimmung  der  übrigen  ]\rin ister  gegen 
Niess  und  für  den  als  Bewerber   aufgetretenen  Pfarrer 

7.  Juli.  Andreas  Keysser  zu  Massenheim  (1776 — 1779). 
Kevsser.  geb.  zu  Bischofsheim  bei  Ptüsselsheim  30.  November  1711,  besuchte 
das  Pädagogium  zu  Darmstadt,  studierte  1729  zu  Giessen  unter  Liebknecht  und 
Uambach,  wurde  auf  Estors  Empfehlung  von  Schenkischer  Hauslehrer  und. 
nachdem  er  sich  einige  Zeit  als  Ifilfsprediger  in  Darmstadt  aufgehalten,  1737 
l'farrer  zu  lieinheim  und  Bieberau,  1740  zu  Bickenbach,  1761  zu  Massenheim, 
14.  Oktober  1776  Metropolitan.  Das  Staatsmiuisterium  erklärte  sich  trotz  der 
Bedenken  des  Konsistoriums  für  Keysser,  weil  derselbe  die  Seelen  aufwecke 
und  „selbst  den  schlaftrunkenen  Superintendenten  (Weiz)  zu  Darmstadt  öfters 
seines  Amtes  eriimere.  als  diesem  lieb  sei.  welches  ihm  freilich  nicht  immer 
Empfehlung  erworben":    Niess  sei  zwar   ein  braver  Mann,    der  sieh  aber,    wie 

'")  Akten,  ilie   ITiirrbestiilluii«;  zu   Dolkenlieiiii    liotr. 

^*'-)  Akten,  das  Metropolitanat  «Iit   llorrschaft  Kppstcin  betr.     AVicsbadener  Archiv. 


—     171     — 

der  clRuriulige  Suporiiitoiulont  Diez.  mclir  mit  Acla'vbtiu.  Viclr/uclit  iiinl  iJaiiin- 
schulon  boschiit'tige  und  doshalb  oh  wochouliiny  tibwcHoiid  s(M,  als  mit  der 
cura  aiiimariun.  Niuss  wurde  ilim  auf  dciii  Ijerieht  des  Ministeriums  mit  der 
Uoffiumg-  auf  Nachfolge  beigegeben.  Iveysser  starb  schon  9.  Juni  1779.'*'') 
(S.  Juh.  (lottlieb  TT  of  mann  /  n  Massenheim  (1779 — 1793), 
geb.  zu  Darmstadt  10.  Ai»ril  171^9,  war  1 7r)G  Feldprediger  des  Knnsregiments 
zu  Cricssen  und  nach  Beendigung  des  siebenjährigen  Kriegs  Pfarrin-  zu  13euer- 
bach,  Inspektor  der  Diözese  Zwiugenberg,  17G3  Pfarrer  zu  Auc^-bach,  erhielt 
12.  "November  1778  die  Anwartschaft  auf  die  Pfarrei  Masseuheim,  folgte  1779 
darin,   y  16.    Mai  179;5.   alt  64  Jalire  1   Monat. 

9.  Georg  l'hilii)p  Meyer  zu  li  r  e  c  k  e  n  h  e  i  jn  (1793—1794),  ein 
Sohn  dos  Stadtpfarrers  Meyer  zu  Darmstadt,  besuchte  daselbst  die  Schulen, 
dann  die  Universität  Giessen,  1749  Konrektor  an  der  Lateinschule  zu  llachen- 
burä-,  1753  Pfarrer  zu  Mörfelden,  1759  zu  Breckeuheim,  wurde  27.  Juni  1793 
mit  der  Inspektur  der  Diözese  Eppstein  beauftragt  und,  obwohl  er  ein  alter 
Mann  war,  der  die  Kanzel  nicht  mehr  betreten  konnte  und  deshalb  am  Altar 
predigte,  auf  Antrag  des  Konsistoriums  24.  duli  1693  landesherrlich  als  Inspektor 
bestätigt;  er  starb  schon  17.  November  1794. 

10.  Johannes  Ludwig  Pilger  zu  Delkenheim  (1795—1799) 
aus  Dortmund,  wurde  3.  Januar  1773  Pfarrer  zu  Gemmerich,  24.  Oktober  1785 
zu  Delkenheim,  auf  Antrag  des  Konsistoriums  vom  19.  März  179.)  landes- 
lierrlich  5.  April  1795  zum  Inspektor  bestellt.  Pilg(!r  hatte  bei  Ankunft  der 
Franzosen  in  Delkenlieim  einen  Blutsturz,  ging  nach  mehrfachen  Eriiolungs- 
und  Heilversuchen  im  .luli  1796  auf  längeren  Urlaub  nach  Hanau  und  bat 
7.  Juni  1799  um  Entbindung  von  den  Inspektionsgeschäften,  y  16.  August  1799. 
alt  55  Jahre. 

11.  Joh.  CMiristian  Kärcher  zu  Hreckenheim  (1799  —  1816). 
eines  Bürgers  Sohn  aus  Darmstadt,  geb.  1754,  studierte  1774  zu  Giessen,  wurde 
1782  Lehrer  an  einer  neuen  Mädchenschule  zu  Darmstadt,  1784  Subkonrektor. 
1790  Konrektor  am  Gymnasium  daselbst,  1794  zum  Pfarrer  zu  liüsselsheim 
ernannt,  aber  noch  vor  seiner  Einführung  1795  zum  Pfarrer  zu  Breckenheim 
bestellt.  Das  Konsistorium  schlug  mit  Übergehung  der  beiden  älteren  Pfarrer 
Joh.  Jak.  Niess  zu  Wallau  und  Frey  zu  Igstadt  am  13.  Juni  1799  die  Pfarrer 
Kärcher  zu  Breckenheim  und  Keim  zu  Igstadt  für  die  Inspektur  vor.  Dei- 
erstere  wurde  4.  Juli  1799  ad  Interim,  und  18.  November  1799  definitiv  landes- 
herrlich zum  Inspektor  ernannt,  1800  Pfarrer  zu  Igstadt,  t  iu  t^^r  Nacht  vom 
10.  auf  den  11.  März  1816  bei  Diedenbergen,  alt  63  Jahre,  und  begraben 
daselbst  am  13.   ]\lärz. 


'"')  Akten,  die  Metropolitane  und  Inspektoren  zu  Massenlicini  betr.   1777-1781.    ^^  les- 
bfuloner   Archiv.     Strieder  7,  33. 


Der  Ringwall  auf  dem  Hofheimer  Kapellenberg. 


C*  L  Thomas* 

Mit  1    l'lini. 


Als  im  Frühjahr  180-")  auf  dem  üücken  dos  das  Lorsbachcrthal  bei  seiner 
Münduny  in  die  Mainebene  zur  linken  abschliessenden  Berges  die  zweifellosen, 
wenn  auch  giössteuteils  sehr  verflachten  lleste  einer  vürgeschichtlichen,  sehr 
ausgedelmten  Jliugburg-  durch  mich  gefunden  und  aufgenommen  waren,  hatte 
damit  die  Lösung  der  in  diesen  Annalen.  Band  XX  S.  10  angeregten  Frage 
im  wesentlichen  stattgefunden. 

In  der  unterm  7.  Juli  1895  erschienenen  Tagesausgabe  des  Frankfurter 
General-Anzeigers  beschrieb  ich  das  erfreuliclie  Ergebnis,  das  durch  vielfache 
weglose  Durchquorungeu  der  bewaldeten  Berghöhe,  zuweilen  nur  tastend  im 
dichtesten  Unterholz  möglich,  aber  mit  der  durch  die  Kenntnis  der  örtlichen 
Verhältnisse  gefestigten  Überzeugung  des  (relingens  herbeigeführt  worden  war, 
und  wies  auf  die  Schwierigkeiten  hin,  die  einer  früheren  Aufhndung  hinderlich 
waren.  Eine  Beschreibung  der  unregelmässigen  Grundform  des  Jlingwalles  hatte 
den  Zweck,  jedem  Interesseuten  die  Nachprüfung  zu  ermöglichen.  Im  Beginne  des 
Juni  189G  konnte  ich  gelegentlich  einer  vom  Wiesbadener  Verein  für  Xassauische 
Altertumskunde  und  Geschichtsforschung  nach  llufheini  ausgeführten  Exkursion 
den  verehrlichen  Teilnehmern  die  erste  xiufzeichnung  im  Massstab  1:3000  ver- 
legen. Biese  findet  sich,  aber  in  starker  Verkleinerung,  in  dem  Werk  über 
den  Obergermanisch-raetischen  Limes  Bd.  11  Abt.  15  Nr.  29,  Kastell  llofheim. 
Inzwischen  habe  ich  duicli  Erweiterung  der  damaligen  Wahrneliiuuiigen  (finzelne 
Flüclitigkeiten  lichrig  stellen  und  die  Karte  wesentlich  vervollständigen  können, 
wobei  die  Thore,  auch  die  Anzahl  der  bis  jetzt  ermirtelten  schwachen  Reste 
ehemaliger  Wohnplätze  und  Lagerstätten  nach  ihici'  örtlichen  Verteilung  Be- 
rücksichtigung famleii,  eljenso  die  alten  in  die  Vesie  lührenden  Wegliuien,  die' 
abseits  im  Walde  li<'g<'n(l  und  zugepHanzt.  nui'  noch  zum  Teil  nachwcjisbar  sind, 
aber  mit  ihren  cluuakteiistischen  (Jahelungen  und  Wiedervereinigungsstcdlen. 
da  wi)  sie  in  oft  vielfacher  Anzahl  nebeneinander  den  Boden  durchfurchen, 
vf»n  dei'  Menge  des  (Ounnaligen  Wagenverkehrs  Zcnignis  ablegen.  Durch  die 
ZuveikeiiiineidH'it    des    lleiin    i'ürn'ernieisters   Hess    und    des    llerrji  Diener 


—     17:-i    — 

wurde  mir  dii'  Diirclifülirim^'  der  andaucriidcii  Aiifiialniion  erlciclircrr ;  «owolil 
(1(311  Stcidtwaldplaii.  als  auch  Angab(;ii  über  im  Lauf  der  -lalirc  Ixnvii-ktc  Andc- 
ruiii^H^i  au  Schiudseii   und  Wog(Ui  danke   ich   deicn   Gefiilliy-keit. 

Jodoiii  mit  (Uir  dem  Tauiuis  südlich  vorgehigcrtiüi  Kbenc  Vurtrautcüi  dürfte 
der  Anblick  des  bei  Hofheim  aufsteigenden  Ka|)ellenberges  mit  der  zwar  sclimuck- 
h)scn,  jedoch  ungemein  ansprechenden  christlichen  Kultiisstätte  und  seiner  weil 
umfassenden  Aussicht  von  fern  oder  durcli  den  Augenscliein  an  wauderhistigeu 
Tao-GU  in  uutem  Gedächtnis  sein.  Auch  di(^  a,llseitig  dort  am  v(trdereu  Ende 
des  langge/ogenen  ILöhenkanimes  sclirotf  ahfalleudeu  Hänge  weivh'U  l»eim  raschen 
Aufstoigen  /um  Standort  des  Kirchleins  gewiss  V(m  Vi(den  als  ein  nicht  ohm; 
besondere  Anspannung  der  Atmungsorgan(i  zu  bewältigendes  Hindc^rnis  au- 
o-eschen.  Solcln^  hohen,  mühsam  zu  erklimmenden,  meist  wasserarmen,  dem 
weithin  übersehbaren  besiedelten  Vorland  sich  anschliessenden  Berge  erscheinen 
in  vorgeschichtlicher  Zeit  mit  Vorliebe  zu  liingburganlagen  benützt.  E>  kann 
daher  nicht  Wunder  nehmen,  den  Kapellenberg  in  gleicJier  Weise  wie  ver- 
schiedene der  vorderen  Taunushöhon  mit  einei'  solchen  Wehranlage  bekrönt  zu 
sehen,  deren  Gesamtheit  als  eine  stolze  Reihe  mächtiger  kulturgeschichtlicher 
Denkmale  in  die  Gegenwart  hereinragt,  und  die  uns  eine  Epoche  zäher  Kämpfe 
im  Strome  der  in  vorrömischer  Zeit  v(dlzogeiien  Völkerverschiebungen  vergegen- 
wärtigt, auch  Zeugnis  ablegt  von  der  Dichtigkeit  der  ehedem  im  Umkreis 
heimischen  Bevölkerung. 

Die  Gestalt  des  Kapellenberges,  der  sich  von  Hofheim  geradlinig  in 
gleicher  Breite  nördlich  bis  zum  höheren  Lorsbacher  Kopf  (n-streckt.  ist  die 
einer  schmalen  Bergzunge  von  2 Vi  km  Länge.  Sie  wird  auf  der  Westseite 
durch  das  tiefe  Schwarzbachthal  begrenzt;  auf  der  Ostseite  ist  ihr  das  Reb- 
gelände der  Gemarkung  Hofheim  als  Gebirgsfuss  bis  zu  einer  Höhe  von 
150  Fuss  über  dem  jenseitigen  Schwarzbach  vorgelegt.  Ihr  Rücken  erhebt  sich 
in  der  halben  Länge  nur  um  Weniges,  wo  er  auch  seine  grössto  Breite  besitzt : 
ihre  Hänge  fallen  steil  ab. 

Der  Rücken  ist  von  seinem  südlichen  Beginne  an  auf  eine  Länge  von 
knapp  1,4  km  in  einer  mittleren  Breite  von  ca.  400  m  von  einer  alten  Sehanz- 
linie  umzogen,  wodurch  dieser  vordere;  Teil  gegen  den  weiter  nach  Korden  ver- 
laufenden abgetrennt  war.  Der  Ringwall  des  Kapellenbcrges  besteht  aus  dem 
gleichen  Material,  das  die  Bergobertläche  zeigt,  der  es  auch  nach  Gepflogenheit 
der  Ringwallerbauer  in  jed(mi  einzelnen  Teile  in  unmittelbarer  Nähe  entnommen 
ist.  Kies  und  Gerolle  herrschen  in  den  heutigen  Bestandteilen  der  Schanzlinie 
vor,  doch  auch  vereinzelte  Steine,  diese  bis  zu  aussergewöhnlicher  Grösse,  lassen 
sich  au  ihr  b(^obachten.  Sie  stellt  sich  als  Wall  mit  nach  innen  meist  fast 
horizontal,  dagegen  nach  aussen  mehrfach  stark  geneigten  Flächen  dar.  der  in 
seinein  Verlauf  die  der  Verteidigung  günstigen  natürliclnMi  Bodengestaltungen 
ausnützt  und  aus  einer  Erdmaucr  duredi  natürliche  Einflüsse  im  Laufe  der  Jahr- 
tausende entstand.  Ehemals  dürfte  auch  hier  eine  geeignete  Holzkonstruktion 
zur  Aufführung  und  Widerstandsfähigkeit  senkre(diter  :Nraueraussenfronten  das 
starre  Gerippe"  gebildet  haben,  das  wohl  vergänglioh.  imnuM-hin  eine  Dauer- 
haftio-keit    von    mehr    als    einem  Jahrzehnt    l)ot.      Ob    die    .Mauerfronten    durch 


—     174     — 

Stuinpackung  verstäikt  Avaren,  lässt  sich  uliiu;  weiteres  nitlit  erkennen.  Der 
mittlere  Quersoliuitt  des  Wallzuges  ergiebt  sieli  durch  A' ergleich  der  auf  der 
Karte  angegebenen  Profil»'.  Diese  sind  so  gewählt,  dass  sie  die  wt^sentlichen 
Schwankunofen  in  der  Stärke  der  Erdnuiuer  erkennen  lassen.  Die  natürlichen 
Abmessungen  lassen  sich  niiftclsr  (h's  beigefügten  Massstabes  auf  der  Karte 
ermitteln.  Die  Profile  lassen  durch  A'ergleioh  mit  solchen  anderer  Üingburgen 
ausserü:ewöhnlich(!  A\a-f1aehunu-  erkennen,  deren  Ursache  in  der  Beschaffenheit 
lies  Erbauungsmaterials,  dem  Mangel  an  schwer  durchlässiger  erdiger  Beimischung 
in  dem  Quarzgerölle  und  Kies  liegt,  wodurch  auch  die  wenigen  gebliebeneu 
Erscheinungen  aus  der  Benutzungszeit  schwerer  zu  erkennen  sind,  als  anderswo. 
Selbstverständlich  war  dio  Wchrliuie  da  am  stärksten,  wo  die  natürliche  Ge- 
staltung- des  Berges  dna  Angriff  die  wenigsten  Hindernisse  entgegensetzte. 
Die  für  jenen  geeigneteste  Stelle  befand  sich  am  nördlichen  Ende  der  Ringburg', 
W(i  sie  den  nach  Norden  mit  leichtem  Gefälle  weiterziehenden  Bergrücken  vor 
sich  hat.  Hier  befindet  sich  in  einer  Länge,  die  der  Breite  des  überbauten 
Kückens  gleichkommt,  dii'  in  ihrem  ehemaligen  Aufbau  und  ihien  heutigen 
Resten  widerstandsfähigste  Schanzenstrecke,  vor  der  allein  ein  tiefer,  seitlich 
sich  verflachender,  mir  dem  Beginne  der  stärkeren  Neigung  der  beiderseitigen 
Berghänge  ganz  vei schwindender  Graben  ausgehoben  ist. 

Dieser  Teil  bis  zur  ersten  grossen  Lücke  am  AVestabhange  ist  es,  der  unter 
dem  Namen  „Römerwallweg"  durch  AVegweiser  und  Aufschriftstafeln  unter  dem 
Laubdach  der  Hochstämme  des  Hofheimer  Stadtwaldes  gekennzeichnet,  seit  sehr 
langer  Zeit  als  l'i'(»meuadeweg'  wohlbekannt  ist  und  seit  dem  Jahre  1888  in 
der  wissenschaftlichen  Litteratur  Erv/ähirnng.  auch  eine  bildliche  Darstellung 
seiner  Ausdehnung  gefunden  hat.  Die  Fortsetzung  dieses  scheinbaren  Abschnitt- 
walles führt  schwer  erkennbar  südlich  dem  AVestabhang  entlang  und  trifft  nach 
ca.  550  m  auf  das  Rinnsal  eines  kleinen  (Quelles,  der  in  einoi-  Entfernung  von 
ca.  100  m  östlich  ol)on  am  Berghang  austritt.  Er  ist.  wenn  auch  arm  an 
AVasser,  von  altershei-  bekannt  und  trägt  im  A'^olksnumd  den  Namen  Einsiedler- 
born. Es  sei  hierzu  bemerkt,  dass  cv  seiner  Kleinheit  halber  gegenüber  der 
erforderlichen  AVasservcrsoruiinu'  der  im  Verhältnis  zur  Grösse  des  Ringwalles 
stehenden  Alenschen-  und  IMermengo  mir  seiner  Jjeistungsfähigkoit  nicht  in 
Betracht  zu  kommen  verdient. 

Der  A'crlauf  des  Ringwalles  ist  von  der  Schlucht  ab  bis  hierher  fast 
horizontal  und  blcilir  es  auch  his  kurz  voi'  dem  Ki'ouzungspunkt  mit  (dnem  von 
Süden  aufsteigenden  Fahrweg  in  der  Nähe  des  neuerdings  bemalten  (juarzfelsens, 
von  wo  ab  er  in  einer  aufsteigenden  S|)irallinie  die  Höhe  bei  der  ,,Römerrund- 
schanze"  gewinnt  und  umzieht.  In  nördlichei'  ITk  lilung  zog  er  von  da  nach 
dem  Kai>ellenstandort  und  in  disr  gleichen  Kichtung.  aher  ahfalleiul,  am  Osthang 
weiter  bis  zu)-  übei-schreitungsstelle  des  sogenannten  Münsterer  AVeges,  von 
wo  er  kurz  mich  einer  erst  west-.  dann  wieder  nrn'dlichen  LImbieguug  in  die 
zuerst  genannte  Strecke  übergeht.  Der  Kingwall  zeigt  in  seinem  A'^erlauf  luir 
ganz  allmählich  sich  vollziehende  Abweichung  von  der  Horizontalen,  wogegen 
die  Lini(;nfiihrung  in  seitlicher  Ilichtung  eine  ReiJie  ständig  wechselnder  Kurven 
darstellt,   die  allerdings  durch   die  Gestalt  der  lierghänge  in  A'erbindung  mit  der 


1  <:)      — 

Tendenz    iiiri,<;'liclisl(M'    N'cnucidiini;-    xon    Scl)\v;inkiin,:;»;ii    in    tU'i-    ll<ilicnl;i;,'c    lic- 
dingt  Avtir. 

I)i'(ü  'riiorc,  davon  'J  inii  iliic;ii  /ufalii  ls\V(';;cn  crkniiiliar.  sind  liir  den 
liino,\vull  anzunehmen.  Die  ultvn  W<!,H('  sfidlcn  sich  als  mehr  oder  weniger  tief 
in  die]>(n'gliänge  oingescdmitlene  „Hohlen"  dar.  <leren  dem  Jtingwall  aljgewendote 
weitere  Strecken  sieJi  von  den  neueren,  im  Dienste  der  Wald-  oder  Feldwirt- 
schaft (Mitstand(men  Wegen  Tifters  nidit  weiter  nntersebeiden  lassen,  weil  auch 
sie  nun  »lern  gleitdien  'Awcck  dienen  müssen  und  wie  diesr^  mir  stfdniger 
Fahrbahn  allmählich  vtirsehen  wurden,  Gräbeji  erhieUen  u.  s.  w.  oder  aber 
durch  die  Bodenkultur,  auch  Anschüttung  vei-schwauden.  Die  altcui  Wege  siuil 
nicht  durcli  Pflasterung  oder  sonstiges  FcstiguugsnuT.t(n'ial  ansgozei(dinet,  waren 
es  auch  nicht  iji  dei-  Zeit  ihrer  Entstehung  und  Benutzung,  was  sich  aus  den 
Erscheinungen  der  gewaltigen  Menge  solcher  Zufahrtsstrassen,  die  im  Vorder- 
taunus nach  den  Ringwällen  führen,  mit  Sicherheit  ableiten  lässt.  Sie  verlieren 
sich  meist  direkt  liint(!r  ihrem  Eintritt  in  den  Kingwall,  was  seinen  Grund 
darin  haben  mag,  dass  der  bis  dahin  in  einzelnen  lünnon  geleitete  Massen- 
andrang der  Zufluchtsuchendtm  sich  dann  sogleich  über  die  umschlossene  Fläche 
des   Berges  verteilen  konnte. 

Die  Thore  befinden  sich  an  den  durch  die  Buchstaben  h\  /■',  6r  gekenn- 
zeichneten Stellen.  Sie  haben  auch  in  nachfolgenden  Zeiten  kaum  (dnem  nennens- 
werten  Verkehr  über  die  Höhen  mit  Wagen  gedient  mit  Ausnahme  des  bei  G  befind- 
lichen. Die  vorhandenen  Thoröffnungen  des  Kingwalles  zeigen  keine  der  be- 
sonderen Gestaltungen,  w'ie  sie  sonst  vielfach  an  den  liingwällen  Südwestdeutsch- 
lands wahrgenommen  werden  kömnen.  Weder  eine  ])arallele  Weiterführung  der 
durch  die  Thoröffuung  geschaffenen  Mauercnden  in  geringer  Abweichung  von 
der  Linienführung  der  Ringmauer- Längsaxe  unter  sich  im  Abstände  der  Weg- 
breite auf  eine  iiäuge  von  oO — 50  m,  noch  die  rechtwinkelige  Ümbieguug  der 
Mauerenden  nach  innen  zu  beiden  Seiten  des  Thorweges,  in  den  gleichen  Ali- 
messungen,  Hess  sich  in  Spuren  nachweisen.  Beide  sind  bis  zu  einer  gewissen 
Tiefe  in  den  Boden  eingeschnittene  Unterbrechungen  des  Wallzuges. 

Auf  dem  Westabhaug  des  Kapellenberges,  bei  F  schneidet  eine  lang- 
gezogene Schluclit  in  östlicher  Richtung  den  Berg  fast  bis  zum  Kamme.  Sie 
wird  auf  halber  Höhe  des  Berges  oberhalb  des  vor  ca.  18  Jahren  gebauten 
Albertweges  von  der  Walllinie  gekreuzt,  deren  Spuren  jedoch  nicht  bis  zum 
hinteren  Teile  der  einwärts  gerichteten  Knickung  tler  Kurve  reichen,  die  sich 
ergäbe,  wenn  der  Wall  in  seinem  von  Süd  nach  >^'ord  etwas  ansteigenden  A  er- 
lauf auch  die  Schlucht  durchz(>g(\  Di(^  Karte  veranschaulicht  die  heutige  Ge- 
stalt und  zeigt  den  hinteren  Teil  der  Schlucht  ohne  Mauerrest,  dagegen  die 
vorderen  Flanken  durch  hochgelegene,  nach  innen  gekrümmte  Schanzlinien  wohl 
beherrscht. 

Die  Sohle  der  Schlucht,  auf  d'w  vom  Kennweg  aus,  der  einst  vor  Krbauuug 
der  Landstrasse  im  Thal  die  Verbindung  zwischen  Lorsbaeh  und  Hofheim  Idldete, 
ein  alter  Weg  heraufführte,  liegt  8  m  unterhalb  dieser  beiden  Schanzenenden  und 
steigt  steil  aufwärts,  noch  steiler  die  beiden  Seitenböschungen,  so  dass  hier  ein 
Ansturm  leicht  im  Schach  u-ehalten  werden  konnte.   Es  kann  keinem  Zweif(d  unter- 


—     ITG     — 

lieo-oi)  (lass  die  Solilo  tlieser  .Schlucht  im  l.aufV  dor  beiden  letzten  Jahrtausende 
natürliche  Auswaschung  erfahren  hat,  doch  ist  el)enso  sicher  zu  erkennen,  dass 
dadurch  die  beiden  gokrüniiiiteu  AVallenden  auf  den  hohen  Br)scliungen  des 
Beginnes  der  in  die  Verteidigung  gezogenen  Schlucht  nicht  wesentlich  an  Jjänge 
eingebüsst  haben  können  und  hier  infolge  der  für  die  Aufrichtung  eines  Mauer- 
walles ungeeigneten  Schrnlf'heit  der  St-hluchtwände  i'in<'  leichtere  Sperrwehr, 
etwa  eine  Yerpfählung.  die  Verbindung  der  Jxingwallenden  mit  dem  Thore  gebildet 
haben  nuiss.  Als  höchst  interessante  Zugabe  zur  ehemaligen  Verteidigungs- 
anlao-e  an  dieser  Stelle  muss  hier  noch  das  Vorhandensein  einiger  rundlichen 
Einebenun"en  der  Berglehne  zu  beiden  Seiten  der  Schlucht  von  7  bis  1,")  m  ])urcli- 
messer  hervorgehoben  werden,  die  möglicherweise  als  die  Lagerstätten  vdii  zur 
Thorbewachung  bestinmiten  AVaffenfähigen  anzusehen  sind.  Meine  Beobachtungen 
an  anderen  Ringwällen  der  ^laingegend  stützen  diese  Annahme.  Ich  fand  solche 
künstlichen  Abflachungen  der  Berglehne  im  Ringwall  verschiedene  Male  nahe 
der  Thore.  wo  auf  der  übrigen  weiten  Fläche  kaum  Spuren  anzutreffen  waren. 
Sei  traten  dort,  wie  an  den  Punkten  der  Ringburgfläche,  von  wo  beherrschende 
Überblicke  über  die  Umgegend  oder  don  Ringvvall  selbst  vorhanden,  besonders 
schön  angelegt  auf.  Im  Bereich  der  Goldgrubeu-Ringinauer.  nahe  einem  der  Innen- 
thore,  ergab  bei  meinen  Untersuchungen  im  ^Vinter  1899  eine  solche  mit  2'.\  m 
Durchmesser  den  ersten  durchschlagenden  Erfolg  bezüglich  Feststellung  des 
ehemaligen  Zweckes  dieser  dert  in  sehr  grosser  Menge  auftretenden  Erscheinungen, 
deren  ich  dagegen  mehrere  auf  dem  weiten  Westabhang  o  Jahre  vorher  mit 
dem  Gesamtfundergel)nis  von  zwei  je  0  cm  grossen  vorgescliiclitlichen  Topf- 
scheri)en  hatte   völlig  abheben  lassen. 

Das  auf  der  Ostseite  des  Berges  bei  G  befindliche  Thor  unterscheidet  sich 
von  dem  eben  geschilderten  durch  den  künstlichen  Einschnitt  des  Thorwegs  in 
den  daselbst  als  flache  Terrasse  vorspringenden  Berghang.  Der  ehemalige 
Mau(!rzug  führte  am  Raud(^  dieser  Terrasse  etwas  schiefwinkelig  über  die  Weg- 
lichtung:  die  Tiefenlage  der  Thoröffnung  und  Sohle  zur  Mauerkrone  gewähr- 
leistete ausgiebige  Widerstandsfähigkeit.  Die  auf  dem  Plane  bei  G  ein- 
gezeichneten kleinen  Kreislinien  bezeichnen  die  Stelle,  wo  ebenfalls  rundliche 
Einebenungen  im  sonst  gleichmässig  abfallenden  Terrain,  dessen  Oberfläche  sehr 
zerwühlt  ist,   oberhalb  des  Thores  wahrzunehmen  sind. 

Etwas  höher,  auf  dem  ein  längliches  Plateau  bildenden  J^ergrücken  fallen 
bt'i  sorgfältiger  Durchsuchung  der  mit  nicht  allzudichtem  Unterholz  bepflanzten 
Waldteile  kreisrunde  Mulden  am  Poden  auf.  deren  Durchmesser  ca.  '.\  m  be- 
trägt. Sie  verdienen  ebenfalls  besondei'e  Beachtung,  auch  die  Untersuchung 
mit  dem  Spaten.  Sie  unterscheiden  sich  augenfällig  von  der  grösseren  Menge 
ähnlii'her  vertiefter,  «Mnseitig  mit  (^twas  Erdaufwurf  auftretendei'  länglicher 
Vertiefungen,  deren  Entstehung  auf  die  Beseitigung  sogenannter  Stöcke  (IJaum- 
stüm])fe)  zurückzufüln'en   ist. 

Der  alte  Weg,  dei-  zur  Thorstelle  E,  \n  der  Nähe  der  Kajjelle,  führte, 
ist  sicluM-  iiui-  noch  in  seinem  unteren  Ende  in  der  Waldlisiere  zu  eil^ennen. 
Sein  Verlauf  bis  zum  Südthor  bei  der  „Römerrundschanze"  ist  durch  den 
Ausbau   d.  h.  die  alliäliiliclien  Vei'bessei'ungen   in  nbncher  Vreise  wie  die  nördlich 


—     177     — 

v(!rl<uit'on(lo  llaiiptscliiKäsc  vcn'bi^^irci'i.  Die  'IVacr  lilicli  im  wcsciirlii-lK'ii  dif 
;;leichc;  eino  («abolunj»'  dos  alten  W<'i;'os  fülut  auf  sciiici-  lialljen  Länj^c  iiarli 
einer  zwoitcn  weiter  südlich  i^elegeiuni  Srclli;  des  AValdsauin(!s  und  dai'ülx'r  hinaus. 
Ihre  SpurcMi   sind  nach  dem  Jjef'uud   in  die  Karte  eingetragen. 

Der  Zug  dei-  Uinguiauer  bis  E  isi  aul'  der  Zeichnung  punktiert  angegcdien. 
weil  (•!•  in  WirklichkcMt  sa)ut  dem  am  Kreuzungspunkt  des  alten  Weges  mir 
der  Walllinie  an/.uiiehmenden  Thorc^  verschwunden  ist.  Zeit  und  Ursache  der 
Beseitigung   ist  aus  Nachfolgendem   zu  ersehen. 

Nach  einer  im  Jahre  1804  veii  Herrn  Tfaiicr  II  ilf  in  llofheiin  verfassten 
historischen  Skizze  war  von  alterslier  der  Nanw  des  Kapellcnberges  Rabberg 
oder  Eäuberberg.  Während  einer  verheerenden  l/est  1666  wurden  von  den  Ein- 
wohnern Jlofheims  die  Erbauung  einer  Kapelle  auf  der  Berghöhe  als  Dankopfer 
beschlossen  und  schon  im  Sei)teniber  1667  die  aus  Fachwerk  errichtete,  von 
20'  Breite  und  40'  Länge  zu  Ehren  der  heiligen  Jungfrau  und  der  heiligen 
Rochus  und  Sebastianus  geweiht.  Im  Herbst  vorher  „sah  man  fast  alle  Ein- 
wohner Hofheims,  ^länner.  Jüugling(>,  Frauen,  Greise  und  Kind(>r.  mit  Schaufeln, 
Hauen  und  Äxten  versehen,  den  Bei'g  hinaufsteigen,  um  die  auserwählte  Stätte 
von  Sträuchern  und  Bäumen  zu  reinigen  und  zu  ebenen. "  Dabei  hat  zweifellos 
dort  die  erste  vidlige  Abtragung  des  Ringwalles  durch  Planieruug  sich  vollzogen, 
die  später  durch  den  Neubau  des  Kirchleins,  in  Stein,  mit  (Muer  Länge  von  93' 
und  Breite  von  42'.  auch  bei  dem  Ausbau  der  Haupt-  und  Margarethenschueise 
eine  beträchtliche  Erweiterung  nach  Süden,  über  die  Stelle  des  alten  Thores 
hinaus,  erfahren  nuisste.  Der  breite,  schön  terrassierte,  mit  Zufahrtsranipe 
ausgestattete  Pestplatz  vor  der  Kirche  giebt  Zeugnis  von  dem  daselbst  bewerk- 
stelligten Massentransport  an  abgehobenem  Waldbodeu. 

Pfarrer  Job.  Gleidner  aus  Ilofheim.  dessen  Unermüdlichkeit  die  Errichtung 
des  christlichen  Gotteshauses  auf  dem  Berge  im  Jahre  1666  zu  danken  ist. 
suchte  mit  dem  Aufbau  der  Kapelle  den  alten  Namen  des  Berges  (Rabberg) 
in  Carnielberg  umzuwandeln,  indem  er  bestrebt  war,  diesen  bei  seinen  (Jläulirgen 
einzubürgern.  Die  Beschlussfassung  der  Erbauung  war  durch  feierlichen  Bitt- 
o-ans:  und  zwei  christliche  Gottesdienste  unter  freiem  Himmel  auf  dem  Berge, 
an  diuien  sich  auch  mehrere  Nachbar-Ortschaften  lebhaft  beteiligt  hatten,  im 
Sommer  1666  vorbereitet  worden.  Auch  bei  der  Aufbringung  dm-  erforderlichen 
Mittel  zum  Bau  findet  man  die  Nachbargemeinden  vertreten  und  sie  bethätigen 
ihre  alten  Beziehungen  zur  geheiligten  Stelle  bis  in  die  neueste  Zeit.  War 
doch  sogar  das  fernliegende  Königstein  noch  bis  vor  kurzem  zu  den  alljährlicdi 
stattfindenden    christlichen    Fest(Mi     auf    denn    Berg(>     in    geschlossener    Gruppe 

erschienen. 

Aus  dieser  treuen  Anhänglichkeit  und  ersichtlichen  Zugehöiigkeir  üijer  di.' 
nächste  Umgebung  hinaus  giebt  sich  zu  (>rkennen,  dass  wohl  schon  uralter 
Brauch  der  Gegend  um  Hofheim  und  nicht  nur  eine  Schöpfung  aus  relativ 
später  Zeit  in  dieser  alljährlichen  christlichen  Bergfeier  uns  ül)erliefert  ist. 

Es  entsteht  bei  näherer  Prüfung  der  geschilderten  (iründungsgeschichte 
der  Kapelle  die  Frage:  Ist  die  Wahl  des  neuen  Bergnamens  nur  in  Anlehnung 
an  die  Überlieferung  von  der  Bi^wohnung  des  heiligen    Berges  in  Syrien  durch 


—     178     — 

PropliPten  und  Eiusioclh^r  erfolgt,  oder  abor  als  direklos  Gleichnis  /u  d»'ni  alt- 
testanientlichen  Borg  mit  Bezug  auf  die  Wunder  des  Elias  bei  Aufrichtuug 
des  dem  wahren  Gotte  geweihten  Altarcs  aufzufassen?  In  letzterem  Falle  wäre 
mit  der  Errichtung  des  ersten  christlichen  Altares  dorr  nln'u  und  der  gleich- 
zeitigen Xamensumwandlung  fiii  nicht  misszuversteheuder  Jlinweis  auf  die  vor- 
malige Hedeutunu-  des  Ijery-es.  des  Kaliberges.  als  Stätte  eines  heidnischen 
Kultus  gegeben,  der  zu  jener  Zeit,  nach  (U'Ui  Ende  des  ;'>0  jährigen  Krieges, 
noch  nicht  in  allen  seinen  Ausserlichkeiten  beseitigt  war. 

Das  Schriftchen  erzählt  auch,  dass  sich  neben  der  Kapelle,  unter  den 
hohen  Eichen,  eine  Erenntage  bis  zum  Jahre  der  Zerstörung  durch  französische 
Revolutionstruppeu  befunden  habe.  Ihr  IMatz  fiel  möglicherweise  zusammen 
juir  dem  kreisrunden,  grabeuumzogenen  Podium,  das  ich  gelegentlich  der  Suche 
nach  den  Spuren  des  ehemaligen  Thorwegs  fand. 

Die  Vermutung  stützt  sich  auf  den  Umstand,  dass  von  der  „Einsiedler- 
quelle"  der  .,Einsiedlerpfad"  sich  bis  zu  diesem  Podium  erstreckt. 

Es  wurde  im  Jahre  1S97  von  Streckenkonmiissar  Prof.  "NV  o  1  f  f  durchforscht 
und  die  Ergebnisse  im  Jjimcswerk.  Kastell  Hofheim,  eingehend  geschildert: 
S,  17 — 19  findet  sich  die  Beschreibung  der  äusserst  sorgfältigen  Aufgrabung 
auch  der  etwas  kleineren  und  um  100  m  weiter  südlich  gelegenen  ., Römer- 
rundschanze*'. Diese  gleichfalls  runde  Plattform  ist  darnach  von  do])peltem 
Hachem  Spitzgraben  umgeben,  der  im  Süden  eine  Unterbrechung  aufweist  und 
dessen  dadurch  entstandene  Doppelenden  ..durch  Einbiegen  der  östlichen  und 
Streckung  der  westlichen  Enden  spiralförmig  übereinandergriffen  und  so  einen 
nach  Art  mittelalterlicher  Anlagen  fortifikatorisch  gesicherten  Eingang  bildeten." 
Die  erstgenannte  Anlage  ist  nur  mit  1  m  tiefem  „Abwässerungsgraben  behufs 
möglichster  Trockenlegung  der  Plattform''  und  dieser  wieder  von  den  Spuren 
einer  mit  geringem  Abstand  konzentrisch  verlaufenden  Verpfählung  umgeben; 
in  der  Mitte  befand  sich  eine  bis  90  cm  tiefe  3Iulde,  in  der  die  gleichen  prä- 
historischen Scherben  gehoben  wurden,  wie  sie  in  einer  vertieften  Stelle  in  der 
Ixömerrundschanze  auftraten.  Diese  Einzelheiten  sind  dem  erwähnten  Bericht  Prof. 
Wolff's  entnommen,  dessen  treffende  Schlussfolgerungen  beide  i^lattformen  als 
ursprünglich  vorgeschichtliche  Wohnplätze  von  besonderer  Bedeutung  kennzeichnet 
und  wovon  die  südliche  in  frührömischer  Zeit  nochmals  Benutzung  gefunden  habe. 

Obgleich  das  spiralföi-mige  Übereinandergreifen  der  ^^'allenden  an  den 
Thoreu  vorgeschichtlicher  Kingwälle  eine  häufige  Erscheinung  ist,  kann  —  wie 
gesagt  —  doch  nicht  durch  si(!  allein  auf  einen  vorrömischeu  Ursprung  ge- 
schlossen werden.  Für  die  Altersbestimmung  des  Wehrgrabens  ist  die  Eingangs- 
form zwar  belanglos,  dagegen  liefert  sie  in  diesem  Falle  durch  die  Kichtungs- 
linie  ihres  Thorweges  nacli  iler  nmtmasslichen  Stelh^  des  Ringwallthores  bei  K 
einen  gewichtigen  Fingerzeig,  wonach  dieses  samt  seinem  alten  Fahrweg  vom 
Thale  aus  auch  von  den  Römern  als  Zugang  im  Gcibrauch  gewesen  sein  dürfte. 
Da,  wo  nach  der  Karte  die  (angetragene  Wegspur  mit  der  aus  der  Bergform 
abgeleiteten  Mauerlini«;  zusammentrifft,  wird  der  alte  Eingang  zum  Ringwall 
sich  befunden  haben.  Bei  Prüfung  der  hier  in  Betracht  zu  ziehenden  Momente 
darf  nicht  ausser  Acht  g(!lassen   werden,    dass   der   Platz  der  Weg-  und  Mau(!r- 


—     ITit     — 

knni/un;;'  durcli  di*^  uniiiitti-lliiuc  Xaililiiiischiifi  diT  hciilrn  )i;icli;;(!\vi('sc'n('n 
Ijagersfütton  ausgozeudiiufr.  ci-scliciiii  mid  sowohl  w('«;-cn  <li-i'  ausserf^owölinliclicn 
GrösKd  des  liiiii^Wiillcs.  als  dn-  knapi»  1  luii  licrraj-cndcii  lliirfVrniiii^^  seines 
Südendo.s  liis  /um  iiäelistcn  Tlioi-e  liier  eine  ^leiclie  .Vnla,i;-e  In'diirl'uis  «(('Wüst'n 
sein  imiss.  Durcdi  Ausjiiass  liciss  siidi  toststtdlcui,  dass  dei'  |{iii<:;\\all  dos  lva|iellon- 
büi'gi'is  ca.  481  000  (|ni  lM)donHä('lio  ciithälr  und  eine  Wailläiif'-e  von  ca.  IVJOO  iii, 
.Di(;se  Fostst(dlimp,'  lässt  crkeiiiHHi,  dass  der  erst  so  s|)iir  der  ( Jeiiieinscliaft  dei- 
walig'okröiiten  I>(n'<^liäii])t('r  des  Voi"(lefrauiiiis  eiiiiicreilire  Jjci'i;-  an  (Inisse  die 
'J.  Stelle  einniinnif  und  d<!n  Altkönii;'  liinsiciirlirji  dess(Mi  st-cnnwalluuisejdcjsscnen 
Gebieros.  dein  der  traj)o/fönni,i>o  Ainuix  (Mng<'i'(!clinof.  nin  211  000  (jui.  also  um 
mobr  als  das  Doppelte   übeifi'iff't. 

Xur  wenige  Funde  aus  d(un  (Jebiet  der  grossen  liewelirten  ZuHurhtsstätte 
sind  bis  jet/i  bekannt  geworden.  Arbeiter  fanden  vor  etwa  17  Jahren  'J  schöne 
Steinbeile  beim  Durcdigraben  der  nordwestliclien  "NValistrecke.  dur(di  Oberst  von 
(■oh  aasen  dem  31.useum  /u  AViesbaden  überwies(!n.  Unter  den  Imlien  Eiciien 
jiördlich  der  Ka])elle  fand  um  l<S8r)  Dr.  Z  leg  1er  ])rä]iistorisc]ie  TopfscherbtMi. 
die  beim  Ausgraben  von  Wurzelst()ckeji  zu  Tag  getreten  waren,  jetzt  im  Museum 
zu  Frankfurt.  Ein(^  grössere  Menge  solcher  hob.  wie  erwähnt".  Prof,  Woltf  in 
den  beiden  runden  A\'obnstätteu,  jetzt  im  Wiesbadcmer  Muscaim.  ()l)glei(|i  die 
beiden  Schcrbenfund«^  eine  beträchtliche  Stiudvzalil  aufweisen  und  zweifellos  der 
Benutzungszeit  der  Kingburg  (entstammen,  liefern  sie  wegen  <ler  Kleinheit  ihicr 
Stücke,  die  weder  Gefässformen  erkcMinen  lassen,  nocji  charakteristische  (^rua- 
mentierung  tragen,  keinen  Anhalt  zur  Zeitbestimmung;  keines  i^r  auf  der  Tiipfer- 
scheibe  entstanden.  Das  Yorhandensein  (^ner  singuläi'en,  eine  iluridistochene 
Haclie  Verdickung  aufweisenden  Gefässscherbe  in  der  grossen  Mengt!  berechtigt 
zu  keiner  Entscheidung  nacb  dieser  Richtung.  Diese  Durchstechung  der  ver- 
dickten Gefässwand  lässt  erkennen,  dass  sie  nicht  für  eine  Aufhängeschnur 
bestimmt  war.  sondern  in  mehrfaclun-  "Wiederholung  auf  der  bauchigen  Gefäss- 
oberüäche  nur  dazu  gedient  liaben  kajin.  eiiKnu  horizontal  und  reifenartiii"  uni- 
s))annten  Faden  festen    Halt  im   Gebrauch  zu  si(hern. 

Die  beiden  Steinbeile  sind  geeignet,  die  Yernnitung  auf  eine  frühe,  den 
Metallperioden  vorausgehende  Zeit  hinzuleiten,  aber  es  darf  ni(dit  ausser  Acht 
gelassen  werden,  dass  solche  sehr  liäufig  unter  den  Funden  an  Gebrauchsgegen- 
ständen der  voilentwickelteu  Eisenzeit  auftreten,  Ihr  Vorkommen  in  dem  Wall- 
kürper  liefert  schon  deshalb  keinerlei  Anhalt  zur  Altersbcstinunung.  w«'il  sie 
sich  möglicherweise  bereits  in  dem  zur  Erbauung  benötigten  Geröllmaterial 
befunden  hatten. 

Mit    der  Ausfertigung    des    beigefügten    Planes,    der    die   Einzelheiten  de> 

Textes,    soweit  angängig,   zur  Anschauung  zu  bringen  bestimmr   ist,    ist  minmehr 

derjenige  Teil    der  Aufgabe    beendet,    der    dem    Schlusskapit(d.    der    Kingwall- 

untcrsuchung  mit  Hacke  und  Spaten,    auch  einer  absolut  genauen  geometrischen 

Vermessung  in"/ler  Kegel   vorausgehen  soll.     Der  vorliegenden  Aufnalnne  dieiue 

als    Grundlage    die    gleichsam    eine    Gruppe    von    Koordinatenaxen    darbietende 

Anordnung  der  Schneisen    uml  die  ])olygone  Grenzlinie  der  Sradrwaldkart«-.    dn- 

beide  die  direkte  Einmessung  des   (lu'igen  ermöglichten. 

r.' 


Ein  Gesamtfund  römischer  Denare  aus  Flonheim. 


Von 

E*  Ritterling, 


Der  im  folgoncleu  beschriebeue  Gesamtfund  ^Y^^llc  Ende  August  d.  Js. 
von  der  Tochter  des  inzwischen  verstorbenen  Finders,  durch  freundliche  Yer- 
mittelung  des  Herrn  Sauitätsrat  Florschütz,  dem  Museum  zum  Kaufangeboten 
und  für  dasselbe  erworben,  da  die  Gefahr  bestand,  dass  der  Fund  durch  Verkauf 
an  einen  Händler  zerstreut  und  damit  für  die  Wissenschaft  verloren  werde. 

Was  sich  über  die  Fundumstäude  und  Schicksale  des  Fundes  noch  fest- 
stellen liess,  ist  in  Kürze  Folgendes.  Im  Jahre  1896  oder  1897  stiess  ein 
Landmann  aus  Flonheim  auf  seinem  Felde  bei  Anlage  einer  Rübengrube  in 
einer  Tiefe  von  etwa  75  cm  unter  dem  Ackerboden  auf  einen  thönernen  Topf, 
der  mit  zusammengerosteten  und  mit  Grünspan  bedeckten  Silbermünzen  gefüllt 
war.  Der  Fund  wurde,  wie  das  die  Regel  ist,  verheimlicht,  so  dass  eine  wissen- 
schaftliche Untersuchung  der  Fundstelle,  die  sich  auch  örtlich  jetzt  nicht  mehr 
ffcnau  ermitteln  lässt,  nicht  stattgefunden  hat.  Doch  ist  Mauerwerk  allem  An- 
S'-heine  an  der  Fundstelle  nicht  vorhanden  gewesen,  so  dass  es  sich  offenbar 
um  einen  dem  Boden  absichtlich  übergebenen,  also  vergrabenen  Schatz  handelt. 
Obwohl  das  Thongefäss  inzwischen  abhanden  gekommen  ist,  auch  einzelne 
Münzen  v<jn  dem  Finder  und  später  von  seinen  Erben  an  Freunde  und  De- 
kannte verschenkt  worden  sind,  ist  der  Fund  seiner  Hauptsache  nach  noch 
jetzt  ziemlich  unversehrt  beisammen. 

Die  Gesamtzahl  der  Münzen  düi'fte  nach  der  Aussage  der  Verkäuferin 
jedenfalls  die  Zahl  400  nicht  überschritten  haben;  ihre  Erhaltung  ist  im  all- 
gemeinen eine  ihrem  verschiedenen  Alter  entsprechende:  sehr  verschliffen  sind 
die  Denare  der  Flavier  und  Trajans,  abgenutzt  auch  die  des  lladrian,  des 
Pius  und  des  Marcus  als  Caesar,  meist  sehr  gut  erhalten  die  Stücke  aus  der 
Zeit  des  Marcus,  Commodus  und  Severus,  wenn  auch  kein  Stück  mehr  Stempel- 
glanz zeigt. 

Wir  lassen  jetzt  die  Deschreibung  der  einzelnen  Münzen  folgen: 


181 


9        b 

TS        ® 


4.  5 
(>.  T 

8 

9 

10 

1  1 

12 

1:5 
14') 


15 
Iß 

17 

18 

10 
•Jo 
21 


Zugehörig- 
keit 


!  ,a 

CS 
N 

ü 


Beschreibung 


C  o  li  f  •  n 
2.  AuÜ, 


Galba  I 


Vespasian 


Titus 


Domitian 


Nerva 
Trajan 


Eadrian 


IMP  SER  GALBA  AVG   Kopf  mit   l,.,rbüoi-  n.  i-, 

Jls.    SPQR 

OB      III   i'iiioiii    l]iclu.Mikr(in/,e. 
C         S 


y,     SALVS    lAVGl    Mtz.iido   Snlus. 

»     TR   POT  X  COS  Villi   ViKori...  ,.in  Tn.paonm 
orricliteiul. 

„    TRI  POT  II  COS  III  PP  sitzcinl-  Piix  .1.  1. 

«     VICTORIA   AVGVSTI    Virtoiin    n.   r.   suilion.l, 
bekränzt  ein  Feldzeichen. 

Umschriften  abgeschliffen,  Av.  Kopf  Yespasian's  n.  i. 
Bs.  Miu's  mit  Trupaeinu  auf  der  Schulter. 

Hs.  PONTIFTRP  COS  IUI  sitz.MuIc  wdbl.  Figur 
mit  Zwej^-. 

Umschriften  verscliliffen.  Äv.  Kupf  dos  'l'itus  mit 
Lorbeer  u.  v.  lis.  stellende  männliche  Figur,  den 
rechten  Fuss  auf  einer  Kugel,  hält  Lanze  od.  Szepter. 

-^'^-  IMP  XXI  COS  IXV  CENS  PPPI  stehende 
.Minerva  mit  La?iz(;. 

>.    PRINCEPS  IVVENTVTIS  siiznulo  v.-ta  n.  l. 

mit  Palladium. 

.    PRINCEPS  IVVENTVTIS  Altar. 
Lykische  Silberdraclimc!  von  der  Grösse  eines  Denars. 

^l'"-AY NOCCeBACT....K<'l'tl).ui.itians 

mit  Lorbeer  n.  r.  l{s.  ItTOYC  \A  i'^  YMIATOY 
II  z\'^]  Zwei  Lyren,  zwischen  ilnicM  ein  Kerykeiun 
(vergl.  Mioniiet  JII  43U,  2.  IJrit.  .Mus.  Cat.  Lycia, 
39.  7.). 

J''^-    FORTVNA  PR  sitzende  Fortuna. 

V  COSVPPSPQROPTIMOPRINC  Üehelmte 
Koma  n.  l.  sitzend,  mit  Victoria  und  Lanze. 

..  im  Felde  PROVID,  Umschrift  PM  TR  P  COS 
VI  PP  SPQR  l'rovid.  n.  1.  stohcnd,  mirSzci-tor 
und  Stab,   vor  ilir  Kugel. 

V  SPQR  OPTIMO   PRINCIPI    <>■    1.  s.l.reitendu 

Spes. 

«      COS  IM    Virtus   11.   r.  stehend. 
•,      HISPANIA    -itzend.'    Ilispania. 
„      im    Allschnitt  IVSTITIA,    rms(dirifi  PM   TR  P 
COS    DES   II  (oder  COS  IM    .lustitia. 

„  im  Felde  PIETAS,  Fnis,  luift  PM  TR  P  COS  1 1 
l'ietas. 


wie  I  338,287, 
aber  Schrift 
des  KoversoK 
in   3  Zeil. Ml. 

1   401,  4;il 
1    411,  .-,.-,•_' 

I  412,  :>m 

fehlt 


I  44:;,   ICL' 


I  494,  267 
T  7)03,  37.S 
I  r)(l4,  307 


II  8,  70 
II  2fi,  t;o 

II  .-,0.  :;i; 


II  t;4,  4."..-. 

II   13G,  3."j3 

II   170,  830 

1 1    1^(1,  87ii 

lodcr  X77l 

11    101.   1U27 


')  Für  die   licstimmung  dieser   und  der  unten   unter   No.  74    :iufgrfülnten   .Münze  bin   icJi 
lli'iiii    ri-of.    l'ick   in   (Icitlia   zu   Dank    verpilichtet. 

12* 


—      1S1>      — 


Zugehörig-   1 

keit  :H 

«-> 
■f. 


Beschreibung 


23 
24 
25 

26 

27 

28 
20 
:{(» 

:{2 

33.  34 

35 
36 
37 
38 
30 
4(» 
41 
42 

4:!.  44 

45 


40 
47/40 

50 
51 


Hadrian 


Sabina 


Antoninus 
Pius 


■R*.  PM  TR  P  COS  III  »•  1-  stehende  Felicitas  mit 
Füllliorii  und  Caduceus. 

,     TRANQVILLITAS  AVG,  i»'  Ai.s.liuiit  COS 

1 1 1  Traiuiuillitiis. 
■n     VICTORIA   AVG    "•   '"•  stehende  Victori.'i    mit 

iAirbecrzNvt'ig. 

-  VOTA   PVBLICA  opfennUn-  Kaiser. 

~      CONCORDIA    AVG    sitzende    Concordia    mit 
Scliiili'    iiiiil    l-'iilllinrn. 

-  IVNONI   REGINAE   stehende  .luno  mit  -Szepter 
und  Schale. 

-  lAVG  PIVS  PMI  TR  P  COS  DES  II  Di«"a 

mit   IM'cil   iiml    IJog'en. 

.     AVG  PiVS  PM  TR  P  COS  DES  II  Ä-iuitas 

iiiil    W'aa.i;-!!    uihI    i^'üHlmrii. 

.     CLEMENTIA  AVG  »inmMitiu. 

^      CONSECRATIO    sitzender    Adler,    Kupf   u.    1. 

^ew  endet. 
,      CONSECRATIO  Sdieiterhanfen. 
1      COS    IUI    Vosta  mit  SimiMihim    und   l'iiliadium. 
„  „  Aquitas. 

„  „  Felicitas. 

„  „  Fortuna    ii.    1. 

_  l'dirinia   n.   r. 

,  ,  Siilus. 

Aliimdantia. 
.,  „  Al)nndantia    mit    ^Modiu^    und    Schiff. 

.U.   mit   TR    P   XVI. 
•,      COS   IUI    Ai)uii(laiitia    mit    :Mo(rnis    und    Schiff. 

.1--.    mit   TR    P    XVII. 
.      COS    IUI     Abundantia.       Ar.     ANTONINVS 

AVG   PIVS  P  P  TR  P  XVI   l^opf  ohne  Lor- 
beer  II.    r. 
«      COS    II  II   uiifernder   Kaiser. 

zwei  versclilunffene]  lande  den  riuliicens 

haltend. 
„      DIVO    PIO    Altar. 
,      FELIC   SAEC   COS   Uli    l'dieitMs,  die  rechte 

Hand    erheb, Mid.      .1/-.    mit   TR    P    XXIII. 
.      FELIC    SAEC    COS    IUI     IVdi<i.as    mit   Cadu- 

ceus,  auf  Siiulo  ^^ostützt.     A>\  niii  TR  P  XX  II  II. 

r,      FORTVNA    COS    IUI    l'"iluiia    mii   Kuder   und 
l'üllliurn. 


c 

0  h  e  n 

2 

.  AuH. 

II 

201, 

1143 

II 

225, 

1437 

TT 

227, 

1454 

II 

220, 

1481 

IT 

249, 

24 

II 

250, 

43 

IT 

277, 

08 

II 

278, 

78 

11 

2S3, 

123 

II 

287, 

154 

II  288, 

164 

II 

292, 

198 

II  296, 

240 

II 

297, 

253 

11 

297, 

263 

II 

298, 

271 

II 

298, 

280 

II 

299, 

283 

II 

299, 

290 

TI 

209, 

291 

fehl 

t 

II 

300, 

.101 

TT 

804, 

344 

II 

306, 

357 

II 

1 

306, 

359 

1 

II 

3(k;, 

.".Ol 

II 

:{()8, 

383 

1  sn 


«     5 

Zug-ehörig- 
keit 

1 

1 

Beschreibung 

C  o  li  0  11 
'2     AiiH. 

S  y^ 

X 

54 

Antoninus 
Pius 

1 

lU. 

FORTVNA  OBSEQVENS  Fortinm  mit  Rinler 

lind    l''üllliuni. 

II  30b,  \:>~. 

55 

n 

1 

W 

ITALIA   sil/i'ndi;    Italia. 

11  :;n,  46M 

ÖG 

n 

1 

n 

im  lvi,i,.LIBIIII,  rMisHuirtTRPOTCOSIIII. 

11    318,  491 

.")7.  58 

11 

2 

n 

PACI    AVG    COS    IUI    l'=iN    "lil   <">lzwei-    und 
.Szept«!-. 

II    327,  573 

59 

<) 

1 

n 

im    Abschnitt    PIETAS,     rins.-liiift    TR    ROT 

Xllil  COS  HM. 

11   .■;:i'p,  r.u; 

m 

•n 

1 

jf. 

ANTONINVSAVGPIVS  PPTRPXXIIII, 
Kopf  ohno   LüiIk'ci-  ii.   r.     7^.   PIETATl   AVG 
COS   IUI    l''''t)is  /.\vis<-lien  zwei    KiTidi'rn. 

\\  iulI:io'_',t;.Ji, 

uliiT   Kopf 
(1  ii  II  i;  Lorbeer 

61 

r, 

1 

7,'s. 

ROMA    COS   IUI    -ii/.''iid.'    Koniu    niii    Vi.turJM 
lind   l>(iii/.e. 

II   34U,  696 

62 

1) 

1 

n 

im  Aliscdiiiitt   TRANQ,    lins(lMift   TR   POT 
Xim    COS  INI.       I'     IMP  CAES  T  AEL 
HADR   ANTONINVS  AVG   PIVS  PP 

\\iell:;5l  .s-j:.. 

WDiilierpiVS 
in    Aver,«uiii- 
stlirift  t'elilt 

63 

•n 

1 

Jr. 

IMP    CAES  T  AEL   HADR  ANTONINVS 

AVG   PIVS   P  P    '^"1''    '"'"^    iiorli.'or    11.   r.      V.'.s. 
TR   POT   XI  III   COS  IM!  stel.emle  weildidic 
Fin-iir  mit  .Szü|(ti'i'   iiinl    Alircii. 

V 

04 

n 

1 

iV.S'. 

TR    POT   XIX    COS  IUI   '1    '■•   sitzoiule  Al.un- 
diintiii  mit   Külllinin. 

11   365,  985 

65 

n 

1 

n 

TR    POT    XX    COS    UM    Alumduntia  n.  r.   mit 
Kind   und  KiidiM-. 

II    :{Ü8,  KMt; 

06 

n 

1 

n 

TR  POT  XX  cos  III!  M'iind.nitiii  wie  bei  985. 

11   ;i68,  1021 

67.  68 

•n 

2 

" 

TR  POT  XXI   cos  IUI   '1-  1-  stehende  Abun- 
diuiti;!    mit  /.\\(m    Ahrcii   und   Ruder. 

11  37(1.  i(i:;s 

69 

» 

1 

n 

TR   POT   XXI   COS  MM   n.  r.  st.  hend..  Abun- 
dnntia   mit  Mudiiis    uml    Kuder. 

11  :;7u,  1U39 

70 

•n 

1 

5) 

VOTA  SOL  DEC  II,  im  AbsHmitt  COS  IUI 

Iviiiscr    vtir   Drcifuss   uidVi-nd. 

II   :;77.  Iin-j 

71 

n 

1 

ylr. 

ANTONINVS  AVG  PIVS  P  P  TR  P  XXII 

K(.|d'    mit    J.orboor     ii.     r.       11^.     VOTA    SOL 
DECENNII,  im  AbscIniiilCOS  IUI 

wie 

11  ;;tt.  IUI 

aller  in  Sillicr 

72 

n 

1 

Ac. 

ANTONINVS  AVG  PIVS  P  P  TR  P  XXI 1. 
//*■.   VOTA    SVSCEPTA    DEC  IM,    i",  Ab- 
stlinitt  COS   IUI. 

iVliIt 

73 

•n 

1 

w'w 

vorlicrgcheiid,   nur   im    ,1'-.   TR    P    XXIII. 

iVlilt 

74     - 

•n 

1 

Silberdnii'liint!  voii  ('ae.siiri'a   in   Ciipiiadorin-)   von   il«r 

Grösse  ei.M-sD.MiMrs.   Jr.  AYTOKP  ANT  V.\H^\ 

'')  Xach  Pick:  Zeitsclir.  f.  >'umismatik  H,  316  f.  \>i  es  k.dn  Stadt-.dd,  sondern  l'n- 
vin/ialgcld  unter  römischer  Autorität,  v-1.  «u.di  Wroth  in  Brit.  .Mus.  Cntal.  Cappndoeia  in- 
trod.   pag.   XXXl. 


184     — 


,  _, 

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-3 

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Zugehörig- 

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Beschreibung 


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2.    Aiili. 


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Antoninus      1      Av 

Pius  iiiul 
Marc  Aurel 
Faustina  I     1   >  7?.i 

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102  Marcus         1        - 


1   ,  Ai 


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1 


ifs. 


1N0C_CHBACT10C  Kopf  des  Pius  n.  r. 
J^--  YMATOC  B  ^l'i'  ''"^'"t?"  A.rgaius,  auf  seinem 
(lipfel  eine  inännlielie  Figur  mit  Schale,  Kugel 
und  Szepter  (vgl,  Mionnet  IV  416,  62.  Hrit.  Mus. 
("at.  Cai)padocia  63,  152). 

ANTONINVS  AVG  PIVS  PP  COS  III  K"i'f 
des  Kaisei>  11.  r.  i.'>.  AVRELIVS  CAESAR 
AVG  PI  I  F  COS  l'iiste  des  Jungen  Marcus  ii.  1. 
/^g;y ^RNITAS    ^''i-   "■   '•  stehend  mit  IMiünix 

Act.   11.  I.  stehend  mit  Szepter,  i 
„  Aet.   11.  1.   stehend    mit    Kugel 

und  Schleier. 

y\^"P£;Rf\Jl"r/\S    lliiwii    mit  Szepter,    davor    ein 
I'tau. 
AVGVSTA    Venus   mit   A]if(d    und   Scliild. 

„  Ceres  n.  r.  stehend. 

„  Ceres  m.  Fackel,  ihr  Gewand  haltend. 

„  Yesta  vor  Altar  stellend. 

„  sitzende  A'^esta. 

Thron. 

„  stellende   weibliche  Figur  n.  i.  mit 

Szepter  und  '?. 

CERES    "•  ^-    stehende  Ceres    mit   Fackel    und 
2    Ähren, 

■  DIV^  FAVSTINA.    ii».  CERES  sitzende  Ceres 
n.  1.  wie  Cohen  II  423,  141. 

CONCORDIAE. 

CONSECRATIO  "•  1-  stehende  Vestam.  Fackel. 

11.    r.    stehender    Adler,    den 
Kopi"  11.    I.   gewendet. 
VESTA   II    '•  stehende  Yesta. 
CONCORD  AVG  TR  P  XVII,  i'"  Ai.sdinitt 
COS  III. 

.  IMP  M  ANTONINVS  AVG  K'M'I'  "'"'"  i-'"- 
iH.r  n.  r.  lis.  CONCORD  AVG  TR  P  X  V  1 1, 
im  Abschnitt  COS  III,  Victoria  sitzend,  hat  ein 
Füllhorn  hinter  ihrem  Sitz. 

CONSECRATIO  Adler  mit  Szepter  n.r.  fliegend. 
„  Adler  n.  r.   sit/cnd   Jiiif  JJlitz. 

Adler  n.r.  sitzend   auf  Altar. 
Scheiterhaufen. 


11    110.  24 


11  414,  11 
II  415,  26 
II  415,  32 

II  418,  61 

II  419,  73 

II  420,  84 

ir  421,  104 

I   II  422,  116 

I  II  422,  119 

'   II  423,  132 


II  423,  136 

fehlt 

II  425,  158 
II  426,  Ki.-) 
II  426,  166 
II  427,  ISl 

II  436,  291 

IT!   7,  37 

wie  111  7,  10, 

aber  Ivopf 

oh  n  e  Loil)eer 

i   III  11,  81 

I    III  11,   83 

III  11,  84 
III  12,  97 


~       1  So 


0)        -^ 


Zugehörig- 
keit 


110 

111 

112 

ii:j 

111.    115 
HG 
117 

118.   111) 

I2ü 


121 
122 
123 
124 

125 

126 

127 


I2.s/i:j0 

i:]l 
i;j2 

133 


134 


Marcus 


c3 

O 


Besclireibung 


1      Rs.   COS    1 1 1   sitzoiidor  .Tiii>itoi 


Uäiiil>ri'ii(l('  ^liiM'i'Vd   II.  V. 

II.    I.    stchi-iiilc    Diuiiti     iiiil    l'l'i-il     iiml 


Büg'eii. 


•1      COS   III    "■    ''■    ><''li'Jiiil('    Salus,    üiiic    Sclilaiii^o 
füttonid. 

!)      COS  1 1  I  P  P  II-  '•  sti'liciidc  Abuiidiiiitia  mit  Alireii 
und  l'iillliciru,  vor  ilir  .Modiiis  und  S(diitt'sv(irdertoil. 

1       ,     iuiAi.sriniittDEGERM,  riiisHii-ii-tTRPXXXI 
IMP  VIII  COS  HIPP  \VMlf.Mili,'iiir-u. 

1       „     FORT  REDTR  P  XXIIIMP  V,  iiiiAi..s(;lmitt 

COS  III    II-   '■   ^itziMide   Fortuiifi    mit   ItiidiM'  und 

i'üniidfii. 

w      IMP    VI    COS    III     'I-     ••     sitzende    Ivuimt     mit 

Victoria,  uml  Lnnzc,    anf  ilii'oni    S<'liild('   .Mmluseii- 
luiupt. 

Äv.  M  ANTONINVS  AVG  TR  P  XXVII  i'-istc 

mit     Lorbeer    n.     r.       ]!s.    IMP    VI     COS     III 

TrojK'Kiuin,    an    dessen    Fuss    ein    gefesselter  (je- 

t'an|^-(Mier   n.    r.   sitzend. 
1       7i'.s'.   cbensu,   nur  Jr.    Kopf  mit   Lorbeer. 
1         „      ebenso,   nur   mit  TR   P    XXVIII   i"i  ^>- 
1         .,  ,,        nur  sitzt  der  (iefaiigem'   ii.   1. 

1         „      IMP    VI    COS    III     Ivsiiser    n.    1.    stehend    mit 

Sze|it(M'  und  Zweig. 
1  „      IMP    VII     COS    III     II-    i-     eibmder     .Mars     mit 

Lanze   und  Troiiaeuni. 
1         „      IMP   VII    COS  III     Victoria    ii.    L    sitzend    mit 

Schale   und   Palme 

1     Av.  M  ANTONINVS  AVG  TR  P  XXIX.     R"- 

IMP   Vlli    COS   III    1'='^   11-   '-   mit  t'Hduceu■^  und 
rüilliorn,    wie   Collen    III   33,    331,    aber   TR    P 
XXIX   ii"    -^v. 
ii'.v.   im    .\bscliniU.  PAX,    Lmsclirift  TR    P    XX   IMP 
IUI    cos    III    '''i^    Uli''   "li^weii;-  und    l'ülliiorn. 
1  „      PIETAS    AVG    «»prernu'SM.r   u.   s.    w. 

1        „     PIETAS    AVG   TR    P    XX    COS   III    n-    '• 

stellende    l'ietas,   oiilVrnd. 

Ac.  M     ANTONINVS     AVG     ARMENIACVS. 
V.V  P  M  TR  P  XIX  IMP  II  COS  III    II-  I. 

stehende    Tax    mit    Cadnccus    und    l'üllhorii,    den 
rechten   Fuss  aul'  einer   Kugel. 
AV  RELIG  AVG  IMP  VII  COS  IM  >l"'l^"'-  "'i' 

Cadueeus   und    Schale,    \\i>'    <'ohen    lll   j-l.    Ö30, 
aber  auf  Ar.  TR  P  XXVIII  ('•'<'l'r   XXV  11'. 


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13, 

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113 

III 

14, 

123 

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11, 

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13!) 

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I.'jI 

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I.j6 

III 

•>•) 

2US 

III  2S,  28U 


fehlt 


III  30,  297 
III  80,  2«J8 
III  .30,  301 


III  30,  305 


Hl  :;2,  :;i  i 

III  33,  325 

fehlt 


111    15,  435 

111    17.    1..I 
III    !S,    IÜ3 

fehlt 


feiilt 


—     186 


Zugehörig-    g 
keit 


Ol    ! 


Beschreibung 


Cohen 
2.  Aufl. 


135  Marcus         1      Jh.    TR  POT  VII   COS  II   ^«enius  des  Heeres  mit      111  66,  661 

l'oldzi'iclifii. 

136  y,  '    1         -.      TR    POT    VIII    COS    II    »Senilis    clos    JloL-ies      111  üT,  673 

luic  Sfhale  uud  Lei!;ionsadler,  vor  ihm  brennender 
i  !        i  Altar. 

137  „  l         -      TR   POT  X   COS   II    Äquitas  mit  AVaagf«    tmd      III  69,  702 

l-'üliliorii.  I 

1  ■ 

138.   139  ^  2   ['  „     TR   POT    X    COS  II    -^'Jl'litr    '"it    Parazonium      111  70,  703 

uud   Lanze. 

140  „  1         -     TR   POT  XI   COS   II    lelicitas    mit  Caduceus      III  70,  709 

und  Szepter,  stützt  sich  auf  eine  Säule. 

141  „  1         -     TR   POT  XI   COS  II  'Securitas  (■').  II171,719(?) 

1.1_.  „  1        -     TR  POT  XII  cos   II   "•  1-  sehreitende  Spes.  i  III  72,  731 

U3/1-15  „  3      haben  die  Umschrift  TR  POT  .  .  .  COS   1 1,  die  /ald 

I  der  tribunicisclien  Gewalt,  sowie  die  Darstellung  i 

j  nicht  sicher  zu  l)estinimen. 

Hü.   147  -  2      i.'>.  TR  P  XX  IMP  IUI  COS  IM   stohende  Yiotona      111  86,  878 

mit    Tainie    und    Schild,    auf    dem    die    Inschrift 
\  vic 

!  PAR. 

148  -  I   1   ,      „     TR  P  XXI  IMP  IUI  COS  III    l'iovidentia  mit  ,   III  86,  881 

I        i  Stab  und  Szepter.  | 

„     ebenso,  stellende  Äquitas  mit  Wau'^e  und  Füllhorn.      III  86,  882 
^     TR  P  XXII  IMP  V  COS  III  sitzende  .\quitas.      III  89,  899 

„     TR   P  XXIX    IMP    VIII    COS    IM    Felicitas      III  Ol,  920 

mit  Szepter  und  Caduceus.  1 

„     TR    P    XXX    IMP   VIII    COS   III    Behelmte  fohlt 

Jvoma  II.  1.  .stehend,  iiält  Victoria   und  Lanze,  Nvie 
Cohen    in   93,  93."),  aber  ohne  p  R.  ' 

-  TR  P  XXXIII   IMP  X  COS  IM  PP  sitzende      11196,968 
Salus  hält  zwei  Ähren,  vor  ihr  Altar  mit  Schlange,   i 

-  VOTA  SOL  DECENN,  im  Abschnitt  COS  I II  '  HI  103,  1031 
opfernder  Kaiser  ii.  1.,  zu  seinen  Füssen  ein  Stier. 

-  VOTA   SVSCEP   DECENNII,    im   Abschnitt      1111(14.1036 
COS    MI   <>lifi;iiidi'r   Kaiser,   aluT  ohne   Stier. 

-  AVGVSTI   Pll   FIL  stclien<le  Spes   mit  IJlumc        111    138,  24 

-  CERES   sitzende  Ceres.  111    139,  35 
•»      CONCORDIA  sitzende  Concordia,   unter  deren  fehlt 

Sessel   eine  Kugel. 

-  CONSECRATIO  1''="-  n.  v.  111  142,  71 


149 

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151» 

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151 

T 

152 

i  I 

153.   154  n 

155  -  I 

1 56  n  j 

157/160     Faustinall 

161.   162  I  „ 

163       '  , 


164 
165 

1 1;6 

167 
168 


„  Thron   mit  l'faii. 

.Mtar. 
DIANA   LVCIF   .-tehend.'   Diana. 
FECVND    AVGVSTAE    stehende    Fecunditas 
zwischen  2   Kindern. 


III  142,  73 

III  142,  75 

III  143,  85 

in  143,  95 


187     — 


I  ^ 

3  s 

05  — 

.4  >=i 


Zugehörig-    * 
keit 


Beschreibung 


OJ 


IC.9.  170  'Faustina II    2 


Lucius 
Verus 


171/174 
175 

17(i.  177 
178/180 
ISl.  182 

18;}.  184 
185 
186 

187 

18.S.  189 
lOO.  191 

192.  193 

194 

195 
196.  197    Lucilla 


198 
199 
200 
201 

202 


203/205  ,  Commodus 


206 


•07 


208 


209 


K*'.    FECVNDITAS  steheudi-  l'ecuiKlitas  in.  Szuptcr 

uikI    Kind. 
„      HILARITAS  st.'luMule   llilu.itas. 
.,     LAETITAE    (««!),    Stempelfehler    stiitt    LAE" 

TITIAE,  son8t   wie 
„      MATRIMAGNAE  sitzende  Cjbele. 
«      PVDICITIA  optenule  Pudicitiii. 

Av.  FAVSTINAE    AVG    Pll    AVG    FIL       A'*- 

PVDICITIA    steluMide  Pudicitiii. 
■7^-   SAECVLI  FELICIT  'Hiion,  auf  dem  2  Kinder. 
„      VENVS    Venus  mit  Apfel  und  Szepter. 
„  „  Venus  mit  Taube  und  Szepter. 

„  ^  stehende    Venus    n.    1.    mit    Apfel,    ilir 

lldfir  Ulli  der  linken   Hand  ordnend. 
r,     VESTA  sitzende  Vesta. 
„     GONSEGRATIO  sitzender  Adler  n.  1.  schauend. 

„     im   Abschnitt  PAX,    Umschrift  TR   P   VI   IMP 

IUI   GOS  II  stehende  l'a.x. 
„     TR   P   NU    IMP  II    GOS    II    -Mnrs    mit    Schild 

und   Ijnii/.e  ii.   i". 
„      TRPVIIIIMPIIIIGOSIII  stehende  Äquitas. 
n      IVNONI   LVGINAE    sitzende  Juiiu    mit  lilume 

und  Kind. 
„      PVDIGITIA  sitzende  l'udicitia. 
„     VENVS   stehende  Venus  mit  Apfel   und  Szepter. 


Cohen 
2.   .\ufl. 

'  ITT   144,  99 

I  III  145,   111 

111    149,  155 

I  III  150,  172 

III    151,  184 
feldt 

111    152,    191 
,  111   157,  249 
III    157,  255 
fehlt 

II  i    1(51,  286 
,   in    177,  55 

III  1s:j,   126 
III    192,  2:<n 


n  » 

1) 


1)  »  »  "  "  " 

VENVS    VIGTRIX    Venus    mit    Victoria     und 
Schild. 
.,      VESTA    Vesta    mit    Sim|»uliim     nnd     r;ill!i<liinn, 
vor  ihr   Altar. 

„  APOL  PAL  P  MTR  P  XVI  GOS  VI  »•  '• 
stehender  .Vpollo,  die  Leyer  auf  eine  Säule 
stellend,  in  der  rechten    Hand   das   IMeUtrum. 

„     AVGT  PIET    P    M    TR    P  XII  IMP  VIII 

GOS   V    P  P    stehende    l'ietas. 

.     GONG    GOM   P   M  TR   P   XVI    GOS   VI 

stehende   Concordia   mit   Srli;tle   und    S/.ciiter. 
„     im  Abschnitt  GONG  MIL,   rmschrift  P  M  TR 
P   XI   IMP  VII    GOS   V    PP    Coucordia    zwei 
Feldzeichen   luiUeiid. 

„     FEL  AVG  P  M  TR  P   IXI  IMP  VIII   GOS 

Y   PP   Felicitas  mit  Szept<;r  und   ('.•i(lni'eu>.   wie 
die  ü  r.   III  241,   115. 


III   200,  310 
III  218,  H6 


III  220,  62 

III  220.  70 

111  220,  71 

111  222,  ".«<• 

111  222.  '.»2 

111  2:50,  25 

111  231.  31 

111  233,   45 

111  234,  5a 

tVlilt 


188 


o       ._ 


_:    i^ 


Zugehörig- 

s 

keit 

o 

-4^ 

Besclireibung 


C  o  li  0 11 
2.   Auil. 


210         Commodus      1       Tis.   FELICIT    PERPETVAE    AVG    l'eiicitas   uud  i  111  242,  120 

< 'iiiiuiiuilu>   sti'licinl.  I 


211 


214.   21.J 

21tj/218 

21ü 

220 

221.  2''"' 

223/225 

22Ü.  227 

228/230 

231/233 
234 
235 

230.  237 

238.  239 

240 

211.   242 

243 

244/246 

247 


1      ^.'>.    FORT    FEL   P  M   TR  P  Xllll  COS  V  PP      m  247,  162 

I  uriiiii.-i    II.  I.    iiiil  ( 'inliK'i'io    und    i'iilllKirti. 


'    Q 


I    '> 


9    I 


-/.'-••   GEN   AVG  FELIC  COS  VI   stehender  (ienius 

II.   I.   mit  8cli!ile  uml  Fülllioni,   vor  iliiii   Altar. 

-     HERCVLI   ROMANO   AVG    Ho-.-n,    Kö.-li,..- 

mal   Kciili'. 

„      eboiisii.    IliTi'ule.s   i'iiii;ii    llfliri   .•iiii"   i'iii   'I'i'iijinc'iiiii 
st^tziMid. 

.     HILAR  AVG  P   M   TR   P  XIII    IMP    Villi 

COS    V    P  P   ^ti'luMide   Hilaritns. 

.     lOV  EXSVP  P  MTR  PXII  IMP  Vlll  COS 

V  P  P   .sitzender  Jupiter. 

.     lOVI  DEFENS  SALVTIS  AVG. 

.     lOVIVVENPMTRPXIIII  COSVDESVI. 

„      LAETITIAE  AVG  l-et.  n.i.  mit  Ähren  n.Kiidor. 

„     LIB  AVG   P  M   TR  P  XV   COS  VI    Lüiertas 
II.    I.    mit   .M fitze    lind   S/epter. 

.     LIB  AVG  P  M  TR  P  XVII  COS  VII  PP 

liiltertas  ji.   1.  mit  3iüt/e.   im    j'ejiie   ein   Stern. 

.  LIB  AVG  IUI  TR  P  VI  IMP  IIII  COS  III 
P  P   l.iberalitn.'^  n.   1.  mit  Tesseni  und  l-'üHliorii. 

«     ILIB  AVGI   VI    P    M   TR    P    XI    IMP   VII 

COS   V    P  P    l/iljeralitu.'<   n.   1.   mit    Te.ssiM-a    und 
l'üllliorn. 

.  LIBERALITAS  AVG  VII  l-üieralitas  n,  1.  mit 
Te<sei-;i   und    i''iililiurn. 

.     MART  PAC  P  M  TR  P  Xllll  COS  V  PP 

n.   1.  >tehoiider  ^lar.'<  mit   Lanzo  und   Olzweii;-. 

n  MIN  AVG  P  M  TR  P  XVI  COS  VI  m.  r. 
eileiulü  Minerva  mit  Seliild  und  l.aiize  in  der 
Linken,  T.orbcerzwcig-   in   der  liecliten. 

.     NOBILIT  AVG  P  M  TR  P  XII   IMP  Vlll 

COS   V    PP  stellende  Xobilitas  mit  Szei)ter  und   , 
kleiner  Statue   der  Pallas.  I 

■  PACI  AETERNAE,  im  Aiodmiti  C  V  PP 
sitzende  Fax. 

-     PAT   SENAT    P  M   TR   P   XII    IMP    Vlll 

COS    V    P  P    Kai>er   n.    1.  .stehend. 

.     P  M  TR   P   Villi   IMP  VI   COS  IIII  PP 

stelir-nde   Vieturiu  auf  einen  Seliild  schreibend. 


III  250,   172 

[II  253,    1!»5 

III   254,  202 

111    25i;,  212 

III    2G1,  242 

III  261,  245 

III  263,  260 

III  265,  279 

III  266,  282 

III   266,   28b 

111    269,   307 

11!    270,   316 

Iir  271,  323 
III   273,  350 


III   271,   3.58 


III    278,  385 

III  279,  3S9 
111  280,  397 
Ili    286,  438 


181)     - 


Laufende 
Nummer 

i 

Zugehörig- 
keit 

i 

1-^ 

O 

Beschreibung 

C 

>> 

0  h  c  11 
.Uli. 

248 

Commodus 

l 

lis.   ebenso,   Aquitas  mit  Waai;-p  und  Fiillliorn,  vor  ilir 

TTT 

287,  446 

•lü.  250 

11 

2 

Ai:  COMM  ANT  AVG  P  BRIT.    i^.  P  M  TR 

vic 

Ileicht 

P  X  IMP  VII  COS  IUI   PP  s-t/..M.der  Jupiter 

111290,  472  (yi 

mit  S/eptor  und  'f 

251 

'' 

1 

A'.s.  P  M  TR  P  X  IMP  VII  COS  IUI  PP  lionm 

II.    1.   sti-iioiid    Miic   ^'i(!to^iil    und    Liiiizc. 

[11 

292,  4711 

252 

'1 

1 

Ac.  M    COMM  ANT  P  FEL  AVG  BRIT.      J'S. 
PMTRPXIIMPVII  COS  V  P  P  sit/fuder 
.hipitei'   mit   Szepter    und    Didpliiu    (vgl.    Coiien 
III  293,  486). 

fehlt 

25a 

11 

1 

h's.  P  M  TR  P  XI  IMP  VII  COS  V  P  P  steheml- 

-Vquitns  mit  Wuaj^'e   und    l''ülliioiii. 

III 

295,  49;t 

254 

1 

„     ebenso,  sitzender  Kaisur  liiilt  ciiii-  Kui;(d. 

111 

295,  504 

255 

^ 

1 

,1     P   M   TR   P   XII    IMP  VIII    COS  V   PP 

]''elicitas  n.  I.  stellend  mit  Caduccus  und  l-'iilllioni. 

ill 

299,  523 

25Ü 

51 

1 

„    P  M  TR  P  XIII   IMP   VIII    COS   V   PP 
stehender  Genius  liiilt  Schale  und   zwei   .Miren. 

111 

301,  532 

257 

11 

1 

„     ebenso,  Aquitas  mit  "Waage  und  Füllhorn. 

III 

302,  53S 

258 

'1 

1 

„     ebenso,  Liberias  mit  Mütze  und  Szejjter. 

III 

302,  512 

5'J.  260 

11 

2 

„     ebenso,  sitzende  Salus,  eine  Schlange  fütternd. 

III 

302,  544 

tJl.  262 

') 

2 

:i      P  M  TR  P  XV  IMP  VIII   COS  Vi  sitzender 

111304,555'''' 

Kaiser  mit  Zwei«;-  und   Szepter. 

263 

'1 

1 

„     P  M  TR  P  XVII  IMP  VIII  COS  VII  PP 

Pax   stehend   mit  Cadueeus    und  Füllhorn   (Stern 
im  Felde  fehlt). 

111 

306,  571 

64.  265 

n 

2 

„     ebenso,    sitzende  Pietas  mit  Szepter,    vor  ihr  ein 
Kind. 

III 

308,  574 

'66.  267 

11 

2 

„     ebenso,  Fortuna  mit  Cadueeus  und  FüHhurn,  den 
Fuss  auf  Sehittsvorderteil,  im   Felde  ein  Stern. 

III 

308,  578 

268 

11 

;,     ebenso,    Fides  (oder  Coucordia)    mit  Feldzeichen 
und  Füllhorn. 

TU 

308,  583 

269 

11 

,1     PVBLICFELPM  TR  PXII  IMP  VIII  COS 
V  P  P  Felicitas  mit  Schale  und  Szepter. 

111 

315,  646 

■JTO 

1? 

„     ROM  FEL  P  M  TR  P  XVI  COS  VI  sitzende 
lloma   mit  Vieturia  und    Liinze,  unter  ihr  Schild. 

111 

316,  655 

271 

n 

„     im  Abschnitt  ROMA,   L'iuschrift  P  M  TR   P  X 
IMP  VII  COS  INI  PP. 

III 

317,  661 

272 

71 

l 

11      S  AL  GEN  HVM  stehende  Salus  einen  Knieenden 
aufhebend. 

,  i'l 

318,  677 

J7;!.  274 

n 

,1    SEC   ORB  P  M   TR  P  Xllll   COS  V,   im 
Abschnitt  DES   VI  flitzende  Securitas. 

III 

320,  695 

275 

1» 

n     SECVR  ORB  P  M  TR  P  Xllll,  i'"  Abschnitt 
COS    V    P  P  sitzende  Securitas. 

III 

320,  697 

100 


I 


/^ 


Zugehörig-    g 

keit  ä  I 

I  a: 


Beschreibung 


('  o  h  0  II 
•_'.   AuH. 


276       '  Commodus 


278 

27'J 
'JbU 

2M 

282 


283 

1 

284 

n 

285 

n 

28G.  287 

n 

288 /2yO 

Ciispiua 

291/293 

» 

294.  295 

r 

296 

n 

297 

•n 

298 

Septimius 

Severus 

-/''^.   TR  P  III   IMP  II  COS  PP   sifzpude  Salus,  eine  '  TU  330, 762  (r) 

.Sfiilaiigc   tutiiTiiil. 

,     .     TR   P   im    iMP   III    COS    II    PP    >it/.e.ulc     ill  331,77:. 
^'iotl>l•i,•l    mit   i'aliiic   inid   Schalt'. 

-  TR    P   VI    IMP    IUI    cos    NIPP    ^iuende   ;    m   3:^4,  8U3 
Ivoiiia   mit    Victuria   und    Laii/.e. 

ebenso,  stehende  l*a.\  mit*  aduceus  und  Fiiilliuiii.       1  1   .'534,  800 

-  TR   P   VII   IMP   V   COS   NIPP    l'ruvidentia      Hl  338,  840 
mit  Stal)    und   Sy.epter. 

-  TR   P  VIII   IMP  V  COS  IUI   PP   i'iuvideutia      111  339,  8:.9 
mit  Stall   und  Szepter. 

-  TR   P   VIII    IMP  VI    COS   INI   PP    sitzende      III  343,  888 
Koma   mit   N'iiitofia    uuii   Lanze. 


„     ebenso,  Providentia  mit  Stab   und   Szepter, 
ebenso,   l'ax  mit  C'aduceus   und    l'iillhorn. 


III  345,  905 


111  345,  906 


299 


300 


301 


302 


-  TR    P    Villi    IMP    VI     COS    INI    PP     i'io-       111348,934 
vi(h'ntia.  (?) 

2  -     VIRTVT  AVG    P  M  TR  P    XII   IMP  VIII      Ul  352,  966 

COS  V  P  P  >^teli.  Virtiis  n.  I.  mit  Victoria  u.  Schild 

:'■         ••      CERES    stehende    Ceie.s    hält    zwei    .Vhren    und       111  3S2,   1 
eine  Fackel.  | 

3  i      "      CONCORDIA   >tc]iciide  Concoiilia   hält  Schale  |   III  382,  5 

und  doppeltes  Füllhorn. 

2         ,,     elienso,  zwei   verschlungene  Hände.  |   III  383,  9 

1         n      IVNO  stehende  Juno  n.  1.  mit  Schale  und  Sz('i)ler,      111  384,  21  {'') 
zu  ihren  Füssen  ein   l'l'au.   Cr")  1 

..      VENVS    Venus  n.   1.  stehend   mit   .\pfel.  j   III  385,  35 

-  FIDEI   LEG  TR    P    COS    steheiule  Fides   mit      IV    l'.t,    1  in 
Victoria   und  Feldzeichen. 

••      LEG  II  ITAL,   iin  Ab.-clniilt  TR  P  COS    Adler       IV    31,    261 
von  zwei   Feldzeichen    umnclicn.  j 

-  LIBERO  PATRI  l'i'"'i' "•'•  ^tciii'ud  mitThvrsus-       iV    34,    301 
.Stab,  zu  seinen  Füssen  ein   l'anther.  j 

-  P   M   TR    IP   IUI    COSI   M    PP     sitzende   l'a.x       IV   46,    42;» 
mit   Szepter   und   Olzwcio-,  i 


VICTORIAE  AVGG   FEL    Hiegende   Victoria 
n.    1.    mit    iliadcm,    vur   ihr  cim'    Kun'el. 


IV   75,   71<.t 


—    l'.ll    — 

lJbcr.si(',htli(!]i  verteileu  sicli  clanac]i  die  nocli  jetzt  iiachwciHbureu  Müir/eii 
(los  Fluides  auf  die  verscliiedeiicii   Kaiser  und  Kaiserinneu  folgeiidermasson  : 

Galba 1  Stück     1      AiitoniuusPius  u.  Marc  Aurcl     1  Stück 

Vespasian "^      r,  Faustina  I 2G      „ 


Titas 2 

Domitian      (darunter      eine 


» 


Marcus 

Faustina  II :y.\ 


•'•'  7, 


n 


griecliisclie) 4  „  Lucius  Verus (5  ^ 

Nerva 1  «  Lucilla 7  „ 

Trajan ^  n  (yoniniodus 85  „ 

TIadrian 8  „  Crispina 10  ^ 

Sabina 2  „  Septiniius  Severus      .     .     .  5  ^ 

Antoninus  Pius  (darunter  eine  j  i„  ßumma   .     .     302  Stück 

j^riechische) 4G  „ 

Numismatische  Seltenheiten  scheint  der  Fund  nicht  enthalten  zu  haben, 
dagegen  eine  ganze  Anzahl  von  Stücken,  die  von  den  Coheu'schen  Beschreibungen 
mehr  oder  minder  abweichen.  So  scheint  der  Victoriatypus  der  beiden  Denare 
Vespasians  (No.  G  und  7)  bei  Cohen  auffallendervveise  ganz  zu  fehlen  (die  von 
ihm  No.  618  beschriebene  Darstellung  ist  offenbar  eine  andere),  dürfte  aber 
der  Keversdarstellung  der  unter  Titus  F  459,  380  beschriebenen  Mittol- 
bronze  mindestens  sehr  ähnlich  sein.  Öfter  entsprechen  Münzen  unseres  Fundes 
von  Cohen  beschriebenen  Gold-  oder  Bronzemünzen  genau,  sind  ihm  aber 
als  Silberdenare  unbekannt:  so  ist  unsere  No.  71  des  Pius  wohl  gleich  der 
Goldmünze  Cohen  IF  377,  1111,  No.  72/73  entsprechen  die  Darstellung  und 
Reversuraschrift  ganz  den  Bronzen  Cohen  IP  378,  1120 — 112G,  unsere  No.  133 
des  Marcus  ist  gleich  der  Goldmünze  Cohen  IIP  49,  480;  No.  163,  181/82, 
187  der  Faustina  II.  gleich  den  Bronzemünzeu  Cohen  IIP,  56  ff.;  179/80  und 
265;  No.  209  des  Commodus  ist  wie  das  Grosserz  Cohen  IIP  241,  115.  Ab- 
weichungen in  den  Umschriften  auf  dem  Avers  zeigen  die  Münzen  des  Pius 
No.  62,  der  Faustina  I.  No.  96,  des  Marcus  No.  127,  auf  den  Reversen  die 
des  Galba  No.  1  und  des  Marcus  .No.  152.  Endlich  haben  die  beiden  Münzen 
des  Pius  No.  45  und  des  Marcus  No.  103  abw^eichend  von  Cohen  nicht  den 
belorbeerten,  sondern  den  ungeschmückteu  Kaiserkopf  auf  dem  Avers. 

Die  verschiedenen  Kaiser  sind  in  den  Denaren  unseres  Fundes  an  Zahl 
sehr  ungleich  vertreten,  und  lassen  sich  in  dieser  Hinsicht  deutlich  zwei  Gruppen 
scheiden :  von  den  flavischcn  Kaisern,  sowie  Trajan  und  Hadrian  sind  verhältnis- 
mässig nur  sehr  wenige,  zusammen  nur  28  Stück  vorhanden,  während  die  über- 
wiegende Masse  der  Denare  aus  der  Zeit  des  Pius,  Marcus  und  Commodus 
stammt"),  eine  Erscheinung,  die  bei  vielen  Münzfunden  dieser  Zeit    wiederkehrt 


•')  In  dem  iiocli  vollständigen  Fuiido  kiinn  dies  Verhältnis  kein  anden-s  -ewescn, 
iiiiiss  violmelii*  noch  schärfer  hervorgetreten  sein  als  jetzt:  dem  Schicksale  des  Verschenkt- 
werdens sind  ottenbar  die  späteren  Denare  mit  noch  gut  erhaltener  Prügung  und  rmsrlM-ift 
ungleich  stärker  ausgesetzt  gewesen,  als  die  verschlittenen  und  lialli  nnkenntli<'hen  Dennre  der 
tVüliorou  Zeit;  vielleicht  erklärt  sich  auch  hieraus  die  aurtalloiHi  geringe  Zahl  der  Jetzt  nocii 
vdriiandciii'M   Stücrkc   mit  ilem  Kopfe  des  Severus. 


—    n)2   ■  - 

rsiehe  Mommsen,  Rom.  Müuzwesen,  774),  Bemerkenswert  ist  das  Vorkommen 
zweier  griechischeu  provinzicUeu  Silbermüuzeu,  einer  Ivkischen  (No.  14)  und 
einer  cappadokisclien  (No,  74)  unter  dem  übrigen  lieichsgeld  unseres  Fundes. 
Doch  haben  sich  Stücke  lykisclier  Prägung  auch  sonst  mit  Kaiserdenaren  ge- 
mischt im  AVesten  des  Reiches  gefunden  (sielie  Mommsen,  Rom.  Münzwesen, 
S.  710,  Anmerk.  155);  ein  Gleiches  ist  mir  von  den  Draclmien  cappadokischer 
Prägung  nicht  bekannt,  aber  zweifellos  haben  auch  sie,  in  Grösse  und  Gewicht 
dem  gleichzeitigen  Reichsdenar  ziemlich  entsprechend,  ihm  auch  ausserhalb 
ihres  ursprünglichen  engen   Umlaufgebietes  an   Wert  gleicligestanden. 

Was  endlich  die  Vergrabungszcit  unseres  Schatzes  anlangt,  so  ist  dieselbe 
aus  der  zeitlich  jüngsten  Münze  (No.  3ü2  aus  den  Jahren  198/201)  nicht  ohne 
weiteres  zu  erschliessen.  da  ja  unlor  den  jetzt  abhanden  gekommenen  spätere 
Stücke  gewesen  sein  können  (vgl.  die  A.nmerk.  3).  Die  Möglichkeit,  die  sonst 
bei  Funden,  die  bis  zum  Anfang  der  Regierung  des  Severus  reichen,  vorhanden  ist, 
dass  sie  nämlich  auch  um  ein,  selbst  zwei  Jahrhunderte  später  vergraben  sein 
können  (Mommsen,  Rom.  Münzwesen,  775),  dürfte  bei  unserem  Funde  aus- 
geschlossen sein  mit  Rücksicht  auf  die  meist  sehr  gute  Erhaltung  der  Denare 
des  Severus,  Commodus  und  Marcus.  Wahrscheinlich  wird  der  Schatz  also  im 
Anfang  des  3,  Jahrhunderts  der  Erde  übergeben  worden  sein. 


Namen  und  Lage  von  Wiesbadener  Örtlichkeiten. 


Von 

F,  Otto. 


I.    Ansiedelungen   in  der  Umgegend  von  Wiesbaden. 

Es  ist  nicht  unsere  Absicht  liier  nochmals  auf  die  rijuüschen  Ansiedelungen 
in  der  Umgegend  von  Wiesbaden  zurückzukommen,  von  denen  wir  durch  die 
Blosleguiig  von  Mauerresten  und  Fundstücke  aller  Art  eine  sicher  bezeugte 
Kunde  erhalten  haben,  wenn  auch  schriftliche  Zeugnisse  fehlen;  dieselben  hat 
K.  Reuter  in  den  Annal.  V,  3,  1876  ausführlich  nach  den  Fundberichten  dar- 
gestellt und  mit  Abbildungen  versehen.  Wir  wollen  hier  die  Ansiedelungen  des 
Mittelalters  in  der  Umgegend  von  Wiesbaden  einer  genaueren  Betrachtung 
unterziehen,  da  diese  einer  solchen  zu  bedürfen  scheinen;  denn  die  verschiedenen 
Darstellungen  derselben  sind  zum  Teil  ohne  genauere  Kenntnis  der  vorliegenden 
Quellen  niedergeschrieben  oder  ermangeln  einer  kritischen  Prüfung. 

1.  Ufhoben  oder  Ofhoben  (Uffhoben,  Offhoben,  Ufhoven). 

Bereits  Sehen  ck  in  der  Geschicht-Beschreibung  der  Stadt  Wissbaden  17r»S 
S.  406  berichtet,  aber  ohne  Angabe  einer  Quelle  und  ohne  Jahreszahl,  im  An- 
schluss  an  die  Rodung  der  Geisshecke  (nach  1349),  es  hätten  unweit  der  Geiss- 
heck, die  Graf  Gerlach  mit  Zustimmung  der  Mitmärker  dem  Kloster  Clarenth;d 
im  Jahre  1347  geschenkt  und  die  anzureden  zwei  Jahre  später  Graf  Adolf  dem- 
selben erlaubt  habe,  einige  Hofraithen  nebst  dazu  gehörigen  Raumgärten  und 
anderen  Feldstücken  gestanden,  welche  dem  Kloster  ebenfalls  zugehört  hätten. 
Sie  und  die  ganze  daselbstige  Gegend  hätten  Über  =  Uffhoben  geheissen,  hcnt- 
zutao-e  Überhoben  genannt.  Schenck  schliesst  sich  Schlicphake  IV,  52  im 
Wesentlichen  an,  nur  gibt  er  den  Namen  der  Niederlassung:  Uft'hoben  oder 
Offhoben  richtig  an,  statt  Über  =  Uft'hoben,  ein  Name,  der  mehr  einem  Versuch 
der  Erklärung  des  Namens  gleicht,  als  eine  urkundliche  Bestätigung  gefunden  hat. 

An  beiden  Darstellungen  ist  zweierlei  auszusetzen:  1.  Dass  die  Ansiedelung 
auf  dem  Eigentum  des  Klosters  entstanden  sei.  2.  Dass  sie  mit  der  IJrbar- 
machun"-  der  Geissheck  in  Verbindung  gebracht  wird. 


—     104     — 

Schon  vor  Sclilie])hako  i^l87öj  hatte  Vogel  in  den  Anual.  IIl,  2,  92 
(1842)  und  in  der  Beschreibung  des  Herzogtums  Nassau  S.  535  (1843)  einige 
urkundliche  Belege  über  die  Zeit  Uff'hobens  veröffentlicht,  die  Schliephake 
nicht  erwähnt:  Roth  endlich  in  seiner  Geschichte  der  Stadt  Wiesbaden  S.  556  f. 
(1883)  vereinigt  die  verschiedenen  Angaben  Schenck's  und  Vogels  zu  einem 
Ganzen,  ohne  Neues  beizubringen. 

Wir  verzeichnen  nunmehr  die  Stellen,  aus  denen  das  Bestehen  eines 
Dörfchens  Ott-  oder  Uff  hoben  hervorgeht;  zuvor  bemerken  wir,  dass  mit  ihm 
ähnlicher  Bildung,  aber  verschiedener  Bedeutung  der  Name  Überhoben  oder  Ober- 
hoben ist,  wie  sich  weiter  unten  zeigen  soll;  beide  Namen  berühren  sich,  wie 
Förstemann,  Die  deutschen  Ortsnamen  1863,  S.  127  sagt,  mit  „hoch",  wie 
„unter  und  nieder"  mit  ,,tief" ;  denn  die  Lage  beider  Ortlichkeiten  ist  auf 
oder  am  Abhang  einer  Anhöhe.    Beispiele  siebe  in  dessen  Namenbuch  II,   1444. 

1.  In  einem  Güterverzeicimis  des  Klosters  Eberbach  von  ca.  1300  heisst 
es  (in  No.  59):  „It.  habemus  ibidem  (in  Wiesbader  Gemarkung)  curiam  sitam 
zu  Ufhoben."  Ob  dieses  dieselbe  curia  ist,  in  der  (in  No.  8^  genannt  wird 
,,Hertwin  in  curia  monachorum"  und  (No.  16)  ,,supra  Hertwinum  in  curia 
monachorum",  lassen  wir  uner<)rtert;  denn  bald  darauf  haben  die  Mönche  auch 
einen  Hof  in  der  Stadt,  den  sie  an  Graf  Adolf  vertauschen  (1365).  Uns  genügt, 
dass  ein  Hof  des  Klosters  zu  Uffhoben  bezeugt  ist  und  zwar  zu  einer  Zeit,  als 
Ciarenthal  in  seinen  Anfängen  stand,  50  Jahre  vor  der  Schenkung  der  Geissheck, 
und  ehe  das  Kloster  Clarenthal  hier  Grund  und  Boden  l)esass.  Daher  ist  die 
oben  beanstandete  Äusserung  Schenck's  und  Schliephake's  über  die  Lage 
Ufholiens  auf  Clareuthalor  Eigentum  schon  aus  dieser  Stelle  begründet.  Der 
Hof  der  Eberbacher  bestand  sicher  schon  vor  Ciarenthals  Gründung. 

2.  In  der  Urkunde  vom  23.  xVugust  1317,  nach  welcher  Kunrat  Scolme 
Ritter  von  Bergen  und  seine  Frau  Hedwig  dem  Kloster  Clarenthal  ein  Gut 
verkaufen,  wird  die  Grenze  desselben  u.  a.  so  bestimmt:  ,,es  geht  die  bach 
abe  l)i  der  mulin,  do  Lenfrit  ctwanne  saz,  bit  an  di  wissen,  die  nu  der  frawen 
zu  Clarendal  ist  und  et  wanne  was  He  inen  zu  Ufhoven  und  sinre  geswister 
de  Guntramis  Kindere  zu  Ufhoben." 

3.  Da  nach  No.  4  und  5  eine  Hofstätte  zu  Ufhoben  au  der  Kaldcnbach 
gelegen  war,  so  wird  man  nicht  fehl  gehen,  wenn  man  auch  die  Kaldebach  in 
der  Urkunde  vom  16.  Oktober  (ipsa  die  Gelli  abb.)  1341  hierher  zieht,  durch 
welche  Schultheiss  und  Schöffen  zu  Wiesbaden  bekunden,  dass  Betlia,  Dietrich 
Huds  (von  Sonnenberg)  sei.  Hausfrau,  dem  Kloster  Tiefenthal  \A.'  Mark  Pfennige, 
die  Else,  Dietrichs  erste  Frau  auf  den  Hof  und  das  Gut  brachte  zu 
Herrn  Dietrich  (der  Hof  war  gelegen  auf  der  Kaltin  bach).  bewiset  auf  Haus 
und  Hobestad  an  den  Graben.  Urkunde  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden,  ab- 
gedruckt bei  Roth,  Fontes  II,  79,  Auszug  bei  Vogel,  Ann.  III,  2,  93. 

4.  Am  30.  November  (Andreae)  1351  thut  der  Pfarrer  Wernher  zu  Wies- 
baden kund,  dass  er  dem  Kloster  Tiefenthal  Meysen  Plobestad  an  der 
Kaldenl)ach  von  Uff  hüben  (Vogel  schreibt  Uffhäben)  für  8  Schill,  und 
5  KHppen   jj'ilirliclier  Rente  geliehen  hat.    Urkunde  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden, 


—     195     — 

abgedruckt  bei  Roth,  Fontes  II,  95,  Auszug  bei  Vogel  a.  a.  O.  (Uttiiäbeu  wohl 
nur  ein  Schreibfehler;  vgl.  No.  5). 

5.  Am  11.  Januar  (teria  quarta  post  Epiplian.)  1352  bestätigt  der  Komtliiir 
des  deutschen  Ordens  /u  Mainz  diese  Leihe  von  Meysen  Hobestad  zu  Of'f- 
]) offen  an  der  Kaldenbach.  Urkunde  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden,  abge- 
druckt bei  Roth,  Fontes  II,  97,  Auszug  bei  Vogel  ii.  a.  0. 

Aus  diesen  Urkunden  geht  hervor,  dass  bei  Uffhoben  ein  Bach,  wohl  nur 
der  Abfluss  der  Gewässer  des  Ortes,  vorüberfloss,  dass  demnach  der  Ort  selbst 
nicht  auf  der  Höhe  des  ganzen  Bezirks  Überhoben  lag,  sondern  am  Abhang 
desselben  nach  dem  westlich  davon  fliessenden  Druderbach  und  der  in  No.  2 
genannten  AViese  zu. 

6.  Zum  letzten  Male  im  14.  Jahrhundert  wird  OfFhoben  genannt  nach  dem 
Jahre  1380  im  Merkerbuch:  Jungfrau  Elschin  zu  Offhoben  und  ihr  Sohn 
Conrad,  ein  Priester,  geben  Güter  auf  zu  St.  Michel  zu  der  Frühmesse  (in  der 
S.  Michaels  Capelle).    Merkerbuch  S.  33. 

Diese  sechs  Stellen  sind  nun  die  einzigen,  in  denen  Häuser  und  Bewohner 
zu  Uffhoben  genannt  werden.  Nach  längerer  Pause  wird  der  Name  wieder 
genannt  in  einem  Güterverzeichnisse  der  Karthäuser  von  etwa  1430,  das  ver- 
fasst  ist,  als  die  Gräfin  Margarethe  die  vormundschaftliche  Regierung  für  ihren 
Sohn  Johann  führte,  von  1426  bis  etwa  1441  (Menzel,  Geschichte  von  Nassau  I, 
257)  und  die  Söhne  des  Grafen  Philipp  von  N.-Weilburg  und  Saarbrücken 
(y  1429)  noch  unmündig  waren,  die  1442  ihr  väterliches  Erbe  teilten  (Menzel 
a.  a.  0.  S.  113,  147).  Es  ist  freilich  nicht  ausgeschlossen,  dass  damals  Uffhoben 
noch  bestand,  aber  dies  ist  mindestens  höchst  zweifelhaft,  da  bald  darauf  der 
Name  wie  in  der  Folgezeit  unzweifelhaft  keine  Niederlassung  mehr  bezeichnet 
und  nur  noch  bei  Beschreibung  der  Grundstücke  von  Bewohnern  der  Stadt 
verwendet  wird,  die  bei  dem  ehemals  bewohnten  Orte  gelegen  waren.  Es  sind 
folgende  Stellen: 

1.  Karthäuser  Gut  von  c.  1430  am  Ende  (No.  109):  „eine  Wies  von  2  Morgen 
hinder  Uffhoben." 

2.  In  einem  Zinsregister  der  Mauritiuskirche  vom  Jahre  c.  1485  kommt  vor: 
Anthes  uff  dem  Bade  und  Kleinhentzgyn  (Bürger  zu  Wiesbaden)  geben  drei 
Kappen  von  einem  Garten  zu  Uffhoben  und  ebenso  ihre  Nachfolger  in  den 
Jahren  1523,  1524  und  1525. 

3.  Ebenda;  Die  Abbatissa  in  Tiefenthal  gibt  17  Turnose  sub  pignore 
die  Tiefenthaler  Garten  zu  Offhoben. 

4.  In  einem  Zinsregister  des  Hospitals  vom  Jahre  1531  wird  genannt  der 
Bürger  Schritt  Jakob  mit  einem  zweiteil  Ackers  zu  Uffhoben  und 

5.  Treher  Schreiner  mit  einer  Wiese  zu  Uffhoben. 

Weitere  Beispiele  aus  dem  Herdschillingsbuch  von  1664  u.  s.  w.  anzu- 
füliren  ist  überflüssig. 

Dagegen  wird  im  14.  Jahrhundert  der  Name  Überhoben  von  Uff- 
hoben streng  auseinandergehalten;  jener  bezeichnet  eine  Flur  des  grösseren 
Distriktes  llengert,  zu  dem  Überhoben  nach  seiner  Anrodung  gerechnet  wurde, 

obgleich  es  weit  von  ihm  getrennt  war. 

13 


—     19()     — 

1.  iü  dem  .,secuudus  campus  of  ilcn  Ileiigartlieu"  wird  in  dorn  Ebcrbaclior 
Gütervcrzeicbuis  von  ca.  1300  genannt  (No.  7o) :  ,.Item  Oberhobeu  ii  iug. 
ober  dem  Wec."  und  (No.  20). 

2.  , .Versus  IJlideustat  id.  h.  au  dorn  alten  Bleidenstadter  Weg  uacli 
Clarenthal  uu'l  L.-Scbwalbach)  item  uuum  iug.  cuin  dimidio  Oberhoben  in 
den  Wingarten."  Daran  scddiesst  sich  sofort  ein  Grundstück  von  zwei  Morgen 
„offen  I lengarten ". 

ij.  (No.  Gl:)  „Item  liabenuis  ibidem  (zu  Ufliobcn)  II  iug.  vinearum  sita 
Oberhoben, " 

4.  In  einer  Urkunde  vom  15.  -hini  1324  wird  genannt  ,,uuum  cum  di- 
midio iug.   Ober  hoben'*. 

An  diesen  vier  Stellen  und  ebenso  an  den  folgenden  No.  5,  *.)  und  1 0  ist 
der  Umstand  auffallend,  dass  bei  dem  Namen  der  Flur  die  Präposition  in  oder 
auf.  die  oben  bei  Heugartheu  und  sonst  steht,  nicht  gesetzt  ist.  Daraus  scheint 
hervorzugehen,  dass  die  Präposition  „über"  noch  nicht  zu  einem  Worte  mit 
„hoben"  zusammengewachsen  ist,  ferner  dass  das  Feld  hoben  =  Hof  heisst, 
da  eine  llerleitung  dieses  Wortes  von  Ouwe,  etwa  au,  bei  seiner  Lage  auf  und 
an  einer  Höhe  nicht  angezeigt  ist.  Wir  vermuten  daher,  dass  hier  gedacht 
werden  muss  Überhoben  =  über  (Uff)hobeu,  d.  h.  das  Feld,  das  über  der 
Ansiedelung  Uff'hoben  liegt.  Dabei  gewinnen  wir  eine  Bestätigung  der  obigen 
Annahme,  dass  Uffhaben  am  Abhänge  der  Anhöhe,  nahe  der  genannten  Wiese 
gelegen  zu  denken  ist.  Wollte  man  Uffhobeu  weiter  auf  die  Höhe  von  Über- 
hoben verlegen,  so  wäre  der  Zug  der  Grenze  des  Burgfriedens  von  1367  un- 
erklärlich ;  er  würde  hier  eine  Zickzacklinie  beschreiben,  (üff)hoben — Seroben. 
(Vgl.  No.  5  und  weiter  unten  die  Abbildung  der  Lage  der  Fluren  nach  der 
Karte  von  ca.   1826.) 

5.  Li  dem  „Burgfrieden"  vom  7.  Dezember  1867')  wird  die  Grenze  des- 
selben also  angegeben :  „er  soll  augeheu  an  den  fünf  Kratzen  bei  dem  Kalk- 
born |iiii  Distrikt  HengertJ  und  hinter  den  Zuneu  uff  hin  bis  über  Hoben  mit 
an  Burn,  der  da  heisset  Serhobeu  und  von  dannen  über  ßied  und  von  dannen 
an  Rode  burn  und  vuii  danneu  über  den  Leuberberg  an  Ruschelburn"  u.  s.  w'. 
Auch  hier  wird  über  Hoben  nicht  als  ein  Wort  zu  betrachten  sein,  sondern 
man  darf  wieder  ergänzen  ein  Uff  vor  hoben,  so  dass  es  heisst  über  Uffhobeu. 

0.  Im  ersten  Teil  des  Verzeichnisses  der  Güter  der  Karthäuser  von  ca.  1370 
heisst  es  zwar  bei  dem  zweiten  Teil  des  Heyngarthe:  „dies  Feld  heisset  Obir- 
hofen",  aber  gleich  darauf 

7.  „Item  zwei  Morgen  an  dem  Pfade,   der  da  gehet  über  Hoven"  und 

8.  „Item  ein  Morgen  undir  Obir]ioven\  aber  in  dem  zweiten  Teil  dieser 
Beschreibung 

0.  „das  Feld  inne  Ileingartcn  und  darzu  gehören  die  Acker  Ubirhoben", 
und  gleich  darauf 

10.  „zwei   Morgen,  die  stosseii  in  Junker  Saneck  Ubirhoben." 


')  In  dem  Abdruck  der  Urkunde  Aniial.  X,  71  steht  fälschlich  l'Sii"  und  ebenso  Lenbcr- 
IxM't;  und  Nusdielburn,  wie  eine  zweite  spätere  l\0])io  wirklich  zu  hfilion  scheint,  während  eine 
andere   die   richtiui'    l.i'sart    bietet. 


—     197      - 

Weitere  Nacliweistingen  sind  überliüsHig;  wir  f'iljL,M;ii  nur  noch  eine  ver- 
kleinerte Darötelhiug  der  Lage  aus  einer  Karte  von  ca.  1820  (vor  der  Kon- 
solidation der  Gemarkung)  iiin/u  und  einige  Auszüge  aus  dem  Ilerdschillings- 
buch  zur  Ergänzung  derselben.  Danach  lag  Überhoben  links  von  der  Blei<len- 
stadter  Strasse  und  zerfiel  in  die  Abteilungen  „auf  dem  Gleiclien,  vor  der  Ooiss- 
lieck  und  auf  der  [DruderjBach",  berührte  den  kleinen  Distrikt  Geissheek  un<l 
„bei  Seroben",  sowie  „in  der  Au". 


In   de r    A u 

(Alter  ^  Bleideufitadter   Wefj 


Überhoben  1 

auf  dem  Gleichen  vor  der  Geissheclc 


Geisii- 
hecl;') 


auf  der  Dnidcrhach 


Wiesen  bei  der  Druderhach 


Wellritz 
miihle. 


2.   Seeroben. 

Wie  in  OfFhoben  (Uffhoben)  und  Überhoben  noch  deutlich  das  Wort  Hof 
steckt,  so  führt  Seeroben  ebendahin;  zeigt  doch  die  erste  und  dem  14.  Jalu-- 
hundert  angehörende  Erwähnung  des  Wortes  noch  den  Buchstaben  h  uacli  dem 
r  in  Serhoben,  im  Burgfrieden  von  1367,  s.  oben  in  No.  5  auf  S.  196.  Die 
Lage  zeigt  deutlich  das  Kärtchen;  danach  grenzte  der  Distrikt  Seerhobcn  an 
Überhoben  und  lag  etwa  da,  wo  die  Lahn-  und  Aarstrasse  sich  trennen.  Der 
Name  ist  erhalten  in  der  neuen  Seerobenstrasse,  vor  ihm  lagen  die  Wiesen  am 
gegenüberliegenden  Dendelbach  an  der  Emserstrasse. 

Lii  10.  und  den  folgenden  Jahrhunderten  hiess  der  Distrikt  Serobeu,  See- 
roben, Sehroffen,  Sieroffen,  Syroben,  Syruben,  Sehrobenbove;  man  sieht,  dass 
die  ursprüngliche  Form  und  Bedeutung,  die  durch  die  älteste  Form  genugsam 
bezeugt  ist,  nicht  mehr  verstanden  wurde;  für  uns  sind  höchstens  die  Formen 
mit  ff  und  vornehmlich  die  durch  das  eingeschobene  h  oder  die  Verdoppelung 
des  e  angedeutete  Dehnung  des  e  von  Wichtigkeit,  da  sie  die  Ableitung  des 
ersten  Teiles  des  Namens  bestätigen. 

Die  Deutung  des  Wortes  Seeroben  macht  keine  Schwierigkeit.  Die  Volks- 
etymologie, wonach  Seeroben  ■=  sehr  oben  sein  soll,  ist  natürlich  unhaltbar, 
da  sie  der  Lage  widerspriciit.  Oben,  ursprünglich  Höfen,  ist  ein  Dativ  l'lur. 
des  Wortes  Hof,  mhd.  hof,  hoves,  dessen  v  vielfach  in  b  übergegangen  ist ; 
wir  schliessen  daraus,  dass  hier  eine  Niederlassung  von  mehreren,  vielleicht  nur 
wenigen   Höfen,   Baurnhofgereiteu,   gestanden  hat.     Eine   Andeutung   davon    ist 


■-)   Dieser  Distrikt  sclioint    in   älterer  Zeit  einen  grüssoren   Uiiifimg  «rolmbt  zu  linhoii. 

13* 


—     198     — 

es,  weun  später  hier  wie  bei  dem  bereits  ausgegaugeiieu  OfFhubcu  (um  lölU) 
noch  Gärten  vurkommeu :  denn  diese  lagen  gcwölmiicli  nicht  weit  von  den 
Wolmungeu  der  Menschen,  nnr  getrennt  durch  die  Befestigungen,  mögen  es 
nun  Mauern  oder  Umzäunungen  gewesen  sein.  Zur  Zeit  der  ersten  Erwähnung 
(1367)  bestand  die  Niederlassung  nicht  mehr,  sondern  nur  noch  der  Born  ver- 
riet ihr  ehemaliges  Dasein :  die  Bewolmer  mochten  nach  dem  gesünderen  Off- 
hoben oder  der  Stadt  Wiesbaden  verzogen  sein. 

Der  erste  Teil  des  Namens  Seeroben  ist  olme  Zweifel  =  Saher,  ahd. 
Suhar.  Sumpfgras,  Schilf.  Lexer  II,  573,  Grimm,  Deutsches  Wörterb.  VIII, 
1G62.  Eine  zusammengezogene  Form  Sahr,  eine  umgelautete  Süher  siehe  bei 
Schmeller-Frommann  II,  244;  vgl.  Lexer  a.  a.  0.  Die  Zusammenziehung 
ist  bei  unserem  AVorte  noch  an  der  Dehnung  Seer  oder  Sehr  zu  erkennen. 
Danach  ist  Seeroben  =  Schilfhofen,  ein  für  die  Lage  des  Orts  in  einem  Tliale 
des  Dendelbachs  mit  Schilf  passender  Name. 

Namen  mit  Seher  und  Seer  kommen  in  Nassau  bei  Flurbenennungen  noch 
mehrfach  vor.  Vgl.  Kehreins  Namenbuch  S.  550  (321):  Seerbach,  Serbach 
in  Langenaubach.  auf  der  Seher  zu  Langeudernbach  (550)  u.  s,  w. 


II. 

Ein  drittes  Dörfchen  glauben  einige  in  dem  Distrikt  „auf  den  Rödern" 
gefunden  zu  haben,  und  Roth  hat  ein  Dörfchen  Rode  in  seiner  Geschichte  von 
"Wiesbaden  S.  556  aufgenommen,  das  im  Jahre  1284  (bei  Roth  verschrieben 
1248)  erwähnt  werde.  „Uff  den  Rödern"  heisst  im  Ilerdschillingsbuch  von 
1564  ein  Acker  oder  Weingarten  am  „Atzelberg,  am  Rugberk,  an  der  Wolken- 
brust, am  Weiersweg,  vor  dem  Wald",  wodurch  die  Lage  an  der  Platter  Strasse 
genugsam  beschrieben  ist.  Der  Name  zeigt  deutlich  an,  dass  die  Gegend  später 
als  die  anderen  Felder  angerodot  worden  ist. 

In  einer  Urkunde  vom  6.  Dezember  1284  bekunden  j\lainzer  Richter,  dass 
Marquard  von  Frauenstein  und  Marquard  Mulich  von  Wiesbaden  „tres  agros 
terre  campestris  sitos  uffe  den  Roden  iufra  terminos  ville  Wisebaden"  zu 
Erbleihe  von  dem  Dekan  und  Kapitel  St.  Peter  zu  Mainz  gegen  eine  jährliche 
Abgabe  von  einem  Solidus  erhalten  haben.  Eine  Abschrift  der  Urkunde  aus 
der  II ab el' sehen  Sammlung,  aus  der  Bodmann  S.  310  einen  Auszug  mitteilt, 
fügen  wir  unten  bei. 

Wenn  in  dieser  ersten  und  einzigen  Stelle  der  Distrikt  Offe  den  Roden 
heisst,  so  haben  wir  in  diesem  „Roden"  den  Dativ  Plur.  von  Rod,  uovale  zu 
erkennen,  der  damals  noch  neben  Röder  im  Gebrauch  gewesen  sein  muss.  Bald 
darauf,  im  Eberbacher  Güterverzeichnis,  ca.  1300,  finden  wir  „an  den  Röderen", 
ebenso  im  Merkerbudi  R<idern,  Roddern  und  mehrfach  in  rheiugräflichen  Ur- 
kunden von  1374  Rüdern,  Rödern,  1431  Rodder  u.  s.  w.  nach  Auszügen  aus  den 
betreffenden  Urkunden  in  der  Hab  el' sehen  Sammlung.  Es  ist  also  gar  kein 
Grund  bei  der  Form  uf  den  Rödern  an  Leute  zu  denken,  die  dort  gewohnt  hätten, 
sondern  sie  ist  dasselbe  wie  offe  den  Reden,  und  darunter  eine  Flurbezeichnung 


—     100     — 


zu  vcrstolieu.  Wir  köimon  demnach  nicht  aunehniea,  dass  hier  eine  Niodcr- 
hissung,  ein  „Dörfchen"  gestanden  habe  und  streichen  es  aus  der  Zahl  der 
Ansiedelungen  in  der  Umgegend  von  Wiesbaden. 

Da  die  Urkunde  vom  (i.  Dezember  1284  nofli  niclit  bekannt  ist  ausser 
dorn  kurzen  Auszug  bei  ßodmann,  so  teilen  wir  sie  hier  nach  einer  Abschrift 
des  Herrn  Pfarrers  Courndy  aus  der  Haber sclien  Sammlung  vollständig  mit: 
„Judices  sancte  Mogunt.  sedis :  Notum  esse  cupimus  presentium 
inspectoribus  univcrsis,  quod  in  nostra  constituti  prescntia  Marquardus 
dictus  de  Frauwcnstein  et  Marquardus  dictus  Mulich  de  Wisobadeu 
recognoverunt  se  recepisse  a  Decano  et  Capitulo  ecclesie  sancti  Petri 
Mogunt.  tres  agros  terre  campestris  sitos  offe  den  Hoden  infra  termi- 
nos  ville  Wiscbaden  iure  hereditario  perpetuo  possidendos,  de  quibus 
singulis  annis  in  censu  solidum  denar.  colon.  solvere  teuebuntur  sub 
hac  forma,  quod  senior  heres  utriuscjue  agros  huiusmodi  possidebit 
et  remanebunt  penitus  indivisi;  hoc  quoque  adiectum  est,  quod  (|U0- 
cunque  anno  infra  festum  beati  Martini  et  natales  Domiui  in  solutiono 
census  huiusmodi  fuerint  uegligentcs,  cadeut  e  possesaione  sua  et  agri 
predicti  ad  ecclesiam  sancti  Petri  prcdicti  libere  revertentur.  In  cuius 
rei  evidentiam  et  testimonium  premissorum  preseutes  literas  fecimus 
sigilli  nostri  munimine  roborari.  Dat.  A.  MCCLXXXIV  in  die  beati 
Nicolai." 


III.    Der  Michelsberg   zu  Wiesbaden. 

Der  Name  Michelsberg  kommt  als  Benennung  einer  Strasse  erst  spät  in 
den  Aufzeichnungen  der  Stadt  vor;  es  ist  der  Inspektor  Hellmund,  der  in  seiner 
Thermographia  paraeuetica,  die  im  Jahre  1731  erschien  (das  Büchlein  hat  keine 
Jahreszahl,  aber  die  Vorrede  ist  datiert  „den  1.  Martii  1731"),  den.  Namen 
überliefert  hat.  Wo  er  die  „Gassen"  aufzählt,  S,  50  heisst  es:  „die  Ober- 
Thor-Gasse  oder  sonsten  der  sogenannte  Micliels-Berg"  und  fügt  in  der  An- 
merkung zu:  „Da  das  ansehnlichste  Haus  zum  Engel  Michael  heisst,  und  den- 
selben im  Schilde  führt."  Man  kann  an  dieser  Notiz  mancherlei  aussetzen: 
ein  Ober-Thor  wird  unseres  Wissens  nirgends  genannt,  sondern  das  Thor  am 
Michelsberg  heisst  sonst  immer  das  stumpfe  Thor;  der  dem  Oberthor  ent- 
sprechende Name  Oberstadt  kommt  gleichfalls  sonst  nicht  vor  ausser  bei  Goethe, 
der  im  Jahre  1815  seines  Besuches  der  „Oberen  Vorstadt"  am  29.  Mai  Er- 
wäimung  thut.')  Auch  dass  llellmund  offenbar  den  Namen  Michelsberg  von 
dem  Schilde  des  ansehnlichsten  Hauses  mit  dem  Schilde  des  Engels  Michael  in 
Verbindung  bringt  und  daher  abzuleiten  scheint,  onts])richt  nicht  der  Wahrheit, 
wie  wir  zeigen  werden.  Richtig  ist  nur,  dass  der  Erzengel  Miciiael  der  Strast-e 
den  Namen  gegeben  hat,  aber  aus  einem  ganz  anderen  Grunde.  Die  Bemerkung 
von  dem  Schilde  ist  uns  nielit  minder  bedenklich.    Die  Häuser  der  Stadt  führ- 


3)  Aunal,  XX VII,  75. 


—     200     — 

ten  uur  danu  Namen  von  ScliiUleD,  wenn  sie  Bad-  oder  Gasthäuser  Nvareu,  sonst, 
wie  es  scheint,  nicht,  und  zwar  seit  etwa  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  wo 
im  Jahre  1455  die  erste  dieser  Bezeichnungen  erscheint.')  Ein  Wirts-  oder 
Badehaus  aber  gab  es  mit  dem  Namen  und  dem  SehiKle  des  Engels  Michael 
nicht,  und  sicherlich  hätte  in  ihm  Hellmund  eine  Sammelbüchse  für  sein  Waisen- 
haus augebracht;  doch  danach  suchen  wir  in  seinen  Waisenhausnachrichten 
vergeblich.  Die  Phantasie  des  Inspektors  war  gross  und  lebendig;  er  mag 
etwas  dort  gesehen  haben,  was  er  seiner  Art  nach  sich  deutete,  wie  er  es 
wünschte:  wie  er  denn  auch  der  Erfinder  des  Namens  Neroberg')  unstreitig 
gewesen  ist.  Er  kennt  S.  145  den  richtigen  Namen,  den  er  Ehrs-Berg  schreibt, 
und  bemerkt  dazu:  „oder  Neersberg,  wie  es  die  mehresten  aussprechen,  mag 
wohl  vor  Alters  Neros-Berg  nach  dem  Kaiser  Nero  geheissen,  auch  etwas  da- 
selbst gestanden  haben,  oder  geschehen  seyn,  das  diesen  Kaiser  angegangen 
hat,  als  dessen  Leute  sich  in  hiesiger  Gegend  auffgehalten  und  dessen  alte 
Kupferne  Münzen  auch  noch  öffters  hie  gefunden  werden."  Wir  wissen  aber 
bestimmt,    dass  keiner   dieser  Träume  Ilellmunds  der  Wahrheit  entspricht. 

Der  St.  Michaelsaltar  und  die  St.  Michaelskapelle  wird  zuerst  genannt  im 
Jahre  1330  und  1338,  in  dem  die  Witwe  des  Theodorich  Hud  von  Sonuen- 
berg  Bilhildis  den  Altar  mit  5G  Morgen  Ackerland  und  2  Wiesen  zu  Erben- 
heim und  einem  Hof  zu  Obererbenheim  (in  superiori  Erbenheim)  begiftete  und 
eine  ewige  Messe  am  frühen  Morgen  stiftete  für  Fremde  und  Notleidende  (pere- 
grinantibus  et  laborantibus) ;  sie  behält  sich  dabei  vor,  dass  die  Verleihung  des 
Altars  jedesmal  dem  Ältesten  ihres  Geschlechts  zustehe.  Die  Schenkung  be- 
stätigten der  Graf  Gerlach,  der  Konvent  des  deutschen  Hauses  zu  Mainz  und 
die  Äbtissin  zu  Tiefenthal;  denn  die  beiden  letzten  hatten  abwechselnd  das 
Patronat  der  Pfarrkirche,  auf  dessen  Kirchhofe  die  Kapelle  lag,  auszuüben. 
Endlich  stellen  der  Official  der  Propstei  St.  Peter  zu  Mainz  im  Jahre  1334  und 
der  Erzbischof  Heinrich  von  Mainz  im  Jahre  1338  ihre  Genehmigung  der  Stift- 
ung aus.  In  der  Urkunde  des  Erzbischofs  wird  die  Lage  der  Kapelle  genauer 
„in  cimiterio"   der  Pfarrkirche  angegeben.") 

Im  Jahre  1380  gaben  Jungfrau  Elschin  zu  Offhoben  und  ihr  Sohn  Conrad, 
ein  Priester,  zu  St.  Michael  zu  der  Frühmesse  Güter,  die  nach  ihrem  Tode  der 
genannten  Kapelle  sein  sollen.^)  Nach  dem  Aussterben  der  Hud  von  Sounen- 
berg  (1475)  ging  das  Patronat  der  Kapelle  an  deren  Verwandte'')  Vetzer  von 
Geispitzheim  über.  Eberhard  Vetzer  von  Geispitzheim  überliess  1505  „den 
Altar  oder  die  Kapeil  uff  dem  Kirchhoff  saut  Michels  Altar  gnant"  dem  Grafen 
Adolf  gegen  einen  anderen  Altar.  Doch  schon  vorher  war  der  Gottesdienst 
daselbst  so  schlecht  besucht,    dass  der  Erzbischof  Berthold    im  Jahre   1504  die 


'j  .Merkerbuch  S.  48. 

*)  Der  Berg  heisst  in  d'ii  ältesten  Aufzcichnuiig-eii  Jlersbery  und  ^'crsborg,  diinn  seit 
etwa   1550  lange  meist  Ersberg,  neben  Jenen  Xumcn. 

ö)  Die  drei  Urkunden  s.  bei  AV  ii  rd  t  wi'i  n ,  Dioec.  Mog.  IT,  115(3.  Vgl.  ^!u!^sel,  Kirclil. 
Altertümer  8.   16. 

')  Annal.  11,  '.i,  2'J. 

'')  Merkerbuch  S.  .38. 


—     201       - 

yottcsdicnstllclien  Verrichtungeu  an  demselben  in  die  Pfarrkirche  verlegte  mit 
Ausnahme  der  besonderen  Festtage  des  Erzengels  Mieliael.'"')  So  bestand  er 
weiter  und  wird  noch  im  Jahre  1524  in  einer  Bürgermeister-Rechnung  und 
1582  in  einem  Zinsregistor  des  Hospitals  also  genannt.  Schenck  S.  345  er- 
wähnt zweier  Altaristen,  1400  Conrad  Armbrnster  und  1470  Ileinricii  Leyber, 
und  von  einem  dritten  Johann  Cerdonis  ist  die  Ernennungsurkunde  von  1512 
im  Staatsarchive  erlialteu.  Doch  irrt  Seilende,  wcim  er  sagt,  es  seien  immer 
je  zwei  Altaristen  dort  thätig  gewesen ;  denn  die  Urkunde  des  Erzbischofs 
spricht  blos  von  einem  Priester  und  auch  das  Zinsregistor  des  Hospitals  nennt 
den  Altaristen:  jenes  sagt,  proviso  quod  per  pro  eiusdem  altaris  beneticio  tanta 
dos  fuerit  assignata,  de  qua  unus  sacerdos  sustentationem  habere  valeat  con- 
uruentem,  dieses:  der  Altarist  zu  sanct  Miclial  5  Schill.  Ebenso  ist  die  An- 
gäbe  S.  352,  dass  die  St.  Michacls-Kapelle  Santo  Michel  geheissen  habe,  wenig- 
stens nach  den  uns  vorliegenden  Aufzeichnungen  nicht  zutreffend. 

Im  Jahre  1546,  nachdem  die  lieformation  Eingang  gefunden  hatte,  scheint 
die  Kapelle  in  andere  Hände  übergegangen  und  verkauft  worden  zu  sein;  die 
Bürgermeister-Rechnung  des  Jahres  bemerkt  nämlich  bei  der  Ussbete :  „Noch 
von  Cuntzelu  Ketter  wegen,  nemlich  von  husz  und  Hofe,  welche  er  verkauft 
und  Sankt  Michels  altar  husz  dagegen  khauft  hat." 

Der  Name  Michelsberg  bezeichnete  ursprünglich  nicht  eine  Strasse,  wie 
heute,  sondern  eine  Gegend  rechts  vor  der  stumpfen  Pforte,  welche  die  Strasse 
abschloss.  Vor  ihr  wird  bereits  1524  ein  Weinberg  genannt  ohne  einen  weiteren 
Zusatz;  zuerst  erscheint  im  Herdschilliugsbuch  von  15G4  ein  Weingarten  am 
Michelsberg  oder  hinter  demselben,  d.  h.  vor  der  Pforte.  Deutlich  aber  ist 
die  Beziehung  auf  den  Michaelsaltar  ausgesprochen  im  Jahre  1568,  als  die  „un- 
geadelten"  Güter  des  Junkers  Walther  von  Nichtschwitz  verzeichnet  wurden, 
wohl  weil  dieser  sich  vielfach  den  bürgerlichen  Leistungen,  denen  diese  unter- 
worfen waren,  entziehen  wollte;  hier  wird  unter  den  „Geistlichen"  Gütern  ge- 
nannt: „Item  1  Morgen  Wingarts  uf  dem  Michelsberg,  hört  in  S.  Michaels- 
altar". Die  geisthchen  Güter  waren  zwar  eingezogen,  aber  wurden  noch  immer 
unter  den  alten  Namen  verwaltet.  Nichtschwitz  muss  diesen  Morgen  an  sich 
gebracht  haben  und  musste  dafür  die  betr.  Abgabe  an  den  vormaligen  Michaels- 
altar liefern.  Im  Jahre  1670  ferner  wurden  die  Wege  der  Pelder  begangen, 
besichtigt  und,  wo  die  Grenzsteine  durch  die  Verwüstung  des  grossen  Krieges 
unkenntlich  oder  entfernt  waren,  durch  neue  ersetzt;  dabei  heisst  es  u.a.:  „ein 
Fussweg  zieht  über  den  Michelsberg  hinaus  hinter  H.  Obriss  Köth  (.Acker), 
ist  mit  sechs  Steinen  besetzt." 

Genauere  Angaben  über  die  Lage  des  Michelsberges  haben  wir  endlich 
aus  dem   18.  Jahrhundert: 

1.  Eine  Beschreibung  der  Güter  des  H.  v.  Schütz,  Besitzers  des  Schützeu- 
hofes,  vom  Jahre  1723  nennt  unter  den  Weinbergen  einen  „aufm  Michelsberg 
genant,  stösst  an  die  Stadtmauer  mit  dem  Eiskeller'")  hinterm  Schützenhof,  ge- 


^)  Sclieufk,  üesehicht-lJesclu-eibuiii;-  S.  345. 

»«)    Von    diesem  Eiskeller   ist   bis  jetzt   wenig  bekannt  gewurdcn.     Sielio    weiter  unten. 


—     202     — 

f'orclit  (J.  h.  neben)  hinten    an    Conrad  Bager"),    vor    dem  gemeinen   stumpfen 
Thor." 

2.  Im  Jahre  1737  beschweren  sich  die  Besitzer  von  Weinbergen  auf  dem 
Michelsberg  nächst  dem  Eiskeller  darüber,  dass,  weil  angrenzende  „Stücherchen 
Ackerland  vorn  offen  stehen",  Leute,  so  nach  dem  Kirchhofe  gehen  wollen, 
durch  ihre  ^yeiuberge  eindringen  und  ihnen  nicht  geringen  Schaden  zufügen ; 
sie  bitten,  dass  dem  Einhalt  geschehe. 

3.  Über  die  Eigentumsverhältnisse  des  Michelsberges  sind  wir  zwar  nicht 
genau  unterrichtet;  aber  als  im  Jahre  1778  der  gleich  am  Eiskeller  gelegene 
Weinberg,  der  Eiskeller  oder  Michelsberg,  versteigert  werden  sollte,  erhalten 
wir  eine  Darstellung  desselben  durch  ein  Kärtchen,  welches  eine  Beschreibung 
der  Lage  und  der  Grösse  desselben  genau  angibt.  Es  sind  im  Ganzen  sechs 
Parzellen,  jede  wenige  Ruten  enthaltend,  zusammen  drei  Morgen,  2  Ruten  und 
einige  Schuh,  Die  Grenze  ist  nach  der  einen  Seite  Schützen  Ilofgarten  und 
die  Stadtmauer,  nach  der  anderen  der  Weg  vor  dem  stumpfen  Thor;  auf  der 
dritten  Seite  ist  ein  kleiner  Raum  eingezeichnet  und  als  Eiskeller  benannt. 

liier  sehen  wir  deutlich,  dass  der  Michelsberg  vor  der  Stadt  und  dem 
stumpfen  Thor  lag. 

Aber  wie  kommt  die  Strasse  der  Stadt  zu  dem  Namen  Michelsberg?  Es 
scheint  sich  leicht  zu  ergeben,  dass  statt  der  älteren  Bezeichnung  „uff  der 
Dendelbach",  wie  sie  im  Herdschillingsbuch  von  1564  und  sonst  genannt  wird 
nach  der  offen  vorbeiströmenden  Dendelbach,  seit  der  Stadterweiterung  des 
Fürsten  Georg  August  von  1692,  die  sich  zunächst  dieser  Gegend  der  Stadt 
zuwandte,  der  Name  „am  oder  bei  dem  Michelsberg"  üblich  wurde,  der  dann 
bald  nachher  ohne  die  Präpositionen  „bei  oder  an"  sich  einbürgerte. 


'\)  Dieser  Couracl  Bager  liatte  im  Jahre  1705  und  1707  ein  kleines  und  dann  ein  grosses 
Haus  ^i)hh^  der  PfafFenmülile"   infolge  der  Stadterweiterung  des  Fürsten    Georg  August   erbaut. 


Zur  Geschichte  der  Sporkenburg, 

sowie  der  ehemaligen  Vogtei  Denzerode  bei  Ems. 


Von 

F.  MicheL 


In  unmittelbarer  Nähe  der  von  Ems  nadi  Arzbacli  führenden  Landstrassc 
erheben  sich  auf  einem  nadi  Westen  durch  ein  Waldbächlein  und  nach  Osten 
durch  das  Emsbachthal  eingeschlosseneu,  steil  ansteigenden  Bergrücken  die 
Trümmer  der  Sporkenburg. 

Dieselbe  führt  ihren  Namen  nach  dem  ehemals  dem  Erzstifte  Trier  ge- 
hörigen Bannforste  Sporkenberg.')  Die  Grenzen  desselben,  sowie  die  Rechte, 
welche  dem  Erzbischofe  von  Trier  daselbst  zustanden,  sind  in  dem  über  annal. 
archiep.  et  eccles.  Trevir ")  genau  angegeben.  Hiernach  verlief  erstere  von 
Niederlahnstein  lahnaufwärts  bis  zur  Mündung  des  Eisbaches,  diesen  hinauf  über 
Meudt  nach  Ilelferskirchen,  von  dort  über  Sayn  nach  dem  Rheine  und  wieder 
nach  Niederlahnstein.  Dieser  Wald  bildete  den  südwestlichen  Teil  des  Engers- 
gaues  und  stiess  im  Osten  an  den  Niederlahngau,  während  er  im  Süden  durch 
die  Lahn  vom  Einrieb  geschieden  war/^)  Wie  und  wann  dieser  Baunforst  an 
Trier  gekommen,  lässt  sich  nur  vermuten.  In  der  Bestätigungsurkunde  für  die 
Pfarrei  Humbach  vom  Jahre  959*),  13.  Februar,  wird  deren  Stifter,  Herzog 
Hermann  (I)  von  Schwaben  als  Besitzer  der  Burg  Humbach  uud  des  dazu- 
gehörigen Bannes  genannt,  der  ja  den  grössten  Teil  des  Waldes  Spurkenberg 
einnahm.  Hermann  starb  mit  Hinterlassung  einer  Tochter  Ida,  Gemahlin  Herzog 
Ludolfs  von  Schwaben.  Nach  VogeT)  kam  nun  in  Besitz  dieses  Prädiums 
König  Otto,  der  im  Jahre  958  zu  Ingelheim  der  Matrone  Regiuhild  —  nach 
Wilmans  wahrscheinlich  die  Wittwe  des  Herzogs  Hermann  von  Schwaben")  — 


')  Der  erste  Hestaiulteil  dieses  ^S'aiiieiis  ist  das  altlid.  spurclui  —  Waclibolderstrimcli 
(Föi'stenuinu ,  Altdcursclies  Xamenbucli,   \2\)2). 

-)  Mittelrliein.   rrkiiiuloiibucli   2,  424   ti'. 

=*)  Ebd.  II,  XXV. 

^)  Kbd.  I,  264,  veii^l.  auch  AVirtz,  Zur  (iesoliiolite  des  JOngersgaues  l)is  zum  .laltro 
1070  (Jalircsbericlit  der  hüliereii  Stadtscliulo  zu  Alivweüci'  1893/94),  pag.  24. 

^)  Archiv  I,  57  f. 

°)  Kaiserurkunden  I,  451  — 4r)2. 


—     204     — 

aeiu  Eigeutum  zu  Wirges  schenkte/)      Möglich,  dass    mm  bisweilen  von  ihrem 
Hufe  zu  Nassau  aus')  die  Könige    im  Spurkenberger  Walde    dem  edlen  Waid- 
werke oblagen,    woi'üv   besonders  der    im    liber    anualium    angeführte    Umstand 
spricht,  dass  in  späterer  Zeit,  so  oft  der  Erzbischof  von  Trier  nach  Ehrenbreit- 
stein  kam  und  zu  diesem  Zwecke  nach  Iseuburg    oder  nach  Nassowe  schickte, 
alle  dort  anwesenden  Jäger  und  Hunde  ihm  zugesandt  werden  mussten.     Diese 
Verpflichtung  der  Dynasten  zu  Isenburg  und  Nassau  —  denn  nur  diese  können 
darunter  verstanden  werden  —  leitet  sich   am  zwanglosesten  aus  der  Zeit  her, 
wo  sie    ihrem   Herrn,   dem  Köu'g,    bei  dessen  Anwesenheit    im  IJannforste   mit 
ihren  Diensten  gewärtig   oder    in    seiner    Abwesenheit    mit    der    Ausübung    der 
Jagd  daselbst  betraut  waren.     Seit  Ende  des  XL  Jahrhunderts   erscheinen    das 
Erzstift  Trier,  sowie  das  Florinsstift'')  zu  Koblenz  im  Besitze   dieses  Teiles  des 
Eugersgaues,  uud  zu  Anfang  des  XHI.  ersteres    auch  in    dem  des  Wildbanncs 
im  Walde  Spurkenberg.     Ausser  dem  Erzbischofe  von  Trier,  dem  in  letzterem 
allein  die  Jagd-   und  Fischereigerechtigkeit  zustand'"),  ist   in   dem  mehrfach  er- 
wähnten liber  annal.  noch   von  einem  „aduocatus  ville"   an  einigen  Stellen  von 
„aduocati"  des  Erzbischofes  die  Rede,  die  in  diesem  Baunforste  einige  Sonder- 
rechte genossen,  dort  jagen  durften,  ein  Drittel  der  Rügen  bezogen  uud  Erlaubnis 
zur  Jagd  und  Fischerei  erteilen  konnten.     Unter  ihnen  sind  wohl  die  Vögte  der 
in  jenem  Bezirk  gelegenen  erzbischöflicheu  Frohnhöfe  zu  verstehen,  von  denen 
einige  namentlich  aufgeführt  werden,  wie  Niderberg"),  Deuzinrode  u.  s.  w.    In 
der  Folgezeit  werden  die  Herren  von  Isenburg  mit  dem  „Wiltban  in  dem  Walde 
Spurkenberg'^  vom  Erzbischofe  belehnt,    so    1338  Gerlach  von  Isenburg-Ahrcn- 
fels"),   1355  sein  Schwiegersohn  Wilhelm"),   der  den  Namen   eine»  Grafen  von 
Wied  annahm,  ebenso  später  dessen  Nachkommen,  wie  Graf  Wilhelm  von  Wied 
1371'*)  und  1560  Johann,  Graf  zu  Wied.'"")    Auch  die  Grafen  von  Nassau  waren 
nach  Vogel  mit  einem  Teile  dieses  Wildbannes  belehnt.")    In  der  Bestätigungs- 
urkunde Karls  IV.  für  Erzbischof  Cuno  von  Trier  vom    31.  Mai   1376    werden 
unter    den  Besitzungen    der    Trierer  Kirche  u.    a.    auch:    conductus  et  forestae 
in  Spurkenburg  prope  Montabaur"  genannt.")    Im  Jahre  1476    erhob    sich    ein 
Streit  zwischen  dem  Erz])ischofe    und  den  Grafen    Philipj)    von  Katzenelnbogen 

■  —  -      ~  « 

^)  Go.M-z,  .Mittel rh.   Keg.  1,  274,  No.  968. 

")    Vergl.    darüber    Kremer,    Gesch.    des    rlieiii.    Krunzieiis,    124;    sowie    Vogel,    IJe- 

scluelbuiig  657. 

»)  Dasselbe  war  durch  eine  Schenkung  des  genannten  Herzogs  Hermann  in  den  besitz 
der  Kirche  zu  Montabaur  samt  aller  Zehnten  in  dem  zugehörigen   Bann  gekommen. 

'")  Diese  Jagdgereciitigkeit  begritf  nur  die  sogenannte  hohe  Jagd,  die  niedere  stand  den 
einzelnen  Markgenossenscliaften  zu  und   wurde  von  diesen  gehandhabt. 

")  So  heisst  es  im  liber  annal.  (.Mittelrh.  Urkundenbuch  2,  417)  vuii  dcMu  Kammerforst 
des  Erzbischofes  in  iS'idcremberc:  „in  quo  aduocatus  nichil  juris  habef*,  docii  von  dem  Kammer- 
forst Cruceberg  vor  dem   lOrenbrechtistein :  „qui  attinet  curie  niderenberc". 

'-)  Günther,  Co.l.  <lii)l.  ;j,  Al)teil.   1,  304. 

'^)  Ebd.  Abteil.  2,   61. j. 

")  Fischer,  Gesclilochtsregister  der  Häuser  Isenburg,  ^\■i'■(l,   Kunkel   2,   122. 

'^)  Ebd.  2,  27:5. 

"^)  Beschreibung,  276. 

'^j  Hüutheim,  Hist.  Trev.  11,  207. 


—     205     — 

und  Dietz,  suwio  Joluiiin  zu  Nassau  uud  Dir3tii  „des  wildfaiigliL's  und  i^c- 
jeclies  wcghen  der  marken  mit  uamen  in  nycderlausteyuer  marck  und  in 
horchg'cmer  marck"  — •  die  ja  eigentlich  zu  diesem  Baunforste  gehörten.  Die 
von  den  Gemeinden  Nieveru  und  Fachbach  entsandten  fünf  ältesten  Männer 
erklärten  hierauf,  dass  die  beiden  Grafen  allein  in  besagten  Marken  jagdberechtigt 
seien.")  In  einer  weiteren,  undatierten  Urkunde  werden  sodann  die  „Wiltbende 
und  hecken,  so  die  grauen  vonn  Nassaue  und  Dietze  von  alters  allwege  mit 
Jagen  gepraucht  hant",  namentlich  aufgeführt.''^) 

Inmitten  dieses  Banuforstes  Spurkenberg  lag  der  Huf  Denzinrode,  licuu; 
]Jenzerhaide.  Erzbischof  Egelbert  von  Trier  (1079—1101)  schenkte  dem  Kloster 
des  heiligen  Eucharius  bei  Trier  „uillam  nostram  dominicalem  Gencenrode  ultra 
Renum  sitam  in  comitatu  Metfridi  in  pago  qui  dicitur  Engeresgowe"  samt 
allem  Zubehör,  der  Kirche  in  Berge,  einer  Mühle  etc.'")  unter  der  Bedingung, 
dass  „nullius  unquam  episcopi,  comitis  uel  alicuius  secularie  potestatis  legatus 
uel  exactor  potestatem  uel  licentiam  aliquid  inde  exigere  uel  aliquid  ibi  preci- 
pere  habeat."  Am  G.Februar  1147  bestätigt  Papst  Eugen  III.  derselben  Abtei 
ihre  Besitzungen,  u.  a.  einen  Hof  zu  Degnizinrode  mit  Zubehör  und  die  Kirche 
zu  Niderberg  samt  Zehnten-')  und  1155,  April  29,  nennt  Papst  Adrian  IV.  unter 
den  Besitztümern  desselben  Klosters  eine  Kirche  zu  Nideremberg  und  Genzenrode'-') 


^^)  Schöttenweistum  vom    3.  Juii.    1476.     Orig.    imt'   Pergament    im    Künigl.  Staatsarchiv 

zu  Wiesbaden. 

'«)  „Item  die  bruntliecke,  Die  Leymhecko  gelegen  by  Muendortl,  die  .Malberges  hecke, 
die  Äugst  hecke,  Eyn  hecke  oben  an  Spurckenbergh  am  berge,  Ein  hecke  an  Fachbacher 
pade  als  man  gehet  nf  die  werkatzn,  Ein  hecke  als  man  gehet  von  Xiebern  den  berch  utl"  zu 
Horchheymer  slage  zun  unnd  vortan  über  die  sucht  zu  Horcheim  unnd  zu  Xieddernlaensteiii 
zun  unnd  dae  die  hecke  wendet  gehet  ....  an  die  Eychen  Eusze  herabe  zuu  Moinhcym 
züii.  Auch  die  stelzenbach,  das  mosenroet,  die  seele  unnd  den  walt  oben  Sporckenberch,  vurt 
vonn  Horchlieimer  wingarten  herusz  durcli  das  gewelde  bisz  zu  den  obgedachten  hecken.  Dair 
zuu  noch  ein  hecke  die  Seltzer  Strasse  usz  bisz  uff  Padenbercher  heyde."  (Urig.  auf  J'apier, 
Königl.  Staatsarchiv  Wiesbaden).  Die  Lage  der  hier  .•lutgeführtcn  Hecken  deckt  siel)  sonder- 
barerweise zum  Teil  mit  der  in  der  Urkunde  vom  .lahre  Döit  angegebenen  südwestlichen  Cirenze 
der  ehemaligen  Pfarrei  Jlumbach  (gedr.  Mittelrli.  rrkundeni)ueh  1,  -'G4;  vgl.  darül)er  AVirtz, 
Zur  Geschiclite  des  Engersgaues  bis  zum  Jahre  107(»,  Jahresbericht  der  hüheren  Stadtscliule 
zu  Ahrweiler  1893/94).  Die  „brantliecke"  habe  ich  nicht  ermitteln  l<;innen.  Unter  „^'uen- 
dorlY"  ist  Welschneudorf  zu  verstehen.  Die  3l!ill)ergesiiecke  existiert  als  Molbeerhecke  lieute 
noch  (vgl.  Grimm,  Weistümer  1,  .095  u.  ()02).  Sie  gehört  zum  Arzbacher  üemeindewald, 
liegt  an  dem  von  Welschneudorf  nacii  .\rzbach  führenden  Wege  und  wird  von  dem  von  Arz- 
bach  zwischen  den  Arzbacher  Köpfen  nach  Kemmenau  führenden  AVege  in  iiirem  südlidien 
Teile  durchschnitten.  Die  Augsthecke  ist  der  heutige  Distrikt  „Weisser  Stein"  und  gehört 
zum  Augster  Pfarrwald.  Die  folgende  Hecke  lag  zwischen  Kitelborn  nml  der  Emsbach.  Die 
Hecke  „an  Eachbachor  pade^'  ist  zwischen  Alüllenbacher  Hof  und  Jägerhaus  zu  sudien,  auf 
dem  Wege  von  Eachbacii  nach  der  „Mecrkatz".  Die  Eage  der  folgenden  Hecke  ist  nicht 
recht  zu  verstehen.  Sic  ist  in  der  (iegend  des  Horchlieimer  Schafstalles  zu  suchen.  Der  Waid 
Steltzenbach  ist  Jetzt  Königl.  Staatswald,  zwischen  Hübinger  und  Windener  Üemeindewald. 
Das  „inosenroef-,  jetzt  Masseroth,  ist  ebenfalls  ein  Königl.  Staatswaid,  östlich  Arzi.ach.  Die 
„seele"  habe  icli   nicht  ermitteln  können,  ebenso  wenig  die   .radonl>ercher  heyde". 

-")  IMittelrlnün.  Urknndenbuch   1,  453. 

•-')  Ebd.   1,  ß04. 

")  Ebd.   1,  647. 


—     L^OG     — 

—  kein  Zweifel  also,  dass  Deguizinrode  imd  Geuzeurode  ideutisch  siud,  ebeuso 
dass  mit  der  Kirche  iu  Berge  die  zu  Niderberg  gemeint  ist.  Der  Abtei  S.  Matthias 
gestattet  am  15.  Dezember  1227  Erzbischof  Tlieoderich  ein  Beholzigungsrecht 
im  Walde  Ximhusen  für  ihreu  Hof  Berneroth  gegen  Überlassimg  des  Waldes 
Asinrod  ia  der  Aust  bei  Montabaur,  in  welchem  er  den  Klosterleuten  zu  Deuzin- 
rode  unter  demselben  Datum  ein  ebensolches  Recht  einräumt.-')  Anscheinend 
hat  nun  die  Abtei  S.  Mathias  auch  dou  Hof  verkauft,  denn  gegen  Ende  des 
XIII.  Jahrhunderts'')  werden  als  „lenherin"  dieses  Gutes  samt  allem  Zubehör 
die  Gebrüder  Emmerich  von  Andirnache  und  Heynrich  von  Laeynslein  genannt"), 
währeml  die  Yogtei  hierüber  damals  den  Grafen  von  Nassau  zustand'-"),  von 
denen  sie  die  v.  d.  Arken  zu  Koblenz  und  nach  diesen  Heinrich  vom  Stein, 
sowie  dessen  Sohn  zu  Lehen  tru2:en. 

Nach  der  von  sieben  geschworenen  ,,hubeneren"  bestätigten  Aussage  der 
Schöffen,  von  denen  ebenfalls  sieben  auf  dem  Hofe  sein  sollten,  besass  der 
Vogt  mannigfache  Rechte  daselbst.  Er  besetzte  die  ihm  gehörige  Budilhube-') 
mit  einem  Amtmann,  der  iu  seinem  Namen  den  Lehensherrn  und  den  Hufnern 
bei  Streitigkeiten  Recht  zu  sprechen  hatte.  War  dem  Lehensherrn  ein  Unrecht 
geschehen,  so  musste  er  es  dem  Yogte  klagen  und  sich  dessen  Rechtsspruch  unter- 


^^J  Ebd.  3,  259,  Xo.  32H.     Orii;-.  im  Küui-1.  Staatsarchiv   zu  Koblenz. 

■■*)  Diese  und  die  folgenden  Angaben  sind  einer  Urkunde  entnommen,  deren  Original 
sich  im  Küuigl.  Staatsarchiv  zu  Düsseldorf  befindet.  Sie  behandelt  den  Schiedsspruch  des 
Sifrit  von  nie  Steyne,  sowie  des  Eberolt  und  Marquart  von  Kurenburch,  Katleute  iu  der  Zwei- 
ung  zwischen  dem  Erzbisehofe  von  Trier  und  seinem  Amtniannc»  Heynriche  von  Helfinsteyn 
einer-  und  den  Grafen  Heynriche,  Gerlache,  Emeehen  und  Juluuuic  von  Xassowe  anderseits 
wegen  der  Vogtei  Denzinrode  und  des  inmitten  derselben  begriffenen  I5urgbaues.  Das  Original 
ist  gut  erhalten,  die  beiden  schildförmigen  Siegel  von  weissem  Waehs  sind  nur  wenig  be- 
schädigt. Das  eine  zeigt  ausser  der  Steinscheu  Rose  noch  einen  kleinen  Stern  in  der  oberen 
linken  Ecke  und  führt  die  Legende:  S.  SIFKIDI  DICTI  DE  ....  E  [:§j,  das  zweite  hat  im 
"Wappenschilde  2  Kleeblätter,  getrennt  durch  einen  rechten  Schrägbalken  und  die  Legende: 
S.  EBEKOLDI  DE  LYKIXBVR  MILITIS  [^  —  Gedruckt  ist  die  Urkunde  bei  L.  F.  Hoefer, 
Auswahl  der  ältesten  Urkunden  in  deutscher  Sprache,  S.  81  f.,  doch  lese  ich  S.  83,  Zeile  1 
statt  Dinitman  —  Amtman  und  Zeile  16  statt  Cumeze  —  Eumeze  (Ems!j  Die  Urkunde  führt 
als  Datum  1309.  Wenn  man  jedoch,  wie  Goerz,  Reg.  der  Erzb.  von  Trier,  die  später  auf- 
geführte Urkunde  von  Donm-rstag  nach  St.  Agnesentag  1309  dem  Stil.  Treverens.  zufolge  mit 
1310,  Jan.  22,  datiert,  so  n)uss  man  für  die  vorliegende  Urkunde  gleichfalls  den  Stil.  Trev. 
zu  Grunde  legen,  da  sie  zeitlich  jener  folgt.  Ihre  Abfassung  fiele  demnach  iu  das  Jahr  1310, 
zwischen  den  22.  Januar  und  2.3.  -März.  Ü^ber  die  Urkunde  vgl.  auch  Schliephake,  Ge- 
scbiciite  Von  Nassau  IV,  131  und  Colombcl,  Annalfn  des  Vereins  für  Xass  Altertumskunde 
und  Geschiclitsforschung  7,  2,  193. 

"J  V.  Lodebur,  Rhenus,  Jahrg.  1,  G  nennt  1270  einen  „Embriclio  de  Loynsteiii,  miles 
de  Andernaco";  ein  Heinrich  von  Laynstein  zu  Andernach  kommt  1291  vor,  s.  Mittelrheiu. 
Reg.  4,  432. 

'■"^)  Nach  der  genannten  Sflieukungsurkuudo  Erzbischof  Egclberts  ist  zwar  die  IJestim- 
mung  getroffen,  dass  niemandem  auf  dem  Hofgute  irgend  welche  Gewalt  eingeräumt  werden 
solle,  doch  iiat  .sich  anscheinend  das  Kloster  St.  Lucharii  genötigt  gesehen,  die  Vogtei  ihren 
mächtigen  Xachbarn,  den  Grafen  von  Nassau,  zu  übertragen,  odi-r  vielleielit  ihm  (irafen  von 
Arnstein,  von  denen  sie  dann   die  Grufcn  von  Nassau  erbten.  ' 

-')  Jjudil  =  IJüttel.  Im  Laune  Niedereuberc  wird  gleiclifalls  eine  liudelliubc  im  libei- 
annal.  erwähnt.     Mittelrhein.  Urkundenbuch  2,  416. 


—     207     — 

werfen  „uud  grifo  dir  leuher  danibir  an,  daz  niustc  lio  virltuzeu  denie  vu'^de 
alse  eyn  vrcinedc  man.-'  Wenn  der  Vog-t  mit  dem  Lolienslicrrn  reiten  -  „inic 
reclitis  zu  lielfene"  —  und  das  Pferd  des  ersteren  ein  Eisen  verlieren  sollte 
so  war  der  Lelienslierr  gehalten,  ihm  dasselbe  wieder  anzuschlagen,  sowie  alle 
Unkosten  für  Bewirtung  etc.  zu  tragen,  falls  diese  nicht  durch  die  erhobenen 
Bussgelder  gedeckt  werden  konnten.  Auch  besassen  die  Grafen  von  Nassau 
in  der  Vogtei  den  Wildbann  und  die  Fischerei. 

Inmitten  dieser  Vogtei  lag  der  Berg,  auf  dem  die  Sporkenburg  erbaut 
wurde.-")  Zur  Zeit  als  Wilhelm  von  dir  Arche  die  Vogtei  Denzinrode  von  den 
Grafen  von  Nassau  zu  Lehen  trug,  hatten  Emmriche  von  Andirnache  und  Ilevnrich 
von  Laynsteiu  daselbst  einen  „burchlichen  bu  begriffen",  doch  Graf  Otto  von 
Nassau  hatte  auf  die  Klage  seines  Lehensmannes  hin  denselben  gebrochen. 
Infolge  dessen  entstanden  fortan  allerlei  Zwistigkeiten  zwischen  Lehensherrn  und 
Vögten.  Als  einst  die  beiden  Ritter  von  Laynstein  in  dem  zur  Vogtei  gehörio-en 
Walde  Pfähle  hauen  Hessen,  verbrannten  ihnen  Johann  und  Hermann  von  der 
Arken  dieselben  und  auf  ihre  Klage  erhielten  sie  den  Bescheid,  die  von  der 
Arken  hätten  im  Rechte  gehandelt,  da  der  Lehonsherr  nicht  befugt  sei,  ohne 
Erlaubnis  des  Vogtes  in  der  Vogtei  zu  holzen.  Später  kam  es  aus  ähnlichen 
Gründen  zu  einer  Fehde  zwischen  Ileynrich  von  Lansteyn  und  Heynrich  von 
me  Steyne,  der  nach  Hermann  von  der  Arken  mit  der  Vogtei  belehnt  war, 
weil  nämlich  ersterer  in  der  Vogtei  hatte  ,, roden  und  hauwen"  wollen,  woran 
ihn  der  letztere  zu  hindern  suchte.  Sie  wandten  sich  schliesslich  an  ein  Schieds- 
gericht und  der  „Obirmaun''  gab  seine  Meinung  dahin  ab,  dass  dem  Lehensherr 
dieses  Recht  auch  ohne  des  Vogtes  Willen  zustehe. 

Aber  trotz  des  Widerstandes  der  Grafen  von  Nassau  kam  der  Burgbau 
zu  Stande.  Denzenrode  war  nämlich  zu  jener  Zeit  in  den  Besitz  des  in  der 
Nähe  des  Ehrenbreitstein  mächtig  angesessenen  Geschlechtes  derer  von  Ilelfen- 
stein  gelangt,  die  mit  diesem  Erwerb  ihrem  in  den  letzten  Jahren  deutlich  aus- 
gesprochenen Bestreben  nach  Vergrüsscrung  ihres  Grundbesitzes  in  dem  Winkel 
zwischen  Rhein  und  Lahn  gerecht  wurden.  So  hatte  1293  Hermann  von 
Helfeustein  der  Jüngere  das  Gericht  zu  Nyderberch  erworben''°).  Heinrich  von 
Helfenstein    am    13.   Jan.   1300  die  Güter   des  Grafen  Heinrich    von  Wylinawe 


^®)  V.  St  faiiil)  ei'i;-  (llliein.  Aiitiquarius  2,  iJ,  74)  schreibt,  dass  dieselbe  1198  schon  vor- 
handen gewesen  nnd  von  Erzbischof  Joliann  I.  von  Trier  einem  Conrad  von  Hrolil  zu  Lohen 
ftegeben  -worden  sei.  Docli  ist  dies  urkundlich  nicht  nachzuweisen  und  berulit  vielleicht  auf 
einer  Verweclislung  mit  der  Stelle  in  den  Ciesta  Trev.  (cd.  Wyttciibach  1,  302),  die  lautet: 
„idem  coniiiarauit  arch.  Johannes  donuiin  fortem  apud  Laynstein,  ([uae  sita  est  suprn  Lonnni, 
quam  Wernero  de  Brole  ab  ecclosia  Treverensi  in  feodo  tenendam  concessit"  —  womit  nach 
Eltester  (Mittelrh.  tTrkundeiibuch  2,  CXX)  ein  18.j,5  abgerissenes  ronmnisches  Oebäude  zu 
Xiederlahnstcin  gemeint  ist.  Damit  stimmt  auch  der  Umstand  übercin,  dass  die  v.  Hrohl  in 
der  Folge  häufig  als  Grundeigentümer  zu  ^s'iederlahnstein  auftreten. 

^^)  Günther  nennt  um  die  Mitte  des  XIIL  Öaek.  wiederholt  einen  Wilhelm  v.  d.  Arken 
(siehe  Cod.  dipl.  2),  ebenso  v.  Eltester  in  den  Jahren  1238—59  (  Mittelrheinisches  Urkunden- 
buch  3,  1130). 

^'')  Kopie  im  Balduineum  —  Kesselstadt,  Trier,   vgl.  Goerz,  Mittelrliein.   Koi:.   i\.    »7« 

und    He-',   d.   Erzb.  58. 


—     208     - 

zu  Arzlieym 'i  und  den  23.  Aug.  1302  wurden  die  Gebrüder  Hermann  und  lleiurioli 
von  Ilelplieustcin  vom  Grafen  (Jcrard  von  Dyeze  mit  der  Yogtoi  zu  lloricheym 
belehnt.'-')  Der  letztgenannte  Ritter  Heinrich  von  Helfensteiu  errichtete  nun  auf 
den  Trümmern  der  zerstörten  Spurkenberg  einen  neuen  festen  Bau,  der  fortan  seinen 
Nachkommen  als  "SVohnsitz  dienen  sollte,  während  sein  Hrudcr  Hermann,  der 
als  der  ältere  zugleich  das  Trierer  Erbmarschallamt  bekleidete,  das  Haus  Mulen- 
bach  bewohnte.""')  Beiden  gemeinsam  war  die  Stammburg  Helfenstein.  Um 
jedoch  sich  und  seinen  Nachkommen  den  Bestand  seiner  neuen  Erwerbung  zu 
sichern,  trug  Heinrich  am  22.  Januar  1310  dem  Erzbischofe  Balduin  von  Trier 
seine  Burg  Sporckemberg  mit  allen  Hoheitsrechten  und  Zubehör  als  Eigentum 
auP)  und  erhielt  sie  von  diesem  —  mit  Ausnahme  der  hohen  Gerichtsbarkeit, 
welche  sich  der  Erzbischof  vorbehielt  —  als  offenes  Ijohen  wieder  zurück  und 
zwar  mit  der  Bestimmung,  dass  das  Lehen  nur  in  männlicher  Linie  nach  dem 
Hechte  der  Erstgeburt  vererbbar  sei  und  nie  geteilt  werden  dürfe.  Seien  keine 
männlichen  Leibeserben  vorhanden,  so  solle  der  nächstälteste  Bruder  des  Ver- 
storbenen nachfolgen  und  mangels  jeglicher  männlicher  Blutsverwandtschaft 
väterlicherseits  solle  das  Lehen  wieder  au  das  Stift  zurückfallen.  Durch  diesen 
Lehensauftrag  hoffte  Heinrich  von  HelfFenstein  seine  neu  erbaute  Burg  am 
besten  gegen  die  Augriffe  der  Nassauer  Grafen  zu  schützen,  während  anderseits 
der  Erzbischof  dadurch  eine  neue  Grenzveste  gewann. 

i'ber  den  Bau  der  Burg  sowohl,  wie  über  den  Lehnsauftrag  oder  Ver- 
kauf, wie  es  in  der  diesbezüglichen  Urkunde  heisst,  erhoben  nun  aber  die  Grafen 
von  Nassau  gegen  den  Erzbiscliof  und  seinen  Amtmann  Beschwerde  und  die 
Schiedsrichter,  der  Erzbischof  von  Köln,  sowie  der  Graf  von  Spanheym  erhielten 
von  den  dazu  bestellten  drei  nassauischen  Ratsleuten,  den  Rittern  Sifrit  von 
deme  Steyne,  Eberolt  und  Marquart  von  Lurenburch,  den  Bescheid,  dass  den 
Grafen  von  Nassau  Unrecht  gescliehen  sei,  da  der  A^erkäufer  nach  allgemein 
üblichem  Brauche  das  Gut  zunächst  dem  Vogte  und,  falls  der  es  nicht  kaufen 
wollte,  denen,  von  welchen  die  Vogtei  zu  Lehen  rühre,  hätte  zum  Kaufe  an- 
bieten müssen,  und  dass  man  von  Rechtswegen  die  ueuerbaute  Burg  niederreissen 
müsse.  Vor  allem  aber  sprachen  sich  die  Ratsleute  dahin  aus,  dass  die  neu- 
erbaute Burg  in  der  Vogtei  Denzinrode  liege  und  mithin  auch  zum  Gorichts- 
bezirke  des  Vogtes  gehöre,  dem  Erzbischofe  oder  seinem  Leheusmanue  also 
keinerlei  richterliche  Befugnisse  dort  zuständen. 


^')  Original  auf  Pergament  im  l'.ozirksnrt'liiv  ]jOtlirini;eii,  Archives  de  Clervaux.  Die 
Siegel  der  (jebr.  von  Helfenstein  fehlen,  die  der  (iebriider  Johann  und  Engilbert  von  Brnns- 
perg,  der  Mitsiegler,  sind  stark  beschädigt.  Krsteres  zeigt  im  Schilde  2  (Querbalken.  Vgl. 
Publications  de  Luxembouri;-  36  (14),  65. 

"*)  Original  auf  Pergament  ebendaselbst.  Das  Siegel  des  Grafen  Gerard  ist  abgerissen, 
von  dem  seiner  Gemahlin   Klyzabet  ist  nur  noch  ein  kleines  Bruchstück  vorhanden. 

•'^)  Siehe  Güterteilung  zwischen  llerninnn  von  Helfinstein  und  seiner  Mutter  .Mcchtilt 
einer-  und  Agnes  von  Miilinbach,  der  Witwe  weil.  Hermanns  von  Helfinstein  anderseits  vom 
22.  Juli  1318.     Original  auf  Pergament  el)endaselbst. 

^*)  Honthoim,  llist.  'j'rov.  2,  ;{7.  Kopie  im  Temporale  perpetuale  Balduini  No.  22."), 
Köni'rl.  Staatsarcliiv  zu   ('(»l)leiiz. 


—     209     — 

Nach  laugcni  Streiten  einigten  sidi  aber  am  27.  April  1311')  boidc 
Parteien,  die  Gcbrihler  Eniciie,  Heinrich  und  Johann,  Grafen  zu  Nassowe  und 
Hevnrich  von  lleifcnstoin  (Uiliin,  dass  crsterc  versprachen,  Ileynridi  und  seine 
Nachkommen  im  Jiesitzc  der  neuerbauten  iUirg  nicht  zu  stören  und  i;eincrlei 
Anforderungen  deswegen  an  sie  zu  steUon,  sowie  ohne  Erhiubnis  derselben  resp. 
ihres  Lehenslicrrn,  des  Erzbiscliofes  von  Trier  weder  in  dem  Amte  Montabaur ") 
noch  in  dem  Ilelfensteinisidien  Gericlite  —  gemeint  ist  hier  wohl  das  zu  Nieder- 
berg --  „ein  güd  zu  goklen".''")  Umgekehrt  gelobte  lleynrich,  die  Yogteirechte 
des  Grafen  anzuerkennen  und  nicht  zu  verletzen. 

Die  Burg  blieb  fortan  bestehen  und  erbte  sich  nach  dem  Rechte  der  Erst- 
o-eburt  auf  Ileiuriclis  von  lleltFenstcin  Nachkommen  fort,  welche;  sicli  danach 
zum  Unterschiede  von  der  durch  Heinrichs  Druder  Hermann  begründeten  sogen. 
Müllenbacher  Linie  von  Helfenstein  zu  Sporkenburg  nannten.  Auch  ihre  An- 
sprüche auf  die  Yogteirechte  zu  Denzinrode  vermochten  die  Grafen  von  Nassau 
dem  mächtigen  Nachbar  gegenüber  niclit  aufrecht  zu  erhalten.  Am  22.  Mai  1332 
wurde  Heinrichs  ältester  Sohn  Hermann  von  Helfenstein  von  Erzbischof  Balduin 
von  Trier  mit  Spurkenberg  und  Zubelnu-  belehnt.''')  Seine  Wittwc  Adelheid 
von  Bruushorn,  welcher  die  Hälfte  der  Burg  als  Wittum  verschrieben  war,  er- 
richtete am  25.  Januar  1357  mit  ihrem  ältesten  Sohne  Heinrich  von  Helfen- 
steiu  einen  Burgfrieden  daselbst.''')  Die  Grenzen  desselben  werden  folgender- 
massen  beschrieben:  „Zu  deme  ersten  bis  ahn  die  drencke  unnd  von  der  drenck 
die  ulenbaclO  ihn  bis  uff  denn  weinwcgh*')  dy  dy  aütze  uff  ghet  unnd  von  dem 
weinwege  uff  bis  ahnn  das  creutz  unnd  vonn  dem  creutz  fort  uff  denn  berg  aus  bis 
ahnn  den  eussersten  grabenn  unnd  vonn  dem  eusserstenn  grabcnn  uff  denn  wingarten 
hin  bis  do  der  wingart  wendit  unnd  da  vort  widder  ihn  die  drenncke".  Innerhalb 
dieses  Bannes  solle  „unser  keiner  noch  iemand  von  unsertwegen  an  dos  anderen  Leib 
und  ffut  nicht  "reifen  in  keinerlei  Weise  mit  Argelist."  Für  etwaige  Streitigkeiten 
ernennen  beide  den  Burggrafen  Ludwig  von  Hammersteiu,  sowie  den  Kitter  Ditherr 


^■^)   Siehe  die  Beilage. 

^'^)  Heiuricli  von  Helfeii^toin  war  Anitniauii  zu  Montabaur.  >'acli  seinem  Tode  kam 
Johann  von  Ilelfenstein  in  Besitz  dieses  Amtes  und  1319  Heinricdis  Sohn  Tiermann.  Original- 
Urkunden  vom  14.  Juli   1312,  resp.  27.  Dez.   1319  im  T.ezirksarohiv  Lothringen. 

3')  Gelden  hat  liier  den  l'.egritf  von  „kaufen'',  vgl.  Grimm,  Deutsches  Wörterbuch   IV, 

1,  2,  3074. 

ä*)  Gedruckt  Günther,  Cod.  dipl.  8,  iS.^.    Original   im  iv^inigl.  Staatsarchiv  zu  Coblenz, 

Abschrift  im  Balduineum  S.  235  ebd. 

•'^)  Kopie  im  Künigl.  Staatsarchiv  zu  iMünstor,  Kindliiigors  Mise.  2,  9Ü,   171. 

*")  Die  rienbach  ist  —  nach  einer  freundlichen  Mitteilung  des  Herrn  Lehrer  Kber- 
ling  zu  Ems  —  identisch  mit  der  heutigen  Deulenbach,  die  südüstlich  an  der  Mur-,'  vorbei- 
fliesst  und  in  die  Emsbach  mündet. 

-")  Der  Name  Weinweg  existiert  heute  noch.  Er  führt  v..n  iler  >purkonburg  als  Fahr- 
weg zuerst  etwas  abwärts,  sodann  mitten  durch  den  Weinberghang  ansteigend  bis  zum  Felde 
und  von  dort  weiter  nach  dem  Dorfe  Eitelborn  (nach  einer  freundlichen  Auskunft  von  seiton 
des  Herrn  Försters  Ilummerich  in  Ems).  Eitelborn  lag  im  Kirchspiel  Äugst;  die  Grenze  ver- 
lief also  unten  von  der  Deulenbach,  diese  hinauf  bis  zu  dem  nach  Eitelborn  führenden  Weg, 
dann  zurück  über  die  Höhe  nach  der  Burg  und  längs  der  dieselbe  früher  umgebenden  Woin- 
boro'o  nach   dor  am   Fusse  des  IJeryes  an  der  Deulenbach   /u  su.'lien<ien   .Drencke". 


—     210      - 

von  Ercnbergstein^-)  zu  Scliieclsricliteru.  Dieselbe  Adellieid  stellte  am  15.  Nov. 
1357  dem  Erzbischof  Boemimd  von  Trier  einen  Revers  aus  über  den  Empfang 
der  ihr  von  ihrem  verstorbeuon  Gatten  zum  "Wittum  angesetzten  trierisoheu 
Lehensgütern,  u.  a.  des  llalbteiles  der  „vesten  zu  Spurckinburg.^^)"  Heinrichs 
von  Jlelfenstein  Enkel  Johann  versprach  in  seiner  Hillichberedung  mit  Johann 
von  Eynenberch,  Herrn  zu  Lantzkrone,  dessen  Tochter  Hilla  —  seine  künftige 
Gattin  —  „up  Spurekenberg  halff  ind  up  syne  hoeue  ind  gueder  zo  Nederen- 
laensteyn"  zu  bewittumen.")  Derselbe  reversierte  sich  1442,  Februar  26,  gegen 
Erzbischof  Jakob  von  Trier  über  den  Empfang  seiner  Leheusgüter,  u.  a.  auck 
der  Burg  Spurckemberg  m.  a.  Z..  ausgenommen  eine  Wiese  in  der  Aucz,  unter- 
halb Arzbach  gelegen.'*)  Am  25.  März  1446  schloss  er  mit  Dietherich  Mul  von 
der  Newerburgh  einen  Ehevertrag  zwischen  seinem  Sohne  Johann  und  Diethers 
Enkelin  Katharina,  der  14  jährigen  Tochter  des  verstorbenen  Johann  von  Gymnich, 
Herrn  zu  Weinssperg.^'')  In  diesem  Hillichbriefe  bewittumt  er  seine  künftige 
Schwiegertochter  u.  a,  auch  mit  der  Hälfte  des  Schlosses  Spurckembergh  samt 
Zubehör,  die  vordem  seiner  verstorbenen  Gemahlin  Plille  von  Eynembergh  als 
Wittum  gehört  hatte.  Unterm  26.  März  genehmigte  der  Erzbischof  von  Trier 
diesen  Vertrag  unter  der  Bedingung,  dass  die  als  Wittum  angesetzten  Stücke 
nach  Katharinas  Tod  wieder  zurückfallen  sollten  ,,an  die  ende,  dar  is  von  rechte 
hyn  gehöret."*')  Derselbe  Johann  von  Helfenstein,  sowie  sein  Sohn  Johann, 
der  Gemahl  Katharinas  von  Gymnich  und  dessen  Sohn,  auch  Johann  genannt, 
wurden  in  der  Folge  mit  der  ,,veste  Spurckemberg"  von  Seiten  des  Kurfürsten 
von  Trier  belehnt  und  zwar  durch  Lehnbriefe  vom  20.  Mai  1457^'),  13.  Dezember 
1460"),  27.  August  1475^")  u.  a.  Gegen  letzteren  erhob  Frank  von  Cronenberg 
als  Sohn  der  Merge  von  Helfenstein,  einer  Tochter  Johannes  und  der  Anna 
Walpode  von  Ulmen  Ansprüche  auf  Herausgabe  verschiedener  Güter,  insbesondere 
auch  der  Hälfte  des  Schlosses  Spurekenberg  mit  Zubehör,  die  Johann  von 
Helfenstein  ihrer   beiden   Ahufrau  Anna  Walpode    zur    Ehesteuer   verschrieben 

*■)  Derselbe  gehörte  dem  Geschleclite  von  Pfattendorf  an. 

")  Original  auf  Pergament  i;n  Königl.  Staatsarchiv  zu  Coblenz,  Kur-Trier.  Staatsarchiv. 
Ks  siegeln  Adellieid  v.  II.,  Conrad  vcm  Schonecko  und  l'ridoricli  von  Kaeno,  Scluiltliciss  zu 
Coblenz.     Siegel  gut  erlialten. 

**)  Urkunde  vom  31.  Aug.  1423,  gedruckt  bei  Strange,  lieitWige  zur  Ucnealogio  der 
adeligen  Geschlechter  2,  124. 

")  Original  auf  Pergament  im  Könitjl.  Staatsarchiv  zu  Coblenz.  Gedruckt  Günther, 
Cod.  dipl.  4,  412,  ^"o.  192.     v.  Straniberg  führt  ciiu'u  gleichen  Revers  vom  Jahre  1468  an. 

*'^)  Original  auf  F'ergament  im  Königl.  Staatsarchiv  zu  Colilenz.  Siegel  Johanns  und 
Dietherichs,  ferner  fierharts  von  Kyncmberg,  Herrn  zu  Landerone,  und  der  (iebrüder  Goiss- 
wiii,   i'njbst  zu  Sc.  Simeon,  und   iloinrich   muyl  von  der  Xcuerburg  erhalten. 

*')  Original  auf  Pergament  im  ivüiiigl.  Staatsarchiv  zu  Coblenz,  vgl.  (ioorz,  Heg.  d. 
Erzb.   183. 

■•*)  Original  auf  i'crgament  im  Köniul.  Staatsarchiv  zu  Coblenz,  vgl.  fJoerz,  iliid.  206; 
Günther,  Cod.  dipl.  4,  4ln,   Aimi.   1. 

*')  Orig.  ibid.  vgl.  (fuorz,  lieg.  d.  Krzl).  241;  i'iildi(uition,s  de  Luxciiiboufg  34  (12), 
149,  Xo.  632. 

"")  Orig.   iliid.   vgl.   (mmji-z,    Kcu'.   d.    Mizb.   212. 


—     211     — 

hatte.^')  Doch  die  Schicdsricliter  iu  diesem  Streite.  ( )tto  von  Hreyttbach,  Trübst 
am  S.  Martiusstift  zu  Worms,  Joliann  von  Brcyttbacli,  Uitter  und  Yitztum  im 
ßinghawe,  Heinrioli  Holt/apffel,  Marschall  des  Erzbischofes  von  Trier.  Diederich 
von  Staffel,  Jorge  von  der  Leyeii,  Peter  von  Elz,  Henne  Gyle  geu.  Woberhenn.; 
und  Ulrich  von  Mulhoffen,  Reutmeister  zu  Mainz,  brachten  einen  Vergleich  zu 
Stande,  wonach  Johann  von  Ilelfenstein  sich  für  sich  und  seine  Erben  verpHichtoto 
dem  Frank  von  Cronenberg  eine  jährliche  Rente  von  26  fl.  ablösbar  mit  OöO  fl., 
zu  zahlen.  In  den  Lehensbriefen,  welche  die  Erzbischöfe  Jakob  und  Richard 
von  Trier  unterm  9.  Oktober  1503^')  resp.  15.  Juli  1512''')  für  diesen  Johann 
von  Ilelfenstein  ausstellten,  wird  natürlich  auch  die  Veste  Spurckemberg 
genannt.  Doch  am  20.  Oktober  1518  verkaufte  der  Erbmarschall  Johann  von 
Ilelfenstein  Schloss  und  Herrschaft  Spurckemberg  nebst  dem  Dorfe  Dcntzenrod 
den  Gebrüdern  Quyrin  und  Johann  von  Nassau  und  zwar  um  1200  Goldgulden.") 
Damals  w^ar  —  wie  es  in  der  diesbezüglichen  Urkunde  heisst,  das  Haus  „vast 
buwefellig",  weswegen  der  Erzbischof  denen  von  Nassau  gestattete,  dass  auch 
ihre  Töchter  nach  dem  Rechte  der  Erstgeburt  erbberechtigt  sein  sollten.'')  Am 
7.  Mai  1524  bewittumte  Johann  von  Nassau  mit  Genehmigung-  des  Lehensherrn, 
des  Erzbischofes  Richard  von  Trier,  seine  künftige  Gemahlin,  Margaretha  von 
Schoneck,  mit  Spurckenberg-,  Dentzenrod  und  Zubehijr.'")  Nach  ihrem  neuen 
Besitze  nannten  sich  fortan  die  von  Nassau  auch  v.  N.  zu  Spurekenberg,  in 
der  Bruderteilung  zwischen  Johann  und  Quirin  fielen  ersterem  die  Burg  und 
Dentzeroidt  zu,  und  er  wurde  am  18.  Juli  1532  vom  Erzbischöfe  Johann  damit 
belehnt,  mit  der  Bestimmung,  dass,  im  Falle  der  Mannesstamm  aussterbe,  seine 
älteste  Tochter  und,  wenn  auch  keine  Töchter  vorhanden  seien,  die  Nachkommen- 
schaft seines  Bruders  Quirin  lehensLerechtigt  sein  sollten.'')  Johann  starb  c.  1546.''') 
Seine  Wittwe  Margret  von  Schoneck  übernahm  nun  die  Verwaltung  der  Güter, 
geriet  jedoch  gleich  mit  der  Gemeinde  Niederberg  in  einen  Streit  wegen  des 
Weidganges  in  der  Nähe  der  Spurkenberg.  Sie  beanspruchte  nämlich  als  Rechts- 
nachfolgerin Johanns  von  Helfenstein  das  Vorrecht,  in  Niederberger  Gemarkung 
„ein  Sweym"  Schafe,  d.  h.  300  Stück,  treiben  zu  dürfen,  welches  ihr  aber  von 
der  Gemeinde  bestritten  wurde,  da  nach  Ausweis  eines  alten  Weistumes''')  nur 
den  Herren  von  Helfenstein  als  Vögten  des  Kirchspiels  Niederberg  dieses  Recht 
zustehe.    Da  sie  aber  eine  geborene  von  Schoeneck  und  nicht  von  Ilelfenstein  sei, 


^')  Original  auf  Pergament  im  Künigl.  Staatsarchiv  zu  Cobleu/. 

°-)  Orig.  ebd.     Gedruckt  Günther,  Cod.   dipl.  5,   114,  No.   1^. 

''^)  Orig.  ebd.     Revers  darüber  vom  selben  Datum  im  Perpotuale  Richardi,  Xü.  4.')0  obd. 

5^)  Orig.   ebd. 

•^^)  Lehnsrevers  der  Gebrüder  Johann  und  Quyrin  von  Nassau we  vom  28.  Oktober  1510 
im  Perpotuale  Richardi  de  Greifenklau-A'ollrats,  Künigl.  Staatsarchiv  zu  ("ublonz:  vgl.  andi 
ebd.,  Kurfürstentum   Trier,   Lehensbof. 

^*')  Kopie  im  Temporale  Archiep.  Richardi   S.  424  ebd. 

^')  Auszug  nach  Kindlinger  11,  98,  237  im  König].  Staatsarchiv  zu  Coblenz. 

""j  Nicht,  Avie  bei  Ilumpracht,  1547,  da  ja  154(5  Margaret  von  Schüneck  schon  als 
AVittwe  erscheint. 

■'")  Dasselbe  befindet  sicli  im  Original  im  Künigl.  Staatsarehiv  zu  t'oblonz,  Kur-Trier, 
Xiodcrberg,  und  ist  um  U.  Jan.   14G4  aufgenommen.   Gedruckt  l)pi  Cirimm,  "Weistümer  1,  G0;{. 

14 


•>|0       

so  liabe  sie  keinerlei  Aurec-lite  liiiTauf,  Der  Streit  wurde  besonders  lieltig,  als 
ein  Diener  der  Wittwe  den  Niederberger  Hirten  so  geschlagen  hatte,  dass  der- 
selbe nach  einigen  Tagen  starb.  Die  Niederberger  sagten  nun  einen  Tag  an, 
den  die  streitbare  Frau  jedoch  nicht  ,,gestain"  wollte.  Da  wandte  sich  die 
Gemeinde  an  den  Kurfürsten  von  Trier,  der  anscheinend  die  Streitsache  zu  ihren 
Gunsten  entschied."*')  Audi  sonst  war  diese  Dame  in  mancherlei  Händel  ver- 
wickelt. So  hatte  sie  einst  mit  Hilfe  des  jungen  Anthou  Walpott  von  Bassenheim. 
sowie  des  Johann  Kemmerer  von  Worms,  genannt  von  Dalberg,  eine  ünterthanin 
des  Kurfürsten  von  Trier  nächilicherweile  von  Mülheim  im  Thall  nach  Spurcken- 
burg  entführt  und  nur  auf  Fürbitte  des  Pfalzgrafen  Georg  bei  Rhein  sicherte 
ihr  der  Kurfürst  unterm  14.  Juli  1568  für  „solch  ir  verbrechung  und  was  sie 
sampt  und  sondern  gegen  uns  und  unser  Ertzstift  gesundigt",  Straflosigkeit  zu.''') 
Xach  dem  Tode  Mar£rareteus  von  Sclioeneck  1572  schlössen  ihre  drei  Töchter 
Anna,  Dorothea  und  Margareta  mit  Quirins  Söhnen  Heinrich  und  Philipp  am 
27.  September  zu  Wittlich  einen  Vertrag''-),  wonach  Philipp  von  Nassau  alle 
Mannleheu  des  Hauses  Nassau,  darunter  auch  die  Burg  Spurckemberg  gegen 
eine  Entschädigung  von  4500  fl.  bekommen  sollte.  Auch  sollten  die  Schwestern 
den  Hof  zu  Frucht  erhalten,  während  über  das  Haus  Tonnenburg  und  die  Vogtei 
Creucht  noch  nähere  Bestimmungen  getroffen  werden  sollten.  Philipp  von  Nassau 
hatte  nur  einen  Sohn,  Heinrich,  der  letzte  männliche  Sprosse  seines  Stammes, 
Archidiakon  zu  St.  Lubentius,  Senior  zu  Trier  und  Maiuz.''^)  Nach  dessen  Tode 
etwa  1601  kam  die  Herrschaft  Spurekenberg  an  die  Herrn  von  Metternich  zu 
Winneburg  und  Beilstein"^)  —  wahrscheinlich  durch  Erbschaft,  da  die  Ahnmutter 
Wilhelms  von  Metternich,  des  Sohnes  Hans  Dietrichs,  „die  eldeste  vom  Stamme 
Nassawisch"  war.*"")  Doch  die  von  Metternich  gerieten  mit  dem  Nachfolger  ihres 
Verwandten  Lothar,  dem  Kurfürsten  Philipp  Christoph  von  Sötern,  aus  persön- 
lichen und  politischen  Gründen  in  die  heftigste  Feindschaft,  und  es  wiu-de  ihnen 

1630  die  Spurekenburg  als  verfallenes  trierisches  Lehen  entzogen.*'')  Ja,  am 
22.  Oktober  1683  erklärte  der  Kurfürst  den  Domscholaster  Emrich  von  Metternich, 
den  Chorbischof  Karl  von  Metternich  und  den  Ritler  Wilhelm  von  Metternich 
samt  ihren  Brüdern,  Anhang  und  Complices  wegen  Rebellion  gegen  Kirche  und 
Staat  aller  ihrer  Würden,  Stellungen  und  ihres  gesamten  Vermögens  für  ver- 
lustig."') Die  Spurkenburg  wurde  wahrscheinlich  —  ebenso  wie  Ehrenbreitstein  — 
von  französischen,  oder  doch   trierischen  Truppen    besetzt.     Anfangs  Dezember 

1631  erschien  aber  Bernhard  v.  Weimar  mit  schwedischen  Truppen  und  eroberte 


''")  Acta,  b(3tr.  Irriiii^cii  /.wisciieu  den  ]5esitzerii  «los  IImusos  Spurkcmborg  und  dor  (ie- 
iiieinde  des  Kirchspiels  >;iedorberg  weg-en  des  strittigen  Weidganges,  l.')46,  Canieralia,  Kllr. 
Klirenl>reitstein,  No.   132;  Königl.  Staatsarclüv  zu  Coblenz. 

®')  Gedr.  bei  Hontheini,  Jlist.  Trev.  Ifl,   \:>. 

**)  Nassauer  liucli,   S.    9,").      Königl.    Staatsarchiv    zu    Coblenz,    v.    Xassau-Sparkenburg. 

"=»)   Ilonthoini,  Prodrom.   1149. 

'■')  Vogel,  lieschrt'iliung,  67G. 

^*)  Ann.  des  Vereins  für  Nass.  Altertumskunde  u.  Geschichtsforsch.  XXIX,  2,  207. 

°^)  I'.  Hur,  IMiilijip  von  Sütcrii.  Kurfürst  von  Trior  und  ^cino  Politik  wälirciid  dos  .^0- 
jährigon  Krieges,  H.  384. 

'■•')   liontlH'iin.    II ist.  Trov.    III,  39. 


—    21  ;j    — 

dci'   llcilio  nacli    fast  sämiliclic    ti'iürisflic    I'iinkfc    auf   der    nM-litrn    UliL'iu.sL'iic 
(lai'uiitor  auch  die  Spurkcnburg.''") 

Doch  schon  im  folgciulen  Jalirc  nahmen  spanisclio  Trupfjon  —  von  der 
Familie  von  Metternich  mit  Rat  und  That  unterstützt  -  die  verlorenen. Plätze 
wieder  ein  und  bei  dieser  Gelegenheit  wird  den  Gebrüdern  von  Metternich  vom 
Kurfürsten  der  Vorwurf  gemacht,  sie  hätten  „Niederlahnstein,  Engers,  Ilammcr- 
stein,  Mouthabaur,  Spurckemburg  überfallen,  besetzt,  gebrandt  und  geplündert.'"') 
Das  schwankende  Kriegsglück  brachte  in  den  folgenden  Jahren  in  buntem 
Wechsel  schwedische,  spanische,  kaiserliche  und  hessische  Tru[)peuteile  in  die 
Gegend  der  Spurkenburg.  Erst  1641  achreibt  das  Trierer  Domkapitel,  das  Stift 
sei  ohne  Kriegsvölker.  Der  Spurkenburg  geschieht  seit  dem  Einfalle  der  Spanier 
1032  nirgends  mehr  Erwähnung,  während  von  dem  nahe  gelegenen  Monthabaur 
des  öfteren  die  Rede  ist,  sodass  die  Vermutung  nahe  liegt,  dass  das  Schloss 
damals  von  den  spanischen  Truppen  zerstört  worden  ist."")  Nachdem  so  der 
Eriede  im  Erzstift  wieder  hergestellt  war,  erliess  der  Kurfürst  auch  für  die  Ge- 
brüder von  Metternich  am  27,  April  1G44  eine  General- Amnestie,  wodurch  den- 
selben die  ihnen  entzogenen  Güter  —  also  auch  die  Spnrkenburg  —  wieder 
zurückgestellt  wurden.") 

Die  von  Metternich  verkauften  später  die  Ruine  samt  den  zugehih'igen 
Waldungen,  und  sie  ist  jetzt  im  Besitze  des  Herrn  Landrates  Heydweiler  zu 
Altena  i.  W.,  der  sie  von  den  Erben  des  zu  Cochem  verstorbenen  Landrates 
und  Geh.  Reg. -Rates  Jäger  käuflich  erworben  hat.  Ihr  gewaltiges  Mauerwerk 
ist  noch  verhältnismässig  gut  erhalten.'') 


B  e  i  1  a  g  e.") 

Wir   Emche,    Heinrich,    Johan'')   gcbruder  t^rcbcn   und  liorrcn  zo  Xassowc  dun 
kunt  allen  den,   die  dusen  geinwertigen  brief  an  sint  oder  hörcnt    lesen,    dat    wir  asc 


0")  r.aur,  222. 

«»)  Hont  heim,  Hist.  Trev.  III,  373  f. 

'")  S  t  runiber^-,  Tllieiu.  Aiiti(]iiarius  2,  3,  75  boliiUii)tet,  sie  sei  103")  von  den  Franzosen 
zorstürt  worden.  Dies  Ivönnte  nur  so  zu  erkliireu  sein,  dass  die  scInsediscli-tVanzösiscIie  Hc- 
siitzung-  des  Ehrenbreitstein  beim  Ilernnnalieii  der  kaiserlichen  Heere  die  Buri;  gcbroclien 
hiitton,  um  so  den  Feind  eines  eventuellen  Stützpunktes  zu  berauben. 

■')  llontheim,  Hist.  Trev.  IIl,  480. 

'')  VVme  genaue  ßeschreibuiiL;-  der  ]?urgruine  findet  sich  bei  Lo  tz  -  S  c  h  n  e  i  d  e  r ,  l>ie 
üaudenkiniller  im  lieg-ierungsbezirko  AViesbaden  (1880),  409  f. 

")  Die  Abschrift  dieser  Urkunde  verdanke  ich  der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Arcliiv- 
dii-ektors  Dr.  Wagner,  dem  ich,  ebenso  Avie  dm  Herren  Archivdirektor  Dr.  Meckcr  und 
Königl.  Archivar  Dr.  v.  Petersdorff  zu  Coblenz,  aucli  an  dieser  Stelle  für  ilir  tVeiindlirlics 
Hntiregenkonimen  meinen  verbindlichsten  Dank  übermitteln  möchte. 

")  Mit  dem  (hafcn  (ierlach,  der  in  der  Urkunde  vom  Jahre  1310  (s.  Anni.  24)  auch 
aufgeführt  wird,  scheint  als  dem  Vertreter  der  walramischeu  Linie  eine  besondere  Abmnoliuni,' 
getroffen  worden  zu  sein,  da  die  vorliegende  nur  die  Gebrüder  des  ottonischen  Astes  nennt. 
Ks  wird  also  wohl  die  Vogtei  Denzinrode,  ebenso  wie  die  Unter  zu  Nassau,  Miclilen  und  <loin 
i;inrich,  im   geincinsanKMi  TJesitz   (b'r  bcldi-n   Linien  gewesen  sein. 

14' 


—     214     — 

van  clage  und  uflauf,  dye  iuzusschen  uns  einsite  und  hörn  Heynriche  van  Ilolfenstein 
andersite  uas  ase  van  der  burc,  dye  da  lieizzet  Spurkenberg,  dye  her  Heinridi  van 
nuwens  be.L^ritfen  und  gcbuet  hat.  liat  wir  des  vor  uns  und  aHo  unser  Frunde  und 
unser  erben  bit  demselben  Heynriche  van  llelfenstein  und  unserm  horren  van  Triere. 
der  sin  heiter  was.  genzlich  und  gar  gescheyden  und  gesonet  sin  und  geloben  au 
dusem  geynwertigen  vor  uns  und  vor  unser  erben,  dat  wir  liern  Ileynrich  van  Helfen- 
stein und  sin  erben  noch  sine  frunt  umme  denselben  Im  noch  unime  dye  burch 
nimmer  ane  gesiu-echen  sulu  noch  hindern  bit,  werten  noch  bit  werken,  want  dat  her 
Heinrich  van  Helfenstein  und  sin  erbin  in  der  burch  und  in  dem  gude,  dat  darzü 
gehöret  geraftit  und  gerowit  sullen  sitzen  sunder  unser  hindernisse  und  allerleyge 
widerspräche.  ^Vir  suln  auch  kein  gud  golden  in  der  phlegc,  dye  zu  :\Iontabur 
huret,  noch  in  dem  gerichte.  dat  heru  Heinriche  van  Helfenstein  unde  sin  erben  ane 
liorent,  sunder  urlauf  unsers  horren  van  Tryere  und  hcrrn  Heynriches.  de  hie  vor 
genant  ist.  und  ich  Heinridi  van  Helfenstein  ver.yin  an  dusem  geinwertigeu  brife 
und  dun  kunt  und  geloben  vor  mich  und  min  erben,  dat  icli  dye  vorgesprochen 
herren  und  greben  van  Xassowe  und  ir  erben  in  allem  gude  in  allen  den  cren  und 
in  allen  deme  rechte,  da  de  (mIII  man,  grebe  Otte  van  Xassowe,  ir  vader,  inne  saz 
und  si  biz  her  gesezzon  haut,  sal  lazeu  sitzen  ungcenget  und  ungedrenget.  geraftit 
und  gerowit.  und  geloben  me.  dat  ich  kein  gut  in  derselben  herren  gerichte  gelden 
sal  sunder  ir  urlauf.  ,.Und  wir  Emche.  Heinrich  und  [Jojhan  gebrudere  vorgenant 
vor  uns  und  unser  erben,  und  ich  Heinrich  van  Helfenstein  vor  mich  und  min  erben, 
geloben  mit  guden  truwen  stede  zu  haldcn  und  unzeworren  allez,  dat  hyevor  geredet 
und  gesprochen  ist,  sunder  allerleyge  argelisto.  Dat  dit  war,  stede  und  vaste  si, 
so  hau  wir  gebedon  di  edel  lüde  hcrn  Gysen  den  herren  van  Molsperc,  hern  Johannen 
van  Brunspcrc  und  hcrn  Lüttere  herren  van  Isenburch,  dat  si  ir  ingsigel  zu  einer 
stedigkeit  bit  unsern  ingsigeln,  die  hye  ane  sint,  herane  gehangen  haut;  und  wir 
Gyse  Johann  und  Luttcr  vorgenant  gin  an  diisemc  geinw(>rtigen  bribe,  dat  wir  durch 
bede  willen  hern  Emchen,  hern  Heinrichs  und  hcra  Johans  der  vorgenanten  greben 
und  hören  Heynriches  van  Hclfensteyn  unser  ingsigel  herane  gehangen  han  zii  eime 
urkundt  und  stedigkeit  allez,  des  hye  vor  geredit  ist.  Dit  geschach  mittes  over  dye 
crsamon  lüde  hern  Heinriche  van  AValdecke,  lierrn  Cunradt  van  Schoenecke,  hern 
Johanne  ßutschartc,  hern  Johanne  van  Grensauwe,  hern  Sifrid  van  Hadmor,  hörn 
Didrich  van  Stocheym,  hcrn  Heinrich  van  Xassowe,  hern  Sifrid  vam  Steine,  hern 
Eberolde  van  Lurenburch.  hcrn  Heinriche  van  Statte!  und  hcrn  Fridriclie  Buchere 
den  deinen  van  Lurcnburc  und  andere  biderbe  lüde,  dye  darzu  wurden  gerufen. 
Des  dinstages  noch  sande  Markes  dage  nach  godes  geburtte  druzehen  hundert  jar 
unde  in  dem  eiliftcn  jare. 

Orig.  Pergament.  Von  den  sieben  Siegeln  sind  erhalten:  Xo.  1,  Siegel  des  Ileinricli 
V.  Helfenstein,  stark  beschädigt:  Xo.  3,  Siegel  eines  Graten  v.  Xassau,  stark  beschädigt;  Xo.  ö, 
Siegel  des  Johann  v.  Kraunberi,',  ebenfalls  besdiädigt.  So.  2,  4,  «  und  7  ab.  Jetzt  Staats- 
archiv Wiesbaden. 


Die  Zeugnisse  für  Gutenbergs  Aufenthalt  in  Eltville. 


Von 

G»  Zedier. 


Ohne  auf  die  schwierige  Frage  der  Bezieliuageu  Gutenbergs  zur  l'rühi'ii 
Eltviller  Presse  eingehen  zu  wollen,  was  ich  später  bei  mehi-  Müsse  zu  thun 
gedenke,  möchte  ich  es  liier  unternehmen,  die  historischen  Zeugnisse,  aus 
denen  gefolgert  werden  muss,  dass  der  Erfinder  der  ]>uchdruckerkunst  eine 
Zeitlang  zu  Eltville  auf  nassauischem  Boden  gelebt  hat,  um  ein  weiteres  zu 
vermehren. 

Ein  unmittelbares  Zeugnis  für  den  Eltviller  Aufenthalt  CJutenbergs  be- 
sitzen wir  bekanntlich  in  dem  IJriefe  des  Pariser  Theologen  Eichet  an  Robert 
Gaguin  vom  Jahre  1472,  demzufolge  nicht  weit  von  Mainz  ein  gewisser  Johannes 
mit  dem  Beinamen  Gutenberg  gelebt,  der  zuerst  die  Druckkunst  ersonnen  habe. 

Bereits  früher,  ehe  dieses  wichtige  Dokument  durch  den  Oberbiblio- 
thekar Professor  Dr.  Sieb  er  in  der  Basler  Universitätsbibliothek  aufgefunden 
wurde'),  nahm  man  auf  Grund  des  Dekrets  des  Mainzer  Kurfürsten  Adolf  von 
Nassau  vom  17.  Januar  14G5  allgemein  an,  dass  Gutenberg,  der  darin  unter 
das  Hofgesinde  dieses  zu  Eltville  residierenden  Erzbischofs  aufgenommen  wird, 
seine  letzten  Lebensjahre  in  Eltville  zugebracht  habe. 

Aus  dem  Fichetschen  Briefe  folgt  nicht,  dass  Gutenberg  grade  die  Zeit 
von  seiner  Ernennung  zum  llofnumn  bis  zu  seinem  Tode  in  Eltville  gewesen 
ist.  Der  Wortlaut  der  Bestallungsurkunde  verbietet  es  aber  meines  Erachtens 
daran  zu  denken,  dass  Gutenberg  erst  durch  diesen  Gnadenakt  des  Kurfürsten 
veranlasst  worden  sei,  seinen  Wohnsitz  .Mainz  mit  Eltville  zu  vertauschen.  Im 
Gegenteil,  ich  glaube,  dass  wir,  wenu  wir  die  Fichetsche  Nachricht  mit  der 
Bestallungsurkunde  zusammenhalten,  genötigt  sind,  den  Aufenthalt  Guteubcrgs 
in  Eltville  in  die  Zeit  vor  1465  zu  setzen.  Nach  jener  Urkunde')  erhält  Guten- 
berg vom  Kurfürsten  ausser  der  Kleiduug  in  jedem  Jahre  20  Malter  Korn  und 
2  Fuder  Wein  zum  Gebrauch  in  seiner  Behausung  zollfrei  in  die  Stadt  Mainz 
geliefert  mit  der  ausdrücklichen  Bestimmung,  dass  er  dieselben  nicht  verkaufen 


\)  Centralbl.  f.  Jübliuthekswesen,  IUI.  2,  S.  87. 

-)  Siehe    .Scliorbacli,    Die  urkim<lliclieii  Nacliriehteu    über   .luliaiiii  (.naeiiuer-    n.   «ler 
Mainzer  Festschrift   1900,  8.  220. 


—     21()     — 

noch  versclienkon  dürfe.  Ausserdem  wird  er  auf  Lebenszeit  von  allen,  den 
Mainzer  Bürgern  auHiegenden  Lasten  und  Steuern  befreit.  Diese  Guadeuerweise 
haben  als  solche  doch  nur  einen  Sinn,  wenn  Gutenberg  in  Mainz  und  nicht  in 
Eltville  zu  wohnen  beschlossen  hatte.  Aus  dem  Revers  des  Dr.  Ilumery  vom 
2G.  Februar  1468'),  in  welchem  sich  dieser  dem  Kurfürsten  gegenüber  ver- 
pflichtet, das  ihm  gehörige,  im  Nachlasse  Gutenbergs  befindliche  Druckgerät 
nirgend  anders  als  zu  Mainz  zu  gebrauchen  oder  im  Falle  des  Verkaufes  dem 
Mainzer  Bürger  gegenüber  jedem  Fremden  die  Vorhand  zu  lassen,  geht  zur 
Genüge  hervor,  welch  grosses  Interesse  Adolf  von  Nassau  an  der  neuen  Kunst 
nahm  und  wie  er  ihre  Bedeutung  zu  würdigen  wusste.  Er  hätte  gewiss  den 
genialen  Erfinder  gern  an  seinen  Hof  in  seine  unmittelbare  Umgebung  gezogen, 
aber  Gutenberg,  so  scheint  es  doch,  verzichtete  auf  ein  glänzendes  Ilofleben 
und  bat  sich  statt  dessen  vielmehr  vom  Kurfürsten  die  Gnade  aus,  ihm  zu  er- 
möglichen, das  Ende  seiner  Tage  in  seiner  Vaterstadt  in  ruhiger  Zurückgezogenheit 
zu  erwarten. 

Schorbach')  schliesst  sich  zwar  denen,  die  ohne  weiteres  aus  der  Er- 
nennung Gutenbergs  zum  Ilofmann  den  Schluss  ziehen,  dass  dieser  infolge  dessen 
nach  Eltville  an  den  kurfürstlichen  Hof  übergesiedelt  sei,  nicht  an.  Er  meint, 
da  Gutenberg  nicht  zum  täglichen  Hofgesinde  gehört  habe  und  ihm  als  ge- 
altertem Manne  offenbar  keine  Dienstpflichten  zugemutet  worden  seien,  so  sei 
es  ihm  wohl  auch  freigestellt  gewesen,  dem  Hoflager  nach  Eltville  zu  folgen 
oder  seinen  Wohnsitz  in  Mainz  beizubehalten.  Daher  habe  er  den  Rest  seiner 
Tage  wohl  abwechselnd  in  seiner  Vaterstadt,  wohin  ihm  sein  Bedarf  an  Frucht 
und  Wein  abgabenfrei  geliefert  worden  sei,  und  während  der  besseren  Jahres- 
zeit in  dem  stillen  (?)  Eltville  verbracht.  Allein  dem  Pariser  Theologen  Flehet, 
dessen  Gewährsmänner  Mainzer  Buchdrucker  waren,  kann  nur  erzählt  worden 
sein,  dass  der  Erfinder  zu  ihrer  Zeit  zu  Eltville  gelebt,  d.  h.  dort  seinen  dauern- 
den Wohnsitz  gehabt  habe;  wenn  Gutenberg  sich  nur  vorübergehend  in  Eltville 
aufgehalten  hätte,  würden  jene  Buchdrucker  dies  als  nebensächlich  wohl  ganz 
mit  Stillschweigen  übergangen  haben ;  auf  jeden  Fall  würde  die  Fichetsche 
Nachricht  anders  lauten  müssen. 

Dass  Gutenberg  nicht  in  Eltville,  sondern  in  Mainz,  und  zwar  in  der  dor- 
tigen Franziskanerkirche  begraben  worden  ist,  das  steht  der  wissenschaftlichen 
Forschung  längst  fest  und  die  Versuche,  die  dafür  in  Betracht  kommende  (Quelle 
zu  verdächtigen,  müssen  heute  als  verfehlt  angesehen  werden.  Gegenwärtig 
ist  nur  noch  der  Eltviller  Lokalpatriotismus  bemüht^  der  dortigen  Pfarrkirche 
die  Ehre  der  Grabstätte  des  grossen  Mannes  zu  vindizieren  und  das  entgegen- 
stehende Zeugnis  zu  entkräften.^)  Die  Ironie  des  Schicksals  will  es,  dass  es 
gerade  ein  Eltviller,    wenn  nicht,    wie  es  alle  Wahrscheinlichkeit    für   sich  hat, 


3)  Sclioibiicli   fi.  a.  ().  S.  227. 
*)  Sohurbacli  a.  a.  ().  S.  222. 


*)  Siehe  den  Aufsatz  „üiitenbergs  Gra'n  und  dii'  .Vii.sprüclie  der  Stadt  Eltville  auf  die 
Grabstätte  Gutcnbergs  in  ihrer  Moreditiguni,''*  vom  .1.  L.  in  \'..  iJlieingauer  JUirjjerfrcund 
1900.  Xo.  G7. 


—     217     — 

oiii  gcboroucr,  so  doch  ein  dort  eingesessener  Mann  ist,  dem  wir  jene  iiiivor- 
vvcrfiiclie  Nachricht  verdanken. 

So  viel  aucli  über  die  Insclirit't  des  Adam  (leltlius  schon  geschrieben  und 
gesagt  worden  ist,  in  zweifacher  Hinsicht  scheint  mir  docli  noch  nicht  das  letzte 
Wort  über  dieses  wichtige  Dokument  zum  Leben  Gutenbergs  gesprochen  zu 
sein.  Einmal  hat  man  bis  jetzt  noch  nicht  erklärt,  wie  es  kommt,  dass  diese 
Inschrift  uns  in  einem  scheinbar  ganz  fremdartigen  Zusammenhang  überliefert 
ist  und  ferner  fragt  es  sich,  wo  das  Original  jener  Inschrift,  wenn  ein  solches 
vorhanden  gewesen  ist,  sicli  befunden  hat. 

In  der  kleinen  Schrift  (Hain  10781,  ein  undatierter  Mainzer  Druck  Peter 
Friedbergs  von  1499),  die  die  Tendenz  hat,  dem  Pfalzgrafen  Philipp  und  seinen 
Söhnen  die  nominalistische  Richtung  der  l'niversität  Heidelberg  zu  empfehlen 
und  zu  diesem  Zweck  den  Nominalisten  Marsilius  von  Inghen,  der  die  Uni- 
versität eingerichtet  hatte,  verherrlicht,  wird,  um  nur  den  Hauptinhalt  anzu- 
geben, Marsilius  redend  eingeführt,  alsdann  folgt  eine  Fülle  von  Epigran)men 
zu  Ehren  des  Marsilius,  und  zum  Schluss  eine  diesem  ebenfalls  gehaltene  Leichen- 
rede.    Daran  schliesst  sich  scheinbar  ganz  unvermittelt  noch   Folgendes  an: 

1)1  viordaces  clarissimi  MarsüiJ  cinulos  Joannls 
Fausti  Tantalidis. 

Laiulibas:  indocto  que  oUatnis  (jutturc  d'iai 

Marsüij  Cornix  inuida:  ahesto  prociil 
Nil  tibi  cum  nitidis  cygnormn  (aut  cantihusj  alid: 

Sed  Uta  su/ßciaf  foetida  praeda  tibi. 

In  foelicem  artis  impresorie  inuentorem 

D(eo)  O(plimo)  M(aximo)  S(acrum) 

Joanni  yenszfleisch  artis  iinpressorie  repertori  de  omni 

naiione  et  limjua  opAime  merito  in  nominis  sui  memoriam  irniiior- 

tcdem  Adam  GeUhus  posiiit  ossa  eins  in  ccclesia  diui  Francisci 

Maguntina  foeliciter  cuhant. 

Jaco.   UiinpfelingiJ  Sletstattini  in  cundem  EpUjramma. 

Foelix  ansicare  per  te  germania  foelix 

Omnibus  in  terris  premia  laudis  habet 
Urbe  Moguntina  diuino  fidte  Joannes 

Ingenio :  prinms  imprimis  ere  notas 
Midtum  relligio :  mnltum  tibi  grcca  sophia 

Et  midtum  dcbet  lingiia  latina  tibi. 

Finif. 

Warum  kommt,  fragt  man  unwillkürlich,  das  Epigramm  tlcs  doannes  Faustus 
zu  Ehren  des  Marsilius,  weit  von  den  übrigen  Epigrammen  gleicher  Tendenz 
getrennt,  so  hinten  nachgehinkt  y    Die  Bemerkung  Conrads*'),  dass  dies  Epigramm 


'^)  Die   Adam   üelthussche    Inschrit't    zu    Kliicu  Johann  Gutonlicr.irs  in  «aninilung  biblio- 
thekswissenschaftlicher  Arbeiten,   lisy-.  von  K.  Dziatzko.    Heft  l:!.     1900.    S.  '-"-'. 


—     218     — 

wulil  erst  nach  Beendigung  des  Druckes  der  übrigen  Epigramme  eingelaufen 
und,  da  mau  es  wegen  der  bedeutenden  Stellung  seines  Verfassers  nicht  habe 
auslassen  wollen,  noch  am  Schlüsse  hinzugefügt  sei,  ist  eine  Xoterklärung,  die 
noch  dazu  über  die  Veranlassung  des  weitereu,  dann  auf  einmal  von  Marsilius 
auf  Guteuberg  abspringenden  Schlusses  nichts  besagt.  Ausserdem  füllen  die 
Epigramme  noch  die  ersten  drei  Seiten  des  Schlussbogens.  Conrad  scheint  also  an- 
zunehmen, dass  auch  dieser  Druck  in  Kleinquartformat  Seite  für  Seite  nach 
Art  der  alten  Foliodrucke  gedruckt  worden  sei.  Das  ist  natürlich  ausgeschlossen. 
Die  beiden  ersten  Seiten  des  Schlussbogens  sind  vielmehr  mit  der  Schlussseite 
des  Textes,  die  das  Faustsche  Epigramm  enthält,  gleichzeitig  gedruckt,  sodass 
das  Einrücken  des  letzteren  an  die  richtige  Stelle,  auch  wenn  es  sich  verspätet 
hätte,  dem  Setzer  keine  Schwierigkeit  bereitet  haben  würde.') 

Mir  scheint  der  ganze  aus  dem  Zusammenha ug  fallende  Schluss  der  Schrift, 
soweit  ich  ihn  oben  angeführt  habe,  nur  den  Sinn  haben  zu  können,  den  ^Mainzer 
Domherrn  Johaun  Fust  besonders  hervortreten  zu  lassen.  Seine  Beteihguug 
und  die  Unterstützung,  die  er  damit  der  durch  diese  Schrift  vertretenen  Sache 
lieh,  war  bei  seinem  Ansehen  und  seiner  einflussreichen  Stellung*)  den  beiden 
an  der  Redaktion  zumeist  beteiligten  Männern  Jakob  Merstetter  und  Jakob 
WimpheÜDg  —  den  Vertretern  der  Mainzer  und  der  Heidelberger  Universität  — 
hochwillkommen.  Sein  Beitrag  wurde  deshalb  zur  besonderen  Hervorhebung 
ans  Ende  gerückt,  und  nicht  genug  damit,  man  Hess  die  Schrift,  um  ihm  zu- 
gleich eine  feinsinnige  Ehrung  zu  erweisen,  ausklingen  in  Worte,  welche  die 
unsterblichen  Verdienste  des  Erfinders  der  Buchdruckerkuust  feiern.  Denn 
damals  hatte  die  Kritik  Gutenbergs  alleiniges  Verdienst  um  die  Erfindung  noch 
nicht  im  Gegensatz  zu  Fust  und  Schöffer  geklärt  und  der  Abglanz  des  Guten- 
bergschen  Ruhmes  umstrahlte  auch  seine  Mitarbeiter  und  deren  Nachkommen, 
zumal  keine  direkten  Erben  des  Gutenbergschen  Namens  vorhanden  waren.  Ich 
brauche  nur  an  die  bekannten  Verse  in  Schlussschriften  von  Drucken  Peter  SchöfFers 

Qhos  yenuit  amhos  urhs  maguntina  Johannes 

Lihrorum  insignes  prothocaragmaticos 
zu  erinnern.  In  diesem  Sinne  ist  auch  der  Johann  Fust  hier  gegebene,  sonst 
nicht  nachweisbare  Beiname  des  Tantaliden  zu  verstehen.  Er  wird  dadurch  von 
"NVimpheling  oder  wer  nur  immer  dies  Epitheton  ornans  erfunden  hat,  in  der- 
selben Weise  gefeiert,  wie  Fusts  Enkel,  Peter  Schöfl'ers  Sohn,  Johann  sich  in 
der  Schlussschrift  des  Mercurius  Trismegistus  von  1503  als  faustissima  eorum 
propagine  satus,  qui  divinam  forme  calcographie  artem  propitiis  fatis  inuenerunt, 
selbst  verherrlicht.  Das  in  den  folgenden,  Guteubergs  Ruhm  feiernden  Versen 
Wimphelings  dem  Erfinder  zweimal  beigelegte  Attribut  foelix  scheint  auch  ab- 
sichtlich mit  Bezug  auf  die  lateinische  Form  des  Fustscheu  Namens  gewählt 
zu  sein,  eine  Namensform,  die  wiederum  hier  zum  ersten  Male  begegnet.  Denn 
wie  Schaab®)  schon  bemerkt,    kommt    der  Name   des  Druckers  und  Verlegers 

')  Sielie  A  (lol  f  Seil  in  i  dts  Uiitersuc]iuiig(Mi  über  die  liiiclulruekertecliiiik  des  15.  Jalir- 
huiiderts  im  CeiitralVjl.  f.  I'.ibliotliekswe.sen,  Bd.  14,  .S.  57  tt". 

")  Hiebe  über  ihn  Schaab,  Geschichte  der  Erfindung  der  Buchdruckerkunst,  Bd.  2,  S.  60. 
^)  Schaab  a.  a.  O.  Bd.  2,  S.  :>1. 


—     210     — 

Fust  audi  in  latciuischen  Schlussschriftcn  und  audercn  Urkunden  nitlit  als 
Faustus,  sondern  stets  als  Fust  vor.  Wenn  Schaab  aber  sagt,  dass  Fusts 
Enkel  Jobaun  Schöffer  der  erste  gewesen,  welcber  im  Jahre  1505  in  der  Vor- 
rede des  Drucks  der  deutschen  Übersetzung  des  Livius  seinen  CJrosbvater 
nicht  Johann  Fust,  sondern  Joliann  l-'aust  genannt  und  dass  von  dieser  Zeit  au 
sich  fast  alle  Glieder  der  Familie  nicht  mehr  Fust,  sondern  {'aust  geschrieben 
hätten,  so  bedarf  diese  Bemerkung  mit  Rücksicht  auf  die  hier  behandelte  Stelle 
der  Einschränkung.  Auch  das  faustissima  in  joucr  eben  erwähnten  Schluss- 
schrift von  1503  beweist,  dass  damals  schon  die  hitinisierte  Form  des  Fustschen 
Namens  üblich  war.  Vielleicht  hatte  unsere  Schrift  die  Veranlassung  dazu  gegeben. 
Weuden  wir  uns  jetzt  der  anderen  Frage  zu,  wo  das  Original  der  Adam 
Gclthusschen  Inschrift  sich  befunden  haben  mag,  so  müssen  wir  zunächst  die 
Vorfrage  entscheiden:  Ist  diese  Inschrift  überliaupt  mehr  als  ein  litterarisches 
Erzeugnis?  Ihre  Beweiskraft  würde,  auch  wenn  diese  Frage  verneint  werden 
müsste,  an  nichts  einbüssen.  Schaab  schon  und  viele  andere  nach  ihm  sind 
der  Überzeugung,  dass  dies  für  Gutenberg  bestimmte  Monument  nie  errichtet 
worden  sei,  wie  es  die  zwei  letzten  Zeilen  der  Grabschrift  bewiesen.  Wiihrend 
aber  der  genannte  Forscher  dem  Zweifel  doch  noch  Raum  lässt  und  es  nur 
für  wahrscheinlich  hält,  dass  diese  Grabschrift  auf  dem  Papier  geblieben  sei'"), 
nennt  sie  van  der  Linde'')  in  seiner  Weise  geradezu  ein  „papiernes  Andenken 
an  Gutenberg."  Heidenheimer'-')  meint,  dass  Adam  Gelthus  seine  Gedenk- 
schrift  auf  Gutenberg  der  neun  Seiten  vorhergehenden  formal  gleichartigen 
Heidelberger  auf  Marsilius  nachgebildet  habe.  An  die  Epigramme  in  Versen 
zu  Ehren  des  Marsilius  reiht  sich  dort  folgendes  Epigramma  solutum  : 

Marsilio  philosopho  ac  thcologo  Heydelhergensis 
(jymnasij  inst i tut ori:  voluminihus  et  luciibrationibus  da 
nostra  repub.  optime  mevito  heneficiorum  memor  posteri- 
tas  ad  perpetiiam  eins  gloriam  posuit. 

Obijt  anno  christi.  M.CCC.LXXXXVI.  die.  XX.  mcn- 
sis  Augusti. 

Eine  gewisse  formale  Gleichartigkeit  will  in  dieser  Hinsicht  nichts  besagen. 
Sie  ist  für  alle  solche  Inschriften,  mögen  sie  nun  in  Holz,  Stein  oder  Metall 
wirklich  ausgeführt  oder  nur  litterarischer  Natur  sein,  von  vornherein  voraus- 
zusetzen. Vergleicht  man  aber  dies  Epigranmia  solutum  mit  der*" Inschrift  zu 
Ehren  Gutenbergs,  so  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  jene  vier  ersten  Zeilen 
zu  Ehren  des  Marsilius  vielmehr  den  vier  späteren  Zeilen  zu  Ehren  Gutenbergs 
nachgebildet  worden  sind.  Statt  der  allerdings  nur  auf  einem  Papierdenknuil 
möglichen  posteritas  begegnet  uns  in  der  Gedenkschrift  für  Gutenberg  als  Ur- 
heber ein  individueller  Name.  Wie  käme  aber  Adam  Gelthus  dazu,  zu  dieser 
Heidelberger    Universitätsschrift   mit    ganz    anderem    Programm    eine    Gedcnk- 


>")  Scliiiiili   .'i.   :i.   ().    ll.l.    1,   S.   4(J(;. 

'')  vaii  der  Linde,    üeschiclite  der  Erfindung    der  Ijuchdruckerkunst,    IUI.  3,    fS.  738. 

1-)  Vom  Ruhme  Gutenbergs.     Mainz  lOOo.     S.  13  f. 


-      •220     — 

sclirift  auf  Guteuberg  beizusteuern'?  Dies  bleibt  bei  der  Heidenheimersflieu 
Anuahnie  güuzlicli  unerklärt.  Diese  Frage  ist  aber  wohl  gerechtfertigt  und  die 
einzige  Möglichkeit,  sie  befriedigend  zu  beantworten,  liegt  in  der  Annahme, 
da^s  wir  in  der  Adam  Gelthusschen  Inschrift  nicht  eine  bloso  litterarische 
Spielerei,  sondern  ein  wirkliches,  irgendwo  befindlich  gewesenes  Denkmal  zu 
Ehren  Gutenbergs  vor  uns  habeo. 

Es  beruht  nur  auf  Unkenntnis  des  epigraphischen  Stils,  wenn  Conrad'^) 
meint,  dass  der  erste  der  beiden  Sätze,  aus  denen  der  Text  der  Inschrift  be- 
steht, fragmentarisch  sei.  (fanz  unverständlich  ist  es  aber,  wenn  er  uns  die 
starke  Kürzung  des  ursprünglichen  Wortlauts  durch  den  Hinweis  wahrscheinlich 
machen  will,  dass  auf  der  letzten  gedruckten  Seite  auch  nicht  eine  Zeile  mehr 
zur  Verfügung  gestanden  habe.  Wo  die  gänzlich  leere  Rückseite  Platz  genug 
bot,  konnten  der  Redakteur  uud  der  Drucker  sich  denn  doch  nicht  in  die 
allerdings  auch  im  anderen  Fall  nicht  zwingende  Notwendigkeit  versetzt  sehen, 
den  Text  der  Inschrift  so  zu  kürzen,  dass  ihr  erster  Teil  ein  nach  Form  uud 
Inhalt  unverständliches  Satzgefüge  bot. 

Nach  Schorbach")  versteht  es  sich  von  selbst,  dass  diese  Grabschrift 
nicht  in  solcher  Fassung  auf  einem  Denkstein  gestanden  habe.  Nehme  mau 
jedoch  aus  obigem  litterarischen  Epitaphium  den  Passus  DOM  S — posuit  heraus, 
so  bilde  dieser  eine  Inschrift,  welche  sehr  wohl  nach  dem  Brauche  damaliger 
Zeit  auf  einer  Sterbetafel  (von  Holz,  Pergament  oder  Papier)  angebracht  ge- 
wesen sein  könne,  wie  mau  sie  an  den  Grabstätten  aufzuhäugeu  pflegte.  Aber 
mau  muss  sich  doch  zunächst  an  den  überlieferten  Text  halten.  Für  eine 
Hinzufüguug  der  Worte  ossa — cubant  zum  Text  der  Grabschrift  lag  in  diesem 
Zusammenhange  doch  nicht  die  geringste  Veranlassung  vor.  Nimmt  mau  nun 
aber  den  ganzen  Text  der  Inschrift,  wie  er  vorliegt,  so  scheint  schon,  da  sich 
zwischen  posuit  und  ossa  keinerlei  Interpunktion  befindet,  die  Form  der  Wieder- 
gabe zu  bezeugen,  dass  wir  es  hier  mit  der  getreuen  Kopie  einer  wirklichen, 
auf  einer  Holztafel  oder  einem  Steindeukmal  angebracht  gewesenen  Inschrift 
zu  thun  haben;  freilich  nicht  mit  einer  Grabschrift  —  daran  zu  denken  verbietet 
eben  der  zweite  Teil  der  Inschrift,  wohl  aber  mit  einer  Gutenberg  zu  Ehren 
von  Adam  Gelthus  irgendwo  errichteten  Gcdenkschrift. 

Fragen  wir  jetzt  nach  dem  Standort  der  Inschrift,  so  kann  dies  die 
Franziskauerkirche  allerdings  nicht  gewesen  sein.  Es  läge  nun  die  Annahme 
nahe,  dass  die  Inschrift  im  Hofe  Guteuberg,  in  welchem  der  Erfinder  geboren 
war  und  welcher  nachweislich  zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts,  wahrscheinlich 
aber  schon  bei  Begründung  der  Mainzer  Universität  im  Jahre  1477  letzterer 
übergeben  und  der  Juristen-Fakultät  eingeräumt  war'^),  ihren  Platz  gehabt 
habe,  da  der  Stifter  des  Denkmals  Lizentiat  der  Rechte  war.'*^)  Eine  solche 
Annahme    würde   es    erklären,    wie  Wimpheling  l)oi  seinen  im  Übrigen  höchst 


'^)  a    ii.  ().  S.  24. 
")  u.  a.  U.  S.  2'iG. 


•'"')  Siehe  .Sclianlj  ii.  .-i.  o.   I!il.  2,  8.  IJU   11'.    und    Sdiciik  zu  Sc  li  \ve  i  ii  slicirg,   Geiiea- 
lui^ie  des  Maiuzer  Geschlechts  (iäiLsfleiscli  in  der  Mainzer  Festsclirilt  S.  111. 


-"o 


°)  Scliaah,  I5d.   1,  S.  40^. 


221     

verworrcneu  Augabou  über  (iiitenberg"  uud  tue  Ei-liuiluug-  der  Duchdruckcikuiist 
iu  seiner  Sclirift  ,,Argentinensiuin  episcoporum  catalogus"  von  1508  die  Naeii- 
richt,  dass  im  llof  Giitcuberg  das  Juristonkolleg-  sei,  richtig  überliefert  hat. 
Allein  so  wenig  es  ausgeschlossen  sein  mag,  dass  in  der  That  in  jenem  Gebäude 
eine  Inschrift  daran  erinnerte,  dass  in  ihm  Johann  Gutenberg  das  Liclit  der 
Welt  erblickt  habe,  die  vorliegende  Inschrift  ist  es  sicherlich  nicht  gewesen. 
Der  Zusatz  Maguntina  zu  ecclesia  diui  Francisci  wäre  sonst  vollkommen  über- 
flüssig und  sonderbar.  Das  Original  der  Inschrift  niuss  ausscrhallj  Mainz  be- 
iindlicli  gewesen  sein  und  die  Person  ihres  Stifters  führt  uns  von  selbst  nach 
Eltvillc. 

Adam  Geltluis  gehört  einem  mit  den  Gensfleisch  nahe  verwandten  a<leügen 
Geschlecht  an.  Ein  Angehöriger  desselben,  Arnold  Gelthus,  nahm,  wie  wir 
wissen,  1448  eine  Anleihe  zu  Gunsten  Gutenbergs  auf.  Unser  (leltlnis  hatte 
zwar  die  Rechte  iu  Mainz  studiert,  aber  er  widmete  sich  später  dem  geistlichen 
Stande.  Er  kommt  als  Altarist  des  St.  Niclas-Altars  in  der  St.  Quintinskirche 
zu  Mainz  vor,  welcher  durch  die  (Jensfleischsche  Familie  gestiftet  worden 
war.'")  Den  grössten  Teil  seines  Lebens  aber  hat  er  zu  Eltville  zugebracht. 
Er  war  der  Sohn  des  Adam  Gelthus  zum  jungen  Aben,  der  1457  eine  Grede 
von  Fürstenberg  heiratete,  und  1468  einen  Frozess  mit  dem  St.  Claren-Kloster 
zu  Mainz  hatte. '^j  Dass  die  Familie  in  Eltvillc  begütert  war,  zeigt  eine  Ur- 
kunde''^) vom  20.  Februar  1461,  in  der  ein  Peter  Gelthus,  als  in  Eltville  an- 
gesessen, vorkommt.  Bereits  1498  begegnet  uns  Adam  Gelthus  in  Eltville. 
Am  3.  Mai  dieses  Jahres  macht  er,  der  sich  in  der  betrefl'enden  Urkunde 
„venerabilis  et  spectabilis  vir  dominus  Adam  Gelthus  von  der  jungen  Aben  L.  L. 
Licentiatus"  nennt,  mit  Peter  von  Fürsteuberg  eine  nicht  unbedeutende  Stiftung 
an  die  Kirche  zu  Eltville.-'")  1504  erscheint  er  als  Altarist  der  dortigen  Kirche 
und  1513  stiftet  er,  Lizentiat  der  Rechte  und  Kaplan  der  Niclaskapellc  zu 
Eltville,  dort  das  tägliche  1 1  Uhr-Lauten  des  Vormittags  mit  der  Messglocke.-') 
Er  erscheint  auch  sonst  noch  öfter  in  Eltviller  Urkunden,  zuletzt  1517,  in 
welchem  Jahre  er  die  für  das  11  Uhr-Läuten  gestifteten  10  Goldgulden  auszahlt.'-'-') 

Was  liegt  unter  diesen  Umständen  näher  als  anzunehmen,  dass  Adam 
Gelthus  den  Gedenkstein  zu  Ehren  seines  berühm teu  Verwandten  in  P'ltville 
und  zwar  —  darauf  weisen  die  Worte  Deo  Optimo  Maxime  Sacrum  -—  in  der 
dortigen  Pfarrkirche  errichtet  habe? 

Das  Eltviller  Pfarrarchiv  verwahrte  das  Manuskript  des  Frühmessers  Kremer 
in  Eltville,  der  nach  Roth"'')  eine  verlorene  Eltviller  Chronik  und  das  Kirchen- 
kopiar  benutzte  und  anderes  aus  eigener  Beobachtung  hinzufügte.  Er  unter- 
suchte auch  die  Grabsteine  der  Eltviller  Pfarrkirche.     Unter  den   von  ihm  auf- 


'')  Scliaali,   IUI.   1,  S.  463. 

'*)  Kboiuhi. 

'^)  im  Küiii-1.   StaidsiircliiN    zu    Wiuslnulcn.     I\.   lviir-.'\liiinz.    .">.    Ulifiiigau,   Kltville. 

■-")  Sohaab,  Bd.   1,  S.  46:5  und   Kctli.  (ieschiclitsquelliMi  aus  iSVssnu  I  S.  26S. 

-')  Hbonda  Schuiili.  S.  464   und   Korli,  8    'JTO. 

-2)  Kotli,  S.  270. 

^^i)  a.  u.  ().  I.  S.  XXI. 


22"^     

gczeiclmeteu  Grabdeukmäleru.  \\ovon  aber  uur  uucli  Einzelnes  lesbar  Nvar,  ist 
neben  anderen,  auch  anderweitig  beglaubigten,  auch  das  Grabmal  von  Johann 
Genstleisch,  j  1468."-'*)  Es  fällt  auf,  dass  hier  nicht,  wie  bei  den  anderen,  der 
Todestag  hinzugefügt  ist;  das  Todesjahr  wird  auch  wohl  Kremers  Zuthat  sein, 
der  den  Namen  noch  lesen  konnte  und  daraus  ohne  weiteres  auf  den  Ertinder 
der  Buehdruckerkunst  schloss  und  dessen  vermutliches  Todesjahr  aus  anderer 
Quelle  beifügte. 

Jedenfalls  wurde  diese  Notiz    der  Ausfrangsiiunkt    für  die  EU  viller  Lokal- 

C  Ol 

tradirion  von  Gutenbergs  Grabstätte  in  Eltville,  die  dann  in  früheren  Reise- 
handbüchern vielfach  weiter  verbreitet  wurde.  Es  wäre  keineswegs  unmöglich, 
dass  der  Kreraer  vorliegende  Stein  sieh  wirklich  auf  den  Erfinder  der  Buch- 
druckerkunst bezogen  hätte,  dann  aber  müsste  er  das  von  Adam  Gelthus  ge- 
stiftete Denkmal  sein.  leii  erwähne  dies  indessen  nicht,  um  meine  Yermutung 
durch  jenes  unsichere  Zeugnis  des  übrigens  über  jeden  Verdacht  einer  Fälschung 
erhabenen  Kremers  zu  stützen,  ich  hoffe,  ihre  hohe  Wahrscheiuliclikeit  aus 
inneren  Gründen  genügend  nachgewiesen  zuhaben  —  ich  möchte  vielmehr  das 
Gesagte  nur  als  einen  Versuch  aufgefasst  wissen,  die  Kremersche  Nachricht, 
auf  die  sich  Eltviller  Lokalforscher  schon  mehrfach  berufen  haben,  aufzuklären. 

Hatte  nun,  um  zu  unserer  Inschrift  zurückzukehrou,  Adam  Gelthus  damals 
Johann  Gutenberg  ein  Denkmal  iu  der  Eltviller  Pfarrkirche  gesetzt,  auf  dem 
der  überlieferte  Text  der  Inschrift  zu  lesen  war,  so  schwinden  meines  Erachtens 
alle  Bedenken,  die  gegen  denselben  laut  geworden  sind.  An  gi-heiligter  Stätte 
sollte  diese  Inschrift  nach  Art  einer  Grabschrift  das  Andenken  Guteubergs  ehren; 
da  aber  die  Gebeine  des  Erfinders  an  anderer  Stätte  gebettet  waren,  so  ergab 
sich  ein  darauf  hinweisender  Zusatz  von  selbst. 

Natürlich  konnte  als  Standort  dieser  Gedenkschrift  von  ihrem  Stifter  die 
Eltviller  Pfarrkirche  nur  gewählt  werden,  wenn  (futenberg  an  diesem  Orte 
einige  Zeit  —  zum  mindesten  gelebt  hatte. 

Bei  dem  Interesse,  das  damals  in  den  Ilumanistenkreisen  der  in  ihrer 
unendlichen  Tragweite  immer  mehr  zum  Bewusstsein  der  Gebildeten  kommenden 
Druckkunst  entgegengebracht  wurde,  ist  es  leicht  begreiflich,  wie  das  gewiss 
kurz  zuvor  erst  errichtete  Monument  aus  den  oben  schon  dargelegten  Gründen 
in  dieser  kleinen  Schrift  Verwertung  finden  konnte.  Merstetter,  ein  Kollege 
des  Adam  Gelthus,  kannte  die  Inschrift  und  beeilte  sich,  sie  zur  Ehrung  Johann 
Fusts  in  dieser  Schrift  zu  verwenden.  Dieser  Artigkeit  gegen  jenen  hoch- 
stehenden Gönner  suchte  es  Wimpheling,  von  dem  auch  noch  ein  weiteres 
Epigramm  auf  Gutenberg  erhalten  ist,  dann  gleichzuthun. 


=")  Roth  a.  a.  ü.  S.  237  f.  —  Icli  hätte  gern  das  Original  eingcselien,  leider  ist  aber, 
wie  mir  Herr  Pfarrer  Schilo  mitteilte,  das  Kremer.sche  Manuskript  aus  dem  Eltviller  l'farr- 
arehiv  verschwunden.  Es  sclieint  einmal  ausgeliehen  worden  zu  sein,  ohne  dass  man  jetzt 
weiss,  an  wen.  Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  diese  für  die  Eltviller  Lokalgeschichte,  wie 
es  scheint,  keineswegs  unwichtige  Quelle  wieder  zum  Vorschein  käme. 


Beiträge 


zur 


Gescliicliti>  der  Gründung  des  Vereins  für  nassauisclie 
Altertumskunde  und  Gesdüchtsforscliung. 

Von 

P.  Wagner» 


Im  XL  Baude  der  Aunaleu  hat  Oberschulrat  Dr.  Schwartz  aus  Anlass 
der  Feier  des  füufzigjährigen  Bestehens  des  Vereins  für  nassauische  Altertums- 
kunde und  Geschichtsforschung  Beiträge  zu  dessen  Geschichte  verüffentliclit,  die 
sehr  dankenswert  sind,  namentlich  wegen  des  schätzbaren  Materials,  das  sie 
zur  Geschichte  derjenigen  Männer  enthalten,  die  sich  um  die  Gründung  des 
Vereins  verdient  gemacht  haben.  Nicht  sehr  eingehend  hat  er  darin  aber  die 
Vorgeschichte  behandelt,  d.  h.  jene  Versuche,  die  in  dem  Jahrzehnt  vor  1821 
gemacht  wurden,  einen  Verein  zu  Stande  zu  bringen.  Sie  scheineu  für  ilin 
keinen  besonderen  Reiz  gehabt  zu  haben,  und  dies  um  so  weniger,  als  er  zwischen 
ihnen  und  der  späteren  Vereinsgründung  keinen  unmittelbaren  Zusammenhang 
wahrnahm.  Widerspricht  er  doch  sehr  bestimmt  der  früher  geltenden  Ansicht, 
dass  als  Gründungsjahr  des  Vereins  1812  anzusehen  ist.') 

Nun  kann  man  darin  mit  ihm  ganz  einverstanden  sein,  kann  aber  gleich- 
wohl auch  den  älteren  Versuchen  ein  grösseres  Interesse  entgegenbringen,  als 
Schwartz,  wenn  anders  dieser  nicht  lediglich  durch  den  Mangel  an  Quellen  veran- 
lasst worden  ist,  sich  kürzer  zu  fassen,  als  es  ihm  lieb  war.  Denn  zu  selieu  wie 
eine  gute  Idee  in  den  Köpfen  verständiger  Männer  Gestalt  und  Form  gewinnt, 
ehe  sie  in  den  Bereich  der  Wirklichkeit  eintritt,  ist  immer  lehrreich  und  reiz- 
voll. Da  überdies  die  kurzen  Mitteilungen  von  Schwartz  nicht  ganz  frei  von 
Irrtümern  sind,  so  ist  es  vielleicht  kein  überflüssiges  und  für  den  Vercm 
unnützes  Unternehmen,  einige  berichtigende  Nachträge  zu  der  Schwartz'schen 

Darstellung  zu  liefern. 

Die  Möglichkeit  hierzu  bietet  ein  Aktenstück  mit  amtlichen  Korrespon- 
denzen,   das    neuerdings    in    die    Verwahrung    des    Staatsarchivs    zu   Wiesbaden 

')  Aimiik'ii   X.I,  7. 


224     

gelangt  ist  uuil  ilcn  scIirit'tliclK'ii  Verkelir  der  Ycreiusgrüiulcr  und  dos  Vereins 
mit  den  nassauischeu  Bclicirden.  dem  Staatsministerium  und  der  Landesregierung, 
enthält.*}  Freilich  empfindet  man  das  Unzureichende  einer  solchen  amtlichen 
Quelle  besonders  lebliaft  bei  einer  Angelegenheit,  die,  wie  diese,  lediglich  aus 
privater  Anregung  und  in  privaten  Kreisen  erwachsen  ist,  die  auf  privater 
Thätigkeit  beruht.  Von  der  Liebe  zur  Sache,  der  Fülle  der  Gedanken  und  der 
Stärke  und  Beredsamkeit  der  Überzeugungen,  die  in  den  Einzelnen  mächtig 
war,  ist  in  diese  nüchternen  Akten  fast  nichts  geraten.  Ein  Paar  Briefe,  die 
darin  vorkommen,  machen  die.scn  Mangel  nur  um  so  fühlbarer.  Aus  den  Akten 
gewinnt  mau  niclit  viel  mehr  als  das  dürre  Gerippe  der  Thatsachen.  Aber 
auf  deren  Feststellung  kommt  es  mir  im  Folgenden  allein  au;  eine  aus  dem 
Vollen  schöpfende  Darstellung,  die  vor  allem  den  etwa  erhaltenen  Briefwechsel 
der  Vereinsgründer,  namentlich  den  der  beiden  Habel,  Vater  und  Sohn,  ein- 
gehend berücksichtigen  müsste,  ist  nicht  beabsichtigt. 

Ich  stelle  zunächst  das  Wesentliche  aus  der  Schwartz'scheu  Darstellung 
von  der  Vorgeschichte  des  Vereins  zusammen.^) 

Die  erste  Anregung  zur  Stiftung  eines  Altertumsvereius  in  Nassau,  erzählt 
Schwartz,  habe  Pfarrer  Luja  in  Altenkirchen  bei  Weilburg  in  zwei  Artikeln 
gegeben,  die  in  dem  Jahrgang  1811  des  Litelh'genzblattes  für  das  Herzogtum 
Nassau  erschienen.  Doch  was  Luja  zu  gründen  beabsichtigte,  sei  kein  Verein 
gewesen ,  der  das  Altertum  und  die  Geschichte  Nassaus  im  allgemeinen  zu 
pflegen  gehabt  hätte,  sondern  zunächst  nur  ein  Verein  zur  Erforschung  des 
Pfahlgrabens,  der  bekanntlich  quer  durch  das  Land  hindurchzieht,  also  ledig- 
lich archäologischen  Charakters.  Luja  habe  liicrbei  im  Einvernehmen 
mit  dem  alten  Hof  kammerrate  Habel  in  Schierstein  gehandelt,  und  beide  seien 
dann  mit  dem  bekannten  Frankfurter  Altertumsfreunde  Geheimrat  v.  Gerning 
in  Verbindung  getreten.  Auch  der  junge  Habel,  der  Sohn  des  Hofkammer- 
rates und  spätere  Archivar,  habe  sich  dem  Unternehmen  gewidmet  und  nament- 
lich die  zahlreiche  Korrespondenz  mit  den  Behörden,  sowie  den  in-  und  aus- 
ländischen Gelehrten  besorgt.  Diese  vier  Männer  müsse  man  als  die  eigent- 
lichen Stifter  des  Vereins  betrachten.  Sie  hätten  Statuten  entworfen,  die  vom 
damaligen  Herzoge  von  Nassau,  Friedrich  August,  genehmigt  worden  seien 
„und  so  würde  der  Verein  schon  im  Jahre  1812  ins  Leben  getreten  sein  und 
ohne  Zweifel  seine  Wirksamkeit  auch  über  den  nächsten  Zweck  seiner  ursprüng- 
lichen Bestimmung  hinaus  auf  das  ganze  Gebiet  der  Altertums-  und  Geschichts- 
forschung ausgedehnt  haben,  wenn  nicht  die  politischen  Verhältnisse  .  .  .  die 
mächtigen  Hindernisse  bereitet  hätten".     Soweit  Schwartz. 

Es  ist  zutreffend,  dass  die  erste  Anregung  zur  Vereinsgründung  von  Luja 
im  Jahre  1811    durch    seine    beiden  Aufrufe    im    nassauischen    Intclligenzblatf*) 


*)  Acta  betr.  die  Bilduiif;-  einer  Gesellscliat't  für  iiassauische  Altertuniskuiidf;  und  fio- 
sr-lüclitsforschung,  1812  tt'.  Dem  Aktoristück  sind  die  J?oilni>en  zu  obiji-ein  Aiifsiit/i!  mid  die 
Korrespondenzen,  auf  die  im  l'olgendi'ii  liezus;-  genojnmcn  ist,  t'iitnoinmon. 

«)   Annalfu   Xl,  5. 

'j    Wii'diT  abn-edrucki    A  niiiili'H    Xl,  S'J   u.  8."). 


-     22;") 

gegeben  wurde,  n\u\  weiter,  (la^s.s  Liija  IcdiglK'!)  an  einen  Verein  zur  Erlorseliuiig 
des  Limes  und  der  damit  in  Zusammenhang  stellenden  Altertümer  gedacht  hat. 
Sehr  bezeichnend  für  seine  .riäiie  sind  di(!  Vorschläge.',  die  er  in  seinem  zweiten 
Artikel  für  die  Organisation  des  Vereins  und  den  Betrieb  dci'  Untersuchungen 
am  Limes  machte.  Unter  anderem  wünscdite  er,  dass  „gegen  den  Mittelpunict 
des  Pfahlgrabens  hin,  den  icli  auf  des  Feldbergs  bezaubernden  Hüben  suche'*, 
ein  Lokal  ausfindig  gemacht  würde,  „wo  man  in  dieses  Fach  einschlagende 
Bücher,  Charten,  Plane  und  gefundene  Merkwürdigkeiten  aufbewahrt",  und  er 
hielt  als  Orte,  die  dafür  in  Betracht  kommen  würden,  AVcilbnrg,  Idstein  odci' 
Usingen  besonders  geeignet.  Liest  man  dies,  so  wird  mau  auffallend  an  Pläne 
erinnert,  deren  Verwirklichung  erst  unserer  Gegenwart  vorbehalten  blieb. 
In  demselben  Aufsatze  machte  Luja  auch  gleich  bestimmte  Vorschläge  iiin- 
sichtlich  der  Person  des  künftigen  Vereinsleiters.  Er  hatte  dazu  den  lldf- 
kammerrat  Ilabol  in  Schierstein  ausersehen,  der  sieh  als  Freund  der  Alter- 
tumskunde und  als  Forscher  auf  diesem  Gebiete  einen  Namen  gemacht  hatte 
und  mit  Kenntnissen  auch  Ansehen  und  Würde  verband.')  Habel  war  gern 
bereit,  sich  diesen  Bestrebungen  zur  Verfügung  zu  stellen''),  ohne  jedoch  den 
Luja'schen  Plan  eines  Limes-Vereins  zu  seinem  eigenen  zu  machen.  Ihm 
schwebte  vielmehr  von  Anfang  an  ein  Verein  mit  allgemeineren  Zwecken,  eine 
„Societät  der  uassauischen  Altertumskunde"  vor,  d.  h.  eine  Gesellschaft  zur 
Erforschung  der  Altertümer  im  ganzen  Herzogtum^),  und  er  hat,  wie  unten 
noch  bemerkt  werden  wird,  diesen  seinen  Plan  später  noch  bedeutend  erweitert. 
Dass  eine  solche  gelehrte  Gesellschaft  ihre  Aufgaben  nicht  ohne  Unterstützung 
der  Landesbehörden  würde  erfüllen  können,  sah  er  wohl  ein ;  doch  ging  er 
nicht  so  weit,  von  der  herzoglichen  Regierung  eine  Geldunterstützung  zu  er- 
warten, sondern  hoffte,  die  erforderlichen  Mittel  anderweitig  aufzubringen.  Was 
er  vom  Staate  wollte,  war  zunächst  nur  im  allgemeinen  Schutz  und  Teilnahme 
für  die  zu  gründende  Gesellschaft  und  allenfalls  ein  Lokal  zur  Unterbringung  einer 
Altertümer-Sammlung  und  einer  Bibliothek,  sowie  zur  Abhaltung  von  Sitzungen. 
Er  wandte  sich  zu  diesem  Zweck  an  den  nassauischen  Staatsminister  v.  Marschall, 
den  er  als  Freund  der  Wissenschaften,  namentlich  auch  der  Altertumskunde, 
kannte  und  stellte  ihm  vor,  dass  der  Staat  ein  lebhaftes  Interesse  habe,  derartige 
wissenschaftliche  Bestrebungen  zu  unterstützen,  „denn  nichts  befördert  den 
Ruhm  und  das  wahre  Wohl  der  Länder  mehr  als  die  reellen  Wissenschaften. 
Die  Geschichte  ist  als  das  erste  Fundament  derselben  anzusehen,  und  diese 
gründet  sich  auf  die  Altertumskunde".  Er  wies  darauf  hin,  dass  in  anderen 
Ländern  schon  weit  mehr  für  die  Erforschung  des  Altertums  geschehen  sei. 
dass  man  aus  Nassau  sich  anderwärts  habe  hinwenden  müssen,  um  Forschungen 
über  das  Land  zu  veröffentlichen,  dass  man  aber  doch  nur  unvollkommen  über 
das  Altertum  unterrichtet,  und  dass  auch  das  Wenige,  was  zum  Teil  Fremde 
geschrieben,    vielfach  zu  Ungunsten  Nassaus    entstellt    sei.')     Wie  der  Minir^ter 


*)  Siehe  die   Biograpliie  Ualx'ls  von  Schwurtz,   Aimaioii  M,  91    tV. 

'■)  JJericht  Lujas  vom  24.  Januar  1820. 

')  Habel  an  den  .Minister  itarsciiall.      lieilage   I. 

**)   llaliel   Uli    .Minister  v.  Marschall;    12.    IVhni.ir   1S12.      l{eilai,'o  I. 


--     220     — 

sich  zu  diesen  Mitteiluugeu,  die  zunächst  nichts  anderes  bezweckten,  als  seinen 
Schutz  für  die  geplante  Soeietär  zu  erbitten,  verluilteu  hat,  und  ^Yarum  länger 
als  ein  lialbes  Jahr  in  dieser  Sache  nichts  erfolgte,  vermag  ich  nicht  anzugeben. 
Ilabel  wird  wohl  aber  die  Zeit  benutzt  haben,  um  im  Lande  und  in  den  be- 
freundeten, gelehrten  Kreisen  für  seineu  Plan  Anhänger  zu  werben.  Als  er 
dann  im  Herbste  1812  noch  keinen  amtlichen  Bescheid  erhalten  hatte,  richtete 
er  eine  neue  Eingabe,  diesmal  an  das  Staatsmiuisterium,  und  nun  steckt 
er  darin  der  geplanten  Societät  schon  etwas  weitere  Ziele.  Er  spricht  vou 
einer  Gesellschaft,  „welche  Erläuterung,  Aufklärung  und  Berichtigung  der  alten 
und  mittleren  Geschichte  und  Altertümer,  die  vorzüglich  das  Herzogtum 
Nassau  betreffen,  zum  Ziele  hat",  und  erbat  dafür  den  landesherrlichen  Schutz, 
sowie  ein  oder  zwei  Zimmer  im  Schlosse  zu  Idstein  „zum  Behuf  der  Zusammen- 
künfte, der  Aufbewahrung  von  Büchern  und  Altertümern",  wie  solche  früher 
schon  einem  bekannten  Altertumsforscher  in  Idstein,  dem  Inspektor  Kraus") 
eingeräumt  worden  waren.  Von  einer  Bitte  um  Gelduuterstützung  sah  Ilabel 
ab,  ^da  die  Freunde,  welche  durch  eine  solche  Verbindung  gemeinnützlich  zu 
werden  wünschen,  nicht  den  Vorwurf  der  Uubescheidenheit  auf  sich  laden 
wollen".'")  Nunmehr  kam  die  Sache  in  Fluss.  Habel  wurde  aufgefordert,  die 
Statuten  der  Gesellschaft  einzureichen"),  und  zugleich  erhielt  die  Hofkammer 
in  Wiesbaden  den  Auftrag,  Erkundigungen  einzuziehen,  ob  geeignete  Zimmer 
im  Idsteiner  Schlosse  zur  Verfügung  ständen.  Da  das  nicht  der  Fall  zu  sein 
schien,  so  erbot  sich  Habel,  der  ein  Haus  in  Idstein  besass'-),  in  diesem  für 
die  Zeit  seines  Lebens  ein  Zimmer  einzuräumen,  falls  die  Gesellschaft  dort 
ihren  Sitz  nehmen  sollte.  Wollte  diese  sich  aber  an  keinen  bestimmten  Ort 
binden,  vorerst  jedoch  in  Wiesbaden  oder  einem  in  der  Nähe  gelegeneu  Orte 
sich  zusammenfinden,  so  erklärte  er  sich  bereit,  um  nur  den  Fiskus  in  keiner 
Weise  zu  belästigen,  ein  möblirtes  Zimmer  in  seinem  Hause  zu  Schierstein, 
sowie  seine  Bibliothek  und  seine  Altertümer-Sammlung  zur  Verfügung  zu 
stellen.")  Man  sieht,  welchen  Wert  er  auf  das  Zustandekommen  der  Gesell- 
schaft legte,  für  die  er  gern  auch  allerlei  persönliche  Opfer  zu  bringen  bereit  war. 
Inzwischen  hatte  er  auch  die  Statuten  ausgearbeitet  und  dem  Ministerium 
eingereicht.'*)  Sie  sind  bisher  unbekannt  geblieben,  verdienen  aber  veröffent- 
licht zu  werden,  nicht  nur  weil  sie  zeigen,  in  wie  umfassendem  Sinne  Habel 
die  nassauische  Altertumsgesellschaft  geplant  hatte,  sondern  weil  auch  manche 
ihrer  Bestimmungen  in  die  Statuten  des  späteren  Vereins  übergegangen  sind. 
Als  Zweck  der  Gesellschaft  bezeichnete  er  die  wechselseitige  Mitteilung  und 
Belehrung,  sowie  die  Belebung  des  lange  vernachlässigten  Studiums  der  Alter- 
tumskunde  und    der   alten,    mittleren    und    neueren  Geschichte,    sowie    der 


')   Liier  Kraus  siclio  l^uju,  Aiiiuileii  I,  123  unil  Schwurt/,   Aiinalen  XI,  lüü. 
'")  Habel  an  das  StaatsiiiiiiiHtoriiiin ;   1.  Oktober  1812. 
")  Erlass  an  Kabel;  9.  (Jktober  1812. 
'-)  Schwartz  in   den   Aniialcn  XI,  99. 

'^)  Ilabel  an  die  llonviunnior  in   Wiesbaden;  3.  Dezember  1812. 

'*)  Siehe  Beila.<:;e  II.     Sie  sind    datiert   vom    2.  November    und    wurden   cint;orci(;iit   am 
J4.  November  1812. 


—     227     - 

Geographie  „dieser  classisclien  Gegend",  \veitcr  die  Untersudmng  der  liier 
finsässigcn  Völkordcliaffeii,  ilirer  Staatsverfassimg,  Sitten  und  Ciebräiidie  die 
Erläuioriiiig  dunkler  Stellen  der  griecliisclien  und  röinisi^iien  Sidiriftateller  die 
Erklärung  der  Urkunden  nnd  Autoren  der  s')äteren  Zeit,  forncr  die  Erlialtunf 
der  noch  vorliandenen  sowohl  beweglichen,  als  unbewegliclien,  und  die  Ent- 
deckung der  noch  verborgenen  Denkmale  der  alten  Deutschen  und  Wüwwv  am 
Jiliein,  Main  und  der  Lahn,  ilire  Bewahrung  vor  Zerstörung  und  die  ötlcntlicjic 
Bekanntmachung  der  vorzüglichsten  Gegenstände,  , damit  auch  dadurch  der 
vaterländische  Sinn  für  das  Grosse,  Gute  und  Schöne  geweckt  und  der  teutsche 
National-Ruhm  erhöhet  werde".  Man  sieht,  jede  Beschränkung  auf  enge  und 
begrenzte  Zwecke  hatte  1  Label  fallen  gelassen.  Was  er  wollte,  war  ein  Verein, 
«lor  seine  Aufgabe  finden  sollte  in  der  Erforschung  der  Yergangenheit  des 
Jiandes  von  den  ältesten  Zeiten  bis  herab  auf  die  neueren,  und  zwar  in  jioli- 
tischer,  kulturgeschichtlicher,  archäologischer  und  geographischer  Beziehung 
und  weiter  in  der  Pflege  der  Denkmäler,  ihrer  JJeschreibung  und  Veröffent- 
lichung, gewiss  ein  Plan,  der  seinem  Urheber  alle  Ehre  macht.  Sicher  und 
liestimmt  hat  Ilabel  hier  zuerst  und,  wie  ich  annehmen  muss,  aus  sich  allein 
diese  Ziele  festgestellt,  die  ein  nassauischer  Altertumsverein  sich  stecken  muss, 
und  wenn  der  später  im  Jahre  1821  begründete  und  noch  jetzt  blühende  Verein 
die  Ziele  za  den  seinen  gemacht  liat,  so  gebührt  dem  alten  TTofkammerrat  das 
Verdienst,  sie  zuerst  ausgesprochen  zu  haben,  und  zwar  zu  einer  Zeit,  in  der 
andere  verständige  und  von  gleichem  Eifer  erfüllte  Leute,  wie  Luja,  ihre  Pläne 
sehr  viel  bescheidener  und  enger  gehalten  haben.  Auch  die  Motive,  die  Habel 
hatte,  als  er  der  neuen  Gründung  jene  Ziele  setzte,  scheinen  mir  höchst  be- 
achtenswert. Li  einer  Zeit,  in  der  Kapoleous  Eiseufaust  noch  brutal  auf  ganz 
Deutschland  lastete,  und  der  Herzog  von  Nassau,  Habels  Landesherr,  Mitglied 
des  Pvheiubundes  war,  sprach  dieser  greise  Altertumsfreund  mutig  davon,  dass 
der  vaterländische  Sinn  für  das  Grosse,  Gute  und  Schöne  geweckt,  und 
der  teutsche  Nationalruhm  erhöht  werden  solle.  Dieses  Betonen  nationaler 
Motive  neben  ethischen  und  ästhetischen  ist  bezeichnend  und  sollte  Habel 
nicht  vergessen  werden.  Nicht  erst  die  Begeisterung  der  Jahre  1813  bis 
1815  liess  das  nationale  Moment  in  den  historischeu  Wissenschaften  zum  Durch- 
bruch kommen. 

Was  die  Organisation  des  neuen  Vereins  anbelangt,  so  war  sie  von  Habel 
zwar  etwas  schwerfällig  und  grossartig,  aber  nicht  unpassend  und  unpraktisch 
gedacht.  Der  Verein  sollte  aus  fünf  Arten  vou  Mitgliedern  bestehen,  nämlich 
Gönnern,  unter  denen  Regenten  und  andere  fürstliche  Personen  zu  verstehen 
sind,  die  der  Gesellschaft  Ansehen  verleihen  und  Schutz  und  Forderung  ge- 
währen sollten,  aus  Ehrenmitgliedern,  die  sich  diese  Auszeichnung  durch  l»e- 
sondere  wissenschaftliche  Verdienste,  auch  Sammlung  vou  Altertümern  zu  er- 
werben hätten,  aus  arbeitenden  oder  aktiven  Mitgliedern,  d.  h.  thätigon  Gelehrten 
und  Forschern,  aus  korrespondierenden  Mitgliedern  ausserhalb  Nassaus  und 
endlich  aus  achtbaren  Korrespondenten,  die  die  Vereinszwecke  förderten,  ohne 
selbst  eine  gelehrte  Thätigkeit  auszuüben.  Die  wichtigste  Klasse  waren  in 
diesem  Organismus    die    arbeitenden    oder    aktiven  Mitglieder.     Sie   sollten    die 


—     '2'2S     — 

Mitirlicder  der  übrle:eu  Klassen,  sowie  die  beiden  Seliretäre  des  Vereins  wählen, 
und  aus  ihnen  wurden  die  beiden  Vereinsdirektoreu  ernannt,  in  deren  Händen 
die  Leitung  des  Vereins  lag.  Zwei  sollten  es  sein,  ein  nassauiselier  und  ein 
ausserhalb  Nassaus  wohnender.  Ersferer  sollte  den  Vorsitz  in  den  Versamui- 
luno-en  haben,  letzterer  sein  Stellvertreter  sein,  Beitle  hatten  alle  ausgehenden 
Schriftstücke  zu  unterzeichnen,  beide  handelten  gemeinsam  ;  ohne  ihre  Zustimmung 
durften  keine  Versanindungen  berufen,  keiue  Mitglieder  ernannt  werden.  Ge- 
wiss, uns  mutet  dieses  Duumvirat  heute  seltsam  an ;  aber  es  ist  dies  doch  eine 
Einrichtung,  die  auch  in  dem  späteren  Verein  bestanden  hat.  Thatsächlich  war 
hier  neben  dem  inländischen  eine  Zeit  lang  auch  ein  ausländischer  Direktor 
vorhanden,  ist  dessen  Wahl  im  Jahre  1821  auf  den  Wunsch  der  uassauischen 
Regierung  zurückzuführen  und  als  eine  Aufmerksamkeit  gegen  den  Ciewählten, 
den  Geheimrat  v.  Gerning,  anzusehen,  so  mochte  Jlabel  wohl  von  der  Auf- 
fassung ausgehen,  dass  es  in  der  Nachbarschaft  des  damaligen  Herzogtums  gelehrte 
Männer  gäbe,  die  sich  auch  um  die  iiassauische  Geschichte  Verdienste  erworben 
hätten,  und  deren  Mitwirkung  für  den  Verein  um  so  nützlicher  sein  musste,  als 
die  Zahl  der  einheimischen  Gelehrten  nicht  so  sehr  gross  sein  konnte.  Vielleicht 
gedachte  er  auch,  den  etwa  ausserhalb  Nassaus  ansässigen  Mitgliedern  eine 
Vertretung  im  Verein  zu  verschaffen.  Jedenfalls  wäre  diese  Einrichtung  eine 
äusserst  schwerfällige  geworden  und  würde  sich  auf  die  Dauer  wohl  kaum 
bewährt  haben.  J)as  Direktorium  Gernings  in  dem  Verein  von  1821  wurde 
schliesslich  ein  blosses  Ehrenamt,  das  nach  dem  Tode  seines  Inhabers  auch 
nicht  wieder  besetzt  worden  ist. 

Neben  den  beiden  Direktoren  hatte  Habel  nocli  <lie  Stelle  eines  Präsi- 
denten vorgesehen,  der,  falls  man  eines  solchen  bedurfte,  auf  Antrag  des  ersten 
Direktors  gewählt  und  stets  ein  Mann  von  Würde  und  vielumfassender  Gelehr- 
samkeit sein  sollte. 

Versammlungen  sollten  in  jedem  Jahre  zwei,  die  eine  am  20.  Mai,  die 
andere  am  20.  August,  abgehalten  und  in  ihnen  selbständige  Abhandlungen  der 
Mitglieder  vorgetragen  werden.  Die  aktiven  Mitglieder  hatten  zwar  nicht  die 
satzungsgemässe,  aber  doch  die  moralische  Verpflichtung,  jährlich  irgend  einen 
Gegenstand  aus  der  Gesciiichie  zu  bearbeiten  oder  Entdeckungen,  die  sie 
gemacht,  der  Gesellschaft  mitzuteilen;  von  den  übrigen  Mitgliedern  wurden 
Beiträge  wenigstens  erwartet.  Geeignete  Vorträge  oder  Abhandlungen  aus  dem 
Gebiete  der  nassauischen  Geschichte  sollten  gedruckt  werden  und  der  Erlös  daraus 
der  Gesellschaft  zuHiessen,  die  im  übrigen  ihre  Bedürfnisse  aus  Beiträgen  der  Mit- 
glieder bestreiten  würde,  worüber  die  Sekretäre  Rechnung  zu  führen  hatten. 
In  Bezug  auf  die  Bibliothek  und  die  Sammlung  der  Altertümer  erhoffte  man 
vornehmlich  Schenkungen. 

Das  etwa  sind  die  Grundzüge  der  von  1  Label  entworfenen  Statuten.  Ohne 
Zweifel  war  sein  Vorhab.  n  ziendich  grossartig  und  anspruchsvoll,  die  Gesell- 
schaft nahm  fast  den  Charakter  einer  Akademie  an.  Aber  war  es  zu  gross- 
artig geplant  und  darum  unduix-hführbary  Luja.  der  diese  Statuten  niemals  ge- 
sehen hat,  der  nur  brieflicii  oder  mündlich  davon  gehört  hatte,  urteilte  später, 
dass  Habel  die  Sache  zu  gross  angefangen  habe;  sie  erregte  aus  diesem  Giundo 


—      221)     — 

soiu  Mibsfulleu.'')  Nim  salieu  wir  ja,  wie  klein  sie  Luja  selbst  iiuf'any;('ii  wollte. 
Andere  scheinen  davon  anders  gedacht  zu  haben;  wenigstens  schreibt  llabcd'"), 
er  habe  seine  Statuten  mehreren  gelehrten  und  aclitungswerten  Männern  zur 
Prüfung  vorgelegt,  und  sie  hätten  deren  Beifall  gefunden.  Es  kommt  hinzu, 
dass  Habe!  niclit  nur  auf  die  Ueteiligung  der  Bewoliner  des  Ilcrzogtunis 
Nassau,  souLlern  auch  auf  die  der  Nachbarschaft  rcclmote;  und  nicht  ohne  (frund, 
de:iu  gerade  von  ausserhalb  hatte  er  mehrfache  Zusagen  erhalten.  Vergleicht 
man  überdies  seinen  Plan  mit  der  späteren  Vereinsgründung,  an  der  Luja  nicht 
unbeteiligt  war,  so  wird  iiiai!  finden,  dass  diese  in  ihren  Zielen  und  in  ihrer 
Organisation  von  jener  nicht  so  sehr  verschieden  war.  Warum  sollte  sich  also, 
was  1821  möglich  war,  nicht  auch  1812  liaben  ermöglichen  lassen?  Jedenfalls 
nahm  der  .Minister  v,  Marschall  keinen  Anstand,  die  Ilaberschen  Statuten  dem 
Laudesherru  zur  Bestätigung  vorzulegen  und  ihre  (renehmigung  zu  beantragen. 
Herzog  Friedricli  Wilhelm  von  Weilburg  verfügte  auch  ohne  weiteres  die  Aus- 
fertigung der  Bestätigungsurkunde  nach  einem  ihm  vorgelegten  Entwurf.''; 
Indem  I Label  die  Benachrichtigung  von  der  erfolgten  Genehmigung  seiner 
Statuten  erhielt,  wurde  er  aufgefordert,  noch  einige  unwesentliche  redaktionelle  Än- 
derungen vorzunelimen  und  dann  die  Unterschriften  der  die  Gesellsciiaft  bil- 
denden  Mitglieder  einzuholen.'**)  Zu  diesem  Zweck  setzte  er  sie  in  Umlauf. 
Die  Namen  derer,  an  die  er  sich  wandte,  sind  nicht  erhalten;  man  erfährt  nur, 
dass  er  Luja  in  das  Verzeichnis  der  aktiven  Mitglieder  aufnahm'''),  obwohl  er 
ihm  von  den  Statuten  keine  Kenntnis  gab,  und  aus  dem  Umstände,  dass  Ger- 
ning  später  eine  Reihe  von  Mitgliedern  noch  namhaft  machen  konnte,  ist  zu 
folgern,  was  a  priori  schon  anzunehmen  wäre,  dass  aucli  dieser  dabei  beteiligt 

gewesen  ist. 

Soweit  war  das  Unternehmen  bereits  gediehen,  als  es  stecken  blieb. 
Denn  inzwischen  war  Deutschlands  grosse  Zeit  angebrochen,  der  Ileldenkampf 
gegen  den  französischen  Unterdrücker  durchzitterte  die  Nation,  und  für  eine 
Weile  mussten  alle  Friedensinteressen  schweigen.  Eben  aber  hatten  die  deutsclien 
Heere  auf  der  Verfolgung  des  Franzosenkaisers  den  Rhein  passiert,  da  starb 
Christian  Friedrich  Habel  am  20.  Februar  1814,  und  mit  ihm  wurde  der  erste 
Versuch,  einen  nassauischen  Altertumsverein  zu  gründen,  begraben;  —  aller- 
dings nur  sein  Versuch,  der  Gedanke  blieb  lebendig,  und  ich  behalte  mir  vor, 
demnächst  zu  berichten,  durch  wen  und  in  welcher  Weise  er  wieder  aufgenommen 
w^orden  ist. 


'^)  laijds  Bmiclit  vom  24.  Juiuiiii-  182U. 

"■•)  llul)ol  uu  (las  iiasstuüscho  Htaatsiiiinistfriinu  ;  '2L  November  löl2. 

")  llesülutio  Serenissimi   vuui  29.  3I;ii'z  1813. 

^^)  Ei-lass  V.  Marschalls  an  Habol,  5.  April   l«liJ. 

'")  Habel  an   Luia,    12.   Mai   1813. 


15* 


230     — 


Beilagen. 
I. 

Ilo/kannn errat  Ilahrl  an  den  Staatsnihiister  v.  Marschall. 

Wiesbaden  im  llindsfuss  d.  :21.   Februar  181:2. 

Schon  lange  nähme  mir  vor,  E.  Excellen/  meine  unterthänigste  persönliche 
Klufurcht  während  meines  hiesigen  nothwendig  gewordenen  Aufenthalts  zu  bezeugen; 
allein  die  Besorgniss,  Hochdieselben  in  dringenden  und  wichtigen  Geschäften  zu  stören, 
und  meine  körperliche  Unpässlichkeit  verhinderten  mich  daran. 

E.Excellenz  führen  das  herzoglich  nassauische  Staatsruder,  sindFruund  der  Wissen- 
schaften und  gelehrten  Bemühungen,  nicht  allein  selbst  Gelehrter  und  Schriftsteller, 
sondern  auch  selbst  Forscher,  wie  Sie  bei  Aufdeckung  von  Tumeln  gezeigt  haben, 
erleichtern  und  befördern  auch  gerne  das  Studium  derselben. 

Die  herzoglich  nassauischen  Länder  liegen  Ilochdenselben,  wie  ...  zu  erachten, 
besonders  am  Herzen,  da  sie  in  Hinsicht  der  gelehrten  .  .  .  ausser  den  Schul- 
wissens! haften  weniger  Kultur  fanden,  als  sie  verdienen.  Nichts  befördert  den 
Ruhm  und  das  wahre  Wohl  der  Länder  mehr,  als  die  reellen  Wissenschaften.  Die 
Geschichte  ist  als  das  erste  Fundament  derselben  anzusehen,  und  diese  gründet  sich 
wieder  auf  die  Alterthumskunde.  Die  Xachbarn  des  schönen  Herzogthums  Xassau  be- 
arbeiteten dieselbe  mit  Fleiss  und  gutem  Fortgang,  Die  Hessen  hatten  einen  Cluver, 
Wlnckelmann,  Bernhardt,  Neuhof,  Wenck,  die  Mainzer  einen  Reuter,  Bahr,  Fuchs. 
Kindling,  ScLunck,  Bodmann,  die  Akademie  von  ^Mannheim  Lamey,  Kreraer,  der 
König  von  Frankreich  Schöpflin  in  Strassburg,  der  selbst  nach  Idstein  wegen  der 
Altertümer  reiste,  um  die  von  der  linken  Rheinseite  klarer  darzustellen,  und  die  Be- 
lehrung von  Nassauern  verlangte;  der  erste  französische  Kaiser  setzte  einen  Professor 
der  Alterthümer  nach  Mainz,  nämlich  den  Professor  Lehne. 

Nassau  hatte,  wenn  man  Krcmer  blos  als  Geschichtsforscher  des  mittlem  und 
ntuern  Zeitalters  und  den  Arnoldi,  Textor  und  Hagelgans  ausschliesst.  wenige  Alter- 
thumsforscher,  da  sich  Schenck  als  Insi)|  ector]  von  Rödelheim  nur  hier  niederlicss  und 
in  seinen  Denkwürdigkeiten  von  Wiesbaden  ein  Geschenk  machte.  Kraus  von  Idstein 
gab  seine  mühsamen  Untersuchungen  vom  Limite  Romano  nach  Göttingen  an  Gattercr, 
ins  Hanauische  Magazin  und  selbst  nebst  einer  Karte  vom  Pfahlgraben  nach  Biberich. 
ersuchte  mich  noch  zuletzt  der  Bearbeitung  der  vaterländischen  Alterthumskunde  vor- 
zunehmen, da  es  ihn  schmerzte,  dass  besonders  die  hessischen  Schriftsteller  die  hiesigen 
von  den  Römer[n]  selbst  anerkannten  Urväter  als  Bastarde  von  den  Katten  angaben, 
dass  sie  alle  Grossthaten  unserer  Stammväter  in  ihr  Gebiet  und  Land  hinrissen,  die 
wahre  Geschichte  verunstalteten  und  über  die  dunklen  Stellen  der  Classiker  noch  mehr 
Dunkelheit  verbreiteten,  statt  sie  zu  erhellen.  Die  Berliner  Akademie  der  Wissen- 
schaften hatte  Preise  auf  die  beste  Beantwortung  ausgesetzt,  wie  weit  die  Römer  in 
Deutschland  vorgedrungen  wären,  und  keine  Abhandlung  wurde  ganz  befriedigend  ge- 
funden, wobei  der  Nassauischen  Länder  in  etlichen  Abhandlungen  kaum  gedacht  wurde. 
Ilclmund,  Schenck  und  Kraus  waren  nicht  ganz  von  Irrtümer[n]  frei  geblieben,  da 
sie  sich  auch  täuschen  Hessen.  Der  Professor  Miiiola  in  Coblenz  wiederholte  noch- 
mals als  schwacher  Abschreiber,  was  Schenck  und  Ritter  gesagt,  und  ich  widerlegt 
hatte,  Hess  sein  Büchelchen  an  einem  Nassauischen  Orte  drucken  und  eignete  seine 
Compilation  einem  Nassauischen  souveränen  Fürsten  zu,  wurde  von  dem  gemeinen 
Haufen  günstig  aufgenommen.  Der  grosse  Archaeolog  Böttiger  in  Dresden  erklärte 
Herrn  Geheimenrath  v,    Gerning    dasselbe    als    ein    elendes  Gewäsch,    wünschte,    dass 


—     231     — 

aiciiiu  Widerlegung  gaii/  abgedruckt  würde.  Ich  iiboiliess  diese  und  eiuige  andere 
Arbeiten  von  hiesiger  Gegend  dem  Herrn  G.  U.  v.  G|erning],  welcher  dann  verschiedene 
in  verschiedene  Journale  und  die  gemeinnützige  liliitter  von  Frankfurt  gab,  /,.  15.  vom 
l''iuss  Obriega  des  l'tolemäus,  vom  Uebernang  des  .lulius  Caesar  /wischen  Hiebrich 
und  Gaste),  die  Krbauer  der  er.sten  steinernen  P.rücke  bei  Main/,  von  dem  eigent- 
lichen  Ubierlande. 

Durch  das  hiesige  Intelligenzblatt,  welches  unmittelbar  unter  ileiii  Staatsministeriu 
steht,  wurde  der  von  vielen  schon  persönlich  geäusserte  Wunsch  zu  einer  nassauischen 
Alteitunis-llntersuchung  öffentlich,  und  da  ich  namentlich  darzu  aufirefordert  wurde, 
so  habe  mich  für  verptlichtet  erachtet,  so  viel  meine  Kräfte  erlauben,  zu  dem  ge- 
meinschaftlichen vaterländischen  Wunsch  das  Meinige  nach  meinen  vicljührigen  be- 
sonderen Pjemühungen  beizutragen  und  den  Grund  mit  zu  einer  Ehren  .  .  .  Societät 
der  nassauischen  Altertumskunde  legen  zu  helfen,  welche  auf  soliden  Fundamenten, 
und  nicht  auf  Plagiaten  und  Kompilationen  beruhete.  Viele  merkwürdige  Denkmäler 
sind  noch  in  den  neuesten  Zeiten  unwiederbringlich  verloren  worden,  allein  vieles  kann 
auch  noch  gerettet,  hervorgezogen,  ins  Klare  gebracht  und  sowohl  von  den  deutschen, 
als  den  römischen   Denkwürdigkeiten  gerettet  werden. 

Ich  sehe  aber  voraus,  dass  blosse  Privathemühungen  und  Wünsche  ohne  höhere 
Protection  wenig  oder  nichts  fruchten,  weiss,  dass  ohne  einen  Mäccn  die  Wissen- 
schaften verwaist  dastehen,  weil  [sie]  nicht  immer  einen  autfallenden  klaren  Vortheil 
in  die  Hände  lic[fcrnj. 

Da  nun  E,  Excellenz  selbst  Gelehrter  sind,  die  Wissenschaften  gerne  und  [mit] 
Freude  unterstützen,  Hochdenenselben  nichts  ange[neh]mers  sein  kann,  als  dass  dieses 
vorzüglich  im  Ilerzogthum  Nassau  (welches  zu  Zeiten  der  ersten  R(")mer  alle  andern 
Deutschen  an  Kenntni.ssen  und  Kultur  übertraf,  die  schon  feste  Wohnsitze  und  Oppida 
hatten  und  einige  [Künste]  ausübten)  bewirket  werde,  weil  E.  Excellenz  um  dessen 
Flor  so  eifrig  besorgt  sind,  so  habe  für  mich  und  für  diejenigen,  welche  am  Obriega- 
und  RheinHuss  wohnen  und  thätigen  Antheil  an  einer  solchen  nassauischen  oder  jtatrio- 
tischen  Societät  zu  nehmen  Willens  sind,  E.  Excellenz  um  Theilnahme  und  Ilochdcro 
alles  vermögenden  Patrocinium  unterthänig  bitten  wollen,  indem  nach  meinem  Wunsch. 

bei auf  alle  Geldunterstützungen  gerne  Verzicht  geleistet    wird  und  zur 

Bestreitung  der  nothwendigen  Kosten  andere  Fonds  ausgemittelt  werden  können. 

Da  sicli  die  jetzige  Geschichte  wieder  an  die  älteste  römische  Geschichte  an- 
kettet, das  Mainzer  Gouvernement  sogar  die  Altertümer,  die  l)ei  öffentlichen  Arbeiten 
gefunden  werden,  als  Staatseigenthum  erkläret  inul  sammelt,  zugleich  von  Privat- 
personen acquiriert,  da  eine  in  dem  Ilerzogthum  Nassau  mediatisierte  Fürstin  in  ihrem 
eigenthümlichen  Bezirk  das  nämliche,  und  zwar  mit  grossen  Kosten  that,  die  Ge- 
lehrten dasiger  Gegend,  wie  ich  noch  vor  wenigen  Tagen  ohnvernuithet  geschrieben 
bekam,  mit  hiesiger  Gegend  verbunden  und  in  eins  zusammengebracht  zu  werden 
wünschen,  so  wird  es  E.  Excellenz  auf  der  recliten  und  linken  Piheinseite  zur  Ehre 
gereichen,  wenn  Floclidieselben  als  gütiger  Patron  und  ^Nlaecen  die  nassauische  Alter- 
thumskunde  in  Ihren  Schutz  zu  nehmen  geruhen  und  dadurch  den  Naclibarn  von  allen 
Seiten  (iffentlich  zeigen  wollten,  dass  das  Ilerzoütlium  Nassau  mehr  als  mehrere  be- 
nachbarte Lande  zugleich  an  alten  Merkwürdigkeiten  aufweisen  und  die  Klassiker 
erhellen  kfhnite.  Ohne  Hoffnung  hierzu  würde  es  Frevel  sein,  an  eine  Societät  zu 
denken  oder  die  ersten  Grundlagen  dar/u  vor.schlagen  zu  wollen,  indem  keine  Privat- 
gesellschaft ohne  höchste  Genehmigung  und  besonderen  Schuf/  bi'sfehen  kann. 
Vaterlandsliebe  und  Interesse  dafür  leitete  meine  bisherige  Bemühungen  selbst  mit 
mancher  Aufopferung. 

Ich  bitte  den  Wunsch  eines  alten  Mannes  und  seine  Weitläufigkeit  nicht  übel 
zu  nehmen,  empfehle  mich  zu  gnädigem  Wohlwollen  und  Protection  und  beharre  in 
vollkommenster  Devolion  E.  tVeihcrrlichen  Excellenz,   meines  gnä<ligen  Herrn  Ministers 

unterthäniger   Diener  Christian   Friedrich   Habel. 
Original.  


o 


232 


II. 


(J  lu  11  dg  ese  tze 

der  Alterthuins-Gesellricliaft  für  das  Herzogtlium  Nassau   und   die  angräuzeudeu 

Länder. 

1.  Der  Zweck  dieser  Gesellschaft  ist:  wechselseitige  Mittheilung  und  Ijclehrung, 
Ijelebuiiü:  des  lantje  vernachlässigten  Studiums  der  Alterthumskunde  sowohl,  als  der 
älteren,  mittleren  und  neueren  Geschichte  und  Geoiiraidiie  dieser  classischen  Gegend, 
Untersuchungen  über  ihre  Völkerschaften,  deren  Staatsverfassungen,  Sitten  und  (ie- 
bräuche,  Ergänzungen  mancher  Lücken  in  vcr.-chicdencn  Perioden,  Aufhellung  dunkler 
Stelleu  der  griechischen  und  römisclien  Schriftsteller,  Erklärung  der  Urkunden  und 
Autoren  späterer  Zeit.  Erhaltung  der  noch  vorhandenen  bewegliclien  sowohl  als  un- 
beweglichen und  Entdeckung  verborgener  Denkmale  der  alten  Teutschen  und  Ilömer 
am  Khcin.  ]\lain  und  der  Lahn  ji]),.  Bewahrung  derselben  vor  Zerstörung  und  öffent- 
liche Bekanntmachung  der  vorzüglichsteu  Gegenstände,  damit  auch  dadurch  der  vater- 
ländische Siuu  für  das  Grosse,  Gute  und  Schöne  geweckt  luid  der  teutsche  National- 
Kulnn  erhöhet  Averde. 

2.  Dieser  A'erein  umfasst  drei  Classeu  von  Mitgliedern    in    fünf  Abtheilungen : 

a)  Kegenten  und  andere  erlauchte  Personen  als  erhabene  Gönner.  Beschützer 
und  Beschützerinnen  der  Wissenschaften, 

b)  Ehrenmitglieder,  die  durch  Verdieuste,  Kenntnisse  und  antiquarische 
Sammlungen  sich  auszeichnen. 

c)  Arbeitende  oder  active  Mitglieder,  aus  achtungswürdigen  Gelehrten  be- 
stehend, welche  besonders  in  den  vorerwähnten  Fächern  geschrieben  haben 
oder  zu  schreiben  vermögen, 

d)  Cor  respou  dir  ende,  die  Schriftsteller  und  praktische  Gelehrte  sind 
und  in  der  Ferne  wohnen. 

e)  Achtbare  Correspondenten,  welche  das  Wohl  der  Gesellschaft  befördern 
können,   ohne  Gelehrte  zu  sein. 

Alle  werden  von  den  stimmberechtigten  wirkliclicn  Mitgliedern  der  dritten 
Abtlieilung  vorgeschlagen  und  gewählt. 

3.  Die  Gesellschaft  ernennt  jährlich  zu  \orstehern  zwei  aus  der  arbeitenden 
Classe  nach  Mehrheit  der  Stimmen  erwählte  Directoren,  einen  nussauischen  und  einen 
auswärtigen.  Jener  hat  den  Vortrag,  und  dieser  kann  im  erforderlichen  Falle  sein 
Stellvertreter  sein.  Nichts  Kann  ohne  ihre  Unterschrift  entschieden,  ausgefertigt  oder 
in  Umlauf  gesetzt,  auch  ohne  ihre  Zustimmung  keine  Versammlung  gehalten  und 
kein  Mitglied  aufgenommen  werden. 

4.  Ebenso  wählt  die  active  Classe  zwei  Secretäre.  wovon  der  eine  im  Xassau- 
ischen  und  der  andere  an  einem  benachbarten  Orte  nicht  ferne  vom  auswärtigen 
Director  Avohnt.  Unter  Anleitung  und  Mitwirkung  der  beiden  Vorsteher  fuhren  sie 
das  Protocoll  und  die  Corres])ondenz.  besorgen  das  Oekonomische  und  legen  alljährlich 
Kcchnung  ab  vom  Gesammt-Ei.Ltenthuin  der  Gesellschaft. 

5.  Die  Directoren  und  Secretäre  bekleiden  ihr  Amt  l)is  zur  vollständigen  Ein- 
richtung des  Ganzen,  wenigstens  zwei  Jahre  lang,  auch  können  sie  wohl  einmal,  aber 
nicht  zweimal  hinter  einander  aufs  neue  gewählt  werden.  Bei  Abwesenheit,  Krankheit 
oder  sonstiger  N'crhindernng  kann  jeder  in  seinen  Verrirlitung(;n  einen  Sui>pleantcn 
ernennen. 

Im  Fall  auch  diese  Gesellschaft  eines  Präsidenten  bedürfte,  wird  auf  Antrag 
des  ersten  Directors  ein  Mann  von  Würde  und  vieluinfassender  Gelehrsamkeit  aus 
dem  Herzogthum  Nassau  nach  Mehrheit  der  Stimmen  dazu  gewählt. 

C^.  Der  Ilaujitsitz  für  alle  Mitglieder  dieser  Gesellschaft  ist  im  Xassauischen. 
Die    ersten  Versamndungen    kaini    man    einstweilen  halten,    wo    sich    ein    schickliches 


•>'.>r> 


T.ocalo  (lu/u  Hiidet.  Auch  kann  der  erste  Uireclur  die  (iesell^cliat't  an  einen  ainleien 
benachbarten  Ort  zusaniincn  berufen,  be.sonilors  bei  vurkoniinenden  antii[uarischen 
Untersudiuntien   in  der  N;ilie  desselben. 

7.  Die  /u>aninicnkiinl'tc  sullcu  am  2(i.  Mai  und  20.  August  stattiinden,  und 
letztere  die  Gcneral-Yersainndun;^-  sein.  l''i('l  die  Versaniniluni,^  auf  eiiu'u  Sonntag', 
so  wird  der  fol.liondc  Tag  lUixu  bestimmt. 

M.  .Jedem  activcn  ^litgliedo  soll  dabei  von  selbst  (d)liegen,  jidirlich  irgend  einen 
Lieblings-Gcgenstand  ohne  weiteren  Khreusold  zu  bearbeiten,  oder  gemaclitc  Ent- 
deckungen der  Gesellschaft  mitzuthcilcn,  sowie  auch  die  andeiii  Mitglieder  wold  et- 
was für  den  gonunnschaftlichen  Zweck  beizutragen  sich  beeifern  mögtcn. 

ü.  Niemand  soll  jedoch  verbunden  oder  gehalten  sein  zu  geben.  Selbst- 
geschriebene Abhandlungen  und  sonstige  Werke  der  Mitglieder  werden  dankbar  an- 
genommen und  in  den  Verhandlungen  bekannt  gemacht.  Aus  dergleichen  und  andern 
freiwilligen  Kiirengeschenken  sollen  dann  eine  Uibliothek  sowohl,  als  eine  Samndung 
von  Alterthümern  gegründet  und  baare  Ikiträgc  zu  nothwendigen  Ausgaben  oder  zum 
Behufe  der  Gesellschaft  nützlich   verwendet  werden. 

10.  Was  auf  solche  Weise  dieser  liberalen  und  unabhängigen  Gesellschaft  zu- 
fliesst.  bleibt  ihr  als  ein  Privatcigenthum,  worüber  nur  die  active  Classe  der  Mit- 
glieder verfügen  kann. 

11.  Was  von  den  Vorträgen  dazu  geeignet  ist,  soll  gedruckt,  und  der  Ta-lös 
zum  Nutzen  der  Gesellschaft  verwendet  werden,  llinschalten  könnte'")  man  dabei 
nur.  mit  neuen  Ansichten  vermehren  oder  l)criehtigen  :  zerstreute  Abhandlungen  anti- 
quarischen und  historischen  Inhalts  über  vaterl  indische  Gegenstände,  welche  vor- 
züglich  das  Ilerzogthum  Nassau  mit  seinen  Umgebungen  betretl'en. 

12. -Einem-')  hohen  Beschlüsse  des  herzoglichen  Staatsministeriums  zufolge  sintl 
die  vorliegenden  Buncte  der  weiteren  höchsten  landesväterlichen  Genehmigung  Seiner 
Durchlaucht  des  Herzogs  unterthänigst  anheimgestellt,  und  sie  könnten  dann  mit  Vor- 
behalt nöthiger  Abänderung  vorläufig  als  Statuten  der  Gesellschaft  von  den  dazu  bereit- 
willigen activen  Mitgliedern  hier  unterzeichnet  werden.  . 

Schier  s  t  ein,   den   2.   November   1812. 

Christi  a  n   Friedrich   Hab  e  1. 
Abschrift. 


-")  ,,ilnrf''  hcltist  es  in  den  (jenehmujlen  Statuten. 

-')  Der  Paragraph  sollte  in  den  genehmigten  Statuten  lauten  :  .,  Vorliegende  Punkte  werdon 
mit  aenehmigung  Ihrer  lierzoglicheii  Durcldaiieht  und  mit;  Vorbehalt  nöthiger  Abiiiideruiiiron 
vorläufig  als  Statuten  der  Gesellsoliaft  von  (1(mi  dazu  beroitwdligen  activen  .Mitgliedern  Ider 
unterzeichnet. 

Schierstein,  .1    2.   Nov.   1812,  Ciiristian  Friclricli    llal.el 

Uerzogl.  Nass.  Hofkannnerratli  und  «TwäldtcM-  Hin-ctir." 


iluimcii 


des 


Vereins  für  Xassaiilsdie  Alteitiiiiiskimde 


und  Geschiclitsforscliiing 


an  .soino 


Mitglieder. 


Jahrgano;   1900  1901. 


AVieshaden. 

VorloL;'   von    Und.    P.rciifMl.l   i^c   r'<i)ii|> 
1  iiol. 


Inhalts-Verzeichnis. 


Spalt* 

Vereinsnaclirichten  von  (i.   Zell  er        1—4,  :<;> — :)5,  G5  — GT.  1^7     0".t 

Vorträ:;e  1S99/1'.>0<1: 

Alis  dem  Tagebuch  i-iiies   nii>-.iiiisrlieu  Offiziers  von   K.   KdII» 4  — .") 

nie  neuesten  Ausi^rabtingoii  auf  <leni   rijnuf?eheii  Forum   von    1".   f.  olir   .  .  .')  — 7 

her  l'VI<enil<tni   zu  Linilturg  ;i.   il.    1..   v.m  M.    11  ü  Ii  1 1- r 7-11 

i'l>er  iln^  vonro^äelnclitüflie    |!rnuii.i''li   v..ii   U.    IJdilowii.'        11  — 13 

Iber  Joli.uui   Knitl't  vun    llciln.rn   vin   1 1.   M  •;  i  n  ;(  r  dus ...  13— IG 

l'lier  den  niittelnlterliclnMi   llheinweinlittmlel   vun  M.   11  o  f  i'ui  a  n  ii 35  — 37 

iJisinfireks  Bozieliunü:en  zu   Xasstui   v.m   K.  •'^  e  li  a  ii  s ...  37— :-l8 

1000/1901: 
Die  Presise  der  Ileoliterniiinze  zu   Kitville   von  <r.  Zedier  lOO — in2 

\  .«rriimi^elie   Weiro  und  Dürfer  im    westlichen  Nassau  von   R.    üodewi;^        .     .      102  —  104 
Das  Walten  der  alten   dt^utschen   Kaiser  in  ilen  Ilheinlanden   von  M.   lloffinaiin      104  -10t; 

V.'rwiiltumj'berieht  dos   Altertunis-Mu.«eums   von   K.   Ritterlini;-  .     Iß  — l'.t,  38  -  4.'»,   107— llit 

l'uiido  (s.  auch  den   Verwnliungsberiidit  des   .Vlteituius-Mu.seums): 

zu  Höchst  (Münzfuudi  von   E.  Snchier 

zu   Brnubaih    von  R.    IJorlewis; 

zu  Simm«'rn  l>ei  Khrenbreitstein   vun   IJ.   Ilodewi^ 

zu   H<)ch>t  (rr>mi.sehe-i  (refiiss)   von  E.  >uc liier 

zu   Daclisenhausi-n   von   11.  I'.  <•  d  o  wiir 

Mi.scellen: 

Die   .Vnfhebiin?  der   [.cibei^en.schart  in  Nassau  von  <  >.    .Meiner  dus      .... 

L'ber  ein  altes   Uergwerk  bei  Naurnd  von   P.   Wag' n  er 

Der   .\aTne  Heil  (Heyli  zu  Wiesbaden  im    IG.  .raiirh.  Vdii  F'.  Otto 

Zur  »iesrhichte  des  nlmischon  "Wie.sbftden   \on  K     l\  it  t  e  r  1  i  n  l;- 

Drftnijsale  eines  nnssauischen  (Geistlichen  im  30 jährigen  Kriege  von  I'.  Richter 
Der  Empfang  des   Fürsten   Wilhelm    V.    von    Nassau-«  )r;inien    zu    Heriiorn    1801 

von  F.  Otto        

Die  Originalhnndsolnifc  des  Eppsteius(  lu-n   Lelinluiohes  von   V.   Wa^Mier      .     . 
Die     rierufiing    des    waldeckischen    Hofmedicus    .1.    Tli.    Fritze    nach    Dilleuburg 

von  F.  Otto 70—74 

Die  Wiesbadener  Kurliste  von  (i.  Zedier 74 — 87 

NaclitWige  zu  ,, Goethe  in  Na.ssau"   von   F.  Otto m7 — 89 

Eine  Schöuauer  Klosterordnung  des   14.   .lahrh.  von  (r.  Zedier        110-Il'J 

lieiträtre    zur   genealoirischen    (Jeschichte    des  Hauses  Nassau       [.   Elsf,    Tochter 

des  ("Ti-nfen    IMiilipii    II.   von   Nassun-Saarbrücken   von   M.    v.    r>omarus      .     .      112  — 118 

(  luonik: 

.Vltertunisveiiin  /u   H^'rl'orn,   Ücriiht   von   .1.    II.   Iloft'iiiuuu G2  — G4 

Historischfr   Vi.'rein  zu    Dillenl)ury:,   Hcriclit   v.m   f.    Dönges  .     .  W-  '.U 

.Vltertumsverein  zu   H<i«dvst,  ßeri(dit   von    K    Snc  liier 118-121 

Eine   Hallstattniederlassuni:  l»ei   Neuliäussel  nacli    Bericht   von    W.   Soldan  91  —  9G 

Na-sauiscjie  (ieschichtslitreratur  de.s  dalires   1900.  zusammengestellt  von  ü.  Zedier      121  —  128 


19- 

-21 

4G- 

-47 

47 

47- 

-49 

G7- 

-G8 

21- 

-2.-) 

25- 

-30 

30- 

-  32 

49- 

-."i2 

.')2- 

-.")9 

.>9- 

-G2 

68- 

-70 

Mitteilungen 


des 


Vereins  für  Nassauische  Altertumskuiule 

und  Geschichtsforsehuiig 

an     seine     >X  i  t  g  1  i  e  cl  e  i*. 


l'K)0  HM)1. 


1.  April 


>().  1 


Vereiiisiiacliricliteii. 

(Vom    1.   .fiiiiiuir  l>is   ^1.   .Miirz    lltOO.  l 
In  den  Vorstandssitzuniren  tlieseb  (^)uartals 
lüldeten  naturucmiiss  die  ^lassnahmen,  welche 
der  Vdrstaud  aus  Anlass  der  nunmehr  ein- 
tretenden L'eliertrauun;?  der  in  dem  könig- 
lichen !Museum  untergcdjrachten  .Sanunlungen 
in    den    Besitz    der    Stadt    Wiesbaden    im  [ 
Interesse  des  Vereins  für  zweckmässig  und  ; 
notwendig    erachtete ,     den     wesentlichsten  i 
(legeubtand    iler    Beratung.     Der    Vorstand  i 
iibt'rroichte  der  königlichen  Regierung  und  ' 
dem    ^Magistrat    der  Stadt  Wiesbaden    eine 
Denkschrift,  in  welcher  die  bisherige  Für- 
sorge   der  Staatsregierung    für    den  Verein 
und  das  Altcrtumsnmseum,   sowie  das  Ver- 
hältnis des  Vereins  zu  letzterem  des  Näheren 
ilarLrelegt  und  an  beide, Behörden  die  Bitte 
gerichtet  wurde,  darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
d;iss  auch  in  Zukunft  dem  Altertnmsniuseum 
sidn  Charakter  als  Landesmuseum   bewahrt 
bleibe,    sowie  dass  die  Selbständigkeit    des 
Vereins  und  seine  bisherige  Mitwirkung  bei 
der   Verwaltung    des   Museums    keine    Ein- 
schränkung erfahre. 

Der  Herr  Oberbürgermeister,  welcher  die 
Vertreter  der  am  ^luscum  beteiliixten  Vereine 
zu  einer  vorläutigen  Besprechung  für  den 
12.  ]\Iärz  auf  das  Rathaus  gebeten  hatte, 
teilte  diestMi  untur  IJezugnahme  auf  die  VAn- 
gabe  unseres  Vereins  mit,  dass  die  städtische 
Verwaltung  zur  Zeit  nicht  daran  denke,  den 
Vereinen  ihre  bisherige  Mitwirkung  an  der 
\'erwaltung  di'r  Sammlungen  abzunehmen 
und  den  Charakter  des  Museums  als  eines 
Landesinstituts  zu  ändern.  Mit  dem  Ueber- 
gang  des  Musenii;s  an  die  Stadt  wird  nach 
einer  Mitteilung  der  Kgl.  Regieruntr  das  Recht 
der  Benutzung  des  Aversstempels  erlöschen. 


Die  regelmässig  alle  vierzehn  Tage  im 
Tivoli  (am  14.  Februar  und  31.  März  im 
Museumssaale)  wiederkehrenden  Vortrau's- 
abeudc  waren  durchweg  recht  gut  besucht. 

Es  wurden  fok'ende  Vorträge  gehalten: 
am   17.  Januar  von  Herrn  Major  Kolb 
über  das  Tagebuch  eines  nassauischen 
Offiziers,    der    an    den  Feldzügen    in 
Spanien  1808 — 13  teilgenommen  hat, 
am   31.  .Januar  von  Herrn  Professor  Dr. 
L  0  h  r  über  die  neuesten  Ausgrabungen 
auf  dem  römischen   Forum, 
am  14.  Februar  von  Herrn  Domkapitular 
Dr.  Höhler  aus  Limburg  über  den 
Dom  zu  Limburg  a  d.  L..  mit  Licht- 
bildern von  Herrn  Dr.  W  i  t  k  o  w  s  k  i , 
am  3.  März  von  Herrn  Oberlelirer  Dr. 
Bodewig  aus  Oberlahnstein  über  das 
vorgeschichtliche  Braubach, 
am   1.5.  März  von   Herrn  Archivrat  Dr. 
Meinard  US  über  den  Schulmeister 
und    Chronisten    Johann    Kratft    von 
Ilerborn  und  von  Herrn  Professor  Dr. 
Ho  ff  mann  über  den  mittelalterlichen 
Rheinweinhandel  im  Hansagebiet, 
am   31.  März  von  Herrn  Archivassistent 
Dr.    Seh  aus    über    Bismarcks     Be- 
ziehungen zu  Nassau. 
An  den  meisten  Abenden  schlössen  sich 
an  diese  Vorträge  noch  kleinere  ^HtteilunL'en. 
indem  zu  verschiedenen  Malen  Herr  Museums- 
vorsteher  Dr.  Ritterling  besonders  inte- 
ressante Gegenstände  des  Museums  erläuterte. 
Herr  Professor  Dr.  Hoff  m  a  n  n  .  der  lang- 
jährige Sekretär  des  Hansischen  fleschichts- 
vereins,   über  diesen  und  seine  wissenschait- 
lichen    Unternehmungen    berichtete.     Herr 
Professor  Otto,    einen    'len    Empfaui:    des 
Prinzen    von    (»ranien     l'^oi     in     Herborn 

1 


—    :} 


schilderntlen  Brief  vorlas  und  der  Vert-ins- 
sekretär  die  der  Bildi-rsaniinlunu'  des  Vereins 
besonders  von  Herrn  Kru^t  Zais  gemachten 
Zuwendun;j:en  vorzeigte. 

In    der    antliropolojL'ischen    Sektion    im 
Roten  Haus  sprach : 

ara    10.  Januar    Herr    Dr.    Schmitt- 
henne r    über    Cramers    Geschichte 
der  Alamannen  als  Gaugeschichtc, 
am    24.  Januar    Herr    E.  Schieren- 
ber?  über  die  Persönlichkeit  und  das 
Leben  des  AlaniannenkOnigs  Makrian, 
am    7.    Februar    Herr    Sanitatsrat    Dr. 
Florschütz    über    Schädel messung 
mit  einer  Demonstration  des  typischen 
alemannisch-fränkischen  Schädels, 
am  21,  März  Herr  E.  Schierenberg 
über  die  Säulen  aus  der  Gruft  Karls 
des    Grossen    in    Aachen    und    Herr 
Sanitätsrat    Dr.    Florschütz    über 
die    römischen  Säulen    vom   Felsberg 
im  (Odenwald. 
Im  Mitirliederbestande    traten    folgende 
Aenderungen  ein :  es  traten  aus  die  Herren 
Gymnasialoberlehrer  Ileidsieck   (Weilbarg), 
Architekt    Langrod    (Wiesbaden'i,      Krois- 
physikus  Dr.  med.  Lautz  (Diezj.   Kaufmann 
Jos.  Cathrein  (Nastätten),  v.  Reinach  i  Frank- 
furt a.  M.),  Amtsgerichtsrat  Weber(  Hadamar), 
Geh.    Regierungsrat    von    Bertouch    (Wies- 
baden), der  Ausschuss  für  Volksvorträge  in 
Königstein  und  Oberleutnant  Obergethmann 
(Fulda) ;  eintraten  die  Herren  Rechtsanwalt 
Dr.  jur.  Gessert,  Justizrat  Dr.  Brück.  Ober- 
lehrer Aug.  Schedtler,    Oberlehrer    Schlidt 
(Wiesbaden),   Kd.  Oberfiirster  Linck  (Wall- 
merod),  Dr.  S^yberth  (Höchst  a.  M.),  Vikar 
H.  Schlosser  (Kirdorf  i.  T.).    Die  Mitglieder- 
zahi  beträgt  447. 

Der  Bibliothek  des  Vereins  gintren  von 
'den  Herren  Rud.  Hauck  ^Frankfurt  a.  M.), 
Prof.  F.  Kenner  (Wieni,  E.  Zais  (München). 
Sanitätsrat  Dr.  Florschütz  und  Dr.  Ritter- 
ling (Wiesbaden)  sehr  dankenswerte  Ge- 
schenke zu.  Fiir  weitere  wertvolle  und  um- 
fangreiche Bereicherungen  unser  Bildersamm- 
lung sind  wir  Herrn  Ernst  Zais  (München) 
zu  Lrrossem  Dank  vcrpHichtet.  Auch  die 
Herren  Polizei  rat  a.  D.  Huhn  und  Dr.  Wit- 
kowski  (Wiesbaden)  machten  sich  um  die 
BildersammlunL',  Herr  Postverwalter  Benner 
(Wallmerod)  um  das  Vereinsarchiv  venlient. 
Der  Tauschverkehr  ist  durch  Hinzutritt 
der  holländischen  heraldischen  Gesellschaft. 


,,De  XederlandsclicLeeuw'",  die  ihren  Sitz  im 
Haag  hat,  erweitert  worden. 

Der  diesjähriire  .Vnnalenband  winl  in  zwei 
Heften  ausge'/eben  werden.  Von  diesen  ist  das 
erstere,  welches  ein  Verzeichnis  der  grössten- 
teils aus  nassauischen  Khistern  stammenden 
Inkunabeln  nassauischer  Bibliotheken,  näm- 
lich tler  Landesbibliothek  zu  Wiesbaden,  der 
bischöflichen  Priesterseminarbibliothek  zu 
Limburg,  der  evanirelischenSeniinarbibliothek 
zuHerborn.  sowie  der  Gymnasiallnbliotheken 
zu  Weilburg,  Wiesbaden  und  Hadamar  bringen 
wird,  bereits  im  Druck  und  wird  demnächst 
als  Festschrift  des  Vereins  zur  Gutenberg- 
feier  erscheinen. 

Bericht  Über  die  im  Winter  1899/1900 
gehaltenen   Vorträge. 


(F 


ortsetzung. 


Herr  Major  a.  D.  Kolb: 

Aus    dem    Tagebuch    eines    nassauischen 

Offiziers    über    seine  Teilnahme    an   dem 

Feldzug  in  Spanien  1808—1813. 

Der  Vortragende  erwähnte  einleitend  die 
wichtigsten  neueren  Veröüentlichungen  über 
die  Kämpfe  joner  Jahre  auf  der  iberischen 
Halbinsel,  die  Nachrichten,  und  zwar  ebenso 
interessante  wie  ehrenvolle,  über  die  nassau- 
ischen Truppen  in  Spanien  bringen :  das 
von  v.  Weech  1S92  unter  dem  Titel 
,, Badische  Truppen  in  Spanien"  veröffent- 
lichte Kriegstagebuch  des  weiland  badischen 
Oberstleutnants  Rückert,  welcher  als  Leut- 
nant einer  badischen  Batterie  angehörte 
und  speziell  die  zwei  Geschütze  komman- 
dierte, welche  zwei  Jahre  hindurch  der 
mobilen  Kolonne  des  Obersten  von  Kruse 
zugeteilt  waren,  das  1893  herausgegebene 
Tagebuch  eines  Offiziers  der  polnischen  Di- 
vision Stanislaus  von  Broeckeren,  Guil- 
larme  Bernays'  ,, Schicksale  des  Grossher- 
zogthums  Frankfurt  und  seiner  Truppen" 
1887,  welches  in  den  Tagebüchern  des 
Grossmajors  v.  Fritsch  Material  über  die 
Nassauischen  reitenden  Jäger  enthält,  eben- 
so wie  Les  Souvenirs  du  capitaine  Parquin 
(1892  erschienen). 

Diesen  schliosst  sich  das  Tagebuch  des 
ehemaliijen  Nassauischen  Obersten  Keim  an, 
der  als  Leutnant  im  Herzo,ü;lich  nassauischen 
zweiten  Regiment  in  ilen  Jahren  1808  — 1813 
an  dem  Feldzug  in  Spanien  teilnahm.   Keims 


Schilderung    seiner  Erlebnisse    ist    schlicht  ' 
und  einfach,  aber  höchst  anschaulich.    Dem 
Ilergenhahn'schen   Werke    iiher    d  n   Anteil 
der    nassauischcn    Truiipen    am    spanischen  \ 
Kriege  hat  dies  Tagebuch  als  (Quelle  gedient, 
teilweise  deckt   sich   die  Darstellung   sogar 
buchstäblich  mit  den  von  Keim  hinterlassenen 
Aufzeichnungen.  Das  Schweigen  llergenhahns 
über  diese  (^)uelle  erklärt  sich  aus  der  Be- 
scheidenheit Keims,   der  nicht  genannt  sein 
wollte.      An    der    Hand    einer    selbst    ge- 
zeichneten   Karte    gab    Herr    Major    K  o  1  b 
einen  Ueberblick  über  den  durch  zahlreiche 
Gefechte    und  Schlachten    gekennzeichneten 
Weg    des    zweiten    Regiments    unter    dem 
Kommando  seines  Obersten  v.   Kruse.     Bei 
Fuente  dueüa  wurde  Keim  im  Jahre  1^09 
vom  Feinde  überrascht  und  infolge  der  Ueber- 
macht  nach  tapferer  Gegenwehr  gefangen  ge- 
nommen    Das  Tagebuch  schildert  die  Leiden 
der  Gefangenschaft,    die  rücksichtslose  und 
kränkende  Behandlung  seitens  des  Feindes, 
die  schlechte  Ernährung,   die  strenge,  jede 
Bewegung    ausschliessende    Haft    und    die 
auch  Keim  nicht   verschonende  Seuche  des 
gelben  Fiebers.    Im  Jahre  1812  gelang  es 
ihm  zu  entfliehen  und  schliesslich  zu  seinem 
Regiment  zurückzukehren.  Ende  1813  schloss 
sich  Kruse  mit  dem  2.  Regiment  der  eng- 
lischen Armee  an  und  bewirkte  eifrigst  die 
Zurückberufung  der  Truppen  in  die  Heimat, 
um  nicht  genötigt  zu  sein,   üCgen  seine  bis- 
herigen Watt'engenossen    zu    kämpfen.     Bei 
dem  Transport  erlitt  das  Schitf,  auf  welchem 
sich    Keim    befand,    an    der    holländischen 
Küste    Schiffbruch.       Das    Tagebuch,     aus 
welchem  in  den  Annalen  demnächst  Weiteres 
mitgeteilt    werden  wird,    schliesst    mit    der 
Landung  in  Holland. 

Keim  machte  1814  als  Hauptmann  das 
Treffen  von  Quatrebras  und  die  Schlacht 
von  Waterloo  und  1848  als  Oberst  und 
Kommandeur  des  1.  Infanterie-Regiments  den 
Feldzug  nach  Baden  mit.  Am  l(i,  Okt.  1849 
schied  er  aus  dem  Dienst  und  am  1.  August 
1863  ist  er  zu  Wiesbaden  gestorben, 

Herr  Professor  Dr.  L  o  h  r : 

Die  neuesten  Ausgrabungen  auf  dem 
römischen  Forum. 

Nachdem  die  Ausgrabungen  auf  dem 
Forum  1803  unter  Leitung  Carlo  Feas  be- 
gonnen hatten,    wuiden  sie  seit  dem  Jahre 


L^Tl  eucririscher  betrieben,  bis  1887  ein 
Stillstand  eintrat.  Im  November  1898  sind 
die  Ausgrabungsarbeiten  auf  Veranlassung 
des  derzeitigen  italienischen  Unterrichts- 
ministers Baccelli  unter  der  Leitung  des 
Ingenieurs  Boni  wieder  in  grösserem  Cm- 
fange  aufgenommen  und  haben,  wie  sicli 
erwarten  Hess,  bereits  eine  Fiille  interessanter 
Funde  ans  Licht  gefördert,  zugleieh  aber 
die  archäologische  Forschung  vor  die  Liisung 
manch  neuen  Problems  gestellt. 

Der    Vortragende    unternahm    zunächst 
an  der  Hand  einer  selbstgezeichneten  Skizze 
einen    Orientierunusgang    über    das    antike 
Forum.     Die  jetzigen  Ausgrabungen  haben 
sich  in   erster  Linie  auf  die  Nordseite  des 
Forums    erstreckt,    da    die  Südseite    schon 
durch  die  früheren  Ausgrabuniren  aufgehellt 
worden    ist.     Man    hat    die  mit  schwarzen 
Basaltsteinen    gepflasterte    Nordstrasse    des 
Forums  fast  in    ihrer  vollen  Breite  freige- 
legt.      Bei    der    Weiterverfolgung     dieser 
Strasse    nach  Westen    wurde  Mitte  Januar 
1899    etwa    20    Meter    vom  Severusbouen 
ein  beinahe  einen  Meter  unter  dem  Basalt- 
pflaster   der    Strasse    befindlicher,    nahezu 
quadratischer    Platz    aufgedeckt,     der     mit 
einer    Schwelle    aus    Travertin     eingefas>t 
war.     Der  Raum  innerhalb  der  Travertin- 
schwellen    ist    mit   schwarzem  Marmor  ge- 
pflastert.     Indem    man    nun    mit    diesem 
Funde  einige  bei  alten  Autoren  wie  Festus, 
Dionys    von    Harlikarnass,     Porphyrio    in 
seinem  Kommentar  zu  Horaz  Episteln  vor- 
kommende Angaben  in  Beziehung   brachte, 
glaubte  man  damit  das  Grab  des  Romulus 
gefunden  zu  haben.     .Jenen  Quellen  zufolire 
soll    nämlich     vor    der    Rednerbühne    ein 
schwarzer  Stein,    auf   dem    ein  bezw.  zwei 
steinerne  Löwen  betindlich    gewesen    seien, 
dieses  Grab   bezeichnet  haben.      Nun  han- 
delte es    sich    aber,    abgesehen    von    tojjo- 
graphischen  Bedenken,    garnicht    um  einen 
schwarzen    Stein,     sondern    um    einen    mit 
schwarzen      Steinen      gepflasterten     Platz. 
Ausserdem    fand    man    von    den    oder  dem 
Löwen  keine  Spur,  nicht  einmal  den  Platz 
für  diese  Postamente.       Muss  man  deshalb 
die     von     italienischen     Archäologen     mit 
grossem  Enthusiasmus  vorgenommene  Iden- 
tifizierung  dieses    Platzes    mit   dem   Grabe 
des    Romulus    fallen    lassen,    so    hat    mau 
andererseits  noch   keine    sichere  Erklärung 
dafür  gefunden.     I'm  dem  Problem  auf  die 

r 


Spur  /.n  koinuien,  ontsoblos>  man  sich 
schliesslich  tiefer  zu  graben.  Da  stiess 
mau  (1.40  Meter)  auf  eine  interessante 
Ttruitpe,  nämlich  auf  /wi-i  rechteckiijfö 
Postamente  von  Turt^uadern  uml  daneben 
auf  einen  viereckigen  Cippus  in  Form  einer 
abi:estumpften  P\raniide.  Das  interessan- 
teste an  dein  Funde  war  dif  auf  letzterem 
befindliche  römische  Inschrift  in  der 
I>ustrophedon,  die  der  Wende  des  7.  /um 
♦5.  Jahrhundert  anzuirehüren  scheint  und 
damit  die  älteste  nimische  Inschrift  ist. 
die  bis  jetzt  aufgefunden  worden  ist.  Der 
Text  ist  freilich  nur  sehr  lückenhaft  er- 
halten, so  dass  über  den  Inhalt  im  ein- 
zelnen nichts  .Sicheres  feststeht.  Man  kann 
mit  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  dass 
diese  Inschrift  sakralen  Inhalts  gewesen 
und  dass  in  ihr  dem  Kiiniire  das  Recht 
gewährleistet  worden  ist.  auf  das  Forum 
zu  fahren.  Jedenfalls  bietet  diese  Inschrift 
nicht  die  geringste  Veranlassung,  die  Xie- 
buhr-^Iommsen'schen  Anschauuniren  iiber 
die  römische  Könii-'szeit  durch  diesen  Fund 
als  widerlegt  anzusehen,  wie  es  die  Meinung 
italienischer  Altertüniler  gewesen  ist.  Es 
ist  fra'_dich.  was  die  Gruppe  bedeutet.  Bei  ' 
tler  Beschreibung,  die  der  deutsche  Archäo- 
loge Duhn  auf  der  im  vorigen  September 
zu  Bremen  abgehaltenen  Philologenversamm- 
lunj;  davon  gegeben  hat,  kam  dem  Vor-  , 
traLTcnden  der  Gedanke,  dass  es  eine  Feuer- 
stätte gewesen  sei.  Duhn  selbst  vermutet 
darin  ein  Heroon.  Auch  über  die  sonstigen 
Ausgrabungen  an  der  regia,  am  Vesta- 
tcmpel.  am  Tenipel  des  Divus  Julius,  sowie 
über  die  neu  entdeckte  Inschrift  des 
Maxentius  auf  dem  Cuniitium  berichtete 
der  Vortra.'ende  in  eingehender  Weise. 
Der  Vortrag  wurde  durch  eine  Reihe  von 
bildlichen  Darstellungen  unterstützt.  \ 

Herr  Domkapitular  Dr.   Iliihler:  i 

Der  Felsendom   zu  Limburg  a.  d.  L,       i 

Im  Sommer  1"?7()  sah  der  Vortrai^ende 
beim  Besuche  einer  kirchlichen  Kunstaus- 
>?tellung  in  Rom  ein  überaus  schönes  Aquarell 
des  verstorbenen  Malers  Diefenbach  zu 
Iladamar.  welches  den  Limbnrger  Dom  von 
der  I, ahnbrücke  aus  gesehen  darstellte.  Im 
Vordergrunde  die  schimmernden  Fluten  des 
Flus'^es  mit  dem  Spiegelbilde  des  herrlichen 
homs.  am  Ufer  der  >teile  Felsen,  umrahmt 


vom  frischen  Grün  der  Bäume  und  hoch 
oben  das  vieltürmige  Gotteshaus  in  mattem 
Sonnenlichte,  ein  Bild  so  einzig  schön,  dass 
selbst  die  lebhafte  Einbildungskraft  des 
Südländers  es  nicht  fassen  konnte,  dass  ein 
solcher  Bau   in  Wirklichkeit  existiere. 

Der  jetzige  Bau  ist  nicht  der  erste, 
sondern  der  dritte  auf  ileni  Platze.  Die 
erste  Kirche,  die  auf  dem  Felsen,  auf 
welchem  >ich  jetzt  Burg  und  Dom  erheben, 
erbaut  wurde,  ist  die  von  dem  Erzbischof 
llatttj  voll  Trier  in  der  ersten  Hälfte  des 
neunten  Jahrhundorts  geweihte.  Von  dieser 
sind  nur  noch  ein  kleines,  in  der  Südmauer 
eingefügtes  ruiulbogiges  Doppelfenster  und 
die  Deckplatten  der  niedrigen  Steinbank 
im  südlichen  Tt.'ile  des  Cliorumganixes  im 
Innern,  sowie  zwei  zu  beiden  Seiten  des 
P^ieilhofthores  eingemauerte  Statuen  er- 
halten. Schon  im  folgenden  Jahrhundert 
musste  dieser  erste  Bau  einer  grösseren 
Stiftskirebe  weichen. 

Der  Gaugraf  Konrad  Kurzibold  erbaute 
vor  91!)  eine  Kirche  zu  Ehren  des  hl. 
Märtyrers  Georgius  und  grümlete  an  ihr 
ein  Kollegiatstift.  Dieser  Bau  wich  nach 
einem  Zeitraum  von  drei  Jahrhunderten 
wieder  dem  jetzigen  Dom.  Derselbe  ist  im 
Auftrage  des  Grafen  Heinrich  von  Isenburg 
als  Herrn  von  Limburg  in  der  ersten  Hälfte 
des  dreizehnten  Jahrhunderts,  jedenfalls  vor 
1235,  erbaut  worden. 

Die  Geschichte  des  Baues  ist  interessant. 
Da  das  Stift  den  Chor  für  seinen  Gottes- 
dienst notwendig  hatte,  so  Hess  man  den 
alten  kleinen  Chor  der  Konradini^chen 
Basilika  stehen,  brach  zunäclist  nur  deren 
Schitf  ab  und  begann  den  Neubau  dem 
Herkommen  entgegen  an  der  Westseite. 
Es  mag  dies  in  dem  letzten  Jahrzehnt  des 
zwölften  Jahrhunderts  geschehen  sein. 
Später  beirann  man  dann  mit  dem  neuen 
Chor,  der  mit  dem  ihm  vorgelagerten  (Juer- 
schiffe  den  alten  tTirmlich  umschloss.  Dabei 
ergab  sich  die  Schwierigkeit,  die  Ent- 
fernung der  Vierungspfeiler  der  neuen 
Kirche  in  deren  Länirsachse  richtiir  al)zu- 
messen,  weil  eben  der  alte  Bau  dazwischen 
stand,  und  in  der  That  sind  die  beiden 
i'istlichen  Pfeiler  um  mehr  als  1  m  weiter 
von  dem  .südlichen  abgesteckt  worden,  als 
deren  Entfernung  von  einander  betrug.  Die 
Breite  der  beiden  Seitenteile  des  Quer- 
schittes  wurde,   ganz  dem   romanischen  Stile 


Hl      — 


ciitsiircchciKl,  genau   üer   Di'L'ite  des  Chores 
an^'epasst,    tind    erst    als    alles  bis  auf  die 
westlichen   Abschlusswiinde    der    (^Uierschirt'e 
vollendet  war,   der  alte  Chor  abt:eleu't.  Jetzt 
aber    entdeckte    num    den    Fehler.      Diese 
westlichen  Abscblusswände    des    Transeptcs 
konntt'U.   wenn  sie    rechtwinklig    aul'getidirt 
wiirdi'n,  nicht  auf  die  westlichen  Vierunirs- 
lit'eiler    stossen ;      um     dies    zu     erreichen, 
iniissteu  sie  schriig,  d.  h.  in  einem  stumpfen 
Winkel    zu    den    südlichen  und  nördlichen   | 
Wiinden    des  <^uerschitfes    und    der  Seiten- 
schiffe aufgeinauert  werden,   was  denn  auch 
geschah.      So  zei^t  denn    der  Dom  die   bei 
seiner  sonstigen  so    überaus    regelmässi^'cn   j 
romanischen    Anlage    auffällige    Eigentüm- 
lichkeit,   dass    die  Vierung    kein    Quadrat, 
sondern  ein   Rechteck,   die  SeiteuHüirel    des 
<v>uerschirt'es    aber    verschobene     Rechtecke 
bililen.     Aus  diesem  Grunde    musste    auch  , 
die  Vc  bindungsmauer,    welche    bereits  be- 
gonnen   war,     mit    einem    Mauervorsprung 
verbreitert  werden,    um    den  Anschluss  an 
das  Lanirliaus  zu  gewinnen.     Im-  Uebrigen 
zeigen    sich    in    dem  Langschitt'  einfachere 
und  strengere  Formen  als  im  Cborbau,  die 
dar.'iuf  hindeuten,  dass  Chor  und  Querschiff 
etwas  jünireren  Datums  sind  als  das  Lang- 
haus.    Zuletzt  wurde  der   nördliche  Front- 
turm   von    dem    Erbauer    ausgeführt.     Er 
zeigt     in     seinen    oberen    Geschossen    weit 
reichere    Details    als    der    südliche.      Die 
beiden  südlichen  Seitentürmchen  aber  wur- 
den erst   1863  ausgebaut. 

Die  ^'anze  bauliche  AnInge  der  Kirche 
charakterisiert  sich  als  ein  vollendetes 
Muster  des  soirenannten  L'ebergangsstiles 
vom  romanischen  zum  gotischen.  Der 
Vortragende  fcdirte  dies  im  Einzelnen  ge- 
nauer aus.  dabei  unterstützt  von  wohlge- 
luugenen  Lichtbildern,  die  Herr  Dr.  med. 
Witkowski  zur  Darstellung;  brachte.  Zu 
keiner  Zeit  machen  sich  Reichtum  und 
Pracht  der  ganzen  Anlage  erirreifender 
geltend  als  des  Abends,  wenn  nur  hier  und 
da  noch  ein  einsames  Licht  Hackert  und 
die  wenigi-n  Mauertiächen  in  matter  l>e- 
leuchtung  zei.L;t,  durchbroclien  von  dem 
Dunkel  der  vielen  Gewölberäume. 

Alsdann  ging  der  Vortrag  auf  die 
Schilderung^  der  Schicksale  des  herrlichen 
Baues  über. 

Der  Dom  hat  im  Laufe  der  J-ihrhun- 
derte  viele  Stürme  über  sich  ergeiien  lassen 


müssen.       (jefiihrlicher    noch     als     Kriegs- 
horden   und    die   zerstörende   Wirkung  der 
Elemente,    wurden    ihm    die    zu  Ende  des 
vorigen    Jahrhunderts    ohne    jedes    Kunst- 
\erständnis    vorgenommenen    Restaurations- 
arbeiten,   die    1840    ihren  Höhepunkt   da- 
durch erreichten,    dass  die  kostbare,    frei- 
lich defect  gewordene  Remalunu'  im   Innern 
mit  weisser  Tünche  wie  mit  einem  Leichen- 
tuche   zugedeckt    wurdi'.      Xaclidi  m    -chou 
der  Bischof  Peter   Josef    Rlinu    die    gniud- 
liche  Restauration    in  Aussicht    genomnieQ 
und  die  zwei,  bisher  fehlenden  Türme  hatte 
ausbauen    lassen,     erging     am     Ende    der 
sechziger    Jahre    von    der  preussischen  Re- 
gierung der  Auftrag,  das  ehrwürdige  Denk- 
mal deutscher  Baukunst,  die  herrliche  Er- 
innerung   an    eine    der   glorreichsten  Zeit- 
perioden   Deutschlands,    wiederherzustellen. 
Der    Herr    Dondcapitular    lässt    den    unbe- 
kannten   Baumeister,    dessen   DiM    sich    je- 
doch   zur    linken    Seite    des    Hauptportals 
gegenüber  dem   Bilde  des  Stifters  betindet, 
an  jenem  Reichstage  Friedrich  Barbarossas 
im  Jahre  1184  zu  Mainz,  wo  des  deutschen 
Reiches  Macht  und  Herrlichkeit  in  nie  ge- 
sehenem Glänze  zur  Entfaltung   kam,    teil- 
nehmen   und    lässt    ihn    in    dem   grossartig 
monumentalen  Bauwerk  des  Limburger  Domes 
mit    seinen    sieben    Türmen    das    damalige 
deutsche  Reich    mit    dem  Kaiser    und    den 
ihn  umgebenden    sechs  Fürsten   verewigen. 

Wohl  liege  die  Symbolik,  welche  in 
den  sieben  Türmen  die  sieben  Sakramente 
der  Kirche  erblickt,  zuerst  nahe.  Allein 
die  andere  sei  gleichfalls  nahe.  In  letzterer 
gewinne  der  hehre  Bau  für  jedes  deutsche 
Herz,  welches  sich  an  der  Grösse  des 
Vaterlandes  erwärme  und  erfreue,  eine 
ganz  neue  und  wahrhaft  ehrwürdige  Be- 
deutuuLT,  die  Bedeutung  eines  begeisternden 
Sinnbildes  von  des  deutschen  Reiches  und 
Volkes  unvergänglichen  Kraft  und  Herr- 
lichkeit. 

Zum  Schluss  erwähnte  der  Vortragende, 
dass  CS  dem  zwanzigsten  Jahrhundert  vor- 
behalten geblit'ben  sei.  dem  Gotteshaus 
einen  würdigen  Zugang  zu  verschaffen.  Es 
Hesse  sich  leicht  eine  breite  schöne  Fahr- 
strasse aus  dem  Herzen  der  Stadt  zu  ihm 
anlegen.  Seit  schon  Jahresfrist  seien  ein- 
leitende Schritte  gesdiehen,  um  diesi's 
Projekt  auf  dem  einzii:  möglichen  Wege, 
dem  einer  Lotterie,  zu  verwirklichen.    Seine 


—    11 


^Majestät  ilcr  Kaiser  un<l  Könii:  uiul  tUo 
Pruvinzial-  und  Bezirksregioruugen  brächten 
den  liierauf  :,'erichteten  Bestrebungen  das 
lebhafteste  Interesse  entgegen  und  es  sei 
zu  hurteu,    ilass   dai  schöne  Werk  gelinge. 


Herr  (»berlelirer  Dr.  Bodewig: 
Über  das  vorgeschichtliche  Braubach, 

Im  Braubaciier  Walddistrikt  Ililberstiel 
lieu'en  eine  Reihe  vun  Grabhimeln.  dir  nach 
der    Form    dir    darin    gefundenen    Bronze- 
ge',;enstjnde.    der    Verzierung    der    Gefässe 
durch   breite   eingestrichene  Gurtlinien    am 
Halse  in  die  jünixere  Ilallstatt-Perimle,  also 
etwa  in  die  Mitte  des  ersten  vorchristlichen 
Jaiirtausends  gehören.    In  dt-r  Nähe  dieses 
Begräbnisidatzes    erkennt    man    auch    noch 
die  langgestreckten  Ackoriiarzellen  des  ein- 
stiscn  Dorfes.    Ein  zweites  Gräberfeld  liegt 
im   Distrikt  Xeuweg.    Die  hier    -'cfundenen 
Scherben  und  die  Form  der  Gräber  weisen 
t-benfalls  auf  die  Ilallstatt-Periode.  und  zwar 
niuss  man  daraus,  dass  eine  Anzahl  Gräber 
Steinkammern  enthält,  also  in  ihnen  Leichen 
beigesetzt  waren,  schliessen,  dass  das  (irab- 
leld  aus  der  älteren  Ilallstatt-Zeit  stammt, 
in  der  man  die  Sitte  der  Verbrennung  der 
Toten  nicht  kannte,    während    sie    bei   der 
jüngeren    das    gewöhnliche  ist.     Das  Dorf, 
dessen  Bewohner  hier  gebettet  worden  sind, 
hat  also  vor  dem  zuerst  genannten  bestan- 
den ;    wir  dürfen  seine   Anla^'C  in  die  Zeit 
1000  bis  500   V.  ('hr.   Geburt  setzen.  Für 
die  Zeit  um   500  finden  wir  auch  im  Thale 
an  dt.'r  Stelle  des  heuti'-Tn  Braubach  Spuren 
reicher  Besiedlung.     Beim    Bahnbau    1^-60 
durchschnitt    man    7oo  m  unterhalb    Brau- 
bach ein  Gräberfeld.    Die  ilarin  gefundenen 
geknöitfelten  Armringe  weisen  dasselbe  «1er 
ersten  Hälfte  der  La  Tene-Periode  zu.   die 
in  das  5.  und  4.  vorchristliche  Jahrhundert 
zu  setzen  ist.    Auch  die  Gräber  am  Kerkcrts- 
wege  gehören  dieser  Zeit  an.    Die  Gefässe 
dieser  Periode  sind  von  denen  der  früheren 
scharf    unterschieden.      Krüge    mit    hohem, 
schlankem  Halse  in  gelber  Farbe  oder  mit 
dunkelbraunem  glänzendem  Ueberzuge,  Teller 
mit  in  der  Mitte  nach  oben  eingedrücktem 
Boden  sind    für    sie    charakteristisch.      Die 
Leichen  ruhen  in  Steinkammern   oder  sind 
einfach    in    den    Saml    ;,'ebettet.    die    Ver- 
brennung der  Leichen  hat  aufgehört. 


Das  wichtigste  Gräberfeld    liegt  an  der 
Emserstrasse.      Hier    finden    wir    in    Stein- 
kammern statt  der  Leiche   die  Aschenurne 
nebst    verschiedenen     Beigaben    beigesetzt. 
Dies  deutet  auf  eine  jüngere  Zeit  hin,  denn 
im  dritten  Jahrhundert  vor  Christi  Geburt 
wurde  die  Leichenverbrennung  wieder  üblich 
und  blieb  von  da  an  Jahrhunderte  lang  im 
Gebrauch.     Auch  die   in    den  Gräbern   ge- 
fundenen Gegenstände  gehören  der  jüngeren 
oder   der    mittleren    La    Tene-Periode    an. 
Es    kommen    auch    römische   Scherben    aus 
der  frühesten  Kaiserzeit    vor,    woraus    her- 
vorgeht,   dass    das    Grabfeld    bis    um    den 
Anfang  des  ersten  Jahrhunderts  n.  Chr.  Ge- 
burt benutzt  worden  ist.      La  Tene-Sachen 
fand  man  auch  am  Fusse   des  Hügels,    auf 
dem  die  !Mar\buru'  erbaut  ist.     Aber  auch 
sonst  um  Braubach  herum  finden  wir  Gräber 
der  La  Tene-Periode,     Daraus  ergiebt  sich, 
dass  das  ehemalige  Dorf,  dem  die  liier  Be- 
grabenen   angehiirten,    auf    der    Stelle    des 
heutigen  Braubach  lag.     Bei  dem  Bau  der 
niMien  Post  fand  man    1,30  m    tief  Mauer- 
reste von   90  cm  Stärke    mit   einer  IMenge 
La  Tene-Scherben  vor  und  auch  an  anderen 
Stellen    stossen    wir    auf   massive  Gebäude, 
die  <lie   dabei    befindlichen  Gegenstände    in 
die    La    Tine-Zeit    weisen.      Ohne    Zwedfel 
ist  es   der  Bergbau   gewesen,    der    eine    so 
ausgedehnte  Ansiedlung  an  dieser  schmalen, 
nur    wenit:  Raum    für  Ackerbau    bietenden 
Stelle    veranlasst    hat.      Aus    den    (Gräbern 
an  der  Emserstrasse    sind  neben   La  Tene- 
Gefässen    auch    viele    Erzstücke    zum    Vor- 
schein   gekommen,    und    es    ist    zweifellos, 
dass  schon  vor  Christi  Geburt  die  blei-  und 
silberreichen  Abhänge  des  Taunus  Beachtung 
gefunden  haben.    Allem  Anschein  nach  ist  es 
der  Ickerstiel,  das  Terrain  zwischen  Emser- 
strasse   und    Kerkertsweg,    wo    der    älteste 
Bergbau  Braubachs  stattfand. 

Die  Bewohner,  die  hier  so  früh  eine 
rührige  Thätigkeit  entfaltet  haben,  sind 
Kelten  und  gehörten  sicherlich  dem  am 
anderen  Ufer  angt^sessencn  Stamme  der 
Trevirer  an.  Die  Anlage  der  Gräber  lUi  den 
Verkehrswegen  zeigt  uns  die  Richtung  der 
Strassen  an.  Ein  Weg  führte  demnach  durchs 
Thal  nach  der  Lahnmündung,  wo  sich  eben- 
falls eine  keltische  Ansiedlung  bef.uul.  Tun 
anderer  Weg  führte  über  die  Höhe  nach 
Ems,  wo  gleichfalls  Kelten  sich  nieder- 
jjelas.^cn  hatten.     Auf  die  Höhe  führen  noch 


—    1 .{    - 


—      14      — 


zwei  weitere  Wege,   derm  Riolitniii:  buh  aus 
den  oben  angegebenen  Griiberfunden  ergibt. 
In  der  römischen  Periode  l)li('b  die  Be- 
völkerung im  ganzen  dieselbe.    Aber  infolge 
der  fortwährenden  Berührung  mit  den  vielen 
römischen  Standlagern   in  der  Nähe  vollzog 
sich  ein   rmschwuiig  in    Kultur  und  Sitten. 
Die  einheimischen  Gefässe  weichen  den  besser 
geformten  römischen.    Die  meisten  römischen 
Funde  werden  nicht  im  Thale,   sondern  auf 
der  Höhe  gemacht.      lutolge  des  sich  lebhaft 
entwickelnden  Verkehrs  nach  den  römischen 
Kastellen  Eins    und   ^larienfels    wurde    <ler 
anbaufähige  Boden  auf  der  Höhe  bearbeitet 
und    neben     den    Ackerfeldern    entstanden 
überall    Bauernhäuser.     Die    Körner    haben 
die  llöhenwege    so,    wie  sie   dieselben  \or- 
fauden,  benutzt,   dagegen  haben  sie  im  Thale 
die  Strasse    in    einen    festeren   Zustand    zu 
I)ringen  gesuclit.      Aus  den  römischen  Münz- 
funden geht  hervor,   dass  der  Verkehr  auch 
nach    dem    Aufhören    der    Römeriierrschaft 
auf  dem  rechten  Rheinufer  mit  dem  links- 
rheinischen römischen  Ufer  fortdauerte. 

Auch  die  Franken  der  Merowingerzeit 
begegnen  uns  auf  dem  Boden  Braubachs. 
Beim  ßahnbau  wurde  der  fränkische  Toten- 
hof durchschnitten.  Die  erste  geschriebene 
Urkunde,  die  Aufschluss  über  das  Vor- 
handensein einer  menschlichen  Ansiedlung 
an  dieser  uralten  Kulturstätte  giebt,  stammt 
erst  aus  dem  Jahre  88(5.  An  der  Hand 
der  geraachten  Funde  können  wir  die  Ge-  | 
schichte  Braubachs  dagegen  über  ein  und 
ein  halbes  Jahrtausend  weiter  zurück  ver- 
folgen. 


Herr  Archivrat  Dr.  Meinard us: 

Mitteilungen    über    Johann    Krafft,    den 
Schulmeister  und  Chronisten  von  Herborn. 

Ueber  Leben  und  Schriften  Kratffs  hat 
S  t  e  u  b  i  n  g  in  seiner  Topographie  von  Her- 
born schon  allerlei  zusammengestellt.  Die 
Kr.  sind  eine  alte  angesehene  Herborner 
Familie  und  lassen  sich  bis  ins  16.  Jahr- 
hundert zurück  verfolgen.  Kratft  war  ge- 
boren zu  Herborn  165(),  nicht  1658,  wie 
Steubing  sagt,  vielleicht  als  der  Sohn 
eines  Schlossermeisters,  und  genoss,  nachdem 
er  zunächst  die  Herborner  Stadtschule  be- 
sucht hatte,  den  Unterricht  auf  dem  dortigen 
Pädagogium,    eine   unserem   heutigen  Gym- 


nasium gleich  zu  stellende  Anstalt.  Kaum 
fünfzehn  Jahre  alt,  trieb  es  ihn  hinaus  in 
die  Welt.  Ohne  Vorwissen  seiner  Eltern 
machte  er  sich  mit  einem  Jugendfreunde 
aut  üb.-r  ^larlmrg  nach  Kassel.  Hier  ging 
das  Reisegeld  aus  und  damit  seinem  Ge- 
fährten zugleich  die  Wanderlust.  Dieser 
kehrte  nach  Herborn  zurück,  während  Kratft 
selbst  sich  über  Giessen  nach  Frankfurt 
und  von  da  nach  Süddeutschland  wandte. 
In  Heidelberg  gtdang  es  ihm,  eine  Schreiber- 
stelle zu  erhalten,  in  welcher  er  etwa  zwei 
Jahre  hindurch  verblieb.  Alsdann  (1673) 
trat  er  in  ein  kurptälzisches  Freikorps, 
welches  gegen  die  Franzosen  kämpfen  s(jllte. 
geriet  jedoch  in  Gefangenschaft  und  sollte 
erschossen  werden.  Sein  gewecktes  Wesen 
getiel  aber  dem  kommandierenden  feindlichen 
Offizier  so,  dass  er  ilm  rettete  und  als 
Diener  bei  sich  anstellte.  Nur  kurze  Zeit 
hielt  es  Kratft  in  dieser  Stellung  aus,  nach 
sieben  Wochen  ergrilf  er  wieder  den  Wander- 
stab und  lernte  im  Gasthaus  zum  schwarzen 
Adler  in  Heilbronn  zwei  Studenten  kennen, 
mit  denen  er  mehrere  Monate  lang  das 
lustige  Leben  eines  fahrenden  Schülers 
führte  und  Süddeutschland,  die  Schweiz. 
Tirol,  Bayern,  Sachsen,  dann  Xorddeutsch- 
land,  Dänemark  und  Holland  durchstreifte. 
Von  den  Streichen  dieses  kecken  Trifoliums 
gab  der  Vortragende  nach  Kratft's  eigenen 
Aufzeichnungen  einige  zum  Besten.  Auf  der 
Rückkehr  wurde  er  mit  seinen  Genossen 
zu  Vechta  zum  zweiten  Male  als  Soldat 
angeworben.  Als  solcher  ward  er  mehr- 
mals verwundet.  Endlich  nach  dem  Frieden 
zu  Ximwegen  kehrte  er  1679  nach  den 
wechselvollsten  Schicksalen  in  seine  Heimat 
zurück.  Wunderbarerweise  bekam  dieser 
fahrende  Ritter  sogleich  in  Sechshelden  die 
Stelle  des  Schulmeisters,  die  er  schon  im 
Jahre  darauf  mit  der  zu  Haiger  vertauschte. 
Jetzt  heiratete  er  und  wurde  endlich  sess- 
haft.  Nur  vorübergehend  reiste  er  1686 
in  die  Pfalz,  um  für  die  restaurierte  Kirche 
zu  Haiger  zu  kollektieren.  1703  musste 
er  jedoch  infolge  pietistischer  Strömungen 
Haiger  verlassen.  Er  erhielt  jetzt  die  Stelle 
eines  Kantors  und  Praeceptors  in  Wetzlar, 
bis  ihn  1709  seine  Vaterstadt  Herborn  als 
ersten  Praeceptor  an  die  lateinische  Stadt- 
schule berief.  In  dieser  Stellung,  die  eben- 
falls die  des  Kantors  in  sich  schloss.  wirkte 
er  bis   1731.     Er  starb   1734. 


—     i:i 


—     if. 


Kiart't  ist  tili  Mann,  ilcr  niclit  nur  \iol 
v"in  (kr  Welt  ^'oschen  und  viel  orKbt. 
suiiilern  mit  Ver>tanil  und  Kenntiiisseo  aus- 
gerüstet, auch  u'ut  beobachtet  hat.  Wir 
haben  verschiedene  gedruckte  Werke  von 
ihm,  ein  Momurabile  hodoeiioricum,  da>  uns 
auf  J4  Seiten  seine  Reisen  grösstenteils  in 
Versen  schildert,  denen  er  /um  Sehluss 
austührliehe  prosaische  Berichte  über  seine 
Krlel)nis?e  anfügt,  und  ein  Centifüliuiii  Xassa- 
i)illenburgioum.  welches  1712  in  llerborn 
ersciiien.  In  diesem  Werke  besingt  er  das 
Land  und  Herrscherhaus  von  Nassau-Di llen- 
burg.  seine  Schönheiten  und  Kigentünilich- 
keiten,  ilie  Merkw  ürdigkeiten  der  Städte  und 
des  Westerwaldes,  ein  eigentümliches  Ge- 
misch vun  allerlei  Nachrichten,  die  jedoch, 
soweit  sie  sich  auf  die  lokalen  Verhältnisse 
beziehen,  seliätzeiiswert  sind.  Gewidmet  ist 
das  Buch  im  2.  Teile  den  Zünften  in 
llerboni.  Die  Verse  sind  die  gebräucli- 
liehsten  seiner  Zeit,  nämlich  .VIexandriner: 
ohne  höhere  dichterische  Bedeutung  /eigen 
diese  jioetischeu  Versuche  doch  unbestreit- 
bar ein  gewisses  kleines  Talent,  Ein  drittes 
jioctisches  Werk  von  Kratft  ist  nur  hand- 
>chriftlich  im  Stadtarchiv  zu  Herborn  er- 
halten, wo  es  Herr  Fabrikant  Hoff  mann 
fand  und  mit  Erlaul)nis  des  Magistrats  von 
llerborn  in  liebenswiirdigster  Weise  dem 
Vortragenden  zur  Verfügunir  stellte.  Es 
ist  eine  ..Bronnen- Ehre"  von  Herboru, 
eine  Beschreibung  des  neuen  Stadtbrunnens 
zu  Herborn,  der  mit  allen  dem  Verfasser 
bekannten  Brunnen  der  alten  und  neuen 
Zeit  verglichen  und  besungen  wird.  Das 
interessanteste  Werk  Krattt"s  ist  seine  hand- 
schriftlich hiiiterlassene  Chmnik,  die,  leider 
nur  unvollständig,  im  Staatsarchiv  zu  Wies- 
baden aufbewahrt  wird.  Im  Stil  der  Anna- 
listen hat  er  in  dieser  die  ihm  bemerkens- 
werten Ereignisse  v(jn  1708  bis  zu  seinem 
Tode  verzeichnet,  ilabei  manchmal  auf 
frühere  Zeiten  zurückgreifend.  Es  ergiebt 
sich  aus  Notizen,  dass  er  auch  Ereignisse 
albT  Art  aus  früheren  Jahren  seines  Lebens 
in  idinlicher  Weise  behandelt  hat;  vielleicht 
findet  sich  dies  Manuskript  noch  einmal 
wieder.  Er  nennt  sein  Werk  einmal  ..Chro- 
nik"', ein  andermal  ..Annaleii'".  Jedenfalls 
soll  es  keine  nassauisehe  (Jhronik  -ein:  er 
will  die  Weltl'egeb<iiheiteii  seiner  Zeit 
schildern,  soweit  sio  ihm  bemerkenswert  er- 
schienen.    Alles  ist   mit    grösster  (Genauig- 


keit  Verzeichnet.    Aber  auch  fur  ilie  Dilleii- 

i  burgische  Geschichte  rindet  sich  \'ieles. 
Es  sei  hier  nur  darauf  hingewiesen,  dass 
er  zum   Bcisiiiel    alle    die  Persönlichkeiten. 

;  mit  denen  er  in  seinem  Leben  m  thun  ge- 
habt hat,   soweit  sie   im   ött'entlicheii   Leben 

,  stehen,     anfülirt.     die     Pfarrer.     Lehrer. 

]  Schultheissen.  geistlichen  Inspektoren,  Amt- 
männt^r.  ^Mitglieder  des  Fürstenhauses :  bei 
allen  giebt  er  mit  grtisster  Sorgfalt  iiire 
Lebenszeit  und  sunstige  Merkwürdigkeiten  an. 
Ausserdem  tinden  sich  bei  ihm  eingehende 
Wetternotizen.  Nachrichten  über  Brände, 
Kirchen-  und  Iläuserbauten.  Festlichkeiten 
der  Hohen  Schule,  Studentenulke,  Todesfälle, 
Bäubergeschichten ,  w  underbare  Ilimmels- 
erscheinungen,  derbe  Schwanke  u.  dergl. 
Liegen  ihm  auch  die  grossen  politischen 
Aktionen  fern  und  ist  auch  manches  abstrus, 
das  Ganze  macht  einen  originellen  Ein- 
druck und  enthält  ebenso  wie  die  Textor'sche 
Chronik  viele  kulturliistirisch  wertvolle 
Lokalnaciirichten,  tür  welche  wir  um  so 
dankbarer  sein  müssen,  als  in  dieser  Be- 
ziehung die  (i)uelleii  für  jene  Zeit  sehr  spär- 
lich Hi essen. 

(Forisetzung  des   Cericlils  fol^'t.) 


Ter>valtuiiiis-Beriilit 

des  Altertums-Museums. 

(Vom   1.  Januar  bis  31.  März   l'JOO.j 

Erwerbungen. 

A.   Römische  Periode. 

Die  Fortfülirung  der  Ausschachtungen 
auf  dem  Gruiid-tücke  ,, Grüner  Wald''  zu 
Wiesbaden  (vgl.  Mitteilungen  1899.  Sp.  115) 
lieferte  noch  eine  Reihe  weiterer  Funde 
(15125  bis  15144),  namentlich  grosse 
Scherbenmassen  römischer  Thongefässe,  unter 
denen  zu  nennen  sind:  Sigillatabruchstückc 
mit  Stempeln:  Bellus  |fec(it)|  (mit  umge- 
kehrten L)  auf  Teller  der  Forin  Drag.  32 
(15125),  jDojccius  f(ecit)  auf  Tellerbodeii 
(15127,1,  ,.Nasso"  auf  Tassenboden  (15129). 
sowie  2  runde  Spielsteine,  die  aus  Thon- 
sclierben.  der  eine  aus  dem  Rande  einer 
dicken  Sigillataschale.zurechtgeschnittensind 
(Iu\.  15131  1.  Im  Uebrigen  fand  sich  <lic 
schon   im  Deccmber  gemachte  Beobachtuni:, 


IS        _ 


(hiiiS  diu  niiuisclicMi  Funde  nur  auf  den  \vi'.st- 
liclion  und  siidliclifn  I'oilcn  der  IJaustcIlc, 
iiauientliih  nach  <ler  Mauerga^se  /u  ange- 
tiort'en  wurden,  in  den  östlichen  aber  fehlten, 
auch  jetzt  bestätigt. 

Tun  der  im  Sonuner  If^DO  vorgenomnKMien 
Ausschaiditung  auf  llochstätte  22  (vgl.  Mit- 
teilungen l^'JO.  S.  78)  wurden  nachtriig- 
lieli  erworben:  ein  lialbermit  scluinem Relief- 
schmuck  verzierter  Sigillatp.napf  der  Form 
Drag.  29  (15123),  sowie  ein  Tässclicnboden 
mit  d(^m  Steniiiol  'M()Htan(i)  (15124).  Von 
Mauritiu.sstra<.-e  5  stammen  ein  58  mm  langer, 
wohl  an  Lederzeug  angebracliter  Beschlag 
von  Uronzc  (15145),  sowie  ausser  einer  An- 
zahl römischer  Scherben  ein  Sigillatatassen- 
boden  mit  dem  Stempel  OF  MOM.  Ueber^ 
die  bei  den  namentlicli  an  fridiröm' sehen 
Scherben  ergiebigeren  Grundarbeiten  Mau- 
ritiusstrasse  (>.  gemachten  Funde  wird  erst 
nach  deren   Abschluss  berichtet  werden. 

An  römischen  ^Münzen  wurden  erworben: 
ein  Kleinerz  des  Crispus,  Revers  Lorbeer- 
kranz, in  dem  ^^"'".  mit  der  Umschrift 
CAESARVM  NOSTRORVM,  gef.  in  Wies- 
baden (M.-Inv.  725),  sowie  ein  schlecht  er- 
haltenes Kleinerz  des  4.  Jahrh  .  gef.  Wiesb. 
beim  Neubau  der  Altkatliol.  Kirche  in  der 
Luisenstrasse  (M.-Inv.   724). 

B.  Mittelalter  und  Neuzeit. 

Die  Baustelle  ,, Grüner  Wald"'  enthielt 
auch  aus  dem  Mittelalter  zahlreiche  Kultur- 
reste, namentlich  Scherben  von  Thongefässen; 
erwähnt  seien  Bruchstücke  mehrerer  der  be- 
kannten warzengeschmückten  Glasbecher  mit 
kegelförmig  in  das  Innere  getriebenem  Boden 
(15139),  sowie  mehrere  sehr  rohe  Töpfe 
aus  rotem  Thon.  grau  überfärbt  (15141  bis 
15143)  von  16  cm  Höhe.  Ein  eiserner 
Armbrustliolzen  nebst  einem  Thonwirtel  und 
mittelalterlichen  Scherben  (15147)  fand  sich 
in  der  Herderstrasse;  ein  eiserner  13  cm 
langer  Schlüssel  aus  dem  Mittelalter  bei 
Wasserleitungsanlagen  vor  Rhein^-trasse  32 
(15146).  gcsch.  von  Herrn  Emmel.  Ein 
id)cr  eiuLU  Bleikern  gegossenes  (V)  eisernes 
Figürchen  einer  Nixe,  gef.  beiRambach  1880 
(15120),  wohl  Rest  eines  Grirt'es  (V).  wurde 
vom  naturliistorisclien  Vereine  dem  Museum 
überwiesen. 

Die  Sammlung  von  Westerwälder  Stein- 
zeug   verdankt    Herrn    Zais    in    München 


wieder  dankenswerte  /uwenduniren :  drei 
grosse  Gaitenvasen,  eine  in  Form  einer  ge- 
panzerten männlichen  leiste  (15113),  die 
zweite  in  Form  einer  sitzenden  I{ul!do''''c 
(15114),  die  dritte  als  Flascheidvühler  ge- 
bildet (15115);  ein  hoher  einhenkliger  Kru-:, 
di'ssen  Bauch  mit  dem  dreimal  uiedcriiolten 
Reichsadler  und  der  Jalireszahl  1697  u'e- 
schmückr  ist  (15116),  ein  Schreibzeug  in 
Gestalt  eines  Krokodils  von  29  cm  Liingi- 
(15117).  endlich  ein  blau  und  braunviolett 
bemalter  reliefgeschmückter  Krug  aus  grauem 
Steinzeug  (15118).  Eine  beim  Anfertigen 
des  Steinzeugs  verwendete  Form  aus  rotem 
Thon  (darstellend  ein  menschliches  Gesicht) 
(15119),  stammt  aus  Zorn  im  l'ntertaunus- 
kreis. 

Einen  Helm  der  ehemaligen  nassauischen 
Artillerie  (15148)  schenktg  Herr  Dr.  med. 
Althausse,  das  Amtsschild  eines  uassau- 
ischen  Gerichtsvollziehers  (15121)  Herr 
Polizeirat  Höhn. 

Besondere  Aufmerksamkeit  wurde  ge- 
richtet auf  die  Vermehrung  der  Sammlung 
nassauischer  Münzen  und  Medaillen,  welche 
einen  Zuwachs  von  über  100  Stück,  darunter 
mancher  Seltenheiten,  zu  verzeichnen  hat. 
und  sich  wiederholter  Zuwendungen  nament- 
lich seitens  der  Herren  Polizeirat  II  ö  h  n 
und  Rentner  Gaab  in  Wiesbaden,  sowie 
R.  Hauch  in  Frankfurt  a.  M.  zu  erfreuen 
hatte.  Von  einzelneu  Stücken  seien  hier 
genannt :  Hohlpfennig  Adolfs  von  Nassau- 
Holzappel  (M.-Inv.  622),  abgebildet  Isenb. 
Tat".  IX,  No.  259,  Medaille  Carls  von 
Nassau- Weilburg  auf  den  Brückenbau  über 
die  Lahn  1772  i^M.-Inv.  663i,  abgel).  Isenb. 
Taf.  VII,  No.  148,  eine  Anzahl  Medaillen 
v(m  Willielm  IV.  und  Wilhelm  V.  von 
Nassau-Diez  (M.-Inv.  717 — 723).  Konven- 
tionsthaler  des  Fürsten  Friedrich  Wilhelm  zu 
Nassau  aus  dem  Jahre  181.5  (M.-Inv.  621), 
wie  Isenb.  No.  88,  aber  Kopf  wie  No.  85, 
eine  grosse  Anzahl  verschiedene  '/i-Kreuzer-. 
1-Kreuzer-,  3-Kreuzer-  und  6-Kreuzerstücke 
aus  der  Zeit  von  1810 — 1836,  der  seltene 
Doppelthaler  Adolph's  v.  J.  1844  (M.-Inv. 
662),  =  Isenb.  ISO  a.  Medaillen  für  den 
landwirtschaftlichen  Verein  (M.-Inv.  632 
und  716),  =  Isenb.  249  b  und  c.  Eine 
grössere  Anzahl  Denkmünzen  und  Jetons 
auf  verschiedene  .Jui)iläums- und  Einweihun^'s- 
festlichkeiten  in  nascauischen  Orten,  nament- 
lich    in   Wiesbaden.     M.-Inv.     t;6J  —  674) 


r.i 


<t     — 


schenkte  Herr  Pulizeirat  H  o  h  n  :  sehr  schön 
ausgeführte  Präniienmedailleu  verschiedener 
Gewerbeausstellun^en  etc.  Herr  Rentner 
Gaab  'M.-Inv.  706 — 712).  Erwähnt  sei  end- 
lich noch  eine  aut  den  Bischof  K.  Klein  von 
Limburg  i.  J.  188G  geschlagene  Denk- 
münze (M.-Inv.  705). 

Funde. 

Beim  Umroden  eines  von  der  Gross- 
gärtuerei  Goos  u.  Koenemaun  zu  Nieder- 
walluf  neu  gepachteten  Ackers  im  Distrikt 
Sauerborn  der  Gemarkung  Niederwalluf 
nördlich  der  Bahn,  etwa  200  Schritt  west- 
lich der  Schiersteinergrenze,  wurden  im 
Januar  d.  J.  romische  Brandgräber  ange- 
trotien.  Eines  derselben  enthielt  eine  grosse 
Urne,  um  welche  3  der  gewöhnlichen 
Wasserkrüglein  standen;  andere  bestanden 
nur  aus  Krüglein,  neben  denen  die  Knochen- 
aschc,  wohl  ursprünglich  in  kleinen  IIolz- 
kästchen,  lag;  auch  Hache  Teller,  sowie 
halbkugelige  reliefverzierte  Xäpfe  aus 
Sidllata  begegneten.  Beim  Besuche  der 
Fundstelle  zeij,'te  sich  dieselbe  mit  Kohle 
und  Knochenasche,  sowie  mit  Scherben  von 
zertrümmerten  Gefässeu  bedeckt.  Die  Gräber 
gehören  nach  den  Formen  der  Gefässe  in 
die  2.  Hälfte  des  2.  bez.  in  das  beginnende 
'6.  Jahrhundert.  Seitens  der  Besitzer  ist 
die  Ueberlassung  der  für  die  Zeitbestim- 
mung in  Betracht  kommenden  Fundstücke 
an  das  Museum  in  entgegenkommender 
Weise  zugesagt.  E.  Ritterling. 


Münzfund.  Im  Herbst  vergangenen 
Jahres  wurden  hier  zwei  römische  Münzen 
gefunden.  Die  eine,  über  deren  Fund- 
umstände ich  nichts  mehr  in  Erfahrung 
bringen  konnte,  ist  eine  kleine  Silbermünze  von 
Au-ustus:  Avers  CAESAR  AVGVSTV3, 
Kopf  n.  1.,  Revers  im  Felde  1.  u.  r.  lOV  • 
TON-,  Jupiter  ein  Scepter  1.  und  tiuen  Blitz 
r.  haltend,  steht  n.  1,  in  einem  Tempel  mit 
sechs  Säulen.  Cohen-  I,  b«  No.  180.— 
Die  andere  ist  eine  vorzüglich  erhaltene, 
schön  patinierte  Mittelbronze:  Avers  IMP- 
DIVI  •  F  -,  Kopf  des  Augustus  (n.  r.;  und  des 
Airrippa  mit  Schiifskronc  (n.  1.),  Revers 
COLNEM-,  Krokodil  <n.  r.),  an  einen 
Palmbaura  angekettet,  darunter  zwei  Palmen. 


Der  Avers  zeigt  auf  dem  Kopfe  des  Augustus 
eine  bei  diesen  Münzen  häutige  Kontremarke 
in  Form  eines  vierspeichigen  Rädchens. 
Cohen*  I,  179  Xo.  7.  Diese  zweite  Münze 
wurde  bei  Garteuarbeit  auf  dem  Grundstück 
des  Herrn  Braselmann  in  geringer  Tiefe 
gefunden  und  ist  die  fünfte  gleichartige,  die 
im  Laufe  der  Jahre  bei  Höchst  zu  Tage 
1,'efördert  wurde.  Die  übrigen  vier  ver- 
zeichnet Q  u  i  1 11  n  g  in  seinem  Aufsatze  ,,Die 
in  Höchst,  Nied  und  Umgebung  gefundenen 
antiken  Münzen'*  (Archiv  für  Frankfurts  Ge- 
schichte und  Kunst,  3.  Folge,  Bd.  4,  S.  351); 
zwei  von  diesen  haben  die  Kontremarke 
IMP(No.  13  u.  14  des  Verzeichnisses  No.  1). 
Alle  fünf  gehören  dem  östlich  der  Hom- 
burger Strasse  liegenden,  etwa  200  m  langen 
Teile  unserer  Stadt  an,  und  die  Fundstellen 
begleiten  nördlich  bezw.  südlich  die  im 
Jahre  1893  von  Professor  G.  Wolff  nach- 
gewiesene römische  Strasse,  die  von  Nied 
kommend,  bei  der  hiesigen  Steinraühle  den 
Sulzbach  überschritt  und  in  spitzem  Winkel 
nördlich  der  jetzigen  Chaussee  Höchst-Frank- 
furt  nach  W^esten  verlief.  Es  liegt  vielleicht 
nahe,  die  Münzen  für  Grabbeigaben  zu 
halten,  und  der  Umstand,  dass  in  gleicher 
Höhe  nördlich  der  Strasse,  aber  etwa  100  m 
weiter  nach  Westen,  beim  Bau  der  Volks- 
schule im  Jahre  1884,  ein  römisches  Grab 
gefunden  wurde,  macht  es  mir  wahrschein- 
lich. Herr  Baurat  Hahn  in  Berlin,  der 
als  Regieruugsbaumeister  den  Bau  leitete, 
machte  mir^  freundlichst  briefliche  Mit- 
teilung über  seinen  Befund.  Beim  Ausheben 
der  Fundamente  fand  er  einen  grossen  Erd- 
ring von  1  ra  Durchmesser,  welcher  den 
Eindruck  eines  zugeschütteten  Brunnens 
machte,  und  bei  weiterem  Graben  3  m 
unterhalb  der  Fundamentsohle,  also  5  m 
unter  dem  Strassenniveau,  ein  römisches  Grab, 
das  als  Beigaben  zwei  der  bekannten  kugeligen 
Thongefässe  (eins  in  Scherben),  ein  Thon- 
lämpchen  mit  sog.  Thondiamanten,  eine 
schlecht  erhaltene  Mittelbronze  von  Antoninus 
Pius  und  ausser  Stücken  eines  zerbrochenen 
Sigillatagefässes  nur  noch  Scherben  eines 
flachen  Trinkgefässes  aus  Thon  enthielt. 
Das  Gefäss  aus  Si^illata  war  mit  kunst- 
losen, aber  nicht  unsch<>n  wirkenden,  er- 
habenen Verzierungen  (Tiergestalten  »lurcli 
den  Wald  springend,  darunter  LaubgL'winde) 
geschmückt.  Der  vcrstorbeut'  Oberst  von 
Co  hausen  besichtigte  damals  auf  Benach- 


11     — 


:-iohtiguiiL:  durch  Herrn  Hahn  die  Fund- 
stelle, bezeichnete  die  Sij,'illatasclierben  als 
ivertvuU  und  nahm  den  jjrusseren  Teil  der- 
selben für  das  Museum  in  Wiesbaden  mit. 
Die  iibri.u'en  Fundstücke  verblieben  Herrn 
Hahn,  in  dessen  Besitz  sie  heute  wohl  noch 
sind.  Fine  genaue  Einmessung  der  Fundstelle 
ist  damals  von  Herrn  Hahn  vorgenommen  und 
nach  Wiesbaden  gesandt  worden,  wo  sie  sich 
noch  bei  dem  Kartenmaterial  des  Museums 
tind(Mi  dürfte,')  Sind  auch  die  genannten 
Fundstückc  für  römische  Griiber  charak- 
teristisch, so  ist  die  Möglichkeit  immerhin 
nicht  ausgeschlossen,  dass  wir  hier  nicht 
ein  Grab,  sondern  einen  im  Laufe  der  Zeit 
vorschütteten  Brunnen  vor  uns  haben,  was 
ja  auch  der  erste  Eindruck  des  Herrn  Hahn 
war,  und  worauf  Itesonders  auch  die  grosse 
Tiefe  der  Fundstelle  hinweist. 

Höchst  a.  M.  E.  S  u  c  h  i  r  r. 


Miscelleii. 

Die  Aufhebung"  der  Leibeigenschaft 
in  Nassau  (1.  Januar  1808). 

Der  neue  Geist,  welcher  seit  dem  Aus- 
bruch der  französischen  Revolution  wie  ein 
scharfer,  schneidender  Wind  durch  die  Lande 
wehte,  wirkte  zerstörend  auf  den  morschen 
Bau  des  alten  römischen  Reiches  deutscher 
Nation  ein.  In  demselben  Jahre,  als  sich 
die  Bande  lösten,  welche  die  einzelnen  Glieder 
desselben  bisher  umschlangen,  im  Jahre  1806, 
schlössen  sich  16  deutsche  Kleinstaaten  zu 
dem  Rheinbunde  zusammen,  hingeneigt  zu 
Frankreich  und  abhängig  von  dem  neuen 
Imperator,  vor  dem  sich  deutsche  Fürsten 
tief  demütiLren  mussten.  So  beklagenswert 
dies  Ereignis  gewesen  ist,  es  wäre  ein  Un- 
recht, wenn  man  nicht  anerkennen  wollte, 
dass  es  unter  den  Rheinbundsfürsten  einige 
gab,  welche  die  neue  Zeit  zu  verstehen  und 
den  Schwingen  des  neuen  Geistes  zu  folgen 
versuchten.  Zu  ihnen  sind  Friedrich  August 
von  Nassau-Usingen  und  Friedrich  Wilhelm 
von  Xassau-Weilburg  zu  rechnen,  die  Herr- 
scher des    neuen  Herzogtums  Nassau.     Ein 


^j  Eine  Bleistiftskizze  des  ilainaligen  Bau- 
führers Halin  v(»m  18.  Dez.  is^4  befindet  sich 
bei  den  Akten  des  Konservators.       Die  Red. 


eigenartiges    Gebilde,    dies    Herzogtum    in 
seini-m  ersten  Jahrzehnt   von  1806 — 1816  1 
Eine   grosse  Anzahl   kleiner   weltlicher  und 
geistlicher  Staaten  und  Landesteile  mit  ver- 
schiedenem Rocht  und  verschiedenen  .Sitten 
wurde  hier  zusammengeschweisst  und  sollte 
eine  ijemeinsame  Verfassung  und  Verwaltung 
erhalten.   Das  konnte  nur  langsam  und  Schritt 
vor  Schritt  geschehen.    Es  wurde  zwar  1806 
ein  Herzogtum    geschaften,    aber   den  Titel 
eines  souveränen  Herzogs  nahm  nur  der  Fürst 
von   Usingen    an ;    Friedrich    Wilhelm    von 
Weilburg  nannte  sich  immer  nur  souveräner 
Fürst.     Also  nach  wie  vor  waren  die  Weil- 
burger Beamten  eigentlich  fürstliche ;  nach 
wie  vor  besorgten  die  Regierungen  in  Wies- 
baden,   Weilbur.ir    und    Ehrenbreitstein     — 
letztere  für  die  neu  erworbenen  trierischen 
u.  a.  Landesteile  —  die  innere  Verwaltung 
ihrer  Länder;    wirklich  herzoglich  für  das 
Ganze  wurde  das  Militär,  herzoglich  die  ge- 
meinsame   Staatskasse,    herzoglich    das   für 
beide  Teile  zuständige  Ministerium;  auch  die 
Gesetze  waren  gültig  für  das  ganze  Herzog- 
tum Nassau.     Aus  den  buntscheckigen  Ele- 
menten dieses  Staatengebildes,  dessen  terri- 
torialer Bestand  nach  den  Befreiungskriegen 
abermalige   Veränderungen   erlitt,    ein    ein- 
heitliches  Ganze    allmählich    geschaffen    zu 
haben,    das    ist    das  Verdienst    der    beiden 
Staatsminisler  Gagern  und  Marschall  gewesen. 
Nach  dem  Verlaufe  des  ersten  Existenzjahres 
des    neuen  Herzogtums    haben    sie  auf  den 
Wunsch    der    beiden    Herrscher    über    ihre 
reformierende  Thätigkeit  in  einer  sehr  inte- 
ressanten Denkschrift,  welche    Menzel    im 
7.  Bande  der  Nassauischen  Geschichte  ab- 
gedruckt hat,  Rechenschaft  abgelegt.     Wer 
sie  liest,  wird  erkennen,  dass  überall  noch 
unfertige  Zustände  herrschten:  in  Verwaltung 
und  Justiz  sind  neue,   tüchtige  Männer  be- 
rufen,   aber   einheitliche    Grundsätze,    nach 
denen  sie  ihr  Amt  ausüben  sollen,  hat  man 
erst  angefangen  aufzustellen  ;  tief  darnieder 
liegt  die  Landeskultur  und  schwer  bedrüikt 
Gemeinden     und    Private     eine     '-'ewaltige 
Schuldenlast ;  die  Finanzen  sind  überall  zer- 
rüttet, und  schlimmer  fast  als  zuvor'belasten 
alte  Abgaben  verschiedenster  Art  den  Säckel 
des  Bürgers  und  Landmanns.     Nur  an  einer 
Stelle  der  Denkschrift  wird  eine  dem  neuen 
Zeitgeiste  dargebrachte  radikale  Veränderung 
angeführt,  wo  es  nämlich  heisst : ,.  Am  Schluss 
des  vorigen  Jahrs  wurde  von  Euren  Durch- 


—      24 


lauchteu  tlic  Lfibcigcnschaft  aufgehubcii.  die 
dem  Xaniöii  nach  vi>rhasst.  bei  uns  seit 
Jahrhunderten  schon  gelind  und  nur  noch 
bei  dem  Besthaupt  in  ihrer  hässlichen  Ge- 
stalt zu  sehen  war". 

Eine  Reform  im  Geiste  «U'r  Neuzeit 
konnte  nur  autdem  Grunde  ..liberaler  Ideen" 
ertolgeu.  Aut"  diesem  Gebiete  ist  Gag«>rn 
das  treibende  Element  gewesen :  er  sau't 
selbst  in  einer  VertüLruni.'  an  das  Ober- 
apiiellatiousgericht  in  Die/  aus  dem  .Jahre 
l'^14:  .,Als  ich  aut'lujrte  unter  ihnen  im 
besondern  zu  würken.  widmete  ich  mich 
unserm  gemeinsamen  i^rossen  Vaterland,  und 
war  einer  der  Wortführer  und  der  angeführte 
Wortführer  für  Energie,  Freyheit  und  Ge- 
rechtigkeit'', Wenn  er  auch  hiermit  iu  der 
ilim  eigenen  Sprache  seine  Thiitigkeit  für 
Deutschlands  Befreiuntr  kennzeichnet,  so 
wissen  wir  doch  ^'ut  genug  von  ihm,  wie  er 
Freiheit  und  Gerechtigkeit  verstand  :  Gagern 
war  es.  der  auf  dem  Wiener  Kungress  die 
Fürsten  an  das  Versprechen  mahnte,  das  sie 
ihren  Völkern  gegeben  :  die  Einführung  land- 
ständischer  Verfassungen.  Von  grossem  Inte- 
resse ist  es,  dass  die  oben  erwähnte  Denk- 
schrift auch  auf  diesen  Punkt  schon  zu 
sprechen  kommt.  Es  heisst  in  dem  folgenden 
Absätze :  ..Was  nun  die  Zukunft  und  eine 
ständische  Verfassung  betrifft,  so  beobachten 
wir  die  Komposition  unserer  Staatsmaschine, 
den  Geist  der  Zeit  und  'las  Beispiel  anderer 
mächtiger  Staaten.  Euere  Durchlaucliten 
werden  dann  gewiss  mit  liberalen  Ideen  und 
mit  Klugheit  folgen''.  Bei  der  Ausführung 
der  Reformen,  die  zunächst  in  den  Gesetzen 
von  1812,  dem  Kulturedikt,  welches  alle 
Hindernisse  für  eine  freie  Benutzung  und 
Ausbeutung  des  landwirtschaftlichen  Grund 
und  Bodens  beseitigte,  der  Aufhebung  aller 
alten  Abgabi;n,  der  P'.inführung  irleicher Staats- 
abgaben und  der  Begründung  eines  «lirekten 
Steuersystems  gii)feltcn.  trat  Marschall  Gaireru 
fördernd  zur  Seite  und  führte  sie  nach  des 
letzteren  freiwilligen  Rücktritt  vom  nassau- 
ischen Staatsdienst  (1811)  allein  weiter. 
Beide  Fürsten  haben  die  Schritte  ihrer 
Minister  verständnisvoll   '-'ebilligt. 

Nach  allen  diesen  Ausführunircn  könnte 
es  scheinen,  als  hätten  Vernunft,  Einsieht 
und  praktische  Ueberzeugung  einzig  und 
allein  die  leitenden  Männer  in  Nassau  auf 
diese  reformi(!rentle  Thätigkeit  hingewiesen. 
Dies  ist  keineswegs  der  Fall ;    hinircdrängt 


>ind  sie  vielmehr  \\(jrden  auf  diesen  Weg, 
cezwungtMi  durch  den  Trieb  der  Selbst- 
erhaltung und  die  Rücksicht  auf  den  liberalen 
Geist  der  französischen  Staatsverwaltung'. 

Am  30.  December  1807  legte  Gagern 
beiden  Fürsten  die  Gründe  dar,  warum 
die  Leibeigenschaft  im  Hei'zogtum  abzu- 
schaffen sei.')  Erstens  liabe  sie  in  den 
rheinischen  Gegenden  seit  undenkliclien 
Jahren  das  Meiste  von  ihrer  Härte  srhon 
verloren;  zweitens  vertrage  sich  der  Name 
nicht  mehr  mit  dem  Grade  der  Kultur  unter 
den  Völkern  ;  drittens  rufe  sie  durch  Best- 
haupt und  andere  Prästationen  eine  Un- 
gleichheit unter  den  Unterthanen  hervor. 
..Ein  Hauptmotiv",  so  fährt  er  fort,  .,ist 
indessen  darin  (in  dem  Fdikt.  welches  die 
irenannten  drei  Gründe  enthält  und  das  er 
l)eile!4te)  nicht  erwähnt  und  konnte  es  seiner 
Natur  nach  nicht  sein.  Die  Vernünftigen 
unter  uns  kennen  unsere  Lage,  die  Analogie 
der  französischen  pjnrichtungen  und  die 
Tendenz  des  Kaisers  und  Protektors,  nun 
auch  auf  Deutschland  anzuwenden,  was  er 
in  Frankreich  gut  trefunden  hat.  Wenn  ich 
etwas  in  Frankreich,  an  der  Weichsel  und 
im  Königreich  Westphalen  ausgeführt  sehe, 
so  schwebt  es  schon  gewaltsam  über  unserm 
Haupte.  Alsdann,  besonders  wenn  die  Sache 
an  sich  gut  und  empfehlenswert  ist,  wie  hier 
der  Fall  eintritt,  geht  mein  Antrag  dahin, 
nach  eigenem  Zuschnitt  und  gleichsam 
freiwillig  zuvorzukommen.  Wenn  es  in 
das  Statut  fundamental  (xler  die  neue  Ver- 
fassung (des  Rheinbundes)  eingewebt  würde, 
so  ist  es  schon  Zwang  und  Befehl,  Die 
Untertliancn  —  da  es  ohne  allen  Zweifel 
eine  Wohlthat  ist  —  verdanken  sie  einem 
andern  Herrn,  nicht  ihrem  angestamm- 
ten Fürsten.  Sie  ziclicn  daraus  Kon- 
seijuenzen,  Hoffnungen,  Ansi)rüchc,  die  wir 
nicht  so  verstehen.  Zur  Erinnerung  fidire 
ich  noch  an,  dass  im  Badischen  unlängst  da- 
mit vorangegangen  ist". 

Die  Sorge  um  ihre  p]\istenz,  um  die 
Aufrechterhaltung  ihrer  fürstlichen  Würde 
und  Aut(jrität  im  eigenen  Lande,  um  ihre 
Dynastie  hat  also  wesentlich  die  nassauisclien 
Fürsten  auf  die  Bahn  liberaler  Reformen 
hingeleitet.  I'm  i\en;n  Wohlthaten  zu  er- 
kennen,  brauchten  nämlich  die  W^cilburger 


')   Akte   im  S^t.-A.   zu  Wiosbnileii. 
ist  gedr.   im   lihein    Bund   V,  Xiö. 


Dus  Kdikt 


•26     — 


und  L'biiigcr  nicht  weit  zu  blicken.  Seit  1M06 
wart'u  die  Nassau-Dillcnliurgisohen  Lande,  [ 
die  alten  orauischcn  Stammlande,  dem  Gross- 
luTzogtuni  Berf,'  als  Sii-g-Departenient  ein- 
verleibt worden  ;  hier  rasierte  die  neue  Herr- 
schaft wie  mit  Einem  kühnen  Schnitte  den 
pjanzen  Wust  des  alten  Staatswesens  hinweg: 
Leibeigenschaft,  Frohnden,  Dienste  und  Ab- 
gaben aller  Art ;  das  Lehnswesen :  alle  bis- 
her im  Lehnsnexus  stehenden  Territorial- 
st ucke  gingen  in  das  freie  Eigentum  der 
ehemaligen  Vasallen  über;  alle  Zölle  und 
Hindernisse  des  innern  Handels  und  Verkehrs, 
eiti  Teil  der  Domänen  und  säkularisierten 
geistlichen  (rüter  wurde  \erkautt;  es  gab 
bald  einheitliche  Münze  und  einheitliche 
Justiz;  kurz  alles  Veränderungen  auf  den  ver- 
schiedenen Gebieten  des  öffentlichen  Lebens, 
die  wahrhaft  befreiend  wirken  raussten  und 
die  französische  Staatsverwaltung  in  diesen 
ersten  Jahren  als  nur  segensreich  erscheinen 
Hessen. 

Man  kann  sagen  :  so  lauge  dieser  Druck 
währte,  ist  in  Nassau  reformiert  worden. 
Seit  1819  zeigte  sich  Marschall  als  einen 
der  ergebensten  und  eifrigsten  Anhänger  des 
Metternichschen  Systems.  Damals  schrieb 
ihm  Gagern  seinen  bekannten  Absagebrief; 
der  alte  Reichsfreiherr  hielt  fest  an  seiner 
L'eberzeugung  und  an  den  Idealen,  zu  denen 
er  sich  auf  Grund  der  })raktischen  Erfahrungen 
seines  staatsmännischen  Lebens  emporge- 
siiiwungen  hatte.  Bekanntlich  wurde  1807 
auch  in  Preussen  die  P>bunterthänigkeit  auf- 
gehoben :  lässt  sich  die  Frage  beantworten, 
ob  und  inwieweit  etwa  auch  der  Freiherr 
von  Stein,  der  Freund  Gagerns.  -mit  von 
ähnlichen  Motiven  beeintlusst  worden  ist, 
als  dieser  V  M  e  i  n  a  r  d  u  s. 


und  es  liat  nicht  an  allerhand  Vcrmutungin 
gefehlt,  die  freilich  die  besonnene  Forschung 
bisher  noch  sämtlich  abgelehnt  hat :  die 
Stelle  ist  bis  heute  unbekannt. 

Im   V(jrigen  Jahrhundert  glaubte  sie  der 
nassauische  Hotlvammerrat  Habel    zu  Wies- 
l)aden  bestimmt  in  der  L'mgegend  von  Xau- 
rod  (LandkreisWiesbaden)  gefunden  zu  haben. 
Dort  gab  es  nämlich  am  Fusse  des  Kellers- 
kopfes einen  Distrikt,  der  <len  Namen  ., Römer- 
stein'"  führte,    und    darin    eine  Stelle,    die 
der    Volksmund    , .Goldgrube"    nannte.     Es 
ging  die  Sage,  dass  in  uralten  Zeiten  liier 
ein  Bergwerk  bestantlen  habe.     Habe!,   di  r 
bei  Gelegenheit  einer  amtlichen  Besieh ti^'unL' 
der  Gegend,  auf  die  ich  später  noch  zurück- 
komme, zuerst  davon  Kenntnis  erhiidt,    er- 
innerte    sich     sofort    der    Erzählung    des 
Tacitus  und  sprach  es   schon  in  einem  bei 
jener  Besichtigunir  am   1!).  Nov.  1785  auf- 
genommenen Protokoll';  aus,  dass  hier  wohl 
das  Bergwerk  des  Rufus  zu  suchen  sei.   Seine 
Vermutung  ist  dann  auch  in  die  gedruckte 
Litteratur  übergegangen'),  hat  ab(T,  wie  be- 
merkt, vor  der  strengen  Forschung,  die  in 
erster  Linie  Fundstücke    sehen    will,    nicht 
Bestand  gehabt. 

In  Nanrod  und  Umgegend  weiss  man 
aber  noch  heutigen  Tages,  wie  im  vorigen 
Jahrhundert,  von  einem  uralten  Bergwerk 
zu  erzählen.  Es  ist  das  nicht  nur  Volks- 
sage, sondern  es  ist  wirklich  etwas  Wahres 
daran.     i>enn    als    Unternehmer    im    Jahre 


Über  ein  altes  Bergrwerk  bei  Naurod. 

In  seinen  Annalen  (XL  20)  berichtet 
uns  Tacitus,  dass  der  römische  Statthalter 
von  (^bergermanien,  Curtius  Rufus,  im  ager 
^Mattiacus  Silberminen  erschlossen  habe ; 
leider  muss  er  hinzufügen :  unde  tenuis  fruc- 
tus  nee  in  longum  fuit.  Die  Erträw  waren 
keine  glänzenden,  und  der  Betrieb  dauerte 
nicht  lange: 

Man  hat  sich  redlich  bemüht,  jene  Stelle 
im  ager  Mattiacus  ausrindig  zu  machen,  an 
der   das    römische  Bergwerk    gelegen    war. 


17 


779 


also  mehr  als  ein  Jahi'zehnt,  bevor 


Habel  seine  Wahrnehmungen  machte,  im 
Distrikt  Römerstein  auf  Erze  schürften, 
fanden  sie  einen  alten  Stollen,  den  sie  nach 
seinen  Strukturen  für  ein  Werk  aus  Römer- 
zeit hielten.  Da  sie  aber  schwerlich  in  der 
Lage  gewesen  sein  werden,  römische  Arbeit 
von  nichtröraischer  zu  unterscheiden,  so  wird 


')  Das  Protokoll  int,  wie  alle  obigen  Mit- 
teilungen über  das  Nauroder  Bergwerk,  in  einem 
Aktenstück  des  Staat^arciiiv.s  zu  \Vie>liaden: 
Acta  caraeralia.  Die  dem  Gottlieb  Haumann  zu 
Wiesbaden  und  Geori,' T()hia><  Bauniann  zu  Idstein 
und  Cunsorten  auf  das  Kui.fer-  und  Silber- 
Mergwerck  zu  Xaurotii,  Oberanits  Wie>,baden,  er- 
theilte  Erbbelehnung.  —  Fürstenthum  l'-iin;,'en, 
Herrschaft  Wiesbaden,  (Jener.  XX,  3. 

^  F.  D.Engels,  Ueber  den  Bergbau  der  Alten 
in  den  Ländern  des  Rheins,  der  Lahn  und  ib-r 
Sieg.  Sie:,a'n,  ISDS;  vgl.  auch  Dosclireibuni:  der 
Bergreviere  Wiesbaden  und  Diez.  Bonn  l>93, 
S.  i.-.ß. 


—     28     — 


man.   zugleich   u'estiitzt  auf  jene  Volksiiber- 
lielerung.   nur  so  viel  folgern  künnen,  dass 
schon  vor  Menschengedenken  an  dieser  Stelle 
nach  Erzen  gegraben  worden  ist.    Die  Zeit  zu 
bestimmen,  wann  «las  «Icr  Fall  war.   wbricht 
es    an  jeglicher  Nachricht,    wohl  aber  sind 
wir  über  die  Vorsuche  jeuer  oben  erwähnten 
Unternehmer    ziemlich    genau    unterrichtet, 
und  es  ist  gewiss  für  die  Lokalgeschichte,  wie 
für  die  Wirtschaftsgeschichte  nicht  ohne  Inte- 
resse, einige  Mitteilungen  darüber  zu  machen. 
Vielleicht  durch  jene  Volkssage  von  dem 
alten  Bergwerk,    vielleicht    auch  durch  ge- 
legentliche Erzfunde  bestimmt,  trat  im  Jahre 
1771  ein  Konsortium  oder  eine  Gewerkschaft 
zusammen,  ilie  sich  zur  Aufgabe  stellte,   im 
Xauroder  Hag  (in  iler  ,.Naurother  Ilög'"  i  am 
Fasse    des  Kellerskopfes    auf   Metalle    und 
andere  Mineralien  zu  schürfen.     Ks  gehorte 
da/u    ein    Bürizer    aus    dem    damals    noch 
nassauischen    Kirchheim -Rolanden     namens 
rhilipp  Gottlieb  Raumann,  dann  der  Ober- 
schultheiss    und    Amtsaktuar    Andreae    aus 
dem    damals    ebenfalls    noch    nassauischen 
Jugenheim,    ferner    der    Rlaufiirber    Georg 
Tobias    Raumann    aus    Idstein    und    einige 
andere.     Wie  weit  die  übrigen  Teilnehmer 
von  Rergwerkssachen  etwas  verstanden,  wissen 
wir    nicht,    tler    Rlaufiirber    Georg    Tobias 
glaubte  aber  bestimmt,   darin  bewandert  zu 
sein,  weil  er  auf  Kupfer-  und  Rleibergwerken 
in  Sachsen  und  Ungarn  ..gereist"  sei.    Die 
Gewerkschaft    bewarb    sich    bei    der    Hof- 
karamer  zu  Wiesbaden,  zu  deren  Gescliäfts- 
kreis    die   AnirelcLrenheit    gehörte,    um    die 
Erlaubnis,    im    Xauroder  Ilug    schürfen    zu 
dürfen,  und  erhielt  auch  einen  Schurfscheiu 
für  die  Dauer  von  seclis  Monaten,  der  dann 
auf  weitere  sechs  M(jnate  verlängert  wurde. 
Anfänglich  schii  ii  die  Sache  den  Reteiligten 
sehr  aussichtsvoll ;  man  stiess  zwischen  Naurod 
und   Kloppenheim    auf  einen    alten  Kujjfer- 
und  Silbergang,  ,, wobei  zu  vermuthen".   wie 
es  in  einer  Eingabe  der  Gesellschaft  heisst, 
..dass    schon    die    alten    Ri'imer    daselbsten 
nujgen    i^ebauet    haben,    indem    sich    noch 
würkliche  Structuren  von  den  Alten  daselbsten 
vorfinden".  p]s  wurde  ein  Schacht  abgesenkt, 
wobei  im  zweiten  Lachter  die  Erze  1  '/2  Schuh 
stark,  im  dritten,  vierten  und  fünften  Lachter 
aber  4^/2  Schuh   mächtige  Pocherze.   Kupfer 
und  Silber,  zu  Tage  gefordert  wurden.    In 
grösserer  Tiefe  v(>rmutete  man   uoih  inä«  h- 
tigere   Erzlager. 


So   wenigstens    berichtete    die    Gewerk- 
schaft an  die  Hofkammer,  als  es  ihr  daraut 
ankam,    die   Zahl    der    Gewerken    zu    ver- 
mehren,   am  liebsten    die  fürstliche   Itegie- 
rung    zur  Reteiliguni:    an    dem    Werke    zu 
gewinnen.     Allein  diese  brachte  dem  l'nter- 
nehmen  durchaus  kein  Vertrauen  entgegen, 
seit    der    im    Rergfach    erfahrene  Geheime 
Rat  Kremer  von  der  Wiesbadener  Regierung 
nach    einer   an  Ort    und  Stelle    vortrenom- 
menen  L'ntersuchung  berichtet    hatte,    dass 
wenig  Hottnung  vorhanden  sei,  einen  Gang 
zu    linden,    der    sich  zum  Abbau  verlohne. 
Das  Gestein  enthalte  nur  wenig,   und  noch 
ilazu    stark    kieshaltige  Kupferfunken,    der 
Silbergehalt  sei  gering;  die  Kosten  würden 
sich,    weil  das  Gestein  sehr  fest,    also  viel 
gesprengt    werden    müsste.    hoch   belaufen, 
während  der  Ertrag  nur  unbedeutend  aus- 
fallen könnte.      Im   übrigen    aber,    meinte 
Kremer  sehr  menschenfreundlich,  solle  man 
den    Inter(\?senten     nicht    verwehren,     das 
Rergwerk  zu  betreiben,   da  es  lediglich  ihre 
Sache  sei,    ob  sie  auf  eine  ungewisse  Ilotf- 
nung  hin  Geld  in  das  Unternehmen  stecken 
wollten.     Die  Hofkammer  lehnte  daher  jede 
Reteiligung  ab.    war    aber  bereit,    die  Ge- 
werkschaft   sonst    in    jeder    Reziehung    zu 
unterstützen.       Als    diese    daher    um    eine 
Erbbelehnung    mit    dem    Rergwerksbetrieb 
bei  Naurod  einkam,  erhielt  sie  diese  mittelst 
Urkunde    vom    3.    November     1772.     und 
damit  das  ausschliessliche  Recht,  in  einem 
bestimmten  Rezirk,  nämlich  von  dem  bereits 
angefangenen  Luftschachte  bis  an  die  (Ort- 
schaften Naurod,  Niedernhausen,   Auringen, 
Hessloch,    Linderhof   und    Rambacli,    sowie 
bis  an  die  Hiihe  nach  p]rzen,  ausser  Gold, 
Eisen    und  Steinkohlen  graben    zu    dürfen. 
An     der    rechtlichen     Grundlage     für    das 
Unternehmen    fehlte    es    der   Gewerkschaft 
somit  nicht,    um    so  mehr  dagegen  an  der 
materiellen.    Sie  war  viel  zu  wenig  kapital- 
kräftig,  um  den  Retrieb  in  grösserem  Um- 
fange   aufnehmen    zu    können.     Zwar  Hess 
sie    in    den    ersten  Jahren    arbeiten,    doch 
nur  mit  4  Mann,    die    sich    dann  allmälig 
bis  auf  einen  verringerten.     Der  angelegte 
Schacht,    in  dem  man  Kupfer-  und  Silber- 
erze   gefunden    hafte,    bekam   Wasser   und 
ersoff;  es  sollte  ein  tieferer  Stollen  angelegt 
werden,    der    das  Wasser    ableitete.     Aber 
zu  alledem  gehörte  Geld  und  immer  wieder 
Geld,    das    jedoch    die  Gewerken  rntweder 


•_",)    - 


:!ij     — 


nicht  liatton.  orlcr  iiiolit  inolir  hergeben 
wollten.  Manche  von  ihnen  zogen  sich 
daher  von  «lern  rnternehmen  zurück  und 
Hessen  ihre  Anteile  fallen:  nur  der  biedere 
Blaufürber  hielt  stand.  Da  aber  auf  solche 
Weise  die  Mittel  immer  geringer  wurden, 
so  hiirte  die  Arbeit  am  Bergwerk  etwa 
seit  1779  ganz  auf.  Der  Versuch,  den 
1776  der  Bergsteiger  Conrad  ^Müller  in 
Naurod  machte,  und  den  in  den  folgendiMi 
Jahren  Georg  Tobias  Baumann  mehrfach 
wiederholte,  das  Werk  der  fürstlichen 
Regierung  zum  Kauf  anzubieten,  nur  um 
etwas  von  seinem  Gelde  zu  retten,  dieser 
Versuch  scheiterte  jedesmal.  Die  Ilof- 
kamnier  lehnte  es  entschieden  ab,  auf  die 
Anerbieten  sich  einzulassen.  Im  Jahre  1778 
sollte  ein  wohlhabender  ,,Particulier''  als 
Käufer  gewonnen  worden  sein,  aber  auch 
ihn  scheint  es  nicht  gelüstet  zu  haben, 
seine  Gelder  ohne  die  geringste  Aussicht 
auf  Gewinn  für  diesen  Zweck  zu  opfern, 
und  so  hörte  der  Betrieb  ganz  auf;  man 
sah  schliesslich  die  dem  Consortium  erteilte 
Erbbelehnung  als  verfallen  an. 

Indessen  die  Ilotfnung,  hier  Schätze  zu 
tinden,  wollte  doch  aus  gewissen  Köpfen 
nicht  schwinden.  Im  Jahre  1782  kam  ein 
in  Idstein  lebender  Hessen-Darmstädtischer 
Kriegsrat  Schmidt  um  eine  neue  Erbbe- 
lehnung für  ein  anderes,  aus  Frankfurtern 
bestehendes  Consortium  ein.  Statt  ihrer 
erhielt  er  nur  einen  Schurfschein,  auf  Grund 
dessen  er  1784  die  Arbeiten  mit  4  Mann 
von  neuem  aufnahm.  Er  bat  zwei  Jahre 
darauf  nochmals  um  eine  Erbbelehnung, 
um  dadurch  Interessenten  zu  gewinnen,  und 
da  diese  wieder  abgelehnt  wurde,  wenigstens 
um  Anweisung  eines  bestimmten  Bezirks, 
in  dem  er  ausschliesslich  seine  Schürfungen 
vornehmen  konnte.  Mit  der  Anweisung 
wurde  der  oben  schon  genannte  Ilofkammer- 
rat  Habel  betraut,  der  eben  bei  dieser  Ge- 
legenheit die  Lokalität  besichtigte  und  Er- 
hebungen bei  den  Ortseinwohnern  vornahm, 
auf  Grund  deren  er  dann  seine  Hypothese 
von  dem  römischen  Bergwerk  des  Rufus 
aufstellte.  Aber  freilich  die  Hoffnung 
Schraidt's,  dessen  Schurfschein  bis  1791 
in  jedem  Jahr  erneuert  wurde,  wollte 
sich  so  wenig  verwirklichen,  wie  die  seiner 
Vorgänger.  Bis  zum  Jahre  1786  hatte  er 
schon  1600  Gulden  in  das  Unternehmen 
vergeblich  hineingesteckt.     Ob  er  und  seine 


Mitgewcrkcn  davon  je  auch  nur  liuen 
Heller  wiedergesehen  haben  V  In  den  un- 
ruhigen Zeiten  nach  1791  hat  schwer- 
lieh jemand  den  Mut  gefunden.  Kapital 
auf  das  Bergwerk  zu  verw.-nden,  und  so 
blieb  es  als  eine  verkrachte  Gründung  liegen, 
vermutlich  für  immer. 

Fürwahr,  wäre  der  tenuis  fructus  das 
einzige  Kriterium  zur  Feststellung  iler  Oert- 
lichkeit  der  Silberminen  des  Rufu<,  so 
könnte  das  Xauroder  Bergwerk  am  Ende 
doch  den  Anspruch  erheben,  von  diesem 
Römer  herzustammen.  Lei<ler  verlangen 
die  Altertumsforscher  mehr. 

P.  W  a  g  n  c  r. 


Der  Name  Heil  (Heyl)  zu  Wiesbaden 
im  16.  Jahrhundert. 

Bisher  wusste  man,  dass  ein  Christo- 
phorus  Heyl  aus  Wiesbaden  medizinische 
Bücher  geschrieben  und  zu  Leipzig  als  Pro- 
fessor der  Medizin  um  das  Jahr  1534  gelebt 
hat.  Von  jenen  werden  genannt  de  arti- 
Hciali  medicatione,  Mainz  1534,  4*^  und  eine 
Uebersetzung  von  Galen,  de  cognoseendis 
et  curantis  affectibus.*)  Es  wird  auch  nach 
der  damaligen  Sitte  der  Latinisierung  der 
Namen  Soterius  genannt.  Nach  Ncbes  Ver- 
mutung''') ist  er  derselbe,  welcher  am  14. 
März  1525  zu  Basel  ein  Dankschreiben  an 
Zwingli  richtet,  in  welchem  er  diesen  einen 
Studiosus  promotor  in  rebus  meis  nennt; 
worauf  sich  diese  Verdienste  Zwingli's  er- 
streckten, ist  nicht  angegeben ;  auch  der 
Name  Heyl  ist  nicht  fest:  er  soll  Grill 
oder  Geil  Wiesbadensis  heissen ;  doch  ist 
er  wohl  richtiger  Heil  zu  lesen,  da  er 
gleichzeitig  an  den  Arzt  Christoph  Causer 
einen  Brief  schrieb  und  Zwingli  um  dessen 
Abgabe  bat,  wodurch  sein  Charakter  als 
Arzt  hinlänglich  beglaubigt  und  Nebes  .\n- 
nahme  genugsam  gerechtfertiirt  wird. 

In  neuer  Zeit  sind  noch  mehrere  Glieder 
dieser  Familie  oder  wenigstens  Personen 
gleichen  Namens    zu   Tage    getreten.     Wir 


')  Gesneri  bibliothoca  universalis  l.")4.'). 
Linden,  renov.  S.  177,  Schonck,  biblioth.  med  , 

8.  48. 

*)  Nobe  in  dtM-Denksrhrift  des  tlieoloffi.^clien 
Seminars  zu  Herborn.  1866,  S.  6.  Der  Br.ef 
steht  in  Schuler's  u.  Schultheiss"  Ausgabe 
der  Werke  ZwinL'li'*.     VIT,  .idl). 


—     :{l     — 


—    ;v_>    — 


iioniiiMi  /liierst  einou  lleilnlim,  trater  laicus 
des  Klosters  Clarenthal,  der  unter  dem 
11.  Juni  1503,  soini'in  Todestage,  in  das 
X'-krolo'/ium  iles  Klosters  ein^retrain  ii  ist. 
Freilich  bleibt  dii^  Annaliini\  dass  »t  aus 
Wie.-baden  srainuite.  nur  Vi-rniutunu:.  wird 
aber  in  Verbindung  mit  den  andern  Per- 
sonen des  Namens  höchst  wahrscheinlich, 
/umal  da  Laienbrüder  des  KlDSters  einem 
Orte  in  dessen  Nähe  anu'ohörten.  Heilnhen 
aber  ist  soviel  als  .Foliann  Heil. 

Kin  dritter  Heil  erscheint  in  den  Resten 
einer  Bürgermeister-Rechnung  des  Jahres 
l.')09  :  hier  h<'isst  der  jüngere  Bürgermeister 
Heyl  snider.  Nach  der  nicht  viel  spater 
nachweisbaren  Sitte  wurde  das  Lrenannte 
Amt  dem  zuletzt  erwählten  (Gemeinde-) 
Vorgänger  oder  Vorsteher  /u  Teil.^)  der 
dann,  wenn  die  SteUe  eines  Schürt'en  frei 
war  und  ihn  die  Reihe  traf,  in  «las  Kol- 
legium der  Scliijtfen  einrückte.  Diese  Ver- 
trauensstellung setzte  ein  gewisses  Ansehen 
in  der  (Gemeinde  und  einiges  Vermögen 
voraus.  Das  U'tztere  erinöglichte  es  dem 
Schneiden-  Heil,  -meinem  Sohne  eine  wissen- 
sehatTliciie  .\usbildung  zu  geben,  und  so 
tinden  wir  im  Sommer  des  Jahres  1508 
einen  vierten  Heil  in  der  Matrikel  der 
Universität  Leipzig  eingetragen :  Job.  Hayl 
Sartoris  (=  Sohn  des  Schneiders)  de  Wis- 
pad,  otrenbar  der  Sohn  des  Bürgermeisters 
von  1509, 

Endlich  glauben  wir  noch  zwei  Xamen 
der  Bürgermeister-Rechnung  des  Jahres  1524 


^  Die  beiden  jährlich  wechselnden  Bürger- 
lueieter.  von  denen  der  ältere  aus  den  Sehütfen, 
der  andere  aus  den  Vorgängern  ijenonimen  wurde, 
waren  die  Rechner  der  8tiidt. 


hierher  rechnen  zu  dürten.  Vmaus  schicken 
wir  die  Bemerkung,  dass  der  Bui  hstabe  H 
am  Anfang  eines  Wortes  vielfach  wegfiel 
oder  auch  einem  Anfani,'sv(dcale  \(irgesetzt 
wurde.  Als  Beispiele  führen  wir  von 
nassauischen  Ortsnamen  an  Asmannshausen*). 
noch  1608  Hasmannshausen.  Aumenau,  1155 
Humenowe,  Ambach  =  Hambach  im  15.  Jahr- 
hundert, Eimershausen  (Emmershausen)  = 
Heyniershausen,  wie  der  Name  des  bekannten 
Geschlechts  meist  lautete.  In  ähnlicher 
Weise  konnte  Heil  zu  Eil  (Heyl  —  Eyl)  werden 
und  dieser  Xanie  tritt  uns  in  der  genannten 
Bürirermeister-Rechnunir  Itei  zwei  verschie- 
denen Persiiuen,  wie  es  scheint,  entgegen. 
Ein  Antzen  E\  Iche  verschenkte  im  kleinen 
Weinungelt*)  1'/.  ohm  (fol.  8*)  und  zahlte, 
jetzt  Antzen  Eyl  genannt,  4  Alb.  an 
das  Kloster  Clarenthal  (Kloster-Thornes"), 
fol.  19^'k  Ein  andrer  Eylche  ist  der  Be- 
zeichnung nach  der  Buddel  Eylche  (fol,  IS*"), 
von  dessen  Hans  und  andern  Gütern  12  Alb, 
Bede  entfielen. 

Was  für  ein  Zusammenhang  zwischen 
diesen  Eyl  und  Heil  bestand  und  ob  der 
zuerst  genannte  Christoiihorus  Heil  auch  ein 
Sohn  des  Sniders  Heyl  war.  entzieht  sich 
unserer  Kenntnis,  Die  Familie  scheint  frühe 
ausgestorben  zu  sein,  da  der  Xame  alsbald 
nicht  mehr  vorkommt.  F.  (jtto. 


*)  Vgl.  Kell  rein  unter  A^mannshausen  und 
Aumenau  im  nassauischen  Xameuiiuohe:  Andjaeh 
findet  sieh  in  demiiiiterverzeichnisderKartliiiuser, 
Eyniershausen  in  Urkunden,  z.  ß.  1369  bei 
Sauer,  Cod.  Xa.s3.  I,  3,  Xo.  3308. 

^)  Ceber  das  Weinuni^elt  s.  Annal.  XIX,  SO. 

*')  Ceber  den  Kloster- Thornos  s.  Annal. 
XIX,  87. 


Die  „Mitteilungen"  sind  in  erster  Linie  zur  Versendung  an  die  Vereinsmit- 
glieder bestimmt.  Joder  Jahrgang  (4  Hefte)  ist  ein  selbständiges  Ganze  mit  Titel 
und  Inhaltsverzeichnis.  Sie  bilden  aber  zugleich  einen  integrierenden  Bestandteil  der 
Annalen.  deren  Inhaltsverzeichnis  auch  das  der  Mitteilunicen  aufninmit.  ^Anfragen 
u.  Manuskr.  sind  an  das  Vereinssekretariat,  Wiesbaden,  Friedrichstr.  1',  zu  schick'^n.) 

Von  Nichtmitgüedern  kann  auf  die  ^^litteilungen'^  beim  Vereinssekretariat 
abonniert  werden  (Jahresabonnement  1  M.,  für  ^litglieder  der  Geschichts-  und 
Altertumsvereine  im  Vereinsgebiete  50  Pf.). 


Vereinssekretariat:  Sprechstunden  Montags  und  Donnerstags  nachmittags  von  .'»  —  7  Uhr. 

Altertumsmuseum:  Im  Sommer  an  Wochentagen,  ausser  Samstag,  von  11 — 1  Uhr  und  3  —  '>  Ulir, 

'^oniitags  von   10 -1   Uhr  unentgeltlich  geöffnet. 


Im  Auftrage  «Je»  Vorstandes  heraungesfehen  \nn  .ler  Uedaktioa^-Ivonimidsioo.   Druck  von  Ruil.  I!eclUi)ld  A  Comf.,  W'ip-lj:ideii. 


Mitteilungen 

des 

Vereins  für  Nassaiiiselie  Altertuiuskuiule 

und  Geschichtsforscliuiiii: 


an     seine     >I  itglieder*. 


11)00/ UH)1. 


1.  Juli 


Mo.  2. 


Veroinsiiiichricliteii. 

(Vum   1.   April  Ins  30.  Juni   1900.) 

Am  14.  Mai  ist  mit  dem  Muscums- 
gebüiide  und  den  anderen  in  demselben  be- 
tindlicluMi  Samndun,u;en  das  Museum  unseres 
Vereins  in  das  Eiü;entum  der  Stadt  Wies- 
baden übergegangen.  Auf  Grund  des  zwischen 
Staat  und  Stadt  geschlossenen  Vertrages  hat 
ersterer  alle  ihm  an  den  im  Museumsgebäude 
untergebrachten  Sammlungen  sowie  am 
jetzigen  INIuseumsgrundstück  zustehenden 
Rechte  an  die  Stadt  abgetreten,  ihr  dieses 
Grundstück  sowie  die  beiden  östlich  der 
Marktstrasse  gelegenen  justizHskalischen 
Grundstücke  (das  frühere  Land-  und  Amts- 
gericht) übereignet  und  sich  verptiichtet,  der 
Stadt  eine  fortlaufende  Vergütung  von  jähr- 
lich 50  000  M.  zu  zahlen.  Die  Stadt  hat 
dagegen  die  zweckmässige  Verwaltung  und 
Nutzbarmachung  der  Sammlungen  über- 
nommen. Der  Bau  eines  dazu  erforderlichen, 
von  der  Stadt  mit  einem  Kostenbetrage  von 
1  12r>  000  M.  herzustellenden  Gebäudes  muss 
spätestens  am  1.  April  1906  begonnen 
werden.  Vom  Zeitpunkt  der  vollendeten 
Ueberführung  der  Sammlungen  in  das  neue 
Gebäuile  erhöht  sich  der  Staatszuschuss  ^uf 
jährlich  60  000  M.  Ausserdem  hat  auch 
der  Kommunal-Verband  des  Regierungsbe- 
zirks Wiesbaden  der  Stadt  einen  jährlichen 
Zuschuss  von  10  000  M.  auf  die  Dauer  von 
dreissig  Jahren  von  gleichem  Termin  ab 
zugesichert. 

F]ntscheidend  war.  wie  es  in  den  Er- 
läuterungen zu  Kap.  122,  Tit.  30,  desStaats- 
haushaltsetats  für  1900  1901  heisst,  für  die 
Ueberweisung  der  Sammlungen  an  die  Stadt 
,,die  Erwägung,   dass  die  Bethätigung  eines 


regeren  Interesses  an  den  SamniluiigL'ii  /u 
erwarten  sein  würde,  wenn  dieselben  einem 
lokalen  Verbände  überlassen  würden." 
Zweifellos  ist  dieser  Wechsel  des  Eigen- 
tümers für  unser  Museum  sowie  für  unsern 
Verein  von  grösster  Bedeutung.  Möge  beiden 
zugleich  mit  den  anderen  am  Museum  be- 
teiligten Sammlungen  und  Vereinen  unter 
der  Obhut  der  mächtig  emporstrebenden 
Hauptstadt  des  Xassauerlandes  eine  segens- 
reiche Zukunft  beschieden  sein  ! 

Am  19.  April  fand  auf  Veranlassung 
des  Vereins  für  Geschichte  und  Altertums- 
kunde zu  Frankfurt  a.  M.  eine  Versammlung 
mehrerer  west-  und  südileutscher  historischer 
Vereine  in  Frankfurt  statt.  Auf  dieser  Ver- 
sammlung, bei  welcher  unser  Verein  durch 
Herrn  Museumsvorsteher  Dr.  Ritterling 
vertreten  war,  sind  jene  Vereine  zu  einem 
,, Verband  west-  und  süddeutsc  her  Vereine  für 
römisch  -  germanische  Altertumsforschung" 
zusammengetreten.  Zweck  dieses  Verbandes 
ist  die  Förderung  und  Zusammenfassung  der 
römisch  -  germanischen  Altertumsforschung 
und  der  damit  verbundenen  jirähistorischen 
und  fränkiscli-allemanischen  Furschung.  .\lle 
interessierten  Vereine  sollen  zum  Beitritt 
aufgefordert  werden. 

Der  Tauschverkehr  des  Vereins  wird 
künftig  durch  Austausch  unserer  Annalen 
gegen  das  Bulletin  historii|ue  du  diocise  de 
Lyon  vermehrt  werden. 

Das  erste  Heft  des  einunddreissigsten 
Bandes  der  Annalen  ist  als  Festschrift  zur 
(iutenbergfeier  erschienen  und  wini  den 
Mitgliedern  zugUidi  mit  tlieser  Nummer 
der  Mitteilungen  zugehen. 

Dem  Verein  sind  folgende  Herren  als 
Mitglieder  beigetreten:    Assistent    am   Kgl. 

2 


—     35     — 


—     36     — 


Staatsarchiv  Dr.  von  Doraarus,  Architekt 
P.  Eichholz,  Professor  Dr.  Thonui  (Wies- 
haden).  Amtsgericlitsrat  Lieber  und  Bau- 
lehrcr  Inj^enieur  Egon  Müller  (Idstein  i.  Aus- 
getreten sind  die  Herren  Landrat  Schmidt 
(Montabaur),  Excellcnz  von  Brandt  (Weimar). 
Landwirt  Grossniann  (Kloppenhcim),  stud. 
geod.  Bauer  (Pojtpelsdort '},  Baron  v.  Bistrain 
I  Wiesbaden).  Gestorben  sind  die  Herren 
J.  Bahr  (Fraueusteinj  und  Amtsgerichtsrat 
J,  Wissniann  (^Wiesbaden).  Die  Mitglieder- 
zahl beträgt  augenblicklich  445. 

L'nserer  Bibliotliek  ging  das  Werk  des 
Herrn  Kgl.  Baurats  Jacobi  über  das  Kömer- 
kastell  Saalburg  als  Geschenk  Sr.  Majestät 
des  Kaisers  durch  die  Königl.  Regierung.' 
zu.  Ferner  haben  wir  den  Herren  Polizeirat 
Hohn  (Wiesbaden),  Dr.  A.  v.  Pre m er- 
st e  i  n  I  Wien)  und  dem  städtischen  historischen 
Museum  zu  Frankfurt  a.  M.  für  die  Ueber- 
senduui;  wertvoller  Schriften  zu  danken. 

Am  20.  .luni  unternahm  der  Verein 
einen  Austlui:  nach  Epstein  zur  Besich- 
tigung der  dortigen  evangelischen  Pfarrkirche 
uutl  der  P.urgruine.  Die  an  dem  Austiug 
beteiligten  Wiesbadener  Mitglieder  hatten 
die  Freude,  dass  sich  ihnen  unterwegs  in 
Xiedcrnhausen  zwei  Vereinsmitgliedcr  aus 
Idstein,  die  Herren  Dekan  Dörr  und  Kechts- 
anwalt  Hamm  acher  anschlössen.  Die 
Herren  Lehrer  Brumm  und  Burgwart 
Mauer  verpflichteten  die  Besucher  an  Ort 
un<l  Stelle  durch  ilire  sachkundige  Führung 
zu  lebhaftem  Dank. 


Bericht  über  die  im  Winter  1899/1900 
gehaltenen   Vorträge. 

(,S(;blu.SS.  I 

Herr  Prof.  Dr.  Max  Hoff  mann: 

Mitteilungen  über  den  mittelalterlichen 
Rheinweinhandel  im  Hansagebiet. 

Dem  Bestreben  der  Rhcinlamle,  für  ihr 
wertvollstes  Prijdukt  ein  weites  Absatzgebiet 
in  nördlicheren  Ländern  zu  finden,  kam  die 
Gninduii'-'  des  Hansabundos,  die  sich  im 
1.3,  Jahrhunilert  allmählich  vollzog,  aufs 
günstigste  entireu'en.  Die  niederrheinischen 
Städte,  welche  Mitglieder  des  Bundes  wur- 
den, namentlich  Köln,  traten  in  den  See- 
verkehr ein.  der  «lamals  in  der  Hand  der 
D<'Utschen  war.  Kulns  Wejidiaiidel  iiaeh 
Eiigl.md,  sehon  im    12.  Jahi hundert  dunh 


ein    Privileg 


König 


Heinridis 


n.  bezeugt, 
entfaltete  sich  in  grösserem  Maasse,  als 
das  ursprünglich  den  Ki'ilnern  allein  ge- 
hörige Kaufhaus  in  London  sich  zum  han- 
sischen Stalhof  erweiterte;  zu  diesem  ge- 
hörte auch  eine  rheinische  Weinstube,  deren 
Name  und  Abzeichen  sich  noch  bis  in 
unsere  Zeit  erhalten  hat.  Zu  Brüi^ge  in 
Flandern  war  der  grosse  europäische  Markt, 
wo  die  Kaurieute  der  Hansa  mit  denen  aus 
Frankreich,  Spanien.  Italien  ihre  Waren 
tauschten:  die  flandrischen  Privilegien  der 
Hansa  von  ISTjO  enthalten  einen  eigenen 
Abschnitt  über  den  Weinhandel,  und  die 
Verordnung  für  die  Weinschröter  von  1392 
nennt  unter  den  Weinsorten,  die  in  Brügge 
zu  ^larkt  kamen,  neben  den  besonders  für 
Feinschmecker  bestimmten  griechischen  Wei- 
nen (Malvasier  und  Rumeney)  die  franzö- 
sischen Weine,  zumal  aus  Poitou,  und  den 
Rheinwein.')  Von  Brügge  führten  hansische 
Kautleute  den  Wein  nach  Livland  und  Buss- 
land; 1406  verordnen  die  Altermänner  der 
deutschen  Kaufmannschaft  zu  Brügge  auf 
Grund  der  von  dort  eingeL'angenen  Klagen, 
dass  die  Fässer  richtige  Grösse  haben  sollen, 
bei  Strafe  von  einer  Mark  Goldes.')  Die 
Kölner  Kaufleute  verkehrten  aber  auch  jter- 
sönlich  im  ganzen  Hansagebiet;  1399  be- 
schwert sich  der  Rat  von  Köln  beim  Hocli- 
meister  des  deutschen  Ordens  darüber,  dass 
der  Ordenskomthur  von  Koblenz  Weinschank 
in  Köln  betreibe,  und  bittet  zugleich,  seine 
in  Preussen  verkehrenden  Bürger  bei  ihrem 
alten  Recht  schützen  zu  wollen;  der  Hoch- 
meister antwortet,  er  habe  erwartet,  dass 
man  dem  Komthur  den  Weinschank  ge- 
statten würde:  der  Rat  möge  seine  Bürger 
dazu  anhalten,  dass  sie  den  Wein  in  Preussen 
nur  in  Fässern  verkaufen,  Weinschank  sei 
ihnen  nun  auch  verboten.^)  1413  schreibt 
der  Kölner  Rat  an  die  hansischen  Vögte 
in  Schonen,  sie  möchten  darauf  halten,  dass 
die  dort  mit  Wein  und  anderen  Waren 
verkehrenden  Kolner  nicht  mit  neuen  Auf- 
lagen beschwert  würden;^)  1454  ersucht  er 
den  Rat  von  Ltibeck,  die  bestehende  Vor- 
schrift, dass  zu  Schifte  ankommende  Weine 
in  den  Ratskeller  gebracht  werden  müssen, 
auf  die  Kölner  nicht  anzuwenden.*)  Im 
Lübecker    Ratskeller    war    Rheinwein    am 


i  ')  Hiinsisflies  Uik.-Buch  5,  83.  —  ")  Eben- 

.hi  1-22.  —  ^)   Kljemlu  :i7:{.     -    *)   F-'.hembi   II04. 
,    —   '^)  Eljoiida  8,  ;'.2.'j. 


--     37     — 


38     - 


stärksten  vertreten;  die  aus  dem  Jahre  1372 
erhaltene  Abrerhniing  orgiebt,  dass  nielir 
als  die  Ilälttc  der  Flinnalinie  von  dem  ver- 
zai)fton  Rheinwein  stammte.")  Wenn  fremde 
Fürsten,  z.  B.  der  König  von  Dänemark, 
nach  Lübeck  kamen,  wurde  Rheinwein  unti 
Malvasier  als  Ehrengabe  gesandt:  den  Her- 
zögen von  ^Mecklenburg  überbrachte  alljähr- 
lich zu  Martini  ein  Abgesandter  des  Rats, 
der  sogenannte  Martinsmann,  ein  Fass  Rhein- 
wein zum  Zeichen  nachbarlicher  Freund- 
schaft; zum  letzten  Mal  geschah  dies  1^01. 
Als  zur  Zeit  des  Sinkens  der  Hansa,  1Ü03, 
eine  hansische  Gesandtschaft  nach  Moskau 
reiste,  um  beim  Zaren  die  Herstellung  der 
früheren  Privilegien  und  des  Kaufhofs  zu 
Nowgorod  zu  erwirken,  wurden  die  Ge- 
sandten unterwegs  in  Wismar,  Stettin, 
üanzig,  Königsberg  mit  Rheinwein  bewill- 
kommt,  in  Moskau  mit  Ruir.eney,  Malvasier, 
Alicant  und  Rheinwein.')  So  ist  in  han- 
sischer Zeit  dem  Rheinwein  ein  grosses 
Gebiet  erschlossen  und  zu  eigen  gemacht 
worden;  als  im  17.  Jahrhundert  Frank- 
reichs EinHuss  übermächtig  wurde,  hat  er 
es  mit  dem  französischen  Wein  teilen  müssen. 

Herr  Archivassistent  Dr.  Seh  aus: 
Bismarcks  Beziehungen  zu  Nassau.*) 

Bismarck  hat  auf  der  Universität  in 
Göttingen  Forderungen  mit  zwei  nassauischen 
Studenten  gehabt  und  ist  als  Referendar 
im  Sommer  1830  zu  Wiesbaden  Radegast 
gewesen.  Aber  seine  näheren  Beziehungen 
zu  Nassau  fallen  in  die  Zeit  seiner  Bundes- 
gesandschait  in  Frankfurt  von  1851  —  1859. 
Auf  Ausflügen  und  als  Jäger  kam  er  öfters 
in  das  Land ;  auch  den  Fürsten  Metternich 
hat  er  auf  dem  Johannisberg  besucht.  Sein 
Verhältnis  zum  nassauischen  Hof  und  zur 
Regierung  war  persönlich  freundlich,  wird 
aber  beherrscht  durch  den  Wettstreit  zwischen 
Oesterreicli  und  Preussen  um  den  vorwalten- 
den Einfluss.  Ueber  den  Ministerwechsel 
1851  52,  die  Zollvereinskrisis  1852  und 
den  Kirchenkonflikt  1853  54  sind  seine  Be- 
richte besonders  ausfidirlich.  In  die  Zeit 
der  Annäherung  nach  der  Wiederherstellung 


des  Zollvereins  fallen  Bismarcks  Beziehungen 
zum  nassaui.-chrn  Altertumsvercin.  Das 
Schreiben  an  den  Direktor  Ebenau  mit  seinem 
Dank  für  die  Verleihung  der  Ehrenmitglied- 
scliaft  vom  2.  Dez.  1852  wird  mitgeteilt. 
Die  Annexion  im  Jahre  ISdi;  war  nach 
Bismarcks  Aeusserungen  ndu  ihm  weniger 
gewollt,  als  durch  iiolitische  Notwendii:keiten 
geboteu.  Den  Schluss  der  Beziehungen  Bis- 
marcks zu  Nassau  bildet  der  Empfang  iler 
Herren  vom  Wiesbadener  Denkmalskomite 
am  2ti.  April  1890  in  Friedrichsruhe.  Der 
Vortragende  bat,  die  mündlichen  und  >elirift- 
lichen  Ueberlieferungen,  die  über  das  Ver- 
hältnis Bismarcks  zu  Nassau  im  Lande  ver- 
mutlich noch  erhalten  sind,  nicht  verloren 
gehen  zu  lassen,  sondern  bekannt  zu  machen. 


^)  Lübecker  Urkuiidenbuch  4,   181, 
')  Hans,  (jo.sehichtsbliitter  1888,  S.  33  tf.,  46. 
*)   Der    Vurtrag   ist    inzwisuheii   unter    dem 
Titel:    , Bismarck    und  Nad-iau"    im   Verlag    vou 
J.  F.  Bertjmann  zu  Wieabaden  erschioneu. 


Verwaltun^s-Bericlit 

des  Altertums-Museums. 

(Vom    1.  April  bis  30.  .Juiu    1900. j 

Erwerbungen, 

A.  Vorrömische  Periode. 

Ein  Steinhammer  mit  grossem  rumlem 
Stielloch  in  der  Mitte  (Inv.  15240).  ge- 
funden bei  Grenzhausen  nahe  dem  Pfahl- 
graben, geschenkt  von  Herrn  E.  Zais.  Ein 
Flachkelt  aus  Bronze  (15261),  aus  dem 
Rhein  gebaggert  bei  Schierstein;  ebendaher 
ein  grosser  1 2  cm  langer  Angel-  (oder  Fleisch-  V ) 
haken  aus  Bronze  (15262),  ganz  ähnlich 
den  in  den  Schweizer  Pfahlbauten  so  zahl- 
reich auftretenden  Haken. 

B.   Römische  Periode. 

Die  Mehrzahl  der  Funde  aus  dieser  Zeit 
stammt  von  ilen  Baustellen  in  der  Mauritiu'- 
strasse.  Aus  Thon:  Ziegelbruchstücke  mit 
Stempelnder  LEG  XXI  R  (15171  ,  LXXiicv 
(15172),  wie  sie  rechtsrheinisch  sonst  nur 
in  Flörsheim  vorkommen  und  wahrschein- 
lich in  die  Zeit  Nero"s  gehören  (siehe 
Annalen  27,  S.  49  f.),  ein,  wie  es  scheint, 
bisher  unbekannter  Rundstempel  (s.  Fig.  1)  der 
LEGXXll  PRPF  (15173).  Ferner  aus  äl- 
teren Beständen  :  gefunden  am  Koeiibrunnen 
l>^^9.  L-  XliTlG  (15254)  =  W.dtf  Fig  4  3 
LEG  XX  II PRI  PF  ( 15257)  =  Wultl" Fig.ino. 
LEG  XXII  PRI  PI  in  D.lphinform  I1525M)  = 
Woltf  lig     12  L  endlich  ein    sehr  •schwach 


—     39     — 


40     — 


f\i 


Fig.  1  uM.  1  :  2). 

lesbarer,  wahrscbeinlioh  der  leg  I  atliutrix 
zuir»''bürigor  Steinitel  ( lo25ö).  Ein  uTossi-n- 
reils  erhaltenes  fein  ornamentiertes 
Becken  aus  Sigillata  (Form  Drag.  29)  mit 
•lem  Stempel  qF  AQVITAN  (l^J^^O), 
Teile  anderer  Becken  iiluiliolier  Form 
(15 IS  1  —  15184),  darunter  eines,  welches 
im  Altertum  mit  llleiklamnieru  an  den 
Kundern  und  am  Boden  irefliokt  worden  war 
(15181);  ein  tlaches  Schäleben  mit  Barbotine- 
schmuck (Koenen  XIV,  7),  auf  dem  Boden 
ein  Kad  cingestempelt  (151><6(;  auf  dem 
Bauch  findet  sich  die  Zahl  VI  eingeritzt, 
dieselbe  sehr  sorgfältig  eingeschnitten  auf 
der  Standfläche  des  Fusses;  man  darf  viel- 
leicht vermuten,  dass  dieselbe,  ähnlich  wie 
bei  manchen  Stücken  des  Ilildesheimer  Silber- 
fundes. BezuLT  hat  auf  die  Anzahl  der  zu 
dem  vollständigen  Tafel treschirr  gehörigen 
gleichartigen  Gefässe ;  denn  auch  auf  an- 
deren Füssen  von  Sigillatagefässen  stehen 
wohl  als  Zahlen  aufzufassende  Zeichen 
II.  III  u.  a.  m.  I-]in  gleiches  Schälchen 
(15187),  nur  weniger  fein  und  ohne 
Stempel.  Kine  gnjsse  tlache  Platte  aus 
feiner  Terra  nigra  (15139),  leider  nur 
etwa  zu  ^\  erhalten:  um  den  ausgebroche- 
nen Stempel  läuft  ein  4  cm  breiter,  rauh 
gelassener  Kranz,  in  welchen  senkrechte 
Milien,  sowie  4  Kreuze  eingeglättet  sind. 
Durchmesser  35  cm;  drei  niedrii,'e  Schäl- 
chen mit  verschiedener  Verzierung  (15191  bis 
15193)  aus  weissem  Thon  mit  stumptfarbigem 
Ueberzug  (der  Form  Koenen  XII,  18 — 21). 
Ein  kleines  Schmelztiegelchen  aus  grobem 
schwarzem  Thon.  von  5  cm  oberem  Durch- 
messer und  spitzem  Boden  (15194),  vergl, 
die  im  Kastell  auf  dem  Ileidenberg  ge- 
fundenen, teilweise  ganz  ähnlichen  1 1  Tiegel 
(Annalen  V,  2  S.  53,  Tat.  VIT,  Fig.  8  —  14). 
Mehrere  Spinn('-')wirt('l  aus  'schwarzem  Thon 
(15195),  aus  Zicgclmasse geschnittene  rumle 
Amphorcndeckel  il519ti.  152r)5).  ein  Thiir- 
gewicht  aus    grauem  Tliou    U52f)4)    wiegt 


etwas  über  G50  Gramm:  ein  Lämpchen, 
gelbbraun  überfärbt,  auf  dem  P>oden  den 
sehr  verwaschenen  Stemjiel  EVCARPI 
(152t)3).  Von  Ampborenhenkelnmit  Stempeln 
Sinti  zu  nennen:  QCRi  15174).  derselbe 
auch  in  Italien  und  Südfrankreich  (C.  J.  L. 
V  8112,  21,  XV  2703).  sowie  häutig  in 
Gallien  und  am  Rhein:  Q-AN^TRVG-  ^^'^''^ 
=  (^.  Ant(oni)  Rug(ae)  (15175),  der  auch 
in. Südfrankreich  vorkommt  (C.XII  5683,  20); 
C  •  I  ■  ALB  ( 1 5 176).  Unter  den  massenhaften 
Sigillatascherben  verdienen  diejenigen  mit 
Töpferstemitid  (Inv.  15177)  Erwähnung: 
Tellerboden  OFABITI.  Beckenboden  Drag. 
30  OFACVTJ,  Beckenboden  Drag.  29 
[MiVAL.ALBAN.  Tellerboden  Drag.  18 
[0  FA  L  B I.  nich  profilierter  halb  erhaltener 
Teller  OFAQVI.  Tellerbodensplitter  OF 
AQVITANI-  Beckenbo.len  Drag.  29  BAS' 
entweder  I>as[sus]  oder  Bas[si],  Tellerböden 
OF  BASSI.  OF  BASSI.  und  OE  BASSI, 
Tellerbodcn  GiF  CJALVi.  iiidit  sehr  feiner 
Beckenboden  Drag.  29  COSI  RLVFIi,  ein 
Tellerboden  mit  feingestricheltem  Kranz 
um  den  Stempel  OF.  CRESTIO:  halb- 
erhaltener Teller  Drag.  18  DÄMON VS' 
Tellerbodensplitter  FELICIONS  und  FE|- 
LICISMÄN  Tässchenboden  FELIX  SEV, 
,irelbli;^hroter  Tassenbodeii  von  altein  Typus 
OF  FIRMO-  balber  feinprotilierter  Teller 
OF  •  L^'BE.  derselbeStemiiel  nochmals. Teller- 
bodensplitter OF  LVCCEI,  schwerer  Tas- 
seiiboilen  MART.  F.  später  Tellerboden 
[M  EDDICKI.  mehrere  Stempel  OF  MO  oder 
OF  MOD;  grosser  Tassenboden  Drag.  27 
OFMOM.  rellerbodrnsplitter  MOM.  Teller- 
boden Dra^'.  18  MVRRAN  (zweimal), 
Tellersplitter  QF  •  MVRRA»  Tässchenboden 
Drag.  27  [N  EQVRES  (15267),  sehr  feiner 
Tellerboden  NOT  VSF,  halber  Teller  derForm 
zwischen  Drag.  18  u.  31  PATRICI,  fein 
profilierter  Tellerboden  OF  PRiM,  Becken- 
boden DraiT.  29  10]F  RVFIN,  Tellerboden 
OFSARRVTb  '6i"t;r  Tässchenboden  OF* 
SEV  ,  Tassenbodenstück  VICTO  ottenbar  = 
Victo[rinus|,  Tellerböden  OF  VIRIL  (2m.al). 
Auf  der  Unterseite  eines  feinen  Tässchens 
aus  Terra  nigra  der  Stempel  lIXOBNIV 
=  B]xobniu(s),  auf  der  Aussenseite  eines  relief- 
geschmückten Kumpens  der  späteren  Form 
in  vertieft»-n  Buchstaben  FIRMVS  (15266). 
Interessant  ist  der  B(jden  t'ines  relief- 
geschmiickten  Beckens  aus  dem  letzten 
Diitf»!   des  1.  .Jahrhunderts,  welcher  aussen 


—      41 


4'J      - 


unter  einem  tlic  OniaintMite  niiti'n  al)- 
schliessendon  Laulikranzc  in  erhabenen 
kursiven  Buchstaben  die  Inschrift  trägt 
amOMIIM  =  Mcmoris  (Inv.  15232);  otten- 
bar  ist  dieselbe  in  die  nocl»  weiclie  Form- 
schüssel  kursiv  einv'eritzt  gewesen,  niusste 
daher  auf  dem  fertigen  (lefäss  in  erhaber.en 
Buchstaben  und  linkslüutig  zum  Abdruck  ge- 
langen. Eine  Sigillatatasse  der  Form 
Drag.  33,  gef.  am  (rrüncn  Wald  zu  Wies- 
baden, hat  den  Stempel  DRAPPVSF  (Inv. 
ir)2r)3).  Aus  den  Mitt.  1900  Nr.  1  S.  19 
erwiihnten  Gräbern  bei  Niederwalluf  kamen 
als  Geschenk  der  Herren  Goos  und  Koene- 
mann  ein  runder  Hacher  Napf  aus  grauem 
schwarzüberfärbtem  Thon,  ein  einfarbiges 
einhenkliges  Krüglein  der  gewöhnlichen 
Form  des  2.  und  3.  Jahrhunderts,  Teil 
einer  Sigillataschale  (Drag.  37)  mit  ne- 
pressten  Reliefs,  sowie  andere  Gefässscherben 
in  das  Museum  (15259.  1  —  6).  Aus  Bronze: 
an  Münzen  Mittelerz  des  Divus  Augustus. 
Cohen  228  (M.-Inv.  726),  Grosserz  des  Cali- 
gula,  Rs.  ADLOCVT  COH  (M.-Inv.  749), 
Mittelerz  des  Nero.  Rs.  .Janustempel  mit 
der  Umschrift  PAGE  PR  VBIQ  PARTA 
lANVM  CLVSIT  (M.-Inv.  728),  desselben 
Rs.  VICTORIA  AVGVSTI  (M.-Inv.  727), 
Mittelerz  des  Vespasian,  sehr  beschädigt, 
gefunden  Wiesbaden  Langgasse  43,  Winter 
1898  (M.-Inv.  7  30).  Grosserz  des  Trajan, 
Rs.  [SPQR  OPTIMO  PRINCIPI  unter 
einer  lagernden  Figur  mit  Rad  und  Zweig 
VIA  TRAIANA  (M.-Inv.  731),  gefunden 
bei  Biebrich  am  Rheinufer;  Kleinerz  des 
ClaudiusIlsehrschlechterhalten(M.-Inv.729). 
Ferner  eine  ziemlich  unversehrt  erhaltene 
Pfanne,  Durchmesser  17  cm,  mit  durch  ein- 
geschlagene Kreise  verziertem  Gritf.  auf  diesem 
der  Stempel  C-APP-FVSCI  (Inv.  15166), 
acht  Stück  Fibeln  verschiedener  Form  (Inv, 
15149  bis  15156),  eine  Bogenscharniertibel, 

aus  Schutt, 
der  i.  Jahre 
1880  vom 
Terrain    des 

Badhauses 

,,zum  Adler'* 

abgefahren 

worden   ist 

(15252), 

bis     15158), 


Fig. 


Teilt 


von 


2  (M.  l  : 

Sonden 


1). 

(15157 

Nadeln   (15159,   15160),    kleines  Beschlag 
auf  Leder  (15161)    (s.    Fig.  2),    Scheiben 


('15162, 15163).  ein  gegossenes  durchbrochen 

gearbeitetes   Beschlag   (1.".  164)  (s.   lig.  3). 

oben   mit  drei    eisernen   Nii-teii,    von  denen 

noch   zwei    erhalten    siml,    auf  Leder    (»der 

Holz  befestigt.   —  Aus  f^-y 

Eisen  :    Ein    leicht    ge-   (y^  '*^'^     /^ 

bogenes      messerartiges   ^'^^ 

Instrument,  24  cm  lang. 

mit  sehr  breitem  Rücken 

I  (1 5167), einstarker  Bol- 

!  zen,  16  cm  lang  (1 51 1!«  . 

I   sowie  Nägel  u.  s.  w.  Aus 

!   Bein :  1  sog.  Filetnadel. 

I    15   cm    lang    (15227),       '"'f^- ^  '^^    ^■'^^ 

i  mehrere  Haarnadeln    (15228),    ein    runder 

]   Spielstein,  auf  dessen  beiden  flachen  S(Mten 

I   Einritzungen    (15199).     Andere  Spielsteine 

!  (oder  Knopfe  V)  aus  Glastluss  und    Knochen 

(15200);  zwei  Glasperlen,  eine  schwarz,  die 

j  andere  blau    mit  eingeschmolzenen    weissen 

Zickzackbändern    ('15225).    —    Aus    Stein: 

Stücke  von  Schleifsteinen,   sowie  zwei  wohl 

zusammengehörige   Teile   einer    Ilandmühle 


^'^^,,^. 


;VJ-^^\ 


■  ife»*^ 


Fig.  4  (M.   1  :  10). 

(s.  Fig.  4)  aus  sehr  grobem,  mit  Kieseln  stark 
durchsetztem  (VilbelerV)  Sandstein  (15230. 
15231).  ländlich  von  Holz  mehrere  kleinere 
Gegenstände,  die  sich  in  dem  schwarzen 
Moorboden  wohl  erhalten  hatten  :  ein  kleines 
Röllchen,  in  seiner  Längsachse  durchbohrt, 
ein  Ptlock  mit  dreieckig  zugeschnittenem  Kopf, 
flache  Scheibchen  aus   Eichenholz  (15234). 

C.  Fränkische  Periode. 
Urne  aus  rauhem,  grauem  riion.  mit 
ganz  senkrechten  Wänden,  welche  mit  hori- 
zontalen Rillen  verziert  sind,  Höhe  12  cm. 
Durchm.  17  cm  (15238),  gef.  iu  der  Rhein- 
strasse 59  bei  Grundausschachtun^ren  für 
ein  Hintergebäude.  Die  Urne  i:ehörte  zu 
einem  Skelettgrabe,  welches  aber  ausser  den 
Knochen  nur  noch  ein  eiserne?  Messer  ent- 
halten zu  haben  scheint.  Von  einem  anderen 
dicht    dabei    gelegenen,    bereits    zerstörteu 


—      43      — 


—    n    — 


Gral)e  riilircn  Tiili"  eines  zweiten,    seiir  ähn- 
lichen Topfes  her. 

Bei  Weitertührung  der  Grnmlarbeiten 
um  die  Kirche  vnn  nberwalluf  fanden  sich 
noch  i'inige  meist  stark  verrostete  und  un- 
kenntlich gew  ordene  Eisenteile  aus  fränkischen 
Griibern.  einige  Schnallen  undGiirtelbeschlage 
mit  Bron/eknöpfen,  sowie  Bruchstücke  eines 
Glasbechers. 

D.  Mittelalter  und  Neuzeit. 

Verzierte  und  unverziertc  Fussboden- 
pliittchen  aus  gelblichem  Thon  (etwa  14. 
J.ihrh.)  (15235.  15236),  aus  Kiedrich.  ge- 
schenkt von  Maler  ilartin  in  Wiesbaden; 
eine  Anzahl  KrüLre,  Kannen  und  Büchsen 
aus  Westerwiilder  Steinzeug,  zum  Ti-il  reich 
verziert  (15242 — 15249),  geschenkt  von  j 
Herrn  Zais  in  München,  ein  Frechcner  sog. 
Bartmiinncheskrug  (15268),  '^ei.  in  Kernel, 
geschenkt  von  Herrn  Dr.  Lehn  er.  Eine 
kleine  Backform  aus  rötlichem  Thon  (15241) 
für  Herstellung  von  Verzierungen  auf  Stein- 
zeug, eine  Blume  mit  zwei  Zweigen  dar- 
stellend, stammt  aus  dem  Hause  des  Haf- 
ners Pfung  in  der  EUenbogen^asse  zu  Wies- 
baden 1875,  Geschenk  des  Herrn  Zais. 
Eine  kleine  Goldwaage  mit  (unvollständig 
vorhandenen)  Gewichten  (15251),  nach  einer 
auf  dem  Deckel  des  Kästchens  angebrach- 
ten Notiz  von  dem  ..churpfäl/ischen  Icht- 
Machcr  Johann  Peter  Aeckenberg".  1773 
hergestellt,  Geschenk  des  Kaufmanns  M. 
Schüler  in  Wiesbaden. 

Die  Sammlung  nassauischer  Münzen  und 
Medaillen  erfuhr  auch  in  diesen  Monaten 
wieder  manchen  Zuwachs  :  zu  nennen  sind 
52  Stück  ^2  Batzen  des  Grafen  Johann 
Ludwig  von  Nassau-Idstein  aus  den  Jahren 
151)1  bis  1595  (M.-lnv.  757),  58  Stück 
'  .'  Batzen  der  Grafen  Albert  und  Ludwig 
von  Xassau-Weilburg  und  Saarbrücken  aus 
den  Jahren  1588  bis  1595  (M,-Inv.  758  u. 
759).  Medaille  auf  denbeabsichtiL.'ten  Besuch 
der  Eliri'nbreitsteiner  Münze  tlurch  Herzog 
Friedrich  August  =  Isenbeck  72  d  (M.-Inv. 
735),  Münzbesuchthaler  Herzog  Adolph's 
von  1863  =  Isenbeck  220,  Neuprägung  mit 
dem  jetzt  unbrauchbar  gemachten  Original- 
stemjiel  'M.-Inv.  760).  eine  Anzahl  '  i.  '/i- 
1  und  3  Kreuzerstücke  des  Herzogtums  Nassau, 
Medaille  auf  den  Sieg  bei  P^ckernförde  =  Isen- 
beck 240  in  gelber  Bronze  (M.-Inv.  739), 
Medaille  für  die  nassauisdien  Truppen  1866, 


wie  Lenbeck  250.  aber  von  nur  14  mm 
Durchmesser  (M.-Inv.  750).  Eine  Anzahl 
Wiesbadener  Medaillen  und  Erinnerungs- 
zeichen:  so  von  dem  25  jährigen  Jubiläum 
des Bürirerschützen-Corps  1868  (M.-Inv. 751), 
vom  mittelrheinischen  Schützenfest  1863 
(M.-Inv.  752),  kuiiferne  u.  silberne  Prämien- 
medaille des  Wiesb,  Getiügelzuchtvereins 
(M -Inv.  741  und  754)  u.  a.  m.  Eine  An- 
zahl älten'r  nassauischer  Münzen  schenkte 
auch  diesmal  Herr  Polizeirat  Höhn,  einige 
Jetons,  auf  verschiedene  Daten  aus  dem 
Leben  der  deutsclun  Kaiser  Wilhelm  L, 
Friedrich  III.  und  Wilhelm  II.  geschlagen 
(M.-Inv.  743 — 747),  sowie  auf  die  Brief- 
taubenpost während  der  Belagerung  von 
Paris  1870/71  (M.-Inv.  742)  Herr  Hauch 
in  Frankfurt  a.  M. 

Funde. 

1.  In  p]ltviller  Gemarkung,  Distrikt 
,, Dicknet",  stiessen  Arbeiter  beim  Roden  auf 
eine  ziemlich  wohlerhaltene  Urne  der  Hall- 
stattzeit, zahlreiche  Scherben  lagen  dabei, 
wurden  aber  unbeachtet  weggeworfen,  während 
die  Urne  von  Herrn  Kunstgärtner  Burg  in 
Eltville,  in  dessen  Besitz  sie  sich  noch  be- 
findet, gerettet  wurde.  offenbar  handelt 
es  sich  um  einen  zerstörten,  schon  vorher 
verschleiften  Grabhügel:  Bronze.->achen  scheint 
er  nicht  enthalten  zu  haben. 

2.  Bei  den  Grundarbeiten  für  den  }seubau 
der  Oberwallufer  Kirche  kamen  ausser  deu 
einzelnen  verstreuten  Gegenständen  aus 
fränkischen  (iräbern  (siehe  oben  Sp.  43)  auch 
zwei  unberührte  Gräber  zum  Vorschein,  ilic 
aber  einer  späteren  Zeit  angehören  dürf- 
ten. Am  5.  Juni  d.  Jahres  fand  sich  im 
Längsschiff  der  Kirche,  reichlich  50  cm 
tiefer  als  deren  jetziger  Boden,  aber  in 
seiner  Längsachse,  eine  aus  Ziegeln,  die 
durch  Lehm  verbunden  waren,  hergestellte 
Grabkammer:  die  Ziegel  hatten  die  Masse 
44x31x7  cm  und  zeicrten  auf  der  einen 
Schmalseite  einen  Fasen  von  5  cm  Aulauf. 
In  dem  (irabe,  das  im  Lichten  70  cm  lang, 
50  cm  breit  und  55  cm  tief  war,  befand 
sich  ein  Skelett  ohne  jede  Beigabe,  mit  Aus- 
nahme eines  eisernen  (?)  Fingerringes  mit 
kleiner  Platte,  auf  der  aber  eingegrabene 
Schrift  bezw.  Darstellungen  bis  jetzt  sich 
nicht  haben  erkennen  lassen.  Die  Decke 
des  Grabes  bildeten  zwei  mächtige,  je  70  cm 


—     45 


—      tt)     — 


breite  und    DO  cm  lange  FMatten  ans   rotem 
Sandstein    ohne   jede   \'er/irrung   bez.v.   In- 
schrift,  roh  zugehanen.  —  Das  zweite  Gral), 
am   13.  Juni    aufgedeckt,    lag    ebenfalls  in 
der  Kirchenachse,   aber  auf  ihm  ruhte,  durch 
eine    etwa    30  cm    dicke   Bodenschicht   ge- 
trennt,   die    Siidmauer    des  Kirchenschities, 
wahrend  es  mit  der  einen  Schmalseite  gegen 
den  bedeutend  tiefer  fundamentierten  Pfeiler 
des    Chores    stiess.     Es    w.ir    gebildet    aus 
aufrecht  stehenden,   mit  Letten  verbundenen 
starken  Schieferplatton,    deren  je  drei  von 
etwa  85  cm  Länge  die  Seitenwände,  je  eine 
die  Kopf-  und  Fussseite  bildeten ;  auch  die 
Sohle  und  Decke  des  Gral>es  bestanden  aus 
('emselben  Material.     In   diesem  Sarg    von 
2,10  m  lichter  Länge    und    60  cm  lichter 
Breite    lag    ein    wohlerhaltenes    männliches 
Skelett,  ebenfalls  ohne  jede  Beigabe.    Offen- 
bar stammen  beide  Gräber  aus  christlicher 
Zeit,  und  zwar  dürften  die  Leichen  inner- 
halb einer  älteren,  vor  der  jetzt  abgebrochenen 
Kirche  jedenfalls  vorhanden  gewesenen  (wie 
Fussbodenplättchen  aus  dem  14.  Jahrhundert, 
die  in   den   jetzigen  Kirchenwänden    einue- 
mauert  sich    vorfanden,    bestätigen)  Kirche 
beigesetzt  gewesen  sein.     Die  Art  der  Bei- 
setzung in  aus  Ziegeln  bezw,  aus  Schiefer- 
platten zusammengesetzten  Särgen  lässt  viel- 
leicht auf  das  frühere  Mittelalter  schliessen. 
3,  Beim  Bau  des  neuen  Schulhauses  in 
Ilillscheid  (Unterwesterwaldkreis)  stiess  man 
auf  eine  grössere  Anzahl  zerbrochener  alter 
Steinzeuggeschirre,     von    denen    wenigstens 
ein,    wie  es  scheint,    freilich    nur    geringer 
Teil  durch  Vermittlung  des  Herrn    Bürger- 
meisters Saal  dem  Landesmuseum  überwiesen 
wurde.     Offenbar    handelt  es    sich  um  den 
Ausschuss    aus  einer    in    der  Nähe    befind- 
lichen Kannenbäckerei  aus  der  zweiten  Hälfte 
bezw.  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts.    Die 
Scherben    gehören  z.  T.    zu    grossen  hohen 
Töpfen,  z.  T.  zu  halbkugeligen  Krügen,  z.  T, 
zu  flachen,  auf  dem  breiten  Rande  sehr  ge- 
schmackvoll verzierten  grossen  Tellern  oder 
Platten.     Mehrfach    vorhandene,    in    Relief 
aufgesetzte  Bilder  tragen   die  Umschriften: 
DER  •  CVNNICH  •  AVS  •  SCHWETEN  • 
HOCHGE-  BVR  •  ER  lG-53  nach  rechts  ge- 
wendete Reitcrtigur,  bzw.  FIVATPRINTZ- 
VON  •  ORANIGEN  •   16(^7.    Brustbild    en 
face.  E.   Ritterling. 


Braubaih.    Im  Laufe  dieses  p-rühjahrs 
lies.-j  Herr  Gärtner  Wiegrl  in  Braubach  einen 
Weinberg  von  etwa  20  Ruten  rigolen.  Derselbe 
liegt  1  km  von  Braubach  auf  Oberlahnstcin 
zu.    100  m  südlich  des  zweiten  L'eberu'anges 
der  Bahn  über  die  Landstrasse.    Das  Terrain 
ist  abschüssig  und  steigt  bis  zu  einer  srhrotf 
abfallenden     Felswand      im     Bergabhan  txe. 
Schon  bei  Gelegenheit  des  Bahnbaues  siml 
100  m    weiter    aufwärts    zahlreiche  Gräber 
gefunden  worden,  die  nach  den  beschriebenen 
Fundstücken  der   älteren    La  Tone- Periode 
angehörten.     Jetzt    wurden    in    dem    Berg- 
abhange wieder  Grabstätten  gefunden.     Sie 
zeigten  die  Bestattung  der  Leiche  in  Kisten 
aus  grossen  Schiefersteinen,  wie  sie  in  der 
Umgebung    brechen.     In    dem    schieferigen 
Boden  waren  die  Skelette  schlecht  erhalten. 
Nur    ein    grösseres    Stück    eines    Schädels 
konnte  herausgenommen  werden.    Ein  Grab 
zeigte  Leichenbrand;  es  fand  sich  als  Bei- 
gabe in  diesem  nur  ein  Ohrring  aas  Bronze- 
draht.  In  einem  Skelettgrabe  lagen  Scherben 
eines    grossen    G(>fässes    von    rohem    Thon 
und  eine    lederfarbige  Urne  mit  niedrigem 
Fuss  und    hohem  Halse.     Der  Bauch   setzt 
von  diesem   scharf  ab.     (Achnlich   Koenen. 
Gefässkunde,  Tat".  VII,   IIb).     Unter  dem 
Halse    ist    ein    breiter   Streifen    mit    einem 
Stäbchen  gitterförmig  verziert.     Dabei  war 
ein  Ohrring  aus  Bronzedraht  und  ein  dünner 
offener  Bronzearmring  mit  verstärkten  Köpf- 
chen   am  Ende.     Sowohl    auf   der  Aussen- 
wie  auf   der  Innenseite    befindet    sich   eine 
starke  Mittelrippe,    sodass    der   (^»uerdurch- 
schnitt  fast  viereckig   erscheint.     In  einem 
Grabe    fanden    sich    zwei    stark    verrostete 
kleine  Eisenringe,  die  wohl  zu  einer  Gürtel- 
schnalle    gehören.      Ein     weiteres    enthielt 
eine  zum    grö.sseren  Teile    erhaltene  kleine 
lederfarbige  Urne  von   10  cm  Höhe.     Unter 
dem  Halse    ist    ein    breiter   Streifen    durch 
tief     eingerissene     konvergierende     Linien 
verziert.     Sie    hat    einen    niedrigen   Stand- 
ring.    Für  sich    allein    im  Boden    lag    ein 
massiver  Bronzearmring  mit  pctschaftförmig 
verdickten  Enden.    Die  eine  Seite  ist  durch 
eingedrückte   Linien  verziert.     Der  Befund 
der  Gräber,    sowie    die   Fundstücke   weisen 
die    Grabstätte    der  Zeit    des    Ucberganges 
von    der    älteren    zur    jüngeren    La    Tene- 
Periode  zu.    Interessant  ist.  dass  auch  hier 
wieder  eine  Anzahl   klein  geschlagener  Erz- 
stücke   in    den    Gräbern    sich    fanden,    die 


47      — 


—     4.S 


ilen  kcltisfliLnI)ergl)au  au  den  Abliiinj:-!!  des 
Taunus  bereits  bis  in  das  /weite  vorchrist- 
liche Jahrhundert  hinaut'zurüeken  »cheinen. 
Herr  Wie  gel  unterzog  sich  mit  Sorirt'alt 
der  Beubachtung  der  Gräber  und  liberLrab 
die  wenig  /ahlreichen  Fundstücke  dem  Unter- 
zeichneten für    die  Lahnsteiner  Samndung. 

Simmern  bei  Khrenbreitstein.  Ein 
Kilometer  östlich  von  Simmern.  200  m  von 
der  Strasse  Simmern-Xeuhäusel  im  Distrikt 
..am  See*",  wurde  vor  zwei  Jahren  eine 
Waldtiäche  umgorodet  und  dabei  ein  Grab- 
t'eld  der  jüngeren  Hallstattzeit  angeschnitten. 
Jetzt  wurden  auch  in  Simmern  selbst  beim 
IJau  der  Sakristei  Griiber  gefunden.  Der 
Hoden  eines  lederfarbigen  Gefässes,  der  in 
der  Mitte  nach  innen  erhaben  ist,  einen 
« »mphalos  bildend,  weist  sie  in  die  La  Tcne- 
Zeit.  Die  Gräber  in  ihrer  Gesamtheit 
deuten  auf  den  Zug  einer  alten  Verkehrs- 
strasse, die  vielleicht  aus  dem  Thale  von 
Vallcndar  zur  Höhe  ging.  Die  Simmerner 
Scherben  befinden  sich  im  Besitze  des 
Pfarrers  in  N'euhäuscl. 

(Jbcrlahustein.  Bodewig. 


Römisches  Gefäss.  Als  ich  aus  Aulass 
kürzlich  gemachter  fränkischer  Funde  Herrn 
Dr.  <^uilling"s  Abhandlung  ., Fränkisches 
Gräberfeld  in  Sindlingen  a.  M."  (Band  29, 
S.  .5  tf..  der  Anualen  für  Xass.  Altertums- 
kunde und  Geschichtsforschung)  wieder  zur 
Hand  nahm,    tiel  mir  eine  Anmerkung  auf 

S.  ö2  auf.  die 
von  Fundstü- 
cken spricht, 
die  im  Jahre 
1^92  auf  dem 
Gebiet  der  hie- 
sigen Farb- 
werke (vorm. 
Meistrr. Lucius 
und  Brüning) 
geinacht  wur- 
den.   Darunter 

befand  sich, 
nach  Angabe 
desHerrn<jber- 
stabsarztes  Dr. 
Kuthe,  dem  Ib  rr  hr.  <Juilling  folgt,  ein 
Gefäss  von  gelblichem  Thon  (siehe  Fig.  .5) 
gut  gebrannt,    mit    Spuren    einer    rotlichen 


Bemalung,  fast  intakt,  das  sich  damals 
in  dem  Laboratorium  des  189.5  verstor- 
benen Chemikers  Herrn  Dr.  (troll  befand. 
Dieses  Gefäss  ist  nun  glücklicherweise  nicht 
verschollen,  wiu  Herr  Dr.  (^uilling  s.  Z. 
hier  gehört  hat,  und  es  beilurfte  auch  meiner- 
seits keinerlei  Nachforschungen,  um  seinen 
Verbleib  festzustellen :  es  befindet  sich  seit 
1894  in  der  Sammlung  des  hiesigen  Alter- 
tumsvereins  (Katalog  No.  20)  und  wurde 
bei  deren  Gründung  im  gleichen  Jahre  mit 
anderen  Fundstückeu  von  der  Direktion  der 
Farbwerke  als  Grundstock  überwiesen.  Es 
ist  bei  Erbauung  der  Säurefabrik,  nördlich 
der  Restaurati(jn  der  Farbwerke,  gefunden. 
Dort  befand  sich  eine  Flur,  die  im  Volks- 
munde die  ,,alte  Kirche"  hiess.  und  wie 
mir  erzählt  wurde,  konnte  man  an  dem 
schlechteren  Stande  des  Getreides  den  Um- 
fang eines  Gebäudes  deutlich  erkennen,  das 
ehemals  hier  gestanden  hatte  und  auf  dessen 
Grundmauern  der  PHug  oft  gestossen  war. 
Es  ist  wohl  anzunehmen,  dass  wir  es  hier 
mit  einer  römischen  Anlage  zu  thun  haben ; 
jetzt  ist  auch  die  ..alte  Kirche'"  mit  Fabrik- 
gebäuden bedeckt,  und  Nachforschungen  nach 
ihrer  Herkunft  sind  nicht  mehr  möglich. 
Wegen  Mitteilung  näherer  Umstände  bei 
Auffindung  des  erwähnten  Gefässes  hatte 
ich  s.  Z.  bei  Aufstellung  des  Kataloges  unserer 
Sammlung  an  Herrn  Dr.  Groll  geschrieben, 
doch  hatte  sich  sein  Leiden  damals  schcm 
so  verschlimmert,  dass  ich  keine  Antwort 
mehr  erhielt.  Das  Gefäss,  ein  doppelhenk- 
liger,  dickbauchiger  Krug,  ist  ganz  unver- 
sehrt;  es  hat  eine  Höhe  von  30,7  cm, 
grösste  Weite  von  24  cm;  sein  Boden  misst 
7  cm  im  Durchmesser.  Es  zeigt  nament- 
lich noch  auf  dem  oberen  Teile  gelbrote 
Bemalung ;  nach  C.  Koenen.  Gefässkunde, 
gehört  es  in  die  mittlere  Kaiserzeit.  — 
Im  Anschluss  liieran  sei  noch  einer  An- 
merkung auf  S.  34  der  irenannten  Abhand- 
lung des  Herrn  Dr.  Quilliug  '.gedacht,  die 
eine  Notiz  über  fränkische  Funde  in  Sind- 
lingen in  den  ..Frankfurter  Nachrichten'' 
vom  12.  2.  97  wiedergiebt.  Vermutlich 
war  diese  Notiz  dem  hiesigen  Kreisblatt  ent- 
nommen und  ridirte  von  dem  Sindlinger  Be- 
richterstatter N desselben    her.    der 

in  seiner  Mitteilung  einen  tief  unter  den 
Frankengräbern  gefundenen  Knochen  einem 
Mammut  zuschreibt,  während  Herr  Dr. 
'^uilling  ihn  a.  a.  <».  einem  Ochsen  zuweisen 


49     — 


—     .'jlj     — 


mik'htc.  Doch  ist  besagter  Knodicii  «Icr 
proximale  Teil  des  linken  Radius  vom 
Hliinofcros  antiiiuitufis,  wie  mir  Herr  Prof. 
Dr.  Kinkelin-F'rankt'urt  freundlichst  mitteilte, 
dem  ich  (las  Fundstück  zur  Bestimmung 
übcrsandt  hatte.  Es  betindet  ^ich  in  der 
Sammlung  des  hiesigen  Altertumsvereins. 
Ilüchst  a.  M.  E.  S  u  c  h  i  e  r. 


Miscelleii. 

Zur  Geschichte  des  römischen 
Wiesbaden. 

Zur  Eriränzung  des  in  den  Annalen, 
Band  29,  S.  115  tt'.,  gegebenen  Berichtes 
über  die  Spuren  der  ältesten  römischen 
Niederlassung  auf  dem  Boden  Wiesbadens 
mögen  hier  die  Fundthatsachen,  welche  bei 
Gelegenheit  von  Grundaasschachtungen  auf 
der  Baustelle  Mauritiusstrasse  0,  sowie  einem 
Teile  der  rückwärts  anstossenden  Kleine 
Schwalbach erstrasse  5  (vgl.  den  Situations- 
plan Annalen  29,  Taf.  Ilf)  im  März  und 
April  d.  Js.  beobachtet  wurden,  kurz  zu- 
sammengestellt werden.  Wie  zu  erwarten, 
traf  man  auch  an  dieser  Stelle  in  ihrer 
ganzen  Ausdehnung  auf  römische  Kulturreste 
in  verhältnismässig  geringer  Tiefe  unter  dem 
jetzigen  Niveau.  Die  unmittelbar  auf  dem 
gewachsenen  Kies  lagernde  feuchte  Letten- 
und  Schlammschicht  hatte  hier  eine  durch- 
schnittliche Stärke  von  reichlich  Im;  in 
ihr  standen  wieder  in  ziemlirh  regelmässigen 
Abständen  von  1  bezw.  1,50  m  starke  Eichen- 
holzpfosten unmittelbar  auf  dem  Kies,  zwischen 
denen  zahlreiche  Reste  horizontal  gelagerter 
Hölzer  (vielfach  angekohlt)  zu  erkennen 
waren.  In  dem  südwestlichen  Winkel  der 
Baustelle  zog  sich  in  annähernd  westöstlicher 
Richtung  eine  Art  Zaun  hin,  gebildet  von 
in  den  Kies  eingetriebenen,  aufrecht  stehen 
den,  etwa  noch  1  m  langen,  dünnen  Pflöcken 
aus  Weichhol/  (von  Birke  oder  Weide?), 
die  durch  Zweiggetlecht  miteinander  ver- 
bunden waren.  Wie  die  ungestört  über 
ihm  liegenden  höheren  Schichten  erwiesen, 
gehört  dieser  Zaun  sicher  der  Zeit  der 
römischen  Besiedelung  an,  wenn  sich  seine 
ehemalige  Bestimmung  auch  nicht  mehr  be- 
zeichnen lässt.  Dasselbe  gilt  von  einer  in 
dem  oberen  Teile  der  Schlammschicht  hori- 
zontal lagernden  Holzrinne,  welche  aus  einem 


Stamm  ausgehöhlt  war  und  jetzt  noch  eine 
Länge  von  2.40  m  besitzt.  An  einiiren 
Stellen  fehlte  der  alte  Holzrost  vollkouiuirn, 
so  namentlich  in  dem  nordöstlichen  Teile 
der  Baustelle,  etwa  da,  wo  der  auf  dem 
Situationsplane  mit  /'  bezeichnete,  die  Mau- 
ritiusstrasse durchquerende,  goptlastcrte  Weg 
sie  durchschnitt.  Dieser  L'mstand  zeigt, 
dass  die  Holzpfosten  in  der  That  nur  tla 
standen,  wo  sich  Häuser  befanden. 

Ueber  dieser  schwarzen  mo(jrigen  Schicht 
zog  sich  mit  Ausnalime  weniger  Stillen  wieder 
der  aus  Kies,  Sand  und  Lehm,  bisweiliii 
auch  aus  grösseren  Steinen  bestehende  Estrich 
hin,  welcher  im  Ganzen  die  spätere  römische 
Kulturschicht  von  der  älteren  scheidet.  Da>s 
diese  ältere  Kulturschicht  ausschliesslich 
Antikaglien  enthielt,  die  sicher  oder  wahr- 
scheinlich der  Zeit  vor  Vespasian  anirehören, 
fand  sich  auch  hier  wieder  bestätigt.  Für 
Beurteilung  der  Zeit,  in  welcher  die  älteste 
Ansiedlung  bereits  ihr  Ende,  wie  früher 
ausgeführt,  wahrscheinlich  »lurch  Feuer  ge- 
funden hat,  ist  interessant  der  Umstand, 
dass  ein  Randziegelstück  mit  dem  Stempel 
der  XXI.  Legion  (ähnlich  Wolff.  Nieder 
Ziegeleien.  Taf.  III,  Fig.  16  c),  welche 
zwischen  82  und  89  am  Mittelrhein  lag, 
über  der  schwarzen  Schicht,  nur  wenig 
tiefer  als  der  an  dieser  Stelle  übrigens 
fehlende  (später  durchbrochene  yj  Plstrich 
angetroffen  wurde.  Die  in  dem  früheren 
Berichte  begründete  Vermutung,  da.ss  die 
ältere  Ansiedlung  im  Jahre  70  durch  die 
Chatten  und  Mattiaker  zerstört  sei  (.\nnalen 
2!),  S.  130  f.),  gewinnt  auch  hierdurch  eine 
gewisse  Stütze,  ebenso  wie  durch  die  übrigen 
in  der  Moorschicht  zu  Tage  gekommenen 
Gegenstände,  lauter  denselben  ist  besonders 
wieder  hervorzuheben  die  Liste  der  Tiipfer-' 
Stempel  auf  Sigillata,  welche  meist  Fabriken 
enthält,  deren  Waren  auf  dem  rechten  Khein- 
ufer  mehr  oder  weniger  ganz  fehlen.  Stark 
vertreten  sind  in  ihr  wieder  die  Nameu 
des  Aquitanus  (omal,  in  der  friihercn  Liste  a 
4 mal)  und  des  Bassus  (4 mal.  früher  9  mal), 
die  in  der  Zeit  der  claudischen  Kaiser  am 
meisten  fabriziert  haben  dürften.  Die  Ver- 
wandtschaft mit  der  jedenfalls  sehr  früh- 
zeitigen Kultur^chicht  in  den  Selsschcn 
Ziegeleien  bei  Neuss  wird  durch  eine  Reihe 
in  Wiesbaden  bisher  nicht  vertretener 
Fabriken  noch  enirer.  so  .,of  Abiti"  (Inv. 
15177.  I)  =  dem  Neusser Habitus,  ,.of.\cuti'" 


—     51      — 


o::     — 


(15177.  -S'.  ..fM]  Val^M-ii)  AlLanOV"  (15177. 
3),  ..DamuiiUs"  'luv.  15177.  13),  wnlcheni 
auch  iler  Aunalen  2"J,  Tat".  VIII.  84  ab- 
gebildete ,  vorn  veistümnK'lte  Stempel 
[Üajmoni  ürobören  ilürt'te  (Vermutung  Oxe"s), 
sowie  ..Murranus*'  in  drei  Exemplaren 
(15177.  2'.» — SD.  Wie  die  in  iler  Moor- 
sohicbt  zu  Tai:c  trekommonon  Münzen  Mittel- 
erz des  Augustus  mit  Münzmeisternamen 
(nicht  erworben).  Mittelerz  desdivus  Augustus 
(M.-Inv.  726),  Grosserz  des  Caliijula  (M.-Inv. 
749),  2  Mittolerze  des  Nero  (M.-Inv.  727, 
728)  scheinen  auch  die  Fibeln  nicht  unter 
die  Zeit  des  Nero  hinabzureichen.  Unter 
den    acht  Stück,    welche    erworben    werden 


!  die  ganze  Kaiserzeit  hindurch   in  Gebrauch 
;  gewesen  i^t.  Uebrigens  scheint  diese  älteste 
j   Ansiedelung    aus    dem     Anfang     und     der 
j   Mitte    des   1.  Jahrlumdcrts    nicht    aut    die 
I   Gegend    des     Mauritiusplatzes    beschrankt, 
i   sondern    sich     auch     nordlich    und    üstlich 
i   weiter  ausgedehnt  zu  haben :  darauf  deuten 
wenigstens  neuere  Beobachtungen,  dass  auf 
dem    Terrain    des   ,. Adler"',    sowie    in    der 
'  Neugasse  dieselben  frühzeitigen  Gefässrestc, 
wenn  auch  nicht  so  zahlreich,   zu  Tage  ge- 
komuKMi  sind;   selbst  ein  Bad  dürfte  schon 
in  dieser  Zeit  in  der  Nähe  des  Kochbrunnens 
j   bestanden  haben,  wo.   ebenso  wie  am  Mau- 
ritiusplatze Ziegel  der  22,  Legion  aus  der 
Zeit    ihres    ersten    Aufenthaltes    in   Mainz 
(42 — 69   n.  Chr.)  gefunden  worden  sind, 

E.  Ritterlinir. 


Fig,  6  (M.  1:1). 

konnten,  sind  zunächst  drei  des  Typus  mit  . 
Entenschnabelfuss  und  eingestempeltem  Drei- 
eck (eine  abgebildet  Fig.  6,  vgl.  Annal.  29, 
S.  135,  Fig.  5),  sowie  eine  von  der  diesen 
nahestehenden  Form  (Ann.  29,  S,  135,  Fig, 4). 
Zu  diesen  kommen  zwei  Boi:cnscharnicrtibeln 
(eine  abgebildet  Fig,  7).  die  im  Gegensatz  zu 
den  bisher  erwähnten,  aus  La  Tine-Fibeln  ent- 
wickelten Typen  italische   Vorbilder  gehabt 


Fig,  7  (M.  1:1}. 

haben  dürften  uml  ebenfalls  schon  sehr  früh-  ; 
zeitig    in    den    Kheiolanden    begegnen;    so   ( 
sind  Fibeln  fast  ausschliesslich  dieses  Typus  ! 
vor  allem    in  ib'n  romischen,    aus  der  Zeit 
des    Augustus     stammenden     Anlagen     bei   \ 
Haltern  an  der  Lippe  gefunden  worden.   Die 
am  wenigsten  charakti'ristischen  Stücke  sind  i 
endlich    zwei    aus   Bronzedraht   herg<>stellte   | 
Fibeln  (Inv.  15155.    15156)  der  einfachsten   : 
und  leichtesten  Form  (vgl.  .Jae'obi,   Saal- 
burg,   Taf.   48,  Fig.    12   u.   13),    die    wohl   , 


Drangfsale  eines  nassauischen  Geist- 
lichen   im    dreissig'jähpigen   Kriege 
(1622). 

In  seinem  Buche  .,Die  Drangsale  des 
nassauischen  Volkes  und  der  angrenzemlen 
Nachbarländer"  (Gotha,  1854)  hat  Keller, 
damals  Pfarrer  zu  Idstein,  im  Hinblick  auf 
seine  engere  Heimat  die  Geschichte  des 
dreissigjährigen  Krieges  mit  seinem  fürchter- 
lichen Elend  geschildert.  Wer  noch  mehr 
in  die  traurigen  Einzelheiten  jener  Epoche 
sich  versenken  wollte,  würde  noch  manchen 
lehrreichen  Beitrag  in  den  Archiven  finden, 
noch  manches  ergreifende  Schicksal  er- 
zählen können.  Solch  ein  Schicksal,  nur 
eines  unter  vielen,  soll  dem  Leser  hier 
vorgeführt  werden;  eine  ziemlich  gewöhn- 
liche Soldaten-  und  Käubergeschichte,  aber 
sie  tritt  uns  persönlicher  und  lebendiger 
vor  die  Augen,  als  es  meist  wohl  geschieht, 
und  durch  die  örtlichen  Beziehungen,  in 
denen  sie  sich  bewegt,  mag  sie  für  den  Freund 
der  heimischen  Geschichte  einen  höhereu 
Reiz  erhalten.  Eine  Geschichte  aus  einer 
Zeit,  da  Soldaten-  und  Räuberleben  Deutsch- 
land erfüllte,  Soldaten-  und  Räuberpolitik 
seine  Geschicke  bestimmte. 

Die  Schlacht  am  weissen  Berge  war 
geschlagen  (1,  November  1620).  durch  sie 
der  Kriegsschaui)latz  in  Böhmen  für  Habs- 
burg gewonnen,  der  zum  böhmischen  König 
gewählte  Kurfürst  Friedrich  von  der  Pfalz 
landtiüchtig  geworden :  die  Entscheidung 
gegen   ihn    musstc    in    seinen  Stammlanden 


-      53 


—     54     — 


uiiil    in    den    Gebieten    der    mit    ihm    vcr- 
l)im(lctcn   Fürsten    nnd    Städte    im    Westen 
tallini.     Schon    seit     IGl!»     hatte     es    den 
Mliciu  entlang    nnd  durch    die    anliegenden 
Länder    l'ruppenmärsche,    Einquartierungen 
und  Feindseligkeiten  gegeben.  hauiit.>ächlich 
durch  die  Snanier  unter  Spinola   veranlasst, 
dem  die  Truppen  der  lu-otestantischen  L'nion 
nur    schwächlich    gegenübertraten.     Unter- 
nehmungen grösseren  Stils  und  entscheidende 
Schläge  brachte    aber    das  Frühjahr   lfi22. 
Der  Kurfürst  von  der  Pfalz  und  seine  Helfer 
brachten    neue  Ileeresmassen   auf,    und  die 
Kriegsschrocken    vermehrten    sich.      Zuerst 
kamen  sie    vom  Oberrhein    in  die  Neckar- 
gegenden,   wo  die  Schlachten  bei  Wiesloch 
und  Wimpfen  geschlagen  wurden  im  April 
und  Mai ;    dann    brachen    sie    vom  Norden 
durch  die  Wetterau  herein.     Hier  zog  der 
junge    Christian    von    ßraunsohweig,    halb 
Schwärmer   halb  Abenteurer,  südwärts,  wie 
er  es    schon    im    Vorjahre    versucht    hatte. 
Diesmal  gelangte   er  mit  seinem  Heere  bis 
an    den  ^Nlain    bei    Frankfurt    und   Höchst, 
erwartete  hier  den  Anmarsch  der  ligistisch- 
bairischen  Armee  unter  Tilly  und  der  spani- 
schen  unter  Cordova  und  wurde  bei  Höchst 
gänzlich     geschlagen,     sein    Kriegsvolk    in 
oder  über  den  Main  getrieben,  am  20.  Juni. 
Die  Landschaft  nördlich  vom  Main  lag 
otieii  für  Freund  und  Feind,  am  meisten  ge- 
fährdet aber  waren  die  eliemals  Epsteinischen 
Gebietsteile,    die    dem    Landgrafen    Moritz 
von    Hessen-Cassel    geliörten.      Dieser    war 
ein    gelehrter    und    glaubenseifriger    Herr, 
hatte  in  seinem  Lande  seit  160.5  eine  Kirchen- 
reform mehr  nach  der  calvinistischen  Lehre 
durchgeführt  und  noch  jüngst,  Frühjahr  1621. 
seinen  mannhaften  Charakter    bewährt,    als 
er    bd    den  Verhandlungen    zu  Mainz    und 
Hingen,  welche  der  Auflösung  der  protestan- 
tischen Union  voraufgingen,  den  Lockungen 
der  ligistischen  und  spanischen  Unterhändler 
hartnäckigen,  wenn  auch  vergeblichen  Wider- 
stand entgegensetzte.   Da  durfte  seine  Neu- 
tralität  nicht    auf   allzuviel   Beachtung    bei 
ilen  Generälen  der   habsburgisch-spanischen 
Partei  rechnen ;  hier  stand  er  sehr  in  Arg- 
wohn.  Ausserdem  hatte  er  in  dem  Erzbischof 
/u    ^NL'iinz    einen   keineswegs  wohlwollenden 
Xaclibar,  nicht  blos  weil  beide  in  verschiedenen 
l>olitischen    Lagern    standen ;    wegen    Burg 
und  Stadt  Epstein,  das  beiden  halb  gehörte, 
gab    es     fortwährende    Streitigkeiten.     Für 


S(tlche  schwierigen  Zeitläufte  war  der  Landes- 
schutz nicht  ausreichend  :  in)  Epstcinischeii 
und  der  nit'dern  Grafschaft  (Jat/enclnbugcu 
standen  nicht  mehr  als  liiOO  Mann  und  120 
Pferde,  wohl  hauptsächlich  als  Besatzungen 
der  Burgen  uml  Schlösser  fvgl.  Rommel. 
Gesch.  v.  Hessen  B<1.  7.  S.  89  f.  426  f.). 
Ein  Uebereinkommen,  das  damals.  Mai  1622, 
zwischen  nassauischen  untl  luain/isclicn  Räten 
getrotien  wurde,  vergegenwärtigt  aufs  deut- 
lichste, wie  unsicher  und  gefahrvoll  der 
Verkehr  an  Pihein.  Main  und  Lahn  \sar: 
die  Flusszugänge  und  Fährten,  die  PiLssc 
und  Strassen  sollen  streng  bewacht  und  ge- 
sichert, der  Middcdienst  im  ganzen  Lande 
sorgfältig  gehandhabt,  gegen  streifende 
Rotten  und  Gesellen  unnachsichtig  vorge- 
gangen werden  (vgl.  S  c h  1  i  e  p  h  a k  e  -  M  e  n  z  e  1 , 
Gesch.  von  Nassau,   Bd.   6,  S.   447  f). 

Jetzt  aber  möge  Johannes  Hofmeisterus, 
der  reformierte  Pfarrer  von  Massenheim, 
uns  selbst  erzählen,  wie  es  ihm  damals  er- 
gangen. Er  thut  es  in  einer  an  den  Land- 
grafen Moritz  gerichteten  Eingabe  vom 
3.  September  1622  und  in  dem  übermässig 
klassischen  Gelehi^cnlatein  seiner  Zeit,  das 
einer  deutschen  Uebersetzung  eigentlich  nicht 
zugänglich  ist.     Er  erzählt : 

.,AIs  der  Kampf  zwischen  dem  Herzog 
von  Braunschweig  und  den  Baiern  -tatttand 
und  die  Schlacht  sich  entscheiden  sollte 
und  ein  schreckliches  Gerücht  sich  ver- 
breitete, das  Heer  des  Herzogs  von  Braun- 
schweig sei  zum  grössten  Teil  geschlagen 
und  zerstreut,  da  betiel  uns  alsbald  die 
Furcht,  man  würde  von  den  siegestrunkenen 
Baiern  irgend  ein  Uebel,  da  das  Uebel  ja 
so  nahe,  erleiden  müssen ;  so  geschah  es, 
dass  sehr  viele  ihre  Dörfer  verliessen  und 
ihr  Heil  in  der  Flucht  suchten.  Weil  wir 
aber  von  vertrauenswürdigen  Boten,  die  wir 
nach  Kundschaft  ausgesandt  hatten,  erfuhren, 
dass  uns  von  den  Baiern,  da  sie  zurück- 
gingen, keine  Gefahr  drohe,  so  Hessen  wir 
die  Furcht  fahren  und  halten  uns  zu  Hause. 
Während  wir  einstweilen  in  Sicherheit  zu 
sein  glauben,  siehe!  da  werden  wir  wider 
alles  Horten  und  Erwarten  von  Main/er 
Soldaten,  unter  deren  Sdiutz  die  benach- 
barten Dorfschaften  >tanden.  in  raschem 
Angriff  auf  unser  Dorf  überfallen,  und  nach- 
dem alle  hinausgetrieben  und  in  die  Flucht 
gejagt  waren,  da  entweihten,  plünderten, 
zerstörten  sie  geheiligte  und  unheilige  Ge- 


—       00       — 


—     o6      — 


bäude    in    verbrecherischer    Froihlieit    uud 
Tompolichaiuhiiiiz :     Speisen    und    (ictriinke 
M'bart'teii    sie  fort,    Zugvieh    und    Kleimieh 
trieben    sit;    weg    und    Hessen    ausser    den 
Häusern    nichts    übrig.     Ja,    wenige    Tage 
später  haben  sie  gar  viele  Dinge  nebst  dem 
Pfarrhause    in    Flammen    gesti'ckt    und    in 
Asche  gelegt  und  mich,   der  ich  mit  anderen 
tloh  —  allein  jedoch  auf  dem   Wege  nach 
dem  Dorfe  Nordenstadt  — ,    haben  sie  er- 
griffen, von  da  nach  Wallau  zurückgeschleppt 
und  unter  furchtbaren  Drohungen  und  rohen 
Schlägen  genötigt.  das>  iih  mich  zur  Zahlung 
von    200    Imperialen    ^Reichstlialern)    ver- 
pflichtete, um  die  Freiheit  zurückzuerlangen. 
die  mir    teurer    war  als    das  Leben  selbst. 
Nachdem    ich    es    versprochen,    führen    sie 
mich  sofort    hier  und  da    im  Nassauischen 
umher,     um     das    Lösegeld    zusammen    zu 
scharen.     Aber   als    sie  merken,    ilass  nie- 
mand mir  als  einem  Unbekannten  eine  solche 
(rcldsumme    leihen  und    ich  völlig    unfähig 
zur  Zahlung  sein  würde,  so  erklären  sie  sich 
mit    50  Imperialen    zufrieden,    durch  viele 
Thränen  und  Bitten  dazu  von  mir  bewogen ; 
führen  mich  —  nicht  ohne  Beschimpfung  — 
nach  Mainz,    in  das    geistliche  Sodom  und 
Gomorrha.    in    die    Herberge,    die    sie    das 
rote  Haus  nennen,    behalten  mich  da,    was 
der  Wirt  lächelnd  geschehen  lässt,  bis  am 
andern  Tage    meine  Ehefrau,    die    an    den 
Bätlern  Wiesbaden's    in  der  Fremde  lebte, 
keinem  bekannt  und    der  Entbindung  ganz 
nahe,    diese  Geldsumme,    die    nur    mit  der 
grössten  Schwierigkeit  aufgetrieben  war,   in 
die  üben  bezeichnett;  Herberge  übersandte. 
Als  der  Preis  für  meine  Loslassung  ge- 
,   zahlt  war,  hoffte  ich  meiner  alten  Freiheit 
wiedergegeben  zu  werden;  aber  die  schlimmen 
L'ebelthäter  brachen  die  Treue  und  forderten 
von  mir  ihre  Schulden,  die  sie  durch  Prassen 
und  Saufen  hier  am  Orte  gemacht,   ungefähr 
10  Imperialen,  noch  dazu   ein.     Da  solche 
aber  mir  weder  zur  Hand  waren,  noch  irgend 
eine  Hoffnung,  sie  von  einem  zu  leihen  mir 
aufleuchtete,    so  machte  ich  mich  heimlich 
von    ihnen    davon.     Indem    ich    dann    den 
Wctr  zu  meiner  Gattin,    die    in  Wiesbaden 
sich    auHiielt    und    in    schwerem    Kummer 
hinschwand,    antrete    und    imr    wenig    aus 
Mainz    hinausgekommen  bin,    da    verfolgen 
mi<h    zwei   Bürger,    der  eine    ein   Metzger, 
der    andere     ein     Müller,     mit    gezogenen 
Schwertern,  fallen  mich  von  neuem  an  und 


drohen,  sie  würden  mich  in  die  Gewalt  der 
Soldaten  zunickbringen,  deren  Händen  ich 
entwichen  war  — jedoch  nicht  ohne  «Quittung 
über  das  bezahlte  Geld')  — .  wenn  ich  nicht 
auch  ihnen  etliche  Imperialen  auszahlte ; 
schliesslich  aber  nötigten  sie  mich,  nachdem 
sie  mir  irrossen  Schrecken  eingejagt  hatten, 
dass  ich  mit  Eidesleistung  versprach,  da 
ich  allen  Geldes  entblösst  wäre,  würde  ich 
8  Imperialen  aus  der  Stadt  Wiesbaden 
schicken.  Dann  aber,  da  sie  argwöhnten, 
dass  ich  das  Versprechen  in  Wirklichkeit 
wohl  kaum  anerkennen  würde,  so  zogen  sie 
mir  die  Kleider  aus,  gaben  vor,  dass  sie 
sie  als  Pfand  bewahren  würden  und  ent- 
liessen  mich,  angetban  mit  dem  hässlichen 
und  schmutzigen  Gewand  eines  Schafhirten, 
nach  Wiesbaden,  wo  ich  tief  in  der  Nacht 
nach  Oeffnung  der  Thore  aufgenommen 
wurde  und  so  lange  fest  sass,  bis  es  mir 
vergönnt  war,  durch  feindliche  Gewalithat 
und  Beleidigung  hindurch  zu  meinem  früheren 
Kirchendienst  zurückzukehren,  und  meinen 
Zuhörern  [erg. :  vergönnt  war],  daselbst  in 
Sicherheit  zu  leben,  nachdem  von  Eurer  Herr- 
lichkeit Truppen  in  das  P^psteinische  Land  ge- 
schickt waren,  um  die  Einfälle  und  Ver- 
wüstungen der  raubenden  und  plündernden 
Feinde  abzuwehren.') 

Aber  auch  hier  ist  noch  kein  Ende 
meiner  Leiden,  da  ich  auch  an  mir  die 
Wahrheit  des  Sprüchworts  erfahren  habe, 
dass  kein  Unglück  allein  ist ;  der  ich  nicht 
nur  aller  Güter  und  Hülfsmittcl.  des  Viehes 
und  Hausgeräts,  der  Bücher  und  allen  Ver- 
mögens beraubt  war,  sondern  auch  bald 
darnach  von  der  gefährlichsten  Dysenterie 
ergriffen  wurde,  die  mich  so  herunter  brachte, 
dass  ich  beständig  an  meiner  Rettung  ver- 
zweifelte. Aber  der  gnädigste  Gott,  der 
seine  geliebtesten  Söhne  durch  mannigfache 
Schickungen  und  Unglücksfälle  zu  prüfen 
und  durch  das  Feuer  des  Kreuzes  ihren 
Glauben,  ihre  Hoffnung  und  Geduld  zu  er- 
forschen pflegt,  hat  mich,  da  er  mich  aus 
sechs  Gefahren  errettet  hat,  in  der  siebenten 
nicht  verlassen  nach  seiner  väterlichen  Güte 
und  Barmherzigkeit ;  und  wenn  ich  auch 
jetzt  noch  von  der  so  heftigen  Krankheit 
matt  bin  und  meine  Kräfte  geschwächt  sind, 

')  Die  Quittung  befindet  sieh  als  IJeilage  bei 
iIppi  Srhroihon  in  \kton  des  Staatsnr''hivs  zu 
Wiesbaden:  Herrsch.  I\})stein.< Jener.  VIIc,  No.  2a. 

»)  Wahrscheinl.  unter  V.  Riedcsel;   vgl.  unten. 


.08     - 


<;o  hat    or  mir  doch  eine    mässii^e  Gosund- 
lieit  wiedergegeben. 

Dies  sind  meine  üherstandenen  Drang- 
sale, dies  sind  dir  Getahren  und  Schicksale, 
denen  ich  in  den  letzt  verflossenen  Monaten 
ausgesetzt  gewesen  bin " 

Der  Schreiber  entschuldigt  sich,  wenn 
er  mit  der  Erzählung  zu  ausführlich  ge- 
worden ist,  hort"t  aber  sehr,  zu  einem  Dienst 
in  einem  angemessenen  Orte  befördert  zu 
werden,  der  seinen  Studien  und  seinen  Gaben 
mehr  entspricht,  als  Ersatz  für  den  er- 
littenen Verlust,  als  erwünschte  Tröstung 
für  die  ausgestandenen  Eeiden.  Dafür  ver- 
spricht er  ein  dauerndes  Andenken  zu  be- 
wahren und  tieht  in  einem  Schlussgebet  den 
Segen  des  Höchsten  auf  den  erlauchten 
Herrn  herab.  ,, Geschrieben  zu  Cassel  in 
der  Herberge,  mit  zitternder  Hand,  schwach 
an  Kt'irper.  betrübten  Geistes,  im  Begriff 
nach  meiner  Vaterstadt  Bremen  zu  gehen, 
mit  Bewilligung  der  Oberen  und  auf  An- 
raten der  Aerzte,  wegen  des  Luftwechsels  und 
zur  Kräftigung  der  Gesundlieit  und  um  dort 
meinen  Vater,  einen  Geistlichen,  der  hoclibe- 
tagt  ist  und  den  einen  Fuss  bereits  im  Grabe 
hat,  zu  begrüssen.     Im  Jahre  u.  s,  w." 

Die  beigefügte  Quittung  ist  in  Mainz 
vom  25,  Juni  1022  datiert  und  trägt  IJnter- 
scliriften,  die  uns  zeigen,  welch  inter- 
nationales Gesindel  es  sich  damals  auf 
deutschem  Boden  wohl  sein  Hess,  herbei- 
gerufen vom  Hause  Habsburg  und  der  katho- 
lischen Liga.  Die  Namen  lauten:  Guan 
del  Valio,  Robles  (?)  de  Lingen.  Franscois 
Digartt.  Jan  E\  ha.  Diese  würdigen  Männer 
geben  in  schlechtem  Deutsch  eine  Erklärung 
ah,  die  der  Wirt  vom  roten  Haus  ihnen 
aufgesetzt  liaben  mag.  Danach  haben  sie 
als  ihren  Feind  , .bekommen  und  gefangen'' 
den  Pfarrherrn  von  Masseuheim.  der  .,für 
sich  und  seine  Gemeinde  zu  Relaxierung 
seines    Gefängnisses"    ihnen    als    Lösegeld 


Gefängnisses" 
.50    Reichsthaler    gegeben    hat:    sie 


sagen 


also  ,,ihn  und  vnrgemelte Nachbauren  hierüber 
(juitt  und  los,  ilass  sie  also  vor  uns  frei 
und  frank  mögen  passieren  und  ihren  Sachen 
nachgehen".  Eine  Abschrift  dieser  Quittung 
—  so  erfahren  wir  aus  einer  Nachschrift 
Hofmeisters  an  den  Landgrafen  —  hatte 
er  schon  im  Juli  (h?m  hessischen  Oberbefehls- 
haber der  Truppen  in  der  Herrschaft  Epstein, 
dem  edlen  Herrn  von  Riedesel,  auf  Betehl 
überreicht,    neb>,t    einer  Bittschrift,    in  der 


er  seine  trauri^'e  uml  elende  Lai,'e  dargt'k'i.'t 
hatte:  Riedesel  hatte  versprochen,  beides 
dem  Erzbischof  von  Mainz  /uzustellon,  Hof- 
meister ist  aber  ohne  Antw(»rt  geblieben, 
obgleirli  jener  von  seiner  .Vbreise  weiss. 

Die  Absicht  dieser  Bittschriften  ist  natür- 
lich Schadenersatz  und  besonders  Rüeker- 
stattung  des  abgepressten  liösegeldes  für  den 
misshandelfen  und  ausgeplünderten  Pfarrer 
gewesen.  Ob  er  in  dieser  Beziehung  etwas 
erreicht  hat,  wissen  wir  nicht.  Doeh  ver- 
fügte Landgraf  Moritz  auf  seine  Eingabe 
am  4.  September:  ,,Soll  «lern  consistorio 
ihn  seiner  i[ualitication  nach  zu  piomoviren 
recommandirt  werden"  ;  mit  welchem  Erfolg 
ist  nicht  zu  sagen.  Nach  Massenbeim  ist 
Hofmeister  jedenfalls  nicht  zurückgekehrt. 
Im  Frühjahr  1024  fand  eine  Pfarrvisitation 
in  der  Herrschaft  P^pstein  statt:  diese  war 
infolge  der  mit  den  religiösen  und  i)olitischen 
Wirren  verbundenen  dynastischen  und 
Familien-Streitigkeiten  an  die  hessen-darm- 
städtische  Linie  gekommen,  und  nun  sollte 
hier  wieder  durch  lutherische  Geistliche 
statt  der  calvinistischcn  das  Wort  Guttc; 
verkündigt  werden.  Damals  war  Massenhi-im 
verwaist;  der  alte  lutherische  Geistliche, 
der  durch  den  calvinistischcn  Hofmeister 
abgeh'tst  sein  wird,  lebte  erblindet  in  Ep- 
stein, ein  junger  Substitut  war  des  Landes 
verwiesen.  Jetzt  wurde  für  Mas.-;enlieim 
und  Diedenbergen  zusammen  ein  Pfarrer 
bestellt  und  damit  eine  langdauernde  kin-h- 
liche  Gemeinschaft  begründet.  —  Das  Regi- 
ment des  Landgrafen  Moritz  hatte  in  diesen 
kriegerischen  und  gewaltthätiiren  Zeiten 
fortgesetzt  mit  den  grössten  Schwierigkeiten 
zu  kämpfen  und  sein  Land  bot  am  wenigsten 
eine  sichere  ZuHucht.  Daher  hat  Hof- 
meister es  vielleicht  vorgezogen,  in  seiner 
Vaterstadt  Bremen  zu  bleiben  oder  von  hier 
aus  eine  friedlichere  Stätte  für  seine  Wirk- 
samkeit sich  zu  suchen.  Dass  er  gerade 
aus  Bremen  ins  Nassauische  gekommen  war, 
ist  übrigens  nicht  zufällig.  Hing  doch  ilie 
Han^-astadt  der  calvinistischen  Lehre  an 
und  fand  ein  steter  Austausch  geistiger 
Kräfte  zwischen  den  reliiriös  gleich  gesinnten 
Teilen  Deutschlands  statt.  Die  Geschichte 
der  hohen  Schule  zu  Ilerborn  bietet  für 
diesen  Austausch  gerade  mit  Bremen  be- 
sonders lehrreiche  Beispiele.  — 

Es  mag  noch  bemerkt  wenlen.   dass  die 
Herberge   zum   roten  Haus  schon  im  Mittel- 


—    :>9    — 


—     60     — 


alter  bestand  und  während  der  grossen 
Fehde  der  Erzbischüfe  im  .lalire  14»)2  hohen 
Herren,  und  nicht  den  ärmsten  als  Wohnung 
diente,  dem  Pfalzgraten  Friedrieh  und  dem 
11  raten   Philipp  von  Catzenelnbogen. 

Wir  nehmen  von  dem  Pfarrer  Hof- 
meister und  Seinem  Geschiek  Abschied 
und  erinnern  uns  nur  noch,  dass  die  ge- 
schilderten Erlebnisse  ganz  dem  Anfang  des 
grossen  deutschen  Krieges  angehiiren :  wie 
verrohten  mit  seiner  Dauer  aber  die  mensch- 
lichen Empfindungen  und  Sitten  mehr  und 
mehr  und  steigerte  sich  damit  das  rngliick 
und  Feiend  im  deutschen  Volke  ins  Masslose I 
Es  ist  nur  wie  ein  Vorspiel  hierzu,  was 
der  Pfarrer    \<m    Masseiiheim    uns    erzählt. 

Richte  r. 


Der  Empfang  des 
Fürsten  v.Nassau-Oranien  Wilhelm  V., 
früheren  Erbstatthalters  der  Nieder- 
lande bei   seiner  Rückkehr  in  seine 
Erblande  zu  Herborn  im  Jahre  1801. 

Wilhelm  V.,  der  Sohn  Wilhelms  IV.. 
der  durch  das  .\ussterben  der  beiden  Linien 
des  ot tonischen  Zweiges  des  Hauses  Nassau. 
Xassau-Dillenburg  und  Nassau-Siegen  (1739 
und  1743)  alle  Lande  dieses  Zweiges  wieder 
vereinigt  hatte,  war  seinem  Vater  am 
21.  Oktober  1751  nachirefolgt.  Seine 
segensreiche  und  gerühmte  Regierung^;  fand 
im  Jahre  1795  infolge  der  Eroberung  der 
Niederlande  durch  die  Franzosen  ein  rasches 
Ende :  er  verlor  seine  niederländischen  Be- 
sitzungen und  Würden:  nachdem  er  einige 
Jahre  in  England  zugebracht,  kehrte  er  im 
Jahre  1801  in  seine  P» »lande  zurück,  lebte 
von  da  an  meist  zu  Oranienstein  und  starb 
am  9.  April  1806  zu  Braunschweig.  Die 
Entschädigung,  die  er  durch  den  Reichsdepu- 
tationshaujitschluss  erhalten  hatte,  nahm  er 
für  sich  nicht  an.  somlern  überliess  sie  seinem 
Sohne  Wilhelm  Friedrich,  der  sie  freilich 
mit  seinen  F>blanden  bald  nach  des  Vaters  Tod 
infoltre  der  Stiftung  des  Rheinbundes  und  des 
Krieges   von    ISOti   wieder   einljüs.ste.-) 

Wilhelm  V.  war  also  mit  seinem  Sohne, 
dem  Erbprinzen,  im  Jahre  1801  in  sein 
Fürstentum  Nassau-Dillenburg  zurückgekehrt 


')   V;^l.     Strieder,     IlesH.     Cielelirten-Ge- 
schichtp  XV H,  i'JT. 

-|   Vi(l.    Aust'eld    in     iI-mi     Aiinuleii    XIX, 

139  tr. 


und  überall  mit  Jubel  empfangen  worden.^) 
Ueber  den  Empfang,  den  die  Stadt  Herborn 
ilem  Fürsten  bereitete,  besitzen  wir  einen 
gleichzeitigen  Bericht  in  einem  mir  von 
privater  Seite  freundlichst  zugestellten  Briefe 
der  Henriette  Rittershausen  vom  27.  Januar 
1802,  in  dem  sie  ihrem  Bruder  Wilhelm 
die  Feierlichkeiten,  welche  bei  dieser  fie- 
legenheit  stattfanden,  ausführlich  beschreibt ; 
er  zeigt  uns  anschaulich,  was  alles  die  gute 
Stadt  Herborn  aufbot,  um  den  Fürsten  zu 
erfreuen.  Von  der  Schreiberin  erfahren 
wir,  dass  sie  ihre  Vaterstadt  innig  liebte: 
,.cs  sollte  mir  leid  sein,  sagt  sie  u.  a.. 
wenn  Du  eine  andere  Stadt  unserm  geliebten 
Herborn  vorzögest. '•  Auch  das  mag  erwähnt 
werden,  <lass  sie  den  Bruder  bittet,  er  möge 
ja  den  Zopf  sich  nicht  abschneiden  lassen: 
die  Tituskopfe  seien  gar  nicht  mehr  Mode, 
und  alle,  welche  solche  hatten,  Hessen  sich 
falsche  Zöpfe  anbinden. 

]\Ian  hatte  den  Fürsten  am  9.  Dezember 
1801  zu  Dillenburg  erwartet,  wo  er  auf 
dem  gewöhnlichen  Wege  von  Marburi:  aus 
eintreffen  sollte.  Aber,, wegen  des  schmutzigen 
Wetters'"  fuhr  er  über  Giessen  und  Wetzlar 
und  kam  so  zuerst  nach  Herborn,  ..wo  man 
noch  keine  Ehrenpforten  und  nichts  fertig 
hatte.  Die  Stadt  Hess  geschwind  ein  Früh- 
stück machen,  die  Bürger  traten  unter  Ge- 
wehr, und  so  wurde  er  auf  den  Rathaus- 
saal geführt,  welcher  prächtig  ausm(d)liert 
und  gemalt  war.  und  etwas  frühstückte,  wo 
es  ihm  ausnehmend  gut  gefiel,  und  sogar 
in  Dillenburg  an  der  Tafel  gesagt  hat,  dass 
ihm  Herborn  am  besten  gefallen  hätte.'' 
Wie  freudig  mair  ihr  Herz  bei  dieser  Mit- 
teilung geschlagen  haben,  dass  ihr  geliebtes 
IIerb(jrn  <ler  Nachbarstadt  Dillenburg  den 
Rang  abgelaufen  hatte. 

.,Ein  paar  Tage  nachher",  so  fährt  unsere 
Briefschreiberin  fort,  .,als  er  in  Dillenburg 
war,  wurde  er  dann  förmlich  von  der  Hohen 
Schule  invitiert.  Jetzt  [es  war  am  14.  De- 
zember] ging  erst  der  wahre  Jubel  an.  Die 
Hohe  Schule  hatte  ein  Frühstück  znrecht 
machen  lassen,  welches  800  Gulden  gekostet 
hat,  denn  es  war  fast  alles  in  Frankfurt 
und  Wetzlar  gemacht  worden." 

,,ües  Morgens  um  10  Uhr  sollte  der 
alte  und  jun*(>  Prinz  nebst  mehreren  Räten 


")  Vgl.    die    Dillenburgf'c    Ititelligeiiz-Nach- 
richtfti   von    IMOl,  Sp.  (193. 


—     61     - 


—     r,2     — 


schon  hier  sein.  Du  kannst  Dir  also  leicht 
vorstellen,  ilass  alles  früh  in  Allarm  war. 
Sobald  er  auf  die  Herborner  Cfren/e  kam, 
gingen  die  Kanonen  los,  die  (Hocken  tin^'en 
an  /u  läuten,  bis  er  in  der  Stadt  war.  In 
dem  Kamjif  wurde  er  von  den  ersten  ller- 
bornern  empfangen,  die  Bürgerssöhne  hatten 
daselbst  eine  Ehrenpforte  gebaut  und  vor 
derselben  eine  Compagnie  zu  Grenadier 
gekleidet,  welche  sich  bei  ihm  die  Gnade 
ausbaten,  die  Ehrenwache  auszumachen, 
welches  er  auch  begnadigte.  Sodann  folgten 
die  übrigen  Bürgerssühne  in  Reih  und  Glied, 
nachdem  schlössen  sich  die  Bürgerstöchter 
an,  welche  ihm  zuerst  ein  sehr  sclKines 
Kissen  mit  einem  Karmen  [N.  1  ]  über- 
reichten. Am  Thore  war  auch  eine  Ehren- 
pforte gebaut,  wobei  die  Ratsherrn  standen 
und  ihm  einen  silbernen  Präsentierteller 
mit  einem  Karmen  [N.  2]  überreichten, 
und  sich  dann  die  Biirgerstöchter  schlössen ; 
so  ging  der  Zug  durch  die  Stadt,  wo  die 
Bürger  in  Gewehr  auf  beiden  Seiten  der 
Strasse  standen  und  an  denselben  sich  die 
Schulknaben,  welche  auch  ihr  Gewehr  hatten, 
anschlössen ;  zuletzt  kamen  die  Schul mädchen. 
Nun  ging  der  Zug  nach  dem  Schulhof,  wo 
dann  so  viele  Menschen  waren,  dass  man 
fast  nicht  durch  konnte  kommen.  Sobald 
er  in  den  Schulhof  kam,  gingen  die  Pauken 
und  Trompeten  an,  der  Prorektor')  über- 
reichte ihm  die  beiden  Scepter  und  hielt 
sogleich  eine  kleine  Rede  an  ihn.  In  dem 
Schulhof  standen  alle  diejenigen,  welche  zur 
Hohen  Schule  gehörten,  worunter  auch  unser 
Vater  war,  und  machten  ihr  Kompliment. 
Nun  wurde  er  zuerst  auf  die  Senatsstube 
geführt,  wo  auf  demselben  Gang  eine  Ge- 
sellschaft kleiner  Mädchen  von  G — 10 
Jahren  ihn  unvermuthet  überraschten  und 
ihm  ein  Blumenkörbchen,  formiert  wie  eine 
Urne,  mit  einem  Karmen  [N.  3  I]  über- 
reichten. Dann  ging  der  Zug  in  das  Audi- 
torium, wo  Herr  Prof.  Beier'')  und  Böttcher**) 


*)  Prorektor  war  von  Herbst  ISOO  bis  dabin 
1802  der  Professor  der  Theologie  Geor;^  Wiüj. 
Lursbach,  ein  berühmter  Orientalist  (1752 
bis  lS16j,  der  seit  1791  der  Hohen  Schule  an- 
gehörte, aber  im  Jahre  1812  einem  Kufe  nach 
Jena  folgte.     Vgl.  (.'uno  in  Annal.  XIII,   19   tl'. 

')  Job.  Franz  Beyer  (1767—1814)  gehörte 
vom  Jalire  1794  als  l'rotes:>or  der  (.ieschichte 
und  liercJsamkeit  der   lluhen  Schule  an. 

")  Heinr.  LuJw.  Christ.  Böttger  (1771  bis 
181,j)    war  von  dt-m  Jahre   179G    bis    ISOti   Pro- 


eine Rede  hielten.  Jetzt  wunb-  in  das 
Haus  des  Herrn  v.  Almendingen'j  gegangen, 
wo  gefrühstückt  wurde;  aus  dem  .Vuditorium 
bis  dahin  war  wieder  eine  Reihe  Mädchen, 
welche  ilnii  einen  Blumeiikran/  überreiihtcii. 
Fr  hielt  sich  daselbst  ungefähr  1  Stunde 
auf,  während  dem  noch  alle  Züge  vorbei 
raussten  passieren!  Da  fuhr  er  von  allen 
wieder  begleitet   fort  '* 

..Den  Abend  hatten  wir  in  dem  .Audi- 
torium einen  Ball,  wo  is,3  Personen  waren, 
denn  aus  der  ganzen  Gegend  von  hier  waren 
Leute  drauf,  man  konnte  fast  nicht  tan/en 
vor  lauter  Menschen,  wir  haben  uns  aber 
doch  recht  lustig  gemacht.  Das  Jubeln  der 
Leute  dauerte  ungefähr  3 — 4  Tage,  da  war 
alles  vorbei."  Soweit  unser  Bericht,  in 
welchem  noch  die  freudige  Erregung  der 
Schreiberin  über  das  Erlebte  nachklingt. 

Am  14.  besuchte  der  Fürst  Haiger  und 
reiste  am   If^.  über  Diez  nach  Oranien-.tein. 

F.  Otto, 


Chronik. 

Altertums-Verein  zu  Herborn. 

Der  Altertums-Verein  zählte  am  Jahres- 
schluss  (31.  März  1900)  SO  Miti^dieder. 
Die  Sammlungen  des  Vereins  umfa^Nsen 
3894  Gegenstände  und  zwar: 

Bücher  610  Bände,  darunter  94  Her- 
borner Drucke,  aus  dem  It!.  bis  18.  Jahr- 
hundert; sonstige  Schriftstücke,  Urkunden. 
Einblattdrucke  1050  Stück;  (Ölgemälde, 
Bilder,  Landkarten  etc.  327,  Ritter- 
rüstungen, Watten,  Fahnen  und  Geräte 
aller  Art  920  Stück,  Münzen  und  Medaillen 
957,  Zunftsiegel  undSiegtdabdrücke  30  Stück. 

Der  Zugang  im  abgelaufenen  Jahre  be- 
trug   über    900    Stück,     Eine   Aufzählung 


fessor  der  Rechte  und  trat  ini  Jahre  1806  in 
den  praktischen  Dienst  über.  Kr  war  es,  der 
die  Rede  hielt  und  zwar  de  iurisprudentia 
Horatii,  die  nachher  im  Druck  erschien,  20  S. 
in  4". 

')  Lud  w.  Harscher  von  A  1  m  o  n  d  i  n  g  e  n 
(176t)  — 1827  ),  ein  bedeutender  Jurist,  war  von 
1794—1803  Professor  der  Rechte  in  Herborn, 
später  in  verschiedonen  Stellungen  praktisch 
thiitig.  In  seiner  Heimat  war  er  bekannt  w.'i^en 
seiner  ausserordentlichen  Zerstreutheit,  die  Faih- 
geiiossen  srhätztcn  seine  zahlreichen  Si-hriften 
hoch,  in  dein'n  er  eine  tipfere  Autrai-sunsf  der 
Kfchtsordnun-fen  \ ertrat  un<l  neue  .Vnachuuungen 
und    liet'ormeM   aiiiialmte. 


-     63     — 


—     G4     — 


der  GeL'enstünde  uml  der  Geber  lusst  der 
im  Blatte  vertii^diare  Kaum  nicht  /u.  — 
Vtin  den  im  Museum  hetindlichen  Gegen- 
stunden seien  hier  einii,'e  der  wertvolleren 
erwähnt :  ein  vorgeschichtlicher  und  ein 
fränkischer  Grabfund  (grosse  goldene  Fibula, 
Perlen  und  bronzene  Gegenstände);  die  Ein- 
lailun^'  zum  Reichstag  nach  Augsburg  (1530) 
mit  Stemiielunterschrift  K.  Karls  V.  uml 
der  Geijenzeichnung  Alexanders  von  Schweiss, 
eines  geborenen  Hcrborners.  Von  diesem 
Einladungsschreiben  sollen  nach  Mitteilung 
des  Herrn  Prof.  De  issmann  in  Heidelberg 
nur  nooh  2  weitere  Exemplare  vorhanden  sein. 
Ferner  sin<l  erworben  geiren  200  Stück  Feuer- 
steinwatfen  und  Werkzeuge  aus  der  älteren 
und  Jüngeren  Steinzeit ;  Funde  aus  den  Kalk- 
steinhöhlen bei  Erdbacli  und  der  Liittau 
bei  Herborn  (Scherben  von  Thongefässen 
und  Knochen):  die  eigenhändige  Nieder- 
schrift der  Komposition  ..Die  Wacht  am 
Rhein'*.  Auf  der  Rückseite  des  betrefi'en- 
Blattes  befindet  sich  die  Komposition  für 
das  Lied:  ,,Die  ewige  Grenzsperre" 
vun  Hotfmann  von  P'allerslebcn.  Beide 
Lieder  wurden  nach  dabei  befindlicher  An- 
merkung Wilhelms  im  März  1851-  von  ihm 
komponiert.  Die  ..Wacht  am  Rhein" 
trägt  unter  der  Anmerkung  die  eigenbändige 
rnterschrift  des  Komponisten.  Das  Blatt 
kam  als  Geschenk  an  den  ihm  befreundeten 
Direktor  der  hiesigen  Präparanden-Anstalt. 
Herrn  Hopf,  einen  geborenen  Schmal- 
kaldener.  Weiter  sei  erwähnt  eine  gefalzte 
und  eine  geät/te  Rüstung,  sowie  Waflen 
aus  dem  Krieij^e  1870/71,  ein  Planeta- 
rium und  Himmelsglobus  (von  der  ehe- 
maligen hohen  Schule).  —  Zu  tlen  im 
FVühjahr  an  den  Wänden  des  sogenannten 
Rittersaales  angebrachten  Wappenschildern 
der  hiesigen  Burgmänner,  sowie  des  hier  i 
und  in  der  Umgegi'nd  von  Herborn  an-  . 
.sässigen  Adels  (44  Stück),  kamen  im  Februar 
d.  .1.  noch  gegen  40  Wappen  hiesiger  i 
Bürgerfainilien.  aus  dem  17.  und  18.  ,Lahr- 
liunilert ;  diesflben  wurden  nach  Siegel- 
abdrücken. Holzschnitzereien  vom  Rathaus,  ' 
sowie  nach  Grabdenkmälern  von  mir  an- 
gefeitigt  und  im  ..Corpus  Inscriptionum 
Herbornr-nsium"'  in  kleincrem  Massstabe  ab- 
gebildet. V(jn  der  Museunisverwalfung  in 
Wiesbaden  wurden  mir  10  Stück  hier  ge-  , 
prägter  nassuuischrr  Münzen  aus  ilen  Jahren   ' 


l(i8.3 — 1690  leihweise  freundlichst  zum 
Nachbilden  in  Zinn  überlassen.  Die  i,'ut 
ausgefallenen  Abgüsse  wurden  der  Münz- 
sammlung einverleibt.  Letztere  umfasst 
ausserdem  keltische  und  römische  Mimzen, 
sowie  solche  aus  der  deutschen  Kaiserzeit, 
fürstliche,  bischöfliche  und  Städfemünzen 
etc.  —  Die  Chroiiik  wurde  von  dem  /weiten 
Vorsitzenden  Herrn  Hopf  weitergeführt  und 
die  Inschriftensammlung  von  Gebäuden  etc. 
weiter  vervollständigt. 

Für  den  »3.  August  v.  J.  erging  von 
uns  eine  Einladuna:  an  den  historischen 
Verein  zu  Dillenburg  zur  Besichtigung 
unserer  Sammlungen,  welcher  eine  grössere 
Anzahl  ^litglieder  und  deren  Familien- 
angehörige entsprachen.  An  den  Besuch 
des  Museums  reihte  sich  eine  gesellige 
Zusammenkunft  im  Ritter,  wo  bei  einem 
guten  Trünke.  Reden.  Toasten  die  Stunden 
bis  zum  Aufbruch  unserer  Gäste  schnell 
dahin  schwanden.  — 

Die  Eintragung  des  Vereins  ins  Vereins- 
register wurde  von  der  General versamjulung 
beschlossen.  Die  bisherigen  Satzungen  des 
Vereins  waren  vorher  von  Herrn  Gerichts- 
rat Raab  durchgesehen  und  einige  von  dem- 
selben vorgeschlagene  Aenderungen  fanden 
einstimmige  Annahme. 

Zu  den  monatlichen  Vorstandssitzungen 
soll  künftig  den  Vereinsmitglicdern  ilie 
Teilnahme  ermi'iglicht  werden  und  die  Ein- 
ladung im  hiesigen  Tagblatt  dazu  erfolgen  ; 
hoffentlich  wird  seitens  derselben  eine  rege 
Teilnahme  an  den  Versammlungen  statt- 
finden und  dadurch  fördernd  auf  das  Vereins- 
leben eingewirkt  werden. 

Ein  Verzeichnis  aller  austrestellten  Gegen- 
stände und  der  Büchersammlung  wird  in 
aller  Kürze  erscheinen.  —  Seit  Bestehen 
des  Vereins  wurden  verausgabt  für  Zimmer- 
miete und  Herrichten  der  Ausstellungs- 
räume 612  M.  85  Pf,  für  Bücher  348  M. 
80  Pf.,  für  Herborner  Drucke  101  M.  05  Pf., 
für  Kuiistsachen  77  M.  90  Pf.,  für  Aus- 
grabungen und  Funde  87  M.  22  Pf.,  für 
Münzen  20  M.  23  Pf.,  für  Hausgeräte  und 
Waffen   31  M.   60  Pf. 

Das  Vereinsjahr  be;;innt  künftig  mit 
dem  1.  Januar.  Der  bisherige  Vorstand 
wurile   wiedergewählt. 

J.   IL   II offmann. 


Im  Auflrage  des  VursUnilrs  li«rau'');e^el)ea  von  <Jer  RetlakUoDt-Kuniniiaaiou.   Diuck  vou  Kud.  Becbtulil  A  Cümp.,  Wiesbaden. 


Mitteilungen 

des 

Vereins  für  Nassaiiisclie  Altertumskunde 

und  Geschiclitsforsehuim' 


an     seine     >I  i  t  s  1  i  e  d 


e  i*. 


l'MM)  VMn. 


I.  Oktober 


No.  3. 


Vereiiisiiacliricliten. 

(Vom   1.  Juli  liis  30.  September   1900.1 

Im  IMitglietlerbestand  sind  folgende  Ver- 
änderungen eingetreten:  Neu  aufgenommen 
sind  die  Herren  städtischer  Baudirektor 
Frobenius,  praktischer  Arzt  Dr.  med.  Karl 
Winckler,  Rentner  Adolf  Ilartmaun,  prak- 
tischer Arzt  Dr.  med,  Jul.  Müller,  Ober- 
regierungsrat Hempting,  Architekt  Val,  Woll- 
stadt, Oberst  z.  D.  Vanselow,  Architekt 
Karl  Dormann,  Direktor  Dr.  Schneider 
(Wiesbaden),  Oberförster  Lieber,  praktischer 
Arzt  Dr.  med.  Fritz  Klein,  Regiorungs- 
bauführer  Heinrich  Braune  (Idstein).  Haus- 
vater Aug.  Korf  iOberursel',  Pfarrer  Müller 
(Liebenscheid)  und  das  Museum  der  Stadt 
Metz;  gestorben  sind  die  Herren  Pfarrer 
Deissraann  (Erbach),  ein  langjähriges,  um 
die  nassauische  Geschichtsforschung  sehr  ver- 
dientes Mitglied.  Sanitätsrat  Dr.  med.  Müller 
(Wiesbaden),  Hauptmann  a.  D.  Kroeck 
(Charlottenburg),  Se,  Durchlaucht  Graf 
Friedrich  zu  Solms-Laubach ;  ihren  Aus- 
tritt haben  angezeigt  Herr  Karl  Ebhardt 
(Wiesbaden)  und  der  Verein  für  Anthro- 
pologie und  Landeskunde  zu  Koburg.  Die 
Mitgliederzald  beträgt  454. 

Der  Bibliothek  des  Vereins  ging  das 
Album  des  Wilhelnisturmos  zu  Dillenburg 
als  Geschenk  des  dortigen  Historischen 
Vereins  zu,  ausserdem  hat  der  Verein  Herrn 
Piopenbring  zu  Königstein  und  Herrn  Dr. 
jur.  Ale.xander  Tietz  zu  Frankfurt  a.  M. 
für  die  Uebersendung  ihrer  Schriften  zu 
danken. 

Auf  der  vom  21.  bis  28.  September 
in  Dresden  tagenden  Generalversamndung 
des  Gesamtvereins  der  deutschen  Gcschichts- 


U\\- 


und  Altertumsvereine  vertrat  llt.n-  .\ii 
direktor   Dr.   Wagner   unseren  Verein, 

Bei  den  beiden  in  diesem  Quartal  unter- 
nommenen Ausflügen  war  die  Thcilnalinn- 
der  Mitglieder  erfreulicher  Weise  eine  sehr 
rege.  An  dem  Austiug  nach  Mainz  am 
11.  Juli  zur  Besichtigung  der  Gutenberg- 
Ausstellung  und  des  römisch-germanischen 
Museums  sowie  der  römischen  Wasserleitung 
bei  Zahlbach  nahmen  über  CtO  Personen 
Teil.  Die  Gutenberg-AusstellunL'  hatte  eine 
besondere  Anziehungskraft,  zumal  Herr  Stadt- 
bibliothekar Professor  Dr.  Velke  sich  bereit 
erklärt  hatte,  die  Führung  zu  übernehmen, 
und  es  dadurch  den  Teilnehmern  ermög- 
licht wurde,  trotz  des  in  Anbetracht  des  Ge- 
botenen viel  zu  kurz  bemessenen  Besuches 
einen  Ueberblick  über  das  Ganze  und  einen 
genaueren  Einblick  in  die  interessante- 
sten Teile  der  Ausstellung  zu  gewinnen. 
Auch  der  Ausflug  nach  der  Burg  Reichen- 
berg bei  St.  Goarshausen  am  20.  Juli  ver- 
einigte über  30  Mitglieder  und  Gäste  des 
Vereins.  Ausser  aus  Wiesbaden  halten  sich 
Mitglieder  aus  Idstein,  Rüdesheim  und 
St.  Goarshausen  eingefunden.  -  Die  herrliche 
Rheinfahrt,  das  fröhliche  Zusammensein  in 
St.  Goarshausen  und  die  gastliche  Aufnahme 
auf  der  Burg  seitens  des  Besitzers  Herrn 
Professors  Dr.  v.  Oettingen  und  seie.er 
Familie  wirkten  zusammen,  um  den  Tag  für 
jedes  empfängliche  Gemüt  zu  einem  wirk- 
lich genussreiihen  zu  machen.  Die  ein- 
gehende Besichtigung  der  Burg  unter 
Führung  des  Besitzers,  eingeleitet  durch 
einen  auf  gründlichster  Sachkenntnis  be- 
ruhenden, von  tlen  bisherigen  Ansichten  in 
wesentlichen  Punkten  abweichenden  Ueber- 
blick über  die  Baugeschiclite,  war  von  hohem 

3 


—     67     - 


—     68     — 


Interesse.  Den  um  diese  Ausflüge  verdienten 
Herren  Velke.  Kürber  und  v.  Oettingen. 
sowie  des  letzteren  lielu-nswürdiger  Frau 
Gemahlin  sei  auch  an  dieser  ^ftelle  der 
herzlioiiste  Dank  für  ihre  Bemühungen 
gesagt. 


Terwaltiniffs-Bericlit 

des  Altertums-Museums. 

(Vom   l.  Juli  bis  30.  Sept.    190O.j 

Der  Verwaltungsberieht  des  Museums 
erscheint  wegen  Abwesenheit  des  Herrn 
Museumsdirektors  in  der  nächsten  Nummer. 


Funde. 

Etwa  750  m  südöstlich  von  Dachseii- 
hausen.  im  Bachlieimer  Walde,  wurde 
bei  Anlage  der  neuen  Kleinbahn  ein  tiefer 
Einschnitt  in  das  Terrain  gemacht.  Hierbei 
fand  sich  ein  Grab,  dessen  Inhalt  teilweise 
durch  die  Aufm.erksamkeit  des  Herrn  Lehrers 
Gerhardt  gerettet  wurde.  Die  Grabstätte 
bildet  eine  in  den  gewachsenen  Boden  leicht 
eingeschnittene  Mulde,  deren  tiefster  Punkt 
etwa  1  m  unter  dem  Waldterrain  liegt. 
Weder  Steine  noch  ein  Erdhügel  sind  an 
der  Stelle  bemerkbar.  Verschiedene  ähn- 
lich in  den  gewachsenen  Boden  leicht  ein- 
geschnittene Senkungen,  die  sich  in  den 
frischen  Böschungen  zeigen,  deuten  an,  dass 
noch  weitere  Grabstätten  in  gleicher  Weise 
dort  angelegt  sein  müssen. 

Das  Grab  ist  ein  Brand trrab.  Nach  der 
Beschreibung  war  ein  grosses  Gefäss  mit 
Erde  und  Knochenresten  angefüllt  und  mit 
einem  Deckel  versehen.  Die  überlieferten 
Scherben  gehören  zwei  Gelassen  an.  Das 
eine  Hess  sich  mit  den  erhaltenen  Scherben 
zusammensetzen:  es  fehlen  jedoch  grössere 
Teile.  Es  ist  eine  22  cm  hohe  Schüssel 
mit  flachem,  15  cm  weitem  Boden  und  36  cm 
weiter  oberer  Oeft'nung.  Es  ist  auf  der 
Aussenseite  rauh,  unten  rötlich,  oben  dunkler 
und  ohne  Verzierung.  Da  wo  der  Boden 
ansetzt,  zeigen  sich  Fin'-'creindrücke.  Die 
Innenseite  ist  schlecht  geglättet  und  hat 
gleichfalls  zum  Teil  rötliche,  zum  Teil 
dunklere  Farbe.  Unter  dem  Rande  ist  das 
Gefüss  leicht  nach  innen  eingebaucht :  der 
Rand  ladet  nur  wenig  au?  und  ist  leicht 
hiliräg  abgestrichen.    Der  Brand  ist  schwarz 


;  unTl  sehr  hart,  wenig  mit  Qnarzit  vermischt. 
Die  Scherben  des  anderen  Gefässes  sind 
dickwandiger  mit  starkem  Zusatz  von  (^)uarzit, 
auf  der  Innenseite  geglättet  und  geschwärzt. 
Der  Befund  des  Grabes,  sowie  die  Form 
der  hüben  Schüssel  weisen  auf  die  Bronze- 
zeit. Ein  sehr  ähnliches  Gefäss  ist  ge- 
zeichnet in  den  Veröffentlichungen  der  Karls- 
ruher Samndung  1899,  II.  Heft.  Tafel  VI,  4 
aus  einer  steinzeitlichen  Niederlassung.  In 
der  Umgebung  der  Grabstätte  liegt  ein  aus- 
gedehntes Grabfeld  mit  nur  unberührten 
Grabhügeln,  das  von  Herrn  Pfarrer  Bender 
zuerst  beobachtet  wurde.  Der  Dreiecks- 
stein 1406  im  Distrikt  ..Hohewald-  steht 
auf  einem  mächtigen  Hügel.  In  der  Nähe 
desselben  liegt  eine  kreisrunde  Tenne,  die 
sich    etwa    20  cm  über    dem  Boden    erhebt 

I   mit  25  m  Durchmesser,    auch  zeichnet  sich 
daneben  ein  Viereck  ab,  das  wohl  von  einer 

i   Hütte  herrührt.     Das  Dorf  lag  hier  in  der 

i   Nähe    der  von  Braubach    zum   Wisperthale 

\   führenden  Hochstrasse. 

Oberlahnstein.  R.  Bodewig. 


Miscelleii. 

Die  Originalhandschrift  des 

Eppstein* sehen  Lehnbuches  aus  dem 

Ende  des  13.  Jahrhunderts. 

Die  Freunde  der  Geschichte  nicht  nur 
Nassaus,  sondern  der  Rhein-  und  Mainlande 
überhaupt  wird  es  interessieren,  zu  erfahren, 
dass  die  Originalhandschrift  des  Eppstein- 
scben  Lehnregisters,  die  lange  Zeit  verschollen 
war,  neuerdings  wieder  ans  Tageslicht  ge- 
treten und  durch  die  Königliche  Archiv- 
verwaltung für  das  Staatsarchiv  in  Wies- 
baden erworben  worden  ist.  Sie  ist  ein 
Pergamentband  in  Oktavformat  mit  43 
Blättern,  darunter  42  beschriebenen,  denen 
nachträglich  eine  Lage  Papier  mit  einem 
von  einer  Hand  des  16.  Jahrhunderts  ge- 
schriebenen Ortsregister  vorgeheftet  wurde. 
Ein  brauner  gepresster  Lederband  mit  Holz- 
deckeln schliesst  die  Blätter  ein  und  konnte 
ehemals  durch  zwei  geflochtene  messing- 
beschlagene Ilanfbänder  zusammengehalten 
werden,  von  denen  jetzt  nur  eins  noch  vor- 
hai;den  ist. 

Das  Register  ist  von  einer  Hand  ge- 
.schrieben,  und  die  Schrift  ist  die  des  aus- 
gehenden 13.  Jahrhunderts;   nur  am  Schlu.ss 


—      6!) 


.(I      — 


findet  sicli  ein  Zusatz  von  einer  wenig 
jiinwren  Hand,  und  die  Kintragung  auf  iler 
letzten  Seite,  sowie  eine  solche  auf  S.  40 
gehören  dem    15.  Jahrhundert  an. 

Auf  der  ersten  Seite  der  I'apierlage 
findet  sich  von  einer  Hand  aus  dem  An- 
fange des  16.  Jahrhunderts  die  Aufschrift: 
1200  Epsteinisch  DncJilin  über  die  Ep- 
steinischen Rcnt  und  tehen;  darunter  von 
jüngerer,  aber  gleichfalls  noch  dem  It). 
Jahrhundort  angehörenden  Hand  die  Worte: 
Dieses  Bilcldins  Inhalt  r/leich  ist  noch 
ein  Lateinisches  furhanden,  so  dem  Ad- 
vocaten  D.  C.  K.  zugescJiicl-ht. 

Die  Handschrift  enthält,  abgesehen  von 
einigen  eingestreuten  l^rkunden,  ein  Register 
der  Passiv-  und  Aktivlehen  der  Herrn 
v.  Eppstein,  oder,  um  mich  genauer  aus- 
zudrücken, Gottfrieds  IV.  vonEppstein;  denn 
am  Ende  der  Regierungszeit  dieses  Dynasten, 
und  von  ihm  veranlasst,  ist  das  Register 
angelegt  worden.  Da  er  um  1294  irestorben 
ist  und  in  der  Handschrift  das  Jahr  1290 
erwähnt  wird,  so  ist  die  Abfassung  in  die 
Zwischenzeit  zu  verlegen. 

Der  Lehnsbesitz  der  Eppsteiner  lag  am 
Mittelrhein  und  am  unteren  Main.  Er  war 
ausserordentlich  bedeutend  und  bestand  in 
Gütern  und  Nutzungen  verschiedener  Art. 
Da  nun  das  Register  die  Lehnstücke  und 
die  Xamen  der  Belehnten  einzeln  autführt, 
so  ist  ersichtlich,  welchen  Wert  es  für  die 
Familien-  und  Ortsgeschichte  der  Rhein- 
und  Maingegenden  haben  muss,  ganz  abge- 
sehen von  der  allgemeinen  Bedeutung,  die 
ihm  in  rechts-  und  wirtschaftsgeschichtlicher 
Hinsicht  zukommt.  Seinem  vollen  Werte 
nach  ist  es  noch  niemals  gewürdigt  worden, 
auch  benutzt  ist  es  nur  sehr  wenig.  Die 
erste  Erwähnung,  die  ich  bisher  habe  fest- 
stellen k()niien,  erfolgte  in  einer  von  kur- 
mainzischer  Seite  ausgegangenen  Rechts- 
deduction  gegen  die  An-prüche  der  Grafen 
Stolberg  auf  die  Grafschaft  Künigstein.  Sie 
erschien  ohne  Jahresangabe,  gehört  aber  in 
das  Jahr  17  30  und  führt  den  Titel:  An  die 
hm.  Kayserl  .  .  .  Majestät  Allcninter- 
thäniqste  Exceptiones  ...  In  anmasz- 
lichen  K/af/-Sachen  Deren  sainhtlTclien 
Grafen  zu  Stolberg  Contra  Sr.  Chur- 
Jürsll.  Dnrchleiicht  zu  Magntz.  Die  dem 
Hohen  Ertz- Stift  Magnfz  anderthalb 
Sarcnla  hindurch  i}icorporirte  Graß'schajft 
KiJnigstein  betreffend.    Hier  wird  (Beilagen 


Nr.  31  S.  95)  unter  der  Uebcrschrift : 
Extract  einr.s  alten  Ei/steinisrhen  Per- 
gamenen  Lager-lUirhlrins,  norin  Wn/laiid 
Godefridus  Herr  zu  Epstein  seiner  Ilcrr- 
srJiajft  soicohl  Actio  (ds  Pas>ir-L,hcn 
beschrieben  .  .  .  eine  Stelle  des  Lelinbuchcs 
mitgeteilt,  die  dann  W'enck  in  seiner  Hessi- 
schen Landesgeschichtc  HI,  S.  .015)  be- 
nutzt hat,  während  er  weder  in  diesem 
Werke,  noch  in  seiner  Schrift :  Dijibnnd- 
tische  Nachrichten  von  den  ausgrstijrltiDe.n 
Dgnasten  von  Eppenstein,  Darm^tadt  1775, 
das  Register  kennt.  Wenn  Bodmann 
{Rheingaidsche  AHertüinei\  S.  600)  das 
..uralte  eppsteinische  Lehubüchlein  (Saec. 
XII)''  erwähnt  und  eine  Stelle  daraus  mit- 
teilt, .so  will  er  offenbar  den  Glauben  er- 
wecken, als  ob  er  die  Handschrift  selbst 
eingesehen  hat.  Doch  ist  dies  unrichtig, 
worauf  schon  die  falsche  Altersbestimmung 
hinweist;  er  kennt  die  angeführte  Stelle 
lediglich  aus  Wencks  Hess.  Landesgesch. 
Was  in  neuerer  Zeit  aus  dem  Lehnbuche 
bekannt  geworden  ist,  wurde  nicht  der  in 
lateinischer  Sprache  ixeschriebenen  Urschrift 
entnommen,  sondern  einer  im  15.  Jahrhundert 
angefertigten  deutschen  Uebersetzung,  die 
sich  im  gräfiich  Stolberg'schen  Archiv  ehe- 
mals zu  Ortenberg  in  der  Wetterau  be- 
findet (vgl.  Annalen  XIX.  S.   55), 

Bei  der  Wichtigkeit  des  Registers  wird 
es  gewi:-s  auf  all;remeine  Zustimmung  zu 
rechnen  haben,  dass  eine  Veröffentlichung 
nach  der  Originalhandschrift  in  Angriff  ge- 
nommen ist, 

Wiesbaden.  P,  Wagner. 


Die  Berufung-  des  waldeckischen 

Hofraedicus  Joh.  Theod.  Fritze  nach 

Dillenburg". 

Als  im  Jahre  17G3  die  Stelle  eines 
Medicus  und  Landphysicus  zu  Dilienburg 
und  ebenso  durch  den  Abgang  Schröders  nach 
Groningen  (1761)  die  eines  Profes-ors  der 
Rechte  an  der  hohen  Schule  zu  Ilerburn  neu 
besetzt  werden  musste,  war  es  die  Aufgabe 
des  damaligen  Regierungsrates  von  Meuse- 
bach  zu  Dillenburg.  Vorschläge  \on  geeig- 
neten Personen  für  beide  Stellen  zu  machen. 
Da  er  selbst  zu  wenig  Kenntnis  auf  diesem 
Gebiete  hatte,  wandte  er  sich  an  den  ihm 
befreundeten  Leibmedicus  des  Herzogs  von 
Sachsen-Eisenach.  Dr.  JJi.  Aui:ii-.fin  Stöilcr 


—     71     — 


ZU  Eisenacli.  dem  er  grössere  Bekanntschaft 
mit  i'assenden  rersünlichkeiton  zutraute,  um 
Auskunft.  Uns  liegen  drei  Schreiben  Meuse- 
bachs  in  dieser  Sache  vor,  die  wir  der 
Freundlichkeit  des  verstorbenen  Majors 
Freiherrn  von  Wangenheim  verdanken ;  sie 
erscheinen  uns  interessant  genug,  um  daraus 
einiges  auszuheben,  einmal  weil  sie  zur  Be- 
rufung eines  Fritze  nach  Nassau  führten. 
wo  diese  Familie  nachher  zu  hohem  An- 
sehen und  Ehren  gelangte  [wir  nennen  blos 
den  Professor  der  Medicin  zu  Herborn 
Friedrich  August  Fritze  (1754 — 182G)  und 
den  als  Geheimen  Rat  im  Jahre  1880  ver- 
storbenen früheren  Leibarzt  des  Herzogs 
von  Nassau  Wilhelm  Fritze],  sodann  weil 
sie  uns  über  die  damaligen  Verhältnisse  im 
Dillenburgischen  unterrichten,  endlich  weil 
sie  ein  lebendiixes  Zeugnis  der  Eigenart  des 
originellen  Regierungsrates  von  Meusebach 
in  Sprache  und  Schrift  ablegen 

Ueber  das  Leben  und  die  Sonderbar- 
keiten dieses  Gottlob  Georg  von  Meusebach 
(er  selbst  unterschreibt  sich  in  seinen  Briefen 
G.  G.  J.  Meussbach  oder  Meusbach)  haben 
wir  in  der  Lebensbeschreibung  seines  Neffen 
Karl  Hartwig  Gregor  v.  M.  in  den  Annalen 
XXr  (1889)  S.  54  f.  einiges  beigebracht; 
wir  wiederholen  hier  nur,  dass  er  im  Jahre 
1733  zu  Vockstad  in  Thüringen  geboren, 
im  Jahre  1756  in  die  Justizkanzlei  zu 
Dillenburg  eintrat,  1761  zum  wirklichen 
Regicrungsrat  ernannt  wurde  und  im  Jahre 
1804  als  Geheimer  Rat  starb. 

Der  erste  Brief  ^leusebachs  ist  an  seinen 
Freund  StöUer  zu  Eisenach,  der  zugleich 
der  Schwiegervater  des  oben  genannten  wal- 
dcikischcn  Hofmedicus  Joli.  Theod.  Fritze 
war.  gerichtet ;  wir  setzen  ihn  vollständig 
nach  seinem  Wortlaut  hierher: 
,,Wohlgebohrner  Herr! 
Insondres  Hochgeehrtester  Herr  Rat  I 

Lange  nichts  von  Ew.  Wohlgeb.  ge- 
hurt oder  gesehen.  Wie  befinden  Sie 
sich  mit  Dero  ganzen  hochwerthesten 
Familie  V  Ich  und  mein  Bruder  sind,  Gott 
sey  davor  Dank  gesagt,  vollkommen  wohl. 
I  ie  gütige  Vorsehung  des  Höchsten  hat 
mich  bey  der  seit  Ostern  ganz  über- 
häuften Arbeit,  da  weder  der  gewöhn- 
lichen Motion  noch  Brunnenkur,  noch 
Aderlässen'),  noch  sonstiger  einiger  Stür- 

')  Jährlich    odor    in    ijestimmtoii   Fristen  zur 


kung  oder  Erleichterungs  Medicin    mich 
bedient,  bei  fast  beständigem  sitzen  und 
Actenlesen  und  scb reiben    so  gesund  er- 
halten   als    nur    wünschen    können.      Ich 
hatte  und  habe   zum  Theil    mit  in  Ord- 
nnuLTbringung     der    seit     vielen    Jahren 
derangirten  Academie  zu  Herborn  ■)  meine 
emsigste    Beschäftigung.      Es    muss    bey 
solchen  Sachen  ein  besonderer  Weg  seyn. 
Jetzt    fehlt  uns  noch    ein  Professor  iuris 
auf  ersagter  Academie  und  hier  in  Dillen- 
burg ein  Medicus  und  Landphysicus.  Euer 
Wohlgeb.    haben    viele  Kenntniss  in  der 
gelehrten  Welt,  ich  bin  also  so  frey  Die- 
selben   hierdurch   ghst    zu    befragen,    ob 
Ihnen   nicht    zu  beyden    oder  wenigstens 
einer  der  besagten  Stellen   ein  tüchtiges 
Subjectum  bekannt  sey.     Der  Jurist  muss 
durch    specimina,    die  man  zuvor  zu  er- 
langen   und  durchzusehen  wünscht,    sich 
bekannt  gemacht    und  der   Medicus  und 
Landphysicus  seinen    Gottesacker  bereits 
voll  haben,  mithin  nicht  erst  an  uns  die 
Probe    maclien    \Yollen,    i.    e.    er    muss 
peritissimus  seyn.     Von  beyden,  in  specie 
dem  ersten,   wird  erfordert,  dass  sie  sich 
zur  reformirten  Religion  bekennen.  Wegen 
des    ersteren  erfordert    solches  die  Fun- 
dation der  Academie  zu  Herborn.    Wegen 
des  letzteren  kommt  es  doch  so  gar  sehr 
nicht    darauf  an,    der   kann   auch  luthe- 
risch, aber  nicht  catholisch  seyn." 
Dem  Briefe    waren    zwei  Einlagen  bei- 
gefügt; in  Betreff  des  einen  bemerkt  Meuse- 
bach:    ,,Der     Brief    nach    Weissenfeis    ist 
franco  partout,    weil    der  Mann    nicht   viel 
Geld  hat,  an  den  er  gerichtet  ist.    Ich  bin 
also    so    frey   Dero  Einsicht    zu  überlassen, 
wie    er    ohnentgeltlich   an  Ort    und    Stelle 
zu    bringen.     Er    hat    keine    Eile."     Eine 
zweite  Nachschrift  besagt:    ,, Puncto  Salarii 
aliornuKiue    Emolumentorum    kann    die    er- 
fordert werdende  Nachricht  sogleich  erfolgen, 
als  man   nur    weiss,    dass    einer    oder    der 
andere    den   Westerwald    zu  beziehen    Lust 
hat.^' 

In  Betreff  der  ersten  Frage  wusste,  wie 


Ader   zu   lassen,    war    bekanntlich    damals   eine 
Massregei  zur  Erhaltung  der  Gesundheit. 

'^)  Ihr  officieller  Name  war  Holio  .Schule,  da 
sie  die  Rechte  einer  Universität  nicht  erlaiicrt 
und  iler  (iraf  Juliann  sich  nicht  s.  Zeit  um  sie 
beworben  hatte.  Ihren  „derangierten''  Zustand 
näher  zu  beleuchten  ijehört  niclit  hierher. 


—     7.J     — 


74     — 


fs  scheint,  Stöller  keinen  Rat  zu  erteilen ; 
feie  wurde  erst  si)ätor,   im  Jahre   17(5»),  er- 
ledigt durch  das  Aufrücken  des  zweiten  Pro- 
fessors   Wülrad    Burchardi    (1734 — 1793) 
in  die  erste  Professur  und  des  Lectors  Job. 
Ileinr.    Eberhard    aus  dem  Ilanauischen  in 
dessen  Stelle.     Für    das  Amt   des  ]\Iedicus 
und  Landphysicus  fasste  er  seinen  Schwieger- 
sohn   Fritze    zu    Arolsen    ins    Auge,    über- 
schickte   ihm    den    Brief   Meusebachs    und 
überliess  ihm,    sich    persönlich    zu    melden 
und  mit  Meusebach  zu  verhandeln.    Darauf- 
■  hin  gab  dieser  am  1.  November  1763  seine 
Bereitwilligkeit    auf   den    Vorschlag    einzu- 
gehen,   wenn    ,,er    dadurch   sich  nicht  ver- 
schlimmere"',   zu  erkennen  und  stellte  fünf 
,,SpezialfraLren''  zu  seiner  Orientierung,  die 
uns  aber  nicht  vorlagen  und  die  Meusebach 
in  einer,  uns  gleichfalls  nicht  erhaltenen  Bei- 
lage zu  seiner  Antwort  vom  29.  November 
beantwortete  ;  zugleich  erbot  sich  dieser  zu 
weiteren  schriftlichen  oder  mündlichen  Auf- 
schlüssen   über   einzelne   Punkte.     In  einer 
Nachschrift  fügt  er  hinzu :  ,, Sollten  wir  so 
unglücklich  hier  seyn,  dass  Ew.  Hoch  Edel- 
gebohren  die    in  der  Anlage  beschriebenen 
Umstände    nicht    so  getielen,    dass    Sie  da- 
durch bewogen  würden  anhero  zu  kommen, 
so  beschwere  ich  Sie  bey  der  Freundschaft 
Ihres    Herrn    Schwiegervaters,     unseres    so 
wohlmeynenden    rechtschaffensten     gemein- 
schaftlichen  Freundes    (welch    ein    heiliger 
Nähme  ist  das!)    uns  doch    wenigstens    die 
Gefälligkeit  zu  erzeigen  und  entweder  allein 
oder  mit  Beyhülffe  Ihres  Herrn  Schwieger- 
vaters darauf  zu  dencken,    dass  ein  ander- 
weites in  Verdiensten  und  Geschicklichkeit 
Ihnen  gleich  kommendes  Subjectum  zu  der 
dahier     erledigten    Stelle     baldigst    vorge- 
schlagen werde." 

Nachdem  darauf  Fritze  persönlich  zu 
Dillenburg  sich  besprochen,  teilt  ihm  Meuse- 
bach am  2.  Februar  1704  mit,  dass  des 
,, regierenden  Herzogs,  ihres  gnädigsten  Herrn 
Durchl."  die  vorgeschlagene  Wiederbe- 
setzung des  Landphysicats  genehmigt  habe. 
„Ich  gratulire  uns,  fügt  er  zu,  dass  wir 
llofnung  haben,  Ew.  Wohlgeb.  werden 
diesem  Ruff  folgen  und  uns  mit  Dero  höchst- 
angenehmer Gegenwart  baldm.')glichst  be- 
ehren'' und  am  Ende  des  Briefes:  ..Eilen 
Sie  nur  zu  uns  zu  kommen.  Wir  schicken 
deswegen  diesen  dahier  von  uns  ausgelohnt 
werdeudun  Expressen.      Der  Herr  von  Rau- 


schard') ist  sehr  krank  .  .  .  Mi  bin  husscr 
Stand  zu  beschreiben,  was  von  allen  inge- 
mein dahier  Ihnen  gutes  ge'jimnt  und  ge- 
hofft wird.  Der  Can/ley-Director  Spanknabc 
(80  Jahre  altj*)  ist  würklich  auch  etliche 
Wochen  krank  und  sehnt  sich  sehr  nach 
Ihnen  .  .  .  Der  Herr  von  Erath'")  ist  reellc- 
raent  krank  und  viele  andi're.'"  Dann 
schliesst  er  mit  der  Aufforderung,  er  solle 
vorerst  allein  kommen,  gerade  bei  ihm  ein- 
reiten  und  von  ihm  Anweisung  für  eine 
Herberge  ail  Interim  erwarten  u.  s.  w.  Am 
10.  Februar  endlich  erhielt  Fritze  den  er- 
betenen Abschied  aus  waldeckischen  Diensten. 

F.  (Jtto. 


Die  Wiesbadener  Kurliste. 

Was  wir  über  das  Badclebcn  Wiesbadens 
in  der  Vergangenheit  wissen,  ist  gering  und 
reicht  nicht  aus,  ein  irgendwie  zusammen- 
hängendes und  anschauliches  B;ld  des  Kur- 
lebens in  früheren  Zeiten  zu  gewinnen.  Es 
hat  dies  seinen  Grund  darin,  dass  die  heute 
so  mächtig  sich  entfaltende  Stadt  noch  bis 
in  das  neunzehnte  Jahrhundert  hinein  ein 
unbedeutendes  Städtchen  geblieben  war. 

Die  an  sich  seit  dem  siebzehnten  Jahr- 
hundert nicht  eben  spärlichen,  mit  rühm- 
lichen Ausnahmen  sich  gegenseitig  aus- 
schreibenden älteren  Badeschriften  über 
Wiesbaden  werfen  nur  hier  und  da  einige 
Streitlichter  auf  das  eigentliche  Badeleben 
und  erst  das  neunzehnte  Jahrhundert  weist 
eine,  wenn  auch  keineswegs  reichhaltige, 
Litteratur  auf.  die  das  Leben  und  Treiben 
der  Kurstadt  als  solches  zu  schildern  unter- 
nimmt. 

Mit  der  von  Jahr  zu  Jahr  wachsenden 
Bedeutung  Wiesbadens  als  Weltkurstadt 
gewinnt  aber  auch  das  hiesige  Badeleben 
früherer  Zeiten  an  Interesse  und  alles,  was 
als  Quelle  dafür  dienen  kann,  sollte  sorg- 
sam gehütet  und  vor  der  Vergessenheit  und 
Vernichtung  bewahrt  werden.     Die  folgcu- 


^)  Karl  Heinr.  v.  Rauschard  starb  als  Geh. 
Rat  und  Archivdirektor  zu  Dillenburg  am 
11.  Mai   1T9Ö,  alt  55  Jahre  und  10  Monate. 

'  I  Johann  Kcard  S].iinknabe  starb  als  Rc- 
gierun;T:s(lirektor  und  Geh.  Justizrat  am  4.  Januar 
1777,  alt  85  Jahre  und  cJ  Monate,  war  also  1764 
bedeutend  jünger,  ala  M.  meint. 

^1  Antun  Ulrich  von  Krath,  bedeutender  Ge- 
schichtsfoi-joher,  geb.  1701*,  starb  als  Geh.  Jusliz- 
rat  im  Jahre  1773  am  2ö.  August. 


—       I J 


—       <K      — 


dcu  Ucm.rkuiigon  über  ilio  aliiiiäliliohe  Ent- 
wiiklung  iler  Wiesbadener  Kurliste  möchten, 
so  geringt'iigiger  Art  der  bebaudelto  Goiren- 
staud  auch  zu  sein  scheint,  doch  vielleiclit 
iu  der  angeilouteten  Richtung  für  die  Kur- 
geschichte Wiesbadens  von  Nutzen  sein. 

Die  Wiesbadener  Kurli^te  hat  sich  aus 
dem    Wiesbadener    Woclienblatt    oder,    wie 
der  Titel  dieses  Blattes  ursi>rüDglich  lautete, 
aus  dem  ..Uoch  Fürstiich  Xassau-Saarbriick- 
Usingischen     privileirirteu      gemeinnützigen 
Wiosbader  Nachrichten  und  Anzeige",  wie 
sie  der  erste  Wiesbadener  Drucker  Johannes 
Schirmer  seit    dem  Jahre    1770  erscheinen 
licss,  cntwi.kelt.     In  diesem  unter  amtlicher 
Kontrolle    bteheuden    Blatte    war   auch  von 
vornherein  der  Abdruck  der  Liste  der  an- 
gekommenen,  durch-  und  abgereisten  Passa- 
giere und   Kurgäste  mit  Angabe  des  Tages 
ihrer  Ankunft  und  Abreise,  sowie  ihres  Ab- 
steigo<[uartieres  vorgesehen.     Diese   Rubrik 
bildete    wenigstens    im    Sommer    auch    den 
umfangreichsten     Bestandteil     des     freilich 
äusserst  mageren  Blattes  und  trug  dadurch, 
dass    sie    die    Kun.'äste    zum    Kaufen    von 
Einzelnummern  veranlasste,  wesentlich  dazu 
bei,    dass    der    Drucker    bei    der    sehr   ge- 
ringen   Abonnentenzahl    auf    seine    Kosten 
kam.     Die  Kurgäs'e  wurden  nach  den  Bad- 
häusern, in  welchen  sie  abgestiegen  waren, 
und    diese    unter    sich    aljdiabetisch    aufge- 
fiihrt,  nur  das  Ilospitalbad  folgte  an  letzter 
Stelle  und  hinter  diesem  die  jüdischen  Bad- 
häuser .,Im  h.ilben  Mund"   und    ..Zum  Reb- 
huhn'*.    In  gleicher  Weise    wurden  die  in 
den  Gasthäusern  eingetrotfenen  ..Passagiers" 
verzeichnet.      Dies    blieb    so,    bis  im  Jahre 
1805)  Israel  Säbel,    der    Besitzer  des  Bad- 
hauses ,,Im  halben  Mond",    darauf  antrug. 
dass  sein  Badhaus  alphabetisch    mit  in  die 
Reihe  der  übrigen  Badhäuser  aufgenommen 
werde,  da  er  durch  das  bi-herige  Verfahren 
in  seinem  Geschäfte  geschädijjrt   wenlc  und 
der  Unlei schied  zwischen  Chri-ten  und  Juden 
in  dieser    Beziehung    doch    nicht  mehr  am 
Platze    sei.     Die    Landesregierung  verfüutc 
demgeiüäss    unter    dem    4.    August    1809. 
dass  die  beiden    jüdi-chcn   Badhäuser  zwar 
in  die  übrigen  eingereiht,  jetloch  als  jüdische 
bezeichnet  werden  sollten.    Damit  war  Sabcl 
aber  nicht  gedient  und  in  wiederholten  Ein- 
gaben   ilrant:    er    darauf,    dass  ebenso,  wie 
die  übrigen  nicht  als  Christeubadhäuscr  be- 
zeichnet   würden,    sein  Badhaus  unter  dem 


einfachen  Namen  aufgeführt  werde.  Schliess- 
lidi  unter  dem  1(5.  Juni  1810  wurde  die 
Weglassung  der  besonderen  jüdischen  Be- 
zeichnung ..als  dem  dennaliuren  genio  Seculi 
nicht  mehr  angemessen"  genehmigt. 

Abgesehen  von  den  Namen  der  Kur- 
gäste tinden  sich  auch  sonst  mancherlei  in- 
teressante, auf  das  Kurleben  bezügliche 
Nachrichten  in  dem  Wochenblatt,  wie  z.  B. 
in  Nr.  1  des  Jahrgangs  1602  die 
Angabe,     dass    im    Jahre    ISOl    die    Zahl 


der 


Kurgäste 


sich     auf    10  417 


die    der 

Durchreisenden  auf  2039  und  der  im 
Hospital  Aufgenommenen  auf  359.  die  Ge- 
samtzahl aller  Fremden  also  auf  12  815 
Personen  belaufen  habe,  ferner  dass  die 
höchste  Woclienfre([uenz  1700  Gäste  be- 
tragen und  dass  vom  1,  Januar  1782  bis 
Ende  1801  die  Ges:imtzahl  der  Gäste  durch- 
schnittlich 5013  gewesen  sei,  sodass  W'ies- 
baden  in  diesem  Zeitraum  von  mehr  als 
100  000  Personen  zum  Kurgebrauch  besucht 
worden  sei. 

Bis  zum  Jahre  1803  war  die  Liste  der 
Kurgäste  zusammen  mit  dem  Verzeichnis 
der  durchreisenden  Passagiere  ein  integrieren- 
der Bestandteil  des  Wochenblattes.  Die  erste 
beson  ere  Wiesbadener  Kurliste  erschien 
im  Sommer  des  Jahres  1804  von  Mitte 
Mai  bis  Mitte  August  und  zwar  in  zwei- 
maliger wöchentlicher  Ausgabe :  die  eine 
Mouta.iTS  zusammen  mit  dem  Wochenblatt, 
die  andere  Donnerstags.  Jede  dieser  Listen 
brachte  die  Namen  der  Gäste,  welche  in 
der  verflossenen  halben  Woche  angekommen 
waren.  Die  neue  Einrichtung  hatte  aber 
vorläufig  nur  kurzen  Bestand.  Der  Absatz 
der  Kurliste,  die  den  Abonnenten  des  Wochen- 
blattes überdies  unentgeltlich  zugestellt  wer- 
den musste.  deckte  die  entstandenen  Mehr- 
kosten nicht  unil  zudem  verlangte  die  Fürst- 
liche Polizei-Dei»utation.  dass  nicht  nur  die 
niu  angekommenen,  sondern  sämtliche  an- 
wesenden Kurgäste  jedesmal  mit  Namen 
aufgeführt  \v erden  sollten.  Schon  im  nächsten 
Jahre  wurde  die  Kurliste  auch  für  die 
Sommermonate  dem  Wochenblatt  wieder 
einverleibt.  Aber  auch  siȊter.  als  ilie  Sonder- 
ausgabe der  Kurliste  eine  dauernde  Ein- 
richtung wurde,  blieb  diese  mit  dem  Wochen- 
blatt doch  so  eng  verbunden,  dass  wir  ihre 
Entwicklung  nicht  verfolgen  können,  ohne 
auf  die  Schicksale  des  letzteren  Rücksicht 
zu    nehmen.      Das    Folgende    bietet    somit 


—     77     - 


(■>      — 


zuirlcidi  oiiio  Krgäuzun.ir  zu  dem  zweiten 
Ahschiiitt  meines  friilieren  Aufsatzes:  ,.L)ie 
Iiitelligenzbiiitter  der  uassauischen  Fürsten- 
tümer''.') 

JMit  dem  Jahre  1808  ging  das  nassau- 
usingisehc     Iiitelligeiizblatt,      zuletzt    Wies- 
bader Wochenblatt  genannt,  ein.     Das  Iler- 
zoglicii   Nassauiselic    allgemeine   Intelligenz- 
blatt,   das    mit    dem    Verordnungsbbitt    als 
Beilage   im  Jahre    1S09    als  Amtsblatt  für 
den    ganzen    Umfang    des    Herzogtums    be- 
gründet    wurde ,     nahm      das     Wiesbader 
Woehenblatt    mitsamt    der   Kurlistc  in  sich 
auf.    so   jedoch,    dass   letztere    in  der  Zeit 
vom    1,  I\Iai   bis  1.  Oktober   besonders  ge- 
druckt und  als  Beilage  zum  Intelligenzblatt 
wöchentlich   einmal  ausgegeben  wurde.    Nur 
ein  Jahr  blieb  diese  Einrichtung  bestehen, 
yian  sah  ein,    dass  das  Intelligenzblatt  als 
herzogliches  Reg'erungsblatt    für  das  ganze 
Land    unzweckmässiger    Weise    mit    einem 
Ballast    spcciell     Wiesbadener    Lokalnach- 
richten beschwert  wurde  und  sein  erweiterter 
Umfang  es  zugleich  weniger  geeignet  machte, 
den  Lokalinteressen  Wiesbadens  so  zu  dienen, 
wie    es    das    Wiesbader    Wochenblatt    auch 
in    seiner    bisherigen    Eigenschaft    als    In- 
telligonzblatt    für    das    Fürstentum  Nassau- 
Usingen    doch    immer    in    erster    Linie  ;;e- 
than  hatte.     Deshalb  wurde  mit  dem  Jahre 
1810  das  Intelligenzblatt  seinen  verschieden- 
artigen Bestandteilen    nach    in    vier  sclbst- 
ständige  Blätter  zerlegt  und  zwar   1)  in  das 
Verordnungsblatt,     welchem    die    Bekannt- 
machung landesherrlicher  Edikte,  die  Ver- 
ordnungen   und    Mitteilungen    der    höheren 
Landesbehörden,  Nachrichten  über  die  Hof- 
und    Staatsdienerschaft,    sowie  die    Frucht- 
preisc    der    hauptsächlichsten    Märkte    des 
Herzogtums,  sowie  der  Nachbarländer  vor- 
behalten würden,   2)  in  das  Intelligenzblatt, 
welches    bestimmt    war,    Veröffentlichungen 
über    Versteigerungen,    Verpachtungen    und 
ähnliche  Anzeigen  der  herzoglichen  Aemter, 
Renteien  und    anderen   öffentlichen  Stellen, 
Ediktalcitationen,     öffentliche     Warnungen, 
Steckbriefe,     Verordnungen     und    Bekannt- 
machungen auswärtiger  Staatsbehörden  und 
Privatanzeigen,    soweit    letztere    von    mehr 
als  lokalem   Interesse  waren,    aufzunehmen, 
3)  in  das  Wiesbader  Wochenblatt,   welches 
die  Viktualien-  und  3Iarktpreisc  der  Stadt 


•j  Ann.  29,  S.  93—11  \. 


\\  iesbaden,  die  angekommenen  und  abge- 
reisten Freniile;).  Auszüge  aus  dem  Civil- 
standsregister  und  die  BekanntmachuiiL'en 
der  Lokalbchördo  zur  öffentlichen  Kenntnis 
zu  bringen  hatte.  4;  in  die  Kurlistc,  die 
in  der  Zeit  vom  l.  Mai  I)is  1.  Oktober 
vom  Wochenblatt  getrennt  als  besonderes 
Blatt  lierausgegel)en   wurde. 

Die  Redaktion  des  Verordnungs-  un<l 
Intel ligenzblattcs  wurde  einem  direkt  dem 
Staatsministerium  unterstehenden  Regie  lungs- 
beamten,  die  des  Wochenblattes  und  der 
Kurliste  der  Polizei-Deputation  unter  Auf- 
sicht der  Landesregierung  übertragen.  Man 
widmete  der  Kurliste  jedoch  bald  besondere 
Aufmerksamkeit  und  legte  ihre  Redaktion 
deshalb  nach  kurzer  Zeit  auch  in  die  Hände 
des  das  \  erordnungs-  und  In'elligenzblatt 
redigierenden  Regierungsboamt  n. 

Demnächst  wurden  mehrfache  Verbcsse- 
rungen mit  der   Liste    vorgenommen.     Für 
die  Zeit   vom   1.  Oktober    bis   zum   1    Mai 
wurde  bei  Angabe  der  Fremden  im  Wochen- 
blatt   die    Aufführung   der    Badehäuser    als 
solcher    fallen    gelassen,   da    in    dieser  Zeit 
nur  äusserst  selten  wirklich ;  Kurg  ste  darin 
anwesend    sei  n.     Behufs    grösserer    Zuver- 
lässigkeit der  Kurlisten  und  besser  r  Hand- 
habung   der    Fremdenpolizei    wurde    auge- 
ordnet, dass   jeder  Bad-    um!  Gastwirt   ein 
Fremdenbuch  halten  solle,    in  welches  sich 
jeder  Gast    sofort  bei    seiner  Ankunft  ein- 
zuschreiben habe  oder,  falls  er  des  Schreibens 
unfähig,  vom  Wirt  einzuschreiben  sei.     Auf 
Grund  dieser  unter    unmittelbarer  Aufsicht 
der  Polizei-Deputation  stehenden  Fremden- 
bücher   mussten    die    Wirte    am    Samstag 
Abend  Ilauptmeldezettel  aller  in  der  Woche 
angekommenen    und    abgereisten    Fremden, 
an  den  anderen  Tagen  kleine  Ab-  und  Zu- 
gangslisten einreichen.    Ein  Wirt,  der  schon 
abgereiste  Gäste  als  noch  anwesend  angab, 
riskierte    eine    Geldstrafe    von    10    Reichs- 
thalern.    Ausser  den  in  den  Bad-  und  Gast- 
häusern eingekehrten  KurLrästen  wurden  seit 
18 1()  auch  die  in  Privathäusern  abgestiegenen 
P'remden    mit    in    die    Liste  aufgenommen. 
Alle  wurden  unter  laufender  Nummer  auf- 
geführt, sodass  man  aus  den  Kurlistcn  der 
nächsten    Jahre,    soweit   sie    erhalten    sind, 
die  Zahl  der  jedesmal  im  Sommer  vorhan- 
denen Fremden    sofort   ersehen   kann.     Sie 
beträgt    für    die    Sommermonate    Mai    bis 
Oktoberim  Jahre  1S14   5936,    1^16   9117. 


—      Sit      — 


ISIS    10  42'J,  l^rj    llb03,  IsÜU    11170. 
1821    12420. 

Kursfüate     Durchgereiste     im  Gaiuca 
1^22     .        6U56  6900  13  856 

1S23     .        7078  r.208  13  286 

1S25     .        6223  6763  12  986 

1826  .        6277  8145  14422 

1827  .        6430  8752  15  182 

1828  .        6948  8455  15  403 
1846     .      14030           20487           34  517 
u.  s.   \v.   Ms  /um  Jahre  1857,   wu  die  Zäh- 
lung der  Kuriräste    mit   laufender  Nummer 
in  der  Kurliste  aufhört. 

Das  einmal  wöchentliche  Erscheinen  der 
Liste  erwies  sich  bei  dem  steigenden  Frem- 
denverkehr als    unzulänglich.     Deshalb  be- 
antragte   der  Buchdrucker  Enders,    an  den 
im  Jahre    1819    der    Verlag   des  Wochen- 
blattes und  der  Kurliste  überging  —  nach 
Schirmers  Tod  hatte  Johann  Heinrich  Frey 
seit    1781    und    nach    dessen  Tod  am   19. 
Oktober   1812   Freys  Wittwe  das  Wochen- 
blatt   mit    der    Kurliste    gedruckt    —  dass 
ihm    gestattet    werde,    den  Preis    von   1   H. 
15   Kr.    für    das  Wochenblatt    zu  belassen, 
die  Kurliste    aber    besonders    zu  berechnen 
und  dafür  öfter  ersclieinen  zu  lassen.     Die 
Landesregierung  ging  auf  seinen  Vorschlag 
ein.     Für  1820  wurde  in  Folge  dessen  die 
Kurlisto  im    Mai,    September    und  Oktober 
wöchentlich    zweimal,    im    Juni,    Juli    und 
August  wöchentlich    dreimal  herausgegeben 
zugleich  mit  der  Neuerung,  dass  in  jeder  Liste 
auch  die   inzwischen    abgereisten  Badegäste 
und  Fremden,  wenn  auch  nicht  mit  Namen,  so 
doch  nach  ihrer  Nummer  aufgeführt  wurden. 
Während     der    Verkaufspreis    der     Einzel- 
nummern von  bisher  4  auf  3  Kr.  ermässigt 
wurde,  wurde  jetzt  ein  besonderes  Abonne- 
ment zum  Preise  von   30  Kr.  auf  die  Kur- 
liste  erörtnet.     Mit    dem  Jahre   1822    trat 
wieder    eine    gänzliche    Aenderung    in    der 
Einrichtung    der    Kurliste    ein.     Um    eine 
grössere     Uebersichtlichkeit     zu     erzielen, 
wurde    das    Blatt  jetzt    in    vier  Kolumnen 
'geteilt,    in    denen    der    Name    des    Gast-, 
Bade-     oder     Privathauses     und     daneben 
die  gerade  anwesenden  Kurgäste,  die  Durch- 
reisenden und  die  Abgereisten  ihrem  Namen. 
Charakter    und    Wohnort    nach     gemeldet 
wurden.      Die    fortlaufende    Nummerierunir 
tiel  fort,  statt  dessen  wurde  am  Ende  jeder 
Liste  die  Znhl    der  anwesenden  und  abge- 
reisten Kurgäste,    sowie  der  durchgereisten 


Fieindcn    anircgebLU.     Zugleich    wurde  die 
Ausgabe    der   Liste    auch    fiir    die    3Ionate 
Juni,    Juli    und    August    auf   eine    zweimal 
wöchentliche  beschränkt.     Bei  dieser  neuen 
I^inrichtung  ging  sehr  viel  Papier  verloren, 
soda^s  der  Umfang,    aber  auch   die  Kosten 
ganz    erheblich     zunahmen.      Aus     diesem 
Grunde  hatte  der  bisherige  Drucker  Enders 
dieser   von    der    Landesregierung    angeord- 
neten Neuerung    auch  Schwierigkeiten  ent- 
gegengesetzt.     Statt  seiner  übernahm  jetzt 
der    Hofbuchhändler    L.    Schellenberg    den 
Druck  der  Kurliste  für   1822,    indem  man 
ihm  zugleich  die  Uebertragung  des  Wochen- 
blattdruckes für  das   nächste  Jahr  in  Aus- 
sicht stellte.     Schellenberg    hatte    bei   317 
Abonnenten    auf    die  Liste  zu  30  Kr.  und 
dem   Verkauf  von  Einzelnummern  zu  3  Kr. 
in  Höhe    von    1^    fl.    27    Kr.    thatsüchlich 
einen   Verlust    von  470  t\.   13   Kr.  zu  ver- 
zeichnen.    Als  Entschädigung  erhielt  er  im 
nächsten  Jahre,  obschon  bei  der  Vergebung 
des  Wochenblatts  und  der  Kurliste  von  den 
drei  Druckern  Enders,  Riedel  und  Schellcn- 
berg.    ersterer    der   Mindestfordernde    war, 
den  Druck  und  Verlag  beider  Blätter.   Der 
Preis  für  das  Wochenblatt  wurde  auf  1  ti. 
und  für  die  Kurliste  auf  40  Kr.  festgesetzt, 
während    die  Preisbestimmung    von  Einzel- 
nummern   der    Kurliste    der    Willkür    des 
Druckers    überlassen     wurde.      Die     1822 
fallen  gelassene  Bezeichnung   der   Kurgäste 
mit    fortlaufender    Nummer    wurde    bereits 
1823    wieder    eingeführt.      In     der    Liste 
wurden    seitdem   unter  A.  die    eigentlichen 
Kurgäste  unter  laufender  Nummer  und  hinter 
diesen  unter  B.  die  durchgereisten  Fremden 
ohne  Nummern,   aber  mit  jedesmaliger  An- 
gabe ihrer  Gesammtzahl,  verzeichnet.    Dies 
blieb  so  bis  zum  Jahre   1852.    Seit  dieser 
Zeit    wurde    die    Unterscheidung    \on   Kur- 
gästen und  blos  Durchreisenden  aufgegeben 
und  unter  A.  alle  in  Bad-  und  Gasthäusern, 
unter  B.  alle  in  Privathäusern  abgestiegenen 
Fremden  aufgeführt. 

Im  Jahre  1824  vergab  die  Landesregie- 
rung Druck  und  Verlag  des  Wochenblattes 
und  der  Kurliste  an  den  Buchdrucker  Riedel, 
der  sich  verpflichten  musste,  Wochenblatt 
und  Kurlisto  für  1  H.  und  die  Kurliste 
allein  für  40  Kr.  zu  liefern.  INIan  bcschloss 
jetzt,  bei  der  Vergebung  des  Wochenblattes 
und  seiner  Beilage  einen  zweijährigen 
Wechsel  unter  den   Wiesbadener  Druckern 


—    >1    — 


—     82     — 


i'iiitrctcn  zu  lassen.  Für  1S25  und  lrt2(i 
erhielt  dcninaeh  Enders  wieder  beide  Blätter 
und  nach  ihm  kamen  in  zwcijäJiri.irem  Tuinus 
Selielleuberg,  Riedel  und  alsdann  wieder 
Knders  an  die  Reihe.  Vom  Jahre  1833 
ab  wurde  neben  der  zweimal  wi'ichentlich 
erseheinenden  Kur-  und  Fremdenliste  in 
Quartform  für  die  Monate  Juni,  Juli  und 
August  eine  tägliche  Fremdenliste  in  Klcin- 
oktavl'ürmat,  in  der  alle  Fremden  nach  den 
Bad-,  Gast-  und  Privath;ii;sern  verzeichnet 
wurden,  ausgegeben.  Enders,  in  dessen 
Händen  damals  der  Wochenblattverlag  lag, 
bat,  ihm  den  Druck  dieser  Liste,  die  durch 
die  darin  erfolgenden  Anzeigen  besonders 
rentabel  war,  dauernd  zu  übertragen.  Die 
Regierung  aber  erkl.'irte.  die  Kurliste  nicht 
vom  Wochenblatt  trennen  zu  können  und 
so  blieb  es  bei  dem  üblichen  Wechsel. 

Schon  im  September  1827  war  der  Wirt 
Johann  Andreas  Stein  um  die  Konzession 
zur  Errichtung  einer  Druckerei  bei  der 
Landesregierung  eingekommen  und  hatte 
gleichzeitig  unter  Hinweis  darauf,  dass 
Schellenberg  den  Landcskalender,  Riedel 
das  landwirtschaftliche  Wo.  henblatt,  Enders 
das  Intelligenzblatt  drucke,  gebeten  ihn 
mit  dem  ständigen  Druck  des  Wochen- 
blattes zu  betrauen.  Er  hatte  die  Kon- 
zession erhalten  und  bezüglich  seines  be- 
sonderen Wunsches  war  ihm  die  Gleich- 
stellung mit  den  drei  anderen  Buchdruckern 
zugesichert  worden.  Da  er  die  Konzession 
wesentlich  in  der  Hoffnung  auf  die  Erlangung 
jenes  Privilegs  nachgesucht  hatte,  so  zögerte 
er  mehrere  Jahre  mit  der  Begründung  der 
Druckerei,  bis  ihm  deutlich  gemacht  wurde, 
dass  von  einer  erfolgreichen  Bewerbung  um 
den  Druck  und  Verlag  des  Wochenblattes 
erst  nach  Begründung  seiner  Druckerei  die 
Rede  sein  könne.  Für  1834  und  1835 
trat  er  nun  in  die  Reihe  der  Wochenblatt- 
drucker ein. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Franzosen  und 
Engländer  wurden  seit  1836  zu  der  täg- 
lichen Liste  lateinische  Lettern  verwandt, 
während  die  zweimal  tä^Mich  erscheinende 
noch  wie  bisher  mit  deutschen  Lettern 
weitergedruckt  wurde.  Seit  1840  erschien 
diese  letztere  auf  Antrag  tles  Geh.  Hof- 
rats Dr.  Peez  vom  1.  Mai  bis  P^nde  Ok- 
tober und  brachte  in  ihrer  ersten  Nummer 
die  Namen  aller  Fremden,  welche  sich  den 
Winter  über  in  Wiesbaden  aufgehalten  hatten. 


Der  Druck  und  Verlag  der  beiden 
Blätter,  der  inzwischen  von  zwei  zu  zwei 
Jahren  wieder  an  Schellenberg,  Fuders  und 
für  1842  und  1843  abermals  an  J.  A.  Stein 
vergeben  worden  war,  wurde  bei  dem  mehr 
und  mehr  zunehmenden  Fremdenverkehr,  der 
vermehrten  Abonnentenzahl  und  vor  allem 
in  Folge  des  sich  von  Jahr  zu  Jahr  ver- 
grössernden  Anzeigenteils  zu  einer  .sehr  er- 
giebigen Einnahmeiiuelle  für  den  jeweiligen 
Drucker.  Dies  veranlasste  die  H-rzo^Miche 
Rechnungskammer  der  Landesregierung  vor- 
zuschlagen, dem  Drucker  eine  zu  Gunsten 
der  städtischen  Armenkasse  zu  zahlende 
Abgabe  aufzuerlegen.  Die  Regierung  war 
anfangs  nicht  geneigt  auf  diesen  Vorschlag 
einzugehen,  sondern  suchte  vielmehr  eine 
Herabsetzung  des  Abonneraentspreises  zu 
erwirken.  Zu  diesem  Zwecke  Hess  sie  im 
Oktober  1842  sämtliche  Buchdrucker  — 
seit  1839  war  Anton  Scholz  noch  als  fünfter 
hinzugekommen  —  in  diesem  Sinne  zur 
Eingabe  ihrer  Angebote  für  den  Druck 
der  Blätter  autl'ordern.  Die  Drucker,  die 
durch  eine  Preisherabsetzung  alle  gleich- 
massig  geschä<ligt  wurden,  vereinigten  sich 
und  weigerten  sich  auf  andere  Bedingungen 
wie  die  seitherigen  einzugehen.  Die  Re- 
gierung liess  unter  diesen  Umständen  durch 
den  Amtmann  den  Buchdrucker  Knefeli  zu 
Biebrich  fragen,  ob  er,  falls  ihm  der  Ueber- 
zug  nach  Wiesbaden  gestattet  werde,  den 
Druck  der  fraglichen  Blätter  zu  niedrigerem 
Preise  übernehmen  wolle.  Kneteli  verlegte 
sofort,  noch  ehe  er  sich  mit  der  Regierung 
geeinigt  hatte,  sein  Geschäft  nach  Wies- 
baden, verstand  sich  aber  nur  zu  einer 
unbedeutenden  Preisermässigung  für  das 
Wochenblatt,  48  Kr.  statt  1  tl.  So  liess 
die  Regierung  einstweilen  dem  Drucker 
Stein  das  Blatt,  das  ihm  seit  Anfang  1842 
übertragen  war,  auch  für  das  folgende  Jahr. 
Gegen  Ende  des  Jahres  1843  erklärte  sich 
Knefeli  bereit,  2.50  tl.  zur  Armenkasse  zu 
zahlen,  falls  ihm  der  Druck  der  Blätter  zu 
den  bisherigen  Bedingungen  übertragen 
würde.  Dieses  Angebot  wurde  durch  das 
des  Druckers  Scholz  weit  überholt,  der  700 
bis  800  fl.  jährlich  an  die  Stadtkasse  zu 
zahlen  versprach,  wenn  ihm  d;is  Wochen- 
blatt auf  eine  längere 
überlassen  würde.  Der 
mann  lud 
das    Blatt 


Reihe    von   Jahren 
Wiesbadener  Amt- 

jetzt   alle  Buchdrucker  vor,  un». 

vorbehaltlich    der    Genehmi-zunu^ 


8.3     — 


84 


der  Regierung  ik-ni  Moistbiett-iKleii  /u  gelten. 
Sehol/  war  damals  grade  krank,  die  anderen 
Duilidrucker.  ScUellenberg.  Riedel.  Enders 
und  die  Wittwe  Stein,  einigten  sich  unter- 
einander da!. in,  dass  sich  keiner  von  ihnen 
zu  einer  Abgabe  verstehen  solle.  Im  übrigen 
erklärten  sie  sieb  mit  den  vom  Amtmann 
gestellten  Bedingungen  einverstanden.  Diese 
waren:  l)  der  Preis  für  das  Wochenblatt 
solle  wie  bisher  1  H.  betragen,  der  für  die 
Sommer-  und  Winterkurliste,  welche  auf 
Veranlaöbung  des  um  die  Forderung  Wies- 
badens als  ^\  mterkurort  sehr  bemühten 
Dr.  Pecz  für  184-4  mit  einmal  wöchent- 
lichem Erscheinen  vorgesehen  war,  gleich- 
falls 1  ü.,  für  die  Winterkurliste  allein 
24  Kr.,  der  für  das  täglich  im  Sommer 
erscheinende  Fremdenblatt  1  tl.,  2)  zur 
Versendung  an  auswärtige  Behörden  und  für 
das  Wiesbadener  Polizeiamt  sollen  vom 
Wochenblatt  8.  von  der  Kurlistc  14  und 
vom  Fremdcnblatt  4  Freiexennilare  ij:eliefert 
werden,  3)  alle  Inserate  des  Polizeiamts. 
des  Stadtschultheissen,  der  Herzoglichen 
Stadt-Armcn-Kunimission  und  des  Hospitals 
sollen  unentgeltlich  aufgenommen  und  4)  für 
die  Vergebung  des  Verlags  auf  die  Dauer 
von  zehn  Jahren  solle  eine  Kaution  von 
1800  ri.  hinterlegt  werden.  Die  Landes- 
regierung, die  inzwischen  von  ihrem  früheren 
Standpunkt  zurückgekommen  war,  wollte 
indessen  durchaus  eine  der  Kurani:ialt  zu 
gut  kommende  Einnahme  aus  der  Vergebung 
des  Verlags  erzielen  und  Hess  daher  im 
Mai  1844  eine  abermalige  Versteigerung 
des  Verlags  ausschreiben.  Unterdessen  waren 
die  Drucker  Scholz  und  Kneieli  auch  von 
ihren  Kollegen  gewonnen  worden,  sodass 
auch  bei  dieser  Versteigerung  nichts  heraus- 
kam. Die  Regierung  wartete  jetzt  ruhig 
ab.  Als  sie  nun  im  Juni  desselben  Jahres 
die  sämtlichen  Drucker  von  Neuem  zur  Ein- 
reicliung  von  Otferten  autforderte,  war  bereits 
au(.ii  die  von  ihr  vorausgesehene  Uneinigkeit 
unter  den  Interessenten  eingetreten.  Schellen- 
berg trennte  sich  von  den  and  ren  in  der 
frülieren  Obstruktion  virharrcndcn  Buch- 
druckern Scholz,  Riedel,  Enders  und  Knefeli. 
Er  erbot  sich  jetzt  jährlich  990  H.  für  die 
pachtweise  Ueberlassung  des  Verlags  beider 
Blätter  für  zehn  Jahre  zu  zahlen.  Nach 
Abrundung  der  Summe  auf  1000  ü.  wurde 
dt?r  zwisihen  dem  II(?rzogliclien  Polizeiamt 
und  Schellenbcrg  zustande  gekommene  Ver- 


trag von  der  Regierung  genehmigt,  die  das 
Pachtgeld  zum  Besten  der  Kuranstalt  be- 
stimmte. Vergebens  suchte  der  Buchdrucker 
Scholz  nachträglich  durch  eine  Eingabe  an 
das  Staatsministerium,  in  welcher  er  sich  zur 
Zahlung  von  jährlich  1 100  tl.  Pacht  bereit  er- 
klärte, den  Abschluss  des  Vertrages  zu  hindern. 
Ebenso  wurden  die  früher  am  Wochenblatt 
beteiligt  gewesenen  Buchdrucker  Enders, 
Riedel  und  Scholz  mit  ihrem  Gesuch,  den 
bisherigen  zweijährigen  Wechsel  bestehen, 
im  Uebrigen  aber  die  neuen  Pachtbediugungen 
eintreten  zu  lassen,  vom  Staatsministerium 
abschlägig  beschieden.  Erst  das  Jahr 
1848  i)rachte  den  mit  Schellenberg  ver- 
einbarten Vertrag  ins  Wanken,  indem  das 
Gesetz  vom  4.  März  dieses  Jahres  über  die 
Pressfreiheit  die  Voraussetzungen,  unter 
denen  derselbe  abgeschlossen  war,  wesent- 
lich änderte.  Unter  dem  10.  März  1848 
verlangte  der  damalige  Inhaber  der  Schellen- 
bcrg'schen  Firma,  der  Ilofbuchdrucker  und 
Ilofbuchhändler  August  Schellenberg,  von 
der  Landesregierung  unter  Einsendung  von 
Nr.  6  der  Freien  Zeitung  vom  8.  März, 
in  welcher  zwei,  bisher  in  das  Wochenblatt 
gehörige  Anzeig  n  veröffentlicht  waren,  dass 
man  den  mit  ihm  bestehr  nden  Vertrag  ent- 
weder schützen,  oder  aber,  falls  das  wegen 
der  inzwischen  gesetzlich  eingeführten  Press- 
freiheit nicht  angängig  sei.  ihn  von  der 
Verbindlichkeit  der  Zahlung  der  jährlichen 
Pachtsumme  künftig  befreien  solle.  Die 
Landesregierung  half  sich  über  die  Schwieiig- 
keit  der  so  entstandenen  Lage  dadurch  hin- 
weg, dass  sie  den  seither  unter  ihrer  Ver- 
waltung stehenden,  aber  den  Interessen  der 
Stadt  zu  gut  kommenden  Wochenblattfonds 
an  die  Stadt  abtrat  und  dieser  alle  aus 
dem  Vertrage  gegen  Schellenberg  abzuleiten- 
den Rechte  und  Verptlichtungen  übertrug. 
Natürlich  wollte  die  Stadt  nicht  auf  den 
Vorteil  der  nicht  unbedeutenden  festen  jähr- 
lichen Einnahme  ohne  weiteres  verzichten 
und  beschloss,  da  sich  Schellenberg  weigerte, 
die  ihm  durch  d  n  Vertrag  autliegenden 
Verpflichtungen  zu  erfüllen,  Druck  und  Ver- 
lag des  Wochenblattes,  der  Kurliste  und 
der  Frcmdenli>5te  im  Wege  der  Versteige- 
rung anderweitig  zu  regeln.  Sie  kam  bei 
der  Landesregierung  darum  ein.  dass  die 
Herzoglichen  Behörden  angewiesen  werden 
möchten,  ihre  Inserate  wie  bisher  dem  Wochen- 
blatt zuzuwenden,  sodass  dieses  den  Charakter 


—      S.">      — 


—      ^H 


eines    ()fti/i(.'Il<Mi    ()i-i:aiis  beliaUe.      Die   Rc- 
^'icruiiLT  erklärte    sich  damit  einverstanden, 
falls  der  Uünttij^e   Verleger   diese   Bekannt- 
machungen kostenlus  aufnelmie.     Die  Stadt 
setzte  jetzt  einen  Termin  zur  Ver-teigerung 
des  Woelienblattverlau's  an.     Dieser  dn)lien- 
den    Konkurrenz     begegnete    der    bisherige 
Verleger  Sehellenberg  damit,   dass  er  unter 
dem  28.  Mai  1849  den  Lesern  des  Wochen- 
blattes bekannt  machte,    dass  das  von  ihm 
bisher  herausgegebene    Blatt   nach  wie  vor 
in    seinem    Verlag    weiter    erscheinen   und 
alle  üttentlichen  Bekanntmachungen,   Privat- 
inserate,   die  Preise    der   Lebensmittel  und 
den    Auszug     aus    dem    Civilstandsregister 
genau  so  wie  früher  enthalten  werde,  auch 
die  städtischen    und    polizeilichen   Bekannt- 
machungen, diedes  Kreisgericl.ts,  der  Armen- 
kommission tind  des  Hospitals  werde  er  wie 
früher  unentgeltlich  zum  Abdruck  bringen, 
sodass  Niemand    zum  Abonnement   auf  das 
anderweitig     vergebene     Wochenblatt     ge- 
zwungen sei.    Zugleich  setzte  er  die  Inser- 
tionsgebühr    von    4  Kr.    auf   2  Kr.  für  die 
Zeile  herab,  um  indessen  schon  unter  dem 
1 1 .  Juni,   da  das  neu  geplante  Wochenblatt 
dagegen  nicht  aufkommen  konnte,  diese  Ver- 
günstigung   des  sich    des  Wochenblattes  zu 
Anzeigen  bedienenden  Publikums  zurückzu- 
nehmen.    Bald    darauf    kam    zwischen  ihm 
und  der  Stadt  ein  neuer  Vertrag  zu  Stande, 
in  welchem   die  jährliche    Pachtsumme   auf 
400  t\.  ermässigt  wurde.     Das  Wochenblatt, 
in  dem  seit  Alters  her  von  den  Wiesbadener 
Bürgern  inseriert  wurde  und  das  aus  seinem 
Anzeigenteil     einen     ganz     unvergleichlich 
grösseren  Gewinn  erzielte,  als  alle  anderen 
seit    1848    in    Wiesbaden    aufgekommenen 
Blätter  —  seit    dem   16.    September   1850 
wurden  auch  die  Beschlüsse  des  Gemeinde- 
rates  auszugsweise    darin    veröft'entlicht  — 
schien  samt    der  Kurliste    damit   auf  lange 
Jahre    nicht    nur     dem    Verleger,    sondern 
auch  der  Stadt  gesichert.  Schellenberg  ver- 
stand es  jedoch,  sich  bald  in  den  alleinigen 
Genuss  dieser  Geld([uelle  zu  setzen,  indem  er 
dem  ofiiciellen  städtischen  Organ  du-ch  das 
mit    dem    I.    Oktober    1852    gleichfalls   in 
seinem  Verlage  täglich   erscheinende  Wies- 
badener Tagblatt  Konkurrenz  maclite.  welche 
das  seitherige    nur  einmal    wöchentlich  zur 
Ausgabe     gelangende     Wochenblatt     nicht 
länger   als    etwas  über  Jahresfrist  aushielt. 
Mit    Ende    des    Jahres    1853    ging  es  ein. 


ohne  da^)S  die  Stadt  in  Anbetracht  des  aU 
städtischen  Insertionsorgans  sciiui  11  beliebt  t.'c- 
worilenen  Tagblattos,  das  zugleich  «lurch 
einen  Unterhaltungsteil  das  Publikum  anzu- 
locken wusste,  in  der  Lage  gewesen  wJre, 
durch  anderweitige  Vergebung  des  Blattes 
sich  die  ihr  daraus  getioSsene  Linnahme  zu 
erhalten. 

Die  Wiesbadener  Kur-  und  Fremdcnliate 
erschien  nach  wie  vor  im  Schellenberg'schen 
Verlage  weiter,  im  Winter  vom  Oktober 
bis  Ende  April  einmal  wöchentlich,  in  der 
übrigen  Jahreszeit  täglich  und  ausserdem 
an  jedem  Montag  ein  alphabetisches  Ver- 
zeichnis sämtlicher  anwesenden  Fremih-n. 
Mit  dem  Anfang  des  Jahres  1807  ging  der 
Druck  und  Verlag  der  Liste  von  Schellen- 
berg an  Karl  Ritter  über.  Auf  Veranlassung 
Ferdinand  Hey'ls  übernahm  am  1.  Mai 
1867  den  Verlag  des  Blattes  der  Kurvereiu, 
von  dem  er  am  1.  Juli  18!)8  an  die  atädtiache 
Kurverwaltung  überging. 

So  lange  die  Kurliste  ein  Bestandteil  des 
Wiesbadener  Wochenblattes  war,  ist  sie  in 
diesem  erhalten.  Leider  aber  sind  manche, 
besonders  die  ältesten  Jahrgänge  des  Wochen- 
blattes spurlos,  wie  es  scheint,  verloren  ge- 
gangen. Was  davon  bis  1808  noch  vor- 
handen ist,  habe  ich  an  anderer  Stelle*)  be- 
reits angegeben.  Für  die  Zeit  von  181»» 
bis  1853,  der  zweiten  Periode  des  Wochen- 
blatts, in  der  es  ein  ausschliesslich  städti- 
sches Blatt  war.  lässt  sich  aus  den  Be- 
ständen der  Laudesbibliothek  und  des 
städtischen  Archivs  noch  ein  vollständiges 
Exemplar  zusammenstellen.  Die  besonders 
erschienene  Kurliste  ist  dagegen,  abgesehen 
von  dem  auf  der  Landesbibliothek  erhal- 
tenen Jahrgang  1804,  seit  1809.  von  welchem 
Jahre  ab  sie  zunächst  für  den  Sommer  dauernd 
selbständig  erschien,  nur  bruchstückweise  er- 
halten. Die  Landesbibliothek  besitzt  die 
teilweise  auch  noch  unvollständigen  Listen 
der  Jahre  1814.  1816.  1818  bis  1822, 
1857  und  1858,  das  Stadtarchiv  ilie  des 
Jahres  1823.  Diese  verdanken  ihre  Er- 
haltung fast  ausschliesslich  dem  l'm>tande, 
dass  sie  den  betreffenden  Jahrgängen  des 
Wochenblattes  beigebunden  sind.  Au^^cr- 
d<>m  besitzt  Herr  Hofbuchdrucker  Sehellen- 
berg die  Jahrträiige  1825  bis  1828  und 
1846    bis    1866,    die    einzusehen    er    mir 


-)  11.  .1.  U.  s.  1 10  .Vmii. 


88     — 


güticrst  i:estattetc.  Für  die  t'uluomJe  Zeit 
hat  die  städtische  Kurverwaltuni:  und  seit 
kurzem  auch  die  Landesbildiuthek  ein  Exem- 
plar dieses  für  die  Geschichte  des  Kur-  und 
Badelebens  Wiesbadens  doch  in  erster  Linie 
in  Betraclit  kommenden  Blattes  ordnungs- 
massii;  u'esammelt  und  aufgehoben. 

Wie  ich  schon  andeutete,  wäre  es  ein 
nicht  zu  unterschätzender  Gewinn  dieses 
kltinen  Aufsatzes,  wenn  er  die  Veranlassung 
würde,  dass  etwa  noch  an  unbekannten 
Orten  vorhandene  ältere  Jahrgänge  der  Kur- 
liste, sowie  die  noch  fehlenden  Jahrgänge 
des  Wiesbader  Wochenblattes  zum  Vor- 
schein kämen  und  an  der  dazu  berufenen 
Stätte,  auf  der  Landesbibliothek,  ein  schützen- 
des Obdach  fänden.  G.  Zedier. 


Nachträge  zu  dem 

Aufsatz  über  „Goethe  in  Nassau"  in 

den  Annal.  XXVII,  53  ff.  (1895). 

1.  Die  in  Wiesbaden  angeknüpften  Be- 
ziehungen brach  Goethe  nicht  sofort  ab, 
sondern  unterhielt  brieflichen  Verkehr  mit 
mehreren  Personen  noch  längere  Zeit, 
namentlich  mit  dem  Bibliothekar  B.  Ilundes- 
hagen  (vgl.  das  Goethe- Jahrl)uch  VL  125  tf. 
vom  Jahre  1885)  und  dem  von  ihm  hoch- 
geschätzten Oberbergrat  Cramer.  Wir 
haben  schon  a.  a.  0,  S.  113  zwei  Briefe  aus 
dem  Jahre  1822  angeführt.  Inzwischen  sind 
die  Fortsetzungen  der  Tagebücher  Goethes 
erschienen,  die  noch  mehrere  Schreiben  beider 
3Iänner  aus  den  früheren  Jahren  angeben, 
freilich  ohne  den  genaueren  Inhalt  namhaft 
zu  machen ;  andere  mögen  vielleicht  nicht 
erwähnt  oder  unter  einer  allgemeinen  Be- 
zeichnung versteckt  sein.  Goethe  schrieb 
an  Cramer  am  24.  Juni  1819  und  am 
19.  !März  1820,  er  erhielt  einen  Brief 
Cramers  am  5.  Januar  1821  und  antwortete 
am  7.  Januar  1821  ,,mit  einer  Kiste  ]Mi- 
neralien"'.  Nach  dem  Jahre  1822  scheint  die 
Korrespfjndenz  ins  Stocken  gekommen  zu  sein. 

2.  Im  Jahre  1823  gab  der  herzoglich 
nassauische  Medizinalrat  A.  H.  Peez  zu 
Wiesbaden  (1786 — 1847)  ein  Schriftchen 
über  die  Heilquellen  V(m  Wiesliaden  heraus, 
welches  den  Titel  hat:  Wiesbadens  Ileil- 
'luellen  dargestellt  von  Dr.  A.  II.  Peez. 
Giessen  bey  G.  F.  lleyer  (1823);  es  be- 
handelt in  22  Kapiteln  (267  Seiten)  nach 
einer    Besprechung    der     Lage    der    Stadt 


am  Tauhus,  ihrer  Gc<undlieit?verhältui>se, 
Umgebung  und  Altertümer  in  vier  Kapiteln 
(38  Seiten)  alles  für  Kurgäste  Wichtige 
über  die  <'^uellen  und  ihre  Wirkungen  auf 
die  verschiedenen  Krankheiten.  Das  Buch 
erlebte  mehrere  Autlagen  und  wur<lc  in 
mehrere  Sprachen,  wie  in  die  französische 
und  englische,  übersetzt;  der  Verfasser  aber 
erntete  durch  es  und  verschiedene  Aufsätze 
in  Zeitschriften  eine  wohlverdiente  Aner- 
kennung und  ausgedehnte  Praxis.  Auch 
Goethe  bekam  die  Schrift  zu  Gesicht;  ob 
sie  ihm  vom  Verfasser  ., verehrt"'  wurde, 
ist  höchst  zweifelhaft,  da  sie  in  der  ..Bücher- 
vermehrungsliste" des  Tagebuchs  III,  9, 
322  ff.  der  Weimarer  Ausgabe  von  Goethes 
Werken  unter  den  Geschenken  der  Jahre 
1823  und  1824  nicht  aufgeführt  ist  und 
der  Dichter  bei  seinem  Aufenthalt  zu  Wies- 
baden im  Jahre  1814  und  1815  die  Be- 
kanntschaft des  damals  noch  jungen  Arztes 
nicht  gemacht  zu  haben  scheint,  sondern 
den  Geh.  Rat  Lehr  konsultiert  hatte. 
(Annal.  XXVII,   108.) 

Nachdem  Goethe  die  Schrift  von  Peez 
gelesen,  trug  er  am  ß.  August  1824  in  das 
Tagebuch  (III,  9,  S.  253)  sein  Urteil  über 
dasselbe  mit  den  Worten  ein : 

,,Dr.  Peez  über  Wiesbaden,  ein  vorzüg- 
lich gut  geschriebenes  Werk." 

Es  ist  natürlich,  dass  die  heutige 
Wissenschaft  über  manche  Finzelheiti  n,  die 
Peez  berichtet,  besser  unterrichtet  ist,  als 
es  diesem  sorgfältigen  Beobachter  vergönnt 
war,  z.  B.  über  die  Altertümer  und  Ge- 
schichte der  Stadt,  über  chemische  Analysen 
u.  a.;  aber  da  er  mitten  aus  der  Praxis 
heraus  schrieb  und  seine  Ausfiihrungen  viel- 
fach durch  eigene  Erfahrungen  belegt,  so 
werden  seine  verständigen  Winke  und  Rat- 
schläge immer  ihren  Wert  behalten. 

3.  Herr  Dr.  C.  Spielmann  hat  in 
Nr.  18  der  von  ihm  herausgegebenen  Zeit- 
schrift ..Nassovia"'  (vom  IG.  September  1900) 
einen  Erlass  der  nassauischen  Landesregierung 
vom  l»7.0kt.  1825  betr.  das  Verbot  des  Nach- 
drucks von  Goethes  beal)sichtigter  neuen  Aus- 
gabe seiner  Werke,  die  denn  auch  von  dem 
Jahre  1827  au  erschien,  veröffentlicht.  Diese 
^littcilung  veranlasst  mich  zu  folgender 
Ergäii/nuLr  und  zugleich  zu  genauerer  Dar- 
stellung meiner  eigenen  Erzählun;,^  der  Sache 
in  den  Ann.XXVH,  182  auf  Grund  der  mitt- 
lerweile   erschienenen  Tagebücher  Goethes. 


—     S9     — 


—     90     — 


Der  Dicliter  hatte  im  Sommer  des 
Jahres  1825  eine  neue  Ausgabe  seiner 
Werke  mit  seinem  Verleger  verabredet  und 
war  in  Folge  dessen  bei  vielen  deutschen 
Regierungen  um  die  Gewährung  eines  Privi- 
legiums dieser  Aupi,'abe  für  sich  und  seine 
Erben  aut'  fünfzig  Jahre  cingekommen.  Das 
Tagebuch  verzeichnet  im  August  desselben 
Jahres  viele  Schreiben,  die  darauf  abzielen, 
wenn  auch  der  Inhalt  nicht  immer  ange- 
geben ist  und  die  Briefe  nicht  an  die  Re- 
gierungen oder  Fürsten  selbst  gerichtet  sind, 
sondern  an  Personen,  welche  auf  die  Er- 
ledigung seines  Gesuches  von  Eintluss  waren. 
3Ian  kam  allenthalben  dem  Wunsche  gerne 
entgegen  und  vom  Oktober  an  meldet  das  Tage- 
buch mehrfach  den  Eingang  solcher  Privilegia. 

Der  Herzog  von  Nassau  war,  wie  es 
scheint,  einer  der  ersten  Fürsten,  die  das 
Gesuch  nach  Wunsch  erledigten.  Dies  geht 
daraus  hervor,  dass  schon  am  3.  Oktober 
1825  das  nassauische  Privilegium  in  Goethes 
Händen  war ;  denn  an  diesem  Tage  findet  sich 
in  dessen  Tagebuch  (HI,  10,  S.  109)  der  Ein- 
trag :  ,, Herrn  Freyherrn  von  Marschall  nach 
Wiesbaden.  Dank  für  das  eingesendete  Privi- 
legium". Wir  dürfen  darnach,  da  die  Beförde- 
rung von  Postsendungen  in  jener  Zeit  langsamer 
als  heute  von  statten  ging,  auch  wenn  Goethe, 
wie  vorauszusetzen  ist,  alsbald  nach  Empfang 
der  Sendung  sein  Dankschreiben  abgehen 
Hess,  getrost  annehmen,  dass  das  Privilegium 
am  Ende  des  September  ausgefertigt  und 
mit  einem  Begleitschreiben  des  nassauischen 
Staatsministers  v.  Marschall  von  Wiesbaden 
abgegangen  war.  Diesen  hatte  Goethe  bei 
seinem  Aufenthalt  in  Wiesbaden  im  Jahre 
1814  und  1815  persönlich  kennen  gelernt  und 
öfter  mit  ihm  verkehrt.  (Annal.  XXYH,  106.) 

Wenige  Tage  nach  dem  genannten  Datum 
erging  an  die  Landesregierung  die  Weisung, 
den  Inhalt  des  verliehenen  Privilegiums 
zur  Nachachtung  für  die  Buchhändler  und 
Buchdrucker  des  Herzogtums  zu  veröffent- 
lichen, was  denn  auch  durch  den  Erlass 
vom   16.  Oktober  geschah. 

Zehn  Jahre  später  hatte  man  Ver- 
anlassung darauf  zurückzukommen,  als  in 
Paris  ein  Nachdruck  von  Goethes  Werken 
erschienen  war.  In  Folge  davon  verbot  die 
nassauische  Regierung  den  Vertrieb  dieser 
Ausgabe  am  2.  April  1835  im  Bereiche 
des  Herzogtums.  F.  Otto. 


Cliioiiik. 

Historischer  Verein  zu  Dillenburg. 

In  den  beiden  letzten  Jahren  stand  im 
Vordergrund  der  Thätiu'keit  des  Vereins 
die  Ausschmückung  des  Wilhelmsturms  und 
die  damit  notwendig  gewordenen  Transloka- 
tionen in  demselben.  Durch  die  Gemälde 
des  Herrn  Hofmalers  Kleyn  van  Brandes 
und  die  Ausmalung  sämtlicher  Räume  ist 
jetzt  der  Turm,  25  Jahre  nach  seiner  Ein- 
weihung, auch  im  Innern  so  eingerichtet 
und  ausgeschmückt,  wie  man  ihn  sich  bei 
seiner  Erbauung  gedacht  hatte.  Zum  29. 
Juni  d.  J.,  als  dem  25.  Gedenktage  seiner 
Weihe,  gab  der  Historische  Verein  im  Ver- 
lage von  Moritz  Weidenbach  ein  Album  des 
Wilhelmsturmes  heraus.  Dasselbe  enthält 
ein  Vorwort  von  dem  unterzeichneten  Schrift- 
führer des  Vereins,  in  welchem  ein  kurzer 
Abriss  der  Geschichte  des  Fürstenhauses, 
des  Schlosses,  seiner  Zerstörung,  der  Denk- 
malsidee und  seiner  Verwirklichung,  nebst 
der  Erklärung  der  Kleyn'schen  Gemälde 
gegeben  ist.  Es  enthält  die  Abbildungen 
der  Büste  des  Hotmalers  Kleyn  und  des 
Nassau-Oranischen  Wappens.  Hierauf  foliren 
12  Photographieen:  der  Wilhelmsturm.  An- 
sicht der  Stadt,  das  Schloss  im  17.  Jahr- 
hundert nach  Merian.  die  Wilhelmslinde, 
Wilhelm  der  Verschwiegene  nach  einem 
Oelgemälde  von  Miereveit,  und  die  Nach- 
bildungen der  in  diesem  Blatte  schon  auf- 
geführten Gemälde  (siehe  1897  98,  Heft  3  u. 
4,  S.  126).  Als  Geschenke  wurden  ver- 
sandt je  1  Exemplar  in  Prachtband  an 
Se.  Majestät  den  Kaiser.  Ihre  [Majestät  die 
Königin  von  Holland,  Se.  Kgl.  Hoheit  den 
Prinzen  Albrecht  von  Preussen  und  Se. 
Kgl.  Hoheit  den  Grossherzog  von  Luxem- 
burg, und  ferner  an  die  Herren  Oberpräsi- 
denten Graf  Zedlitz-Trützschler,  Regierungs- 
präsident Wentzel,  Fabrikant  Landfried  uml 
die  Vereine  zu  Wiesbaden  und  llerborn. 
Am  29.  Juni  fand  im  Wilhelmsturm  eine 
Feier  statt  durch  eine  entsprechende  An- 
sprache des  Herrn  Professors  Kegel.  In  der 
Jahresversammlung  hielt  letztgenannter  Herr 
einen  Vortrag  über  Wilhelm  den  Reichen, 
den  Vater  des  Verschwiegenen.  Dem  in 
dieser  Versammlung  erstatteten  Jahresbericht 
entnehmen  wir:  Die  MitLrliederzahl  stieg 
von    7  7    auf    84    und    sank    wieder  um   4. 


'.11 


—     92 


S(Mlass  der  Verein  SO  Mitu'lioder  /älilt.  Einer 
Aufforderung  des  Laudratsnmtes  zur  Anirabe 
von  Werken  vou  historischer  Be<leutung 
und  des  Wertes  der  Sammlung  des  Vereins 
wurde  entsprochen  und  auf  den  letzten  Teil 
der  Anfrage  die  Summe  von  33  000  M.  an- 
gogehcn.  An  Eintrittsgeldern  in  den  Wil- 
hermsturm  wurden  über  500  Mark  verein- 
nahmt. In  der  ..Zeitung  für  das  Dillthal'* 
erscheinen  allwöchentlich  längere  Abhand- 
lungen: ..Aus  Dillenburgs  Voigangenheit" 
von  dem  Unterzeichneten.  Ein  Album  der 
bis  jetzt  erschienenen  Ansichtskarten  der 
Stadt  zählt  deren  52.  Die  Sammlung  der 
Gegenstände  und  die  Bibliothek  wurden  durch 
Geschenke  und  Ankäufe  vermehrt;  es  um- 
fassen dieselben  circa  l.")00  Nummern.  Herr 
Zeichenlehrer  a.  D.  Prcsber  wurde  zum  Ehren- 
mitglied ernannt;  dem  Vorstände  gehören 
ferner  an  die  Herren  Beigeordneter  Seel, 
Professor  Kegel,   Kaufmann  W.  Richter  und 


der  Unterzeichnete. 


C. 


Dunges. 


Eine  Hallstattniederlassun^ 
bei    Neuhäusel    im    Westerwald. 

Einen  sehr  interessanten  Eund  inner- 
halb unseres  Vereinsgebiotcs  hat  Herr  Mi- 
nisterialrat W.  S  0  1  d  a  n  aus  Darm^ta<lt  ge- 
macht. Er  hat  unweit  Xeuhäusel  im  Wester- 
wald eine  der  Hallstattzeit  angehnrige,  :^ehr 
bedeutende  Niederla.'^sung  ent<leckt.  Den 
Bericht  Soblans  in  der  Köln.  Zeitung  vom 
2n.  Juli,  der  auch  in  das  Korres]>on.lenz- 
blatt  der  Westdeutschen  Zeitschrift,  Jahr- 
L'ang  1^>  Xr.  7  r.H lo,  übergegangen  ist, 
wollen  wir  bei  der  Wichtigkeit  des  Gegen- 
standes unseren  ^üt<rliedern  in  extenso') 
mitteilen : 

..Im  Sommer  v.  .U.  nahm  ich  im  Auf- 
trage der  Rfichs-Liincsk'ommissidu  auf  der 
I.imesstrecke  Höhr-?2ms  l'ntersuchun^'en  vor. 
deren  Hauptzweck  war.  über  das  Vorhanden- 
sein oder  Nichtvorhandensein  iler  ältesten 
zu  dieser  Grenzsperre  gehörigen  .\nlagen 
hier  Klarheit  zu  bringen.  Beim  Suchen  nach 
•^oblici)  fiel  mir  unweit  des  8  km  östlich  von 
Ehrenbreitstein  an  der  Strasse  (oblenz- 
Mnntabaur-I.imburir  trelegencn  Dorfes  Neu- 
häu-el.  dicht  am  Pfahlirraben  ein  kleiner 
flacher,    auf  einer  Seite   von  einer  seichten 


'l  Xuriloi  :>!<liluss  iätans  Raiiniiiiftiigol  j:okürzt. 


(Irabenmulde  umgebener  Hügel  auf.  Ich 
vermutete,  dass  er  die  Reste  einer  iler 
hölzernen  Warttürme  berge,  welche  den 
ältesten  Limesanlatren  eigentümlich  sind, 
und  machte  de>«halb  einiixe  Einschnitte. 
Die>elbej»  fi>nlerten  eine  kleine  vierseitige 
Plattform  mit  aus  Thon  und  Steinchen  her- 
gestelltem Estrichboden  zu  Tage.  Am  West- 
rande derselben  zeigten  sich  drei,  am  Süd- 
rande  zwei  senkrechte  in  den  gewachsenen 
Buden  vertiefte  Löcher.  Mqdererde  und 
Kohlen  Hessen  vermuten,  dass  in  ihnen  einst 
Holzpfosten  gesessen  hatten.  Der  Ostrand 
der  Plattform  war  durch  Abflössen  zerstört, 
der  Nordrand  konnte  weiren  eines  darüber 
sitzenden  Baumes  nicht  untersucht  werden. 
Die  sonstigen  spärlii-hen  Funde  bestanden 
in  Kohlen  und  Thonscherben.  Die  .\.nlage 
zeigte  eine  entfernte  Aehnliclikeit  mit  den 
Barackenre>ten.  wie  sie  in  den  letzten 
Jahren  bei  den  Limesunter>uchungen  viel- 
fach ausgegraben  worden  sind ;  aber  tlie 
sorgfältig  gesammelten  Scherben  machten 
ihren  rtmiischen  Ursprunu  durchaus  un- 
wahrscheinlich. Sie  wiesen  vielmehr  auf 
die  frühere  Eisenzeit  hin,  die  man  auch 
die  Hallstattzeit  nennt.  Die  Auffindung 
dieser  Harackenreste  gewann  dadurch  ein 
gewisses  Interesse,  dass  für  Kenntnis  der 
Ilallstatt-Wohnstätten.  insbesondere  dies- 
seits der  .Vlpen.  zur  Zeit  nur  unvollständiges 
Material  vorliegt. 

Eine  nun  vorgenommene  Absuchunu: 
des  Waldes  in  der  nächsten  Umuebung 
Hess  sofort,  auf  einer  Fläche  von  etwa 
4  ha  zerstreut,  mindestens  loo  Hügel  der- 
selben Art  erkennen,  sodass  das  Vorhanden- 
sein einer  grösseren  Niederlassung  ver- 
mutet werden  durfte.  Rs  wurden  nun 
ilrei  weitere,  nnVulichst  weit  von  einander 
entfernt  gelegene  Hügel  aufgedeckt.  Das 
Eruri^bnis  war  immer  dasselbe.  Stets  fand 
sich  eine  erhöhte  und  dadurch  trocken  ge- 
legte, mit  rohem  Estrichboden  versehene 
Plattform,  die  von  acht  ein  Viereck  bil- 
denden Pfosteiihk'hern  umstellt  war.  In 
die  Plattform  war  immer  eine  Feuerstelle 
eingeschnitten.  Die  Hüüel  zei-rten  sich 
vorzui,'sweise  am  Rand  und  den  Hänixen 
eines  kleinen  Plateaus,  das  von  einem 
kleinen  Bache  umflossen  wird.  Die  Mitte 
dieses  Plateaus,  also  gerade  die  schönste 
Stelle,  ist  auffallenderweisc  fa-t  tranz  von 
Hiil:c1m   frei.      Eine  L'enauere  UMfcrsu<hniiL' 


—      'Xi 


—      94      — 


l)raflitc  die  AulkliinuiL'.  ()I)uloicli  mdir- 
t'acli  uTössere  lüimiie  liiiulcriul  im  WeiiC 
staiulcn,  irolanir  e^;  docli,  Iiior  elf  zu  oiiieiii 
grösseren  Hau  trt'ltiiritio  rfo.stenltkhor  und 
Stücke  ciiKM'  Tonue  iiaeli/uweisen.  Dieser 
Dau  bildete  ein  ^'iere(■k  von  8  ni  Soiten- 
län.u'e.  Die  Sclierhonfunde  sprachen  auch 
bei  diesen  weiteren  (irabun^fen  dafür,  das.« 
die  Niederlassung;  (I«r  Ilallstattzeit  ange- 
hört. Durch  die  Kihsorge  des  Kaisorlichen 
Archäologischen  In>titnts  in  Berlin  mit 
^Mitteln  versehen  und  im  Einver>t;iinlnis 
und  Benehmen  mit  ilcm  NOrstande  des 
Vereins  für  Altertumskunde  und  Geschichts- 
forschung in  Wiesbaden,  nahm  ich  nun- 
mehr im  .Mai  dieses  Jahres  eine  weitere 
Untersuchung  in  vergnissertem  l'mfange 
vor,  die  rasch  zu  meikwürdigen  Krgeb- 
nissen  fidu'te.  Wir  haben  es  nicht  mit 
einer  kleineren  (irujipe  von  Wohnstätten, 
sondern  mit  einer  der  Ilallstattzeit  ange- 
hr»rigcn  Niederlassung  von  sehr  beträcht- 
lichem  Umfang  zu  thun, 

Spuren  einer  alten  Besiedlung  sind  auf 
jener  gegen  den  Rhein  vorgeschobenen 
Terrasse  des  Westerwaldes,  auf  der  Neu- 
liäusel  liegt,  schon  früher  bekannt  gewor- 
den. Hs  wird  auch  angenommen,  dass  die 
Staatsstrasse  Coblenz-Montabaur-Limburg, 
die  über  jene  Terrasse  zieht,  ihrer  Rich- 
tung nach  mit  einer  Strasse  zusammen- 
fällt, die  wohl  schon  bestanden  hat,  ehe 
die  Römer  die  Gegend  besetzten.  An 
dieser  Strasse  ist  S  km  östlich  von  Ehren- 
breitstein,  auf  der  Wasserscheide  zwischen 
Rhein  und  Lahn,  das  Dorf  Neuhäusel  ge- 
legen. ^'on  Neuhäusel  steigt  man  nach 
der  Südkuppe  der  Montabaurer  Höhe 
hinauf.  Rechts,  nach  Süden,  fällt  das 
Gelände  in  die  tiefe  Thalmulde  des  Emser 
Baches  ab.  Links,  nach  Norden,  senkt 
sich  der  bewaldete  Hang,  nach  unten 
immer  steiler  werdend,  zum  Kalten  Bach 
hinab,  dessen  Wasser  bei  Vallendar  in  den 
Rhein  tiiesst.  Auf  dieser  Seite  erhebt 
sich  l'/4  km  nordöstlich  von  Neuhäusel  ein 
kleiner  mit  Fichten  bewachsener  Kegel, 
der  Eitelborner  Steinrausch.  Ihm  ist  nach 
Norden  jenes  oben  erwähnte  kleine  Plateau 
vorgelegt,  dessen  steile  Hantle  nach  Nord- 
westen und  Norden  vom  Kalten  Bach, 
weiter  nach  Norden  und  nach  Nordosten 
hin  vom  Platzer  Bach  umtiossen  werden. 
FolL't    man    von  Neuhäusel    der  irenannten 


Strasse,  so  trifft  man  nadi  weniu'en  Minuten 
den  Waldrand.  Hier  tinden  sich  die  er-ten 
Spuren  der  Niederla>-unu'.  Die  kleinen, 
,  riarlim  lluL'i'l  unter  den  hohen  Buchen  ge- 
hören ilem  Gräberfeld  an.  Etwa  :-{.')(l  Schritte 
weiter  macht  die  Strasse  eine  unbedeutende 
Wemlung.  Sie  winl  hier  von  der  von  Kaden- 
bach  nach  Hillscheid  führenden  Strasse 
geschnitten.  An  dieser  Stelle  zwei^rt  Meli 
ein  in  der  seitherii:en  Stra.sseiirichtung 
weiterziehender  Waldweg  ab.  Foi'^t  man 
ihm,  so  stösst  man  sof(trt  auch  auf  Wnlm- 
stütten.  Bire  Reste  sind  in  flachen  Hügeln 
geborgen,  die  von  tk'w  Grabhügeln  sich 
dadurch  unterscheiden,  dass  auf  der  BcrL;- 
seite  die  überbnickonde  Btisehung  fehlt. 
Sie  ähneln  den  alten  KohleiuHeiler-tätten, 
die  man  in  den  benachbarten  Waldungen 
vielfach  tindet,  sind  aber  vi(d  kleiner  als 
diese.  Der  Waldweg  führt  an  der  Berg- 
lehne hin,  an  einem  alten  Steinbnnh  und 
einer  Bimssandgi-ube  vorbei  und  umzieht 
den  Nordhang  des  Eitelborner  Stein- 
rausches. Ueberall  tindet  nmn  zu  l)eiden 
Seiten  dieses  Weges  jene  Hügel :  aber 
man  begegnet  ihnen  auch  allenthalben, 
wenn  man  nach  Süden  bergauf  oder  nach 
Norden  bergab  steigt.  Am  dichtesten  ge- 
drängt zeigen  sie  sich  an  ilem  vom  Stein- 
rausch n('»rdlich  vdrspriiigenden  Plateau.  Hier 
scheint  der  Kern  der  Niederlassung  zu  sein. 
In  der  Mitte  dieses  Plateaus  liegt  auch  der 
im  vorigen  Herbste  bereits  aufgefundene 
grössere  Bau.  Die  weiteren  Ausgrabungen 
ergaben,  dass  das  damals  naclnrewit>sene  ^'ier- 
eck  von  8  m  Seitenlänge  im  Iiniern  eines 
grösseren  Vierecks  von  durchschnittlich 
17,00  m  Seitenlänge  gelegen  i>t.  Der 
Ausgrabungsbefund  spricht  dafür,  da.ss  die 
24  Pfosten,  welche  dasselbe  umstellten,  einst 
nicht  ein  einziges  grosses  Dach  trugen  — 
was  ja  sehr  begreitiich  ist  — ,  sondern  dass 
innerhalb  dieser  Umfassung  und  an  sie  an- 
lehnend mehrere  Gebäude  standen.  Im  Süd- 
westen und  Nordosten  tinden  sich  uTiissere 
Reste  des  Fussbodens  von  M)lchen.  Er 
ist  aus  gestampftem  Thon  un«!  Sand  her- 
gestellt, das  Material  ist  aus  der  nächsten 
Umirebung  genonmien,  wo  unter  der  meist 
dünnen  Bimssandschicht  ein  weiss-grauer 
Thon  liegt.  Den  Rändern  der  Tenne,  ins- 
besondere an  den  Pfostenlöchern,  hat  man 
durch  ein  Gemenge  von  Thon  unrl  Steinen 
eine  grössere  Festigkeit  gesjteben.     .Vuf  der 


—     9.i 


06 


Xordfront  >(hlio>st   sich  oinc   ziemliih  trut 
antrole^'to    Listcrno    an,      Ihre    aus    dunh- 
lä.s>iirem     Riin--antl    hostclKMitle     uurdlii-he 
Wand    i>t   durch    eine   liandhocli   aufgotra- 
frene     Schidit     von     ■xosclihiironem     Tlion 
\vn>serdicht    gemacht.       Auf    der    O^tseitc 
erkennt    man  nodi    die   Stelle,     wo    wahr- 
sclieinlich    aus    einem    Kanal    das    Wasser 
eintlo'^s.      Die   genauere  Untersuchunir  ilie- 
ser    ganzen    baulidien  Anlaire   wird    durch 
grössere    Iläume    sehr    erschwert    und    ist 
deshalb   noch    niciit  abgcschlo>sen.      Aehn- 
lich  verhält  es  ^ich    mit  ihrer  rmgebuiig, 
wo  unter  doiu   NValillMid.n    die   Reste  wei- 
terer Gebäude  von  grösserem  und  kleinerem 
rmfanire    verborL'en     zu     liegen    scheinen. 
Die  Zahl    der  Ilüüel,    die    die    Reste    der 
gewöhnlichen  W.thnstätten  bergen,    beläuft 
sich  auf  viele  Hunderte.      Die   ganze  Nie- 
derlassung     bedeckt      einschliesslich      der 
Gräber      einen     Flächenraum      von      etwa 
llöo  m  Länge    un<l    700  m   Breite.      Mau 
wird  sie.    da  die  Wohnstütten  meist  dicht 
beisammen    liegen    und     ihre    Ausdehnung 
so  bedeutend  ist,    eine  prähistorische  Stadt 
nennen     müssen.       Dass     die    Wohnstätten 
nach    Wegen    gruppiert     sind,     lä>st     sich 
vermuten,    aber  es    konnte  bis    jetzt  noch 
nicht     nachgewiesen     werden.       Rei    Auf- 
deckung   der    betreffenden  Hügel    kam   bis 
jetzt  immer  eine  viereckige  Plattform  zum 
Vorschein,    die  von  L(»chern  umueben  war, 
in  denen  einst  senkrecht   gestellte  Pfosten 
sa-ssen.      Die  Plattform   i>t   immer  so  hodi 
aufgeschüttet,   als  erforderlich  war,    um  sie 
trocken    zu    erhalten,    und    an    der    Ober- 
fläche genau  so  hergerichtet,    wie  die  P'uss- 
b.iilen  in  dem  aufgefundenen   grösseren  Ge- 
bäude.     Einen    aus    Steinen    aufiresetzten 
erhöhten  Herd  habe    ich  auf   ihr  bis  jetzt 
noch   nicht    gefunden,    somlern    immer    als 
Feuer>telle    eine    in    die  Plattform    einge- 
schnittene Grube.      Von   den   Wänden    der 
Hütten  sind   vielfach   Reste   gefunden  wor- 
den.    Es  sind  Thonklumpen  mit  Abdrücken 
eines    Kei>iggetlechts ,      wie    nmn     >ie     in 
trleieher  Art  -chon  häutig  bei  l'ntersuchung 
prähistorischer  Anlagen  zu  Tage    gefördert 
hat.      (ranz    besonders    schön     fanden    sie 
sich  in  den  Resten  einer  Hütte  neben  dem 
•xrovsen  Bau,    die  durch  Feuer  ihren  l'nter- 
irang    L'efunden     hatte.       Der     durcli     den 
Brand  in  eine  ziegelartige  Ma.sse    v.rwan- 


delte  Wandbewnrf  zeii,'t  hier  auf  der  einen 
Seite  immer  den  Abdruck  ile.s  Reisig- 
geflechts, «las  die  einzelnen  Pfosten  mit- 
einander verband,  und  auf  der  andern  die 
sauber  ab^eLdichene  Wandtläche.  Etwas 
Neues  lieferte  die  Untersuchung  einer 
l«iO  in  südwestlich  des  grossen  Baues  ge- 
legenen Wohnstätte.  Hier  fand  sich  unter 
der  Hütte  eine  ältere  Wohngrnbe.  Sie 
hat  in  der  einen  F2cke  eine  Feuerstelle 
und  in  der  gegenüberliegenden  Ecke  einen 
Eingang  in  Gestalt  einer  mit  Steinchen 
festgemachten  schiefen  Ebene.  Von  dem 
Dache,  welches  diese  Grube  einst  über- 
deckte, haben  sich  dieselben  Thoid)rocken 
mit  Reisiggetlechtabdrücken  erhalten,  wie 
sie  von  den  Wänden  der  über  dem  Boden 
erhöht  errichteten  Hütten  gefunden  wer- 
den. Die  (rrube  der  Erdwohnung  ist 
l,sOm  hoch  mit  Erde  ausgefüllt  worden, 
um  die  I'lattform  der  späteren  Hoch- 
wohnung herzurichten.  Leider  war  grade  bei 
diesem  rnt(n'suchungsobjekt  die  Scherben- 
ausbeute  eine  sehr  massige ;  aber  das 
wenige,  was  gefunden  wurde,  reichte  doch 
aus,  die  Vermutung  zuzulassen,  «Ulss  beide 
Wohnstätten,  die  ältere  Erdwohnung  und 
die  jüng(n-e  Hoclnvohnung,  derselben  Kul- 
turperiode, nämlich  der  Hallstattzeit,  an- 
gehören. Es  ist  zu  vermuten,  dass  neben 
den  Wohnstätten  auch  Pferche  oder  Stätten 
für  Haustiere  gelegen  haben.  Bei  dem 
Gräberfelde  konnte  ich  erst  am  letzten 
Tage  meiner  Grabungen  einen  Einschnitt 
machen,  wobei  ich  sofort  eine  Hallstatturne 
mit  eingeritztem  geometrischem  Ornament 
von  grosser  Sclninheit  zu  Tage  förderte, 
Ueber  eine  eventuell  vorhandene  Befestigung 
der  grossen  Niederlassung  sind  noch  keine 
Untersuchungen  angestellt  worden,  aber  es 
fehlen  doch  Amleutungen  nicht,  welche  zu 
solchen  auffordern. 

Was  die  Einzelfunde  betrifft,  so  sind 
in  den  baulichen  Anlagen,  von  einem  ein- 
zelnen Falle  abgesehen,  nur  Bruchstücke 
zu  Tage  gefördert  worden.  Die  Metallfunde 
beschränken  sich  zur  Zeit  noch  auf  einige 
kleine  formlose  Stückchen  Eisenrost  und 
eine  Hallstatttibel.  Bemerkenswert  ist,  dass 
römische  Scherben  fehlen.  Die  Blütezeit 
der  Niederlassung  dürfte  etwa  in  ilie  Zeit 
zwischen  dem  7.  und  4.  Jahrhundert  vor 
Chr.    (reburt  fallen.  •' 


Im  Aiifriaif..  de»  VoP<tHi..J<.H  hcra.isge(,'cl.en  vun  .lor  Re<lakuou-K..m,.,iäsioD.   Druck  von  Uu<i.  licchtoM  A  Cump.,  Wiesbiule.i. 


Mitteilungen 

•les 

Vereins  für  Nassaiiisehe  Altertuiiislviindi^ 

und  Geschichtsforsehuiift' 

an     seine     >I  it^liecler. 


IIHX)  1«M)1. 


1.  Januar 


>().  +. 


Aereiiisiuiclirichteii. 

iVoni   1.  (»ktuiior  his  31.  Dezember   1900.1 

Wi'ihrend  des  verHossenen  Vierteljahros 
l)Oi;(;hätti?,''te  vor  allem  die  Statuti'nt'rav:c  den 
Vor.-tand.  Der  rel)er,u;ang  des  Museums  in  das 
Eigentum  der  Stadt  Wiesbaden  hat  zur  Folge 
gehabt,  dass  die  durch  die  Einführung  des 
Piürgerlichen  Gesetzbuches  geforderten  Aen- 
derungcn  und  Zusätze  zu  den  Vereins- 
statuten, wie  sie  der  vorjährigen  General- 
versammlung vorgelegt  und  von  ihr  ge- 
nehmigt wurden  (s.  Mitteilungen  1899/1900, 
Sp.  99  f.),  inzwischen  einer  völligen  Neu- 
bearbeitung der  Statuten  zum  <  )i)fer  gefallen 
sind.  Die  mit  dem  Entwurf  einer  den 
veränderten  Verhältnissen  entsprechenden 
Satzung  vom  Vorstande  beauftragte  Kom- 
mission setzte  sich  zusammen  aus  dem  Vereins- 
direktor, dem  Museumsdirektor,  dem  Vereins- 
sekretär und  dem  Herrn  Rechtsanwalt  Gutt- 
mann.  Der  neue  Entwurf  gelangte  zwar 
in  Gesamtsitzungen  des  Vorstandes  zur  Be- 
ratung und  Annahme,  es  war  aber  leider 
nicht  mehr  nKJglich,  ihn  der  diesjährigen 
ordentlichen  Generalversammlung  zu  unter- 
breiten. 

Die  Vorträge  in  den  winterlichen  Vereins- 
abenden begannen  am  2  4.  Oktober  mit  dem 
Bericht  des  Herrn  Arcliivrats  Dr.  Wagner 
über  die  diesjährige  (jeneralversammlung 
des  Gesamtvereins  der  deutschen  Geschichts- 
und Altertumsvereine  zu  Dresden,  Diesem 
folgte  am  7.  November  der  Vortrag  des 
Herrn  Bibliothekars  Dr.  Zedier  über  die 
Presse  iler  Bechtermünze  zu  Eltville  im 
Lichte  der  neuesten  Gutenbergforschung, 
am  2  f.  November  sprach  Herr  Oberlehrer 
Dr.     r>i)dewiL'      aus      Olierlaliiistejn      iibor 


Strassen  und  Diirfer  der  vorrümischen  Zeit 
in  Nassau  und  am  12.  Dezember  in  der 
Generalversammlung  Herr  Professor  Di-. 
lloffmann  über  das  Walten  der  alten 
ileutschen  Kaiser  in  den  Rheinlanden.  Ausser- 
dem zeigte  am  24.  November  Herr  Museums- 
direktor Dr.  Ritterling  den  im  Besitze 
des  Vereinsmuseums  befindlichen  (roldfund 
von  Wolfsheim  vor,  dessen  neuerdings  vor- 
genommene Untersuchung  seiner  Zusammen- 
setzung die  Angaben  von  Cohausens  im 
Wesentlichen  bestätigt  liat.  Auch  machte 
er  einige  Mitteilungen  über  das  letzte 
Resultat  seiner  Ausirrabungen  in  Nieder- 
bieber  und  liess  einige  sehr  wertvolle  Fund- 
gegenstände zirkulieren. 

Die  anthropolo'jrische  Sektion  err.tlnctc 
ihre  ^'ortragsabende  am  14,  November. 
Herr  Sanitätsrat  Dr.  Florscliütz  sprach  an 
diesem  .\bend  über  die  slavischen  Bauern- 
burgen in  Mitteldeutschland.  Am  28.  No- 
vember sprach  Herr  E.  Schierenberg 
über  Tabak  und  Pfeife  bei  den  amerikanischen 
Indianern,  am  19.  Dezember  Herr  Sfab>;- 
arzt  Dr.  Stern  über  die  Einbalsamierung 
bei  den  alten  Aegyptern. 

Die  ordentliche  Generalversammlung  fand 
am  12.  Dezember  im  I\Iuseumssaale  statt.  Auch 
in  diesem  .Jahre  waren  die  Neuerwerbungen 
des  Museums,  darunter  auch  zahlreiche  Ge- 
schenke, und  Butler  nassauischer  Profan- 
bauten, vor  allem  eine  sclutne  Sammlung 
westerwälder  Bauernhäuser,  die  der  Verein 
seinem  ehemaligen  Direktor,  dem  ver- 
storbenen Amtsgerichtsrat  Diissell.  verdankt, 
ausgestellt.  ^litglicdor  und  Freunde  iles 
Vereins  waren  zahlreich  erschienen  und 
nahmen    sichtliches  Interes-;e    an    den    an  — 

4 


—      '.>!»      — 


100      — 


gestellten  Gcgenstäiulen.  Xacli  «lou  üblichen 
Jahresberichten  lunl  dem  scIkmi  erwähnten 
Vortraij  traten  ilie  Mitirlieder  /iisanmien, 
um  zunächst  eine  Krg;inzuim>\vahl  des  Vor- 
standes vorzunclunen.  Die  statutengemüss 
ausscheidenden  Herren  Dr.  med.  Alirens, 
IleLTierungs-  u.  Baurat  Angehvjth  und  Rentner 
Gaab  wurden  wieder^ew.ildt.  Sudiuin  bc- 
ricliti'te  Ikrr  Dr.  med.  Lngeid)idil  im  Xamm 
der  Rechnungsi»rüt"ungskümmission  und  teilte 
mit,  dass  die  Vereinsreclinung  des  Jahres 
imjS  i>?'j»i  der  K<immissi(>n  /u  Aufstellungen 
weiter  keinen  Anlass  gäbe.  N'acli  Schluss 
des  offiziellen  Teils  fand  im  Tivoli  ein  ge- 
meinsames Abendessen  statt,  an  dem  sieh 
zahlreiche  Mitglieder  beteiligten. 

Der  diesjährige  Annalenband.  von  dem 
im  Sommer  gelegentlich  des  (iutenbergfestes 
das  erste  Heft  erschien,  wird  durch  ein 
weiteres,  zugleieli  mit  diesen  3Iitteilnngca 
zur  Au-gabe    gelangendes  Heft    vollständig. 

Dem  Tauschverkehr  ist  die  Redaktion 
der  ...Monatsberichte  über  Kunstwissenschaft 
und  Kun>tliandel"  (Herausgeber  Hugo  Hcl- 
bing.  ^München)   beigetreten. 

Für  einige  Rereicherunixen  unserer  lül- 
der-ammliinL'  ist  der  Verein  seinem  Vor- 
stand<miti:liede.  Herrn  ]\Iajnr  a.  D.  Kolb. 
zu  Dank  veriiflichtet. 

Der  Vereinsbibliothek  machte  Herr  Ge- 
werbeschuldirektor a.  D.  Fischbaeh  seine 
Schrift  ., Ursprung'  ihr  I'.uchstaben  Guten- 
bergs" zum   Geschenk. 

Dem  Verein  sind  als  onlentliche  Mit- 
glieder beigetreten  bezw.  wieder  beigetreten 
die  Herren:  Rentner  Willi,  v.  Born,  Aloys 
Mayer,  Professor  Harfi".  .Vrchitekt  \V.  Werz, 
Gewerbeschuldirektor  a.  D.  Fr.  Fischbach 
und  Professor  Dr.  jur.  Grimm  zu  Wiesbaden. 
Verloren  hat  der  Verein  ilnrch  den  Tod 
Graf  Karl  zu  Kitz  (Fltville).  Ausiritreten  sind 
)neist  infolj,'e  Wegzugs  die  Herren  Kaufmann 
W.  ()siu<,  Dr.  Üredemann.  Redakteur  Fritz 
W"ichmann.  Rauuntcrnehmer  II.  Fckerlin 
(Wiesbaden),  Kgl.  Gewerberat  (r.  Stumide 
(Stralsund; ,  l'farrer  Wahl  (Rndesheim), 
Seminar- Direktor  Dr.  Lewin  (Usingen), 
Postmeister  Batton  (Nassau),  Lehrer  (J. 
Holzhauer  (Wolfenhausen  I.  Die  Mifglie<ler- 
zabl   beträirt    i'>(). 


Bericht  über  die  im  Winter  1900/1901 
gehaltenen   Vorträge, 

l'eber  ilie  Generalversammlung  des  Ge- 
samtvereins in  L)re^den  am  2  i.  bis  2S.  Sep- 
tember 1900,  über  die  der  Vercinsdircktor, 
Herr  Archivrat  Dr.  Wagner,  am  ersten 
Vereinsabend  in  dii'^em  Winter  berichtete, 
bat  inzwischen  das  Korresiiondenzblatt  iles 
Gesamtvereins  der  deut>chen  (reschichts- 
und  Altertumsvereine  in  Xo.  10/11,  1900 
einen  ausfidirlichen  Bericht  gebracht.  In- 
dem wir  die  ^Mitglieder  auf  diesen  auf- 
merksam machen  —  das  irenannte  Blatt 
-teilt  auf  dem  Sekretariat  i  Friedrichstr.  1) 
jedem  Mitglied  zur  Verfügung  —  wollen 
wir  nicht  unterlassen,  zugleich  darauf  hin- 
zuweisen, dass  der  Preis  des  Blattes,  das 
einzeln  5  Mark  kostet,  bei  Abnahme  von 
fünf  Iv\em[ilaren  sich  auf  je  3  ]\h\rk,  bei 
Abnahme  von  dreissig  Exemplaren  auf  je 
2   Mark  crmässigt. 

Herr  Bibliothekar  Dr.  Zedier: 

Die  Presse  der  Bechtermüuze  zu  Eltville 
im  Lichte  der  neuesten  Gutenbergforschung. 

Dir  Vortragende  fidirte  aus.  dass  man, 
wenn  auch  schon  Wich-rsprüche  gegen  diese 
Ansicht  laut  geworden  seien,  bisher  an- 
genommen habe,  dass  Gutenberg  nach  Ver- 
lust seines  Druckaiij^arates  infolire  des 
l'rozesscs  mit  Fust  vom  Sv  ndikus  der  Stadt 
Mainz  Dr.  Konrad  Humery  zur  Gründung 
einer  nenen  l'resse  Geld  erhalten  und  mit 
dieser  das  Catholicon  und  einige  kleinere 
undatierte  Drucke  hergestellt  habe.  Her- 
nach habe  er  die  Bechtermünze  in  Eltville,  zu 
denen  er  in  verwandtschaftliche  Beziehungen 
getreten  war,  im  Drucken  unterrichtet  und 
ihnen  zum  Druck  des  Vocabularius  ex  ([Uo. 
dessen  erste  Auflage  14H7  aus  der  Druckerei 
der  Bechtermünze  zu  Eltville  hervorging, 
die  mit  dem  Gelde  Humerys  geschaffenen 
Typen  überlassen. 

Diese  Annahme  habe  nur  insofern  eine 
feste  (irundlaj,'e,  als  Humery  vom  Erzbischof 
Adolf  von  Mainz  ..eftliche  formen,  buchstaben, 
instrument,  gezauwe  und  anderes  zu  dem 
truckwerck  gehörende"',  das  Gutenberg 
hinterlassen  und  ihm  (Humery)  zu  eigen 
sei,  laut  eiues  Reverses  vom  26.  Februar  146« 
zurückerhalte,  und  ferner  der  Eltviller  Voca- 


—       101       — 


—     10: 


l)iil;uiiis    in    sciiicii  ersten    Iteidou   Aiil'lajxon   ' 
mit  ilen  Typen  »los  Ciitholicons  .u'odrucUt  sei.   \ 

r.odiglicli  K(Mn])iiiatii)n  sei  es,  wenn  man 
;,'laul)e.  ilass  der  in  jenem  Kevers  I)i'zeicliiii'ti' 
Druckapiiarat  licr  des  Catholicons  sei.  und 
zwar  eine  Kombination,  die  schon  aus  äusseren 
Gründen  keineswegs  iiliiM"zou;4cnd  sei.  Denn 
mit  Recht  liabe  man  I)etont.  dass  die  reichen 
r.eciitermünze  sich  zu  ihren  Drucken  nicht 
geliehener  Typen  bedient  haben  würden. 

Velke  habe  nun  in  der  Mainzer  Fest- 
schrift /um  Gntcnbergtcst  den  Versncli  ge- 
macht, die  Annahme,  dass  Gutenberg  tler 
Drucker  des  Catholicons  sei,  neu  zu  stützen. 
Nach  Velke  handele  es  sich  in  jenem  Revers 
von  1468  nicht  um  den  grossen  Apparat 
des  Catholicons.  sondern  um  einen  nur 
unbedeutenden  Typensat/,  den  Humery  seiner 
Zeit  von  der  Firma  Fust  und  Schotter  käut- 
lich  erworben  habe,  um  mittels  desselben 
durch  Gutenberg  das  ^Manifest  Diethers 
von  Isenburg  und  dessen  Brief  an  den 
Papst  vom  Jahre  1462  diucken  zu  lassen. 
Der  Vortragende  kann  die  Gründe,  mit 
denen  Velke  diese  Vermutung  wahrscheinlich 
zu  machen  sucht,  nicht  als  einwandsfrei 
gelten  lassen.  Nach  seiner  Ansicht  ist  es, 
wie  aus  anderen  Gründen  so  an  sich  schon 
höchst  unwahrscheinlich,  dass  ein  so  geringes 
Typenmaterial  dem  Kurfürsten  Anlass  ge- 
geben haben  soll,  Humery  durch  jenen 
Revers,  wie  dies  der  Fall  ist,  zu  verpflichten. 
CS  nur  in  Mainz  zu  gebrauchen,  oder  bei 
einem  Verkauf  einem  Mainzer  Bürger  die 
Vorhand  zu  lassen.  Hatte  es  sich  um 
einen  Apparat  gehandelt,  wie  ihn  Velke 
annehme,  so  wäre  davon  nicht  so  viel  Auf- 
hebens gemacht  worden.  Auch  darin  könne 
er  Velke  nicht  beistimmen,  dass  bei  den 
älteren  ^Mainzer  Druckern  das  Wort  eon- 
summare  die  ganz  spezifische  Bedeutung  habe, 
die  Velke  ihm  beilege,  sodass  es  in  den 
Schlussschriften  beweisen  solle,  dass  die 
Typen,  sowie  der  ganze  Verlag  und  Druck 
TOigentum  dessen  sei,  der  sich  in  der  Unter- 
schrift als  Drucker  nenne.  Richtig  sei  es, 
dass  die  älteren  Mainzer  Buclidrucker  es 
vermieden,  sich  als  Drucker  zu  bezeichnen, 
wo  sie  nicht  mit  eigenen  Typen  druckten. 
Die  Bechtermünze  und  Wigand  von  Orten- 
berg,  die  in  der  Schlussschrift  des  Eltviller 
Voeabularius  von  1467  als  Drucker  genannt 
winden,  seien  selbstverständlich  als  Verleger 
und  auch  Eigentümer  der  /.n  diesem  Druck 


veruandten  Typen  nnzu-ehen.  aber  da-  Wort 
consummarc  sei  dafür  ohne  Belang.  Es 
werde  stets  nur  s\nonym  nnt  eonticere  ge- 
braucht, sowohl  in  den  Sthbi-s-chritten  der 
älteren  Mainzer  wie  aller  späteren  Drucke. 

Paul  Schwenke  habe  in  seinen  Unter- 
suchungen zur  Gcschiehte  des  ersten  Buch- 
drucks') die  Urheberschaft  Gutenlier'-'s  rück- 
sichtlich des  (.'atholicons  und  damit  die  Be- 
zieliungen  der  Eltviller  Presse  zum  Ertindcr 
der  Druck kunst  überhaupt  verworfen. 

Jedenfalls  bedürfe  die  letztere  Frage 
einer  weiteren  eingehenden  Untersudiuni.'. 
Denn  wenn  auch  gegen  Vidkes  Versuch, 
diese  Beziehungen  klar  zu  stellen,  sich  Be- 
denken erhöben,  so  bliebe,  wenn  man  mit 
Schwenke  das  Catholicon  aus  den  Gutenberg- 
drucken  ausscheide,  doch  eine  Reihe  von 
That.-achen  übrig,  für  die  man  alsdann  naili 
einer  Erklärung  suchen  müsse. 

Der  Vortragende  vermied  es,  auf  diese 
verwickelten  Einzel  fragen  näher  einzugehen. 
Er  versuchte  vielmehr,  mit  der  Behandlung 
seines  Gegenstandes,  der  ja  eine  Kernfrage 
des  ältesten  Mainzer  Buchdrucks  bildet,  zu- 
gleich ein  Bild  der  Gutenbergforschung  der 
Gegenwart  seit  van  der  Linde  zu  geben 
und  ging  deshalb  auch  auf  die  Schwenkesche 
Schrift  und  ihre  Bedeutung  für  dieälteste  Buch- 
druckgeschichte und  auf  die  Untersuchungen 
Dziatzkos,  die  der  GutenbergforscJiung  erst 
eine   feste  Ba^is  gegel)en  haben,   näher  ein. 

Herr  Oberlehrer  Dr.  Bodewig: 

Vorrömische  Wege  und  Dörfer  im  west- 
lichen Nassau. 

Die  Kennzeichen  eines  vorrömischen  We- 
ges sind  die  an  demselben  sich  erhebenden 
Grabhügel,  die  Spuren  von  Dörfern  und 
Einzelgehöften  und  die  von  den  Römern  an 
den  alten  Wegen  getrott'enen  Veranstaltungen 
zur  Ueberwachung  des  Grenzverkehrs. 

So  lassen  sich  zalilreiche  Wege  l)C<tb- 
acliten,  die  in  vorrömischer  Zeit  den  Ver- 
kehr vom  Rheine  bis  zur  Hohe  des  Westcr- 
waldes  und  des  Taunus  vermittelten.  Ein 
solcher  Ausgangspunkt  vorrömisclier  Wege 
war  Vallendar.  Dieselben  sind  hier  durch 
Grabhügel  oder  Dörfer  bezeichnet.  So  sieht 
man  am  Westabhange  zweier  kleiner  Bäche. 


M  Fe;^tsehrift  zur  (iiitoiiberi,'feicr,  iioraiisjre- 
i:i'l)en  von  «Ipf  KtPiiiul.  FJil)li()t]i<'k  zu  n<'rlin  tmi 
•-'4.  Jin.i  r.Mio,  S.  71    f. 

4* 


103     — 


—      104      — 


<lio  in  iJen  Ft-lirbacli  cinniiiiitlen.  ilic  Si'un  u 
zaIilroichtM-  IIntt(Mii>lät/e,  <Iie  sich  wit;  Ulciiif 
KohlenuK'iler  an  <lou  lieigaViliang  anschinio- 
u'cn,  und  danebou  öfter  uicilriiio  rii-aliliiigel. 
Dasselbe  ist  auf  der  Südseite  <les  Ilillscht-icbT 
Baches  der  Fall.  Ein  Miinzfund.  der  beim 
Daugern  im  Rheine  gemacht  wurde,  weist 
auf  eine  Ueberfahrts>telle  von  Vallendar 
zum  linken  Klieinufer.  Mine  wichtiL'e  Ver- 
kelirsstrasse  gir.g  ferner  von  Khrenbreitstcin 
über  Xeuhänsel,  wo  ein  grosses  vin'riünischcs 
Dorf  aufgedeckt  wurde,  narh  Montaliaur 
und  weiter  zur  Lahn.  (Heichfalls  durch 
Münzfundc  nachgewiesen  ist  eine  L'eborfahrts- 
^telle  in  Ilorcldieiin  zwischen  einem  hier 
liegenden  v()rr«')niischen  Dtjrfe  uiul  einem  an- 
dern im  Cublenzer  Stadtwalde.  Von  IJiau- 
l»ach  fuhren  wieder  mehrere  alte  Wege  zur 
Höhe.  Au  dem  llügelnicken,  auf  dem  die 
Marksburg  sich  i'rhebt.  wunlon  in  jüngster 
Zeit  die  Fundamente  vurntmischcr  Hütten 
mit  reichen   Kulturresten  gefunden. 

Andere  vornmiisclic  Wege  gehen  aus 
von  Filsen,  dem  keltischen  Daudobriga  gegen- 
über, von  St.  Goarshausen,  Lorch,  Küdes- 
lieim.  Kltville.  Nieder-Walluf.  Sehierstein 
und  ^losbach.  —  Vom  Lahnthale  aus  fülirten 
vornimische  Wege  von  Ems  nach  Kemmenau 
und  von  Friedrichssegen  über  Frucht  und 
Seliweiirhausen  ins  Thal  des  IMühlliaelis. 

Von  besonderer  Wichtit,'keit  waren  zwei 
von  Norden  nach  Süden  über  die  llniie  hin- 
ziehende Verkehrsstrassen.  Die  eine  ging 
von  IJraubach  aus  rd)cr  Dogel  und  Hansel 
zum  Wisperthale  bei  Lnrcli :  die  andere 
vtm  Nassau  über  Ilolzhausen  und  Kernel  nach 
Wiesbaden  und  Mainz,  die  sogen.  Bäder- 
strasse.  Beide  weisen  eine  Anzahl  Grab- 
felder und  Spuren  von  Wdlinstiitten  auf. 
Alle  vorrömischen  Wege,  soweit  sie  das  be- 
sprochene Gebiet  betrett'en.  waren  Erdwege. 
Kunststrassen  in  unserem  Sinne  gab  es  nicht. 
Die  auf  der  Wasserscheide  hinziehenden 
Wege  boten  auch  meist  ein  trockenes  Ter- 
rain und  gestatteten  ein  Ausweiclien  zur 
Seite,  wenn  eine  Stelle  selnver  passierbar 
wurde.  Die  Homer  haben  an  iIlmh  vor- 
handenen Wegenetze  wenig  geändert  und 
nur  sehr  selten  aus  militärischen  Gründen 
einen  neuen  Weg  angelegt.  Nur  in  der 
Nahe  der  Kastelle  haben  sie  auch  Strassen 
gestickt  oder  Kieswege  angelegt.  Wohl 
aber  finden  sicli  an  vielen  alten  Wegen 
riünisehc  Steinbauten,  und  die  Eimeskastelle 


■^ind  mit  Rücksicht  auf  frühe  Verkeln->tras.-en 
angelegt,  so  bei  Kemel.  Holzhauson,  .Marien- 
fels, Xiederberg,  Hcdde^dorf  und  Xieder- 
bieber. 

Als  die  nimische  Herrschaft  auf  dem 
rechten  Rheinufer  aufborte  und  die  Franken 
das  Gebiet  in  Besitz  nalimen,  bewohnten 
iliesc  hauptsächlich  das  Rhein-  und  Lahn- 
thal, wo  ihre  Friedlnife  sich  fast  an  jedem 
(»rte  linden.  In  der  Karolingerzeit  erfolgten 
wieder  reichliche  Rodungen  auf  der  Höhe, 
und  die  alten  Stras-en  kamen  wieder  mehr 
in  Gebrauch.  So  zog  denn  auch  im  Jahre 
842  König  Karlmann  mit  Bayern  und 
Schwaben  über  dii^  alte  Bäderstrasse  von 
3Lainz  nach  f'oblenz.  Im  Mittelalter  be- 
wegte sich  der  Verkehr  >tärker  auf  den 
alten  Strassen,  und  die  meisten  werden 
heute  noch  wie  vor  mehreren  tausend  Jahren 
benutzt. 

Herr  Prof.   Dr.   Hoff  mann: 

Das  Walten    der  alten  deutschen  Kaiser 
in  den  Rheinlanden. 

Während  die  früheren  fränkischen  Könige 
meist  in  dem  westlichen  Teile  ihres  Reiches, 
in  Xeustrien,  residierten,  ersah  Karl  der 
Grosse  die  Rheinlande  zum  bevorzugten 
Schauplatz  seines  persiinlichtm  Waltens.  X''ach 
-einen  Pfalzen  Aachen,  Ximwegen,  Ingel- 
heim. Frankfurt,  Worms  berief  er  oftmals 
die  Reichsversamndungen ;  von  hier  aus 
unternahm  er  seine  Züge  nach  Sachsen  und 
Italien,  hier  tVirderte  er  persönlich  den 
Acker-  und  Gartenbau  zum  Vorbild  für  an- 
dere Reichsteile.  Ein  Königshof  mit  könig- 
lichem Wohnhause  (Saalbau)  war  auch  Wies- 
baden, im  Kunigcsundra-Gau  gelegen,  zu- 
erst erwähnt  von  Einhard  im  Jahre  ■'^29. 
Das  nahe  Kloster  Bleidenstadt  ist  in  Karls 
des  Grossen  Zeit  wstiftet,  von  I-']rzbischof 
Lullus  von  ]\Iainz,  einem  bei  König  Karl 
iiochangesehenen  Geistlichen;  man  kann  wohl 
annehmen,  wenn  auch  ilie  ausdrücklichen 
Xachrichten  darüber  schweigen,  dass  Karl 
bisweilen  dieses  Kloster  und  ilen  K(inigshof 
besuchte,  wenn  er  zum  Jagen  in  die  Taunus- 
wälder zog.  In  seinen  si>äteren  Jahren,  als 
römischer  Kaiser,  nahm  er  zumeist  in  .\achen 
Aufenthalt,  ebenso  Ludwig  der  Fromme, 
unter  dem  aber  auch  die  anderen  rheinischen 
Pfalzen   genannt   werden;    auf  einer   Rhein- 


—     Ki: 


—      Iim;     — 


iiist'l    Iü''L'llii;iiii 


jogeiiüber 


^tarl 


.uawig, 


!)C(lr;iugt  von  seinen  aui'stündischcn  Sühnen. 

Im  Vertiage  zu  Verdun  wurden  die 
Klieinhuide  geteilt;  erst  870  kamen  Kisass 
und  Lothringen,  letzteres  aucli  den  L'rüssteu 
Teil  der  jetzigen  Xicderlande  uiiit'assend. 
an  das  ostt'ränkische  oder  deutsclie  Tieieh. 
Zeitweilig  brachten  dann  die  westfränkischen 
Könige  Lutliringen  an  sich  ;  Ileiiiricli  I.  ge- 
wann CS  zurück,  indem  er  dreimal  über  den 
Kliein  zu  Felde  zog.  Otto  I.  bestand  am 
Rhein  i\i.!n  Kampf  um  die  Anerkennung  des 
Königtums  durch  die  IIi'rz()ge :  im  Herzog- 
tum Fraidcen  am  ^litteli-hein  setzte  er  keinen 
Herzog  wieder  ein,  sondern  verwaltete  es 
selbst  als  königliclies  Land  :  auf  der  Ver- 
einigung von  Sachsen  und  IMieinlaud  unter 
demselben  Herrscher  beruhte  fortan  die 
Einheit  ties  Iteiclns.  Oft  \erweilte  Otto 
am  Rhein,  namentlich  wenn  er  von  seinen 
italienischen  Zügen  zurückkehrte;  Ostern 
965  hielt  er  einen  Fürstentag  zu  Ingelheim 
und  wohnte  dann  einige  Tage  auf  dem 
Königshof  zu  Wiesbaden,  was  durch  zwei 
hier  ausgestellte  Urkunden  bezeugt  wird. 
Er  vereinte  mit  dem  deutsclien  Königtum 
den  Glanz  des  römischen  Kaisertums,  wel- 
cher auf  seine  Nachfolger  überging. 

Unter  diesen  ist  Konrad  H.  als  gebo- 
rener Rheinländer  hervorzuheben;  seine 
Stammgüter  lagen  in  der  Gegend  von  Speier. 
Sein  gerechtes  Walten  zum  Schutze  des 
Landfriedens  förderte  den  Wohlstand  des 
Volkes;  Rauwerke  aus  seiner  Zeit  sind 
Kloster  Limburg  an  der  Haardt,  der  Dom 
zu  Speier,  der  westliche  Chor  des  Doms  zu 
^lainz.  Auf  dem  Fürstentag  zu  Ingelheim 
1030  ächtete  er  seinen  ungehorsamen  Stief- 
sohn Ernst  von  Schwaben  :  von  Strassburg 
aus  unternahm  er  1033  die  Eroberung  Rur- 
gunds;  in  Norwegen  feierte  er  103f)  die 
Vermählung  seines  Sohnes  mit  der  Königs- 
tochter von   Dänemark. 

Gegen  seinen  Enkel  Heinrich  IV.  er- 
hüben sieh  die  dem  Kaisertum  feindlichen 
Mächte :  in  Tribur  traf  ihn  der  Spruch 
der  Fürsten,  dass  er  sich  binnen  .Jahres- 
frist vom  Ranne  lösen  müsse,  zu  3Iainz 
verkündete  er  uacli  langen  Kämpfen  den 
Landfrieden,  zu  Ingelheim  zwang  ihn  der 
abtrünnige  Sohn  abzudanken ;  er  wider- 
rief bald  die  Abtlankung,  starb  aber  zu 
Lüttidi  und  wurde  erst  nach  fünf  .lahren 
im   Dom   zu  Speier  bestattet.      Heiurirh   V. 


Ijceudete  duicli  das  zu  Worms  geschlossene 
Konkordat  <len  Kampf  mit  dem  Papsttum, 
der  allerdings  später  aufs  neue  entbrannte, 
aber  erst  in  der  letzten  Wendung  unter 
Friedrich  IL  dem  deutschen  lleiche  un- 
widerbringlichen Sciiaden  zufügte.  Da- 
zwischen liegt  die  glänzen<le  Zeit  Friedrich 
Harbarossas,  der  in  seinen  I'falzon  zu  Ila- 
geuau.  Kaiserslautirn.  Inirelheim.  Gi-lnliauseu 
stattlich  hofhielt  und  auf  der  Rheiuel)ene 
bei  Mainz  1184  jenes  gro.sse  Fest  feierte, 
welches  die  ritterlichen  Dichter  in  ihren 
Gesängen   verherrlicht  liaben. 

Fiiedrich  IL.  in  Italien  gebin-en.  kam 
nur  für  kürzere  Zeit  eini.Lremal  nach  Deutscli- 
land  ;  zu  Worms  feierte  er  1235  seine  Hoch- 
zeit mit  einer  englischen  Königstochter,  zu 
Mainz  verkündete  er  gleich  danach  ein  Land- 
friedeusgesetz.  .Vber  während  er  dann  in 
Italien  gegen  die  Päpste  und  die  Guelfon- 
partei  känii)ft(%  erhob  sich  in  Deutschland 
das  Landesfürstentum  mit  Erfolg  gegen  die 
kaiserliche  Macht.  In  ilen  hierdurch  ent- 
standenen T'nruhen  wurde  1242  die  kaiser- 
liche Stadt  Wiesbaden  zerstört ;  in  den 
folgenden  .lahren  hatten  die  Rheinlande 
durch  Krieg  schwer  zu  leiden,  bis  der  1254 
gestittete  Rheinische  Rund  den  Frieden 
einigermassen  wieder  herstellte.  Die  Fürsten 
missbrauchten  das  Recht  der  Königswahl, 
um  sich  durch  Geld  und  Privilegien  zu  be- 
reichern;  Richard  von  Cornwallis,  der  1258 
als  erwählter  König  das  Rheinland  durch- 
zog, fand  nur  so  lange  Anhang,  als  er  Gc- 
.schenke  austeilte.  Die  alten  Königsgüter 
gingen  in  landesfürstlichen  Besitz  über,  so 
auch  Wiesbaden :  allmählich  befestigten  sich 
grössere  weltliche  Fürstentümer  zwischen 
den  geistlichen,  reichsstädtischen  und  ritter- 
schaftlichen Gebieten  im  Rheinland.  Es 
entwickelte  sich  hier  ein  vielgestaltiges 
Leben  in  Kleinstaaten,  während  das  not- 
dürftig liergestellt(>  Kaisertum  seinen  Sitz 
nach  dem  Osten  des  Reiches  verlegte.  Aber 
31acht  und  Einheit  des  Reiches  waren  da- 
hin; in  späteren  Leidenszeiteu  haben  die 
Rheinlande  vieles  erduldet,  bis  im  l'J.  Jahr- 
hundert Deutschland  sich  zu  neuer  Rliite 
erhob. 

(Fortietzung  des   l'.erichts  fol?t.) 


MIT      — 


()■<      — 


V(4>valtmiürs-Heri(ht 

des  Altertums-Museums. 

(Vom    1.   Juli   bis  ol.    Dez.    l'JÜO.) 

Erwerbungen. 

A.  Vorrömi3che  Periode. 

Aus  (Jen  Moabarher  Samlirruben  stammen 
niclirore  bescbädigti'  Näpte  der  I.a  Ti-nL- 
Zrit(  15o24  2ri).iiber\vir;cn  vom  nassauiscbeu 
Verein  für  Xaturkundf.  Kint'  grosse,  riaolie 
und  zwei  kleinere  Scbüsseln ,  sowie  ein 
schwarzer  Becher  (Form  Knenen  VI.  8d) 
aus  den  Gräbern  bei  Bilkheini  i  1528()  s8. 
ältere  Funde),  ein  kleiner  schwar/lirauner 
IJecher  mit  Striclnerzierun;,'  auf  iler  Schulter 
I15J73)  aus  Langenscheid  liei  Diez ;  eine 
beschädigte  Hache  Schale  au>  bräunlichem 
Tlmn.  gefunden  bei  Ilesslocli  L^l8  (löJTO), 
ein  roher  Kumi)  der  La  Tme-Ztit  (Durch- 
messer 17^  i  cm),  darin  Knochenüberreste 
und  eine  kleine  zerbrochene  Thonkugol 
(15275)  aus  den  Gräbern  bei  Ilochheim 
(vgl.  Mitteil.  an  die  Mitglieder  des  nass. 
Altertums-Vereins  18G1,  Xo.  1,  S.  11  f.) 
F.in  kleines,  jetzt  noch  10  cm  langes,  zu- 
u'espitztes  Instrument  aus  Kieselschiefer,  ge- 
funden im  Kastell  auf  dem  lleidenberg, 
k<innte  auch  in  nniiischcr  Zeit  dort  ver- 
loren  worden  sein. 

B.   Römische  Periode. 

Die  Mehrzahl  der  Funde  aus  dieser 
Ziit  stammt  von  verschiedenen  Baustellen  , 
in  der  Stadt  Wiesbaden.  Von  dem  alten 
Aecibeamt  in  der  Neugasse  ein  Backstein- 
>tuck  mit  dem  Stempel  der  XXII.  Legion 
und  De]i>hin(  =  .Jacobi.Saalbur',',  Tat".  LXXV, 
i:]).  ferner  die  Silligatastempel :  ANIS/XTV 
Diccv/  =  Bi..suiii].  CINTVC  '/'  rv  = 
(intu-rnaltu's).  kVCVPEC,MICCIO  FEG, 
viMPVSF -■' :  ein  Xapf  aus  SiLrillata  i  hoch 
ö'/i  cm.  oberer  DurcJimesser  15'/^  cm)  von  [ 
der  si)ätzeitig<'n  Form  Drag.  Fig.  4!»,  mit 
ringekerbt<_'m  Verzii-rungsstreifen ;  auf  dem  j 
Rand  eingeritzt  CA,  ^luf  'bni  Fuss  mit 
l)reiten  Strichen  1 1 1  (vgl.  diese  Mitteil.  l'.)00, 
Sp.  30) :  Tasse  der  Form  Drag.  31)  =  Koenen 
XVI,  3(J :  Xapf  aus  rauhem  grauem  Thon, 
'-'eschwär/t  (Form  K<ienen  XVII,  (>),  kleines 
kreisrundes  Lämpchencjhne  Deejcel aus  grauem 
Tlion  (löiiOO — 15:i()n),  Vr.u  einem  aus 
Bronzedralit  geHochteneu  Kettchen  (15304) 


ist  der  nuiiiseiie  L'rsprung  nicht  gesiclun-t. 
Von  der  Ilochstätte  eine  kleine  Bronzetibel 
der  Form  Almgren  Fig.  20  (15307),  die, 
wie  der  Mangel  einer  Patinierung  zeigt,  aus 
der  hier  schon  früher  angetrottenen  Mot»r- 
schicht  istaiiimt.  An  Stempeln  auf  Sigillata 
noch  :  GENIALia  (15300  Goldgasse)  und  auf 
der  Aussenseite  von  relief  verzierten  Sclierben 
in  vertieften  Buchstaben  q  SVNI7N3F10J1 
(=  Florentinus  f(ecit)  15283),  sowie 
NjinOTOIV  (=  Victorin[us  f|  (15284). 

Von  der  Metzgergasse  36  ein  Sigillata- 
nai)f  (wie  Koenen  XVIIL  1!»)  mit  Ein- 
ritzungen auf  Rand  und  Bauch  (15327), 
aus  der  dort  ausgebrocheneu  Stelle  der 
Ileidenmauer  ein  Backsteinstück  (2^x-2öx7 

cm)  mit  dem  Stempel  C  L  XII II  G  /W  _l 

(15320),    geschenkt    von    Herrn    Hofbucli- 
drucker  Schellenberg.     Aus  älteren  Gräber- 
funden im  H(»te   des  Museums  ein  gelbbraun 
gefärbtes  Th(jnlämpchen  '15310).   sowie  ein 
zweites  mit  demStcmpel  SATTONIS  (15320) 
und  ein  Bronzering,  überwiesen  vom  nassau- 
ischen   Verein    für    X'aturkunde ;     von    der 
Artillerieka.serne  ein  185!)  gefundenes  Grab, 
bestehend    in    einer  Urne    aus  Terra  nigra 
(Form    ähnlich   Koenen  X,   23),    einer    ge- 
rippten Perle  aus  blauem  Fritt,  d(^m  Stück 
einer  Bronzesclieibe  (Spiegel  V),  sowie  einem 
31ittclcrz    des    Trajan    vom   Jalire  !)8,    Ks. 
TR    POT    COS    II    PP   riiegeude    Victoria 
(152(5!)):    der  Fund    ist    aus    dem  Grunde 
interessant,  weil  er  wieder  einen  Beleg  dafür 
giebt.    dass  Gefässe    aus  Terra  nigra    noch 
in  dieser  Zeit  in  Gebrauch  waren.     Kleiner 
Frnendeckel    aus    grauem    Thon,    gefunden 
im  Kastell  Ileidenber!.'  18G0  (15278).     Die 
galvanoplastische    Xachbildung    eines    reich 
l.rofilierteu  Sigillatatellers  in  Metall  (15328) 
wird   Herrn   Prof.   Pallat,   Berlin    verdankt. 
L'nter  den  Funden  aus  den  Ausgrabungen 
aufderBentmauer  (s.  diese  Mitt.  1899/1900, 
Sp.77  f.) sind  noch  zu  erwähnen:  ein  verzierter 
Fimerhenkol  aus  Bronzedraht  (15309),  ein 
1  lebesrhlüssel  aus  Eisen.  G  \  '-i  cm  lang  ( 1 5 3 1 1)), 
eine  Bronzetibel,  mit  Weissmetall  verziert  und 
auf  dem   Bügel  z.  T.  vergoldet,    Form  wie 
OKL    Osterburken.    Taf.   VI,    22    (15311), 
ein    eigentümlich    gestaltetes    Bleibescliläg. 
Von  St(Mndenkmälern   fanden  sich   mehrfach 
leider  -elir  kleine   Driichstüeke :    von   einer 
In.schrift    auf    Drnhler     Tutt'stein    sind    nur 
1'/:.'    Buchstaben    erhalten,     aus    gleichem 


—      KCl      — 


—      lin     — 


Matüii.il  lii'^telii'ii  iiic'lirL're  profilierte  iJrucli- 
btücko  (15314);  Teil  einer  sechsseitigen  (?) 
Ikisis  aus  Sandstein  (15315).  sowie  Kck- 
stiick  eines  Sandsteinsockels  ( 1531(5 1.  aucli 
von  der  Kultstatnettc  tU's  !\Icrknr  kämm 
noch  einige  kleine  Teile  ziim  Vdrschein. 
An  ^liinzen  ergaben  sicii  ebenda  noch  ein 
Denar  des  Trajan  i.M.-Inv.  783),  ein  Mittel- 
crz  des  liadrian  (.M.-Inv.  820).  Dniiondius 
des  Antoninus  l'ins  (■Nl.-Inv.  808  i,  (rrosserz 
des  Marcus  (^M.-Inv.  8  11»)  mid  Denar  des 
Severus  (M.-Inv.   807). 

Drei  niniisclie  Miin/cn  (1  Klcinerz  Con- 
stantins,  ein  desgl.  des  Constantiiis,  sowie 
ein  unkenntliches  !Mittelerz  des  2.  .Tahrh.), 
net'unden  in  Wiesbaden  an  der  Kinirstrasse 
(M.-Inv.  777)  stammen  wohl  aus  einem 
fränkischen  Grabe.  F.in  Schatzt'und  von  302 
Denaren  aus  l-'lonheim  (M.-Inv.  80!»),  die  von 
Galba  bis  Scverns  reichen,  ist  in  dem  Annalen- 
heftc  31.   S.  180  tf.  anst'iilu  lieh  beschrieben. 

C.  Fränkische  Periode. 

Aus  älteren  Beständen  stammen  zwei 
jetzt  inventarisierte  fränkische  Urnen  aus 
Laubenheim  und  Flonlieim  (15282,  15285). 

D.  Mittelalter  und  Neuzeit. 

Vor  alU'm  ist  hier  zu  nennen  die  Samm- 
lung nassauischer  ^liinzen  und  3Iedaillen, 
die  sowohl  durch  Geschenke  der  Herren 
Gaab  und  Polizeirat  Höhn,  sowie  des 
Gentralverbandes  des  Gewerbovereins  für 
Nassau,  wie  durcli  Ankauf  eine  stattliche 
Vermehrung  erfuhr. 

Eine  Anzahl  XV-Kreuzerstiicke  Heinrichs 
von  Nassau  -  Dillenburg  aus  den  Jahren 
1()8C.— 1HU2  (M.-Inv.  814—818),  1  Albus 
von  Nassau-IIolzappel  =  Isenbeck  274  i'M.- 
Inv.  773).  Konventionsthaler  des  Herzogs 
Friedrich  August  von  18(»f)  =  Isenbeck  »i2a 
und  isio  =  Isenbeck  ()(>.  eine  48  mm  im 
Durchmesser  haltende  silberne  einseitige 
INIedaille  mit  dem  Koiife  Friedrich  Augusts, 
die  Medaille  auf  den  Desuch  der  Khren- 
breitsteiner  ]\Iünze,  wie  Isenbeck  S'J,  aber 
in  Zinn  (IM. -luv.  788),  Kronenthaler  Fried- 
rich Wilhelms  von  ISO*»,  1810  und  1825 
(M.-Inv.  786.  787,  812).  2(i-Kreuzerstiick 
von  1809  =  Isenbeck  If.d  (M.-Inv.  810). 
Die  seltene  Meilaille  Herzoir  Adoljibs  für 
Rettung  aus  Lebensgefahr  =  Isenbeck  2  33  (M.- 
Inv.  813).  Ferner  eine  grosse  Anzahl  von 
Festmedaillen    und    Erinnerung-zeichen    an 


\  ereinsfeste.  Ausstellnniren  und  Nri-sanmi- 
luiiL'en.  namentlich  in  NN'ie-baden  (M.-Inv. 
7i)0  — S04).  die  schone  Främienniedaille  der 
kf'raniischen  .\usstellunir  /uGrenzhan>en  (M.- 
Inv.  785i,  die  in  Silber  gcpräirtc  Medaille 
auf  das  IV.  Gaufest  des  Schützenverbandes 
Hessen-Nassau  /u  Weilburg  1891  (M.-Inv. 
•^(•5)  u.  a.  m.  Ferner  auf  die  Schlacht  liei 
Fckernförde  geschlatrene  private  Medaillen, 
•lie  von  den  bei  Isenbeck  lieschriebenen  ab- 
weichen (M.-Inv.   7G3/764). 

F.   Ilitterlinir. 


3IisC('II(ML 

Eine  Schönauer  Klosterordnung  des 
14.  Jahrhunderts. 

In  Nr.  t)  der  Handschriften  der  Landes- 
bibliothek zu  Wiesbaden  (Evangelienkon- 
kordanz aus  Schiinau)  befindet  sich  auf  der 
Innenseite  des  Rückcndecdcels  ein  Perganient- 
streifen  eingeklebt,  welcher  eine  vom  Abt 
Gerhard  im  Jahre  1328  erlassene  Kloster- 
ordnung enthält.  Sch(inau  war  bekanntlich 
ein  Doppelkloster,  d.  h.  Miinchs-  und  Nonnen- 
kloster der  Ordnung  des  hl.  Den 'dictus. 
Die  hier  folgende,  das  3Ir)nchskloster  be- 
treffende Ordnung  läs.st  darauf  schliessen, 
dass  \(ni  dem  zu  Anfang  des  vierzehnten 
Jahrhunderts  überall  hervortretenden  Verfall 
der  Ordenszucht  aucii  Schünau  bereits  nicht 
mehr   verselmut   geblieben    war. 

Allem  Anschein  nach  haben  wir  das  viel- 
leicht von  dei'  Hand  iles  Abtes  herrührende 
Konzept  der  Klosterordnung  vor  uns.  Darauf 
deuten  die  im  Texte  an  mehreren  Stelleu 
vorgenommenen  Änderungen  des  Ausdrucks 
hin,  welche  überall  von  erster  Hand  sind. 
Auf  der  Tiückseite  des  Pergamentstreifens 
finilen  sich  von  irleidicr  Hand  noch  folgende 
Worte  :  Ifiiii  r/iorcds  o.icrrentpff.  item  cum 
nionhtli  pecciodf^.  hc  viitlieres  uKlKraiitio- 
(1(1  doniiitorium^  Ueta  nefiligeutiaa  clrcd 
tlhiiHK  üucniiiioifit,  co)isi>i>'a((jres,  item 
ut  ohedidtis  rc'^fro  priijri,  ifcin  icstcs 
colore  uel  iiicisioiif-  iiK.'un.'^ueta.'^.  de  roUectis 
in  r/inro  foiiaUfer  pfniiiiicidtidis.  Diese 
Worte  sin<l  von  einer  Hand  des  fünfzehnten 
.lalirhunderts  in  <len  Text  auf  der  ^'order- 
seite  ohne  llück-icht  auf  den  Zusammenhang 
da,  wo  es  der  Raum  ge.^-tattote.  einL;esch(»ben 
worden,  wie  denn  der  betrett'ende  Schreiber, 


—    111 


—    112    — 


ih  i-  ilcii  rciganicutstreiteii  in  «lic  llaiidschrit't 
( inklt'bte,  am  Schlüsse  des  Einschiebsels  auch 
bemerkt:  haec  in  dlio  htttre  scripta 
ttiutt  ilr  eadem  )nauu.  AuLrensclieiulicli 
gehören  sie  aber  nicht  in  den  Text,  denn 
teils  finden  sich  diese  Vorschriften  schon 
mit  eben  denselben  uder  ähnlichen  Worten 
in  der  Urschrit't  auf  der  Vorderseite  wiedir, 
teils  sind  sie  wenigstens  dem  Sinne  nach 
dort  vertreten.  Wir  haben  in  ihnen  vitd- 
niehr  den  Rest  eines  ersten  Entwurfes,  bei 
dem  zunächst  nur  der  Inhalt  der  zu  er- 
lassenden Klosteronlnuni,'  kurz  skizziert 
wurde,  vor  uns.  Es  ist  nicht  ohne  Interesse 
zu  sehen,  dass  man  solche  besonderes  Aer;,fernis 
erregenden  Verstösse  <^egen  die  Zucht  und 
Sitte,  wie  sie  in  dem  Entwurf  durch  item  cum 
)iioui(iIi  peccaitfes  und  nf  »lulitre)^  indn- 
cantüf  ad  dormitorium  mit  klaren  Worten 
bezeichnet  werden,  bei  der  auf  (nund  dieses 
Entwurfes  erfolgenden  Schlussredaktion  lieber 
nur  andeutungsweise  zu  verbieten  vorzog. 
Der  Wortlaut  der  Klosterordnuug  ist 
fol;.'ender : 

Iiihibemus  in  nomine  domini  et  in  virtute 
sancte  obediencie  et  sub  pena  excom- 
niunicationis  et  subpensionis  ofticiorum 
\estrurum 
Ne  «luis  doniinorum  nostrorum  post  com- 
pletorium  exeat  limites  mouasterii  sine 
licencia  prioris  uel  senioris  et  ex  ligi- 
tima  causa. 
Item  ne  «luis  intret  tabernas  causa  bibendi 

ludendi   uel  comedemli. 
Item  ne  (juis  comedatuel  bibatin  dormitorio. 
Item  ne  4uis  frequentet  claustrum  moni- 
alium  ante  prandium  et  jxjst  vesperas 
causa  truplianili. 
Item  ue  quis  habeat  vcstes  alterius  coloris 
•  [uam    nigri    uel    bruncti    et    nigri    et 
religioni  et  ordini  non  aptas.') 
Item  ne  qui  sint  conspiratores. 
Item  ne  ([uis  faciat  nouas  structuras  uel 
nova  editicia  inaliquo  locohuius  claustri 
sine  licencia  sui   superioris. 
Item     inhibemus     negociatores').     lusorcs 

tesserum  pro  pccunia. 
Item  nequis  habens  septimanam  eat  extra, 
nisi  procuraverit  fam. 


Item    ut    iiullu-    iutrct    vilhiiii   •-ine   ligi- 

tima  causa  et  honesta  et  cum  licencia 

prioris  uel  senioris. 
Item  ne  «juis  conuertat  res  mouasterii.  si 

(pias  habet  cum  licencia,  in  malos  usus. 
Item  ut  quisque  teneat  silencium  in  dor- 
mitorio post  completorium. 
Item  ne  i[uis  habeat  cquum  sine  licencia. 
Item    ut    ullus    eontiteatur   aliqut;    saccr- 

doti.   nisi  Sit  de  ista  congregatione. 
Item    ut    quisque    teneat    disciplinam    in 

chorn.    in    refectorio   et    in  dormitorio 

et  Silentium    ibidem    iuxta    prcceptum 

nostre  regule. 
Item  ne  quis    inccdat    sine    habitu    reli- 

gionis  in  ali([Uo  loco. 
Item  |ne  (luis^]  yortet  clenodia  auro  ar- 

gento  uel    serica    tiuctura    ornata    uel 

fal)ricata. 
Item  ne  «[uis  exerceat  choreas  uel  ducat 

eas. 
Item    ne     foramina    camcrarum    obstru- 

entur  [I] 

In  contrarium    facientcs    innodamus  pe- 
ius ex  sentencijs  supradictis. 

Datum  et  actum  anno  domini  MCCCXXVIII" 

in    vigiliis     ultimatis    domini     nostri    Jesu 

Christi  i>er  Gerhardum  abbatem    in  Schoy- 

nauwe  ordinis  sancti  IJenedicti. 

G.  Zedier. 


Beiträge  zur  g-enealog-ischen 
Geschichte   des   Hauses   Nassau. 

I.  Else,  Tochter  des  Grafen  Philipp  II. 
von  Nassau-Saarbrücken, 

In  der  Nassovia  vom  1,  April  1900  hat 
W.  Sauer  zum  ersten  3Iale  von  einer  in 
der  Litteratur  bis  dahin  unbekannten  Tochter 
Else  des  Grafen  Philipp  II.  von  Nassau- 
Saarbrücken')  Nachricht  gegeben  und  ver- 
sucht, sie  der  Stammtafel  des  Hauses  Nassau 
als  legitime  Sprossin  einzuverleiben.  Seine 
(^»uelle  war  eine  Lehnsurkunde  des  Grafen 
Philipp,  in  welcher  auch  von  der  beabsich- 
tigten Heirat  der  Else  die  Rede  ist.  Die 
von  Sauer  ins  Eeld  geführten  Gründe    für 


')  Di«.'  Worte  uiierius  —  nigri  et  muA  vkii 
•■rater  Hund  iMng''S<di()l'en  nml  dafiir__nftcli  jqitiis 
die  Worte  in   i'olore  gestriclien. 

"I  Hinter  negofiatures  sind  41«'  Worti'   villo 


")  Die    eingeklammerten    Wurte    linbe    ich 


erg;inzt 
1 


<'nr?-nres  gestrifluMi. 


)  Pliiliiq)  liatti'  liekfinntlicli  in  der  Teilung 
Mini  -JT.  F.'liniHr  1442  liie  Iforrscliat't  NVoilhurg 
erlirtlten,  nuTiiit«  >icli  iiiier  -t^ts  nur  (iriif  zu 
>'ii^siiii    uml   SM;nl)iii(;kf'n. 


—    1 1  -i    — 


I  u     — 


die  AWUuiit't  dir  VA-i-  ;iiis  l•cchtllläs^iJ,'Cl• 
Khc  dürften  über  scliwerlieb  all^a-nieiuc  Za- 
^tiiiiinuiii,'  gefunden  liahen :  er  meint,  wenn 
Else  eine  natnrliche  Tochter  des  TJraf'en 
l'hilipp  gewesen  wiire,  so  Initce  dieser  in 
der  Urkunde  w(dd  einen  jeden  Zweifel  über 
ihre  Abstaniniung  aussohliessenden  Zusatz 
gebrauebt  und  die  Klieberedung  wäre  nicht 
in  so  feierlicher  Form  vollzogen  worden. 
Was  zunächst  die  letztere  Ansicht  betrittt. 
so  haben  wir  es  nicht  mit  einer  feierlichen 
Eheberedung  zu  thun,  sondern  mit  einem 
Lehnsrevers  des  Georg  von  Sulzbach  und 
seines  Sohnes  Philipp  vom  22,  Januar  1453, 
in  welchem  eine  Urkunde  des  Grafen  Philipp 
vom  gleichen  Tage  über  die  Belehnung 
der  genannten  mit  dem  Schlosse  Hausen 
inseriert  ist.  In  erster  Linie  ist  hier  von 
der  Delehnung  die  Hede,  erst  in  zweiter 
wird  der  beschlossenen  Verheiratung  der 
Else  mit  Philip])  von  Sulzbach  gedacht.') 
Das  dürfte  also  für  die  Eheberedung  einer 
Grafentochter  aus  legitimer  Ehe  kein  be- 
sonders feierliches  Dokument  sein,  und  feier- 
liche Eheverträge  aus  jener  Zeit  —  es  giebt 
deren  eine  grosse  Anzahl  —  sehen  denn 
auch  anders  aus.  Ueber  dieses  Bodenken 
jedoch  hilft  sich  Sauer  durch  eine  feinsinnige 
Deutung  hinweg;  dadurch,  dass  erst  an  zweiter 
Stelle  der  Heirat  Erwähnung  geschähe,  solle 
.,das  Hinabsteigen  der  Else  in  eine  Stellung, 
die  ihrem  bisherigen  Stande  nicht  entsprach'', 
maskiert  werden. 

Else  kann  nach  Sauer  auch  deshalb 
keine  filia  naturalis  sein,  weil  sonst,  wie 
das  öfters  vorkomme,  ein  passender  Zusatz 
sie  als  solche  bezeichnet  haben  würde.  Es 
wäre  nicht  ohne  Literesse  gewesen,  solche 
Stellen,  vielleicht  aus  Eheverträgen  ille- 
gitimer Sprossen,  kennen  zu  lernen.  Da 
Sauer  aber  die  Else  für  ein  legitimes  Kind 
hält,  so  sind  vor  allem  die  Eheberedungen 
aus  dem  15.  Jahrhundert,  welche  legitime 
Nachkommen  besonders  der  Grafen  von 
Nassau  betreuen,  einer  näheren  Durchsieht 
zu  unterziehen.  Das  Ergebnis  ist,  dass 
durchweg  in  den  betreffenden  Verträgen'') 
kein  Zweifel  über  die  legitime  Herkunft 
der  Kinder  gelassen  wird.  Entweder  stehen 
bei    den   Namen   ausdrücklich  Zusätze    wie 

-)  Die  Urkimde  boruht  im  Kifl.  StHatsarcliiv 
zu  Wiosbarloti,  l'rkunden:   Ilf.  Adol.  v.  SulzVuich. 

•*)  \"t;'l.  die  Khelier<Mlmig  des  Vaters  der  Klse, 
des  (ir.-itV'ii  Pliilip[),  iiiic  Maigurete  von  Loeii  vuiii 


,. ehelicher  Sohn,'  ..elielii  he  Tochter."  oder 
es  werden  beide  Eltern  mit  Namen  und 
Stanil  aufgefidirt;  etwa  seit  Mitte  des  15. 
Jalirhunde:ts  wird  auch  den  Kindern  von 
hohem  Adel  der  durch  ihre  Geburt  be- 
dingte Titel  lieii/elegt.  Graf  Philipp,  der 
Vater  der  Else,  nahm  es  in  dieser  Beziehung 
selbst  sehr  genau,  wie  wir  das  doutlirh  au^ 
der  Eliel)eredung*)  seines  [natürlichen]  Sohnes 
Philii)p  mit  Anna  von  Clettenber^'  ersehen; 
während  er  hier  von  seinem  legitimen  Sohne 
Johann  als  dem  Junggrafen  zu  Nassau  und 
Saarbrücken  spricht,  mit  dessen  Willen 
und  Wissen  der  Heiratsvertrag  erfolgt  sei. 
nennt  er  seinen  [natürlichen)  Sohn  Philipp 
einfach  nur  ..unsern,  Graf  Philipps,  Sohn." 
Ebenso  heisst  es  in  der  oben  erwähnten 
Lchnsurkunde  Philipps  nur  ..unse  Dochter 
Elsen",  nicht  Gräfin  oder  Junggrätin  von 
Nassau  und  Saarbrücken,  und  in  gleicher 
Weise  siiricht  Graf  Philipp  von  seiner  Tochter 
Else  noch  in  einer  anderen   Urkunde. 

Sauers  Vermutung  nämlich,  das  Genea- 
logienbuch der  Linie  Nassau-Weilburg  von 
Johann  Andrea^)  wisse  nichts  von  der  Else, 
weil  Hagelgans''),  der  sorgfältige  Genealoge 
des  walramischen  Stammes  des  Hauses  Nassau, 
sie  nicht  aufführe,  ist  eine  irrige.  Andrea 
kannt(!  Philipps  Tochter  sehr  wohl,  nahm  sie 
aber  in  die  von  ihm  aufgestellten  Stamm- 
bäume') nicht  auf,  offenbar  weil  er  sie  für 

T.Jan.  1438.  Staatsarchiv  in  Wiesbaden,  (."opial- 
bucli  A  05  1,  Folio  105  ff.  —  Khepakten  zwischen 
Jüliaiuia  von  lleinsl>erg  und  Graf  Juhann  von 
Xassau-Saarbrückon  vom  30.  Nov.  1450.  .V.  a.  <>., 
Folio  112  tt".  —  Fhepakteii  zwischen  Wilhelm, 
Jungherzog  von  Jülicli,  und  Klisabeth,  Jung- 
grätin von  Nassau,  vom  22.  Juni  1463.  A.  a.  <>.. 
Folio  125  ff.  und  31  ff.  —  Khojiakten  zwischen  dem 
.Markgrafen  Alljrecht  von  Baden  und  Johanna. 
der  Tochter  iles  li raten  Joliann  vuu  Nassau- 
Saarbrücken,  vom  31.  Aug.  1409.  A.  a.  O.,  Folio 
134  ff.  —  Die  IJeispiele  lassen  sich  ohne  Mühe 
vermehren,  ich  bcJcliränke  ndch  nur  auf  das 
15.  Jahrliundert.  Auch  in  den  Wittumsver- 
schreibungeu  wird  die  lci,dtinie  Abkunft  herror- 
gehoben;  vgl.  z.  B.  ilie  Wittumsurkuiide  Ger- 
hards, Herrn  zu  Kudeniachern,  für  seine  Ge- 
mahlin Margarete  von  Nassau  vom  25.  Jan.  146.!. 
A.  a.  ().,  F'olio  26   ff. 

^1  Original  im  Ilausanduv  zu  W'-ilburg,  Urk. 
Nr.  70.  Al)schritt  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden. 
Cop.  A  55,  Folio  22   v.  f. 

^)  Johann  Andrea  war  grätlicli  na^sau-saar- 
luückischt'r  Kanzlcirciri^trator   von   1596 — 1642. 

'')  J.  U.  Hage  lg  ans,  Nass.  (iesrhlcohtstaf«'l 
lies  walr.  Stammes.    Frankfurt  u.  I.«'i|>zi;:  1753. 

')  Jo  hann  .ALiidreä.  {»as  erst.- Genealogien- 
buch ül>er  die  Na.ssau-W«'ilburg'T  Linie,  S.  luit 


—      IL") 


—     1 1  r,     — 


lim-  natiiiiiebe  Tochter  «les  Grafen  hielt, 
und  -eini'ui  Beisiiiole  t'ol.irte  Johann  Georg 
llagolgans.  Amlrea  scheint  /war  keine  Kennt- 
nis von  <ler  oben  ,i,'LMiannton  Lt'hnsurkundo 
vom  22.  Januar  14.33  gcliabt  zu  haben. 
in  seinem  Gencabigienbuch  gicbt  er  aber 
l'üU'ende  Notiz")  über  Else  von  Siilzbach: 
...Vnno  1487  hat  Graft"  Phillipss  von  Xassau- 
Sariiriicken  auch  eine  leiii^e  Tocliter  ge- 
habt. Kl>s.  so  an  I']iillii>ii>.sen  von  Sol/bach 
vcrheuratet  gewesen,  so  auss  einer  Ver- 
schreibung  de  anno  14>!7  m  sehen.'"  Das 
Original  dieser  Ver5ihreil)ung  ist  bisher 
nicht  an  das  rageslicht  gekommen,  ilagegen 
habe  ich  eine  beglaubigte  Absclirift  der- 
selben vom  l(t.  L)e/eml)er  l.'ili>  (F'reitag 
nach  conceptionis  ^lariae)  in  einem  Coiiial- 
buch  gefunden,  weidies  die  auf  die  Graf- 
schaft Xeuweilnau  aufgenommenen  Scliuld- 
verschreibuniren  der  Grafen  von  Nassau- 
Saarbrücken  entliält  und  voll  .loliaiiii  Andrea 
/.usanimengestellt  ist.'*;  In  dieser  l'rkunde, 
einer  am  2H.  Dezember  (.St.  Steidian)  1487 
ausgestellten  Scliuldverschreibuiig,  giebt  Graf 
l'hiliitii"^)  seine  Zustiiiiinung  zu  der  Uidier- 
tragung  einer  ..unser  dochter  Elsen.  Philiiis 
von  Soltzbach  seeligen  Ilausfrauwcn"  sdiul- 
digen  und  auf  Oberrosbacli  für  100  Gulden 
versehriebenen  Jahresrente  von  5  Gulden, 
welche  ..ilie  eoLreiiaiit  Elssa  mir  unserm 
willen  und  wissen  irer  dochter  Heylickenn 
zu  einer  Zugabe  zun"j  W  entzein  von  Ross- 
bach.  der  i:emelron  Ileylicken  eelichoii  Ilauss- 
wirth.  gegeben  haitli" ;  die  Teii'-ion  war 
am  II.  No\ember  jeden  Jahres  zaiilbar  und 
am   23.   April  (St.  Georg)    laiiulbar. 

Diese  interessante  Urkunde  giebt  zum 
ersten  Mal  den  sicheren  Beweis,  dass  die 
Ehe  zwischen  Else  und  Phiiiiiii  ^'on  Sulz- 
bach, die  laut  oben  erwähnter  L'rkunde  bis 
zum  11.  November  14ö3  geschlossen  werden 


u.  129.  Miiiiu-kript  im  Köiiiv'i.  Stautsaivliiv  zu 
\Vi»'8l>(i(leii,  Narlihis-e,   .Vinlre;i   Xr.    1. 

'j  «.   1-J4. 

■')  Staatsurcliiv  /u  Wie.sbiidi'H,  (  (»j).  A  .j.j, 
Fol.  :i2.  Itie  Abschrift  ist  durch  Unterschrift 
iiiul  .Siegel  Pliilipijs  von  Dü<l''isliiiiii,  woilaiid 
Meui,'es^8ohii,  i)eglaubigt.  l>io  L'rkiiiido  selbst 
\var  ausser  ilein  ürafeii  IMiiiipi»  auch  vou  Kber- 
liai'd  Voll  .Mf^renlferii'.  :,'cii!niiit  Kiibe'^inji,  uml 
Ijierliard  1  V.  ^tuincl,  ilcii  Mitviiriiiiiinlerii  des 
(irateuLudwi;;vüii  Nassau-iSaarbnickeii,  hesieijeit. 

'")  Zugleich  als  ViiriiMiiiil  seiues  KukoU,  des 
Grafen    Ludwi:.''  von    Nass.-tii-SnarbriicIci'n. 

"(  Das  Woit  ist  hier  ülierHiissii;,  oder  ilcr 
.VMsi;lireil;er  iiat  et\sas  aus'^chissen. 


sollte'"),  auch  wirklich  vollzogen  \>t.  Ferner 
ist  nunmehr  sicher,  dass  ausser  der  eben 
genannten  Tochter  Heilike  auch  die  bereits 
Von  Sauer  aus  einer  Urkunde  vom  1(5.  !Mar/ 
lö2(i'"')  genannten  Gebrüder  (reorg  und 
i'hilii'ii  von  Sulzbach  Kinder  der  Else  und 
des  IMiiliiij)  von  Sulzbach  sind.  Wann  diese 
Kinder  gclxiren  und  gestorben  sind,  lässt  sich 
mit  Sicherlie'it  ebensowenig  bestimmen  wie 
ilas  Geburts-  und  Sterbejahr  der  Else  selbst. 
Von  Interesse  dürften  noch  einige  weitere 
Mitteilungen  über  die  I]eziehungen  der 
Grafen  von  Nassau  mit  ilen  von  Sulzbaeh 
sein.  Wenige  Monate  nach  der  Heirat  der 
Else  nahm  Graf  Philipp  schon  die  Hilfe 
des  Schwiegervaters  seiner  Tocliter  in  An- 
spruch: am  1.  ^larz  1454  nämlich  lieh 
Georg  von  Siilzbach  dem  (irafen  die  statt- 
liehe Summe  von  850  rheinischen  Gulden 
und  erhielt  dafiir  eine  jährliche  Kente  von 
51  Gulden  unter  Vm-behalt  vierteljährlicher 
Kündigung.'*!  Später  stellte  Graf  Philipp, 
wi(^  aus  einer  Schuldversehreibung  seines 
Enkels,  des  Grafen  Ludwig  von  Nassau- 
Saarbrücken,  vom  24.  August  1502'*)  her- 
vorgeht, dem  Georg  von  Sulzbach  und  dessen 
[vor  dem  2f).  Dezember  1487  verstorbeneu) 
S(din  Philijip  zwei  andere  Schuldurkunden  auf 
!)00  und  71  Gulden  aus.  Die  Pensionen 
wunlen  jedoch  lange  Zeit  nicht  gezahlt ; 
am  24.  August  1502  Hessen  die  Söhne 
Philipps  von  Sulzbach,  die  Gebrüder  Philipp 
und  Georg,   ihre  Ansprüche  auf  diese  rück- 

^■^)  Es  lieis.st  dort,  dass  „Philips  Jörgen  soii 
unse  düchter  Klsen  zu  der  heiigen  ee  haben  und 
nenien  sal  und  ilen  byslaitf  thun  zusehen  hie 
und  sant  Martins  Tag  nehist  konipt". 

'■')  Philipp  der  Ältere  und  Philipp  der  Jüimero 
von  Sulzbach,  genannt  Hasen,  Vettern,  verkau- 
fen an  deu  (irafen  Philipj)  HI.  von  Xassau- 
S.iMrbrficken  das  Schloss  Hnsen,  mit  welchem 
ihr  üruder  und  Vater  weiland  (ieorg  von  Sulz- 
baeh  von  dem  (irafen  Philipp  II.  belehnt  war. 
Orig.  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden,  rrkunden, 
III.  Adel,  V.  Snlzltaidi,  mit  dtni  Siegeln  des  Of- 
ticials   von   Worms  und  der  beiden   .Vussteller. 

")  Abschrift  vom  is.  (Jkt.  Iju2,  beulaubigt 
durch  Dechanten  und  Kapitel  des  \Valpuri,'is- 
stiftes  zu  Weiliiuri.',  im  Staatsarchiv  zu  Wies- 
baden, L'op.  .V  ."jj,  l'(dio  :i  tf.  Ausser  dem  (Jrafen 
i'hilipp  sieu'elten   nocii  8  angesehene   iUirgen. 

'')  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  a.  a.  O.  Pol. 
.■■)9  tf.  Die  l'rkunde  ist  von  besondi;rem  Inter- 
es.-je,  weil  unter  den  4  Hür'^en  auch  ein  Krdvel 
di'S  Grafen  I'hilipp  II.  und  Solm  seines  |natür- 
licdienj  Sohnes  I'hilipp  uenaniit  wird:  si(!  i;iel)t 
auch  zntii  ersten  Mal  Kunde  M'n  den  bcMilen 
Sühnen  iler   Plse. 


117      — 


—      11^- 


stüiiiligen  Zinsen  fallen  uml  erhielten  cliitiir 
eine  neue  Vcrbchreibiin,!,'  von  lOOO  Gnldcn 
mit  einer  jährlielieii  llente  von  50  (hiklen 
auf  die  Kellerei  Gleib^rj,',  Einen  Tri!  dieser 
Pension  verkauften  sie  unter  /ustimniung 
des  Grafen  Ludwig'  und  seines  Kurators, 
des  Grafen  Johann  Ludwig  von  Nassau- 
Saarbrücken,  am  28.  !Mai  1513  an  «las 
Liebfrauenstift  zu  Wetzlar  unter  Vorbehalt 
des  Rückkaufes."')  Die  Ablösung  des  Kapitals 
erfol.iite  durch  Graf  i'liiliiipIIL  im  Jahre  1527  ; 
die  Originali[uittun,!^-  l'hilii)i)S  von  Sulzbach 
vom  22,  Xov.  1527  ist  noch  erhalten.'') 

Der  jüngere  Sohn  der  Else,  Georg  von 
Sulzbach,  trat  laut  Erkunde  vom  18.  Juni 
15()6'")  mit  der  Vurpriichtiinir  zur  Stellung  von 
zwei  Pferden  in  die  Dienste  des  Grafen  Ludwig 
von  Nassau-Saarbrücken  und  erhielt  für  sich 
und  seine  Ehefrau  Walpurgis  auf  Lebens- 
zeit Ludwigs  Teil  an  dem  Schlosse  und  der  Burg 
zu  Cleen  nebst  Zubehc'ir  und  ein  Drittel  des 
Hofes  dortselbst'"') ;  falls  alier  das  Schloss 
wieder  an  Nassau  überginge,  sollten  die  Ehe- 
leute eine  jährliche  Reute  von  20  Gulden  er- 
lialten.  Drei  Jahre  später  finden  wir  ihn 
als  Amtmann  des  Grafen  Johann  Ludwig 
von  Nassau-Saarln'ücken  zu  Stauf.  Georgs 
älterer  Bruder  war  als  Besitzer  des  Schlosses 
Hausen  mit  dem  Grafen  Bernhard  zu  Solms, 
Herrn  zu  ]\nnzenberg.  in  Eehde  geraten, 
hatte  aber  1500.  wie  aus  Lchnsakten  dieser 
Zeit  hervorgeht,  keinen  Anteil  mehr  an 
dem  Lehen ;  Graf  Ludwig  hatte  den 
jüngeren  Georg  mit  dem  Schlosse  belehnt. 
Allein  auch  Georg  konnte  sich  seines  Be- 
sitzes nicht  ungestört  freuen,  da  Graf  Bern- 
hard Anspruch  auf  Hausen  erhob  und  auf 
Teilung  des  Lehens  antrug ;  deshalb  ver- 
wandten sich  Johann  Kesscler  und  Johann 
von  Wehen,  Rentmeister  zu  Gleiberg,  zu 
Gunsten  Geori^s  von  Sulzbach,  ihres  ..Eidams 
und  Schwagers'"  in  einem  Schreiben  vom 
11.  Juli  1509  an  Statthalter  und  Räte  zu 
Weilburg,-'")  Da  Graf  Johann  Ludwig  gegen 
eine  Teilung  des  Lehens  war.  so  wird  Georg 
das  Schloss  Hausen  l)is  zu  seinem  vor  152(5 
erfolgten  Tode  besessen  haben  ;   durch  seinen 


'")  Staatsarchiv  Wiesbaden,  a.  ,t.().,  Fol.  66  tt. 

'')   Fuemla,   Erk.   HI.   .^del,   wn  Sulzijacli. 

i"*)  Ebeuila,  ('op.  A    .■).'),   Folio  44  tt". 

'■'j  Die  (iüter  wan-n  durcli  «I'Mi  Tud  Kii:,'el- 
IjrocliLs   von  Si-lhaiMi   frei  ^;ew()rdeii. 

-")  Stantsari'liiv  in  WieNiiadeii,  Loliiisaieluv, 
von  Sulzbacli. 


Soliu  Philipp  und  seinen  Bruder  Philipp 
kam  Hau-en,  wie  bekannt,  an  das  llaus 
Na->au  zurück. ■■') 

Wiesbaden.  3L  v.   Dumarus. 


Chronik. 

Altertumsverein  zu  Höchst  a.  M. 

Im  Vereinsjahre  1900  fanden  It  Vor- 
standssitzungen statt  und  zwar  monatlich  an 
Jedem  zweiten  Dienstag,  mit  Ausnahme  der 
Monate  April,  Mai  und  September. 

Die  Generalversammlung  wurde  am 
IG,  Januar  im  Vereinshjkal  ,.Zur  schönen 
Aussicht"  abgehalten;  in  Behinderun-,,'  des 
ersten  Vorsitzenden.  Herrn  Dr.  v.  Bnining. 
führte  dessen  Stellvertreter.  Herr  Po^t- 
direktor  Zeisberg,  den  Vorsitz.  Der- 
selbe gedachte  zunächst  in  warmen  Worten 
der  beiden  31itglieder.  die  der  Tod  dem 
Verein  entrissen,  der  Herrn  Amtsgerichti- 
rat  G  i  r  s  h  a  u  s  e  n  und  Rektor  Müller, 
und  forderte  zum  ehrenden  Gedächtnis  der 
Entschlafenen  die  Anwesenden  auf.  sich 
von  ihren  Sitzen  zu  erheben.  Sodann  er- 
stattete der  Protokollführer.  Herr  Hassler. 
den  Jahresbericht,  der  ein  er.''reuliches  Bild 
von  der  Weiterentwickelung  des  Vereins 
bot.  Dem  Bericht  folgte  die  Rechnunirs- 
ablage  und  die  Neuwahl  des  Vorstandes. 
Zum  1.  Vorsitzenden  wurde  Herr  Dr.  v. 
B  rüni  n  g  wiedergewählt,  auch  die  übrigen 
Mitglieder  verblieben  im  Vorstande,  nur 
trat  an  St(dle  des  Ostern  nach  Wiesbaden 
verzogenen  Herrn  Amtsgerichtsrats  Stifft, 
Herr  Landrat  Dr.  St  ein  meist  er  in  den 
Vorstand  ein,  leider  nur  für  kurze  Zeit, 
da  er  im  Laufe  des  Sommers  als  Polizei- 
direktor nach  Cassel  berufen  wurde.  Mit 
ihm  verloren  wir  einen  treuen  Ereuml ; 
sein  warmes  Eintreten  für  die  Interessen 
des  Vereins  \\ird  ihm  stets  unvergessen 
bleiben  !  Zum   letzten  Punkt  der  Tages- 

ordnung —  Aenderung  der  Statuten  wegen 
Eintragung  iles  Vereins  in  das  Vcreiu'^- 
register  —  nahm  Herr  Rechtsanwalt 
Langen  das  Wort  und  erläuterte  in  licht- 
voller Weise  die  ältere  und  neuere  Vereius- 
geset/gebuni:  und  lud)  die  Aendcrungen 
hervor,    welche    ilas    neue    Gesetz    für    die 


•^'l   Vgl.  oben    .\inii.    1:5. 


-     ll'.t    — 


12n     — 


.Sat;^ungou  der  Vifoiiic  iiötiir  macht,  «lio  in  ' 
ila=  ^'e^L•iIl5regi5tcr  eiugetiagou  zu  werdcii 
wünschen.  Mau  Iteschloss  ilie  Eintragung 
boim  Kiiuigl.  Amtsgericht  zu  beantragen, 
zuvor  aber  t-im-n  ueuon  Entwurf  der 
Satzungen  durch  den  Vm-stand  unter 
giitiger  Mitwirkung  der  Herrn  Rechts- 
anwalt Langen  und  l'hil.  Kramer 
ausarbeiten  zu  lassen.  Dieser  Entwurf 
wurde  von  einer  auf  den  15.  Februar  ein- 
berufenen zweiten  Generalversammlung  ge- 
nehmigt; zugleich  wurde  auf  Autrag  des 
Vorstandes  beschlossen,  die  in  der  Samm- 
lung des  Vereins  leihweise  ausgestellten 
Gegenstände  gegen  Feuer-  und  Diebsgefahr 
zu  versichern.  Dies  ist  bei  der  Gesell- 
schaft .,Phöni\""  mittlerweile  geschehen. 
Zwei  Austiüge  wurden  unternommen : 
am  S.  Juli  nach  Limburg,  wo  der  Dom 
und  der  Domschatz,  sowie  das  Pallottiner- 
Kloster  besichtiLTt  wurden;  am  29.  Juli 
nach  D  a  r  m  s  t  a  d  t ,  wo  der  Besuch  dem 
3Iuseum  und  der  im  Entstehen  begriffenen 
Kiinstlerkolonie  galt. 

In  den  Wintermonaten  fanden  folgende 
Vortrüge  statt : 

1.  Am  It).  .Januar  sprach  Herr  Piechts- 
anwalt  Langen  über  ältere  und 
neuere  Vereinsgesetzgebung  (s.  o.). 
'2.  Am  15.  Februar  Herr  Dr,  Ritter- 
ling-Wiesbaden über  die  Besetzung 
des  unteren  Mainthals  durch  die  Rtuner. 

3.  Am  l'J.  Februar  Einladung  iles  Kauf- 
männiselien  Vereins  zu  deniLichtbilder- 
vortrau' des  Herrn  Dr.  Schmid- Aachen 
..Wanderung  duirh  das  alte  Venedig". 

4.  Am  d.  Miirz  Herr  Pfarrer  R.  Schmitt 
über  Begräbnisformen  in  alter  und 
neuer  Zeit. 

5.  Am  30.  März  Herr  Dr.  Kobelt- 
Schwanheim  ..Die  Viilker  Euroiias  und 
ihre  Abstammung'"  (2.  Teil). 

(5.  Am  17.  Oktober  Herr  Dr.  J.  Hülsen- 
Frankfurt  ..Das  Bolongaro-Schloss  zu 
Höchst  a.  'Sl."  mit  Lichtbildern.  — 
Im  Anschluss  an  den  Vortrag  fand 
am  Sunntag  tlcn  11,  N<nember  unter 
Führung  des  Herrn  Redners  nach- 
mittags eine  Bcsichtigun;:  des  ge- 
nannten Gebäudes  itatt. 

7.  Am  20.  November  Herr  Direktor 
Dr.  B 1  ü  m  1  o  i  n  - 1  lombur^'  v.  d.  II. 
...\iis  dem  Lvbeii  rin'-r  holländischen 
Kleiustadf. 


S.  Am  2i).  November  Einladung  des 
Kaufmännischen  Vereins  zu  «lern  Vor- 
trag des  Herrn  Direktor  Gall 
,, Deutsches  Mädchenleben  im  Mittel- 
alter". 

i).  Am  11.  Dezember  Herr  Dr.  med. 
H  a  u  1»  t  -  Soden  ., Bemerkenswerte  Zeit- 
läufte in  der  Geschichte  des  ehemaligen 
freien  deutschen  Reichsdorfes  Soden". 

Am  11.  Oktober  nahm  der  Vorstand  an 
Acv  Feier  der  Grundsteinlegung  zum  Prä- 
torium  auf  der  Saalburg  teil. 

Mit  den  Nachbarvereineu  Wiesbaden  und 
Frankfurt  wurden  freundschaftliche  Be- 
ziehungen weitergeptlegt  und  ihren  Ein- 
ladungen zu  Vorträgen  gern  Folge  geleistet. 

Ausser  den  schon  genannten  Herrn  ver- 
lor der  Verein  im  Laufe  des  Jahres  noch 
die  Herrn  Fabrikbesitzer  H.  Gregory 
und  W.  Alb  ach  durch  den  Tod.  — Neu 
traten  dem  Verein  auch  in  diesem  Jahre 
22  Herren  bei;  die  Mitgliederzahl  ist  jetzt 
auf  178  gestiegen. 

Der  Besuch  der  Samndung  war  gegen 
das  Vorjahr  weit  reger,  wozu  namentlich 
auch  die  l'nterbringung  im  neuen  Lokale, 
dem  Zollturm  am  Schlossplatz,  wesentlich 
beigetragen  hat.  Die  Sammlung  wurde 
durch  Ankäufe  und  gelegentliche  Funde, 
niclit  minder  auch  durch  freundliche  Ge- 
schenke erheblich  vermehrt.  Es  wurden 
u.  a.  gekauft  eine  alte  Haubenschachtel 
mit  bunter  ßemalung,  drei  Abgüsse  von 
Lebkuchenformen,  zwei  Zinnleuchter,  14 
photograiiliisehe  Aufnahmen  des  Bolongaro- 
schlosses.  —  Für  die  Büchersammlung  wurde 
angekauft :  Roth,  Nassaus  Kunden  und 
Sagen;  Keller,  Nassaus  Drangsale  im 
30jährigen  Kriege;  sowie  die  Zeitschrift 
Nassovia;  ausserdem  wurden,  und  zwar 
zum  grössten  Teil  von  Herrn  Amtsgerichtsrat 
Stifft,  jetzt  in  Wiesbaden,  etwa  80 
Bände,  meist  nassauische  Geschichte  be- 
treffend, dem  Vereine  zum  Geschenk  ge- 
macht, —  Von  Fundstücken,  die  der  Verein 
erhielt,  seien  u.  a.  erwähnt:  aus  vorrömi- 
scher Zi'it :  7  Steinbeile,  1  Spinnwirtel. 
1  Totenurne,  1  Bronzekelt,  1  Lanzenspitze 
aus  Feuerstein;  —  aus  römischer  Zeit: 
1-t  ]\Iünzen.  sowie  eine  Anzahl  Zietrel  mit 
Legionsstempeln  und  mehrere  Gcfässe;  aus 
fränkischer  Zeit :  u.a.  ein  zierlicher,  wohl- 
erhaltener  Krug. 


—      1-21      — 


-      \±2     — 


Von  weiteren  Gaben,  die  ilcm  Vficin 
zugingen,  sei  hier  zweier  liervorragemler 
Krzencrniss(>  nnsi.'rcr  Por/ellant'aliriU  gedaelit. 
(He  Herr  Kentncr  I.  n  t  z  sehonkte:  ein 
Fayencekriig  mit  ZinmlecUel  und  i-in  Salat- 
kunipen  aus  Pdr/eilan.  lieide  mit  reieliem 
P.lnmensclimuck;  sie  bilden  eine  7ierdi> 
unserer  Sammlung. 

Die  nassanisclie  Grenzsäule,  deren  wir 
im  vorjährigen  Cerielit  i^edachten,  ist  durch 
Herrn  Paunntornehmcr  J.  Wiegand  nun- 
mehr in  das  Gärtclien  am  ZoUturni  fiber- 
fülirt  worden  und  hat  dort  naeh  langer 
Wanderung  vom  llebstock  lier  ein  dauern- 
des Ruhci)lätzclu'n  gefunden  :  dort  sind  auch 
zwei  niedliche  Sandsteintiguren  aus  dem 
Garten  des  Bolongaroschlosses.  musizierende 
Kinder  darstellend,  als  Geschenk  des  Herrn 
Dr.  L  ö  f  f  1  e  r ,  aufgestellt. 

E.  S  u  c  h  i  e  r. 


Nassauische  Geschichtslitteratur  des 
Jahres  1900. 

ZusammengestelU  von  G.  Zedier. 

A  =  Annalen  d.  Ver.   f.  Nass.  Altert,  u.  Oesrh      M  =  Mit- 
teilungen   desselben.     X  =  Nassovia.     RK   =  Uheiniächer 
Kurier      WT  =  Wiesbadener  Ta^blatt.    AN  =  Alt-Nassau, 
Freibeil.  d.  W.  T. 

I.  Prähistorische  und  römische  Zeit. 

1 1  a  1 1  s  t  ii  c  t  -  F  u  u  d  e  : 

Eltville,  initget.  v.  K.  liitterling  =  M  1900/1, 

Sp.  44.  1 

Xeuli  äusel,  mitget.  v.  \V.  Soldan  =  Kölnisc.-he 

Zeitung  vom  26.  Juli  1900.  (Korrespoiulenzbl. 

d.  Westd.  Zeitschr.     .Jg.    19    1900,    Sp.    129 

bis  i:^5:  M  1900/1,  Sp.  91  —  96.)  2 

Simmern    bei    Elirenbreitstein,    uiitget.    v.    R. 

ß.Klewiu-  =  M  1900/1,  Sp.  47.  o 

La  T e n e - F u n d e : 
Braubacli,  initi^et.  v.  R.  IJodewig  =  M  1900/1, 

Sp.  46  f.  4 

Dachsen  hausen,    mitij^et.    v.  K.  Bodewig  = 

M  1900/1,  Sp.  67  f.  ö 


K. 
1-2 


y 


Bo<lewig,  R.,  Ueber  das  vorgeschichtliche  Brau- 
bach =M  1900/1,  Sp.   11  —  13.  fi 

Bodewig,  R.,  Vorrüniische  Wohnstätten  am  .Vb- 
hange  (lerMurksburj;  liei  J>  raubach  =  Burg- 
wart 2,  S.  42.  ~< 

Beuner,  .!.,  Die  Gerinanengräber  auf  der  Lieb- 
Ungsheide  b.  W  a  11  m  e  r  o  d  =  N  1,  8.  20-24.    S 

Römische  Funde: 
''Küchst,    mitget.    v.    H.  Suchier  =   M   1900/1. 

Sp.   19—21,  47-49.  '•• 

/  X  i  p  d  e  r  w  a  1 1  u  f ,  mitget.  v.   K.  Ritterling  =  M 

1900/1,  Sp.   19.  \^ 

/s  a  a  l  b  u  r  ^-.Vusgrabungen  =  Korrespondenzld.  d. 

Wcstd.V.oitschr.  Jg.  18  1S99,  Sp,  197  f.       U 


\\' i  c>lj  aden,     .,(irüni'r    Waid'',     initi^ct    v 
UiCtotün'.,'  =  M    lS!)9,r.»0M,  Sp.    U.')   f. 

Ritterling,  !!.,  Zur  ('O-cliiclite  de»  röniimlHMi 
Wiesbaden  =  M    1900/1,  Sp.  49—52.      F» 

Kitterling,  K..  Kin  (Jesanjtfund  rüinischtT  Kiein- 
erze  aus  der  Zeit  Diuch'tiaiis  :=  .V  :J0,  .s. 
r.»;{  — 201.  14 

('ramer,  Franz,  Insclirifteu  auf  (düseru  de» 
römischen  Rlieinland«.  .\nhang.  Reste 
röm.  Fensterscheiben  in  rhein.  .Museen  = 
Beiträge  z.  (iesch.  •!.  Niederrheins.  Bd.  14. 
1900,  S.  138—172.  I.') 

II.  Mittelalter  und  Neuzeit. 
Funde: 

Alteburu:  bei  llerselibach,  mitget.  v.  K.  Ritter- 
ling =  .M   1S99/1900,  Sp.   116.  IC 

Kltville,  mitget.  V.  K.Ritterlinif  =  Mls99/i9(to, 
Sp.   116  f.  17 

01)er\valluf,  mitiret.  v.  K.  Kitterlinir  =  M 
1900/1,  S)..   44   f.  IS 

Thomas,  Ch.  L.,  Der  Burggrafen  zu  Ksch- 
born.  M.  1  Tat".  =  .Archiv  t".  Hess.  Gesch. 
u.  Altert.    N.F.  2(1899),  S.  413-431.  1!»  / 

Landes-  und  Provinzialgeschichte.  .Vnh.  der  in 
R.  Voigtländers  Verl  in  Leipzig  erschienenen 
geschichtlichen  Lehrbücher.  10  B.  (iüth.  .K., 
Nassau.    S.  Autl.    1900.    16  S.  S".  2(» 

Schrohe,  H.,  Die  politis(  hen  Bestrebungen  Erz- 
bischof Siegfrieds  von  Köln.  Ein  Beitrag 
zur  Gesch.  d.  Reiches  unter  den  Königen 
Rudolf  und  .Vdolf  =  Annalen  de3  histor. 
Ver.  f.  <l.  Niederrh.,  lieft  67  1899,  S.  1  — lOS, 
besonders  S.  73  —  87  die  Wahlverliandlungen 
und  die  schliessliche  Eriiebung  .Vdolfs  von 
Nassau  zum  römischen  Könige.  *2na 

Wagner,   P.,  Die  Originalhandschritt  des  Epp- 
I  stein' sehen  Lehnbnches  aus  dem  Ende  des 

i  13.  Jahrhunderts  =  M  1900/1,  Sp.6S— 70.    21  '^ 

j    Schaus,    E.,    Feber    Stadt  rech  tsurkunden    für 
!  nass.  Orte  =  M   1899  190O,  Sp.  107  f.         22 

j    Lennarz,  Albert,    Der  Territorialstaat   des    Erz- 
!  bischofs  von  Trier  um  1220  nach  dem  Liber 

annalium     iurium    archiepiscopi     et    ecclesie 
I  Trevirensis  =  Annalen  d.  liistor.  Vereins  f. 

i  d.  Niederrhein,   Ilft.  69,  1900,  S.   1-90.     23 

Spielmann,  C,  Der  Werdegang  des  Herzoi^tums 
]  Nassau  =N   1,    S.   2—4,    18-19,    30-31, 

42-44,58—60,70-72,82-83,91-96.      24 

III.  Ortsgeschichte. 

1    Rlieinische     Burgen     nach     Handzeichnungen 

'  Ddichs(1607|.    Hrsg.  v.  T.  Michaelis.    Berlin, 

F.  Ebhardt  u.  Co.     1900.    77  S.    2".    Enth.'dt 

i  von    nnssauischen    Burgen    Höllenstein,    die 

I  Marksbur^'.  Katz  und  Reichenbersj  auf  Grund 

der  vortretf  liehen,  auf  der  Land.'-luldiothpk  zu 

Kassel  verwahrten    Dilichsehen    Haudzeich- 

nuniien,  vgl.  M  1899  1900,  Sp.  31.  2.') 

,    Ebhardt,  B.,  Die  (irundla^en  der  Erhidtuns:  un<l 

Wiederherstellung  deutscher  Bürge  n.   IJerlin 

1901.   24  S.  2».    Darin  Dillenbur»,  Gut»^nfels. 

Hohlenfels  und  Marksburg  bespr.  2G 

Alteburg  b.  Herschbacli  s.   16. 
Ar  11  stein  s.  82,  83. _ 
Brau'nacli   s.   4,  6.   7. 


—     l-.>:]     — 


l'_>4      — 


am 
•29- 


Tiiumis 
31. 


als 

•2«> 


Juii:,',  K.,  Aus  der  (iesiliiclue  i\e<  eliomiils  kur- 
pfiilz.  L'iitcraiuts  Ca  ab  =  N  l,  S.  tjj-tjj.       '21 

<.'aul)   s.  auch   10.">. 

Cläre II tluil  s.  S4. 

Dach senh aus t'u  s.  •'). 

Dön^o3,  (.'.,  Aus  D  i  11  en  hurirs  Verofauirenheit 
=  Zeituui:  f.  il.  Dilltiial  l'.iOO,  \o.  38  ff.         2S 

Kberbach  s.  89. 

Kltville  s.  1,   17,  itT. 

IJurg  Kppstein  s.  51. 

Kschborn  s.   19. 
y  ><'hüler,    Th.,    Fal  kons  toi  u 
Kinzel Staat  =  .VN   1900,  S. 

?' rauon stein  s.   lÜO. 

Itoth,  F.  W.  E.,  Aus  >ler  Ivultur^'escliichte  von 
Gel  senh  eim  =  N  1,  S.  34  —  36.  HO 

(leisenhoini  s.   auch  00. 

Paul,  H.,  Kegiment  und  Onlnuns:  '1*^1'  ^tiiJt 
Hrtchenburg  d.  J.  1470  =  .\  h  >.  -271— '274, 
284—286.  81 

Otto,  F.,  Der  Kmpfang  des  Fürsten  von  Xassau- 
l)ranion,  Wilhelm  V..  l)ei  seiner  Rückkehr 
in  seine  Krblande  zu  Herborn  i.  J.  18(tl 
=  M   1900;i,  Sp.  59—62.  :{2 

Ilillsoheid  s.   124. 
/Trog,  C.    Der  Viktoriaber:;  bei   Hoch  he  im  = 
N  1,  S.  114  —  116.  3:5 

Höchst  s.  9,  94,    100,   117. 
/ürumni,  J.,    Die  Hofhcinier   Kapelle  =   X   1, 
:S.  75  f.  :u 

F'^ber  das  Schloss  zu  Idstein,  mit  (Jrundriss 
=  IJurgwart  2,  S.  7)2  i'.  )>.') 

^{ttth.  F.  W.  K.,  Kulturgeschichtliches  aus  der 
Herrschaft  Kü  n  igst  ein  ,  besonders  der  Stadt 
Uberursel  i.  16.  J.  Olierursel,  J.  Abt,  1900. 
37  8.    8".  :*/) 

Schädel,  Bernhard,  Die  Künigsstühle  bei  Mainz 
und  die  Wahl  König  Kuurads  II.  ^  Zeit- 
schrift d.  Vereins  z.  Erforsch,  d.  rhein.  (iesch. 
u.  Altertümer  i;i  .Mainz.  Rd.  4,  Hft.  2/3,  8. 
117—152,   1900. 

.Schädel  versucht  nachzuweisen,  dass  nicht 
der  Königs  tuhl  in  der  Königsliundert 
zwischen  Hochheim  oben,  Kostheim  unten 
und  dem  Meclitildsiiäuserhof  bei  der  Wahl 
Koura<ls  IL,  sondern  vielmehr  das  Plateau 
von  Lörzweiler,  auf  dem  linken  Rheinufer, 
als  Versammluni,'splatz  gedient  habe.  'M 

Limburg  s.  91. 

Lipporn  s.   138. 

Friedmann.  H.,  Schuljunkerschaft  und  Junker- 
-chule  zu   Lorch  =  N   1,  S.    182  —  184.      :18 

(iieson,  E.,   Die  Lützelau  bei  Winkel  =  N   1, 


S.  250-252.  260-26: 


Seh  i  u  rs  toin  s.    i;i9.   140. 

T(rog),  ('.,  DieZ>iciiokko-.Mühle  bei  Sf  h  luiigen- 
l)ad  =  N   1,  S.  26.  42 

Seh  önuu  s.  85,  96. 
S  i  m  m  e  r  n  s.  3. 
T  a  u  n  US  s.   122. 
W  a  1 1  m  e  rod  s.  8. 
Weilirebiet  s.   116,  133. 

Weäterwald  s.  92,   123,   124,   134,    135,    136. 

Otto,  F.,    Die  AVellritz   (bei  Wiesbaden),    ihr 

Name  und  ihre  Benutzung  durch  Bürger  und 

Adel   im   16.  Jahrh.  =  .V30,  S.  131-142.    4:} 

/'Spielmann,  C.,  Die  Befreiung  der  Wiesbadener 

vom  Milizdienste  =  AN  1900,  8.  22—23.     44 

^  Spielmaiin,  C,  Die  Wies  b  a  d  e  n  e  r  Lundstrassen 

I  im  18.  u.  19.  Jahrh.  =  A  30,  S.  109  —  130,    4ö 

/Spiehnann.  0.,    Die    Eiserne  Hand    bei    Wies- 

baden  =  AN    190O,  S.  43   f.  40 

I    Zedier,  U.,    Die  Wiesbadener  Kurliste  =  M 

1900/1,  Sp.  74—87.  47 

Schüler,  Th.,    Wiesbadener    Kurverhältnisse 

vor  70  Jahren  =  AX  1900.  8.  37  f.  4K 

Spielmann,  C,  W^ie  man  im  alten  Wiesbaden 

Häuser  baute  =  RK   1900,  Xo.  .337.  4!> 

Spiehnann,  (/.,  Die  ETitwickelunir  W  i  esbadens 

;  im    19.  Jahrh.   =  AVT    19(tO,  Xo.  606,   1901, 

:  Xo.   2,  4.  .')0 

i    Wiesl)a.len  s.  auch  12,  13,  81,  86,  87,  93,  141. 

IV.  Biographische  Schriften. 

/Schenk  zu  Schweinsberg,    Uel)er    die  Burg  und 
das  (ieschlecht   der  Herren  von  p]ppstein 
j  ■.=^    Quartalblätter    d.    histor.    Vereins    f.    d. 

;  Grossh.  Hessen.  Bd.  II,  S.  585/6, 1899.  .')1 

y Lewin,   H.,  Werner  von   Eppstein,  Erzbischof 
■  von  Mainz  1259-1284   =  X  1,  8.   192—195, 


204—201 


;)2 


:{•> 


Lurlei  s.   137. 
Marie nthal  s.  9s. 
Xaurod  s.   115. 
X  e  u  h  ä  u  s  e  1  s.  2. 

Schüler,  Th.,  Der  Märker-  oder  Uitterrat  zu 
Xiederlahnstein  =  AX    1900,  S.  2.     40 

Spielniann,  ('.,  Der  .Mineralbrunnen  zu  Xieder- 
solters  in  früh.  Zeit  =  AX  19()(i.  S.  :j-4.     41 

X  i  oder  wal  1  uf  s.   lu. 

(»berursei  9.  36,  99. 

Ol.erwalluf  s.   18. 

Rüdesheim  s.    142. 

.S  a  a  1  b  w  r  LC  s.    11. 


/S(auer),  W.,  Eine  E  p  pe  n  s  t  e  i  n  e  r  in  ^=  X  1, 
!  8.   119.  53 

Adolf  von   Nassau  s.  20a,  88. 
I    Sauorlaiid,  H.  V.,  Der  Trierer  Erzbisohof  Dieter 
\  von    Xassau    in    seinen    Beziehungen    zur 

jjäpstlichen     Kurie     =^    Aunalen    d.    histor. 
j  Vereins    f.    d.    Xiederrhein    Hft.     68,     1899, 

j  8.   1  —  53.  r)4 

Kolb,  R.,  Prinz  Moritz  von  X'as.=5au.     Ein  (ie- 
I  denkblatt  z.  50.  Jahrestage  seines  Todes  = 

!  N  1,  S.  74  f.  .').') 

1    Goebel,    Ernst,    Juliann    der    .Weitere,    (iraf   zu 

Xassau-Dillenburg  1559-1606  =  X  1, 

8.  110  f.,  8.  122  —  12.5,   134-136,  150—152, 
I  162-164.  .')6 

'    Hevmach,     F.,     Graf    Ludwig    von    Xassau- 

'D  i  1 1  e  D  b  u  r  g  =  M  1899/ 1900,  Sp.UO-l  1 2.  öl 
■    Xippold,    W.  K.   A.,    Wilhelm  III.,    Prinz    von 

(Jranien,  i^rbstattlialter  von  Holland,  König 
j  von    England    (1650-1702),    Berlin,    V.    A. 

'^  Schwetschke  u.  Sohn  1900.  274  8.  81  .')8 
/  Meinardus,  O.,  Das  politische  Testament  des 
I  Grafen     Joliaiines      von      Ids  te  in  -  W  i  es - 

baden  =   .V  30,  8.  55—108.  .')•.» 

Ein    Tagebuch    über    die    Zusammenkunft    des 

Kurfürsten  Karl    Friedrich    von    Baden    mit 

Xapoleon  I.  in  Mainz  (Sppt.  1804).    Mitgeteilt 

von   Karl   Obser  =-    Zeitschrift  f.  d.  Gesch. 

d.  Oberrheins.  X".  F.  15d.  14, 1«99.  8.()05  — 634. 
.\n    ilen    damaligen   Festen    nahmen    auch 

die     l'iirsten     von    X  a  ^sau  -  F  s  in  ge  ii     und 


—    IJ.')    - 


-      !'_>«     — 


\V  (!  i  1 1)  II  r^-  tt'il.  I>as  'I'h^'cIjucIi  i'iitliält  dciii- 
^i'aiii.ss  iiiicli  \ t;rsclne<|(Mii'  iJii'>(;  liiTülirciid«' 
N!iclui<'lit('ii.  i!(l 

.\[itteiliiiiL;tMi  des  llistorixdiiMi  N'orciiis  für  die 
S;iarü:i'i;«Mid.  Ilot't  7.  i{i'iträi;(>  ziir  ( ic- 
scliifdito  der  Sujirijei^-end  II.  Zu<aiiiiiiori- 
gt'stoUt  von  An^-.  Kroliii.  Stmrbi-iirki'u  lOOO,  8". 
Kiitlij'ilt  die  mit  den  ^i  jis  sa  u  - 1' s  i  iin'i - 
scJifMi  und  Wei  Ibu  Tijis  (' ho  11  llidon  jre- 
fülirte  Ivorrospuiidcri/  di'S  Saiirliriii-kcr  II(d"<'s 
liotr.  die  l^lio  <l('s  l'ürsteii  Liidwli;  mit  der 
Gnitiu  Ivatluiriiia  vuii  Ottweiler  S.  207  —  223, 
auch  eiiiiue  andere  Nassau  betr.  .N'achricditeii 
S.    147,  S.  3J2   rt".  CA 

Sauer,  W.,  Klse,  Tochter  des  (inifeii  Philipp  11. 
von  N  a a  s  a  u  -  W  e  i  1  b  u  r  <j;  1 4,").{  =  N  1 , 
S.  86 -SS.  ()2 

lliniTiielreicli,  F.,  (iraf  Joluuin  II.  von  SolinS' 
Burn'solnis,    nonuuut    Springsleben 
S.  312-314. 


N   1, 


=    AX 


1900, 


Adrian   v.   S(diönau  s.  '.)(>. 
Flick,    F.,    Wilhelm    Albrecht 

8.  41      4.!,  S.  4.->-47. 
Schaus,  F.,  Ilismarck  und  Xassau.  Wiesbaden, 

J.   F.   Heigmann   1900.  40  S.  S".  G5 

IJrumm,  .).,  TheodorF  li  e<l  ner ,  ein  nassauisoher 

Volkswoliltliüter  =  N   1,  S.  20-22.  ('»(i 

(»tto.  F.,  Die  Berufung  des  waldeckischen  llof- 

nieilicus   Joh.   Theod.    Fritze    nach  Dilleii- 

burg  =  M   1!H)0/1,  Sp.  70-74.  Cü 

Adam  (iel  th  iis  s.  9,'). 
(•tto.     F.,     Nachträge    zu     dein    Aufsatz    über 

„(Joethe    in    Nassau"     in    .V    27     =    ^I 

1900/1,  Sp.  87-89.  08 

/'lloth,F.  "W.  E.,  Ludwig  von  lioernigk,  ein  Nassauer 

Brunnenarzt  =  llK   1900,  N  270.  fi!) 

Schmidt,  M.,  I.udw.Knaus  =  Nl,  S.  247-2.30.    70 
.fohann  K  rafft  s.   103,   104. 
Ilgen,    Th  ,    Peter   Melander,    lleichsgraf  zu 

Holzappel  =  .N  1,  S.  44—47,  60-63,  72—74, 

84—86.  71 

Jung,  K.,  Nikolaus   August  Otto,   der  Krfinder 

der  Gasmaschine  =  N  1,  8.   195—196.       72 
Kolb,  R.,  Freiherr  Friedrich  v.  Preen,  herzog- 

lioli    nassauischer    Oeneralleutnant    =    N    1, 

S.   126-12S.  7.') 

Otto,  F.,    Friedrieh    v.  Reiffenberg   auf   der 

Universität  Wittenberg  =  M  1899/1900,   Sp. 

117   f.      ^  ^  74 

Spies,  M.,  Erinnerungen  an  Herniine  Spies  = 

N  1,  S.   164-l(i7,   180—182.  75 

Gesky,  Th.,   Adelheid  von  Stol  terfoth  =  N  1, 

S.  222  —  224,  231—233.  7() 

Roth,   F.    W.   E.,    Adelheid    von    Stol  terfoth 

=  ^y^  1900,  No.  .379,  vgl.  1901,  no.  g.      77 

Conrad  Swevnheim  s.  97. 

Trog,  C,    Daniel  Willi elm  Triller  =   .\   1,  S. 

167-169.  7S 

Zedier,  G.,   Der  nassauische   Publizist  Johannes 

Weitzel=  A  30,  S.   143  —  192.  7J) 

Brummer,    F.,    Eduard    Wissmann    =    Hiogr. 

Jahrb.  4,  S.  238  f.  HO 

V.  Rechtsgeschiclite. 

/Das  älteste  Gerichtsbuch  der  Stadt  Wies- 
baden, hrsg.  V.  F.  Otto  =  Verötlentlichungen 
d.  Ilistor.  Ivommission  für  Nassau.  II.    Wies- 


liailen.  .1.  F.  ÜiMgiimnn,  l'.Mid,  lltj  S.  s". 
Kec.  Jlistur.  /eitsciirift  M!,  S.  1,>7;  l.jterar. 
C.-Bl.    l;iOit.  S.   2l(i7.  sl 

VI.  Kirchengeschichte. 

Schaus,  i;.,  (iraf  Ludwig  von  .\.rnst<'in  uuil 
die  Neuliegründung  des  Klosters  .Münstor- 
dreisen  =  .V  30,  S.  202— 2(t.").  .S2 

/'S(diupp,  Ottokar,   Kloster  A  rn  s  tei  n  —  N    1,  s! 
17s-  ISO,   19(1—192,202  —  203.  SH 

^<Uto,    F.,    Clarenthaler    .'Studien    (Fort«)  — 

A  30,  S.   l--)4.  si 

Schmidt,   IL,   Klo-ter  Schön  au   idnst  und   jetzt 

=  X    1,  S.  98-101.  '    S;-> 

/Spielmann,  ('.,  Die  frühere  Mauritiuskirche  zu 
Wiesbaden  —  AN   190(J,  S.  ;n.  S(| 

/Spielmann,  C,  Der  Freil)rief  der  katholischen 
(iemeinde  zu  Wiesbaden  =  WT  l'iOO 
No.   172.  S7 

VII.  Kunstgeschichte. 
-Alarabini,  F.,  Die  kunst-  und  kulturgeschicht- 
lichen Denkmale  des  deutschen  Kaisers 
Adolf  von  Nassau.  Frinneningsschrift  an 
den  600.  Jahrestag  seines  Heldentodes.  Illustr. 
V.  Ferdinand  Freiherrn  von  Reitzenstein- 
Schwarzenstein.  München,  Selbstverlag,  lh99 
191  S.    4".  HS 

Riehl,  Berthold,  Zur  Geschichte  der  früh-mittel- 
alterlichen Basilika  in  Deutschland.  Sitzun"-s- 
lierichte  d.  philos.-phihd.  u.  histor.  Cl.  d. 
k.  b.  Akad.  d.  W.  lj^99.  Bd.  1,  S.  295—378. 
Darin  über  die  Kirchenbauten  der  Cistercienser, 
namentlich    Eberbach  S.  357.  S!l 

Roth,  F.  W.  F.,  Zur  (iescliichte  der  Freiherrlich 

von  (ilas- 
a.  Rh.  =  RK 
1900,  No.  312.  1(0 

Hohler,  Der  Felsendoni  zu  Limburg  a.  d.  L. 
=  M  1900/1,  Sp.  7—11.  «Jl 

Zimmermann.  E.,  Feber  die  künstlerische  Not- 
lage der  Westerwäldr>r  S  te  i  nz  eui;- Industrio 
=  Kunst-  u.  Handwerk  1900,  Hft.  3;  vgl. 
RK  1900,  No,  124  tf.  H2 

Oertling,  .T.,  Die  ersten  Autführuugeu  von  Richard 
Wagners  ,,Tannhäuser-  und  .,Lohengrin''  in 
^^'  i  e  s  b  a  den  =  A  X   1 900,  S.   i;  f.  <»;; 


von    Zwierlein'schen    Sammlung 
nialereien  zu  Geisenheim 


VIII.   Litteratur- 


u. 


Gelehrtengeschichte. 

„■■  S(auer),  W.,    .loliaiin    von  KoUick    und    Goswin 
von  Orsoy,  Präzeptoren  des  Antoniterhauses 

zu  Hr.chst  =  X  1,  s.  HS  f.  !i4 

Roth,  F.  W.  F.,  .Vdam  Gelthus  zur  juugen  Aben 
und  dessen  Gedenkschrift  auf  Johann  Guten - 
berg  =  RK  1900,  Xo.   114.  !l.') 

Roth,  F.  W.  E.,  Abt  Adrian  von  Schönuu,  der 
angebliche  Korrektur  der  Muchdruckertirma 
Fust-Sch<;rterz.  Mainz  —  RK  1900,  No,  347.  !K] 

Velke,  W.,  Zur  frühesten  Verbreitung  der  Dmck- 
kunst.  I.  Von  .Mainz  nach  E  1 1  v  i  ile.  Mainzer 
Festschrift  zur  Gutenbergfeier  1900,  S.  323 
bis  341.  —  Derselbe  über  Conrad  Sweynlieini 
aus  Schwanheim    bei  Frankfurt  a.  .M.     Ebil. 


S.  343. 


!t< 


Falk,  F,  Zu  den  Marien  thaler  Drucken 
=  Centrallilatt  f.  Büdiothekwescn.  Jahr?.  17 
(1900),  S.  481  —  483.  ^    '.IS 


—    r 


—      l'JS      — 


/notli.    F.    W.    K.,    Zur    tMxclii.lito    der    Uu.li- 

«1  riicken-i  eil  /ii  Oherur'^ol    läjT  —  li;'23   =• 

RK   lyoo,  Nu.  -.»'.U.  !l!» 

/lloth,    K.    \V.    K,    Zur   (Je-i-lii.'lite    <l.r    lliieli- 

•1  ruck»' rt'i eil  zu  Hr,<li-.c  ;i.  M.  ^=  KK  r.too, 

Xo.  J33.  100 

/Zeiller,    H.,    l>ie    Auflüsuii^  der  na>.s.   Kloster- 

i)ihliotheken=A  30,  S.  20t;— 2-20.       lol 

/Zedier,  (t.,  Die  Inkunabeln  nassauisclier  I?  i  b  1  i  ü  - 

theken  =  A  31,  S.   1  — lU.  102 

Moinardus,  (>.,  Miueilunjjen  über  Johann  K  rafft, 
den  Schulinei-ter  und  ('hroni>ten  v.m  Tforboni 
=  M   r.»00  1,  Sp.   13-16.  10:5 

>ichüler,  Th.,  .Iut;cnderlebnis.se  eines  nii.*sauischen 
Lehrers  (Johannes  K  rafft)  i.  1".  Jahrli.  = 
AN   1900~,  S.   IT   f.  104 

Kiohter,  P.,  Ueber  das  Voikssiiiel:  ,Die  Sohirt'er 
zu  Ca  üb  od.  l'elierj^an^  der  Preu^sen  ül>.  den 
Rhein"  =  M    18!)9/rJOO,  Sp.   10;?-- 110.    10.') 

Knod^  Gustav  C,  Hlieinländisclie  StudiMÜeii 
im  16.  u.  IT.  Jalirh.  auf  d.  l'nivorsität  Fudua 
=  Aniialen  d.  histor.  Vereins  f.  d.  >'ieder- 
rhein.  llft.  6s;  il890),  S.  133-189.  Darunter 
verschiedene  nassauischer  Herkunft.  100 

Schüler,  Th.,  Studierende  ]S"as3auer  auf  der 
Landes -L'niversität  riüttlnifen  =  .\X  1900, 
S.  33-36.  107 

Spielmann,  C,  W'ilhelnius  van  Xassouwe  = 
X   1,  S.  '294—296,  3O6-30S.  lOS 


/ 


IX.  Kultur-  und  Wirtschaftsgeschichte. 

Roth.  F.  W.  E.,  Kulturhi.'-tdrisclics  aus  der 
Frauensteiner  üomeinderechnunic  des 
Jahres  1731  =  AN  1900,  S.  47.  101» 

.Schüler,  Th  ,  Vors'-hla;;  zu  einer  Ehestands- 
und G  e  a  i  n  d  e  -  ( )  r  d  n  u  n ;;  von  1  T.30  =  A N 
1900,  8.  .")-6.  110 

Richter,  P.,  Dranf,'sale  eines  nassaiiischen  Gcist- 
lich<»n  im  dreissii^jährii,'en  Krie^'e  =  .M 
1900/1,  Sp.  52— .09.        "^  111 

Schüler,  Th.,  Kleinstaatliche  Reibereien  und 
L"c>ier;,'ritTe  an  der  Lahn  in  der  Reformations- 
zeit  =  AN   1900,  S.  9  f.,  13 -IJ.  ll'i 

Meinardus,  O.,  Die  Aufhebun«,' der  Le  ibc  igen- 
schaft  in  Nassau  ^  M  1900/1,  Sp.  21-2.Ö. 

u:} 

Verordnuni;  für  die  Metzger  des  Oiieraints 
Wiesbaden  vom  23.  Dezember  1T47  =  AN 
1900,  S.  27.  114 


Wagner,  P.,  l'eber  ein  altes  J3ergwerk  bei 
Nauro.l   =  M   19001,  Sp.  2.5—30.  11.') 

Seüjert.  F.,  Die  E  is  enin  <lus  trie  im  Weilgebiet 
in  früh.  Zeit  =  N  1,  S.  29;^  f.  308-310.   llfi 

Mensch,  K.,  Die  Höchster  Farbwerke  =  N  1, 
.S.   12.)  f.,  136—138,   l.V2--l.-)4.  117 

P.t'nner,  J.,  Das  Postweseii  in  Nas-au  = 
XI,  8.  234   f,  24.5—247.  llS 

/Hotfinann,  M.,  Mitteilungen  über  den  mittelalter- 
lichen R  li  e  i  nwe  i  ii  h  an  d  el  im  iiansagebiet 
=  M   1900/1,  S|..  3.5-37.   ^  11!) 

.Müller,  Karl,  Weinlese  uml  Weinbereitung  am 
Rhein   =   N   1900,  S.  274-277.  120 

Eekert,  ehr,  R  he  i  ii  sc  li  i  ffa  h  rt  im  19.  Jahrh. 
Lei[izig,  Duncker  u.  Humblot  190O  =  .Staats-  u. 


Sdzialwisseiisch.    l-'m-schmigon.       Hrsq;.   v.   (i. 

Sohmoller,   l'.d.    Is,   Hft.  .5.  121 

/  .Seilicrt,    F.,     Die    alten    Tan  n  u  ss  t  ra  ss  c  n    ^= 

N   1,  s.   -it;    '.ts,  s.  111  —  114.  122 

Heiiiicr,    .)..    15  rau  11  k  o  hl  e  11  f  u  11  d  e     auf    dein 

WesterNsalde  in  früh.  Zeit  =  N  1,  S.  142  f.  12:{ 
Funde    von  Stoinzeug    d.     17.  Jahrh.    in  Hill- 

scheid  I  L'nterwesterwaldkreis )  mitget.  v.  E. 

Ritterling  =   M   1900/1,  Sp.   4.5   f.  124 

X.  Militärgeschichte. 

Fraiikciibtich,  V.  J  ,  Das  Heiv.ogl.  Nass.  Reitende 
Jnger-Curps  --=   AN    1900,    S.   1.  125 

Kolb,  R.,  Die  nass.  reitenden  Jäger  1804  bis 
1 8 1 4  =  N  1 ,  S.  207  --  209,  S.  21 9— 222.       126 

Kolb,  R.,  «iescliichtc  der  Heiz.  Nass.  Artillerie 
=  N  1,  S.   4  — :>,    19—20,  32—33.  127 

Wagner,  P.,  Di(.'  Fahnen  des  nassauischen  Land- 
sturms vom  .fahre  1814  =  M  1899/1900, 
Sp.    104-107.  12S 

Kulb,  |{.,  Aus  dem  Tagel)uch  eines  iiassauischen 
Offiziers  über  seine  Teilnahme  an  dem 
Feldzug  in  Spanien  1*^08  —  1813  =  .M  190O/1, 
Sp.  4  f.  12!« 

Kolb,  R,  Nassauischer  Ehrensaal  (enth.  Liste 
der  im  Felde  gesturbencn  Offiziere)  =  N  1, 

s.  314 f.  i:;o 

i  XI.    Sprachliches. 

j/ C'ronberger,  B.,  Berg-  und  Flurnamen  im  Taunus 
j  =  AN  1900.  8.7  f.  l:>l 

I  XII.   Volkskunde  und  Sagen. 

j    Schütz  -  Woterfeld,     W.,     Nassauer     Pfiiigst- 

briiuche  =   N   1,  S.    141-142.  1:52 

Spielmann,    C,     ,W  o  i  1  b  u  rger"*    =    N    1,    8. 

138—140.  i:{;5 

Führer  durch  den  unteren  Westerwald.    Hrsg. 

v.  dem  Verschiineruiigs- Verein  f.  den  unteren 

Westerwald.    2.   AuH.     Neuwied,  Meincko  u. 

Gutzkow  1900.    71  S.  m   1  Karte.  8".  1:54 

Weste  r  w  a  1  d  fü  h  re  r.    Hrsg.  v.  Westerw.-(  lub. 

M.  e.  den  ganzen  Westerw.  umfass.  Karte  u. 

4  Spezialkärtchen.  ,3.  AuH.  Coburg,  Dictz'sche 

Hofbuchdr.  1900.  \XVI,  170  S.' 8».  Ki') 
Der  Westerwald    und  Sitten  und  Gebräuche 

seiner  Uewohiicr.     Von  K.  B.  =   .VN   1900, 

8.  18-20.  Ksr. 

Ammann,  A.,  Die  Sage  und  das  Lied  von  der 
Lurlei   =  AN  1900,  S.  38  f.  1:57 

Seiltert,  F.,  Drutwin  von  Lipporn  oder  die 
nassauische  Stammsage.  Wiesbaden,  Selbst- 
verlag  1900.     30  S.     8".  1:58 

XIII.  Familien-,  Wappen-  und  Siegelkunde. 

S(pielinaiini,  C..  Familie  15  i  ■;  ma  r  k  -  Scliiei- 
.      stein  =  N  1,  S.  12  f.  1:5!» 

Kolb,    R.,    Noch  einmal    die  Familie   v<in   B  i .- - 

mark   =  N    1,  S.  38  f.  140 

Otto,  F.,  Der  Name  Heil  i  Heyl)  zu  Wiesbaden 

im  16.  Jahrh.  =  M  1900'!,  Sp.  :{0-32  141 
S|  auerj,    W.,   Die  Familie  K  üdes  h  ei  in  in  KTilii 

=  N  1,  8.  ti7.  142 

Hauptniaiin,  Zejm  in  i  ttel  rh  e  i  nisc  he  Wapiieii- 

gnippen     ^   Jalirbueh   d.   k.   k.   horablisclieii 

(iesell.xchaft  .\dler  N.  F.  lo.  S.    1      40        14:5 


/ 


Im  \ii{lT:i£<-  lies  Vor»liiiiili>.i  lieraui'Ke;;? I>en  von  Hpr  Uc<1iikti<)n>-KiiinniisHion.   Driii:k  von  Ku>1.  licRJitoM  .V  Coriip.,  Wii'sli.nleii. 


DIE  INKUNABELN 

^^ASSAUISCHER  BIBLIOTHEKEN. 

VERZEICHNET 

VON 

DR.  GOTTFRIED  ZKDLER 

lUBLIOTUEFvAR  AN  DER  LANDESBIBLKjTHEK  ZU  WIESBADEN. 


FESTSCIIPJFT 

ZUR 

FÜNFHÜNDERTJÄHRIGEN  GEDÄCHTNISFEIER 

JOHANN  GÜTENBERGS 

HERAUSGEGEBEN 

VOM 

VEREIN  FÜR  NASSAÜISCHE  ALTERTUMSKUNDE 
UND  GESCHICHTSFORSCHUNG. 


■)3»»       ^•»■^' — «W^* 


WIESBADEN. 
VERLA(t  von  RUD.  EECHTuLD  &  COilP. 

1900. 


ANXALKN  DES  VEREINS 


fOr 


NASSAÜISCHE  ALTERTUMSKUNDE 


UND 


riESCIllCnTSFORSCHUNG. 


EINUNDDREISSIGSTER  BAND. 

ZT\7"EITES  HEFT. 

1900. 


Mit  einem  Plane. 


WIESBADEN. 

VERLAG  VON  RÜD.  BECUTOLD  .<:  COMP. 
1901. 


/Air  Bcachtnn(f. 


Das  Ahei'tiintsitinsi'inn  ist  im  Sommer  an  alhn  WochrnfoffCH  xKsser 
Srimsttn/ü  von  11—1  Uhr  'oid  ron  7- ö  l'liv,  :^o)uda(js  ron  10— 1  Uhr,  im 
Wiufcr  Mi/firoclis  foul  So)nifaf]S  ron  11-1  Uhr  uuoifj/cltlirli  (j(i'>XJ'iu:t.  —  Ihhitfs 
Iirsirhtignnff  dir  Sammhaif/m  zu  einer  anden-n  Zeit  —  :'ii)  P/;/.  Eintrdtstjdd  — 
wende  man  sich  an  den  Mufienmsunf sehe r  Kocnirj  ( Frirdrichstr.  1.  eine  Stiefje, 
oder  Fri'drichstr.  0.   Seifenhau,  eine  Stiege). 


r 


Das  Sckrctitthtt  ist  Moida(js  und  Donnerstags  nachmittags  von  4—6  Uh 
(fiijjfnet.      Die    BihJ ioflnl:    id    mit    Ausnahme    einer   Hanflhihl iothel:    an    die 
Königliche  LandesJjihlinthd-  ahgegehen,   in  deren  Lesezimmern  die  Zeitschriften 
für  Jedcrman)i  zur  Einsicht  amliegcn.     Die    Vereinsmitglieder   haben   bezüglich 
der   Vereinsbibliothek  ein  Iknutzunysvorrecht. 


Drur/.-sarheH  und  ZusrJ^riftcn  beliebe  man  an  das  Sekretariat 
(Friedrirhstr.  IJ,  (UhlscUiUnujcn  an  Ilnrn  Regiernngssel-retär  Bergmann 
(lialinJiofstr.  15)  zu  adressieren. 


Das  l*i'ct.srerr:rich H i.-i  der  noch  vorhandenen  früheroi  Annalenbände  und 
sonstigen  Ver('>ffentlichungen  des  Vereins  befindet  sich  auf  der  dritten  und  letzten 
Umschlagsseife  des  vorliegenden  Jahrganges.  Bestellungen  auf  die  Vereins- 
Publilcationen  werden  sowohl  vom  Sehretariat ,  wie  auch  von  der  Firma 
Itud.  Bechtold  &  Comp,  in    \Vir.<haden  entgegengenommen. 


Diesem  Hefte  ist  ein  Verlagsverzeichnis  der  Firma  Chr.  Herm. 
Tauchnitz  in  Leipzig,  das  eine  grosse  Reihe  wertvoller  geschichtlicher  Werke 
zu  herabgesetzten   Preisen  enthält,  beigegeben. 


Preis  -Verzeichnis 

der 

auf  Lager  befindlichen  Vereins- Annalen,   Sonderabdrücke   und 

sonstigen   Veröffentlichungen 

des 

Vereins  für  Nasssiuische  Allertuiiüskuiide  und  (lesehichtsforscliiin^'. 

(Mitfjlieder  des  Vereins  zahlc7i  die  Hälfte,   hei  Ahnahme  einer  grösseren  Serie  lO^I^  liabatt.J 


Mark 


Annalen,  I.  Bd.;  1.  Heft,  vergrififen. 
I. 


2.  u.  3.  Heft,  vergr. 


II. 

II. 
II. 
III. 
III. 
III. 
IV. 
IV, 
IV. 

V. 

V. 

V. 

V. 

VI. 

VI. 

VI. 

VII. 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 

XI, 

XII. 

XIII. 

XIV. 


1. 

2. 
3. 
1. 
2. 

3. 
1. 
2. 
3. 
I. 
2. 
3. 
4. 
1. 
2. 

3. 
1. 
o 


Heft 


vergriffen. 


vergriffen, 
vergriffen, 
vergriffen, 
vergriffen. 


1.20 
1.— 

1  20 
1..50 
1.— 


vergriffen. 


1.  Heft 


1.— 
1.— 
1.— 
l..->0 

o  

2. 

3.—. 
3.— 
■3.— 
3  — 
2. 

3.— 

3.— 
1.— 


1 

n 

7) 


.\nna].  XIV.  Bd.  2.  Heft 
XV. 
XVI 
XVII 
XVIII.     „  1.  Heft 
XVIII. 
,       XIX. 

XX.  ,  1.  Heft 
,  XX. 
,  XXI. 
,  XXII. 
,  XXIII. 
,  XXIV. 
,  XXV. 
,  XXVI. 
,  XXVII. 
, XXVIII. 
,    XXIX. 

,   wix.    .  •-'.    - 
,     XXX.    „    .    .    . 
,    XXXI.     ,1.  Heft 


n 

7) 


(erliöliier  Preisj 

1  n 

1.  Heft     . 


Mark 
3.— 
6.— 
3.— 
3.50 

1.50 
2 

2.50 
•> 

1.— 

4.— 
4.— 
4.— 

6.— 
4.— 
4.— 

10.50 
4.— 
I .  — 
7.— 
6.— 
4.— 


^    XXXI. 

Mitteilungen  lS."il  u.  1S.')2  1  jede  No.  —.10 

Period.  Blätter  1853 — 61  |  (einzelne  Nummern 

Mitteilungen  IbGl— 1867  ) 

„  1897/08,  Xo.  1-4  bis  1900/01 

Xo.  1—4,  jode  >'o.  2.1  Pfv'. 


Bär's  Geschichte  von  Eberbach,  herausgegebcü  von  Dr.  Rössel.  1.  Ixiu.l, 
Heft  2-4  (IKft   1   VLM-grit^'en) ;  II.  Baud,  Heft   I    u.  2,  zusammen  Mk.   .5. 

Urkunden  von  Eberbach,  herausgegeben  vuu  Ih:  Rössel.  I.  Bau.],  Heft  1-3; 
II.  Band,   1.  Abteil.,   Heft    l    u.  2   un.l   2.    Abteil,   zusammen   Mk.   4. 


Deiikmfilt^r  aus  Nassau,  T.  Heft    vergriifon. 

Dio  kiroliliohen  Altertümpr  von  Wiesbaden,  von  Dr.  K.  Rössel,  mit  4  Tafoln. 
Die  Heilij:!;rab-Kapolle  zu  Wcillmr:^  a.  d.  Lahn,  von  R.  Oörz,  mit  1   Tafel. 
Pas  Grauo  Haus  zu   Winkel  im   Rljoiiii^au.   von   R.  Gürz,  mit   1   Tafel. 

,    IL  Heft        Mk.  —.75 

Die  Abtei  Eberbaoh:  Das  Refectorium,  von  Dr.  K.  Rosael,    mit    7  Tafeln. 

—  — ,  III.  Hefe        „     — .75 

Die  Abtei  Eberbach:  Die  Kirche,  von  Dr.  K.Ro8ä ei,  mit  6  Taf.  u.  llllolzschn. 

,  IV.  Ifeft        „       2.- 

Die  Abtoikirche  zu  Marienstatt  l)ei  Flachenbwr^,  v.  Oberbaurat  R.  Görz,  mit 
II    Tafeln. 

Gesch.  iler  Herrschaft  Kirchheiin-Bolanden  uml  Staiif,  von  A.  K<illnor  „  3. — 

Mithras,  von  N.  Müller „  --.30 

Rlieiiiübergang  Blüchers,  von  Schuliuspektor  Röder,  vergriffen. 

Nassauische  Territorien,  von  Weideubach „  1.50 


Zu  hedenteml  ertnässuftetn  Preise  werden  an  unsere  Mitglieder  folgende 

Puhlilationen  ahgcgehen : 


1.  Limburger  Chronik Mk.   —.30 

2.  Reuter,  Das  Römer-Kastell  bei  Wiesbaden,  mit  Plan    ...        .,     — .30 

3.  „         Römische  Ansiedelungen  in  der  Umgebung  von  Wies- 

baden, mit  Plan        „     — .30 

4.  „  Römische  Wasserleitungen  in  Wiesbaden,  mit  7  Tafeln 

und  1   Plan „     —.30 

5.  V.  Cuhausen,  Rom.  Schmelzschrauck,  mit  2  Tafeln  ....        „     — .50 
♦j.  Band  XI.,  Gesch.  des  nassauischen  Altertums-Yereins  und  bio- 
graphische Mitteilungen  über  dessen  Gründer  und  Förderer, 

von  Dr.  Schwartz „       2. — 

7.  Dr.  Schwartz,    Lebensnachrichten  über  den  Regierungspräsi- 

denten Karl  von  Ibell „      —.30 

8.  Urkunden  von  Eberbach  I '.     .     .     .        „       0.75 

9.  Geschichte    des    Bencdictiner-Klosters    Walsdorf,    von    Pfarrer 

A.  Deissmann „      — .30 

10.  J.  G.  Lehmann,  Geschichte  und  Genealogie  der  Dynasten  von 

Westerburg " „     — .30 

11.  Schmid,    Wahl  des  (.trafen  Adolf  von  Nassau  zum  römischen 

König  1292 „      -.30 

12.  Münzsammlung  des  Vereins,  von  Dr.  Schalk „      —.20 


DECCK  VON  W.  DEL'GUT.IX  IN  LEIPZIG. 


ANNALEN  DES  VEREINS 


FÜR 


NASSAUISCHE  ALTERTÜMSKUNDE 


UND 


GESCHICHTSFORSCHUNG. 


ZWEIUNDDREISSIGSTER  BAND. 


1901. 


JMiT  ZEHN  Textfiguren  ükd  preizeiix  LiTHOGi;.vi'iiii:i;ri:N  Tafeln. 


WIESBADEN. 

VERLAG  VON  RÜD.  BECHTOLD  &  COMP. 
11»02. 


N 


DRÜCK  VON  EDD.  BECHTOLD  &  COMP.,  WIKSBADES, 
BUCnonccKEREi  &  UTnoon.  asstai-t. 


Inhalts-Verzeichnis. 


A  n  n  a  1  e  n. 


>'ile 


I.  Zur  Geschichte  der  römischen  Okkupation  in  der  Wetterau  und  im 

Maingebiete.  Mh  1  Skizze  im  Text  und  einem  Plan  (Tafel  I).   Von  G.  \Vu  1  IT  l     2.') 

*II.  Die  Erwerbung  der  Herborner  Mark  durch  die  Grafen  von  Nassau. 

Von  P.   Wagner 2«— 44 

III.  Ein  Herborner  Bederegister    aus    dem  Jahre  1398.     Von  A.  Eggers         4")— 59 

IV.  Die  Herborner  Zünfte  und  ihre  Verfassungen.     Von  .M.  v.   Domarus         GO — 97 

V.  Eine  Altenberger  Urkunde  von  1324    mit  Herborner  Namen.      Von 

!•:.   Srliuus 98— lÜU 

VI.  Der  Ringwall   auf  dem  Bleibiskopf.    Mit   einem    Plan   (Tale!  11).      Von 

C.  L.  Thomas 101-1U4 

Vll.  Verzeichnis  der  Güter  des  Klosters  Eberbach  i.  Rhg.  in  der  Feldmark 

von  AViesbadeu  im  Anfang  des  14.  Jahrli.     Von  F.  Otto        105—121 

VIII.  Schulgeschichtliche  Beiträge  aus  den  ältesten  Visitationsakten  der 

Niedergrafschaft.     Von  W.  Diehl 1_".'— 144 

IX.  Niederlassung  aus  der  Hallstattzeit  bei  Neuhäusel  im  Westerwald. 

Mit  4  Tafeln  (III  bis  VI)  und  9  Textti.nuren      Von    ^V.  Soldau       ....      145-189 
X.  Schloss   Sonnenberg,    Burg   und   Thal.      Mit   7  Tafeln    (Vll   bis   Xlllj. 

Von  K.  Bonte 190-208 

XI.  Beiträge  zur  Geschichte  der  Gründung  des  Vereins  für  nassauische 

Altertumskunde  und  Geschichtsforschung.     Von  P.  Wagner     .     .     .     'Jon     -'21» 

*  Die  Ausätze  II  bis  V  sind  unter  dem  Titel:  „Beiträge  zur  Gesdiichfe  der  Stadt  Herbnni.  Festschrift  zur 
Feier  der  650.  Wiederkehr  des  Tages  der  Stadtrechtsverleihtmg  gewidmet  von  dem  Verein  für  Xass.  Altevtiimslumlt 
und  Geschichtsforschung,    Wiesbaden  1901  {IV,  75  Seiten)  auch  gesondert  erschienen. 


Mitteilungen    1901/1902. 

SpnltP 

Voreinsnuchriciitun   von  li.  Zedier 1  —  4,  o3— 04,  li.")-  «7,  97-100 

Vorträge   1900/1901: 

Die  Hehnbänder  der  beiden  nass.  Infanterie-Kegimentcr  von  K.   Kolii       .     .  4-11 

Eine    nassauische   Dorfgemeinde   in    der  Zeit   nach    dem  30j.    Kriege  (Uiebiicii- 

Mosbach)  von  M.   Heyne 34—36 

Der   schriftliche  Nachlass  des  Prof.  J.   Piscator  zu  Ilcrliuni  von  11.  Schlosser         3G— 38 

1901/1902: 
Die  erste  römi.sche  Befestigungsanlage  in  Niederdeutschland  von   K.  Kitte rliiig     100-102 

Verwaltungsbericht  des  Altertums-Museums  von  F.  Ritte  il  i  ng  11  — IG,  3S-42,  (u-  (i9,  1(>2— 107 


IV 

Spalto 

Funde,  niitireteilt  vöu  K.  Hitterliiiir,  K.  iiodowii,'  und  L.  Tli  um  a  s:  Altweilnaii 
Sp.  71,  Biebrich-Mosbach  Sp.  107,  Bievstadt  Sp.  lOS,  Braubacli  Sp.  44  —  40, 
108,  Flörsheim  Sp.  43,  70,  107,  auf  einem  Thonfeld  von  Friedrichssegen  Sp,  110, 
Ringwall  Goldgrube  Sp.  lO— 20,  Igstadt  Sp.  107,  Oberjosbacli  Sp.  110,  Marien- 
thal Sp.  43,  "Wiesbaden  /w.  Kurop.  Hof  und  Rose  Sp.  42,  Ebd.  Kranzplatz  Sp.  69. 

Miscellen : 

Ein  Münzfund  aus  der  Zeit  Consstantins  d.  Gr.  zu  Wiesbaden  von  K.  RittiMÜng  20 — 24 

Die  GrenzbeH-än-re  der  Stadt  Wiesbaden  von  F.  Otto 24— 20 

Höchst    a.    M.,    ein     römischer    Ilauptwaffenplatz    zur    Zeit    des    Augustus    von 

E.  Ritterling 45-53 

Ein  phänisches  Amulett  von  E.  Suchier 53 — 56 

Römischer  ^Mühlstein  mit  Inschrift  von  E.  Ritterling            .")6  — 57 

Zur    Ihv.iehung    des    Grafen    Philipp    Ludwig    II.    von    Hanau-Münzenberg    am 

Dillenburger  Hof  von  G.  Zedier 57  —  60 

Stammbuchverse  schweizerischer  Pilgerfahrer  von  F.  Otto 00—62 

Zum    Empfange     Wilhelms    Y.     von     Xassau-Oranien     zu     Herborn     1801     von 

J.  II.   Ho  ff  mann        63—64 

Rheingauer  AVohlthätigkeit  im  Mittelalter  von   I'.  Wagner 71 — 77 

Gräfin  Margarethe  von  Xassau-Idsteiii  und  die  Stadt  Wiesbaden  von  F.  Otto  .  77—81 
Beiträge  zur  genealogischen  Geschichte  des  Hauses  Nassau  II.  von  M.  v.  D  o  m  a  r  u  s  81 — 93,  128 

Die  Heimat  Konrad  Sweynheims  von  G.  Zedier  . 93  —  96 

Papsturkunden  für  Kloster  Clarenthal  von  P.  Wagner 111—114 

Ansprüche    Hartmuds    von  Cronberg    an    das    Erl)e    der    Brüder  Heinrich    und 

Philii)p  von  Isenburg  von  L.  Wirtz 114 — 117 

Der  grosse  Brand  in  Höchst  a.  M    am  24.  Sept.  1778  von  Küster     ....  117—119 

Chronik: 

Altertnmsverein  zu  Herborn,   Moricht  von  J.  H.  Hoffmann 30—32 

Historisciier  Verein  zu  Dilienburg,  Bericht  von  C.  Dönges 119  —  120 

Verein  für  Geschichte    und  Altertumskunde  zu  Höchst,  Bericht  von  F.  Suchier  120  —  123 

Xassauische  Geschichtslitteratur  des  Jahres  1901,  zusammengestellt  von  G.  Zedier  123 — 128 


Zur  Geschichte  der  römischen  Okkupation  in  der 
Wetterau  und  im  Maingebiete. 


Von 

Prof.   Dr.   G.  WolfL 

Mit  oinor  Skizze  im  Text  und  einem   l'lan. 


1.    Römische  Scherben  als  Geschichtsurkunden. 

Till  10:").  lieft  der  Uonner  Jaiii'büclioi"  iiut  J'rolossdr  v.  ]l('rzni>-  vcr- 
sucht'),  auf  Grund  alior  uns  zu  Gebote  stehenden  Ililfsniittel  die  verscliiedeneii 
Perioden  dov  Anlage  des  Limes  und  der  Okkupation  des  reclitsrlieinisclit-ii 
Germanien  zu  bestimmen.  Bezüglich  der  Wetterau  und  des  ^laingebietes 
weiclit  er  insofern  von  der  von  mir  aufgestellten  und  wiederholt  Ix'gründcton 
Ansiclit")  ab,  als  er  das  nordmainisclie  Gebiet  niclit  nur  bis  zur  Jjinic  llnlJH'im- 
1  lochst,  sondern  im  wesentlichen  bis  zu  der  späteren  J^imeslinie  SaaJliuig- 
Jjutzbach-Grünin2:en-]\Iarköbel-Grosskrotzenburg  bereits  in  der  ersten  Hälfte  des 
1.  Jalirlninderts  n.  Chr.  okkupiert  und,  noch  ohne  eigentliche  Grenzabsperrung  ■). 
durch  (M'ne  Reihe  von  Erdschanzen  und  Blockhäusern  gedeckt  sein  lässt,  wclcJie 
nicht  nui'  den  Feind  abweliren,  sondern  auch  die  einlieimisclie  Bevölkerung 
innerhalb  dieser  Grenzen  bewachen  sollen.  „Kömische  Niederlassungen'',  fährt 
vv  foit,   „scheinen  in  der  Wetterau  nocli  nicht  gewesen  zu  sein.'*') 


')  E.  Herzog,  Kritische  Bemerkuni^eii  zur  riironologie  dos  Limes.  Bonner  .lalirii.  10r>, 
1900,  S.  50-77. 

-)  Am  eingellendsten  in  der  Sclirift:  „Das  römische  Lager  zu  Kcsselstadt  liei  llanjni'- 
(Mitteilungen  dos  Hanauer  Bezirksvereins  für  Hessische  Geschichte  und  Laudeskunde,  Ko.  i:!, 
1S90,  S.  SO  IT.).  Wenn  ich  die  dort  vor  den  Arbeiten  der  Reiclis-Limes-Ktimmissiou  aus- 
gesprochenen Vermutungen  auch  nicht  in  allen  einzelnen  Punkten  aufrecht  erhalte,  so  ist  doch 
durch  die  Krgoijnisse  der  Jleichsforschungen  meine  Ansicht  iil>er  die  Ueseliichte  der  Okku- 
pation und  die  Chronologie  der  Grenzanlagen  im  grossen  und  ganzen  vollkommen  liestritif,'t 
W'jrden.  Den  gegeuwilrtigen  Stand  der  Forschung  bezüglich  der  vorliegenden  Fragen  halu- 
icli  dargelegt  in  einem  Vortrage,  der  sich  ali»edruckt  findet  in  den  Verhandlungen  ii<T 
23.  Hauptversammlung  des  Vereins  von  Lehrern  au  den  höheren  Unterriciilsaustalten  der 
Provinz  Ho3sen->.'a8sau  und  des  Fürstentums  Waldeck  1S9S.  (Von  Herzog'  zitiert:  Verhand- 
lungen des  Vereins  von  imssauischen  Lehrern  )    Vgl.  Nass.  Annalen,   IM.   XWll.  IS95,  8.49  11'. 

•■')  Die  Anleffuntr  der  ältesten  eigentliihen  (irenziinie  setzt  auch  Herzog  in  Doniitians 
Zeit.     Vgl.  a.  a.  O.  S.  f.8. 

■*)  A.  a.   O.   S.  ß7. 


Deinuach  waren  für  die  Anlage  dieser  Befestigiingslinie  rein  inilitärisclic 
Gesichtspunkte  massgebend  gewesen,  eine  Aunaliine.  welche  wegen  der  in  mili- 
tärischer Ilinsiclir  so  schwer  erklärlichen  Gestalt  dieser  ausspringenden  ]?ügen- 
linie  gerade  von  militärischen  Forschern  wiederholt  liekämpf't  worden  ist.  Sie 
wird  dadurch  nicht  annehmbarer,  dass  lliirztig  die  Lager  von  lleKK'nbergen 
und  Kesselstadt,  sowie  die  .,Etai)penkastelle'"'  der  Wettcrau  —  er  meint  damit, 
wie  di'r  Zusammenhang  z(dgt,  die  grossen  Kastelle  der  Ebene:  ]Iedd(>rnlieiiii. 
Okarben.  Friedberg,  und  withl  auch  die  Steinkastelle  von  llof'heim  und  Wies- 
baden —  mit  uns  als  Domitianische  Aulagen  betrachtet,  während  doch  jene 
Linie  von  vorgeschol)enen  Erdschanzen  nur  durch  ihre  Beziehung  auf  die  grossen 
Kastelle  der  Ebene  verständlich   wii'd. 

Nun  wird  der  1  Kmiitianische  Ursprung  der  letzteren  und  der  gleichzeitig 
mit  ihnen  erbauten  liäder  —  abgeselien  von  einer  Reihe  von  anderen  Momenten 
—  durcli  die  Auffindung  grosser  ^Mengen  von  Bauziegeln  uiit  vollkommen 
identischen  Stemi)eln  der  Truijpenteile  des  im  Chattenkriege  verwendeten  Jleeres 
so  unzweifelhaft  bewiesen,  dass  man  in  ihrer  Auffindung  und  den  dieselbe  be- 
ffleitendeu  Umständen  neues  erwünschtes  Beweismaterial  für  die  von  M  o  m  m  s  e  n 
ausgesprochene"')  und  gleichzeitig  durch  eine  Reihe  w(n'tvoller  Monographien'')  im 
einzelnen  begründete  Ansicht  erblickt  hat,  dass  die  Wetterau  durch  den  Chatten- 
krieg  Domitiaus  zum  erstenmal  seit  der  Zurückziehung  der  römischen  Legionen 
über  den  Rhein  (im  Jahre  16  n.  Chr.)  wieder  dauernd  besetzt  worden  sei. 
Dieser  Ansicht  entsprach  es,  wenn  man  für  das  Gebiet  südlich  vom  Main  auf 
Grund  des  gesamten  in  Betracht  kommenden  Quellennuiterials  den  ersten  Grenz- 
abschluss  ebenfalls  in  flavische  Zeit  verlegte,  wenn  auch  die  Okkupation  dort 
im  einzelnen  sich  in  etwas  abweichender  Weise  vollzogen  haben  dürfte. 

Unter  den  Hilfsmitteln  für  diese  chronologischen  Untersuchungen  sind  nun 
in  den  letzten  Jahren  in  steigendem  Masse  die  Erzeugnisse  civiler  Keramik 
herangezogen  worden,  von  welchen  gerade  die  Fuiulstücke  aus  den  ältesten 
Kulturschichten,  die  infolge  der  Weiterbenutzung  der  Fundstätten  für  s})ätere 
römische  Anlagen  weit  seltener  als  die  Reste  der  letzteren  und  meist  nur  als 
Scheilien  zu  Ta<>-e  o-efördert  werden  und  die  daher  in  früherer  Zeit  selten  bc- 
achtet  worden  sind,  den  grössten  Wert  haben.  Bei  der  Neuheit  dieser  „Scherben- 
wissenschaft" oder  vielmehr  ihrer  systematischen  Anwendung  bei  der  römisch- 
germanischen Altertumsforschung  ist  es  erklärlich,  dass  in  manchen  Delail- 
frae-en  iiocli  veischiedene  Ansichten  herrschen.  Man  wird  es  daher  verstehen, 
wenn  der  Historiker,  der,  wie  Herzog  (S.  58)  bemerkt,  in  der  Beurteilung 
der  Scherben  und  Fibeln  von  dem  abhängig  ist.  was  von  archäologischer  Seite 
ihm  geboten  wird,  mit  eiiusr  gcjwissen  Reserve  an  die  Verwertung  dieses  spröden 
^Materials  herantritt.  Si.  linden  wir  denn  auch  in  dem  (^wähnten  Aufsatze 
manche  beachtenswerte  Bemerkung  bezüglich  der  Gefahr  einer  zu  einseitigen 
Wertschätzung  dieses  neuen  (iuellenmaterials. ')    Wenn  aber  gesagt  wird:  „Den 


•'•)  Römisdio  GoHcliiclito,   H.l.   V,  S.   l:i(i   11". 

")  Hospioclien  im  Rom.   liajjor  zu  Kos.solstftdt,  S.  81. 

')   IJosomlors  8,  .j8  u.   .'i'.). 


3 

Vertretern  der  historischen  Kraft  der  Scherhen/ciionissc!  ist  zii;,'("r(.|„.n.  ,la,ss  clit« 
Wetterau  ein  hosundcrs  (huikl)arer  Boden  \'i\r  dicsos  Heweisiiiittcl  ist.  freilich 
nicht  fiii'  sich  allein,  sdiidcni  in  \'ci'liin(liuij^-  mii  dcni  gun/.cii  iiiomiim'ntalcii 
Bestand  und  in  Eri>-än/,ung  des  Schriftstelh'rzciignisses"*),  so  ist  diese  Beschränkiiii.i; 
so  selbstverständlicli,  dass  ihre  JJetoninii;-  im  Zusaiiniienhan«;o  nüt  |M.l('iiiis<-hcn 
Aiisfüliruni-cn  nur  dann  ciklärlicli  ist,  wenn  dci'  Verfasser  dem  Vertreter  (h'r 
hekäiiipftcM  Ansieht  m  anfiel  hafte  Beniitzuni;-  (h'i-  nwähnten  Jlilfsnnttcl  vorwerfen 
will  oder  selbst  neues  litterarisches  oder  iiiniiiiincntalcs  Material  liciliriii«,^')!  kann. 
ßeziiii'lich  der  Litteratiir  wird  Her /(><;•  kciiis  von  hcidcn  licl)au|)tcn.  Dii- 
Schriftstellerzeuo-nisse.  die  man  auf  unsere  Frage  hezidicn  nuiss  oder  aufh  nur 
kann,  darf  man  als  zum  Büstzeuge  eines  jeden,  der  sirli  mit  diesen  Dingen 
beschäftigt,  gehörig  ansehen.-')  A^on  den  von  Herzog  angezogencMi  Stellen 
aber  ist  keine  für  eine  Besetzung  der  Wetterau  östlich  von  Höchst  beweisend.'") 
Dass  dasselbe  der  Fall  ist  bezüglich  der  epigraphischen  und  plastischen  Denk- 
mäler, ist  von  mir  wiederholt  betont'')  und  gerade  dadurch  die  grosse  B>edeutung 
begründet  worden,  welche  den  Erzeugnissen  der  Keramik  für  das  in  j-'rage 
kommende  Gebiet  zukommt.^-) 

Thatsächlich  stützt  denn  Herzog  auch  seine  Ansicht  bezüglich  der 
Chronologie  der  wetterauischen  Anlagen,  wo  sie  von  der  nieinigen  aliweidit. 
ausschliesslich  auf  keramische  Funde  und  besonders  auf  gewisse  Sorten  von 
Terra  nigra-Scherben  und  Krughälsen,  die  S  o  1  d  a  n  in  den  von  ihm  als  die  ältesten 
römischen  Jiefestigungsaulagen  der  Wetterau  bezeichneten  Krdschanzen  und 
Blockhäusern  am  oberhessischen  und  am  Taunuslimes  gefunden  hat.  ])arunter 
sind  nach  Angabe  des  Finders  Stücke,  die  in  den  an  denselben  Stellen  auf- 
gedeckten Holztürmen  des  Limes  und  in  den  verschiedenen  Grenzgräbchen  nicht 
vorkommen  und  „nach  dem  Urteil  der  Archäologen  der  ersten  Hälfte  des  eisim 

«)  A.  a.  0.  S.  67  u.  68. 

^)  Zumal  seit  A.  Eiese  in  seinem  „Rheinischen  Germanien  in  (l(>i'  antiken  Litteratur** 
das  Material  zusammengetragen  und  seine   P>enut/ung-  durch  gute  Register  orieiditert  Imt. 

'")  Von  Tacitus'  Ann.  XII,  27  u.  2S  hal.e  icli  dies  in  den  Nass.  Aiinalen  (XXVll,  1S9."., 
S.  öl)  nachgewiesen,  wenn  ich  auch  den  Zug  der  einen  der  beiden  Abteilungen  des  INiniitunius 
im  Jahre  51)  n.  Chr.  ebenso  wie  Herzog  durcli  die  AVetterau  gehen  lasse.  Dass  die  S.  07 
und  Anin.  1  angezogenen  Stellen  dos  Tacitus  und  Seneca  nicht  die  Besetzung  schnmier  Ufer- 
stcllen  nach  dem  Jahre  16  n.  Chr.  ausschliessen,  halie  ich  unter  Verweisung  auf  Mumnison 
(R.  G.  V,  1.81  f.  u.  115J  vorausgesetzt.  Dies  scheint  aucli  II.  Delbrück  in  dem  jüngst  er- 
schienenen 2.  Teil  seiner  Geschichte  der  Kriegskunst,  I.  Hälfte,  Römer  und  Germanen,  S.  151 
anzunehmen,  wenn  er  aucli  in  der  gegen  Herzogs  Meinung,  „dass  die  Wetterau  im  .lahro 
16  n.  Chr.  nicht  aufgegeben  sei",  polemisieroMdon  Annierkung  zwischen  der  Wetterau  und  der 
Gegend  von  Wiesl)aden,  welche  weder  in  geographischer,  noch  in  historiselicr  Hinsieht  zu 
jener  gehört,  nicht  klar  unterscheidet,  rbrigens  würden  die  angeführten  Stellen  iles  Tacitus 
und  Seneca,  wenn  man  sie  mit  Delbrück  buchstäblich  fasst  und  aueii  auf  Obergornianien 
bezieht,  auch  die  Besetzung  jenes  Landstriches  ausschliessen.  Die  Verweisung  auf  Tacitus' 
Agricola  kann  nur  exemiilifikatorische  Bedeutung  haben  uml  ist  von  mir  in  iliesor  Beschränkung 
öfters  für  meine  Ansicht  verwertet  worden. 

")  So  Nass.  Annalen  a.  a.  0.  S.  49  und  VerliniidluiigeM  iler  2:f.  Hau|ttversanindung 
des  Vereins  von  Lehrern  hrduM-er  Unterrichtsanstalten  a.  a.  (>. 

'-)  Vgl.    Wo.'ttd.  Zeitschr.   f.  (icsch.   u.   Kunst,  XVIII,  S.  S.  212. 

1* 


Jaluhundorts  angehören  können.'"'')  Auch  inüsscnV  Ich  habe  vor  kurzem  diese 
Scherben  gemeinsam  mit  ^Ministeriah-at  S  o  hl  a  n  einer  eingehenden  Besichtigung 
unterworfen  und  dabei  unter  llimveisuug  auf  die  früher  ebenfalls  gemeinsam 
untersuchten  Gefässe  und  Scherben  von  lleldenbergon,  Okarben  und  Ileddern- 
heim  konstatiert,  dass  unter  jenen  keine  Typen  vorhanden  sind,  die  nicht  auch 
in  diesen  Kastellen  vertreten  ^Yaren.  die  ja  Herzog  selbst  als  Domitianische 
Anlagen  betrachtet. 

Herzog  fährt  fort:  „Der  Einwurf,  welchen  Wolff  (Westd.  Zeitschr. 
18,  218)  auf  Grund  vereinzelter  Funde  erhoben  hat,  dass  gewisse  Urnen,  die 
man  bisher  für  vordomitianisch  hielt,  in  der  rechtsrheinischen  Keramik  noch 
l)is  in  die  trajanische  Zeit  gefertigt  worden  seien,  trittt  hier  nicht  zu.  AVenn 
nuin  im  Frankfurter  Museum  eine  Urne  dieser  Art  hat,  in  welcher  eine  Münze 
des  Traiau  gefunden  wurde,  so  ist  dies  doch  eine  wesentlich  andere  Sache,  als 
wenn  in  einer  Niederlassung  ein  ganzes  Nest  von  Scherben  als  Niederschlag 
einer  ganzen  Gebrauchsperiode  daliegt."  Nun  habe  ich  aber  in  dem  von  Herzog 
angeführten  Aufsatze^^)  meine  Ansicht  keineswegs  auf  jenes  nur  in  der  Ein- 
leitung mit  Rücksicht  auf  eine  Bemerkung  K  o  e  n  e  n's  beiläufig  erwähnte  Eund- 
stück  gestützt,  sondern  auf  das  massenhafte  Vorkommen  der  Terra  nigra-Ware  in 
mehreren  von  mir  in  Heldenbergen  und  Heddernheim  aufgefundenen  Töpfereien 
zusammen  mit  Gefässtypen,  dic^  allgeniein  ins  zweite  Jahrhundert  n.  Chr.  gesetzt 
werden^""),  sowie  auf  die  Thatsache,  dass  dieselben  Gefässe  und  terranigra- 
artige  Scherben  der  verschiedensten  Art  in  Menge  sich  in  den  durch  die  Stempel 
der  14.,  21.,  1.  und  8.  Legion  charakterisierten  Schuttschichten  der  grossen 
Kastelle,  welche  Herzog  selbst  auf  Domitianische  Gründung  zurückführt,  ganz 
vereinzelt  aber  auch  in  den  jüngeren  Kastellen  der  vorderen  Linie,  bezw.  ihren 
Gräberfeldern,  und  in  denjenigen  Teilen  der  Heddernlieimer  Stadtaulage  finden, 
die  ebenfalls  aus  Hadrianischer  Zeit  stammen.  Bezüglich  der  ältesten  Typen, 
besonders  der  feineren,  der  linksrheinischen  Terra  nigra  verwandten  Scherben, 
ist  das  Gegenteil  von  Herzog's  Angaben  der  Fall:  sie  kommen  in  den  ge- 
nannten Kastellen  ziemlich  häufig,  unter  Soldan's  Funden  aus  den  Limes- 
schanzen nur  vereinzelt  vor,  ohne  dass  ich  daraus  chronologische  Folgerungen 
im  entgegengesetzten  Sinne  ziehen  möchte.  Von  den  für  die  ältesten  Schichten 
der  Domitianischen  Kastelle  der  Wetterau  charakteristischen  gefleckten  sigillata- 


*^)  A.  a.  0.  S.  66.  Es  wäre  -wünschenswert,  dass  diese  Archäologen  namentlich  an- 
geführt und  ilir  Urteil  etwas  hestimniter  formuliert  wäre. 

1^)  llömisclie  Töpfereien  in  der  \Yettcrau.  Westd.  Zeitschr.  XVIII,  3,  1899,  S.  211  bis 
240.  Mit  2  Tafeln.  Inzwischen  ist  derselbe  Gegenstand  im  Limeswerke  behandelt  worden: 
O.  R.  L.  Bd.  II,  15.  2."),  Die  Erdbefestigungen  von  Ileldenbergen.    Mit  3  Tafeln. 

'^)  Es  ist  dalior  ein  Irrtum,  wenn  v.  Sarwey  (Rüniisclie  Strassen  im  Limesgebiet, 
Westd.  Zeitschr.  Will,  1,  1899,  S.  1  ff.)  sagt:  .,Wolff  schreibt  sämtliche  Fundstücke  Ilelden- 
Ijorgcns  der  Domitianischen  Zeit  y.u.^  Der  Zusatz:  „Von  anderer  Seite  werden  zahlreiche 
Scherben  für  älter  gehalten",  sowie  die  Worte  (S.  20):  „Nach  Ministerialrat  Soldan  weisen 
zahlreiche  Scherbenfunde  in  Heldenbergen,  sowie  in  den  Erdkastcllen  an  der  Grenze,  welche 
Wolff  für  Domitianische  Anlagen  erklärt,  auf  eine  frühere  Zeit  hin",  erledigen  sich  durch 
die  vor.steliondon  Ausführungen.  Man  vgl.  besonders  „Kümisclie  Töpfereien  in  der  AVettorau", 
S.  2:}3  und  ().  R.   L    Iloldonl.orgen,  S.  12  u.   13. 


o 


älinlich(!n  Ocfässcüi  konnte  Vdiii  Limes  nur  eine  aus  «1er  älteslen  Sdian/i'  hei 
Butzbach  stcinimondc  Hclierbe  vorgezeigt  werden.  Audi  in  I leidenbergen  waren 
die  ältesten  Typen  weniger  zahlreich  vertreten  als  z.  Ji.  in  ( )Uarben,  was  sich 
beim  Erdkastell  und  seinem  J.agerdorfe  aus  der  gcsringeren  Ausdehnung.  Iieim 
grossen  Erdlager  aus  der  Kürze;  seines  Bestehens  erklärt. 

Wenn  ferner  Heiz  dg  gegenüber  den  chronologischen  An.serzungi-n 
Schumachers  für  das  südiiiainisclie  l)(!kuniat(!nland  bemerkt,  dass  brauch- 
bares Material  für  solche  Untersuchungen,  abgesehen  von  Tö[)f(;rstätten,  in  erster 
Linie  solche  (Iräberfelder  und  Niederlassungen  bieten,  in  wedchen  die  verschiedenen 
Perioden  nacheinander  und  in  ununterbrochener  Aufeinanderfolge  sich  beten 
(8.  GO  u.  Gl),  so  ist  dagegen  nichts  einzuwenden.  Wenn  er  aber  fortfährt: 
„Für  das  Limesgebiet  liegt  ein  ähnlicher  günstiger  Umstand  vor.  an  Orten, 
welche  Zerstörung  erlitten  und  wieder  aufgebaut  wurden,  wie  Wiesbaden,  und 
in  der  schon  besprochenen  zeitlichen  Aufeiuandcu'folge  von  Erd-  und  Steinkastell, 
Erd-  und  Steinturm  an  derselben  Stelle",  so  hätte  mau  aucli  hier  wiederum  eine 
Erwähnung  der  übrigen  Domitianischen  Kastelle  erwarten  dürfen,  insbesondere 
Ileddernheims,  wo  ebenfalls  mehrere  Schuttperioden  nachweisbar  sind,  deren 
zeitliches  Yerhältnis  zu  einander  durch  die  gleichmässig  wiederkehrenden  Eund- 
umstände  sich  bereits  klar'  erkennen  lässt.  •")  Gerade  diese  günstigen  Verhält- 
nisse in  Heddernheim  und  analoge  Erscheiimngen  bei  den  älteren  Kastellen, 
besonders  Hofheim,  Okarben,  J  lochst  und  Eriedberg  haben  die  Grundlage  «Ge- 
boten für  meine  chronologische  Bestimnumg  (Un-  keramisclien  Funde  im  rechts- 
rheinischen Gebiete. 

Aber  w^ie  dem  auch  sei:  Die  Frage  bezüglich  der  llerstellungszeit  der  von 
Soldan  in  den  ältesten  Erdwerken  der  Nordwetterau  gefundenen  Scherben 
lässt  sich  aus  inneren  Gründen  und  wegen  ihrer  Übereinstimmung  mit  den 
gleichartigen  Fundstücken  aus  den  grossen  Kastellen  der  Wetterau  nicht  trennen 
von  der  nach  der  Entstchungszeit  der  letzteren,  Diese  aber  in  vordomitianische 
Zeit  zu  versetzen,  haben  wir  keine  Veranlassung,  solange  die  Fundstatistik  in 
so  erfreulichem  Einklänge  steht  mit  dem,  w'as  eine  vorurteilsfreie  Benutzung 
der  litterarischen  Quellen  uns  anzunelimen  zwingt.  Dabei  kommt  aber  alles 
auf  die  Genauigkeit  und  Zuverlässigkeit  der  Fundstatistik  an.  IJeweisend  für 
die  Zeit  der  Kastelle  können  nur  solche  Gegenstände  sein,  deren  Zusammen- 
gehörigkeit mit  denselben  sicher  beglaubigt  ist.  ^^) 

Bei  allen  von  mir  untersuchten  Lagern  und  Kastellen  dieser  Art:  Kessel- 
stadt, Ileldeubergen  (Erdlager  und  Erdkastell),   Heddernheim  (Kastell),  Hofheim 


'")  Vgl.  u.  Ji.  Westd.  Zeitschr.  XVIII,  3,  S.  227,  Aiini.  ;>!,  u.  'J.i4,  und  .Mittuilun-cii 
über  römische  Funde  in  Heddornheim,  II.  S.  55,  57  fl'.,  besonders  Westd.  Korrespundcnzblntt 
lüül,  1   u.  2,  No.   13,  S.  26. 

^')  Selbst  wenn  unter  diesen  Kastollen  sich  öi)urcii  älterer  lOrdwerke  fänden,  so  wäro 
dadurch  zunächst  nur  die  Ersetzung  einer  provisorischen  Anlage  durch  eine  definitive  bewiesen. 
Einen  grösseren  Abstand  zwischen  den  Erbauungszeiten  beider  anzunelinien,  würden  wir  erst 
dann  genötigt  sein,  wenn  sich  erhebliche  Unterschiede  zwischen  den  in  ihren  Orälien  oder  an 
anderen  zweifellos  zu  den  Kastellen  gehörigen  .Stellen  gefundenen  Uegenständen  ergäben,  wie 
es  bis  jetzt  nur  bei  den  westlich  der  Linie  Ilofheini-IIöchst  gelegenen  .Vulngen  der  Kall  i.st. 


(StoinkastcU)  und  <  )k;irl)('n  ist  dor  Bofiind  ein  vullkonnucn  gkMchcr  und  von 
dem  der  älteren  Ankijuen.  dem  Ilefhtnmer  Erdkiger,  dem  iröehster  Erdkiistell 
und  der  Schunzo  auf  dem   llot'lieimei-  Kapenenlj(!rgc  vcrsehic^dener  gewesen. 

Dieser  Thatsache  gegenüber  beweist  der  Umstand  nichts,  dass  im  Crebiete 
der  ausgedehnten  römisehcm  Xiederlassungeu  von  Friedberg  und  Ileddta-nlieim 
Gegenstände  aus  der  ersten  Hälfte  des  ersten  Jahrhunderts,  so  in  Fi'iedberg 
besonders  eine  Sigillatascherbe  mir  dem  Stempel  des  Ateius^^)  und  die  bekannte 
Verzierung  einer  Sehwertseheide  aus  der  Fabrik  des  Gemellianus^'')  gefunden 
sind.  Es  geht  daraus  nui'  lu'ivdi-.  ilass  diese  Gegenstände  an  der  Stelle  jener 
Kastelle  oder  in  ihrer  Umgebung  einmal  benutzt  worden  sind,  nicht  aber  dass 
dies  zur  Zeit  des  Bestehens  der  Kastelle  der  Fall  gewesen  ist. 

II.    Römische  Niederlassungen  in  vorflavischer  Zeit. 

Dass  in  Jleddernheim,  Friedberg  und  auch  an  anderen  Orten  der  Wetterau 
bereits  in  vorflavischer  Zeit  einmal  römische  Aulagen  militärischen  oder  civilen 
Charakters  vorhanden  gewesen  sein  können,  soll  ja  keineswegs  bestritten  werden. 
Noch  ist  der  Platz  des  von  D  i  o  erwähnten  cp[vO'')f/'.ov  sv  Xättoic  Traf/  aorw  tco  'JV]v(o 
so  wenig  wie  der  des  praesidium  in  monte  Tauno,  über  dessen  Resten  Germanicus 
ein  Kastell  erbaute,  ermittelt  worden.  Mag  man  nun  beide  Lokalitäten  als 
identisch  betrachten,  wie  in  Westfalen  die  Stellen  der  aus  augusteischer  Zeit 
erwähnten  Kastelle,  so  ist  hier  so  w'cnig  wie  dort  das  Vorhandensein  noch 
anderer  militärischer  Anlagen  in  der  langen  Zeit  zwischen  11  v.  Chr.  und 
16  n.  Chr.  ausgeschlossen,  in  welcher  die  Römer  wie  das  Lippegebiet,  so  auch 
die  "Wetterau  als  abhängiges  Land  ansahen  und  mehr  als  einmal  durchzogen. 
Was  in  der  Ergänzung  der  Lücke  bei  D  i  o  56,  22,  2  durch  Z  o  n  a  r  a  s  für 
Westfalen  ausdrücklich  gesagt  wird,  dass  ausser  Aliso  es  noch  zahlreiche  andere 
befestigte  Plätze  gab,  ist  auch  in  der  Wetterau  mit  Sicherheit  anzunehmen. 
Wo  aber  hat  man  diese  Befestigungen  mit  grösserer  Wahrscheinlichkeit  zu 
suchen  als  an  der  uraltem  A'ölkerstrasse  vom  Rhein  zur  Weser,  die,  in  ihrer 
Trace  im  Laufe  der  Zeiten  oft  verlegt  und  vervielfacht,  doch  im  ganzen  stets 
auf  dem  4 — 6  km  breiten  Landstreifen  zwischen  dem  Taunus  und  dem  Main, 
bezw.   der  Nidda    verlaufen  ist.-")     In  dieser  Richtung    würden    die  durch    die 


*®)  Ygl.  Xass.  Aiinalen  XXVIl,  .S.  48  (1895).  Die  Arbeit  erscliieii  gleiclizcitig  mit  dem 
grundlegenden  Aufsätze  Dragendorff  s  über  Terra  sigillata  (Bonner  Jahrb.  XCVI,  18'J5, 
S.  18  ff.),  der  nicht  mehr  benutzt  werden  Iconnte.  Inzwischen  hat  sich  der  damals  verschollene 
Stempel  nach  einer  Mitteilung  von  Anthcs  in  der  Dicftenbach'schon  Sammlung  des  Darni- 
stildter  Museums  wiedergefunden. 

''■'j  Vgl.  Westd.  Kurrespondenzblatt  VIII  (1880),  S.  65  und  XIX  (TJOU),  .S.  5G.  Cl)rigcns 
ist  bei  einem  so  dauerhaften  und  wertvollen  Metaligegonstande  ein  in  die  zweite  Hiilfto  des 
Jahrhunderts  hineinreichender  Gebrauch  nicht  ausgeschlossen.  In  geringcrem  Grade  gilt  dies 
von  der  Thonware,  wenn  auch  ihre  Verwendung  in  einer  der  Periode  des  Chattonkrieges  be- 
reits näher  kommenden  Zeit  durch  die  Auffindung  zahlreicher  Ateiusstempol  in  den  Trümmern 
von  Pompei  und  das  Vorkommen  eines   Kxemplar.s  in   Britannien  wahrsclieinlieh  gemacht  wird. 

^")  Wenn  II.  Delbrück,  Gesch.  der  Kriegskunst  II,  1.  S.  10.5  den  Germanicus  im 
Jahre  15  n.  Chr.  über  den  Saalburgpa.s8  ins  Lahnthal  ziehen  und  eine  Abteilung  des  Heeres 
mit  dem  für  die  ganze  Armee  nötigen  Proviant  unter  Benutzung  der  Wasserstrasse  durch  das 


Niitiir  bo/oicliii(!ton  IMätzc.  wie  das  lldclifcld  lici  I  loflR'iiii.  das  .Maiiikiiic  1)(M 
Jlüclist  und  di(^  lUii'gluJlic  von  FrunllKü-g  in  erster  Jjinic  ins  Auge,  zu  fassen 
sein,  wenn  aiu-ii  keim;  Spuren  dtut  ncfiindon  worden  wären.  Dies  gilf,  wenn 
auch  in  yeringerein  Grade,  von  i\rv  liaclK'ii  l'^rliiiliung  am  rciclitcjn  Niddaufer. 
auf  der  später  das  Kastidl  und  dii^  Stadt  lledderniuMn»  lagen,  während  die 
Erbauung  des  ])üniitianischen  Kastells  <  )karben  mir  durch  ihre  lieziehung  /,u 
dem  gleichzeitig  angelegten  Limes  erklärlich  ist.  Dort  ist  denn  auch  nichts 
gefund(Mi,    was  auf  eine  vortiavische  Aidagc^  hinwiese.-') 

Hier  dürfte  es  an  i\vv  Zeit  sein,  mit  einigem  Worten  auf  die  Frage  fin- 
zugeh(in,  an  welchem  d(!r  genannten  Orte  das  vielbesprochene  Drususpräsidium 
mit  der  grössten  Wahrscheiidichkeit  zu  suchen  sei.  Ich  habe,  so  oft  gerade 
meine  Untersucliungen  mich  auf  diese  Frage  hiiiwiesen,  bish(!r  geflissentlich 
vermieden,  eine  bestimmte  Antwort  daiauf  /,u  geben,  da  ich  es  für  erspriess- 
licher  hielt,  nocli  weiteres  Material  für  ihre  Lösung  zu  beschaffen,  als  den  ver- 
schiedenen Vermutungen,  die  meist  nur  in  der  übertriebenen  Bedeutung,  welche 
die  Forscher  dem  gerade  von  ilmen  bcuirbeiteteu  Gegenstande  beilegten,  ihren 
Grund  hatten,  noch  eine  neue  hinzuzufügen.  Auch  heute  noch,  obgleicli  wir 
ganz  anders  ausgerüstet  au  solche  Fragen  herantreten,  als  es  uocli  xov  10  Jahren 
der  Fall  war,  lässt  uns  der  Stand  der  Fuudstatistik  die  Wahl  zwischen  einer 
ganzen  Reihe  von  Plätzen.  Einer  —  und  zwar  der  früher  am  häutigsten 
genannte  —  ist  vollkommen  ausgescldossen:  Die  Saalburg.  Ich  würde;  es  für 
überflüssig  gehalten  haben,  dies  besonders  zu  bemerken,  wenn  man  nicht  in 
der  Tageslitteratur  immer  wieder  dem  Bestrebeu  begegnete,  dem  vielbesprochenen 
Limeskastell,  welches  ja  freilicli  ebenso  gut  in  monte  Tauno  liegt,  wie  seine 
Schwesterkastelle:  Capersburg,  Zugmautel,  Alteburg-Üeftrich  u.  a.  durch  Ab- 
leitung von  dem  „Drususkastell"  eine  falsche  Ahnenreihe  anzudichten.--) 


untere  Lalinthal  marschieren  lässt,  so  setzt  er  sich  mit  dieser  Ansicht  iu  Widerspruch  zu  den 
sonst  von  ihm  mit  Vorliebe  auch  in  Fragen  der  Lokalforscliun^'  heriingezo?encn  militärischen 
Schriftstellern.  General  v.  Sarwey  erwähnt  in  seinem  Aufsatze  über  die  rüniischon  Strassen 
im  Limesgebiete  (S.  28)  unter  den  alten  Völkerwegen,  auf  welche  die  Römer  am  .Vnfang 
unserer  Zeitrechnung  angewiesen  waren,  den  über  die  Saalburg  so  wenig,  wie  den  die  Lahn 
entlang.  Oberstleutnant  Dahm,  der  das  untere  l.ahnthal  im  Auftrage  der  Reichs-Limcs- 
Kommission  aufs  eingehendste  untersucht  und  das  zur  Sperrung  dieses  scliluchtartigen  und 
viel  gewundenen  Einschnittes  angelegte  LimeskastcU  bei  Ems  aufgedeckt  hat,  erklärt  in  einer 
brieflichen  Zusclirift  die  von   Delbrück   angenommene    Operation    für   militäriscli    undenkbar. 

'")  Das  wird  die  Veröffentlichung  der  Funde  im  Limeswerke,  die  unmittelbar  bevorsieht, 
deutlich  erkennen  lassen. 

22)  Es  müssten  demnach  auf  der  Saalburg  aufeinander  gefolgt  sein:  das  praesidium  des 
Drusus,  das  castellum  des  Germanicus,  das  ErdkastcU  am  Domitianischen  Limes,  das  Stein- 
kastell des  2.  Jahrhunderts,  abgesehen  von  dessen  späteren  baulichen  Veränderungen.  Alle 
seit  der  flavischen  Zeit  vorauszusetzenden  Anlagen  sind  luichgewiesen;  dass  das  Erdkastell  ni 
die  Reihe  der  ältesten  Linieskastelle  gehört,  ergiebt  sich  aus  seiner  völligen  ('bcroinstimmuiig 
mit  den  gleichartigen  Anlagen  an  anderen  Stellen  der  Grenze,  auf  die  ich  später  zurückkonnne. 
Für  das  Vorhandensein  älterer  IJefestigungen  ist,  obgleich  die  Saalburg  so  lange  und  so  eifrig 
durchsucht  ist  wie  kein  anderer  Platz,  nicht  die  geringste  Spur  gefunden.  Hei  dem  ausser- 
ordentlichen Reichtum  an  Funden  fällt  sogar  die  geringe  Zahl  der  Gegenstände  auf,  die  sich 
ins  erste  Jahrhundert  datieren  lassen;  vorflavischc  Gegenstände  —  abgesehen  von  den  wenigen 
nichts  beweisenden  Münzen  —  fehlen  ganz. 


Die  Bezcicliniin,:;  in  immte  Taiino  würde  zweifellos  auf  Wiesbaden  und 
llofiieiui"^)  mir  ilireu  Krdkastellen  und  ihren  zaldreicheu  Fundstüeken  aus 
augusteischer  Zeit  i;ut  passen,  aber  aueli  der  Lai;e  von  Friedbery-')  und 
Ileddernhoiui  nicht  widersprechen,  wenn  man  den  Ausdruck,  wie  bei  Tacitus 
gestattet  ist,  nicht  topographisch  genau  fasst.  Das  letztere  ist  wohl  auch  D  i  o's 
Bezeichnung  ^,oo')f/.ov  iv  Xarto-.;  r7f/  ä')T(;)  tö)  'Prjvo)  gegenüber  erlaubt,  schon 
deswegen,  weil  die  Chatten  wohl  auch  in  Drusus  Zeit  den  Khein  nirgends  un- 
mittelbar berührten.  (Jb  nian  aber  auch  diesen  Ausdruck  auf  Friedberg  untl 
lleddernheim  anwenden  könnte,    ist  mir  zweifelhaft. 

Was  die  Funde  beiritlr.  so  würde  von  allen  erwähnten  Orten  ausser 
Wiesbaden.  Höchst  mit  seinen  frühzeitigen  Münzen,  seinen  Ateiusstempeln"--') 
und  den  im  (fraben  seines  Erdkastells  gefundenen  Gefässscherben  aus  dem 
Anfange  unserer  Zeitrechnung  in  erster  Linie  in  Betracht  kommen,   wenn  man 


-')  Für  llofheiin  hat  sich  neuerdings  Aiitlios  iiut'  der  Generalversammlung  des  Uesanit- 
vercina  der  deutschen  Gcschichts-  und  Altertumsvereine  zu  Dresden,  25.-27.  Sept.  1900  aus- 
gesprochen. Doch  vor/.iclitct  aucii  er  auf  eine  detinitive  Entscheidung  (vgl.  Protokoll  der 
Vers.  S.  65  ft'.).  Bestimmter  vertritt  die  Identitiit  des  Präsidiums  mit  dem  von  mir  aufge- 
fundenen Hofheimer  Erdlager  Dahm  im  Arehäol.  Anzeiger  1900,  2,  S.  103.  Gegen  Dahm's 
Bemerkung,  dass  das  Hofheimer  Erdlager  „den  Fundstücken  luicli  der  frühesten  Kaiserzeit 
angehöre"  (S.  103)  und  mit  der  Kundschauze  auf  dem  Kapellenbcrge  und  de  n  Wiesbadener 
Erdkastell  einen  Bestandteil  des  von  Drusus  für  das  untere  Mainthal  angelegten  .,Bofestigungb- 
systems"  gebildet  habe  (S.  104),  bemerkt  Ritterling  (Mitteil,  des  Vereins  für  Xass.  Alter- 
tumskunde u.  Geschichtsforschung  1901/02,  Xo.  2,  S.  46,  Anm.  2),  dass  die  Bestimmung  der 
Grenze  nicht  für  die  Zeit  des  Drusus,  „sondern  nur  für  die  Zeit  nach  Germanicus'  Abberufung 
bis  auf  Vespasian  zutreffend  sei."  Auch  ich  habe  ein  defensives  Befestigungssystem  in  der 
angegebenen  Itichtung  erst  für  die  Zeit  nach  der  Varusschlacht  angenommen  (Xass.  Annalen 
XXVII,  1895,  S.  51)  und  die  Frage,  ob  das  Hofheimer  Erdkastell  und  die  Rundscbanze  schon 
unter  Augustus  oder  erst  um  die  Mitte  des  ersten  Jahrhunderts  errichtet  wurden,  mit  Rück- 
sicht auf  die  für  eine  so  genaue  Diiferonzierung  nicht  genügenden  Funde  unentschieden  ge- 
lassen (R.  ().  L.  II,  B.  29,  Ilofheim  S.  20  unten  und  S.  32  D.  u.  33  E.).  Übrigens  sei  bei 
dieser  Gelegenheit  bemerkt,  dass  die  Grabungen  am  Erdlagcr,  welches  bei  den  Nacl)- 
forschungen  nach  dem  Domitianischen  Steinkastell  und  seinen  Bildern  entdeckt  wurde,  sich 
mit  Rücksicht  auf  die  Beschränktheit  der  nur  für  diese  Aufgaben  bewilligten  3Iittel  im 
Jahre  1894  auf  das  Notwendigste,  die  Feststellung  der  Form  und  Grösse  der  Gesamtanlage 
bescliränken  mussten.  Eine  eingehendere  Untersuchung  des  Inneren,  der  Thore,  der  Palissa- 
dierung  u.  s.  w.  habe  icii  mit  Ritterling  seit  Jaiiren  verabredet,  aber  bisher  wegen  dringen- 
der Arbeiten  für  die  Reichs-Limes-Kommission  immer  wieder  verschieben  müssen,  Sie  wird 
nach  dem  Ergebnis  der  bisherigen  Grabungen,  für  die  im  ganzen  nur  40  bis  50  M.  veraus- 
gabt wurden,  abgesehen  von  den  zu  erwartenden  Aufklärungen  über  teclinische  Fragen,  zweifel- 
los eine  nicht  unbedeutende  Ausbeute  an  chronologisch  wertvollen   Fuiidstücken  ergeben. 

'^')  Vgl.  H.  Delbrück  a.  a.  O.  S.  105,  112  11".  Oxe  sieht  (IJonner  Jahrb.  101,  S.  4) 
den  Friedberger  Ateiusstempol  und  andere  Fundstücke  als  Beweis  dafür  an,  dass  die  Römer 
„wie  in  Wiesbaden  und  Höchst,  so  auch  in  Friedberg  und  Heddernheim  schon  lange  vor  70 
n.  Chr.  sich  aufgehalten,  um  nicht  zu  sagen  festgesetzt  haben."  Für  Friedberg  dürfte  auch  der 
Umstand  in  IJetracht  kommen,  dass  die  in  oder  l)ei  den  La  Tcne-Gräbern  des  l)ena(!hi)arten  Nau- 
heim gefundenen  Münzen  sich  nicht  über  die  Augusteische  Zeit  herab  erstrecken,  l'brigens 
ist  eine  Veröffentlichung  des  gesamten  in  B'riedberg  gefundenen  Materials  ein  dringendes  Be- 
dürfnis, Sie  dürfte  für  manche  der  von  uns  lierührten  Fragen  Aufklärung  oder  wenigstens 
Anregung  zu  erneuter  Untersuchung  bringen. 

'')  Vgl.   Na.ss.   Annalen   XXVII,   S.    15. 


9 

die  Bezeichnung  in  iikhUc  Tiuiiid  aiK^li  .iiii"  einen  vein  Fusse  des  Gebin'es 
freilich  nur  ö  km  entfernten,  aber  durch  seine  Lage  am  Main,  nahe  desnen 
Mündung,  midir  charakterisierten  PUitz  anwenden  dürfte.  Gerade  dieser  Umstand 
würde  andererseits  aber  die  Nebeneinandersti^lhmg  des  cf)(>o')f/ov  an  der  Mündun" 
des  MO^'latov  in  deu  AöOTufac;  und  des  anderen  im  (Hiattenhinde  erklärlicli  nuiclien. 
wobei  die  Worte  ;rap'  aorö»  zii)  '\\h<)  durcJi  di(!  geringere  Entfernung  (h-s  Tlutzes 
vom  Rhein  gegenüber  Aliso,  W(dclies  wir  nach  (hin  Ergebnissen  der  jüngsten 
Jjippeforscliung  doch  wohl  in  Haltern  suchen  und  als  mit  dem  obengenannten 
Kastell  identisch  ansehen  dürfen,    sicli  erklären  würden.^") 

Es  wird  sich  nach  dem  Gesagten  empfehlen,  bei  Nachforschungen  nach 
dem  Drusus-Germanicus-Kastell  in  erster  Linie  Höchst  und  Friedbers:  ins  Aul'o 
ZU  fassen,  aber  auch  die  andern  erwähnten  Plätze  nicht  aus  den  Augen  zu  ver- 
lieren, vor  allem  aber  bei  gelegentlichen  Funden  und  planmässigen  Ausgrabungen 
an  allen  genannten  Orten  auch  die  unscheinbarsten  Gegenstände  genau  nach 
Fundstelle  und  Fundumständen  zu  notieren. 

Für  unsere  Frage  aber  ist  es  gleichgiltig.  au  welcher  der  bezeichneten 
Stellen,  ja,  ob  überhaupt  an  einer  von  ihnen  wir  das  vielbesprochene  Kastell 
suchen,  wenn  nur  die  oben  ausgesprochene  Ansicht  richtig  ist,  dass  in  den 
o  Jahrzehnten  vor  und  nach  Christi  Geburt  eine  Keihe  von  festen  Plätzen  der 
Kömer  in  der  Wetterau  und  im  !Maingebietc  bestanden  haben,  und  dass  dieselben 
wenigstens  teilweise  an  deu  Punkten  angelegt  waren,  welche  vermöge  ihrer 
Lage  auch  bei  der  späteren  Besetzung  der  Landschaft  in  erster  Linie  für  die 
Erbauung  von  Kastellen  gewählt  wurden.  Ist  dies  richtig,  dann  beweisen 
einzelne  an  diesen  und  anderen  Orten  gefundene  Gegenstände  aus  dem  Anfange 
des  ersten  Jahrhunderts  nicht,  dass  dieselben  nach  dem  Jahre  16  und  vor  dem 
Jahre  83  n.   Chr.   besetzt  waren. 

Aber  auch  die  Auffindung  von  einzelnen  Gegenständen,  die  nachweisbar 
jünger  als  die  Zeit  der  ersten  Okkupation,  aber  erheblich  älter  als  die  der 
zweiten  wären,  wie  das  Herzog  von  manchen  Scherben  der  Wetterau  anzu- 
nehmen scheint,  würde  an  sich  noch  kein  Beweis  für  die  dauernde  Besetzung 
unserer  Gegend  durch  die  Römer  sein.  Denn  wie  die  in  neuester  Zeit  bei 
Giessen  in  Gräbern  und  bei  Fulda  in  Pfahlbauten,  hier  in  denselben  Schichten 
mit  La  Teue-Resten  gefundenen  römischen  Scherben'-')  nicht  beweisen,   dass  im 


'^^)  Vgl.  Ritterling-,  Höclist  a.  M.,  ein  römischer  Hauptwnflenpliitz  zur  Zeit  des 
Augustus.  Mitteil,  des  Vereins  für  Nass.  Altertumskunde  u.  Geschichtsforschung  lltOl/02,  No.  2, 
S.  45  ff.  Bezüglich  Aliso's  hat  gegenüber  der  mehr  oder  weniger  bestimmt  ausgespruchenen 
Überzeugung  aller  an  der  Untersuchung  Halterns  beteiligten  Forscher  neuerdings  Delbrück 
(a.  a.  0.  S.  135)  in  einer  Spezialuntersuchung  über  die  Lage  von  Aliso  nachzuweisen  gesuclit, 
dass  CS,  wie  ja  auch  früher  vielfach  angenommen  wurde,  nahe  der  Lippe(iuolle  gelegen  iiubc. 

")  Man  vgl.  über  die  letzteren  den  vortrefflichon  Bericht  von  Josejih  Vonderuu, 
Pfahlbauten  im  Fuldathale.  Mit  2  Plänen  und  7  Tafeln,  i'ubla  l^Oi».  Die  auf  Taf.  VI,  35 
u.  43  abgebildeten  Scherben  scheinen  von  doppelhenkeligen  Krügen  zu  stammen,  wie  sie  in 
der  Ileldenbergener  Töpferei  aus  Iladrians  Zeit  gebrannt  wurden.  Dasselbe  Ornament  nur  in 
längeren  gezogenen  Formen  (nicht  römische  Zahlen,  wie  Vonderau  vergleiehcml  bemerkti, 
scheint  auf  der  Scherbe  No.  44  vorzuliegen.  Hs  ist  von  mir  beschrieben  :  "Westd.  Zeitschr. 
XVIII,  III,  1899,  S.  239  C.  I,  a  zu  Taf.  III,  G.  Vgl.  über  die  ganze  Gefässgattung  Limes- 
blatt No.  281,   181,  S.  788   und    Xo.  321,    19fi,   S.   864.     Die    bei    Fulda   gefundenen   Sigillnta- 


10 

zweiten  Jahilumdert  n.  Chr.  die  militärische  Grenze  des  römischen  Reiches  über 
jene  Gegendea  hinaus  vurgeschubeu  war,  sundern  mir,  was  an  sich  fast  selbst- 
verständlich ist,  dass  die  überlegene  Technik  der  Kömer.  zumal  auf  keramischem 
Gebiete, sich  besontlers  in  den  benachbarten  Landstrichen  jenseits  der  Grenze  geltend 
machte,  was  wiederum  Verkehr  und  EinHuss  auch  auf  anderen  Gebieten  voraus- 
setzt; so  sind  ähnliche  Verhältnisse,  zumal  zu  beideu  Seiten  der  alten  Verkehrs- 
strassc  vom  Khein  nach  der  Weser,  aucli  in  der  langen,  trotz  mancher  Chatten- 
cinfälle  im  u:anzen  friedlichen  Periode  vor  und  mich  der  Mitte  des  ersten  Jahr- 
hunderts anzunehmen.  Dann  mochten  die  Bewohner  der  fruchtbaren  Ebene 
zu  den  römischen  Nachbarn  einerseits  und  ihren  in  dem  ärmeren  hessischen 
IJerg-  und  Ilügellande  —  mit  Eiuschluss  des  Vogelsberges  und  der  Lahnberge 
—  wohnenden  Stammesgenossen  andererseits  in  ein  ähnliches  Verhältnis  kommen, 
wie  einst  die  samnitischen  Bewohner  Kampaniens  zu  den  Kömeru  und  den  Gebirgs- 
samniten.  Ein  die  spätere  Einverleibung  vorbereitendes  Schutzverhältnis  ist 
ebenso  wahrscheinlich,  wie  die  militärische  Besetzung  und  Abgrenzung  des  Ge- 
bietes ausgeschlossen  ist.^**) 

in.    Der  Feldzug  des  Pomponius  (50  n.   Chr.). 

Betrachten  wir  unter  diesun  Voraussetzungen  die  einzige  grössere  Operation 
feo'en  die  Chatten,  über  die  uns  aus  dieser  Periode  ausführlicher  berichtet  wird, 
die  des  Pomponius  vom  Jahre  50  n.  Chr.,  so  ergiebt  sich  aus  einer  vorurteils- 
losen Erklärung  des  Taciteischen  Berichtes-^)  für  das  von  den  Chatten  geplünderte 
Gebiet  ebenso  ungezwungen  das  untere  Mainlaud,  wohl  einschliesslich  der 
südlichen  Wetterau,  wie  für  die  ilauptoperationslinie  der  Römer  die  oft  erwähnte 
Verkehrsstrasse  vom  Rhein  nach  der  Weser,  bezw.  ins  llerz  des  Chatteulaudes. 
Eben  dahin  konnte  man  auf  einem  längeren  bei  llofheim  abzweigenden  Wege 
durch  die  Xiedernhauser  Senke  und  das  obere  Lahntlial  gelangen.  Ich  liabe  an 
anderer  Stelle"'^)  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass  Pomponius,  während  er 
die  beiden  Abteilungen  der  llülfstruppen  auf  diesen  beiden  Wegen  gegen  die 
Feinde  vorschickte,  bei  liofhoim  mit  seiner  aus  den  Legionen  bestehenden 
Reservearmee  Aufstellung  nahm.  Denn  es  scheint  dem  Wortlaute  der  Stelle  am 
meisten  zu  entsprechen,   wenn  man  annimmt,   dass  der  Oberbefehlsliaber  an  der 

sclierbcn  Taf.  VI,  4.j  u.  46  würden,   soweit  sie  die   Form   der  Uefiisse  erkennen  lassen,   dieser 
zeitlichen  Uestimmung  nicht  widersprechen. 

^'*)  Für  die  Art,  wie  unter  den  Flaviern  eine  zielbewusste  Sicherung  und  Vorschiebung 
der  Grenzen  im  Frieden  vorbereitet  und  dann  durch  militärischo  üporatioiicn  und  an  diesolbon 
sich  anschliessende  fortitikatorischc  Anlagen  verwirklicht  wurde,  bietet  uns  die  Darstellung 
der  Eroberung  der  westlichen  Gebirgslandschaften  Britanniens  in  Tacitus'  Agricola  c.  2U  ein 
lehrreiches  Beispiel.  Besonders  charakteristisch  sind  die  "Worte:  „(juibus  rebus  (durch  den 
Wechsel  kriegerischer  und  friedlicher  Massregi-ln  i  multae  civitates  quao  in  i  1 1  ii  m  d  i  o  iii  ex 
aequo  cgerant,  datis  obsidibus  iram  pusuerunt  et  pracsidiis  castellisciue  circunulatac  taiita 
ratione  curaquo,  ut  nulla  ante  Britanniao  pars  Ipariterj  illacessita  transierit."  Hiuen 
Unterschied  zwischen  der  Krstrockung  des  politischen  Einflusses  und  der  militärischen  Grenze 
nimmt  Momrasen  R.  G.  V.  137  u.  138  auch  für  die  spätere  Zeit  an. 

2'-')  Annal.  XII,  27. 

^0)  Nass.  Annalen  XXVII,  51. 


11 

(liimali^cn  (rrciizc  uiifcr  dein  Sclmtzc  der  (rninzljorcsHgmij^cn  stellen  blieli.  ;in 
einer  .Stelle,  wo  er  beide  Abtinlungen  am  leichtesten  aiifnelniien  und  je  Hiidi 
liedürf'nis  unterstützen   kennte.")      iJeides  triff't  liei    lluf'heini  zw. 

Nun  hat  in  (h'ii  IJenner  .lahrliiicheiir'-)  <  )l)ersileutnant  Dahin  eine  ainh-re 
])arstelhm,i;-  den-  Ojxu-ationen  «gegeben,  welche  bei  dem  «hippejim  Charakter  des 
Autors  als  .Militär  und  verdi(!nst\(iller  Jjokalt'orsidier  zweileljes  eine  eino-ehende 
Würdig'unjj  verdient.  Va-  lässt  den  Angriff  der  (JJiatten  auf  (Uis  (rebicjt  zwischen 
der  unti'ren  jNFesel  und  dem  Vinxtbachc;  ^i^-erichtet  sein  und  das  Gros  derselben 
den  Strom  überschreiten.  Von  den  beiden  Dcitaclnunents  des  Poniponius  lässt 
er  das  eine  (von  Mainz)  auf  dem  linken  Jiheinufer  g'egen  die  l'lünderer  ziehen, 
das  anthu'e  bei  Mainz  den  Strom  überschreiten  und  über  Wiesbaden  auf  dem 
kürzesten  Wege  zur  Lahn  nuirschieren,  während  die  beiden  Legionen  „am  JJcsrge 
Taunus  als  Jieserve  aufgestellt  wurden,  selbstverständlich  in  der  zwischen  Taunus 
und  Main  gelegenen  Ebene"  (S.  loo),  also  etwa  da,  wo  aucli  ich  ilie  Aul- 
stellung des  Pomponius  angenommen  hatte. 

D  ah  m's  Ansicht  stützt  sich  auf  zwei  durch  die  allein  massgebende  Dar- 
stellung des  Tacitus  keineswegs  gebotene  Voraussetzungen,  nämlich:  1.  (hiss  die 
Chatten  den  Rhein  überschritten  hätten  und  2.  dass  es  sicli  nicht  um  einen  der 
üblichen  Jiaubzügc,  sondern  um  einen  grossen  Krieg  mit  dejii  gesamten  Chatten- 
volke  handelte.  Das  letztere  kann  man  zugeben,  ohne  dass  dadurch  dem  Ein- 
falle der  Chatten  der  durch  den  Ausdruck  latrocinia  agitantium  gekennzeichnete 
Charakter  eines  Raubzuges  und  dem  Vorgehen  des  Pomponius  der  einer  Züchtigung 
ohne  weitergehende  Konsequenzen  genommen  wird.  An  einen  Rheinübergang 
der  Chatten  aber  ist  gegenüber  dem  Schweigen  der  hier  immerhin  sogar  auf  das 
Technische  der  Operationen  eingehenden  Darstellung  des  Tacitus  über  ein  in  der 
damaligen  Zeit,  als  die  Rheingronze  bereits  von  Kastellen  dicht  besetzt  war, 
unerhörtes  Ereignis  nicht  zu  denken.  Was  Dahm  selbst  gegen  die  ^Riglich- 
keit  eines  Überganges  in  der  Nähe  von  Mainz  sagt,  lässt  sich  mit  fast  gleichem 
Rechte  auch  für  die  von  ihm  für  dieses  Ereignis  ins  Auge  gefasste  Gegend 
bemerken.  Eine  solche  Annahme  würde  auch  der  Angabe,  dass  durch  den 
Raubzug  der  Chatten  Obergermanien  beunruhigt  wurde  und  der  Thatsache.  dass 
der  Statthalter  von  Obergermanien  allein  gegen  die  Friedensverletzung  einschritt, 
widersprechen.  Hätten  die  Chatten  zwischen  Mosel  und  Viiixtbach  (S.  li>l) 
den  Rhein  überschritten,  so  hätte  Untergermanien  mindestens  ebenso  grosse 
Veranlassung  zur  Beunruhigung  gehabt  als  die  Germania  sup(;rior.  Endlich 
würde  die  Verwendung  der  auxiliares  Vangiones  et  Nemetes  neben  den  equites 
alarii,  auch  wenn  man  den  Ausdruck  durch  „die  in  dem  benachbarten  (V) 
Gebiete  der  Nemeter  und  Vangionen  garnisonierenden  IIülfstrui)pen'''  übersetzen 
wollte,  für  unsere  Annahme  sprechen,  dass  das  heimgesuchte  Gebiet  am  unteren 
Main  lag  und  der  Zug  des  Pomponius,  abgesehen  von  der  zur  rmgeluing  ver- 
wendeten Abteilung  sich  in  derselben  Richtung  bewegte,  wie  ein  Menschenalter 
später  der  Domitians. 


^')  A.  a.  0.  c.  28:    „ad    monteiu     riiunum    rovertuntur,    ubi    l'omponius   cum   legionibus 
opperiebatur,  si  Chatti  cupidine  ulcisceiuli  casum  pugnac  praeberent.** 
^')  Bd.  CI,  1897,  S.  128  ff. 


12 


IV.    Domitians   Chattenkrieg. 


Auch  der  Chatronkrieg  der  Jahre  83/84  war  ja  nach  F  r  o  n  t  i  n  durch  Plünde- 
rungen   des    kriegshistigen  Volkes    veranlasst-'''),    wenn  er    auch    dadurch    zum 
\.n<n'iffskrieffe    seitens    der    Römer    wurde'"),    dass    der  Kaiser   beschloss,    den 
lästigen  Räubereien    ein-   für  allemal  (>in  Ende  zu  machen.     Das  Ergebnis  des 
Krieges  war  die  Anlegung  des  ältesten  Limes  im  Nerdtaunus.   der  Nordwetterau 
und  am  Fasse  des  Vogelsberges  bis    zum  Main   und  die  Erbauung  der  grossen 
Kastelle  in    der  wetterauischen  Ebene.      F  r  o  n  t  i  u  lässt  den  Kaiser    in  diesem 
Kriege  im  Gebiete  der  C'ubier  Kastelle  baueu  und  für  den  Ertrag  des  Bodens, 
den  er  dafür  in  Anspruch  nahm,   eine  Entschädigung  zahlen.  =^^)     Durch  diesen 
Reweis  von  Gcreclitigkeit    habe  er  die  Treue  aller    in  wunderbarer  Weise  ver- 
mehrt.   Man  hat  mit  dieser  Stelle  wenig  anzufangen  gewusst  und  zunächst  den 
Xamen  der  Völkerschaft  verändert."*')    Am  wenigsten  wird  gewonnen  durch  die 
Konjektur  cattorum."^)     Denn  fasst  man  die  Worte  so,  dass  die  Rauten  in  dem 
den  Chatten    soeben    im    Kriege    entrissenen  Gebiete  —  die  Deutung  „an  den 
Grenzen    des    römischen  Gebietes  gegen  die  Chatten"    ist  aus  sprachlichen    und 
sachlichen  Gründen    zu  verwerfen  —  vorgenommen  wurden,    so  wäre    es    doch 
eine  fast  sentimentale  Gerechtigkeit  gewesen,   das  nötige  Areal  auf  dem  Wege 
der  Expropriation   zu  erwerben.     Dagegen  verliert  die  Sache  alles  Auffallende, 
wenn  es  sich  um  ein  Gebiet  handelte,   dessen  Rewohner  bereits  vor  dem  Kriege 
mit    den  Römern  meist    in    freundschaftlichem  Verkehr  standen    und  jetzt  hall) 
«rezwungen.    halb  freiwilli"'  in  das  Reich   einverleibt  wurden.     Für  eine  solche 
A^ölkerschaft  würde  der  Ausdruck  dubii.   der  für  sämtliche  in  dem  Kapitel  an- 
geführten Beispiele  gebraucht  ist,   ebenso  gut  passen,   wie  z.  R.  für  die  Thraker 
in  ihrem  Verhältnis  zu  Alexander  dem  Grossen,    als  derselbe  im  Regriffe  war. 
nach    Asien    zu    ziehen.      Die  Änderung  dubiorum    im  Texte  wäre    dabei  nicht 
nötig,   da  die  Rezichung  auf  den  Chattenkrieg  und  das  in  ihm  gewonnene  Gebiet 
ohnehin  durch  den  Wortlaut^**)  der  Stelle  und  ihre  Vergleichung  mit  den  übrigen 
Erwähnungen  dieses  Krieges  unzweifelhaft  ist.     Dass  sich  aber  die  Anordnung 
nicht  auf  die  zunächst  wenig  umfangreichen  Greuzkastelle  bezog'^^),   sondern  auf 
die  in  den  fruchtbarsten  Teilen    des  Landes,    an  den  Ufern    seiner  Hauptflüsse 
gelegenen  grossen  Lager    und  Kastelle,    macht  die  Schonung    der  Einverleibten 
umso  erklärlicher:  Hier  konnte  man  von  einem  fructus  locorum  sprechen,   mochte 
derselbe  nun  in  dem  Erlös  bebauten  Landes  oder  in  dem  Werte  der  Heimstätten 


")  Das  geht  aus  der  Vergleichung  von  «trat.  I.   1,8,    I.  3,  10  und  11.  3,  23  horvor. 

■'*)  Mommseii,  R.  G.  V,  136,  No.  1. 

^*)  Strat.  II,  11,  7:  pro  fructibus  locuruni,  (luue  vallo  conipreliundcbat,  pretiuni  solvi  iussit. 

^*)  Neuerdings  hat  Koepi).  Boiintr  Jalirlj.  CVI  über  die  iStelle  gehandelt  und  die  Vor- 
besserungsvcrsuche  zusamniengcstoUt.  Kr  Hclilägt  mit  Kücl^siclit  auf  die  Überschrift  des 
Kaiiitels:  „de  dubiorum  aiiiriiis  in   tide  continendis"   vor,  „dubiorum"  zu  schreiben. 

^')  So  schreibt  iJederich   in  seiner  Ausgabe  des   Krontin. 

'*)  p]o  hello  quo  victis  liostiitus  oognomen  Üermanici  meruit. 

'")  Dann  hätte  man  erwarten  sollen,  dass  statt  des  Areals  der  Kastelle  oder  wenigstens 
neben  ihm  der  doch  auch  dem  Privatbesitz  entzogene  breite  Grenzstreifen,  der  Limes,  er- 
wähnt worden  wäre. 


bestellen,  die  von  ihren  Bewohnern  geräumt  werden  niussten.  Denn  dass  die 
Stellen  der  Kastelle  von  Okiirben,  Kesselstadt,  Friedijer{;  u.  a.  vor  der  Besitz- 
ergreifung durch  die  Könier  nicht  nui-  bcibaut,  sondern  auch  bewohnt  waren, 
ist  an  sich  nut  Rücksicht  auf"  die  Lage  kaum  /u  bezweifeln,  bei  den  meisten 
aber  au(^h  durch  l'iinde  zu  l»eweiseii.  In  viel  gcM-ingereni  (Jrade  war  dies  der 
Fall  bei  dem  Kamm  des  Taunus  und  deu  -  wohl  auch  damals  meist  von 
Wäldern  bedeckten  —  Strichen  der  Nordwc^tterau.  in  welchen  der  liimes  mit  seinen 
Erdschanzen  angelegt  wurde. 

Im  Zusammenhang  mit  diesem  Gegensätze  der  fruchtbaren  und  daher  von 
einer  wohlhabenden  Bev()lk(!rung  bewohnten  Ebene  zu  den  ärmerc^n  (Jebirgs- 
gegenden,  die  sie  umgaben,  dürfte  auch  die  eigentündich(>  Gestalt  des  wetterauischen 
Limes  stehen,  w^dche  man  vergeblich  durch  militärische  Uücksicht(m  zu  erklären 
versucht  hat.  Viel  einleuchtender  ist  es,  dass  die  fruchtbare  und  zur  Besiedelung 
einladende  Ebene  mit  ihren  von  den  Römern  nachweislich  benutzton  warm<'n 
Quellen  und  Mincralbrunnen  besetzt,  die  weniger  lockenden  Gebirgslandschaften 
des  Taunus  und  Vogelsberg  ausserhalb  der  Grenze  gelassen  wurden.  Noch  weit 
erklärlicher  würde  dieses  Verfahren  s(Mn,  wenn  wir  annehmen  dürften,  dass  bei 
der  Absteckung  der  Grenzlinien  man  im  wesentlichen  alten  Völkerschaftsgrenzen 
folgte;  dies  dürfte  besonders  im  Nordosten  der  Eall  gewesen  sein,  wo  man  am 
wenigsten  in  der  Lage  ist,  die  Lage  der  Grenze  durch  natürliche  Verhältnisse 
oder  militärische  Rücksichten  zu  erklären,  während  im  Taunus  wohl  behufs  Ge- 
winnung einer  besseren  Verteidigungslinie  über  die  ursprünglichen  Grenzen 
hinausgegangen  wurde.  Darauf  dürfte  die  Frontinusstelle  hinweisen'"),  wo  es 
heisst,  dass  Domitian,  da  die  Germanen  immer  aufs  neue  aus  \Valdg(diirgen 
und  dunklen  Verstecken  angriffen  und  dann  sicheren  Rückzug  in  die  Tiefen 
ihrer  Wälder  hatten,  durch  Anlegung  des  120  Million  langen  Limes  nicht  allein 
die  Kriegslage  veränderte,  sondern  auch  die  Feinde,  deren  Zufluchtsorte  er  frei- 
gelegt hatte,  seiner  Herrschaft  unterwarf.  Der  Ausdruck  refugia  nudaverat 
passt  vorzüglich  zu  der  von  mir  an  anderer  Stelle  betonten  Thatsaidie.  dass  der 
damals  angelegte  Limes  die  zusammenhängende  Kette  von  llingwällen.  die  den 
Ilauptkamm  des  Taunus  begleitet  und  deren  Benutzung  in  jener  Zeit  die  neuesten 
Funde  von  Gefässresten  aus  der  späten  La  Tene-Zeit  und  der  rönnschen  Periode 
in  den  Wohn-  und  Unterkunftsräumen  derselben  beweist'*),  gerade  noch  in  den 
Bereich  des  römischen  Gebietes  einbezieht. '2)    Hier  griff  die  Grenze  zweifellos 


"")  Strat.I,  3,  10.  Wenn  es  gestattet  ist,  statt  der  unhaltbaren  Lesart  der  Handschriften  „niili- 
tibus"  mit  den  meisten  neueren  Erklärern  der  Stelle  „limitibus"  zu  lesen  Y,i,'l.  auch  Strat.  II, :{,  2:<. 

")  Vgl.  den  vorläufigen  Bericht  von  Thoraas,  Mitteilunsjen  dos  Vereins  f.  Nassauisohc 
Altertumskunde  u.  Geschichtsforschung  1901/2,  No.l,  S.  16  ff.  und  den  ileriehf  über  den  orstoii 
Verbandstag  der  west-  und  süddeutschen  Vereine  für  römisch-gernianische  Altertumsforschung 
zu  Trier.     Westd.  Zeitschr ,  Ergänzungsheft  X,  1901,  S.  15  ff. 

"J  Delbrück  schlägt  a.  a.O.  S.  159  vor,  die  limites  —  so  liest  auch  er  —  hier  nicht  als  Gren- 
zen, sondern  als  Wege  aufzufassen,  da  bei  der  ersteren  Auffassung  das  vestigia  nudaverat  schwer 
zu  erklären  sei.  Er  übersetzt  die  Stelle  so:  .,Die  Chatten  waren  in  den  Schlupfwinkeln  ihrer 
Wälder  schwer  zu  fassen;  da  legte  Domitian  durch  ihr  Gebiet  120  (180  km)  Strassen  an  und 
veränderte  dadurch  nicht  nur  den  status  belli,  sondern  unterwarf  auch  die  Feinde,  deren 
Schlupfwinkel  er  zugänglich  gemacht  hatte,  seiner  Herrschaft."      Nun    hoisst  nu.larp  nicht  zu- 


14 

über  das  Gebiet  der  seither  zu  den  Römern  in  einem  unsicheren  Freundse-hafts- 
verhälrnis  stehendcu  Yölkerschafteu  hinaus.  Dass  das  den  Chatten  im  Kriege 
entrissene  Land  von  geringer  Ausdeliuung  war.  (hif'iir  s})riclit  der  Umstand,  dass 
ausser  Front  in  fast  alle  Schriftsteller,  darunter  diejenigen,  welche,  -wie  Statins 
und  Martial  höhe  Wdirc  für  den  Sieg  des  Kaisers  linden,  von  Eroberungen 
schweigen.  ^lir  rincr  blossen  (rrenzregulierung  dagegen  wüi'de  sich  die  Stelle 
bei  Statins  withl  vcreinigim.  an  der  er  von  „victis  parcentia  foedera  (^hattis" 
spricht.''')  Auch  würden  die  offenbar  absichtlich  verkleinernden  Bemerkungen 
anderer  Schriftsteller  nicht  in  so  schroffem  Gegensatze  zur  Wahrlieit  stehen,  wie 
es  der  Fall  wäre,  wenn  ein  so  wertvolles  Gebiet  wie  die  ganze  Wc^ttcrau  untl 
das  untere  Mainland  den  Feinden  mit  Gewalt  entrissen  wäre. 

In  welchem  Verhältnis  die  germanischen  Jiowoliner  der  Wetterau  zu  den 
Chatten  standen,  ob  sie.  wie  die  Mattiaker,  ein  dem  Hauptvolke  durch  Anlehnung 
an  die  Römer  und  veränderte  Lebensverhältnisse  entfrem(b'ter  Zweig  derselben^^) 
oder  eine  bosondere  Völkerschaft'")  waren,  mag  dahingestellt  bleiben.  Im 
2.  und  3.  Jahrhundert  u.  Chr.  umfasst  der  südliche  Teil  des  Gebietes  die 
civitas  Taunensium  mit  dem  Vororte  Ileddernheim ;  dass  in  demselben  Verhältnis 
Friedberg  zu  einer  der  nördlichen  Hälfte  der  römischen  Wetterau  entsprechenden 
Civität  stand,  ist  durch  die  Auffindung  eines  Inschriftfragments  an  dem  ge- 
nannten Orte  im  Jahre  1899'*^)  noch  wahrscheinlicher  geworden,   als  es  bereits 


gänglich  iiiaclien  und  der  angehängte  Relativsatz  ^quorum  refugia  nudaverat"  kann,  aber  brauf^lit 
nicht  in  so  naliem  Kausalzusammenhange  mit  subiecit  ditioni  suae  hostes  (als  blosse  erkb'irende 
Umschreibung  zu  limitibus  actis)  zu  stellen,  wie  wenn  etwa  dastände  „cum  refugia  imdasset." 
A'^ielmehr  enthält  derselbe,  seinem  Tempus  und  Modus  entsprechend,  wohl  eine  nachträgliche 
Bemerkung  über  das  Ergebnis  des  Krieges  selbst,  in  dem  die  Refugien  der  Feinde,  besonders 
die  Ringwälle,  aufgedeckt  und  besetzt  worden  waren,  während  die  vorhergehenden  Worte 
sich  auf  die  nach  dem  Kampfe  getroffeneu  Massregeln  beziehen,  die  Anlegung  (Miier  liinter 
jenen  Refugien  —  so  dass  diese  ins  Reich  einbezogen  wurden  —  mit  Kastellen  und  Sclianzon 
zur  Unterbringung  von  Truppen  ausgestatteten  Grenzlinie,  wodurch  für  alle  weiteren  Kriege 
der  Status  belli  zu  Gunsten  der  Römer  verändert  wurde.  Dass  dies,  wie  der  Zweck,  so  für 
lange  Zeit  auch  der  Erfolg  jener  Einriclitungen  gewesen  ist,  das  zeigt  die  Entwickolung  der 
Verhältnisse,  wie  sie  uns  die  Litteratur  und  die  bei  den  Arbeiten  am  Limes  gemachten  IJo- 
obachtungcn  erkennen  lassen.  Wie  sich  Delbrück  seine  120  „Millien  Strassen"  denkt,  ist 
nicht  recht  klar.  Ist  es  eine  über  die  Grenze  hinaus  ins  Herz  des  Feindeslandes  gezogene, 
sind  es  mehrere  die  Grenze  kreuzende  Strassen?  Dann  würde  die  genaue  Massantjalie  auf- 
fallen.  Eine  in  der  Richtung  der  Grenze  vorlaufende  —  dann  doch  wohl  mit  Militürstatiunon, 
ohne  die  das  nudaro  rofugia  sehr  zweifelhaft  wäre,  ausgestattete  —  Strasse  würde  auf  oinnii 
Grenzweg  in  unserem  Sinne  hinauskommen. 

")  Silvae  III,  3,  168. 

■**)  Vgl.  Mommsen  R.  G.  V,  135.  Die  Identität  der  civitas  Mattiacorum  und  der 
civitas  Taunensium  ist  gegenüber  der  durch  neue  epigra|)hische  Funde  in  und  bei  Mainz  fest- 
gestellten Existenz  zweier  vcrachiedcner  Civitaten  iiiit  den  Vororten  Wiesltaden  und  Ileddern- 
heim Jiicht  aufrecht  zu  erhalten.  Dagegen  wäre  es  deiikliur,  dass  der  .Name  Mattiakor  nchen 
der  engeren  administrativen  Redeutung,  wie  sie  im  zweiten  und  <lrittoii  Jahrhundert  vorkommt, 
auch  eine  weitere  ethnographische  gehabt  habe  und  in  diesom  Sinne  z.  R.  bei  Tacitus  in 
der  Germania  cap.  80  gebraucht  wäre. 

*'")  Mommsen  R.  G.  V.,  13G,  lässt  um  die  Zeit  Vespasians  die  Usiper  östlich  von  den 
Mattiakeni  an  der  Einzig  oder  im  Fuldischen  wohnen. 

*'"')  Helmkc,   WcHtd.  Korrospondenzbl.   1899,  No.  66. 


In 

vorher  mit  Rücksicht  auf  die  Bedeutung  der  Friedherger  Ansiedelung  war. 
Hätte  nicht  ein  neckiscilier  Zufall,  wie  so  oft  in-i  .solchen  Funden,  uns  gerade 
den  wichtigsten  Teil  des  Textes  mit  dem  Namen  der  Civität  vorenthalten,  so 
hätten  wir  vielleiclif  (hircli  sie  die  Jjösung  der  Frag<!  ühcr  den  Namen  liei 
F  r  o  n  t  i  n  ei  halten. 

Durch  die  vorstehendifii  Ausführungen  glauhe  ich  oinc  gewisse,  mehr 
wirtschaftliche  als  politische  Abhängigkeit  der  Bewohner  der  Wetterau  von  dm 
Jiöm(u-n  im  1.  Jahrhundert  n.  Chr.  wenigstens  wahrscheinlich  und  dadurch  da» 
vereinzelte  Vorkonnnen  frühzeitiger  Sclierben  in  diesem  Ge1)iete  —  auch  ali- 
geselien  von  den  noch  nicht  sicher  ermittelten,  aber  zwcäfellos  vorhandenen 
Militärstationeu  aus  den  beeiden  ersten  Jahrzehnten  unserer  Zeitrechnuntr  — 
erklärlich  gemacht  zu  haben.  Auf  eine  militärische  Besetzung  der  Landschaft 
vor  dem  (Miattenkriego  gestatten,  wie  bereits  hervorgehoben  wurde,  solche  Funde 
nicht  zu  schliessen,  so  lange  die  Zusammengehörigkeit  dersell)en  mit  den  etwa 
an  oder  in  der  Nähe  der  Fundorte  vorhandenen  Befestigungen  ni('lit  nach- 
gewiesen   ist. 

V.    Chronologie  der  Grenzanlagen. 

Dass  die  Funde  aus  den  Grenzanlagen  ebenso  wenig  auf  eine  vorflavische 
Entstelumg  der  letzteren  hinweisen,  als  die  aus  den  grossen,  allgemein  auf 
Domitian  zurückgeführten  Kastelleu   der  Ebene,    ist  ol)en  dargethan  worden. '*) 


*')  Im  letzten  Sommer  hat  Sold  an  bei  der  abschliessenden  Untersuchung  des  Kastell- 
bades  neben  der  Capcrsburg  unter  zahlreichen  gestempelten  Deck-  und  Pfeilerplatten  der  22. 
Logion  aus  den  Nieder  Ziegeleien  auch  eine  gefunden,  deren  Stempel  in  Form  einer  Fusssohlo 
nur  die  Nummer  der  Legion  ohne  Beinamen  enthält.  Es  wäre  verkehrt,  daraus  schliessen  zu 
wollen,  dass  auf  der  Capersburg  bereits  während  des  ersten  Aufenthalts  der  Legion  in  Obei-- 
germanien,  vor  dem  Jahre  70  n.  Chr.,  Heizanlagen  angelegt  worden  seien.  Wenn  auch  liio 
meisten  Stempel  der  Legion  aus  Nied  alle  Beiimmen,  meist  in  der  Form  PRPF  zeigen,  so 
fehlen  doch  auch  oft  einzelne  Bestandteile,  sodass  die  Stempel  nach  der  Zahl  nur  die  Zeichen 
PRP  oder  PP  oder  PF  oder  gar  nur  ein  p  enthalten,  welches  zweifelhaft  lässt,  ob  es  primi- 
genia  oder  pia  bedeutet.  Man  erkennt  oft  deutlich,  dass  die  grössere  oder  geringere  Bo- 
schi'änkung  in  dieser  Hinsicht  nur  durch  die  Rücksicht  auf  den  für  das  Einsclineiden  der 
Zeichen  auf  dem  bereits  fertigen  Holzstempel  verfügbaren  Raum  bedingt  ist.  Da  konnte  denn 
leicht  auch  einmal  der  letzte  Rest  der  Beinamen  wegbleiben,  wie  ja  bekanntlich  bei  den 
Stempeln  der  14.  Legion  aus  Nied  die  Zahl  sehr  oft  ohne  den  Beinamen  vorkommt,  ol)gloich 
hier  jeder  Gedanke  an  eine  Herstellung  der  Ziegel  vor  der  Zeit  des  britannischen  Aufenthaltes 
ausgeschlossen  ist.  (Vgl.  u.  a.  Wolff,  Nied,  S.  267.)  In  unserem  Falle  wird  die  chrono- 
logische Zugehörigkeit  des  Stempels  zu  den  übrigen  mit  ihm  zusammen  gefundenen  Exemplaren, 
welche  nach  ihren  Formen  der  Periode  lebhafter  Bauthätigkeit  unter  Hadrian  oder  Pins  an- 
gehören (vgl.  Mitteilungen  über  Heddernheim  II,  1898,  S.  64),  zunächst  durch  Farbe  und  Be- 
schaffenheit des  Thons  bewiesen,  der  ebenso  völlig  mit  den  Produkten  der  Nieder  Ziegeloien 
übereinstimmt,  wie  er  charakteristische  Verschiedenheit  zeigt  von  den  westlich  von  Hi.nieim 
und  in  Wiesbaden  gefundenen  Ziegeln  aus  früherer  Zeit.  Zu  demselben  Schlüsse  nötigt  der 
Umstand,  dass  die  fast  vollständig  erhaltene  Platte,  wie  ihre  .Mnasse  und  der  an  ihr  noch  haf- 
tende Mörtel  zeigen,  zu  den  Sockelplatten  eines  der  Hypokausten  des  Hadrianischen  Hades 
gehörte,  nicht  aber  ein  verlorener  Rest  aus  einem  älteren  Bade  war,  wie  dies  möglicherweise 
bei  den  beiden  im  Bade  gefundenen  Brocken  mit  Stempeln  der  Legio  VIH  Augusta  der  Fall 
ist,   welche  in  Farbe    und  Material  von    den    übrigen   Platten    clinrakteristisch  abweichen.     Sie 


16 

Was  nun  das  zeitliche  Verhältnis  der  vcrschiodenon  Erdwerko  und  Gvenz- 
grübchen  zu  einander  hcrrift't.  so  hat  es  etwas  Bestechendes,  das  Zaungräbchen 
(vineae)  auf  den  Doniitianischen  Limes,  das  Palissadengräbchen  auf  die  von 
Spartiau  erwähnte  Palissadengrenze  Hadrians  zu  bezieheu  und  jenes  zu  den 
ältesten  Erdsehanzcn  und  Ilolztürnien.  dieses  zu  den  jüngeren  Holztürnieu  und 
den  später  an  ihre  Stelle  tretenden  Steintüriuen  in   IJeziehung  zu  bringen. 

Xaeh  der  oft  zitierten  Stelle  der  iiiograjdiie  Hess  Iladrian  an  vielen  Stelleu. 
wo  die  Barbaren  nieht  durch  Flüsse,  sondern  durch  Limites  vom  römisci)en 
Reiche  getrennt  waren,  eine  künstliche  Al)sj)errung  durch  mauerartig  unter- 
einander verbundene,  in  den  Boden  eingelassene  Pfähle  herstellen.  Man  wii-d 
die  Anorilnung.  auch  wenn  sie  nicht  eine  allgemein  gehaltene  Konstitution  w;ü', 
unbedenklich  auch  auf  die  germanische  Grenze  beziehen  dürfen,  ja  nach  dem 
Zusammenhang  auf  diese  in  erster  Linie  beziehen  müssen.  ^^)  Nach  ihren) 
Wortlaute  könnte  sie  in  vorhadrianischer  Zeit  das  Vorhandensein  irgend  welcher 
,,mauerartiger''"  Absperrungsanlagen  auszuschliessen  scheinen.  Doch  wenn  wir 
derselben  auch  keine  Beweiskraft  in  negativer  Richtung  beilegen  wollen,  spricht 
nichts,  am  wenigsten  die  Bedeutung  des  Wortes  limes.  dafür,  dass  bereits  die 
nach  Frontin  nach  dem  Chattenkriege  angelegten  limites,  bezw.  der  nach 
Tacitus  am  Ende  des  L  Jahrhunderts  vorhandene  Limes  irgend  welche  derartige 
Anlagen  gehabt  haben. 

Wenn  Delbrück^^)  sagt:  „Dieser  erste  Limes  (der  Domitianische)  war 
ein  Flechtwerk  (vineae)",  so  ist  dieser  Satz  um  so  auffallender,  da  dieser 
Forscher  vorher  (S.  133)  eine  im  wesentlichen  jnit  der  durch  ^lommsen's 
o-rundlegende  Ausführungen '''j  herrschend  gewordene  Ansicht  übereinstimmende 
Erklärung  des  Wortes  giebt  und  u.  a.  sagt:  „Die  Vorstellung,  dass  der  Limes 
mit  einer  Befestigung  verbunden  oder  überhaupt  Grenzbefestigung  sei,  ist  erst 
viel  jünger,  wohl  gar  erst  modernen  Ursprungs  und  nunmehr  durch  die  Limes- 
forschung selbst  allmählich  wieder  aufgelöst".  So  ist  es:  Weder  dei-  erste. 
noch  überhaupt  irgend  ein  Limes  ist  „ein  Plechtwerk  gewesen",  vielmehr  sind 
die  Vineae  ebenso  wie  die  jüngeren  Palissaden  und  der  noch  jüngere  Grenzwall, 
bezw.  die  Grenzmauer  überall  nur  Befestigungs-  oder  Absperrungsanlageu  am 
Limes  gewesen,  deren  Herstellung  mit  der  Anlegung  des  letzteren  nicht  gleich- 
zeitig gewesen  zu  sein  braucht,  teilweise  nicht  gleichzeitig  gewesen  sein  kann. 
Was  nun  speziell  das  von  S  o  1  d  a  n  in  der  Vorderwetterau  gefundene  älteste 
Gräbchen  betrifft,  so  nötigen  die  wenigen  in  ihm  gefundenen  Scherben  nicht 
dazu,    seine  Anlegung    als  gleichzeitig  mit  den  ältesten  Erdschanzen  anzusehen 


dürften  von    dem    nn   derselben  Stelle    von  Soldan    vermuteten    älteren  Bnde   des  Erdknstells 
lierrüliren.     Krwilhnt    darf   juich    werden,    dass    der    Stempel    der   22.    Loffion    die    volle    Torrn 
LEG    zeigt,    während    auf  den    voriier    erwähnten   älteren    Stempeln    L  oder  LG    '"   1  ''froin- 
stimmuiig  mit  derselben  Erscheinung  auf  den  ältesten  Stempeln  anderer  Legionen  gelesen  wird 
Vgl.  Nied,  S.  340  und   Nass.  Annaion   XXYII,  1895,  S,  49  ff. 

■*')  Vgl.  Herzog  a.  !i.  O.    S    '>i\,    wo    der  Zusammenhang    der  Worte    mit  dorn  Vorher- 
gehenden erörtert  wird. 

*")  A.  a.  O.  S.   l.-)3. 

'>")  Th.  Mommson,  Der  Hogrilf  dos  Limes.     Westd.  Zeitschr.  XIII,  2,  S.   134  tV.    nml 
H.   (J.   V,  S.    111,  Nr.   1. 


f  17 

oder  gar  es  in  vordomitianischc  Zeit  zu  vorlc<,M>n.  JS'acli  den  Funden  ist  es  solu' 
Avohl  möglich,  dass  der  Grenzzaun  (vincacO  Jonen  .Schanzon,  naclideni  sie  längere 
oder  kürzere  Zeit  bestanden  luitten,  vorgelegt  Avurde.  Ehe  das  Zaunf,'räi)chen 
gefunden  wurde,  iiaben  \\\v  uns  ^Xvn  Doinitianisclien  Ijinies  als  einen  verschrifts- 
nuissig  abgesteckten  (rrenziain  ' j  mit  Strasse;  und  Wachtstatiojien  ^^-ediicht.  und 
nach  seiner  Auftiudung  luiben  wir  keine  Veranlassung  zu  einer  Änderung  dieser 
Ansicht.  Alles,  was  über  die  Fundumstände  l)isher  ver«"»ffentHcht  worden  ist.  lässt 
in  ihm  eine  provisorische  Anlage  —  vielleicht  nur  lokalen  Charakters  —  erkennen, 
die  möglicherweise  sehr  bald  durc^h  den  s(ilidei'(;n  Palissadenzaun  ersc^tzt  wurde. 
I)ali(!r  darl'  ilas  Fehleu  des  Zaungrälx-lieiis  l)ei  solchen  Anhiiroii.  die  nach 
ilu'or  Lage  und  B(>schaff'enheit  als  Grenzwehren  angesehen  und  naeli  den  in 
ihnen  gefundenen  Gegenständen  dem  ersten  Jahrluindert  n.  ('In-,  zugeschrieben 
werden  müssen,  nicht  als  Beweis  gegen  ihre  Zugehörigkeit  zum  Domitianischen 
Limes  betrachtet  werden,  wenn  andere  Umstände  für  diese  Annahme  sprechen. 
Solche  Anlagern  aber  glaube  ich  in  der  vom  ostwetterauischen  Limes  durch- 
schnittlich 6^ — ^7  km  (entferntem  Linie  Kesselstadt-(ITanau-)lIeldenbergen-01)er- 
florstadt  gefunden  zu  haben.  Da  meine  Hypothese  in  jüngster  Zeit  mehrfach 
—  freilich  ohne  Eingehen  auf  die  von  mii-  vorgebrachten  Gründe  —  bestritten 
worden  ist,  halte  ich  es  für  angebracht,  die  letzteren  hier  zum  Schlüsse  noch 
einmal  zusammenzustellen,  um  so  den  Mitforschern  das  Urteil  über  ihre  Stich- 
haltiffkeit  zu  erleichtern. 


'tn' 


VL    Die  ältere  Grenzlinie  Kesselstadt-Oberflorstadt. 

Die  Gründe,  welche  mich  bereits  vor  18  Jahren  veranlasst  haben,  die 
Vermutung  auszusprechen '-),  dass  der  Main  in  der  ersten  Zeit  nach  der  dauernden 
Besetzung  der  Wetterau  bis  zu  der  fast  rechtwinkeligen  Biegung  bei  Hanau 
die  Grenze  gebildet  habe,  waren  zunächst  fast  ausschliesslich  innere.  Abgesehen 
von  der  ins  Auge  fallenden  ('bereinstimmung  der  von  Miltenberg  aus  nach 
Süden,  von  Grosskrotzenburg  aus  nach  Norden  an  die  nasse  Grenze  sich  aji- 
schliessenden  Limesabscdmitte  in  technischer  Hinsicht,  fiel  mir  der  Umstand  auf, 
dass,  wie  bei  Wörth,  wo  bereits  damals  der  Anschluss  der  Odenwaldlinie  an  den 
Main  angenommen  wurde''"),  so  auch  bei  Grosskrotzenburg,  wo  der  wetterauisehe 
Limes  den  Strom  verlicss,  die  sonst  auf  diesem  Grenzabschnitte  hei'vortretende 
Begelmässigkeit  der  Intervalle  (8  km)  zwischen  je  zwei  llauptkastellen  in 
auffallenden-  Weise  unterbrochen  ist,  sodass  Wörth  vom  nächstem  Kast(;ll 
Trennfurt  nur  2\/i'  km  entfernt  ist""),    während  der  Abstand  Grosskrotzenburgs 


^')  Vgl.  Mommsen  a.  a.  ().,  /u  den  folgenden  Bemerkungen  aucli  Fnli  ric  i  ii  s.  Jftlirlili. 
des  archäol.  Instituts  1901,  2,  S.  81   ff.,  besonders  S.  85. 

*^  Zuerst  in  einem  im  Hanauer  Geschichtsverein  gehaltenen  Vortrag.  Bericht  in  der 
Didaskalia  von  1884,  ]S"o.  171,  S.  682  ff. 

•''■'•)  JJie  liichtigkcit  dieser  Annahme  ist  in  den  letzten  AVochen  durch  die  Grabungen 
der  Keichs-Limes-Kommission  unter  Leitung  von  Prof.  Anthes  erwiesen  worden. 

")  Dieser  Umstand  dürfte  auch  i-ine  vfillig  ausreichende  Erklärung  für  die  geringen 
Maasse  des  Trenufurtor  Kastells  bieten,  welches  nach  Lage,  Form  und  Fuudstüi'kcn  zweifellos  der 
jüngeren  Limesanlage  Miltenberg-Wörth-Obernburg   angehört    (vgl.  D.  K.  L.  III,    U.  MT,  S.  7i 


18 

von  Seligonstadt,  wo  ein  llauptkastell  zwar  uoch  nicht  nachgewiesen  ist,  aber 
wegen  des  dort  aufgefundenen  ^[iiitärbades  allgemein  angenommen  wird,  kaum 
4  km  beträgt.  Wie  nun  die  Anomalie  bei  AV()rth  sieh  am  leichtesten  dadurch 
erklärte,  dass  hier  das  Anschlusskastell  der  Odenwaldlinie  nach  der  >'euo:estaltuns: 
der  Grenzanlagen  in  der  ersten  Hälfte  des  '2.  Jahrhunderts  beibehalten  wurde, 
so  bei  Grosskrotzenburg  dadurch,  dass  der  nach  dem  Prinzip  der  Geradlinigkeit 
angelegte  neue  Limesabschnitt,  durch  den  inan  die  untere  Einzig  ins  Reich 
einbezog:,  hier  auf  den  Strom  und  die  ältere  Flusso^r(>nze  W(irrh-]Iaiiau.  die 
Fortsetzung  der  Neckar-Odenwaldlinie,   traf. 

In  dieser  Annahme  konnte  es  mich  nur  bestärken,  wenn  Conrady  bei 
Obernburü;.  also  auf  der  Strecke,  die  nach  meiner  Ansicht  dem  älteren  und 
jüngeren  Mainlimes  gemeinsam  war,  ein  Wachthaus  fand,  welches  in  seiner 
Konstrukticm  mit  den  Anlagen  des  Odenwaldes  übereinstimmte,  von  denen  der 
jüngeren  Strecke;  Miltenberg-^V()rth  dagegen  abwich,'"'')  In  höherem  Grade  aber 
Avar  dies  der  Fall  bezüglich  der  Beobachtungen,  welche  schon  vorher  Kofier 
am  uordwetterauischen  Limes  gemacht  hatte.  Die  von  ihm  festgestellte  Linie 
des  Pfahles  divergierte  von  Rungen  aus  nach  Süden  von  der  Reihe  der  llaupt- 
kastelle  Inheiden-Echzell-Oberflorstadt  allmählich  so,  dass  beim  letzteren  Orte 
die  Entfernung  des  Kastells  vom  Limes  2500  m  betrug.'*')  Dazu  kommt,  dass 
zwischen  den  Kastellen  und  dem  Limes  der  genaue  südnördlich  gerichtete  Ab- 
schnitt der  Horloff  liegt,  die  hier,  meist  in  mehrere  Arme  geteilt,  ein  bruchiges 
Wiesenthal  durchfliesst,  über  welches  der  Yerkehr  zwischen  den  Kastellen  und 
dem  Pfahl  in  der  feuchten  Jahreszeit  oft  unterbrochen  sein  musste.  Dieser 
Umstand  hatte  dazu  genötigt,  dicht  am  Linies  in  kürzeren  Zwischenräumen  eine 
Reihe  kleinerer  Kasteile  anzulegen'^),  eine  Thatsache,  die  sich  wiederum  am 
einfachsten  daraus  erklärte,  dass  von  Oberflorstadt  aus  die  bereits  vor  der  Grenz- 
regulierung Hadrians  bestehenden  Kastelle  mit  ihren  Lagerdörfern  der  neuen 
Linie  so  nahe  lagen,   dass  man  sie  nach  zeitgemässen  baulichen  Yeränderungen'**) 


Denn  dass  "Würth  in  diese  Anlage  einliezogen  und  nicht  bei  ihrer  Anlage  aufgegeben  wurde, 
ist  ebenso  unzweifelhaft,  als  dass  es  bereits  vorher  als  Anschlusskastell  der  Odenwaldlinie 
bestand.  Vgl.  U.R.  L.  III,  B.  36,  bes.  S.  20.  So  sind  wohl  Conrady 's  Worte  zu  verstehen. 
Denn  das  Fortbestehen  des  Kastells,  bezw.  sein  Umbau  zum  Steinkastell  in  der  Periode  der 
jüngeren  Limesanlagen  wird  —  ganz  abgesehen  von  den  Funden  —  schon  durch  die  Be- 
schaffenheit seines  Prätoriums  bewiesen.  Wenn  wirklich  das  Trennfurter  Kastell  kein  Prätorium 
gehabt  haben  sollte,  so  würde  auch  dieser  Umstand  für  die  Zusammengehiirigkeit  beider  An- 
lagen in  der  späteren  Periode  sprechen. 

^•')  Vgl.  Beilage  zur  Allgemeinen  Zeitung  1890,  No.  252. 

'^)  Die  genannten  drei  Kastelle  sind  durch  eine  fast  genau  südöstlich  verlaufende  Strasse 
verbunden,  deren  Verlän<,'erung,  wie  der  des  Horloffabsohnittes  selbst,  auf  Kesselstadt  und  jen- 
seits desselben  auf  die  das  linke  Mainufer  begleitende  Strasse  führt.  Es  liegt  nahe,  hier  wie 
dort  in  dieser  Strasse  den  alten  durch  den  Fluss,  bezw.  den  Strom,  gedeckten  Grenzweg  zu  sehen. 

^')  Vgl.  F.  Kofi  er  in  den  Quartalblättern  des  Historischen  Vereins  für  das  Gross- 
herzogtum Hessen.  1884,  Xo.  1—4,  S.  44  ff..  1886,  No.  1,  S.  9  ff.,  1887,  'So.  2,  S.  63  ü., 
No.  3,  S.  121  ff, 

^'')  In  Echzell  wurden  zwei  Steinkastelle  von  verschiedener  Grösse  festgestellt.  Welches 
das  ältere  war,  konnte  bisher  nicht  bestimmt  werden.  Vgl.  Archäol.  Anzeiger  vom  Jahre  1898. 
Bericht  über  die  Thiitigkeit  der  Reichs-Limes-Kommission  von  Kiide  November  1896  bis  Ende 


U) 

boibchiolt,  wälivond  niun  docli  mit  Iviicksicht  auf  die  dbcii  ^'('schilderten  \cv- 
liältnisso  kknnero  Abtoilungon  di'i-  Besatzung-  in  besonderen  Kastelieiien  un- 
mittelbar am  Limes  selbst  unterbriiclite.  Eine  l'rebe  auf  die  liielititrkeit  dieser 
Vermutung  kimnte  dadurch  gemaclit  werden,  dass  durcli  eingehench-re  l'nter- 
suchungen  festgest(dlt  wünh',  eh  die  Domitianisclien  Erdkastcdlc.  dir.  ^\•i(•  im 
Taunus,  so  sicheriiiOi  auch  hier  vorhanden  gewesen  siu(k  iiinter  uder  vor  der 
ilorloff  —  im  erstereu  FaUe  woJd,  wi(^  auf  der  Saalburg,  der  CJapcn-sburg  um! 
am  Zugmantel,  untei-  den  grossen  Steinkastcllen  —  liegen.  Bis  jetzt  sind  weder 
hier  noch  dort  Spuren  von  ihnen  naclig(!wieseu  worden;  alles  aber,  was  über 
Funde  von  den  vordcu'cn  Kastellen  b(d<annt  geworden  ist,  spricht  so  wenig  wie 
bei  dem  Abschnitte  Altenstadt-Grosskrotzimburg  für  eine  vt)rhadrianische  Ent- 
stehungszeit. Freilicli  fehlt  es  bis  jetzt  noch  an  eingehenderen  Berichten  iiiier 
die  Ergebnisse  der  vor  und  nach  dem  B(^ginne  der  Reichsarheiten  hier  unter- 
nommenen Ausgrabungen.  An  sich  aber  würde  man  eine  uiircr  militärischen 
Gesichtspunkten  angelegte  Urenzlinii^    eher  hinter    als  v<ir  (Ur   llorloffniederung 

—  diese  im  Rücken  ■ —  sucluni.  Die  Berücksichtigung  dei-  natura  loci  ist  aber 
für  die  Domitianischen  Anlagen  —  z.  B.  dic^  Neckar-  und  Odenwaldlinie  — 
ebenso  charakteristisch,  wie  die  scheinban»  Vernachlässigung  militärischer  Rück- 
sichten für  die  jüngeren  Limesabschnitte.  Dort  überall  Benutzung  gegebener 
Linien,    der  Gebirgszüge  und   Flüsse,    hier  —   z.   B.   beijn  schwäbischen  Limes 

—  lange  gerade  Linien.  Nun  führt  die  Verlängerung  des  Horlott'abschnittes 
genau  auf  das  Mainkuie  bei  Hanau-Kesselstadt.  In  diescM-  Richtung  wäre  also 
a  prit)ri  die  Fortsetzung  jener  Grenzlinie  zu  suchen,  und  zwai'  um  so  mehr,  da 
hier  die  oflfene  Grenze  noch  zweimal  — •  durch  einen  Abschnitt  der  Nidder 
zwischen  Eichen  und  Heldenborgen  und  durch  die  bruchige  Niederung  des 
Krebsbachs  zwischen  Bruchköbel  und  Hanau  —  verkürzt  wurde. 

Dies  waren  die  allgemeinen  Gründe,  welche  mich  teils  Ixm  der  Aufstellung  der 
Hypothese  leiteten,  teils  später  bestimmten,  daran  fest  zu  halten. ''•')  Was  die  Be- 
schaffenheit des  ältesten  Limes  betrifft,- so  dachte  ich  mir  denselben  von  Anfang  an 
als  „eine  aus  einer  Strasse  mit  Kastellen  und  Türmen  bestehende  Grenzlinie" 
olme  Wall  und  Graben. ''")  War  diese  Annahme  richtig,  so  musste  der  Grenz- 
wog an  der  Kinzigmündung  den  Main  verlassen  und  dort,  10  km  nördlich  von 
Seligenstadt,  das  Erdkastell  des  älteren  nordjuainischen  Limes  gesucht  werden. 
Es  ist  an    anderer  Stelle  berichtet  worden,   wie    ich    iu    und  neben  dem  Dorfe 


Dezember  1897,  S.  23.  üb  ein  15,50  cm  vor  der  Aussenkante  der  Kastellmauer  (des  grösseren 
Kastells)  verlaufendes,  2  m  breites,  45  cm  tiefes  Grübchen  der  erhaltene  unterste  Teil  des 
Wallü-rabens  eines  Erdkastells  ist,  welches  auch  liier  wolil  zweifellos  als  älteste  Anlage  ange- 
nommen  werden  muss,  ist  nach  den  bisiierigcn  Berichten  nicht  zu  entscheiden. 

ä»)  Bei  ihrer  ersten  Aufstellung  dachte  ich  mir  die  Verbindung  zwischen  den  natürlichen 
Grenzen,  Taunus  und  Main,  noch  kürzer,  in  der  Richtung  Kesselstadt-Friedberg,  doch 
führten  mich  die  oben  dargelegten  Beobachtungen  sehr  bald  zur  Annahme  der  Linie  Kessel- 
stadt-Oberflorstadt als  erster  abgesteckter  Grenzlinie.    Vgl.  Das  römische  Lager  zu  Kesselstadt, 

S.  90  u.  91. 

8")  Vgl.  Römisches  Lager  zu  Kesselstadt,  S.  3,  Anni.  1.  Das  Palissadengräbchen  war 
damals  bereits  von  uns  in  der  lluhm  entdeckt,  aber  als  ein  mit  dem  Grenzwall  gleichzeitig 
entstandenes   Annäherungshindernis  erklärt  worden, 

2* 


20 

Kosselstadr  im  Jahre  18S6  die  Reste  eines  aussorgewöhnlicli  grossen  Steinkastells 
und  eine  vom  Maiuknie  nacli  Friedberg  führende  Strasse,  sowie  die  zu  ihr 
srehüriore  römische  Brücke  gefunden  habe.'"')  Es  ist  erkhirlich,  dass  ich  in  der 
ersten  Freude  der  Entdeckung  iui  Kastcdl  die  Grenzbefestigung,  in  «Un-  Strasse 
den  gesuchten  Grenzweg  entdeckt  zu  haben  ghiubre.  Ich  sehe  jetzt  im  erstoren 
in  rbereinstimmuns:  mit  General  v.  Sarwey"-)  ein  unmittelbar  nach  dem 
Chattenkriege  an  einem  der  wichtigsten  Punkte  des  germanischeu  Kriegstheaters 
erbautes  ständiges  Lager,  welches  die  Möglichkeit  bot,  hier  am  Ausgangspunkte 
„der  wichtigen  Operationslinie  durch  das  Kinzigthal"  bei  drohender  Kriegsgefahr 
vorübersehend  einen  sehr  starken  Heeresteil  bereit  zu  halten.*'')  Die  Grenz- 
befestigung  dürfte  300  m  vor  der  Front  dieses  Lagers  dicht  oberhalb  der  Kinzig- 
mündung.  auf  ..dem  Salisberge"  gelegen  haben,  wo  Scherben  aus  flavischer 
Zeit  frülie  Bebauung  und  die  zerstreut  gefundenen  Ziegel  der  Coh.  L  Civ.  Rom., 
und  der  Leg.  XXII  pr.  pf.  militärische  Aulagen  vermuten  lassen."*)  Sie  wird 
aus  einem  Erdkastell,  vielleicht  mit  Militärbad  bestanden  haben.  Die  Hoffnung, 
sie  noch  nachzuweisen,  ist  gering,  da  der  beherrschende  Punkt  dieser  flachen 
Bodenerhebung  durch  die  ausgedehnten  Baulichkeiten  eines  Felsenkellers  mit 
Biergarten  seit  langer  Zeit  unzugänglich,  das  Terrain  zwischen  diesen  und  der 
Kinzigmündung  bereits  in  römischer  Zeit  durch  eine  bürgerliche  Ansiedelung- 
bedeckt  wurde,  die  ihre  Entstehung  der  günstigen  Lage  an  der  Strasse,  nahe 
der  Mainl)rücke,  verdankte.  Für  unsere  Frage  ist  aber  das  Vorhandensein  aus- 
gedehnter militärischer  Anlagen  aus  der  ersten  Zeit  der  Okkupation  an  der 
Kinzigmündung  gegenüber  dem  Fehlen  von  Resten  aus  dieser  Periode  zwischen 
Kesselstadt  und  dem  Limes  bei  Rückingeu  von  Bedeutung. 

Weit  wichtiger  aber  ist  es,  dass  sich  fast  genau  in  der  Mitte  zwischen 
Kesselstadt  und  Oberflorstadt,  da  wo.  11  km  von  ersterem,  10  km  von  letzterem, 
die  Verbindungslinie  zwischen  beiden  von  der  Xidder  durchkreuzt  wird,  in 
1  leidenbergen  ein  rechteckiges  Erdkastell  von  den  Dimensionen  der  Domitianischen 
Grenzkastelle  gefunden  hat''''),    die  im  Taunus  seit  einigen  Jahren    und  in  den 


"')  A.  a.  u.  S.  4. 

**)  Vgl.  V.  Sarwey,  Römische  Strassen  im  Maingebiet.    Westd,  Zeitsclir.  XVIII,  1,  S.  24. 

•*')  Dass  die  Strasse  Kesselstadt-Friedberg  nicht  die  älteste  vom  ersterenOrte  nach  Friedberg 
führende  Grenzstrasse,  sondern  eine  wohl  in  der  ersten  Hälfte  des  zweiten  Jahrhunderts  an- 
gelegte Heerstrasse  sei,  habe  ich  bereits  vor  6  Jahren  bei  der  Untersuchung  ihres  Körpers 
und  der  an  ihr  liegenden  Hauwerke  geschlossen.  Vgl.  Limesblatt  No.  18,  12S,  S.  49M.  Dazu 
stimmen  die  Folgerungen,  welche  sich  aus  der  Bcschatfenheit  der  bei  der  Hanauer  iMainbrückc 
gefundenen  Gegenstände  ergeben.  Vgl.  den  vorläufigen  Bericht  in  der  Zeitschrift  Hessenland, 
Cassel  1894,  ^'o.  16,  S.  206  ff. 

^')  Dass  die  auf  dem  Salisberge  gefundenen  gestempelten  Ziegel  auf  eine  vor  der 
bürgerlichen  Ansiedelung  hier  bestandene  Militärstation  hinweisen,  habe  ich  in  Übereinstimmung 
mit  Suchier  (Festschrift  zur  XXI.  (Jeneralversammlung  des  Gesamtvereins  der  Deutschen 
Geschichts-  und  Altertumsvereine,  S.  26  ff.)  schon  in  der  Arbeit  über  Kesselstadt  (1890)  S.  70 
hervorgehoben.  Bezüglich  der  ältesten  Anlage  dieser  Art  lasson  die  erst  später  gefundenen 
Scherben  jetzt  eine  frühere  Fntstehungszeit  als  die  der  Brücke  und  der  Strasse  vermuten. 

**)  Das  dem  Kesselstadter  Kastell  an  P'lächeninhalt  etwa  gleichkommende  grosse  Erd- 
lager, welches  ausserdem  gefunden  wurde,  kommt  für  die  Grenzfrage  nur  insofern  in  Betracht, 
tiis  es    wie  jenes  dafür  spricht,    dass  der  Platz  im  Chattenkriege  —   vielleiclit   um    dem  gegen 


21 

letzten  Wochen  aiicli  im  Odenwalds  nacligowieson  worden  sind.  Hier  lint  Prcjf. 
Anthes  bei  Seckniauern,  '2^2  km  voi»  Kastell  Wörrli.  da.  wo  der  l'alis.sadi'ii- 
o-raben  eine  (Mitschiedene  Wendunp;  hinab  zum  l'Uissc  macht,  ein  l'rdkahfcll 
•»•efunden,  welclies  in  seinen  Maassen  in  auffallender  Weise  mit  unserem  il('i(h'n- 
bergener  Erdkastell  einerseits  und  den  ältesten  Taunuskastellen  andercn-seits 
übereinstimmt.*"')  Da  nun  dassellx'  bezii,<;li<li  der  Dimcmsionen  auch  bei  den 
Steinkastellen  des  Odenwaldes  der  Fall  ist'''),  so  dürfte  Kof  ler's  auf  bestimmte 
Funde  gestützte  Vermutung,  dass  die  letzteren  an  Stelle  älterer  Erdkast(dle  vell- 
kommen  gleicher  Grösse  und  Form  getreten  seien^^),  nunmehr  über  jeden  Zweifel 
erhab(m  sein.  AVir  hatten  demnach  im  Odcnwalde  genau  wie  im  Taunus  und 
sicherlicii  auch  in  der  Nord-  und  Ostwctterau  eine  geschlossene  Reihe  von 
Domitianischeu  Erdkastellen,  welche  sich  hier  wie  dort  zu  den  grossen  Stein- 
kastellen der  Ebene  als  ständige  Vorpostenstellungen  verhielten.''^)  Dass  das 
Seckmauerer  Kastell  nicht  wie  die  übrigen  später  in  Stein  umgebaut  worden 
ist,  erklärt  sich  aus  der  Nähe  des  Erdkastells  Wörth.  Die  völlige  Räumung 
dieser  Station,  während  die  übrigen  eine  geringe  Besatzung  auch  in  nacli- 
hadrianischer  Zeit  behalten  haben,  ergiebt  sich  aus  der  Thatsache,  dass  das 
Palissad(;ngräbchen  —  ein  Zaungräbchen  ist  im  Odenwald  nicht  gefunden  word(;n 
—  das  Erdkastell  durchschneidet;  es  ist  also  jünger  als  jenes.'"')  Auch  hier 
ergiebt  sich  als  ältester  Zustand  eine  Strassengrenze  mit  Erdkastellen  ohne 
irgend  welche  Absperrung.  Dass  auch  das  Heklenbergener  Erdkastell  ein  dauernd 
besetztes  Grenzkastell  war,  dafür  spricht,  abgesehen  von  der  fast  völligen  C'ber- 
einstimmung  des  Flächeninhalts  mit  den  genannten  Anlagen,  der  Umstand,  dass 
sich  an  das  Kastell  ein  an  den  zu  ihm  führenden  Strassen  regelrecht  erbautes 
Lagerdorf  und,    wie  es  scheint,    auch  ein  Bad  angeschlossen  hat''),    vor  allem 


die  Xordwetterau  vorgehenden  Hauptheere  Seitendeckung  gegen  Angriffe  vom  Vogelsberge  her 
zu  gewähren  —  von  einer  grösseren  Abteilung  besetzt  war. 

««)  Es  misst  nach  Mitteilung  des  Entdeckers  90 :  80  m  (von  den  Aussenrändern  des 
Grabens  gemessen)  bei  2,5  m  Grabentiefe.  Das  Heklenbergener  Kastell  hat  bei  gleich  tiefem, 
aber  weniger  breitem  Graben  94  :  75  m  Seitenlange,  das  auf  dem  Zugmaiitel  96  :  82  m,  das 
der  Saalburg  86  :  84,70  m,  die  3  letzteren  auf  der  grossen  Grabensohle  gemessen.  Auch  das 
Erdkastell  der  Capersburg  misst  nach  einer  Mitteilung  Soldan's  etwa  90:80  m. 

'^')  Dieselben  haben  von  Grabensohle  zu  Grabensohle:  Eulbach  87:80  m,  Würzbc^rg 
89:82  m,  Hesselbach  89:81  m,  Schloasau  87:79  m  S'gl.  0.  K.  L.  V,  IJ.  48,  49,  50  u  51. 
—  Das  Steinkastell  Wörth  ist  etwas  grösser  (96  :  85  m  von  den  Aussenkanten  der  Mauern, 
ca.  100  :  90  m  der  Grabensohle  gemessen).  Dies  kann  mit  Rücksicht  auf  die  Wichtigkeit  der 
Lage  auch  bereits  beim  Erdkastell  der  Fall  gewesen  sein. 

ß»)  Vgl.  Limesblatt  No.  19,  138,  S.  527  ff. 

63)  Tgl.  Berliner  pliilol.  Wochonsclirift,  17.  Jahrg.  1897,  Xo.  30,  S.  950. 

'")  Dagegen  ist  es  vor  den  in  Stein  umgebauton  Kastellen  Wiebelsbacli,  Eull»ach  et«-, 
entlang  gezogen,  was  dafür  spricht,  dass  es  gleichzeitig  mit  der  Umwandlung  oder  später  an- 
gelegt ist. 

^')  Vgl.  O.  R.  L.  II,  B.  25  (Heldenbergen)  S.  2  u.  9.  Dass  die  Doniitianischen  Erd- 
kastclle  bereits  mit  Bädern  versehen  waren,  wofür  die  Orientierung  des  innerhalb  des  Stein- 
kastells  auf  der  Saalburg  gelegenen  kleinen  Steingebäudes  sprach  (vgl.  Jacob  i,  Saalburg, 
Taf.  IV,  Fig.  7  und  Text  S.  66  u.  90),  gebt  auch  aus  dem  Vorhandensein  eines  kleinen  Ge- 
bäudes neben  dem  Kastell  Seckniauern  hervor,  von  dessen  vier  Räumen  drei  mit  Hypokausten 
versehen  waren.  Auch  das  Erdkastell  Heidekringen  hatte  sein  primitives  Badegebäude.  (Vgl. 
Limesblatt  No.  30,  184,  S.  812.) 


22 

aV)er  dio  Thatsaelie.  dass  Kastoll  und  Lagerdorf'  in  der  ersten  Hälfte  des  zAvciten 
Jahrhunderts,  in  der  Zeit,  in  welche  man  jetzt  allgemein  die  Erbauung  der 
steinernen  Limeskastelle  und  die  Räunuing  der  grossen  Steinkastelle  der 
wotterauisehen  Ebene  verlegt,  verlassen  worden  sind,  ohne  dass  irgend  welche 
Spuren  einer  gewaltsamen  Zerstörung  vorhanden  wären.  ^-)  Die  Abstände  Helden- 
bero-ens  von  Oberflorstadt  einerseits,  Kesselstadt  andererseits,  sind  so  bedeutend, 
dass  eine  nochmalige  Teilung  durch  weitere  Erdkastelle  zwar  nicht  unbedingt 
notwendig,  aber  doch  denkbar  ist.  Xun  sind  genau  in  der  Mitte  zwischen 
Oberflorstadt  und  Heldenbergen  auf  der  das  Vorland  beherrschenden  Hrdie,  auf 
der  bis  vor  20  Jahren  die  ..Erbstadter  Warte"  stand.  Sparen  einer  römischen 
Niederlassung  gefunden,  deren  Charakter  bis  jetzt  nicht  bestimmt  werden  konnte ; 
in  der  Mitte  zwischen  Heldenbergen  und  Kesselstadt  aber  liegt  das  Dorf  Büttel- 
buchen,  in  dessen  unmittelbarer  Umgebung  bis  an  die  äussersten  Häuser  heran 
in  jüngster  Zeit  so  viele  römische  Gebäudereste  und  Wasserleitungen  gefunden 
worden  sind,  wie  es  sonst  in  der  Wetterau  bisher  nur  an  solchen  Stellen  be- 
obachtet worden  ist.  an  welchen  eine  Befestigung  den  Kern  der  Anlage  gebildet 
hat.  Eine  solche  würde  an  der  Stelle  der  hochgelegenen  Kirche  zu  suchen 
sein,  in  deren  Nähe  sich,  wie  an  der  Erbstadter  Warte  zwei  römische  Strassen 
gekreuzt  haben  müssen. 

Ausserdem  aber  habe  ich  bei  den  Nachforschungen  nach  ürenzanlagen 
in  der  Linie  Kesselstadt-Oberflorstadt  während  der  letzten  Jahre  zwar  diese  selbst 
nicht  gefunden,  wohl  aber  an  verschiedenen  Stellen  Reste  und  Spuren  einer  die 
o-enannten  Orte  verbindenden  römischen  Strasse  und  —  teils  genau  in  der  an- 
o-eo-ebenen  Linie,  teils  in  einem  höchstens  1  Kilometer  breiten  Streifen  zu  beiden 
Seiten  derselben  —  abgesehen  von  den  genannten  Lagern  und  grösseren  Nieder- 
lassungen noch  über  ein  Dutzend  einzelner  Gebäude  und  Gehöfte  gefunden,  von 
welchen  letzteren  mehrere  der  späteren  Zeit  der  römischen  Herrschaft  angehören 
dürften,  eine  grössere  Anzahl,  besonders  der  Einzelwohnungen,  aber  durch  die 
in  ihren  Trümmern  gefundenen  Gegenstände  zweifellos  der  ersten  Zeit  der 
Okkupation  zugewiesen  werden.  Dazu  kommt,  dass  die  zwischen  Heldenbergen 
und  Oberflorstadt  gefundenen  Trümmerstätten  ebenso  wie  einige  der  südlichen 
an  Stellen  liegen,  die  seit  dem  frühen  Mittelalter  von  Wald  bedeckt  sind,  eine 
Erscheinung,  die  sich  am  Limes  bekanntlich  sehr  häufig  findet,  bei  den  Resten 
ländlicher  Gehöft(!  ausser  in  Gebirgsgegenden,  wie  Taunus  und  r),l('nwald, 
seltener  cntgegenti-itt.  Endlich  aber  —  und  das  ist  das  wichtigste  —  weichen 
die  in  den  Wäldern  von  Erbstadt  und  Florstadt  sich  fast  genau  linear  an- 
einander reihenden  Bauwerke;  in  ihrer  BeschaflenhiMt  entschieden  ab  von  den 
Wohn-  und  Wirtschaftsgebäuden  ländlicher  Gehöfte,  die  in  der  letzten  Ztnt 
zahlreich  in  dei-  Wetterau  gefunden  sind.  Es  sind  teils  isoliert  stehende 
]läuschen  mit  1—2  Ziuunern,  die  sich  wohl  als  Wohnung  für  Strassenwärter 
oder  auch  als  Schenken,  nicht  aber  als  Heimstätten  ländlicher  Ansiedler  denken 
lassen,  teils  weisen  sie,  wo  sie  von  grösserer  Ausdehnung  sind,  durch  ihre  ausser- 
gewöhnlich  starken  Mauern   und  ihre  Raumdispositioncm.    wenn  nicht  auf  mili- 

•■')  A'gl.  0.  K,  h.   lleldenberffen  ii.  a,   S,   ]<i  u.   11. 


23 


tärische  Zwecke,  so  dodi  siclicrlidi  :iuC  eine  V'ertei(]igungsfälii;2,krit  hin.  wie 
sie  bei  den  Wolinliäusern  der  späteren  Zeit  friedlichen  Verkehrs  mit  den  lic- 
niichbarten  Barbaren  nicht  gefunden  wird.  Bei  einem  dieser  Gebäude,  (h-iu 
sog.  Raubscldosse  im  Erbstadter  Domaniahvakle,  wurde  dieser  Eindruck  noch 
dadurch  (;rhüht,  dass  this  15  m  hinge,  8,50  m  breite  Gebäude  mit  1,20  in 
starken  Aussenmauern,  welclies  im  Erdgeschoss  durch  zwei  Querwänch-  i»  zwei 
fast  gleicligrosse  Gehxsse  und  einen  1,80  m  breiten  Korridor  geteilt  war.  v<in 
einer  Umfassungsmauer  umgeben  war,  die  sich  in  (üncnn  xVbstaud  von  durch- 
schnittlich nur  6  m  den  Aussenseiten  so  anschloss,  dass  vor  den  Ecken  durch 
mehrfache  Einknickung  der  im  übrigen  den  Seiten  parallellaufenden  Mauern  ein«' 
Art  von  Eckabrundung  hergestellt  war,  die  den  Grundriss  der  Aussenmauern 
dem  kleinen  Kastelle  ähnlich  erscheinen  liess.  ^^) 


Biunnen 


Das  Baiihscldoss  (röm.   Gebäude)  im  Erbstadter  Domanialtvalde. 

M.   1  :  500. 

Man  kann  nun  einwenden,  dass  alle  diese  Anlagen  durch  die  erwähnte 
Strasse  Oberflorstadt-Kesselstadt  erklärt  werden  könnten,  ohne  dass  man  in  ihrer 
Richtung  eine  ältere  Grenze  anzunehmen  brauche.  Aber  eben  diese  Strasse 
würde,  wenn  man  ihre  Anlage  sich  gleichzeitig  mit  dem  äusseren  Limes  oder 
später  denkt,  nicht  recht  verständlich  sein.  Ihre  Beziehung  zu  den  Befestigungen 
von  Oberflorstadt,  Heldenbergen  und  Kesselstadt  würde  ihnm  militärischen 
Charakter  beweisen.  Nun  ist  der  militärische  Grenzweg  unmittelbar  hinter  dem 
Limes  nördlich  von  Grosskrotzenburg  nachgewiesen,  ebenso  eine  dem  Limes  in 
einem  Abstände  von  durchschnittlich  10  km  meist  parallel  laufende  Jlaupt- 
Heerstrasse  vom  Mainkuie  bei  llanau-Kesselstadt  nach  Friedberg.  AVelchen 
Zweck  sollte  da  eine  diese  Zone  diagonal  kreuzende  Strasse  Kesselstadt-Olicr- 
fiorstadt  haben?  Überdies  fehlt  es  nicht  an  Anzeichen  dafür,   dass  diese  Strasse, 


")  Vgl.  Liniesblatt  30,  Nu.  186.  Zu  giiiiz  <;-leichen  Erwägungen  kam  Mrof.  Aiithes 
bei  der  Untersuchung  des  nördlich  vom  Raubschlosse  in  derselben  Linie  Ileldenbergen-Ober- 
florstadt  gelegenen  „Steinernen  Hauses."  Vgl.  Limesblatt  No.  2ß,  173,  S.  736  u.  739.  Über 
die  Zeit  der  Fundstücke  vgl.  No.  25,  S.  702,  3. 


24 

(loron  unschcinbaror  K(»rper  iintorVdraussctzuni?  niilifärischoii  Zweckes  schon  an  sic^li 
iuif  frühe  Entstehuügszeit  hinweist^"*),  in  einzehieu  Absclinitten  bereits  in 
römischer  Zeit,  verödete.  Darauf  weist  der  Umstand  liin.  dass  die  Fundstücke 
aus  dem  Raubschlüsse  und  den  benachbarten  Anlagen,  sowie  von  einzelnen 
Fundstellen  bei  ^Vindecken  und  Mittolbuchen,  soweit  sie  chronologisch  bestimmbar 
sind,  der  ersten  Hälfte  des  2.  Jahrhunderts  angehören,  während  man  bei  Yoraus- 
setzung  längeren  Bestehens  ausschliesslich  oder  wenigstens  vorwiegend  Gegen- 
stände aus  der  letzten  Zeit,  dem  3.  Jahrhundert,  zu  finden  erwarttm  sollte. 
Das  ist  denn  auch  der  Fall  am  äusseren  Linu's,   wo  die  Fundstücke  aus  Hadrians 

Z,.ir  abgesehen  von  den  Münzen  —  zu  den  Seltenheiten  gehören,  und  in  der 

Zone  zwischen  ihm  und  unserer  Linie.  Auf  diesen  Punkt  wird  von  denjenigen 
Forschern,  welche  das  Vorhandensein  einer  älteren  Grenzlinie  Oberflorstadt- 
Kesselstadt  bezweifeln,  zu  wenig  Gewicht  gelegt,  obgleich  doch  jetzt  die  Yer- 
öffentlichung  zweier  einander  entsprechenden  Positionen  an  der  äusseren  und 
inneren  Linie  —  Marköbel  und  Heidonbergen  —  mit  ihrem  Fundinventar  im 
Limeswerko  die  Möglichkeit  bietet,  die  Richtigkeit  der  ausgesprochenen  Be- 
hauptung zu  prüfen.  In  höherem  Grade  wird  dies  möglich  sein,  wenn  einmal 
das  o-esamte  —  nicht  nur  in  den  Kastellen,  sondern  auch  an)  Limes  und  im 
Hinterlande  —  bei  den  Reichsgrabungeu  erhobene  Material  vergleichbar  vor- 
liegt. Nach  dem,  was  ich  bisher  davon  gesehen,  besonders  aber  mit  Rücksicht 
auf  die  bei  meinen  eigenen  Grabungen  gemachten  Beobachtungen  stehe  ich 
nicht  au.  die  Überzeugung  auszusprechen,  dass,  wie  am  Taunus,  so  auch  in 
der  Xordwetterau,  wo  die  jüngeren  und  älteren  Aulagen  teils  dicht  neben- 
einander, teils  übereinander  liegen,  Fundstücke  aus  allen  Perioden  der  Röm(;r- 
herrschaft  mit  erklärlichem  Überwiegen  der  jüngeren  zu  Tage  kommen,  dass 
dagegen  südlich  von  Oberflorstadt  die  militärischen  Anlagen  der  hinteren  Linie 
Ijezüglich  der  Funde  mit  den  grossen  Kastellen  der  offenen  Wetterau  überein- 
stimmen, während  das  Inventar  der  vorderen  Linie  zum  weitaus  grössten  Teile 
auf  das  '.\.  Jahrhundert  und  die  zweite  Hälfte  des  2.  hinweist,  Gegenstände 
aus  älterer  Zeit,  rückwärts  bis  zu  Hadrians  Regierung,  nur  vereinzelt  und  zwar 
fast  ausschliesslich  in  den  ältesten  Limesanlagen  und  Gräbern  gefunden  werden. 
Für  die  Strecke  Hungen-(Iniu'iden-)Oberflorstadt  würde  sich  ein  entsprechender, 
wenn  auch  mit  Rücksicht  auf  die  fortdauernde  Verwendung  der  Kastelle  nicht  so 
durchgreifender  Unterschied  zwischen  den  Funden  aus  den  Kastellen  und  vom 
Limes  ergeben  müssen,  wenn  die  Limes-Kommission  sich  entschliessen  Avollte. 
für  (äne  besonders  auch  auf  Fundstücke  gerichtete  eingehende  Untersuchung 
der  für  unsere  Frage  hervorragend  wichtigen  Kastelle  Echzell  und  Oberflorstadt 
vor  Thorschluss  eine  grössere  Summe  als  die  bisher  verwendeten  zu  bewilligen. 
Ich  muss  es  einer  hoffentlich  nicht  allzu  fernen  Zukunft  überlassen,  nuäne 
Voraussage  zu  bestätig(!n  oder  zu  widerlegen.  Bis  dahin  sehe  ich  keine  Ver- 
anlassung, meine  ohne  äussere  Beweise  aus  inneren  Gründen  entstandene 
Hypothese  aufzugeben,  naeluhnn  in  der  angenommenen  Linie  eine  Reihe  von 
militärischen  Anlagen  aus  der  frühesten  Zeit  der  Okkupation,   darunter  ein  mit 


"j  Vgl.  Wcstd.  Zeitsclirift  .WI,   ].  ^.  'J4. 


25 

den  ältostoii  rriMuizkastollen  des  Tnunus  in  Form.  rTrö^sc  utid  Trclmik  gciiiiii 
übfrcinötiiiiiii('nd(!s  Erdknstcll  gefunden  worden  ist'''),  wälirend  in  ih'v  vnrd»'rcn 
Linie  Altcnstadt,-ürosskrotzenl)ur<;-  die  /wiufellos  frühesten  (jinMizanlugen  --  da.ss 
ich  dazu  das  Grenzgrülxlicn  niclit  rechne,  habe  ich  olx'u  gesagt  —  lli^  y'ty.t 
fclih'n. 

Aber  mag  nun  die  Entsclieidung  ausfaUen  wie  sie  will:  \)'\v  Frag(!  über 
die  räumliche  Ycn'schiebung  i\ov  ostwetterauischen  Grenze.  b(!SHer  gesagt  dir 
Grenzregulierung,  ist  (une  nebensächliche,  entsprechend  (h-ni  unbedcuti'iidcn 
Terrainabschnitte,  um  den  es  sich  handelt.  Unabhängig  von  ihr  sind  dir  in 
d(!n  llau])tt(Mlen  dieser  Untersuchung  aufgewoifenen  Probleme  allgemein-  und 
kidturgeschichtli(dier  Art.  Sie  sind  ohne  Kücksicht  auf  den  letzten  Exkurs 
ausschliesslich  nach  dem  Gewichte  der  vorgebrachten  Grünih^  zu  beurteilcMi. 


'^)  Dass  es  iiui-  eins  ist,  halte  man  nicht  entgegen.  Sind  docli  die  entspi-echomlcii 
Erdkastelle  des  Taunus  eine  Entdeckung  der  ailerjiingsten  Zeit,  die  überdies  trotz  der  dort 
besonders  günstigen  Vorhältnisse  vielloiclit  nie  gemacht  wäre,  wenn  sie  auch  dort  niclit  unter 
den  ausgiebig  durchsuchten  Trümmern  der  Steinkastelle,  sondern  nur  wenige  Schritte  entfernt 
im  Walde  lägen,  ohne  dass  irgend  welche  äussere  Anzeichen  auf  sie  hinwiesen. 

Bemerkung  zu  Tafel  I:  Als  Grundlage  für  die  Hersteilung  des  Kärtchens  ist  die  Karten- 
skizze benutzt  worden,  welche  Genoral  von  Sarwey  nachineinen  Kartiorungen  für  seinen 
Aufsatz  über  „Römische  Strassen  im  Limesgebiet"  (Westd.  Zeitschr.  XVIII,  Taf.  1 1  hergestellt 
hat.  Die  Kingwälle  sind  nach  A.  Hammeran  (Die  Burgen  und  AVehrbauten  im  Taunus  und 
im  unteren  Lahngebiete,  Frankfurt  a.  M.  1898)  eingetragen 


B  e  m  c  r  k  u  n  g   zu  S.   1 5,  Anm.  47  : 

Wie  mir  nach  Fertigstellung  des  Druckes  llittcrling  mitteilt,  zeigen  die  im  Kastell 
Niedcrbieber  gefundeneu  Stempel  der  22.  Legion  fast  ausnahmslos  die  blosse  Legionsnummcr 
ohne  irgend  einen  Beinamen ;  darunter  befindet  sich  auch  ein  in  zahlreichen  Kxemplaren  ver- 
tretener, ebenfalls  in  Fusssohle  stehender  und  von  dem  besprochenen  Stempel  aus  der  Capers- 
burg  nur  wenig  abweichender.  Alle  Niederbieberer  Stempel  gehören,  wie  sich  aus  anderen 
Thatsachen  ergiebt,  erst  der  zweiten  Hälfte  des  2.  Jahrhunderts,  wahrscheinlich  dessen  Aus- 
gang, an;  dasselbe  wird  daher  auch  für  den  ( 'apersburger  Stempel,  der  danach  keinesfalls 
einem  älteren  Badegebäude  eutstaninien  kann,  anzunehmen  sein. 


Die  Erwerbung  der  Herborner  Mark  durch  die 

Grafen  von  Nassau. 


Von 

P«  Wagner» 


Das  älteste  Siegel  der  Stadt  Herborn  zeigt  im  Siegelfelde  unter  einer 
Architektur  den  heiligen  Petrus  auf  einem  Sessel  sitzend  mit  scepterartig  ge- 
haltenem Schlüssel  in  der  Rechten,  einem  Buche  in  seiner  Linken  und  neben 
ihm  in  langen  faltigen  Gewändern  die  jugendlichen  Gestalten  der  beiden  nassau- 
ischen Grafen  Walrara  und  Otto  in  bittender  Stellung.^)  Letztere  waren  von 
1247  bis  zur  Teilung  ihrer  Länder  im  Jahre  1255  die  gemeinsamen  Besitzer 
der  Stadt,  während  man  in  St.  Peter  wohl  den  Heiligen  zu  erkennen  haben 
wird,  dem  die  Herborner  Kirche  geweiht  war,  wenigstens  zu  der  Zeit,  als  das 
Siegel  entworfen  wurde,  d.  h.  bald  nach  der  Verleihung  des  Stadtrechtes  im 
Jahre  1251.-)  Das  Siegel  stellt  also  die  beiden  Landesherrn  dar,  wie  sie  zu  dem 
Patron  der  Stadt  um  das  Wohl  und  Gedeihen  des  neuen  städtischen  Gemein- 
wesens flehen,  gewiss  eine  sinnige  Erfindung  des  Siegelstechers  oder  der  Stadt, 
wem  immer  das  Verdienst  an  der  dargestellten  Scene  zuzuweisen  ist. 

St.  Peter  hat  augenscheinlich  die  Bitte  der  beiden  Grafen  nicht  unbe- 
rücksichtigt gelassen,  denn  die  Stadt  nahm  zeitweise  einen  erfreulichen  Auf- 
schwung und  erlangte  weit  über  die  Grenzen  Nassaus  hinaus  Ruf  und  Ansehen, 
wenngleich  sie  niemals  mehr,  denn  eine  nassauischc  Landstadt,  gewesen  ist. 
Das  Verdienst  an  ihrem  Emporkommen  gebührt,  wenn  man  vom  heiligen  Petrus 
einmal  absehen  will,  in  erster  Linie  den  Laudesherrn.  Jene  zuvor  genannten 
beiden  Grafen  waren  es,  deren  Bitten  beim  deutschen  Könige  Wilhelm  Herborn 
seine  Erhebung  zur  Stadt  verdankte;  sie  oder  ihre  Nachfolger  erbauten  hier 
ein  festes  Schloss,  unter  dessen  Schutze  im  15.  und  16.  Jahrhundert  Handel 
und  Gewerbe  zu  einer  bemerkenswerten  Blüte  gedieh,  und  einer  der  bedeutendsten 
Herrscher  aus  dem  Hause  Nassau-Oranien,  Graf  Johann  VL  von  Dillcuburg, 
stiftete  hier  jene  hohe  Schule,  die  eine  Bildungsstätte  für  das  Land  wurde,  die 


')  Ö.  unten  Beilage  II. 

'')  Später  hat  der  doutsclio  Orden,  der  dii^  Kirche  1231  yeselienkt  erliielt,  und  dessen 
Priester  seitdom  hier  den  l'farrdieiiHt  versahen,  seine  eigene  Schutzpatronin,  die  Jungfrau  Maria, 
an  die  Stelle  des  Petrus  gesetzt.     Vgl.  St eu hing,  Topographie  der  Stadt  llerborn,  S.  30. 


27 

den  Namen  Ilerborns  in  ganz  Deutscliland  bekannt   machte,  deren  theologische 
Fakultät   zeitweilig    sich    hohen  Auschens    in    der    relbrmierlen  Kirclic  erfreute. 

Vergegenwärtigt  man  sich  nun,  dass  die  Wiege  des  Hauses  Nassau  weit 
ab  von  dieser  Stadt,  au  der  unteren  Lahn,  steht,  und  dass  keine  bestimmten 
Ereignisse  namhaft  gemacht  werden  können,  die  den  nassauischen  Grafen  den 
Besitz  Herborns  und  des  Gebietes,  in  dem  die  Stadt  liegt,  verschafften,  so  kann 
es  kein  müssiges  Unterfangen  sein,  die  Frage  zu  erörtern,  wie  denn  Nassau  in 
den  Besitz  Herborns  gelangte  und  darauf  hin  das  vorhandene,  leider  überaus 
dürftige  Quellenmaterial  einer  Prüfung  zu  unterziehen. 

Es  wäre  freilich  seltsam,  wenn  sich  nicht  auch  schon  die  älteren  Forscher 
damit  beschäftigt  hätten;  eine  selbständige  Ansicht  hat  indessen  nur  C.  D.  Vogel 
aufgestellt-'),  und  jede  Untersuchung  auf  diesem  Gebiete  wird  zunächst  mit  ihr 
sich  zu  befassen  haben. 

Herborn  bildete  im  frühesten  Mittelalter,  wovon  später  noch  die  Rede 
sein  wird,  den  wirtschaftlichen,  kirchlichen  und  politischen  Mittelpunkt  eines 
grösseren  Gebietes,  das  unter  dem  Namen  der  Herborner  Mark  in  den  Quellen 
erscheint.  Die  Mark  macht  den  östlichen  Teil  des  heutigen  Kreises  Dillenburg 
aus  und  erstreckt  sich  von  einer  Linie  Heiligeuborn-Fleissbach  im  Südwesten, 
anfangs  stark  ausbauchend,  dann  sich  wieder  verjüngend,  bis  zu  einer  Linie 
Eiershausen-Hirzenhain-Wallenfels  im  Nordosten.  Gegen  Osten  fällt  ihre  Grenze 
ziemlich  genau  mit  der  des  Kreises  Dillenburg  zusammen.  Ihre  Ausdehnung 
beträgt  etwa  24  bis  25  Kilometer  in  der  Länge  und  etwa  12  Kilometer  an  der 
breitesten  Stelle.  In  ihr  lagen  von  den  Dorfschaften  abgesehen  ausser  dem 
uralten  Herborn  auch  die  im  13.  Jahrhundert  angelegten  Festen  Dillenburg  und 
Tringenstein,  beides  Gründungen  der  Grafen  von  Nassau,  die  dann  später  die 
Mittelpunkte  eigener,  aus  der  Mark  ausgeschiedener  Ämter  geworden  sind. 
Herborn  und  Herborner  Mark  gehören  untrennbar  zusammen,  beide  haben  die- 
selben Schicksale  gehabt,  beide  sind  zusammen  an  Nassau  gefallen.  Die  Frage, 
die  uns  hier  beschäftigen  soll,  lautet  also,  wie  ist  die  Herborner  Mark  au  die 
Grafen  von  Nassau  gekommen. 

Vogels  Ansicht  ist  die  folgende.')  Die  Herborner  Mark  gehörte  zum 
alten  Gau  Erdehe.  In  demselben  lag  die  Burg  Gleiberg,  au  deren  Besitz  die 
Landeshoheit  über  den  Gau  geknüpft  war.  Da  aber  im  Bereich  dieses  Gaues 
in  ältester  Zeit  kein  anderes  Grafengeschlecht  nachweisbar  ist,  als  das,  in  dessen 
Händen  die  Burg  Gleiberg  war.  so  sind  die  Grafen  von  Gleiberg  die  alten 
Gaugrafen  gewesen.  Aus  den  gaugräflichen  Rechten  müssen  Besitzrechte  an 
dem  Gau,  oder  an  einzelnen  Teilen  desselben  abgeleitet  werden,  —  also  sind 
die  Grafen  von  Gleiberg  die  Besitzer  der  Herborner  Mark  gewesen.  Ihr  Ge- 
schlecht hat  sich  im  12.  Jahrhundert  in  zwei  Linien  gespalten,  die  beide  in 
der  zweiten  Hälfte  im  Mannstamme  ausstarben.  Der  letzte  Spross  der  einen 
hier  in  Betracht  kommenden  Linie  war  ein  Graf  Wilhelm;  er  kommt  bis  1102 
urkundlich    vor   und  hinterliess    drei  Töchter,    deren    eine    in    erster    Ehe    Graf 


3)  Was  Schliepliake,    Geschichte    von  Nassau    1,   348,    davon  zu  erzählen  weiss,  ist 
lediglich  eine  Wiederiiolung-  der  VogeFschen  Hypothese. 

*)  Vogel,  Beschreibung  des  Herzogtums  Nassau,  S.  I.'j0,  21'-*. 


28 

Ruprecht  vou  Laiireubui'g,  der  älteste  unter  diesem  Namen  bekannte  Graf  aus 
dem  Hause  Laureuburg-Naasau,  geheiratet  zu  liaben  „scheint''.  Sie  ist  es  ge- 
wesen, die  ihrem  Gatten  aus  dem  Erbe  ihres  Geschlechtes  die  Ilerborner  Mark  und 
die  Herrschaft  zum  Westerwalde  zubrachte.  Eine  zweite  Tochter  war  mit 
Anselm  III.  von  Molsberg  vermählt,  eine  dritte  endlich,  Salome,  mit  einem 
schwäbischen  adligen  Herrn,  angeblich  einem  Herrn  von  Eberstein,  durch  den 
sie  ihr  Erbteil,  die  Herrschaft  Giesseu,  an  die  Pfalzgrafen  von  Tübingen  ver- 
erbte. Positive  Thatsachen  ül)er  diese  Töchter,  ihre  Verheiratung  und  ihr  Erbe 
liegen  zwar  nicht  vor,  aber  Vogel  glaubt  sich  zu  ihrer  Annahme  berechtigt, 
indem  er,  darin  Wenck  folgend'),  sich  auf  eine  viel  besprochene  Urkunde  vom 
Jahre  1206  stützt,  in  der  Erzbischof  Johann  von  Trier  eine  Schenkung  der 
Ganerben  von  Metternich  (bei  Coblenz)  an  das  Kloster  Himmerode,  die  etwa 
um  1185  erfolgt  sein  dürfte^),  und  deren  Bestätigung  durch  die  Erben  der 
Geschenkgeber  bekundet.')  Als  Geschenkgeber  nennt  diese  Urkunde  einen 
Grafen  Heinrich  von  Sayu,  den  Grafen  Robert  von  Nassau  nebst  seinem  Neffen 
Walram.  ferner  Anselm  von  Molsberg  und  eine  Salome  mit  ihrer  Tochter 
Mathilde,  sowie  ihrem  Schwiegersohne,  dem  Pfalzgrafen  Rudolf  von  Tübingen. 
Vogel  leitet  diese  Ganerbschaft  aus  einer  Verwandtschaft  der  genannten  Familien 
ab,  die  durch  Verheiratung  männlicher  Angehörigen  mit  den  Erbtöchteru  eines 
Geschlechts  entstanden  ist,  und  glaubt,  dass  dieses  Geschlecht  in  den  Grafen 
von  Gleiberg  zu  suchen  wäre. 

Nach  Vogel  ist  also,  kurz  wiederholt,  die  Herborner  Mark  allodialer 
Besitz  gewesen  und  auf  dem  Wege  des  Erbganges  an  Nassau  gelangt.  Prüfen 
wir  seine  Schlussfolgerung  w^enigstens  iu  ihren  Hauptpunkten. 

Zunächst  muss  ich  es  als  einen  unbewiesenen  Satz  bezeichnen,  wenn  Vogel 
und  nach  ihm  andere  behaupten*'),  dass  die  Herborner  Mark  zum  Erdehegaue 
gehörte.  Man  kennt  diesen  kleinen  Gau  lediglich  aus  den  Lorscher  Traditionen 
des  8.  und  9.  Jahrhunderts'-'),  später  wird  er  meines  Wissens  überhaupt  nicht 
mehr  genannt;  er  erscheint  dort  als  ein  Untergau  des  Unterlahngaues.  Betrachtet 
man  die  Orte,  die  als  in  ihm  liegend  genannt  werden  und  heute  noch  nachweisbar 
sind,  so  ergiebt  sich,  dass  auch  kein  einziger  von  ihnen  innerhalb  der  Herborner 
Mark  Hegt'"),  sondern  dass  alle  entweder  östlich  oder  südöstlich  davon  im  Kreise 
Wetzlar,  zu  beiden  Seiten  der  Lahn,  gelegen  sind.")  Ganz  richtig  hat  daher 
auch  der  Zeichner  der  Karte,  die  dem  Siegener  Urkundenbuche  beigegeben  ist, 
den  Erdehegau  südöstlich    von  der  Herborner  Mark,    diese  nicht  mehr  mit  ein- 


'")  Wenck,  Hessische  Lundesgescliichte  III,  235. 

**J  Wyss,  Hessisches  Urkuiidenbuch  (ÜB.  der  Dcutschordens-Balloi  Hessen)    HI,  S.  168. 

'')  Mittolrheinischcs  ÜB.  II,  228,  S.  2(52. 

")  Vgl.  Höttg-er,  Diücesaii-  und  Gaugreiizen  I,  ()5. 

")  Ebenda,  S.  144—151. 

")  Böttger,  a.  u.  O.     Eltester,  ^littelrheinisches  ÜB.,  S.  XIX. 

")  Der  einzige  Ort,  den  Böttger,  a.  a.  <).  S.  149,  aus  dem  Erdehegau  namhaft  macht, 
der  nach  seiner  Ansicht  zum  Amte  Herborn  und  damit  zur  Herborner  Mark  gcIiTirt  hal)cn 
soll,  nämlich  Oberndori"  (.  .  .  in  Ardeher  viarca  in  Oberendorph  .  .  .  Cod.  Lauresham.  HI, 
252)  ist  nicht  (Jberndorf  im  Amte  Herborn,  Kirchspiels  Eisemroth,  sondern  Oberndorf  im  Kreise 
Wetzlar;  vgl,  Eltester,  a.  a.  O. 


29 

schliessond,  angeloben. ^-)  Die  Frage,  zu  welchem  anderen  Gau  die  Mark  "-e- 
hört  hat,  wird  später  noch  zu  erörtern  sein ;  liier  genügt  es,  zu  betonen,  dass 
sie  nicht  zum  Erdehegau  gehörte.  Ist  dies  aber  der  Fall,  so  wird  allein  schon 
hierdurch  der  Yo  g  ersehen  Hypothese  der  Boden  entzogen;  von  einem  Besitz- 
recht  der  Grafen  von  Gleiberg,  das  aus  gaugräflichen  Rechten  über  den  Erd- 
ehegau erwachsen  sein  soll,  kann  nun  nicht  mehr  die  Hede  sein,  —  Aber  auch 
ein  anderer  Vordersatz  in  der  VogeFschen  Schlussfolgerung  ist  jetzt  unhaltbar 
geworden,  nämlich  die  Verwandtschaft  der  Grafen  von  Laurenburg-Nassau  mit 
den  Grafen  von  Gleiberg.  Zunächst  ist  es  eine  durch  nichts  gestützte  Annahme, 
dass  Graf  Ruprecht  I.  von  Laurenburg,  der  1124 — 1152  urkundlich  vorkommt, 
von  dem  wir  wissen,  dass  er  mit  Beatrix,  der  Tochter  des  Grafen  Walram  von 
Limburg,  vermählt  war,  und  dass  aus  dieser  Ehe  seine  das  Geschlecht  der 
Nassauer  fortsetzenden  Söhne  hervorgegangen  sind,  zuvor  schon  mit  einer 
Gleibergerin  verheiratet  gewesen  sein  soll.  Dann  ist  neuerdings  nachgewiesen, 
oder  doch  überaus  glaubhaft  gemacht  worden,  dass  die  Verwandtschaft  der  in 
der  Urkunde  von  1206  erwähnten  Ganerben  von  Metternich,  die  Wenck  und 
Vogel  auf  Vermählungen  mit  Erbtöchtern  aus  dem  Hause  Gleiberg  zurück- 
führen'"'), vielmehr  durch  Ehen  mit  Töchtern  aus  dem  Hause  der  Grafen  von 
Arnstein  entstanden  ist.'')  Also  könnte,  selbst  wenn  die  Herboruer  Mark 
Gleibergischer  Besitz  gewesen  wäre,  von  einem  Anfall  an  Nassau  auf  dem  Wege 
der  Vererbung  in  keinem  Fall  die  Rede  sein. 

Wenn  nun  damit  die  Vogel'sche  Annahme  nicht  weiter  aufrecht  erhalten 
werden  kann,  so  fragt  es  sich,  auf  welchem  anderen  Wege  diese  Mark  an  das 
Haus  Nassau  gelangt  ist.  Eine  völlig  unanfechtbare  Antwort  hierauf  ist  bei 
der  Dürftigkeit  der  Quellen  allerdings  nicht  zu  erwarten,  wohl  aber  eine,  die 
mehr  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat,  als  die  von  Vogel. 

Ehe  dazu  übergegangen  wird,  möchte  ich  einem  Gedanken  begegnen,  zu 
dem  man  geführt  werden  könnte,  wenn  man  den  Besitz  der  Grafen  von  Nassau 
an  der  Sieg,  der  Dill  und  im  Westerwalde  betrachtet  und  erwägt,  dass  über 
die  Art  der  Erwerbung  des  Siegerlandes' '),  der  Haigerer  Mark,  des  Wester- 
waldes  ebensoviele  Ungewissheit  herrscht,  wie  über  die  der  llerborner  Mark. 
Man  könnte  dann  geneigt  sein,  in  diesen  Erwerbungen  einen  Zusammenhang 
zu  suchen  und  sie  auf  eine  gemeinsame  Veranlassung  zurückzuführen.  Allein  was 
die  Herboruer  Mark  anbelangt,  so  wird  die  folgende  Untersuchung  lehren,  dass 
ihre  Erwerbung  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  völlig  unabhängig  davon  erfolgt  ist. 

Die  Herboruer  Mark  erwähnt  zum  ersten  Male  eine  Urkunde  vom  28.  April 
1048.'«'')  Sie  betrifft  die  Weihe  der  dem  Walpurgiskloster  in  Weilburg  ge- 
schenkten Kirche  in  Haiger,  sow^ie  die  Begrenzung  ihres  Kirchcusprengels.  Die 
Grenze    begann    inter  JDoneshach  et  Haigere,   nhi  termmotnr  Ilcrbore  marca  ei 


^'^)  Dr.  M.  Schenck,  Karte    zuni    Siej^ener  Urkundenl)ucli,    l'oi    Pliilipp  i,    Sie?,'.  L'J{. 
^•'J  S.  oben  S.  3. 
i*j  Wyss,  a.  a.  0.  III,  461   tf. 

>=')  S.  Philippi,  Siegener  ÜB.,  Einleitung  S.  XXVFII. 

»«)  Zuletzt  gedruckt  von  Philippi,  Siegener  TP..,  ^■o.   2,  wo  im.li  die  älteren  Drucke 
angegeben  sind. 


30 

2)re(lii(m  liheroriim  rironim.  Diese  Greüzbeschreibung  ist  aber,  wie  aus  dem 
Wortlaut  der  Urkunde  folgt*'),  eine  wörtliche  Wiederholung  der  bei  Gelegen- 
heit der  Schenkung  der  Ilaigerer  Kirche  an  das  Wcilburger  Kloster  vorgenom- 
menen Grenzbestimmung.'''*)  Und  da  diese  Schenkung  im  Jahre  914  erfolgte, 
so  kann  man  wohl  unbedenklich  die  erste  Erwähnung  der  Herborner  Mark  in 
das  Jahr  914  setzen.  Der  Ort  irerborn  hat  damals  ohne  Zweifel  bereits 
bestanden,  denn  nach  ihm  wird  die  Mark,  nicht  umgekehrt  der  Ort  nach 
der  Mark  benannt  worden  sein.  Man  kann  also  das  Bestehen  des  ersteren 
mit  ziemlicher  Gewissheit  wenigstens  schon  im  9.  Jahrhundert  annehmen.  Er 
muss  damals  Mittelpunkt  eines  ziemlich  umfangreichen  Wirtschaftsbezirks  ge- 
wesen sein,  wie  sich  aus  der  Bezeichnung  des  Bezirks  als  „Mark^^  unzweideutig 
abnehmen  lässt.  Von  Ilerborn,  dem  Mutterorte,  aus  wird  der  Ausbau  der  Mark 
und  ihre  Besiedelung  erfolgt  sein.^'-')  Zwar  ist  mir  aus  späterer  Zeit  von  einem 
wirtschaftlichen  Zusammenhange  der  in  ihr  gelegenen  Ortschaften  in  Bezug  auf 
Wald  und  Weide  bis  jetzt  nichts  bekannt  geworden,  aber  es  braucht  dies  nicht 
auftalleud  zu  sein,  da  die  Mark  zu  gross  w^ar,  als  dass  sich  bei  zunehmender 
Besiedelung  dieser  wirtschaftliche  Zusammenhang  aufrecht  erhalten  Hess.  Wie 
auch  anderwärts,  ist  hier  die  eine  Mark  in  eine  Reihe  kleiner  Dorfmarken  auf- 
gelöst worden.^"^)  Dass  die  Gemeinden  aber  später  ihren  administrativen  Mittel- 
punkt in  Herborn  hatten,  zeigt  das  ursprüngliche  Verhältnis  noch  klar. 

Auch  der  kirchliche  Zusammenhang  der  Gemeinden  in  der  Mark  beweist 
es.  Diese  bildete  nämlich  ein  einziges  Kirchspiel,  dessen  Pfarrkirche  in  Herborn 
lag,  während  in  allen  übrigen  Gemeinden  anfänglich  nur  Kapellen  vorhanden 
waren,  von  denen  sich  dann  erst  seit  dem  14.  Jahrhundert  eine  Reihe  zu 
selbständigen  Pfarreien  entwickelten.-*)  Noch  bis  ins  16.  Jahrhundert  und  später 
äusserte  sicli  die  frühere  Abhängigkeit  von  der  Mutterkirche  in  Herborn  in  be- 
stimmten an  diese  zu  entrichtenden  Abgaben,  den  sogenannten  Obedienzen. 
Der  Ursprung  dieses  Verhältnisses  muss  in  die  früheste  Zeit  der  Ausbreitung 
des    Christentums    und    der    Besiedelung    der   Mark,    also   etwa  in  das  8.  Jahr- 

'")  Eodem  vero  die  prefatus  archiepiscoptts  Eberhardiis  eiusdem  ecclesie  terminationem 
Sita  episcopali  jjotestate  publice  conftrmavit  sicut  eandem  terminattonem  siinul  cum  ecclesia 
Cuonradiis  rex  ad  altare  sancte  Walburgis  virginis  in  Willanaburg  constructum  rcgali  potestate, 
sicut  infra  scriptum  continet  exemplum,  antea  iradiderat.  Hec  est  enim  terrninatio 
ecclesie  in  Heigerin  u.  s.  w. 

'«)  Ebenso  Sohenck  im  Sieo-ener  l'B.,  S.  XII,  Anm.,  und  T  li  i  1  i  p  p  i ,  ebenda,  S.  3. 

**)  S.  V.  Maurer,  Geschichte  der  Markenverfassung  in  Deutschland,  S.  2. 

-°)  V.  Maurer,  a.  a.  O.,  .S.  6.  Das  Bestehen  gesonderter  Dorfmarken  in  der  Herborner 
Mark  beweist  z.  B.  eine  Urkunde  von  1349,  Februar  22,  über  einen  Vergleich  zwischen  dem 
Kaplan  und  der  Gemeinde  in  Breitscheid.  Es  heisst  darin,  der  Kaphm  und  seine  Nachfolger 
sollen  das  geschworene  Märkerrecht  halten,  „sie  sollen  uns  rügen,  wir  sollen  sie  wieder  rügen 
und  sallent  gleich  uns  bussen,  und  wir  gleich  ime;  und  als  ander  unser  hnltzmercker  aus- 
deilen,  so  sollen  wir  is  ien  g ein  gleich  den  besten;  und  tvoe  des  mynner  hieben  sonder  ar gelist, 
dez  selten  wir  sie  erstaten  aus  unser  gemeinen  marck''.  Staatsarchiv  Wiesbaden,  Sammlung 
nassau-oranischer  Urkundenabschriften. 

'^')  Für  Ilerbornselbach  regelt  eine  Urkunde  von  1294,  Mai  20,  das  Verhältnis  der 
dortigen  Kapelle  zur  l'farrei  Ilerborn  (Staatsarchiv  Wiesbaden,  A.  üillonburgor  Archiv,  H  1082), 
für  Breitscheid  eine  Urkunde  von  1.309  (Wyss,  V\'>.   11,  153). 


:;i 

hundert  hiuaufrcichen  uutl  erklärt  sich  nur  so,  dass  in  dem  wirtschuftliclien 
Mittelpunkte  llerborn,  der  als  solcher  vermutlich  schon  voriuinden  war,  ehe 
das  Christentum  eingeführt  wurde,  die  J'furrei  angelegt  worden  ist.  Von  hier 
aus  werden  dann,  je  weiter  die  Besiedelung  der  Mark  fortschritt,  je  dichter  die 
Bevölkerung  wurde,  zu  ihrer  Pastoricrung  Kapellen  angelegt  worden  sein,  deren 
Geistliche  wohl  Gottesdienst  abhalten,  aber  pfarrherrliche  Befugnisse,  wie  Taufen 
u.  s.  w.,  nicht  vornehmen  durften.  Das  Kirchspiel  llerborn  gehörte,  wie  hier 
bemerkt  werden  mag,  zum  Dekanat  Ilaiger--)  und  zum  Archidiakonat  Dictkirchen 
der  Erzdiözese  Trier.'--') 

Die  bisher  erörterten  Verhältnisse  der  Ilerborner  Mark  entsprechen  genau 
denen  der  Haigerer  Mark  und  des  Siegerlaudes.  Auch  hier  findet  sich  die  Ein- 
heit von  Wirtschaftsgebiet  und  Kirchensprengel.-')  Hier  aber  kommt  dann  noch 
eine  dritte  Einheit  hinzu.  Mark  und  Kirchensprengel  decken  sich  auch  mit  dem 
administrativen  Bezirke,  dem  Gau.  Die  Urkunden  erwähnen  ausdrücklich  einen 
jmgns  Heigera  und  einen  comitatus  in  Heigeromarca.^")  Für  das  Siegerland 
nimmt  man  einen  comitatus  in  Sigenomarca  ebenfalls  an,  wenngleich  er  urkund- 
lich nicht  nachzuweisen  ist.-'')  Die  Vermutung  ist  also  wohl  nicht  unberechtigt, 
dass  auch  die  Herborner  Mark  einen  besonderen  pagus  oder  comitatus  gebildet 
hat,  der,  wie  der  pagus  Heigera,  ein  Untergau  des  Unterlahngaues  gewesen  sein 
muss.  Abgesehen  von  den  völlig  gleichartigen  Verhältnissen  in  den  benach- 
barten Marken  spricht  dafür  noch  ein  besonderer  Umstand.  In  der  mehrfach 
erwähnten  Urkunde  von  1048  heisst  es  in  der  Zeugenreihe:  Isti  sunt  judices 
comitatus  in  Heregeremarcun  ibidem  assistentes:  Wicselin,  Guntrani,  L'uo- 
hraht  et  alii  quam  plures.  Isti  sunt  ex  familia  de  Herboremarca :  Ebo,  HiJt- 
win,  Lanzecho,  RadelaJic,  Euogger,  Egibraht,  Hiltuin,  Ädelbraht,  Meginuart. 
"Wenn  die  hier  genannten  Zeugen  aus  der  Ilerborner  Mark  auch  nicht  aus- 
drücklich als  judices  bezeichnet  werden,  so  zeigt  doch  ihre  parallele  Stellung 
zu  den  judices  comitatus  in  Heregeremarcun,  dass  auch  sie  als  Judices  aufzufassen 
sein  werden.  Wer  ausserdem  würde  als  Zeuge  bei  der  Grenzbestimmung  not- 
wendiger gewesen  sein,  als  die  offiziellen  Vertreter  des  angrenzenden  Bezirkes? 
Sind  die  genannten  Personen  aber  die  judices  der  Ilerborner  Mark,  so  sind  sie 
wie  die  judices  comitatus  in  Heregeremarcun  ebenfalls  judices  comitatus  in 
Herboremarca.  Die  Bedeutung  des  Gaues  liegt  bekanntlich  ausser  in  anderen 
Dingen  auch  darin,  dass  er  einen  Bezirk  für  die  Rechtsprechung  bildet.  Nun 
ist  die  Herborner  Mark  später  ein  eigener  Jurisdictionsbezirk;  sie  wird  geradezu 
als  jurisdictio  Herbermarke-'')  oder  als  gericht  Herbermark'^)  bezeichnet.    Auch 

'^^)  S.  Eltester  im  Mittelrheinischen  UE.,  Einleitung  S.  CX. 

'^^)  Warum  Schenck  auf  der  Karte,  die  dem  Siegener  ÜB.  beigegeben  ist,  die  Her- 
borner Mark  zum  Archidiakonate  St.  Peter  in  Trier  rechnet,  dessen  Bezirk  um  Trivr  la?.  ist 
mir  unertindlicli. 

-^)  Philip pi,  Siegener  ÜB.,  Einleitung  S.  XI  f.  XIV. 

2^)  S.  die  Urkunde  von  1048,  April  28,  bei  Pliiüiipi,  Sieg.  TB.,  Xo.  2. 

26)  Philippi,  a.  a.  0.,  S.  XII  und  Schenck,  ebenda,  Anm. 

")  S.  Wyss,  ÜB.  II,  Xo.  295.     Philippi,  Sieg.  FB.,  Xo.  86. 

2")   rrknnde  von   1313,  Septemb(>r  80,  Staatsarchiv  Wiesbaden,  Dilloni..  .\rrliiv. 


32 

hieraus  wird  man  also  auf  das  Yorhandensein  eines  pagus  oder  comitatns  in 
Rerhorcmarca  schliessen  können. 

Leider  haben  sicli  so  gut  wie  gar  keine  Nachrichten  über  die  ältere  Ver- 
fassung dieser  Untergaue  erhalten.  Das  einzige,  was  wir  darüber  erfahren, 
bietet  die  Urkunde  von  1048.  Sie  nennt  (\\e  judices  comitatns,  offenbar  Schul- 
theissen  oder  Centenarien.-^)  Die  s[)ätere  Verfassung  der  Mark  nach  ihrem 
Übergang  an  das  Haus  Nassau  interessiert  hier  nicht  ■weiter;  nur  sei  erwähnt, 
dass  sich  ihr  Ilalsgericht  in  Ilerborn  befand  und  wohl  immer  hier  befunden 
hat."'^)  Was  Vogel  von  einer  Gerichtsstätte  für  den  Erdehegau  in  Rucheslo, 
augeblich  bei  dem  Orte  llürbacli  in  der  Nähe  von  Herboru,  und  der  Verlegung 
derselben  nach  Ilerborn  zu  erzählen  weiss"'^),  ist  an  sich  schon  überaus  anfechtbar, 
wird  aber  dadurch  völlig  hinfällig,  dass  die  Herborner  Mark  mit  dem  Erdehegau 
nichts  zu  thun  hat. 

Auffallend  ist,  dass  kein  einziger  Gaubeamter,  kein  Graf  als  Vorsteher 
des  Gaues  genannt  wird,  so  wenig  für  die  Herborner  Mark,  wie  für  den  Haiger- 
gau oder  das  Siegerland.  Besonders  fällt  dieses  Fehlen  in  der  Urkunde  von 
1048  auf,  wo  wohl  judices,  aber  kein  comes  oder  sonstiger  Beamter  genannt 
wird,  obwohl  die  Anwesenheit  des  letzteren  bei  einer  den  ganzen  Gau  doch 
stark  interessierenden  Angelegenheit  erwartet  werden  muss;  waren  doch  auf 
Seiten  des  Trierer  Erzbischofs,  der  die  Urkunde  ausstellt,  die  Weihe  der  Kirche 
in  Anwesenheit  des  Bischofs  von  Worms  vorgenommen  hat  und  ihren  Sprengel 
umschreibt,  eine  Reihe  hoher  Geistlicher  anwesend.  Es  führt  dies  auf  die  Ver- 
mutung, dass  ein  Grafschaftsbeamter,  ein  Gaugraf,  für  die  einzelnen  Marken  über- 
haupt nicht  vorhanden  gewesen  ist.  Sie  gehörten  zum  Unterlahngau,  vermutlich 
hat  also  bis  zum  11.  Jahrhundert  der  Graf  dieses  Gaues  oder  sein  Stellvertreter 
die  gaugräflichen  Rechte  in  der  Mark  ausgeübt.  Wem  sie  nach  dem  Ver- 
schwinden dieser  Grafen  im  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  zugestanden  haben, 
ist  unbekannt. 

Sehr  wahrscheinlich  scheint  mir,  dass  die  Herborner  Mark,  bevor  sie 
einen  Landesherrn  erhielt,  Königsgut  gewesen  ist.  Die  Frage  kann  unerörtert 
bleiben,  woher  das  Königsgut  in  diesen  Gegenden  stammte;  dass  aber  könig- 
licher Besitz  hier  vorhanden  gewesen  ist,  beweist  die  Schenkung  Konrads  \. 
vom  24.  April  914.  Der  König  verlieh  damals  die  Kirche  und  seinen  Hof  in 
Haiger  mit  allen  zu  beiden  gehörigen  Zehnten,  ferner  den  Markt  und  ein  Drittel 
der  Einnahmen  vom  Königsscheffel  im  Haigergau  an  das  Kloster  in  Weilburg.-^^) 
Nun  war  auch  die  Kirche  in  Herborn  mit  ihrem  System  von  Kapellen  noch  zu 
Anfang  des  13,  Jahrhunderts  königliches  Gut,  nur  vom  Könige  zu  Lehen 
gegeben,  während  von*  einer  curtis  regia  nichts  erwähnt  wird/'-')  Woher  stammte 
dieser  Besitz,  wenn  er  nicht  ein  Rest  alten  königlichen  Gutes  war?  Und  wenn 
er  das  war,    wird    er    schwerlich   auf  das  Eigentum    an   der   Herborner    Kirche 


'■'^  Waitz,  D.  Verfassungsgesfhichte  VII,  36. 

3")  S.  unten  S.   11,  Anni.  47. 

•■")  Vogel,  Die  Malstättc  dos  Eidehegaus,  Aniialoii  II,  2,  S.  Kto.    IJeschreibung  S.  164. 

■^')  IMi  i  1  i  p p  i ,  Siegener  ÜB.,  No.  1 . 

ä»)  S.  uuteu  S.  l.'i,  Aniii.  ."^4. 


•  (■1 


l)eschrünkt  gewesen  seiü,  sondern,  wie  der  König  im  Ilaigergau  ausser  der 
Kirche  in  Haiger  einen  Hof  mit  Zehnton  und  den  Künig8S(hoff('l  in  der  Mark 
besass,  so  zweifele  icli  nicht,  dass  ihm  auch  in  der  Herborner  Mark  ausser 
dem  Eigentum  an  der  Kirche  nocli  Hechte  zugestanden  haben  werden,  die  diese 
Mark  als  Königsgut  qualifizieren. 

Zwei  Thatsachen  bestärken  namentlich  in  dieser  Vermutung.  Bei  der 
Teilung  der  nassauischen  Länder  zwischen  den  Brüdern  Walrani  und  Otto  von 
Nassau  wurde  unter  anderem  ausgemacht,  dass,  wenn  der  Streit  der  Grafen 
mit  iliron  Gegnern,  den  adligen  Geschlechtern  von  Dernbach  niid  Wilnsdorf. 
von  denen  die  ersteren  in  der  Herborner  Mark  einheimisch  waren,  unter  Mit- 
wirkung des  Königs  oder  sonst  durch  freundschaftliche  Übereinkunft  lieseitigt 
würde,  Graf  Walram  seinem  Bruder  Otto  bei  der  IJckämpfung  der  Gegner 
hilfreiche  Hand  leisten  solle.-'"')  Warum  hier,  wo  es  sich  um  den  Streit  mit 
einigen  für  den  König  und  das  Reich  doch  gewiss  nicht  sehr  bedeutenden 
Adligen  handelt,  an  ein  Eingreifen  des  Königs  gedacht  werden  konnte,  ist  an 
sich  unverständlich  und  wird  nur  dann  eiuigermaassen  erklärlich,  wenn  der 
König  ein  gewisses  Interesse  an  dem  Gegenstande  des  Streites  nahm.  Nun  wird 
sich  später  zeigen,  dass  der  Gegenstand  des  Streites  Hoheitsrechte  in  der 
Herborner  Mark  betraf.''^)  Wenn  nun  diese  Mark  im  Jahre  1255  auch  bereits 
im  Besitz  der  Grafen  von  Nassau  war,  so  wird  sich  ebenfalls  spätoi'  noch 
ergeben,  dass  der  König,  trotzdem  er  sich  ihrer  entledigt  hatte,  noch  immer 
ein  entferntes  Anrecht  daran  besass,  das  ein  Eingreifen  ermöglichen  konnte. •""'') 
W"eiter  ist  die  Thatsache  bemerkenswert,  dass  es  in  der  Mark  bis  in  das 
13.  Jahrhundert  keine  einzige  feste  Burg  gegeben  hat.  Herborn,  Dillenburg. 
Tringenstein  sind  sämtlich  erst  von  den  Grafen  von  Nassau  angelegt  worden. 
Wann  die  Burgen  der  eingesessenen  Geschlechter  von  Dernbach  und  Bicken 
erbaut  worden  sind,  ist  unbekannt.  Im  13,  Jahrhundert  ist  die  des  ersteren 
sicher  und  die  des  zweiten  sehr  wahrscheinlich  schon  vorhanden  gewesen,  wovon 
sogleich  noch  die  Rede  sein  wird.  Bedeutung  für  die  Mark  aber  haben  beide 
keinesfalls  gehabt.  W^äre  diese  schon  im  11.  oder  12.  Jahrhundert  au  ein 
Dynastengeschlecht  übergegangen,  oder  hätte  ein  solches  hier  Fuss  gefasst,  so 
hätte  es  für  dasselbe  nahe  gelegen,  sich  einen  festen  Stützpunkt  zu  schaffen, 
wie  es  im  13.  Jahrhundert  die  Grafen  von  Nassau  ziemlich  bald  gethan  liaben. 
Aus  dem  Umstände,  dass  dies  nicht  der  Eall  gewesen  ist,  dass  überhaupt  von 
fremdem  Besitz  an  und  in  der  Mark  nichts  bekannt  ist,  möchte  ich  folgern, 
dass  an  dem  früheren  Zustande  wenigstens  bis  ins  12.  oder  den  Anfang  des 
13.  Jahrhunderts  nichts  geändert,  die  Mark  Königsgut  geblieben  ist. 


^*)  Item  si  discordia  que  jnm  dudiim  fuerit  inter  dominos  nostros  et  illos  de  Dnrhihnhc 
et  de  Willandisdorf  auxilio  domini  regis  vel  altera  amicahili  cnnipnsicione  mrdinntf 
non  fuerit  sopita^  ad  hoc  eeiam  advocaio  domino  WoUrnnw  cnmite  dninitins  Wallraiiius  fralri 
suo  in  expensis  et  quibiiscumque  aliis  (frnrnminilnif  vianiim  porrigrt  adiulricetii.  Pliilipiii, 
Siegenor  ÜB.,  No.  19,  S.  16. 

^^)   S.  unten  S.  34,  35. 

•'")   S.    unU'u   S.   38. 


34 

Auch  die  Betrachtung  der  Rechtsverhältnisse,  iu  deneu  sich  die  Bevölkerung 
befunden  haben  muss,  lässt  die  Vermutung  wahrscheinlich  erscheinen. 

Philip pi  har  in  Bezug  auf  das  nahe  gelegene  Siegerland  die  Überzeugung 
gewonnen,  dass  die  Bevölkerung  in  überwiegender  Zahl  eine  freie  gewesen  ist. 
Bei  der  Ähnlichkeit  der  Yerhältnisse  im  früheren  Mittelalter  glaube  ich  dasselbe 
auch  für  die  Herborner  Mark  annehmen  zu  dürfen.  Leider  verhindert  aber  der 
Mangel  an  urkundlichen  Nachrichten  bis  in  das  13.  Jahrhundert  einen  genaueren 
Einblick  iu  die  Dinge,  den  man  sich  nur  notdürftig  durch  Rückschlüsse  aus 
den  A^'erhältuissen  der  späteren  Zeit,  für  die  reichlichere  Quellen  vorliegen, 
verschaffen  kann. 

AVir  finden  im  13.  und  14.  Jalirhundert,  wie  schon  bemerkt,  einige  adlige 
Familien  in  der  Mark,  die  von  Dernbach  und  die  von  Bicken.  Sie  sind  durch 
Besitz  und  Stellung  von  Wichtigkeit  für  die  Mark  und  bedürfen  hier  einer  be- 
sonderen Betraclitung.  Beide  sind  einheimische  Familien  ;  ihre  Stammsitze, 
Dernbach  und  Bicken,  lagen  in  der  Mark,  nordöstlich  von  Herborn ;  sie  erscheinen 
urkundlich  seit  dem  13.  Jahrhundert.  Adlige  von  Dernbach  sollen  es  gewesen 
sein,  die  1233  den  bekannten  Ketzerverfolger,  Konrad  von  Marburg,  er- 
schlugen.''')  Ihre  Burg  war  gemeinsamer  Besitz  des  Geschlechtes,  das  eine 
Ganerbschaft  bildete."*^)  Ihre  Macht  muss  bereits  im  13.  Jahrhundert  recht 
bedeutend  gewesen  sein,  wie  daraus  zu  entnehmen  ist,  dass  die  Fehde  mit  den 
Grafen  von  Nassau,  die  zuvor  schon  erwähnt  wurde,  im  Jahre  1255  „schon 
lange"  währte. ■''^)  Sie  zog  sich  sogar  beinahe  durch  ein  volles  Jahrhundert  hin 
und  wurde  erst  1333  durch  einen  Vergleich  beendet.  Aus  der  Urkunde,  die 
darüber  vorhanden  ist*°),  erfährt  man  den  Gegenstand  des  langen  Streites.  Die 
Ganerbim  traten  darnach  um  eine  Summe  von  4000  Mark,  die  ihnen  Graf  Heinrich 
von  Nassau  zu  zahlen  versprach,  ab  ,,aUe  die  hersehaf  und  daz  recht,  daz 
irir  hatten,  hain  und  hahen  moclden  su  Tierhern  in  der  stat  und  in  Herbem 
marhe,  ez  si  an  den  geriehten,  an  buwe,  an  vischerye,  an  iviltbanne,  an  holcze, 
an  velde,  an  loaczern,  an  iveiden  und  mit  namen  an  den  vier  weiden  Scheit ertvald, 
die  Herde,  die  Eberhart  und  die  Schapach  und  allez,  das  in  die  ivelde  höret, 
ez  si  an  waltmedeme,  an  ackern,  an  ivysen,  an  bergen,  in  delen,  über  der  erden 
und  unter  der  erden,  an  zollen  und  an  molenstedin,  .  .  .  darzu  mit  namen  alle 
die  lüde,  die  uns  angehorent,  iva  die  binnen  des  vorgenanten  grehin  Heinrichs 
und  siner  sone  lande  ader  vesten  geseczen  sint,  des  hiide  zu  dage  si  herren 
sint  und  daz  si  inne  haut  .  .  ."  Sie  behalten  aber  ihre  Kirchensätze  und 
ausserdem  13  Höfe  in  den  Orten  Dernbach,  Stippach,  Bicken,  Murkenbach, 
Offenbach  und  Munzenbach.  Entrichten  ihre  Jlofleute  ihnen  den  fälligen  Zins 
nicht,  so  sollen  die  Ganerben  es  zunächst  den  landesherrlichen  Amtleuten  klagen, 
falls  diese  sich  aber  säumig  zeigen,  selbst  zur  Pfändung  schreiten.  Offenbar 
hat   also    den  Kernpunkt  des  Streites  ausgemacht,   was  die  Grafen  durch  Kauf 


")  Arnoldi,  Geschichte  der  Oranien-Xass.  Länder  I,  36.  —  Romjnel,  Geschichte  von 
Ile.ssen  I,  300. 

**)  Ein  Sief^el   der  (ianerben   wird   1274   er\\;ihnt,  Tliili])|ii,  Siegeiier  VW,  'So.  43. 

8")  S.  oben  S.  33,  Anni.  34. 

*')  Urkunde  von   1333,  .Mai  21,  Staatsarchiv  Wiesbaden,   Dilleiib.   Arciiiv. 


,i:) 


an  sich  brachten,  nicht  der  umfangreiche  Besitz  des  Geschlechts,  der  ihm  ver- 
blieb, sondern  „die  herschaf  und  daz  recht'-'-  zu  llerborn  und  in  der  Ilerbornor 
Mark,  Gericht,  Fischerei,  Wildbaun,  Rechte  an  der  gemeinen  Mark,  wie  an 
einzelnen  bestimmten  Wäldern,  Bergrechte,  Zölle,  also  eigentliche  Huheitsrechte. 
Da  nun  der  Streit  im  Jahre  1255  bereits  lange  [jam  dudiim)  währte,  so  wird 
man  wohl  nicht  fehl  gehen,  wenn  man  annimmt,  dass  er  begonnen  hat,  als  die 
Grafen  von  Nassau  in  den  Besitz  der  Mark  gelangten  und  dem  Geschlechte 
der  Dernbachs  diese  Rechte  streitig  machten.  Es  muss  also  wohl  sein  Recht 
in  Ilerboru  und  in  der  Mark  vorher  errungen  haben.  Ob  auf  gesctzmässigcm 
oder  gewaltsamem  Wege,  erfährt  man  leider  nicht ;  doch  möchte  ich  auf  U.sur- 
pation  schliessen,  da  nur  so  das  Einschreiten  der  Grafen  von  Nassau  einen  Recht.^^- 
boden  hätte  und  zu  erklären  wäre.  Sie  werden  eben  den  dringenden  Wunsch 
gehegt  haben,  Herren  in  der  Mark  zu  sein  und  die  Hoheit  nicht  mit  dem  Adel 
teilen  zu  müssen.  Dass  aber  die  von  Dernbach  sich  eine  so  mächtige  Stellung 
erwerben  konnten,  wird  dann  wieder  einigermaassen  verständlich,  wenn  die 
Mark  eines  Landesherrn  entbehrt  hätte,  dessen  Vorhandensein  den  aufstrebenden 
Adel  gewiss  niedergehalten  hätte.  Ein  solcher  Zustand  aber  war  gegeben,  der 
Boden  also  gewissermaassen  geschaffen,  auf  dem  die  Dernbachs  sich  entwickeln 
konnten,  wenn  die  Verhältnisse  so  lagen,  wie  sie  im  Vorstehenden  ermittelt 
worden  sind,  d.  h.  wenn  die  Mark  Königsgut  war  und  seit  dem  Verfall  der 
GauverfassuDg  eines  königlichen  Beamten  entbehrt  hätte. 

Eine  ähnliche,  aber  doch  minder  bedeutende  Stellung  hatte  sich  auch  das 
Geschlecht  der  Herrn  von  Bicken  erworben.  Auch  dieses  ist  im  13.  Jahrhundert 
in  der  Herborner  Mark  urkundlich  nachweisbar'^),  es  hatte  geringeren  Besitz 
daselbst  und  scheint  anfänglich  auch  in  keinem  so  feindlichen  Gegensatze  ge- 
standen zu  haben,  wie  die  von  Dernbach.  Im  Gegenteil  traten  einzelne  An- 
gehörige des  Gescldechts  sogar  in  die  Dienste  der  Grafen.  Bekannt  ist  ein  Konrail 
von  Bicken,  der  seit  1292  als  gräflicher  Vogt  in  Herborn  nachweisbar  ist.'-j 
Indessen  brach  doch  im  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  auch  zwischen  diesem 
Geschlecht  und  den  Grafen  von  Nassau  eine  Fehde  aus'"'),  die  erst  133(1  bei- 
gelegt wurde.")  Die  IMckens  traten  gegen  eine  Zahlung  von  800  Mark  an 
den  Grafen  Heinrich  von  Nassau  und  dessen  Söhne,  ähnhch  wie  die  von  Dernbach, 
ab  „alle  dij  herschaf  unde  dy  lüde,  die  ivir  bisher  hattin  in  der  Ilerbirronarle, 
linde  tvas  wir  rechtis  da  inne  uns  annamin  an  holcze,  an  wazzere,  an  tveyde, 
an  felde  .  .  .  ane  unse  hohe  zu  JBikJcene  unde  zu  Seibach  unde  ane  unse  geJdene 


")  Ein  Anseliii  von  Hickon  wird  in  Urkunden  von  1237  und  von  1249,  Isoveniber  20. 
genannt.     Mittelrheinisches  ÜB.  III,  450.  —   Kratli,  Conspectus  I,  47  im  StA.  Wiesbaden. 

■'2)  Siesfener  ÜB.,  No.  65.  Wenn  Pliilippi,  Einleitung  S.  XXXIV  sogt,  daa.s  die 
von  Bicken  die  Yogtei  in  Herborn  besasscn,  so  vermag  ich  das  nur  in  dem  Sinne  zu  ver- 
stehen, dass  Konrad  von  Bicken  in  die  Dienste  des  Grafen  von  Nassau  trat  und  von  diesem 
zu  seinem  Vogt  in  Herborn  gemacht  wurde.     Vgl.  aucli  Beilage  I. 

'=^)  Sie  wurde  zunächst  durch  einen  Vertrag  im  Jalire  1312,  Juni  26,  beendet  (Siei:<"ner 
ÜB.,  Xo.  127),  bracli  dann  aber  wieder  aus  und  wurde  1327  insliesondere  durch  Kckard 
von  Bicken  geführt  (Urk.  v.  1327,  Juni  29,  Oktober  2(t  u,  30,  ferner  von  1328,  Januar  C  u.  a. 
St.  A.  Wiesbaden,  Dillenb.  Archiv). 

**)  Urkunde   von   1336,  Mai  21,  Siegener  Ui'..,  No.  214. 

3* 


36 

(jut  unde  ane  unse  hirchsatze.  dij  irir  da  inne  han'-'-.  Der  UinfaDg  der  ab- 
getretenen Rechte  ist,  wie  schon  aus  dem  Verkaufspreise  hervorgeht,  ein  sehr 
viel  kleinerer,  wie  bei  den  von  Dernbach,  er  bescliränkt  sich  auf  Rechte  an 
Hörigen,  sowie  an  der  gemeinen  Mark,  also    keine    uubedingten  lloheitsrechte. 

Es  ist  bereits  bemerkt,  dass  die  beiden  Famihen  von  Dernbach  und  von 
Bickeu  in  der  Mark  einheimisch  sind.  Wie  aber  hier  ihr  Adel  entstanden  sein 
mag,  entzieht  sich  unserer  Kenntnis,  jedenfalls  nicht  auf  dem  Wege  der  Ministe- 
rialität. ■*•'')  Wahrscheinlicher  ist  es,  dass  sie  aus  freien  Landsassen  sich  infolge 
ihres  grossen  Besitzes  und  der  hierdurch  erlangten  Möglichkeit,  eine  rittermässige 
Existenz  zu  führen,  sich  zu  Adligen  entwickelt  haben.  In  ihnen  fand,  wie  wir 
sahen,  die  Landesherrschaft  ein  Jahrhundert  lang  die  heftigsten  Gegner,  aber 
die  Fehde  endete  mit  dem  Siege  der  Landesherrschaft,  deren  Hoheit  diese  so 
lange  Zeit  trotzigen  Geschlechter  endlich  anerkennen  mussten. 

Der  Adel  besass  auf  seinen  Besitzungen  eine  abhängige,  hörige  Bevölke- 
rung {coloni,  hovelude),  die  ihm  zu  Zinszahlung  und  zu  persönlichen  Dienst- 
leistungen verpflichtet  war'^),  und  über  die  er  die  niedere  Gericlitsbarkeit  be- 
sass; nur  das  Ilalsgericht  scheint  sich  die  Landesherrschaft  vorbehalten  zu 
haben.'")  Landesherrliche  Abgaben  zahlten  diese  Leute  nicht,  auch  waren  sie 
von  Dienstleistungen  für  den  Landesherrn  befreit,  nur  polizeilichen  und  all- 
gemeinen Landesaufgeboten  hatten  sie  Folge  zu  leisten.  Es  wäre  interessant, 
zu  erfahren,  wne  diese  Klasse  der  Bevölkerung  in  ihre  abhängige  Stellung  ge- 
langt ist;  doch  lässt  sich  dies  bei  dem  Mangel  an  ^'achrichten  lediglich  aus 
allgemeinen  Gründen  ableiten. 

Die  Hauptmasse  der  Bevölkerung  der  Mark,  d.  h.  die  in  den  Ortschaften, 
soweit  sie  nicht  adliger  Besitz  waren,  ansässigen  Leute  sind  der  Landesherrschaft 
unterworfen.  Die  Grafen  ernennen  für  sie  einen  Vogt  oder  Amtmann  als  Ge- 
richts- und  Verwaltungsbeamten  mit  dem  Amtssitze  in  llerborn;  sie  sind  Vogtei- 
leute,'^)  Charakteristisch  für  sie  ist,  dass  sie  eine  regelmässige  Abgabe,  die  Bede, 
an  den  Grafen  zahlen.''-*)  Erinnert  man  sich  des  Königsscheffels  im  Haigergau, 
von  dem  König  Konrad  L  914  ein  Drittel  an  das  Stift  in  Weilburg  schenkte, 
der  ebenfalls  eine  ständige  Abgabe  der  Bewohner  des  Gaues  war,   so  ist  wohl 


")  Philipp! ,  Siej^ener  ÜB,  Einleitung  S.  XXXIV  f.,  vermutet,  dass  die  von  Bickeu 
isenburgische  Ministerialen  gewesen  sind.  Es  ist  aber  doch  nicht  recht  ersichtlich,  wie  dieses 
aus  der  Herborner  Mark  stammende,  in  ihr  dauernd  ansässige  Geschlecht  isenburgischo  Mini- 
sterialen gewesen  sein  sollen.  Ähnlichkeiten  im  Wappen  und  selbst  Eheverhindungen  beweisen 
noch  nicht  viel. 

*«)  Gerhard  v.  Bicken  verpfändet  1318,  Juni  26,  einen  Zins,  den  ihm  seine  Colonen  zu 
zahlen  verpflichtet  waren,  an  das  Deutschordenshaus  in  Marburg.  St.  A.  Wiesbaden,  Oranischo 
Urkundenabschriften.     Vgl.  auch  oben  S.  34. 

")  Die  von  dem  Grafen  Otto  1344,  .Juni  15,  an  den  Ritter  Eckard  von  Bicken  vor- 
setzten, zur  F^urg  Wallenfels  gehörigen  Leute  sollen  „ir  gerichte  suchen  vor  dem  huse  Walden- 
fels  und  anders  nyrgen,  sunden  ir  halsgerichte  daz  sollent  sy  zo  Herberen  suchen."  St.  A. 
Wiesbaden,  Dillenburger  Arch. 

<")  Ein  Vogt  von  Herborn  wird  zuerst  1270  genannt,  ürk.  von  1270,  Dezember,  im 
St.  A.  Wiesbaden,   Dillenb.   Arch.    Vgl.  auch  das   Weistum  der   Herborner  Mark    in    Reilngo  I. 

■"•;  S.  das  Bcdercgistcr  von   1398,  das  A.  Eggers  unten,  S.  45  ö".,  abdruckt. 


37 

wahrscliciiilich,  dass  die  Bede  des  14.  Jalirliiiiiderf«  dasselbe  isf,  wie  dor  KüniL's- 
scheftel  des  10.  Jahrluiuderfs,  d.  Ii.  die  erst  an  deu  Köuig,  später  an  den  Landcs- 
herrn  gezahlte  ständige  Abgabe.  Allerdinga  ist  die  Bede  eine  (leid-,  der  Köuig«- 
scheffel  eine  Naturalabgabe,  indessen  hatte  sich  zwischen  dem  10.  und  dem 
14.  Jahrhundert  der  Übergang  von  der  Natural-  zur  (ieldwirtscliaft  allmählich 
angebahnt,  um  nicht  zu  sagen  vollzogen.  Es  würde  sich  also  auch  in  dieser 
Beziehung  wieder  eine  Parallele  zwischen  dem  llaigergau  und  der  llerborner 
Mark  ergeben  und  so  auch  ihrerseits  zur  Bestätigung  der  Vermutung  dienen 
dass  die  llerborner  Mark,  wie  der  Haigergau  ursprünglich  Königsgut  gewesen  ist. 

Fasse  ich  nun  hier  noch  einmal  das  Ergebnis  der  bisherigen  Untersuchun"- 
zusammen,  so  ist  Folgendes  festgestellt  oder  doch  wahrscheinlich  gemacht  worden: 
die  llerborner  Mark  ist  ursprünglich  ein  grosser  Wirtschaftsbezirk,  sie  ist  ein 
Uutergau  des  Niederlahngaus,  bildet  als  solcher  einen  Gerichtsbezirk  und 
bildet  ein  Kirchspiel;  sie  ist  Königsgut,  und  es  ist  bis  zum  13.  Jahrhundert  nicht 
bekannt,  dass  eine  auswärtige  lEerrschaft  darin  Puss  gefasst  hat,  wohl  aber, 
dass  ein  einheimisches  Adelsgeschlecht  lloheitsrechte  besitzt,  derentwegen  es 
mit  dem  späteren  Landesherrn  in  beständigem  Streite  liegt. 

Versuchen  wir  nun  auf  Grund  dieser  Ermittelungen  der  Frage  nach  der 
Erwerbung  der  Mark  durch  die  Grafen  von  Nassau  näher  zu  treten. 

Die  Herborner  Mark  ist  im  14.  Jahrhundert  ein  hessisches  Lehen  der 
Grafen  von  Nassau.  Wann  und  wie  ist  sie  das  geworden?  Die  Quellen  lassen 
uns  hierbei  völlig  im  Stich.  Die  erste  Erwähnung  des  Verhältnisses  findet  sich 
in  einer  Urkunde  vom  März  1306.  Durch  die  Teilung  der  nassauischen  Länder 
von  1255  war  Herborn,  Stadt  und  Mark,  an  den  Grafen  Otto  ( —  1289)  ge- 
kommen und  fiel  dann  an  seine  Söhne.  Als  diese  im  Jahre  1303  die  vom 
Vater  überkommenen  Länder  wiederum  teilten,  gelangte  es  zusammen  mit  der 
Kalenberger  Zent  an  den  jüngsten  Bruder  Johann. •''°)  Dieser,  früher  Domherr 
in  Worms,  dann  aus  dem  geistlichen  Stande  ausgetreten,  ohne  Nachkommen, 
sicherte  seinem  Bruder  Heinrich  die  Nachfolge  in  seinen  Erblanden  dadurch, 
dass  er  sie  ihm  zu  Lehen  auftrug  mit  der  Bestimmung,  dass  nach  seinem  Tode 
Graf  Heinrich  in  ihren  Besitz  treten  solle.  Hierzu  erteilte  nun  der  Landgraf 
Heinrich  von  Hessen  seine  Zustimmung.'')  Ist  das  Lehnsverhältnis  auch  nicht 
mit  klaren  Worten  in  der  darüber  ausgestellten  Urkunde  ausgedrückt,  so  ist 
die  Zustimmung  doch  lediglich  hierdurch  begründet;  denn  aus  späterer  Zeit 
liegen  Lehnsurkundeu  zur  Genüge  vor."^^)  Bis  jetzt  hat  dieses  Verhältnis  weder 
Aufmerksamkeit  erregt,  noch  eine  Erklärung  gefunden.  Es  erscheint  mir  aber 
höchst  beachtenswert  insbesondere  für  die  uns  hier  beschäftigende  Frage. 

Die  erste  Nachricht,  dass  die  (frafen  von  Nassau  im  Besitz  der  llerburncr 
Mark  sind,  erhalten  wir  dadurch,  dass  Graf  Heinrich  II.  von  Nassau  im  Jahre 


'"">)  Arnoldi,  a.  a.  0.,  I,  80. 

^')  Urkunde  von  1306,  März,  im  St.  A.  Wiesbiulcn,  Dillenb.  Anliiv.  V-l.  l'hilippi, 
Siegener  ÜB.,  No.  105. 

*^J  Vgl.  auch  die  Urkunde  über  dir  Verpfändung  dor  llerborner  Mark  an  den  Land- 
grafen Hermann  von  Hessen  aus  dem  Jahre  1398,  September  5,  bei  Wcnck,  Hess.  Landes- 
gesch.  I.,  ÜB.,  S.  210, 


r5s 

1231  das  Patronat  der  Kirche  in  Iferburii  dem  dcutsclieu  Ritterorden  sclienktc. 
►  In  der  die  Schenkung  verbriefenden  Urkunde'"')  macht  er  dann  noch  die  wei- 
tere, anderweitig  nicht  bekannte,  sehr  interessante  Mitteilung,  dass  er  dieses 
Patronat  vom  Landgrafen  von  Thüringen  habe,  und  dass  dieser  die  Kirche  samt 
dem  Patronat  vom  Könige,  der  damals  bekanntlich  Heinrich  YII.  war,  zu  Lehen 
erhalten  habe.  Es  ist  auch  die  Urkunde  erhalten,  in  der  Heinrich  seine  Zu- 
stimmung zu  der  Schenkung  giebt  und  die  Belehnung  des  Landgrafen  von 
Thüringen  ebenfalls  erwähnt.'')  Die  Thatsache,  dass  die  Herborner  Kirche  im 
Obereigentuni  des  Königs  stand,  ist  früher  bereits  benutzt  worden,  um  nachzu- 
weisen, dass  die  Herborner  Mark  Königsgut  war.  Ist  letzteres  richtig,  so  darf 
man  vielleicht  auch  weiter  vermuten,  dass  König  Heinrich  nicht  nur  die  Kirche, 
sondern  alle  seine  Rechte  an  der  Mark  dem  Landgrafen  von  Thüringen  zu 
Lehen  gegeben  hat.  Es  würde  das  ganz  im  Sinn  seiner  Politik  gewesen  sein, 
da  er  bekanntlich  versuchte,  sich  die  deutschen  Fürsten  in  weitgehendem  Maassc 
zu  verptlichten.  Freilich  lässt  sich  weder  eine  Zeit,  noch  auch  eine  besondere 
Veranlassung  zu  dieser  Belohnung  angeben,  aber  sie  muss  wohl  in  dem  Jahr- 
zehnt zwischen  1220  und  1230  erfolgt  sein,  weil  Heinrich  1220  zum  König 
gewählt  worden  war.  Es  würde  dann  also  Landgraf  Ludwig  IV.,  der  Gemahl 
der  h.  Elisabeth,  oder  sein  Bruder  Heinrich  Raspe  als  der  mit  der  Herborner 
Mark  Belehnte  anzusehen  sein.  Nun  aber  hatte  sich  damals  das  Haus  Nassau 
gerade  in  diesen  Gegenden  eine  ansehnliche  Machtstellung  erworben.  Es  besass 
bereits  das  Siegerland,  ohne  dass  wir  wissen,  wann  und  wie  es  in  dessen  Besitz 
gelangt  ist'"'),  und  es  hatte  die  Vogtei  über  die  Wormser  Besitzungen  in  Weil- 
burg erlangt.''^)  Ich  glaube  annehmen  zu  dürfen,  dass  es  auf  diesem  Wege 
auch  die  der  Herborner  Mark  benachbarte  Kalenberger  Zent,  die  Wormser  Lehn 
war''),  und  vermutlich  auch  den  Haigergau  erworben  hat,  dessen  Kirche  und 
dessen  Zehnten,  wie  wir  wissen,  dem  Stift  in  Weilburg  und  mit  diesem  dem 
Wormser  Dome  geschenkt  worden  waren.  Der  nassauische  Besitz  umklammerte 
damit  die  Herborner  Mark  von  verschiedenen  Seiten,  und  so  könnte  es  leicht 
gekommen  sein,  dass  der  Landgraf  von  Thüringen  sich  veranlasst  gesehen  hat, 
die  Mark  dem  Grafen  Heinrich  IL  von  Nassau  weiter  zu  Lehn  zu  geben.  Aus 
diesem  Lehn  löste  dieser  dann  1231  die  Kirche  in  Herborn  mit  den  dazu  gehörigen 
Kapellen  unter  Zustimmung  des  Lehnsherrn,  des  Landgrafen  von  Thüringen, 
und  des  Oberlehnsherrn,  des  Königs,  heraus  und  schenkte  sie  dem  deutscheu 
Orden,  dem  sein  Bruder  Ruprecht  beigetreten,  für  den  die  Grafen  von  Nassau 
seit  seiner  Gründung  überhaupt  viel  Interesse  gezeigt  hatten."'*) 

Allein    wie    stimmt    damit    die  Thatsache,    dass    die  Herborner  Mark  ein 
hessisches  Lehen    gewesen    ist?     Auch    diese  Schwierigkeit    löst  sich,    wie  mir 


5^)  Wyss,  Uli.  der  Deutschordens-Ballei  Hessen  I,  20,  wo  uucli  die  t'rühereu  Drucke 
angegeben  sind. 

*')  Urkunde  von   1231,  Juni  3,  hei  Wyss,  a.  a.   0.,  I.  23. 

")  Philippi,  Siegener  UI5.,  Einleitung,  S.  XXVIII. 

^'')  S.  die  Urk.  von  1195,  November  6,  bei  K romer,  Origines  Xassoicae  11,  S.  2U7. 

°')  Lehnsurk.  von  1313,  Juni  29,  im  St.  A.  Wiesbaden,  Dillenb.  Arch. 

*")  Im  Jahre  1211  hatten  z.  H.  die  beiden  Brüder  Ruprecht  und  Heinrich  von  Nassau 
das  Patronat  der  Kirche  in  Wiosbftdon  dem  deutsclicn  Orden  geschenkt,     Krem  er,  Origg.  11,254. 


39 

acheini,  unsclnvcr.  Die  Laiidgrafon  vdii  TliiiiMiigCD  waren  Ijikauutlicli  iilici-  «-in 
Jahi'liuudert  zugleich  (Irafeu  von  Jlesscii.  Seit  11:50  Ijcbtanil  die  Vereinif^ung 
von  Thüringen  und  Hessen,  und  sie  währte  bis  zum  Tode  des  Luii<lgraieu 
Heinrich  Raspe  im  Jahre  1247. "''••)  Sie  bestand  also  noch,  als  Ludwig  iV,  oder 
sein  Bruder  die  Ilerborner  Mark  vom  Reiche  zu  Lehen  erhielt.  Als  dann  aber 
diese  Vereinigung  nicht  mehr  vorhanden  war,  die  Landgrafschaften  Thüringen 
und  Hessen  getrennt  wurden,  da  wird  das  Lehensrecht  an  der  Mark  bei  dem 
näher  gelegenen  Ifesscn  verblieben  sein.  Die  Oberlchnsherrlichkcit  des  Reiciies 
ist  in  den  Zeiten  des  Interregiiums  völlig  in  Vergessenheit  geraten,  das  Lchens- 
recht  der  Landgrafen  von  Hessen  aber  blieb  in  Kraft  und  wurde  von  diesen 
auch  während  der  späteren  Jahrhunderte  nicht  aus  der  Hand  gegeben. 

Damit  wäre  denn  eine  Antwort  auf  die  Frage,  wie  die  (Jrafen  von  Nassau 
in  den  Besitz  der  Ilerborner  Mark  gekommen  sind,  gefunden.  Nicht  als  Allod 
der  Grafen  von  Gleiberg  auf  dem  Wege  des  Erbganges,  sondern  als  Lehn  von 
den  Thüringer  Landgrafen,  die  sie  wieder  als  Lehn  vom  Reiche  empfingen, 
haben  sie  meiner  Ansicht  die  Mark  erlangt,  und  so  ist,  wenn  anders  der  Zu- 
sammenhang der  Dinge  richtig  erkannt  ist,  ihr  Verlauf  ein  neuer  Beleg  für  die 
alte  Erfahrung,  dass  das  deutsche  Territorialfürstentum  sich  nährte  und  erstarkte 
von  den  Brocken,   die  von  des  Reiches  Tische  fielen. 

Es  ist  nicht  meine  Absicht,  weiter  die  Folgen  zu  schildern,  die  die  Be- 
lehnung des  Grafen  JEeinrich  mit  der  Mark  hatte,  den  schon  erwähnten  lang- 
jährigen Kampf  mit  dem  eingesessenen  Adel,  in  den  die  hessischen  Lehnsherren 
wiederholt  eingriffen,  auch  nicht  die  durch  die  Teilungen  im  Hause  Nassau 
herbeigeführten  Wechsel  in  der  Landeshoheit  über  die  Mark.  Ich  möchte  am 
Schluss  dieser  Untersuchung,  die  die  Erwerbung  der  Landeshoheit  in  der  Mark 
seitens  des  Hauses  Nassau  betrifft,  nur  noch  auf  eine  interessante  Urkunde  auf- 
merksam machen,  die  ein  Zeugnis  für  diese  Landeshoheit  aus  dem  Jahre  1313, 
also  lange  nach  ihrer  Erwerbung,  enthält.  Es  ist  dies  ein  Weistum,  das  Graf 
Johann  von  Nassau,  einer  der  drei  Söhne  des  Begründers  der  ottonischen  Linie 
durch  Schöffen  weisen  liess.  Wie  oben  erwähnt,  war  ihm  bei  der  Teilung 
der  väterlichen  Länder  im  Jahre  1303  die  Herborner  Mark  mit  Ilerborn  und 
Dillenburg  und  die  Kalenberger  Zent  mit  Beilstein  und  Mengerskirchen  zugefallen, 
und  er  hatte  diese  Gebiete  bereits  10  Jahre  im  Besitz,  freilich  nicht  gerade 
in  ruhigem  Besitz.  Der  Kampf  mit  den  Dernbach'schen  Ganerben  und  den 
Herrn  von  Bicken  entbrannte  unter  ihm  mit  besonderer  Heftigkeit  und  drohte 
um  so  gefährlicher  zu  werden,  als  die  Ganerben  die  Burg  Dernbach  1300  an 
den  Landgrafen  Otto  von  Hessen  verkauften "0),  und  nun  dieser  Lehnsherr  der 
Grafen  von  Nassau  in  den  Streit  verwickelt  wurde.  Aber  1312  war  doch 
wieder  ein  Vergleich  mit  dem  Landgrafen  zu  Stande  gekommen*^'),  der  aller- 
dings nicht  lange  gehalten  worden  ist.  Ein  Jahr  später,  am  30.  September  1313, 
schloss  Johann    einen  Sondervertrag   mit   einem    der  Ganerhen,    dem    Knappen 


°®)  Romrael,  Gesell,  von  Hessen,  I.  240,  315. 

ßO)  Urk.  von  1309,  November  7,  erwähnt  bei  Erath,  Conspectus  1,  82  im  St.  A.  Wiesbaden. 
«')  Urk.  von  1312,  Juni  26,    im    St.  A.  Wiesbaden;   Kegest    bei    Philippi,  Sieg.  11-.. 
Xo.  127. 


40 

Ludwi"-  von  Ilacheuburg,  iu  ilcm  dieser  seinen  Auteil  an  dem  Rechte  der  Gan- 
erben in  der  Mark  dem  Grafen  abtrat.  Wenige  Tage  vorher,  am  2.  September, 
erschien  Johann  erst  in  dem  Dorfe  Burg  bei  llerborn  und  liess  sich  hier  von 
Einwohnern  aus  den  Dörfern  des  südUchen  Teiles  der  Mark  bezeugen,  dass 
seit  zwanzig  und  mehr  Jahren  keine  andere  Herrschaft  iu  der  Mark  vorhanden 
gewesen  sei,  als  die  nassauische,  und  weiter  dass  zur  Herborner  Mark  alles 
Land  gehöre,  das  von  der  Mitte  des  Ulmbaches  zwischen  den  Orten  Haiern 
und  "Wallendorf  nach  Herboru  zu  liege.  Dasselbe  Zeugnis  liess  er  sich  am 
folo-enden  Tage  von  den  Schöffen  in  Herborn  ausstellen,  und  wieder  am 
foI"-enden  Tage   befragte    er   die  Schöffen  der  Kalenberger  Zent,    wer  dort  die 

Herrschaft  habe. 

Der  Zweck  dieser  Weisungen  ist  nicht  recht  ersichtlich.  Vielleicht  kam 
es  dem  Grafen  weniger  auf  das  Zeugnis  an,  dass  die  Herrschaft  in  der  Herborner 
Mark  seit  mehr  als  20  Jahren  den  Grafen  von  Nassau  zustehe,  als  darauf,  dass  keiue 
andere  Herrschaft  darin  vorhanden  gewesen  sei.  Mau  könnte  dann  wohl  denken, 
dass  das  Weistum  durch  den  Streit  mit  den  Dernbachs  und  Bickens  veranlasst 
worden  ist  und  bestimmt  war,  eine  Rolle  darin  zu  spielen;  aber  dann  bliebe 
unerklärt,  warum  dasselbe  Zeugnis  auch  in  Bezug  auf  die  Kalenberger  Zent  ein- 
geholt worden  ist,  in  der  diese  adligen  Herrn  Hoheitsrechte  doch  nicht  beanspruchten. 
Was  aber  auch  immer  der  Zweck  gewesen  sein  mag,  so  verdient  das  W^eistum 
der  Herborner  Mark  seines  rechts-  und  seines  lokalgeschichtlichcn  Inhalts 
wegen  Interesse  und  rechtfertigt  wohl  schon  aus  diesem  Grunde  den  nach- 
folgenden Abdruck. 


Beilage   I. 

Weistum  über  die  Landeshoheit  der  Grafen  von  Nassau  in  der  Herborner  Mark 
und  der  Kalenberger  Zent.     1313,  September  2 — 4. 

A.  Xotariatsinstrument,  Original,  Pergament.     Dorsalnotiz  von  einer  Hand  aus  dem  An- 
fitnrj    des   14.    Jahrhunderts:    Instiumenta    publica   super    divisione    Ileriberemarkc)   et 

Kalcnberg(ei-    ziute)    et   littora|o]     divisionis (coinita  ■r')tus    tocius    de    Nassowc 

per  copiam. 

1!.  Transsumt  in  einem  Notariatsinstrument  von  14:32,  Decembcr  2,  Tergamcni,  dessen 
Eingang  lautet:  In  gots  uaiuen  amen.  Kunt  sv  getlian  allen  die  dissen  brioff  und  In- 
strument sehent,  horent  adir  lesent,  daz  in  dem  jare,  do  man  czalte  nach  Cristi  gebart 
vierczenhondert  jare  und  darnach  in  dem  czwey  und  dryoszichstem  jähre  in  der  czohcn- 
den  indiccien  an  dem  czweyten  tage  des  inants,  den  nuin  zu  Latvne  sciiribct  Doccmber 
umb  pryme  czyt  babistonies  des  allirheylichstes  in  gode  fadir  und  heren  hern  Eugenii 
von  gotlich  versichtykeit  des  vierden  in  syme  czweyten  jare  zu  Mcngerszkirclien  hait 
gestanden  der  edergratte  .Johan  zu  ^assauwc,  herre  zu  Biolsteyn,  und  wiestc  mich, 
Heinrich  offenbare  schriber  van  keysoriicher  gewalt  her  nach  gcschribin,  cyne  otlen 
instru)nent  und  hermante  und  liiesz  mich  eine  soliclic  instrumont  uszcupicrn  von  worte 
zu  worte  ...  In  dem  Transsumt  ist  der  Dialekt  durchweg  verändert:  von  den 
Varianten   sind  nur  die  ivesentlichsten  in  den  Anmerkungen  berücksichtigt. 

In  godes  naymen  amen.  Allen  den,  düsou  gcynwortigen''-)  briif  seint  aync,  si 
kuiit  und  üfinbayrc,  dat  nay  godes  gcburte  dusint  druhundirt  in  denic  druceynteiiic 
gare  des  sundayges    vor  unser    vrawcii  daygcn   der    Icister  junchcrc  -Julian  eyn  gravc 


62 


)  offenbaren   I!, 


41 

zo  Nassawc^'')  leytc  gozucl»  und  crvoir  kunscliaf  in  ga} mvorticliax do  niins  und  birvci"*) 
lüde,  als  liernai  geschrevin  steit,   vor  mir  Conraflo  Prind  von  CovcUMize,  ein  canonirji 
zo  Wilburcli.    als  vor    cyme  gcnieynenic    sclaivcrc    von  keyseriiclic    .Gewalt,   wiirdüu"'/ 
geszuch  gelcit    und  kunscliaf   iwayre^*^)    von   Herberen    niarckc    und  von  Kaylebergcr 
zink',    als    licrnay    steit    geschreifen :    ('onraid    von    llcrbach,    Conraid,    de  da  lieiset 
Bereige,  Conraid  Iloyn,   Itodegcr  von  Murkinbacli,    Eynieche    von  Vliisbach,   Hartman 
Stinieclu",    Tydo*'')    Sthcinbrecliere    undc    Conraid    Roise    von    Sinde,    düse   geszchucli 
svoren  zo  den  lieyligen  de  wayreit  zo  sayne  de  si   wiistein.     Do  vraichde  si  junchcn- 
Jobayn  von    Nassawe    bi    licreme"^)    eyde,    vvat  sie  wüsten  von    Herberenmarckc ;    do 
antwcrdcn  duse  gezuge  bit  deme  eyde,  ir  ekelicli  sunderlichc  unde  mit  eyn  gevraygit, 
dat  si    binnen    svenzich    gayren    unde    mc  nc  gesayclicn    andere   berescliaf  heren  siin 
unde  geweldich    zo  roychten    unde    zo  gebedene  in  Herberenmarke,  dan  de  liercseliat 
von  Nassawe ;   unde  Ilerberenmarke    is  allet.    dat   da    liit    schuscliin    Hayren"'')    unde 
Walderdorf^")  diisitc  mitten  in  de  Ulmen'' ^)  zu  Herberen  wert.    Dat  düse  vorgespregeu 
gezuche    des    virgaygin'-),    dat    hurte   er  Bruyn,    der    kircherc  von  Schonenbach,  her 
Rorich,  der  vaid^''),    Henrich    von   Ybach    unde  andere    birve  lüde,    de  darzo  gcrofen 
waren  zo  gezuche.     Dit  gcschach  zo  liurc^')  des  sundaiges  na  unser  vrawen  dage  der 
laysten.     Darna    des    mayndaiges    würden    geleit    zo  gezuche  Heynrich  Wüste,   Gisil- 
breicht,    Heyneman    Kornengel,    Gisilbreicht    von    Michillinbach,    Gysilbreicht    in    nie 
Hove,    Gile  Ditmaris  sun,    Gerlach    von  der  Brücken,  Conrad  Bacnian,    Johan  uf  der 
Brücken,  Conraid  Zünze,    Heynenian   Vrenkewin,    scheifene  zo  Herberen ,    dose  svoren 
zo  de  heylegen  unde  spragen,  dat  [si  |  svenzich  gair  unde  me  sagen  de  hereschaf  van 
Nassau  in  Herberenmercke  rechten  unde  alse  heren  gebeide,    undc  sind  eyndrechtich 
mit  dosen  vordersen  gezuche.     Düsen  ge[cz]ucht^^')  hurte  er  Conraid    von  Bickene^^). 
er  Richolf  en  kirchere  von  Herberen")  unde  veil  ander  birver  lüde;  er  Conraid  von 
Bickene  geide,  dat  he  von  der  hcrren  moder  von  Nassawe^^)  und  ere  süne  was  vaid 
und  anibman    undc    reichtede'^^)    zheyn   gar   beider   site,    Rorich    von    lleygere  gaich 


*'•■')  Johann  Graf  von  Nassau,  der  jüngste  Sohn  des  Grafen  Otto,  des  Begründerp  der 
nach  ihm  benannten  Linie  des  Hauses;  er  starb  1328.  S.  über  ihn  oben  S.  37  und  Arnoldi, 
Gesch.  d.  Oranien-Nassauischen  Länder  I,  74  fP. 

*^')  biertfer  B.  Das  Wort  ist  mir  unverständlicli  geblieben,  üb  an  eine  Zusammcu- 
sctzung  aus  biderbc  zu  denken  ist':* 

^'")  wrden  A. 

60)  irber  B. 

e')  Tyele  B. 

'^^)  syne  B. 

o'-")  Haiern,  ein  Ort  sw.  Herborn  im  Dillkreise  und  im  frülieren  Amte  Herborn,  geliörlt» 
niclit  zur  Herborner  Mark,  sondern  zur  Kalenberger  Zentc. 

")  Wallondorf,  sw.  Herborn,  nur  wenige  Kilometer  von  Haiorn  entfernt,  elienfalls  im 
Diilkroise  und  alten  Amte  Herborn,  sowie  zur  Kalcnberger  Zcnte  geiiörii;-. 

")  Der  Ulmbach,  au  dem  Haiern  und  Walleudorf  liegen. 

")  verjagen  B. 

'^')  Rorich  von  Haigcr,  Vogt  zu  Herborn,  als  solcher  nachweisbar  1307  — 1:hI;;,  ivommt 
noch   vor  1323,  Urkk.  im  St.  A.  Wiesbaden,  Dillonb.  Areh. 

'' )  Burg,  Dorf  n.  Herborn,  an  der    Dill  gelegen. 

''')  geuclit  A.     geczuch  B. 

'«)  Über  Konrad  v.  Bickeu  oben  S.  35.  Er  kommt  vor  1292—1311»,  als  Vogt  von  Her- 
born noch  1299.     Siegelner  ÜB.,  No.  78. 

")  Eicholf  kommt  als  Pfarrer  von   liorborn  in  den  Jaiiren   13U7— 1318  vor. 

'')  Agnes,  Gemahlin  dos  Grafen  Otto,  Mutier  der  Grafcu  Heinrich,  Emicb  und  .Fohaini 
von  Nassau,  nahm  nach  dem  Tode  ihres  Gemahls  1289  Teil  an  der  Regierung.  S.  Arnoldi. 
a.  a.  O.,  I,  74. 

^■')  renthe  B. 


42 

eychte  gair.  dat  hc  von  jufii]cliere  Jobanuis  \v('gcii  rcyttode''")  beder  sitc  in  Tlcrbcren- 
inarke  uiidc  KaWebecher  zintc  uf  gosvuroii  cyt.  Dose  gczucbe  würde  geleit  uf  denie 
kirchovc  zo  Herberen.  Vorcrt  uf  denselven  dacb  zo  Dildeuhuse^^)  wart  gezucb  ge- 
leit von  Kalenberger  zinte.  we  dat  recht  bisher  si  gehalde,  und  dat  lecht  si  und 
de  geleginheit:  des  spraygen  si  uf  eren  eit.  den  si  dadin,  Kodolf  Scheke,  Uernian 
der  voit,  Arnold  von  Breitbacli,  lleyneman  von  Braychcbach,  Dederich  von  Gehufte, 
Conraid  innie  Daile**-),  llennan  uf  dem  Ihile.  Ileynian  Schawelint,  Ditniair  von  Co- 
verte*^-'),  Henrich  des  vadis  sun  von  Dildeliusen  Conraid  Pulster,  scliefene  in  Kalc- 
berger  zinten,  er  Muselin.  ein  prister  van  Wileburch,  da(t)'''  Bilstein^''  liit  in 
Kaillenberger  zinte,  unde  zinte  geit  bis  in  de  bach.  de  under  Dilstein  vlusit^'"'),  unde 
si>regiut  dose  vorgenante  zuche  uf  eren  eit,  dat  si  ne  gesagen  noch  hurten  sain.  dat 
('  ken  ander  here  in  Kaleberger  zinte  zo  Walderdor[fJ,  zo  llare  unde  Bilstein  un 
darunibe  in  der  zinten  gerechten  unde  herren  wayren,  dan  de  herschaf  von  Nassawe, 
unde  spregint  si.  dat  [si]  hauen  gesen  und  gebort  svenzich  gar  und  me,  dat  de  herschaf 
von  Nassawe  Bilestein  halt  inne  gehaft  unde  gerettit^'')  in  der  zinten  unde  vreischin 
ne  anders  geschein.  Dit  gezuch  geschach  zo  Dildehusen  üf  deme  kirchove.  da  was 
Ufer  unde  horte  er  Henrich  von  Kailsmunt.  er  Korich  der  vait,  er  Korich  von  Wile- 
burch. er  Erwen  van  WetHair,  Rifert  von  Schelte,  Gerlach  von  Lune,  Lodewich 
Monich  unde  vil  ander  berver  lüde,  de  datzo  gerofen  würden.  Vortnie  des  dinsdagis 
derna  zo  Mengirskirgen''*)  wart  zo  gezuge  geleit  Henrich  von  der  Bach ;  de  sjjricht 
uf  sinen  eit,  dat  Bilstein  liit  unde  boret  in  Keleberger  zinte,  unde  eme  gedenkit 
und  hait  gesein:  svenzich  gair  unde  me  de  lieren  berechten  von  Nassave  in  der 
zinte.  unde  he  was  ambnian  in  der  zinte  von  der  herren  wegen  von  Nassawe  und 
sprecht  me,  dat  he  driwerve  beleiden^^)  gesein  hait  Kalinberger  zinte  dat  Bilinsiein 
dar  in  horte,  unde  saich  graven  Emechen'-"')  zo  eyner  ziit  sin  in  der  beleidungin 
Koker  Speicht.  Roker  von  Almevode,  Gyso  von  Hayre  unde  Maynegolt  von  Hayre, 
de  spregint  als  dose  vorgenante  gezuge  und  nement  dat  uf  eren  eit.  He  was  over 
er  l'de  en  kirchhore  von  Mengerskirgin,  er  Johan  der  kirchcre  von  Walderdorf  unde 
ander  liir\c  lüde  de  das  z[u]  wi\rden  gerofen. 

Und  ich  Conraid  Prind  von  Kovelenze  ein  gemeine  schrivere  von  keiserlichc 
gewalt  sint  ich  over  düsniC  gezuchnisse  und  leidunw  l)in  geweist  und  van  geheise 
des  oHcialis  von  Covelenze  so  hain  ich  dosin  breif  geschrevcn  und  gebeydc  haynt 
mit  uiinc  gewoinlich  zeichcne  gezeicht. 


Beilage    II. 

Zur  Geschichte  des  Herborner  Stadtsiegels. 
Das  heute  im  Gebrauch   lirlindliche  Siegel    der  Stadt  Herbuni    zeigt  im   Siegel- 
felde unter  einem  Satteldache,    über  dem   fünf   mit  zahlreichen  Fensteröffnungen  ver- 


*'')  rechende  JJ. 

•**)  Dillhausen,  nw.   Woilburg,   im   Kreise  und  rrülicren  Amte  Weilburg. 
*•-)  in  raedaile  A.     yn  dalc   M. 
*»)  Gehoberto  15. 
")  dar  A.     doz  B. 

*=)  Beilstein,  sw.  Herborn,  im  Kreise  DiUenburg  und  IrüliLTou  Amte  Jlerburn,  Sitz  der 
Herrschaft  Nassau-Beilstcin. 

8«)  Ulrabach. 

")  gereciitet  15. 

*')  Mengerskirclieji,  iiw.  Weilburg,  im  Kreise  und  früheren  Amte  Weilburg,  zeitweise 
Sitz  eines  Amtes. 

^'■>)  geleit  B. 

^'')  Graf  JInücliu  1.,  der  Stifter  der  !ilt<M-eii  ii;idumarschen  Linie  des  ll.nuses  Nassau,  ge- 
storben  1334. 


43 

sehcnc  Türino  siclitbai-  sind,  in  der  !Mittc  einer  dreitcilit,'('ii  N'iscliu  den  deutstda'n 
KiHiiii-  Williclin,  mit  Scci>tor  und  Jteiclisai)tVd  in  den  lliindtn.  anl'  i-int-ni  'i'lirune 
sit/cnd,  und  neben  ihm  die  beiden  nassauiscben  Grafen  ^\'alrilm  und  Otto.  Die  Fi^nir 
des  Königs  entspricht  genau  der  auf  dem  Sieg(d  Köni.ir  Wilhelms,  wie  es  z.  15.  der 
Urkuiido  vom  C.  November  1251  über  die  Verleihung  des  Stadtrechts  an  Ilcrborn 
augehängt  ist.  In  dieser  Clestalt  erscheint  das  Stadtsiegel  auch  auf  der  Medaille, 
die  der  Ilerborner  Altertumsverein  zur  Feier  des  Gedenktages  der  Stadtrcchts- 
verleihung  neuerdings  liat  schlagen  lassen,  und  es  ist  dadurch  auch  weiteren  Kreisen 
bekannt  geworden.  Für  ein  heutiges  Stadtsiegid  ungewidmlich  altertümlich,  hat  es 
wohl  überall  den  Ghiuben  erweckt,  dass  es  eine  getreue  Naehbildun.L:  des  ältesten 
Siegels  der  Stadt  aus  dem  13.  Jalirhundcrt  ist.  Allein  dieser  (rlaube  ist  grümllicli 
falsch  Im  ältesten  Stadtsiegel  ist  die  auf  dem  Throne  sitzende  Figur  nicht  dir 
König  N\  illielm  mit  Scei)ter  und  Reichsapfel,  sondern  der  h.  Petrus  mit  Schlüssel 
und  Buch  und  dem  Heiligenschein  um  das  Haupt. 

Als  die  Stadt  sich  im  Jahre  1807  ihr  neues  Siegel  anfertigen  Hess,  hat  hio, 
wie  mir  mitgeteilt  wurde,  den  damaligen  Staatsarchivar  Dr.  Rössel  in  "Wiesbaden 
zu  Rate  gezogen  und  eine  von  ihm  entworfene,  heute  im  Besitz  des  Herrn  J.  II.  lloff- 
mann  in  Herborn  befindliche  Ski/ze  dafür  zu  Grunde  gelegt.  Rössel  hatte  eine 
sehr  gute  Kenntnis  von  den  nassauischen  Siegeln ;  er  ist  der  Mitbegründer  und  die 
Seele  der  sphragistischen  Sektion  des  nassauischcn  Altertumsvereins  gewesen'-")  und 
ihm  verdankt  letzterer  hauptsächlich  seine  schöne  Sammlung  von  Siegelabgüsscn.  Im 
Jahre  18G7  standen  Rössel  als  Archivar  Origiiialabdrückc  des  Herborner  Stadt- 
siegels genug  zur  Verfügung.  Wie  man  aus  seinem  Werkchen  über  das  Wappen  der 
Stadt  Wiesbaden'^-)  sieht,  in  dem  er  den  Vorschlag  zur  Abänderung  des  damaligen 
Stadtwappens  macht,  ging  er  im  allgemeinen  von  der  sehr  behcrzigcn^^wertcn  An- 
schauung aus,  dass  unsere  Stadtvertrotungen  wohl  am  besten  thäten.  die  heutigen 
Wappen  nach  ihren  alten  Siegeln  abzuändern.  Leider  ist  man  ihm  nicht  gefolgt  und 
hat  sich  wohl  ein  Wappen  aufoctroyicren  lassen,  das  weder  neu  noch  alt  ist. 
Wenn  er  nun  bei  seiner  Skizze  für  das  Herborner  Siegel  in  so  autfallender  Weise 
von  dem  alten,  ihm  sehr  gut  bekannten  Siegel  abwich,  so  kann  ich  nicht  anders 
glauben,  als  dass  er  das  bewusst  und  absichtlich  gethan  hat.  Es  mochte  ihm  sinn- 
reicher erscheinen,  die  beiden  nassauischen  Grafen  zum  Könige  um  das  Stadt  recht 
Herborns  bitten  oder  dafür  danken  zu  lassen,  als  zum  h.  Petrus,  dem  alten  Stadt- 
patron, zu  flehen.  Ob  er  nicht  aber  doch  besser,  weil  historisch  treuer,  gehandelt 
hätte,  wenn  er  den  Apostel  nicht  entthront  und  der  Stadt  ihr  altes  Siegel  wieder- 
gegeben,  da  nun  durchaus  einmal  das  bisherige  Siegel  beseitigt  werden  sollte? 

Intlessen  kann  sich  Rössel  darauf  berufen,  dass  man  schon  lange  vor  ihm 
die  auf  dem  alten  Stadtsiegel  in  der  Mitte  befindliche  Figur  für  den  deutschen  Kaiser 
ausgegeben  hat.  Ein  nicht  genannter  Verfasser'-^-^)  berichtet  nändich  in  einem  Artikel 
der  „Dillenburgischen  Intelligenz-Nachrichten-'  vom  Jahre  1779"'):  ..Was  nun  der 
Herr  G.  Ratli  Kremer  aus  der  Dillenburger  Archivalurkunde  von  dem  vom  Könige 
Wilhelm  verliehenen  Stadtrecht  dargcthan,  dasselbe  wird  auch  durch  die  Zeichnung 
des  ältesten  Stadtinsiegels  bestätigt,  als  auf  welcher  der  Kaiser  auf  einem  Thron 
sitzend  vorgestellt  wird,  und  zu  beiden  Seiten  derselben  standen  die  zween  Grafen 
Otto  und  Walram.  Aus  welcher  Ursache  es  aber  geichehcn.  dass  in  der  Folge  ein 
bischöHicher  Stuhl  und  zu  beiden  Seiten  Petrus  und  Maria  in  dieses  Siegel  gekommen. 
ist  nicht  so  leicht  zu  bestimmen". 


^^)  S.  Anualen  des  Vereins  XI,  44,  53. 

''^)  K.  KüKsel,    Das  Stadt-AVappon  von  "NVicsbrnleii. 

^^)  A'ielleicht  Stcubingi' 


^*)  Historisehe   Nachricht    von    der    Stadt    IliMburu    in  den    Dillenburgischen  Iiitelligcn/- 
Nachricliten,  Jalirgans>-  1779,    8.  723  ff.     Ich    vcrdaidce   den  Hinweis    luoineni  Kollegen,  Herrn 


Archivar  Dr.  von   Dunuirus 


44 


"NVas  bei  Rössel  bewusste  Absicht  ist,  ist  bei  dem  ungenannten  Schriftsteller 
wol.>l  nur  mangelhafte  Kenntnis.  UftVnbar  hat  er  niemals  ein  gut  erhaltenes  altes 
Siegel  der  Stadt  zu  Gesicht  bekommen ;  er  würde  sonst  weder  St.  Peter  mit  einem 
Kaiser,  noch  die  beiden  Grafen  mit  Petrus  und  Maria  verwechselt  haben.  Seine 
Beschreibung  beruht  übrigens  auf  ganz  verworrener  Kenntnis  auch  der  jüngeren 
Stadtsiegel. 

Eine  Aufzahlung  der  Siegel  Herborns  giebt  Steubing  in  seiner  Toiiographie 
\on  lierborn,  S.  117.  allein  sie  ist  keineswegs  vollständig.  Es  würde  sich  daher 
wohl  einmal  lohnen,  eine  genaue  Zusammenstellung,  die  von  Abbildungen  begleitet 
sein  müsste,  zu  liefern. 


Ein  Herborner  Bederegister  aus  dem  Jahre  1398. 


Von 

A.  Eggers. 


Das  Königliche  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  besitzt  unter  den  Beständen 
des  alten  Dilleuburger  Archivs  ein  Register  der  an  das  gräflich  Nassauische 
Schloss  Herborn  im  Jahre  l'P>9H  fallenden  landesherrlichen  Abgaben,  das  nicht 
nur  als  wahrscheinlich  ältestes  Verzeichnis^)  seiner  Art  im  Gebiete  des  vor- 
maligen Herzogtums  Nassau  von  erheblicher  Wichtigkeit  ist,  sondern  in  mehr 
als  einer  Hinsicht  auch  über  Fragen  der  Geschichte  von  Stadt  und  Amt  Herborn 
wünschenswerten  Aufschluss  giebt  und  darum  einen  Abdruck  an  dieser  Stelle 
verdient. 

Das  Register'-)  hat  folgenden  Wortlaut: 

^ota  diet  ist  dio  lierbestbede  uif  deme 
lande,  die  zu  Herbern  geboret.  Sub  anno 
domini  niillesinio  trocontesimo  nonagesinio 
octavo  ulT  uns^r  liebin  t'rauwin  tag,  als  sie 
gebornn  ward,  nam  myn  liebir  gnedigir 
juncber  Herbern  yn  etc. 

Seibach.  •') 

Czum    erstin    zu    Seibach  Heincze    Smcrcr 

4  seh.')  ye  27  hellir  vor  eynen  Schilling. 

Item  Berter  4  seh. 

Mensch  10  scli. 

Arnolt  .5  seh. 

Cleiiicbin  5  seh. 

Suren  Henne  1   seh. 


Ailff  unde  sin  brud 

er 

10  seh. 

l^vpus 

3  seh. 

Ryffe 

3  seh. 

llicbolff 

2  seil. 

Bogkel 

2   seh. 

Cuncze  Smerer 

1  seh. 

Herman  Morrich 

1   seh. 

der  Snyder 

1   seh. 

Bigken. 

') 

Item  Heincze  Burner 

4  seil. 

Ranckin  Henne 

2  seh. 

Brelle 

2  seh. 

dio  boisfrauwe") 

Wildin  Henne 

1   seh. 

'j  Als  zeitlich  nächste  Bedeverzeichnisse  besitzt  das  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  di«  von 
(/anil>org  vom  Jahre  143:"»  an. 

'*)  Altes  Dillenb.  Arch.,  H,  2497.  Papier,  8  Bl.  Schmaltolio,  davon  7''  und  s  un- 
beschrieben.    Schrift  von   oiner  Hand,  gleichzeitig,  mit  vereinzelten   Korrekturen. 

^)  Herbornseelbach. 

•*)  Dio  Beträt;o,  in  der  Vorlage  in  Worten  oder  meistens  in  römischen  Zahlen  ange- 
geben, sind  hier  in  Zittern  gesetzt,    Schilling  statt  sol.  der  Vorlage. 

'")  Bicken, 

"^   Der  Betrag  ist  nicht  augegeben,  wie  unten  mehrfach. 


40 


Ringeludt' 

Sulbirge 

Schurgen 

Stubinju'es 

LiiirKai'ilc 


Henne 


lleincze 
Henne 


Offinbach, 

Item  Kluppel  von  Stiibinges 
1  )ri  »pener 

Abinhenne 

der  jun.w  Gerhard 

Felke 

der  juntre   KoüHniann 

Sclieitiiin   Ilillf 

Sure 

l'edir  in   iler  fiaszin 

Gerchen 

Dit'liel   Webir 

Küpen')  Henne 

der  Weldir 

Hennichin   in   der  (la^ziii 

-Moseliornn 

Kueker  Sniyed 

llens]ierchiis  son 

Hensiirehir 

Baldirspach.^) 
Item  Elhcid 
Clüchin 
Snabel 
Stole/.e 

Elheide  Henne 
Wiese  Johann 
Schurer 

der  junge  Schuror 
Heinkelmann 
Klsifhin 

IJackliiiscn  der  junge 
Backliusen  der  aide 


4  seh. 

1  seh. 

2  seh. 
2  seh. 

5  seh. 


wegen  2  seh. 
4  seh. 
2  seh. 
4  seh. 

1  seh. 

2  seh. 

1  seh. 

2  seh. 

3  seh. 

4  seh. 
seh. 
seh. 
seh. 
seh. 

3  seil. 
3  seh. 
3  seh. 

1  seh. 

2  seh. 


6  seh. 

1  seh. 

4  seh. 

2  seh. 

5  seh. 

6  seh. 

3  seh. 

1   seh.-') 

seh. 

seil. 

seh. 

seh. 


1 
1 
1 

1 


Hisperg.'") 
Itein  Honniehin  G  seh. 

]}riine  der  bedit  zu  Drvdorff  4  seh. 


GuntirsdorfF.") 


Iti'in  Fye 
Hille 


G  seil. 
3  seh. 


•)  Unten:  Itumpen. 

")  Ballersbacli. 

'•')   Im  Toxi  Hol.  ilu|i|i(!lt  gesetzt. 
'")  Hir.schberg. 
")  Gondeisdüif. 


Kolhenne  2  seh. 

Brune  4  seh. 

Heinricc  3   seh. 

Herbach.'-) 

Item  Slodirhose  2 

Cuneze  Mynczerielis  1 

Else  von  Rode  1 

Friederieh  1 

Cuneziehin  1   seh. 

Schunenbach.^^) 

It(^ni  Sotc 

sin   cyden 

Hernhenne ' ') 

Hesehin 

Berghenne  5 

Mathiis  2 

Cuneziehin  1 

llrniians  Henne  3 

Hennelin  3 

Breidscheid. 

Item  Rieliilchin  f) 

Gelen  Henne  2 

Nyelauwes  4 

Rumph  5 
Cuneze  der  Denekirscliin  son  4 

Reymolt  3 

Rroster  2 

der  snyeder  1 

Her])el  1 

Hube  2 
Ileineziehin  von  Rabinseheid  2 

der  ingibet  nicht 

der  junge   Horkhusen  1   seh. 

Erpach.'") 

Item  Leneker  1  seh. 

Scheli)in  1    seh. 

Kenckcl  1   seh. 

der  molner  1   seh. 

Medinbach. 

Item  Knusehen'")  4   seh. 

die  Erlinbeehirnn  3  seh. 


seh. 
seh. 
seh. 
seh. 


seh. 

seh. 

seil. 

seh. 

seh. 

seh.'-') 

seh. 

seh. 

seh. 


seh. 
seh. 
seh. 
seh. 
seh. 
seh, 
seh. 
seh. 
seh. 
seh. 
seh. 


»2)  llörbach. 

'•')  Schünliach. 

'")  8o!  statt  r,ovn-. 

'"')  üavoi'  sdl.  (liircligcsii'icliijii. 

'")  Erdbacli. 

'")  Ü,l)ei'  dem  soll  flu  i. 


47 


Cuncze  Fiiiffke 
Cuncze  Würge 
Claus 


OckirsdorfF.'") 
[tnn  r;()l)el  2 

(lor   ist    in   (lii   stad    IFcrhoni 
geczogcii 


seh. 
seh. 

seil. 

seil. 


Burg. 
Il(.'m  Loc/ichiii 

Petir  iuhIc  'J'iolc 

Bocke! 

Wenczel  von  Arde 

Ln(h^   von   Stiit])arh 


Murckinbach.'") 

Item  Ruekcr  1 

der  Wiese  1 

Ernst  1 

Wenczils  Cunczichin  1 

Ilennichin  unde  sin  geselle  1 

Emoln  1 


seh. 
seh. 
seh. 
seh. 


seil, 
seh. 
seh. 
seil. 
seh. 
seh. 


Diet  ist  die  meybede  nach  dei'  lierbist 
bede.  aiieli   nf\'  deme  lande. 


Seibach. 

Czum  ersten  Heinezc  Smerer 
Item  Berter 

Mensch 

Arnolt 

Clenichin 

Suren  Henne 

Ailti'  und(»  sin  bruder 

Ritte 

Bi]ms 

Richolfl' 

Bockel 

Cuncze  Smerer 

Tlerniann 

Bicken. 

Item  Heineze  Borner 
Ranekin  Henne 
Brelle 

Wilden  Henne 
Ringelude  Henne 


2  seh. 

2  seh. 

6  seh. 

2  seh. 

3  seh. 
1  seh. 
8  seh. 
1  seh. 
1  seil. 


irgen 
Stubing 

Luckarde  Henniehin 
Kuczel 


1 
1 
1 
1 

1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
2 


seh. 
seh. 
seil, 
seh. 

seh. 
seh. 
seh. 
seh, 
seh. 
seh. 
seh. 
seh. 
seh.-") 


")  Uckersdorf, 

'*)  Merkenbach. 

*"•)  Davur   1   sol.  durehg:o8trichen. 


Offinbach. 
Item  KloiiiK'l 
Drogeuer 
Ricliel 
Abinlienne 
Felke 

Schepijinhillc 
Sure 

Pedir  in  der  Gaszeu 
Gei'chen 
Diepcl  W^ebir 
Rumjten  Henne 
der  Weldir 

Heunichie.  in  der  fJaszin 
Mosehornii 
Rukel  Smyed 
Henspeehir 
sin  son 

Baldirspach. 

Item  Ellieid 
Clueht  n 
Snabel 
Stoleze 

Elheide  Henne 
Wiese  Johann 
Sehurer 
Heinkeimann 


seh. 

seh. 

seh. 

seil. 

seh. 

seil. 

seh. 

seh. 

seil. 

seh. 

seh. 

2 

seh. 

seh. 

seil. 

seh. 

1   seh.2>) 


3  seh. 

1  seh, 

1  seh. 

1  seh, 

1  seh. 

3  seh. 

1  seh, 

1  seh. 


Hisperg.--) 

Item  Henniehin  3  seh. 

Bruno  der  bedet  zu  Drydorff  4   seh. 


Gontirsdorff. 

Item  Eye 
Ilille 
Brune 
Heinriee 
Kolhenne 

Herbach. 

Item  Slodirhose 

Cune  Mynezeriehs 
p]lse  von  Rode 
Cuneze  ir  son 
Friederieh 


Schrinenbaeh. 


Item  Sotc 

sin  eyden 


3  seh. 

3  seh. 

1  seh. 

1  seh. 

1  seh. 


2  seh, 

1  seh, 

1  seh. 

1  seh. 


2  seh. 
1   seh. 


**)  Darnach  item  durcligestrichen. 

*')  Davor    item    nii'ht  ganz  ausgeschrieben. 


4> 


Bernhennc 

1 

seh.-""') 

Heschen 

1 

seh. 

Herghenno 

3 

seh. 

Mathiis 

2 

seh. 

Cunczichin 

1 

seh. 

llernians  Henne 

1 

seh. 

Ilenlin 

1 

seh. 

Breidscheid. 

Item  Ricliel 

0 

seh. 

Gelen  Ilonno 

1 

seh. 

Nyclaüs 

3 

seh. 

Kuniiih 

3 

seh. 

der   DenKlvclschin   Cnncze 

1 

seh. 

Broninier 

1 

seh. 

Brorst 

1 

seh. 

Iluhe 

1 

seil. 

Rabinselieid-^)  nicht 

Heritel 

1 

seh. 

Erpach. 

Item  Lineker 

1 

seh. 

Medinbach. 

Item  Knustschen 

1 

seh. 

dii  Erlinbeehern 

1 

seb. 

f'nneze  Fineke 

1 

seh. 

Burg. 

Item  Loczichin 

2 

seh. 

Petir  unde  Tielichiii 

3 

seh. 

Wenczel   von  Arde 

2 

seh. 

die  ini^efallen  nicht 

Murkinbach. 

Item  Ruckor 

seh . 

der   Wiese 

seh. 

Ernst 

seh. 

Wenczilehin 

seh. 

Ilenniehin  unde  sin  geselle 

seh. 

Diet  ist  die  herhestbede  in  der  stad  zu 
Herbem  gesaist  suh  anno  domini  millesimo 
trecentesimo  nonagesimo  oetavo. 


Czum  ersten  Seheppe 

2 

seh. 

Item  Gerlach  Ploekinbey 

n 

2 

seh. 

Grabenhenne 

5 

seh. 

Ilcinriee 

0 

seh. 

Letter--') 

3 

seh . 

Mulenheync 

•icbeii. 

7 

seh. 

*•)  Davor  2  diirch^^esti 

'*)  (Jben :   Heiiicziclüii 

von  K, 

")  Oder  Lotteri- 

Fiekeln  Cuneze 

Wigand  Morung 

Hermann  Lewe 

Henne  von  Bieken 

Pebir 

Sibeln  Henne 

"Wizen  Gilen  t'rnuwe 

Zorun 

Paft'enhenne 

Gliperg 

Glappirezan 

Ileincze  Koufl'mann 

Cunemann       2  seh.  sin  son 

Heyneman  von  Selirnionljacli 

Sehunhenne 

Sipeln  Cuneze 

Schrieeoncze 

Nickel  in  der  Kaldinbaeh 

der  junge  Winter 

Meezenhenne 

Diederieh  sin  bruder 

Schibiüheinne 

Tiele  in  der  Kaldinbaeh 

der  ruwe  Snyder 

Hascnmecze 

Herrn  an  ir  son 

Fending 

Diezmann 

Ouldinhenne 

die  Walmensze 

Kurezen   Diederieh 

Sibel  Czymermann 

Curd  von  Dillin 

Wigeln   Cuneze 
Enniehin  Henne 
Item  Bulhenne 

Bernhard  ulV  der   llarli 

Gile  Ferber 

Key  mar 

Ileinekel    von  Bieken 

Beehmann 

Diederieh  Brem))er 

Wernher  Schumann 

der  Hey  den 

Jungemans  Henne 

Henne  Sehulepper 

Donnenbecher 

C'unczicliin  Ploekinbein 

Dryttt 

Cuneze  Seiger 

Cuneze  von  Burg 


2 

seh. 

2 

seh. 

ß 

seh. 

2 

seh. 

21 

seh. 

1 

seh . 

9 

seh. 

8 

seh. 

4 

seh. 

6 

seh. 

4 

seh. 

3 

seh. 

1 

seh. 

r>  marg 

1 

seil. 

T) 

seh. 

1 

seh.-«) 

1 

seh. 

1 

seh. 

1 

seh. 

2 

seh. 

14 

seh. 

1. 

seh. 

2 

seh. 

2 

seil. 

1 

seh. 

2 

seh. 

5 

seh. 

3 

seh. 

2 

seh. 

4 

seh. 

8 

seh. 

18 

seh. 

2 

seh. 

2 

seh. 

3 

seil. 

•1 

seh. 

4 

seh. 

4 

seh. 

5 

seh. 

2 

seh. 

13 

seh. 

7 

seh. 

1--7 

1  marg 

4 

seil. 

5 

seh. 

G 

seh. 

4 

seh. 

12 

seh. 

0 

seh. 

5 

seh. 

")  Davor  t;  (lurcligeKtrii.'lißii. 

'■'^)  Verschnürkelt,  ühiilich  der  Ziller  2. 


49 


Hünen  Dilichins  Ilennc 

7   seh. 

liOezichin-'')  ire  eyden 

2 

seh. 

Sleytin  Elheid 

2  seh. 

Matthiis  toehter 

72  niarK 

Henne  Kisznumn 

6   seh. 

Stigoffs  frauwe 

1 

seh. 

Kyngelude  Heyne 

4  seh. 

Gerhardes  Curdes  eyden 

Menschinstucke 

2   seh. 

von  Bicken 

2 

seh. 

der  junge  Sclieniel 

Heinezichin  Smyd 

4 

seh. 

Ricvvey 

2   seh. 

Wertgast 

14 

seh. 

TvvinghcUir 

2   seh. 

VstVed  Morung 

2 

seh. 

Gile  Beckir 

4  seh. 

Frenemertel 

1 

seh. 

Bernhart  Kipper 

8  seh. 

Hartmann  Liebeeoneze 

4 

seh. 

Henne  Smyod 

6  seh. 

Schibin  Hei-mann 

4 

seh. 

llcnnichin  Snyedir 

4  seh. 

sin   brudor  keiner 

1 

seh. 

Fischer    Hennen    sou      der 

Glctt'augc 

2 

seh. 

snyder 

2   seh. 

Wigel  Lower 

11 

seh. 

Gele  Fergen 

3  seh. 

Hennen  Federn  Avip  Else 

!          5 

seh. 

Wchirhenne 

3  seh. 

Heinezichin  Lower 

8 

seh. 

Benschenne 

9  seh. 

der  Hüne 

8 

seh. 

Buches  son 

2  seh. 

Peter-^*')  Ragusz 

10 

seh. 

Henne  von  Vsmerade 

3  seh. 

Heincze  Hamer 

4 

seh. 

sin  müder 

4  seh. 

Cuncze  Phuntvvage 

Elbracht  Doringer 

2   seh. 

Gerolde  Tiele 

20 

seh. 

Gerlach  Wever 

9  seh. 

Bonckel 

1 

seh. 

Nolde  Wever 

3  seh. 

Welker 

22 

seh. 

Gile  von  Abindorff 

3  seh. 

Wigand  Schemel 

4 

seh. 

Heinrich  von  Denspacli 

2  seh. 

Tiele  von  Uffinbach 

1 

seh. 

Henne  von  Uffinbach 

12  seh. 

Bürner 

2 

seh. 

Rulsz  Heynemann 

6  seh. 

Smyldehenne 

1 

seh. 

Diederich  Herchin 

2  seh. 

Tiele  Mangolt 

3 

seh. 

Fyen  Henne 

2   seh 

Berez  Heinemann 

2 

seh. 

Baselhcnue 

3  seh. 

Lose 

1 

seh. 

Konckelkam 

13  seh. 

Schonmunges  Henne 

2 

seh. 

Ruckeltey 

12  seh. 

Heincze  Winge 

3 

seh. 

Elheid  Engilmars 

11   seh. 

Scholle 

2 

seh. 

dii  Schibeschin  undc  ir  son 

Henne  Crees  eyden 

1 

seh. 

Gile 

3  seh. 

Cuncze  von  Lasfe 

2 

seh. 

ire  tochtir  Gelichin 

2  seh. 

Richwyn  der  Haezichin  ey 

den  2 

seh. 

der  Strubechin  cyden  Eynolff  2  seh. 

Hermann    von    Sclbaeli    ( 

ler 

Eghard  Hudels 

11   seh. 

snyder 

2 

seh. 

Conrad  Frysz 

1   marg 

Boiftlienne 

2 

seh. 

Henne  Buch 

5  seh. 

Portener 

5 

seh. 

Swertfegers  Concze 

2  seh. 

Ticle  Becker 

3 

seh. 

Hünen  Dilichins  Hebel 

7   seh. 

Bendel 

2 

seh. 

Strempels  Else 

2  seh. 

Endres  Schümann 

3 

seh. 

Schrickelheyne 

7  seh. 

der  Belczer 

4 

seh. 

Geckirhennc 

2  seh. 

Ulenhenne  unde  sin  son 

2 

seh. 

Strebür 

4  seh. 

Heyneman  Grameloyp 

3 

seh. 

Gile  Boiff 

3  sch.2S) 

Buszichin 

2 

seh. 

Henne  von  Erpach 

1   seh. 

die  Lenczen 

2 

seh. 

Fyerwecke 

5  sei). 

Stauffinbergcs  Gerlaeh 

3 

seh. 

Herrn  an  von  Ebirsparh 

2  seh. 

Stauffinberges  Mecze 

2 

seh. 

Ticle  Jungker 

2  seh. 

Fittich  Hennen  wip 

2  seh. 

^^  Über   den    undeutlichen 

3.  Buchstaben 

cz  übergeschrieben. 

''*')  Davor  3  diirclm'estrichen. 

^^)  Poter  übergoscli rieben. 

4 

50 


Oittirheuue 

Hennichin  der  Snupen  eyden 

Tiligen  Henne 

"Wigand  Schicht 

Ileinckel  Doder 

Eesenhenne 

Beischen 

Haue 

Peftir 

Wenczilchin 

Hermann  Scheftir 

Mangolt 

Schibin  Lodc 

Heusiiechir 

Gibein  Henne 

Peter  Schüteler 

Endres  der  snyder 

der  junge  Blyers 

Locze  Graseniocke 

Bechtelt  Czymmermann 

Rosinkrancz 

Beynnruudes  Hennichin 

Hermann  Wilde 

Heincze  von  Heiger 

Berczhenne 

Locze  Rintfleiscli 


2 

seh 

1 

seh 

1 

seh 

1 

seh 

1 

seh 

2 

seh 

2 

seh 

2 

seh 

1 

seh 

1 

seh 

5 

scb 

2 

seh 

2 

seh 

2 

seh 

2 

seh 

2 

seh 

4 

seh 

2 

seh 

1 

seh 

2 

seh 

3 

seh 

1 

seh 

2 

seh 

1 

scb 

2 

seh 

1 

scb 

Dufelchin 

2 

seh. 

Wulti' 

1 

scb. 

Henne  Gans 

1 

seil. 

lleincze  von  üftinbach 

2 

scb. 

Gilen  son  von  Abindorff 

1 

scb. 

Cleyubennc 

2 

scb. 

Curd  Frysz 

4 

seh. 

von  sines  vatcr 

wegen 

Katherine  von  Dcri 

nbach 

3 

scb. 

Herman  Keuber 

1 

scb. 

Curd  von  Bickin 

1 

scb. 

Loncke 

1 

seh. 

Meczeln  Henne 

2 

scb. 

Weldirchin 

1 

scb. 

Ruszbenne 

1 

seil. 

Stammel  Henne 

1 

scb. 

Diederich  Spenczers 

eyden 

1 

scb. 

Henne  Breitheubet 

1 

scb. 

Herman  Hund 

2 

scb. 

Curd  Bracbeiu 

2 

scb. 

Richman  Reymolt 

2 

seil. 

Heincze  von  Aldink 

irehin 

2 

scb. 

Summa  hundert  gülden. ^^) 

Zu  meybede  gibet  die  stad  auch  hundert 
gülden  glich  der  herbistbede  etc. 


Diet  sint  die  mulcn. 

Item  zwo  miden  in  der  stad,  die  gebin  y  des  jares  IG  inaldir  weiszes  ye  zu 
der  frone  fasten  4  malder  unde  42  malder  kornes.  die  giebet  mann  von  tage  zu 
tage  unde  3  swynes,  iglicbes  von   18  tornasz. 

Item  eyne  mulen  zu  Herbach,  die  giebid  272  malder  kornes. 

Item  agkers   vor  der  stad  zu   zwen  pluge    augeverde   mit  deme    höbe  zu  Burg. 

Item  der  medem'"-)  zu  Baldirspach  gcin  Herbernn. 

Item  der  medem  utt"  der  Weytbacb,  der  gein  Herbern  geboret. 

Item  eyne  wiesin  vor  der  stad  unde  eyne  wiesen  uff  Langenwerden,  die  zwo 
thun  10  fuder  bauwes. 

Item  eyn  gudichin  zu  Flieszbacb  gein  Herbern  —  eyn  wingarte  zu  Herbernn, 
da  uffe  gefallen  8  ame  wyns. 

Ouch  sin  da  viele  eckere,  dii  sin  vorluwen-'-')  eyner  umme  daz  vierde  seil,  der 
ander  umme  daz  funft'te,  daz  findet  mann  an  deme  zinsbucbe. 

Item  seburenzins  von  beckernn  unde  von  fleischbauwernn  bienahe  9  phund 
geldes. 

Item  zu  zwen  malen  zume  jare  kuwe  unde  bemel  zu  eszin. 

Item  wagen  zu  eischin  gein  3Iencze  zu  wynfüre. 

Item  uffkummen  von  toden  luden. 


''J  Die  Summe  stiramt  nicht.  Die  Beträj,^e  ergeben  für  Herborn  748  Schill,  und  7'/^  Mark. 
Vgl.  unten  Anni.  84. 

^-)  Ursprünglich  fiskalische  Abgälte  voii  einer  Hufe  Landes,  später  auf  Rodungen  be- 
schränkt.    Vgl.  R    Schröder,  Deutsche  Rechtsgeschiclite,  3.  Aufl.,  S.  190. 

*')  Verliehen. 


51 

Diet  geliüirtc"'')  iindc  h;il  allcwoge  gelioirt  gciii  Dilliabciy  uiidf  i.st  gelegin  in 
der  Herbernn  niarg  uiuU'  ist  auch  uszgciionimeii  in  denie  vorsacze  gein  grave  Hein- 
ricli   von  Bielstein.'') 

Czum  erstin  die  nudo  /ii  Jinrg,  die  tliud  jars  3  malder  kornes  aldaselbcs  14 
mcstr«  fruchte  von  eynie  cleyiicn  hubicliiii. 

Itoni  zu  Abornn  Erpaclr"')  uyn  inulichin,  thud  jars  3  maldir  fruchte  ahlasell)es 
lü  wiesten  weiszcs  cyn  jar  undc  daz  ander  jar   11  mestew. 

Item  zu  Bickin  lied  eyn  Imbichin  daz  thud  hürc''^)  von  jare  5  maUlir,  aldaselbes 
stendes  i)achtes  alle  jar  4  nuildir  kornes. 

Item  eyiien  zol  in  der  stad  zu  llerbernn :  von  eyme  fuder  wyns,  daz  da  durch 
geed,  2  thor>i«f^  unde  von  eymo  karren  gelestet-'^)  1  thorwas^  unde  von  eynic 
salczkarren   1   Üiornasg^  gefurd-'-')  gein  Dillinberg. 

Item  alle  ungelt  gefeilet  an  dii  stad  zu  buwe. 

Item  der  cleyne  zol,  davonc  loned  man  den  thornhudern,  darzu  4  maldir  kornes 
unde  die  stad  von  demselben  cleynen  zolle  die  andern  4  maldir  kor^c.s-  unde  2  gülden. 

Item  die  grulje,  dar  mann  die  schiebirsteync  brichet,  gein  iJillenberg;  davone 
ist  bynnen    10  jaren  nicht  gefallin,  ane  nü  gibet  man  steync  darvone  an  dii  capellin. 

Item  da  ligin  garteii  vor  Herbernn,  davone  gefallen  czinse  unde  wnzgulde  gein 
Dillcnberg,   unde  huner  gein  Herbern,  der  sin  28. 

Item  4  marg  usz  densclbin  czinsen  gein  Aldinberg.*") 

Land. 

Czumwe  erstin  Swenolde  Bernhard  daz  stucke  in  dem  Elkirbache"),  davone 
sal  her  daz  fierde  seyl  gebin.  derselbe  Bernhard  sal  gebin  von  9  seilen  2  seile 
von  den  stucken  an  den  Stulen. 

Item  derselbe  Bernhard  sal  gebin  daz  fierde  seil  von  eyme  stucke  hinden  an 
dem  stucke  an  den  Stulen. 

Item  Heyne  Weitgast  sal  gebin  von  dem  stucke  hensied  den  Rindersdalen  an 
deme  Berge   Y2   maldir,  wilchirley  fruchte  ez  dregid. 

Item  Henne  Smyed  von  Wileburg  sal  gebin  18  tornasz  von  eyme  stucke 
abendig  der  leymküten. 

Item  Ilcincze  sin  eyden  giebet  3  thornasz  von  eyme  stucke  abendig  Heinczichins  burne. 

Item  Heiucze  Hamer  sal  gebin  6  tliory^ass  von  eyme  stucke  an  deme  Tannenberge. 

Item  Heincze  Smyd,  Hennen  Smydes  eyden,  sal  gebin  daz  fierde  seil  von  eyme 
stucke  gelegin  aben  da  suster  Jungen  grund  wyndet,  derselbe  Heincze  sal  gebin  daz 
dritte  seil  von  eyme  stucke  an  dem  Gettenberge. 

Item  Gerlach,  myns  herrcn  knecht,  sal  gebin  daz  fierde  seil  von  eyme  stucke 
in  suster  Jungen  gründe. 

Item  Henne  Smyed  vor  der  Porten  sal  gebin  daz  dritte  seil  von  zwen  stucken 
in  deme  Alspache,  die  stoiszin  an  den  weg  gein  Baldirspach  unde  sal  sie  habin  zu 
mystrechte.'-j 


'*)  ge  übergeschrieben. 

'°)  Den  Gebrüdern  Heinrich  und  Kcinhard  Grafen  zu  Xassau-Beilstein  war  im  Jahre 
1398  eine  Gülte  von  200  Mark  aus  Stadt  und  (iericht  Herborn  versetzt.     S.  unten  S.  53. 

^•')  Erdbach  bestand  im  14.  Jahrhundert  aus  Ober-  und  Nieder erdbach.  Vul.  Vogel, 
IJeschreibung  des  Herzogtums  Nassau,  721. 

"J  Pacht. 

3«)  Beladen. 

^^)  d.  h.  abgeliefert. 

■*")  Kloster  Alteuberg,  nürdlieb  von  Wetzlar. 

*'■)  Davor  durchgestrichen  Elbrachte. 

*-)  d.  li.  mit  dem  Recht,  beim  Aufgeben  des  Landes  den  Wert  des  zuletzt  darauf 
verwendeten  Dunges  ersetzt  zu  orlialten. 


52 


Oley   uudc  zwiebeln  gulde. 

Item  czum  ersten  dii  zwene  Snegnele'"')  Cuucze  unde  Heinr/cA  unde  iie  .nesellin 
2  niesten  olejs  unde")  2  niesten  czwebeln. 

Item  Lodewig  von  Bicken  Y»  niesten  oleys  unde   ^'2  niesten  czwebeln. 
Item  Ileinr/c/?  Snegel  ^/g  mesten  oleys  unde  V2  niesten  czweln.'') 
Item  dij  Grameleybin   '/a  mesten  oleys  unde  ^1-2  mesten  czwebeln. 


Michelhunc 

■. 

Item  der  aide  Döring 

2   hunor 

Item  Richel  Louwer 

1 

hun 

dii  schiobirgrubo       2 

gense  2   huner 

]Mennichin 

1 

hün 

Giele  von  Abindorff 

2  huner 

Reymars  lius 

2 

huner 

her  Johann  Czymmermai 

1       1   hün 

Locze  Becker 

1 

hün 

Piodemulen 

2  huner 

Bercz 

1   fasnachthun 

Ybechir 

2  huner 

der  junge  Matthiis 

1 

hun 

Sieze 

1   hun 

Heyneman   Schemel 

1 

hun 

Eynolrt's  Tiele 

2  huner 

Brücke 

1 

hun. 

Mertinshunei 

Item  Diczmann 

1 

l'asnachthuu 

Item 

Cziegelhenne 

1 

hün 

Heyne  mann 

1   hün 

Locze  Czolner 

1 

hün 

Blyers 

1   hun 

Hartman  der  Haczich 

ineyden  1 

hun 

Schurhenuen  eydin  bede 

1     llUll 

Brücke 

1 

hün 

Scheppe  unde  Schüme 

1   hun 

dij  czwene  Snegele,  Conczen 

Johann  der  webir 

2  huner 

undo  Heinr/c/?  ur 

ide 

ire 

Bracbeins  wip 

1  hun 

gesellen 

4 

fasnaclithuncr 

Eibrecht  Kurczundirdei] 

ou 

gen  1  hun 

Herman  von  Ebirsbach 

1 

hun 

Giele  Arde 

2  huner 

Hünen  Dilichin 

1 

hün 

aide  Phunlwagc 

1 

fasnachthun 

Czornn 

1 

Imn 

Heinr?cA  AViprachtes 

46    malder    habern 

giebed 

schriebir  bruder 

1   hun 

daz    land  des  iares 

uff 

Wiesze  Mecze 

1   hun 

daz  hüs. 

Nota     dii  stad  zu 

Ilerbernn  sal  zi 

vene 

wechtere  uf  daz  hüs 

halten. 

\Yie  aus  den  Eingangsworten  unzweideutig  hervorgeht,  ist  das  Register 
aus  bestimmtem  Anlass  angelegt  worden.  Am  5.  September  1398  bekundet 
Landgraf  Hermann  von  Hessen  in  einer  Urkunde'^),  dass  ihm  vom  Grafen 
Johann  zu  Nassau-Dilleuburg  und  dessen  Gemahlin  Margarethe  geb.  Gräfin  von 
der  Mark  Schloss  Herborn,  Burg  und  Stadt  mit  dorffen  und  gerichten,  die 
darzu  gehören^  was  alles  Graf  Johann  vom  Landgrafen  zu  Lehen  trägt,  für 
4000  Gulden  versetzt  worden  ist.^')  Als  zugehörige  Dörfer  werden  genannt: 
Herbornseelbach,  Bicken,  OfFenbach,  Bailersbach,  Sinn,  Merkenbach,  Hirschberg, 
Gondersdorf,  Heiligenborn,  Koth,  Schönbach,  Breitscheid,  (Ober-  und  Nieder-) 
Erdbach,     Amdorf,    Uckersdorf,    Medenbach,    Burg,  Hörbach     und    Donsbach. 


■'^)  80 1  statt  Snegele. 

*')  Übergeschrieben. 

«)  So! 

'**)  "NVie  die   übrigen  nachstehend  angofülirten  urkundlichen  Quellen   im  Staatsarchiv  zu 


"Wiesbaden,  Altes  Dilleiib.  Arcli. 

*'')  Vgl.  auch  oben  S.  37,  Anin.  52. 


Ausgenommen  sind  von  clor  Verpfändung  die  fjarfJien  czmse  und  hohesfeäc, 
die  imiewendig  und  tisseivendiij  Ikrhornn  (jeleyin  und  fallende  sin  im  Betrage 
von  18  Gld.,  ferner  die  wasserßdde  (Wachsgülte),  die  der  Gräfin  Margarethe 
als  Wittum  zusteht  und  woraus  sie  jährlich  4  Mark  den  Klosterjuugfrauen  in 
Alteuberg  zu  Scclgerede  geben  soll.  Der  Landgraf  übernimmt  es,  die  200  Mark, 
die  den  Grafen  Heinrich  und  Reinhard  zu  Nassau  auf  Schloss  und  Gericht  Ilerborn 
verschrieben  sind,  jährlich  auszuzahlen.  Die  Pfandlösung  soll  nicht  vor  Michaelis 
nächsten  Jahres  erfolgen.'^) 

Am  Feste  Maria  Geburt,  dem  8.  September  1398,  also  3  Tage  nach  Aus- 
stellung der  eben  erwähnten  Urkunde,  nahm  nach  den  ersten  Worten  unsers 
Registers  meyn  liebir  gnedigir  jtmcher  Herborn  „ein".  Da  eine  feindliche  Ein- 
nahme der  Stadt  Herborn  für  diese  Zeit  nicht  in  Frage  kommt,  so  kann  mit 
diesen  Worten  nur  die  Übernahme  von  Stadt  und  Gericht  JEerborn  durch  den 
Landgrafen  oder  dessen  Beamten  gemeint  sein  und  es  ergiebt  sich  demnach  in 
ungezwungener  Weise  der  Anlass  zur  Anfertigung  des  Registers,  als  einer 
Übersicht  über  die  dem  Landgrafen  aus  Stadt  und  Gericht  Herborn  zustehenden 
Einnahmen. 

So  erklärt  es  sich  w^ohl  auch,  dass  bei  den  Dörfern  die  Herbstbede,  die 
ja  iu  kurzer  Zeit  fällig  war,  der  Maibede  im  Register  vorangestellt  ist  und  dass 
auch  für  Herborn  nur  die  zur  Herbstbede  Verpflichteten  namentlich  aufgeführt 
sind,  während  die  Maibede  hier  mit  einer  kurzen  Bemerkung  abgethan  w^ird.''-')  In 
diesem  Zusammenhange  sind  nun  auch  die  Hinweise  des  Registers  auf  Ver- 
pfändung an  Graf  Heinrich  von  Beilsteiu  und  auf  die  4  Mark  Gefälle  an  das 
Nonnenkloster  Altenberg,  sowie  die  Aufzählung  der  Abgaben  an  das  Haus 
Dillenburg  verständlich. 

Im  übrigen  giebt  das  Register  Anlass,  eine  Reihe  von  Fragen  aufzuwerfen. 
Zunächst:  Warum  sind  die  in  der  Verpfändungsurkunde  von  1398  mitgenannten 
Orte  Sinn,  Heiligenborn,  Roth  und  Donsbach  nicht  aufgeführt?  Wir  kommen 
damit  gleichzeitig  auf  die  Frage,  ob  das  ganze  sogen.  „Gericht"  Herborn  in  unserem 
Verzeichnis  berücksichtigt  ist,  und  müssen  zu  deren  Beantwortung  etwas  weiter 
ausholen.  Es  muss  an  dieser  Stelle  davon  abgesehen  werden,  eine  Darstellung 
von  der  Entwickelung  der  Ämter  im  Nassau-Oranischen  und  im  Besondern  von 
der  Bildung  des  Gerichtes  bezw.  Amtes""')  Herborn  und  seiner  Herauslösung 
aus  der  alten  grossen  Herborner  Mark"'^)  zu  geben.  Wir  wollen  uns  darauf 
beschränken,  urkundliche  Zeugnisse  der  späteren  Zeit  über  den  Umfang  des 
Amtes  Herborn  beizubringen. 


")  Die  Einlösung  fand  1401  statt  und  zwar  durch  Heinrich  Grafen  zu  Xassau-Beilstein, 
der  laut  Urk.  vom  6.  "Xovomber  d.  J.  von  den  Verpfändern  und  den  Gebrüdern  Adolf,  .Johann, 
Engelbrecht,  Heinrich  und  Johann  Grafen  zu  Nassau  gebeten  worden  war,  das  Pfandobjekt 
für  4680  Gld.  einzulösen  und  es  nun  seinerseits  für  diese  Summe  versetzt  erhielt. 

*°)  Allerdings  werden  die  Einzclbetriige  bei  der  Maibede  in  Herborn  mit  denen  der 
Herbstbede  wohl  übercingnstimmt  haben- 

^°J  Ein  „Anitnuinn"  zu  Herborn  erscheint  zuerst  1313,  Sept.  2-4;  i:U9  wird  nocli  von 
einem  Vogt  gesprochen. 

^*)  Vgl.  die  Karte  bei  Philippi,  Siegener  ÜB, 


Als  nächstfolgende  wichtige  Quelle  kommen  hier  die  von  1454  ;iu  (mir 
einigen  Lücken)  erhaltenen  Dillenburger  Landrentei-Rechnuugen"'-)  iu  Betracht, 
deren  erste  ausführlichere  vom  Jahre  1457  in  der  Aufzählung  der  z\iv  llerhorn 
marcle  gehörenden  Orte  nur  insofern  nicht  mit  der  obigen  Urkunde  von  1398 
übereinstimmt,  als  sie  Fleissbach  dazu  rechnet,  nicht  aber  Donsbach  und  Offen- 
bach, indem   sie  den  letztgenannten  Ort  dem    Amt  Tringenstein,    ersteren    dem 

Amt  Dillenburg  zuweist. 

In  einem  kurz  nach  1571  abgefassten  Kapitalschuldenregister'-')  fehlt  da- 
gegen wieder  Fleissbach  als  Bestandteil  des  Amts  Herborn,  ebenso  Donsbach, 
während  die  übrigen  Orte  der  Urkunde  von  1398  genannt  sind.  Ein  Verzeichnis 
von  1580'')  hat  dieselben  Dörfer  beim  Amte  Herborn,  wie  die  Renteirechnuug 
von  1457  (auch  iu  derselben  Reihenfolge),  nur  ist  zwischen  Bicken  und  Ballers- 
bach  der  Xame  Offenbach  eingeschoben  und  der  gräflich  Nassauische  Hof  Edingen 
(bei  Fleissbach,  im  heutigen  Kreise  Wetzlar)  besonders  aufgeführt. 

Diese  immerhin  geringfügigen  Schwankungen,  die  hier  nicht  weiter  bis 
auf  die  neueste  Zeit  verfolgt  werden  sollen,  zeigen,  dass  man  es  seit  etwa  der 
Mitte  des  15.  Jahrhunderts  beim  Amt  Pierborn  mit  einem  festen  Grundstock  von 
zugehörigen  Orten  zu  thun  hat  und  dass  sich  nur  das  Gerichtsverhältnis  von 
Offenbach,  vielleicht  auch  Fleissbach,  im  Laufe  der  Zeit  verschiebt.'"')  Dagegen 
kann  für  das  Ende  des  14.  Jahrhunderts,  dessen  Anfang  wohl  überhaupt  erst 
in  unserem  Territorium  die  Entwicklung  der  Amtsverfassung  einleitete,  von 
einer  n-enauen  Festlegung  der  Grenzen  des  Amts  kaum  schon  die  Rede  sein. 
AVenn  daher,  wie  man  nach  dem  Wortlaut  der  Yerpfändungsurkunde  annehmen 
möchte,  die  im  Bederegister  nicht  genannten  Orte  Sinn,  lleiligenburu,  Roth  und 
Donsbach-''')  in  der  That  im  Jahre  1398  zum  Gerichte  llerborn  gerechnet  wurden, 
so  müssen  wir  zur  Erklärung  dieses  Fehlens  nach  andern  Gründen  suchen.  An 
eine  anderweitige  Verpfändung  der  Einkünfte  aus  jenen  4  Dörfern'')  ist  kaum 
zu  denken,  weil  iu  diesem  Falle  in  der  Urkunde  für  Landgraf  Hermann  dessen 
Erwähnung  gethan  wäre.  Es  bleibt  nur  die  Annahme  übrig,  dass  aus  Gründen, 
die  unten  zu  erörtern  sind,  in  den  betreffenden  Orten  damals  keine  Bede  an 
den  Landesherrn  gezahlt  wurde. 

Über  das  Wesen  der  Bede,  als  der  ordentlichen,  direkten  Steuer  des 
Mittelalters,  herrschen  nunmehr  wohl  genügend  einhellige  Anschauungen ''^),  als 
dass  hier  noch    einmal   näher    darauf  eingegangen    zu    werden    brauchte.      Wir 

■''-)  .St.   A.,  li<icluiun;;eii  11,  45;  47. 

53)  St.  A.,  Rechnungen  III,  44;  23. 

")  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch.,  C  306. 

'•'')  Donsbach    erscheint,    abgesehen    von    der   Urk.    von    1398,    soitdom  niemals  als  lier- 

bornischer  Ort. 

^O)  Es  fehlen  ausserdem  die  schon  ihrer  geograpliischen  Lage  wegen  mich  Herborn  ge- 
hörigen Dörfer  Amdorf  und  Fleissbach. 

*')  Wie  sie  häuHg  genug  vorkamen.  Vgl.  die  Verpfändung  von  10  Mk.  Ji-ihrlicli  auf 
die  Bede  der  Stadt  Herborn,   1332.     liegest  bei   i'hilii.pi  a.  a    ().,  Xo.  194. 

^"l  Man  vgl.  V.  Uelow,  Artikel  „Bede"  im  Handwörterbuch  der  Staatswissenschaften, 
Bd.  2,  und  „Grundsteuer",  ebenda,  2.  Suj.plementbd.;  sowie  R.  Schröder,  Rechtsgeschichte  ^ 
S.  60.'{, 


55 

wollen  hier  auch  die  zahlreichen  früheren  Erwähnungen  dieser  Abgabe  in  uiiserm 
Gebiet'''-*)  bei  Seite  lassen,  uns  vielmehr  darauf  beschränken,  zu  untersuchen,  in 
welcher  Weise  sich  das  Register  für  die  Bevölkerungsstatistik  und  Lokal- 
geschichte der  Herborner  Gegend  verwerten  lässt.  Gelegentlich  wird  dabei  auch 
auf  die  Geschichte  des  Steuerwesens  überzugreifen  sein. 

Ein  Jlilfsniittcl,  um  die  Bevölkerungszahl  für  llerborn  und  die  zugehörigen 
Dörfer  festzustellen,  bietet  sich  in  dem  Register  nur  in  beschränktem  Maasse, 
indem  uns  eben  nur  die  Anzahl  der  Bedepflichtigeu  überliefert  wird.^") 

Wie  das  Beispiel  von  Uckersdorf  zeigt,  wo  von  dem  einzigen  Bedepflichtigen 
gesagt  wird,  er  sei  nach  Herborn  gezogen^"^),  waren  keineswegs  alle  Dorfinsassen 
zur  Zahlung  der  Bede  an  den  Landesherrn  verpflichtet,  sei  es  nun,  dass  eine 
ausdrückliche  Befreiung  davon  seitens  desselben  vorlag,  sei  es,  dass  die  Bauern 
auf  an  sich  bedefreiem  Gut  sasseu.  Ein  Beispiel  von  landesherrlicher  Befreiung, 
die  in  dieser  Zeit  wohl  immerhin  selten  war,  giebt  eine  Urkunde  von  1453"-), 
wonach  Zymmer  Jlenne,  Bürger  zu  llerborn,  durch  den  Grafen  Johann  zu  Nassau 
von  Dienst  und  Bede  gefreit  wird.  Ritterbesitz  war  im  Dillenburgischen  während 
des  14.  Jahrhunderts  nicht  an  sich  frei  von  landesherrlichen  Abgaben. 

1333*''')  verkaufen  die  Ganerben  von  Dernbach  dem  Grafen  Heinrich  von 
Nassau  ihre  Besitzungen  und  Rechte  in  Stadt  und  Mark  Herborn  und  in  4  ge- 
nannten Wäldern,  sowie  ihre  Eigenleute  in  den  „Landen  und  Festen"  des  Grafen, 
ausgenommen  u.  a.  13  Höfe  in  der  Herborner  Mark,  deren  Bebauer  frei  sein 
sollen  von  Schätzung,  Bede,  Fuhren  und  Dienst,  im  übrigen  aber  dem  Gericht 
im  Lande  unterliegen.  Nur,  w^enn  etwa  die  betr.  Hofieute  gräfliche  Eigen- 
behörige  sind,  sollen  sie  auch  Schätzung  u.  s.  w.  thun,  wie  ihre  Nachbarn.  Es 
wird  demnach  von  den  verkaufenden  Ritterbürtigen  die  Steuerfreiheit  ihrer 
Hintersassen  ausdrücklich  ausbedungen,  sie  war  also  wohl  nicht  selbstverständlich. 
Damit  stimmt  überein,  dass  1352  in  einer  Streitsache*^')  derer  v.  Bieken  mit 
der  Gräfin  Adelheid  zu  Nassau  jenen  auferlegt  wird,  durch  Leute,  die  nicht 
ihnen  eigen  sind,  zu  beweisen,  dass  die  Gräfin  von  den  v.  Bicken'schen  Leuten 
in  der  Herborner  Mark  jemals  mehr  genommen  habe  dan  ir  aide  greblich  recht 
(wozu  ja  in  erster  Linie  die  Bede  gehörte). 

Für  die  2.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  darf  Bedefreiheit  des  ritterlichen 
und  kirchlichen  Besitzes  in  unserm  Gebiet  konstatiert  werden. 

Aus  einer  Aufzeichnung  dieser  Zeit*^')  erhalten  wir  sehr  lehrreiche  Mit- 
teilungen über  den  Besteuerungsmodus,  Bedefreiheit  u.  ä.  Im  Auschluss  an 
eine   amtliche  Umfrage,    worauf  die  Bede   jedeu  Orts  gesetzt  werde,    „obe  sie 


*")  Schon  1258  werden  petitiones,  quo  dicuntiir  1  and b  e de  im  Westerwaldgebiet  erwähnt, 
Urk.  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch. 

'^'')  j}ei  Herborn  allerdings  noch   eine  Reihe  anderer  Namen,  worüber  unten. 

^1)  Bei  der  Maibcdc  wird  die  Steuerquote  des  Betreffenden  nicht  mehr  aulgot'ührt. 

«2)  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch. 

«•'')  Urk.  im  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch.     Hegest:  Philippi   a.  a.  (>.,  No.  201. 

'''^)  Urk.  von  1352,  Mär/  28,  St.  A  ,  Altes  Dillenb.  Arcli. 

'^^)  ^Allcrliandt  lierichtt  die  Rentherey  Dillonberg  belangend",  St.  A.,  Altes  Dillenb. 
Arch.  C  306.  Darin  ein  Abschnitt:  „Bericht  von  der  Bede,  wie  dieselbe  im  gantzen  ampt 
Dillenborgk  und  llerborn  gehaben,  und  worauf  sie  gesetzet  wirdt". 


b6 

uff  ligeiide  gutter,  ein  tag  oder  morgen  Umdts,  uff  den  wisswachs,  den  wageu 
hew,  uff  fahrende  habe,  uff  heuser,  viehe  oder  anders  gesetzt  werde",  wird 
hierin  für  die  einzelnen  Ortschaften  der  Amter  Dilleuburg  und  llerboru  au- 
gegeben, wie,  in  welcher  Höhe  und  von  wem  die  Bede  umgelegt  wird  und  ob 
sich  bedefreier  Besitz  im  Orte  befindet.  Daneben  wird  noch  der  Preis  für 
1  Tag  (Morgen)  Land  (oft  mit  Rücksicht  auf  die  Bonität!)  und  für  1  \Yagen 
..Heuwachs"  angeführt.  So  heisst  es  von  Heiligenborn:  „seindt  4  hauss,  geben 
6  albus  stendig".  Der  Wert  eines  Tages  Land  beläuft  sich  hier  auf  16  Gld., 
der  eines  Wagens  Heuwachs,  d.  h.  einer  Wiese,  die  1  Wagen  Heu  giebt,  auf 
20  Gld.  Am  Schlüsse  steht:  ,,noch  etlich  Junckern  gutter.  seint  frey".  Um 
die  Einzelberichte  zusammenzufassen:  in  der  Regel  wird  in  den  Dörfern  die 
Bede,  die  „ständig"  ist,  sich  gleich  bleibt,  von  den  Heimbergern  und  Ge- 
schworenen auf  die  einzelnen  Einwohner  je  nach  deren  Vermögen  angesetzt 
und  später  dem  Rentmeister  eingeliefert.  An  einigen  Orten,  wie  Breitscheid, 
wird  zunächst  von  jeder  Feuerstatt  ein  bestimmter  Betrag  (2—3  Albus  u.  ä.) 
erhoben,  der  Rest  der  auf  den  Ort  fallenden  Steuer  auf  die  Einzelnen  repartiert. 
Mehrfach  heisst  es:  nichts  frei  ausser  Kirchengut  und  Junkerugut;  in  einigen 
wenigen  Orten,  so  in  Roth,  ist  überhaupt  nichts  frei.  Bei  Bicken  wird  angegeben, 
dass  die  Bede  vordem  durch  15  oder  16  [Leute]  „gesetzt",  nach  „Gelegenheit" 
der  Einzelnen,  und  dann  „in  ein  kerb  geschnitten"  worden.  „Seindt  dessen 
semptlich  zufrieden  gewest" ! 

Wir  sind  auf  diese  Dinge  etwas  weiter  eingegangen,  indem  wir  inbezug 
auf  steuertechnische  Fragen  wesentlich  auf  die  Nachrichten  aus  dem  späteren 
Mittelalter  oder  der  neueren  Zeit  angewiesen  sind.'^^)  Unser  Register  selbst  ist 
in  dieser  Beziehung  ganz  unergiebig.  Es  sei  noch  bemerkt,  dass  im  14.  Jahrh. 
sowohl  wie  im  15.  und  später  die  Bede  keineswegs  die  einzige  Abgabe  war. 
Im  Jahre   1457'^^)  hatte  das  Dorf  Herbornseelbach  (30  Beitragende)  zu  zahlen: 

Maibede  8  Gld.  6  Turn. 

3       „ 


Herbstbede         9 

51 

Maikuhgeld        6 

55 

Herbstkuhgeld  8 

55 

Weingeld           3 

55 

Pfluggcld            7 

Gld 

7  Turn.  3   Heller. 

Wir  wollen  hier  die  einzelneu  Abgabenarten,  ihren  Urspruug  und  Charakter 
nicht  näher  untersuchen.  Immerhin  bleibt  es  auffällig,  dass  in  unserm  Ver- 
zeichnis nur  die  Bede  bei  den  Dörfern  erscheint,  während  einige  50  Jahre 
später  bereits  ein  wohlgeordnetes  System  mannigfacher  Abgaben  vorliegt. 

Um  auf  unsern  Ausgangspunkt  zurückzukommen,  so  darf  man  auf  Grund 
der  obigen  Ausführungen  schliessen,  dass  das  Register  von  1398  eine  mehr 
oder  minder  grosse  Zulil  vou  Bebauern  bedefreier  Güter,  sei  es  ritterlicher  oder 


'^®)  Vereinzeltes  findet  sich  in  älteren  Urkunden,  so  in  Urk.  von  1396,  Mai  20  (St.  A., 
VII,  U.)  Bemerkungen  über  die  Erhebung  der  Bede  im  Wcsterwald.  Einigermassen  wichtig 
ist  dann  die  Schultheissenordnung  des  Grafen  .Johann  von  1465  (St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch., 
S  2115),  unvollständig  abgedruckt  im  Corp.  (Jonstit.  Nassov.  I,  6  tt". 

^')  Uillenburger  Kentei-Beclinung,  s.  oben. 


57 

kirchlicher  Besitz,  nicht  mit  auffiilirt,  sondern  nur  die  eigentlichen  Vogtei- 
leute  umfasst.  Die  Naraenreihen  bei  den  Dürfern  lassen  sich  also  nicht  ohne 
weiteres  zu  einer  Berechnung  der  Bevölkerungszahl  verAverten. 

Weit  eher  geht  das  bei  der  Stadt  Ilerborn.  liier  sind,  abgesehen  von 
der  Geistlichkeit,  den  auf  das  gräfliche  Haus  gehörenden  Personen,  der  Burg- 
mannschaft und  den  etwa  sonst  noch  vorhandenen  ritterb ürtigen  Einwohnern*'^), 
mindestens  alle  Hausbesitzer,  vielleicht  auch  Haushaltungsvorstände,  um  diesen 
Ausdruck  zu  gebrauchen,  aufgeführt.  Da  die  Stadt  zu  Bede  je  100  Gulden 
zu  leisten  hatte,  so  liegt  es  nahe,  dass  sie  zum  Beitrag  jeden  heranzog,  über 
den  sie  verfügen  konnte.  Ob  etwa  Bürgermeister  und  Schöffen  von  der  Zahlung 
befreit  waren,  ist  nicht  ersichtlich.  Nach  der  schon  angeführten  Urkunde  von 
1332^'")  hatten  damals  Bürgermeister  und  Schöffen  einen  Betrag  aus  der  Stadt- 
bede auszuzahlen;   sie  waren  also  wohl  die  Einnehmer. 

Zu  den  203  Personen,  die  in  Herborn  Bede  zahlten'"),  kommt  hinzu  die 
Mehrzahl  der  am  Schluss  des  Registers  Aufgeführten,  die  Ol  und  Zwiebeln 
oder  Michaelis-  und  Martinshühner  geben,  einige  30.^')  Wahrscheinlich  handelt 
es  sich  bei  diesen  um  alleinstehende  Personen  oder  um  Einlieger,  und  es  wäre 
dann  die  llühnerabgabe  als  Kopf-  oder  Personalsteuer  anzusehen,  während  die 
Bede  der  übrigen  auf  Haus-  und  Grundbesitz  ging.  Yon  diesen  203  Bede- 
pflichtigen lässt  sich  nun  ein  ziemlich  sicherer  Schluss  auf  die  Höhe  der  da- 
maligen Bevölkerung  Herborns    ziehen.     Berücksichtigen   wir    noch   Folgendes: 

Ein  Verzeichnis  der  Einwohner  von  Herborn  um  1580^^)  enthält  236  Namen. 
Nach  Steubing''"')  gab  es  im  Jahre  1613  in  Herborn  218  Personen,  die  Feuer- 
schilling zahlten.  1638  war  diese  Zahl  auf  192  gesunken,  1695  aber  wieder 
gestiegen  auf  223.  Nehmen  wir  nun  mit  Jastrow^')  durchschnittlich  6 — 7  Köpfe 
auf  das  Haus  an,  so  besass  Herboru,  die  obenerwähnten  30  Leute  eingerechnet, 
um  1398  gegen  1300  —  1350  bürgerliche  Einwohner.''-^) 

Was  die  Namen  der  Herborner  Bedepflichtigen  betrifft,  so  ist  deren 
Verwertung  für  orts-  und  familiengeschichtliche  Zwecke  nur  in  recht  beschränktem 
Masse  angängig.  Die  Familiennamen,  vor  allem  bei  den  unteren  Klassen, 
hatten  sich  zu  jener  Zeit  noch  nicht  genügend  konsolidiert ;  eine  Personenstands- 
aufnahme in  unserm  Sinne  zu  liefern,  konnte  ja  auch  in  keiner  Weise  von  dem 
Verfasser  des  Registers  beabsichtigt   sein.     Eine  Vergleichung   der  Namen    auf 


**)  Xamen  wie  Katherina  von  Derinbach  bedeuten  nicht  den  Adel. 

ß9)  Oben  Anm.  57. 

'")  Nur  2  sind  ohne  Ansatz  geblieben,  ebenso  einige  auf  dem  Lande. 

'1)  Es  lässt  sich  nicht  mit  Siclierheit  angeben,  ob  4—7  Namen  mit  schon  vorher  ge- 
nannten identisch  sind. 

'^  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch.  11  424.  Ich  verdanke  den  Nachweis  des  Stückes  der 
Güte  des  Herrn  Archivdirektors  Dr.  Wagner. 

^^)  Topographie  von  Herborn  (Marburg  1792),  Beilage  No.  VIII. 

'*)  J.  Jastrovv,  Die  Yolkszahl  deutscher  Städte  zu  Ende  des  Mittel alter.s  und  zu  Beginn 
der  Neuzeit,  S.  61   ti". 

''")  Zu  Vogels  Zeit  (Beschreibung  S.  817 1,  um  1840,  zählte  Herborn  in  ^31  Häusern 
2267  Bewohner,  also  annähernd  7  auf  das  Haus.  [Ob  der  obige  Ansatz  für  1380  nicht  zu  hoch 
gegriffen  isty     D.  Red.J 


58 

dem  Lande,  die  in  zwei  Reihen  erlialten  sind,  zeigt  mehrfache  Ungenauigkeiten 
des  Verfassers;  nicht  minder  sorglos  wird  er  bei  den  Herborner  Namen  ver- 
fahren sein.  Es  soll  hier  nicht  weiter  über  die  Namen  selbst  gehandelt  werden, 
hingewiesen  sei  nur  auf  die  zahlreichen  Spott-  und  persönlichen  Beinamen,  wie 
Schrickelheyne,  Geckirbenoe,  Schrieconcze,  Glappirczan,  Dufeleliin.  Menschen- 
stucke, Mulenheyne  und  auf  die  häufigen  Bezeichnungen  nach  Gewerben"''):  der 
Belczer,  Welker,  Endres  der  snyder,  Tiele  Becker,  Sybel  Czyraerman,  von  denen 
die  eine  oder  andere  sich  schon  zu  einem  Familiennamen  ausgewachsen  haben 
mag.  Vergleicht  mau  die  Namen  mit  denen  des  Einwohnerverzeichnisses  von 
1580,  so  kann  man  im  besten  Falle  aus  letzterem  die  folgenden  mit  Namen  des 
Bederegisters  identifizieren:  Bauch,  Becker,  Bueff,  Oiele,  Han,  Heide,  Heuu, 
Krei,  Loer,  Lotz,  Moriug,  Rosenkrantz,  Scheppe,  Schmiett,  Thiele,  Trieff't,  Weber, 
Wiell,  Wolf  und  Zimmermann.") 

Aus  der  sehr  verschiedeneu  Höhe  der  einzelnen  Bedebeträge,  die  von 
5  Mark  (60  Schill.)  bei  Heynemann  von  Schönbach  und  22  Schill,  bei  Welker 
bis  zu  1  Schill,  schwankt,  würden  sich,  eine  gleichmässige  Verteilung  der  Steuer 
vorausgesetzt,  Schlüsse  auf  die  wirtschaftliche  Lage  der  Einzelnen  ziehen  lassen, 
stände  anderweitig  genügendes  Material  über  alte  Herborner  Familien  zu  Gebote. 

Zu  dem  Gesamtbetrag  der  Herborner  Bede  ist  zu  bemerken,  dass  die  Stadt 
nach  den  Dillenburger  Renteirechnungen  von  1457  ff.  nur  je  80  Gulden  Mai- 
und  Herbstbede  zu  zahlen  hat.  Eine  Abgabe  in  gleicher  Höhe  erscheint  auch 
1580^«),  wo  im  Ganzen  1034  Gld.  19  Albus  3  Pfg.  Gefälle  aus  Herborn  ver- 
zeichnet sind,  darunter  beträchtliche  grundherrliche  Abgaben  (Güter-  und  Wiesen- 
zins), sowie  535  Gld.  an  Landzoll.  Noch  1638  zahlte  die  Stadt  zweimal  jährlich 
80  Gld.  Bede,  während  aus  dem  ganzen  übrigen  Amt  je  95  Gld.  22  Alb.  Mai- 
und  Herbstbede  fallen.'-') 

Zu  einem  entgegengesetzten  Ergebnis  führt  eine  Gegenüberstellung  der 
Bedebeträge  der  einzelnen  Dörfer  in  unserm  Register,  der  Renteirechnung  von  1457 
und  dem  angeführten  Verzeichnis  von  1580,  Hier  zeigt  sich  eine  Steigerung  nach 
der  neueren  Zeit  hin.  Der  Münzfuss  ist  in  den  beiden  ersten  Verzeichnissen  aller- 
dings verschieden.  Setzen  wir  indessen  das  Verhältnis:  8  Schill.  =  1  Gld.^"), 
so  ergiebt  sich  für  Herbornseelbach  bei  der  Herbstbede:  672  Gld.  von  14 
Pflichtigen:  OV.i  Gld.  von  30  Pflichtigen:  12  Gld.  17  Alb.  Ob  bei  dieser 
Steigerung  allein  die  Vermehrung  der  Steuerzahler  oder  auch  stärkere  Heran- 
ziehung des  Einzelnen  der  entscheidende  Faktor  ist,  lässt  sich  aus  dem  vor- 
handenen Material  nicht  ohne  weiteres  ermitteln.  Mit  grösserer  Wahrscheinlich- 
keit wohl  das  erstere,  indem,    wie    die    späteren  Gefälleregister   ausweisen,    die 


"')  Hinweise  auf  das  in  Herborn  blühende  Wollliandwerk,  etwa  in  Gestalt  von  vielen 
Xaraen  wie  Webirhenne,  fehlen. 

"')  Das  Verzciclmis  der  Herborner  LJrandbeschädigtcn  von  1626  (Steubing-,  a.  a.  0., 
8.   142  tt.)  bietet  natürlich  noch  weniger  Berührung.spunkte. 

^®)  S.  oben  Anin.  54. 

''••j  Ver8chreil)ung  des  Grafen  Ludwig  Henrich  /u  Nassau  für  seine  Schwiegertochter 
Gräfin  Anna  Augusta,  1638,  Februar  19  (St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch  ,  H  2496). 

"")  Vgl.  bei  Lamprcclit,  Deutsches  Wirtschaftsleben  II,  433  die  Beispiele  für  Lim- 
burg 137.5  und   1391. 


59 

Ziilil  der  Abgaben  alliiiälilich  grösser  wird.  Diesen  neuen  Auflagen,  namentlicli 
den  laudstündischeu  Steuern  gegenüber,  büsst  die  Bede  immer  mehr  an  Be- 
deutung ein. 

Die  Herbstbede  weist  in  unserem  Register  für  die  Dörfer  einen  grösseren, 
im  Ganzen  den  doppelten.  Betrag  auf,  wie  die  Maibede.  Diese  Verschiedenheit 
wird  nach  Ausweis  der  vorhin  verwendeten  drei  Verzeichnisse  mit  der  Zeit  geringer 
und  hat  1638  ganz  aufgehört. 

In  Kürze  sei  nunmehr  noch  der  2.  Abschnitt  des  Registers,  der  die 
sonstigen  Gefälle  aufführt,  einer  Betrachtung  unterzogen. 

Hier  sind  zunächst  Naturalabgaben  verzeichnet,  die  kein  weiteres  Interesse 
erwecken:  Zins  aus  Mühlen,  von  Äckern,  Abgabe  (Medem)  von  Rottland,  von 
Wiesen  und  einem  Weingarten  zu  lierborn.^')  Sodann  gegen  9  Pfd.  „Schuren- 
zins" von  Bäckern  und  Metzgern,  eine  Abgabe,  über  die  ich  nichts  weiter  bei- 
zubringen weiss.^^)  Ebensowenig  wie  über  die  Kühe  und  Hammel,  die  zweimal 
jährlich  zu  liefern  sind.  Dagegen  erscheinen  die  Weinfuhren  nach  Mainz  auch 
später,  indem  es  1565'''-'j  heisst,  dass  der  Graf  jährlich  5  Weinfuhren  von  den 
Höfen  und  Mühlen  im  Amte  Dillenburg  hat,  jede  mit  5  Gld.  löslich.  Das 
uffkiimmen  von  toden  luden  ist  eine  bekannte  Leibeigenschaftsabgabe  (Kurmede, 

Besthaupt). 

Zur  Anweisung  für  die  landgräflichen  Gefälleerheber  folgt  sodann  ein  Ver- 
zeichnis der  Einkünfte,  die  aus  der  Herborner  Mark  gein  Dülenherg  fallen,  d.  h. 
dem  verpfändenden  Grafen  Heinrich  bezw.  dessen  Gemahlin  verbleiben.  Be- 
sondere Beachtung  verdient  daraus  die  Stelle  über  den  Zoll  zu  Herborn  (mit 
dürftigen  Ansätzen  eines  Tarifs),  über  das  Ungeld  und  den  kleinen  Zoll, 
die  beide  zum  Besten  der  Stadt  verwendet  werden  sollen*^'),  und  über  die  den 
Nonnen   zu  Altenberg  verschriebenen  4  Mark  aus  den  Herborner  Gartenzinsen. 

Weiter  folgt  Güterzins,  der  teils  rein  in  natura  (das  3.,  4.  oder  fünfthalbe 
Seil!),  teils  schon  in  Geld  entrichtet  wird,  und  eine  wohl  auch  grundherrliche 
Abgabe  von  ÖP'')  und  Zwiebeln. 

Über  die  Michaelis-  und  Martinshühuer  ist  schon  gesprochen  worden. 

Die  46  Malter  Hafer,  die  das  Land  jährlich  auf  das  „Haus"  Herborn  zu 
liefern  hat,  dürfen  als  markrechtliche  Abgabe  angesehen  werden. 

**')  Für  diese  Naturalabgaben  wird  auf  ein  besonderes  „Zinsbucli"  verwiesen. 

*^)  Sollte  damit  die  „Schuerbede"  (=  Schutzbede  ■')  zu  vergleichen  sein,  die  nacli  einer 
Urk.  von  1483  (Abschrift  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch.,  B  683)  die  nassauischen  Eigenleute 
im  Grunde  Breidenbach  jährlich  dem  Landgrafen  von  Hessen,  als  dem  Landesherru,  im  Be- 
trage von  je  14  Heller  und  1  Huhn  zu  ontricliten  hatten':' 

8")  St.  A.,  Altes  Dillenb.  Arch  ,  C  306. 

'*^)  So  wohl  auch  der  Überschuss  des  Bedeertrages  über  100  Gld  (38  Schilling,  s.  oben 
Anm.  31).  Indem  in  vorstehender  Anm.  angeführten  Schriftstück  heisst  es  bei  „Herbst-  und 
Maigcschoss"  zu  Herborn :  Jedesmal  SO  Gld.  zu  zahlen,  das  übrige  der  Stadt  zuzuwenden. 

**J  Vielleicht  handelt  es  sich  um  Ölmühlenzins,  der  noch  1565  in  Ib'rborn  füllt  (Altes 
Dillenb.  Arch.,  C  306). 


Die  Herborner  Zünfte  und  ihre  Verfassungen. 


You 

M*  Y*  Domarus, 


über  Herborns  Handel  und  Gewerbe  in  den  ältesten  Zeiten  der  Stadt 
wissen  die  Geschichtsschreiber  nur  zu  berichten,  dass  Herborn  ,,seit  dem 
13.  Jahrhundert  der  Mittelpunkt  alles  Verkehrs  und  Handels  für  die  weite 
Umgegend"  gewesen  sei,  ,,in  deren  zahlreichen  Urkunden  alles  (!)  nach  Herborner 
Münze,  Maass  und  Gewicht  bestimmt"^)  wurde,  uud  dass  bereits  im  14,  Jahr- 
hundert oder  doch  „in  alten  Zeiten"  die  Herborner  Wollmanufakturen  im  Flor 
gestanden  hätten. -j  Nach  einer  erst  jüngst  wieder  vorgetragenen  Ansicht^)  soll 
Herborn  sogar  schon  1250  —  also  noch  als  Dorf  —  eine  eigene  Münzstätte 
besessen  und  bald  darauf  Herborner  Münze,  Mass  uud  Gewicht  nicht  nur  in 
der  Umgegend  und  in  Köln,  sondern  über  Frankfurt  hinaus  bis  zu  dem  grossen 
Handels-  und  Messenplatz  Leipzig  gegolten  haben.  Irgendwelche  urkundlichen  Be- 
läge für  diese  letzteren  Behauptungen  sind  freilich  nicht  beigebracht  worden,  und 
so  wird  trotz  aller  Begeisterung  für  das  alte  Städtchen  an  der  Dill,  dessen  Jubel- 
feier auch  die  nachfolgenden  Zeilen  gewidmet  sind,  über  Herborns  Handel 
uud  Gewerbe  nur  soviel  gesagt  werden  können,  als  sich  urkundlich  nach- 
weisen lässt. 

Ob  Herborn,  das  1231  zum  ersten  Male  als  Dorf  genannt  wird,  von 
König  Wilhelm  auf  Bitten  der  nassauischen  Grafen  Walram  und  Otto  zur  Stadt 
erhoben  wurde,  weil  es  bereits  eine  grössere  Ausdehnung  erreicht,  ein  gewisser 
Handel  sich  hier  entwickelt  hatte,  oder  ob  dieser  Städtegründung  auch  noch 
andere  Ursachen  zu  Grunde  liegen,  darüber  wissen  wir  nichts.  Sicher  ist  nur, 
dass  Herborn,  begünstigt  durch  seine  Lage  an  der  Handelsstrasse  nach  Köln 
und  durch  das  Dillthal  nach  Frankfurt,  in  den  ersten  Jahrzehnten  nach  der 
am  6.  Kovember  1251  erfolgten  Stadtrechtsverleihung  emporblühte  und  hier 
sich  ein  nicht  unbedeutendes  Handelsleben  entfaltet  hat.  Gegen  Ende  des 
13.    Jahrhunderts    nämlich,    im    Jahre   129G,    und    ebenso   1307    finden    wir   in 


')  Vogel,  C.  D.,  lieschreibung  des  Herzogtums  Xassau,  "Wiesbaden  1843,  S.  719. 
-)  Ariioldi,    .J.  V.,    Geschichte    der    nassau-oranischen  Länder,    IJd.   1    (lladamar  1799), 
S,  241.     Steubing,  J,  IL,  Topograpiiie  der  Stadt  llcrborn,  Marburg  1792,  S.  90. 
*)  Nassovia,  Jahrg.  1901,  No.  18.  —  Vgl.  unten  S.  61,  Anm.  10. 


61 

Ilerboni  bereits  ein  Kaufhaus  (Koifhus)^),  also  ein  Haus,  wie  es  in  auderen 
Städteu  die  Kaufleute,  besonders  aber  die  Tuchmacher  und  Gewandschneider 
besassen,  ein  Haus,  in  dem  Waren  aufgestapelt,  kontrolliert  und  verkauft  wurden.') 
Kaufliäuser  sind  in  den  deutschen  Städten  im  13.  Jahrh.  noch  selten,  um  so  mehr 
Interesse  erweckt  es,  dass  das  kleine  Herborn  schon  damals  ein  solches  Gebäude  be- 
sitzt"), das  neben  dem  Rathaus  das  bedeutendste  und  wichtigste  einer  Stadt  war  und 
in  kleineren  Orten  nicht  selten  mit  dem  Ivathaus  unter  einem  Dache  vereint  wurde. 
Beachtenswert  ist  ferner,  dass  wahrscheinlich  schon  1259^)  eine  Münz- 
stätte in  Herborn  bestanden  hat;  denn  in  diesem  Jahre  und  ebenso  noch  1209*") 
und  1270^)  wird  in  den  Urkunden  ein  „Henricus  monetarius  de  Hirvirne" 
(Herborn)  genannt.  Dass  bereits  1250,  also  noch  vor  der  Verleihung  des  Stadt- 
rechtes, in  Herborn  gemünzt  wurde,  ist  ebensowenig  urkundlich  nachweisbar, 
wie  dass  bald  darauf  auch  Herborner  Mass  und  Gewicht  bis  zu  den  grossen 
Messplät/en  Köln  und  Leipzig  gegolten  liabe^'^).  Herborner  Mass  wird  meines 
Wissens  zum  ersten  Mal  in  einer  Urkunde  vom  2.  April  1329^^)  erwähnt  und 
Herborner  Währung  erst  1333  bezw.  1340.^2^  Natürlich  hat  Herborner  Münze, 
Mass  und  Gewicht  in  der  Umgegend  gegolten,  aber  die  war,  wenn  nicht  klein, 
so  doch  auch  nicht  gross,  und  schon  in  der  Nachbarschaft  nach  beiden  Seiten 
hin  gab  es  bedeutende  Konkurrenzstädte  wie  Siegen,  dessen  Handel  mit  Köln 
bekanntlich  bereits  im  13.  Jahrhundert  blühte,  und  Wetzlar,  dessen  Währung 
gleichzeitig  mit  der  von  Herborn  und  Siegen  in  den  Urkunden  vorkommt. 


*)  Urk.  V.  27.  Jiin.  1296  und  v.  5.  Febr.  1307  im  St.  A.  W.,  ürk.  VII.  —  Vgl.  Wyss, 
A.,  Hessisches  Urkundenbucli,  Abt.  1,  Urkundenb.  der  Deutschordensballei  Hessen,  Bd.  1 
No.  607,  Bd.  2  No.  111.  Die  betreffenden  Stellen  lauten:  „De  domo  contigua  domui,  que 
koifhus  vulg-ariter  nuncupatur"  und  „de  domo  sua  sita  prope  kauflius". 

•')  Vgl.  Schmoller,  G.,  Die  Strassburger  Tucher-  und  Weberzunft,  Strassburg  1879, 
S.  456—462.  —  Below,  G  v.,  Das  ältere  deutsche  Städtewesen  und  Bürgertum,  Bielefeld  u. 
Leipzig  1898,  S.  54—60. 

•5)  Aus  dem  13.  Jahrhundert  ist  nur  ein  Herborner  Kaufmann  bekannt,  der  mercator 
Siegfried,  auf  dessen  Haus  der  Bürger  und  Schöffe  Heinrich  Sinnege  zu  Herborn  eine  Rente 
besass,  die  er  am  6.  Aug.  1272  mit  anderen  Gütern  dem  Deutschordenshause  in  Marburg  ver- 
machte; am  26.  Febr.  1281  erhielt  Siegfried  sie  mit  anderen  Renten  auf  Lebenszeit  zurück. 
Wyss  a.  a.  O.,  Bd.  1  No.  281  u.  387. 

'')  Urk.  vom  Aug.  1259  im  St.  A.  W.,  Urk.  II,  33. 

*)  Urk.  vom  15.  Febr.  1269  bei  Wyss  a.  a.  O.,  Bd.  1  Nr.  245. 

«)  Urk.  vom  Dez.  1270  im  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

")  Die  Nachricht  in  der  Nassovia  a.  a.  O.  ist  wahrscheinlich  aus  Steubing  a.  a.  O., 
S.  124  übernommen,  wo  als  Quelle  für  das  Jahr  1250  die  Schrift  „Sublimis  advocatia  .  .  . 
in  Sachen  des  Herrn  Grafen  Hermans  zu  Sayn  .  .  .  contra  das  Kloster  Marienstadt,  Wetzlar 
1761",  angeführt  wird.  In  Wirklichkeit  hat  aber  diese  Deduktionsschrift  in  der  Beilage  Xo.  1.') 
das  richtige  Datum  „August  1259",  und  auch  durch  Arnoldi  a.  a.  ().,  Ud.  3,  Tl.  2,  S.  113, 
114  konnte  der  Irrtum  Steubings  schon  berichtigt  werden.  Steubing  S.  91  erzählt  auch, 
dass  die  Herborner  auf  der  Leipziger  Messe  Wolle  gekauft  hätten,  aber  nicht  etwa  bald 
nach  1250,  sondern  erst  im  18.  (!)  Jahrhundert.  Handelsmessen  gab  es  in  Leipzig  übrigens 
erst  im  15.  Jahrhundert. 

")  St.  A.  W.,  Urk.  VII.  —  Unter  dem  6.  Aug.  1334  auch  bei  Wyss  a.  a.  Ü.,  Bd.  2  No.  603. 

■'')  „Payment  im  lande  zu  Herl)orn"  heisst  es  in  einer  Urkunde  vom  21.  Mai  1333 
(St.  A,  W.,  Urk.  VII).  „Herborner  Währung"  kommt  zuerst  in  einer  Urkunde  vom  4.  Juli 
1340  (St.  A.  W.  a.  a.  O),  dann  bis  1349  zieralicii  häutig  vor. 


Ob  in  älterer  Zeit  Herboruer  KauHeute  auf  der  über  Herborn  gelieuden, 
sog.  Leipziger  Landstrasse  oder  auf  anderem  Wege  bisJ^eipzig  gezogen  sind,  ob  hier 
1  [erborner  Geld  angenommen  oder  uaeli  Herborner  Mass  und  Gewicht  gerechnet 
wurde,  darüber  wissen  wir  nichts.  Wahrscheinlich  ist  es  aber  nicht;  Herborns 
Handel  erstreckte  sich  vor  allem  nach  Köln,  und  erst  im  15.  Jahrb.  hören  wir,  dass 
Herborn  auch  die  Frankfurter  Messe  beschickte,  Wolle  und  Leder  dort  absetzte.^-') 
Im  16.  Jahrh  hatte  sich,  wie  aus  der  Ordnung  der  WoUeuweberzunft  vom  15.  März 
1525^')  hervorgeht,  der  Handel  mit  Frankfurt  schon  mehr  entfaltet;  bereits  damals 
besass  das  genannte  Handwerk  dort  eine  Halle  und  ,,se/7  menschengedeulen'-'-,  wie  es 
1609  heisst,  ein  Haus  für  seine  ^^nofclarft  und  gclegoiJieit  undivas  zu  handwerls  nutze 
diene. '■''^■')  Im  13.  Jahrhundert  aber  wird  der  Handel  Herborns  trotz  des  Kaufhauses 
wohl  kaum  von  grosser  Bedeutung  gewesen  sein;  dazu  war  der  Verkehr  zu 
srerinff,  die  Stadt  zu  klein.  Herborn  hatte  im  Jahre  1792  335  Häuser,  1642 
deren  230"^),  1447  etwa  183  Häuser^^);  nehmen  wir  mit  den  Statistikern  an, 
dass  die  Häuserzahl  in  zwei  Jahrhunderten  sich  ungefähr  verdoppele,  so  hatte 
Herborn  im  13.  Jahrhundert  etwa  80  bis  90  Häuser,  alles  in  allem.  Im  Jahre 
1398  gab  es  203  Steuerzahler  in  Herborn^'^),  also  Leute,  die  einen  eigeneu 
Herd  hatten,  und  fast  vier  Jahrhunderte  später,  im  Jahre  1781,  hatte  die  Stadt 
nur  278  wirkliche  Bürger  und  1789  nach  einer  Zählung  von  Haus  zu  Haus 
nicht  mehr  als  1884  Einwohner.^'') 

Der  Handel  und  die  gewerbliche  Produktion  Herborns  hat  sich,  wie  schon 
angedeutet,  in  erster  Linie  auf  Wollwaren  erstreckt.  In  Friesland  und  den 
Niederlanden  blühte  die  Wollindustrie  schon  seit  Jahrhunderten,  von  dort  aus 
hatte  sich  die  Wollweberei  nach  Cleve  und  Geldern  und  au  den  Ehein  ver- 
breitet; die  Kölner  Weberei  stand  im  13.  Jahrhundert  an  der  Spitze  aller 
übrigen  deutschen,  und  im  Tuchhandel  war  Köln  mit  seinen  Verbindungen  nach 
Brügge  und  London  und  dem  Oberrhein  allen  anderen  Städten  weit  über- 
legen. Von  den  Niederlanden  und  vom  Khein  her,  vielleicht  von  Köln  aus, 
werden  die  Wollschläger  und  Wollweber  auch  den  Weg  nach  Ilerborn  gefunden 
und  sich  hier  ansässig  gemacht  haben,  umsomehr,  nachdem  Herborn  1251 
Stadt-  und  Marktrecht  erhalten  hatte.  Zunächst  wurde  nur  alltägliche  Ware 
fabriziert;  feinere  Tuche,  Seidenstoffe,  kostbare  Gewebe  und  Teppiche  bezog 
man  im  Wege  des  Handels  aus  dem  Ausland,  und  Herborn  wird  seinen  Bedarf 
in  diesen  Artikeln  wohl  iu  Köln  gedeckt  haben.  Die  Färberei  war  zu  jener 
Zeit  in  Deutschland  noch  wenig  ausgebildet;   auch  Herborn  dürfte  im  13,  und 


13\ 


'*)  Von  weit  entlegenen  Städten,  mit  denen  Herborn  nachweisbar  in  Handelsbeziehungen 
stand,  ist  mir,  abgesehen  von  Köln  und  Frankfurt,  nur  Kassel  bekannt,  wo  die  Herborner 
Schuhmacher  —  aber  auch  erst  im  17.  Jahrhundertl  —  feines  Leder  kauften.  St.  A.  W., 
VII  A,  ad  Z  No.  32.      A^gl.  Anm.   10. 

")  St.  A.  W.,  Urk.  VII  und  Akten  VII  A,  Z  :N'o.  37  b. 

*^)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  22  b  u.  Translix  v.  8.  Sept.  1.525  zum  Zunftbrief  v.  15.  März  1525. 

1")  Herborner   Stadtprotokoll,    1633—1677,    Original    iu  der  Slg.  d.  A.  V.  H.,    Abschrift 
im  St.  A.  W.,  VII  A,  H  No.  2401. 

")  Steubing  a.  a.  0.,  S.  108.  —  Arnoldi  a.  a.  0.,  M.  3,  Tl.  2,  S.  7. 

**)  Vgl.  die  Abhandlung  von  Dr.  Eggers  in  dem  vorliegenden  Hefte,  S.  57. 
'')  Steubing  a.  a.  0.,  S.  109  und  St.  A.  W.,  Nachlass  Vogel,  No.  4*). 


ISl 


63 

14.  Jahrhundert  nur  graue  und  weisse  Tücher  hergestellt  haben.  Die  erste 
Kunde,  dass  hier  auch  gefärbte  Tücher  verfertigt  wurden,  stammt  aus  dem 
folgenden  Jahrhundert,  aber  noch  im  17.  Jahrhundert  waren  ausländische, 
namentlich  englische  oder  Londoner  (luntische)  Tücher  auf  den  lierborner 
Märkten  so  gesucht,  dass  acht  Wollcntuchmacher,  die  mit  grossen  Unkosten 
in  Erfahrung  gebracht,  „«ic  tnan  die  duch  uf  enxjlische  iveissc  aus  herciten 
kan^'-j  am  2.  April  1653  um  die  Erlaubnis  zur  Herstellung  solcher  Tücher 
einkamen.-") 

Ob  es  nun  in  Herborn  schon  im  13.  oder  14  Jahrhundert  Kaufmamis- 
oder  Handwerkergenossenschaften  gegeben  hat,  ob  die  Macht  etwaiger  Zünfte 
auch  hier  schon  so  gewachsen  w^ar,  dass  sie  nach  dem  Vorbild  anderer  Städte-^) 
einen  Kampf  mit  den  Altbürgern  der  Stadt  wagen  konnte,  darüber  fehlen  uns 
jegliche  Nachrichten.  Erst  aus  dem  17.  Jahrhundert  wissen  wir,  dass  die 
Zünfte  in  llerborn  eine  Vertretung  bei  der  Stadtverwaltung  und  die  Einsetzung 
eines  Ausschusses  von  Zunftgenossen  beanspruchten,  und  dass  es  hierüber 
zwischen  dem  Stadtregiment  und  den  Handwerkern  zu  langwierigen,  oft  mit 
grobem  Geschütz  geführten  Kämpfen  kam,  die  schliesslich  zu  Gunsten  der  Zünfte 
entschieden  wurden.^-)  Gleichzeitig  wird  berichtet,  dass  der  eine  der  beiden 
Bürgermeister  aus  den  Schöffen,  der  andere  aus  den  Zünften  gewählt  wurde. 
Wann  aber  zum  ersten  Mal  die  Wahl  eines  Zunftgenossen  zum  zw^eiten  Bürger- 
meister erfolgte,  darüber  verlautet  wiederum  nichts.  Schon  1309  werden  zwei 
Bürgermeister  genannt--'),  ob  aber  vorher  stets  nur  ein  Bürgermeister  an  der 
Spitze  der  Stadt  stand,  ob  die  Einführung  von  zwei  Bürgermeistern  die  Folge 
eines  vorausgegangenen  siegreichen  Kampfes  der  Zünfte  gewesen  ist,  und  ob 
wirklich  schon  damals  der  zweite  Bürgermeister  einer  Zunft  angehört  hat,  lässt 
sich  bisher  nicht  entscheiden.  Schwerlich  haben  aber  in  Herboru  schon  zu 
Anfang  des  14.  Jahrhunderts  solche  Verfassungskämpfe  stattgefunden;  die  Zeit- 
spanne von  der  Stadtgründung  1251  bis  1309  ist  zu  kurz,  die  Stadt  noch  zu 
klein,  als  dass  sich  in  ihr  ein  mächtiger  Handwerkerstand  entwickelt  haben  sollte. 

Gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  mögen  schon  vereinzelte  gewerbliche 
Vereinigungen  oder  Bruderschaften  zu  Herborn  bestanden,  vielleicht  die  Wollen- 
weber, die  Schneider  und  Bäcker  eine  gewisse  Ordnung  gehabt  haben;   sichere 


■")  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  38.  Das  Gesuch  wurde  in  Dillenburg  abgelehnt  mit  der 
Begründung:  „Ist  nit  ahngenommen  worden,  loeil  das  bereiten  nur  zum  betrug  des  gemeinen 
manns  gereichet. "^ 

^^)  Das  14.  Jahrhundert  ist  die  klassische  Zeit  der  Zunftkämpfe.  In  Siegen  kam  es 
zwischen  den  Zünften  und  Geschlechtern  zu  erbitterten  Kämpfen,  die  mit  dem  vollständigen 
Siege  der  ersteren  endigten. 

^^)  Schon  am  10.  Dezember  1642  wurde  von  Dillenburg  aus  dem  Amtmann  in  Herboru 
befohlen,  einen  Ausschuss  und  Vorstand  der  Bürgerschaft  anzusetzen ;  es  kam  aber  erst  später 
zur  wirklichen  Bildung  dieses  Ausschusses  des  Kollegiums  der  „Sechster",  dessen  Aufgabe  es 
war,  die  Gerechtsame  der  Zünfte  und  der  Bürgerschaft  gegen  etwaige  Eingriffe  des  Magistrats 
mit  Naclulruck  zu  schützen.  Wann  diese  sechs  Stadtverordneten  zum  ersten  Male  ihres  Amtes 
walteten,  habe  ich  bisher  nicht  feststellen  können.  St.  A.  W.,  A''II  A,  Z  No.  44  b  und  Nach- 
lass  Vogel,  Xo.  49.     Vgl.  auch  Steubing  a.  a.  0.,  S.  74  u.  75. 

'")  Wyss  a.  a.  C).,  Bd.   2  Xo.   1(13,  Urk.   vom  21.  S,.pt.  1300.     V-1.   Xo.  92  u.   l.'}3. 


64 

Nachrichten  fehlen  darüber,  doch  Kisst  es  sich  aus  den  noch  erhaltenen  Ver- 
fassungen verschiedener  ]Ierborner  Zünfte  aus  dem  15.  und  zu  Anfang  des 
IC.  Jahrhunderts  annehmen.  In  dieser  Zeit  nämlich  werden  den  bereits  be- 
stehenden Zünften  alte  Zunftbriefe  bestätigt  oder  erneuert,  neue  Gesetze  hinzu- 
■^efügt,  die  Organisation  "des  einzelnen  Handwerks  ist  schon  eine  verhältnismässig 
ausgebildete,  kurz,  alles  weist  in  diesen  ältesten  Herborner  Zunftordnungen  darauf 
hin,  dass  dort  die  Handwerker  vielleicht  schon  im  14.  Jahrhundert,  sicherlich 
aber  zu  Beginn  des  15.  Jahrhunderts,  Genossenschaften  gebildet  haben,  mögen 
sie  nun  religiösen  oder  weltlichen  Ursprungs  gewesen  sein,  mögen  sie  Bruder- 
schaft, Amt,  Innung,  Zunft  oder  wie  immer  geheissen  haben.  Dass  die  ersten 
Handwerksvereinigungen  auch  in  Herborn  in  erster  Linie  religiösen  und  kirch- 
lichen Ursprungs  sind,  geht  aus  vielen  Bestimmungen  der  ältesten  Zunftver- 
fassungen hervor;  so  bestehen  die  Strafen  für  Yergehen  weniger  in  Geldstrafen  als 
in  Lieferungen  von  Wachs  für  die  Kirche,  die  Vorsteher  der  Zunft  heissen  stets 
noch  Kerzenmeister-'),  für  die  Feier  der  Festtage  der  Jungfrau  Maria,  der  Apostel 
und  anderer  Heiligen  werden  besondere  Bestimmungen  getroffen  u.  a.  m.-') 

Während  aus  dem  13.  Jahrhundert  nur  ein  Herborner  Handwerker  be- 
kannt ist  —  der  Metzger  (carnifex)  Heinrich  genannt  Kois-''},  auf  dessen  Haus 
in  llerborn  die  Gräfin  Agnes  von  Nassau  1296  eine  Rente  besass,  —  haben 
hundert  Jahre  später  verschiedene  Gewerbe  schon  eine  gewisse  Bedeutung  er- 
langt; so  bezahlen  1398  nach  dem  oben  erwähnten  Bedeverzeichnis  die  Bäcker 
und  Metzger  einen  Scheuuenzins  von  fast  9  Pfund  Geld  (Pfennige),  und 
ausser  der  Walkmühle  sind  zwei  Mahlmühlen  im  Betrieb.  Wahrscheinlich  stand 
um  diese  Zeit  auch  schon  das  Gerberhand  werk  in  Herborn  in  Blüte;  denn  bereits 
1437  wird  nach  den  Gerbern  eine  Strasse,  die  Loer-  oder  Loher-Gasse  benannt.^^) 
Einige  Jahrzehnte  später  kommt  dann  endlich  die  erste  bestimmte  Kunde  von 
einem  in  einer  Bruderschaft  oder  Zunft  vereinigten  Handwerke  in  Herborn,  dem 
der  Tuchmacher.  In  der  Dillenburger  Renteirechnung  von  1461  nämlich 
findet  sich  unter  den  Eintragungen  der  aus  Herborn  jährlich  zu  zahlenden 
Pfenniggülte  der  Vermerk:  „D/e  walckemoln  zo  Herborn  ist  unforgulden  hieven, 
als  mir  die  Kirtzemeister  vurhalden  und  liant  nit  bezalt  0  jar  und  in  myns 
jonchern  gnaden   nit  berechent,  ydas  jar  1  gülden,  machet  9  gülden."-^)    In  den 


-'•')  Die  Zunft  oder  Bruderschaft  nahm  an  den  kirchliclien  Prozessionen  teil;  für  die  von 
den  /unftgenossen  zu  tragenden  Kerzen  hatte  der  Zunft-  oder  Kerzennieister  zu  sorgen. 

")  Vgl.  Beil.  II,  Zunftordnung  der  Schneider  zu  Herborn  vom  16.  März  1474,  besonders 
den  3.  und  letzten  Artikel.  —  Heil.  III,  Zunftvorfassung  des  Wollenhandwerks  zu  Herborn 
vom  1.  August  1487,  Art.  3,  4,  8,  9  u.  10.  —  Zunftordnung  der  Wollenweber  vom  15.  März 
1525  (Abschrift  auf  Pergament  im  St.  A.  W.,  Urk.  VII  und  beglaubigte  Abschrift  vom  20.  Mai  15G1, 
ebendort,  VII  A,  Z  No.  37  b;  sciilechter  Abdruck  in  den  Dillonli.  Int.-Nachr.,  1774,  Sp.  433-437), 
Art.  1,4,  9, 10.  —  Zunftartikel  des  Bäckerhandwerks  vom  12.  Nov.  1511  (Original  imSt.A.W.  a.a.O.). 

*«)  Urk.  vom  27.  Januar  1296,  St.  A.  W.,  Urk.  VII.    Vgl.  Wyss  a.  a.  O.,  Bd.  1  No.  607. 

")  Urk.  vom  13.  Dezember  1437  im  St.  A.  W.,  Urk.  VII.  Nach  der  Vogt-  (nicht 
Veit-)  Gasse  ist  diese  Strasse  die  älteste  bekannte  der  Stadt;  sie  wird  später  noch  öfters  in 
den  Kechnungsregistern  der  Kentei  Dillenburg  genannt.     Steubing  ii.  a.  O.,  S.  54    giebt  die 


erste  Nachricht  über  sie  aus  dem  Jahre  1449 
2")  St.  A.  W.,  Rechnungen. 


folgeutlen  Reclmungou  lieisst  es  daun  legelniässig  ,/7?'c  Kertzmeister  usz  der 
ncder  walclmoln  1  (jüJdon'- ;  1469  bezahlten  sie  uur  8  Turnoscii,  1500  nur  nocii 
5  Turnosen  und  12  Heller.-"') 

Die  älteste,  bisher  bekannte  llerborner  Zunftordnung  datiert  vom 
1.  August  1487  und  enthält  die  mit  Genehmigung  des  Grafen  Johann  V. 
von  Nassau  von  den  Mcistcin  des  Wollenhandwerks  zu  llerborn  aufgesetzte 
„Ordnung,  Regiment  und  Inne"/")  Es  giebt  aber  noch  ältere  Herborner  Zunft- 
artikel; sie  betreffen  das  ehrsame  geschworene  Schneiderhandwerk  und  sind 
diesem  bezw.  dessen  Zunftmeistern  Wolfart  Nottze  und  Profyet  —  den  ältesten 
bekannten  Zunftmeistern  der  Stadt  —  von  dem  Grafen  Johann  IV.  von  Nassau 
am  16.  März  1474  vorliehen,''') 

Die  Zunftordnungen  bezweckten  die  Förderung  des  einheimischen  Hand- 
werks und  die  Regelung  des  Verkehrs  der  Genossen  innerhalb  und  ausserhalb 
der  Zunft.  Viele  der  Herborner  Zunftbriefe  geben  in  der  Einleitung  selbst  den 
Grund  an,  weshalb  sie  erlassen  oder  erneuert  wurden.  Das  Streben  der  Hand- 
werker, den  Markt  allein  zu  beherrschen,  die  Furcht  vor  der  Konkurrenz  und 
der  Überfüllung  des  Handwerks,  Klagen  über  den  Niedergang  des  Gewerbes, 
über  betrügerische  Ware  ausländischer  Handwerker,  die  Abschaff'ung  einge- 
rissener Missbräuche,  das  Nichtbeachten  bestehender  Gesetze,  auch  schwere 
Unglücksfälle,  wie  der  grosse  Brand  von  1626,  gaben  in  Herborn  Veran- 
lassung zu  Zunftverleihungen,  zur  Erteilung  neuer  oder  Bestätigung  alter 
Zunftprivilegien    und    Freiheiten.      Die    Wollenweber    erhielten    am    15.    März 


^^)  Da  im  Nachfolgenden  wiederholt  verschiedene  Münzsorten  angegeben  werden  müssen, 
so  seien  hier  zum  besseren  Verständnis  die  Münzwerte,  nach  denen  im  täglichen  Verkehr  ge- 
rechnet wurde,  nach  den  Eintragungen  in  den  Dillenburger  Rentei-  und  Kellerei-Rechnungen 
(St.  A.  W.)  aufgeführt.  1)  15.  Jahrhundert  bis  um  1470:  1  Gulden  =  12  Turnosen;  1  Turnos 
=  2  Albus  oder  Weisspfennig  =  18  Heller  =  4  Jungheller;  1  Scliilling  =  3  Albus;  1  Albus 
=  9  Heller.  2)  P]nde  des  15.  und  Anfang  des  16.  Jahrhunderts:  1  Gulden  =  24  AUms; 
1  rhein.  Gulden  =  1  Guld.  6  Albus;  1  Albus  =  12  Heller  (8  Pfennig),  1  Räderalbus  = 
1  Albus  2  Heller;  1  Gulden  =  15  Batzen  =  60  Kreuzer,  Im  Jahre  1484  galten  12  junge 
Heller  =  9  alte  Heller  =  1  schlechten  Weisspfennig;  1  Räder- Weisspfennig  =  14  junge 
Heller;  1  Gulden  =  24  köln.  Weisspfennig;  1  rhein.  Gulden  =  31  schlechte  oder  köln. 
Weisspfeunig.  Nach  dem  Münzedikt  der  Grafen  Johann  und  Georg  von  Nassau  vom  8.  Dez. 
1606  (Dillenb.  Intell.-Nachr.,  Jahrg.  1777,  Sp.  545  ff.)  galt  1  Rth.  =  1  Gulden  15  Albus, 
1  Königsthaler  =  1  Gulden  18  Albus;  nach  dem  Münzedikt  des  Grafen  Ludwig  Heinrich  vom 
23.  Juni  1624  1  Rth.  =  1  Gulden  16  Albus  ;  1  Philipps-  oder  Königsthaler  =  5  ganze  oder 
10  halbe  Kopfstück  =  1  Gulden  20'/2  Albus.  —  Vgl.  über  Geldwerte  in  Hcrboi-n  auch 
Steubing  a.  a.  0.,  S.  124-127;  ferner  v.  Arnoldi,  Beitrag  zur  Geschichte  des  Münz- 
wesens, in  den  Annal  d.  Vereins  für  nass.  Gesch.  und  Altertumskunde,  Bd.  1,  H,  1,  S.  87 
bis  99,  und  Isenbeck,  das  nass,  Münzwosen,  ebendort  Bd.  15  S.  99  bis  123,  Bd.  18  S.  145 
bis  196,  Bd.  19  S,  115. 

"")  Arnoldi  a.  u.  ü.,  Bd.  3,  Tl.  2,  ö.  23  und  Vogel  a.  a.  ().,  S.  719  erwähnen  sie 
kurz;  Steubing  kannte  sie  noch  nicht.  Auch  die  Nassovia,  Jahrg.  1901,  No.  20ignoriert  sie. 
Vgl.  Beilage  III. 

=")  Die  Urkunde  ist  zwar  nicht  mehr  im  Original  erhalten,  sie  wurde  aber  von  dem 
Herborner  Stadt-  und  Gerichtsschreil)cr  und  kaiserlichen  Notar  Siegfried  Stoer  (auch  Stoir^ 
1527—1545)  auf  l'ergament  abgeschrieben,  und  diese  beglaubigte  Kopie  ist  noch  vorhanden 
(St.  A.  W.,  Urk.   VII).     Vgl.  Beilage  II. 

5 


66 

1525  von  dem  Grafen  ^Villlelm  eine  neue  Ordnung^-),  „(htmif  dkselhigen 
auch  irr  irhen  und  naclil:ommcn  sich  destohas  ernercn  mögen,  fride  und 
einicleif  under  ien  halten  und  einem  ildichen  Jceufcr  gut  Jcaufmans  gut 
liheru."'  Als  sie  am  25.  Mai  1666  den  Fürsten  Heinrich  von  Nassau  um  die 
Verleihung  eines  neuen  Zunftbriefes  baten,  begründeten  sie  ihr  Gesuch  in  folgender 
Weise:  ,,Seiut  auch  bei  den  hnntwerlcen  grose  verenderungen  Vorgängen^  sonder- 
lich aber  bei  unserm  ivillenhantuerlc,  welches  jezo  gar  anders  cds  vor  50,  60 
und  mehr  jähren  getrieben  uird,  so  dass  fast  dasz  ivenigste,  wasz  in  deme  von 
E.  fl.  DJ  in  gott  ruhenden  vorfahren  habenden  chur  und  zunftbrif  enthalten^ 
beim  hantwercJi  mehr  in  üblichem  brauch  geplieben^  sondern  nach  und  nach  in 
abgang  gerathen,  von  andern  auch  von  sonderlich  den  ihn-  und  ausländischen 
kramern  mit  zufuhrung  fremder,  nichts  wehrter.  falscher  düchcr  wir  gar  zu 
grünt  gerichtet  und  in  gänzlichen  abgang  unserer  nahrung  gebracht  werden. 
Von  dem  vor  äugen  schivehenden  totcden  undergang  unsz  zu  retten,  haben  hein 
ander  mittel  erdenken  können,  als  solcher  E.  fl.  D.i  als  unsern  gnädigsten  landes- 
fürsten  und  vatern  zu  klagen  und  underthänigst  zu  bitten,  beiliommende  von 
uns  ganz  und  zumahlen  ohnvorgreiflich  ufgesetzte  punkten  durch  dero  fürstl. 
herrn  räthe  durchsehen  und  examiniren  imd  uns  hernach  in  solenni  forma 
eines  neuen  zunftbrif s  under  E.  //.  DJ  hand  und  siegel  in  gnaden  niitthcilen 
zu  lassen."  ■'■')  Den  Bäckern  gefielen  1604  nicht  mehr  die  ihnen  am  12.  November 
1511"')  von  dem  um  Handel  und  Gev/erbe  seines  Landes  sehr  verdienten  Grafen 
Johann  V.  von  Nassau  „?//"  vilfaltig  ansuchen  der  kirzen  und  zonftmeister  des 
beckerhantwcrks  unser  stat  Her&o?'«"  bestätigten  Zunftartikel;  sie  schrieben  des- 
halb am  18.  Juni  1604  an  den  Grafen  Johann  den  Alteren:  ^,Weil  rvir  dan 
ein  alten  zunftbrief  haben,  so  ahn  die  Mindert  jähr  alt,  ivelcher  beneben  dem 
sigel  mehrenteils  verletzet  und  zerbrochen^''),  auch  darin  viel  papisterei  befunden 
und  denselben  zu  verneuern  und  ein  andern  laut  beigelegtem  conzept,  gleich  den 
DiUenbergischen  und  Sigenischen,  underthenig  begehrens  sein,  als  seint  ivir  der 
underthenigen  Zuversicht,  E.  G.  unser  sambtlichen  hantierung  tmd  gelegenheit 
gnedig  betrachten  und  uns  laut  beigefugtem  concept  ein  andern  zunftbrief  auf- 
richten, verfertigen  und  gnedig  mitteilen  iverden  lassen.^^^^)  Am  1.  August  1627 
verlieh  Graf  Ludwig  Heinrich  von  Nassau  der  Schlosserzunft''')  zu  Herborn 
neue  Satzungen,  ,,damit  dieselbige  nach  dem  hochschädlichen  und  umciederh'ing- 
Hchen  groszen  brantschaden,  welchen  sie  in  negst  abgewichenem  1626.  jähre 
den  20  augusti  erlitten  und  ausgestanden,  sich  etivas  wieder  erholen,  auch  sich 
und  die  ihrige  desto  basz  ausbringen  und  ernehren,  auch  einem  jedtvedern 
kaufern    ufrichtig     kaufmansgut     gelifert    werden     möge.^''^^)       Ahnlich     lautet 


^2)  Vgl.  S.  64,  Anm.  25. 
33)  St.  A.  W.,  Vn  A,  Z  Xo.  37  c. 
=»^)  St.  A.  ^\.,  Ulk.  VII. 

^^)  Zunftordnung  vom   12.  November  1511;  vgl.  Aum.  34. 
36)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  30.     Das  Konzept  liegt  bei  dem  Schreiben. 
*')  Zu   ihr   gehörten   damals    auch    die   Uhrmacher,    Schmiede,   Messerschmiede,  Glaser, 
Leiendecker  (Steindecker),  Soiler.   I.ciiicntiich-  und  .'uiiloco   l\r;ini(ir  (!). 
^")  St.  A.   W.,   L  ik.  Vll. 


67 

der  Anfang  der  den  llutniaclieru  \uu  demselben  Grafen  am  12.  September  1027 
gegebenen  Zunftordnung'""!;  die  späteren  Zunftbriefe  berühren  nur  ganz  kurz 
oder  überhaupt  nicht  die  Gründe,  weshalb  sie  erlassen  sind. 

Sämtliche  lierborncr  Zunftbriefe  sind  ohne  Ausnahme  von  den  Landesherren, 
den  Grafen  oder  Fürsten  von  Nassau,  verliehen  oder  erneuert;  ehe  aber  die 
Meister  eines  Handwerks,  oft  durch  Vermittlung  des  Schultheissen,  um  die  Er- 
teilung einer  Zunftordnung  einkamen,  berieten  sie  selbst  die  einzelnen  Gesetze  und 
Artikel  und  zwar  auf  Grund  der  bisher  in  dem  Handwerk  beobachteten  Ordnung, 
oder  sie  Hessen  sich  zu  diesem  Zwecke  von  auswärts,  wo  schon  eine  ähnliche 
Zunft  bestand,  deren  Zunftbrief  kommen.  So  hatten  die  Bäcker  1604  eine  neue 
Zunftverfassimg  nach  dem  Muster  der  Dillenburgischcn  und  Siegenschen  Bäcker- 
ordnung aufgestellt'");  für  den  Zunftbrief  der  Hcrborner  Metzger  vom  27.  April 
1681")  bildeten  der  Kurbrief  der  Siegener  Metzger  vom  15.  März  1504  und 
eine  undatierte  Zunftordnung  der  Fleischhauer  zu  Marburg  die  Grundlage'-),  und 
die  Hutmacher  zu  Herborn  entnahmen  1627  ihre  Satzungen  dem  Zunftbriefe 
der  Marburger  Hutmacher  vom  17.  Oktober  1569'-')  und  den  Städteordnungen 
von  Siegen,  Marburg  und  Trier.")  Nach  eingehender  Beratung  wurden  dann 
die  einzelnen  Paragraphen  festgesetzt  und  die  ganze  Vorlage  der  gräflichen, 
später  fürstlichen  Kanzlei  in  Dillenburg  eingereicht.'"')  Hier  wurde  sie  geprüft, 
geändert,  verbessert  oder  auch  verschlechtert  und  dann  dem  Handwerk  in  feier- 
licher Form  die  Zunft  verliehen.  Die  Herren  von  der  Kanzlei  hatten  es  meist 
nicht  sehr  eilig,  und  wer  sich  nicht  der  Gunst  des  einflussreichen  Sekretärs 
erfreute,  konnte  lauge  warten;  oft  vergingen  Monate,  ja  viele  Jahre,  ehe  die 
immer  von  neuem  bittenden  Handwerksmeister  eine  Antwort  oder  den  ersehnten 
Zunftbrief  erhielten.  So  berichteten  die  Herborner  Weissgerber  am  11.  Dezember 
1579  nach  Dillenburg,  dass  sie  eine  Ordnung  unter  sich  errichtet  hätten,  und 
baten  um  Bestätigung;  am  18.  Mai  1582  war  ihnen  der  Zunftbrief  noch  nicht 
bewilligt  worden.^")  Die  Zunftgenossen  des  Wollenhandwerks  baten  1584  um  einen 
neuen  Kurbrief  und  erneuerten  ihr  Gesuch  in  den  Jahren  1586,  1589,  1590, 
1591  und  1592;  trotzdem  schon  am  8.  September  1592  das  von  der  Kanzlei  vorge- 
schlagene Konzept  die  Genehmigung  des  Handwerks  gefunden  hatte,  erhielten  die 
Wollenweber  erst  am  6,  August  1 594  den  verlangten  Zunftbrief. '^)  Die  Schuhmacher 
wurden  am  18.  November  1586  vorstellig,  dass  ihnen  „der  i-or genommene  zwifthrief 
zugestellt  werde"');  die  Ausfertigung  der  Zunfturkuude,  nach  deren  Angabe  sie 


ä«)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  28. 

"»)  Vgl.  S.  66. 

")  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

*2)  St.  A.  W.,  VII  A,  H  No.  1291. 


")  Gegeben  von  dem  Landgrafen  f.udwig  IV.  von  Hessen,  dessen  Vater  Pliilipp  der 
Grossmiitige  den  Hutinnchorn  zu  Marburg  zuerst  eine  Ordnung  verlieh.  Landgraf  Moritz  bc- 
stiitigtc  den  Zunftbrief  am  8.  Februar  1609.     St.  A.  W.,  VII  A,  Z  Is'o.  28. 

")  St.  A.  W.  a.  a.  O.,  Z  No.  28. 

")  Vgl.  S.  66  und  Beilage  III,  Einleitung. 

*6)  St.  A.  W.,  VII  A,  ad  Z  ]N'o.  32. 

")  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  37  b. 

^«)  St.  A.  W.,   VII  A,  ad  Z  No.  32. 

5* 


68 

bis  dahin  „keine  beschriebene  ordninuf  hatten,  erfolgte  aber  erst  am  11.  Juli 
1597.'*^)  Noch  schlimmere  Erfahrungen  machten  die  Herborner  Hutmacher,  die 
schon  1014  und  1621  wiederholt,  zuletzt  am  21.  Februar  1626,  ohne  Erfolg  die 
Erteilung  einer  Zunftordnung  nachsuchten;  erst  der  grosse  Brand  vom  20.  August 
1626  verhalf  ihnen  zu  einer  solchen ;  am  12.  September  1(527  nämlich  erhielten 
sie  endlich  den  Kurbrief,  aber  doch  erst,  nachdem  sie  ihre  frühere  Petition  am 
29.  März  1627  erneuert  hatten.'"*')  Aus  demselben  Jahre  datiert  die  Verfassung 
der  Schlosser-  oder  Eisenzunft,  deren  Mitglieder  sich  schon  am  14.  August 
1602  zur  Aufrichtung  einer  Bruderschaft  vereinigt  hatten,  aber  mit  den  von  der 
Regierung  damals  und  im  folgenden  Jahre  vorgeschlagenen  Artikeln  nicht  einver- 
standen waren. ■''^)  Am  ärgsten  erging  es  den  Metzgern,  die  am  12.  Mai  1634  um  die 
Gewährung  eines  Kurbriefes  angehalten  hatten;  am  18.  Februar  1649  erinnerten 
sie  zwar  den  Kanzleisekretär  zu  Dillenburg  an  die  von  ihm  „gegebene  gute  Ver- 
tröstung icegen  der  von  ihnen  begehrten  zunft''\  aber  sie  mussten  noch  oft  nach 
der  benachbarten  Residenz  wandern,  schriftlich  und  mündlich  bitten  und  mahnen, 
bis  ihnen  endlich  im  Jahre  1681  der  schon  erwähnte  Zunftbrief  vom  27.  April 
„genäclig  verwillig  et'"''  wurde. 

Von  Interesse  ist  es,  dass  die  Meister  eines  Handwerks,  nachdem  sie  sich 
zu  einer  Genossenschaft  vereinigt  und  eine  Ordnung  aufgerichtet  hatten,  sich 
als  Zunftgeuossen  bezeichneten,  auch  wenn  ihnen  von  dem  Landesherrn  die  Zunft 
noch  nicht  verliehen,  ihre  eingereichte  Satzung  noch  nicht  bestätigt  war.  So 
gab  ei  bei  den  Weissgerbern  zu  Herborn  schon  1579  zwei  Zunftmeister'-), 
obwohl  sie  noch  1582  die  Zunft  nicht  hatten;  ebenso  werden  schon  1583 — 1586 
Zunftmeister  des  Schuhmacherhandwerks  genaout'"'),  trotzdem  diesem  erst  1597 
eine  „Ordnung  und  Brüderschaft"  bewilligt  wurde,  und  die  Hutmacher  unter- 
zeichnen ihre  erneute  Eingabe  um  Errichtung  einer  Zunft  vom  3.  September 
1621  „sambt  Zunftgenossen  des  Hutmacherhandwerks  zu  Herborn ''■'■^),  während 
sie  bekanntlich  erst  1627  einen  Zunftbrief  erlangten. 

Die  Urkunden  über  die  Errichtung  oder  Erneuerung  der  Herborner  Zünfte 
sind  meist  auf  Pergament  geschrieben.  Die  älteren  Zunftbriefe,  welche  noch 
nicht  sehr  viele  Paragraphen  enthalten,  bestehen  aus  einem  einzigen,  allerdings 
ziemlich  grossen  Pergamentblatt,  von  dem  das  Siegel  des  Laudesherrn  am 
Pergamentstreifen  herabhängt;  die  späteren,  oft  sehr  umfangreichen  Zunft- 
ordnungen, namentlich  die  des  17.  Jahrb.,  umfassen  mit  Umschlag  sechs  und 
mehr  Folioblätter,  die  mit  Seidenfäden,  geflochtenen  Seidenschnüren  oder  breiten 
Seidenbändern  in  den  Farben  des  Landesherrn  geheftet  sind.  An  den  Enden 
der  Schnüre  oder  Bänder  hängt  in  Holzkapsel  das  Siegel  des  Grafen ;  bei  den 
auf  Papier  geschriebenen  Kurbriefen  dagegen  laufen  die  Seidenfäden  durch  ein 


*^)  St,  A.  AV.,  Urk.   VIL 

'")  St.  A.  AV.,  VII  A,  Z  Nr.  28  und  Urk.  VII. 

")  St.   A.  AV.,  VII  A,  Z  No.  24  u.  25. 

'-)  Hans  Herbach  und  Paul  Gerlach,  St.  A.  W.,  VII  A,  ad  Z  No.  32. 

''^)  So  war  1583  Johann  Miese  Zunftmeister  der  Schuster,  St,  A.  W.  a,  a.  O. 

*'j  St.   A.   W.,   VII  A,  /   Nr.  28. 


69 

aufgedrücktes  (Oblaten-)  Siegel.'"')  Alle  Originalzunftbriefe,  ausgenoinmeu  die 
des  15.  und  aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts,  tragen  die  eigenhändige 
Unterschrift  des  Landesherrn  und  oft  auch  noch  die  Unterschrift''")  des  oder 
der  Grafen  oder  Fürsten  von  Nassau,  die  bei  ihrem  Regierungsantritt  oder  aus 
anderer  Veranlassung  die  Zunftartikel  ihrem  ganzen  Wortlaut  nach  einfach  be- 
stätigten. Die  letzte,  mir  bekannte,  auf  Pergament  geschriebene  Herborner 
Zunftordnung  ist  die  der  Schneider  vom  1.  September  1725"'''),  die  erste  auf 
Papier  geschriebene  die  der  Wollenweber  vom  6.  August  1594.''^; 

Die  letzten  Herborner  Zunftbriefe  stammen  aus  dem  Jahre  1783,  indem 
Prinz  Wilhelm  von  Oranien,  Fürst  zu  Nassau,  eine  ganze  Reihe  von  Zünften 
bestätigte  und  erneuerte ;  sie  sind  auf  Grund  der  Generalzunftartikel  von  1779 
erlassen  und  enthalten  hauptsächlich  ausführliche  Bestimmungen  über  das  Meister- 
stück. Mit  wenigen  Ausnahmen  sind  alle  von  1474 — 1783  den  verschiedenen 
Handwerken  der  Stadt  Herborn  gegebenen  Zunftverfassungen  im  Original  er- 
halten, dank  des  die  Auflösung  der  Zünfte  verfügenden  Edikts  des  Herzogs  Wilhelm 
von  Nassau  vom  15.  Mai  1819,  das  auch  die  Einsendung  aller  vorhandenen 
Zuuftartikel  oder  anderen  Zunfturkunden  und  der  Zunftsiegel  an  die  Laudes- 
regierung und  die  Ablieferung  von  dieser  an  das  Landesarchiv''^)  in  Idstein  an- 
ordnete.*'*') Im  Nachfolgenden  sind  in  erster  Linie  die  älteren  und  die  be- 
deutendsten Handwerke  der  Stadt  Herboru  berücksichtigt,  die  Zunftordnungen 
des  18.  Jahrhunderts  nur  vergleichsweise  herangezogen;  ebenso  musste  ich  mich 
bei  der  Masse  des  Materials  auf  die  wichtigsten,  bei  allen  Zünften  vorkommenden 
Verfassungsbestimmungen  beschränken,  die  unzähligen  Artikel  aber,  die  den 
Betrieb  des  einzelnen  Handwerks  betreffen,  einer  späteren  Betrachtung  vorbehalten. 

Über  die  Aufnahme  in  eine  Herborner  Zunft  enthalten  die  älteren  Zunft- 
briefe nur  wenige  Vorschriften ;  im  allgemeinen  konnte  wie  in  anderen  Städten 
auch  in  Herborn  jeder  eintreten,  der  Christ*'^)  und  ehrlicher  Herkunft  war. 
Als  unehrlich  galten  nicht  nur  die  Scharfrichter  und  Schinder,  sondern  auch  die 
Land-,  Gerichts-  und  Stadtknechte,  die  Frohn-,  Turm-,  Holz-  und  Feldhüter, 
die  Totengräber,  die  Nachtwächter,  die  Schäfer  u.  a."-)  Trotzdem  durch  Reichs- 
schlüsse von  1548  und  1577  auch  diese  Stände  zu  Amtern,  Innungen,  Zünften 
u.  s.  w.  zugelassen  werden  sollten,  verhielten  sich  die  Handwerksvereiniguugen, 
auch  in  Herborn,  der  Aufnahme  solcher  Leute  gegenüber  doch  sehr  ablehnend. 


^^)  Zuerst  in  dem  Zunftbrief  der  Widlenweber  vom  6.  August  1594. 

^'^)  Ein  neues  Siegel  wurde  in  der  Regel  nicht  augehängt  oder  aufgedrückt.  Nur  die 
Bestätigung  der  Zunftordnung  der  "Wollenweber  vom  6.  Dezember  1666  durcli  Fürst  Wilhelm 
am  30.  Januar  1706  ist  nicht  nur  durch  die  Unterschrift,  sondern  auch  durch  das  aufgedrückte 
Siegel  Wilhelms  beglaubigt. 

'')  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

5»)  St.  A.  W.  a.  a.  0. 

^®)  Jetzt  das  Kgl.  Staatsarchiv  in  "Wiesbaden. 

^^)  Samml.  der  landesherrl.  Edikte  u.  Yerordn.  des  Herzogtums  Nassau,  Bd.  3  ("Wies- 
baden 1824),  S.  118.     Vgl.  die  Übersicht  über    die  llorViorner  Zunftordnungen  in  Beilage  I, 

®^)  Juden  waren  altem  Herkommen  nach  von  der  Zulassung  ausgeschlossen. 

^2)  Vgl.  das  Edikt  Kaiser  Karls  VI  vom  16.  August  1731,  betr.  die  Abstellung  der 
Handwerksmissbräuche.     St.  A.  "W.,  VIT  15   1,  H  Nr.  1140, 


70 

Noch  1673  beschwerten  sich  die  Zunftmeister  des  Wollenwebcrhaudwerks  unter 
IJerufuno-  auf  ihren  Kurbrief  bei  dem  Fürsten  Heinricli  von  Nassau,  dass  durch 
Zwan"-  und  Geheiss  des  Obevschultheisseu  der  Sohn  des  Herborner  Kuhhirten 
als  Lehrling  bei  ihnen  eintreten  und  so  ^^unehrlicher  leuth  kinder  In  ehrliche 
Zünfte'''  eingezwängt  werden  sollten.  Zunächst  wurde  auch  wirklich  entschieden, 
dass  die  Supplikanten  zur  Aufnahme  des  Jungen  nicht  gezwungen  werden  könnten, 
vielmehr  ihre  Zunft  rein  erhalten  sollten;  am  4,  November  1673  besann  sich 
der  Fürst  aber  doch  eines  besseren  und  befahl  die  Zulassung  des  Knaben,  der 
nicht  gesündigt  habe  und  auch  seiner  Eltern  wegen  nicht  unehrlich  sei."-') 

Auch  Frauen  konnten  in  Herborn,  wie  wir  noch  sehen  werden,  das  Handwerk 
erwerben;  in  den  Artikeln  über  die  Lehre  ist  aber  stets  nur  von  Lehrjungen, 
nicht  von  Lehrmädchen,  die  Rede.  Die  Satzungen  der  Schneiderzunft  vom  16,  März 
1474"')  enthalten  noch  keine  Bestimmungen  über  die  Annahme  von  Lehrjungen, 
und  die  Zunftordnung  des  Wollenhandwerks  vom  1.  August  1487  sagt  nur:  ,^Wer 
(las  hanticerch  leren  vil,  sal  geben  1  U  luachs,  den  hirtzenmeinstern  ein  virtel 
wins,  dem  hiechte  1  albus  und  dem  hantivercJc  einen  giäten,  und  der  lerehiecht 
sal  mit  wissen  der  hirfzenmeinster  uffgenommen  iverden,  und  obe  der  ontlaiiff'en 
wurde,  so  sal  sin  leremeister  dem  hantiverch  mit  dem  lererechte  verfallen  und 
zcu  gebn  jAichtig  5m""'');  ähnlich  heisst  es  in  der  Bäckerordnung  vom  12.  Nov. 
1511:  ,,Wilcher  meister  ein  lerehiaben  annimpt,  der  sal  geben  zwei  punt  tvaches 
und  nuyn  tornis,  solichs  der  Icnabe  sinem  meister  verioilligen  und  hezalen  sollJ'''^^) 
Wir  erfahren  also  nur,  dass  der  Lehrjuuge  mit  Wissen  der  Zunftmeister  ange- 
nommen werden  soll  und  ein  Eintrittsgeld  und  sonstige  kleine  Abgaben  dem 
Handwerk  zu  entrichten  hat.  Erst  mit  dem  Jahre  1525,  als  die  Wollenweber 
von  dem  Grafen  Wilhelm  eine  neue  Zunftordnung  erhielten,  wird  ein  Ausweis 
über  die  Herkunft  des  Aufzunehmenden  verlangt,  wie  es  vereinzelte  Zünfte 
anderer  Städte  schon  im  14.  Jahrhundert  vorschrieben.  Aufgenommen  soll  nur 
werden,  wer  ^,eeHch  geborn  und  sin  geburt,  tvo  von  nöden,  ehe  und  zuvur  glaiib- 
ivurtig  beiviset.'-'-^'')  Diese  für  den  Meister  wie  für  den  Lehrjungen  geltende  Be- 
dingung nahmen  alle  späteren  Herborner  Zünfte  in  ihre  Satzungen  auf,  und  sie  findet 
sich,  oft  erweitert,  noch  in  den  Kurbriefen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts.  So  nehmen 
die  Hutmacher  1627  nur  den  in  ihr  Handw^erk  auf,  der  ..von  vater  und  inntter)i 
ehelich  geboren,  redlich  und  from"  ist,  „auch  dcszen  gcnugsamh  zeugnus  und  schein, 
f?o  ??ö%'^,  vorlegen  kann"*^),  und  im  Zunftbrief  der  Wollenweber  vom  6.  Dezmber 
1666"^)  heisst  es:  „Zum  ersten  soll  niemand  zum  icüUenneherhandwerk  auf  oder 
ahn  genommen  werden,  er  seie  dan  ausz  einem  keuschen  chbette  ehlich  gebohr  en, 
könne  darüber  nottürftigen  schein  und  zeugnusz  auflegen,  habe  auch,  wofern 
er  ein   auszländischer  ist,    bei  seiner   herrschaft    der  nachfolge   halben  getvöhn- 


«^)  A.  Y.  Jl,  Slg.  Meckel. 

^*)  Vgl.  Beilage  II. 

«^)  Vgl.  Beilage  III,  Art.   10. 

««)  St.  A.  AV.,  Urk.  VII. 

"'j  Zunftordnung  der   WoUenweljcr  vom   15.   März   l.-yJ."),   A  il     I,  St.  A.  AV.,   Urk.  A'II. 

«8)  Zunftlnief  vom  12.  Sept.  16'27.     St.  A.  AV.  a,  u    O. 

6')  St.  A.  AV.  >i    a,  O, 


71 

lidif.u  lohshricf  crhitKjet .'■'■  Die  Lciuewcbcr  verlangen  IGS'j,  der  Lehrling  «ulle 
von  christlichen  und  ehelichen  Eltern  geboren  und  erzogen  sein,  „nemhrtcJtcn, 
dasz  er  sei  kein  hastard,  heln  schäfer,  storger,  kein  pfeifer  und  kein  Schleifer. ''^'^'^) 
Bei  den  Iläfnern  konnte  noch  1712^*),  bei  den  Schneidern  noch  1725^-j  nur 
der  in  ihre  Zunft  und  Brüderschaft  gelangen,  der  ehelich  von  Vater  und  Mutter 
geboren  und  ehrbaren  Wandels  war. 

Natürlich  wurden  auch  Ausnahmen  gemacht  und  schon  der  Zunftbrief  der 
WoUcnweber  in  Tierborn  vom  1,  März  1525  bestimmte,  dass  auch  ein  Unehelicher 
durch  des  Grafen  Befehl  ,^ode,r  mit  gemeiner  Jicmfivergs  personen  willen  zum 
hantiverh  zugelassen^'-  werden  könne,  doch  sollte  er  als  Meister  24  Gulden  für 
die  Aufnahme  bezahlen,  während  selbst  ein  Fremder  nur  12  Gulden  zu  ent- 
richten hatte;  ein  unehelicher  Lehrknab  musste  schon  damals  4  Gulden  und 
„2  phont  wachs  an  das  gelencJde^^  zahlen,  während  das  Lehrgeld  für  einen 
legitimen  Knaben  bei  dem  Wollenhandwerk  fast  hundert  Jahre  später  erst 
3  Gulden  betrug.'")  Wurde  der  Knabe  durch  nachfolgende  Heirat  der  Eltern 
oder  durch  die  Pfalzgrafen  oder  den  Kaiser  legitimiert,  so  stand  seiner  Auf- 
nahme in  das  Handwerk  natürlich  nichts  im  Wege.  Seitdem  Fürst  Wilhelm 
von  Nassau,  Prinz  von  Oranien,  durch  die  Generalzunftartikel  vom  10.  Oktober 
1779^')  sämtlichen  Zünften  in  den  nassau-oranischen  Ländern  eine  gleichförmige 
Verfassung  gegeben  hatte,  war  die  eheliche  Geburt  nicht  mehr  Vorbedingung 
zur  Aufnahme  in  die  Zunft.^')  Der  Lehrjunge  soll  aber^  wie  der  Artikel  10 
vorschreibt,  und  wie  es  ähnlich  schon  in  der  von  demselben  Fürsten  der  Herborner 
Maurerzunft  gegebenen  Verfassung  vom  21.  Dezember  1777"*')  heisst,  ,, nicht 
eher  angenommen  werden,  bis  er  die  geordnete  Schuljahre  zurückgelegt,  auch 
Zeugnisse  wegen  des  guten  Lesens,  Schreibens  und  Rechnens  hat,  auch  zum 
heiligen  Abendmahl  zugelassen  worden,  es  sey  dann,  dass  der  Meister  ihn, 
während  der  Lehrjahre  wöchentlich  4  Stunden,  so  lang  bis  der  Junge  das  noethige 
gelernet,  zur  Schule  oder  Pfarre  zu  schicken,  sich  verbinde." 

Bei  der  Annahme,  dem  sogenannten  Aufdingen  des  Lehrjungen,  das  in 
der  Regel  im  Beisein  der  Zunft-  und  der  beiden  ältesten  Handwerksmeister, 
bisweilen  auch  nach  einer  bestimmten  Probezeit  vor  versammeltem  Handwerk 
bei  offener  Lade  stattfand"),  erfolgte  auch  die  Eintragung  in   das  Lebrjuugen- 


'")  Zunftbrief  vom  25.  August  1683,  Art.   IG.     8t.  A.  W.,  Urk.  VII. 

")  Zunftordnung  vom  28.  Oktober  1712.     St.  A.  AV.  a.  a.  0. 

'-)  Kurbrief  vom  1.  September  1725.     St.  A.  W.  a.  a.  0. 

^3)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  22  b. 

")  „General-Artickel,  wornach  die  saenitliclie  Zuenfte  in  denen  Fürstlicli-Oranien-Nnssau- 
ischen  Landen  sich  zu  achten  haben".  Haag,  10.  Oktober  1779.  Separat  gedruckt  und  in  den 
Dillenb.  Int. -Nachr.  1779,  Sp.  801-810  und  817—826. 

'''")  I)(>r  letzte  mir  bekannte  Fall,  dass  ein  Iferborner  Handwerk  die  Annahme  eines  un- 
ehelichen Lehrjung-en  verweigerte,  betritft  die  Schneider.  AufUruud  des  Gutac-hteiis  des  Ober- 
schultheissen  lleichmann  zu  Herborn  vom  15.  März  1766  verfügte  aber  die  Landesregierung 
am  27.  Mürz  die  Aufnahme  des  Knaben  als  Lehrjungen.     St.  A.  W.,  VII  B  1,  H  No.  1140. 

'^)  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

"')  Erst  der  Zunftbriof  der  Maurer  vom  21.  Dozcnibor  1777  bestimmt,  dass  der  Lehr- 
junge von  dem  Meister  ohne  Zuzioliung  anderer  MeistcM-  angenommen  werden  kann- 


:2 


buch.''')  Das  Aufdiuggeld  war,  wie  schon  erwähnt,  anfangs  noch  sehr  gering, 
mit  der  Zeit  stieg  es  aber  und  betrug  1681  bei  den  Bäckern  schon  10  Gulden, 
1683  bei  den  Leinewebern  10  Gulden  für  den  Lehrmeister  und  5  Gulden  für 
die  fürstliche  Rentei,  1783  bei  den  Wolltuchmachern  12  Gulden,  und  war  der 
Junge  keines  Herborner  Meisters  oder  Bürgers  Sohn,  so  zahlte  er  1783  bei 
der  letztgenannten  Zunft  als  nassauisches  Landeskind  18,  als  Fremder  24  Gulden, 
Dieses  Geld  wurde  zwischen  der  Rentei  in  Dillenburg  und  der  betreffenden  Zunft 
nach  den  in  der  Zunftordnung  vorgeschriebenen  Sätzen  geteilt.  Armen  Knaben 
konnte  das  Lehrgeld  erlassen  werden,  und  auch  eines  Meisters  Sohn,  dessen  Eltern 
gestorben  waren,  bezahlte  gewöhnlich  nichts.''^)  Wie  der  Meister  dem  Handwerk 
für  den  Lehrjungeu  bürgte,  so  stellte  bisweilen  auch  dieser  selbst  seine  Bürgen,  die 
für  ihn  hafteten,  d.  h,  ihrerseits  das  Lehrgeld  zu  zahlen  hatten,  falls  der  Junge  aus 
der  Lehre  entlief.  Die  Schuhmacher  bestimmten  schon  1597,  die  Bäcker  1681,  dass 
ein  Lehrjunge,  der  einem  Meister  entliefe,  von  keinem  anderen  Meister  der  Stadt 
angenommen  werden  solle. ^*')  Die  Wollenweber  dagegen  schrieben  1623  vor, 
dass  der  Lehrbub  in  solchem  Falle  noch  einmal  das  Lehrgeld  zu  bezahlen  habe.^^) 
Der  Meister  durfte  in  der  Regel  nur  einen  oder  höchstens  zwei  Lehrjungen 
halten;  die  Schuhmacher  verlangten  1597,  dass  kein  Meister  mehr  als  zwei  auf 
dem  Handwerk  arbeiten  lasse,  es  seien  Knechte  oder  JuDgen*^-),  und  einem  zünftigen 
Schneidermeister  war,  wie  nur  eine  Werkstatt,  so  in  der  Regel  auch  nur  das 
Halten  eines  Knechtes  und  eines  Jungen  gestattet.^-')  Den  Meistern  der 
Wollenweber-  und  der  Krämerzunft  wurde  es  erst  zwei  Jahre  nach  dem  Aus- 
lernen eines  Lehrjungen  erlaubt,  einen  neuen  anzunehmend^),  und  bei  den  Leine- 
webern durfte  der  jüngste  Meister  einen  Lehrling  erst  dann  ausbilden,  wenn 
er  selbst  zwei  Jahre  lang  Meister  gewesen  war.^') 

Die  Lehrzeit  betrug  bei  den  Herborner  Zünften  regelmässig  drei  Jahre, 
so  1594  —  1783  bei  den  Wollenwebern  und  den  meisten  anderen  Handwerken. 
Xur  die  Schneider  begnügten  sich  1666  mit  zwei  Lehrjahren,  führten  aber 
schon  1725  drei  Jahre  ein;  ebenso  dehnten  die  Schuhmacher,  die  1597  noch 
eine  zweijährige  Lehrzeit  vorschrieben,  diese  spätestens  1783  auf  drei  Jahre 
aus.  Dagegen  hielten  1627  die  Hutmacher  und  1667  die  Krämer  eine  vier- 
jährige Lehrfrist  für  nötig,  und  1683  schlössen  sich  ihnen  die  Leineweber  für 
den  Fall  an,  dass  der  Junge  kein  Lehrgeld  bezahlen  konnte.  Ebenso  sahen 
die  Generalzunftartikel  von  1779  eine  längere  Lehrzeit  bei  Nichtbezahlung  eines 


"j  Erhalten  ist  noch  das  Aufding-  und  Lossprechbuch  (Lehrjungenbuch)  der  Herborner 
Eisenzunft;  es  reicht  vom  30.  Oktober  1668  bis  14.  Februar  1724.     A.  V.  H.  Ko,  811. 

^®)  So  bei  den  Bäckern  nach  Vorschrift  der  Zunftordnung  vom  20.  Mai  1681. 

«")  Zunftbi-iefe  vom  12.  Juli  1597  (Abschrift  im  St.  A.  W.,  VII,  A.  llerborn)  und  vom 
20.  Mai  1681  (ebendort,  Urk.  VIIj. 

8ij  St.   A.  AV.,  VII  A,  Z  Xo.  22  b. 

**)  Zunftordnung  vom  12.  Juli  1597,  Art.   12. 

®3)  Zunftordnung  vom  1.  Xovember  1666,  Art.  4.  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

*^)  Zunftordnung  der  Wollenweber  vom  6.  Dez.  1666,  Art.  6,  der  Krämer  vom  16.  Dez. 
1667,  Art.  17. 

"5;  Zmiftbriof  vom  25.  Aug.   1683,     St.  A.   W .,   l'rk.  Vif. 


73 

Lehrgeldes  vor,   tlocli    atellteu    sie    es  dem  Meister  aulieim,  sich  dieserhalb  mii 
den  Eltern  oder  Vormündern  des  Lehrjungen  zu  vergleichen.*^*^) 

Hatte  nun  der  Lehrling  die  vorgeschriebene  Lehrzeit  zur  Zufriedenheit 
des  Meisters  beendet,  so  wurde  er  vor  dem  Handwerk  von  seinem  Lehrmeister 
losgesprochen  und  ihm  in  feierlicher  Form  ein  Lehr-  oder  Gesellenbrief  aus- 
gestellt. Wie  die  Zunftordnung  der  Schlosser  vom  1.  Februar  1667  und  die 
der  Metzger  vom  27.  April  1681**^)  vorschreibt,  sollte  der  Lehrbrief  „tm/" 
pergamen  und  nnder  der  ziinft  gewöhnliches  Siegel'''-  gegeben  werden.^**)  Für 
den  Lehrbrief  und  das  Lossprechen  musste  der  Lehrling  wiederum  Abgaben 
in  Geld  oder  Naturalien  an  das  Handwerk  und  die  Kentei  zahlen.'*'-*) 

Um  in  seinem  Handwerk  sich  weiter  auszubilden  und  die  Welt  kennen  zu 
lernen,  musste  der  junge  Geselle  oder  Knechtsich  auf  dieWanderschaft  begeben'-*"), 
ohne  die  in  alter  Zeit  seine  Aufnahme  in  die  Bürgerschaft  und  die  Erlaubnis  zum 
Betriebe  des  Handwerks  fast  unmöglich  war.  Die  Länge  der  Wanderzeit  war 
sehr  verschieden;  um  einer  ÜberfüDung  des  Handwerks  vorzubeugen,  wurde 
nicht  selten  eine  lange  Wanderschaft  vorgeschrieben.  So  verlangten  die  Schneider 
1645  von  dem  Landesherrn,  er  solle  für  die  Gesellen  ihrer  Zunft  eine  sechs- 
jährige Wanderzeit  ansetzen'-*^);  sie  erreichten  in  ihrem  Kurbrief  vom  I.November 
1666*-*-)  aber  nur  vier  Jahre,  die  noch  1725  vorgeschrieben  waren.  Die  Wollen- 
weber hielten  1666  ein  bis  zwei  Wanderjahre  für  ausreichend,  und  noch  1729 
brauchten  auch  die  Schuhmachergesellen  nicht  länger  als  zwei  Jahre  zu  reisen. 
Befreiungen  von  der  Wanderschaft  waren  namentlich  im  18.  Jahrhundert  nicht 
selten,  besonders  bei  den  Bäckern,  Metzgern,  Leinewebern,  Schneidern  und 
Hafnern  der  Stadt  und  des  Amtes  Herborn. 

Über  die  Zeit,  in  der  ein  Geselle  in  Arbeit  gestanden  hatte,  wurde  ihm 
bei  seinem  Fortgang  ein  Zeugnis  ausgestellt.  Diese  sogenannten  Gesellen- 
oder Handwerks-Attestate  wurden  allgemein  erst  durch  den  erwähnten  Reichs- 
schluss  von  1731   eingeführt'-^");  sie  sind  oft  kunstvoll  ausgestattet.^') 


8«)  Artikel   11. 

»0  St.  A.  w.,  Ulk.  Aar. 


*^)  Ein  noch  erhaltener  Perg-ament-Lehrbrief  der  Metzgerzunft  in  Herborn  für  Johann 
P'ranz  Scliumann  vom  19.  Februar  1755  ist  von  den  beiden  Zunftmeistern  und  zwei  Geschworenen 
unterschrieben.  Das  Handwerkssiegel  ist  abgefallen.  A.  V.  H.  No.  813.  —  Ein  Dillenburger 
Schneiderlehrbrief  vom  30.  April  1674  (St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  22  a)  ist  ebenfalls  auf  Per- 
gament geschrieben  und  trügt  ausser  den  Unterschriften  der  beiden  Zunftmeister  und  der  beiden 
Zeugen  auch  die  des  Lehrmeisters.  Die  Plika  zeigt  drei  Siegeleinschnitte;  die  Siegel  selbst 
sind  abgefallen. 

^^)  Ein  Lehrling  der  Schlosserzunft  zahlte  seit  1667  für  den  Lehrbrief  1  Gld.  an  das  Handwerk. 

^'')  Nach  den  (ieneralzunftartikeln  von  1779,  Art.  14,  musste  dem  Gesellen  für  die  Wander- 
schaft eine  beglaubigte  Abschrift  seines  Geburts-  und  Lehrzeugnisses  ausgestellt  werden. 

»1)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  23. 

^^)  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

"')  Fürst  Christian  von  Nassau  führte  sie  für  die  Bäckergesellen  bereits  durch  Zusatzartikel 
vom  15.  Juni  1727  zum  Zunftbrief  vom  20.  3Iai  1681  ein.  Formular  auch  im  Art.  14  der 
nass.-oran.  Goneralzunftartikcl  von  1779. 

'■")  Ein  noch  erlialtenes  Attestat  des  Herborncr  Sattlerhandwerks  für  den  Gesellen  Jost 
Daniel  Barth  aus  Marimrg  vom  8.  August  1784  ti'ägt  in  der  Mitte  unter  dem  Text  das  Zunft- 
siegel und  zu  beiden  Seiten  und  darunter  die  Unterschriften  der  beiden  Zunftmeister  und  des  Arbeit- 
gebers. Die  obere  Hälfte  gicbt  eine  Ansicht  von  Ilorborn  aus  der  Mitte  des  18.  Jahrliundorts. 
A,  V.  H.  No.  797. 


7-4 

^Von  den  Vorschriften  über  die  Wanderschaft  abgesehen,  bescliäftigen  sich 
die  Ilerborner  Zimftverfassuugcn  nur  sehr  wenig  mit  den  Gesellen;  dieser 
Maugel  erklärt  sich  daraus,  dass  auch  hier  schon  in  frülier  Zeit  die  Gesellen 
ihre  eigenen  Verbände  und  Ordnungen  hatten;  doch  gaben  sie  sich  die  Gesetze 
nicht  selbst,  sondern  erhielten  sie  mit  Einwilligung  des  Laudesherrn  vou  den 
Kleistern  ihres  Handwerks.  Noch  1748  suchten  sämtliche  Strumpfwebergesellen 
in  Herborn  um  die  Erlaubnis  zur  Errichtung  einer  Brüderschaft  nach.^"*)  Aus- 
führliche Xachrichteu  habe  ic!i  nur  über  die  Vereinigung  der  Herborner  Schuh- 
machergesellen gefunden,  denen  die  Zunftmeister  und  sämtliche  Zuuftgenosseu 
ihres  Handwerks  am  13.  Oktober  1682  „regulen,  welche  aus  allen  anderen 
orten,  hei  unserer  autlegung,  gültig  und  vor  gut  zur  erhaltung  guter  Ordnung 
erl-ant  worden,'-'-  gaben,  um  „r/ze  hisshero  im  sclnvang  gehende,  böse  gelräuche 
ah-uschaß'en.^^'-^^)  Ordnung  scheint  allerdings  nötig  gewesen  zu  sein;  denn  die 
Gesellen  machten  auch  in  Herboru  durch  ihre  Händel  mit  den  Studenten  der 
Stadt  und  den  Bürgern  viel  zu  schaffen,  und  besonders  im  17,  Jahrhundert 
müssen  sie  es,  wie  zahlreiche  Quellen  melden,  sehr  arg  getrieben  haben.  Der 
Herborner  Gesellenordnung  von  1682  diente  zur  Vorlage  die  Verfassung  der 
Schuhmacherknechte  in  Wetzlar,  deren  einzelne  Vorschriften  fast  wörtlich  über- 
nommen wurden.^')  Sie  betreffen  die  Einkehr  in  der  Herberge,  die  Anmeldung 
zur  Arbeit  bei  dem  in  der  Herberge  zuerst  angeschriebenen  Meister,  die  Ein- 
schreibung in  die  Brüderschaft  bei  der  nächsten  Auflegung  nach  vorausgegangener 
vierzehntägiger  Versuchszeit,  das  Verhalten  gegenüber  dem  Meister  und  in  der 
Herberge  wie  auf  der  Strasse,  die  Versammlungen,  bei  denen  der  Altknecht 
den  Vorsitz  führte,  die  Kleidung  u.  a,  m.  Eine  Keihe  von  Artikeln  beschäftigt 
sich  auch  mit  den  „bösen  Gebräuchen",  die  hauptsächlich  im  Raufen'-''^),  Saufen^''') 
und  Nichtsthun  bestanden.  Das  Feiern  der  Gesellen  war  eins  der  Hauptübel, 
unter  denen    die  Handwerke  litten,    und    gegen  den  blauen  oder  guten  Montag 

^*)  St.  A.  W.,  VII  Ij  1,  S  No.  210.  Die  Akte  selbst  ist  leider  unter  der  l.ergischen 
Regierung  kassiert  worden. 

^^)  Die  Urkunde  ist  auf  Pergament  geschrieben  und  zeigt  in  der  IMiku  die  Unterschriften 
der  beiden  Zunftmeister  Johannes  Ebertz  und  Jost  Georg  Rinckob  und  der  beiden  Beisitzer 
Eisbert  Weidenbach  und  Andreas  Moritz.  .\n  breitem  roten  Seidenband  hängt  die  Ilolzkapsel, 
aus  der  das  Zunftsiegel  leider  herausgefallen  ist.  Der  Schluss  der  Urkunde  meldet  zwar,  dass 
der  Landesherr  die  Artikel  noch  an  demselben  Tage  konfirmierte,  die  Bestätigung  durcii  den 
Fürsten  Heinrich  erfolgte  aber  erst,  wie  die  noch  erhaltene  Urkunde  beweist,  am  20.  Oktober 
1682.  St.  A,  W,,  Urk  VII.  l'iiter  Auflegung  oder  Auflage  wird  sowolil  die  Versammlung 
der  Gesellen,  wie  der  von  ihnen  zu  zahlende  Beitrag  verstanden. 

")  St.  A.  AV„  VII  A,  ad  Z  No.  32. 

'^J  Gleich  der  erste  Artikel  bestimmt,  dass  Zwistigkeiten,  die  beim  AVein,  Bier  oder 
sonstwie  entstanden  sind,  bei  offener  Gesellenlade  oder  durch  das  Handwerk  oder  durcli  die 
Obrigkeit  entschieden  werden  sollen,  Paragraph  15  besagt  wörtlich:  „Die  rauf  soll  auf- 
richtig herffehen,  auf  der  herbcrg,  nach  gehrauch  und  altem  herkomuien,  mit  der  blossen 
faust  und  nicht  mit  mörderlichem  gcivehr,  zur  verhiitung  der  geradenen  glieder  seines 
leihes,  die  ihme  gott  gegeben  hat,  bei  straff  vier  albus."' 

^®)  Laut  Art,  24  „soll  sich  ein  jeder  schuhknecht  bei  dem  trunk  cdso  verhalten, 
dasz  er  möge  vertragen,  und  so  einer  herwider  thut  und  sich  mit  dem  trunk  zu  viel  über- 
ladet und  sich  dadurch  verunsaubert,  soll  solcher  bestraft  loerden  mit  vier  albus^.  Ähnlich 
noch   mehrere  Paragraphen. 


75 

richteten  sich  schon  manclio  Erlasse,  ehe  er  durch  das  Edikt  Karls  IV,  vom 
16.  August  1731  auf  dem  Papier  beseitigt  wurde.  Bereits  1597  bestimmte  die 
Schuhmacherzunft  in  Herborn,  dass  der  Geselle  die  mit  dem  Meister  verabredete 
Zeit  einhalten  sollte,  und  falls  er  doch  früher  ging,  durfte  er  von  keinem  Meister 
angenommen  werden,  ehe  er  sich  mit  dem  Handwerk  vertragen  hatte. '°")  Mit 
verhältnismässig  hoher  Strafe  bedrohten  die  Satzungen  der  Schuhmachergcsellen 
von  1682  das  unbefugte  Verlassen  der  Arbeit  und  besonders  das  Aufreizen  zur 
Niederlegung  derselben.  So  soll,  wie  es  im  Artikel  22  heisst,  „Ä-ewi  Schuh- 
knecht  dem  nicisfer  unter  dem  ziel  aufbrechen  und  sich  ivanderfertig  machen^ 
er  hohe  dann  erhebliche  Ursachen,  bei  vertust  zwei  guter  gülden'"'-.  Artikel  ;30 
bestimmt:  „i^s  soll  auch  sich  keiner  belustigen  lassen,  vierzehn  tage  vor  dem 
erst-  oder  jahrmarld,  vo)i  dem  meister  zu  wandern  oder  zu  feiren,  bei  straf 
eines  ivochenlohns,''''  und  Artikel  23  verkündet:  ,,<So  ein  schuhhiecht  den 
anderen  aus  der  iverkstadt  forderet,  mit  ihnie  zu  feiren,  soll  er  solches  ver- 
büssen  mit  zweien  mochetdohns.''''^^^)  Die  Generalzunftartikel  des  Fürsten 
Wilhelm  von  1779  sehen  zwar  eine  Kündigung  von  vier  Wochen  für  den 
Gesellen  wie  für  den  Meister  vor^*^"),  doch  war  in  den  Zunftordnungen  der 
Wollenweber  und  der  Schneider  vom  11.  Februar  1783  die  Frist  auf  zwei 
Wochen  heruntergesetzt. 

So  bedenklich  die  Gesellenvereinigungen  in  mancher  Hinsicht  waren,  so 
hatten  sie  doch  auch  sehr  löbliche  Einrichtungen.  Ein  jeder  Geselle  zahlte  bei 
der  gewöhnlich  alle  vierzehn  Tage  gehaltenen  Auflegung  kleine  Beiträge'^'')  in  die 
Geselleubüchse,  deren  Inhalt  zur  Hälfte  allerdings  beim  sogenannten  Quartalstrunk 
und  bei  anderen  Gelegenheiten  in  Wein  und  Bier  aufging;  die  andere  Hälfte  aber 
wurde,  nach  dem  Vorbilde  der  Meister  und  der  Verwendung  des  Zunftgeldes,  zur 
Unterstützung  kranker  oder  zum  Begräbnis  armer  Gesellen  verbraucht.^"^)  Dieser 
wohlthätigen  Einrichtung  wegen  wurde  „das  Auflegen  der  Gesellen"  auch  durch 
die  Generalzunftartikel  von  1779  nicht  verboten,  obwohl  die  Gesellenartikel 
abgeschafft"")  und  „Zusammenkünfte  der  Gesellen  auf  der  Herberge"  bei  harter 
Strafe  verboten  waren.  ^*"^) 

Hatte  der  Geselle  seine  Wanderjahre  beendet  und  wollte  sich  in  Herborn 
als  Meister  ansässig  machen,  so  musste  er  zuvor  zwei  Jahre  in  Ilerborn 
arbeiten"''),    das  Bürgerrecht    erwerben    und    dem    Junggesellentum    Lebewohl 


»"")  Zunftbriet'  vom  12.  Juli  1597,  Art.  13. 

i"i)  Die  Generalzuiiftartikel  von  1779  verboten  „bey  Strafe  des  Schul)karrens"  alles 
Aufwiegeln  von  Seiten  der  Gesellen.  Die  sogenannte  Reichszunftordnung  vom  16.  August  1731 
bedrohte  aufrührerische  Gesellen  mit  Gefängnis-,  Zuchtiiaus-,  Festungsbau-  und  Galeeren- 
strafen.    (Art.  5.) 

"«)  Art.  17. 

'"*)  Die  Schulimaohcrgesellen  1682  1  Alb.  Die  Leinwobergesellen  seit  1683  alle  Woclio  2  Pfg. 

^*'*)  Waren  aber  „dnuje  mittel  zu  hause'*  von  dem  Verstorbenen  vorlianden,  so  waren 
dessen  Eltern  oder  Erben  verpflichtet,  die  Kosten  zu  erstatten.     (Art.  21.) 

"'°)  Zuerst  durch  die  von  dein  Fürsten  Williolm  der  lierburncr  Maun-rzunft  verliehene 
Zunftordnung  vom  21.  Dezember  1777,  Art.  24. 

1"«)  Art.   19. 

'"')  Die  Schuhmacher,  Kotgoriicr  und  Sattler  verlangten  laut  Zunftbrief  vom  h.  -März 
1779,  dass  der  Geselle  die  beiden  Mutjahre  bei  einem  und  demselben  Herborner  Meister  ver- 


sagen.  Schon  in  der  Zunftverfassung  der  Schulimachcr  vom  12,  Juli  1597 
findet  sich  die  Vorschrift,  dass  kein  lediger  Gesell,  er  sei  eines  Meisters  ISohu 
odernicht,  in  dicZunft  aufgenommen  werden  soll,  ehe  er  verheiratet  ist,^'^'')  und  die 
Krämer  verlangen  noch  1067,  dass  der  Aufzunehmende  nicht  nur  Bürger  ist,  sondern 
auch  nur  in  Herborn  sich  verheiratet  und  dort  sesshaft  bleibt.^"'')  Der  Geselle  war 
ferner  verpflichtet,  wenn  er  sein  Handwerk  als  Meister  ausüben  wollte,  sich  bei  der 
Zunft  anzumelden""],  durch  Scheiu  und  Zeugnis  über  eheliche  Geburt  und  ehr- 
baren Lebenswandel,  wie  über  die  zünftige  Erlernung  des  Handwerks  und  seine 
Wanderzeit  sich  auszuweisen  und  Mitglied  der  Zunft  zu  werden.  Kein  Pfuscher, 
kein  „Hümbler"  oder  Sturer  des  Handwerks  sollte  aufgenonmicu  werden.  Diesen 
Zunftzwang  deuten  schon  die  Artikel  der  Herborner  Schneider zunft  von  1474 
an,  wo  esheisst:  „Item  ivere  sache,  das  die  sclmyder  eynen  begriffen  hynncn  der 
Stadt,  der  nit  zonffVig  were  in  ierm  JuodivergJ:  ind  Jdeider  hynnen  der  stadt  in 
mei)isters  wise  machten,  der  sohl  verbrochen  hain  eynen  gülden,  so  diche^^^)  das 
geschiet."-'^^-)  Doch  waren  noch  Ausnahmen  möglich"^),  dagegen  bestimmt  das 
Transfix  vom  8.  September  1525  zu  der  Zunftordnung  der  Wollenweber  vom 
15.  März  1525  klar  und  deutlich,  ^das  Jceiner  tuch  machen  ader  zu  Herborn 
solich  hantwerk  bruchen  sal,  er  sy  dan  vermoege  disser  unser  beneben  Ordnung 
zonftig"'^'^^)^  und  so  wurde  es  auch  später  gehalten. ^^'') 

Ehe  der  Gesell  Meister  wurde,  hatte  er  ausserdem  durch  das  sogenannte 
Probe-  oder  Meisterstück  Zeugnis  von  seinen  technischen  Kentnissen  abzulegen. 
Die  erste  Herborner  Zunft,  die  nachweisbar  ein  Meisterstück  verlangt  hat,  war  die 
Schuhmachcrzuuft,  die  in  ihrer  Ordnung  vom  12.  Juli  1597  den  Meisterschnitt 
oder  das  Meisterstück  zur  Bedingung  der  Aufnahme  in  das  Handwerk  machte 
imd  nicht  weniger  als  sechs  vor  den  beiden  Zunftmeistern  und  sechs  anderen 
Meistern  zu  verfertigende  Probestücke  vorschrieb."'')  Wer  nicht  bestand,  konnte 
nach  einem  Jahre  sein  Glück  von  neuem  versuchen ;  gelang  es  ihm  auch  dann 
nicht,  allen  Anforderungen  an  einen  vortrefflichen  Männer-  und  Frauenschuh  zu 
genügen,  so  konnte  er  noch  als  „Altflicker  oder  Schuolapper"  sein  Dasein 
fristen,  hatte  aber  das  jährliche  Zunftgeld    zu  bezahlen.     Das  Meisterstück  der 


bringe.  In  gewissen  Fällen  kunnte  er  gegen  eine  holio  Abgabe  an  die  Zunft  und  die  Kentei 
von  den  Mutjahren  befreit  werden.     Vgl.  auch  Generalzunftartikel  von   1779,  Art.  23. 

^''^)  Art.  69.  Ähnlich  die  Bäcker  noch  1681  laut  Art.  21  des  Zunftbriefes  vom  20.  Mai 
und  die  Leineweber  in  ihi-er  Ordnung  vom  25.  Aug.   1683,  Art.  33. 

'"'•)  Zunftbrief  vom   16.  Dezember  1667,  Art.   12. 

"")  Seit  1779  auch  bei  dem  Oberscliultheissen.     Generalzunftartikel,  Art.  23. 

»')  Oft. 

"^  Vgl.  Beilage  II.  Ahnlicli  erging  es  dem  in  dem  Kirchspiel  Herborn  ergriflenen, 
unzünftigen  Schneider,  der  kein  llnterthan  des  Grafen  war. 

"')  Vgl.  den  Artikel  am  Schluss  des  Zunftbriefes  vom   16.  März   1474;  Beilage  II. 

"*)  Art.  1  des  Ti'ansHxes  vom  8.  September  (Freitag  nach  Kgidii)  1525.  Dieses  wich- 
tige, -„auf  ferneres  unterthäniges  ersuchen  und  bitten  der  kerzenmcister  und  aller  personen 
des  tvollenweberhandwerks  zu  Jlerborn'^  von  dem  Grafen  AVilhelm  gegebene  Transfix  war 
bisher  unbekannt;  auch  die  in  den  Dill.  Intell.-Xaclir.  von  1774,  Sp.  433  ff.,  veröffentlichte 
Zunftordnung  vom  15.  März  1525  hat  es  nicht.    St.  A.  W.,  Urk.  VII  und   Akten  VII  A,  Z  Mo,  37  b. 

"^)  Zunftvorfassung  vom  6.  Aug.   1594,  Art.   17  und  vom   6.  Dez.   1666,  Art.  28. 

'"';  Art.  29  und  30. 


i  < 


Wollenweber  inusste  nach  der  Zunftverfassung  vom  6.  Dezember  1666  in  Gegen- 
wart der  beiden  Zunftmeister  und  vor  zwei  alten  und  zwei  jungen  Meistern 
angefertigt  werden;  misslang  die  Arbeit,  so  konnte  ein  erneuter  Versuch  erst 
nach  zwei  Jahren  unternommen  werden."'') 

Schon  die  Erwerbung  des  Bürgerrechts  verursachte  Kosten  und  setzte  ein 
gewisses  Vermögen  voraus'''^);  natürlich  waren  auch  für  die  Aufnahme  in  die 
Zunft  Gebühren  zu  entrichten,  das  Kauf-  oder  Meistergeld  zu  zahlen. 
Die  Zunft  konnte  auch  von  jemandem,  der  das  Handwerk  nicht  gelernt  hatte, 
käuflich  erworben  werden,  doch  sollte  er  dann  „dem  hantiverg  sin  lererecJd 
geben  und  nochmals  nicht  desto  weniger  solichs  su  lernen  schidtig  sem"."'')  Auch 
eine  Frau  konnte  sich  in  das  Handwerk  einkaufen.  Das  Kaufgeld  betrug  1487 
bei  den  Wollenwebern  zu  Herborn  8  Gulden,  löll  bei  den  Bäckern  6  Gulden, 
1597  bei  den  Schuhmachern  für  den  Sohn  eines  Zünftigen  1  Goldgulden  und 
6  Albus,  für  einen  Inländer  im  Gebiete  des  Grafen  8  Gulden  und  für  eine  Frau 
3  Gulden,  für  einen  Fremden  dagegen  12  Gulden  und  für  eine  Frau  5  Gulden; 
bei  den  Krämern  zahlte  1667  ein  Inländer,  der  die  Zunft  gewinnen  wollte,  als 
Mann  8  Rth.,  als  Frau  die  Hälfte,  ein  ausserhalb  des  Landes  gebürtiger  Mann  aber 
12  Rth.  und  eine  Frau  8  Rth.  Für  Uneheliche,  die  auf  Befehl  des  Grafen  oder  sonst- 
wie mit  Wissen  des  Handwerks  als  Zunftgenossen  aufgenommen  wurden,  bestand 
eine  höhere  Taxe.^^")  Später  wurde  das  Meistergeld  oft  bedeutend  erhöht,  um  den 
Eintritt  in  die  Zunft  zu  erschweren  und  die  Überfüllung  des  Handwerks  zu 
vermeiden ;  bei  einzelnen  Zünften  war  die  Erwerbung  der  Mitgliedschaft  zeit- 
weise sogar  eine  ziemhch  kostspielige  Sache;  so  musste  1666  ein  Ausländer^-''''), 
der  die  Wollenweberzunft  in  Herborn  erlangen  wollte,  der  Zunft  14  Räder- 
gulden, für  die  Benutzung  der  Walkmühle  16  und  des  Färbhauses  12  Gulden, 
eine  Frau  für  das  Handwerk  8,  die  Mühle  8  und  das  Färbhaus  6  Gulden 
bezahlen.'-'^)  Dazu  kamen  noch  die  nicht  unbedeutenden  Kosten  für  das 
unerlässliche  Festgelage.  Ein  Geselle,  der  das  Meisterstück  zur  Zufriedenheit  der 
Zunft  beendete,  hatte  seit  1666  bei  den  Wollenwebern  5  Gulden  zum  Meister- 
gelage, 10  Gulden  dem  Handwerk  zum  Mühlenbau  und  ebensoviel  der  fürstlichen 
Rentei  in  Dillenburg  zu  entrichten;  nur  eines  Meisters  Sohn  brauchte  nichts 
zu  bezahlen.^--) 

Hatte  jemand    die  Zunftzugehörigkeit   erlangt,    so  erbten  das  Handwerk 
seine  ehelichen  Kinder,  Söhne  und  Töchter ^-^),  und  nach  dem  Tode  des  ^Mannes 


"^)  Art.  7. 

11»)  Im  Jahre  1649  300  Gulden.     St.  A.  W.,  VII  A,  Z  Ko.  28. 

"")  Art.  2  des  Transfixes  vom  8,  September  1525  des  Zunftbriefes  der  'NVollonwebor, 

"°)  Die  Wollenweber,  bei  denen  ein  Unehelicher  schon  1525  nicht  weniger  als  24 
Gulden  für  den  Eintritt  in  die  Zunft  zahlen  musste,  beantragten  1584  die  Summe  von  34 
Gulden  für  einen  Mann  und  16  Gulden  für  eine  Frau  (St  A.  W,,  VII  A,  Z  No.  37  b),  jedoch 
ohne  Erfolg,  Avie  der  Zunftbrief  vom  6.  Aug.  1594  beweist. 

""")  „Ausländer"  war  jeder  aui'serhalb  des  Gebietes  des  Landesherrn  Geborener. 

1")  Zunftverfassung  vom  6.  Dez.   1666,  Art.  1. 

1")  Art.  7. 

i**^)  So  schon  durch  die  Zunftverfassung  der  Wollenweber  vom  1.  Aug.  1487,  Art.  4 
festgesetzt;  vgl.  Beil.  III.  —  Ebenso  noch  im  Zunftbriefe  der  Krämer  vom  10.  Dez.  1667,  Art.  11. 


TS 

kounte  auch  die  Witwe  allein  oder  mit  Unterstützung  eines  Knechtes  das  Handwerk 
weiterführen.^-^)  Die  Mitglieder  zünftiger  Handwerkerfamilien  waren  in  der  Er- 
werbung der  Zunft  sehr  begünstigt,  und  besonders  eingehende  Bestimmungen 
treffen  alle  Herborner  Zunftverfassungen  für  den  Fall  der  Verheiratung  solcher 
Angehörigen.  Nahm  der  Sohn  eines  Meisters  die  Tochter  oder  "Witwe  eines 
Zünftigen  zur  Frau,  so  zahlte  er  garnichts  oder  nur  wenig  an  die  Zunft,  heiratete 
er  aber  eine  Unzünfrige,  so  erhöhte  sich  der  Beitrag,  und  immer  grösser  wurden 
die  Sätze,  je  nachdem  der  Kandidat  ein  Einheimischer,  ein  In-  oder  Ausländer 
war.  Wie  viele  Variationen  mr»glich  waren,  beweisen  die  in  anderer  Form 
auch  schon  früher  beobachteten  Bestimmungen  des  Zunftbriefes  der  Wollen- 
weber vom  11.  Februar  17^3'-'),  die  ähnlich  auch  bei  allen  anderen  Zünften 
Geltung  hatten. '-^') 

Jeder  Zunftgenosse  hatte  fernei-  ein  jährliches  Zunftgcld  zu  zahlen,  das 
von  den  Zunftmeistern  erhüben  oder  bei  der  Zunftmeisterwahl  erlegt  wurde. 
Im  Jahre  1487  betrug  es  bei  den  Mitgliedern  des  Wollenhandwerks  vier  junge 
Heller'-''),  1597  bei  den  Schuhmachern  einen  Albus,  von  dem  4  Pfennige  „in 
den  gottesJcasten  geliefert'"''  wurden'-^);  ebensoviel  zahlten  1683  die  Leineweber 
und  von  1666  bis  1783  die  Krämer'-"');  die  Satzungen  der  übrigen  Zünfte 
enthalten   keine   Angaben  über  die  Höhe  des  Zunftgeldes. 

An  der  Spitze  der  Zunft  standen  in  Herboru  zwei  Zunft-  oder  Kerzen- 
meister''"'), bisweilen  auch  nur  geschworene  Meister  genannt;  erst  bei  einzelnen 


'^')  .So  noch  bei  den  Metz^'ern  laut  Zunftlirief  vom  27.  April  1681,  Art.  10.  Die  General- 
zunftartikel von  1779  gestatteten  der  AVitwe,  das  Handwerk  mit  so  vielen  Gesellen  wie  ein 
anderer  Meister  zu  betreiben,  doch  durfte  sie  keinen  Lehrjungen  halten.     (Art.  21.) 

'")  St.  A.  W.,  Urk.  \l\. 

'-*)  Es  heisst  dort  im  Artikel  4: 

a)  Wenn  eines  meistern  söhn  sich  an  eines  meisters  tochter  oder  wittib  rer- 
heurathet,  der  soll  an  das  handiverh  zahlen  sechs  floren  und  an  unsere  hasse 
sechs  ßoren. 

b)  Wenn  er  aber  keines  meisters  tochter  oder  wittib  zur  ehe  nimmt,  soll  für  sich  und 
sein  weib  dem  handiverlc  acht  gülden  und  an  unsere  renterei  sechs  gülden  erlegen. 

c)  Ein  meistergcsell,  so  keines  meisters  söhn,  jedoch  ein  inländer  ist  und  eines 
meisters  tochter  oder  wittib  heurathet,  zahlt  an  das  handu-erk  zehn  floren  und 
an  unsere  renterei  sechs  floren. 

dj  Wenn  er  aber  keines  meisters  tochter  oder  wittib,  sondern  eine  nicht  zunft- 
genossene heurathet,  so  zahlt  er  zwölf  gülden  an  die  zunft  und  sechs  gülden  an 
unsere  kasse. 

Wohergegen,   icenn  er   auch   kein  inländer  ist,  de7'selbe  im  ersteren  falle, 
statt    sechzehn,  zwanzig  und    iyn   letzteren  fall,  statt    achtzehn,    zwanzig    und 
vier  floren  nach  obiger  proportion  zahlt, 
e)  Wenn  ein  zunftgenossener  witwer  wird  und  zur  anderen  ehe  mit  eines  meisters 
teilt ib   und   tochfer  schreitet,  davon  nichts,  sonsten   aber   tvegen   seiner  zweiten 
ehefrau  fünf  floren,  an  die  zunft  entrichtet.'^ 
^*^)  Zunftverfassung  vom  1.  Aug.  1487,  Art.  11;  vgl.  ßeilage  III. 
'**)  Zunftverfassung  vom  12.  Juli  1597,  Art.  48. 

'■^^)  Zunftverfassung    vom  25.  Aug.  1683,  Art.  35   bez.  vom  16.  Dez.  1667,  Art.  13  und 
vom  11.  Febr.  1782,  Art.  9. 

"*•)  Vgl.  S.  64  Anm.  24.     Die    Benennung   „ Kerzenmeister "    kommt  zum  letzten  Mal   in 
dem  Kurbrief  der  Leineweber  vom  25.  August  1683  vor. 


79 

Zünften  des  18.  Jahrhunderts  kommt  nur  ein  Zunftmeister  vor,  so  1702  bei 
den  Ilosenstrickern'''')  und  1777  unter  dem  Titel  eines  Altmeisters  bei  der 
Maurorzuiift.'-'-)  Die  Zunftmeister  wurden  in  der  Jahresversammlung  der  Zunft- 
genossen, die  bis  in  das  18.  Jahrhundort  hinein  in  Herborn  am  Walpurgistage 
(1.  Mai)  stattfand,  von  den  Handwerksmeistern  selbst  gewählt,  nicht  etwa,  wie 
z.  B.  in  Wetzlar,  von  dem  Bürgermeister  und  Hat  der  Stadt  ernannt.  Es  ist 
meines  Wissens  nur  einmal  vorgekommen,  dass  die  Regierung  in  Dillenburg 
die  Zunftmeister  einer  Ilerborner  Zunft  selbst  ernennen  w^ollte,  und  zwar  sollte 
nach  dem  ursprünglichen  Text  des  25.  Artikels  der  Leineweberordnung  vom 
25.  August  1G8;)  der  Oberschultheiss  die  beiden  Zunftmeister  ernennen;  allein 
auf  Ersuchen  des  Handwerks  wurde  dieser  Paragraph  geändert  und  die  Wahl 
den  Zunftbrüdern  überlassen.^-'"')  Der  Zunftbrief  der  Wollenweber  von  1487 
bestimmte,  dass  einer  von  den  Zunftmeistern  aus  den  Schöffen  genommen  wurde, 
später  heisst  es  in  allen  Verfassungen  nur,  dass  ein  alter  Zunftmeister  aus 
den  älteren  und  ein  junger  Zunftmeister  aus  den  jüngeren  Meistern  gewählt 
werden  solle.  Der  alte  Zunftmeister  war  unter  allen  Umständen  verpflichtet, 
die  Wahl  anzunehmen,  oder  er  musste,  so  oft  er  wieder  gewählt  wurde  und 
die  Annahme  verweigerte,  Strafe  zahlen. ^'^*)  Erst  Fürst  Wilhelm  von  Nassau 
hob  in  der  Zunftordnung  der  Maurer,  Steinhauer  und  Weissbinder  vom  21.  Dezember 
1777  und  bald  darauf  allgemein  durch  die  Generalzunftartikel  von  1779'-'') 
diese  Vorschrift  auf,  riet  für  solchen  Fall  zu  einer  Verständigung  zwischen  der 
Zunft  und  dem  Schultheissen  und  behielt  sich  selbst  die  Entscheidung  über  die 
Person  vor. 

Die  Zunftmeister  waren  die  Repräsentanten  der  Zunft  nach  aussen  und 
innen;  ihre  Aufgabe  war  es,  darüber  zu  wachen,  dass  die  Zunftordnung  aufrecht 
erhalten  wurde,  die  einzelnen  Gesetze  beobachtet  und  die  Widersacher  bestraft 
wurden.  Sie  kontrollierten  die  Zunftgenossen  und  nahmen  allein  oder  mit  dem 
Schultheissen  oder  mit  Verordneten  der  Stadt  und  des  Handwerks  das  Beschauen 
und  Prüfen  der  Waren  auf  ihre  Güte  und  richtiges  Mass  und   Gewicht   vor.*"^') 

1")  Zunftbrief  vom  25.  Juli  1702.     St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

^*2)  Zunftbrief  der  Maurer,  Steiiihauer  und  Weissbindor  vom  21.  Dez.  1777,  St.  A.  AV.  a.  a.  O. 

>")  St.  A.  W.  a.  a.  0.  und  VII  A,  Z  No.  22  b. 

'■")  Zunftverfassung  der  Schuhmacher  vom  12.  Juli  1597,  Art.  1  und  <ler  Metzger  vom 
27.  April  1681,  Art.  2.  Da  zu  der  ersteren  Zunft  damals  auch  die  Gerber  gehörten,  so  be- 
stimmte der  Zunftbrief  von  1597,  dass  ein  Zunftmeister  aus  diesem  Handwerk  und  der  andere 
aus  den  Schuhmachern  gewählt  werde,  Art.  1.  —  Nach  der  Zunftordnung  der  Krämer  vom 
16.  Dezember  1667,  Art  21,  sollten  diejenigen  Meister,  die  die  Annahme  der  "Wahl  zum  Zunft- 
meister ablehnten,  von  dem  Landesherrn  und  von  der  Zunft  gebührend  gestraft  werden.  — 
Die  Beseher  erhielten,  wie  die  Zunftmeister,  für  ihre  Mühewaltung  eine  kleine  jährliche  Be- 
soldung, so  die  Beseher  bei  den  Wollenwebern  im  .lahre  1595  drei  Gulden  und  12  Albus 
(Zunftrechnung  der  Wollenweber  von  1595,  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  Xo.  37  c). 

'^')  Art.   1. 

136)  Ygi_  Beilage  III,  Art.  6  und  8.  —  1525  wurden  jNIass  und  Gewicht  „und  anders 
zum  hantwerg  gehörig"  bei  den  Wollenwebern  von  den  Kerzenmeistern  und  den  Knechten 
l)Osohen  (Zunftverfassung  vom  15.  März  1525,  Art.  7);  1666  gab  es  bei  den  Wollenwebcrn 
eigene  Heseher,  die  von  dem  Handwerk  gewählt,  aber  von  dem  Schultheissen  vereidigt  wurden 
(Zunftbrief    vom  6.  Dez.   1666,    Art.  26).     Bei    den   Bäckern    salien    1511   Sdiultheiss,   Bürger- 


80 

Sie  führten  deu  Vorsitz  in  den  Versammlungen,  den  ,, Geboten"  und  leiteten 
die  Verhandlungen;  ihnen  mussten  die  übrigen  Meister  mit  Elirbarkeit  und 
Achtung  begegnen  und  in  Handwerkssachen  Gehorsam  leisten.  Die  Gebote 
wurden  von  dem  jüngeren  Zunftmeister  oder  auch  von  dem  jüngsten  und  letzten 
Meister^^')  bei  dem  Handwerk  angesagt;  sie  fanden  entweder  auf  dem  Rathause 
oder  im  Hause  des  alten  Zunftmeisters  oder  in  der  Zunftstube  zur  Beratung 
und  Beschlussfassung  über  alle  das  Handwerk  und  die  Zunftgenossen  betreffenden 
Fragen  abgehalten.  Auch  Nichtzünftige  konnten  ein  Gebot  des  Handwerks 
beantragen,  hatten  aber  eine  Gebühr  dafür  zu  entrichten.^-'"'')  Die  Herborner 
"Wollenweber  hielten  1487  ihre  Zusammenkünfte  auf  dem  Rathaus  oder  im 
Mühleugraben,  1592  in  ersterem,  1666  nur  bei  dem  letzteren  ab;  die  Bäcker 
versammelten  sich  1511  bei  der  Mühle,  die  Mitglieder  der  Schlosser-  oder  Eisen- 
zunft 1667  auf  dem  Rathause  oder  in  der  Zunftstube,  die  Hosenstricker  1702 
im  Hause  des  Zunftmeisters,  die  Strumpfweber  1725  bei  dem  Zunftmeister  oder 
in  der  Zunftherberge.  In  den  Geboten,  die  pünktlich  zur  festgesetzten  Stunde 
begannen,  muss  es  auch  iji  Herborn,  wie  zahlreiche  Strafbestimmungen  beweisen, 
sehr  lebhaft  hergegangen,  eine  kräftige  Sprache  geführt  worden  sein.  Hatte 
aber  der  Vorsitzende  Stillschweigen  geboten,  so  musste  bei  Strafe  Gehor- 
sam geleistet  werden ;  auch  über  die  Verhandlungen  seihst  sollte  weder 
den  Angehörigen  noch  anderen  etwas  mitgeteilt  werden.  Zur  Beschluss- 
fassung war  Stimmenmajorität  erforderlich,  die  ,^meynsfe  mej/nige''''  sollte,  wie 
es  schon  1487  heisst^"^^),  den  Ausschlag  geben:  ^Vidersetzlichkeit  war  mit 
strengen  Bussen  belegt"*^),  konnte  sogar  wie  das  wiederholte  unentschuldigte  Aus- 
bleiben aus  der  Versammlung  zeitweise  den  Ausschluss  aus  der  Zunft  zur  Folge 
haben. *^^)  Gegen  den  Beschluss  war  Berufung  an  die  Obrigkeit  zulässig;  nach 
der  Zunft  Verfassung  des  Wollenhandwerks  vom  1.  August  1487  konnte  der 
Unzufriedene  „fürt  an  ander  zonffte  aeder  vur  das  gerichte''''  Berufung  einlegen. ^^-) 
Bei  der  jährlichen  Generalversammlung,  also  am  1.  Mai,  —  im  18.  Jahr- 
hundert meistens  am  Martinstage  (11.  November)^'*-')  —  hatten  die  Zunftmeister 


meister  und  Zunftmeister  nach  dem  rechten  Gewicht.  Die  Krämer  hatten  seit  1667  ausser 
den  Zunftmeistern  noch  zwei  hesondere  Kirclien-  und  Warenaufseher  gewählt  (Verfassung  vom 
16.  Dezember  1667,  Art.  21). 

*^^)  Zunftverfassung  der  Schuhmacher  vom  12.  Juli  1597,  Art.  79.  Vgl.  Art.  5  der 
Generalzunftartikel  von  1779. 

'^'*)  Zunftbrief  der  Ttutmacher  vom  12.  Sept.  1627,  Art.  13.  —  Krämerzunftbrief  vom 
16.  Dez.  1667,  Art.  19. 

"9)  lieilage  III,  Art.   12. 

1*")  Vgl.  Beilage  II,  Art.  3. 

"')  Zunftbrief  der  Metzger  vom  27.  April  1681,    Art.  16.     Vgl.  S.  83,    Anm.  162—165. 

1")  Beilage  III,  Art.  6. 

"')  So  1782  bei  allen  Zünften  in  Herborn  mit  Ausnahme  der  Metzger,  die  ihren  Pflicht- 
tag auf  Fastnacht,  und  der  Blau-  und  Schönfärber,  die  ihn  am  2.  Januar  abhielten;  nur  die 
Buchbinderzunft  hatte  den  Walpurgistag  beibehalten.  St.  A.  AV.,  Nachlass  Vogel,  No.  49.  — 
Der  Zunftbrief  der  Maurer  vom  21.  Dez.  1777  und  die  Generalzunftartikel  von  1779  bestimmten 
die  "Woche  nach  Neujahr  für  die  Rechnungsablage.  Für  die  Zünfte  des  Amtes  Dillcnliurg 
wurde  am  26.  Nov.  1778  der  Jahrestag  auf  den  3.  oder  4.  Januar  festgesetzt,  ausgenoiiimen 
die  Landschneider,  die  ihn  am  1.  Mai  abhielten.     Dill.  Int.-Nachr.   1778,  Sp.  810. 


81 

vor  den  versammelten  Znnftgenossen  über  alle  Einnahmen  und  Ausgaben 
Rechnung  abzulegen;  schon  in  der  Zunftverfassung  des  Wollenhandwerks  von 
1487  heisst  es  von  den  Zunftmeistern  ,.die  sullent  dem  hanäwerck  alle  jair  von 
den  ohgeschriehen  rechenschaft  t]mn'-'-'^^\  und  bereits  in  dem  Zunftbrief  von  1525 
wird  die  noch  im  18.  Jahrhundert  zu  Recht  bestehende  Vorschrift  erlassen,  dass 
die  Rechnungsablage  durch  ^.siveie  verstentUch  register'-'-  zu  erfolgen  hat,  von 
denen  das  eine  bei  der  Zunft  verbheb,  das  andere  an  die  Rentei  in  Dillenburg 
abgeliefert  werden  mussteJ'')  Die  älteste,  mir  bekannte  Ilerborner  Zunft- 
rechnung ist  die  von  Georg  Zaunschleffer  und  Gerlach  Reiffe,  den  beiden  Zunft- 
meistern des  Wollenhandwerks,  geführte  vom  Jahre  1595"^);  das  älteste  Rech- 
nungsregister der  Schuhmacherzunft  datiert  von  löGS^"^^),  nachdem  der  Artikel  81 
der  Zunftordnung  vom  12.  Juli  1597  die  Führung  der  Einnahme-  und  Ausgabe- 
register zum  ersten  Male  für  dieses  Handwerk  vorgeschrieben  hatte.  Auch 
aus  den  beiden  folgenden  Jahrhunderten  sind  Rechnungsregister  der  genannten 
Handwerke,  ferner  der  Bäcker-  und  Krämer/Amft  erhalten."^) 

Ausser  den  Rechnnngsregistern  wurde  von  den  Zunftmeistern  auch  das 
Zunftbuch  geführt;  es  enthielt  zu  Anfang,  wenn  nicht  das  Original  der  Zunft- 
verleihungsurkunde, so  doch  eine  Abschrift  desselben,  dann  folgten  Verzeichnisse 
der  Mitglieder,  Notizen  über  die  Aufnahme  neuer  Zunftgenossen,  das  Aufdingen 
und  Lossprechen  der  Lehrlinge,  über  Meisterstücke,  Eintragungen  wichtiger, 
auf  dem  Pflichttage  oder  sonstigen  Versammlungen  gefasster  Beschlüsse  u.  a.  m. 
Leider  sind  die  ersten  Herborner  Zunftbücher  verloren;  das  älteste,  von  mir 
aufgefundene  Zunftbuch  trägt  den  Titel  ,,ProtoJwlhun  und  register  eines  erharen 
n-ollenhandtverJces  alliier  zu  Ilerhorn^'-  und  enthält  wertvolle  jS'achrichten  vom 
1.  Mai  1597  bis  1744."'')  Ein  zweites,  ähnlich  betiteltes  Zunftbuch  desselben 
Handwerks  ist  später  angelegt  und  weist  Eintragungen  vom  10.  April  1600  bis 
1702  auf.^''")  Erhalten  ist  ferner  noch  ein  Zunftbuch  der  Schuhmacher,  das 
um  1611  angelegt  wurde,  bis  1597  zurückreicht  und  bis  1667  geführt  ist;  es 
beansprucht  deshalb  ein  besonderes  Interesse,  weil  wir  aus  ihm  erfahren,  dass 
die  Herborner  Schuhmacher  auch  honoris  causa  die  Zugehörigkeit  zu  ihrer  Zunft 
verliehen,  also  Ehrenmitglieder  ernannt  haben. ^•^^)  So  schenkte  das  Schuster- 
handwerk „dem  ehrwürdigen,  hochwolgelehrten  Herrn  Johann  Jakob  Niesener"^''-) 
(f  1646)  nebst  Hausfrau  und  Kindern  „auf  ihr  inständiges  anhalten  und  begern 
aus   lieb    und   gunst   die  zunft    und  snnftrecht^^'-    ebenso  am  5,  Mai  1651   dem 


"*)  Beilage  III,  Art.  11. 

"^)  Zunftbrief  der  "SVollemveber  vom  1.").  März  1525,  Art.   15. 

'^«)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  37  b. 

'")  St.  A.  W.,  YII  A,  ad  Z  Xo.  32. 

^*^}  Rechnuiigsregister  der  Tuchiiiaclier  und  Wollenweber  von  1596-1604,  1691  —  1699, 
1720  u.  1721,  der  Schuhmacher  von  1691—1695,  der  Krämer  1691  —  1694,  der  Bäcker  1721 
u.  1722;  sämtliche  Rechnungen  laufen  vom  1.  Mai  bis  30.  April.     St.  .V.  W.,  Rechnungen. 

1*«)  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  22  b. 

'^")  A.  V.  W.,  Protokoll  und  Akten  betr.  die  Wollweberzunft  in  Herborn,  Stück  59. 

1^')  St.  A.  W.,  Urk.  VII. 

^^2)  Vgl.  über  ihn  Steubing  a.  a.  ().,  S.   179. 

6 


S'2 

Kcipliiu  Johann  Hoiurich  Geysius^''")  und  am  gleichen  Tage  trägt  sich  der  erste 
Prediger  Konrad  Post^'')  persönlich  in  das  Zimftbuch  ein  wie  folgt:  ,,Anno 
1615  den  5.  may  hat  ein  ehrhahrcs  handivcrk  der  schuhmacliersunft  aus  lieh, 
freundschaft  und  sunderharer  nmeigung  mir  Conrad  Fosf,  jetziger  seit  pastorn 
zu  Herhnrn.  zusamlt  meiner  hausfrau  und  kind,  die  Schuhmacher zimft.  verehrt 
und  zu  einem  mitglied  mit  auf-  und  angenommen"- }''") 

Über  den  Ausschluss  aus  der  Zunft  enthalten  die  beiden  ältesten 
bekannten  Herborner  Zunftordnungen  von  1474  und  1487  noch  keine  Be- 
stimmungen''^); erst  der  Zunftbrief  der  Bäcker  vom  12.  November  1511'-^^) 
sieht  zwei  Fälle  des  Verlustes  der  Zunfttnitgliedschaft  vor:  „£'«»  iglicher,  der 
die  zonft  von  sincn  altern  haet  und  die  halten  will  und  doch  nit  hecket,  der 
sali  sich  alle  Jare  heu-iesen,  mit  drien  reder  hellem  die  zonft  zu  loesen  nach 
alter  gewohnheit  ad  er  der  berauht  sin.  Were  aher,  das  ein  meister  usz  dem 
lande  zoege  und  nit  alle  jare  mit  solichem  zonftgelde  erschiene,  sali  auch  der 
zonft  berauht  s?«."  Ausführlicher  behandelt  den  Fall  des  Fortzuges  eines 
Zunftgenossen  aus  Ilerborn  die  Wollenweberordnung  von  1525  in  dem  Transfix 
vom  8.  September.  „Oh  einige  inwonerer  zu  Herborn  des  gemelten 
hantwergs  uszerhalh  unser  lantschaft  mit  hueszUcher  ivonimg  zielten  wurde, 
sal  sich  dar  durch  des  handwergs  entsetzt  haben  und  beraubt  syn, 
also  wan  er  icidder  daselbs  hienziehen  und  das  handwerk  besuchen  wollt, 
das  er  solichs  alsdan  glich  einem  fremden  ividderumb  keufen,  und  ehen  das 
beschehen,  das  tcolnweherhanttverg  nit  bruchen  sal.'-'-'^-'^)  Ebenso  ordnen  die 
Schuhmacher  1597  an,  dass  ein  Meister  oder  eine  Weibsperson,  die  von  Herboru 
fortgehen,  um  sich  an  anderen  Orten  niederzulassen,  im  Falle  ihrer  Rückkehr 
innerhalb  eines  Vierteljahres  mit  Wissen  des  Landesherrn  die  Zunft  von  neuem 
kaufen  und  auch  die  Bürgerschaft  wieder  erwerben  müssen ;  wer  aber  sein 
Zunftgeld  nicht  zahlt,  soll  nicht  mehr  zünftig  sein.^''^)  Bei  den  Krämern  verlor 
1667  jeder  die  Zunft,  der  zwei  Jahre  hintereinander  das  Zunftgeld  nicht  ent- 
richtete'^'^), und  auch  die  Bäcker  bestrafen  noch  1681  die  säumigen  Zahler  dieser 
Zunftabgabe  mit  dem  Verluste  der  Zunft."")  Widersetzlichkeit  gegen  die  Vor- 
schriften der  Zunftordnungen  hatte  zwar  bei  einigen  Handwerken  auch  den 
Verlust  des  Handwerkes  zur  Folge,  aber  doch  nur  zeitweise,  so  lange  der 
ungehorsame  Zunftgenosse  sich  nicht  mit  dem  Handwerk  vertragen  hatte  oder 
keine    Entscheidung    des    Landesherrn    erfolgt   war;    so    1597    bei    den    Schuh- 


'53)  Vgl.  über  ihn  Steubing    a.  a.  Ü.,  S.  188  f. 
15*)  Vgl.  über  ihn  Steubing  a.  a.  O.,  S.  188  u.  179. 
'")  Zunftbuch,  S.  43. 
'5«)  Vgl.  Beilage  II  und  III. 
'")  St.  A.  W.,  ürk.   VII. 

'*")  Artikel  3.     Dieselbe  Vorschrift    enthält   der  Art.  19    der  AVollonweberordnung  vom 
Aug.   1594  und  der  Art.  21   des  Zunftbriefes  vom  G.   Dpz.   1666.     St.  A.  W.,   lik.   VII. 
'59)  Zunftordnung  vom  12.  Juli  1597,  Art.  24  u.  48. 
'*')  Art.   13  des  Zunftbriefes  vom   16.   Doz.   1667. 
1®')  Art.  9  des  Zuiiftbriofos  vom  20.  Mai   16S1. 


s:-! 

maehem"'-),  1<>66  hei  den  Seliiieklern'"-'),  16G7  bei  den  Krämern"")  und  \i\x\ 
bei  den  Metzgern.'"') 

Jeder  ZunfYgenosse  in  Ilerborn  durfte  nur  ein  Handwerk  betreiben, 
obwohl  auch  die  Genossen  verschiedener  Handwerke  sich  zu  einer  Zunft 
vereinigen  konntcji.  So  verbieten  die  Schulimacher  in  ihrem  Zunftbriefe  vom 
12.  Juli  1597  den  in  ihre  Zunft  aufgenommenen  Löhern,  Schuhe  feilzuhalten, 
jeder  solle  bei  seinem  Handwerk  bleiben""^),  und  ebenso  wird  den  zu  derselben 
Zunft  zählenden  Sattlern  untersagt,  das  Löher-  oder  Schuhmaclierhandwerk  zu 
betreiben.'"')  Auch  die  Bäcker  bestimmen  deswegen  1681,  dass  keiner,  der 
ein  anderes  zünftiges  Handwerk  betreibt,  zum  Weck-  und  lirodbacken  zugelassen 
werden  soll,  wenn  er  auch  die  Zunft  habe  und  das  Handwerk  gelernt  hätte; 
ein  jeder  Meister  solle  nur  ein  zünftig  Handwerk  treiben  und  derjenige,  welcher 
zwei  gelernt  habe,  wählen,  ,,?ro.s  er  am,  schicklichsten  vor  seine  fjeJef/enheit 
findet''''^'''^)^  und  178^  wird  den  Zunftgenossen  des  Bäcker-  und  Bierbrauer- 
handwerks wiederum  untersagt,  noch  neben  ihrem  Handwerk,  ^^eine  andere 
profession  als  Schneider,  Schuhmacher,  irollenweber,  schreiner,  metsger  und  der- 
gleichen zu  treihcnJ'''^^^) 

Wie  schon  angedeutet,  bildete  nicht  immer  ein  einzelnes  Handwerk  allein 
eine  Zunft;  nicht  selten  schlössen  sich  die  Mitglieder  verschiedener  JLaudwerke 
zu  einer  solchen  zusammen,  oder  eine  schon  bestehende  Zunft  gestattete  den 
Genossen  eines  anderen  Gewerbes  den  Eintritt  bei  ihr.  So  gehörten  in  Herborn 
von  1597  bis  zur  Auflösung  der  Zünfte  zu  den  Schuhmachern  auch  die  Löher 
und» Sattler;  im  Jahre  1602  wollten  35  Herborner  Meister,  die  16  verschiedenen 
Handwerksständen  augehörten  und  später  sich  zu  mehreren  selbstständigen  Zünften 
vereinigten,  eine  einzige  Zunft  zusammen  errichten.^ '*^)  Während  1667  zur 
Eisenzunft  die  Schlosser,  Büchsenmacher,  Uhrmacher,  Sporer,  Schwertfeger, 
Schmiede,  Waffen-  und  Messerschmiede  gehörten''^),  waren  1627  diese  Hand- 
werker mit  den  Glasern^^-),  den  Stein-  oder  Leiendeckern,  den  Seilern,  den 
Leinentuch-  und  anderen  Krämern  in  einer  Zunft  vereinigt. ^^■^)  Seit  1724 
waren  die  Steindecker  Mitglieder  der  Schreiner-  und  Drechslerzunft' "'),  und 
seit  1777  bildeten  die  Maurer,  Steinhauer  und  Weissbinder  eine  Zunft.'""')  Die 
Wollenweber  gestatteten  den  Weissgerbern  wahrscheinlich  schon  1605^""),  sicher 


'«'0  Art.  75. 

"5")  Art.   14. 

•"*)  Art.  22. 

18*)  Art.  28. 

1««)  Art.  .S8. 

'")  Art.  70. 

18*)  Zunftbrief  vom  20.   Mai   1681,  Art.  13. 

189)  Zunftbrief  vom  11.  Februar  1783,  Art.   12. 

"«)  St.  A,  A\.,  All  A,,  Z.  Xo.  25.     Vgl.  unten  S.  86. 

1")  Zunftordnung  vom  1.  Februar  1667. 

"2)  Seit  dem  23.  Juli  1780  bildeten  sie  eiiio  eigene  Zunft. 

1'^)  Zunftordnung  vom  t.  August  1627. 

1")  Zunftordnung  vom  30,  März  1724. 

i^**)  Zunftordnung  vom  2J.  De/ember  1777. 

"")  St.  A.  W.,  VII  A,  Z  ^0.  22  b. 

6* 


84 

aber  seit  1666^")  den  Eintritt  in  ihre  Zunft,  und  seit  1725  machten  die  Strumpf- 
weber. Hosen-  und  Strumpfstricker  eine  Zunft  aus.^^^) 

Aus  den  oben  erwähnten  und  anderen  Bestimmungen  der  Herborner 
Zunftordnungen  orgiebt  sich,  dass  den  dortigen  Zünften  und  ihren  Vorstehern 
eine  gewisse  Gerichtsbarkeit  und  Strafgewalt  in  genossenschaftlichen  Ange- 
legenheiten, besonders  bei  Widersetzlichkeit  gegen  die  Zunftgesetze  und  per- 
sönlichen Zwistigkeiten,  zustand;  sie  übten  ferner  einen  Teil  der  öffentlichen 
Gewalt  dadurch  aus,  dass  sie  sitten-  und  gewerbepolizeiliche  Vor- 
schriften erliessen.  So  wurde,  wie  oben  erwähnt,  schon  bei  der  Aufnahme 
in  die  Zunft  ein  Ausweis  über  einen  ehrbaren  LebensNvaudel  erfordert,  und  ein 
anständiges,  gesittetes  Benehmen  der  Zunftgenossen,  sei  es  in  den  Versamm- 
lungen oder  im  öifentlichen  Verkehr,  verlangen  alle  Zünfte.  Den  Gesellen 
wurde  das  Spielen  und  übermässige  Trinken,  das  Raufen  und  Fernbleiben  von 
dem  Hause  des  Meisters  während  der  Nacht  verboten  ^'^^);  wir  finden  Erlasse 
über  die  Kleidung  der  Gesellen  und  Meister,  Verbote  des  Waffentragens  und 
andere  polizeiliche  Vorschriften,  deren  Übertretung  mit  Geld  oder  anderen 
Strafen  eeahndet  wurden.  Erwähnt  ist  auch  bereits  die  Kontrolle  durch  die 
Zunftmeister  oder  andere  Verordnete  über  rechtes  Mass  und  Gewicht  und  die 
Güte  der  Waren.  So  hatten  bei  den  W^ollenweberu  schon  1487  die  Zunft- 
meister die  Tücher  auf  ihre  Brauchbarkeit  und  die  erforderliche  Breite  zu 
untersuchen:  fanden  sie  Fehler  und  wollten  deshalb  die  vorgeschriebene 
Besiegelung  nicht  vornehmen,  so  sollten  zur  Entscheidung  drei  oder  vier  un- 
parteiische Meister  hinzugezogeu  werden/^^)  Nach  der  Zunftordnung  vom 
15.  März  1525  durfte  kein  Tuch  besiegelt  werden,  das  nicht  die  Marke  des 
Fabrikanten  trug^^^);  1594  wurden  alle  rohen  Tücher  durch  vier  Unparteiische 
besichtigt  und  nicht  unbedeutende  Strafen  für  jedes  „untüchtige"  oder  schlechte 
Tuch  erhoben/^-)  Strenge  Verbote  ergingen  ferner  gegen  die  Erwerbung  von 
geraubtem,  gestohlenem  oder  unehrlichem  Gut  ^^■'),  gegen  das  Abspenstigmachen 
der  Gesellen  ^^^)  und  Arbeiten  an  Sonn-  und  Festtagen. 

So  ausgedehnt  aber  auch  diese  gewerbepolizeilichen  Befugnisse  waren,  so 
viele  Bussen  selbst  in  gewissen  strafrechtlichen  Dingen  auferlegt  werden  konnten, 
so  war  die  Exekutionsgewalt  der  Zünfte  in  Herborn  doch  eine  geringe,  die 
Abhängigkeit  von  dem  Schultheissen  und  dem  Landesherrn  zu  allen  Zeiten,  aus 
denen  sich  Herborner  Zunfturkunden  erhalten  haben,  eine  grosse,  ganz  abge- 
sehen davon,  dass  die  Grafen  die  Gerichtsbarkeit  in  Kriminalsachen  ausdrücklich 
sich  selbst  vorbehielten.^"")  Zwar  konnten  die  Zunftmeister  nach  der  Schneider- 


'")  Zunftbrief  vom  6.  Dez.  1666. 

"«)  Zunftbrief  vom  12.  Febr.  1725  und  vom   11.  Febr.  1783. 

"^  Gesellenordnunn;  der  Schuhmacher  vom  13.  Okt.  1682;  vgl.  oben  S.  74. 

i»<»)  Vgl.  Heilage  III,  Art    8. 

'«')  Art.  13. 

'^^  Zunftordnung  vom  6.  März   1.594,  Art.  9. 

'-^)  Zunftordnung  der  Wollenwebcr  vom  1.  Aug.  1487,  Art.  1;  vom  15.  März  1525, 
Art.  2;  vom  6.  Dez.   1666,  Art.  8.   —   Zunftbrief  der  Scliuhmacher  vom  12.  Juli  1597,  Art.  6. 

'^0  Zunftbrief  der  AVoUenweber  vom  15.  März  1525,  Art.  12;  ähnlich  in  den  späteren 
Urkunden.      Zunftordnung  der  Leineweber  vom  25.  Aug.  1683. 

'*'•'■)  So  im  Zunftbriefe  der  JJäcker  vom  12.  Xov.  1511   und  vom  20.  Mai  1681. 


85 

ordnuDg  von  1474^^")  den  Zunftbruder,  der  in  llandwerksangelcgenlieitua  den 
Gehorsam  versagte,  mit  Wachs-  und  Weinabgaben  bestrafen,  verweigerte  er 
aber  die  Zahlung,  so  durften  nicht  die  Vorsteher  der  Zunft,  sondern  der  Schul- 
theiss  in  Herborn  zur  Pfändung  schreiten.  Nur  den  Bäckern  gestattete  1511 
Graf  Johann,  dass  unbedeutende  Strafen  im  Auftrage  der  Zunft  auch  durch  die 
Gesellen  gepfändet  werden  konnten.  „Vto-  soliche  ailer  dergleichen  cleyne 
boessen  als  das  ivacJis  ein  ader  zwoe  quarten  tvins  haben  ivir  von  gnaden  dem 
handiverke  heivilligef,  das  davor  iere  hiecht  simder  den  schultissen  penden 
mach^^J^'^)  Wenn  ein  Meister  des  Wollenhandw^erkes  zur  Entscheidung  persön- 
licher Klagen  bei  den  Zunftmeistern  ein  „Gebot"  beantragte,  so  wurden  sofort 
zehn  oder  zwölf  unparteiische  Meister  derselben  Zunft  berufen;  gegen  das  Er- 
kenntnis war  noch  1594  Berufung  an  eine  andere  Zunft  oder  das  Gericht  zu- 
lässig, während  seit  1666  für  den  Unzufriedenen  eine  Berufung  bei  der  Kanzlei 
in  Dillenburg  vorgesehen  wurde.  ^^^)  Seit  diesem  Jahre  wurden  auch  die  von 
der  Zunft  erwählten  Beseher  von  dem  Schultheissen  beeidigt,  ^^^j  Säumige 
Zahler  au  „huszen  oder  schulden,  was  uf  das  hantiverk  geborgt  ivirt^\ 
konnten  die  Zunftmeister  der  Wollenweber  mit  Yerbietung  und  Zuschliessunsr 
der  Walkmühlen  und  des  Färbhauses  bestrafen,  aber  nur  mit  Vorwisseu  des 
Schultheissen  ^'^'^),  und  wer  mehr  als  zehn  Tücher  auf  die  Frankfurter  Messe 
bringen  w^ollte,  musste  eine  besondere  Erlaubnis  von  dem  Reutmeister  einholen. 
Widersetzte  sich  ein  Mitglied  der  Schuhmacherzuuft  dem  Zunftmeister,  so  war 
der  Schultheiss  zu  Herborn  verpflichtet,  im  Notfall  dem  Zunftmeister  gegen  den 
Ungehorsamen  die  Hand  zu  bieten  ^^^);  w^urde  aber  ein  Meister  wegen  Über- 
tretung der  Statuten  von  der  Zunft  bestraft,  und  er  wollte  sich  der  Entscheidung 
nicht  fügen,  so  blieben  ihm  nach  altem  Brauch  vierzehn  Tage  zur  Austragung 
der  Sache  bei  dem  Landesherrn,  anderenfalls  sollte  er  des  Handwerks  so  lange 
entsetzt  sein,  bis  er  die  Angelegenheit  bei  dem  Grafen  „ausfindig"  gemacht 
hatte.  ^^^)  Nach  der  Zunftordnung  der  Leineweber  von  1683  sollte  „r/er  ober- 
Hchidtheiss  von  des  landesherrn  ivegen  dem  handiverh  den  gerichtslnecht  leihen 
SU  ihres  handwerJcs  wö^Äm."^^-")  War  ein  Handwerk  durch  einen  Zunfrgeuossen 
geschädigt,  so  entschieden  nicht  die  Zunftmeister  oder  die  Zunft  über  die  Höhe 
des  zu  leistenden  Schadenersatzes,  sondern  der  Graf  oder  dessen  Räte^^''),  und 
Strafen  an  Leib  oder  Geld  für  Schlagen,  Balgen  und  grobe  Scheltworte  wurden 
nach  der  Bäckerordnung  von  1681  nur  durch  die  Kanzlei  in  Dillenburg  be- 
stimmt.^'-'^)  Seit  1779  endlich  war  zur  Abhaltung  der  Versammlungen  der 
Zünfte  die  Erlaubnis  des  Oberschultheissen  nötig,  bei  dem  auch  die  Anmeldung 

i»6)  Vgl.  Beilage  II,  Art.  3. 

*")  Zunftordnung  vom   12.   November  1511. 

^88)  Zunftordnung  vom  6.  Dez.   1666,  Art.   11. 

^«9)  Art.  26. 

1^0)  Zunftbrief  vom  6.  Aug.   1594,  Art.  24. 

1^^)  Zunftbriof  vom   12.  Juli   1597,  Art.  83. 

1^^)  Art.  76. 

'»2  a)  Art.  27. 

lää)  Transfix  vom  8.  Sept.   1525  zum   Zunt'cbriofo  der  Wollen\vel)or  vom  15.  Miirz,  Art,  4, 

"^j  Art.  8. 


86 

weo-en  Eiutrittes  iu  die  Zunft  zu  erfolgeu  hatte,  uud  die  Zunftgeuosseu  wurden 
zur  Beilegung  ihrer  persönlichen  Angelegenheiten  auf  den  gewöhnlichen  Rechts- 
weg verwiesen.  ''^■') 

Einen  Einfluss  auf  die  Zünfte  in  Herborn  wird  übrigens  auch  der  Stadt- 
rat, so  wenig  für  die  ältere  Zeit  sonst  über  sein  Verhältnis  zu  den  Handwerkern 
berichtet  wird,  seit  der  Zeit  gewonnen  haben,  als  zur  Aufnahme  in  die  Zunft- 
genossenschaft die  Erwerbung  des  Bürgerrechts  eine  der  Hauptbediuguugen  wurde. 

Über  die  Mitgliederzahl  der  einzelnen  Herborner  lassen  sich  sichere 
Angaben,  namentlich  für  die  ältere  Zeit,  nicht  machen;  auch  die  Zunftbücher, 
soweit  sie  erhalten  sind,  geben  nur  selten  Aufschluss,  da  aus  den  fort- 
laufend geschriebenen  Namensverzeichnissen  der  Mitglieder  sich  nur  an- 
nähernd oder  überhaupt  nicht  feststellen  lässt,  wie  gross  die  Zahl  der 
Zunftgenossen  zu  einer  bestimmten  Zeit  gewesen  ist.  Die  älteste  und 
grüsste  Herborner  Zunft  war  die  der  Tuchmacher  oder  Wollenweber;  die 
Zahl  ihrer  Meister  schwankt  sehr,  1611  betrug  sie  26^'-"'),  1660  etwa  52^9^), 
1782  32.''''^)  Von  den  Schuhmachern  konnte  ich  aus  dem  Rechuungsregister 
der  Zunft  von  1598  14  Schuster  mit  Namen  ermitteln,  es  gab  aber  damals  in 
Herborn  32  Schuhmacher,  Löher  und  Ledersclmeider.^^^)  Im  Jahre  1602  waren 
in  der  Stadt  ansässig  1  Goldschmied  (Christian  Gladbach),  2  Messerschmiede, 
3  Hufschmiede,  4  Schlosser,  Uhr-  und  Büchsenmacher,  7  Schreiner,  5  Glaser, 
1  Buchbinder,  2  Seiler,  1  Leiendecker,  2  Fassbinder,  2  Zimmerleute,  1  Maurer, 
1  Wagner  und  3  Hutmacher.-^*')  1614  betrieben  schon  7  Hutmacher  ihr  Hand- 
werk als  Meister-'^^),  und  ebensoviele  waren  ihrer  noch  1626,  während  1782  wie 
am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  nur  noch  3  Meister  gezählt  werden.-'*-)  Im  Jahre 
1667  finden  wir  schon  9  Schlosser  und  6  Schmiede  in  Herborn-^-')  und  1683 
10  Leinweber. ^''^)  Zu  grosser  Blüte  gelangte  auch  die  Strumpfweberzunft,  die 
1782  39  Mitglieder  zählte-*^'^),  während  es  1701  nur  4  Hosenstricker  in  Herborn 
gab.-«") 


1»^)  GeneralzunftartLkel  vom  10    Okt.  1779,  Art    6,  23  u.  33. 

19Ö)  8t.  A.   W.,  Vir  A,  Z  No.  38. 

1«^)  Zunftbuch  von  1660,  A.  V,  ^V.  a.  u.  O,  8tück  59,  Folio  5v  bis  7. 

'»")  St.  A    W.,  Xachlass  Vogel,  No.  49.     Vgl.  Stoubing  a.  a.  ().,  S.  91. 

>«")  Zunftbuch  von  1.^97-1667,  S.  36  f. 

2«")  8t.  A.  W.,  VII  A,  Z  Xo.  25.  Über  diese  auch  dem  Namen  nach  bekannten  35 
Handwerker  vgl.  oben  8.  83. 

**'^)  Franz  llamnierschmidt,  Theis  Nisman,  Asman  Hammerschniitt,  Hans  Götthardt, 
Franz  Xioszman,  Jacob  NVolff  und  Hans  Wolff;  so  unterschrieben  sie  ihre  Kingabc  vom  27. 
Juni  1614  um  Errichtung  einer  Zunft.     St.  A.  W.,  VII  A,  Z  No.  28. 

•^"■^)  St.  A.  W.,  Nachlass  Vogel,  No.  49. 

203)  Zunftbrief  vom  1.  Febr.  1667,  letzte  Seite. 

■•="')  Johann  Hass,  Peter  Nilius,  .Mattliias  Sartor,  .Matthias  Kyrain,  Hans  Conrad  W(»ltf, 
Jüliiinn  Gerlach  Moritz,  Joh.  Güldener,  Lucas  Moritz,  Gisbert  8chmitt  und  Heinrich  Wagener. 
Zunftbrief  vom  25.  Aug    16S3.     St.  A.  W  ,  Urk.   VII. 

''OS)  St.  A.  "VV.,  Nachlass  Vogel,  No.  49.  Au<li  S  teu  l)i  n:;-  a  a,  ().,  8.  90  ff.  bringt 
einige  statistische  Nachrichten  über  die  Handwerker  in  Herborn,  besonders  aus  der  zweiten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts. 

2»")  St.  A.   \V.,  VII  A,  Z  >o.  37c, 


87 

Wichtige  Dokumente  der  Zunft  wie  clor  Zunftbrief,  die  Zunftbüclier,  die 
Reclmungsregister,  Schuldbriefe,  Korrespondenzen  wurden  nebst  dem  Gelde, 
das  die  Zunft  aus  den  jährliclien  Beitrügen  und  Zunfterwerbungen,  durch  Strafen, 
Vermietungen  und  verhehenc  Kapitalien  einnahm,  in  dem  Zunftiieiligtum,  der 
Zunftlade,  aufbewahrt.  Sie  war  oft  ein  Meisterwerk  der  Holzschueidc-  und  der 
Schmiedckunsit-"')  und  stand  in  der  Regel  im  Hause  des  alten  Zunftmeisters. 
Bei  den  Versammlungen  wurde  sie  mit  dem  Glockenschlage,  oder  sobald  die 
Sanduhr  die  festgesetzte  Stunde  anzeigte,  auf  den  Tisch,  an  dem  die  Zunft- 
meister und  die  älteren  Meister  des  Handwerks  sassen,  gestellt  und  nun  erst  ge- 
öffnet. Klagen  waren  nur  vorzubringen,  nachdem  die  Lade  geöffnet  war,  andern- 
falls hatte  der  Kläger  hohe  Strafe  zu  zahlen,  oder  er  konnte  seine  Angelegen- 
heit erst  bei  der  nächsten  Zusammenkunft  vorbringen.-"^)  Die  Zunftlade  hatte 
gewöhnlich  zwei  Schlösser,  zu  denen  die  beiden  Zunftmeister  je  einen  Schlüssel 
hatten;  die  Schlösser  waren  gleichartig,  wie  die  Straf bestimmungen  für  den 
Zunftmeister,  der  mit  seinem  Schlüssel  allein  die  Lade  öffnete,  beweisen.  Erst 
durch  die  Generalzunftartikel  vom  10.  Oktober  1779,  die  ,, solche  Lade  im  ge- 
ringsten nicht  anders,  als  einen  andern  Kasten,  so  zu  weiter  nichts  als  etwas 
darin  zu  verwahren,  verfertigt  wird,  angesehen  wissen"-*^^)  wollten,  wurden  drei 
Schlösser  „von  unterschiedener  Art"  vorgeschrieben,  zu  denen  der  Oberschultheiss, 
der  Alt-  und  der  Jungmeister  je  einen  Schlüssel  hatten.  Sollte  während  der  Abwesen- 
heit eines  Zunftmeisters  Geld  aus  der  Lade  erhoben  werden,  so  mussten  bei  der 
Öffnung  der  Lade  durch  den  anderen  Zunftmeister  die  beiden  Zunftmeister  des 
verflossenen  Jahres  zugegen  sein.  Öffnete  aber  ein  Zunftmeister  allein  die 
Lade,  so  sollte  er  nach  der  Zunftordnung  der  Eisenzunft  von  1667  fünf  Gulden 
Strafe  zahlen  und  „des  zimftmeistertisches  sein  leben  lang  entsetzet  sem";  ent- 
wendete er  aber  Geld  aus  der  Lade,  so  verlor  er  die  Zunft  und  durfte  weder 
Gesellen  noch  Lehrjungen  halten. 

In  der  Zunftlade  wurden  ferner  das  Handwerkssiegel  und  ein  Trauer- 
tuch aufbewahrt.  Starb  nämlich  ein  Zunftgenosse  oder  dessen  Angehöriger, 
so  waren  die  übrigen  Zunftmitglieder  nicht  nur  verpflichtet,  dem  Begräbnis  bei- 
zuwohnen, sondern  der  Sarg  wurde  auch  mit  dem  Trauertuch  und  dem  Insiegel 
des  Handwerks  bedeckt.-^'') 

Von  den  älteren  Siegeln  der  Herborner  Zünfte  ist  mir  nur  das  der  Wollen- 
weber aus  dem  16.  Jahrhundert  bekannt  geworden";  es  zeigt  damals  wie  auch 
später  eine  Tuchschere  und  darunter  ein  Kreuz.  Aus  dem  17.  und  18.  Jahr- 
hundert   sind    im    Staatsarchiv    zu    Wiesbaden    die    Siegelstcmpel    der    Schuh- 


^"'')  Die  Sammlung  des  Altertumsvereins  in  Herborn  besitzt  noch  die  Laden  der  dortigen 
Wollenweber-  und  der  Eisenzunft. 

208)  Zunftbrief  der  Eisenzunft  vom  1.  Febr.  1667. 

2Ö8)  Artikel  8. 

2'")  Verfassung  der  Eisenzunft  vom  1.  Febr.  1667  und  der  Metzger  vom  •_'7.  April  1681. 
Die  erstere  bestimmte  auch,  dass  die  jüngeren  Meister  die  Leiche  zu  Grabe  tragen  und  die 
anderen  ordentlich  fojgon  sollton.  Xach  dem  Begräbnis  löste  sich  der  Zug  der  Zunftgenossen 
erst  vor  dem  Trauerhauso  auf;  die  Abhaltung  von   „Leichengelagen"   wurde  vorbotei), 


88 

macher-'M.  der  Sattler  und  Rotgerber,  der  Eisenzuiift,  der  Hutmacher  (1081), 
der  Leiu-  und  Bikhvebcr,  der  Schreiner  und  Glaser,  der  Drechsler,  der  Stein- 
(Tecker  und  der  Maurer,  Steinhauer  und  Weissbinder  erhalten.  Die  Schreiben 
der  Zünfte,  auch  Nvenn  sie  von  dem  ganzen  Handwerk  unterzeichnet  sind, 
trao-en  in  alter  Zeit  sehr  selten  und  nur  bei  besonders  wichtigen  Anlässen  das 
Handwerkssiegel.  Zeitweise,  so  namentlich  im  17.  Jahrhundert,  erklärt  sich 
das  Fehleu  der  Siegel  allerdings  iu  anderer  Weise.  Die  Handwerke  hatten  in 
Herboru  infolge  des  schrecklichen  Brandes  vou  162G,  der  fast  die  halbe  Stadt 
in  Asche  legte,  und  durch  den  dreissigjährigen  Krieg  arg  gelitten;  sie  mussten 
Anleihen  über  Anleihen  aufnehmen  und  verpfändeten  zur  Sicherheit  des 
Gläubigers  das  Handwerkssiegel.  So  befand  sich  das  Siegel  des  Wollenhand- 
werks viele  Jahre  als  Pfand  im  Besitze  der  Frankfurter  Juden  „Aaron  zur 
Schulen"  und  „Schmuein  zum  Ochsen"  und  wahrscheinlich  auch  des  „Abraham 
zum  roten  Löwen".-'-)  Dieser  Siegelstempel  war,  wie  aus  einem  noch  erhaltenen 
Inventar  der  Zunftlade  des  Wollenhandwerks  vom  1.  Mai  1616-'-'')  hervorgeht, 
in  Silber  gearbeitet  und  ist  heute  leider  ganz  verschwunden. 

Als  durch  Verordnung  des  Herzogs  Wilhelm  vom  15.  Mai  1819  alle  im 
Herzogtum  Nassau  bestehenden  Zünfte  aufgehoben  wurden,  wanderten  der  Vor- 
schrift gemäss  auch  die  Herborner  Zunftsiegel  und  Zunfturkunden,  soweit  sie 
aufzufinden  waren,  an  die  Landesregierung  und  von  dort  in  das  Landesarchiv, 
in  dem  sie,  wie  erwähnt,  noch  heute  als  Zeichen  der  Macht  und  Grösse  des 
Herborner  Handwerks  in  vergangenen  Zeiten  aufbewahrt  w^erden.  Die  Liqui- 
dation des  Vermögens  der  Herborner  Zünfte  —  die  meisten  hatten  mehr 
Passiva  als  Aktiva,  nur  wenige  weder  Vermögen  noch  Schulden  —  zog  sich 
noch  mehrere  Jahre  hin.-^^) 

Zur  Zeit  der  Auflösung  gab  es  in  Herborn  12  Stadtzünfte,  nämlich  die 
der  Tuchmacher,  der  Schneider,  der  Bäcker  und  Bierbrauer,  der  Schuhmacher, 
Sattler  und  Rotgerber,  der  Hutmacher,  der  Schlosser  und  verwandter  Hand- 
werke, der  Krämer,  der  Metzger,  der  Leineweber,  der  Strumpfweber,  der 
Schreiner,  Drechsler  und  Steindecker  und  die  der  Glaser;  ferner  2  Zünfte  für 
Stadt  und  Amt  Herborn,  nämlich  die  der  Hafner  und  Pfeifenmacher  und  die 
der  Maurer,  Steinhauer  und  Weissbinder ;  ausser  diesen  endlich  noch  1  Land- 
zunft der  Schneider,  1  Zunft  der  Buchbinder  der  Städte  Herborn,  Dillenburg, 
Diez"]und  Hadamar  und  i  Zunft  der  Blau-  und  Schönfärber  der  Städte 
Herborn,  Dillenburg,  Hayger  und  Diez.-''^)  Nichtzünftige  Professionen  der 
Stadt  Herborn    vertraten    zwei    Küfer,     ein    Spengler,    ein    Uhrmacher,    sechs 


2")  Von  dieser  Zunft   sind   zwei  Siegelstempel  erlualten,    von  denen  der  Jiltcio,  kleinere 
wahrscheinlich ;selt'der  Verleihung  des  Zunftlirieffs  von  1597  gebraucht  worden  ist. 

-''•')  A.  V.  ^\.,    Akten  betr.  die  ^VollenwebcrzlUlt■t  in  Herborn,    Stück  13,  19  ff.     St.  A. 
W.,  VII  A,  Z]No.  .37  c. 

2'»)  St.;A.  W.,SVII  A,  Z  No.  22  b. 

2")  St.  A.  W.,  VIII   L.  K.  Xo    209. 
*)  Vgl.  Heiinge  1. 


21 5\ 


89 

Plandclsjiulcn,    zwei    Apotheker,    zwei    Cliirurgeu^'G),    zwei    Wagner    und    zwei 
Knopfmacher.-") 

Abkürzungen. 

St.  A.  W.  =^  Staatsarchiv  in   Wiesbaden,  und  zwar  ist  üborall  lior  Aktonbestand 

gemeint,  wo  die  JJezeiciinun^-  „Urkunden"   fehlt. 
A.  V.  11.    =  Archiv  des  Altertumsvereins  in  Herborn. 
A.  \.  W.  =  Archiv  des  Altertunisvereins  in  Wiesbaden. 


Beilage   I. 


Verzeichnis  der  im  Königlichen  Staatsarchiv  in  Wiesbaden  vorhandenen 
Herborner     Zunftordnungen     von     1474    bis    1783     nach     dem     Alter 

der  Handwerke. 


A.  Zünfte  in  der  Stadt  Herborn. 
I.  WoUenweber  (Tuchmacher). 


Datum 

und 

Ausstellungsort. 


1)  1487,  August  1.  (Utf 
mitwochen  sant  peters 
dag  ad  vincula.) 

2)  1525,  März  15. 
Schloss  Dillenburg. 


Aussteller 
(Landesherr). 


Bemerkungen. 


3)  1525,  September  8. 
(Freitag  nach  Egidii.) 
Schloss  Dillenburg. 


4)  1594,  August  6. 
Schloss  Dillenburg. 


Johann  V.,  Graf  zu  Nassau 
und  Diez. 

Wilhelm,  Graf  zu  Nassau, 
Katzenelnbogen,  Vianden 
und  Diez. 


Derselbe. 


Johann  der  Altere,  Graf  zu 
Nassau ,  Katzenelnbogen, 
u.  s.  w. 


Original,  Pergament ;  Siegel  abgefallen ; 
Siegeleinschnitt.     Vgl.  Beilage  III 

Abschrift  auf  Pergament  des  16.  Jahrli., 
und  beglaubigte  Abschrift  auf  Papier 
von  1561.  Schlechter  Abdruck  in  den 
Dillenburger  Intelligenz-Niiclirichten, 
Jahrg.  1774,  Sp.  433—437. 

Transfix  zu  der  vorigen  Urkunde.  Un- 
vollständige Abschrift  auf  Pergament 
des  16.  Jahrhunderts  und  vollständige 
beglaubigte  Absclirift  von  15G1.  Fehlt 
in  den  Dill.  Iiitell.-Xachr.  ii.  a.  l). 

Original,  Papier ;  geheftet  mit  geflochtenen 
grün-rot-blau-gelben  Seidenschnüren  ; 
aufgedrücktes  Siegel;  Unterschrift  des 
Grafen. 

Auch  der  Originalrevers  der  Zunft 
von  demselben  Tage  ist  erhalten ; 
Papier  im  Pergamentumschlag,  geheftet 
mit  den  gleichen  Schnüren  wie  die 
Urkunde  des  Grafen ;  aufgedrücktes 
llandwerkssiegel. 


'■''^)  Sie  gehörten  zur  Diezcr  t'liirnrgenzunft. 

"')  Nach    einer    Zusammenstellung    vom    Jahn«     18U7.      St.  A    W.,    Nachlat^s    Kühl,- 
von    Lilienstern,  No.  1, 


90 


Datum 

und 

Au8StellungSüi*t. 


Aussteller 
(Landesherr). 


Bemerkungen. 


5)  1666,  Dezember  6. 
Schloss  Dillenburg. 


6)  1706,  Januar  30. 


Dillenburg, 


7)  172.i,  Juni  4. 
Dillenburg. 

8)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


Heinrich,  Fürst  zu  Nassau, 
I      Graf  zu  Katzenelnbogen, 
u.  s.  w. 


"Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau, 


u.  s.  \v. 


Christian,    Fürst  zu  Nassau, 
u.  s.  \v. 

\Mlhelm,  Prinz  von  Oranien, 
Fürst  zu  Nassau. 


Original,  Papier ;  geheftet  mit  geflochtenen 
grün-roten  Seideiischnüren,  au  denen 
das  Siegel  des  Ausstellers  in  Holz- 
kapsel hängt;  Unterschrift. 

Am  4.  Juni  1678  gestattete  Fürst 
Heinrich  den  AYollenwebern  in  Dillen- 
burg den  Eintritt  in  die  Horborner 
Zunft;  Originalurkunde, Papier;  Unter- 
schrift und  Oblatensiegel. 

Bestätigungsurkunde,  anschliessend  an  den 
Text  der  voingen  Urkunde.  Auf- 
gedrücktes Siegel  und  Unterschrift  des 
Fürsten. 

Wie  No.  6,  aber  ohne  Siegel. 


Original,  Papier  ;  geheftet  mit  blau-gelben 
Seidenfäden;  Unterschrift  und  auf- 
gedrücktes Oblatensiegel. 


9)   1474.  März   16. 


10)  1725,  September  1.  ? 
Dillenburg. 


11)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


II.  Schneider. 

Johann  lY.,  Oraf  zu  Nassau,     Beglaubigte  Abschrift  aus  dem  16.  Jahr- 
,      u.  s    w.  I         hundert  auf  Pergament.  A' gl.  Beilage  II. 

Christian,  Fürst  zu  Nassau.  Original,  Pergament;  geflochtene  blau- 
gelbe Seidenschnüre;  Siegel  in  Holz- 
kapsel und  Unterschrift.  Die  Urkunde 
stimmt  wörtlich  mit  dem  Zunfcbriefe 
der  Schneider  des  Amtes  Herborn 
vom  I.November  1666  überein;  vgl. 
No.  48. 

"Wilhelm,  Prinz  von  Oranien,  ,   AVie  No.  8. 
u.  s.  w. 


III.  Bäcker  Cund  Bierbrauer). 

12)  1511,  November  12.  Joluuiu  V.,  Oraf  zu  Nassau,  Original,  Pergament;  beschädigtes  AVachs- 
(Uff  mitwochen  nach  u.  s.  w.  1  siegel  des  Grafen  am  Pergamentstreifen, 
sant  mirtins  des  helligen 
bischofs  dag.) 

13)  1681,  Alai  20. 
Dillenburg. 

14)  1703,  August  1. 
Dillenburg. 

1.5)  1725,  Juni  2. 
Dillenburg. 

16)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


Heinrich,    Fürst  zu  Nassau, 
u.  s.  w. 

"Wilhelm,   Fürst  zu  Nassau.     AA'^ie  No.  7 


Original,  Pergament;  Unterschrift.  Schnüre 
und  Siegel  nicht  mehr  vorhanden. 


Christian,  Fürst  zu  Nas.sau.     AVie  No.  7.    Unter  der  Urkunde  noch  ein 

Znsatz  vom    15.  .luni   1727. 

AVilhelm,  i'iinz  von  Oranien.     AVie  No.  8. 


Ol 


Datinn 

und 

Ausstüliuugsort. 


Aussteller 
(Landesherr). 


Henicrkuii^eu. 


17)  e.   1582. 


18)  1597,  Juli   12. 

Sc'lilo8s   Dillenbun 


19)  1729,  März  5. 
Dillenburg. 

20)  1783,  i-ebruiir  11. 
Haag. 


IV.  Weissgerber. 

•luhauii  der  Ältere,  Gruf  zu     Es  ist  nur  ein  von  dem  Grafen"  bestätigtes, 
Nassau.  I         undatiertes    Konzept   einer  Zunftord- 

nung erhalten;    wahrscheinlich  ist   es 
zur  Verleihung  eines  Original  -  Zuntt- 
briefes    ülterhaupt    nicht    gekoinnien, 
I  j         wenn  auch  von  1579  bis  c.  1582  eine 

'  Zunft  der  Weissgerber  bestand.  A'iel- 

I         leicht  schon  seit  1605,    bestininit  seit 
1666  wurden  die  Weissgerber   in  die 
I         Wollenweberzunft  aufgenommen. 

V.  Schuhmacher,  Sattler  und  Rotgerber. 

Derselbe.  Abschrift  im  Zunftbuche. 

Die  G e s e  1 1  e n 0  r  d n u  n g  der  Schuh- 
macher datiert  vom  13.  ükt.  1682  und 
ist  wie  die  Bestätigungsurkunde  des 
Fürsten  Heinricli  vom  20.  Okt.  auf 
Pergament  geschrieben. 

Christian,  Fürst  zu  Nassau.  !  Original,  Papier;  geheftet  mit  weiss-blau- 

gelben  Seidenfäden.    Unterschrift  und 
aufgedrücktes  Siegel  des  Fürsten. 

Wilhelm,  Prinz  von  Oranien.     Wie  No.  8. 


VI.  Schlosser,  Uhrmacher,  Schmiede,  Messerschmiede,  Glaser,  Leiendecker,  Seiler, 
Leinentuch-  und  andere  Krämer.     (Vgl    No    22,  VIII,  XII,  XIII  u.  XVI) 

Ludwig    Heinrich,    Graf  zu     Original,  Pergament;  Siegel  in  Holzkapsel 
Nassau,  u.  s.  w.  am  Pergamentstreifen.    Unterschrift. 

Heinrich,  Fürst  zu  Nassau.     Wie  Nr.  5.    Die  Zunft  umfasste  jetzt  wie 

später  die  Schlosser,  Büchsen- 
macher, Uhrmacher,  Sporer, 
Seh wertfeger,  Schmiede,  Waf- 
fen- u.  Messerschmiede  (Eiseu- 
zun  f  t). 

Wie  No.  7. 


21)  1627,  August  1. 

22)  1667,  Februar  1. 
Schloss  Dillonburg. 


23)  1725,  Juni  4. 
Dillenburg. 

24)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


25)  1627,  September  12. 
Dillenburg. 

26)  1683,  September  25. 
Dillonburg. 


Christian,  Fürst  zu  Nassau 

Wilhelm,  Prinz  von  Oranien.  i  Wie  No.  8. 

VII.  Hutmacher. 

Ludwig    Heinrich,    Graf  zu     Original,    Papier  im  Pergamentumschlag; 
Nassau.  geheftet  mit  gedrehten  gelben  Seiden- 

schuüren ;  Siegel  ab :  Unterschrift. 

Heinricli,   Fürst  zu  Nassau.     Original,  Pergament:  geheftet  mit  breiten 

I         grün-roten    Seidenbändern ;    Siegel  in 
I         llolzkiipsel  und  Unterschrift. 


92 


Datum 

und 

Ausstellungsort. 


Aussteller 
(Landesherr). 


Bemerkungen. 


27)  1704^  Februar   19. 
Dillenburg. 

28)  1725,  April  30. 
Dillenburg. 

29)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


30)  llitJT,  Dezember  16. 
Dillenburg. 


31)  1706,  Juli  28. 
Dillenburg. 

32)  1725,  Juni  4. 
Dilleubuvg. 

33)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


34)  16S1,  April  27. 
Dillenburg. 


35)  1704,  April  2. 
Dillenburg. 

36)  1725,  Juni  6. 
Dillenburg. 

37)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


38)  1683,  August  25. 

Dillenburg. 

39)  1703,  März  4. 

40)  1725,  April  30. 

Dillenburg. 

41)  1783,  Februar  11, 

Haag. 


Wilhelm,  Fiii-st  zu  Nassau.  Wie  Nu.  6,  aber  ohne  Siegel. 

Christian,  Füret  zu  Nassau.  Wie  Nu.  7. 

I 

Wilhelm,  Prinz  von  Uranien.  Wie  No.  8. 


VIII.   Krämer.     (Vgl.  No.  VI.) 

Heinrich,  Fürst  zu  Nassau.  ;  Original,  Pergament;  geheftet  mit  breitem 

rosafarbenen  Seidenband,  an  dem  das 
Siegel  in  Holzkapsel  hängt;  Unter- 
schrift. 

Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau.     Wie  No.  7. 

Christian,  Fürst  zu  Nassau.     Wie  No.  7. 

I  Wilhelm,  Prinz  von  Uranien.     Wie  No.  8. 

IX.  Metzger. 

I  Heinrich,  Fürst  zu  Nassau.     Original,    Pergament;    gelieftet    mit    ge- 
I  tloohtenen    weiss -grün- roten    Seiden- 

schnüren; Siegel  in  Holzkapsel  und 
Unterschrift. 

Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau.     Wie  No.  7. 


Christian,  Fürst  zu  Nassau. 


Wie  No.  7. 


Wilhelm,  Prinz  von  Ora)nen.     Beglaubigte  Abschrift  vom  18.  März  1801. 


X.  Leineweber. 
Heinrich,  Fürst  zu  Nassau.     AVie  No.  13. 


Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau. 
Christian,  Fürst  zu  Nassau. 


W^ie  No.  7. 
Wie  No.  7, 


42)  1702,  Juli   2.j. 
Dillenburg. 

43)  1725,  April  30. 
Dillenburg. 


Wilhelm,  Prinz  von  Uranien,  j  Wie  No.  8. 

XI.  Hosenstricker  und  Strumpfweber.     (Vgl.  No.  XVII.) 

,  Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau.     Wie  No.  13.    Für  die  Iloscnstrickor  aus- 
I  gestellt. 

Christian,  Fürst  zu  Nassau.     Wie  No.  7. 


93 


Datum 

und 

Ausätelluugsui't. 


44)   1725,  Fclirunr   12. 


45)  1783,  Februar  11. 


Haag. 


40)  1780,  Juli  23. 
LüO. 


Aussteller 
(Landesherr). 


RoiMorkunj:;en. 


Derselbe.  I  Original,  l'upicr;    nur    Unterschrift,    ki-iii 

Siegel.  Für  die  Hosen-  u.  Strunipf- 
stricker  und  das  NVoliorliandwork 
„unserer  Residenz  und  Stadt  llerbiirn'" 
ausgestellt. 

Wilhelm,  l'iin/ vünOraniou.     Wie  No.  8. 

XII.  Glaser.     (Vgl.  No.  VI.) 
I  Derselbe.  Abschrift. 


XIII.    Schreiner,  Drechsler  und  Leiendecker.     (Vgl.  No.  VI  und  XVI.) 


47)  1782,  April  21. 
Haag 


Dersell)e. 


Wie  No.  8. 


B.  Zünfte  in  der  Stadt  und  im  Amte  Herborn. 
XIV.  Schneider. 


48)  1666,  November  1. 
Dillenburg. 


49)  1725,  Juni  20. 
Dillenburg. 


50)  1712,  Oktober  28. 
Dillenburg. 


51)  1725,  September  4. 
Dillenburg. 

52)  1783,  Februar  11. 
Haag. 


Heinricli,   Fürst  zu  Nassau. 


Christian,  Fürst  zu  Nassau. 


Original,  Pergament;  an  roter  geflochtener 
Seidenschnur  Siegel  in  Holzkapsel; 
Unterschrift.  Für  die  SchneidiM-  des 
Amtes  Herborn  ausgestellt. 

Wie  No,  7.  Für  die  Schneider  des 
Amtes  Herborn  ausgestellt;  1783 
noch  zu  Recht  bestehend. 


XV.  Hafner  und  Tabakspfeifenmacher. 


Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau. 


Christian,  Fürst  zu  Nassau. 


Wilhelm,  Prinz  von  Uranien, 


Original,  Pergament;  an  geflochtener 
weiss-schwarzer  Soidenschnur  Siegel 
in  Holzkapsel;  Unterschrift. 

Für  die  Hütner  des  Amtes  Her- 
born ausgestollt. 

Wie  No.  13. 

Für  die  Hilfner  des  Fürstentums 
Nassau-Oranien  erlassen. 

Wie  No.  8. 

Für  die  Hafner  u.  Pfeifenbäcker  der 
St  ad  tu.  des  Amt  es  Herborn  erlassen. 


XVI.    Schreiner,  Drechsler  und  Leiendecker.    (Vgl.  No.  VI.) 


53)  1724,  März  30. 
Ludwigsbronn. 


Wilhelm,  Fürst  zu  Nassau. 


Original,  Pergament ;  gedrehte  weiss-grün- 
rote  Seidenfäden;  Siegel  ab;  Unter- 
schrift. Für  Stadt  und  Amt  Her- 
born ausgestellt;  zu  der  Zunft  gehörte 
auch  ein  Drechsler  der  Stadt  Dillen- 
burg. 


94 


J^*^^"'"  Aussteller 

und  Bemerkuni;on. 

,       ,  ,,  ,  (Landesherr). 

Ausstellungsort.  '  \ 


54)  1725,  April  30.  Christian,  Fürst  zu  ^'assau.  ,  Wie  Nr.  7 

Dilleuburg. 


Seit    1782  galt    nur    di<'  /iinftord- 
nung  No.  47. 


XVII.  Maurer,  Steinhauer  und  Weissbinder. 

55)  1777,  Dezember  21.         Wilhelm,  Prinz  von Oranien.     Wie  Xo.  8. 

Haa»'.  I  I  Für  Stadt  und  A  mt  Herborn  aus- 

gestellt   und   bis    zur   Auflösung   der 
'  Zünfte  1819  gültig. 

C.   Zünfte  in  der  Stadt  Herborn  und  in  anderen  Städten. 
XVIII.  Blau-  und   Schönfärber  der  Städte  Heruorn,  Dillenburg,  llaigor  und  Dioz. 

56)  1777,  Oktober  SO.  Wilhelm,  Prinz  von Oranien,     Wie  Xo.  8. 
Haas.                               !      Fürst  zu  Nassau.  1 


XIX.  Buchbinder  der  Städte  Horborn,  Dillenburg,  Hadaniar  und  Diez. 

57)   1782,  .Taiiiiar  27.  Derselbe.  Die  einzelnen  Gesetze  sind  bekannt;  das 

Haag.  j  Original  oder  eine  vvörtlicho  Abschrift 

konnte  ich  aber  bisher  nicht  eittdecken. 


Beilage  II. 

1474  März   16..    Graf  Johann  IV.    von   Nassau-Diez   verleiht   dem   geschworenen 
Schneiderhandwerk  in  Herborn  Zunftartikel. 

Wir  .Johan,  gravc  zu  Xassauw,  /u  Vianden  und  /u  üiettzc,  licrr  zu  Bredae. 
thun  kont  und  beken.  das  wir  Wolfart  Nottze  und  Profyet,  unser  undersaissen,  bürgeren 
und  inwoneren  unser  Stadt  Herborn  den  zonfftmeinstern  von  dem  geschworen  schnyder 
hantwerge  bynnen  unser  Stadt  Ilerborn  gesessen  sint,  begnadet  und  gefryet  hain. 
begnaden  sye  und  fryhen  in  und  mit  cratft  dissz  brieffs  mit  den  punctcn  und  artikeln 
alls  hiernach  geschrebcn  stehent:  Zum  ersten,  das  keyn  burger  adcr  burgersen,  uff 
ader  bynnen  unser  vurgenanntcn  stadt  Herborn  gesessen,  keynerlcye  kleider,  rocke, 
wammes,  hosszen  ader')  anders  eynicherley  wfdleuduche  zom  lybe  gehörend  sal  ader 
mag  buissent  der  vurgenanten  stadt  thun  ader  laissen  machen,  neben  ader  schnyden 
in  keynerlcye  wise  anders  dann  eyn  gesclnvorn  hantwergks  meinstcr  bynnen  der  stadt 
gesessen,  und  wer  solichs,  wie  vurgeschrebcn  ist,  nicht  also  enhielde,  der  ader  die 
sal  ader  sollen  verbrochen  hain,  so  dicke  des  gebort,  zu  icklichem  mail  eynen  gülden 
ader  23  wisphennige,  davur  lialff  zo  unserm  behoiff  und  die  ander  helffte  den 
vurgeschrebcn  zonfftmeinstern,  es  cn  were  dann,  das  sie  so  lang  buissen  weren,  das 
sie  cleyder  müsten  thun  machen. 

Item  wan  eyn  geschworn  schnider  eym  andern  burger,  burgersen  ader  ander 
cleider  gemacht  halt  und  iem  davon  noch  synen   lone  schuldig  blibet  und  das  solich 


')  Im  Text  ., ander«. 


95 

burger,  burgerse  adcr  ander  bey  eynen  andern  sclinyder  tzielient  und  den  cleider 
laisszcn  machen,  so  sal  dan  der  schnidcr,  dem  solich  burger,  burgerso  ader  ander 
noch  syn  gellt  ader  loen  schuldig  ist,  macht  liaben,  dem  andern  schnider  zu  verbieden, 
den  vurgeschreben  burger,  burgersc  ader  andern  solich  kleydt  nit  zu  laissen  folgen, 
hee  en  sy  dan  erst  betzailt  von  der  schult  er  iem  schuldig  ist. 

Item  wilch  bruder  der  vurgeschreben  zonftt  ader  hantwergks  in  geburlichen 
Sachen,  dem  hantwergke  berorende,  ungehorsam  ist,  den  sollent  die  geschworn  mcinster 
der  selbigen  zonÜ't  maeiit  haben,  zu  l)uysszen  mit  eym  halben  i)hondc  waclises  dem 
helligen  crutze  zu  geben  und  den  vurgcuanten  brodern  und  meinstern  mit  eym  halben 
vierteil  wyns.  und  vur  solich  buyssz  sal  sie  unser  schultiss  zu  Ilerhorn,  zur  tzit  synde, 
phenden   glich  vur  ander  schult. 

Item  Avere  sache,  das  die  sclinyder  eynen  begriffen  bynnen  der  Stadt,  der  nit 
zonfftig  were  in  ierm  hantwergk  ind  klcider  bynnen  der  Stadt  in  meinstcrs  wise  machten, 
der  sold  verbrochen  hain  eynen  gülden,  so  dicke  des  geschiet,  halb  in  unser  behoiff 
und  die  ander  helft'te  dem  hantwercke  vurgenant. 

Item  were  auch  sache,  das  die  meinster  eynen  begriffen  in  Herborn  kirspel. 
der  unser  undersaiss  nit  enwere  und  doch  im  lande  ginge  arbeden  und  cleider  machen, 
der  sal  auch  verbrochen  hain  eynen  gülden,  so  dicke  und  mannichfalt  des  geschiet 
und  also  befunden  wurde,  halft'  in  unser  behoitt"  und  die  ander  helffte  in  der  zonfft- 
meinster   behoiff". 

Und  uff  das  nuw  die  vurgeschreben  puncte  und  artickel,  wie  obgeschreben 
steht,  stede  veste  gehalten  werden,  bevelhen  wir  allen  unsern  amptluden,  rentmeinstern, 
keinem,  schultissen,  burgermeinstern,  scheft'en  und  andern  unsern  knechten  und  thienern, 
die  des  ersucht  wurden,  die  vurgeschreben  zunfftmeinstern  und  hantwergkslude  by  den 
vurgeschreben  puncten,  artickeln  und  fryheiten,  wie  die  vurgemelt  sint,  zu  behalten 
und  zu  handhaben  und  des  in  keyne  wise  nit  zu  laissen,  want  das  also  unser  wille 
ist,  beheltlich  doch  uns  hie  in  unser  abe  und  zusettzen,  raerden  und  myndern,  wie 
uns  solichs  gengen  und  eben  syn  sail,  düren  auch  disse  gegenwirtige  fryheit,  so  lang 
as  uns  geliett't.  Des  zu  urkond  hain  wir  unse  siege!  unden  an  dissen  brieft'  thun 
hencken,  der  gegeben  ist  uff  den  sechtzehenden  tagh  im  mertze  im  jair  na  Crist 
geburt  tusent  vierhundert  und  in  dem  vier  und  sebentzigsten  jare. 

Item")  wer  das  schnyder  hantwergk  zu  Herborn  handhaben  wil  und  nit  hroder 
ist,  ee  dan  er  meinster  wirt,  sal  er  geben  dem  helligen  [crutze]  eyn  gülden  wert 
wachs  und  vier  gülden  in  die  broderschaft't  des  schnyders  hantwergks. 

Geschreben  und  mit  flyssz  übersehen,  auch  mit  ierem  originale  glichludende 
erfonden  ist  disse  copyc  durch  mich  Sifridum  Stoir,  von  keyserlicher 
gewalt  offenbairen  notarien,  stadt  und  gerichts  schriber  zu  Herborn,  betzüge 
ich  mit  gegenwärtiger  myner  eygen  hantschrift't, 

Heglaubigte  Kopie  des  16.  Jahrhunderts  auf  Pergament  im  Staatsarcliiv  zu  Wiesbaden,  VII 
Urkunden. 


-)  Der  nachfolgende  von  dem  Notar  beim  Abschreiben  ausgelassene  Artikel  steht  nach 
dem  Schlüsse  der  Urkunde  und  vor  dem  Beglaubigungsvermerk.  Es  ist  durch  kein  Zeichen 
vermerkt,  an  welche  Stelle  er  im  Zunftbrief  selbst  gehört. 


96 


Beilage   111. 


1487,    August   1    (uff  mitwochen  sant   petersdag  ad   vincula).     Zunftordnung  des 
Wollenhandwerks  zu  Herborn,  bestätigt  von  Johann  V.,  Grafen  von  Nassau-Diez. 

Kunt  sie  allen  lüden,  die  diesen  brieli'  sehint  und  horont  lesen,  das  mit  wissen, 
willen  und  bestedigüng  des  cdeln  und  woilgebornen  hörn  hern  Johanns,  graven  zu 
Xassauw  und  zu  Dietze.  unsers  gnedigen  lieben  hern,  die  meinster  gemeynlichen  des 
wollenhantwercks  zu  Herborn  eyne  ordcnüng,  regiment  und  inne  gesatzt  zu  halten, 
gestifft  und  gemacht  haiut,  die  dann  unser  gnediger  lieber  herre  obgenant  vur  sich, 
sin  irbin  und  nochkomenen  also  zu  thiin  unverbrüchlichen  zu  halten  gehabt  wil  haben, 
in  maissen  hirnoch  folget: 

Zcüra  irsten  (III)  0  sal  nyemantz,  der  zum  hantwerck  geboret,  geraübet,  ge- 
stolen,  unyrlich  güet,  das  zum  hantwerck  dienet,  als  gesmeltzer,  wollen  und  garne, 
an  der  meinster  willen  und  wissen  keüffen.  und  wer  das  dete,  so  dicke  und  viel  das 
geschege,  sal  von  iclichen  pünde  gebin  und  verfallen  sin  by  des  hantwercks  hogsten 
büessen  zu  geben. 

Zcüm  andern  (IV),  obe  imantz  des  selben  hantwercks  genosen  werden  aeder 
die  weren.  nyemantz  uszgenommcn.  und  des  hantwercks  schaden  wüsten,  der  dem 
hantwercke  zustünde  und  das  nit  vurbrechte,  der  und  die  selben  sulten  also  viele 
verbrochen  haben,  als  derjhener,  der  den  schaden  gethain  halt. 

Zcüm  dritten  (V),  wer  uff  die  feste  alle  unser  lieben  fraüwen  dage.  der  zwolff 
apostolndage  und  sondags,  vur  vespertzit  an  wissen  und  willen  suuder  rait  der  meister 
molete,  mit  walcken  aeder  weschen,  das  man  umb  gotz  willen  laissen  sal,  der  sal 
das  verbüessen  mit  einem  pünt  wachs  und  anders  nyemantz  nichts  geben. 

Zum  vierden,  wer  das  hantwerck  keüffet,  sal  dem  gantzen  hantwerck  darvür 
geben  eicht  gulten.  und  damit  so  irffef-)  ein  meinster  mit  dem  hantwerck  alle  sine 
elichen  hindere,  sone  und  dochtere,  und  obe  sich  der  hindere  eins  verhiclichte  zu 
imantz,  der  das  hantwerck  nit  bette,  der  sal  geben  zwene  gulten,  einen  wispeng,  des 
sal  ein  halb  gulten  vur  wachs  geben  werden  und  den  zweyen  kirchenmeinstern  •')  dry 
türnos  und  fünffzehen  türuos  zu  des  hantwercks  behül)e  und  einen  wispennig  zu  des 
hantwercks  knechte  gefallen. 

Zum  fünfften  (VI)  sal  nyemantz  grac  ader  wise  dücher  smaler  werti'en  dan 
vierundviertzich  gcnge  mit  fünfzehn  faden,  und  wer  mynner  wurffe,  sal  verfallen 
sin  zu  nütze  dem  hantwerck  mit  einem  halben  gulten,  und  an  die  geferbeten  dücher 
sal  nyemantz  mynner  werffen  dan  seszundvietzich  genge  mit  fünfzehn  faden  by  der 
itztgenanten  penen. 

Zum  sehsten  (VII),  wanne  die  kirtzenmeister  eynig  gebot  doent,  uff  ein  nam- 
haftige ure  zcu  hantwercks  gebode  zu  sin,  wie  das  queme,  uff  aeder  under  das  rathüsz 
aeder  in  den  molengraben  zu  gain.  und  uff  die  zciet  imantz  ungehorsam  wcre,  nit 
queme,  sal  verfallen  sin  mit  einer  quarten  wins  und  in  dem  molngraben  mit  zweyen 
wispcnnigen,  darvor  man  ime  einen  knecht  dingen  sal,  zu  geben,  und  wanne  zu  solichen 
geboten  durch  die  kirtzenmeinster  aeder  knecht  ein  swygens  und  Stillung  geboten 
wirdet  und  durch  imantz  nit  gehalten  w^urde,  sal  das  verbüsen  mit  einer  quarten 
wins.  und  obe  imantz  so  eynig  gebot  an  die  kirtzenmeinster  zuthün  begeirt,  die  sullent 
an  stünt  laissen  verboten  und  heüschen    zehin    aeder    zwolff    unparticlichen    mitzonfft- 


')  Der  vorliegende  Zunftbrief  sollte  einem  späteren  zur  Vorlage  dienen,  die  oben  ein- 
geklammerten Zahlen  sind  in  dem  Original  über  die  Linie  geschrieben  und  bezeichnen  die 
Reihenfolge,  in  der  die  zu  übernehmenden  Artikel  im  neuen  Zunftbrief  stehen  sollten, 

«)  Erbt. 

^)  Vielleicht  verschrieben  statt  kirtzenmeister.  Aus  dem  17.  Jahrhundert  ist  bekannt, 
dass  einzelne  Zünfte  in  Herborn,  z.  B.  die  Schuhmacher  und  Krämer,  auch  Kirchenmeister 
hatten;  vorher  finden  sich  keine  Nachrichten  über  sie. 


97 

meinsteru  und  daiiihir  lici-konucii  laisscn,  davon  ^al  der  jicebcn  den  kirtzennicinstuni 
ein  halb  virtcl  vvins  und  den  liantwercksknccliten  einen  all)u.s,  und  zeu  crkentnis 
den  mcinstcrn  ein  tirtel  wins.  und  obe  dan  e\  nig  dcil  an  solichen  crkcntnisson  iiif 
jicni'igen  liette,   mag  sieb  benitien  l'urt  an  ander  zonli'te  aeder  vur  das  gericbte. 

Zcuin  siebinden  (VIII)  luah'.  und  wanne  die  nieinster  ziebent  utt"  der  lieübt- 
iiiarckte.  do  sullent  sie  wiszen  iniib  die  stede  zu  stabin.  und  wo  iclichem  sin  staut 
liiengefellet,  sal  er  pliben  und  darinne  gehorsam  sin,  und  wer  des  nit  dete  und  eynig 
scbeltworte  einer  (b'm  andren  dosclbst  aedor  anderswo  vor  dem  bantwerekc  thet  aeder 
thun  wurde,  we  das  zcuiiuemc,  sal  almoil  verfallen  sin  zu  des  hantwercks  notze  mit 
6   wispennigen,  so  ferre  das  is  nit  ere  und  gelinip  beroirt. 

Zcüm  achten  mail  (IX),  obe  imantz  diichc  mechte,  die  an  der  ramcn  und  anders 
gebrechs  hall)ir  durcli  die  kirtzenmeinster  und  das  hantwerck  straiffbair  lunden  wurden, 
und  die  nit  siegeln  widten.  mag  man  anders  dric  ader  vier  unparticlicli  meiuster  mit 
darby  nemen  und  die  beseliin  und  iren  gebrechen  au  der  ramen  ader  anders  straiü'ber 
ducher  erkennen  laissen,  und  an  den  sal  solichs  stain,  und  obe  imantz  grae  aeder 
wisse  dücher  mit  warft"  stricken  mechte,  der  sal  solichs  verbüsen  mit  sesz  wispennigen 
uiul   1   IL  waclis. 

Zcüm  nüynden  (X)  mak',  sal  nymantz  by  nachte  in  der  molen  nit  karten,  uff 
das  die  düche  zu  nütze  mögen  l)ereyt  werden,  und  wer  das  dete,  sal  verfallen  sin 
mit  6  wispennigen.  ein  piuit  wachs. 

Zcüm  zehinden  male,  wer  das  hantwerck  leren  wil,  sal  geben  1  U  waciis.  den 
kirtzenmeinstern  ein  virtcl  wins.  dem  knechte  1  albus  und  dem  hantwerck  einen 
gülten,  und  der  lereknecht  sal  mit  wissen  der  kirtzenmeinster  uflgenommen  werden, 
und  obe  der  ontlaurt'en  wurde,  so  sal  sin  leremeister  dem  hantwerck  mit  dem  lere- 
rechte  verfallen  und  zcu  gebn  plichtig  sin. 

Zcüm  eilfften  maile,  sal  man  alle  jair  zwene  kirtzenmeinster,  eynen  von  den 
scheffen,  den  andern  under  den  gemeyn  zonfftbrüedern  kiesen,  und  die  sullent  dem 
hantwerck  alle  jair  von  den  obgeschrieben  rechenschaft  thun,  und  iclicher.  der  das 
hantwerck  halt,  sal  jairs  gebin  vor  sin  zonfftgelt  vier  jonge  heller. 

Zürn  zwolfften,  und  obe  das  hantwerck  etwas  zu  verbessern,  dem  hantwerck  zcu 
güde  finden  mochten  und  die  meynste  meynige  daruft'  viel  und  ingain  wurden,  sullen 
die  andern  gcfulgig  sin. 

Des  zu  warem  urkündc  und  utf  das  alle  vürgcschrieben  inserirte  stücke,  puncte 
und  artickel  also  hienforter  stede  veste  und  unverprüchlich  werden,  habin  wir  Johan. 
grave  zcu  Kassauw  und  zcu  Dietze,  unser  ingesiegel  her  unden  an  thun  hangen. 
Geben  in  den  jaren  unsers  hern  dusent  vierhundert  siebenundachtzich  utt'  mitwochen 
saut  peters  dag  ad  vincula. 

Original,  Pergament,  im  Staatsnrcliiv  zu  Wiesbaden  a.  a.  ().,  Siegel  und  Per^'amontstreifen 
ab,  Siegeleinschnitt. 


Eine  Altenberger  Urkunde  von  1324  mit 

Herborner  Namen. 


E.   Schaus. 


Aus  dem  Fürstlichen  Archive  zu  Braunfels  mag  manche  Nachricht  zur  Ge- 
schichte Herborns  zu  gewinnen  sein.  Es  fehlt  ja  nicht  an  Beziehungen  zwischen 
dem  Solmser  Lande  und  der  benachbarten  Stadt.  So  hat  zum  Beispiel  Lcun  im 
Jahre  1664  seine  städtische  Freiheit  nach  Herborner  Muster  erhalten.^) 

Ein  wertvolles  Glied  der  Braunfelser  Bestände  bilden  die  Archivalien  des 
Klosters  Alteuberg  bei  Wetzlar,  Aus  ihnen  stammt  die  Urkunde,  die  im 
Folgenden  wiedergegeben  wird.  Es  handelt  sich  nicht  um  ein  unbekanntes 
Stück,-  Guden  in  seinem  Codex  diplomaticus  III,  216  bietet  den  Text,  aller- 
dings nicht  vollständig.  Er  hat,  um  Raum  zu  sparen,  gerade  den  Bestandteil 
ausgelassen,  der  ihr  hier  eine  neue  Unterkunft  verschaffen  soll,  nämlich  die 
Liste  von  mehr  als  fünfzig  Namen  Herborner  EinAvohuer.  Diese  Herborner 
sind  Zinspflichtige  des  Grafen  Johann  von  Nassau-Dilleuburg,  der  den  Gesamt- 
betrag ihrer  Jahresleistungen  in  der  Höhe  von  4  Mark  dem  Kloster  Altenberg 
verschreibt  zur  Stiftung  eines  Jahresgedächtnisses  für  seine  Eltern  Otto  und 
Agnes,  seinen  verstorbenen  Bruder  Otto  und  für  sich  selbst.  Dabei  wird 
bestimmt,  dass  den  Nonnen  an  den  betreff'enden  Gedenktagen  eine  Verbesserung 
ihrer  Tafel  —  bona  pyctancia  —  zu  Teil  werden,  und  dass  bei  den  Grabstätten 
der  genannten  Angehörigen  des  Stifters  und  später  bei  seiner  eigenen  eine 
ewige  Lampe  brennen  solle.-)  Die  Urkunde  ist  ausgestellt  am  4.  März  1324. 
Man  versteht,  dass  gerade  dieser  Graf  Johann  zwei  Jahre  später,  am  5.  Juli  1326, 
von  König  Ludwig  dem  Bayer  zum  Schutzherrn  des  Klosters  ernannt  wurde. •'^) 

Die  Herborner  Namen  mögen  für  sich  selber  sprechen.  Es  sind  einige 
dabei,  die  schon  anderweit  bekannt  waren;  es  fehlt  aber  nicht  an  solchen,  die 
sonst  nicht  begegnen;  darunter  sind  so  sonderbare  „Unnamen",  wie  Schmiermus 


')  J.  C.  8 eil  au  111,  Da«  Grafen-  luul  l'üi-stcuhaus  Solms.  Frankfurt  a.  -M.  1828, 
S.  228.  Über  junj;e  Grafen  des  Sulmser  Hauses  auf  den  Herborner  Schulen  siehe  ebenda, 
S.   l.js  und  293. 

*)  Siehe  Arnoldi,  Geschichte  der  Oranien-Xassauischen  Länder,  III  b,  123  f. 

■')  Bölnner,  liegestfii  l,ii(lwigs  iles  Ijayerii,  Xr.  885;  vergl.  Abicht.  Dor  Ivrois 
Wetzlar,  3,  94  f. 


'  HO 

uiul  licitliasc.  \\'iclitig  iai  daiiii  auch  die  llrwaluiuiig-  »Its  UatlmiiüUä,  (luimi8 
civiuni,  und  wtitur  des  estiuuium,  der  Badstubc.  Aus  Arnold!  HI  b,  84  wusste 
man,  dass  Graf  Johann  \.  im  Jalire  1487  ein  liudiiaus  zu  llerborn  erbauen 
Hess.  Das  war  also  eine  neue  Anlai^-e,  die  vom  Laudcsherrn  ausging.  Nun 
sieht  mau,  das«  auch  die  frühere  dem  Grafen  eine  Abgabe  schuldig  war. 

Graf  Johami  von  Nassau  stiftet  ein  Jahresgedächtuis  im  Kloster  Alteuberg 

1324,  März  4. 

Tcstaiiieiituiu  ti'statoris  fclicitc-r  et  priulcuti  cuusilio  urdiiiatur,  .si  tcrrcnis  lieredibus 
non  tcstetur,  scd  Christus  soluni  fiat  oliniosiuc  i)articeps  et  colieres.  Ilinc  est  quod 
nos  .  .  Jolianncs  comcs  de  Nassawe,  sanus  cor])orc  ac  niente  conipos  asscnsuque  .  . 
Ileinrici  comitis  nostri  gcrmani  ob  rcmissioncm  pcccatoruni  nostroruni  et  eterni  patris 
nnscricordiam  cnnscqiiondani  uecnon  in  rcmcdium  et  sahitcm  aniinarum  i)arcntum 
nustruruui,  (luatuor  uiarcaruin  rcdditus  dcnarioruin  Cülonicnsium  ccdeiites  in  t'esto 
beati  Michaelis  archangeli  cenobio  de  .  .  Alden])urg  ordinis  Premonstratensiuni  de 
bonis  nostris  infrascriptis  sitis  in  Ilerbcrn  leganuis  in  hiis  scriittis  pcrpctuc  i)ossi- 
dendos,  ita  vidclicet  quod  annivcrsaria  patris  nostri  .  .  üttonis  (juondam  comitis 
matrisquc  iiostrc  Agnetis  sue  collatoralis  necnon  fratris  nostri  Ottonis  pic  mcmoric 
pro  duabus  niarcis.  (]Uüdlibet  suo  tempore,  similiter  et  anniversarium  nostruni  dum 
fuerit  pro  ceteris  duabus  marcis  ab  eisdem  monialibus  et  conventu  perpetue  peragantur. 
Volumus  eciam,  iit  prcdictis  inonialibus  (|Uolibct  die  anniversariorum  bona  pyctancia') 
de  prcdictis  marcis  i)ro  sustentacione  natuve  ministretur.  ac  cciam  uiuuu  lumcn  iuxta 
sepulcra  prcfatorum  et  meum  ticri  debet,  quod  us(|uc  ad  novissimum  diem  arderc 
non  desistat.  Ordinamus  insuper,  quod  dictarum  marcarum  rcdditus  videlicet  (juam- 
libet  marcam  pro  duodecim  marcis  pagamenti  eiusdem  nos  ac  liereditatis  nostre 
successores  redimendi  liberam  habeamus  facultatcm ;  ((uibiis  redemptis  ad  nos  et 
hercdes  nostros  revolvuntur  lil)ere,  et  dicte  nioniales  scu  conventus  sibi  tantos  redditus 
conparabunt  ad  sui)plendum.  ut  est  dictum.  Haue  nostram  ultimam  voluntatem  esse 
volumus  iure  tcstamcnti,  quod  si  iure  testamenti')  non  valct,  valeat  saltera  iure  codi- 
cillorum  vel  cuiuslibet  alterius  ultimo  voluntatis.  —  Hü  sunt  redditus :  Heinricus 
dictus  Snabel  VI  denarios  de  quodam  horreo''),  item  Elizabeth  dicta  Luczechin  VI  den. 
de  quodam  orto.  item  Conradus  dictus  Backman  IX  den.  de  (piadam  area.  item  tilius 
dicti  ikilsen  IX  den,  de  quadam  area,  item  Conradus  Ilucliart  VI  den.  de 
(juadam  area,  item  dictus  Purryscn  solidum  denariorum  de  orto.  item  Con- 
radus sartor  et  Ileidcnricus  dictus  Smirmüs  solidum  denariorum  de  orto,  item 
Gerlacus  de  Sinde  VI  den,  de  area,  item  Conradus  dictus  Scirne  IX  den. 
de  orto,  item  dictus  Atspechere  III  den.  de  domo,  idem  VI  den.  de  orto.  item 
Theodericus  Duzeman  IUI  den,  de  orto,  item  dictus  l\üi)e  VI  den.,  item  dicta  die 
Duzemennen  XVIII  den,,  item  Ilcrmannus  de  Gehufte  XIII  den.,  item  Conradus  dictus 
Snegil  IUI  den.,  item  Bertha  dicta  Wappüzen  VI  den,,  item  dicta  dieLüzsersin  IUI  den., 
item  Ludewicus  filius  Heidendrudis  de  Royde  XII  den.,  item  Arnoldus  de  Koyde 
solidum  denariorum,  item  Ileyno  dictus  Snupc  VI  den.,  item  Dylo  faber  de  Schelte 
XVIII  den,,  item  Gylo  dictus  HuUe  VIII  hallenses,  item  Lutze  dictus  Scliaup  VI  den., 
item  Conradus  dictus  Tugncre  VI  den.,  item  Ileyno  tilius  dicte  Roden  III  den.,  item 
Conradus  dictus  Wappuz  XIII  den.  de  orto  et  domo,  item  dictus  Kurlich  III  den.,  item 
Guntherus  pistor  III  den.,  item  Hcino  Waltrittcre  V  den.  t:um  obulo,  item  Demudis 
dicta  die  Gullensen  VIII  den.,  item  die  Cluscncrsin  solidum  denariorum,  item  relicta 
Hermanni  cerdonis  VI  den.,   item   Gilbertus  canipanator  XXXI  den.,    item   Wigandus 


*J  Pytaiicia  mit  üborgeschnobeiieiii  c. 

^)  Vhor  der  Zeilen. 

")  Verlier  orto,  getilgt. 


100 

dictus  Scbci»  111  (Ion.,  item  (oiinuliis  ilictus  13oto  snliduiii  (Icnavioniiu.  item  Muclitildis 
de  olinene  VI  den.,  itoiu  Ilerniaunus  tilius  dicti  Ilor  VI  ilcn.,  itcni  dictus  linke 
Xlll  den.,  item  Coniadus  dictus  Scbatl'erat  III  den.,  item  Albertus  furestarius  VI  den., 
item  Tbeodericus  dictus  Enjielzeiz  VII  den.  cum  obulo.  item  Ileino  dictus  Blin/  II  '/2 
den.,  item  Conradus  dictus  Hudeln  VII  den.,  item  Jobannes  lilius  dicti  Cornengils  VIII 
den.,  item  dictu?  Korne  VI  den.,  item  lleino  dictus  Ilundecliin  XIX  den.,  item  dictus 
Kallavt  III  den.,  item  Luczo  et  dictus  Junge  de  Symelsdoif  VI  den.,  item  dictus 
Seugeloii)  VI  den.,  item  de  estuario  VI  den.,  item  Ilermannus  dictus  Reytbase  III 
solidos  denariorum.  item  de  domo  dicti  Stadien  VI  den.,  item  Cristina  dicta  Haynen 
XXX  den.,  item  Conradus  dictus  Zunzel  solidum  denariorum,  item  soror  eius  Ger- 
drudi? XIII  den.,  item  ("onradus  llackman  et  Conradus  lindere  IX  den.  de  area 
suiira  ccUarium.  item  Arnoldus  et  Gyscla  u\ur  ([uundam  Gules  V  solidos  denariorum 
de  domo^)  civium. 

Xe  igitur  super  buiusmodi  testamento  aliciua  poterit  in  posterum  contencio  vel 
calumpnia  suboriri,  nostro  ac  fratris  nostri  Ileinrici  comitis  prefati  sigillis  presens 
testamentum  duximus  roborandum. 

Datum  et  actum  anno  domini  millesimo  trecentesimo  vicesimo  quarto,  dominica 
qua  cantatur  .  .  luvocavit. 

Original.  Pergament ;  vom  NVappensiegel  des  Ausstellers  kleiner  Kest,  vom  Reitersiogel 
des  Graten  Heinrich  Bruchstück  erhalten.  —  rrkiindeii  des  Klosters  Altenberi;-  LV  84  im 
Fürstlichen  Archiv  zu  Brauiifels. 


')  Vorliessei't  aus  domu. 


Der  Ringwall  auf  dem  Bleibiskopf. 


\'()U 

C,  L  Thomas* 

Mit    1    IM:in. 


Der  Bleibiskopf  steigt  in  der  Form  eines  abgestumpften  Kegels  mit  steilen 
Hängen  als  eine  nur  mit  ihrer  Nordseite  dem  Fusse  des  Rosskopfes  und  llerz- 
berges  sich  anschliessende  Vorliöhe  aus  der  wasserdurchzogenen  Thalmulde  auf, 
die  beiläufig  in  der  Mitte  des  Abstaudes  der  Urselbach-Thaleuge  von  der  Saal- 
burg in  den  Nordosthang  des  den  römischen  Limes  tragenden  Tauuusrückens 
tief  hereinreicht. 

Seine  aussergewöhnlich  felsige  Kuppe  überragt  die  sattelförmige  Anschluss- 
seite noch  um  ein  Bedeutendes  und  schliesst  mit  einem  in  drei  Stufen  geteilten 
Plateau  ab.  Der  nach  dem  Sattel  hinabführende  Hang  hat  die  geringste  Neigung 
mit  schwachen  Abstufungen ;  an  den  steil  abfallenden  Bergseiten  tritt  anstehen- 
des Quarzitgestein  allenthalben  hervor,  das  seine  geborstenen  Teile  im  Zu- 
sammenbruch über  die  Bodenfläche  zerstreut  hat.  Die  Bergkuppe  ist  von  einem 
Steinring  mit  der  Grundform,  die  der  Kontur  eines  menschlichen  Ohres  gleicht, 
umzogen ;  mächtige  Felspartieu  sind  auf  der  Nord-  und  Südseite  mit  ihren  nach 
aussen  senkrechten  "Wänden  so  in  diese  künstliche  Wehrlinie  hineingezogen, 
dass  sie  mit  ihrer  Längserstreckung  diese  ergänzen.  Es  ist  jetzt  noch  zu 
erkennen,  dass  ihre  Klüfte  des  vollständigen  Abschlusses  halber  mit  Fels- 
trümmern sorgfältig  ausgesetzt  waren. 

Der  Ringwall  ist  reiner  Steinwall  und  dürfte  auch  durch  den  Zerfall  einer 
mit  der  gleichen  Linienführung  ursprünglicli  errichteten,  holzversteiften  Trocken- 
mauer hervorgegangen  seiu.  Die  aufgenommenen  Querprofile  lassen  erkennen, 
dass  diese  Mauer  nur  massig  grosse  Höhe  und  Stärke  aufzuweisen  hatte,  die 
je  nach  der  Steilheit  des  vorliegenden  Berghauges  andere  waren,  so  zwar,  dass 
nach  dem  flachsten  Hange  hin  der  kräftigste  Maueraufbau  stattgefunden  hatte 
(Schnitte  A  und  IJ). 

Im  ()stliciien  Teil  der  nördlichen  Wallstrecke,  die  mit  nur  massig  abfallen- 
dem Vorterrain  dem  Gcbirgssattel  zugewendet  ist,  findet  sich  deutlich  erkenn- 
bar die  alte  Tlior()ffhung  der  Ringburg.  Nach  ihrem  gegenwärtigen  Aussehen 
dürfte  sie  eine  Weite  von  nicht  ganz  3  m  gehabt  haben,  und  da  der  Steinring 
noch  an  zwei  anderen,  durch  neuere  Fahrwege  zur  Zufahrt  geeigneteren  Stellen 


102 

durchbrochen  ist,    kauu  eiu    Bedürfnis   zur  Yeränderuug    der  alten  Einfahrt    in 
nachfolgender  Zeit  überhaupt  nicht  bestanden  haben. 

Die  drei  Stufen,  in  die  das  Bergplateau  zerfällt,  sind  um  den  ziemlich 
central  gelegenen,  hoch  aufragenden  Quarzitkamm  gruppiert  und  an  ihrem 
äusseren  Rande  in  der  erwähnten  Form  vom  Ringwall  umschlossen.  Die  oberste 
nimmt  den  nördlichen,  vom  Tlior  ab  westlich  ziehenden,  durch  die  beiden  Fels- 
gräte  beiderseits  begrenzten  Teil  der  Ringburg  ein ;  diesem  schliesst  sich  die 
dem  tiefer  liegenden  südwestlichen  Raum  (zwischen  mittlerem  Quarzitgrat  und 
der  nach  Süden  abschliessenden  Ringmauer  und  Felsgruppe)  einnehmende  zweite 
Stufe  an.  Beide  sind  gegen  Osten  durch  einen  in  gebogener  Linie  verlaufen- 
den Böschuugszug,  vom  Thore  bis  zur  Südfront  sich  erstreckend,  begrenzt. 
Vor  diesem,  durch  Felstrümmer  schwer  ersteigbaren  Hindernis  breitet  sicii  die 
unterste  Stufe  der  wallumschlossenen  Fläche,  von  Nord  nach  Süd  in  flachen 
Terrassen  abfallend,  aus. 

Das    alte  Thor    des  Riugwalles  zeigt    die    einfachste  Form   einer    solchen 
Durchfahrtsanlage,  denn  es  bestand,  wie  gesagt,  nur  aus  einer  fast  3  m  weiten 
Unterbrechung   des  im  übrigen   geschlossen  verlaufenden  Mauerringes.     GUeich- 
wohl    bietet    diese  Anlage  in  ihrer   primitiven  Form    für  ihre  Verteidigung   die 
grössten  Vorteile  durch  die  mit  grossem  Verständnis  für  die  örtliche  Gestaltung 
getroflene  Wahl  ihrer  Lage.     Das  der  diesbezüglichen  Mauerstrecke  vorliegende 
Gelände,    die   Angriffseite    des  Berges,    begünstigte,    wie  auch    aus  dem   Plane 
ersichtlich,    den    Verkehr  der    Ringwallbewohner    in   friedlicher    Benutzung   der 
Durchfahrt,    ebensowohl    aber    auch    den    Augriff    in    kriegerischem    Andrung; 
dagegen  ist  die  im  Burginuern  dem  feindlichen  Eindringling  an  jener  mit  höherer 
Mauer  als  im  übrigen    versehenen  Strecke    entgegenstehende  Terraingestaltung 
um  so  verderblicher.     Von    der  Innenseite    des   Tliores    ab    führt    ein    anfangs 
schmaler  Weg  mit    Steigung  und  Rechtsdrehung    zur  obersten  Stufe  des  Ring- 
walles, nach  dem  schmalen  Hof,  der  gebildet  wird  durch  den  auf  der  höchsten 
Erhebung  der  Bergkuppc  aufragenden,   44  m  langen  Felskamm  und  den  in  die 
Nordfront  eingebauten,    noch   etwas    längeren   Felsgrat.     Vom  Thor  ab    ist    der 
schmale  Weg  zu  der  nur  ca.  2ö  m  breiten  Gasse  auf  der  linken  Seite  begrenzt 
durch  den  Rand  des  stark  abfallenden  Hauges  nach  der  untersten,  grösstenteils 
von  der  mittleren  aus  beherrschten  Stufe  des  Ringwallhofes.    Die  eingedrungenen 
Erzwinger  des  Durchganges    befanden  sich    somit  in  der   misslichen    Lage,    den 
Waffen    der  noch  vor  und    in  dem    überhöhten    Defilee    postierten    Verteidiger 
ihre   rechte  Seite    entgegenbringen    zu  müssen,    mit    der  Gefahr,    sich  bei    dem 
unvermeidlichen  Wechsel   des  Standortes  im  Nahekampf   unvermittelt  nach  der 
Tiefe  der  untersten,    beherrschten  Stufe  des  Ringwallhofes   geworfen  zu  sehen. 
Ein    gewaltsamer    Thorsturm    halte    hier    somit    erst    von    dem    Augenblick    an 
Aussicht  auf  Erfolg,  als  die  Widerstandskraft  der  Verteidigung  überhaupt  stark 
erschüttert  war. 

Für  die  Kenntnis  der  ehemaligen  Auschlussweise  der  Wallmauern  an  im 
Gelände  vorhandene  lYdsschroffon  und  den  Ausbau  dieser  mittels  Trocken- 
mauerwerkes  bei  Errichtung  vorgeschichtlicher  Ringwälle  ist  diese  in  Bezug 
auf  die  Ansehnlichkeit  ihrer  Wallzüge  nicht  ausgezeichnete  Veste  auf  dem  Bleibis- 


103 

köpf  trotzdem  ein  bemcrkeuswertcs  Studienobjekt,  da  sie  diese  Bauweise,  die 
anderwärts  aus  verschiedenen  Ursachen  laugst  vollständig  verwischt  ist,  iniuier- 
hiii  im  Zerfall  nocli  erkennen  lässt.  Besonders  die  grosse  Felsgrupi)e  der  süd- 
licheu  Wallstrecke  ist  nach  dieser  Richtung  durch  ein  eingebautes  Stück 
Trockenmauer  von  etlichen  Metern  Lauge  ausgezeichnet,  doch  hat  auch  der 
Felsgrat  der  JN'ordfrout  an  seiner  schon  ursprünglich  geborsteneu  und  abge- 
stürzten Mittelpartie  gradlinig  verlaufende  Mauerreste  auf  eine  grosse  Strecke 
eingefügt. 

Es  darf  liier  nicht  verschwiegen  werden,  dass  trotz  alledem  der  ursprüng- 
liche Bestand  der  Schutzwehren  dieses  altehrwürdigon  Schanzenkopfes,  wenn 
auch  in  weit  geringerem  Masse  als  der  der  benachbarten,  durch  Steiuabfuhr 
mehrfiich  verringert  erscheint.  Die  Wallverschleifung  und  der  Mangel  a^ 
lagerhaften  Steinen  bestärken  unter  anderem  die  Auffassung,  dass  auf  lange 
Strecken  hin  das  Material  der  ehemaligen  Ringmauer  seiner  besten  Stücke 
beraubt  ist.  Das  Ausmass  der  wallumschlossenen  Fläche  des  Bleibiskopfs 
ergiebt  15800  qm. 

An  keiner  Stelle  der  Ringmauer  findet  sich  eine  die  Widerstandsfälligkeit 
erhöhende  Grabeuanlage.  In  Anbetracht  des  durchaus  felsigen  Untergrundes 
der  steil  vorliegenden  Berghäuge  und  des  Quarzitkammes  der  Angriffseite  ist 
dies  nicht  aufi'äilig.  Der  steiuübersäte  Waldboden  lässt  nur  wenige  jener 
Erscheinungen  erkennen,  die  nach  den  Erfahrungen  der  Ausgrabungen  im 
Heidetränkringwall  ehemaligen  Wolmstellen  zugezählt  werden  dürfen ;  jedoch 
kann  erst  durch  Untersuchung  und  Durchgrabuug  hierüber  Gewissheit  erlaugt 
werden.  Da  wo  sie  noch  zu  erkennen,  sind  sie  aufgenommen  und  die  ent- 
sprechenden Eintragungen  als  nicht  geschlossene  Ovale  in  dem  Plane  vorge- 
nommen. Ein  Trichter,  als  kleiner  Kreis  eingezeichnet,  befindet  sich  in 
unmittelbarer  Nähe  der  grossen  Abflachung  neben  der  geraden  Schneisse. 
Durch  den  Zusammenbruch  der  aus  den  Hängen  allenthalben  hervorgetreteneu 
Felsen  dürfte  im  Laufe  der  Zeit  hier  manche  solcher  Erscheinungen  unkennt- 
lich geworden  sein. 

Die  beiden  zur  Darstellung  gebrachten  Wallquerschuitte  Ä  und  11  sind 
durch  genaue  Einmessung  und  mit  Zuhilfenahme  des  Nivellierinstrumentes  ge- 
wonnen. Sie  gestatten  so  unter  Annahme  der  durch  frühere  Grabungen  an 
benachbarten  Ringburgen  erkannten  Gepflogenheiten  der  Erbauer  eine  annähernde 
Bestimmung  derjenigen  Höhen,  bis  zu  welchen  sich  die  beiden  entsprechenden 
Mauerstücke  ehemals  erhoben  haben  dürften.  Die  Mauerhohe  bildete,  wie  bereits 
oben  bemerkt,  in  der  Reihe  der  einzelnen  Mauerteile  keine  Konstante,  sondern 
wechselte  mit  der  Steilheit  des  der  Ringmauer  direkt  vorliegenden  Berghanges 
und  stand  im  umgekehrten  Grössenverliältnis  zu  dieser,  eine  Erscheinung,  die 
auch  die  Aussenmauern  des  benachbarten  Altkönig-  und  des  Dalbesberg-Ring- 
walles  zeigen.  Die  Sohlenbreiten  der  Aussenmauern,  sowie  die  Konstruktions- 
w^eise  der  eingelagerten  Holzzimmerung  stimmen  bei  diesen  beiden  derart  überein, 
dass  hinsichtlich  ihres  letzten  Aufbaues  Gleichzeitigkeit  angenommen  werden 
muss,  wenn  die  Erwägung  zutrifft,  dass  die  sich  folgenden  rerioden  in  der  Kultur 
der  voro-eschichtlicheu  Taunusbewohner  in  den  Hilfsmitteln  zur  Herstellung  und 


104 


Zerstörung  äoleher  Scliiitzmauem  sowohl,  als  auch  iu  der  Anschauung-  über  die 
«•eei"-ueteste  Bauweise  wesentliche  Unterschiede  gezeitigt  haben  müssen.  Mit 
diesen  beiden  bewehrten  Wohnplätzeu  bildet  der  benachbarte  Bleibiskopf  den 
Kern  der  südöstlichen,  an  die  vorliegende  2s'iddaebene  grenzende  Bingwallgruppe 
des  Taunus,  dessen  Beziehung  zu  dieser  und  den  aus  ihr  heraufführenden  alten 
Hohlwegen  erwiesen  und  dessen  Gleichzeitigkeit  darum  keine  gewagte  Hypothese 
ist.  Die  Mauerbreite  der  dort  unter  ähnlichen  Yerhältnisseu  auftretenden  und 
in  letzter  Zeit  untersuchten  Wallzüge  beträgt  ca.  3,50  m.  Solche  ca.  3,5  m  starke 
Mauern  müssen  sich  also  auch  auf  dem  Bleibiskopf  in  den  am  wenigsten  ver- 
minderten Wallstrecken  nachweisen  lassen.  Unter  Annahme  dieser  Basisbreite 
ergiebt  sich  durch  Rechnung  aus  Querschnitt  ^1  ca.  1,80  m  und  für  Querschnitt 
/;  ca.  l,G0m  als  die  ehemalige  Höhe  der  Maueraussenfront.  Hierbei  ist  aller- 
dings die  Menge  des  scheinbar  allenthalben  abgeleseneu  Steinmaterials  und  das 
Yolumeu  der  durch  Fäulnis  verschwundenen  Holzversteifung  nicht  in  Rechnung 
gebracht;  doch  würde  auch  mit  deren  Berücksichtigung  ein  wesentlich  anderes 
Bild  nicht  zu  gewinnen  sein,  weil  bei  der  Aufnahme  der  Troüle  kaum  gestörte 
Stellen  gewählt  worden  und  bei  der  bedeutenden  Mauerbreite  erst  grössere 
Steinmengen  bemerkbare  Höhenunterschiede  herbeiführen  können,  schliesslich 
das  iiolzvolumen  durch  das  jetzt  lockerere  Gefüge  der  Steine  ausgeglichen  wird. 
•  Von  Cohauseu,  Anualen  d.  Nass.  Ver.  XV,  S.  353,  E.  Neuhof,  ILomburg 
1780,  S.  11,  V.  Gerning,  Die  Lahn-  und  Main-Gegenden  von  Embs  bis  Frank- 
furt, S.  115  und  Geheimrat  Knapp,  Arch.  f.  Hess.  Gesch.  X,  1841,  II.  Bd., 
Kap.  XVI,  S.  262  bis  296  haben  diesen  Riugwall  bereits  nach  ihrer  Auffassung 
beschrieben. 


Verzeichnis  der  Güter  des  Klosters  Eberbach  i.  Rhg. 

in  der  Feldmark   von  Wiesbaden  im  Anfang  des   14.  Jabrli. 


Von 

F*  Otto. 


I.    Zeit  der  Abfassung  des  Verzeichnisses. 

Das  Verzeichnis  der  Güter  dos  Klosters  Kberbacli  in  der  Feldmark  von 
Wiesbilden,  das  hier  vorgelegt  und  besprochen  werden  soll,  findet  sich  in  einem 
kleineu,  schön  geschriebenen  Baude  von  ziemlichem  Umfang  (5G9  Seiten)  in 
12"  auf  S.  248—254  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  (KL  Eberbach,  Akten, 
Protoc.  elocat.  No.  1).  Einen  dürftigen  Auszug  aus  ihm  teilt  Roth,  Fontes 
Nass.  I.  3,  S.  378  und  379  mit.  Die  Zeitbestimmung  gibt  derselbe  a.  a.  0. 
S.  XX  richtig  als  saec.  14.  ineunt.  au.  Es  fragt  sich,  ob  wir  nicht  eiue 
genauere  Bestimmung  der  Zeit  seiner  Abfassung  gewinnen  können.  Diese 
glauben  wir  gefunden  zu  haben  durch  Gleichstellung  von  zwei  in  dem  Ver- 
zeichnisse vorkommenden  Namen  mit  zwei  in  Grabschriften  erhaltenen  Namen, 
dem  Sifrid  miles  de  Dotsheim  und  dem  Friedrich  von  Biegen. 

Sifrid  miles  de  Dotsheim  kommt  vor  iu  No.  10,  15,  39,  44  und  49  unseres 
Verzeichnisses.  Eberbaclier  Grabschriften  melden  den  Tod  zweier  Sifrid  von  Dotz- 
heim,  von  denen  der  ältere  Non.  Nov.  131C,  der  jüngere  XI.  Kai.  Marcii  1332 
starb. ^)  Von  dem  letzteren  kann  für  uns  keine  Rede  sein;  denn  zu  dessen  Lebzeiten 
könnten  die  iu  einer  uugedruckten  Urkunde  vom  21.  Juli  1299  des  Wies- 
badener Archivs  und  ebenso  in  uuserem  Verzeichnisse  genannten  unmündigen 
Kinder  (pueri,  s.  gleicli  unten)  kaum  noch  alle  als  solche  bezeichnet  worden 
sein,  sondern  sie  müssten  wenigstens  zum  Teil,  wie  die  beiden  Biegen  (s.  u.), 
das  Alter  der  Mündigkeit  erreicht  haben.  Wir  nehmen  also  an,  dass  der  Ritter 
Sifrid  von  Dotzheim  am  .5.  November  1316  gestorben  ist,  das  Verzeichnis  dem- 
nach, da  er  bei  dessen  Aufstellung  noch  lebte,  vor  diesem  Zeitpunkt  nieder- 
geschrieben ist. 

Weniger  sicher  und  schwieriger  ist  die  Bedeutung  von  No.  2:  pueri  du 
Bigen  zu  erledigen,  da  ein  Vorname  des  Vaters  fehlt.  Indessen  liisst  sich 
dieser  Mangel  durch  Benutzung  einer  anderen  Urkunde  ergänzen.  Die  nach 
unserer  Stelle  iu  Wiesbaden  begüterten  Kinder  des  Biegen  werden  in  der  Ur- 


')  Iiudiiiaiiii,  Rlicinyauische  Altertümer,  Ö,  306.  —  Kutli,  Fontes  I.  o,  -JC-'. 


106 

kuntle  vom  7,  April  1326  geuannt ;  sie  erscheiueo  hier  ebenfalls  als  iu  Wies- 
baden begütert  uud  vertragen  sieh  mit  tlem  Kloster  Clarenthal  wogen  ihrer 
Grenzen  in  einem  Übereinkommen,  durch  die  Ritter,  Knechte  uud  die  Stadt 
Wiesbaden  ihre  Grenzen  nach  Clarenthal  zu  regeln.  Unter  den  Rittern  werden 
an  erster  Stelle  genannt  Friedrich  uud  Gerhard  Gebrüder  von  Bygeu.  Unter 
diesen  haben  wir  die  pueri  de  Bygeu  zu  verstehen,  die  mittlerweile  die  väter- 
lichen Güter  selbst  übernommeu  hatten.  Friedrich,  der  an  erster  Stelle  steht, 
mag  der  ältere  gewesen  sein  uud  den  Namen  des  Vaters  geführt  haben,  der 
in  damaliger  Zeit  bei  dem  Geschlecht  üblich  war.-)  Ferner  wird  der  Friedrich, 
der  sich  im  Jahre  1295  im  Gefolge  des  Königs  Adolf  in  Thüringen  befand-'), 
grade  deshalb  im  Gebiete  des  Königs  angesessen  und  vielleicht  mit  einem  Lehen 
ausgestattet  gewesen  sein;  er  wird  als  der  Vater  der  pueri  angesprochen  werden 
dürfen.  Nun  führten  mehrere  der  Biegen  den  Beiuamen  Stail  oder  Stahel,  und 
so  dürfeu  wir  auch  denjenigen,  der  in  seiner  Grabschrift  Friedericus  dictus 
Stail  genannt  wird,  hierher  ziehen  und  für  den  Vater  der  pueri  halten.  Er 
starb  aber  am  23.  September  (IX.  Kai.  Oct.)   1312.',) 

Sind  diese  Kombinationen  richtig,  so  muss  das  Verzeichniss  der  Eber- 
bacher Güter  zwischen  den  Jahren  1312,  23.  September  und  1316,  5.  November 
aufgenommen  worden  sein. ') 

Damit  stimmt,  dass  mehrere  der  in  dem  Verzeichnisse  genannten  Personen 
in  gleichzeitigen  Urkunden  nachgewiesen  werden  können ;  so  in  der  ungedrucktcu 
Urkunde  vom  21.  Juli  1299^)  folgende:  der  scultetus  Steilere  in  No.  5,  41, 
46  als  scultetus  Stelere,  in  No.  14,  54,  57  und  68  ohne  diesen  Zusatz;  die 
(minderjährigen)  Kinder  des  Guntram  (pueri  Guntrami)  in  No.  50;  Henricus 
Antelman  in  No.  65;  die  pueri  Starkeradis  in  No.  22,  pueri  Starecradi 
in  No.  26,  bi  Starcradi  Kinden  in  No.  30,  Johannes  dictus  Starkerat  in  No.  3. 
Diese  mögen  die  Kinder  des  Starkeradus  gewesen  sein,  der  als  Zeuge  in  einer 
Urkunde  vom  16.  Dezember  1279  erscheint.';  Der  zuletzt  genannte  Johannes 
Starkerat  mag  der  älteste  Sohn  dieses  Starkeradus  gewesen  sein;  er  kommt  in 
einer  ungedruckten  Urkunde  vom  23.  August  1317  als  „Johan  her  Stargeradis 
sun"  vor  und  war  1365  tot.'')  —  Ferner  haben  wir  unter  dem  vicedominus 
in  No.  35  ohne  Zweifel  den  Stellvertreter  des  Königs  Adolf  in  seinen  Erb- 
landen zu  verstehen,  der  ihn  u.  a.  bei  der  Gründung  des  Klosters  Clarenthal 
vertrat,  Ludwig  von  Sonnenberg,  der  noch  bis  in  das  erste  Viertel  des  14.  Jahr- 
liunderts  gelebt  haben  kann;  er  mag  unter  dem  Volke  den  Namen  vicedominus 
weitergeführt  haben,  wie  ihn  auch  das  Kloster  Clarenthal  in  dem  Necrologium 
nennt.'-') 


^)  Vgl.  die  Namen  bei   Üodm  aiiii,  8.  302  vom  Jahre  1278,   1279,   1285,   1287. 
■*)  Schliephiike,  Gescliiclue  von  Xas.sau  IIL  89. 
*)  J}  od  mann,  S.  302.   —  Koth  I.  3,  265. 

^)  Bodmanns   An^^-abe,    das.s    ein   Friedricli    v.   I!.    1320    gestorben    .sei,    ist,    was  seine 
Quelle  angeht,  unrichtig.   F.  Otto,  Das  !Xecrologiuni  von  Clarentlial,  Xo.  13U. 
•*)  Die  Urkunde  findet  sich  im  Staatsarchive  /u  Wiesl)aden. 
')  IJodnunin,  S    547.   —  Vgl.   Schi  iepli  ako   II.   154. 
")  3lerkerbucii,  S.  GÜ. 
^)  Necrologium,  S.  70,   No.  221. 


107 

Eiu  miles  SifriJ  von  Lindau  —  No.  28  und  öfter  —  wird  in  einer  Ur- 
kunde vom  25.  Januar  1299  und  10.  Juni  1310  genannt"'),  in  der  Siboden 
No.  13  und  28  (bi  der  Siboden)  und  No.  9  (iuxta  Siboden)  dürfen  wh  viel- 
leicht die  „Greta  relicta  quondara  Sibodonis  do  Wisebaden"  der  Urkunde  vom 
7.  Dezember  1287  vermuten.'') 

II.    Deutsche  Namen. 

Nach  der  Besetzung  des  rechten  Rheinufers  hatten  die  Römer  zu  Wies- 
baden nicht  bloss  eine  wichtige  Militärstation  angelegt,  sondern  auch  an  deren 
Fuss,  angezogen  durch  die  warmen  Quellen,  nach  denen  sie  dem  Orte  den 
Namen  gaben  (aquae  Mattiacorum),  sich  häuslich  eingerichtet  und  auch  in  der 
Umgegend  hie  und  da  die  Wälder  gelichtet,  um  für  Ansiedlung  von  Veteranen 
Platz  zu  gewinnen.  Diesen  Niederlassungen  bereiteten  die  Befreiungskämpfe 
der  Germanen  im  dritten  bis  vierten  Jahrhundert  n.  Chr.  ein  jähes  Ende.  Sie 
mögen  zum  Teil  mit  Gewalt  zerstört  worden  sein,  und  nur  Trümmer  erinnerten 
an  ihr  früheres  Dasein.  Mit  ihnen  verschwanden  früher  oder  später  die  Namen 
der  Örtlich keiten.  Wie  die  Stadt  selbst  den  deutschen  Namen  Wisibada,  unter 
dem  sie  im  Jahre  829  zum  ersten  Male  genannt  wiid^-),  von  nun  an  an  die  Stelle 
des  römischen  Namens  setzte,  so  verschwinden  die  römischen  Benennungen  der 
Örtlichkeiten,  die  sie  ehedem  geführt  hatten,  mochten  sie  nach  den  Besitzern 
oder  ihrem  Zweck,  oder  nach  der  Lage  gegeben  sein.  Von  keiner  derselben 
ist  auch  nur  eine  Spur  erhalten.  Aber  an  ihre  Stelle  traten  einheimische  Namen, 
die  sich  an  Reste  der  frühereu  Baulichkeiten  anschlössen.  Solcher  Namen  gibt 
es  freilich  nur  wenige,  aber  sie  fehlen  nicht  ganz  und  bilden  einen  Faden,  der 
die  jüngere  Zeit  mit  der  älteren  verbindet.     Wir  rechnen  dahin 

1.  Das  Höfchen,  früher  eine  römische  Villa,  die  im  Jahre  1846  aus- 
gegraben, 1876  von  Reuter  im  3.  Heft  des  V.  Bandes  der  Annalen  des 
nassauischen  Vereins,  S.  22  ff.,  beschrieben  worden  ist.  Sie  lag  auf  einer 
massig  steilen  Anhöhe  eines  Wiesengrundes,  jetzt  umgeben  von  einem  Hoeh- 
walde,  der  sie  gegen  Norden,  Osten  und  Westen  schützte.  Man  gelangt  an 
die  Stelle,  wenn  man  den  Weg  rechts  von  der  Leichtweisshöhle  etwa  800 
Schritte  weit  verfolgt,  wo  sich  links  der  weite  Wieseugrund  ausdehnt,  an  dessen 
Nordseite  die  Villa  lag.  Die  Reste  des  Mauerwerks  standen  zur  Zeit  der  Aus- 
grabung noch  zum  Teil  zu  Tag,  ein  Umstand,  der  den  modernen  Namen 
Höfchen  erklärt.  Im  Mittelalter  scheint  der  Name  unbekannt  gewesen  zu  sein ; 
dagegen  findet  sich  im  14.  Jahrhundert  ein  anderer  Name,  den  wir  hierher 
ziehen  zu  dürfen  glauben. 

2.  Ein  Güterverzeichnis  der  Mainzer  Kartbäuser.  das  aus  zwei  Teilen  be- 
steht, einem  älteren  aus  etwa  dem  Jahre  1370  und  einem  jüngeren  aus  der 
Zeit   der  vormuudschaftlichen  Regierung    der  Witwe  Graf  Adolfs  11.  (f  1426), 

1")  Ilotli   1.  2,  4(5.  —  Sauer,  Codex  I.  3,  125  u.   14-42. 

")  Urkunde  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden;  Auszui?  bei  Vogel  in  den  AiiiimI.mi  III,  2,  02. 

'-)  Jiiffe,  Monunionta  Carolina,  S.  498. 


108 

also  um  1430  aufgenommen,  entbält  in  dein  ersten  Teil  den  Eintrag-:  .,^Yiese 
halb,  zu  Buren,  lit  im  walde".  Was  heisst  dieses  „zu  Buren"?  Mau  hat  es 
erklären  wollen  durcli  ,, abschüssigen  Fels,  Hügel,  Grabhüger*.  Doch  passt 
diese  Deutung  in  keiner  Weise  weder  zu  der  Lage  einer  Waldwiese,  deren 
charakteristische  Eigenschaft  eben  die  Lage  im  Wald  ist,  noch  zu  dem  Begriff 
einer  Wiese,  die  höchstens  eine  massige  Senkung  zulässt.  Wir  denken  vielmehr 
an  einen  Zusammenhang  der  Form  mit  mhd.  bur,  das  Grimm'-')  als  cubito,  luibi- 
tatio  erklärt,  und  das  noch  erhalten  ist  in  dem  Worte  Vogelbauer,  aber  früher 
vielfach  in  Ortsnamen  vorkommt;  diese  gingen  alle  auf  bura,  buri,  burin  aus, 
haben  aber  jetzt  mundarthch  verschiedene  Formen  angenommen,  von  denen  nament- 
lich die  bayerischen  auf  -beureu  am  bekanntesten  sind.")  Am  Mittelrhein  er- 
innert noch  das  heutige  Trcbur,  früher  Tribur,  Triburi  deutlich  an  die  Bildung 
aus  -bür.  Wir  fassen  nun  Buren  als  Dat.  plur.  zu  bür  und  denken  an  die 
Wohnstätte  des  Höfchens,  die  damals  entschieden  noch  mehr  sichtbar  aus  dem 
Boden  hervorgeragt  haben  muss,  als  400  Jahre  später,  und  den  Anblick  von 
mehreren  Wohnstätteu  geben  konnte,  wie  denn  auch  die  neueren  Ausgrabungen 
mehrere  Gebäude  zum  Vorschein  brachten,  Oder  wem  das  nicht  genug  sein 
sollte  zur  Begründung  des  Plurals,  der  kann  zugleich  an  die  nicht  weit  davon 
liegenden  Reste  der  römischen  Ansiedlung  auf  dem  Münzberg  denken^'),  die 
den  Wiesengrund  auf  der  anderen  Seite  begrenzen.  ]S'ur  ein  Punkt  bleibt  auf- 
fallend und  erfordert  eine  kurze  Bemerkung:  man  verlangt  nämlich  zu  Buren 
den  bestimmten  Artikel.  Dagegen  ist  zu  erwiedern,  dass  das  Wort  gewisscr- 
massen  als  Nomen  proprium  gedacht  und  behandelt  ist.  Und  in  der  That 
finden  wir  zahlreiche  Beispiele  in  gleichzeitigen  Güterverzeichuissen,  welche 
die  Auslassung  des  Artikels  bei  Ortsangaben  von  Ackern  beweisen.  Wir  führen 
einige  an.  Im  Eberbacher  Verzeichnis:  No.  21  u.  27  ,,2  iugera  (unum  duale) 
an  Schersteiner  hecke" ;  No.  29  „2  iug  .  .  .  bi  Hesseboum" ;  in  dem  Karthäuser 
Güterverzeichnis  von  1370:  No.  13  „5  morgen  binden  in  Erbenheymer  felde" ; 
Xo.  17  ,,2  morgen  undir  Erbenheymer  wege"  und  ebenso  in  No.  19;  No.  81 
„4  morgen  hinder  Hesseboum";  No.  8G  „1  morgen  uf  Buchborn";  No.  87 
„undir  Buchborn";  No.  92  „2  Morgen  uf  Birgsteder  wege";  No.  102  und  108 
,,1  morgen  in  (an)  Dotzheymer  wegk"  und  andere  mehr.  Wir  wollen  dabei  nicht 
verschweigen,  dass  daneben  ebenso  häufig,  oder  noch  häufiger  der  x\rtikel  gesetzt 
ist,  und  können  nur  darin  einen  Unterschied  sehen,  dass  das  eine  Mal  der 
betreffende  Ausdruck  als  Eigenname  gefühlt  wurde,  das  andere  Mal  nicht.  Dabei 
muss  man  auch  das  im  Auge  behalten,  dass  der  Schreiber  ein  auswärtiger 
Mönch  war,  der  das  gesprochene  Wort  so  auffasste  und  niederschrieb,  wie  er 
es  eben  auffasste. 

3.  Wir  kommen  nunmehr  zu  dem  Namen  der  grossen  Mauer,  die.  von 
Norden  nach  Süden  verlaufend,  früher  die  ganze  Stadt  durchzog,  jetzt  von  ihr 
nach  beiden    Seiten    umschlossen    ist.     Sie   stammt    aus  den   letzten  Zeiten  der 


'■")  Grinini,   JJ(Mitsclies  Würterhiich  I.   1175. 

*')  Förstemann,  Die  deutschen  Ortsiiüiiioii,  1803,  S.  y.').  —  Sc  li  inclle  i- !•  ro  in  nni  ii  n. 
JJuyerisclies   Wörtcrlmrli   I.  2G4. 

'•'•)  Reuter,  Aimaleii  V.  :j,   17   tf. 


10'.) 


KömcrlieiTscliaft,  uls  bei'oits  iliro  Miiclit  durch  die  ADyrifte  der  JJeutscIicu  ge- 
fährdet war  und  Schutzinassregehi  erheischte.  Sie  hcisst  jetzt  Heidcnmauer^'^), 
nicht  etwa  von  einci-  Ueidc,  die  es  hier  nicht  gab,  sondern  von  den  Erbauern, 
den  heidnisciien  Römern,  wie  ja  so  oft  deren  Werke  mit  diesem  oder  ähnlichen 
Beiwörtern  versehen  wurden.'")  Eine  alte,  römische  Benennung  kennen  wir 
nicht;  im  !(!.  Jahrhundert"*)  wird  sie  Iicidnische  Mauer,  die  Anhöhe,  auf  der 
sie  lag,  heidnischer  Berg,  das  Stadtthor,  das  an  sie  stiess,  heidnische  Pforte 
oder  Heidcspforte''0  genannt,  wie  auch  der  Berg  etwas  später  wohl  Ileidcs- 
berg  heisst  (1620).  Dass  aber  die  Zusammonsetzung  mit  Heiden-  bereits  im 
14.  Jahrhundert  geläufig  war,  beweist  der  Name  Heidenloch,  das  schon  um 
1370  genannt  wird.-") 

Dass  dieses    Hcidenloch    in  irgend   einer  Beziehung    zu  der  Heidenmauer 
steht,  scheint   klar  daraus   hervorzugehen,   dass  es   an   dem  (heidnischen)  Berge 
lag,  aber  auch  eine  Ilofstätte  zur  Seite  hatte,  also  die  die  Stadt  durchziehende 
Mauer,  berührt-'),  auf  der  anderen  Seite  hatte  es  einen  Garten,  ,,do  das  Heiden- 
loch stet".'    Es  fragt  sich,  was  wir  unter  diesem  zu  verstehen  haben.  Scheuck, 
dem  die  Bedeutung  des  Wortes  Loch  natürlich  (1758)  unbekannt  war,  bemüht  sich 
ein  wirkliches  Loch  in  oder  bei  der  Heidenmauer  ausfindig  zu  machen,  kommt  aber 
dabei  zu  keinem   Resultat    und  überlässt    es  schliesslich    dem  Leser,    sich  das- 
jenige vorzustellen,   was  ihm  am   glaublichsten  vorkommt.     Heutiges   Tages  ist 
die  Ableitung  und  Bedeutung  des  Wortes  Loch  klar:    es  ist  gebildet  von  dem 
verlorenen  Verbum  luhhen  =  schliessen  und  soviel  als  Verschluss.-^)     So  konnte 
man  recht    wohl  an    die  Heidenmauer    selbst   denken,    welche  ja  die  quer  vor 
ihr    herziehende     Strasse    (die    Langgasse)    ursprünglich    abgeschlossen    haben 
musste.--^)     Eine  nähere  Erwägung  führte    indessen   zu   einem  anderen  Ergeb- 
nisse.    In    einer   zweiten   von  der    ursprünglichen    abgeleiteten    Bedeutung    be- 
zeichnet   Loch    ein    Gefängnis.-')     Warum   sollte    diese   hier   nicht   statthaben? 
Die  Heidenmauer  war  nämlich  mit  vier  Türmen  versehen,    die  Hellmund  noch 
kannte-''),    von  denen    aber    der    zweite    von    oben    längst    verschwunden    ist, 
während  der  dritte  im  Jahre  1708  abgebrochen  wurde -'')    und  von  dem  ersten 
und  vierten  noch  Reste  vorhanden  sind.    Dieser  diente  früher  als  Gefängnis  und 


^'^)  Eine  Beschreibung  und  Abbildung  derselben  s.  bei  Reuter,  Die  llünier  im  Mattiaker- 
land,  1884,  S.  1   tf. 

")  Vgl.  Schneider,  Beiträge  zur  Geschichte  der  alten  Befestigungen  in  den  Vogesen, 

1844,  S.  166. 

18)  Im  ältesten  Lagerbuoh  der  .Stadt,  dem  sug.   llcrdschillingsbuch  von   1564. 

i'-*)  Im  Zinsregister  der  Maiiritiuskirche  (ungedruckt)  1527.  Heidos  steht  wohl  in  der 
naclilässigen  Schrift  des  Schreibers  statt  lleidcsch  oder  Heidisch.  Vsl.  Heyne  in  Grimms 
Deutschem  Wörterbuch  IV.  2,  Sp.  810  über  die  Form   lioidiscli. 

20)  Merkerbuch,  S.  18  u.  55. 

21)  Schenck,  Gescliicht-Hesciireibung,  S.  81. 

")  Lexer,  Mhd.  AVörterbuch  s.  v.  Heyne  in  (Irimms  Wörterbuch  VI.  109.3.  — 
Kluge,  S.  240. 

23)  Merkerbuch,  No.  20,  S.  18. 

*■*)  Vgl.   die  Stellen  der  in    .\um.  22  iingct'ührton    lüicher. 

2^)   Balneograpliic,  S.  124. 

-•■')  Extraord.  Gerichts-Protokoll  der  Stadt  Wiesbaden. 


110 

hicss  Yüu  seiuer  abgestuiiipt'teu  Gestalt  der  »Stümpert,  ein  Xame,  der  im  Volke 
zum  Appellativwort  ^Yurde  uud  auf  seineu  Nachfolger  überging.  Auch  der 
dritte  war  eine  Zeit  lang  Gefängnis  und  hiess  der  Taschenturm  oder  das 
ü^arrenhaus-');  er  mochte,  wie  der  andere,  nur  wenige  und  enge  Räume  zum 
Unterbringen  von  Verbrechern  enthalten.  Es  ist  nun  sehr  glaublich,  dass  der 
erste  Turm  in  älterer  Zeit,  solange  er  wohlerhalten  bestand  und  dazu  tauglich 
war,  demselben  Zwecke  bestimmt  gewesen  sei,  bis  er  wegen  Baufälligkeit  nicht 
mehr  dazu  dienen  konnte.  So  wäre  denn  das  Heidenloch,  das  „da  stand", 
vielleicht  das  erste  Gefängnis  der  Stadt  gewesen,  ebenfalls  wenige  Räume,  die 
für  die  kleine  Stadt  ausreichen  konnten. 

Welche  Bewandnis  es  mit  dem  Heideuloch  im  Rlieingau  gehabt  habe-''), 
ist  zur  Zeit  noch  unerforscht.  Dasselbe  scheint  an  dem  sogenannten  ,,Sterzel"' 
wege,  der  römischen  Strasse  von  Wiesbaden  nach  Rüdesheim  gelegen  zu 
haben.--') 

Eine  ganz  andere  deutsche  Benennung  hatte  die  Heideumauer  einigemal 
im  14.  und  16.  Jahrhundert:  sie  heisst  im  Merkerbuch  1383  die  hohe  Mauer, 
wie  es  scheint,  und  unzweideutig  im  16.  Jahrhundert  ebenso  oder  bloss  ,,uf 
der  muren".  Dort  wird  ein  Haus  mit  ,,dem  auf  der  hohen  muren"  bezeichnet''^), 
hier  einmal  im  Herdschillingsbuch  von  1564  ein  Haus  und  Hof  mit  ,,uff  der 
hohen  Mauern  hinter  Junker  von  Dienheims  Scheuer";  da  dieser  Junker  damals 
im  Besitz  des  späteren  Schützechofs  war,  so  lag  die  Scheuer  nicht  weit  von 
der  Heidenmauer,  die  also  die  hohe  Mauer  war. 

jS^ur  im  Vorbeigehen  erwähnen  wir  den  Namen  Neroberg,  der  mit  dem 
Namen  des  römischen  Kaisers  nichts  zu  thun  hat,  wie  auch  das  Nerothal. 
Dieses  ist  erst  in  der  neueren  Zeit  nach  seiner  Lage  am  Fusse  des  Berges 
benannt,  der  Neroberg  aber  verdankt  seine  Benennung  einer  müssigen  Kombi- 
nation Hellmunds,  der  meinte,  hier  müsste  etwas  mit  dem  Kaiser  Nero  vor- 
gegangen sein.-'")  Der  Berg  hiess  aber  früher  Ersberg,  oder  mit  vorgesetztem 
M  oder  N  Mersberg  oder  Nersberg,  und  wird  zuerst  erwähnt  im  Jahre  1527; 
wie  er  vorher  hiess,  wissen  w'ir  nicht ;  es  ist  möglich,  dass  das  Wort  Ers  aus 
einer  volleren  Form  zusammengezogen  ist  oder  sonstwie  Veränderungen  erlitten 
hat,  wie  Hersfeld  aus  Heriulfisfelt  erwachsen  ist ;  und  so  könnte  man  auch 
an  ein  zu  Anfang  abgefallenes  H  denken,  wie  bei  Herschbach  statt  Pladeriches- 
bach  des  Jahres  1062-'-)  und  Erbach  einmal  im  Jahre  1236  Heberbach  heisst  ■^•^), 
Hersfeld  bei  Förstemann,  Ortsnamen'"),  zweimal  seines  anlautenden  H  entbehrt 
u.  a.  III. 


■'■12. 


^')  Tesche  war  ein  Scliiinpfwort  für  eine  weibliche  Person.    Geistesgestörte  sperrte  man 
wohl  in  ein  Getan<,'nis.     I^exer  in  Grimm's  Deutschem  Wörterbucli  XI.   14i),  VII.   ""'^ 
^^)  Roth,  Fontes  I.  8,  339:  vinea  in  loco,  qui  dicitur  Ifeiilenlofli. 
'^^)  Ileuter,  Die  Römer  in  Mattiakerland,  .S.  4;{. 
3»)  Merkerbuch,  S.  34. 

^')  Annalen  des  nass.  Vereins  XXXI,  S.  199  f. 
^^)  Kremer,  Origin.,  S.  135. 
**)  Rodmann,  Rlieing.  Altertümer,  S.  81. 
'''*)  Ortsnamen  II.  751. 


111 

Je  weniger  man  über  die  ältere,   urs[)rüngliclie  Forni  des  Ntimeiis  Ersberg 
weiss,    um  so    vorsichtiger   muss   man  sein,    wenn  es  gilt  eine   Ableitung    des- 
selben uutzustcllon,   insbesondere  eine  mythologische  Beziehung  anzunehmen. ■'■') 
Diese   hat    man    denn    auch    versucht    und  in  Ers  den    Gott  VjV  gefunden    und 
könnte  mit  demselben  Rechte  den  Ersberg  bei  llöchstenbach  im  Amte  llachen- 
burg  und    den  Erschbacher   Berg  im  Amte    Weilburg   hierher    ziehen.'"')     Und 
allerdings  ist  für  diese  Kombination  der  Name  Ercsburg,    die  Karl  der  Grosse 
zerstörte,  verführerisch  genug.     Aber  bedenklich  macht,   dass  der  Beiname  der 
Gottes  Tius  (Zio),  ahd.  Erch,  von  dem  gotischen  Hadro,  sächsisch  Cheru,  ILeru, 
Er  lautete,  für  unsere  Gegenden  also  nicht  vorauszusetzen  ist  in  der  Form  Er.-'"") 
Ähnlich   steht    es    mit  den  andern    mythologischen  Beziehungen,    zu  denen  die 
Ähnlichkeiten     der   Namen    verführen    könnten.     Der   Thorberg  z.  B.    hat    mit 
dem    Gottc    Thor    nichts  zu    schaffen,    da   dieser  in    Deutschland    nicht    diesen 
Namen    führte,    sondern  Thunar  hiess.     Bei  ihm    macht   auch    das  Fehlen    der 
Genetivendung  s    bedenklich,    die   bei    Ersberg   und    Donnersberg    nicht    fehlt, 
sowie  dass  ein  Thorberg  fast  unmittelbar  neben  dem  Ersberg  läge.     Statt  Thor- 
oder Dorberg    haben  die  alten  Lagerbücher  der  Stadt  auch  Durberg,    und  dies 
wird  wohl  eher  auf  den  rechten  Weg  leiten  können,  da  auch  der  benachbarte 
Alteborg    und    Neuberg    auf    adjektivische    Zusammensetzung    hinweisen.     Der 
Hollerborn    hat    sicherlich    nicht  von  der  Hulda  den  Namen,    sondern  von  dem 
Hollunderbaume,    der  in  seiner  Nähe    stand,  ähnlich    wie  der  Weidenborn    von 
der  Weide,  salix,  mhd.  wide,  nicht  von  mhd.  weide."'^) 

Und  es  ist  kein  Wunder,  wenn  die  Erinnerung  an  die  alten,  heidnischen 
Namen  ganz  aus  dem  Bewusstsein  der  Menschen  entschwand.  Bedenken  wir 
nur,  welche  Stürme  über  das  Land  im  Laufe  der  Zeiten  hereingebrochen  waren, 
welche  Wandlungen  auf  dem  Gebiete  des  religiösen  Lebens  sich  vollzogen 
hatten.  Die  Römer  hatten  die  Yerehrung  ihrer  Götter  gebracht,  dazu  die 
vielen  Kulte,  die  in  ihrem  Gefolge  sich  einfanden;  die  Inschriften  melden  von 
gallischen  Gottheiten,  von  asiatischen  Namen,  die  alle  hier  verehrt  wurden. 
Musste  da  nicht  eine  Vermischung  der  religiösen  Begriff'e  entstehen,  die  das 
Alte,  Einheimische  in  den  Hintergrund  drängte.  Dazu  kam  endlich  das 
Christentum,  das  die  Spuren  jeglichen  Heidentums  auszurotten  suchte.  Daher 
ist  zu  verwundern,  dass  z.  B.  die  Namen  Brunhildisstein  und  Brunhildisbett 
(lectulus  Brunhildis)  das  alles  überdauerten,  vielleicht  weil  man  einen  histo- 
rischen Hintergrund  in  der  Königin  Brunhilde  dahinter  vermutete. 

Nur  eins  liess  das  Volk  sich  nicht  nehmen  und  hielt  es  aucli  in  christ- 
licher Zeit  fest,  die  Festfreude,  die  sich  an  bestimmte  Örtlichkeiten  und  Zeiten 
anknüpfte;  sie  wurde,  wenn  auch  unter  andern  Namen,  weiter  gepflegt.  Der 
geheimnisvolle    Brunnen    der   Holda,    aus  dem  der  Storch    die  Kinder   holt"''*), 

^^^  \"-\.  die  AVariiung'  Forst emanns  in  seinen  (knitschen  Ortsnamen,   1SG3,  S.   172. 

^'')  Kehrein,  Xas.s.  ]S'anieubuel\,  S.  331. 

")  Mannliardt,  Die  Götterwelt  der  deutsclioii   nordisclien  Völker,  18«0  I,  8.  2()3. 

^^)  Nur  einmal  kommt  fini  .l,ilir(>  1370)  .autMiT  Woide"  vor,  sonst  sehr  hänfii,'  „hi  der 
widon"  oder  „l)i  Widenburne". 

3^)  Lexer  in  G  rimms  Deutschem  ^Vürterbuuli  VU.  Kifl9.  —  .Mannliardt,  Die  Ciütter- 
wclt,  S.  281.  —  Simrock,  ^lytliol.,  S.  34. 


112 

hat  sieh  iu  dein  Flingstborii  vielthcli  bis  auf  unsere  Tage  erlialtcii.'")  Dass 
man  gerade  diesen  Namen  wählte,  kam  vielleiclit  daher,  dass  zu  Püugstcn 
mancherlei  Lustbarkeiten  stattfanden,  deren  Ortliclikeiteu  und  Personen  nach 
ihnen  benannt  wurden.  In  dci'  Wiesbadener  Feldmark  wird  der  Name  zwei- 
mal genannt:  1.  um  das  Jahr  1300  im  Eberliacher  Güterverzeiclmis  Nr.  51 
im  Felde  versus  Erbenheim :  duale  bi  dem  Pinstborne ;  2.  der  zweite  wird 
also  beschrieben:  13  Alorgcn  die  Blumenwiesc  genannt,  bey  dem  Pfingstbrunn 
neben  der  Bach,  oben  der  Wog.  Die  letzte  Aufzeichnung  stammt  aus  dem 
Anfang  des  18.  Jahrhunderts,  der  Brunnen  ist  jetzt  niclit  mehr  vorhanden. 

Einen  weiteren  Rest  des  Heidentums  kann  man  in  den  Flurumgängen 
vermuten,  die  noch  im  16.  Jahrhundert  in  Wiesbaden  vorkommen.  Die  Bürger- 
meisterrechnung von  1524  spricht  von  solchen  zweimal.")  Die  eine  Prozession 
fand  ,,uff  den  Palmentag  (20.  März)"  statt ;  ,,die  Schützen  haben  das  Creutz 
und  die  Fanen  umb  die  flore  getragen",  wofür  sie,  ,,wie  for  alters,  ein  halbes 
Viertel  wyns  und  ein  drylling  brots"  erhielten.  Die  zweite  fand  am  Himmel- 
fahrtstage 1524  (5.  Mai)  statt;  die  gemeinen  Knechte  ritten  um  die  Frucht 
und  Fluren  und  erhielten,  ,,wie  vor  alters",  drei  Viertel  Wein.  Hier  waren 
also  die  Umzüge  auf  ein  christliches  Fest  und  einen  Sonntag  verlegt,  aber  der 
Zusammenhang  mit  einer  älteren  Zeit  ist  durch  den  Zusatz  ,,wie  vor  alters" 
festgehalten.  Ähnlicher  Umzüge  wird  später  nicht  mehr  gedacht,  und  auch  aus 
früherer  Zeit  sind  direkte  Zeugnisse  nicht  vorhanden,  dass  und  in  welcher 
Weise  sie  stattgefunden.  Nur  der  Name  Pflug  weg  darf  so  verstanden 
werden,  dass  er  den  Weg  bezeichnete,  auf  welchem  der  heilige  Pflug  gezogen 
wurde. 

„Eine  grosse  Rolle  spielte  in  den  alten  teilweise  erhaltenen  Fastnacht- 
gebräuchen das  Umziehen  des  Pfluges,  wobei  der  Pflug  an  die  Stelle  des 
W^agens  oder  des  noch  älteren  Schiffes  getreten  ist,  das  zur  Zeit  des  beginnen- 
den Frühjahres  umgezogen  wurde  zu  Ehren  der  Gottheit,  von  welcher  man 
fruchtbares  Gedeihen  erwartete",  '-)  Solche  Festgebräuche  mochten  sich  an 
verschiedenen  Orten  verschieden  gestalten  und  namentlich  gern  an  christliche 
Festtage  anlehnen. 

In  der  Feldmark  von  Wiesbaden  kommt  dei-  Name  Pflugweg  vielfach  in 
Güterverzeichnisseu  namentlich  des  14.  und  15.  Jahrhunderts  vor,  insbesondere 
iu  zwei  Feldern,  dem  Ilengert-  und  Hollerbornfelde ;  so  schon  in  einer  Urkunde 
vom  21.  Juli  1299:  unum  iugerum  et  dimidiura  an  den  Plucwege ;  im  Eber- 
bacher Güterverzeichnis  Nr.  71:  2  iugera  preter  virgam  ower  den  Pluchweg 
im  Hengertfelde,  und  No.  76:  IV2  iug.  tuchen  den  zwen  Pluchwegen  im 
Hollerbornfelde;  im  Karthäuserverzeichnis  von  1370  dreimal  im  Hengertfelde: 
1  morgen  stozsent  ubir  den  Plugweck,  1  morgen  ziehent  ubir  den  Plugk- 
weg,  2  morgen  obendig  des  Plugkweges ;  neunmal  im  Hollerbornfelde  zwischen 


*")  Kell  rein,  Xass.  Naiiienbiioh,  S.  355,  517. 

*')  Ab-;edruckt  in  1kl.  XV  der  Annalen,  S.  .^95. 

■*'•')  Lexer  in  Oriraius  Deutsclieni  Wörtorbucli  VII.  1777.  Weiteres  über  dus  rm/.iciien 
des  Pfluges  s.  bei  Maiinhardt,  Wald-  und  Feldkulte  I.  55.')  ff.  —  Derselbe,  Güttcrwelt  I. 
302.  —  Sinirock,  Mytliol.,  H.  387,  407,  555. 


llo 

doni  Dotzhciiner  und  Wal luior  Wege,  wie  es  scheint,  ubii-  den  Plugkweg,  un- 
dir  dem  oder  in  dem  und  uf  dem  Plugkwege.  Ferner  im  Jahre  c.  1430  sieben- 
mal im  liollcrborufeldc  an  dem,  iune  dem,  ubir  Plugkwegc  und  ebenso  in 
einem  Verzeichnisse  von  1437  und  1471.  In  dem  dritten,  dem  Weidenborn- 
felde,  erscheint  nur  selten  ein  Pflugweg  und  viel  später  (1704  und  1757),  heute 
in  veränderter  i^'orm  Pfugsweg.  Wohin  der  Pluweg  der  Merkerbuchs  von 
c.   1370  zu  setzen  ist  oder  der  vom  Jahre  1299,  ist  nicht  deutlich  ausgesprochen. 

Ob  unsere  Vermutung  richtig  sei,  dass  diese  Pflugwege  auf  alte  heidnische 
Umzüge  zurückgehen,  ist  nicht  durch  bestimmte  Überlieferungen  zu  beweisen ; 
nur  der  Name  kann  dafür  vorgebracht  werden ;  dieser  aber  ist  für  uns  ein  voll- 
gültiger Beweis,  da  er  stets  im  Singular  und  mit  bestimmtem  Artikel  erscheint ; 
nur  einmal  ist  von  zwei  Pflugwegeu  die  Rede,  aber  auch  da  mit  bestimmtem 
Artikel ;  wenn  ein  Weg  für  Pflüge  gemeint  wäre,  so  müsste  doch  eine  genauere 
Angabe,  welcher  an  jeder  Stelle  gemeint  sei,  zugefügt  sein.  Wo  von  den  zwei 
Pflug  wegen  die  Rede  ist,  haben  wir  nur  einen  zu  verstehen,  der  auf  der  einen 
Seite  des  Grundstücks  in  das  Feld  hinaus,  auf  der  andern  zur  Stadt  zurück- 
führte. 

Vielleicht  fällt  nunmehr  auch  einiges  Licht  auf  einen  andern  Namen,  die 
Boffheid,  mit  dem  im  Karthäuserverzeichuisse  von  1370  drei  Morgen  benannt 
werden  („heiszent  die  Boffheid'^).  So  heisst  ein  Bezirk,  der  neben  dem  Pflug- 
weg (es  gehen  voraus  zwei  Morgen  ,,undir  und  sechs  Morgen  ubir"  dem  Pflug- 
wege, und  später  mehrere  Äcker  ,,ubir"  und  „uf"  dem  Pflugwege).  Eine  Boff- 
heide  findet  sich  auch  um  1300  zu  Eltville  bei  Roth,  Fontes,  I.  3,  306,  eine  Buff- 
heite  zu  Dotzheim  bei  Kehrein,  Nass.  Namenbuch,  S.  445.  Die  Verschieden- 
heit der  Formen  Boff-  und  BuflF-  oder  Bof-  darf  uns  nicht  beirren,  da  die  Schreiber 
fremde  Mönche  waren,  die  das  Gehörte,  wie  sie  es  auffassten,  zu  Papier  brachten. 
Wir  fassen  das  Wort  als  Heide,  d.  h.  unbebauten  Strich  Landes,  für  Buben 
oder  junge  Leute;  Bofe  und  Buflf  =  Bube  bei  Grimm,  Deutsches  Wörterbuch 
11,  491  ;  Bofist  =  Buben  fist,  ebenda  II,  218.  Wilmanns,  Deutsche  Gramm.  I, 
180.  Danach  dürfte  die  Bofheid  ein  Tummelplatz  für  junge  Leute  gewesen  sein, 
die  nach  einem  Pflugumzug  sich  auf  der  Heide  vergnügten. 

in.    Die  Felder. 

Wiesbaden  wird  zwar  frühe  Stadt  (oppidum)  genannt,  ja  spätere  Zeiten 
wollten  diesen  Charakter  des  Orts  auf  Karl  den  Grossen  zurückführen.  Wir 
begnügen  uns  auf  die  Befestigungen  durch  Wall  und  Gräben  hinzuweisen,  durch 
welche  es  der  Stadt  möglich  war,  der  Belagerung  des  Königs  Ludwig  im  Jahre 
1318  erfolgreich,  wie  es  scheint,  zu  widerstehen,  sowie  auf  die  Aufzeichnungen 
von  1241  und  1272,  in  denen  von  der  noch  kaiserlichen  Stadt  die  Rede  ist, 
und  auf  die  Urkunde  von  1283,  in  der  von  der  Zerstörung  der  Stadt  durch  die 
Eppensteiner  erzählt  wird.''';     Wann/reilich  der  Ort  Stadtrechte  erhielt,  ist  nicht 


^3)  Aniialen   XXIX,  222.   —    Mitteilungen  des  Vereins    1897/98,    Sp.    11<J.  —    Krenier. 
Orig.  II.  306.     Vgl.  die  jetzt  iiirlit  mein'  uusreichende  Zusammenstellung  von  Kussel,  Stadt- 

wuppen,  S.   4,  An  in. 

S 


bekannt.  Aber  trotzdem  verlor  er  uocli  lange  Zeit  nicht  seinen  ländlichen 
Charakter.  Die  Bewolmer  blieben  noch  lange  den  Beschäftigungen  der  Land- 
wirtschaft, namentlich  dem  Ackerbau  und  Weinbau,  zugewendet")  und  lagen 
daneben  einer  primitiven  Kuriudustrie  ob.'^'') 

Ein  tief  eingreifendes  Ereignis  musste  unter  diesen  Umständen  die  Ein- 
führung der  Dreifelderwirtschaft  werden.  Die  Betriebsweise  der  Landwirtschaft 
wurde  dadurch  vollständig  umgewandelt,  der  Wohlstand  der  Bürger  gehoben 
und  mancherlei  Änderung  auch  in  den  Besitzverhältnissen  hervorgerufen.  Doch 
über  diese  Dinge  melden  unsere  Quellen  nichts,  nicht  einmal,  wann  diese  Wand- 
lung vor  sich  ging.  Xur  soviel  glaubt  Meitzen  feststellen  zu  können,  dass 
die  erste  Erwähnung  einer  Dreifelderwirtschaft  im  Jahre  771  vorkommt"'),  und 
dass  sie  ausging  von  den  kirchhchen  Stiften,  Klöstern  und  der  von  ihnen  beein- 
flussten  Pfarrgeistlichkeit,  sowie  den  grundherrlichen  Besitzungen  von  grösserem 
Umfang.'^)  Diese  fanden  in  der  Neuordnung  ihren  Vorteil.  Da  die  Dorfbewohner 
nicht  gezwungen  werden  konnten,  ihrem  Beispiele  zu  folgen,  so  verharrten  sie 
sicherlich  noch  geraume  Zeit  bei  der  hergebrachten  Bestellungsweise,  bis  die 
Zweckmässio-keit  der  neuen  allmählich  erkannt  und  letztere  auf  Beschluss  ein- 
geführt  wurde  und  durchdrang.  Ziehen  wir  nun  die  Zähigkeit  der  Bauern,  mit 
der  sie  an  dem  Hergebrachten  festhielten,  in  Betracht,  so  mag  erst  im  9.  bis 
10.  Jahrhundert  dieser  Umschwung  erfolgt  sein.  Ob  freilich  der  Umstand,  dass 
die  Xamen  der  drei  Felder  um  das  Jahr  1300  noch  nicht  feststanden  (s.  u.),  uns 
berechtigt,  die  Änderung  der  Bewirtschaftung  noch  weiter  hiuabzurücken,  ist 
eine  nicht  ganz  unbedenkliche  Sache.  Jedenfalls  war  im  13.  Jahrhundert  die 
Dreifelderwirtschaft  in  der  Wiesbadener  Feldmark  durchgeführt ;  denn  im  Jahre 
1248  wurde  bei  der  Schlichtung  eines  Streites  zwischen  dem  Herrn  Adam  von 
Wiesbaden  und  dem  Kloster  Tiefenthal  bestimmt :  Conventus  memoratae  ec- 
clesiae  in  Diffendall  coutulit  domino  Adue  in  quolibet  campo  in  Wisebaden  sex 
iugera  agriculturae  .  .  .  (tuarum  summa  consistit  in  18  iugeris^^),  ergab  also  drei 
campi,  deren  Namen  indessen  hier  gar  nicht  genannt  werden. 

Etwa  gleichzeitig  mit  der  Einführung  der  Dreifelderwirtschaft  —  jedenfalls 
vor  dem  Jahre  1200  —  rauss  sich  das  Bedürfnis  herausgestellt  haben,  den  Um- 
fang der  Felder  durch  Neurodungen  zu  vergrösseru.  Dies  that  man  so,  dass 
man  keine  neuen,  für  sich  bestehenden  Felder  schuf,  sondern  man  gliederte  sie  an 
die  alten  drei  Felder  an. 

Wir  stellen  nunmehr  die  verschiedenen  Namen  der  alten  drei  Felder  und 
der  neugerodeten,  wie  sie  in  den  ältesten  Überlieferungen  vorkommen,  zusammen 
und  legen  dabei  die  später  üblichen  zu  Grunde.  Die  Quellen,  aus  denen  wir 
unsere  Angaben  schöpfen,  sind  ausser  einigen  Urkunden  folgende  Güterverzeich- 


'*)  Vgl.  Annalen  XIX.  96,  98. 

^^)  Die  ältesten  Xachricliteii  s.  im  Mei'kerbuch,  8.  69.  Über  die  Lustbarkeiten  und 
Ausschweifungen  des  Kurlebens  s.  Annalen  XIII.  .344  ff. 

*^)  Wanderungen,  Anbau  und  Agrarroclit  der  Völker  Huropas  I.   1,  S.  461. 

*^)  Meitzen  a.  a.  0.  I,  2,  S.  592. 

"j  Urkunde  im  Staatsarchiv  zu  AViesbaden,  gedruckt  Ix-i  Wii  rdtw  ei  n.  Diocf.  -Mog.  II. 
129.  —  Ko.'isel,  .Stadtwapjien,  S.   15. 


IIT) 

iiisse:  Das  Eberbiicher  c.  1800  (=  Eb.  G.),  das  Tiefenthalcr  c.  1370  (=  Tief.  G.), 
die  zwei  Kartliäuser  von  c.  1370  und  1430  {=  Karth.  G.),  eins  vom  Jahre  1437 
und  eins  vom  Jalire  1471,  die  sieh  sämtlich  im  Staatsarchiv  zu  Wiesbaden  befinden. 

A.  Das  Hengertfold  zwischen  der  Stadt  und  der  Mossbacher  Feld- 
mark. Die  erste  Erwähnung  des  Namens  findet  sich  in  dem  Verzeich- 
nis der  Güter  des  Schulthcisseu  Theodricus  in  Wisebaden  von  c.  r245'*'-'),  er 
heisst  hier  Heimgarden,  Ileingartheu.  —  Eb.  G.  Nr.  21  und  67:  offen 
Hengarten,  campus  of  den  ITengarthen.  —  Urkunde  vom  16.  Juni  1324:  in 
campo  I leingarten;  Tief.  G.:  of  dem  Heyngarten  vor  Moschbecher  feit.  — 
Karth.  G.,  S.  370:  das  feit  heiszt  Heyn  garthe;  1430:  das  feit  inne  Heingarte. 
—  Merkerbuch  S.  21,  35 :  ofF,  uf  dem  Hengarten.  —  Urkunde  vom  14,  Januar  1471  : 
in  dem  Hengarth  (am  Rande:  Hengarten).  —  Urkunde  vom  27.  Januar  und 
12.  Oktober  1478:  Hengarten.  Im  folgenden  Jahrhundert  wurde  neben  diesen 
Formen  die  abgekürzte  Hengert  üblich,  namentlich  in  dem  ältesten  Lagerbuch, 
dem  sog.  Herdschillingsbuch  von  1564.  Sie  ist  gebildet  wie  Wingert  von 
Weingarten  und  Bingert  von  Biengarten.'*')  Die  Grundform  Heimgarten  be- 
zeichnet eigentlich  kein  Feld,  sondern  ein  vor  einem  Heim  gelegenen  Platz, 
der  mit  Bäumen  bestanden  ist,  auf  dem  sich  die  Gemeindeglieder  zu  Unter- 
haltung, Spiel  und  Zwiegespräch  zusammenfinden.  Der  Name  reicht  sicher  in 
sehr  frühe  Zeit  zurück  und  wurde  erst  später  Bezeichnung  eines  Felddistrikts.'') 

Das  zweite  Feld  war  das  Hollerbornfeld,  das  gegen  Dotzheim,  zwischen 
dem  Wallufer  Wege  und  dem  Bruderbach  gelegen  war.  Es  heisst  in  Eb.  G. 
No.  1:  campus  versus  Dotsheym ;  Tief.  G. :  of  dem  Felde  gen  Dotsheym  ;  Urk. 
von  1471  :  das  Feld  gegen  Dotzheim.  Ganz  andere  Namen  finden  sich  im  Karth. 
G.:  diesz  ist  das  Obirfelt,  und  in  der  Urk.  von  1437:  in  dem  Oberfelde  ent- 
gegen Dotzheim,  und  ebenso  noch  öfter  im  Herdschillingsbuch  von  1564;  im 
Eb.  G.  No.  74:  campus  au  dem  Bruderwege;  hier  knüpfte  der  Schreiber  an 
den  vorhergehenden  benachbarten  Distrikt  Wiersweg  an  und  schlug  in  der  Auf- 
zählung einen  andern  Weg  ein  als  sonst.  Endlich  kündigt  sich  der  spätere  Name 
bereits  an  im  Merkerbuch,  S.  35  (1395):  1  morgen  bij  Huldirborn.  Benennungen 
nach  Brunnen  (Feldbrunnen),  sowohl  für  grössere  als  kleinere  Distrikte  waren 
sehr  behebt;  abgesehen  von  solchen,  die  nach  Besitzern  beigelegt  waren  und 
die  meist  nicht  näher  ihrer  Lage  nach  bestimmt  werden  können  (Abescheiders 
Born,  Karth.  G.  1370),  Schubis  Born,  Merkerbuch  S.  36  (1395),  seien  nur  er- 
wähnt: Bauchborn,  Urk.  von  1367,  Annal.  X,  71  und  öfter,  der  Erkelborn, 
Urk.  von  1478,  der  heilige  Born  in  Hengertfelde  1564,  Holzborn,  Merkerbuch 
S.  20,  1380,  Kalkborn,  Urk,  von  1367,  Annal.  X,  71  und  öfter,  im  Hengert- 
felde,   der  Kalte  Born   vor  der  Mainzer  Pforte,    1564,  Löwenborn   (Lebenborn) 


^^)  Rössel,  Stadtwappen,  S  60  f.  Dieser  setzt  sie  um  das  Jahr  1225.  Es  koniiiu 
jodocli  dieser  Scliiiltheiss  noch  im  Jahre  1241  am  14.  Juni  als  lebend  vor  und  heisst  im 
folgenden  Jahre  am  6.  April  olim  scultetus.  —  Sauer,  Cod.  I.  No.  494  u.  499.  Das  Verzeichnis 
m.ag  um  diese  Zeit  verfasat  sein. 

^")  Kremer,   Orig.  11.    262    aus    Oiidenus,   Cod.  dii.l.  I.    877.     Vgl.  Sauer,  Cod.  I. 

^^0.  377. 

^^)  llevno  in   (irimms  ^VünLM•ilUcll    IV.  2,  871. 

8* 


HC) 

au  der  heutigeu  Eniserstrasse,  1527  uüd  öfter,  Pfingstboru  Eb.  G.  Nr.  51,  Reusel- 
boru  (Ruschborn,  Urk.  von  1367),  Küdboru  (der  rode  ßuru  13C7),  Sautboru 
(Sanueboru,  Sauctboru,  s.  Mittcihmgcu  des  nass.  Ver.  1901/2,  Sp.  29),  Seerobeu- 
boru,  Urk.  vou  loOT  (vgl.  die  Aunalen  XXXI,  S.  197),  Sifboru,  llossel,  Stadt- 
wappen S.  Ol  um  1250,  Weidenboru  (s.  u.  Wicsboru,  16.  Jahrb.)  und  andere. 
Dahin  geliört  also  auch  der  Name  Hollerboru. 

Auch  das  dritte  Hauptfeld,  das  Weideubornfeld,  wird  anfänglich  nicht  mit 
diesem  Namen  bezeichnet,  sondern  nach  seiner  Lage  campus  versus  Erbenheim: 
Eb.  G.  Nr.  36  und  62;  danebeu  erscheint  aber  auch  „bi"  oder  „hinder  der 
Widen"  No.  56,  52,  63.  Erst  im  Tief.  G.  tritt  der  Widenburu  ein:  3  morgen 
bi  Widenburne,  of  dem  berge  gen  Widenburne,  im  Karth.  G.  von  1430: 
das  feit  goiu  Wiidcuborn,  Urk.  von  1478,  12.  Oktober:  Wydenborn.  Schon 
kurz  vorher  war  aber  die  Form  Weidenboru  eingedrungen ;  Urk.  vom  14.  Januar 
1471:  im  Feld  gegen  den  Weidenborn  an  Erbenheimer  Marck,  und  ebenda: 
Weidenbornfeldt.  Damit  war  der  spätere  Name  eingeführt,  und  es  fragt  sich 
nun.  ob  er  vou  einem  Weideplatz  oder  von  einer  Weide,  salix,  hergenommen 
war,  worin  auch  schon  Hellmuud,  Badbuch,  wie  es  scheint,  sich  geirrt  hat.  Die 
Weide,  salix,  heisst  ahd.  widu,  mhd.  wide,  woher  widin,  von  Weiden  bewachseu, 
abgeleitet  ist;  da  nun  die  älteren  Formen  unseres  Wortes  alle  nicht  den  Diph- 
thong ei,  sondern  den  Vokal  i  zeigen,  der  erst  im  nhd.  zu  ei  wurde,  so  ist  die 
Herleitung  des  Wortes  von  wide  ohne  Zweifel ;  der  Weidenborn  hat  also  den 
Namen  von  einer  oder  mehreren  Weiden,  die  hier  standen,  ähnlich  wie  der 
Jlollerborn  von  einem  oder  mehreren  Hollunderbäumen.  Freilich  werden  auch 
2  borgen  im  Karth.  G.  von  1370  als  „uf  der  Weide"  belegen  aufgeführt, 
doch  ist  damit  nur  ein  kleiner  Teil  des  ganzen  Feldes  gemeint,  nicht  das  ganze 
Weideubornfeld,  sondern  mehr  im  Osten  desselben  „bei  dem  forderen  Se''  (Sehe 
=  mhd.  se),  der  mit  dem  hintersten  See  das  ganze  Feld  nach  Erbenheim  zu 
abschloss  und  von  einem  Flosse,  dem  „Se  flösse",  Eb.  G.  No.  64,  oder  „Sehis- 
flosse",  Karth.  G.  1370,  wohl  dem  Abflüsse  des  Weidenborns,  bewässert  war. 

B.  Gehen  wir  nunmehr  zu  den  Erweiterungen  der  drei  Felder  über, 
so  sagt  das  Karth.  G.  1430  mit  dürren  Worten,  dass  die  Acker  von  Überhoben 
zu  dem  Hengertfeld  gerechnet  wurden:  ,,das  feit  inne  Heingarten  und  darzu 
horent  die  ecker  ubir  hoben".  Im  Eb.  G.  wird  es  nach  seiner  Zählung  in 
No,  20  als  secundus  campus  versus  Blidenstat  (der  Weg  dorthin  führte  an  ihm 
vorbei,  vgl.  Annal.  XXXI,  197),  dann  No.  20  Obirhoben  genannt,  darauf  erst 
fokt  No.  21  Hene-arten.  Schliesslich  werden  die  Distrikte  Überhoben  im  Herd- 
Schillingsbuch  von  1564  sämthch  als  im  Hengert  gelegen  bezeichnet.  Dasselbe 
ist  der  Fall  mit  den  Rudern,  deren  Name  schon  das  spätere  Anrodeu  bezeichnet. 
Sie  erscheinen  zuerst  c.  1200  in  der  Urk.  bei  Kremer,  Orig.  If,  220,  dann  viel- 
fach in  der  Folgezeit  (vgl.  Annal.  XXXI,  198). 

Von  dem  zweiten,  dem  1  lollerbornfelde,  war  eine  Erweiterung  des  campus 
versus  Sunnenberc,  wie  aus  dessen  anhangsweiser  Anfügung  zu  ihm  (Eb.  G.  17) 
zu  entnehmen  ist.  Erst  gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  erlangt  es  einen  be- 
sonderen Namen.  Tief,  und  Karth.  G.  von  1370:  Lubelberg,  oder  Karth.  G. 
1400:  Leyberwegk,  und  jenen  (Leuberberg)  behält  es  bei;  vgl.  Merkerbuch  S.  15, 


45,  und  das  nerdschillirigsbucli  von  1564,  Nach  den  Aufzäliluugen  der  einzelnen 
Distrikte  in  ein/einen  Verzeichnissen  rechnete  man  aber  nicht  bloss  den  eigent- 
lichen Leberberg-  dahin,  sondern  auch  die  au  der  linken  Seite  des  Rambachs 
gelegenen  Acker  bei  iniuchboru  bis  über  den  Bierstadter  Wog  hinaus  /um 
grossen  Itainer  im  Woidcnbornfeldo,  während  der  kleine  Rainer  zum  llollerborn- 
felde  gehörte.  Das  Wort  Leber  mit  seinen  mancherlei  Nebenformen  (Lauber, 
Leiber,  Leubcr)  ist  wahrscheinlich  auf  das  ahd.  und  mbd.  lo,  des  lowes,  =: 
Loh  zurückzuführen  (vgl.  Annal.  XXYIII,  340). 

Das  dritte  J^'eld,  das  Weidonbornfeld,  erfuhr  lange  Zeit  keine  nachweisliche 
Erweiterung;  ein  grosser  Streifen  in  seiner  Mitte  nahm  noch  bis  in  das  18.  Jahr- 
hundert ein  tJcbüsch,  der  grosse  Hainer,  ein,  von  dem  wohl  hie  und  da  ein 
Stück  Land  unrechtmässiger  Weise  abgeptiügt  worden  ist,  doch  wurde  er  erst 
am  Ende  des  ersten  Viertels  des  18.  Jahrhunderts  vollständig   angerodet. 

IV.    Bruderode,   Bruderweg,   Bruderbach. 

Dass  die  Namen  der  Bäche  und  W'ege  in  den  Güterverzeichnissen  oft  vor- 
kommen, namentlich  der  Weg-e  nach  den  benachbarten  Orten,  ist  selbstverständlich, 
und  Beispiele  anzuführen  überflüssig.  Uns  interessieren  zunächst  nur  die  mit  dem 
Worte  Bruder  zusammengesetzten,  weil  das  eine  Wort,  Bruderweg,  bis  dahin  unbe- 
kannt war,  das  andere,  Bruderbach,  eine  eigentümliche  Wandlung  durchgemacht  hat. 

Am  29,  Dezember  992  schenkte  der  König  Otto  III.  den  Benedictiner- 
möuchcn  zu  Selz  im  Elsass  auf  Bitten  seiner  Grossmutter  Adelhaid  das  könig- 
liche Gut  in  Biburc  Moskebach  und  120  andere  Morgen  Landes.''-)  Die  Brüder 
von  Selz  müssen  sich  alsbald  an  diese  Anrodung  eines  Teils  dieses  Gebietes, 
das  noch  bewaldet  war  (es  war  dasjenige,  wo  später  das  Kloster  Clarenthal  lag), 
gemacht  haben,  und  es  erhielt  von  ihnen  den  Namen  Brnderodc  (Bruderrode)''-''), 
der  Weg  aber,  der  von  Wiesbaden  dahin  führte,  wurde  Bruderweg,  der  von 
dort  herströraende  Bach  Bruderbach  genannt,  Ln  Jahre  1296  kaufte  Köuig 
Adolf  durch  Vermittlung  des  Klosters  Eberbach''')  das  Thal  Bruderode  und  nannte 
seine  neue  Klosteranlage  Clarenthal.  Die  Zusammensetzung  der  Namen  mit 
Ih-uder  verlor  nunmehr  seine  Bedeutung  und  verschwand  allmählich.  In  den  ersten 
Jahren  nach  Clarenthals  Stiftung  erscheint  es  noch  einigemal ;  so  Bruderweg  im 
Eb.  G.  No.  74,  wie  wir  schon  oben  bemerkten,  aber  auch  noch  dreimal  im 
Karth.  G.  1430,  w^ährend  nach  dem  Merkerbuch  S.  17  ein  neuer  Klosterpfad 
„hinder  offen  Roddern''  gebräuchlich  w^urde,  der  auch  im  IG.  Jahrhundert  (nach 
dem  Herdschillingsbuch  von  1564  u.  ff.)  bestand. 

Auch  der  Name  Bruderbach  wdrd  noch  in  der  Urk,  von  1299  gebraurht 
und  ebenso  in  der  Urk.  vom  7.  April  1326,  im  August  1349  und  4,  Juni  1353; 
noch  einmal,  wie  es  scheint,  kommt  der  Name  in  einer  Urk.  von  1478  vor. 
Vom  Ende  des  vorhergehenden  Jahrhunderts  tritt  dafür  ein  der  Name  Druder- 


^-)  Sc  li  I  iepli  !ike  I,  127,  Unter  Custclluni  ist  mit  ihm  wolil  Castel  zu  verstelioii,  aber 
Cfistelluiii   im    weiterou  Sinne,  so  dass  es  die  l)oiden  {iiidereii  Orte  mit  inliogriti". 

^^)  Stiftuugsui-kiinde   von  Clarentlial.     Sc  li  1  ic  p  li  a  k  e  IV,  42,  44. 

^')  Eossei,  Eberb.  Urk.  II.  Xo.  542;  die  dort  folgende  Urkunde  No.  443  ist  infolge 
des  Lesefelilers  Innocentium  statt  Inventiorem  falscii  datiert. 


118 

bach;    so    im  Jahre  1380  im  Merkerbiich  S.  19,    1373  ebenda  S.  24,  während 
die  entsprechende  Urk.  S.  53  die  alte  Wortform    bietet. 

Über  den  Lauf  des  Bruderbachs  giebt  erwünschten  Aufschluss  die  Urk. 
vom  7,  April  1326:  hier  heisst  es  bei  Beschreibung  der  Mark  dos  Klosters: 
sie  solle  angehen  ..uf  der  bache,  die  da  iieizet  die  Bruderbach  oder  die  Forst- 
bach, die  do  fliezet  zu  der  rechten  hande,  so  man  get  von  Wysebaden  zu  dem 
Closter"  ;  er  floss  also,  wie  noch  heute  der  Bach  von  der  Klostermühle  her  an 
der  Wellritzmühle  vorbei  und  hatte  zu  seiner  Rechten  das  HoUerbornfeld.  Zu 
diesem  gehörte  auch,  wie  oben  bemerkt  ist,  der  Bruderwog,  der  danach  wohl 
neben  dem  Bruderbach  herlief. 


Text    des    Verzeichnisses. 

Situs  agrorum  in  Wisebaden. 

I.  Primus  camims  versus  Dotsheyni  habet  1.  luuini  iugcrum  supra  advocatum 
de  Cloi)i)cn.  —  2.  Item  II  iugera  supra  pueros  de  Bigen.  —  3.  Item  unum  iugcrum 
iuxta  Johanncm  dictum  Starkerat.  —  4.  Item  unum  iugerum  iuxtaEtzelonem  dc]Maguntia. 

—  5.  Item  II  iugera  apud  scultetum  dictum  Stelere.  —  6.  Item  VI  iugera  iuxta 
Mergardim  et  tendunt  iu  predicta  duo  iugera.  —  7.  Item  VII  virgas  apud  predicta 
VI  iugera,  et  Hertwin  iu  curia  monachorum  habet  ibi  prope  unum  iugerum.  — 
8.  Item  supra  predictum  Hertwinum  172  iugera.  —  9.  Item  unum  iugcrum  superius 
iuxta  Sibodeu.  —  10.  Item  1'/l>  iugera  superius  iuxta  Sifridum  militem  de  Dotsheym.  — 
11.  Item  III  iugera  supra  Cuuradum  dictum  Manuebeder,  —  12.  Item  unum  iugerum 
ante  silvam  bime  Holderborne.  —  13.  Item  unum  iugerum  bi  der  Siboden;  et  est  situm 
parum  inferius  iuxta  predictum  fontem.  —  14.  Item  unum  iugerum  supra  Stelere 
bime  Wilderait.  —  15.  Item  dimidium  iugerum  supra  Sifridum  militcm  in  via,  dum 
itur  de  Dotsheym  Wisebaden.  —  16.  Item  1^2  iugera  supra  Hertwinum  in  curia 
monachorum.  —  17.  Item  in  campo  versus  Sunnenberc  unum  iugerum  otten  nidcren 
weide  iuxta  domiuas  de  Diliendal. 

Summa  primi  campi  XXVIII  iugera  praeter  virgam. 

II.  Secundiis  campus  versus  Blidenstat  habet  18,  \.  virgas  supra  Etzelonem 
de  Maguntia.  —  19.  Item  unum  iugerum  of  der  I{ruder1)ach  iuxta  Wigandum,  filium 
Strettcr.  —  20.  Item  unum  iugerum  cum  dimidio  überhoben  in  den  wingarthen.  — 
21.  Item  offen  Ilengarte  II  iugera  supra  pueros  Gobelonis  de  Han  et  sunt  sita  an 
Schersteinre  hecke.  —  22.  Item  III  iugera  supra  Waltaffer  wege  iuxta  pueros  Starcradis. 

—  23.  Item  1^/2  iugeras  sub  Sifrido  de  Lintowen.  —  24.  Item  uiunn  duale,  tendit 
in  unum  iugerum  Sifridi  de  Tiintowen.  —  25.  Item  II  iugera  ame  Ilolswege  iuxta 
clericum.  —  26.  Item  dimidium  iugerum  supra  pueros  Starcradi.  —  27.  Item  unum 
duale  an  Schersteinre  hecken  iuxta  plebanum.  —  28.  Item  III  iugera  bi  der  Siboden. 

—  29.  Item  II  iugera  iuxta  plebanum  versus  Muschebach  bi  Hesseboume.  —  30.  Item 
unum  iugerum.  tendit  in  Muscliebecher  weit  bi  Starcraden  kinden.  —  31.  Item  unum 
iugerum  cum  dimidio  apud  pueros  Gobelonis  de  Han.  —  32.  Item  uiuim  iugerum 
sub  advocato  de  Cloi)iicn.  —  33.  Item  unum  duale  supra  plebanum  et  Johanncm 
opilionem.  —  34.  Item  III  iugera  an  des  Grewen  bunde  supra  Wigandum,  filium  Streffere. 

—  35.  Item  apud  viccdominum   1'  2  iugera.  Sunnna  XXVII  iugera. 

ni.  Tertius  campus  versus  Erbenheym  habet  36.  III  iugera  apud  iugera 
Sifridi  de  Lintowen,  et  tendunt  an  des  Grebcn  bunde.  —  37.  Item  iV-'  iugera  an 
der  llangrubcn.  —  38.  Item  l'/a  iugera  iuxta  molcndinum  Marescaici.  —  39.  Item 
unum  iui^'erum  sub  Sifrido,  militc  de  Dotsheym.  —  40.  Item  II  iugera  sub  Sifrido 
de  Lintowen,   —  41.  Item  duale    sub    sculteto    dicto  Stelere.  —  42.   Item  II  iugera 


11'.) 

apiul  Bortolfiini,   tilium  llertradis.  —    43.  Item  II  iuucia  apud  SitViduin  de  Liutowcn. 

—  44.  Item  uiium  iugerum  iuxta  viginti  iugera  predicti  Sitridi.  —  45.  Item  dimi- 
dium  iugerum  apud  Marcwardum  dictum  Lucebechere,  —  4G.  Item  unum  iugerum 
sub  sculteto  dicto  Stelere.  —  47.  Item  III  iugera  sujira  iugerum  plebani.  —  48. 
Item  unum  iugerum  bi  der  Wolfishecken.  —  4ü.  Item  IUI  iugera  et  dimidiuni  iuxta 
Sifridum  de  Todslieym,  —  50.  Itein  unum  iu.iicrum  apud  pueros  Guntrami.  —  51.  Item 
unum  duak'  bi  den  I'instbürne  apud  Iioricuin  de  Kaltoweue.  — ■  52.  Item  unum  iugerum 
apud  monialcs  de  Diffendal  hinder  der  Widen.  —  53.  Item  unum  iugerum  apud  Ilart- 
mudum,  tilium  Harzen.  —  54.  Item  unum  iugerum  supra  Stelere,  et  tendit  in  predic- 
tum  iugerum,  —  55.  Item  unum  iugerum  est  anewendcr,  et  bunda  coniitis  tendit  in 
predictum  iugerum,   —   5G.  Item  diinidium  iugerum  bi  der  Widen  apud  filios  Etzelonis, 

—  57,  Item  unum  iugerum  apud  Stelere  ofi'en  berge.  —  58.  Item  unum  duale  apud 
moniales  de  Diffendal,  Summa  XXXIIV2  iugera. 

59,  Item  liabemus  ibidem  curiam  situm  zu  Ufhoben.  —  60.  Item  babemus 
ibidem  iuxta  Bcrtam  dictam  Kmcrsen  ortum  unum,  —  61,  Item  babemus  ibidem 
II  iugera  vinearum  sita  Oberlioben,   de  quibus  dantur  XXX  colon,  hercditarie. 

De  predictis  bonis  damus  ad  census  comiti  Martini  IUI  solides  colon,  et  duos 
Colon,  Item  iniuste  ibidem  a  n(d)is  exiguntur  singulis  annis  tria  maldra  siliginis 
ad  precariam,  —  (Ua.  Item  datur  ibidem  avena  pro  censu  dimidia  mina  bestrogen 
in  festo  sancte  Gertrudis. 

Bona  Sopliie  becgine    in  Wisebaden. 

la,  Sojibia  becgina  in  Wisebaden  nobis  contulit  [domuni  suam  et  ortum  et] 
agros  subnotatos,  videlicet  62,  in  carapo  versus  Erbenheym  IY2  iugera  iuxta  Cunonem 
de  Rit'enberc.  —  63.  Item  unum  iugerum  liinder  der  Widen  supra  pueros  dicti  Treffere, 

—  64.  Item  unum  duale  in  dem  Sedosse  supra  moniales  de  Diffendal.  - — ■  65.  Item  unum 
iugerum  of  dem  Se^vege  apud  Ilenricum  Antelmannum.  —  66.  Item  dimidium  iugerum 
an  der  Hangruben  apud  Metzen  de  Aspensheim, 

Summa  primi  campi   V  iugera  pretor  virgam. 

IIa.  Secundus  campus  of  den  Hengarthen  habet  67.  V  virgas  apud  molen- 
dinum  Sifridi  Lintouwers.  —  [68.  Item  unum  iugerum  bime  Ilesboume  in  der  jMergel- 
gruben  apud  Stelere].  —  69.  Item  in  dissit  des  Ilesboumcs  unum  iugerum  ai)ud 
pueros  dicti  Treffere.  —  70.  Item  unum  iugerum  an  den  Waltaff'cr  wege,  apud  Kunonem 
de  Rift'enberc.  —  71.  Item  ower  den  Pluchwec  II  iugera  preter  virgam  apud  plebanum 
de  Drettinsbuscn  dictum  Kelrisbals,  —  72,  Item  an  den  Köderen  an  Wierswege 
unum  iugerum.  —  73.  Item  Überhoben  II  iugera  ober  den  wec  sub  moniales  de 
Diffendal.  Summa  sccundi  campi  IX  iugera  et  virga. 

III a.  74.  Tertius  campus  an  den  Bnulerwege  habet  75,  3V2  iugera  in 
uno  frusto  apud  duale  puerorum  Ilcrmanni,    ([ui  se    extendit  in  jiredicta  3\'2  iugera. 

—  75,  Item  of  Todheymer  wege  Y  virgas  in  uno  frusto  apud  Berstradem  dictam 
di  Swenen.  —  76.  Item  lV'2  iugera  tuchen  den  zuen  Pluchwegcn  apud  Kunonem  de 
Rifenberc,  —  77.  Item   unum  iugerum  se  extendit  in  den  Wilderot   apud  Sussemunt. 

Summa  YTI  iugera  et  virga.' ) 

|78.  Item  nobis  contulit  jtratum  situm  liinder  den  zuneii,  (]Uod  continet  unum 
iugerum.  |  De  (piibus  omnibus  damus  i)ro  censu  supra  tabulam  comitis  singulis  annis 
Martini  VII  Magunt.  Item  comiti  in  festo  Gertrudis  dimidiam  minam  avene  et  unum 
Pingwensem  belbelinc    Item  in  messe  comiti  II  minas  siliginis, 

79.  Nota  (juod  Tilmannus  de  Lurrenburc  dat  nobis  singulis  annis  II  inarcas 
denar,  Col,  de  domo  sua  situ  in  Wisebaden  et  de  omnibus  bonis  suis  ibidem  in 
festo  sancti  Michalielis, 


*}  Die  Addition  der  eiiizolucn  Posten    ist    nicht    immer  richtig,    auch    sind    oini;;o    niclit 
mitgerechnet  (vgl.   Xu.  fiti  u.  IJl  1.     Die  ganze  Sumnie  der  ^lorgon  beträgt  etwa  HO. 


120 


Anmerkungen   zu  dem  Text. 

Nu.  I.   Lber  die  drei  Felder:  S.  die  Einleitung  III. 

No.  1  Cloppen  =  Kloppenheini,  Klopheim.  Der  avocatus,  vielleicht  ein  Beamter  des 
(Dechantes  des)  S.  Petersstiftes  zu  Mainz,  der  einen  Hof  zu  Kloppenheim  erkauft  hatte  und  am 
28.  September  1283  von  allen  Steuern,  Zins  und  Dienstbarkoitslasten  durch  Graf  Adolf  befreit 
worden  war.     Schliephako,  Geschichto  von  Nassau  II,  167. 

No.  2.  3.     S.  oben  Ijuleitung  I. 

Xo.  4.  Mainzer  und  andere  Patrizier  besassen  nicht  selten  damals  (üiter  zu  AViosijadLii. 
so  Petermann  zum  Schaden,  Urkunde  1324;  AVencze,  vom  10.  August  1358;  der  weltliche  llichter 
Godefriede  um  1370;  Merkerbuch  S.  15,  16,  29;  der  Schultheiss  von  Oppenhoini  um  1376; 
Merkerbuch  S.  25,  Dileniannus  de  Wormacia;  Urkunde  vom  21.  Juli  1299. 

No.  5.     t%er  den  scultetus  Stelere  s.  oben  p]inleitung  I. 

Nu.  6.     Der  Name  Mergarden  wird  sonst  nicht  genannt. 

No.  7.     Die  curia  monachornm  lag  zu  Ufhoben;  s.  No.  59. 

Xo.  9.  Die  „Sibodi  von  Wiesbaden"  waren  ein  Zweii;-  der  Herrn  von  AViesltadou. 
Koth,  Geschichte  der  Stadt  Wiesbaden,  S.  571.  AVegen  des  weiblichen  Artikels  in  No.  13  u.  28 
darf  man  an  eine  Frau  oder  Witwe  denken.  S.  oben  I. 

Xo.   10.     Über  den  Kitter  Sifrid  von  Dotshyni  s.  oben  I. 

Xu.  11.  Der  Xame  Enirich  Mannebeder  kommt  im  Jahre  1373  unter  den  Schöffen  vor; 
Merkerbuch  S.  52. 

Xo.  12.  Der  Holderborn,  später  llollerburn,  nach  dem  das  ganze  Feld  l)enannt  wurde, 
hatte  seinen  Xamen  von  dem  bei  ihm  stehenden  Holunder  =  Holder  oder  Holler.  Das  Herd- 
schillingsbuch (1564)  unterscheidet  einen  obersten  und  untersten  Hollerborn. 

X^'o.  14.     Der  städtische  Wald  Wilderait,  später  die  W^ellritz  genannt.  Annal.  XXX,  131  ff. 

Xo.  17.  Über  den  campus  versus  Sunnenberc  s.  Einleitung  III.  —  Die  Nonnen  von 
Tiefenthal  hatten  naeli  ihrem  Güterverzeichnisse  von  c.  1370  „of  dem  Leubeiberg"  2+3  Morgen. 
Die  Summe  beträgt  28  Morgen  praeter  virgam  =  27  Morgen  und  3  Ruten. 

Xo.  18.     Über  den  campus  versus  Blidenstat  s.  Einleitung  III. 

Xo.  19.     Über  die  liruderbach  s.  Einleitung  S.  117. 

No.  20.  Über  überhoben  s.  Einleitung  III.  Die  Worte  cum  dimidio  sind  ( nachträglicli) 
übergeschrieben.     S.  zu  Xo.  35. 

No.  21.     Über  Hengarten  s.  Einleitung  III.     Hau  ist  das   Dorf  llalin  bei   Welien. 

Xo.  23.     Über  Sifrid  de  Lintowen  s.  Einleitung  I. 

No.  24.  Ein  duale  oder  Zweiteil  wurde  besteuert  mit  6  Pfg.  oder  ^/4  eines  Ackers  von 
1  Morgen,  betrug  also  soviel  als  drei  Kuten  Breite,  <la  1  Morgen  8  Pfg.  oder  1  Albus  ent- 
richtete.    Annal.  XIX,  84;  Merkerbuch  S.   13,  Anm.  4. 

Xu.  25.     Über  den  Holsweg  s.  oben. 

No.  29.  Der  Hesseboum,  so  auch  in  der  Urkunde  vom  11.  .Juli  1244,  No.  68,  69.  Iles- 
boum  bei  Rössel,  Das  Stadtwappen  8.  Gl,  Hezzebum  ist  die  Esper;  Heyne  in  Grimms  Deutschem 
Wörterbuch  IV,  2,  1269. 

No.  30,     Die  Worte  cnm  dimidio  sind  (nachtrügiich)  übergeschrieben,  s.  zu  Xo.  35. 
No.  35.     Über  den  vicedominus  s.  Einleitung  I.  —  Die  Summe  dieses  Feldes  beträgt  nicht 
27,  sondern  28  Morgen.     Der  Irrtum  des  Schreibers  beruht  darauf,  dass  er  die  zweimal  ^1-2  31orgen 
nicht  mitrechnete,  da  sie  in  der  ersten  Niederschrift  noch  nicht  eingetragen,  sondern  erst  nach- 
träglich eingefügt  waren. 

No.  la.    Die  eingeklammerten  Worte  sind  in  der  Handschrift  ausgestrichen. 
No.  68.    Die  eingeklammerten  Worte  sind  in  der  Handschrift  ausgestrichen. 


Register  zu  dem  Text. 


Autolinaiin,   lleiiricus  65. 

Aspenslieira :  Metze  de  06, 

Üoi'striula  Sweiien  75. 

Kei'tii   l'hnorseri  60. 

Kertolfus,  filius  iJei'tnulis  42. 

lügen,  puori  de  2. 

ürudorliiicli    V^. 

llrudorweg'  74. 

r.ui)de:    Gro-\von  i)Uiidc  :54,    Groben  biindc  36, 

Bunda  conütis  55. 
do  Oloppeu,  advocatus  I,  62. 
curia  nionachorinu  7,    in  Uflioben  59. 
Diffondal   17,  52.  58,  64,  73. 
do  Dotsheym,  .Sifridus  niiles   10,    15,  39,  44. 
de  Todosiieini,  Sifridus  49. 
de  Drettinshusen,  plebanus  de  Dr.  71. 
Eljerbacb,  curia  7,  16,  59. 
Emersen  s.  JJerta  60. 
Etzclo  de  Moguntia  4,  llS. 
Ktzclonis  tilii  56. 
Felder:  campus  versus  Biidenstat  18. 


an  dem  Bruderweg  74. 


„         versus   Dotsheym  1. 

,,  ,,         Erbenheim  36,    92. 

^         orten    (of    den)    liengartcn 
(Hengarthen)  21,  67. 

„         Oberhoben  20,  61. 

„         versus  Sunnenberc  17. 
von  Frauenstein  s.  Murscalcus. 
(fübelonis  de  Han,  pueri  21,  31. 
Orowcn  bundo  s.  Bunde. 
Giintrami,  pueri  50. 
die  Ilangrubo  37,  66. 
Ilartmudus  tilius  Herzen  53. 
Hermann],  pueri  74. 
Uertwic  7,  8,  16. 
Hesseboum  29,   Ilosboum  68,  69. 
Holderboru  12. 
Johannes  opilio  33. 
de  Kaltüwcno  51. 
Kelrishals   71. 
iändau:  Sifridus  de  l.intowen  '_'3,  24,  36,  40, 

43.     iMolendinum  Sifridi  de  L.  67. 
Lucebecher,  Marewardus  45. 


de  Jjurronburc,  Tihn.  79  (Domus  i.  Wiscbadonj. 

Mainiobeder,  Cunradus  II. 

Maasso:  mina  78,  mina  bostragon  61. 

Marescalci  molendinum  38. 

Mergardis  6. 

Mergelgrube  68. 

Metze  von  Aspensheim  66. 

Mühlen  38,  67. 

Münzen:  helbeiinc  l^ingensis  78a. 

Muscliobacli  29,     M.  weit  30. 

Obirhoben  20,  61.  fllfhoben  59). 

Opilio  8.  Johannes  33. 

die  Plucliwege  71,  76. 

Pinstborn  51. 

Reittenberg:  Cuno  de  Rifenberc  (Kiilenberc) 

62,  70,  76. 
an  den  Rodeten  72. 
Roricus  de  Kalte wene  51. 
Scliersteinre  hecken  21,  27. 
Seefloss  64. 

iuxta  Sibodeu  13,  28,  9. 
Sophia  becgine   in  Wisebaden  252. 
Starkerat,  Johannes  3. 
Starkradi,  pueri  22,  26  (SturkradiJ. 
Starkraden  kinde  30. 
Stelere  scultetus  5,  41,  46. 
Stelere  14,  54,  57,  68. 
Sussemunt  77. 
Swenen  75. 
Ti'eftori,  pueri  63,  69. 
zu  Ufhoben  curia   monachuruni  59. 
Yicedominus  35. 
Wege :  Bruderweg  74. 

Botsheymer  Weg  15,  75. 

Holsweg  25. 

die  Pluckwegc  71,  76. 

Seweg  65. 

AValtatferweg  22,  70. 
hinter  der  Widen  52,  63. 
bi  der  Widen  56. 
Wigandus,  filius  Strettcri  19,  34. 
Wilderait,  Wilderot  14,  77. 
Wollishecke  4b. 
hinter  den  Zuncn  78. 


Schulgeschichtliche  Beiträge  aus  den  ältesten 
Visitationsakten  der  Niedergrafschaft. 


YüM 

W.  Diehl. 


Das  St,  Goarer  Stiftsarchiv  enthält  zwei  interessante  Fascikcl :  Visitations- 
akten der   Niedergrafschaftspfarreien    aus  den  Zeiten  von   1571  —  1670,    die  bis 
jetzt    noch  niemals    eingehend   benutzt    worden  sind.     Man  kann   dies  auch  be- 
greifen,   denn  zu  einem    grossen  Teil    sinds   schwer  zu    lesende  Konzepte    von 
Visitationsberichten,  dazu  im  Lauf  der  Zeiten  so  verbunden  und  durcheinander 
geraten,  dass  eine  grosse  Ausdauer  dazu  gehört,  diese  Akten  eingehend  studieren 
zu  können.     So  weit   ich  sehe,    hat  sie  zuletzt    David    Christiani    (1658 — 1681 
Superintendent  der  Niedergrafschaft)  benutzt,  von  dessen  Hand  auch  eine  grosse 
Anzahl  von  Randbemerkungen  und  Beiträgen  in  diesen  beiden  Bänden  stammt. 
Aber  diese  Benutzung    war  mangelhaft.     Die  aus  ihr   erwachsenen   Pfarrerver- 
zeichnisse bedürfen  in  huuderten  von  Stellen  der  Verbesserung,   und  diese  Ver- 
besserung  ist  sehr  oft   auf  Grund    gerade  der  von  Christiani    benutzten  Akten 
möglich.     Zu  diesem  Umstände   kommt  aber  nun  ein  anderer,    der  mit  unsreni 
Thema  zusammenhängt.     Die  so  überaus  wichtigen  Studien  über  die  Geschichte 
des  Volksschulwcsens  in  Hessen  können  nur  dann  mit  wirklich  durchschlagen- 
dem Erfolg  betrieben  werden,  wenn  man  sich  die  Mühe  nimmt,  den  Gründungen 
auch    der    kleinsten   Dorfschulen    nachzugehen    und  alle    erreichbaren    sicheren 
Nachrichten  über  die  Personen  der  Lehrenden  zusammenzustellen.    Dazu  bieten 
uns  aber  Visitationsakten    die  beste    Quelle,    namentlich    wenn  sie  mit    solcher 
Genauigkeit   geführt  sind,    wie  die  des  Jahres  1598  99    unseres  ersten  Bandes, 
welche  unter  dem  Titel  „Visitir-Buch  gehörig  sue  der  inspecfAon  dero  Kirchen 
in  der  Nidder-Gr  äff  schafft    Catzenelnpogen   geschrieben  und  gehalten  durch  M. 
Christianum    Zindelium    Allendorphensem    ad    SaUiias    Hassiacas    itziger    Zeit 
Superintendenten   in  der  Nidder-Grafj'schafft    Catzenelnpogen  und    Pfarrern  ziie 
S.  Goar  am  Rein  Anno  1598  Mense  Octobri  usic.'^  unseren  Akten  eingereiht  sind. 
Im    nachfolgenden    sollen    alle    Schulnachrichten    dieser   Visitationsbände,    deren 
erster  hauptsächlich    die  Amter  Höllenstein,    Rciclienberg  und  Rheinfels,    deren 
zweiter  aber  die  vierherrischen  und  zweiherrisclien  Pfarreien  behandelt,  in  drei 
Gruppen    vorgeführt  werden.     Bemerkt   sei  noch,    dass  ausser   den  Nachrichten 
der    Visitationsakten    nur    noch    die  „Acta    Synodi    Comitatus    Cattocubitonsis", 


123 


die  von  mir  in  der  Zeitschr.  für  prakt.  Theol.  11)00  bearbeitet  wurden,  und  die 
Stipendiatenakten  und  -rechnungen  der  Giessen  -  Marburger  Universität  zur 
Benutzung  herangezogen  werden  konnten,  sowie  dass  ich  der  in  dieser  Zeitschrift 
Bd.  XXXI  lieft  2  abgedruckten  Arbeit  von  A.  Held  mann:  „Die  hessische 
Diözese  der  Niedergrafschaft  Katzenellenbogcn ,  ihre  Superintendenten  und 
Inspektoren"  manche  Förderung  verdanke.  Auf  Gedrucktes  habe  ich  um  dosscnt- 
willen  weniger  Wert  gelegt,  als  gerade  die  über  die  Pfarreien  der  Niedergrafschaft 
vorliegenden  Pfarrerverzeichnisse  vielfach  sich  als  trügerisch  erwiesen  haben  und 
ich  lieber  einen  kleinen,  aber  richtigen,  als  einen  scheinbar  vollständigen  und 
in  Wirklichkeit  die  Verhältnisse  nur  mehr  noch  verwirrenden  Beitrag  liefern 
wollte.  Die  einzigen  noch  zu  benutzenden  Akten,  nämlich  die  Bestellungsakten 
aus  der  Zeit  von  1604 — 1626  und  die  Kirchenbücher  der  einzelnen  Pfarreien 
genauer  durchzusehen,  dazu  fehlte  mir  leider  Zeit  und  Gelegenheit. 

I.    Die  althessischen  Pfarreien. 

Bei  der  Zusammenstellung  der  Schulnachrichten  aus  Zindels  Visitierbuch 
(das  von  seinen  Naclifolgern  nachher  fortgesetzt  wurde)  beginnen  wir  selbst- 
verständlich mit  der  Stadt,  für  die  ein  geordnetes  Schulwesen  schon  in  frühesten 
Zeiten  nachweisbar  ist, 

1.  St.  Goar. 
Indem  ich  hier  auf  die  Erörterung  der  Frage,  wann  die  erste  Schule  in 
St.  Goar  gegründet  worden  sei,  verzichte,  teile  ich  nur  das  mit,  was  ich  auf 
Grund  der  von  mir  benutzten  Akten  an  interessanten  Nachrichten  über  das 
St.  Goarer  Schulwesen  der  Zeit  von  1556—1640  gefunden  habe.  Da  habe  ich 
zuerst  festzustellen,  dass  die  Schule  1599  von  zwei  studierten  Präzeptoren 
bedient  wird,  dass  aber  die  Zahl  der  die  Schule  in  Anspruch  nehmenden  Kinder 
so  gering  ist,  dass  der  Superintendent  Zindel  den  Plan  fassen  kann,  eine  dieser 
beiden  Sehulstellen  zu  kassieren  und  ihre  Einkünfte  zur  Errichtung  eines 
Diakonates  zu  verwenden,  dessen  Inhaber  freilich  verpflichtet  sein  sollte,  neben- 
bei zugleich  Primarius  Magister  scholae  zusein.  Zindel  schreibt:  „Zu  St.  Goar 
seind  an  der  Schneie  zween  praeceptores,  welche  nicht  mehr  alss  etwan  dreissig 
Knaben  haben,  unter  denen  die  meisten  deutsch  lernen  schreiben  und  lesen, 
und  gehen  also  die  Schuelmcistei-  dabey  fast  müssig;  haben  dargegen  zimliche 
Besoldung.  Der  primarius  Joannes  Appellerus  Fridslariensis  hatt  järlich 
zur  Besoldung : 

60  fl.  Reinische  gülden  an  geldt, 
10  mltr.  Popparter  mass  Korn, 
1   mtr.  Popparter  mass  haffer. 
Wein  ist  uustendig,  tragt  zu  gutten  Jahren  etwas  und  diss  Jahr  2 
Fudder  und  1   Olim. 
Der  Collega    Guilelmus  Colon  ins  Goarinus  hat  järlich  zu  besoldung 
50  Reinische  Gülden  an  gelde, 
8  Mltr.   Popparter  mass  Korn, 
1  mtr.  Haffer  Poppcrter  mass, 
Wein  dem  primario  gleich. 


124 

Waud  uuu  fliesei"  Collegen  einer  Avindo  auderswohiu  transferiret  und  au 
seine  stadt  ein  Diaconus  augenommeu,  und  deniselbigen  mith  hin'^u  eine  lectio 
Theologica  in  schola  des  tags  ein  stund  über  demandiret,  und  Ihm  des  untersten 
praeceptoris  besolduug  zugelegt  und  über  das  noch  ein  Cauonicat  vom  Stift, 
und  dann  die  31  fl.  so  von  wegen  der  Predigt  autFm  Schloss  fallen,  so  kont 
sich  ein  tertius  (sc.  Pfarrer!)  zimlich,  doch  nur  nach  notturfft  betragen,  bis 
das  man  sehe,  wie  es  Gott  weitter  ordnete.  Dargegen  behielt  Du.  CTrypiiius 
ad  vitam  die  gantze  besoldung,  so  er  vom  stifft  hette,  doch  müst  man  dahin 
sehen,  das  einem  Diacouo  etwas  auch  von  "Weingarten  zu  seiner  Haushaltung 
würden  verordnet,  ingleichen  von  etwas  feddervielie,  welches  Duo  Gryphio,  als 
dem  die  Last  benommen  würde,  müst  abgekürzet  werden." 

Diese  Stelle  kann  doch  nur  besagen,  dass  mau  die  zweite  Präzeptorstelle 
eingehen  lassen  und  aus  deren  durch  andere  Einkünfte  vermehrten  Besoldung 
eine  Diakonatsstelle  schaffen  sollte,  deren  Inhaber  neben  seinem  Pfarramt  dann 
die  Verpflichtung  zur  Unterstützung  des  einen  Prüzeptors  im  Schulamte 
haben  sollte.  Der  Landgraf  verfügte  nun  auch  IGOO  die  Berufung  dieses  tertii, 
der  zugleich  primarius  Scholae  Magister  sein  sollte,  und  alsbald  wurde  diese  Ver- 
fügung in  die  That  umgesetzt:  Wilhelm  Colouius  kam  als  Pfarrer  nach  Holz- 
hausen, und  als  Diaconus  und  primarius  praeceptor  wurde,  anscheinend  ebenfalls 
schon  1600  oder  1601,  M.  Christoph  Korn  angenommen,  der  nicht  erst  (wie 
man  bisher  annahm)  nach  Greifs  Emeritierung  (1604)  nach  St.  Goar  kam,  son- 
dern in  dem  zu  Greifs  Emeritierung  führenden  Zindel-Greifschen  Streit  als  Amts- 
kollege dieser  beiden  und  als  Hintermann  Zindels  bereits  1602  erscheint. 

Es  steht  ausser  allem  Zweifel,  dass  diese  1600  vollzogene  Aenderung  ein 
Zeichen  des  Rückgangs  des  St.  Goarer  Schulwesens  darstellt.  Denn 
das  ist  ein  Rückgang,  wenn  die  volle  Schulthütigkeit  eines  nur  für  das  Schul- 
wesen angestellten  Lehrers  ersetzt  wird  durch  täglich  eine  lectio  theologica 
eines  für  das  Pfarramt  angestellten  Diaconus.  Es  war  dies  ein  Rückgang  auch 
geschichtlich  betrachtet,  nämlich  in  die  Zeit  vor  1588,  seit  welchem  Jahr  in 
St.  Goar  zwei  für  den  Schuldienst  besonders  bestellte  Schulmeister  nachweis- 
bar sind.  Wir  müssen  hierauf  mit  einigen  Worten  eingehen.  Man  hat  bisher 
die  Stellung  zweier  Männer  zum  St.  Goarer  Kircheuwesen  vielfach  falsch  beur- 
teilt, des  Justus  Gryphius  und  des  Johannes  Erlenbach.  Darüber  geben 
uns  nun  unsere  Akten  klare  Antwort.  Sie  bezeugen,  dass  der  bereits  1564  in 
St.  Goar  wirkende  Johannes  Erlenbach  am  4.  5.  1587  als  Pfarrer  von  St.  Goar 
gestorben  ist  und  dass  ein  Jahr  später  der  an  seine  Stelle  gerückte  Justus 
Gryphius,  der  der  Kirchen  und  Schulen  zu  St.  Goar  32  Jahr  lang  gedient  hat, 
dai'um  bittet,  dass  man  seinem  Sohne  Justus  den  jetzt  erledigten  Dienst  in 
St.  Goar  geben  möge.  Von  dieser  Zeit  au  erscheint  Justus  Gryphius  I.  als 
Pfarrer  von  St.  Goar  und  er  ist's  geblieben  bis  1604.  Was  war  er  aber  vor- 
her? Nun,  er  war  Diener  der  Kirchen  und  Schulen  32  Jahre  lang.  Er  ver- 
waltete eines  der  Filiale  (Biebernheim':')  und  war  Leiter  der  Schule.  Dass  er 
auf  dieser  Stelle  sich  solange  hielt,  wii'd  uns  auch  klar.  Er  wurde  vom  Land- 
grafen Philipp  besonders  unterstützt;  schon  1575  ist  er  im  Besitz  eines  Cano- 
nicates  zum  Studium  seiner  Sühne. 


125 

Nach  dieser  Darlegung  ist  das  Pfarramt  St.  Goar  besetzt  für  l.")64 — 1604, 
der  eine  Schuldienst  für  1556 — 1587,  es  handelt  sich  jetzt  nur  noch  darum, 
nachzuweisen,  wer  in  der  Zeit  vor  1587  neben  Gryphius  den  zweiten  Schul- 
dienst und  nach  1587  nach  Gryphius  Übergang  ins  Pfarramt  die  beiden  S(-hul- 
dienste  in  St.  Goar  versehen  hat.  Die  Namen  sind  uns  zum  Teil  bekannt.  Es 
erscheinen  in  der  Zeit  vor  1587  neben  Gryphius:  Ivo  Pistorius  (1559 — 1504), 
Wilhelm  Padersberg  (vom  März  1564  an).  Nach  1588  aber  erscheinen: 
M.  Just  Gryphius  II.  (1588 — 1594)  und  Franciscus  Briaeus  (einige 
Jahre  vor  1596  bis  1596),  Johannes  Ap eller  (vor  1598  und  noch  1604)  und 
Wilhelm  Colon  ins  (von  1599—1600).  So  wenig  wir  berechtigt  sind,  mit 
Bestimmtheit  die  Einrichtung  von  zwei  besonderen  Schulstellen  ins  Jahr  158S 
zu  setzen,  so  wahrscheinlich  wird  doch  die  Sache  durch  diese  Namen. 

Die  Einrichtung,  die  im  Jahre  1600  getroffen  wurde,  ist  ein  Rückgang 
in  die  Zeit  vor  1588,  Oder  anders  ausgedrückt:  die  Einrichtung  zweier 
besonderer  Schulämter,  wie  sie  uns  1599  begegnet  und  1588  vollzogen  zu  sein 
scheint,  musste  1600  rückgängig  gemacht  werden.  Freilich  nur  auf  kurze  Zeit. 
Es  ist  der  rührigen  Arbeit  der  Superintendenten  für  Herbeiführung  eines 
besseren  Schulbesuchs  zu  danken,  dass  sclion  bald  nach  diesen  Zeiten  das 
Bedürfnis  nach  einem  zweiten,  ganz  dem  Schulamt  lebenden  Lehrer  wieder  in 
den  Vordergrund  tritt.  Schon  1607  ist  diesem  Bedürfnis  Rechnung  getragen : 
es  begegnen  uns  da  schon  wieder  zwei  Schulmeister  in  St.  Goar,  M.  Christian 
Zindel  und  Rudolf  Wullenius,  und  bei  diesen  zwei  Schulstellen  bleibts 
bis  in  die  Zeiten  der  Darmstädter  Herrschaft.  Unter  ihr  wird,  anscheinend 
zum  erstenmale  1 636,  noch  eine  dritte  Schulstelle  in  St.  Goar  erwähnt ; 
der  Dienst  dieses  dritten  Schuldieners  ist  mit  dem  Organisteuamte  verbunden. 
Es  scheint,  als  habe  die  Periode,  in  der  nur  ein  dem  Schulamt  sich  völlig 
widmender  Schulmeister  am  Orte  war,  nur  von  1600 — 1604  gedauert  und 
lediglich  an  der  Person  Horns  gehängt.  Sicher  ist  jedenfalls,  dass  die  primarii 
prai'ccptores  schon  1607  und  noch  1634  in  erster  Linie  Schulmeister  waren 
und  heissen.  Um  ihres  (von  Alters  hergebrachten)  Dienstes  in  Biebernhcim 
willen  nennt  man  sie  (schon  1627)  auch  Mitprediger, 

Diese  Förderung  des  St,  Goarer  Schulwesens  war  allerdings  nur  dadurch 
möglich,  dass  die  Schule  an  ihrem  Charakter  einen  eigenartigen  Zug  einbüsste. 
1599  mehr  Lateinschule,  bekommt  sie  immer  mehr  das  Kolorit  einer  der 
gewöhnlichen  Landschulen,  Die  Latein  Lernenden  werden  immer  seltener.  Es 
war  dies  die  natürliche  Folge  der  Arbeit  der  Superintendenten,  die  auf  mög- 
lichst weitgehende  Teilnahme  der  vorhandenen  Schulkinder  am  Unterricht  der 
St.  Goarer  Schule  hinarbeiteten  und  zugleich  der  vorhandenen  „teutschen 
Nebenschul"  des  Friedrich  Donatus  das  Wasser  abgraben  wollten,  was 
ihnen  auch  1619  gelang.  Wir  ersehen  das  aus  einer  Stelle  in  dem  Protokoll 
der  1619  abgehaltenen  Visitation,    die  kurz  zusammengefasst  folgendes  besagt: 

1.  Der  hessische  Catechismus  wird  getrieben. 

2.  Da  die  Leute  sich  vielfach  mit  schwerer  Handarbeit  ernähren  müssen, 
so  kommen  Schulversäumnisse  vor.  Doch  worden  sie  von  Seiten  der 
Lehrer  beschränkt. 


126 

3.  Etliche  aus  dem  Rat  erhalten  deu  Auftrag,  Mitinspektiou  auf  die  Schule 
zu  haben. 

4.  „Die  Tentamiua  und  Examina,  so  viel  immer  geschehen  mag,  werden 
gehalten,  aber  wenig  sind  die  lateinisch  lernen,  sondern  die  meinsten 
lernen  beneben  dem  Catechismo  nur  deutsch  lesen  und  schreiben." 

5.  „Man  lasset  auch  die  Schulmeister,  wann  es  die  Noth  erfordert  oder 
sie  sonst  begeren,  auf  die  Cantzel  treten   und  predigen." 

6.  Die  Disciplin  ist  gut. 

7.  „Die  Deutsche  Xebenschuel  des  Friderici  Donati  ist  abgeschafft,  und 
gehen  sonst  die  discipuli  zu  den  andern  von  dem  F.  Consistorio  anhero 
verordtneten  praeceptoru  in  die  Schule." 

Ebenso  lesen  wir  in  einem  Bericht  des  Superintendenten  Breideubach  vom 
Jahr  1G27  über  das  St.  Goarer  Schulwesen: 

1.  Luthers  Catechismus  beneben  den  Fragstücken  in  der  Kirchenordnung 
wird  allgemein  getrieben. 

2.  Die  Praeceptoren  Fabritius  und  Johann  Staal  sind  fleissig,  haben 
aber  wenig  Schüler,  da  viele  zur  Handarbeit  angehalten  werden. 

3.  Die  Tentamiua  zu  halten  wurde  eingeschärft.  Aber  wenig  sind  der 
Knaben  die  itzunder  Lateinisch  lernen ;  fangen  ahn  zu  dechoiren 
und  conjugiren,  und  etliche  wenige  in  stylo  sich  zu  exerciren :  die 
meisten  lernen  beim  Catechismo  nur  teutsch  lesen  und  schreiben. 

Es  erübrigt,  dass  wir  noch  die  Namen  der  Schulmeister  mitteilen,  welche 
uns  in  unseren  Akten  als  in  St.  Goar  wirkende  Praeccptores  begegnet  sind.  Ist 
es  auch  keine  irgendwie  vollständige  Liste,  so  sind  doch  ihre  Nachrichten  fast 
alle  aus  bisher  unbenutzten  Archivalien  erhoben  und  haben  deshalb  ein  Anrecht 
auf  Glaubwürdigkeit. 

A.    Deu  Oberschuldienst  versehende  Persönlichkeiten: 

1.  M.  Justus  Greif  (Gryphius)  von  1556 — 1587  Kirchen-  und  Schuldiener 
in  St.  Goar,  1587  — 1604  Pfarrer  daselbst;  wird  infolge  der  Händel  mit 
dem  Superintendenten  Zindel  1G04  emeritiert. 

2.  M.  Justus  Greif  IL  scheint  1588 — 1594  Schulmeister  in  St.  Goar 
gewesen  zu  sein.  1.594  wird  er  Pfarrer  in  Werlau,  wo  er  noch  1616  steht. 

:'..  M.  Johannes  Apeller  von  Fritzlar  vor  1598  und  bis  1600  Ober- 
schulmeister, versieht  1600—1604  die  Stelle  des  zweiten  Schulmeisters. 
1604—1621  Pfarrer  in  Nastätten. 

4.  M.  Christoph  Hörn  scheint  KUX)  Diaconus  in  St.  Goar  und  primarius 
Praeceptor  geworden  zu  sein.  Er  erscheint  als  solcher  sicher  Ende 
1602.  1604  ff.  Nachfolger  des  Gryphius  im  Pfarramt,  soll  er  1608  bereits 
erster  Pfarrer  an  der  Unterneustadt  in  Cassel  geworden  sein,  was  um 
so  wahrscheinlicher  ist,  als  1607  bereits  M.  Georg  Büttner  als  „Pfarrer 
von  Ptheinfels"  genannt  wird,  neben  dem  zwei  Schulmeister  stehen.  161.'> 
erfolgt  Horns  Ernennung  zum  Superintendenten  in  St.  Goar,  in  welchem 
Amte  er  nicht  1617  (wie  man  bisher  annahm),  sondern  erst  1618  dem  (vor- 
her admiuister  in  St.  Goar  genannten)  M.  Hermann  Ewald  Platz  macht. 


\'2"i 

f),  11  ud ü  1  f  W  u  1 1  c u i  u s  erscheint  1(K)7  als  suspendierter  pracceptor  primarius, 
wird  aber,  ,,dieweil  er  sich  während  der  Suspension  still  gehalten," 
um  10.  10.  1G07  wieder  in  diesen  Dienst  eingesetzt.  1608 — 1024  wirkt 
er  als  Pfarrer  in  Bachheim,  von  wo  er  nach  verschiedenen  missglückten 
Versuchen  ]()24  nach  Bärstadt  kommt.     Dort  stirbt  er  1025. 

(■).  M.  Johannes  Kurtzrock  wird  am  4.  12.  KUo  zum  Primarius  bestellt. 
Er  war  schon  an  einem  andern  Ort  Schulmeister  gewesen  und  bekommt 
die  Stelle  in  St.  Goar,  trotzdem  dafür  vom  Konsistorium  M.  Philipp 
Zöller  bestimmt  war,  weil  er  ein  guter  Musicus  ist.  Er  wirkt  hier  von 
16K» — 1018,  wird  1018  dem  Pfarrer  Ivo  Pistorius  in  Patersberg  ad- 
jungiert  und  nach  dessen  Emeritierung  Pfarrer  daselbst.  1020  wird  er 
von  da  durch  Hesscn-Darmstadt  removiert. 

7.  M.  Thomas  Krug  von  Rothenberg  wirkt  hier  als  Rector  von  1618 
an.  Hierauf  soll  er  Pfarrer  in  Ruppertshofen  geworden  sein,  von  wo 
er  1020  durch  Ilessen-Darmstadt  removiert  wurde.  Hierauf  Collaborator 
in  Ilersfeld,  wird  er  10o8  tertius,  105))  Conrector,  1054  Rector  in  Cassel. 
Dort  ist  er  am  28.  11.  1075,  81  Jahre  alt,  gestorben. 

8.  M.  Andreas  Sc hönius  Augustanus  wird  am  1.  7.  1027  als  Mitprediger 
und  Rector  in  St.  Goar  bestellt,  kommt  aber  schon  nach  einem  Viertel- 
jahr weg  nach  Schwebda.  lOoo — 1035  Pfarrer  in  Eppstein  soll  er 
1635  nach  Gross-Bieberau,  doch  ward  nichts  draus.  Er  ist  in  E.  1635 
an  der  Pest  gestorben. 

9.  M.  Constantin  Fabritius  von  Giessen  wird  am  7.  10.  1627  als 
Pfarrer  von  Biebernheim  und  Oberschuldiener  in  St.  Goar  bestellt  und 
wirkt  hier  bis  1029.  1035  begegnet  er  uns  als  vertriebener  Pfarrer 
von  Werda  (Fulda)  und  als  Pfarrer  von  Schwickartshausen,  1035 — 1049 
als  Diaconus  in  Nidda,  wo  er  am  7.  12.  1049  stirbt. 

10.  Heinrich  Rab  von  Utphe  wird  Oberschulmeister  und  Pfarrer  von  B. 
am  10.  11.  1629.  Er  wirkt  in  dieser  Stellung  bis  1034,  avo  seine  Ver- 
setzung auf  die  Pfarrei  Nastätten  erfolgt.  Dort  ist  er  bald  nachher 
gestorben. 


o^ 


B.    Unterschulmeister. 

1.  Ivo  Pistorius  wirkt  5  Jahre  als  Schulmeister  in  St.  Goar,  wahr- 
scheinlich 1559 — 1504,  dann  1504 — 1018  als  Pfarrer  in  Patersberg. 
Dort  ist  er  auch  gestorben,  nachdem  ihm  1018  ein  Adjunkt  beigegeben  war. 

2.  Wilhelm  Padersberg  kommt  nach  dem  Stipendiatenalbum  1504  hier- 
her an  die  Schule. 

3.  Franz  Briaeus  bis  1590  Schulmeister  in  St.  Goar,  1597 — 1020  Pfarrer 
in  Bornig,  1020 — 1635  in  St.   Goarshausen. 

4.  Wilhelm  Colonius,  1599  vorkommend  bis  1000,  wo  er  als  Pfarrer 
nach  Holzhausen  kommt.  1()()5  romoviert,  verschwindet  er  aus  der 
Niedergrafschaft.  Er  ist  wohl  identisch  mit  dem  Träger  gleichen  Namens, 
der  1626  mit  der  darmstädtischen  Herrschaft  als  Pfarrer  nach  Bornig  kommt. 

5.  M.  Johannes  Apeller  (vergl.  oben)  1000 — 1004. 


128 

H.  M.  Christian  Ziudel,  1()<>7  wird  von  ihm  berichtet,  dass  er  geflohen  sei. 

7.  Martin  Düremberg  ist  IGlo  schon  so  hing  Unterschuhneister,  dass 
er  hofft,  Primarius  zu  werden.     Doch  wird  nichts  daraus. 

8.  Philipp  luzelius  wirkt  hier  bis  1625.  1625/2(3  Pfarrer  von  Werhiu, 
wird  er  von  den  Darmstädtern  seines  Dienstes  entsetzt. 

9.  ,M.  Johannes  Volland,  bisher  Lehrer  am  Pädagog  in  Marburg  und 
von  den  Darmstädtern  vertrieben,  soll  1625  Inzels  Nachfolger  werden. 
16.  ^)  1625  dazu  ernannt,  muss  er  1626  schon  wieder  wandern,  da 
ihn  die  Darmstädter  Herrschaft  nicht  duldet.  Er  wird  dann  Kudimen- 
tarius  an  der  Stadtschule  in  Cassel  und  stirbt  daselbst  1654,  59  Jahr  alt. 

10.  Johannes  Stahl  (Chalybius)  von  St.  Goar  wird  angestellt  am  2.  7.  1()27; 
begegnet  später  als  Pfarrer  in  Pfalzfeld,  wo  er  im  Mai  1635  stirbt. 

C.    Tertii. 
Als  einzi"-er  begegnet  der  am  lo.  1.   l()o(>    angestellte  Johann    Matern 
Imhoff.     Er  ist  dritter  Schuldieuer  und  Organist. 


Neben  St.  Goar  müssen  wir  die  beiden  Gemeinden  stellen,  in  denen  sich 
schon  für  die  Zeit  vor  1599  das  Vorhandensein  eines  mit  dem  Schulamte  be- 
ladeneu Diakouates  feststellen  lässt,  Braubach  und  Rhens.  Aus  unseren 
Akten  geht  deutlich  hervor,  dass  diese  Verbindung  des  Schuldienstes  mit  dem 
Diakonate  1599  bereits  als  etwas  Herkömmliches  betrachtet  wird.  Unsere  Auf- 
gabe ist  es  nicht,  dem  nachzugehen,  seit  wann  diese  Vereinigung  besteht.  Wir 
haben  nur  die  Zusammenstellung  derjenigen  Diacone  zu  geben,  von  denen  sich 
nachweisen  lässt,  dass  sie  die  Schule  mithielten.     Es  sind  dies  in 

2.   Braubach. 

1.  ^I.  .Johannes  Mebesius,  um  1570  vorkommend. 

2.  Joseph  Freinsheimius  von  Nastätten,  1585 — 1594  Schulmeister  in 
Katzenelnbogen,  1594—1598  Diaconus  in  B.,  1598~1(')<>8  Pfarrer  in 
Dachsenhausen,  1608—1613  Pfarrer  in  Oberwalmenach,  von  wo  er  ins 
Ausland  geht.  Er  war  ein  entschiedener  Lutheraner,  einer  der  :»  Brüder 
Freinsheimius  (Nicolaus,  Wolfgang  und  Joseph),  die  Zindel  in  seiner 
Liste  der  „perfracti  et  contradicentes"  an  erster  Stelle  nennt. 

:}.  M.  Johannes  Nebenius,  wird  1598  Diaconus  in  B. 

4.  Alexander  Widerhold  1618  Diaconus  in  P). 

Selbstverständlich  haben  ausser  diesen  auch  alle  folgenden  Diakonen  bis 
in  den  Krieg  hinein  Schule  mitgehalten ;  doch  sind  mir  die  Namen  nur  teilweise 
bekannt,  ausserdem  kommen  die  betreffenden  Persönlichkeiten  in  unseren  Akten 
nicht  vor,  weshalb  sie  ausgelassen  wurden. 

3.   Rhens. 

1.  Nicolaus  Robulerus  aus  Boppard  wirkt  hier  als  Diaconus  bis  1588, 
als  Pfarrer  1588 — 1620,  in  welch  letzterem  Jahr  er  starb. 

2.  Theodorich  Kettenis  aus  Limburg  (Belga)  wirkt  hier  als  Diaconus 
1588—1595,  dann  als  Pfarrer  in  Pfalzfeld  1595  ff. 


1211 

o,  Johann  Kistmaun  von  Uatteuberg  begegnet  liier  1(')04  und  KiOT.  ha 
letztgenannten  Jahre  erfolgte  seine  Remotion  bei  Einführung  der  Ver- 
besserungspunkto. 

4.  Johann  Jacob  IJirleubach  aus  Diez  wirkt  hier  als  Diaconns  KiOS 
bis  1()2(),  als  Pfarrer  1(')20— ll)2G,  wo  er  von  der  darmstädtischen  lieffierun«'- 
entlassen  wurde. 

Ausser  diesen  Schulen  in  St.  (»oar,  Rhens  und  Braubach  sind  in  der  Zeit 
vor  1598  noch  eine  ganze  Anzahl  anderer  nachweisbar.  So  wird  in  einem 
unseren  Goarer  Akten  beigebundenen  Stück  eines  Visitationsprotokolles  aus  dem 
Jahre  1571  bereits  einer  Schule  in  Boruig  und  Klingclbach  Erwähnung  o-e- 
than  und  für  die  gleiche  Zeit  ist  das  Vorhandensein  der  Schule  Nastätten 
sicher  bezeugt.  Ausserdem  fällt  spätestens  in  die  SO  er  Jahre  die  Anrichtuno- 
der  Schulen  Kernel,  Bärstadt  und  wahrscheinlich  auch  Langenschwalbach. 
Vor  der  Visitation  von  151)8/1)'.)  gegründet  sind  ausserdem  Meilingen,  Hohen- 
steiu,  Laufe'nselden  und  Ruppertshofen.  Diesen  Schulen  haben  wir  nun- 
mehr im  Einzelnen  nachzugehen  und  die  über  ihre  Schulmeister  vorliegenden 
Nachrichten  zusammenzustellen. 


4,    Bornigf. 

Diese  Gemeinde  hat  bereits  vor  1571  einen  Schulmeister.  Bei  der  am 
oO.  11.  1571  abgehaltenen  Visitation  wird  bereits  ein  „Fruegarten  zur  Schul"  ge- 
hörig erwähnt,  aus  dessen  Einkünften  der  Pfarrer  dem  Schulmeister  jährlich  2  fl. 
zu  geben  habe.  Bei  der  Visitation  vom  7.  2.  1575  heisst  es  dann :  „der  Schul- 
meyster  hat  ein  seer  geringe  Besoldung  und  man  inwillens  meinen  g.  F.  u.  IT. 
umb  ein  stewr  nemblich  1  mtr.  Korn  anzusuchen,  begerend  Ich  (Superinteudens) 
woll  zum  besten  dazu  reden".  .  .  .  und  weiter  unten:  „der  Schulen  halber  be- 
clagt  sich  die  Gemein,  dass  sie  baldt  und  leichtlich  wandern,  bitten  dz  hinführe 
keiner  wander,  er  sage  denn  bey  Zeit  ein  Viertel  Jars  uff."  Letzterer  Umstand 
klärt  es  auch  auf,  weshalb  uns  die  Namen  der  Schulmeister  dieses  Ortes  nicht 
bekannt  werden.  Denn  diese  traurige  Lage  hinsichtlich  des  Schulwesens  ist 
nicht  blos  1571  Thatsache,  sie  wird  auch  noch  viel  später  hervorgehoben. 

In  den  Gravamina,  die  der  Pfarrer  von  Born  ig  bei  der  am  25.  6.  1615 
abgehaltenen  Kirchenvisitation  vorlegte,  lesen  wir:  „Dieweill  man  dau  auch 
einen  bestelten  Schulmeister  ahn  diesem  Orte  hat,  undt  das  salarium  von  tage 
zue  tage  vortgehet,  undt  auffgehaben  wirdt,  beklagt  sich  der  pfarrer  mit  grosser 
beschwernus,  das  doch  keine  Schulle  gehalten  wärdt,  und  so  diessem  nicht  vor- 
kommen wirdt,  hat  man  über  10  Jahre  kaum  einen  in  diessem  flecken,  der 
Schreiben  oder  lessen  könte,  undt  erklert  sich  der  Pfarer  dessen,  das  er  ahn 
solcher  ar74iav  einen  grossen  miss  fallen  habe,  undt  darmit  nicht  zuthuen  haben 
will,  undt  wau  maus  gar  exacte  rechen  wdll,  gehen  kauui  1  vierteil  Jahr  ihm 
Knaben  in  die  Schulle". 

Wir  begreifons  aus  diesen  Ausführungen  vollkommen,  wenn  noch  1028 
die   Borniger  Schule   zu  den  schlechten  Schulen  gerechnet  wird,    bei  denen  (es 

9 


ir.o 

s'md  alle  ausser  St.  (ioar,  Kernel,  llohenstein,  Langeiisehwalluuli,  Bärstadt, 
Katzenelubogen)  die  Visitatoreu  es  für  nötig  tiuden,  eine  Anordnung  zu  treffen,  dass 
der  Schulmeister  einen  (Tehalt  bekommt,  bei  dem  er  wenigstens  existiren  könne. 
Erwähnt  sei  noch,  dass  ir)98  bei  der  Visitation  über  das  Vorhandensein  einer 
Judenschule  am  Ort  geklagt  wird. 


5.  Katzenelnbog-en. 

Für  Katzenelubogen,  resp.  die  Pfarrei  Kliugelbacli  ist  bereits  1571  ein 
Schulmeister  nachweisbar.  Die  Schulmeister,  die  für  Klingelbach  und  Katzenelu- 
bogen genannt  werden,  sind : 

1.  Marcus  Junior  bis  1585  Schulmeister  in  K.,  1585 — 1G14  (?)  Pfarrer 

in  Goarshausen,  seit  1594  Assessor  Synodi. 
l\  Joseph  Freinsheimius  (vergl.  Braubach)  1585 — 1594. 
;').  Alexander,   1594 — 1597,   wird  1597  a  Superintendente' in   praesentia 
aliorum  ministrorum  zum  Pfarrer  von  Klingelbach  ordiniert. 

4.  Georg  Horche,  bisher  Rektor  in  Diez,  w^ird  160r>  am  (>,  5.  als  Pfarrer 
und  Präzeptor  in  Klingelbach  angeordnet.  Nach  diesem  Beispiel  scheint 
schon  Alexander,  von  1597  an,  beides  zugleich  gewesen  zu  sein.  Ebenso 
scheint  es  ziemlich  sicher,  dass  das  gleiche  auch  in  der  Folgezeit  ge- 
schah.    Als  nächster  Schulmeister  von  K.  begegnet 

5,  1()27  und  noch  1()42  der  frühere  Benediktiner  in  Mainz  Bernhard 
Limbardt.  Er  wirkt  dann  1645 — 1663  als  Pfarrer  in  Nieder-Tiefen- 
bach  und  stirbt  KU'))). 

6.  Nastätten. 

An  diesem  durch  den  gleichnamigen  Synodus  berühmten  und  sicher  schon 
frühe  mit  einer  Schule  ausgestatteten  Orte  begegnen  in  unseren  Akten  als 
Schulmeister : 

1.  Abraham  Freinsheim,  Sohn  des  Pfarrers  F.  in  Nastätten.  Er  kam 
1575  von  der  Universität  aus  dahin. 

2.  Georg  Scheffer  bis  1598  Schulmeister  allda,  1598-1(;()4  Pfarrer  in 
Hinimighofen,   1604  ff.  in  Diethardt. 

y>.  Johannes  Nauta,  ihm  wird  als  bisherigem  Schulmeister  von  Nastätten  im 
Juli  1600  für  Michaelis  d.  J.  aufgekündigt.  Als  Gründe  figurieren  u.  a. 
der,  dass  er  den  y  Pfarrer  Justus  Cöln  von  Bachheim  des  Zwinglianismus 
beschuldigt  habe  und  ein  Ubiquitist  sei.  Allem  Anschein  nach  hielt  ihn 
Zindel  auch  für  den  Autor  des  ,, schändlichen  Pasquills"  auf  Justus 
Cöln,    das  dem  Superintendenten  damals  in  die  Hand  kam  und  lautet: 

Ach  du  armes  Jöstlein,  was  hastu  gethan, 

Das  du  dein  Herrn  Christum  so  hart  hast  griffen    an. 

Des  müstu  in  der  Helle  leiden  schwere  Pein, 

Diedrich  Betzen  gesell  müstu  ewig  sein.  Kyrieleis. 


Ausserdem  hatte  Z.  aber  aucli  deshalb  Hass  auf  Nauta,  weil  er  bei 
seiner  Ankunft  in  der  Niedergrafscliaft  sich  zur  doctrina  orthodoxa  be- 
kannt und  nun  für  die  TJbiquität  auf  der  Kanzel  eintrete,  also  „den 
mantell  nach  dem  Wind  hencke  und  warm  und  kalt  auss  einem 
munde  blase". 

Nauta,  der  als  entschiedener  Lutheraner  in  der  Niedergrafschaft  keine 
Lorbeeren  erringen  konnte,  wandte  sich  bald  nachher  ausser  Landes. 
Ich  erwähne,  dass  er  uns  später  (1612)  als  lutherischer  Pfarrer  in  Ernst- 
hofen  im  Odenwald  begegnet. 

4.  Balthasar  N,  wird  KiOU  an  Nautas  Stelle  gesetzt  (ist  vielleicht  identisch 
mit  B.  Throe,  den  die  Braubacher  1594  als  Diaconus  ablehnen?) 

5.  M.  Johannes  Borngreber  von  Eschwege  wirkt  1620 — 1624  als 
Schulmeister  in  N.,  wird  im  Januar  1624  Pfarrer  in  Kördorf,  von  wo 
er  1626  als  Pfarrer  nach  Niedertiefenbach  übersiedelt.  1645  kommt 
er  nach  Nastätten,  das  er  schon  jahrelang  raitversehen,  und  stirbt 
daselbst  1682  als  8S  jähriger  Greis. 

6.  Joh.  Georg  Sartorius  aus  Eschwege,  zuerst  Soldat,  dann  1640  ff. 
Pfarrer  in  Gronau  und  Laufenseiden,  1667 — 1697  Pfarrer  in  Nochern, 
wo  er  1697  stirbt. 

7.    Kernel. 

Diese  Pfarrei  muss  ebenfalls  schon  frühzeitig  einen  eigenen  studierten 
Schulmeister  gehabt  haben.  Dies  beweist  ausser  allem  andern  die  Höhe  des 
Einkommens.     Als  Schulmeister  begegnen  in  unseren  Akten : 

1.  Samuel  Werner  wirkt  hier  bis  1592,  in  welchem  Jahre  er  als  Pfarrer 
nach  Dickschied  kommt.     Dort  ist  er  1597  gestorben. 

2.  M.  Friedrich   Dieffenbach    bis  1595  Schulmeister  in  Kernel,   1595 

bis  1600   Pfarrer  in  Holzhausen  auf  der  Heide,    1600—1605   Pfarrer 

in  Kemel.     Er  gehört    zu  den  in   diesem  Jahr  wegen    der    Weigerung 

der    Annahme    der    Verbesserungspunkte   removierten    Pfarrern.     Was 

aus  ihm    geworden,    weiss  ich    nicht.     Ich    teile  ein  Schreiben  an  den 

L.  Ludwig  aus    dem  Jahre  1606    mit,    in  dem  die  fünf    Supplikanten, 

Nicolaus    Freinsheimius    zu    Niedertiefenbach,    Ilenricus    Latomus    zu 

Laufenseiden,    Fridericus    Dieffenbach    zu  Kemel,    Wilhclmus  Colouiae 

zu    Holzhausen    und    Henricus    Diezius    zu  Hemigau    dem   Landgrafen 

ihr  Leid  in  folgenden  Worten   klagen:     „Sie  sind   1605    wegen  deren 

damals  proponierten  undt  inngeführten  Verbesseruugspunkten  ahn  ihren 

Pfarrdiensten    durch    des  Landgrafen    Moritz   Geistliche  undt   weltliche 

Käthe  suspendiert,  auch  deroselben  entlich  gantz  entsetzet  undt  erlassen 

worden.     Nachdem  sie  nunmehr    fast   anderthalb  Jahr    diesen  Abgang 

ihrer  zuvor  geringen  Nahrung  erduldett  und  sich  mit  Weib  und  Kind 

kümmerlich    auffenthalten,    können  sie   jetzt    im  Blick   auf   die  zuviell 

gefährlichen    neue    inngeführetten    Predicauten    nicht  länger  mehr  ihre 

Dienste  der  Kirche  Christi  entziehen."     Sie  bieten  deshalb  dem  Land- 

9* 


grafeu  ilire  Diouste  ;ui  uud  bitten  um  Berücköiclitigung  bei  dvu  uäclisten 
Vacanzen. 

3.  Sylvester  Marias  wird  159S  als  Schulmeister  von  Kemcl  removiert, 
eine  Tliatsachc,  die  man  wohl  mit  den  Massnahmen  gegen  seineu  alten 
Pfarrer,  den  Martin  Dentatus  (schon  1559  da,  1600  removiert),  in 
Zusammouhang  bringeu  darf.  Er  wurde  vom  Landgrafen  Ludwig  von 
Hessen-Darmstadt  aufgenommen  uud  nach  Homburg  v.  d.  H.  als  Schul- 
meister gesetzt.  Nach  über  15 jährigem  Schuldienst  daselbst  wird  er 
1613  Kaplan  iu  Laugen  uud  dann  1623  Pfarrer  in  Weiterstadt.  1635 
ist  er  in  Darmstadt  auf  der  Flucht  gestorben. 

4.  Johannes  Ifoffmann  kommt  1598  nach  Kemel  uud  steht  daselbst 
noch  1603.  Es  wird  bei  der  Visitation  dieses  Jahres  über  seine  Strenge 
geklagt. 

Hiermit  bricht  unsere  Schulmeisterliste  ab,  da  die  Visitationsakten  nicht 
mehr  mit  Zindelischer  Genauigkeit  geführt  sind.  Wir  hören  nur  uoch  allerlei 
über  das  Ende  des  Kemeler  Schulwesens.  Zwei  Nachrichten  haben  wir  hierüber. 
Die  eine  zeigt,  wie  man  Pfarre  uud  Schule  zusammenschlug,  die  andere  aber 
wie  die  Schule  mit  der  Pfarrei  für  Jahre  unterging. 

1639  hören  wir  bei  Gelegenheit  der  Abhöruug  der  Kastenrechnungcu 
des  Gotteskastens  Kemel,  Höllenstein  undt  Holzhausen  uff  der  Ardte  (13.  12.): 

„Die  Schol  zu  Kehmel  hat  järlicher  gefell  90  fl.  so  meistentheils  von 
Gütern  entrichtet  werden  und  weil  ietzund  kein  Scholdiener  zu  erhalten,  ist 
dem  Pfarrer  vergönnet  dz  das  wenige  so  er  noch  auss  den  Scholgefällen  haben 
kanu  zu  ergetzung  seiner  müh  wegen  haltung  des  gesangs  undt  weil  auch  die 
Pfarrgefell  meisteustheils  interimsweiss  aussbleiben,  er  soll  erheben  und  darbey 
dann  die  Rechnungen  über  die  Scholgefäll  richtig  und  getrewlich  führeu,  dz 
man  von  Jahreu  zu  Jahren  wissen  kann,  was  erhoben  und  noch  hinderstellig 
sey."  1642  aber  wird  berichtet:  „In  Kemel  wohnt  anitzo  kein  Mensch  ausser- 
halb die  im  Filial  Spreugen  und  im  Dorff  Watzelhain,  Pfarrhauss  ist  gantz 
abgebrannt,  Scholgefäll  bezieht  der  Pfarrer  von  Hohenstein,"  Der  1639  noch 
in  dem  Filial  Sprengen  wohnende  Pfarrer  ist  nach  Hohenstein  versetzt  und 
verwaltet  beide  Pfarreien  mit  Dickschied  zusammen. 

8.    Lang-enschwalbach. 

Als  Schulmeister  dieser  ebenfalls  vor  159S  entstandeneu  Schule  begegnen 
in  den  Akten : 

1.  Jacob  Krug  bis  1599  vorkommend,  daun  1599  ff.  Pfarrer  in  Dick- 
schied. 

2.  M.  Georg  Sc  hie  sing  begegnet  1622  als  Schulmeister  in  Langeu- 
schwalbach.  Er  soll  in  diesem  Jahre  an  Stelle  des  „zur  Ergetzlichkeit 
seines  erlittenen  Schadens  nach  Bärstadt  zu  versetzenden"  Pfarrer 
Wullenius  nach  dessen  Pfarrei  Bachheim  kommen.  Es  wird  hieraus 
jedoch  nichts;  Wullenius  bleibt  in  Bachheim  uud  Schlesing  wird  1622 
Pfarrer  iu  Bärstadt.     Dort  stirbt  er  jedoch  schon    1624. 


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JO 


3.  Adam   Ileus snor,  vor  1639  vorkommend. 

4.  Clos  Schmaltz.  1630,  ebeufalls  wie  der  vorhergehende  ein  II- 
literatus. 

5.  Laurentius  Feudener,  wieder  ein  studierter  Schuhneister,  1G44 
vorkommend,  wird  1644  Pfarrer  von  Keniel,  von  wo  er  1649  nach 
Kördorf  als  Pfarrer  kommt. 


9.    Bärstadt. 

Im  Jalire  1601  betrug  das  Einkommen  des  Schulmeisters: 
„0  fl.  aus  dem  Gotteskasten,  3  fl.  Schreiberlohu,  8  H.  Zins  und  ungefchr 
3  oder  4  oder  mehr  Albus.  Item  der  Zeliend,  welcher  ist  unständig.  Er  hat 
auch  von  jedem  Knaben  6  Albus.  Von  Hausen  sechsthalb  Malter  Korn, 
Mainzer  Mass,  dargegen  soll  er  daselbst  wöchentlich  zweimal  die  Kinderlehr 
halten."  1638  wird  der  Schullohn  folgendermassen  beschrieben:  „Scholdiener 
hat  ein  stück  Zehenden  zu  Rambstett,  da  ietzund  uiemandts  wohnet.  Item  zu 
Hausen  572  Mtr.  Korn,  dessen  muss  er  alle  14  tag  die  Capell  zu  Haussen, 
mit  der  Kinderlehr  versehen.  Item  9  ti.  auss  den  Castengefelle,  8  fl.  hat  auch 
hiebevor  der  Pfarrer  dem  Scholdiener  auss  seinen  Gefellen  geben ;  item  noch 
ettlicli  wenig  geld  so  er  von  den  Nachbarn  selbst  niuss  erheben,"  Diese 
Gefälle  waren  freilich  nicht  alle  zu  bekommen,  so  dass  sich  ein  Schulmeister 
1638  nicht  in  Bärstadt  erhalten  konnte.  Es  wurde  deshalb  1639  verfügt,  dass 
der  Pfarrer  die  9  fl.  und  „was  er  au  Korn  kann  haben  wegen  der  müh  des 
singens  soll  haben,  darbei  auch  die  noch  übrigen  wenigen  Kinder  fleisig  im 
Catechisrao  lesen  und  schreiben  instituiren."     So  steht  es  noch  1642. 

Aus  der  Zeit,  da  Bärstadt  noch  einen  eigenen  Schulmeister  hatte,  begeg- 
neten uns  in  dieser  Stellung  folgende  Personen  : 

1.  Antonius  Wei'lnau  von  Klingelbach  bis  1,'>8T  „Diaconus"  in  Bär- 
stadt, 1587—1597  Pfarrer  daselbst.  Er  ist  am  10.  5.  1597  an  der  Pest 
gestorben. 

2.  Johannes  Ahenarius,  der  1599  in  Bärstadt  wirkt  und  bei  dieser 
Gelegenheit  mit  seinem  Pfarrer  M.  Philipp  Menius  (1598 — 1G04  in 
Bärstadt,  dann  abgesetzt  wegen  der  Verbesserungspunkte,  1608  —  1626 
Pfarrer  in  Dornholzhausen,  wo  er  am  21,  5.  stirbt)  einen  Streit  hat. 
Ahenarius  wird  beschuldigt,  den  Geistlichen  wegen  eines  Ausdrucks  in 
dessen  Predigt  angegriften,  unter  der  Commuuion  und  dem  christlichen 
Gesänge  den  Hut  auf  behalten  und  Zweifel  hinsichtlich  der  Auffassung  der 
Taufe  in  Luthers  Auslegung  geäussert  zu  haben.  Die  Untersuchung 
stellte  die  Richtigkeit  der  Aussagen  des  Pfarrers  fest  und  endete  mit 
einem  gehörigen  Verweis  des  Schulmeisters, 

3.  Hermann  Textor,  ir>03  vorkommend,  wirkt  1G21  als  Pfarrer  in 
Wallau.  1603  wird  er  oi'wähnt,  weil  man  vorhatte,  ihn  nach  längerem 
Dienste  am  Ort  zu  versetzen. 


134 


10.  Laufenselden. 

Es  werden  folgende  Schulmeister  von  Laufenselden  erwähnt: 

1.  Wendel  Crusius  wirkt  hier  als  Schulmeister  bis  1595,  in  welchem 
Jahre  er  Pfarrer  von  Ackerbach  wird. 

2.  Valentin  Lindenborn  begegnet  1599  als  Schulmeister  in  Laufen- 
selden. Bei  Gelegenheit  der  Visitation  von  1599  wird  erwähnt,  dass 
er  seinen  Abschied  genommen  habe.  Ueber  die  Gründe  heisst's  im 
Protokoll:  „Der  Schulmeister  Valentinus  Lindenborn,  so  vor  wenig 
Wochen  angeordnet  und  ad  instituendos  pueros  tüchtig  und  pro  ratione 
huius  loci  gelert  genug  war,  hat  sein  Weib  ubell  tractiret,  den  Pfar* 
hern  vorsetzlich  offendirt,  und  entlich  seinen  abscheit  selbst  sich  etwas 
anders  besorgende  genommen.  Bittet  die  gemein  vor  Ihres  Nacht- 
baurn  Sohn  Paulum  Kreuterum  das  der  mocht  an  den  vacirenden 
schueldienst  angeordnet  und  mitt  ihm  ein  Jahrlang  zur  Prob  versucht 
werden,"  welcher  Bitte  der  Superintendent  auch  willfahrte.  Linden- 
born begegnet  uns  1613  als  Schulmeister  in  Holzhausen  über  der  Ahr. 

3.  Paul  K reute r US,  1599  angenommen. 

4.  Nico  laus  Stroh,  1603  vorkommend,  ist  vielleicht  mit  dem  Mann 
gleichen  Namens  identisch,  der  1603—1618  als  Schulmeister,  1636 
und  1642  als  Pfarrer  in  Burggemünden  begegnet. 

Im  30  jährigen  Kriege  ging  die  Laufenseidener  Schule  unter. 


11.    Meiling-en. 

Für   diese    Pfarrei    ist  uns  aus  den  Akten    der  Name  nur   zweier    Schul- 
meister bekannt,  nämlich 

1.  des  Jacob  Heinrich  Piscator,  der  hier  bis  1600  stand  und 
1600—160«  als  Pfarrer  in  Dornholzhausen  wirkte.  Im  Jahre  1608 
wurde  er  von  dem  schon  1586  in  Dornholzhausen  vorkommenden 
Pfarrer  Salomo  Diez  im  Streite  erstochen.  Ueber  die  Gründe  dieses 
Streites  ist  den  Akten  nichts  zu  entnehmen.  Erwähnt  sei,  dass  Diez 
der  Amtsvorgänger  von  Piscator  in  Dornholzhauseu  war  und  1608  in 
Nieder -Bachheim,  stand.  Er  gehört  zu  den  drei  räudigen  Schafen 
(Schifferstein,  Diez  und  Justus  Cöln),  die  1579  wegen  calvinistischer 
Lehren  von  der  Teilnahme  an  dem  Synodus  Nastattiensis  ausgeschlossen 
wurden  und  die  deshalb  den  Kampf  herbeiführten,  den  ich  in  meiner 
oben  zitierten  Schrift  über  die  Acta  Synodi  Comitatus  Cattocubitensis 
S.  121  f.  geschildert  habe.  1599  bekam  Diez  mit  den  beiden  andern 
deshalb  vom  Superintendenten  Zindel  den  Ehrentitel:  Orthodoxi! 

2.  Sultan  US  von  Wetter  wirkt  hier  als  Schulmeister  1601.  Er  wird 
bei  der  Visitation  dieses  Jahres  verklagt,  dass  er  die  Kinder  aus  der 
Schule  weg  schicke  nach  dem  Sauerbronncii,  Wasser  zu  holen. 


[3Ö 


12.   Hohenstein. 

Von  lIohcDsteiii  haben  wir  zwar  nur  für  die  Zeit  direkt  nucii  KiUÜ  Zeug- 
nisse für  das  Vorhandensein  einer  Schule.  Doch  scheint  sicher,  dass  schon  vor 
1598  eine  Schule  an  dem  Orte  war.     Schulmeister  werden  zwei  genannt: 

1.  Georg  Agricola    1602. 

2.  Joliannes   Papa  1603,    kommt    in    dieseni    Jahre    als  Scliulmeister 
nach  Kettenbach. 

13.   Ruppertshofen. 

Auch  für  diese  Pfarrei  sind  uns  die  Namen  zweier  Schulmeister  bekannt : 

1,  Johann  Juncker  von  Schwalbach. 

2.  Johann  Krüger  von  Marburg. 
Beide  starben   1597. 

In  13  von  den  hier  in  Betracht  konnneudon  27  Pfarreien  ist  mithin  für 
die  Zeit  vor  1598  das  Vorhandensein  einer  geordneten  Schule  nachweisbar. 
Zindel  hatte  darum  recht,  wenn  er  in  seiner  „Relation  von  deren  in  Annis  98 
und  99  in  der  Nidder  Graffschaft  .  .  gehaltenen  General-Visitation  unserm  .  . 
Laudgraff'en  Moritzen  gethan  zu  Cassell  den  12ten  Februarii  im  Jahr  1600"  in 
Abschnitt I  (Expedita)  schreibt:  „Dieweil  man  an  etzlichen  Örttern,  da  zimliche 
gemeine  seindt,  keine  schüelen  gefunden,  seind  die  leute  solche  anzustellen  ver- 
mahnet worden,  mit  erinnerung  deroselbcn  nützens  undt  notwendigkeit,  darzu 
sich  auch  das  volck  willfärig  erzeiget,  und  dz  ihre  darbey  mit  Unterhaltung 
dero  Schuelmeister  zuthun  sich  erbotten.  Die  Glöcknereyen  aber  seindt 
fast  allenthalben  zu  solchen  schneien  verordnet."  Als  solche  neu  an- 
geordnete Schulen  sind  zu  nennen:  Goarshausen,  wo  allerdings  früher  schon 
einmal  eine  Schule  war,  weiter  Ackerbach,  Eieder-Tiefenbach,  Holzhausen 
über  Aar.  Später  kam  noch  Diethardt  hinzu.  Wir  gehen  auch  diesen  Schulen 
im  Einzelnen  nach, 

14.  Goarshausen. 

Über  die  Gründung  einer  besonderen  Schule  in  G.  berichtet  Zindels  Visi- 
tierbuch bei  Gelegenheit  der  Kirchenvisitation  am  13.  11.  151)8:  „Ess  hatt  bishero 
der  Pfarrer  mitt  hinzu  die  schuel  gehalten,  weil  aber  dieses  beits  dem  Pfarrer 
und  auch  der  gemeine  beschwerlich,  alss  hatt  die  gemeine  fieissig  gepetten,  das 
sie  möchten  einen  eignen  schuelmeister  haben,  darauff  ist  der  abscheitt  gemacht, 
das  itziger  Pfarrer  Dn.  Marcus  will  dem  praoceptori  folgen  lassen  17  fl.  an 
gelde,  2  Mtr.  Korn  Popperter  mass  auss  den  gefeilen  zue  Bornich ;  hirzu  hab 
ich  Ihm  ex  officio  Superintendentis  auss  dem  Kasten  zugeordnet  4  fl.  15  alb., 
so  järlich  vor  Weck  sind  gegeben  und  den  schüelern  aussgeteilet ;  item  1.)  alb. 
6  hlr.  so  im  Backhausse  aufgangen,  item  1  fl.  7  alb.,  so  dem  Glückner  gegeben, 
item  1  H.  so  man  den  Chorsängern  hat  jährlich  gegeben,  thut  benebcu  den 
17  fl.,  23  fl.  22' 2  alb.  2  mltr.  Korn  Popperter  mass;  hirzu  will  die  gemeine 
von  dem  ihrigen    zuschiessen    ein    ieder  ein    vierteil  Wein,    und    der    nicht   hat 


Weinwachs«,  soUs  mit  gelde  bezahleu,  uud  Ihm  den  besten  Wein  geben;  soll 
das  Gloekenampt  darzii  haben,  und  daibey  bleiben;  und  soll  ein  Erbar  Ratt 
Ihrem  freiwilligen  Erbietten  nach  dem  schuelmeister  zu  einbringung  des  weins 
iederzeitt  die  band  bietten  uud  verordnen,  das  Ihm  derselbe  iedes  ortts  au  guttcr 
wurtz  und  ungefelscht  gehandreichet,  auch  von  deuienigen,  so  keinen  weinwachs 
haben,  solchs  mit  bahrem  geldt  bezahlet    werden". 

Goarshausen  bekam  1590  seinen  Schulmeister,  vorher  hatte  der  Pfarrer 
die  Schule  mit  versehen.  Freilich  nicht  immer.  Es  gab  auch  in  der  verHosscuen 
Zeit  einmal  Jahre,  in  denen  dem  Pfarrer  ein  besonderer  Schulmeister  zur  Seite 
stand.  Wir  erfahren  das  bei  Gelegenheit  eines  bei  der  Visitation  an  Ptingsten 
IGPJ  zum  Austrage  gekommenen  Streites  wegeu  4  Malter  Korn  und  einem 
Weingarten.  Diese  hatte  zur  Zeit  der  Pfarrer  inne,  obwohl  sie  in  der  Zeit,  da 
noch  ein  besonderer  Schulmeister  da  war,  dem  letzteren  zugestanden  hatten. 
Es  stellte  sich  heraus,  dass  bei  der  Wiedererrichtung  der  Schule  der  Schul- 
meister anderweitig  entschädigt  worden  war.  Immerhin  ist  die  Sache  interessant: 
sie  bezeugt,  dass  Goarshausen  nicht  erst  1598  seine  erste  Schule  bekam. 

Über  die  Namen  der  Schulmeister,  die  in  der  Folgezeit  in  Goarshausen  wirkten, 
künden  die  Akten  nichts.  Doch  wissen  wir  bestimmt,  dass  der  Pfarrer  Ger- 
hardi  von  Goarshausen  1623  berichten  kann,  er  halte  wieder  die  Schule,  d.  h. 
also  die  Schulhalterei  sei  wieder  mit  dem  Pfarramt  verbunden. 

15.  Ackerbach. 

Diese  Pfarrei  hatte  bei  der  am  12.  8.  1599  abgchaltcuen  Visitation  keine 
besondere  Schule.  Es  wurde  nach  Ausweis  des  Visitierbuchs  damals  „verab- 
.scueidet,  das  zwischen  dato  und  Michaelis  Anni  huius  ein  Schuelmeister  solle 
angeordnet  undt  ihm  die  besoldung  gemacht  werden,  da  es  hochvonnöten  und 
die  Gemein  auch  zuvor  einen  gehabt,  dem  die  Nachbarn  die  Kost  geben  haben." 
Ackerbach  bekam  auch  1599  seine  Schule  und  behielt  sie  bis  in  den  'lOjährigcn 
Krieg,  in  dem  Schule  und  Pfarrei  auf  Jahre  untergingen.  KKW  heisst  es  von 
dem  Ort,  „dass  niemand  dort  wohne  uud  dass  er  nun  iu  die  '.\  Jahre  ödt 
uud  wüst  gelegen."     1642  hat  sich  dies  noch  nicht  geändert. 

16.   Nieder-Tiefenbach. 

Die  Errichtung  einer  besonderen  Schule  an  diesem  Orte  wird  im  Jahre 
1600  ins  Auge  gefasstund  vollzogen.  Der  erste  Schulmeister  scheint  Chelius 
gcheissen  zu  haben. 

17.  Holzhausen  über  Aar. 

Im  Visitierbuch  von  1599  lesen  wir:  „Es  ist  zu  ilolzhauseu  über  der  Ahr 
eine  feine  ansehidiche  gemeine  von  jungem  volck  nicht  wenig,  und  derhalben 
seind  sie  eines  Schuclmeisters  lioch  nötig,  bevorab  weil  der  Pfarrer  numchr 
alt  undt  ihm  die  Last  allein  zu  schweer  feit,  habe  derwegen,  weil  sie  hiebevur 
iiuch  einen  Praeceptorem    beneben  dem  rilncknor   gchapt,    mit  der  gemein  der 


137 

Besoldung  halben  gehandelt,  daruff  sie  sich  zwischen  dato  und  Michaelis  entlich 
zuercleren  beratschlaget  und  mir  es  durch  ihren  ausschuss  propunirct."  lieber 
den  Fortgang  des  Werkes  orientiert  uns  das  Visitierbuch  bei 'Gelegenheit  der 
Visitation  vom  14.  Januar  lOO;),  wo  es  heisst:  „habe  eine  schnei  angeordnet 
und  dem  schuelmeister  seine  besoldung  gcniacht,  leufft  ungcfehr  in  die  dreissig 
vier  fl.,  10  fl.  aussm  Gasten,  ;>  Mtr.  Korn  ?>  Vierthel  (?)  und  2  Kompff  Meut/cr 
mass,  thut  ungefehr  7  H,  21  all).  Ilirzu  vom  Glockendienst  4  Mtr.  Mentzer 
raass,  thut  8  fl.,  dessen  soll  er  das  leuten  auch  verrichten,  und  die  Uhr  stellen. 
Ueber  das  soll  und  will  ein  ieder  von  seinem  Kinde  järlich  dem  Schuelmeister 
pro  didactro  geben  12  alb.,  und  soll  ihm  alle  V-i  Jahr  sein  Lohn  werden,  wann 
gleich  ein  Kind  nur  zween  Tage  in  die  schnei  gienge.  Ess  hat  auch  die  gemein 
gewilligct  ihm  in  die  Mast  zwey  schweine  frey  gehen  zu  lassen." 

Die  Schule  war  damit  angerichtet  und  hat  sich,  freilich  als  Schule  mit 
elender  Besoldung,  bis  in  den  dreissigjährigen  Krieg  hinein  erhalten.  Ueber 
ihr  Ende  erfahren  wir  etwas  in  dem  Protokoll  der  Kirchenvisitation  von  1  (>:>'.». 
Es  heisst  da  bei  Besprechung  der  damals  von  Uohenstein  mitverwalteten  Pfarre 
Ilolzhausen  ganz  kurz:  „ist  dem  Pfarrer  (von  Uohenstein)  gegint,  dz  er  die 
IG  fl.  und  ettwas  von  Korn  so  in  die  Schol  gefeilt,  weil  ietzund  kein  Schol- 
diener  kann  alda  gehalten  werden  wegen  seiner  müh  soll  interimsweis  erhalten, 
doch  dz  er  die  daselbst  noch  wenige  Jugend  fleisig  zum  Catechismo  und  lesen 
und  schreiben  anhalte."     Er  bezieht  sie  noch  1642. 


18.  Diethardt. 

Im  Visitierbuch  Zindels  lesen  wir,  dass  bei  Gelegenheit  der  Visitation 
vom  1.  12.  1602  der  Pfarrer  zu  Diethardt  einen  Schulmeister  „begeret  habe, 
zu  welchem  ende  er  sich  erbotten  zwey  malter  Popparter  mass  Korn  von  dem 
seinen  järhch  zur  Unterhaltung  des  Schuelmeisters  zugeben:  hirzu  gethan  das 
Glockenkorn  thut  ungefehrlich  7  Mentzer  Malter,  item  die  wiesen,  so  die  nacli- 
bar  haben  und  der  Kirch  ist,  kan  ein  Wagen  heu  oder  drey  tragen,  thut  5  fl. 
Item  zu  Münchert  den  Zehenden  thut  2  fl.,  Item  Almosengeldt  2^/2  fl.  Item 
von  einem  jeden  Knaben  järlich   '/-'  A-" 

Diethardt  wurde  im  30  jährigen  Krieg  derart  verwüstet,  dass  die  dortige 
Schule  selbstverständlich  unterging.  1642  heisst  es  von  dem  Ort:  „wohnet 
jetzund  kein  Mensch  da,  ohn  dass  .'»  Männer  wohnen  zu  Weidenbach  ins  Kircii- 
spiel  Diethardt  gehörig." 

Mit  der  Errichtung  der  Schule  in  Diethardt  war  eine  Zeitlang  Ruhe  im 
Schulgrüudungsbetricb.  Erst  161.')  wird,  wie  es  scheint,  die  Gründung  einer 
weitereu  Schule  angeregt  und  ihr  folgt  erst  162S  der  Wunsch  nach  einer  Schule 
noch  an  einem  weiteren  Orte.  Die  (Jemeinden,  um  die  es  sich  da  handelt, 
sind  No ehern,  das  eine  Schule  bekam,  und  Pfalzfeld,  dessen  Bitte  nicht 
erhört  wurde. 


138 

19.   Nochern. 

In  dem  YisitatioDsprotokoll  der  Visitation  vom  '.•.  7.  1(U5  lesen  wir: 
„Der  Naelibahrn  etliche  begehren  vom  Pfarherrn,  dz  er  umb  der  almgehendeu 
Jugend  willen  eine  Sehuel  hielte,  weyl  aber  solches  dem  Pfarherr  seiner 
Gelegenheit  und  anderer  Mühe  halben  nicht  zu  thun,  so  mochten  die  Nach- 
bahrn  wol  selber  zusanienthuu  und  sich  umb  Erhaltunge  eines  guten  Gesellens 
und  teutschen  Schulmeisters  vergleichen  oder  müsten  ihre  Kinder  in  die  benach- 
barte Schneien  verschicken."  Ferner  steht  in  den  Gravamina  der  Visitation 
von  1022  (5.  p.  Trin.) :  „Schuelanordenung  und  anstellung  welchs  bey  der 
itzigen  herzuwachsenden  Jugend  hoch  von  nöten,  sonderlich  ppter  exercitium 
catecheticura." 

20.  Pfalzfeld. 

Im  Jahre  1H28  reichten  bei  Gelegenheit  der  Generalkirchenvisitation  die 
Gemeindeglieder  von  Pfalzfeld  einen  Bericht  ein,  in  dem  folgendes  zu  lesen 
ist:  „Nicht  ein  geringer  Kirchengebrech  und  beschwernus  ists,  dass  in  der 
hlial  Kirch  nit  einer  ist,  der  perfect  lesen,  und  also  ein  gemeinen  Kirchengesang 
hellfen  könt  führen,  mus  also  entweder  allein  singen  oder  ohn  gesäng  predigen 
und  das  Volckh  dimittirou.  Ebenmessig  ist  es  auch  beschaffen  in  der  Mutter- 
kirch, wan  Schultheis  und  Vogt  zu  Norrod  nit  beyhauden  sind,  inus  ein  Pfarrer 
aus  dem  weit  entlegenen  Pilial,  niüd  von  gehen,  singen  und  reden  gleich  wieder 
zur  Kirch,    den  gesang    entweder  allein  oder  mit    schlechter  HülflF  führen  oder 

ohn  gesang  uftretten  und  predigen weil  ess  also  bewandt  unudt  jedoch 

noch  gute  leutlein  sich  finden,  welche  lust  haben,  ihre  Kinder  etwas  lernen 
zu  lassen  mit  lessen  und  betten,  weil  aber  sie  wegen  grossem  Verderben  ohn 
Hülff  kein  Schuhlmeister  halten  können,  bitten  sie  (nachdem  sie  U.  G.  F.  u.  H. 
leib  eigne  leut.  mit  gut  und  bluth  zugethan,  auch  die  nechste  dem  Haus  Rein- 
fels gelegen,  uf  welches  sie  täglich  mit  fuhr  und  handfrönen  erscheinen  müssen) 
...  es  wollen  I.  F.  G.  einen  jährlichen  Zuschuss  zu  Unterhaltung  einer  Schul 
diser  beyder  Kirchspiel  thun,  dazu  weiten  auch  die  Unterthanen  nichts  erwinden 
lassen,  damit  sich  ein  Schulmeister  neben  dem  Glockhampt  leidenlich  hinaus- 
bringeu  und  die  Kinder  in  Gottesforcht  erzogen  und  ihren  Cathechismum  lernen 
möchten." 

Zu  den  im  bisherigen  besprochenen  Orten  kommt  nun  noch 

21.  Patersberg, 

wo   1619  ein  Schulmeister,  Dionysius  H  offmann,  genannt  wird,  und 

22.    Schönborn-Gemmerich, 

wo  vor  1615  Georg  Paul  Artopoeus  (1615 — 1627  Pfarrer  in  Ober- 
walmenach,  1627  —  32  in  Kördorf)  als  Schulmeister  stand.  Beide  Orte  hatten 
mithin  auch  eine  Schule. 


139 

Von  den  27  bei  Hei d mann  als  zur  Diözese  St.  Goar  geiiürig  bezciclmeteu 
hessischen  Pfarreien  haben  wir  im  bisherigen  auf  21  (und  llolzhausen  über  Aar) 
unser  Interesse  gelenkt.  Wie  steht  es  mit  dem  Schulwesen  in  den  (1  anderen 
Pfarrorten,  nämlich  Dachsenhausen,  Holzhausen  a.  d.  Heide,  Werlau,  Himmig- 
hofen,  Dickschied  und  Gronau  (rcsp.  Egenroth)  ?  Darüber  geben  uns  die  Akten 
keine  befriedigende  Auskunft.  Bei  den  5  ersten  Orten  deshalb,  weil  an  ihnen 
wohl  keine  eigene  Schule  war.  Bei  Gronau  (Egenroth)  aber  deshalb,  weil  die 
Schule  mit  dem  vierherrischen  Ort  Altenberg  gemeinsam  war.  Darüber  vgl. 
unten. 

IT.    Die  Gemeinschaftspfarreien  Ems  und  Kettenbach. 

Beide  Orte  haben  vor  dem  Jahre  1598  noch  keine  Schule  besessen,  doch 
wird  bei  Gelegenheit  der  Yisitation  dieses  und  des  folgenden  Jahres  die  Au- 
richtung  einer  Schule  an  beiden  Orten  in  Angriff  genommen  und  auch  durch- 
geführt. Dabei  kommt  bei  Kettenbach  es  zu  langwierigen  Streitigkeiten 
zwischen  den  beiden  Gemeinschaftsherrn  Hessen  und  Nassau-Katzenclnbogen, 
die  einem  gedeihlichen  Fortgang  des  Schulwesens  äusserst  hemmend  im  Wege 
standen.  Den  Streitakten  verdanken  wir  die  Namen  folgender  Schulmeister 
von 

1.  Kettenbach. 

1.  Eoban   Saffron. 

2,  Jacob  Sartor ius,  1601  von  Hessen  angenommen,  1602  am  11.  »i. 
deshalb  von  Nassau  abgesetzt. 

?).  Johannes  Papa  1603  ff. 

4.  Conrad  Gerber,  1617  als  Schulmeister  und  Glöckner  iutroduciert, 
1618  am  26.  1.  deshalb  von  Nassau  degradiert. 

5.  Theodor  Baussmann,  gewesener  Vicarius  in  Mainz,  wird  1618 
angenommen. 

6.  Melchior  Loer  (Lohr)  wird  am  31.  7.  1622  angenommen. 

7.  Andreas  Bimmel  am  23.  7.  1628  angenommen,  unter  der  Bedingung, 
dass  er  sein  Weib  wieder  zu  sich  nehme.  Da  dies  nicht  geschieht, 
wird  er  bald  nachher  kassiert. 

8.  Johann  Tobias  Rossbach,  1631  angenommen. 

2.   Ems. 

Ueber  die  Anrichtung  der  Schule  an  diesem  Ort  lesen  wir  in  dem 
„Abschiedt  der  hessischen  und  Nassau-Catzenelnbogen'schen  Visitation  vom  24tcn 

Juni  1099"  folgendes: 

„Dieweill  auch  die  Gemeinde  zu  Ems  zimlich  starck,  derowegen  das  Volck 
öffentlich  in  der  Kirchen  zu  anrichtung  eyner  schulen  ermhanet  und  für- 
geschlagcn  worden,  das  S.  Catharincualtar  undt  die  Glocknerey  zu  eynes 
Schulmeisters  Besoldung  hinfuro  gebraucht  werden,  undt  da  solches  zu  cynes 
Schulmeysters  Uuterhaldt  nicht  gnugsam,  das  Volck  von  dem  Iren  zuschiessen 


140 

solle,  uudt  dan  die  sämptliche  gemein  uf  besehenen  Bericht  undt  criuneruug 
sich  zu  diesem  allem  verpuitig  uudt  wilferig  ercleret.  Als  ist  nicht  allein  dem 
Pastor  hiebey  uferlegt,  sondern  haben  sich  mit  uudt  neben  ime  beyde  Vögte 
dahin  ercleret  das  sie  diess  Christlich  schulhverck  mit  allem  fleis  befordern, 
erhalten  undt  handthabeu  helffen  wollen." 

Thatsächlich  nahm  man  das  Werk  der  Aufrichtung  einer  Schule  sofort  in 
Augriff.  Noch  bei  der  Visitation  wird  bestimmt,  von  den  vier  in  Ems  vor- 
handenen Kelchen  zwei  zu  verkaufen  und  das  Geld  zu  „der  newen  schneien  mit 
rat  und  vorwissen  des  pastoris  und  beider  vögtte  anzuwenden."  Dazu  gibt  der 
Landgraf  in  der  Declaratio  seine  Genehmigung. 

Freilich  wird  noch  20  Jahre  später  berichtet,  dass  es  mit  dem  Schulwesen 
nicht  recht  vorwärts  gehe,  dass  der  Schulmeister  einen  harten  Stand  mit  der 
Bevölkerung  habe  und  dass  die  Schuld  hierbei  lediglich  in  der  Abneigung  der 
Bevölkerung  gegen  den  Schulbesuch  ihrer  Kinder  zu  suchen  sei.  Wir  lesen 
nämlich  iu  dem  Protokoll  der  Visitation  vom  1.  Sonntag  nach  Trinitatis  1621 
folgende  bezeichnende  Nachricht  über  die  Schule:  ..Die  Leute  macheus  dem 
Schulmeister  schwer.  Da  das  Korn  nicht  geriet,  versuchten  etliche,  ihn  mit 
llaidekorn  (statt  Korn)  abzuspeisen.  Andere  schickten  ihre  Kinder  nicht,  weil 
ihnen  (i  Albus  Schulgeld  zu  viel  war,  andere  enthalten  ihm  das  Glockenbrot 
vor,  die  Niederlahnstciner  endlich  haben  mit  höuischen  Worten  des  Weins  so 
sie  zur  schul  schuldig  sich  gleichsam  gewegert,  weil  Er  Schulmeister  keine 
mess  lese." 

Namen  von  Schulmeistern  werden  in  den  Akten  nicht  erwähnt. 


IIL    Die  Vierherrschaft. 

In  dem  Abschied  der  vierherrischeu  Visitation  von  1586  lesen  wir:  „Nach- 
dem auch  ettliche  der  Underthanen  gepeten,  das  man  bey  den  Pfarkirchen 
schulen  anordnen  möge,  damitt  die  Jugendt  zum  Cathechismo  auch  schreiben 
und  lesen  an  gefürt  und  underwiessen  werde,  ist  den  Hern  Visitatoribus 
bevolen  das  sie  zu  beforderunge  disses  christlichen  wergks  mitt  Zuthuunge 
jdes  Orts  pastoribus  uf  mittel  und  wege  dencken  wollen  woher  man  Underhalt 
und  besoldunge  vor  die  Schulmeister  haben  könne,  damitt  zur  negsten  Zusam- 
menkunfft  uf  iren  bericht  man  sich  ferner  deswegen  uuderrede,  und  nach 
befindunge  hierin  die  notturfft  verordnen  möge." 

Aus  den  ebenfalls  erhaltenen  Protokollaufzcichnuugcu  d.  J.  ersehen  wir, 
dass  es  sich  hierbei  um  die  beiden  Orte  Altenberg  und  Ober-Walmenach 
handelte.  Freilich  erreiciiten  beide  Gemeinden  nicht,  was  sie  haben  wollten. 
Altenberg  bekommt  erst  1504  seine  Schule  und  Oberwalmenach  ist  noch  im 
Jahre  1500  nicht  in  der  glücklichen  Lage,  eine  Schule  ihr  eigen  zu  nennen. 
Die  Anregungen  von  1580  kamen  ausser  Altenberg  nur  noch  Marienfels 
zu  gut.  Wir  folgern  das  aus  folgendem  Umstände:  Nach  der  Relation  der  im 
Juni  1500  abgehaltenen  Visitation  des  vierherrischeu  Gebiets  gabs  in  diesem 
Jahre  in    diesem    ganzen  Bezirk    keine    Schulen    „ohne    zu    Mebrufels    und 


141 

Alteuborg".  „Es  wurden  desluill)  die  Leut  sülclie  auzustellen  vermahuet 
mitt  eriunerimg  derselben  nutzcns  undt  uotvvendigkeit,  darzu  sicli  auch  das 
volck  willfärig  cv/eiget,  undt  das  ihre  darbei  mitt  Unterhaltung  der  schuhl- 
meyster  zu  thun  sich  erbotteu ;  die  Glöcknereien  aber  sint  zu  solchen  schulen 
durchaus  verordnet/"'  Die  Pfarrer  aber  wurden  vermahnt,  „das  sie  ein  jeder  an 
seinem  orth  die  anstellung  der  Schulen  als  ohne  welcher  subsidium  sie  auch 
ihr  Ampt  der  gebur  nicht  impliren  könnten,  sich  mitt  vleis  angelegen  undt 
bevohlen  sein  lassen  sollen."  Auch  diese  Anregungen  hatten  keinen  grossen 
Erfolg.  Immerhin  ist  erwähnenswert,  dass  1601)  eine  Schule  in  Bachheim  ge- 
gründet wird  und  dass  uns  bald  nach  15*.I9  eine  besondere  Schule  in  Kördorf  und 
Walmenach  begegnet.  1620  wird  die  Gründung  einer  Schule  in  Singhofeii 
angeregt. 

Wir  gehen  den  einzelnen  Schulen  nach  und  beginnen  dabei  mit 

1.   Altenberg-. 

Im  Protokoll  der  Kirchenvisitation  vom  27.  .S,  ir)8(*>  lesen  wir:  „Petcn 
auch  seer  man  wolle  Ihnen  erforderlich  wo  möglich  dass  sie  eine  schnei  können 
uffrichten.  Dan  im  solchen  volckreichen  Kirspiel  nit  wol  ein  einiger  zu  gefinden 
der  lesen  könne.  Es  diene  auch  zu  besserer  Unterricht  des  Catechismi."  Die 
Erfüllung  dieses  Wunsches  kam,  wie  erwähnt,  1594.  Die  Urkunde  der  Schul- 
stiftung lautet : 

„Wir  die  Schultheisseu,    Schöffen  unnd    gantzes  Kirspcl  dess  Alttenbergs 
bey  Gruna,    Thun    hiermitt  kunth  vor  unns    unsere    Erben,    und    nachkommen, 
öffentlich  bekennende,  alss  der  edel  und  ehrvest  Johann  Klaur  zu  Wahra  Ober- 
vorsteher der  hohen  Ilospitalien  inn  Hessen,    dabevor  wolmeinent   vor  gut  an- 
gesehen,   damitt   unsere    unnd    anderer    genachparter  Kinder    desto  besser  zur 
furcht   Gottes    unnterwiesen   unnd    erzogen    würden,    das   eine  Schul    bey   der 
Kirchen  dess  Alttenbergs   angestellet   werden  möchte,    darzu  S.  E.  dem  Schul- 
meister im  Hospital   Gruna  die  Kost  zu  geben  unnd    die  Wohnung  vergönnen 
woltte,   wir  aber  demselbigen,    wofernn  die  Schule  mit  einem  düchtigen  Schul- 
meister bestellet  wird,  zu  seiner  Unnderhaltung  die  vorige  Glöckners  Besoldung 
alss  nemlich,  von  jederm  Ilaussgesessenen  dess  Kirspelss  zw'en  gehaufft  korapff 
Kornn,  unnd  dann  über  diesses  fünff  gülden  an  geldte  jedess  Jahrs  aus  unserm 
Allmussen  Gasten   lieffern    unnd    geben  selten,    wie  wir  unns    dessen   also  mit 
einander  verglichen  haben,  unnd  aber  obgedachter  Obervorstehere  die  Vorsorge 
getragen,    do  solche    bestelluuge    der  Schulen    (wie  zuverhoffen)    eine   Zeitlang 
bestehen  solte,  das  es  bey  unsseru  nachkomuien  davor  möchte  gehalten  werden 
wollen,  alls  ob  der  Hospital  Gruna  schuldig  und  pHichtig  mehre,  solche  Unnder- 
haltung dem  Schulmeister  im  Hospital  zuverschaffen,    damit  dann  der  Hospital 
Gruna  hinnkünfftig  desswegen  uunbeschwerdt  bleiben  möchte,    haben  S.  E.  an 
unns  gesuunen    hiergegen  den   Hospital    schrifftlich  zuversichern,    das  wir  oder 
unnsere  nachkommen  diesse  gutwillige  Underhaltung  dess  Schulmeisters  uff  dem 
Alttenberg    vor  keine    schuldige  pflicht    achten    oder   halten    woltten,    sondern, 
dass  es  jedess  Jahrs  dem  Hospital  frey  stehen  solte,    dem  Schulmeister  solche 
seine  Unnderhaltung  im  Hospital  abzuschneiden. 


142 

Dieweil  daun  Nvir  obgedacbte  Scliultheiss,  Scheffen,  und  gemeldes  Kirspel 
dess  Alttenbergs  iinus  vielmehr  gegen  dem  Hospital  Gruna  deren  biss  anbero 
unns  hierinn  erzeigten  Wolthat  zubedancken,  als  diesclbige  dem  Hospital  zu 
bescbwerung,  unns  zu  einer  Gerechtigkeit  anzuzihen,  so  haben  wir  denn 
begerten  schrifftlichen  sehein  dem  Hospital  desswegen  zurück  zugeben,  nit 
können  ver wegern. 

Gereden  demnach  hiermit  vor  unns  und  unssere  Nachkommen,  da  sich 
hinkünff'tig  zutragen  wurde,  das  dess  Hospitals  Gruna  Obervorsteher  und  Be- 
velchhaber  unns  der  Gemeinde  zu  gutem  denn  Schulmeister  im  Hospital  Gruna 
nit  länger  zu  underhalten  bedacht  wehrn  (darzu  wir  doch  ungern  Ursach  geben 
wolten)  das  ihnen  solches  jederzeit  frey  stehen,  unnd  wir  unns  hiergegen  uff' 
dem  Hospital  keiner  herprachten  gerechtigkeit  desswegen  zu  rühmen,  oder 
anzumassen  haben  sollen,  inmassen  wir  unns  dann  gleichfalls  vorbehalten,  da 
wir  aus  erheblichen  Ursachen  dem  Schulmeister  die  Glückners  Besolldung  nit 
länger  reichen,  sondern  inn  andere  w-ege  wenden  woltten,  das  unns  solch  ohne 
Verhinderung  dess  Hospitals  frey  stehen  soltte,  ohnn  gevclu-de. 

In  Urkunth  haben  wir  diessen  brieff  mitt  Unserm  Gerichts  Insigeli 
becreff"tiget,  der  geben  ist  den  2?)ten  Novembris  Anno  ir)<)4." 

Wie  diese  in  einer  Kopie  vorliegende  Schulbestallungsurkunde  beweist, 
sollte  Altenberg  1594  einen  Schulmeister  bekommen,  der  auch  im  Kloster 
Gronau  anscheinend  allerlei  Dienste  verrichten  sollte.  Letztere  Vermutung 
drängt  sich  um  so  eher  auf,  als  das  Kloster  sicher  für  die  Kost,  die  es  dem 
Schulmeister  zu  stellen  versprach,  auch  eine  Gegenleistung  verlangt  haben  wird. 
Welches  diese  Gegenleistung  war,  das  ersehen  \vir  aus  den  Visitationsakten 
von  1598/99.  In  ihnen  lesen  wir  nämlich  folgende  Stelle  aus  einem  Bericht 
Zindels  an  seinen  Landgrafen:  „Im  Hospital  Gruna w  werden  ohn  vorwissen 
des  ordinarii  Superintendentis  schuelmeister  vor  die  Knaben  im  Kirchspiel 
Altenberg  und  den  Armen  im  Hospital  morgens  und  abendts  vorzulesen  uudt 
das  gebett  zu  thuu,  angenommen,  wie  dan  auch  der  Superintendeus  begeret 
berichtet  zu  w'erden,  ob  er  so  wol  alss  hiebevor  bey  Lebzeitten  L.  Philipsen 
Junioris  p.  m.  sein  Antecessor  Ehr  Melchior  seliger  gethan,  im  Hospital  visi- 
tiren  solle,  und  vernehmen,  wiebeits  Pfarherr  und  schuelmeister  daselbst  bey 
den  Armen  Ihr  Ampt  verrichten,  und  ob  auch  sie  die  Armen  Leute  können 
beten." 

Der  Landgraf  verfügte,  dass  man  es  halten  solle  wie  früher.  Als  Schul- 
meister von  Altenberg,  die  in  Gronau  zugleich  die  Betstunden  halten  halfen, 
begegneten  uns: 

1.  M.  Johannes  Kurtzrock  (vgl.  St.  Goar)  bis  161P). 

2.  Hector  Asclepius,   1010  und  noch   1()21   vorkommend. 
.'5.  Peter  Nigidius  1027  angenommen. 

1640  ist  nach  dem  Protokoll  des  Superintendenten  Forst  „im  Altemberge 
niemand  mehr  übrig  gewesen  als  Caspar  Zorn  gewesener  Scliultheiss  zu  Alten- 
berg, itzund  in  Meilingen  wohnend".  Wir  können  uns  denken,  dass  die  dortige 
Schule  in  diesen  Schreckenszeiten  ebenfalls  unterging. 


143 

2.   Marienfels 

hat  bereits  1596  eiu  Sclmlluius.  Doch  wissen  wir  von  diesei  Schule  nur  noch, 
flass  der  10 18  angeüommenc  Schulmeister  Matthaeus  Glaclius  von  Goars- 
hausen  noch  1G20  dort  stand  und  dass  zu  Zeiten  des  Pfarrer  Mcn^osius  (seit 
1595  da  und  bis  1()16)  ein  Schulmeister  Alexander  am  Ort  gewirkt  haben  soll. 
Zu  diesen  beiden  Schulen  kommt  infolge  der  Visitation  von  15!)!i  noch 
Kördorf  und  Obcrwalmeuach. 

3.   Kördorf. 

Es  begegnen  uns  als  Schulmeister: 

1.  Johann  Streck  1G02. 

2.  August  in   Hillemann  Hessus  wird  am  19.  5.  1619  angenommen 
und  wirkt  noch  1620  da. 

?).  Johannes   Bier  bäum    bis  1626  Schulmeister  in  Kördorf,   1626  bis 

1638  Pfarrer  in  Weyer. 
4.  Daniel   Albinus    aus   Giessen    soll  1627    Schulmeister   in    Kördurf 

gewiesen  sein.     Er  begegnet  dann  als  Pfarrer  in  Kochern. 
1640  ist  die  Schule  bereits  dem  Krieg   zum  Opfer  gefallen.     Die  Pfarrei 
ist  ebenfalls  ledig  und  wird  von  Klingelbach  aus  versehen,  was  auch  um  dessent- 
willen  gut  ging,    weil  nur  noch  IS  Hausgesäss    ohn  die  Wittweiber    in  diesem 
stärksten  aller  Kirchspiele  im  Vierherrischen  vorhanden  waren. 

4.  Oberwalmenach 
erhielt  ebenfalls  1600  seine  Schule  und  Schulmeister,  um  die  es  schon  15.S(') 
gebeten  hatte.  Doch  wird  1621  berichtet,  dass  der  Pfarrer,  damals  Georg 
Paul  Artopoeus  (bis  1627  da,  dann  bis  1632  in  Kördorf)  „die  schul  halte, 
wan  die  nachbaren  ihme  kinder  senden",  d.  h.  dass  von  geordnetem  Schul- 
unterricht nicht  die  Rede  sein  kann. 

Die  nächste  im  Vierherrischen  gegründete  Schule  ist  die  zu 

5.  Nieder-Bachheim. 

lieber  die  Schulverhältnisse  an  diesem  Orte  belehrt  uns  eine  Notiz  im 
Protokoll  der  am  19.  4.  1621  abgehaltenen  Visitation.  Sie  lautet:  „In  Ao  1609 
haben  llassiaci  bei  einfhurung  WuUenii  verthan  21  fl.  dabei  kein  Naasawischer 
gewesen,  ist  Widersprüchen  und  in  codem  Ao  haben  sie  zu  einer  newen  schuU 
5  fl.  wie  auch  in  Ao  1614  12  fl.  verordnet,  ob  man  dann  w^oll  dass  schull- 
halten  vor  ein  nutzlich  und  notwendig  Werck  helt,  jedoch  solte  solches  mitt 
der  Nassawischen  Zuthun  gescheen  sein  .  .  .  Dissmhall  ist  kein  Schulmeister 
allhie  allein  eines  burgers  shon,  so  eiu  Schneider,  liieret  die  Kinder  lesen  und 
schreiben,  geneust  dargegen  der  5  fl.  so  in  Ao  1609  p.  Ilassiacos  zur  schul 
auss  dem  Gasten  verwiesen  worden." 

Stand  es  mithin  schon  mit  dem  Schulwesen  der  beiden  letztgenannten 
Pfarreien  recht  bedenklich,  so  darf  es  uns  nicht  wundern,  zur  selben  Zeit  von 
"Weyer   und   Dornholzhausen   zu  hören:    „hat  kein  Schul",    von  Ober- 


144 

tiefen  ba  c  li :  „es  wird  alhic  kein  schuU  gelialteu  ausserhalb  wass  pfarrer 
etwa  AVinterszeit  thut".  Diese  üemeiudeu  verlangen  auch  gar  keinen  besseren 
Unterricht.  Eine  Ausuahnie  macht  Singhofen,  in  deren  Visitationsprotokoll 
wir  lesen :  „Ess  mangelt  alhier  ein  Schulmeister,  doch  haben  die  Nachtbarn 
bericht  gethan  etlicher  Kirchenwieseu  halber,  welche  im  Ambt  Nassaw  liegen, 
zum  theil  auch  ohne  Vorwissen  der  (Jemeinde  doch  iu  ihrem  Nahmen  vor  der 
Vierherren  Gericht  zu  Mehrenfels  verkaufft  seiudt  worden.  Wann  ihnen  dess- 
wegen  Obrigkeitliche  handt  solte  geboten  werden,  hette  man  einen  anfang  zur 
Schulen  sonderlich  wann  das  Glockambt  darzu  gethan  würde." 


Damit  beschliesse  ich  diese  Ausführungen.  Mögen  sie  auch  noch  so 
lückenhaft  an  einzelnen  Stellen  sein,  so  geben  sie  doch  wertvolle  Beiträge  zur 
Schulgeschichte,  die  der  besonders  schätzen  wird,  der  die  Schwierigkeiten  kennt, 
die  bei  der  Geschichtsschreibung  der  Volksschulen  iu  diesen  Zeiten  vorliegen. 
Schlüsse  aus  diesen  Materialien  zu  ziehen,  wird  erst  dann  möglich  sein,  wenn 
die  Serien  der  Pfarrer  genau  festgestellt  sind.  Man  wird  dann  erst  sehen, 
wie  gross  der  Prozentsatz  der  studierten  Schulmeister  auf  diesem  Gebiet  ist. 
Immerhin  gestatten  auch  die  vorgelegten  Materialien  iu  dieser  Beziehung 
manchen  interessanten  Schluss. 


Niederlassung  aus  der  Hallstattzelt  bei  Neuhäusel 

Im  Westerwald, 


\'nn 

W.  Soldan. 


Mit  4  Tfitelii  (III   l)is  VI)  niid  fl  Textligurcn. 


1.  Entdeckung  d  o  r  N  i  e  d  c  r  1  a  s  s  u  n  i^'.  im  Herbste  1899  iialiin  ich 
iiiif  der  Liiiiesstrecke  Iföhr-Sclnveigliausen,  die;  bei  Ems  von  der  Lahn  ge- 
schnitten wird,  eine  Nachuntersucliung  vor,  deren  Zweck  war,  khu'  zu  h'gcn. 
ob  hier,  wo  seit  1894  die  Arbeiten  geruht  hatten,  die  seitdem  anderwärts  ge- 
fundenen älteren  Limes-Anlagen  vorhanden  seien  oder  nicht,  liei  dieser  Gelegen- 
lieit  stiess  ich  Iiei  Neuhäusel,  9  km  nordöstlich  von  Ehrenbreitstein,  auf  ciiic 
jener  in  den  letzton  Jahren  mehrfach  aufgefundenen  Stellen,  wd  Wall  uml 
Graben  aussetzen  und  nur  das  Palissadengräbchen  vorhanden  ist.  wo  man  alsn 
auch  in  dov  spätesten  Zeit  der  römischen  Okkuj)ation  den  Palissadenzaun  als 
(Grenzsperre  noch  für  ausreichend  erachtet  hatte.  Der  Grund  der  Abnorjnität 
liegt  an  dieser  Stelle  auf  flacher  Hand.  Der  Berg  fällt  hier  —  Uebersichts- 
karte  Hl  A  C  —  so  steil  ab,  dass  dadurcii  das  Ueberschreiten  einer  jeden  Grenz- 
sperre sehr  erschwert,  die  Anlegung  von  Wall  und  Graben  abei-  unmöglich 
gemacht  wird.  Aber  trotzdem  schien  mir  ein  noch  genaueres  Absuchen  der 
betreffenden  480  m  langen  Strecke  sehr  angezeigt,  weil  solche  Limesstellen 
gerade  damals  ein  besonderes  Interesse  gewonnen  hatten.  Bei  iliesem  Absuchen 
fand  icli  in  der  Richtung  des  bis  hierher  noch  vorhandenen  grossen  Linies- 
grabens, 10  m  von  seinem  Abschlüsse  nach  Süden  entfernt,  einen  kleinen,  flachen, 
nach  der  Bergseite  hin  von  einem  seichten  Graben  umgebenen  Hügel.  Da  ich 
unter  seiner  Decke  (lic  Iveste  eines  der  Ilolztürme  oder  der  Jiaracken  /.ii 
linden  ]u)ff'te,  wie  sie  den  älteren  Limesanlagen  eigeutündich  sind,  machte  ich 
einige  Einschnitt(\  Dieselben  förderten  eine  kleine,  vierseitige  Plattforju  mir 
aus  Thon  und  kleinen  Steinchen  hergerichtetem  Estrichboden  zu  Tage.  Am 
Westrande  derselben  zeigten  sich  drei,  am  Südrande  zwei  senkreciit  iji  den 
gewachsenen  Boden  vertiefte  Löcher.  .Modererde  und  Kohlen  Hessen  vermuten. 
dass  in  ihnen  einst  Holzpfosten  ges(>ssen  hatten.  Der  Ostrand  der  Plattform 
war  durch  AbHöissen  zerstört,  der  Nordrand  koimte  wegen  eines  darüber  sitzenden 
Ibuimes  nicht  untersucht  werden.     Die  späilirlien  Kleinfunde  bestanden  in  Kohlen 

lu 


140 

und  Tlionscherlx'U.  Dir  Aiilii,i;-L'  zeigte  eine  entfernte  Aebuliclikeit  mit  den 
JJarackenrosten.  wie  sie  in  den  letzten  Jahren  bei  den  liiniesuntersucliungen  viel- 
fach aiisffejrrahen  wurden.  Aber  es  waren  doch  auch  recht  wesentliche  Unterschiede 
vorhanden:  Die  Pfostenlücher  waren  nicht,  wie  hei  den  erwähnten  römischen 
Bauten,  in  die  Plattform  seihst  eingeschnitten,  sondern  sassen  am  Piande  dei- 
selhen.  Auch  der  (ii-ahen  Hess  römische  l[(!i'kunft  sein-  zweifelhaft  erscheinen. 
Er  war  kein  Spitzgrahen.  wie  bei  den  römischen  Jlolztürmen  und  Baracken, 
er  umzog  auch  nicht  dii»  ganze  Plattform,  sondt-rn  nur  knapp  ein  Viertel  der- 
selben. Die  deutlichste  Sprache  redc^ten  jedoch  die  Scherben.  Unter  ihnen 
fand  sich  kein  Splittei-  römischer  Herkunft.  Sie  gehörten  sämtlich  der  ])räbistii- 
rischen  Zeit  an  und  /war  wiesen  einige  nach  Perm.  Massiv  und  Ornameiu 
charakteristische  Stücke  auf  die  llallstattzeit  hin.  Der  Befund  sj)rach  also 
dafür,  dass  auf  der  in  dfiii  kleinen  Hügel  aufgediudvten  Plattform  eine  einer 
vorgeschichtliclien  Kulturperiede.  wahrscheinlich  dei-  Hallstattzeit,  angehörige 
Hütte  o-estandeu  harti'.  Die  Auffindung  dieser  llüttenreste  fand  dadurch  be- 
sonderes  Interesse,  dass  für  Kenntnis  der  Wohnstätten  aus  d(.'r  Hallstattzeit 
diesseits  der  Alpen  zur  Zeit  nur  unvollständiges  Mat(!rial  vorlag. 

Eine  nun  vorgenommene  Absuchung  des  Waldes  in  der  nächsten  Um- 
gelumg  liess  sofort,  auf  (duer  Fläche  von  etwa  4  lia.  zerstreut,  nündestens 
100  Ilügid  derselben  Art  erkennen,  sodass  das  Y<ii)iaii(lonseiu  einer  grösseren 
Niederlassung  vermutet  werden  durfte.  Es  wurden  nun  vier  derselben,  die  mög- 
lichst weit  voneinander  entfernt  waren,  aufgedeckt.  J)as  Ergebnis  der  Ausgrab- 
ung war  im  wesentlichen  immer  dasselbe.  Stets  fand  sich  eine  künstlich  hei- 
gerichtete,  trocken  gelegte;  horiztmtali;  Plattform  mit  einer  aus  l'hon  und  Saud 
bestehenden  gestampften  Tenne,  iu  die  eine  Feuersteile  eingeschnitten  war.  Sie 
war  von  acht  ein  Viereck  bildenden  Pfostenlöchern  umstellt.  —  Die  Hügel  fand 
ich  vorzugsweise  am  oberen  Rande  und  an  den  Hängen  eines  vom  Platzer  Bach 
umflossenen  kleinen  Plateaus,  w'elches  von  einem  im  ^^'alddistrikt  Eitelborner 
Steinrausch  aufsteigenden,  ziemlich  steilen,  oben  mit  Fichten  bewachsenen  Kegel 
nach  jS^orden  vorspringt.  Auffallend  musste  es  erscheinen,  dass  die  Mitte  dieses 
Plateaus,  gerade  die  schönste  Stelle,  von  diesen  Hügeln  fast  ganz  frei  war. 
Einige  Yersuchsgräben  brachten  rasch  die  nötige  Aufklärung.  OI)glei(h  Bäume 
mit  starken  Wurzelstöckcn  mehrfach  hindernd  im  \Yege  stauden.  gelang  es 
doch,  schon  im  Herbste  1^99  hier  —  Uebersichtskaite  IH.  //.  —  ein  Vicu'eck  von 
11  Pfostenlrudiern  aufzudecken,  das  eincMii  Bau  von  grössert'ii  Dimensionen,  als 
die  seither  ausgegrabenen  Wohnstätten  sie  besassen,  anzugehören  sidiien.  Die 
Scherbenfundc  sprachen  auch  bei  diesen  weiteren  (irabungen  dafür,  dass  die 
Nicnlerlassung  der  Jlallstattzeit  angehört.  Durch  dii'  l'"'ürs(n'g(;  des  Kaiserlichen 
Archäologischen  Instituts  in  Berlin  mit  Mitteln  ausgestattet  uiul  im  Eiiivei-ständnis 
und  Benehmen  mit,  dem  Vorstände  des  Vereins  für  Altertuinskundi;  und  (re- 
schichtsforschung  in  Wiesbaden,  nahm  idi  nunniehi'  während  der  Ixnden  Jahre 
1900  und  1901  weitere  Untersuchungen  in  vergrössertem  Umfange  vor.  die 
«M'gaben.  dass  (!s  sich  niijit  etwa  um  eine  kleinere  (M'U|»|ie  von  Wohnstätten,  son- 
deiii  um  eine  der  llallstattzeit  angehörende  geschlossene  Niederlassung  xon  sehr  be- 
trächtliidieiii  liiifange  jnit  vorgelagerten  kleineren  Einzelniederlassungen  handelte. 


1-17 

l\  J)  (' s  (•  h  r  (■  i  I»  II 11 1;-  (lci-  Laue  S[im-cii  rincv  urultcu  Ijrsicdcliing'  siii(] 
auf  jfiici'  i^'c.ii'cii  den  Ivliciii  Yurr^'csclKilH'iicn  'rerrasso  dos  Wcstcrwaldcs.  auf  dci- 
Nouhäiiscl  lici;i.  scIkjii  friilicc  lickaiiiit  n'cwdrdcii.  |!ci  Siinnicrn.  /u  dein  Vdii 
Vallondar  am  Ivliciii  walii'sclu'iidicli  licrcirs  in  inäliistoriHcJici-  Zoir,  eine  Strasse 
liiiiaiiH'üliiTr,  fand  iiiaii  licim  Hau  dci'  Sakristei  («ofässrosto  au«  drr  llallsiali- 
Hiid  dcf  l;a  Triic/cil.  Im  l'\dd(^  ("isllicli  diijscs  Dorfes  wurden  srlidii  rrielir- 
lacli  I  lallsfatfresre  ausi>'e^i'alirii  und  iin  liaufe  dieses  Sdiuiners  kiim  iinrli  ein 
seJiruici'  (Iral)fund  aus  drr  friilicn  liU  'IV'iic/.i'il  liinzu.  Im  A\'aldc  niirdli.li  und 
nord("isrlieli  mmi  Sinuuern  lie^-en  zahlrciidie.  iiodi  unla-rülirre  I liigoigräber.  ven 
denen  zwei  an  der  Strasse  nacJi  NeuJiäusel  sich  durch  nicht  f^ewüjinlichc 
Dimensionen  auszeichnen.  Kh  wird  aucli  ani^'enoninien.  (hiss  die  Strasse  Kehjenz- 
Montahaur.  die  ül)er  jene  Terrasse  fiilu't,  in  ilirei'  Richtung-  der  llaujitsac-he 
jKudi  luii  einer  priihistoriscJien  Strasse  zusaiuinenfalh.  Ileste  dorseihen  sind 
violloiidit  die  hmoen,  tiadiuu  Mühlen,  die  man  von  Arenlierg-  bei  Ehrenhreitstein 
zur  Seite  der  Staatsstrnsso  weit  verfolgen  knnn.  Ungefähr  diosellie  liiehtung 
hielt  auch  später  eiin^  rruniscjie  Strasse  ein.  An  ihr  lag  hei  deju  lu^utigen 
Niederberg,  2  km  nord()stli('h  von  Elinudireitstein,  ein  grösseres  Kastell  und 
weitere  S  km  mudöstlich  von  di(>sGm  im  Walddistrikt  Haferröder  siml  ?i(ich  iTk^ 
Kuinen  eines  i^ruuisclien  llolztui'iiis  und  eiiuis  römischen  St(dnturms  zu  ei'kennen. 
welche  micheinander  die  Stidlo  überwachten,  wo  jene  Strasse  die  römisclie 
Crrenzsporre  traf. 

An  der  Strasse  Koblenz-Montabaur  liegt  S  km  von  Ehrcnbreitstoin  ent- 
fernt, auf  der  Wassersclioide  zwischen  lUiein  und  Lahn  das  Dorf  Neuhäusel. 
Von  Neu]u"ius(d  steigt  die  Staatsstrasse  nach  der  kurzweg  Höhe  genannten  Süd- 
kup])e  der  Montabam-er  Höhe  hinauf.  Rechts  der  Strasse,  nach  Süden,  fällt 
das  Gelände  in  die  tief(\  Thalnnddc^  des  Emser  Bachs  ab:  links,  d.  h.  nacli 
Norden  hin,  senkt  sich  dei'  liewaldete  Hang  zum  Kalten  Bach  hinab.  <ler  sein 
Wassei"  bei  Vallendar  \n  den  Jiheiu  sendet.  Auf  dieser,  d.  h.  diu-  Nordseite 
der  Strasse,  zieht  sich,  viw.i  200  m  nordw(^stlich  der  Neuiiäus(der  Kirche  be- 
ginnend, (dn  kurzes,  tief  eingeschnittcn(!s  Thälchen.  das  llalsloch.  nach  dem 
Kalten  Bacdi  liinab.  Auf  derscdben  Seit(>  erhebt  sich  ca.  1700  m  n(iid()stlich 
der  Neuhäuseier  Kirche,  hinter  dem  Ilochreservoir  der  Neuhäusel-Eitelberner 
Wasserleitung  im  Walddistrikt  „P^itelberner  Steinrausch '"■  jimer  vorn  ei'wälinte. 
steile,  oben  mit  Eichten  bew.udisene  Kegel,  dem  das  kleine  Plateau  vergelagi'rt 
ist,  auf  dem  i(h  im  Herbste  1S99  die  ersten  Spuren  der  alten  Niederlassung 
fand.  Seine  steilen  Hänge  sind  nach  Nordosten,  Norden  und  Nordwesten  von 
dem  IMatzei-  Bach,  der  in  der  Nähe  dor  Hüttenmühle  in  den  Kalten  Bach  (dn- 
mündet.  utnl  weiterhin  von  diesem  letztenm  umflossen.  An  dem  Hochreservoir 
zweigt  sich  von  der  Staatsstrasse  nach  links  dei' sogeiuiiinte  ..IJuiterweg"  al>.  der  in 
ost-nordöstliclier  liichtung  thalwärts  zieht  und  S70  m  vom  Reservoir  entfernt  den 
Platzer  Bach  überschreitet.  Wenn  man  von  der  hier  vorhandenen  J3rü(dve  bis 
zur  ("»stlichen  Thalwand  des  Halsloch  den  waldigen  Thalhang  nach  allen  Richtungen 
durchstreift,  so  stösst  nnin  auf  viele  hunderte  von  Hügeln,  unter  denen  die 
Reste  d(M'  Niederlassung  verlau-gen  liegen.  Die  Ostgrenze  der  Niederlassung 
liegt  da.     wo  dei    Butterweg    den  Platzi-r   Ibuh    überschreitet.      Als  Nordgrenze 

10* 


1-ls 

«liciicn  <k')'  l'lar/.cr  JJadi  und  wcirei'  Ms  crwu  i'OO  ]ii  unrcrliallt  der  Iliitrcinnülile 
der  Kairo  Baclj.  liier  zeigt  sieh  dann  lun-h  rinc  (iruiipe  Vdii  Wdlinstätteii 
und  (iräbern  auf  der  rechten,  d.  Ii.  der  nördlichen  Thalseite.  Die  ikm-Ii  nicht 
o-enau  bestimmtem  West^-renze  zicdit  zu  der  Gründung  dfs  llalshich  hiiiüli(M'  und 
folfft  dessen  östlicher  Thalseite.  Die  Süd-  ddor  \icliuchr  Südost-drenzc  ist  in 
ihrem  westlichen  Tcdle  gleichfalls  iidch  niclir  genau  bcsrijumr.  Sie  dürfte  im 
Felde  nordfistlich  vdu  Neuhäusel  gcdegtMi  sein.  Weiterhin  folgt  diese  (irenze 
von  der  Waldecke  nordöstlich  von  Neidiäusel  an  (h-i-  >[ontabaurer  Strasse  bis 
zum  llochreservdii-  und  von  liior  bis  zum  IMatzer  Bavh  dem  Butterweg.  In 
der  Thalsohle  ist  noch  eine  (frupiie  nach  Süden  vorgelagevt.  dii-  am  l'ergliang 
bis   in   die  Nähe  der   Montabaurer  Strasse  hinaufsteigt. 

Der  ganze  östliehe  Teil  der  (xesamtniederlassung  von  der  Ostecke  am 
Platzer  Bach  bis  zum  Schnitt  der  Montabaurei'  Strasse  mir  einer  in  südnördlicher 
Itichtung  nach  llillscheid  führenden  Chaussee  bildet  ein  in  sich  geschlossenes 
(lanzes.  die  llaui)tgrup]ie.  ])iesclbe  misst  von  West-Südwesten  nach  Ost- 
Nordosten  löOü  m.  von  Norden  nach  Süden  000  m.  Auf  dieser  ganzen  Fläche 
ist  ausser  der  Spitze  des  Fichtenkopfes  im  Steinrausch  k(>in  Stück  von  den  der 
Niederlassung  charakteristischen  kleineu,  flachen  Hügeln,  welche  die  Reste  der 
W(dmstütten  oder  die  Gräber  bergen,  frei.  An  manchen  St(dlen  aber  erscheinen 
sie  dicht  gedrängt.  Das  Letztere  ist  namentlich  an  iU'U  steilen  Hängen  nach 
dem  Flatzer  Bach  hinab  der  Fall,  wo  selbst  an  Stellen,  aji  denen  die  Neigung 
mehr  als  30^  beträgt,  oft  Hügel  neben  Hügel  liegt.  Diese  grosse  Ostgrupjie 
wird  von  einigen  kleinerem  Gruppen,  die  nach  W&sten  hin  vorgelagert  sind, 
durch  einen  von  Hüg(>ln  freien  Sti-eifen  getrennt,  dessen  Lauf  auf  etwa-  L")0  m 
durch  die  Hillscheidor  Chaussee,  weiterhin  durch  einen  an  der  Berglehne  hin 
zum  Platzer  Bach  hinabführenden  Waldweg  und  schliesslich  durch  eine  vou 
diesem  links  abzweigende,  gleichfalls  nach  dem  Bachen  führende  seichte  Graben- 
muldtm  bezeichnet  wird.  L-h  habe  hier  bis  jetzt  5  solcher  (iruppen  gefunden, 
Sie  liegen: 

L  In  der  Waldecke  nordöstlich  von  Neuhäusel,   links  der  '>rontabaurer 
Strasse  und  von  liier  am  Nordhange  hinab; 

2.  zwischen  dieser  (xruppe  und  der  Hillscheidor  Strasse; 

3.  im  Lmern  der  grossen   Kehre    d(>r  Hillscheider    Strasse    südlich    der 
Hüttenmühle ; 

4.  südwestlich    von  dieser    am    östlichen  Thalhange    des  ILUshu-h    und 
.').  auf  der  Nordseite  des  Kalten  Bachs,    westlich  der  Hüttenmühle. 

Eine  6.  kleine  T! nippe  ist  von  der  Hauptgrnppe  an  ihrer  Ostecke  un- 
mittelbar nach  Süden  vorgcischoben. 

Von  diesen  kleineren  (irupp(;n  ist  übrigi^ns  mu'  eine,  die  zuerst  genannte, 
teilweise  untersucht.  Sie  bestedit  aus  (ünem  grösseren  Gehöfte,  iwhv.n  dem 
40  bis  7)0  gewöhnliche  Wohnstätten  und  ein  kleines  (iräberfeld  liegeu.  Das 
JJörfchen  zieht  am  ßerghang  bis  zu  einer  Qucdle  hinab,  die  auch  jetzt  noch, 
selbst  im  trockenem  Sommer,  i'eichliches  Wasser  liefei't.  Die  meisten  und  ein- 
gehendsten rntersuchungen  wurden  an  verscliiedeiien  Stellen  der  Jlauptgrujjpe 
vorgenonmien. 


149 

'.).  D  i  ('  ,:;■  •'  w  (■■)  ]i  II 1  i  c  h  •'  ii  AV  n  li  ii  s  t  ü  1 1  c  n.  Als  Typus  ein«!!'  gcwöhn- 
liclien  W(ihnstütt((  gOistatto  ich  mir.  finu  J lütte  zu  bcsciiioibeiu  deren  Roste 
in  der  ciwälinrcii.  in  der  Waldc-cdie  nächst  Ni!uliäusel  gel(!f;('nen  (Jru]>i)o  auf- 
liedeckt  wurden  --  üebersiiditskarte  III.  I)  und  Tafel  XV.  G  —  Die  btitivttende 
Hütte  stand  auf  (»inev  künstlichen.  luihezu  h(,)i-iz(jntalen  Piattfurni.  Die^e  ist 
mit  einer,  wic^  bei  unsci'en  Sclieunen.  niis  Tlmn  und  Sand  bestelninden  ge- 
stanipften  renu((  bedeckr.  die  zugleich  den  Pussboden  des  bewohnten  liaimies 
bildete.  J)ie  Tenne  ist  von  zehn  0,,')0  ni  bis  0,40  in  breiten.  1  m  bis  1.20  ni 
tiefen  Löchern  unigebcui.  in  denen  einst  starke  J'fosten  sassen'j,  die  ein  unregel- 
niässiges  Viereck  bildeten,  dessen  gntsste  Länge  und  grösste  Breite  6,50  m  und 
r),.')0  in  niassen.  In  Jeder  Ecke  sitzt  je  eins  dieser  Pfostenlücher.  Im  übrigen 
sind  sie  so  verteilt,  dass  auf  die  Ost-  und  Xordsoite  je  vier,  auf  die  Süd-  und 
Westseite  dagegen  je  drei  zu  sitzen  kdinmen.  J^ie  iSordwestecke  der  Tenne  ist, 
wie  rrufil  (IcJh;  (Erkennen  lässt,  um  (»,1^0  m  vertieft.  In  dieser  Nordwest- 
ecke ist  auch,  noch  O.OO  m  bis  0.70  m  tiefer,  wie  Profil  o:.  h.-.  zeigt,  die 
PeuerstelUi  eingeschnitten.  Sie  bihU^t  eine  ziemlich  grosse  (Jrube  mit  sanft 
naidi  Süden  üeneictem  Boden  und  steilen  ^^'änden.  Diese  Wände  bestehen  unten 
aus  Bimssand  und  ol)en  aus  lockerem  Hunuis,  also  aus  einem  sehr  beweglichen 
Material.  Man  hat  sie  deshalb  dui'(di  Auflegen  einer  Schichte  von  festgeschlagenem 
Tlion  und  Sand,  der  Masse,  aus  der  die  Tennen  besteht,  geschützt.  Im  Süden 
ist  noch  ein(^  ziemlich  grosse  Einbuchtung  (dngeschnitten,  die  tiefste  Stelle  der 
ganzen  Grube,  iu  der,  wie  die  durch  die  (llut  gehärteten  Wände  beweisen,  das 
Feuer  brannte.  Hiei-  befindet  sich  auch,  wie  bei  unseren  modernen  Peldherden 
ein  Zugloch,  das,  wie  aus  Tafel  IV.  G  i'rsichtlich  ist.  in  südlicher  Richtung 
unter  der  Tenne  hindurch,  hinaus  ins  Freie  führt.  Den  Zugang  zu  der  Feuer- 
stelle bildete  eine  von  der  Teime  im  Winkel  herabführende  schiefe  Ebene.  A'on 
Interesse  sind  auch  einige  kleine  Pfostenlöchei-  auf  dem  tiefer  gelegenen  T'eil 
der  Tonne  neben  der  Feuerstelh;.  Bei  anderen  Bauten  fand  ich  au  derselben 
Stelle  eine  aus  Thon  und  Steinen  aufgebaut(!  Bank ;  icli  vermute  deshalb,  dass 
auch  die  hier  vorhandenen  Pfosteidr>cher  von  einer  Bank  und  zwar  von  einer 
Holzbank  herrühren.  An  der  Südwostecke  der  Plattform  liegt  ausserhalb  der 
Tennen  eine  zweite  tiefere  Orube,  die  durch  (uiu'  geradlinig  an  der  Ilüttenwand 
hinlaufende  schiefe  Ebene  init  der  Feuorstelle  in  Verbindung  gesetzt  ist. 
Schnitt  a:,  /;.-,  zeigt  zuerst  ein  Pfostenloch,  dann  die  Ilauptteune,  liierauf  den 
Teil  der  Feuerstelle,  wo  das  Feuer  brannte  und  zuletzt  einen  Schnitt  dur(di 
die  Rampe  in  Form  einer  schiefen  Ebene,  die  jene  (irube  aussei'hall)  mit  der 
Feuerstelle  in  Axn-bindung  setzte.  Profil  a-.  In  zeigt  einen  Schnitt  durch  jene 
ürube  in  dw  durch  die  Linie  cn  In  angegebenen  Richtung.  Auch  liei  dieser 
Cfrube  waren  die  Bimssandwände  mit  einer  Decke  von  geschlagenem  Thoii  und 
Sand  festgemacht.  Sie  hatte  wohl  ein  besonderes  Dach  und  diente  als  Vorrats- 
raum. Auf  der  Ostseite,  der  Feuerstelle  gegenüber,  setzt  sich  die  'I  enue  zwischen 
zwei  Pfostenlöchern  etwas  nach  aussen  fort.  Hier  scheint  der  Eingang  der 
Hütte  gewesen  zu  sein.    Auf    dei'  X<irds(>ite  führt   ein  seichtes  Grübchen  bergab. 

1)  Über  die  Art  der  Aufdeckung  dieser  Pt'ostenlüclier  werde  idi  iiii.li  weiter  unten  l.ci 
lichandlung  einer  grösseren  bauliclieii   AnIngo  genauer  nnsspreehen. 


150 

Tafel  IV.    G  gibt  ileii  ( i  r  u  n  d  r  i  s  .s  der  al«  Typus  gewälilren  Hütte.     Iin 
Prinzip  gleichen    sie  sich  alle,    aber    im  Einzelnen  kommen    doch    kleine   Ver- 
schiedenheiten vor.     Ich  möchte,    bevor   ich  den  Aufbau  der  Hütte  bespreche, 
an  der  Hand  dieses  (irundrisses  mich  noch    in  Küi/.r   darüber  verbreiten,    was 
bei  den  einzelnen  gefundenen  (rrundrissen  gleich  uml  was  verschieden  ist.     Die 
(Grundlage    für    jede  Hütte    bildeti'    eine  künstlich   lioigerichtete    Plattform. 
Sie  ist  stets  nahezu  hurizontal  und  so  eingerichtet,    dass  der  auf  ihr  errichtete 
l)au  trocken  gehalten  Nverdeu  konnte.     War  der  Boden  nahezu  eben,   so  machte 
es  nicht  viel  Mühe,   die  horizontale  Grundlage  für  die  Tenne  herzustellen.    Hie 
gestampfte  Tenne    ist  0,15  m  bis  0.20  m  hoch    und  diese  Höhe    reichte    aus. 
um  den  auf    ihr  errichteten  Hau  vor  Nässe  zu  schützen,    zumal  auch  der  sehr 
durchlässige  Boden  Regen-   iiiid  Schneewasser    jederzeit  rasch   einsickern    Hess. 
An  den  alU'rdings  ziemlich  seltenen  vollkommen  ebenen  Stellen  habe  ich  deshalb 
bis  jetzt  noch  keine  Hütte  gefunden,   die  von  einem  Entwässerungsgraben  um- 
geben war.      Sollte  dao-eoeu   eine  Hütte  am  Beri»abliang  errichtet  werden,    was 
die  Regel  ist.    so    machte    die  Vorbereitung    mehr    Arbeit.      So   war    z.    B.    bei 
einer  Hütte  südlich  des  weiter  unten  genauei-  zu  beschreibenden  grossen  Gebäudes 
am  Nordhang  des  Fichtenkopfs  die  Plattform  auf   ihrer  nördlichen,   d.    h.   Thal- 
seite,  1,50  m  hoch  aufgefüllt.     Bei  einer  anderen  Hütte,   östlich  von  dieser,   am 
noch  steileren  Abhänge  nach  dem  Platzer  Bach  hinab,  beträgt  die  Aufschüttung 
der  Plattform  sogar  1.70  m.     Man  hat  liier  auch  noch  einen  Einschnitt  in  den 
Borghaug   gemacht,    sodass    der    westliche    Teil    der    Tenne    auf    gewachsenem 
Grund,    der    östliche  auf    einer  künstlichen,    am  Ostrande  1,70  m  hohen  Auf- 
schüttung   liegt.     An   dieser    und    an    anderen    ähnlichen  Stellen    ist    auch  die 
Längsadise  der  Tenne  nicht    senkrecht  zum  Berghang,    sondern  schräg  zu  ihm 
gelegt,   weil  man  so   natürlich  Auffüllungsmaterial  sparte.    Die  Plattform  bildete 
bei  derartigen  Hütten    mit    dem  Berghang    immer    einen    stumpfen    und  einen 
spitzen  Winkel.    In  letzteren  mündet  von  oben  ein  flaches  Gräbchen  ein,   welches 
offenbar  dazu  gedient  hat,   das  am  Berghange  herabfliessende  Regeuwasser  von 
der  Plattform  ab  und  thalwärts  zu  leiten.    Schon  bei  der  eisten  Hütte,   die  ich 
im   Herbste  1899  aufdeckte,   war  sehr  deutlich  zu  erkennen,   dass  man  sorgsam 
bestrebt  war.    den  Bau  auf  der  Plattform    vor  Itegcnwasser  zu  schützen.      Di(^ 
Plattform  ist  hier  auch  nach  der  Bergseite  hin  erhöht  und  ausserdem  noch  durch 
einen  flachen  Graben  vor  dem   llereiufliessen  des  Wassers  geschützt.     Bei  den 
ihr    benachbarten  Wohnhügeln    bedarf    es  nicht    einmal    der  Aufdeckung,     um 
nachzuweisen,   dass  hier  dieselbe  Einrichtung  besteht.     Bei  der  iiicht  weit  von 
dieser  Stelle  aufgedeckten  Hütte  — ^  Tafel  V.  P —  zeigt  sich  dasselbe.    Hier  ist  die 
der  Bergseite  zugekehrte  Südkante  der  Tenne  so  hoch  und  s<j  solide  aus  einem 
betonähnlichen  Gem<!ngc    von  Tlujn    und  Steinen  konstruiert,    dass   sie  das  zu- 
fliessende  Regcnwassei'    zwingen   musste,     nach  Westen  hin  den    IJerg  liiiuib  zu 
fließsen.  Auch  die  Tenne  i|ci-  liier  genauer  beschriebenen  Hütte  -     Tafel  1\'.  G —  ist 
an  ihrer  Nordseite    von  einem  flachen  Gi'äbcheu  umflossen,    dessen  Aufgabe  es 
war,   das  Regenwasser  Ijergab    zu  leiten.      Fasst  man    alh^s    in   diesef   Richtung 
Beobachtete  zusajumcüi.    so  muss   nuni  sich  zu   ih-r   Annahme   berechtigt  fühlen, 
dass    die   I)(!wohner    dcu'  Neuhäii-^eler  Nied(a"lassung.     auf    trockene  Wohmmgen 


151 

Gewicht  zu  logen  bei'cüts  gelernt  liattcn.  Das  ist  aber  desliall)  iiicjif  uninteressant. 
\\'(m1  (liii'cli  die  Aiisgral)iingen  er\Yi(!sen  isr.  dass  sie  ciiisr  aiicli  nucli  in  den 
^•ewiss   niciir   rrdckeiKni  'rricliteri''i'uben   \V(diiit('ii. 

I)i(*  bis  jetzt  auf'ge(l(!ckten  I'' c  u  c  f  s  r  <' 1  I  r  n  ;4lciclicii  sich  sämrlidi  dai'iii. 
dass  CS  in  den  Boden  eing'cschnitteiii'  (Ji'ulicii  sind.  Im  üljrigcn  zeigen  sicii  aber 
aneh  liier  Verschiedenheiten.  Die  liinen  sind  so  gross,  dass  in  ihnen  gewiss 
jnehrere  Personen  neben  dem  Feuer  Platz  fanden,  um  sich  zu  wärmen.  Eine 
solche  ist  die  Feucrstelle  in  der  hiei-  als  Beispiel  gewählten  Wolinstätt(\ 
Aehnliche  Dimensionen  besitzt  diesellie  liei  einer  weiter  unten  —  siehe  Fig.  2  — 
beschriebenen  Hütte,  bei  zwei  andiu'en.  die  am  Nordhange  des  oft  genannten 
IMchteuküpfs  aufged(;ckt  wurden  und  bei  einer  vierten  an  der  Nordwestecke 
der  llauprgruppe  in  der  Nähe  des  Schnittpunktes  der  .Montabaurer  mit  «ler 
Ilillscheider  Strasse.  ILi(u'  sind  dies((  als  Fcuerstellen  eingerichteten  Gruben 
so  gross,  dass  man  meinen  sollte,  man  habe  in  ihnen  aus  dei'  alten  Trichter- 
grube  etwas  in  die  medeineii  Wohnungen  mit  hinübernehnien  wollen,  worin 
Erstere  den  Letzteren  überlegen  Ovaren.  Die  dumpfe  Erdwohnung  gewählte 
besseren  Schutz  gegen  die  rauhen  AVinde  der  kalteu  Jahreszeit,  als  die  luftige 
llüchwohnung.  Vielleicht  suchte  man  diese  Annehmlichkeit  in  der  tiefen, 
geräumigen  Feuerstelle  zu  erhalten.  Bei  anderen  Wohnstätten  ist  die  Feuerstelle 
nur  so  gross,  dass  eine  etwa  mit  Bereitung  der  Speisen  beschäftigte  Person 
in  ihr  neben  d<Mn  Feuer  Platz  hatte.  Solche  Feuerstellen  sind  in  den  auf 
Tafel  V  b(ü  P  und  in  Fig.  1  dargestellten  Hütten  aufgedeckt  worden.  Aber 
auch  bei  diesen  Hütten  liat  der  Zugang  zur  Feuerstelle  stets  die  Form  einer 
gebogenen  schiefen  Ebene,  eine  Anordnung,  durch  w^elche  der  Einschnitt  in  die 
Tenne  abgcdcürzt  wurde.  Auch  fand  sich  meist  das  ins  Freie  führende  Zugloch, 
das  nicht  nur  aus  dem  Innern  der  Hütte  dem  Feuer  Sauerstoff  zuführte,  sondern 
neben  der  gebildeten  Koldeusäure  auch  einen  Teil  des  Rauchs  mit  hinausnahm  — 
Tafel  IV.  (?,  Tafel  V.  P,  Fig.  1.  —  Di(>  auf  Fig.  1  dargestellte  Feuerstelle  zeigt 
die  Einrichtung  auch  im  Profil.  Bei  zwei  der  bis  jetzt  aufgedeckten  Hütten 
besassen  die  Feuerstellen  aber  auch  ganz  andere  Formen.  Bei  der  einen  wai-  es 
(iine  flache  Mulde  in  der  Mitte  der  Tenne.-)  Bei  der  anderen  liütte  lag  gleich- 
falls in  der  Mitte  der  Tenne  eine  rhombische  Grube  von  2,25  m  grossem  und 
2  m  kleinem  Durchmesser  und  0,2.")  m  Tiefi^  Die  Grube  besass  einen  Imii- 
zontalen  Boden  und  ihre  Wände  biUhUen  zw'ei  Bänke  mit  Steinkante.  An  den 
Endpunktendes  kleinen  Durchmessers  sassen  zwei  um  ^Yeitere  0,15  ni  vertiefte 
Feuerlöcher,       Ol»     auch     sie     wie    die     anderen    Feuerstellen    mit    Zuglöchern 


•')  Ein  Gegenstück  liieizu  \Yurde  tui  eiuer  -miz  iiiulorcii  Stelle  uut'gedeckt.  Im  Dainistiulter 
Wald  fand  ich  im  Miirz  190'J  eine  Stunde  östlicli  wm  Dnnnstadt  in  einem  llüi,'elgräberteld, 
in  (lern  vor  Jjila'cn  lluUstatt-Urnen  ausgegraben  würden  waren,  zwischen  den  steilen  Grab- 
hügeln in  grösserer  /alil  andere,  ganz  flache  Hügel.  Die  Vermutung  war  nicht  abzuweisen, 
dass  man  es  liier,  wie  bei  Neuhäuscl,  mit  einer  aus  Wohnstätten  und  Griibern  bestellenden 
Ifullstatt-^iederlassung  zu  tluin  habe.  In  Gemcinscbat'l  mit  dem  Assistenten  am  Grosshorzogl. 
Museum,  Herrn  Dr.  Müller,  deckte  ich  bald  darauf  zwei  der  Hügel  auf.  Der  steile  Hügel 
war  ein  (uiil>  mit  Gefässresten,  Bronzeringen  und  einer  lironzenadel  aus  der  Hailstattzcit.  In 
dem  tlaclien  Hügel  aber  fand  sich  eine  nahezu  .|UMdiatiÄclic  Tenno  von  'i  m  Soitenliingc  mir 
Pfosteiilöchcni   in  den   locken  und  einer  fiaclien,  muldenfilrmigeii  Feiicrstello  in  der  Glitte. 


152 

versehen  waren,  vermag  ich  nichr  anzugeben,  "weil  die  Aufdeckung  dieser 
Hütte  in  (h-n  Herbst  1890  fällt,  wo  Zuglöcher  überhaupt  iiuch  nicht  gefunden 
waren. 


Fiy.  1. 


Wohnntüttcn  mit  Grab  in  der  mittleren   Wohnslätte 


Das  Gerippe  dei-  hier  als  Beispiel  gewählten  Wohnstätte  bildeten 
zehn  senkrecht  gestellte  und  tief  in  den  Boden  eingesetzte  Pfosten.") 
Ueber  die  Konstruktion  der  Wände  /wisclien  den  Pfosten  haben  die  Ausgrabungen 
soviel  Anhaltspujikte  gegebcni.  dass  es  nicht  mehr  nötig  ist,  die  Phantasie 
allzusehr  in  Anspruch  zu  nciimen.  Sehen  b(ri  den  ersten  Aufdeckungen  im 
Herbste  1899  fanden  sich  Brocken  einer  aus  Thon  und  Sand  bestehenden  Masse 
mit  Rilhm  und  Löchern,  die  einein  spätei-  verfaulten  llolzgeflecht  ihr  Dasein 
zu  verdanken  schienen.  Die  Yermutung  lag  nahe,  dass  es  lieste  der  ll.ütten- 
wände  seien.  Volle  Klarlnsit  ergab  sich  aber  erst,  als  ich  im  Mai  1900  die 
Reste    zweier  Hütten    fand,    die    abgebrannt  waren.      Die  (Jlut    liatt<'  hiei-  deji 


')  Ich  verweise  hier  .luf  dn^^,  was  Meitzou  ül)er  die  Urformen  des  Hauses  nürdlicli 
der  Alpen  sagt.  Meitzen,  8icdolung  und  Agrarwosoii  der  AVestgernianen  und  Ost^oi mum-n  etc. 
M.  irr,  S.   12<;   tr.   und   Aul.  28  c,  2«  d   u.  28e. 


153 

Wainlbcwurf  in  eine  ziogelartige  Masse  verwandelt  und  dit^  davuii  vorgefuudiMinu 
Stücke  zeigten  Al)di'ü('ke  (dnes  Getleelites  von  stärkeren  Ivundliöl/.ern  nüt  Gerten 
und  Reisig  mit  /ahllosen  kleinen  liöhrcJKUi  und  z.  T.  eine  glattgestrichenem 
Fläche  auf  der  einen  Seite.  .Man  konnte  daraus  ersehen,  dass  die  Wände  (h-v 
Hütten  ebenso  liergericht(!t  wanm,  wi(^  spät(!r  die  der  röniisclnm  llolztünne  und 
Jiaracken  und  auch  In'ute  inxdi  die  vieler  Faehwerkhauten.  namentlich  in  unsciren 
Gebii-gen:  das  Gebälke  der  Hütten  war  durch  ein  llolzgetlecht  verbunden  und 
darüber  ein  dickiM-  iiewurf  von  'rin)Ji  und  Sand  gelegt,  dem  man  dureli  JJei- 
meugung  von  Stroh  oder  anderen  ti'ock(!nen  ilalnum  euw  bcsssere  Bindung  "•cehtm 
hatte.  Die  gewöhnlichen  irüttim  sind  vei-schobene  Vierecke,  bei  denen  die 
Seitenlange  zw'ischen  4  und  7   m  schwankt. 

Was  die  Bedach  uug  betrifft,  so  dürfte  man  W(dd  nicht  irre  gehen,  wiuin 
man  annimmt,  dass  das  dafür  verwendete  Material  Stroh  oder  der  im  Westerwald 
einheimische  Ginster  gewesen  sei.  Das  Dach  war  wohl  (un  sogen.  Walmdach ; 
es  sprang  nach  allen  Seiten  vor,  um  die  Thonwäude  vor  Regen  zu  schützen.  Dass 
solche  Konstruktionen  damals  üblich  waren,  beweisen  Graburuen  aus  jener  Zeit,  die 
viereckige  Häuser  mit  Wahndächern  nachahmen.  Es  sind  abci-  auch  direkte 
Beweisstücke  dafür  bei  den  Neuhäuseier  Ausgrabungen  uufgcdunden  worden. 
So  fand  sich  z.  B.  bei  einer  Hütte  ausserhalb  derselben  an  der  Ost-  und  Si'nl- 
wand  (ün  breiter  Tennenstreifen,  der  durch  zertretene  Kohlen  ebenso  geschwärzt 
war,  wie  die  Tenne  im  Innern.  Diese  dunkele  Färbung  schloss  an  beiden  Seiten 
nach  aussen  hin  in  etwas  über  1  m  Breite  geradlinig  ab  und  auf  ihr  sass  an  der 
Südostecko  ein  kleines  Erdbänkchcm.  Der  ganze  Befund  findet  eine  einfache  und 
ungezwungene  Erklärung  durch  die  Annahme,  dass  hier  die  beiden  zusaminen- 
stossenden  Dachseiten  um  mehr  als  1  m  vorsprangen  und  so  <lie  darunter 
liegende  Tenne,  auf  der  die  Bewohner  sich  auch  oft  im  Schutz  vor  Sonne  und 
Regen  aufliielten,  vor  dem  Abwaschen  der  Kohlenrestchen  durch  (h-n  Regen 
bewahrten.  —  Dass  die  Tenne  trocken  gelegt  war.  ist  bereits  erwälmr;  aber 
es  war  auch  jedenfalls  für  geregelten  A  b  f  1  u  s  s  des  Regen- 
wassers  bei  den  Wohn  statten  Sorge  getragen.  So  zieht  z.  B. 
bei  der  vorn  als  Beispiel  gewählten  Hütte  von  der  Ostseite  bis  zur  tiefsten 
Stelle  an  der  Nordseite,  wie  schon  angedeutet  wurde,  ein  ca.  1,5  m  breites 
Gräbchen  hin  und  w^endet  sich  dann  bergab.  Es  wurde  augenscheinlich  jederzeit 
in  guter  Ordnung  gehalten  und  das  war  auch  nötig,  weil  ohnedies  das  abtliessende 
Regenwasser  den  aus  lockerem  Boden  bestehenden  Bergabhang  zum  Schaden 
der  tiefer  gelegenen  Hütten  rasch  zerrissen  haben  würde.  Heachtenswert.  ist 
auch,  dass  dies  Entwässerungsgräbchen.  wie  das  auch  anderwärts  beobachtet 
wurde,  nicht  die  ganze  Plattform  der  Hütte,  sondern  niii'  einen  Teil  derselben 
umzieht.  Es  lässt  sich  das  leicht  und  (dnfach  dadurch  erklären,  dass  man  das 
vom  Dache  herabfliesseude  Wass(;r  an  einer  ganz  bestimmten  Stelle  zu  Boden 
und  in  das  Entwässerungsgräbchen  leitete.  Aber  das  war  ohne  c'wu'  unseren 
Regenkandeln  ähnliche  Einrichtung  unmöglich.  Das  vom  Dache  herabfallende 
Regenwasser  wurde  auch  in  sehi'  zweckmässiger  Weise  zum  A'eibrauche  auf- 
gefangen. Auf  der  Nordseite  des  grössten  Gebäudes  der  ^siederlassung  fand 
sich    z.    B.    eine  Grube   von  (3.20  m  Länge.     2.(10  m   Breite  und    l..")0  ni  'l'iefe 


154 


j  /■/•/•.• 


Maasssfab  ■  i  .200. 


—  Tafel  V.  12  —  deren  ans  durclilässigein  Boden  bestehende  ^sordwand  iin't 
Then  irediclitet  \var.  Tn  ihr  liaben  wir  jedenfalls  eine  Cisterne  zu  erkennen.  Auf 
ihier  Ostböschung  war  auch  das  Loch  zu  sehen,  welches  das  wohl  aus  einer 
Kandel  einfliessende  Regenwasser  in  diese  Böschung  gewühlr  hatte.  Eine  noch 
interessantere  Vorrichtung-  zur  AVasserversorgung  fand  sich  heim  Aufdecken 
einer  »ewöhnliciien  Wohnstätte  am  oberen  liaude  des  nach  deni  Platzer  Bache 
steil  abfallenden  Hanges  östlich  des  erwähnten  grossen  Oebäudes  —  Fig.  1.  - 
Hier  liegt  an  der  Nordwestecke  der  Hütte  eine  1.5  m  lang.  1  ni  breit  und 
0.8  m  tief  in  den  unteren  festen  Binissand  und  den  Fels  eingeschnittene  Grube, 
von  deren  Rand  ein  Gräbchen  in  eine  zweite,   etwas  tiefer  gelegene  Grube  von 

:^,8ni  Länge.  2  m  Breite  und  1  m  Tiefe  führt. 
deren  Wände  nach  der  Thalseite  hin.  wo  der 
Boden  durchlässig  ist.  gleichfalls  mit  Thon 
gedichtet  sind.  Das  Wasser  war  hier  aus  dem 
40  m  tiefer  vorbeifliessenden  Platzer  Bach  bei 
einem  Neigungswinkel  von  30°  nur  mühsam 
zu  beschaffen.  Mau  sammelte  deshalb  das 
vom  Dache  herabfallende  Regeuwasser  in  der 
unmittelbar  neben  der  Hütte  g-elegenen  Grube 
an.  W^ar  diese  vollgelaufen,  so  wurde  der 
Ueberschuss  zur  weiteren  Benutzung  in  die 
etwas  tiefer  gelegene  grössere  Grube  geleitet. 
Y  o  n  Interesse  ist.  d  a  s  s  1)  e  i  m  A  u  f- 
d  e  c  k  e  n  eine  r  H  ü  1 1  e  u  n  t  c  ]■  d  e  r  T  e  n  n  e 
a  u  c  h  n  o  c  h  Reste  einer  älteren, 
ganz  anders  konstruierten  Weh  n- 
s  t  ä  1 1  e  z  u  m  y  o  r  s  c  h  e  i  n  k  a  m  e  n.  Der  auf- 
gegrabene Plügel  liegt  150  m  südwestlich  des 
grossen  Baues  und  60  m  nördlich  des  mittleren 
der  am  Nordhange  des  Fichtenkopfes  hin- 
führenden Waldwege  —  Tafel  III  und  Fig.  2. 
—  Die  Ausgrabung  förderte  zuerst  die  wohl- 
erhaltene Tenne  einer  grösseren  Wohnstätte 
von  7  m  Länge  und  ü,20  m  Breite  zu  Tage. 
Die  Tenne  ist  von  8  Pfostenh'ichern  umgeben,  deren  eines  allerdings  nicht 
ausgegraben  werden  konnte,  weil  eine  grosse  Buche  darüber  sitzt.  Die  ziendich 
grosse  Feuerstelle  HI  lag  in  der  Südecke  dei-  Tenne  und  war  wie  diese  sehr 
gut  erhalten.  Sie  zeigten  die  Eigentümlichkeit,  dass  nicht  nur  in  der  tiefen 
^Einbuchtung  nach  Süden,  sondern  auch  in  einer  anderen  Einbuchtung  nach 
Osten  hin  die  Wände  hart  srebrannt  und  beide  Stellen  durch  einen  dicht  an 
die  Wand  gedrückten,  bis  nahe  zur  Tennenkante  hinaufreichenden  kegelfiirmigen 
Thonklotz  voneinander  getrennt  waren,  zwischen  dem  mid  der  oberen  Grubeuwaud 

•V    südlichen    Ein- 


zig. 


Wohnstü  tten  nbere  ina  ncler 


(.)b 


III 


ei]i  von    Russ   geschwärztes  Kanälchen    durchzog. 

buchtung  sich  vielleicht  auch  noch  ein  Zugloch  befunden  hatte,  konnte  nicht  mir 

Sicherheit  erjnittelt   werden,    da  das   betreffende  W;indstück   an  einem   Sonntage 


155 

von  irgend  einem  unvorsichtigen  Besucher  lieruntergetreten  worden  war.  J)ic 
genauere  Untersuchung  dieser  Feuerstelle  (»rgab  sein- hald.  dass  ihre  ganze  Ostwand 
aus  Thonbrocken  mit  Rillen  und  Löchern,  wie  sie  häutig  als  Wandrest«^  von 
nicht  abgebranmen  Hütten  aufgefunden  wurden,  aufgc^baut  war.  Kiin'  Dunli- 
l)rechung  diesci-  Wand  l'ülutc^  in  die  Feuerstelle  IJ.  Si(!  wai-  etwas  kleiner. 
als  die  /ucn'st  aufgedeckte,  ilir  Bodiui  lag  ca.  0,30  m  tiefer,  sie;  war  auch  nicht 
in  die  zuerst  aufgedeckte  Tenne  eingeschnitten,  s(»ndern  lag  unter  dersolb(!n 
und  zwar  unter  ihrer  nordöstlichen  Hälfte.  In  ihrer  Noi'dostwand  fand  sich  das 
übli du*  Zugloch,  dessen  genauere  Untersuchung  ergab,  dass  die  zweite  Feuer- 
stelle in  eine  zweite  Tenne  eingeschnitten  war,  die  0,15  m  tiefer  lag,  als  die 
zuerst  aufgedeckte.  Der  Befund  der  Ausgrabung  sprach  also  dafür,  dass  hier 
eine  Hütte  unter  Verscliiebung  der  Feuerstelle,  aber  unter  Beihehaltung  der 
alten  Pfostenlöcher,  umgebaut  und  dabei  die  Tenne  erhöht  worden  war.  Aber 
die  Fortsetzung  der  Grabungen  ergab  noch  mehr:  Die  Wände  und  der  Fuss- 
boden  dieser  zweiten  Feuerstelle  waren  gleichfalls  aus  Thonbrocken  mit  Killen 
und  Löchern,  also  aus  den  Resten  eines  noch  älteren  Baues  zusammengesetzt 
und  die  weitere  Untersuchung  lehrte,  dass  dieser  ältere  Bau  eine  Wohngrube  I 
von  4,5  ni  Länge  und  3,5  m  Breite  war,  deren  Boden  1,65  m  bezw.  1,80  m  tiefer 
lag,  als  die  Tennen  der  beiden  später  auf  aufgeschütteten  Plattformen  errichteten 
Hütten.  Die  Wohngrube  I  hatte  in  der  Ostecke,  nicht  in  den  Boden  vertieft, 
sondern  etwa  0,30  m  erhöht  und  etwas  in  die  Wand  eingeschoben,  ihre  Fcuerstelle 
c  und  "eß-enüber  in  der  Nordwestecke  den  Eina-ang;  in  Form  einer  mit  Steinchen 


o^o' 


festgemachten  schiefen  Ebene.  Auch  der  Fussboden  war  mit  Steineben  bedeckt. 
Die  Thonbrocken  mit  Rillen  und  Löchern  mit  Flechtwerkabdrücken  rührten  wohl 
von  den  Wänden  und  dem  Dache  her,  mit  denen  die  Grube  einst  überbaut  war. 
Ob  diese  Grube  noch  derselben  Kulturperiode  angehörte,  Hess  sich  durch  Fuud- 
gegenstände  nicht  ermitteln,  da  die  einzige  in  ihr  zum  Vorseh(nn  gekommene 
Scherbe  keine  charakteristischen  Merkmale  zeigte.  Eine*  ähnliche,  aber  etwas 
kleinere  W^ohugrube,  als  die  hier  aufgedeckte,  fand  sicli  auch  au  einer  andern 
Stelle  der  Niederlassung,  uämlich  an  der  Südostecke  des  grossen  Gebäudes  am 
Nordhange  des  Fichtenkopfes  im  Steinrausch  —  Tafel  Y.  2.  —  Sie  ist  3.50  m 
lang,  2  m  breit  und  1  m  tief,  hat  sauber  hergestellte,  mit  einei-  Thondecke 
festgemachte  Wände  und  an  iJirer  Süds(>ite  in  einer  kleiuen  Wandeiubuchtung 
ihre  Feuerstelle.  Sie  ist  älter,  als  jenes  grosse  Gebäude,  denn  sie  liegt  unter 
seiner  Tenne,  auch  ist  eins  seiner  Pfostenlöcher  durch  ihre  westliche  Böschung 
getrieben.  Abei-  die  in  ihr  gefundenen  Scherben  unterschieden  sieh  nicht  von 
den  auf  dei'  Tenne  des  darüber  liegenden  grossen  Gebäudes  gefundenen.  Obgleich 
älter,  als  dieses,  gehört  die  Grube*  also  doch  jedenfalls  dcrselb(Ui  Kulturj)eriode 
an.  —  In  dieser  scheint  sich  also  hier,  was  den  Bau  der  Wohmmgen  betriti't, 
ein  grosser  Fortschritt  vollzogen  zu  haben,  der  darin  bestand,  dass  man  es 
lernte,  aus  einei-  feuchten  Erdgrube  auf  eine  erhöhte  trockene  Plattform  hinauf- 
zusteigen ! ' ; 


')  Von  (loii  iiioiston  dor  uuch  fiiUieruii  Kuluiriioriodeii  angehörigeuTrichtcrgi'uboii,  die  icli  bis 
jetzt  gesolioii  habe,  imterscheiden  diese  beiden  Wolingruben  sieb  wesentlich.  Sie  sind  mit  Keuei- 
stellen  und  Einganj,'  recht  saiilier  in  den   l'.ini>s(uiil   eingeschnitten,  der  tlingang  und   dor  Fu5>- 


1Ö6 

U  e  b  0  r  d  ii  s  et  w  a  i  y;  o  V  u  r  h  a  ii  d  e  ii  s  e  i  ii  v  <>  n  X  <•  h  o  ii  ji;  c  It  ä  u  d  o  ii 
bei  den  Hütten,  von  Ställen  und  l*  fe  r  i' li  e  n  f  ü  r  11  a  u  s  t  i  e  r  e  und 
der  gl.  iiaben  eingehenden*  rntersucluingen  noch  nicht  stattgefunden.  Aber 
sie  sind  Nvohl  vorhanden  ü;ewesen ;  denn  an  vielen  StelUMi  li^'y-en  immer  eiuiir(! 
Hügel  in  Gruppen  so  dieht  nebeneinander,  dass  sie  sich  berühren  und  in  einer 
dieser  Gruppen  —  Fig.  1  —  fand  ich  uelien  zwei  Tennen  mit  Feuerstellen 
auch  die  einer  Hütte  ohne  Feuerstelle,  also  die  einer  Hütte,  die  nicht  von 
Menschen  bewohnt  Avar.  Bei  zwei  grösseren  Gehöften  sind  gleichfalls  bereits 
die  lleste  von  Nebengebäuden  gi^funden  woiden,    wie  dort  erwähnt  werden  soll. 

4.  Grössere  bauliche  A  n  1  a  g  (;  n.  Aussei'  den  gewölinlichen  Wohu- 
stätten  wurden  bis  jetzt  auch  die  Beste  von  drei  grösseren  baulichen  Anlagen 
gefunden.  Eine  dieser  liegt  in  der  obengenannten  kleinen  Gruppe  in  der 
W  a  1  d  e  c  k  e  nächst  N  e  u  h  ä  u  s  e  1,  der  auch  die  oben  beschriebene  gewöhnliche 
^Vollnstätte  entnommen  wurde.  Diese  Grujtpe  —  Taf.  IV  —  besteht  aus  zwei 
grösseren  Bauten,  deren  volle  Aufdeckung  wegen  starker  Bewachsung  unterblieb, 
einer  nach  Osten  anschliessenden  kleinen  Gräbergrup])e  und  einer  nach  Norden 
hin  bis  zu  einer  Quelle  am  Berghang  hinabziehenden  Gruj)pe  gewidinl icher  Wohn- 
stätten, von  denen  eine  —  G  —  ganz  aufgedeckt  wurde.  Zu  Tafel  IV  ist  zu 
bemerken,  dass  die  beiden  Gräber  I  u.  VI  auf  ihr  dei-  Jiaumersparnis  halber  um 
4,25  cm  nach  links  verschoben  worden  sind.  Der  nördliche  der  beiden  grösseren 
Bauten  war.  wie  es  scheint,  viereckig  und  hatte  eine  trapezförmige  Tenne.  Er 
hatte  eine  Länge  von  lo  m  und  eine  grösste  Breite  von  7,40  m.  Nach  Süden 
hin  Avar  er  mit  einem  Vorbau  versehen.  In  der  Läugeiiachse  der  starken  und 
gut  erhaltenen  Tenne  wurden    fünf    in   ueradliniffer  Flucht  befindliche  Pfosten- 


o 


O' 


löcher  aufgedeckt.  Hier  sassen  wohl  einst  die  Stützen,  welche  den  Firstbalken 
des  Dachstuhls  trugen.  Auf  der  Nordseite  liegen  nach  der  Glitte,  neben  dem 
zur  Wand  gehörigen  starken  Pfostenloch  noch  drei  kleintu-e  Pfostenlöcher,  die  mit 
jenem  einen  Rhombus  bilden,  dessen  Bedeutung  ich  nicht  zu  erklären  vermag. 
An  diese  Pfostenstellung  schliesst  sich  nach  Osten  hin  ein  rechteckiger  Klotz  jener 
aus  Thon  und  Steinen  hergestellten  botonähnlichen  .Massi^  an.  die  bei  den  Ge- 
bäuden der  Niederlassung  stets  benutzt  wurde,  wenn  eine  grössere  Festigkeit 
erzielt  wtsrden  sollte.  Die  Feuerstelle  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden  worden. 
Vielleicht  liegt  sie  auf  der  überwachsenen  Stelle  der  Nordwand;  denn  das  liier  nach 
Süden  anschliessende  Tennenstück  war  hart  gebrannt.     Nach  Osten  hin  sprinu-f 


o^ 


di(!  gut  erhaltene  Tenne  wahrscheinlich  über  die  Ostwand  des  Hauptgebäudes, 
die  ich  hier  in  der  Flucht  der  beiden  auf  Tafel  IV  verzeichneten  starken  l^fosten- 
h'icher  sehen  möchte,  vor  und  wird  durch  vier  iiiclit  genau  in  gerader  Linie 
sitzende  kleinere  Pfostenlöcher  j-oi-en  die  Gräber  hin  abyeschlossen.  Die  Sache 
ist  an  dieser  Stelle  noch  dunkel.  J3emerkenswei't  ist  noch,  dass  im  Nordosten  die 
Tenne  1  m  weit  über  das  Grab  V  vorspringt,  dass  sie  also  wohl  jünger  ist.  als 
dieses  Grab,   welches  wegen  der  gerade  in  ihm  gemachten  Funde  für  die  Datierung 


boden  sind  mit  kloinun  steinen  liefestigt.  Al)er  die  sciiwürzlielie  Kiiifüllung  felilt  iliueii  und 
•laiiiit  leider  die  liiiufigcii  Kulturreste,  welclio  hoi  violcii  'rriiditergriiberu  die  Zeitbestiniiniini; 
SU  sehr  erleichtern. 


von  J5«!(l(uituii<i,-  isr.  Adn  dem  zweiton,  südlirh  dickes  lluiis>es  g«Iegen«)n  (jelj<uid<' 
konnt(!  W(^g(Mi  «tarkiir  Ji(3WH(;lisung  und  oim-s  an  seiner  Westseiti^  liinzielien- 
den,  vi<dbogang(!nen  W'e<i;es  noch  kein  genii;^end  grosser  Teil  aufgede<',kt  werden. 
Seine  Längen  stcilit  desli.illi  noch  iiiclit  fest,  «eine  grösste  Urcite  aliei-  beträgt 
'.),()0  111.  Die 'r<'nM('  d('ss(;ll)('ii  isr  »'heidalls  gut  erhalten,  alxn-  nifdU'  so  diek  un<l 
fest,  als  die  d(!s  soeben  bescliriebtiuen  J»au(^s.  Auf"  der  Ost-  und  d(!r  Wests(dte 
sitzen  di(>  starken  Pfosttudikdier  in  geradlinigen  Fluchten.  Aul'  der  Nordseite 
aber  sitzen  sie  iiiu-egelmässig  und  sind  klein.  In  ihrer  Flucht  läuft  ein  Oräbchen, 
das  in  eine  kreisf<"»rniige  (rrube  von  1,10  ni  Breit(!  und  mir  0,78  in  Ticde  ein- 
mündet, dessi^n  Wände  aus  durchlässigem  Jünissand  bestellen.  NebtfU  ihr.  abtu' 
isoliert,  liegt  eine  /weite  Grube  mit  denselben  Wänden  von  2.  K->  in  Länge, 
1,40  m  Breite  und  0,!)0  in  Tiefe.  Fine  befriedigende  Erklärung  fehlt  noch; 
aber  der  ganze  Befund  könnte  doirji  zu  der  Vfirmutung  Veranlassung  geben, 
dass  der  zuerst  bespro(diene  Bau,  der  bezüglich  seines  Grundrisses  auch  ander- 
wärts ein  Analogen  findet,  der  Ilauptbau,  der  andere  <lageg(!n  ein  Nebenbau 
gewesen  sei  und  (biss  bei  Letzterem  die  Ost-  und  Südwand  vielleicht  nach 
Aussen,  die  Nordwand  aber  nach  dem  Inn(n-n  eines  Hofes  gerichtet  gewesen 
sein  könnten.  Erwähnt  muss  noch  werden,  dass  die  Gräber  1  und  V,  von 
denen  später  nocli  die  Rede  sein  wird,  ein  Männergrab  und  ein  Frauengrab, 
die  besten  Fundstücke  geliefert  haben. 

Mindestens  (dn  grösseres  Gebäude,  wahrscheinlich  abcn-  deren  mehrere 
liegen  auch  in  do.v  Nähe  der  Stelle,  wo  die  Hillscheider  ( 'haussee  und  die 
Montabaurer  Staatsstrasse  sich  schneiden,  bei  Punkt  a  der  Uebersichtskarte. 
Denn  hier  sind  Spuren  einer  Feuerstolle,  eine  Vorratsgrube,  Pfostenlöcher  und 
verschiedene  Stücke  einer  gut  konstruierten  Tenne  zum  Vorschein  gekommen. 
Aber  eine  genauere  Untersuchung  der  betreffenden  Stelle,  die  auch  sonst  no(di 
Interesse  bieten  wird,   steht  noch  aus. 

Die  interessanteste  b  a  u  1  i  c  h  (^  Anlage  in  der  Nieder- 
lassung ist  aber  jedenfalls  ein  grösseres  G  e  b  ä  u  d  (^  a  m 
nördlichen  Abhänge  eines  ungefähr  in  ihrer  Mitte,  im 
W  a  l  d  d  i  s  t  r  i  k  t  „E  i  t  e  1  b  0  r  n  e  r  S  t  e  i  n  r  a  u  s  c  h",  aufsteigenden,  mit 
Fichten  bestandenen,  kleinen  aber  steilen  Bergkegels 
—  Tafel  V.  —  Hier  springt,  ca.  50  m  über  der  Thalsohhv  ein  kleines  Plateau 
vor.  dessen  steile  Gehänge  auf  der  Nordost-,  Nord-  und  Nordwestseite  vom 
Platzer  Bach  umflossen  werden.  Auf  diesen  Hängen  liegen  bis  zum  Rande  des 
Plateaus  hinauf  Wohn-  und  Grabhügel  in  grosser  Zahl;  aber  das  Plateau  selbst 
erschien  von  solchen  Hügeln  frei.  Icli  zog  deshalb  hier  schon  bei  Beginn  der 
Untersuchungen  im  Herbste  1899  in  der  Richtung  Oi,  1,  H,  HI  —  Tafel  V  — 
einen  Yersuchsgraben,  welcher  Scherben,  drei  Pfostenlöcher  und  die  Grube  II 
zu  Tage  förderte.  Einige  weitere  Gräben  senkreidit  zu  dem  erstiui  deckten 
schon  damals  noch  mehr  Pfostenlöcher  auf,  die  augenscheinlich  oii\(>r  Anlag«^ 
von  grösseren  Abmessungen,  als  sie  die  bis  dahin  bekannt(;n  Hütten  besassen, 
angehörten  und  auch  erkennen  Hessen,  dass  die  Mehrzahl  der  aufgefundenen 
Scherben,  wie  bei  den  geAvöhnlichen  Hütten,  auf  einer  aus  Thon  und  Sand 
hergerichteten  Tenni;  lag.     Die  im    l-^-ühjahr   1900  fortgesetzten   uiul   im  Herbst 


158 

1901  zum  Abschluss  gebrachten  l^nteröucliimgon  /eigton.  dass  es  sich  Iiitr  um 
einen  ]>au  liandcltc.  der  in  seinen  beiden  Achsen  29  bezw.  28  m  niass  und 
dass  Aveirer  vim  d  «i  r  Tenne  dieses  grossen  FJ  a  u  c  s  die  Ueber- 
b  1  e  i  b  s  e  1  eines  älteren,  w  e  s  e  n  1 1  i  c  ii  kleineren  Baues  b  e  d  (>(•  k  r 
waren.  Tatel  Y  zeigt  den  Grundriss  diesei-  baulichen  Anlage,  wie  er  im 
Herbste  d.   J.   dui'ch  fast  vollständige  Aufdeckung    klargestellt  werden    konnte. 

Die  obere  Tenne  ist  fast  ausnahmslos  gut  erhalten  und  meist,  wie  bei 
den  kleineren  Bauten,  durch  zahllose  Kohlenpaitikelchen  dunkel  gefärbt.  Auch 
die  untere  ältere  Tenn(>  z(Mgte  sich,  wo  si(^  aufgedeckt  wurde,  meist  noch  in 
gutem  Zustande.  Der  Iliihenunterschied  dei-  beiden  Tennen  beträgt  durch- 
schnittlich 0.1.")  ](is  0.20  ni.  Auf  Tafel  V  sind  beide  durch  8chraftierung  an- 
gedeutet. Die  doi)pelten  Schrati'ierungslinien  zeigen  die  untere  Tenne.  Auf 
der  südlichen  Hälfte  der  Westseite  und  dem  W(istlichen  Teile  der  Südseite 
sjiringt  die  obere  Tenne  nur  0.25  bis  O.oO  m  über  die  untere  vor.  wie  eine  Er- 
höhung der  Tenne  um  0,15  bis  0,20  ni  bei  etwaigem  Umbau  es  mit  sich  brachte;. 
Eine  Verschiebung  der  Tennengrenze  ist  also  hierin  nicht  zu  erkennen.  Auf 
der  ganzen  Ost-  und  der  ganzen  Nordseite  dagegen  hat  eine  solche  stattgefunden 
und  [es  zeigt  sich,  dass  die  Erneuerung  der  T"'enne  gelegentlich  einer  bedeutenden 
Vergrösserung  dos  Baues  nach  zwei  Richtungen  hin  vorgenommen  wurde. 

Die  Pf  0  st  en  1  ö  ch  er  sind,  gleichfalls  wie  bei  den  kleineren  Bauten, 
durch  den  Bimssand  bis  in  die  Schichte  von  grauem  Thon  getrieben,  welcher 
als  Verwitteruugsprodukt  über  dem  Fels  liegt.  Ihre  Tiefe  ist  deshalb  nicht 
überall  die  gleiche.  In  der  Nähe  der  Linie  YIi  VII,  wo  der  Felsgrund  höher 
hinaufsteigt,  schwankt  sie  zwischen  0,60  m  und  0,90  n:,  westlich  der  Jjinie  r/s  As. 
wo  das  Gelände  fällt,  steigt  die  Pfostcnlochtiefe  bis  1.10  m.  auf  der  östlichen 
Hälfte  der  Nordfront  Vlln  A2.  wo  der  Fels  höher  heraufsteigt,  beträgt  sie 
durchschnittlich  nur  0.(^0  m  auf  der  Westseite  dieser  Front,  aber  wo  der  Abhang 
beginnt,  steigt  sie  auf  1  m.  Als  Durchschnitt  der  Tiefe  überliaupt  kann  man 
die  Zahl  0.95  m  annehmen.  Das  Holz  der  Pfosten  ist  in  dem  lockerem  Boden, 
der  dem  Wasser  und  der  Luft  mit  Leichtigkeit  den  Durchgang  gestattet  und 
die  Zersetzung  begünstigt,  v<M'schwunden,  der  Inhalt  der  Pfostenlöcher  besteht 
hauptsächlich  aus  Humus  mit  Kohlenpartikelchen  und  einzelnen  Scherben.  Die 
Scherben  sind  wohl  b(>im  Einsetzen  der  Pfosten  zufällig  in  das  Tjoch  gekommen, 
der  Humus  ist  in  dem  Maasse.  als  das  Holz  schwand,  luichgerutscht  und  das 
regelmässige  VorkomuKMi  der  Kohlenpartikelchen  findet  vielleicht  in  der  Annahme, 
dass  man,  wie  einige  Jahrhunderte;  später  bei  den  rrmiischen  Holzbauten,  die 
eingesetzten  Pfosten  untern  anke)lilte,  seine  Erklärung.  Auch  Bimssand  findet 
man  häuhg  in  den  Pfostenilöchern,  aber  derselbe  ist  stets  mehr  eider  wenigen- 
mit  Humus  vermise-ht  und  unterscheidet  sich  dadurch  von  den  aus  reinem 
Material  bestehemdem  Wandern  d(!r  jjiicher.  Sowedt  er  niciit  beum  Einsetzen  der 
J^fosten  e-ingefüllt  wurde-,  ist  auch  er  durch  Nachrutschen  beim  Schwinden  dos 
Heilzes  in  die  Gruben  gelangt.  Häutig  stösst  man  auch  auf  harte  Erdbrocken 
eider  ein  festes  betonartiges  Gemenge  des  hier  vorkommenden  grauen  Thons  mit 
Steinen.  Man  hat  eben  den  Pfosten  dui-ch  Stampfen  des  viedleicht  veirher  nass 
gemachten  Einfüllgrundes    oder  Benutzung    jenes    .betonartigen  Gemenges    eine' 


159 

festere  Stelluiit;'  /ii  .^cboii  i;<'siiclif.  Es  Hndef  sich  das  niiinentlic.li  l)ci  den 
weiiiy(u'  tinfi'M  l'f'ostenlöchern  auf  der  Ostseiti^  Dii;  Pfosten  sind  nicht  ein- 
^■esehlagen,  sondern  in  vorlicr  ,H('<>ral)(in('  Löcher  eingesetzt  worden.  IHr  Löcher 
sind  verliälrnisniässig  l)reir,  in  der  Pdnissjiudsehiclir  0.;»0  ni  bis  0,G0  im  und  ihi-e 
JJreite  ist  lln^■Iei(■ll.  Das  tinder.  ai)er  eine  einfaeJie  I'>klärung  in  dem  Hoden, 
dureh  den  sie  g(3tri(il)en  werden  mussteu,  dm  leicht  IjewegTichen  lünissand.  liei 
(hnn  ein  gelegcvntliclies  Zusaninienrutschen  dei-  Wände  weder  beim  (n-stcMi  Anlegen 
dei-  Lfusher.  noch  beim  späteren  Ausräumen  ders(dben  vermi(;den  werden  konnte. 
Bei  breiteren  l*fost"(^nl("»chern  sass  der  Pfosten  nicht  in  der  Mitte,  sond(!rn  an 
der  Wand  der  (h'ube,  was  in  Einschnitten  in  die  über  dem  Eels  liegende  Thon- 
schichte,  in  hier  noeh  sitzender  festgestampfter  Erde  oder  in  Brocken  des  ob('n 
genannten  Gemenges  aus  Thon  und  SteincMi  zu  erkennen  ist.  Berücksichtigte 
man  aber  das  alles  bcM  den  Ausgrabungen,  so  ergab  sich,  dass,  wie  bei  den 
Hütten,  die  Pfosten  iu  der  Eegel  in  geraden  Linien  sassen,  dass  die  Eluchtlinien 
sich  aber  nicht  rechtwinklig  schnitten.  Gerade  Linien  abzustecken  verstand  man 
also  bereits;  aber  man  kannte  noch  ]ii(!hr  den  rechten  Winkel,  was  ja  uuch 
bereits  gewisse  Kenntnisse  in  der  Geometrie  vorausgesetzt  haben  würde;.  Die 
Profile  (i\  l>i.  Ol  IV  und  q  /)\  zeigen  die  Durchschnitte  durch  einige  Pfostenlöcher. 
Bei  <n  l>\  ist  das  Pfostenloch  durch  ein  älteres  Grab  und  die  hier  0,20  m  hohe 
Thouschichte  bis  in  den  Eels  getrieben.  Es  zeigt  sich  liier,  dass  der  im 
Maximum  0,25  m  starke  Pfosten  wahrscheinlich  rund  war.  Bei  J^roül  Oi  IV 
hat  sicli  Pfostenloch  I  nicht  gut  gehalten.  Es  fällt  in  den  ersten  Versuchs- 
graben und  nmsste  mehrfach  ausgeräumt  werden.  Dadurch  sind  die  Bimssand- 
wäude  abgenutzt  und  das  Loch  ist  weiter  geworden.  II  ist  kein  Pfostenloch, 
sondern  eine  Grube  für  andere  Zwecke.  Pfostenloch  III  und  die  nach  Norden 
hin  folgenden  haben  sich  ziemlich  gut  gehalten  und  zeigten  bei  der  Schluss- 
aufnahme noch  ihre  ursprüngliche  Weite.  Neben  III  liegt  in  derselben  Grube, 
aber  aus  der  Linie  Oi,  I,  III,  TV  etwas  abweichend,  ein  zweites  um  einige 
(Zentimeter  tieferes  Pfostenloch.  Hat  hier  einmal  eine  Veränderung  stattgefunden 
oder  hat  der  eine  Pfosten  zur  Verstrebung  des  anderen  gedient  V  Das  nächste 
im  Profil  gezeichnete  Pfostenloeh  liegt,  gleichfalls  etwas  aus  der  Linie  Oi  IV 
abweichend,  am  Ostrande  der  zur  Aufnahme  des  Pfostens  hergerichteten  Grube. 
Bei  Prohl  q  pi  sind  die  Bimssaudwände  des  iA)ches  gleichfalls  stark  abgenutzt, 
es  ist  jetzt  breiter  geworden,  als  es  bei  seiner  Aufdeckung  war;  aber  die  Ver- 
tiefung in  seiner  Mitte  hat  sich  gut  erhalten. 

Bemerkenswert  ist,  dass  die  Pfostenlöcher  und  auch  die  übrigen  Gruben, 
die  in  der  Niederlassung  aufgedeckt  wurden,  bis  auf  einige  seltene  Ausnahmen. 
mir  bis  auf  den  Eelsbodeu  und  nieht  bis  m  denselben  vertieft  sind.  —  Der 
Grund  ist  vielleicht  in  der  Unvollkommeuheit  der  Werkzeuge  zu  suchen,  die  in  der 
llallstatt-,  d.  li.  der  frühen  Eisenzeit,  wohl  noch  nicht  aus  Eisen,  sondern  ininn-r 
noch  aus  einem  anderen,   weniger  geeigneten  Material  hergestellt  wurden. 

Ausser  den  Pfostenlöchern  wurden  bei  Aufdecken  des  Gebäudes  auch  einige 
g  r  ö  s  s  e  r  e  G  r  üben  gefunden,  die  teilweise  von  den  Tennen  bedeckt,  teilweise 
von  ihnen  frei  gelassen  waren.  Lieber  der  schon  beim  Ziehen  des  ersten  ^  ei-- 
suchsgrabens  im  Herbste  1899  aufgedeckten  Grube  \l  wurde  bei  der  Aufdeckung 


160 

von  l»('i(l.'ii  Touuon  nii-lit.s  hcmerkr.  Auf  <l<'r  Siulostseitc  ist  sir  mit  »nucm 
kleinen,  scharf  eingeschnittenen  (Tiiiholien  v(Msehon.  das  mit  Humus,  in  dem  sieii 
einzelne  Knhlonpartikelchen  fanden,  gefüllt  war.  ])ieses  Grübchen  erinnert  an 
die  Zugkanälchen  neben  den  Feuerstätten  der  kleineren  Wohnstätten,  dagegen 
ist  von  einer  durchs  Feuer  gehärteten  Wand,  wie  sie  sonst  bei  Aufdeckung 
dieser  Gruben  gefunden  wurde,  hier  nichts  mehr  zu  sehen.  Wiederholen  nuiss 
ich  aber,  dass  die  Aufdeckung  der  betreffenden  Grube  in  den  September  1899 
fällt,  wo  weder  ich.  noch  meine  Arbeiter  bereits  die  uCitigen  Erfahrungen  ge- 
sammelt hatten.  Eine  zweite  Grube  —  V2  --  zeigt  das  Profil  q  in.  Sie  liegt 
ausserhalb  des  Baues,  an  der  Nordfront  desselben  und  seine  hier  einen  Meter 
über  die  Reihe  der  Pfostenlöcliei'  vorspringende  Tenne  tritt  bis  an  ihren  Südrand 
heran.  J^eider  konnte  diese  Tenne  an  der  Stelle,  wo  das  Profil  qjOi  auf- 
genommen wurde,  nicht  erhalten  werden,  weil  die  Nordwand  des  hier  auf- 
gedeckten Pfosteulochs  im  oberen  beweglichen  Bimssand  z.  T.  zusammenrutschte. 
Die  Grube  ist  6,20  m  lang,  2,70  m  breit  und  \\m^  Sohle  liegt  1.50  m  unter 
dem  Niveau  der  Tenne.  Die  Nordwand  ist  dem  ziemli(Oi  steil  abfallenden  Hang 
zus:e\vandt  und  besteht  in  ihren  oberen  Partieen  aus  Humus  und  der  oberen  durch- 
lässigen  Bimssandschicht«'.  Man  hat  sie  durch  Auflegung  einer  0,15  bis  0,20  m 
hohen  undurchlässigiui  Schichte  aus  grauem  {»lastischem  Thon  wasserdicht  ge- 
macht. Wir  haben  es  hi(>r  jedenfalls  mit  einem  der  auch  anderw'ärts  gefundenen 
P)ehältei-  zur  Aufnahme  von  Regenwasser  zu  thun.  Auf  der  Mitte  der  Ostseite 
zeigt    sich  noch  das  Loch,    welches    das  wahrscheinlicli    vermittels    einer  wohl 


,_  ,•     <\i']\    iiiifli    fla«    Tinpli.      wo 

hölzern(Mi  Kandel    vom  Dache    herabfallende  Rcgenwassor    hier    in    den  Boden 


gewühlt  liat.  Drei  weitere,  von  den  Tennen  nicht  überdeckte  Gruben,  nämlich 
Grube  10,  deren  Schnitt  Profil  Oi  IV  in  seiner  nördlichen  Partie  zeigt,  Grube  11 
(s.  Profil  o-,  hl)  und  Grube  o  (Profil  a-j  1h)  müssen  im  Anschluss  an  die  Ein- 
teilung des  Grundrisses  des  Baues  besprochen  werden,  lieber  die  zwischen  den 
beiden  Punkten  VI  und  VL  des  Planes  V  eingezeichnete  Grube  2  ist  oben 
Ijereits  das  n»»tige  gesagt  worden  (s.  S.  155).  —  Durch  die  obere  Kante  ihrer 
Westb«»schung  ist  das  südöstliche  Eckpfostenloch  des  grossen  Hauses  getrieben. 
Gleichfalls  unter  der  jüngei-en  Tenne  liegt  eine  andere  Grube  — •  7  — .  Sic  ist  2,20  m 
lang.  0.70  m  breit  und  0.40  m  tief  in  den  Bimssand  geschnitten.  In  der  Humus- 
eint üllung  fanden  sicJi  einige  w-enige  Scherben  und  Kohlen  und  auf  der  Sohle 
lag  <'ine  längliche  Steinsetzung,  Ich  möchte  die  (Jrub«^  7  als  ein  älteres 
(Jrab  ansprechen.  Die  beiden  (rruben  5  und  6,  nordwestlich  von  der  Grube, 
H  sind  von  der  älteren  und  der  jüngeren  Tenne  überdeckt.  Sie  zeigten  Kohlen 
und  Scherben  in  derselben  Weise,  wie  die  Wohngrube  2  und  das  Grab  7.  im 
übrigen  aber  nichts  charakteristisches.  Ich  möchte  über  ihre  Bedeutung  noch 
kein  Urteil  abgeben.  Beide  werden  von  je  einem  Pfostenloch  der  darüberliegenden 
bauliehenAnlage  gcschnitten.Eine  weitereGrube  —  1  —  an  der  Südfront,ProfiI  (/.;  />i,. 
wird  Ijis  zur  Mittelachse  von  den  beiden  Tenni^n  bedeckt.  Sie  ist  in  den  Fels 
vertieft  und  stellt  ein  Grab  dar.  Das  Gleiche  gilt  auch  noch  für  zwei  Gruben  in 
der  Nordwestecke  des  Baues,  deren  eine  --8  —  zur  Hälfte,  deren  andere  —  9  — 
dagegen  ganz  von  der  jüngeren  Tenne  überdeckt  ist.  Durch  8  ist  wieder  ein 
Pfostenloch  getrieben.   Zu  den  Gruben  8  und  *.i  gelnii'en  die  l'roHle  (t\  h\  und  <t:.  h:>. 


IGl 

\Vi(^  Taf'ol  V  orkonncii  lässt.  wiii'dcii  diiivli  (li(!  Aufdcckim^iüi  im  Iclztcn 
llovbsto  dio  Crenzon  dor  hcidon  'IViincni  goriau  bestiiinnt  und  aiidi  über  die 
V  c  r  t  0  i  1  u  n  i;'  d  o  r  [  n  ii  c;  ii  v  ;i  u  in  c  dos  Baues  boroits  ein  J{ild  ^'cf^cbon,  das 
allordino's  iKtch  Y('fV(dlst;indif>t  woi'dcn  inuss.  Voi'  allein  fällt  d  i  c  A  ii  o  r  d  n  n  n  g 
der  ]^f()  s  f  (•  II  I  ü  (•  li  (>  r  an  {]  o.  v  X  (i  f  d  o  s  r  c  e  k  c  ins  A  u  "•  (;.  Min-  ist  jedes 
Tennenst.üiik  so  scM'gfältii;'  mir  dci'  Erdsondc  uiitcn-siiciit  \vord(!n,  dass  ii-h  nlclit 
annehmen  kann,  irgend  ein  rt'ostenloeli  sei  übersehen  werden.  Die  I'fnsfen- 
lüchcr,  (U^ren  sicherlich  noch  eins  gerade  im  Schnittpunkte  der  beiden  Flucht- 
linien unter  einem  gr(»ss(ui  IhuiiiK!  mit  starkem  Wur/elstock  zu  hndciu  ist, 
bilden  li  i  (M'  j  e  d  e  ii  f  a  1 1  s  d  i  e  Rest  e  d  e  v  W  ä  n  d  e  eines  Sa  a  1  e  s.  Er 
liatte  bei  11. öO  m  Längi^  ei  im  Breite  von  D.f)  m.  Seine  Südwestecdce  war  ein- 
gezogen und  auf  der  Ostseite  befand  sich  (dn  Vorbau.  Der  Elächenraum  der 
Tenne  dieses  stattlichen  liaums  beträgt,  von  dem  Vorbau  abgesehen.  92,r)()  qm. 
Er  bietet  aber  aucli  nicht  mir  durch  seine  Abmessungen,  sondern  auch  durch 
die  Anordnung  der  Tenne  und  /\V(;i  in  diese  eingeschnittene  (rruben  uocJi  ganz 
besonderes  Interesse.  Die  Südwestecke  der  Tenne  bildet  eine  cn-hölite  Plattform 
von  6,20  m  Länge  und  4,20  m  Breite,  die  auf  einer  von  /n  nach  Süden 
ziehenden  Linie  —  siehe  ProHl  h  /■  —  ihn»  Westgrenze  hat.  Die  östliche  der 
beiden  in  die  Tenne  eingeschnittenen  Gruben  —  11  —  stösst  von  Norden  an  die 
erhöhte  Plattform  an  und  von  dieser  führt  eine  scliiefe  Ebene,  die  unter  dem 
Wurzelstock  einer  Buche  zu  erkennen  ist,  bei  /.v,  auf  den  niculriger  g(degenen 
Teil  der  Tenne  herab  —  Prohl  m  h.  —  Von  da  gelangt  man  dann  in  westlicher 
Ivichtung  wieder  auf  einer  schiefen  Ebene  ins  Lmere  der  (»rube  11.  Dieselbe 
ist  ein  Vierseit  mit  abgerundeten  Ecken,  dessen  beide  Acdisen  ;5,50  m  messen. 
Ihr  Boden  liegt  1  m  tiefer,  als  der  höher  gelegene  und  0,60  ni  tiefer  als  der 
niedriger  gelegene  Teil  der  Tenne  des  Saales.  Die  Süd-  und  die  Nordwand  der 
(»rube  und  die  Abrundungen  haben  sehr  steile,  die  iMitten  <l(>r  Ost-  unti 
der  Westseite  dagegen  sehr  Hache  Böscliungcn.  Nach  Westen  hin  behnden 
sitdi  in  der  Grube  vier  Pfostenlöcher,  die  ungefähr  je  0.20  i)reit  und 
bis  zu  0,15  m  in  den  Boden  vertieft  sind.  Neben  der  Grube,  auf  der  unteroji 
Tenne,  liegen  die  Reste  einer  aus  grauem  Thon  und  Steinen  aufgebauten  Bank, 
wie  ich  sie  wiederholt  bei  den  kleineren  Wohnstätten  neben  der  Feuerstelle 
gefunden  habe.  Neben  der  (irube  11  liegt  eine  wesentlich  kleinere,  aber  0,20  m 
tiefere,  zweite  Grube  —  10  -  -.  «leren  Längsschnitt  auf  Prohl  Oi  IV  zwischen  III 
und  IV  zu  erkennen  ist.  In  der  unteren  Kante  ihrer  B()S(duingen  zeigen  sich 
kleine  Einschnitte  in  den  gewachsenen  Grund,  in  weh^he  wohl  einst  llölzei- 
eingesetzt  waren,  die  zur  Befestigung  der  ziemlich  steilen  Wände  gedient  haben 
möchten.  Einige  Andeutung(m  sprechen  dafür,  dass  in  ihrer  Ostwand,  da  wo 
in  der  Nachbargrube,  d(>ren  Eingang  gegenüber,  die  sehr  flache  Böschung  auf- 
gedeckt wurde,  zwischen  den  beiden  benachbarten  (»ruhen  eine  Verbindung 
hergerichtet  war.  Uelxu"  die  Bedeutung  di(>ser  beiden  Gruben  kann  man  imr 
Vermutungen  ausspreclien,  die  naturgemäss  immer  mehr  oder  weniger  unsicher 
sein  müssen.  Eine  sohdie  Vermutung  drängt  aber  der  Vergleich  mit  der  an 
der  Nordwestecke  des  grossen  Hauses  gelegenen  Hütte  auf  —  Tafel  V  /'  — 
Auch   in   ihre  Tenne  sind  zwei  ({ruhen  eingesclniirten.     Die  eine  ist  eine  Feuei- 

11 


1()2 


s 


stello  mit  dem  typisdicn,    ins   Froio  f'üliri'ndtMi   Zu<i;krtn;il('li('n  auf  dov   Südscito. 
JS'ehoii  ihr  liegt  eine  O.oO  m  tiefere    zweite  Grube.     Sie  steht    mit  der    ersten 
in  Verbindung-  uml  irli  möchre  mit-h  niclit  lange  besinnen,   in  ihi'.   w'w  das  bei 
der  oben  beschriebenen   Hütte  in  der  "Waldecke  nächst  Neuhäusel  der  Fall  ist. 
einen  Yorratsraum  zu  erblicken.     Sollte  hier.   b(>i  dem  grossen  Saale  die  Sache 
nicht  vielleicht  ähnlich  liegen,   sollte  nicht  (irube  11  die  Feuerstelle  und  (Jrul)e  10 
der  Vorratsraum  sein?  Dann  fände  auch  die  an  der  Nordseite  der  (Jrube  gelegene 
Bank  ihre  Erklärung,   da  ich  ja  solche  Bänke  bei  den  gewöhnlichen  Wohnstätten 
wiederholt    neben  den  Feuerstellen    gefunden  habe.      Der  Umstand,    dass  dann 
die  Feuerstelle  die  Abmessungen  einer  kleinen  Ifüttc^  liätte.   kann  kein  Befremden 
erregen;  denn  auch  bei  den  gewöhnlichenWolmstätten  sind  Feuerstellen  aufgedeckt, 
die  so  eingerichtet  waren,   dass  neben  dem  Feuer  mehrere  Mensehen  Platz  hatten, 
um  sich  zu  wärmen  oder  gewisse  Arbeiten  auszuführen.     Nimmt  man  aber  an, 
dass  die  Grube  11  eine  Feuerstelle  gewesen  sei,    so  findet  man  auch   eine  Er- 
klärung   für    die    vier  Pfostenlöcher.     Bei    den  Feuerstelleu    der    gewcdinlichen 
Wohnstätten  ist  inmier  das  nach  aussen  führende  Zugkanälchen  vorhanden,   das 
nicht  nur  die  Luftzufulir  vermittelte,   sondern  auch  einen  Teil  des  Bauchs  nach 
aussen  ableitete.    Diese  Einrichtung  fehlt  hier,   aber  es  war  doch  wohl  bei  dem 
grösseren    und  gewiss  auch  vornehmeren  Bau    ein  gewisser  Ersatz  für  sie  vor- 
handen.     Ich  wage  es,    die  Hypothese  aufzustellen,    dass    in    den  vier    in  den 
Boden  der  Grube  eingeschnittenen  Löchern  einst  vier  Pfosten  sassen,   die  über 
das  Dach  des   jedenfalls  einstöckigen  Baues  hinausragten    und  selbst  ein  ])ach 
trugen,   das  vor  Sonne  und  Regen  schützte,  aber  zugleieli  (luveli  einen  zwischen 
beiden  Däeheiu    befindlichen    freien  Raum    dem  Rauch    den  Abzug  gestattete. 
Durch  Verbindung  der  vier  Posten  mit  dem  Balkenwerk  des  JLauptdaches  konnte 
diesem  kleinen,    aber    verhältnismässig  hohen  Bau    leicht    die   nötige  Stabilität 
gegeben  werden.     Aehnliche  Einrichtungen  habe    ich    bei    ältcn-en  Häusern  für 
industrielle  Zwecke  gesehen,    ähnliche  Einrichtungen  finden  sich  noch  jetzt  bei 
alten  niedei'ländischen  Bauernhäusern    und  eine  ähnliche  Vermutung    spricht  in 
„Schliemann,  Tiryns",  Kaj).  V.  S.  247  auch  Dörpfeld  bezüglich  der  Rauch- 
abführung im  Megaron  der  Männer  in  dieser  prähistorischen  Burg  aus.    Die  in 
Grube  11  gemachten  Kohlenfunde  unterschieden  sich  nicht  von  denen  in  anderen 
Feuerstellen.     Einige  Spuren  wiesen  darauf  hin,   dass  das  Feuer  in  ihrer  Mitte 
gebrannt  habe    und  die  Scherben  waren    in    ziendich  grosser  Masse  vorhanden. 
Besonderes  Interesse  aber  verdienen  zwei  grosse  Stücke  von  Reiber  und  Reib- 
steine einer  Handmühle    aus  Basaltlava    und  zwei  durchlöcherte  runde  Gebilde 
aus  Thon,   deren  (^ines,    welches  leider  abhanden  gekommen  ist,    sicherlich   ein 
Spinnwirtel  war,   während  über  die  Bedeutung  des  zweiten  —  Fig.  6,  i.,   S.  ISI 
—  noch  ein  Zweifel  bestehen  juuss.      Die  Funde  sprechen  dafür,    dass  in  dem 
Räume  auch  gesponnen  und  gemahlen  wurde. 

Ob  der  nach  Osten  angeschlossene  Vorbau  ein  geschlossener  Raum  i)der 
etwa  eine  offene  1  lalle  war,  lässt  sich  zur  Zeit  nicht  entscheiden.  Dass  zwischen 
diesem  Raum  und  dem  Saal  eine  Wand  durchgezogen  sei,  lässt  sich  wohl  aus 
der  verschiedenen  Höhe  der  Tennen  schliessen  —  Profil  h  h  bei  h.  —  Eigen- 
tümlich ist  das  weite  Vorspringen  der  Tenne  in  der  Ecke  bei  VII2,  das  sich 
übrigens  auch  an  der  Xordostecke  des  älteren  Baues  findet. 


16a 

Im  Wosten  schliesst.  sidi  ;in  d'w  gutorlialtciH^  'I'cniH;  des  grossen  Saalos 
eine  Fläche  an,  auf  <lei'  iiiilic  in  denselben  Fhielitlinicii  sitzende  ]^f'()stenl<)clier 
aufgedeckt  wurdtsn,  abei-  bis  jetzt  keine  Spunni  von  gestampftem  Thon  gefunden 
werden  konnten.  Ein  (rebäude  hat  liier  wolil  gestandcni,  dafür  sprechen  die 
Pfostenlöcher;  aber  einen  gestampften  Jjodcm.  wie  die  übrig(ni  (lebäude,  liat  es 
sicherlich  nicht  gehallt.  Wdv  es  vielleicht  ein  Stall  iiir  llausti(!reV  Dann  -wäre 
die  Lage  (U'r  Cisterne  an  dei'  Nordseite  des  grossen  (iehiiudes  eine;  sehr  gut 
gewählte  gewesen.  Bemerken  muss  ich  noch,  dass  an  der  "Westspitzc  der 
Wassorgrube  die  zwischen  ihr  und  (h'r  Wand  des  Saah's  hijiziehende  Tenne 
nicht,  wie  das  sonst  hier  und  da  vorkommt,  mit  einem  (iemenge  von  Thon  uml 
Steinen,  sondern  mit  eiuei-  entschieden  festeren  Schicht  aus  kleinen  Steinen 
festgemacht  ist.  ITatte  das  vielleicht  darin  seinen  (irund.  dass  hier  das  zum 
Tränken  der  Tiere  uötig(!  Wasser  geschöpft  wurde; V 

Bei  den  Grabungen  im  Herbst  1900  glaubte  icJi  auch  an  disr  Südwestecke 
des  grossen  Saah^s,  wo  sich  die  Linbuclitung  befindet,  eine  Stelle  ohne  T(»nne 
gefunden  zu  haben.  Aber  als  icli  in  diesem  llerbst(!  die  ganz«;  Fläche  (Ujr 
grossen  Anlage  von  der  bei  den  Grabungeui  allmählich  aufgehäuften  p]rde  frei- 
gemacht hatte,  ergab  sich,  dass  hier  eine  Täuschung  vorlag.  Die;  tennenlose 
Fläche  rührte  von  einem  wieder  zugeworfenen  Yersuchsschnitt  aus  den»  Herbste 
1899  her.  Trotzdom  möchte  ich  beim  Hinblick  auf  das  hier  befindliche  Viereck 
von  Pfostenlöchern  und  die  Einbuchtung  an  der  Südw(!st<?cke  des  grossen  Saales 
den  Gedanken  an  einen  atriumartigen  Innenhof  auch  jetzt  noch  nicht  aufgeben, 
denn  dei'  in  diesem  Frühjahr  von  mir  an  anderer  Stelle  vorgebrachte  Grund, 
dass  mau  in  der  Mitte  des  letzten  Jahrtausends  vor  Christi  Geburt  hierzulaud 
noch  nicht  im  Stande  gewesen  sei,  einen  Bau  von  solchen  Abmessungen  mit 
einem  einzigen  Dach  von  18  oder  vielleicht  gar  von  22,50  m  Breite  zu  über- 
spannen, besteht  für  mich  noch  jetzt  und  den  an  derselben  Stelle  von  mir  gegen 
das  etwaige  Vorhandensein  einer  dachlosen  Tenne  gemachten  Einwand,  dass  sie 
sich  im  Regen  nicht  halten  könne,  möchte  ich  nach  den  im  letzten  Herbste 
gemachten  Erfahrungen  nicht  mehr  aufrecht  erhalten.  Denn  damals  haben  die 
aufgedeckten  Tennen  die  schwersten  Regengüsse  vorzüglich  überstanden,  wenn 
nur  das  Wasser  nicht  in  strömende  Bewegung  kommen  konnte.  Dieser  Be- 
dingung ist  aber  bei  einem  Innenhof  von  selbst  entsprochen.  Der  hier  an- 
genommene Innenhof,  wenn  er  ein  solcher  war,  hätte  eine  Länge  von  11,;)0  m 
und  eine  Breite  von  7,50  m  gehabt.  Hoffentlich  findet  sich  für  einen  anderen 
als  mich,  recht  bald  die  Gelegenheit,  an  anderen  Gebäuden  ähnlicher  Art  zu 
prüfen,   ob  solche  Innenhöfe  daselbst  vorkommen  oder  nicht. 

Betrachten  wir  die  Südseite  dieses  mm  einmal  angenommenen  Innen- 
hofes, so  stossen  wir  auf  einen  grösseren  Bau,  zu  dem  vielleicht  bereits  im 
Herbste  1900  an  einer  anderen  Stelle  der  Neuhäuseier  Niederlassung  ein  Seiten- 
stück gefunden  wurde.  Es  ist  das  der  Ilauptbau  des  grösseren  Gehöftes  in  der 
Waldecke  nächst  Neuhäusel  —  Tafel  IV.  --  Von  dem  nordwestlichen  Eckpfosten- 
loch der  Hofseite  des  hier  soeben  besprochenen  grossen  Baues  —  Tafel  \  — 
bis  zu  ihrem  nordöstlichen  sehen  wir  eine  Fluchr  von  7  Pfostenlöchern.  die  eine 
liänge  von  1 1,50  m  besitzt.  Dass  das  östliche  Pfostenl-M  h  nm  0.0  m  .lus  der  Richtung 

11* 


164 

llb^Yoieht,  darf  uns  nicht  bofriMndcn.  denn  Aohnlicbes  findet  sich  auch  bei  den 
Pfostcnlöcherfluchton  os  hs  und  YIi  YII.  Vor  der  Fkicht  dieser  7  Pfostenlöcher 
liegen  dann  noch  zwei  weitere,  die  \Yohl  von  einem  auf  der  Nordseite  des 
betreffenden  Baues  in  don  Ilnf  vorspringenden  Vorbau  liorrühren.  Bei  dem 
anderen  Gehöfte  in  der  Waldecke  hat  di(>  nllerdings  noch  iiirht  in  allen 
Pfostenlöchern  aufgedeckte  Südseite  des  Hauptbaues  eine  Länge  von  lo  m  und 
ihr  war  ein  Vorbau  mit  zwei  Pfosten  nach  Süden  vorgelegt.  Ob  die  Pfostenlöcher 
westlich  der  Reihe  ok  bs  auf  Tafel  V  zu  dem  eben  erwähnten  Hauptbau  oder 
vielleit'ht,  wie  ihre  (Mgentümliche  V('rt(ülung  sogar  vermuten  lässt,  zu  einem 
Nebenbau  gehörten,  ändert  wenig  an  der  Sache.  War  Ei'steres  der  Fall,  so  war 
der  hier  —  Tafel  V  —  in  Betracht  kommende  Bau,  welcher  die  Südseite  des 
Innenhofes  bildete^,  eben  nicht  nur  breiter,  sondern  auch  länger,  als  der  Haupt- 
bau des  Gehöftes  in  der  Waldecke.  Die  Westseite  des  Hofes  wurde  durch 
ein  schmales  Gebäude  von  unregelmässiger  Form  gebildet,  das  sich  an  die 
oben  besprochenen  Jväuine  ohne  Tenne  anschloss,  aber  selbst  mit  einer  Tenne 
versehen  war,') 

Der  Innenhuf  wird  der  Länge  nach  durcli  die  Nordgrenze  der  Tenne  des 
älteren  Gebäudes  geschnitten.  Es  wirft  sich  nun  die  Frage  auf,  war  das 
jüngere  Gebäude  ein  vt)llständiger  Neubau  oder  der  Hauptsache  nach  ein  Er- 
^\eiterungsbau  mit  Beibehaltung  bereits  vorhandener  Teile.  Ich  muss  auf  Grund 
der  bis  jetzt  gemachten  Erfahrungen  der  letzten  Annahme  beipflichten. 

Auf  das  Vorhandensein  zweier  Anlagen  von  verschiedenem  Alter  schloss 
ich  bei  Beginn  der  Untersuchungen  aus  dem  Nachweis  von  zwei  übereinander- 
liegenden  Tennen  und  von  Abweichungen  in  der  Richtung  der  Fluchtlinien  der 
Pfostenlöcher.  Letzterem  Grunde  kann  ich  nach  den  seitdem  gemachten  Er- 
fahrungen keine  Berechtigung  mehr  zugestehen.  Die  Fluchtlinien  verlaufen  im 
allgemeinen  gradlinig,  aber  sie  schneiden  sich  nicht  rechtwinklig.  Die  Normal- 
form des  Grundrisses  der  Gebäude  ist  nicht  das  Rechteck,  sondern  das  Trapez. 
So  fand  ich  es  bei  allen  Wohnstätten  der  Neuhäuseier  Niederlassung,  so  fand 
ich  es  in  den  letzten  beiden  Jahren  bei  wohl  der  La  Tenezeit  angehörenden 
Gebäuden  bei  Butzbach,  so  wurde  es  auch  bei  den  Ausgrabungen  auf  dem  Mont 
Beuvray  bei  Autun  zwischen  Saone  und  Loire  in  Frankreich,  der  Gallierstadt  Bib- 
rakte,  bei  den  der  späten  La  Tenezeit  angehörenden  Gebäuden  gefunden.  Ich 
sehe  deshalb  in  dem  Mangel  an  Parallelismus  im  Lauf  der  beiden  Fluchten  der 
Nord-  und  der  Südwand    jetzt  keinen  Grund  mehr    zu  der  Annahme,    dass  sie 

*)  Lagen  die  Räume  Avestlich  der  Linie  as  bs  in  der  älteren  Anlage  im  Hauptbau,  so 
hatte  dieser  eine  Länge  von  15,00  m  und  eine  mittlere  Breite  von  13,00  m.  Auf  den  erweiter- 
ten Bau  käme  dann  eine  mittlere  Breite  von  22,70  m.  Lagen  die  Räume  westlicL  von  as  bs 
in  der  älteren  Anlage  in  einem  Anbau,  so  hätte  der  ältere  Hauptbau  eine  Länge  von  11,00  m 
bei  einer  mittleren  Breite  von  10,50  m,  und  der  erweiterte  Bau,  wenn  seine  "Westfront  etwa 
in  die  Linie  os  bt,  fiel,  immer  noch  eine  für  die  Spannweite  eines  Daches  sehr  bedeutende 
Breite  von  18,30  m.  Bei  dem  grüssten  Holzbau  im  Quartier  der  Emailleure  in  der  Gallischen 
Stadt  auf  dem  Mont  Beuvray  —  BuUiot,  fouilles  de  Mont  Beuvray,  Tome  II,  Plan  II  des 
fouilles  en  1869,  (Quartier  CC  —  beträgt  die  Breite  nur  10  m  und  bei  einem  von  mir  im 
letzten  Spätherbsto  bei  Butzbach  in  der  Wetterau  aufgedeckten  Hau,  wohl  aus  der  späteren  La 
Tenezeit,  betrügt  bei   111,70  m   liängo  die  grösste  Breite  ebenfalls  nur   10  m. 


165 

etwa  jcwoi  verseil icdonon  Inuipcriodcn  angehüren.  Aber  aucJi  sonst  uilif  die 
Stell unf^-  der  Pfosteiilüclier  keinerlei  Veranlassung,  auf  «jinc;  Yeräuderun,y;  des 
Grundrisses  l)ei  dem  Umbau  zu  schliessen.  ])ies(!r  Umbau  beistand  vielleiclit 
in  einer  unstreitig-  von  Zeit  zu  Zeit  nötig  wi^rdenden  Erneuerung  des  Jltdz- 
gerippcis  des  alten  Baues  mit  Benutzung  dvv  bereits  vorhandenen  l'fostenlöcher 
und  Neuherrichtung  der  Tenne  unter  gleichzeitiger  Erweiterung  des  J5aues  nach 
Norden  und  Osten  hin.  Diese  Erweiterung  wurde  vielleicht  durch  die  lOrrichfung 
des  grossen  Saales  veranlasst,  dessen  eine  Ecke  bemerkenswerter  Weise;  mit  «Icr 
Nordwest(u^ke  des  älteren  Baues  zusanmumf'ällt. 

Bezüglich  der  inneren  Einteilung  kann  die  Untersuchung  bei  dem  Gebäude 
auf  der  Südseite    des  Hofes    noch   nicht    als    abgeschlossen    betrachtet  werden. 
Hier  wäre  eine  nochmalige  genaue  Untersuchung  der  Tenne;  mit  Benutzung  der 
Erdsonde    angezeigt.     In    dem  westlichen  Teile    dieses  Gebäudes,    jenseits    der 
Linie  os  hu,   vielleicht  auch  in  einem  Anbau,   lagen  jedenfalls  einige  voneinander 
abgeschiedene  Käume.     Die    sorgfältige  Herrichtung  ihrer  bcndeu  Tennen    und 
Stücke  von  gut  geglättetem  Wandverputz   lassen  sogar  darauf  schliessen,    dass 
sie  vielleicht  in  beiden  Bauperioden  anderen  Käumen  gegenüber  einen  gewissen 
Vorzug  genossen  hatten.    An  einen  dieser  Räume  stiess  die  Wassergrube  ;3  an, 
die    sicher    eins  der    interessantesten  Objekte    der   ganzen  Anlage  ist.     Sie  ist 
4,70  m  lang,    2,50  m    breit    und    von    der  Tenne    an    gerechnet  1,10  m  tief, 
wovon  0,G0  m  auf  Einschnitt  in  den  Fels  kommen  (s.   Profil  02  1)2).     Auf  der 
Ostseite  hatte  sie,   wie  es  scheint,   einen  Eingang,    auf  der  Westseite  war  ihre 
Wand  durch    zwei  Pfosten    der    Flucht    und    einen    etwas    zur  Seite    sitzenden 
schwächeren  Zwischenpfosten  gestützt.     Die  Grube  war  jedenfalls  ein  Wasser- 
behälter; sie  unterscheidet  sich  aber  von  den  in  der  Neuhäuseier  Niederlassung 
anderwärts    aufgedeckten    Cisteruen  wesentlich    durch    die    eigentümliche  Kon- 
struktion der  Nordwand.    Bei  den  Cisternen  ist  immer  eine  Wand  durch  Auflegen 
einer  Decke  von  Thon  und  kleinen  Steinen  wasserdicht  gemacht.    Hier  sah  man 
aber  gerade    au  dieser  Stelle    den    aus  Fels  bestehenden  Teil    der  Grubenwand 
durchbrochen.     Man  hatte  dann  die  Durchbruchstelle  zwar  wieder  durch  einen 
bis  zur  Tenne  —  Profil  (12  1)2  —  hinaufreichenden  Damm  aus  der  vielfach  an- 
gewandten   wasserdichten  Masse  —    Gemenge    von  Thon    und    Steinen  —  ge- 
schlossen,   aber  in  diesem  Damme  einen  Kanal  angebracht,    mittels  desjscn  das 
in  der  Grube  angesammelte  Wasser  in    eine  anschliessende  kleinere,   aber  0,oO  m 
tiefere  Grube  abfliessen  konnte.    Bei  den  heftigen  Begengüssen  Ende  September 
d.   J.   machte    ich  die  Bemerkung,    dass    die  grosse  Grube  3    sich    bei    jedem 
Kegenguss    etwa    zur  Hälfte  mit  Wasser  füllte,    aber  dann  in  einigen  Stunden 
sich  immer  wieder  bis  auf  einen  haudhohen  Kest  entleerte.    Diese  Beobachtung 
veranlasste  mich,  jenseits  des  erwähnten  künstlichen  Dammes  den  Boden  bis  auf 
den  Fels  auszuheben,   um  zu  untersuchen,   in  welcher  Richtung  thatsächlich  das 
Wasser    einen  AbHuss  gefunden  hatte.     Da  zeigte    sich  denn    vor  allem,    dass 
sich  der  Felsgrund  westlich  der  Linie  a»  ts  rasch  bergab  senkte.    Weitcu-  fanden 
sich  an  der  Stelle,    die  auf  Tafel   V  (hu-  erste  Pfeil  angibt,    zwischen  der  Fels- 
kante und  dem  Bimssand,   Schlamm  und  Laub  und  zwar  an  «üner  Stelle,   wo  die 
Kante  des    abfalleiulen  Felsbodens    crwa    in  gleichem  Nivemi  mit    der   tiefsten 


166 

Stelle  der  sprossen  Wiissei^rube  lieut.  Das  Gleiche  fand  ich  iu  der  Richtimg 
der  drei  uuderen  Pfeile.  Und  beim  noch  weiteren  Verfolgen  dieser  Schlanini- 
spiiren  führten  sie  auf  zwei  sehr  tiefe  Gruben,  die  in  Profil  ai  hi  im  Durch- 
schnitt gegeben  sind.  Bemerkenswert  ist  dabei,  dass  das  vorgenommene 
Nivellement  —  Profil  a^  h>  und  ai  h\  —  für  die  tiefste  Stelle  der  Grube  3  und 
die  westliche  Felskante  der  Sickergrube  —  Profil  (i\  /n  — .  über  die  das  Wasser 
bergab  Hiessen  kann,  eine  Tiefe  von  om  und  o.  1.")  lu  unter  dem  für  die  aanze 
Aufnahme  des  Baues  angenommenen  Horizont  ergtib.  dass  also  eine  vollständige 
Entleerung  jener  Grube  auf  diesem  Wege  möglich  ist.  Das  interessante  Ei- 
gebnis  der  betreffenden  Untersuchung  war  also,  dass  die  neben  bewohnten 
Räumen  des  älteren,  aber  nach  der  Vergrösserung  in  ähnlicher  Weise  wohl  noch 
weiter  benutzten  grösseren  Baues  gelegene  Wassergrube  durch  ein  künstlich 
angelegtes  Kanälchen  entleert  und  das  Wasser  unter  Beimtzung  einer  unmittelbar 
an  sie  anschliessenden  und  zweiei-  weiteren  nördlich  von  ihr  gelegenen  Sicker- 
gruben  thalwärts  geführt   werden  konnte. 

Ueber  die  genauere  Einteilung  des  grösseren  Baues,  in  dem  diese  Grube 
liegt,  in  der  früheren  und  späteren  Periode  und  ebenso  über  die  Raumverteilung 
der  Erweiterung  auf  der  südlichen  Hälfte  der  Ostfront  konnten  die  Arbeiten  im 
letzten  Herbste  nicht  mehr  zum  Abschluss  gebracht  werden.  —  Die  Rekonstruktion 
des  grossen  Baues  macht  viel  Bedenken,  da  als  Material  hierfür  nur  die  Tennen, 
die  Gruben  und  die  Pfostenlöcher  vorliegen.  In  der  Hoffnung,  dass  es  bald 
gelingen  werde,  anderwärts  an  einer  ähnlichen  Anlage  eine  vergleichende  Prüfung 
vorzunehmen,  habe  ich  es  trotzdem  gewagt,  in  Yorstehendem  einige  Gedanken 
darüber  zu  äussern,  die  ich  mit  allem  Vorbehalte  iu  Folgendem  kurz  zusammen- 
fassen möchte: 

Die  ganze  bauliche  Anlage  bestand  wohl  ursprünglich  der  Hauptsache  nach 
aus  einem  grösseren  Haus  von  1 1,50  m  bezw.  15  m  Läng(^  und  11  m  bezw.  10,50  m 
mittlerer  Breite,  dem  dann  später,  unter  durch  die  wachsenden  Dimensionen 
notwendig  gewordener  Zufügung  eines  Innenhofs,  die  Erweiterungsbauten  an- 
geschlossen   wurden. 

Eine  ganz  eigentümliche  Anlage  ist  das  auf  Tafel  V  mit  Pa  bezeichnete 
Viereck,  das  leider  bei  der  Untersuchung  zerstört  werden  musste.  Es  war  ein 
viereckiger,  fester  Klotz  aus  jenem  schon  mehrfach  erwähnten  betonartigen 
Gemenge  von  Tli(m  und  Steinen  von  2,40  m  Länge,  1,90  m  Breite  und  0,50  m 
Höhe,  dessen  Westseite  noch  durch  eine  Steinkante  verstärkt  war.  Das  ganze 
Gebilde  war  auf  eine»  reine  Bimssandfläche  aufgesetzt,  die  ausser  wenigen  zer- 
streuten Kohlen  nichts  zeigte.  Das  Ganze  erinnerte  mich  an  die  Grab- 
grube 9,  die  bis  zu  ihrer  Sohh;  mit  jenem  Gemenge  ausgefüllt  war.  unter- 
schied sich  aber  dadurch  von  ihr.  dass  die  dort  eingebetteten  Scherben  hier 
fehlten. 

Als  im  Herbste  1^09  auf  d(!m  Platfiau  nrirdlich  von  dem  l'ichtenkopfe 
ein  System  von  J^fostenlöchern  aufgedeckt  wurde,  das  zu  einem  Dau  von 
grösserem  Umfang,  als  die  gewöhnlichen  Wohnstätteii  lim  besassen.  zu  gehören 
schien,  glaubte  ich,  es  sei  vielleicht  ein  Tempel.  Damals  hatte  Bodewig  im 
Koblenzer  Stadtwalde  seine  sch<"iii<'n  Entdeckungen  geniadit   und  als  ci'  mir  unter 


167 

den  llestcn  seines  keltisclwn  .Merkurtempels  die  Kestc  eines  älteren,     aus  Holz 
gebauten  Tempels  zeigte,   kennte  mich  das  in  meiner  Yermutuug  nur  bestärken. 
Aber  seitdem  fand  ich  nichts  mehr,   was  sie  i)estätigte.      Vorübergehend  dachte 
ich  auch  an  ein  sonstiges  ött'entlicJies  Gebäude  und  nannt«'  es  Besuchern  gegen- 
über scherzhaft  das  Kathaus.     Aber  die  ganze  Einrichtung  und  Einteilung  des 
Baues,   die  ^Vassergrube  an  seiner  Nordseite,   der  grosse  Saal   in  der  Nordostecke 
mit    s(>iner    grossen    Feuerstelle    und    daneben    liegender  Grube    und    das   \(»r- 
handensein  von  abgeteilten  Räumen,   wie  sie  sich  namentlich  auf  fler  ^Vestseitc 
zeigen,   dann  endlich  die  Ixnveglichen  Fundstücke  sprachen    docli   nach   und  nadi 
immer  entschiedener  dafür,   dass  es  sich  auch  hier  um  eim;  Wohnstätte  handle 
und  zwar  um  (üne  solclie.    in  dem  ein  bt;reits    in  grösserem  Stil  eingerichteter 
Haushalt    gefühlt,  worden  war.      Schon  das  grössere  Gehöfte    in  der  Waldecke 
nahe  b(ü  Neuhäusel  —  Tafel  IV  ~  hat  erkennen  lassen,  dass,  als  die  Neuhäuseier 
Niederlassung    blühte,    zwisclien    ihren    einzelnen    Bewohnern    ein    Unterschied 
bestand,    dass  einzelne  durch  Besitz    oder    aus    anderen  Gründen  hervorragten. 
Jtier  haben  wir  es  wieder  mit  dem  Wohnsitze    eines    solchen  Mannes    zu  thun 
und  zwar  mit  einem  solchen,     bei  dem    das  noch  deutliclier  hervortritt.      Suclit 
man  das  ganze  Gelände  ab,   über  das  die  grosse  Niederlassung  sich  ausbreitet, 
so  wird  man  keine  Stelle  finden,    die  für  Errichtung    eines  Bau(!s   von  hervor- 
ragender Bedeutung  sich  besser  geeignet  hätte,  als  das  vom  Platzer  Bach  um- 
fiossene  und  nach  diesem  steil  abfallende  Plateau  am  Nordabhang  des  Fichten- 
kopfes.    Hier  hat  denn  auch  ein  in  seiner  Bedeutung  über  die  anderen  hervor- 
ragender Mann  seinen  zwar  primitiven,   aber  in  seinen  Abmessungen  und  in  der 
Art  seiner  Anlage    vor  allen  anderen    sich    auszeichnenden  Wohnsitz  errichtet. 
An    einer  anderen  Stelle    habe    ich  mich  dahin   ausgesprochen,    dass    in  dieser 
Wohnung  der  Saal  in  der  Nordostecke  wohl  eine  ähnliche  Rolle  gespielt  habe, 
wie  in  der  prähistorischen  Burg    von  Tiryns  das  ]\[cgaron  der  Männer    und  in 
den  späteren  mittelalterlichen  ]5urgen  der  Puttersaal.    Ich  möchte  auf  Grund  der 
seitdem  angestellten  Untersuchungen  das  wiederholen. 

Auf  der  Südfront  des  grossen  Baues  springen  zwei  starke  Pfostenlöcher 
bis  zum  Rand  der  Tenne  vor.  Sie  rühren  vielleicht  von  einem  Thor  lier. 
Vorwärts  derselben  bis  zur  unteren  Kaute  des  aufsteigenden  Hanges,  auf  dem 
sich  alsbald  wieder  gewöhnliche  Wohnstätten  zeigen,  liegen  noch  unaufgedeckte 
bauliche  Anlagen,  die  mit  dem  grossen  Gehöfte  in  Beziehung  stehen  dürften. 
Vielleicht  gilt  das  auch  bezüglich  der  Hütte  an  der  Nordwestecke  —  Tafel  V  F.  — 

Der  U  m  f  a  s  s  u  n  g  s  g  r  a  b  e  n  der  Niederlassung.  Bei  der  Durch- 
forschung der  Neuhäuseier  Niederlassung  drängte  sich  ganz  von  selbst  die 
Aufgal)e  auf,  nach  einer  Schutzwehr  für  ernste  Zeiten,  sei  es  in  Form  einer 
Zufluchtsstätte,  sei  es  in  Form  einer  Befestigung  der  ganzen  Niederlassung  oder 
doch  wenigstens  eines  Teils  derselben  zu  suchen.  Die  Sache  erschien  um  so 
dringlicher,  als  kurz  vorher  auf  dem  linken  Rheinufer  zwei  derartige  Schutzwehre 
teils  gefunden,  teils  genau  untersucht  worden  waren :  die  grosse  Umwallung  bei 
Urmitz  durch  das  Bonner  Provinzialmusinim  unter  Leitung  von  Koenen  und 
der  vierfache  Ringwall  auf  dem  DiuumeUx  rg  bei  Koblenz  durch  Bodewig. 
Zuerst  wurde   im    Innei'n   ilei'   Il;niprgru]ijM«.     ;iuf  ileiii   (Jijtfel    de-  Fiehtenkopfes 


108 

im  Eiti^lljurnor  Stoinraust-li.  luxcli  einem  liiiigwulh'  gesucht,  aber  uliiic  Erfolg. 
Dasselbe  negative  Ergebnis  hatte  das  Begehen  beuaclibarter  WaUlparticen  und 
Kuppen.  Darauf  nalim  ich  vitm  sog.  „Uillscheider  Stock",  dem  Wegweiser, 
Avo  die  Uillscheider  Strasse  vtiu  der  Mt>utabaurer  abzweigt,  aus.  wo  sieh  die 
Nordwestecke  der  Hauptgru]»pe  der  Niederlassung  befindet,  in  ungefährer  Ver- 
folgung ihrer  Westgrenze  eine  genaue  Absuchuug  des  bewaldeten  Berghauges 
bis    zum   Platzer  }iache  hinab  vor.   die  mich  bald  auf  Spuren  führte. 

Geht  mau  vom  Uillscheider  Stock  ungefälii'  GO  m  dem  Waldwey  entlanii'. 
der  in  dem  Winkel  zAvischen  der  Uillscheider  C^haussee  links  und  der  Moutabaurer 
Landstrasse  rechts  in  die  Mitte  der  llauptgruppc  der  Niederlassung  führt 
—  s.  Karte  — ,  so  sieht  man  ungefähr  20  m  links  vcui  diesem  Weg  eine  Hache 
Grabenmulde  von  ungefähr  5,00  m  Breite.  i\tlgt  mau  dieser  Grabenmulde 
35  m,  so  stösst  nuiu  auf  die  llillscheidei'  Chaussee.  Jlier  uuicht  sie,  fast 
im  rechten  Winkel,  eine  Biegung  nach  Norden.  Sie  bleibt  weiter  auf  der 
rechten,  d.  h.  der  Ostseite  der  Uillscheider  Chaussee,  die  50  m  nördlich 
von  dem  Punkte,  wo  der  Graben  sie  trifft,  von  einem  "ut  gebauten  Waldweff 
geschnitten  wird,  der  an  der  Berglehne  hin  bis  zum  Platzer  Bach  hinabführt. 
In  dem  jungen  (ieliTilz  rechts  von  diesem  Waldweg  bleibt  die  Grabeninulde  stets 
sichtbar.  140  bezw.  155  m  nördlich  von  dem  zuletzt  bezeichneteu  Punkte 
werden  der  thalwärts  führende  Waldweg  und  die  (iiabenmuldo  von  einer  im 
letzten  Jahre  teilweise  ausgesteinten  Waldschueise  geschnitten,  die  in  nord- 
östlicher Kiehtung  am  Nordhaug  des  Fichtenkopfes  hinführt.  Der  Graben  be- 
hält immer  seine  ursprüngliche  Jlichtung  zur  rechten  Seite  des  Waldweges 
bei.  liier  und  da  zeigen  sich  auf  seiner  rechten,  d.  Ii.  der  Innenseite,  auch 
schwache  Reste  eines  Erdauf'wurfes.  335  m  weiter,  in  der  (irabenmulde  gemessen, 
tritt  diese  auf  die  linke  Seite  des  Weges,  der  hier,  wo  das  (üdände  rasch  fällt, 
eine  Biegung  nach  Osten  macht.  Der  Graben  umzieht  hier,  auf  93  m  Länge 
parallel  zum  Weg,  einen  kleinen  Bergvorsprung,  den  c\n  80  m  langer,  geradlinig 
verlaufender,  ziemlich  breiter  ujid  tiefer  zweiter  (iraben  abschneidet.  Auf  der 
linken,  nördlichen  Wegseite,  93  m  von  dem  letzten  Pujikte  entfernt,  treffen  sich  die 
beiden  Gräben  wieder.   Ton  dieser  Stelle  an  ist  nur  noch  ein  einziger  (iraben  zu  er- 


'ft' 


kennen,  der  in  wesentlich  nordötstlicher  Richtung  ziemlich  steil  den  Hang  hinabzieht, 
nach  1  in  m  abermals  von  einem  .Weg  geschnitten  wird  und  nach  weiteren  140  m  den 
Bach  trifft.  Bemerkenswert  ist  noch,  dass  an  dieser  Stelh;  die  linke,  d.  li.  die  äussere 
(rrabenseite  sich  zu  ciiusm  Damme  entwickelt  und  in  der  Thalsohle  noch  Spuren 
davon  zu  erkennen  sind,  dass  das  Wasser  des  Baciu's  einst  hier  gestaut  werden 
konnte.  Aber  von  (iiner  Thalsperre  aus  verhältuismässig  junger  Zeit  rührt  jener 
])amm  nicht  her,  denn  er  trifft  den  Bach  uichr  im  rechten,  sondern  im  spitzen  Win- 
kel, hat  also  sicherlich  nicht  den  Zweck  gehabt,  den  Bach  in  seinem  jetzigen  Laufe 
zu  sp(!rren.  Gehen  wir  zum  Ausgangspunkte  unserer  Abschreitung,  dem  Auf'angs- 
]iunkt  des  flachen  (iralieiis  in  der  Nälie  des  Uillscheider  Stockes  zurück,  so 
linden  wir  etwa  30  m  östlich  dieser  Stelle  wieder  eine,  allerdings  sehr  und(!utliche 
Grabenmulde,  die,  wenn  man  sie  in  (Istlicher  Richtung  weiter  verfolgt,  sich  in 
einejji  spitzen  Wijdiel  gegen  die  Montabamvi'  Staatsstrasse  wendet.  Bald  zeigt 
sich  auch  ein  ileutlicher  (ii'aben.    der.     uieisr  auf    seiner  Jiückseite    von  einem 


169 

Erdaufwiirf  bogleitot.  dci-  Stnissc  piii'allcl  hinzioht.  Er  fülirt  his  /um  Ilodi- 
rescrvoir  tler  Xouliäusolor  und  EitciUxiriiri'  Wussorleituny  und  ist  aucli  JL'Uscits 
dcssclNcn  noch  auf  eine  kurze  Strecke*  /m  erkennen.  Aui  incistt-n  fällt  er  in 
ihn-  Nähe  d(!s  geniinntcii  llochveservoirs.  auf  der  Südseite  des  Fichtenk(»i)f('s  in 
die  Augen,  wo  die  giin/e  Anlage  einem  mir  (rraben  versehenen  Itingwalle 
gleicht.  Das  wiederholtem  Abgehen  dei-  (irabenmuldc  vom  Jlochreservuir  bis  zujii 
Plutzer  Urtch  und  ihr  Eintrag  in  die  im  Maassstube  1  :  ;5000  gezeichnete  Wald- 
kurte ergab,  duss  «!s  sich  um  eine  zusummeidiängende  Anlüge;  handedt.  die*  auf 
dieseu-  Strecke  lolO  m  ]jäng(*  besitzt.  DU)  Vergleiclmng  der  Höhenlage  schloss 
selbst  füi-  einzelne  Teile;  den  (Jedankeii  aus,  dass  es  sich  um  einen  Wassergraben 
lumdele  unel  die  gauze;  Traciemrung  lie-ss  es  auedi  sehr  uinvahrscheinlie-h  tinden. 
in  dem  (fraben  eine  Wegaulage  zu  erkennen,  wenn  sie  auch  die  Möglichke'it 
nicht  ausschlüss,  dass  einzelne  Teilstrecken  auch  einmal  als  Wege  benutzt  worden 
seien.  Weiter  war  es  von  Interesse,  dass  auf  der  Innenseite  auf  der  ganzen 
Weststrecke  und  in  der  Nähe  des  Keservejirs  die  Wohn-  unel  (Jrabhiiaed  liis 
elicht  an  den  (Traben  lierantreteu,  dass  sie  dagegen  auf  der  xVussenseite  elcr 
Südfront  ganz  fehlen  und  auf  der  Westseite,  von  einem  vereinzelten  Falle  ab- 
gesehen,  durcli  grössere  Zwischenräume  von  ihm  getrennt  sind. 

Ich  nahm  nun  au  vier  vei'schiedenen  Stellen  dm-  Westfie)nt  Ausgrabungen  ve)r. 

D  i  (>  erste  A  u  s  g  r  a  )j  u  n  g  deckte  a  m  JI  i  1 1  s  e-  h  e  i  d  e  r  St  o  c  k 
d  a  s  A  u  f  a  n  g  s  s  t  ü  c  k  des  Grabens  auf  25  m  Länge  auf  —  Tafel  VI,  Fig.  I.  — 
Es  ergab  sich  ein  durchschnittliedi  4  m  breiter  Graben  von  nahezu  1  m  Tiefe, 
mit  nuissig  steilen  Böschungen  und  an  seiner  breitesten  Stelle  '2  m  l)reiter  Sohle. 
In  eleu  Böschungen,  teilweise  auch  am  Fusse  de3rselben,  sassen  starke  l^fosten- 
le)cher  se),  dass  sie  auf  eine  Länge  von  17  m  zwei  nahezu  parallele  Reihen 
bilele^ten.  (icgen  sein  Ende;  nach  Oste-n  Iiin  spitzte  eler  (Jrabeu  sich  zu  unel 
hier  sassen  auch  die  Pfostenlöcher  der  Sohle  näher  oder  in  derselben.  Sie  waren 
teilweise  breit  und  gegraben,  teilweise  schmal  und  offenbar  eungeschlagen.  wie 
mau  aus  der  kreisfönnigen,  10  bis  höchstens  20  cm  breiten  Unterbrechung  der 
Brizzeschicht")  erkennen  konnte.  Hinter  dem  (fraben  war  noch  eine  zweite, 
breite,  aber  sehr  seichte  Einsenkung  zu  erkennen.  Einige  Einschnitte  deckten 
hier  Tennen,  Pfostenlöcher  und  eine  Feuerstelle  von  (febäude'n.  aber  ke'ine'n 
zweiten  Graben  auf. 

Eine  z  w  e  i  t  e;  (i  r  a  b  u  n  g  w  u  r  el  e  280  m  w  e  i  t  e  r  n  e)  i-  d  w  ä  r  t  s  v  o  r  - 
genommen.  Sie  deckte  ein  Grabenstück  ve)n  12  m  liänge  auf  —  Tafed  YI, 
Fig.  II.  —  Der  (Jraben  war  hier  im  Durchschnitt  4,2")  m  breit  unel  bis  1,20  m 
tief.  Im  übrigen  zeigte  er  dasselbe  J^re)til.  wie  bei  der  vorhe'rige'U  Aufeleckung. 
Die  Pfostenlöcher  sassen  teils  in  der  Mitte,  teils  am  unteren  Bande  der 
Böschungen  und  waren  regelmässig  elurch  den  Bimssand  bis  auf  den  Fels  eider 
die  über  dem  l'els  liegende  The)nschicht  getrieben.  Auf  ein  breites,  gegrabe-nes 
Loch  folgten  immer  mehr(3rc  schmälere,  mit  0,15  bis  0,20  m  breiter,  kreisförmiger 
Durchbrechung  der  Brizze.      Hinter  elcm  (iraben,    auf    der  Ostseite,    sind  hier 


*"';  Die   Urizze  ist  eiin'   iliimit'.    selir    t'üsto   niiiissaiidscliiclit,    dii'    wasserln'Stiimli-    ist    und 
sic)i  iiiclit  ändert. 


ITC 

noch  die  Reste  eines  Ertlaufwuifs  zu  erkcnnrn.  Xidit  unbemerkt  darf  bleiben,  dass 
die  der  Grubenbüsohunu-  zuirekelirteu  Luclnvände  senkrecht  uder  doch  wenigstens 
sehr  steil  waren,  die  gegenüberliegenden  dagegen  vielfach  eine  flachere  Böschung 
zeigten. 

Der  d  r  i  1 1  e  E  i  n  s  (•  h  n  i  1 1 .  65  m  w  e  i  t  e  r  t  li  a  1  w  ii  r  r  s  .  deckte, 
w  i  e  G  r  u  n  d  r  i  s  s  u  n  d  P  r  o  f  i  1  —  Tafel  VI.  Fig.  111  —  e  r  k  e  n  n  e  u  1  a  s  s  e  n  . 
w  i  e  d  e  r  d  e  n  S  o  h  1  g  r  a  b  e  u  ni  i  t  P  f  o  s  t  e  n  1  ö  c  h  e  r  u  in  d  e  n  B  »"»  s  c  h  u  n  g  c  n 
auf.  ab  e  r  hie  r  mit  ein  e  r  r  h  o  r  a  r  t  i  g  e  n  U  n  t  e  r  b  r  e  c.  li  u  n  g.  Die 
Krone  des  den  (rraben  überbrückenden  Erddamms  war  sclimal.  nur  2,;)0  m 
breit,  aber  durch  häutige  Benutzung  liartgetreten  und  glich  in  dieser  Beziehung 
der  Tenne  einer  Wohnstätte.  Niciit  unbemerkt  darf  bleiben,  dass  in  den  beiden 
Grabenenden  rechts  und  links  von  diesem  Eingang  di(^  Pfosteulöcher  ähnlich 
auireordnet  sind,  wie  bei  dem  zuerst  aufgedeckten  Grabeneude  —  Tafel  VI, 
Pi,r.  I.  _  Wieder  20.')  m  tliulwärts.  an  der  Stelle,  wo  ein  kurz 
vorher  abgezweigter  ( f  r  a  b  e  n  s  i  c  li  wieder  mir  dem  s  e  i  t  h  e  r 
verfolgten  S  o  h  1  g  r  a  b  e  u  vereinigt,  machte  ich  ein  e  n  ^•  i  e  r  t  e  n 
Einschnitt,  Die  Untersuchung  wurde  liier  dadurch  erschwert,  dass  der 
Graben  an  einem  ziendicli  steilen  Hang  liiuzieht  und  offenbar  lauge  Zeit  als 
WoiT  benutzt    worden    war.    wie  sich    aus    einer    ruh  liergerichteten  Steindecke 


o 


von  verschiedener  Stärke  in  seiner  Sohle  erkennen  Hess.  Auf  21  m  Länge 
wurde  hier  der  Graben  aufgedeckt  und  es  fand  sicli  unter  der  Steindecke  ein 
Sohlgraben  ähnlicher  Art,  wie  bei  den  drei  vorhergehenden  Schnitten,  von  rund 
4  m  Breite  mit  Pfostenlöchern  und  Steinsetzungen  am  Fusse  der  beiden 
Böschungen.  Die  Steine  hatten  offenbar  zum  Befestigen  der  Hölzer  gedient, 
weil  am  steilen  Hange  der  Fels  hocli  liegt  und  das  Anlegen  genügend  tiefer 
Pfostenlöcher  erschwert  wird.  Am  vorderen,  nordwestlichen  Ende  des  Grabens 
fand  sich  derselbe  ebenso  wie  266  m  aufwärts  von  einem  stehengelassenen  Erd- 
damm durchschnitten.  Hier  lag  also  wieder  ein  Thor,  durch  das  man  den  nur 
100  m  entfernten  Bach  rasch  erreichen  konnte.  Geht  man  dem  Graben  nach, 
so  beträgt  der  Abstand  des  Thores  vom  Bache  250  m. 

Der  Bach  Üiesst  hier  auf  eine  lange  Strecke  in  einer  tief  eingesclmittenen 
Schlucht,  die  eine  künstliclie  Sperre  ersetzen  konnte  und  thatsächlich  auch  wohl 
als  Abschluss  der  Niederlassung  nach  dieser  Seite  hin  gedient  hat.  Denn  von 
Westen  her  —  s.  d.  Karte  —  treten  die  Wohn-  und  Grabhügel  ganz  nahe  an  den 
Bach  heran,  aber  jenseits  desselben  am  steilen  Abhänge  des  Niessling  konnte 
ich  bis  jetzt  keine  Spur  von  ihnen  finden.  Geht  man  in  dieser  Schlucht  dem 
Laufe  des  Baches  entgegen,  so  erreicht  man  740  m  weiter  die  Stelle,  wo  er 
die  ursprünglich  eingehaltene  Richtung  von  Osten  nach  Westen  verlässt  und 
sich  na(!h  Nordsvesten  wendet.  In  diesem  Winkel  führt  eine  steile,  verwachsene 
Richtsclineisenach  dem  mehrfacdi  ei-wähnten  Hochreservoir  derNeuhäuseknAVasser- 
leitung  hinauf.  Es  ist  die  Stelle,  wo  ich  anfangs  iiTtümlicherweise  den  östlichen 
Abschlussgraben  der  Niiiderlassung  suchen  zu  müssen  glaubte.  Geht  man  weitere 
750  111  dem  Bache  entgegen,  so  erreicht  man  die  Ihücke,  mit  der  ein  vom 
Hochreservoir  in  ostnord<)stlicher  Ri(ditung  thalwärts  ziehender  Weg,  der  „Butter- 
weg",   den  Platzer  Ba<'li   iibersclirciiter       Dass  man  sidi   dnbci     iimiici'  iiocli    im 


Inn(^rn  der  NiodorhiHsuiiy  bofinckt.  /LMp;cn  die  i'(M-lits.  «1.  li.  südlich  vom  Wof^o 
iin  der  Borglehn(3  liimiuf.stoigenden  Hügel.  fSüdwcstlidi  von  der  Brücke  und 
südlich  vom  I>utterwcg  bilden  di(^se  Hügel  eine  (Iruppe,  die  um  IJcrghange 
(s.  d.  Kai'te)  bis  fiisr  zur  Montabiiurer  Sti-asse  hinaufsteigt  und  zwischen  dem 
Buttervveg  und  eineiu  von  diesem  rechts  iibzwcig(md(!n  Waldweg  als  dicht  be- 
/(Mchnet  werden  imiss.  Sieht  man  die  Stolk;  sich  genauer  an,  so  benierkt  man. 
dass  zwischen  den  Dutterweg  und  dieser  Hügelgruppe  sich  einig«;  (rral)en- 
imddcn  eins(diioben.  Von  ilinen  müssen  di(!  nördliche  und  di(!  südliclie  die 
Aufinerksand^eit  besonders  fesseln.  \V(;nn  man  die  erstcn-e,  von  (liner  Stelle 
in  der  Nähe  des  Badies  ausgehend,  bei-gauf  und  in  llichtung  luich  d(Mn  Hoch- 
r(;sorv«)ir  vcu'folgt,  so  bemerkt  man.  wie  sie  bald  in  den  Butterweg  (unläuft 
und  gewinnt  die  Ucbcrzeugung,  dass  man  es  mit  einem  alt(m  Weg,  dem  Vor- 
gänger des  jetzigen  Butterwegs,  zu  thun  habe.  Durch  eingezogene  Erkundig- 
ungen erfuhr  ich  denn  auch,  dass  noch  im  18.  Jahrhundert  die  Strasse,  welch«; 
vom  Rhein  nach  Montabaur  führte,  hier  durchzog.  Di«;  südliche  (rrabennmldc 
dagegen  zeiclinet  sich  dadurch  aus,  dass  sie  gerade  an  dieser  Stelle  die  nördliclie 
Grenze  der  oben  erwähnten  Ilügelgruppe  bildet,  die  augenscheinlich  diesem 
( Traben  entlang  und  in  südlicher  Richtung  den  Berg  hinauf  allmählich  entstanden 
ist.  Man  kann  von  hier  diesen  Graben,  immer  auf  der  südlichen  Seite  des  Butter- 
wegs hinziehend  und  nur  an  einzelnen  Stellen  von  alten  Kohlenweilerstätten 
unterbrochen,  bis  zum  Jlochreservoir  verfolgen,  wo  er  mit  dem  oben  erwähnten, 
auf  der  Nordseite  der  Montabaurer  Strasse  —  s.  Karte  —  hinziehenden  Graben  efg  h 
zusammenfällt. 

Nachdem  ich  diesen  Zusammeuliang  festgestellt  hatte,  nahm  icli  an  der 
Stelle,  wo  der  betreffende  Graben  die  Basis  der  nach  Süden  vorgelagerten 
Ilügelgruppe  bildet,  eine  Ausgrabung  vor,  deren  Ergebnis  Tafel  VI,  Fig.  IV 
in  (xruudriss  und  Aufriss  zeigt.  Die  Richtung  des  hier  grossenteils  aufgedeckten 
Grabenstücks  von  Nordosten  nach  Südwesten  ist  durch  die  Linie  A  Ai  H  G  Gr, 
gegeben.  Der  Punkt  A  ist  auf  einer  in  nordöstlicher  Richtung  gezogenen 
Linie  von  der  Mitte  der  Brücke  über  den  Blatzer  Bach  in  runder  Zahl  von 
100  m  entfernt.  Auf  der  Nordseite  des  Grabens  sind  auf  der  Strecke  Ai  H  1) 
die  Reste  eines  Erdaufwurfs  deutlich  zu  erkennen  und  auch  in  seinem  weiteren 
Verlauf  macheu  sich  dieselben  wiederholt  bemerklich.  Insbesondere  gilt  das 
auch  für  eine  45  m  weiter  gelegene  Stelle,  wo  noch  einmal  auf  eine  Strecke 
von  15  m  der  Graben  ausgehoben  wurde. 

Das  Ergebnis  der  Aufdeckung  hier  im  Osten  der  Niederlassung  war  das 
gleiche,  wie  auf  ihrer  Westseite.  Es  kam  ein  durchschnittlich  etwas  über 
4  m  breiter  und  etwas  über  1  in  ticsfer  Graben  mit  breiter  Sohle  zum  Vorschein, 
bei  dem  in  beiden  Böschungen,  an  einer  Stelle  auch  wohl  aus  besonderen 
(iründen  in  einer,  grössere  und  kleinere  J*fosteulöclier  sassen.  Die  Untersuchung 
wurde  dadurch  einigermassen  erschwert,  dass  auch  dieser  Graben,  in  der  Zeit. 
als  die  Verbindungsstrasse  viun  Rheiiu'  nach  der  Hochebene  von  Montabaur  hiei' 
vorbeiführte.  längere  Zeit  und  auf  länii'ere  Strecken  als  Weg  benutzt  w<irden 
war.  Der  erste  Einschnitt,  zwischen  Ji  und  .1  -  Profil  I  )ii  — 
lieferte  noch  das    reine  Grabeuprolil,    weil  di(^  Fahrgleise  südlich    von  /  in  der 


172 

Riclirung  auf  F  v(»rbeiführen.  Die  beiden  T*fosteiilüclior  uiul  drr  in  seiner 
Suhle  1  m  breite  (irubeu  sind  durcli  den  Bims«and  und  die  Tlionsihieht  liindurch 
bis  auf  den  Felsgrund  eingeschnitten.  Das  nördliche  Pfostenloch  ist  stärker, 
als  das  südliehe.  Hei  beiden  Pfostenlücheru  niuss  es,  wie  bei  andern  an  dieser 
Stelle,  auffallen,  dass  ihre  äussere  Wand  senkrecht,  ihre  innere  dagegen  geneigt 
ist.  Es  wurde  das  aber  auch  vereinzelt  bereits  bei  dem  Graben  der  West- 
front beobachtet  (s.   S.   170). 

In  dem  zweiten  Einschnitt  —  l'rtttil  )H\  /i,  im  h  —  zeigen  sich  in 
der  Sohle  deutlich  die  Fahrgleise,  die  aus  der  Zeit  der  Benutzung  des 
(rrabens  als  Strasse  herrühren.  Die  Spurweite  weist  auf  Benutzung  schmal- 
spuriger Wagen  hin,  wie  sie  eben  noch  im  Westerwald  in  Gebrauch  sind, 
ist  aber  doch  breiter,  als  es  die  Grabeusolilu  ursprünglich  war.  Die  Folge 
ist  an  dieser  Stelle,  wie  sich  namentlich  bei  Profil  72  im  zeigt,  eine  starke 
Beschädigung  der  südlichen  Grabenböschung  gewesen.  Bei  Prohl  h  nh  zeigt 
sich  in  der  Sohle  ein  bis  in  den  Fels  vertieftes  Pfostenloch.  Oestlich 
dieser  Stelle  biegen  die  Fahrgleise,  indem  sie  zugleich  in  die  1  lölie  steigen,  in 
die  Kichtung  B  F  ein,  in  welcher  der  alte  Weg  an  der  Berglehne  hinzog.  Hier 
fand  ich  l)ei  meinem  letzten  Besuch  am  9.  Oktober  1.  J.  die  von  den  heftigen 
Regengüssen  an  den  drei  vorausgegangenen  Tagen  freigewaschene  Westböschung 
eines  den  Graben  durchschneidenden  Erddamms.  Wahrscheinlich  befand  sich 
hier,   wie  auf  der  Westfront  bei  c  und  (L   ein  schmaler  Eingang. 

Bei  dem  dritten  E  i  n  s  c  li  n  i  t  r  -  Protil  /:;  »/;;,  U  im  —  war  gleich- 
falls die  südliche  Böschung  des  Sohlgrabeus  durch  das  lange  Zeit  andauernde 
Fahren  in  demselben  stark  beschädigt  und  von  den  ursprünglich  hier  vorhan- 
denen Pfostenlöcheru  haben  nur  noch  au  zwei  Stellen  sich  die  in  Einschnitten 
in  den  Fels  bestehenden  unteren  Partieen  erlialten.  Die  äussere  Böschung  da- 
gegen mit  zwei  grossen  und  fünf  kleinen  Pfostenlöchern  hat  sich  sehr  gut  ge- 
halten. Der  Graben  hat  hier  auf  eine  längere  Strecke  seine  tiefste  Stelle  und 
das  machte  bei  seiner  späteren  Benutzung  als  Weg  zuweilen  eine  Ausfiilhing 
der  vertieften  Gleise  durch  hineingeworfene  Steine  nötig.  An  diesen  Steinen 
wurde  manches  Hufeisen  abgestossen  und  deshalb  konnten  deren  hier  viele  ge- 
sammelt werden.  Sie  rühren  von  kleinen  Pferden  her.  Ein  etwa  bis  auf  die 
Könun'zeit  zurückweisendes  Hufeisen  wurde  nicht  gefunden. 

Der  vierte  ;J7  m  1  a  ng  e  E  i  n  s  ch  u  i  1 1  -  s.  (iruudriss  und  Profile 
/:,  w-,,  l(\  iih\  und  p  ([  —  wurde  gemacht,  um  eine  hier  vorhandene  breite  Graben- 
unterbrechung aufzuklären.  Es  kam  dabei  ein  grösseres  Thor  zum  Vorschein. 
Die  Ausgrabung  bei  1)  und  Ih  zeigte  den  Sohlgraben  in  sehr  guter  Erhaltung, 
mit  Pfostenlöcheru  in  beiden  Böschungen  und  einem  solchen  in  der  Sohle.  Nach 
Westen  hin  schliesst  er  mit  einer  geraden,  zur  Grabenachso  senkrechten  Böschung 
ab,  an  deren  beiden  Enden  tiefe  Pfostenlöcher  liegen.  Die  Fahrgleise  steigen, 
hier  immer  undeutlicher  werdend,  auf  die  hinter  der  Böschung  befindliche  Platt- 
form liinauf.  weh'he  an  dieser  Stelle  auf  18.2(»  m  die  Unterbrechung  des 
Grabens  bildet.  Die  Lahrgleise  weichen  beim  Aufsteigen  auf  die  Plattform 
nach  Süden  aus  der  Grabcnaclis(^  ab,  lenken  aber  beim  Absteigen  von  der 
JMattform   im   Westen   wie(ler  in  dieselbe  ein.    Der  (irabenabschluss  im  Westen 


unterscbeidot  sicli.  wie  der  Plan  /ci^^^i  von  Aom  im  Oston  diulurcli.  dass  der 
GraboD  spitz  zuläuft  und  J'fostonlöcluM'  zunädist  nur  in  oinci  sciiKM-  IJösclmiigon. 
der  Nordböstilmn^'  zu  Hnd(Mi  sind.  \'i('11(d('lit  waren  si<^  aber  aiudi  in  der  Süd- 
böschun^'  vorluindcn  und  sind  nur.  wie  an  einigen  Stellen  östlich  d(^s  Thors,  bei 
13enutzung  des  (JrabcHis  als  Weg  zerstört  Avordeu.  Hei  einci-  4ö  in  ^Yoiter 
westlich  vorgenoiuuienen  Ausgrabung  wurden  wieder  PfosteuliM'liei'  in  <leii  li  e  i  d  e  n 
iJösehungen  gefunden. 

Auf  d  (>  r  JMuttfoi'jn  der  (J  r  a  b  e  n  u  n  t  e  r  1)  i' e  c  h  u  n  g  li(^gt  eine 
gut  erhaltene  Tenne,  d  i  (!  ein  li(M'hr(M',  k  von  l(),."j()  ju  Jiänge 
u  n  d  4,50  ni  1 5  ]■  e  i  r  (;  b  i  1  d  e  t  u  n  d  a  u  f  i  h  r  d  i  (^  tief  (;  n  P  f  o  s  t  <;  n  1  ö  c  h  e  r 
eines  1  ä  n  g  1  i  c  h  (>  n  (J  e b ä u  d  e  s  —  Tafel  YT,  i*rofil  j)  Q-  —  iietraclitet  man 
den  Crruudriss  und  das  Profil  genauer,  so  kann  es  nicht  unbemerkt  bleiben, 
dass  von  der  Linie  c  f  an  die  Tenne  nach  d(un  Graben  hin  sich  senkt  und  von 
hier  an  auch  in  der  Stellung  der  Pfostenlöcher  eine  Aenderung  eintritt.  Man 
möchte  annehmen,  dass  das  hier  (iinst  vorhand<Mi(^  (rebäude  aus  einem  Ilauptbau 
von  l;')  ni  Länge  und  2,70  m  Breite,  in  den  Linien  der  Pfostenlöcher  ge- 
messen, und  einem  kleineu  Anbau  im  Osten  bestanden  habe.  Aus  den  weite- 
ren Abständen  der  Pfosten  im  Osten  und  Westen  könnte  man  dann  weiter 
noch  schliessen,  dass  zwei  Eingäng(\  je  einer  im  Osten  und  einer  im  Westen, 
durch  eine  längliclu;  Thorbaracke  miteinander  verbunden  gewesen  seien.  Ton 
dem  kleinen  Anbau  im  Osten  setzt  sich  übrigens  die  Tenne  —  s.  Profil  ii  q  — 
bis  zum  P)öschungsrande  fort.  Die  ganze  Tenne  ist  aus  Thon  und  Sand  hergestellt 
und  gleicht  denen,  wie  sie  bei  allen  bis  dahin  aufgedeckten  Wohnstätten  ge- 
funden wurden,  ist  aber  sehr  viel  fester,  als  die  meisten  derselben.  Das 
findet  wohl  darin  eine  einfache  Erklärung,  dass  sie  nicht  nur  durch  Stampfen 
jenes  Uemisches  von  Thon  und  Saud  hergerichtet,  sondern  auch  durch  vieles 
Begehen,  wie  es  ja  bei  einem  Thore  stattfindet,  immer  mehr  befestigt  wurde. 
Namentlich  muss  das  bei  einem  Thore  der  Fall  sein,  das,  wie  das  hier  in 
Betracht  kommende,  eins  der  llauptthorc  war,  welche  ins  Innere  der  grossen 
Niederlassung  führten.  Dass  es  aber  ein  Hauptthor  war,  muss  man  nicht  nur 
aus  der  Weite  der  (Irabeuunterbrechung,  sondern  auch  aus  der  hier  vorgelager- 
ten Hügelgruppe  schliessen,  die  den  Graben  auf  eine  nicht  unbeträchtliche 
Strecke  nach  rechts  und  links  zur  Basis  lu^t  und  sich,  wie  oben  bemerkt  wurde, 
nach  Süden  liiu  ziemlich  weit  am  Berghang  hinaufzieht. 

Nach  Osten  hin  lässt  sich  der  Graben  ohne  Ausgrabung  noch  etwa  50  m 
über  Punkt  A  hinaus  verfolgen,  dann  verschwindet  er  allmählich  in  der  der 
Thalsohle  nahe  ziemlich  hohen  Humusdecke.  Aber  vielleicht  gibt  hier,  50  m 
westlich  der  Brücke  über  den  Platzer  Bach,  ein  im  Laufe  des  letzten  Sommers 
gemachter  Wegeinschnitt  einen  Wink,  liier  zeichnet  sich  nämlicli  auf  einer  in 
die  Berglehne  eingeschnittenen  Böschung  das  Profil  eines  Grabens  mir  breiter 
Sohle  ab,  der  den  J'.imssand  bis  auf  den  Felsgrund  durchschneidet.  Ist  er 
thatsächlich  der  von  .1  bis  G  aufgedeckte  Umfassungsgralien,  was  ein  Versuchs- 
ffraben   von  einigen  Metern  Länge  noch  klar  stellen  könnte,    so  wäre    hier  ein 


O' 


Anschluss    an    den    Platzer    IkkIi     und     /.war    senkrecht    zu    seinem    iiaufe  ge- 
funden. 


174 

Die  Entfci'Tiung'  von  liior  bis  A  beträgt  80  m.  T)'\o  Länge  des  seine 
Fortsetzung  bildenden  (rrabens  von  A  bis  zum  Hochreservoir  luisst  790  ni,  die 
(bu*  noch  nicht  untersuchten  CTrabenniuliU^  vom  Hochreservoir  bis  zu  der  Stelle 
:im  Hillscheider  Stock,  wo  das  im  vorigen  Herbste  aufgedeckte  Grabenstück 
■ —  Tafel  VI,  Fig.  l  —  nadi  Osten  seinen  Abschluss  findet,  beläuft  sich  auf 
.')90  m.  Die  Länge  des  Grabens  endlich,  der  vom  ilillscluuder  Stock  bis  zum 
Platzer  Jiach  liiuunterfülu't  und  an  verschiedenen  Stellen  aufgedeckt  wurde, 
beträgt  920  m.  Der  Kern  der  >«'icdcrlassung  ist  also  von  einer  Stelle  am  Platzer 
liach  in  der  Nähe  der  Hüttenniühle  bis  zu  einer  anderen  Stelle,  die  in  der 
üachlinie  gemessen  1490  ju  weiter  aufwärts  liegt,  nach  Westen  und  Süden 
hin  in  fortlaufendem  Zug  auf  2H80  m  Länge  von  einer  Grabenmulde  begrenzt, 
deren  Aufdockung  an  verschiedenen  Stellen  ihrer  ganzen  Erstreckung  im  Osten 
und  im  Westen  immer  in  übereinstimmender  Weise  einen  Sohlgraben  von  4  bis 
4..')  m  Breite  und  durchschnittlich  1  bis  l.~)  m  Tiefe  mit  Pfostenlöchern  in 
beiden  Böschungen  zu  Tage  förderte.  J)as  vollkommen  gleichartige  Ergebnis 
der  Ausgrabungen  lässt  auf  völlig  gleichen  Zweck  der  Anlage  auf  ihrer  ganzen 
Erstreckung  schliessen.  Am  nächsten  liegt  es  anzunehmen,  dass  sie  den  Zweck 
hatte,  die  Niederlassung  abzuschliessen  und  ihre  Bewoliner  gegen  Schädigungen 
durch  Menschen  und  Tiere  zu  schützen.  Auf  der  1490  m  langen  Bachseite 
war  das  Anlegen  eines  besonderen  Grabens  für  diesen  Zweck  nicht  niUig,  da 
der  in  tiefer  Schlucht  fli(!ssende  Bach  selbst  eine  Sperre  bildete,  die  durch 
etwaiges  Hinzufügen  eines  Holzzaunes  noch  verstärkt  werden  konnte.  In  der 
Umfassung  waren,  so  Aveit  sie  durch  den  Graben  gebildet  wurde,  grössere  und 
kleinere  Thore  angebracht.  Zu  einem  der  kleineren  Thore  gehörte  die  schmale 
auf  der  Westfront  aufgedeckte  Grabenunterbrechung  —  s.  T'afel  YI,  Fig.  III.  — 
Eins  der  grösseren  Thore  ist  das  im  Osten,  in  der  Nähe  des  Platzer  Baches 
aufgedeckte.  Ein  ähnliches  grösseres  Thor  liegt  auch  wohl  in  der  Südwestecke 
der  Niederlassung  am  Hillscheider  Stock,  wo  im  Herbste  1900  die  Untersuchung 
des  Umfassungsgrabens  ihren  Anfang  nahm.') 

Wenn  man  sicli  die  Frage  vorlegt,  wie  diese  2380  m  lange  Sperre  genauer 
eingerichtet  war,  so  stellen  sich  ihrer  Beantwortung  dieselben  Schwierigkeiten 
entgegen,  wie  bei  fast  allen  hier  auftretenden  Fragen.  Das  gesamte  Beobachtungs- 
objekt ist  in  wesentlichen  Punkten  neu  und  es  liegt  desluilb  vielfach  noch  kein 
Material  aus  früheren  Untersuchungen  zum  Vergleich  vor.  Von  den  zahlreichen 
denselben  Kulturperioden  angehörenden  Niederlassungen  auf  dem  linken  Khein- 
ufer,  nördlich  und  südlich  der  Lahn,  ist  noch  keine  genauer  untersucht  worden, 
und  die  so  interessanten  Anlagen  auf  dem  linken  Bheinufer  im  Koblenzer 
Stadtwald  und  bei  Urmitz  gehören  z.  T.  einer  späteren,  z.  T.  einer  sehr  viel 
früheren  Zeit  an.     Einen  gewissen  Anhaltspunkt  gibt  ein  kleines  Erdwerk  bei 


')  Bemerkenswert  iet,  dass  an  diesei*  Stelle  das  aufgedeckte  Grabenende  sich  ähnlich 
zuspitzt,  wie  das  eine  Grabenende  bei  dem  Thore  in  der  Nähe  des  Platzer  Baches,  dass'die 
Grabenmulde  hier  eine  Unterlirpchuni;  zeigt  und  liier  audi  nacli  Südwesten  hin  auf  eine  Strecke 
von  rund  4(10  m  zwei  grössere  Gruppen  von  Wolinstütten  und  Gräbern  vorgelagert  sind.  !Niclit 
ohne  Bedeutung  ist  auch,  dasß  beide  Stellen  in  der  Richtung  eines  alten  Weges  liegen,  der 
früher  den  Rhein  mit  der  Hochebene  von   Montabaur  verband. 


1  <;) 

Kaltonj,  (loiin  (^s  ist  gleichfalls  von  (ün(ni)  Solilg'ralx'ii  iiiiii^clini.  it(^i  (Inn  in 
beiden  r)öscJmiii;'en  Pfosten löelier  sitzeu.  Mixn  kann  daraus  eutuelimen,  dass 
mall  zu  Ii(\i^inn  unsenM-  Zeitreelinun^'  c'uum  SoidgralxMi  iiiii  llolzs(!tzun^eii  in 
l)eiden  r>öscliuni;((n  noch  für  Wclirz\veck<!  henutzt  hat.  Alicr  die  schmalen 
Pfostcnlöchci'  lici  liaiicin.  in  denen  einst  giispitzte  Pfahle  sassen.  scIkmi  doch 
ganz  and(M's  aus,  als  die  sehr  \(a-schiiHlcnarti^'  starken  Lücher  hei  Neuhäuscd, 
Und  neben  and(M'en  schwerer  wiegenden  Gründen  spricht  auch  schon  dic^ser 
dagegen,  die  Sohlgräl»cn  bei  Neuhäusel  und  bei  Haltern  für  gleichalterig  zu  lialttMi. 

Als  l>(>festigungswerk  gegen  einen  schweren  Angriff  möchte  ich  ül)i'igens 
den  Neuhäuselor  Graben  nicht  ansehen.  Dafür  ist  sein  Pruhl  viel  zu  schwach. 
Er  hat  vielleicht  eine  ähnliche  P>edeutung  gehabt,  als  bis  ins  späte  Mittelalter 
hinein  das  Gebück.  Ich  möchte  mir  etwa  folgendes  Pild  machen:  Zuerst  legte 
man  einen  Graben  von  4  bis  4^/2  m  Breite  und  1  bis  1*2  m  Tiefe  an  und 
schüttete  hinter  demselben  die  ausgehobene  Erde  zu  einem  kUünen  AVall  auf. 
Dann  setzte  man  in  binden  Pöschungen  die  Wipfel  kleinerer  Bäume  und  stärkere 
Aeste  senkrecht  oder  etwas  nacli  dem  Graben  geneigt  so  (ün.  dass  man  aus 
ihren  Zweigen  (üne  dichte  ITecke  flechten  konnte  und  richtete  auf  dem  Wall 
einen  praktikabeln  Gang  her.  Ausserdem  schnitt  mau  die  Zweige  bis  dahin  al). 
wo  sie  bereits  eine  genügende  Stärke  besassen  und  spitzte  sie  an  ihren  Enden 
zu.  Hierauf  füllte  man  etwa  entstandene  Lücken  bis  tief  in  den  Graben  hinein 
durch  v.'m  dichtes  Geflecht  aus  Keisig  oder  Dornen  aus.  Man  erhielt  dann  eine 
Hecke,  die  Aehnliches  leisten  konnte,  wie  später  die  Gebücke,  die  Astverhaue, 
die  cervi  und  ähnliche  Hülfsmittel  bei  jjrovisorischen  Befestigungen.  Yor  allem 
war  si(^  im  Stande,  das  Eindringen  der  damals  wohl  gefährlichsten  wilden 
Tiere,  des  Bären  und  des  Wolfes,  in  die  Niederlassung  zu  verliinderu;  aber 
auch  einen  feindlichen  Angriff  konnte  sie  abwehren,  sobald  nur  rasch  genug 
eine  genügende  Verteidigungsmannschaft  sich  auf  dem  Walle  einfand.  Wenn 
aber  später  die  ganze  Holzanlage  verfault  war,  so  mussto  sie  dieselben  Spurcm 
hinterlassen,  wie  sie  bei  der  Ausgrabung  zum  Vorschein  kamen.  Ich  spreche 
die  vorstehende  Vermutung  mit  allem  Vorbehalt  und  in  der  Hoffnung  aus,  dass 
es  bald  einem  anderen  gelingen  möge,  an  einer  anderen  Stelle  die  Umfassung 
einer  derselben  Kulturperiode  angehörenden  Niederlassung  aufzudecken.'') 

Die  Datierung.  Eine  der  wichtigsten  Fragen,  welche  sich  bei  Unter- 
suchung der  Neuhäuseier  Niederlassung  aufwirft,  ist  natürlich  die:  Wann  hat  diese 
Niederlassung  bestanden  und  wann  ist  sie  eingegangen?  —  Schon  bei  Aufdeckung 
der  ersten  Wohnstätten  im  Herbste  1899  kamen  ganz  charakteristische  Scherben 
zum  Vorschein,  die  auf  die  Hallstattzeit  hinwiesen.  Der  Anfang  war  viel- 
versprechend, al)er  der  weitere  Verlauf  der  Untersuchung  brachte  bezüglich  der 
zur  Zeitbestimnmng  nötigen  Fundstücke  leider  manche  Pjittäuschung.  In  der 
Kegel  konnte  ich  froh  sein,  wenn  ich  nach  Aufdeckung  einer  Wohnstätte  eine 
Hand  voll  Scherben  eingeheimst  hatte.    Der  Grund  ist  wohl  hauptsächlich  darin 


**)  Der  oben  geäusserte  Wunsch  scheint  niscli  eine  Krledigung  finden  zu  sollen.  Bei 
der  in  Anm.  5  erwähnten,  allerdini^s  wohl  der  l.a  Tenezeit  angehörenden  Niederlassung  bei  Butz- 
bach fand  ich  inzwischen  gleichfalls  einen  rmfassungsgraben.  Auf  seiner  inneren  Böschung 
zeio-en  sich  dieselben  Löcher  wie  bei  dem  Neuhäuseier  Umfassungsgraben. 


iTc; 

zu  suchen,  dass  die  Niederlassung  nicht  .<;ewaUsam  zorstiht.  sondern  von  ihren 
Bewohnern,  unter  ^fitnahme  der  gesamten  beweglichen  Habe,  gutwillig  verlassen 
worden  ist.  Denn  unter  der  grossen  Zald  der  aufgedeckten  Wnhnstätten  finden 
sich  nur  drei,  die  augenscheinlich  aligehrannt  sind:  Eine  an  der  Nordwestecke  des 
grossen  Baues  —  PI.  V  /'  — .  ein»'  zweite  im  Osten  desselben  —  Fig.  ] ,  S.  152  —  und 
eine  dritte  etwas  hölior  hinauf  am  iiord(istlichen  Al)hang  des  Fichtenkopfes.  Die 
beiden  ersten  sind  genauen-  untersucht  worden  und  liaben  ganz  schöne  Fundstücke 
geliefert.  Auch  der  Umstand  scheint  sich  geltend  zu  machen,  dass  die  Bewohner 
der  Niederlassung  bereits  einen  ziemlich  entwickelten  Sinn  für  Jicinhaltung  ihrer 
Wohnungen  hatten.  Denn  durch  ein  gewisses  Keinlichkeitsbedürfnis  darf  man 
es  wohl  erklären,  dass  man  auf  der  Tenne  und  dem  Boden  der  Feuerstelle  der 
Hütten  in  der  Regel  so  wenig  grössere  Kohlenstückc  und  Scherben  Hndet.  Ich 
führe  hier  einige  Beispiele  an.  Bei  der  Hütte  (Fig.  2),  wo  zu  unterst  eine 
Wohngrube  mit  Eingang  und  Feuerstelle,  1,05  m  über  ihrcnn  Fussboden  eine 
Tenne  mit  Feuerstelle,  und  0.1.')  m  eine  zweite  Tenne  mit  Feuerstelle  aufoe- 
deckt  wurden,  waren  die  Wände  an  der  Stelle  der  Feuerstelle  hart  gebrannt, 
aber  es  fanden  sich  nur  wenig  Kohlen.  Ausserdem  konnten  in  der  ganzen 
Anlage  trotz  grösster  Aufmerksamkeit  nur  drei  Scherben  derselben  Art,  wie  sie 
sonst  in  der  Niederlassung  vorkommen,  gefunden  wenden.  Aehnlich  v(>rhielt 
es  sich  mit  der  Hütte  Tafel  lY  G  in  der  Waldecko  nächst  Neuhäusel.  Auch 
hier  war  die  Wand  d(U"  Feuerstelle  an  dem  Zugloch  hart  gebrannt,  aber  es 
fanden  sich  nur  wenig  Kohlen  und  trotz  der  grössteu  Aufmerksamkeit  keine 
einzige  Scherbe.  Diese  und  andere  Kulturreste  sind  eben  hier  nicht,  wie  in 
Wohnstätten  der  neolithischen  Zeit,  die  ich  gesehen  habe,  liegen  geblieben  un<I 
nur  höchstens,  wenn  es  zu  arg  wurde,  mit  etwas  Erde  bedeckt  worden;  mau 
hat  sie  vielmehi-  als  Unrat  beseitigt  und  vielleicht  in  Kohrichtgruben  geworfen, 
die  aufzufinden  ich  aber  noch  nicht  das  Glück  hatte.  Die  meisten  Gcfässreste 
fand  ich  in  dem  grossen  Gebäude  am  Nordhang  des  Fichtenkopfes  im  Eitel- 
borner  Steinrausch  und  in  den  abgebrannten  beiden  kleineren  Wohnstätten  in 
seiner  Nähe.  Auch  in  anderen  benachbarten  Hütten  wurde  immerhin  Einiges 
gefunden.  In  grösseren  Abständen  dagegen  waren  die  Funde  sehr  minimal, 
wenn  auch  nicht  behauptet  werden  kann,  dass  gar  nichts  gefunden  worden  sei. 
So  fand  ich  z.  W.  in  den  aufgedeckten  Wohnstätten  in  der  Waldecke  nächst 
Neuhäusel  nichts,  dagegen  konnte  icli  mit  dem  Ergebnis  der  Untersuchung 
zweier  daneben  liegender  Gräber  recht  zufrieden  sein.  Was  den  Uinfassungs- 
graben  betrifft,  sf)  fand  ich  Schei-ben  und  einige  unbestimmbare  Eisenstücke  in 
ihm  nur  in  der  Südwestecke,  in  der  Nähe  der  Stelle,  wo  ich  ein  grösseres 
Thor  und  wahrscheinlich  auch  <lie  Reste  einiger  grösserer  Gebäude  vermuten 
muss.  Der  Umfassungsgraben  der  Neuhäuseier  Niederlassung  zeigt  in  dieser 
Beziehung  in  seinem  Yerhalten  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  dem  zu  den  älteren 
römischen  Limesanlagen  gehörigen  Zaungräbchen.  welches  ich  durcli  die  ganze 
Wetterau  und  im  östlichen  Taunus  auf  ca.  75  km  Länge  nacligewiesen  habe. 
Fn  ihm  finden  sich  Scherben  nur  in  der  Nähe  der  Wachtstationen  und  zwar  des- 
halb, weil  das  Gräl)clien  wolil  nie  länger,  als  höchstens  ein  bis  zwei  Tage 
offen   lag   und   deshalli   soldie  KuUuirote  iiui'  da   in  (>s  gelangen  konnten,    wo   sie 


1 


I  ( 


auf  dein  rxKlcii  /,(>rsi iciit  \v;ivcn.  wie  in  der  Nj'ilic  nhh  ^\'nl^Il.s(ütt('ll  uikI  \\'aclir- 
statioiKMi.  r.ci  dorn  Kouliäusolor  WohrjiTalx'n  war  die  Sjiehhii,^!  wohl  dicscilic. 
Die  gegraboncn  Lriclicr  wurden  wühl,  nach  Filusct/oii  dfv  IlTil/rr.  >clir  rasch 
Micdcf  zu<>'(nv(irr('ii  und  (Irr  (iralirii  scllist  (hiicli  (his  Fh:!chi\vcik  wieder  ausi^cfüHr. 

liei  den  NeuJiauselei'  W'nlmstärten  und  dem  I  iinf'assunfi,'s<;i'alien  Iai;-eii  also 
die  Yorliältiiis.so  für  AufHiulon  von  I\lein-(reg(!nständ(\n  schi-  unf^iinsti«;;  aher  es 
i>i'lang'  scliliosslich  decli.  in  (hüii  grossen  iJau  am  X(trdhaiig(!  des  Fic]if('iik<ij)f(is, 
in  den  beiiU^n  abgebrannten  Jli'dton  luid  an  andern  Stollen  soviel  Fundstüeke /u- 
sanmien  zu  bringen,  dass  sich  aus  ihnen  \veiter(!  Schlüsse  über  die  Zeit  des  IW^stehens 
der  Anlage  bilden  Hessen.  Es  ergab  sieh  dabei  eine  Hestätigung  der  friiher 
gewonneneu  Anscluiuung,  dass  es  sich  der  Jlaujjtsache  nacli  um  die  nnttleic  und 
jünger((  ]rallstattz(Mt  handele,  dass  abei-  doch  aucli  udt  einem  J  Leiübeigreifen  in 
die  frühe  La  Tenezeit  gerechnet  ^verden  müsse.  Icli  \verd(^  weiter  unten  im  Zu- 
sauuueuhang    über    die   Funde  Uericht    (U'statteu. 

Die  besten  AnJialtspunk te  füi-  eine  sichere  J)atierujig  liefert 
bekanntlich  eine  Untersuchung  der  Gräber  mit  sorgfältiger  liücksicht- 
nahnie  au'"  Konstruktion,  Hestattungsart  und  Beigaben.  Aber  auch 
hier  wurde  die  Benutzung  der  Untersuchungsergebnisse  für  die  Datierung  durchaus 
niclit  leicht  genia(^]it.  Die  Grabbeigaben  sind  im  allgemeinen  sehr  dürftig;  w(dil 
deshalb,  weil  die  damaligen  sehr  zahlreichen  Bewohner  jeuci-  Terrasse  des 
Westerwaldes  keine  reichen  Leute  waren.  Ausserdem  gestattet  aber  aucli  der  lockere 
Bimssand  der  Luft  und  dem  Wasser  mit  licichtigkeit  den  Dui'chgang  und 
begünstigt  so  die  Aufl(')sung  der  in  den  Gräbern  befindlichen  ni'ganischeii  und 
nicht  organischen  Restex  in  hohem  Grade. 

Ein  gemeinsames  grosses  Gräberfeld  füi-  die  ganze  Niederlassung  oder 
einzelne  grössere  Gruppen  derselben  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden  \Yorden. 
Ich  bezweifle  auch,  dass  ein  solches  vorhanden  ist.  Alle  bis  jetzt  aufgefundenen 
Gräber  liegen  vereinzelt  oder  in  einzelnen  kleineren  Grupp(ui  zwischen  und 
neben  den  AVoJmstätten,  über  die  ganze  Niederlassung  zerstreut,  zum  Teil 
neben  einzelnen  Wohnliügeln,  zum  Teil  neben  einzelnen  Giui)]>en  derselben. 
Die  grösste  Wohnhügelgruppe,  neben  der  ich  eine  besondere  (Jrabhügelgruppe 
gefunden  habe,  ist  die  auf"  Tafcd  lY  zum  T(m1  dargestellte.  Hier  scheint  es 
sich  thatsächli(di  um  (du  kleines  Dörfchen  nut  zugidiörigem  Friedhof  zu  handeln. 
Meist  findet  man  zwei  oder  drei  Widmhügel  und  daneben  einen  oder  zwei  Grab- 
hügel mit  je  mehrfachen  Bestattungen  und  gewiunt  dann  die  Ansciuiuung.  dass 
man  es  mir  Wohnstätten  und  dazu  gidu'trigen  Fauulienbegräbnissen  zu  tluiu  habe. 
Eine  Scheu  vor  dem  Grab  scheint  man  nicht  gekannt  zu  haben.  Ganz  besonders 
deutlich  zeigt  sich  das  bei  der  durch  Fig.  i  dargestcdlten  Gruppe,  lliei-  liegt 
zwischen  zwei  Wohnstätten  und  zwar  so  nahe,  dass  sie  dieselben  fast  berühi-t.  eine 
dritte,  die,  nachdem  auf  ihr  eine  Bestattung  stattgefunden  hatte.  aufgeg(d)en  wordi'U 
war.  JLdie  umfangreiche  Tuuudi  kommen  iiichr  vor.  sonilern  mir  khdne.  flache, 
schildförmige  Hügel.  Die  Gräber  sind  in  der  Regel  läni;li<'he.  \iereckige.  bis  au! 
den  F(ds  vertiefte,  nicht  orientierte  Gruben.  Eine  Vertiefung  der  Grabgrube  in  den 
Fels  ist  abei".  wie  bei  alhui  in  der  Niederlassung  angelegten  Gruben,  (dne  seltene 
Ausnahme.      Steinbauten   kommen,    wie   nachher  gezeigt  werden  soll,    zwar   voi\ 

12 


178 

sind  abor  bis  jetzt  ddcli  nur  selten  heDliaciitet  worden.  Was  die  Bestattungsart 
betrift't.  so  ist  es  durchaus  nicht  leieJit.  zu  entseluMdeu.  ol)  Leioliouvorbrcnnung 
oder  Leichonbestattung.  d.  h.  Leielienbestattung  olnie  Verbrennung  stattgefunden 
hat.  Wenn  Skok'ttreste  Fehh'u,  so  darf  man  daraus  durchaus  noch  nicht 
scliiiessen.  <Uiss  keine  Bestattung,  sondern  Verbrennung  stattgefunden  habe: 
denn  Skelettrcste  sind  in  dem  lockeren  Bimssand,  der  die  Verwesung  so  sehr 
begünstigt,  nicht  zu  erwarten.  L'mgekehrt  bereclitigt  al)er  aucli  das  Fehlen  von 
kalzinierten  Kiuiclum  nodi  nicht  mit  Sicherheit  zum  Schluss.  dass  keine  Leichen- 
verbrennung, sondern  Leichenlxvstattung  stattgefunden  habe,  da  das  stets  und 
verhältnismässig  rascli  durchfliessendi*  Wasser  sddiesslich  auch  die  kalziniert<'n 
Knochen  auflt)sen  und  beseitigen  muss.  Trotzdem  glaube  i(di  auf  (irund  der 
Form  der  Gräber,  des  spärlichen  Vorkommens  von  Kohlen  und  anderen  besonderen 
Umständen  die  Vermutung  aussprechen  zu  dürfen,  dass  bei  den  Gräbern,  wie 
da>  im  Jilieingebiete  vom  Bodensee  abwärts  von  d(!r  Mitte  der  Ilallstattzeit  an 
der  Fall  ist,   die  Bestattung  vorwiege. 

Das  erste  Grab,  welches  schon  im  IJei-bste  1801'  aufgedeckt  wurde,  liegt 
unter  der  jüngeren  Tenne  des  grossen  Baues  Tafel  V  und  ist  mit  7  bezeichnet. 
Es  ist  2,20  m  laug,  0,80  m  breit  und  0,oO  m  tief  in  den  Bimssand  ein- 
geschnitten. Seine  Sohle  liegt  0.80  m  unter  der  jetzigen  AValdfiäche.  Auf 
seinem  horizontalen  Boden  fanden  sich  eine  längliche  viereckige  Steinsetzung  und 
einige  zerstreute  Kohlen  und  Scherben  der  Hallstattzeit.  Das  Grab  liegt  unter 
der  jüngeren  Tenne  und  auf  der  Ostseite  des  älteren  Baues. 

Die  beiden  Gruben  Tafel  V  5  und  (i  liegen  unter  beiden  Tennen  und 
werden  von  J'fostenlöchern  des  älteren  Baues  durchschnitten.  Ilii-e  Formen 
sprechen  nicht  gerade  für  Gräber,  schliesseu  aber  auch  dies(^  Annahme  nicht 
aus.  In  der  Füllung  fanden  sich  einzelne  Kohlen  und  Scherben.  Unter  letzteren 
sah  icli  ktiin  charakteristisches  Stück.  Es  hat  aber  den  Anschein,  als  gehörten 
sie  ungefäln-  derselben  Kulturperiode  an,  wie  die  übrigen  in  derselben  baulichen 
Anlage  gefundenen  Scherben. 

Die  (rruben  8  und  9  sind  jedenfalls  Gräber.  Beide  liegen  unter  der 
jüngeren  Tenne  und  die  Grube  8  wird  ausserdem  von  einem  zu  dieser  Tenne 
gehörigen  Pfostenloch  —  Profil  f/i  6i  —  geschnitten,  '  In  beiden  faiulen  sich  zer- 
streute Kfdilen  und  Scherben  und  unter  letzteren  in  beiden  Ciräbern  Stücke, 
welche  auf  die  zweite  Periode  der  Hallstattzeit  hinweisen.  Vergleiciit  man 
beide  (Jruben  bezüglich  ihrer  Konstruktion  —  Profil  cuhi  und  a:,  b:,  — ,  so 
merkt  num,  dass  sie  verschieden  sind.  Grube  ai  bi  besitzt  eine  einfache 
Humusfüllung.  Bei  Grube  ar,  b:,  aber  haben  wir  es  mit  2  sich  nahezu  recht- 
winklig schneidenden  Gräbern  zu  thuu.  Dieselben  sind,  wie  es  in  der  Nieder- 
lassung wiederhfdt  bemerkt  wurde,  bis  fast  zur  Sohle  mit  jenem  eigentümlichen 
Gemische  aus  Thon  und  Steinen  gefüllt,  in  das  vereinzelte  Kohlen  und  Scherben 
eingebettet  sind. 


"O 


Als  Gral)  zu  betrachten  ist  auch  die  (ü'ube  Plan  V  1.  Sie  ist  4,20  m 
lang,  1,40  m  breit  und  von  der  oberen  Tenne  gerechnet  auch  1,40  m  tief. 
Auf  ihrei-  "Westseite  ist  sie  bis  zu  ihrer  Längsachse  von  beiden  Tennen  bedeckt. 
Ihre  Sohl(!  ist  O.'.V)  u\    in   lien   Felsen   vertieft.      Voji  Osten  springt   his  beinahe 


179 

zur  ^Iitr(M>iii  tiscli:iiti;;('i-.  :ius 'I'liini  ii ml  Sicinoii  iiuf'<^el»iiutor  Vorsprung  vor.  (l<'r 
iijicli  (ilicii.  Inst  in  der  ll<>lic  der  unt(iroii 'Coniu',  mit  eiuor  horizontalrn  IMattfonii 
absclilicssr.  Die  Kinfüllunn'  Ix'stclir  aus  Jlumiis,  dorn  Kolih^n.  Asohe  und  (dnzcdnc 
Schorbon  lioig'ciiiisclii  sind.  In  dfi-  Tieft'  /('igon.  die  Wäiido  Spuren  von  (ihn. 
.r)i((  Sclierlien  zeigten  keim'  (•li;ii;ii<.teristisc]ie]i  Stii(d<e.  Ol)o-lei(di  kenne  kalzinierten 
KiKiclten  ^clundcm  win'den  konnten,  neige  ich  dm-h  der  An.siciit  zu.  (hiss  in  der 
langen,  st;lHnalen  (Jruhe  inehnirc  i\',uerl)estattungon  .stattgefunden  halxdi.  Xieht 
unixnnerkt  darf  hleilien.  dass  der  von  Oston  in  die  (Jruho  vorspring(;nde  Tisch 
in  dem  (iraii  I  in  der  Waldecke  nächst  Neuliäusel  sein  .\nalog<Mi  tiiidet  — 
Tafel    IV.    (iral.    I,    l'rotil  ah   und  cd.    -   - 

Südlich    von  dem  grossen    lian    am  Nordhang    des  Fichtenhanges  wni'ih'ii 
noch    einigte  (uahhügel  aufgedeckt,    die    aber  ghnchfalls    .selir    arm  an  J'^unden 
waren.      Der  erste  enthielt  (>ine  ^»,50  m  lange,    2  m  breite    und   1,4(»  m  dur<di 
den  Waldboden  und  Bimssand  bis  auf  den  Fels  vertiefte  Grube,  die  mit  einer 
dicht  unter  dorn  Wahlboden    liegenden  Tenne    überdeckt  war.     Auf  der  Tenm- 
lagen  Scdierben    und  Kohlen.      Nacli  Osten    hin     häuften    sich    die  Kohlen    und 
leiteten   in  die  miuh  Osten  gerichtete  (»rube,   auf  deren  Sohle  mir  noch  vereinzelte 
Scherben    gefundi^n  wurden.     Unter  den  S(du)rbcn    fanden    sicJi    einige  kleine, 
elegante,   schwarze  Stücke,   die  an  l'erranigra  <n'inneru  und  ein  Stück  mit  ein- 
geglätteten Jjiuien,    das  wohl  sich(n-    der  fnihen  La  Tenezeit    angehören  dürfte. 
Südwestlich    von  diesem  («rab,    aber    nicht  weit    von  ihm  entfernt,    wurde  ein 
anderes  aufuedeckt,    das  zwar  niclit  durch  seine  Fundstücke,    wohl  aber  durch 
seine  Konstruktion  Interesse  erregt.     lieber  einer    in  den  Bimssand  vertieften, 
nahezu    kreisförmigen  Mulde    von  3,25  m  Breite    und    0,50  m  Tiefe    war  ein 
viereckiger  Klotz    aus    der    viel    erwähnten  betonartigen  Masse    vtni    im   Mittel 
0,25  ni  Dicke  so  gelegt,  dass  er  auf  den  Jxäudern  der  Mulde  ein  sicheres  Lager 
hatte.     Auf  der  hierdurch    gewonnenen  Plattform  waren  grosse  Steinblöcke  im 
Kreise  so  gestellt,  dass  ihre  Köpfe  nach  innen  geneigt  waren  und  so  den  Unterl)au 
einer  rohen  Kuppel  bildeten,   die  nach  Norden  ihren  Eingang  hatte.    Aber  weder 
unter  der  Betondecke,  noch  im  Lmern  der  Kanmier  kam  sonst  etwas  namhaftes 
zumVorschein.  Ein  wenig  deniBimssand  beigemengter  Humus,  einige  Kohlenstücke 
und  als  das  wichtigste,  einige  minimale  Spuren  von  Eisenrost  waren  alles.    Ein  ähn- 
licher Steinbau,   nur  von  viel  bedeutenderen  Dimcmsionen,   ist  in  einer  (Irabgrube 
in  der  Nähe  des  Hillscheider  Stockes  aufgebaut.    Leider  konnte  die  Ende  September 
geplante  Fertigstellung  seiner  Untersuchung  wegen  des  schlechten  Wetters  nicht 
mehr  zur  Ausführung  gebracht  werden.    Auch  in  diesem  (irabe  wurden  ausser 
dem  Steinbau,    der    in    seinem  Innern  vielleicht  noch  andere  Funde  birgt    und 
einigen  Kohlen  nur  noch  Spuren  von  Eisenrost  gefunden. 

Aber,  wenn  auch  die  überwiegende  Mehrzahl  der  Gräber  nur  sehr  spärlich 
mit  Fundstücken  ausgestattet  war,  die  man  unmittelbar  zur  Datierung  benutzen 
konnte,  so  machen  doch  auch  einige  eine  Ausnahme  und  diese  wenigen  reden  eine 
recht  deutliche  Sprache.  Ein  s  o  l  c;  h  e  s  G  r  a  I)  f  a  n  <1  sich  in  e  i  n  e  i'  1 1  ü  1 1  e 
ö  s  1 1  i  c  h  d  e  s  g  r  o  s  s  e  n  B  a  u  e  s  a  m  N  o  r  d  a  b  h  a  n  g  des  F  i  c  h  t  e  n  k  o  p  f  e  s 
—  Fig.  1.  —  Bei  Aufdeckung  der  Tenne  dieser  Hütte  zeigte  sich  die  kleine  Stein- 
setzuug  eines  (irabcs.  der  westliche  Teil  der  Feuerstelle  dei  Ilnrte  war  zerstörr  nn.l 


ISO 

über  der  erhalteium  ("isrliclicn  llälfrc  der  Feuerstollc  sdwir  über  der  südöstlitlicn 
T(>iine  lag  eine  Schielire  von  Kolde  und  Asche,  iinrer  der  die  Tenne  selbst  rot  ge- 
braunt erschien.  In  der  Mitte  der  letzteren  Innd  sidi  bei  genauerer  rntersuchung 
eine  viereckige  (Irulie  vnii  !..')( i  m  Länge  uiul  I'.iciic  und  0.7.")  m  'rictV.  bei  deren 
Herrichtung  man  einst  die  westliche  Hälfte  der  Feuerstelle  abgescliniircii  hatte. 
Im  Innern  der  Grubi^  zeigten  sicli  dieselben  J^randreste  wie  auf  dem  südöstlichen 
Teile  der  Tenne  uiul  Scheiben,  welche  letztere  alici'  als  Tbuchstücke  in  die 
(irube  gekommen  sein  müssen,  da  es  iiiiiiiri^lich  war.  aus  ihnen  ein  (iefäss  eder 
auch  nur  ein  grösseres  Stück  eines  solchen  zusammenzusetzen.  Auf  der  AVestseite 
der  (Irube  sass  auf  ihrer  Sohle  ein   kleiner  Steinbau.   der  einem   länglichen,   roh 


\ 


\ 


Fiff.  3.     Grosse  und  Meine  Urne  und  eine  Schale 

beliauenen  uiid  senkrecht  gestellten  Steine  als  (irundlage  diente.  Die  (Jrube 
wai  liis  zur  ilöhe  der  Tenne  wieder  ausgefüllt  und  mit  einer  neuen  gestamjiften 
J)ecke  verseheu  wiu'den,  aus  welcher  der  soeben  genannte  Stein  und  fünf  ander»! 
künstlich  gesetzte  Steine  hervorragten.  Man  hat  hier  eine  Leiche  auf  der  Tenne 
einer  Jlütte  verbrannt,  die  Asche  ohne  Urne  in  einer  gleichfalls  in  der  Hütte 
"•(("•rabenen  (irube  b(üii'esetzt  und  das  (irab  dann,  wie  es  bei  vielen  der  Kvxi- 
häuseler  (träber  überhaupt  üblich  war.  durch  eine  gestampfte  Decke  geschützt. 
Line  Weiterverwenduni;'  di'r  Hütte  hatte  nicht  stattgefunden,  wie  die  Steinsi^tzung 
und  di<;  Lrandsi^hicht  auf  th'r  Tenne,  sowie  der  Umstand  beweisen,  dass  man 
die  Erneuerung  der  Feucirstelh;  unterlassen  hat.  Die  Aufdeckung  des  (»rabes 
liat  gezeigt,  in  welcher  Weise  die  Hestattung  vorg(!nommen  worden  war,  aber 
sie  hat  auch  zugleich  sonstige  für  die  Zeitbestimmung  wichtige  Beweisstücke 
zu  Tag  gefördert.  Diese  bestehen  in  (Jefässresten  und  einer  sehr  gut  erhaltenen 
Dronzetibel       Fiy,'.  G.    Die  (fefässreste  stiminen  mit  den  in  der  benachbarten  Hütte 


\^] 


oTifuiKlcncii    iil)i'rciii.     die    mit     A'T   liiri'    licsiu  oclieucji    iiiiil    der   iiadi   Siiilcii    sich 

anscliliossuntlüii    zur  ^cIImu   (iiu|ip(;  ^clKMr.      Wmsv   ücbLTeinMuuiimiii;-    ist    mIxt 

(Icslnill»    von    hcsoiidcrci'  >Vicliti,i!,l<(Ml-.     weil    die    nürdlidic!    dieser    drei    llürieii 

eine  der   wi'iiiyeii   al),:;cl)r;iiiJiieii   ist    iiiul   deslialh   ein   besonders    gutes  Selmrlieji- 

iimterial  ,i;'e]i(jt'crt  hat.      l)iese 

keramischen    ]'\in(h'    i;(dir)reii 

(h'V  jüng'orcD  Jlält'te  dw  llall- 

stattzeit    an.        Unter     ihnen 

bclindet  sich  die   in    i'i^'.  .").  i. 

abgebihhite    Urne,     vnn    (h'r 

aul'  (h'r  Tenne    jener  Jlütre, 


Fi":.  4  u.   Fi«;-. 


Ornamentierte  Scherben 


nördlich  der  Ueutirsteih'  so  viel  Reste  gefunden  wurden,  (hiss  das  ganze  GcfäbS 
durch  Zusanmiensctzung  vorhandener  Teile  und  Ergänzung  felilender  wieder 
hergestellt  werden  konnte.     ])ie  Urne  besitzt  eine  bräunliche  Farbe,   ist  0,45  m 


grösste 


hoch ,  ]iat  eini; 
Weite  von  0,51  iii  und  einen 
Mündungsdurchmesser  von 
0,00  m.  Die  unter  ilireni 
Halse  sich  hinziehende  Ver- 
zierung ist  nicht  mit  einem 
Kädchen  hergestellt,  wie  das 
z.  3).  in  der  La  Tenezeit  vor- 
kommt und  auch  bei  diesem^ 
Gefässe  im  Anfange  vermutet 
wurde,  sondern  mir  einem 
spitzen  und  scharfen  Instru- 
ment aus  freier  Hand  einge- 
schnitten. Andere  hier  ge- 
fundene (ud'ässe  sind  in  Fig.  4 
und  Fig.  5   abgebiidet.    Das 


m 


.1,1  o^J^ 


Fiii-.  (). 


Funde  (1  Spinnwirtd?  .Q,  i.  •>  u.  7  lUn<je,^ 
Haien  und  Fibel  aus  Bronze,  ö  Lanzenspifzen  aus  Eisen, 
ü  Ledergürtel  mit  BronzehucTieln) 
wichtigste     Beweisstück      ist 

aber  jedenfalls  die  in  den  Kohlen-  uiul  AM'hemvsten  neb<'n  der  (irabgrube  ge- 
fundene vorzüglich  erhaltene  Bronzefibel  —  Fig.  (),  7.  —  oine  der  jüngereu 
H  a  1 1 «  t  a  1 1  z  e  i  t  c  h  a  r  a  k  te  r  i  s  t  i  s  c  h  e  F  a  u  k  e  n  f  i  b  e  1. 


182 

Zwei  aiidort',  für  dw  Z(nrlj('stiniiniii\u-  Nvidifii^c  (uäbor.  ein  Miinncr-  uml 
ein  Fiauc'Ugrab.  wurck'ii  in  der  Gräberirrujip»'  iu  dvr  Waldocke  nächst  Xcuhäubcl 
—  Tafel  IV  —  auf-ödeokt. 

Bei  dem  M  ä  ii  n  e  r  sr  r  a  b  —  Tafel  IV,  1  und  rrutil  a  b  und  c  d  —  liegt  in  der 
-Mitte  der  horizontalen,  vierseitigen  Solde  noch  eine  schmale,  weitere  0.20  m  in  den 
Fels  eingeschnittene  Grube,  in  der  Nordwestecke  fand  sich  eine  nischenaitige 
Einbuchtung,  während  auf  dci'  ( )stbösehuug  ein  vierkantiger,  aus  Thoii  und 
Steinen  liergestellter  Klotz  bis  über  die  nimssaudschicht  hinaufstieg  und  dbeu 
horizontal  abschloss.  Er  glich  dem  Thoidvlotz  in  deju  Grabe  1  an  der  Südfront 
des  grossen  Gebäudes  —  Tafel  V.  l'rotil  iuJ),-,  —  und  einem  ähnlichen  (rebilde 
in  einem  sonst  nicht  juit  Fundstücken  versehenen  Grabe  in  der  Nähe  des  llill- 
scheider  Stocks.     In    der  Nische    im  Nordwesten    lagen  die  Reste    einer  Urne. 


wieder  zusammenji-esetzt  und  ergänzt  werden  konnte.    Die  betreffende  Urne 


du 


7. 


ist  0,216  jn  hoch,  hat 
0.27ß  m  Inuicli-  und 
0.19.")    111    Münduugs- 

Durchmesser.  ist 
schwärzlichgefärbtund 
auch  bei  ihr  sprechen 
die  Form,  die  Masse 
und  das  unter  dem 
Hals  umlaufende  Or- 
nament für  die  jüngere 
Hallstattzeit,  Fig.  3,  2. 
Ausser  dieser  Urne 
fanden  sich  in  dem 
Grabe  noch  einige  an- 
dere Gefässreste,  zwi- 
schen denen  kein  Zu- 


Sch erben  mit  Tiqyfenverzierungen 

saminenhang  zu  tiiideii  war.  zerstreut  und  zwei  kleine;  Lanzenspitzen  —  Fig.  6,  ö. 
Sic  lagen  nebeneinander  und  ])arallel  zur  Achse  in  der  Südwestecke  des  Grabes, 
sind  je  0,16  m  lang,  haben  ein  schmales  lanzettförmiges  Blatt,  eine  schmale, 
scharfe  Spitze  und  deutlich  erkennbare  Mittelrippe.  Solche  Lanzenspitzen  und 
zwar  in  ähnlicher  Lage  fand  Naue  in  jüngeren  nallstattgräbern.'')  Nicht 
nur  die  Urne,  sondern  auch  diese  AVaffcn.  wohl  die  Spitzen  von  zwei  Wurf- 
spiessen,  geben  also  Grund,  das  Grab  —  Tafel  IV,  I  —  in  die  jüngerti  Hall- 
stattzeit zu  verlegen.  In  den  Tüllen  der  beiden  Lanzensjdtzen  hatten  sich  noch 
lieste  der  Schäfte  erhalten,  deren  saubere  Rundung  und  CHättung  auffallen  mus>i. 
Auch  das  Grab  V  auf  Tafel  FV  zeichnete  sich  vor  anderen  Gräbern  der  Neu- 
häuseler  Niederlassung  durch  seine  Ausstattung  aus.  In  die  längliche,  nicht  l)is  auf 
den  Fels,  sondoiii  iiiiv  bis  in  den  ßimssand  vertiefte  Grube  ist  gleichfalls  eine  zweite 
Grube  eingeschnitten.  Sie  liegt  aijer  nicht  in  d(!r  Mitte,  sondern  im  (»stlichen 
Drittel  des  Grabes.      Sie  war    ziemlich    sauber   mit   Steinen  umsetzt.      Die  Ein- 


"j  Dr.  Juli  IIS  Aaue.     Die  Hüjjelicriibcr  /Nvisdicii  Amiiii'i-  und  !^tatleisee,  S,  75,  Tut".  \IV, 


183 

liilliiii;;  ilcs  (jrruli(^s  ('lUliiclt  in  jL^i'usscr  M«!ng(!  Kolilrii  iiml  Ax'lic;  iiishcsitiitlci'L' 
war  die  bcsüiidcn!  Gnilx'  im  Ost(!n  <;an/.  mit  I^randrcston  {inj;<>tullt.  uiuli  fehlten 
hier  Bröcskelicii  xoii  kalzini((rroji  Knochen  nicht.  Von  Itesonderem  Interesse  wai-en 
ai)ur  verschiedene  Gegenstände,  die  oben  auf  der  aus  jener  Innengrul»'  heivoi-- 
rugcmden  schwäivdichen  P^rde  higen.  Zu  oherst  kam  ein  kleines  Ilulzbüehsehcn 
zum  VorschiMn.  in  dem  zwei  ineinandergreifemh^  kleine  Jironzeringe  mit  Strich- 
verzicrung  —  Fig.  0,  2.  —  lagen.  Es  war  noch  ziendich  gut  erhalten,  zerficd 
aber  sofort  liis  auf  den  Teil  der  Wand,  wo  di(^  Uinge  auflagen  und  der  Grünsi)an 
das  Holz  konserviert  hatte.  Dann  f (»Igten  (un  ziei-liclun-  Anhängehaken  voji 
l>ronze  —  Fig.  G,  3.  —  von  hufeisenförmiger  Gestalt,  ein  <lünner  Armreif  aus 
demselben  M<>tall  —  Fig.  G,  4.  —  und  Stückt;  eines  geflochtenen  Gürtels  von 
Leder  mit  aufgesetzten  kleinen  hohlen  Halbkugeln  A'on  Bronze  —  Fig.  G.  0  — 
Daneben  lagen  Baststückchen  und  ganz  winzige  Geweberestchen.  Der  Leder- 
gürtel ist  eine  feine  Arbeit,  der  dem  Geschmack  und  der  Kunstfertigkeit  der 
damaligen  Zeit  ein  gutes  Zeugnis  ausstellt.  Die  Grabbeigaben,  insbesondere 
der  dünne  xVrmreif,  der  Ledcrgürtel  mit  Bronzebuckoln,  die  Bast-  und  Ge- 
weberestchen und  auch  das  Ilolzbüchschen  weisen  aber  wieder  auf  die  mitt- 
lere und  jüngere  Ilallstattzeit  hin.^*') 

Was  die  in  den  Wohnstätten  gemachten,  für  die  Datierung  benutzbaren 
Funde  betrifft,  so  habe  ich  schon  oben  bemerkt,  dass  das  grosse  Gebäude  am 
Nordhang  des  Fichtenkopfes  im  Eitelborner  Steinrausch  —  Tafel  V  — •  die  ab- 
gebrannte J lütte  an  ihrer  Nordwestecke  —  Tafel  V  P  —  und  eine  abgebrannte 
Hütte  auf  ihrer  Ostseite  —  Fig.  1  —  es  waren,  welche  das  Hauptmaterial 
i>-eliefert  haben.  Eine  Auswahl  der  Jiier  o-efundenen  charakteristischen  Scherben 
ist  in  den  Fig.  o,  Fig.  4  u.  5  und  Fig.  7  zusammengestellt.  Von  den  in  ] lütte 
Tafel  V  F  gemachten  Funden  von  Gefässresten  möchte  ich  vor  allen  die  Stücke 
der  lederfarbigen,  dünnwandigen  Becher  Fig.  ö,  1,2  hervorheben.  Ihre  Form  und 
das  geometrische  Ornament,  welches  unterhalb  des  Halses  die  Becher  umzieht, 
weisen  wie  die  Urnen  wieder  auf  die  jüngere  Hallstattzeit  hin,  sie  lassen  zugleich 
aber  auch  eine  bereits  recht  gut  entwickelte  Technik  erkennen.  Dasselbe  lässt 
sich  sagen  bezüglich  der  Formen  Fig.  5,  y,  4  u.  5,  die  in  dem  grossen  Gebäude  ge- 
funden wurden.  Ueber  die  grosse  Urne  Fig.  3  ist  oben  bereits  das  nötige 
bemerkt  worden.  Ich  nmss  hier  nocli  hinzufügen,  dass  dasselbe  Ornament  wie 
hier  sich  auch  bei  Scherben  aus  dem  grossen  (febäude  und  der  abgebrannten 
Hütte  P  an  seiner  Nordwestecke  findet.  Auch  bei  ihnen  sind  die  Linien  nicht 
mit  einem  Rädchen  gezogen,  sondern,  wie  ihi'e  Unregelmässigkeit,  namentlich 
auch  die  Verschiedenheit  der  Abstände  und  der  Länge  der  einzelnen  Querstriche, 
welche  diese  Linien  bilden,  erkennen  lässt,  aus  freier  Hand  mit  einem  spitzen 
Instrumente  eingeschnitten  worden.  Ausserdem  hat  nuin  bei  einzelnen  Scherben 
das  Ornament  auch  nocii  durch  beigefügte  Funkte  reicher  gemacht.  Bemerktuis- 
wei't  ist  dabei,  dass  gerade  diese  Form  in  gr()sseren  Bruchstücken  nicht  nur  in 
dem  grossen  Gebäud(!.  sondern  auch  i  n  d  er  11  ü  1 1  e  m  i  t  <1  e  m  (J  r  a  b  .  n  eben 
dem  die   Faukenfibel  g(!funden   w  u  i' d  e ,    beol)achiet   worden   ist.   dass 


^")  !Naui;.    Hügelgräber  am  Ajinnci-  und  ötatfelsee,  S.  7.j,    Tut'.   XXVIII  u.  XXJ,\. 


184 

iimii  ^ic  mIso  sclimi  jiiis  dii-st-iii  ( iruinK' der  /wcircii  Ilälfrc  der  I  lall>t;iit/.i'it  wiid 
zurecliJR'ji  ]iui.sseij.  k-li  weise  hier  um-h  auf  einige  besuiulere  Stücke  Jiiii. 
der  eine  '[\[\ns  zeigr  nielirere  parallel  laufemle  Reihen  von  i^uukten.  die  mit 
einem  cylinilerförmigen.  wenigstens  an  dem  einen  Ende  holden  Metallstäbehen 
i'ingedrückt  zu  sein  seheinen.  Derselbe  wurde  in  ilei  /ueisr  aufgedeckten  Hütten 
und  später  mehrfaeh  in  dem  gr(»ssen  (lebäude  gefunden,  ^'eben  den  zuletzt 
gefundenen  Seherben  von  diesem  Tvpus  kamen  auf  derselben  Stelle  der  Tenne  des 
grossen  J)aue>  die  meist  rötlich  giftarbten  Seherben.  deien  einige  im  Trotil  auf 
Fig.  4  gegeben  sind,  /.um  \'ni'^.lieiii.  Von  dem  eleganten  ßecher.  bei  dem  das  einge- 
ritzte Liuienornameut  auf  der  einen  Seite  von  einge(lrikkreii  l'uiduen  begleitet  ist, 
wurden  ni(dit  nur  in  dem  abgebrannten  Jbiu  —  Tafel  \"  P  — ,  sonderu  auch 
in  dem  grossen  (lebäude  —  Tafel  Y  —  nu'hrfarh  Stücke  gefunden.  Zu  den 
Scherben  Fig.  ö.  a..  bei  denen  das  geometrische  Ornament  au  der  oberen  Kante 
des  Hauches  mit  kräftig  gezogenen  ])arallelen  Ijinien  scharf  einsetzt,  muss  ich 
bemerken,  dass  in  ihrer  Nähe  einige  Selierbeii  lagen,  die  man  wegen  der  auf 
ihr  vorhandenen,  eingeglätteten  Linieii.  ebenso  wie  eine  in  der  Nähe  des  llill- 
scheider  Stückes  im  Graben  gefundene,     in   die   La  Tenezeit    versetzen   möchte. 

Ein  gewisses  Interesse  verdienen  auch  ilie  recht  häutigen  rohen  Scherben,  bei 
di'iien  die  A'erzierung  durch  Fiugereindrüeke  hergt^stellt  ist,  die  auf  dem  Fiaucli, 
auf  eiuem  umlaufenden  Wulst  oder  auf  dem  Uand  sitzen,  Fig.  7.  Zur  Datieruug 
können  sie  bekanntlieh  nicht  benutzt  weiden,  weil  dieses  Ornament  sich  durch 
mehrere  Kulturperioden  hindurchzieht;  aber  sie  sind  doch  wenigstens  im  Stande, 
über  diejenigen  Leut(>.  welche  diese  (iefässe  verfertigt  haben,  uns  eine  gewisse 
Auskunft  zu  geben.  Die  Tupf(>n  zeigen  nämlich,  in  der  liegel  in  tadelloser 
Erhaltung,  die  Eindrücke  der  Fingernägel.  Das  macht  es  möglich,  die  Finger 
genau  so  in  das  Loch  zu  legen,  wie  es  bei  der  Herstellung  der  Verzierung 
geschehen  ist.  Führt  ]uan  aber  eine  Untersuchung  in  dieser  liichtung  aus,  so 
wild  uKxn  sicJi.  selbst  Wi'uu  man  annimmt,  dass  vorzugsweise  der  kleine  Finger 
benutzt  worden  sei,  sehr  bald  duv(.ui  ülierzeugeu.  dass  es  nur  Frauen  gewesen 
sein  können,    welche  diese  Tr)pfe  angefertigt  haben. 

Schon  (.bell  ist  ei'wähnt  worden,  dass  unter  den  bis  jetzt  aufgefundenen 
Scherben  einige  vereinzeltem  Snicke  vorkommen,  bei  denen  die  Färbung  und 
eingegjättete  Linien  vermuten  lassen,  dass  sie  bereits  der  La  Tenezeit  angehören, 
aljer  ich  möchte  auf  (frund  dieser  so  scdn-  vereinzelten  Fundstücke  unter  der 
grossen  Zahl  anderer,  die  bis  jetzt  untersuchten  Teile  der  Niederlassung  doch 
jücht  (dine  weiteres  bis  in  die  J.a  Tenezeit  liiuaufsteigen  lassen.  —  Die  bis  jetzt 
in  den  AN'ohnstätten.  in  den  (ii'äl)ern  und  an  dem  Unifassungsgraben  ang(!stellten 
Grabujigen  haben  die  bei  den  ersten  Aufhndungeii  i)ereits  ausgesprochene  Ver- 
mutung, dass  CS  sich  um  Anlagen  aus  der  llallstattzeit  handle,  gerechtfertigt 
und  die  Sache  soweit  gciklärt.  dass  maji  sagen  kann  :  D  i  (H)  i  s  j  e  t  z  t  u  n  t  e  r  - 
s  u  c  h  t  e  n  Teile  der  N  e  u  li  ä  u  s  e  1  e  r  N  i  e  d  e  r  1  a  s  s  u  n  g  g  e  h  ö  r  e  n  d  e  r 
m  i  1 1 1  (;  r  e  n  u  n  d  jüngeren  llallstattzeit  a  n.  Ol)  das  für  alle  Fartieen 
der  grossen  Niederlassung,  die  n(Mdi  weit  übei'  den  rmfassungsgrabeJi  hinaus- 
reicht, gilt  und  wo  die  (Irenze  gegen  die  gesehichiliche  Zeit  hin  liegt,  ist  eine 
Frage  l'ür  sidi.   die  dej'maleji  noch  nicht  beantwortet  werden   kann. 


185 

Scllislvcistüiidlicli  liicfct  a\n'V  dw  Ücitirwuilmi;^'  gnailc  dieser  J''i-;i;i-e  dder 
vielnielir  diesef  lieideii  I'^'n^cil  ;4r(»sses  Jjlt(!l'e.s>ie  und  stellt  aucli  mit  der  Aut'^iilje. 
mir  dei'eii  Jiiisiiiii:;'  icli  uiicli  seitlior  iKJsuluif'tigte,  im  ungsteji  /usumnutnliiiiig. 
Icli  hielt  mieli  desludl)  für  vcrpHichtet.  auch  di(!  ältesten  Spunai.  welclio  dio 
gescliichtlielu^  Zeit  i)ei  Nc^uhäusol  zurückgelassen  hat.  in  <l(;n  Ki-eis  dei-  Unter- 
suchungen hereinzuziehen  und  zu  .sehen,  oh  untl  (n-enruejl  welche  l!e/,i(diungen 
zwisclien   ihnen   und  dei-  grossen    llallstattniederhissujig   bestehen. 

Die  ähesreii  Spuren  aus  geschichtlicher  Zeit  liaheii  die  Jti'mu'i-  lud  Neu- 
häusel hinterlassen.  Es  sind  das  ver  allem  <ler  l't'ahlgralxMi.  das  vor  ihm  hin- 
ziehende I'alissad(Uigräl)clien  und  zwei  iiin  iibeiwachende  'l'üi'ine.  J)ei'  l't'ahl- 
grahen  durchschneider  die  grosse;  Ostgru])})e  und  zieht  am  Xoi'd-  und  N(n*dost- 
abliang  tles  Fichtenkopf'cs  im  Eittdhoruer  Steinrausch  an  seinem  grössten  und 
interessantesten  (Jebäude  dicht  vorbei.  Seine  Untersuchung  im  Sommer  iJSy*.)  war 
es  gerade,  was  mich  auf  die  grosse  prähistorische  NiederUissung  aufmerksam  machte. 
Aber  obgleich  ich  bei  der  späteren  Untersuchung  dieser  Niederlassung  gerade;  an 
der  Stelle,  ^Yo  der  l'fahlgralien  durchschneidet,  die  meisten  (irabungen  ausführte. 
unter  anderem  auf  einer  zusanmieuhängeuden  Fläclu;  von  900  Quadratmerer  die 
ganze  ilumusdinike  weghob  und  obgleich  icli  dabei  allen  Gefässresten  die 
denkbar  grösste  Sorgfalt  widmete,  fand  ich  dech  hier  nicht  das  kleinste 
Scherhclien  edei'  sonst  eineu  (Jogenstaiui  re'imischer  ifc^rkunft.  Ich  nmsste  daraus 
schliessen,  dass  zu  der  Zeit,  als  der  J Mahlgraben  gezogen  wurde,  die  prähistorische 
Niederlassung  bereits  längst  verlassen  und  mit  einer  Ifumusschichte  überdeckt 
war.  Darin  konnte  ich  auch  nicht  irre  gemacht  werden,  als  ich  in  der  Waldecke 
nächst  Neuhäusel  in  der  Jlunnisdecke  eines  (frabes  ein  Stückchen  Terra  sigillata 
aus  guter  Zeit  fand.")  Trotzdem  hielt  ich,  um  allen  etwaigen  Zweifeln  entgegen- 
treten zu  können,  (üne  unmittelbar  auf  Klarstellung  dieser  Sache  gerichtete 
besondere  Untersuchung  für  angezeigt. 

Eine  hierfür  sehr  geeignete  Stelle  fand  sich  am  Nordostabhange  desEichten- 
kopfes  im  Eitelboruer  Steiurausch.  weil  hier  an  der  steilen  Bergwand  beim  Limes 
Wall  und  Graben  fehlen  und  nur  das  l*alissadeugräbohen  vorhanden  ist,  also  der 
Schnitt  der  römischen  Anlage  mit  der  prähistorischen  mit  möglichst  geringem 
Arbeitsaufwand  auszuführen  ist.  Ich  führte  die  Untersuchung  in  der  Weise 
aus,  dass  ich  den  Zug  des  PalissadengrähcJiens  bestimmte  und  seinen  Schnitt  mit 
zwei  Wohnstätten  aufdeckte.  Das  Ergebnis  der  einen  Aufdeckung  zeigt  Fig.  8 
in  Grundriss  und  Aufriss.  Noch  ehe  die  Tenne  der  Hütte  erreicht  wurde, 
machte  sich  in  der  über  ihr  liegenden  Hunuiskuppe  die  EinfüUung  des  Palissaden- 
gräbchens,  das  hier  mit  (dner  starken,  hoch  hinaufreichenden  Steinverkeilung 
versehen  ist.  bemerkbar.  Als  aber  di(;  Tenne  aufgedeckt  dalag,  zeigte  ihr 
Schnitt  mit  dem  Palissadengräbchen  so  scharfe  Ränder,  wie  sie  nur  entstehen 
konntcm,  wenn  zu  der  Zeit,  als  das  i*alissadeugräbchen  durcli  die  verlassene 
Wohnstätte  gezogen  wurde,  die  Tenne  derselben  bereits  unter  eiiu-r  alten  diek 
und  fest  geword(;nen  llumusdiMdce  lag.    Fig.  8  zeigt  das  Ergebnis  der  Ausgrabung 


")  Das  Sclierbchen  la^-  zioinlicli  liocli  mid  miweit  der  bi'troffendiMi  Stelle  zou  waln^dieinlicli 
eine  römische  Strasse  vurbci. 


186 

in  Grundrirss  uud  Aiifrif?^.  Niiiiiiit  man  an.  dasss  die  Verkeilung  l)'i>  zur  damaligen 
IJodeuubertläehe  hinauf  gefülirr  war.  so  betrug  die  Stärke  dieser  Humusdecke, 
wie  Profil  ai  bi  erkennen  lässr.  bereits  OJJO  ni.  Hei  dem  zweiten  Einschnitt, 
weiter  aufwärts.  Uigen  die  Verliältnisse  ebenso.'-)  Die  direkte  Ausgrabung  sagte 
also  dasselbe  aus.  was  die  bei  in  anderer  liichtung  ausgeführten  Untersuchungen 
"»einaohten  Beobaehtunj^en  vermuten  Hessen :  die  alte  ^Niederlassung  war.  als  die 
Römer,  wohl  unter  Jladrian.  den  Palissadengraben  zogen,  bereits  (ibenso  der 
Vergessenheit  anheimgefallen,  wie  im  Herbst  1899.  wo  sie  wieder  aufgefunden 
wurde.  Dazu  hat  aber  zweifelsohne  eine  lange  Zeit  gehört,  denn  die  Ihimus- 
decke  war  in  der  Zwischenzeit  fest  und  dick  geworden,  obgleich  die  betreffende 
Stelle,  ein  sehr  steiler,  dem  Ostwind  ausgesetzter  Hang,  ihrer  Tiildung  durchaus 
nicht  günstig  wai'. 


Mda6S6tdb  -  1  ■.  wo. 


1)8 -/.SS     ^^ 

DS    /fSfm. 
hefitr  al»  Dr. 


^' 


Fig.  8.     Schnitt  einer  Wohnstätte  durch  den  römischen  I'cdissadengraben 


Als  feststehend  darf  n  u  u  m  e  h  r  w  o  h  1  a  n  g  e  n  o  ni  ni  e  n  werde  n, 
d  a  s  s  im  z  w  e  i  t  e  ii  T)  i-  i  r  t  e  1  des  1  e  t  z  t  e  n  J  a  h  r  t  a  u  s  e  n  d  s  v  o  r  R  e  g  i  n  n 
unserer  Zeitrechnung  n  ö r  d  1  i  cli  und  nordöstlich  v  o  n  N  e u  - 
h  ä  u  s  e  1 .  von  d  e  r  W  a  s  s  e  r  s  c  h  e  i  d  e  bis  z  u  m  P  1  a  t  z  e  r  -  u  n  d  z  u  m 
K  a  1 1  e  n  -  ß  a  c  h  hinab  einest  a  v  k  b  (;  v  (t  1  k  e  r  r  t.;  M  i  e  d  c  r  1  a  s  s  u  n  g  1  a  g. 
Sie  bestand  aus  einem  geschlossenen  v  e  r  t  e  i  d  i  g  u  n  g  s  f  ä  h  i  g  e  n 
Kern  v  o n  n a h e  3900  m  Umfang  und  einigen  kleineren  vorge- 
lagerten Dörfern  und  (i  e  h  ö  f  t  e  u. 

Das  Gesamtergebnis  dei*  Ausgrabungen  s]»riclir  dal  i'ii-,  dass  wir  es  nicht 
mit  Nomaden,  stmdern  mit  einer  sesshaften  Bevölkerung  zu  thun  haben,  die 
wohl  auch  Ackerbau  trieb.  Es  ergiebt  sich  deshalb  auch  die  Verpflichtung, 
nicht  nur    nach  Wohnstätten    und  (iräbern,    senden^  auch  nach  den  Spuren  zu 


'-)  Von  Interess«  wäre  nui'li  «'in  lunscliiiitt  iiordöstlicli  von  dein  lludireservoir,  weil 
liier  iler  Schnitt  des  grossen  Liniosgrabeiis  mit  dein  jtWiliistoriscdien  lImfassuiig8gral>on  1)0- 
ätimint  werden  könnte. 


187 

suchen.  woIcIk;  der  Ackerbau  zurü<'ki;nl!isson  hat.  Auf"  dctii  h(nvalrlot(!n  Xurdhauji; 
l)i(!tot  si(;h  f'üi-  t'iiic  solche  Untorsucluirig-  kcino  Aussicht  auf  Erfol-j;.  »hi  luan. 
augouscheinlicli  auch,  uui  dem  Wasser  des  IMatzer-und  desKahcn-F{a<-hs  mr»glichst 
nahe  zu  kommen,  liier  nicOit  das  Voh\  behaut,  s()n<h'rn  gewohnt  hat.  Man  muss 
diese  S])uren  uaturgemäss  auf  dem  sonnigen  Südhang  suchen,  wo  (dx^n  luxdi 
das  Fehl  gebaut,  dadui'cli  aber  selbstvorständlicii  auch  (bis  Suchen  nach  (h-n 
Spuren  alten  Ackerbaues  an  den  meisten  Stellen  unmr>glich  genuidit  wiid.  An 
einer  St(dle  ist  aber  doch  Aussicht  auf  Erfolg  vorhanden,  nändic.h  in  (h'iii  dichten 
(reh()l/,.  wcIcIh^s  die  Montabaurer  Strasse  vom  Jüllscheider  Stock  bis  zum  Wasser- 
reservoir auf  ihrer  Südseite  begleitet.  Hier  schneidest  denn  auch  thatsächlicli 
eine  ca.  30  ni  westlich  vom  Reservoir  von  der  genannten  Strasse  aus  in  ualuizu 
südlicher  Jlichtung  ziehende  Schneise  eine  Reihe  paralleler  Bodenwellen.  Ich 
ni()chte  in  ihnen  unisoniehr  Jlochäcker  vernmten.  als  auch  noch  etwa  20f>  m 
westlich  dieser  Stelle  in  dem  Gehölze  solche  Bodenunregelmässigkeiten  zu  er- 
kennen sind.  Leider  ist  in  dem  dichten  Gehölz  ein  üeberblick  auf  eine  weitere 
Strecke  hin.   so  lange  der  AVald  belaubt  ist,   unm()glich. 

Selbstverständlich  habe  ich  während  meines  Aufenthaltes  in  Neuhäusel 
auch  in  der  näheren  und  weiteren  Umgebung  auf  ähnliche  Spuren  alter  Besiedlung 
geachtet.  Das  Gleiche  ist  auch  noch  an  anderen  Orten  geschehen.  Ueber  die 
in  meinem  Heinuitland,  dem  (xrossherzogtum  Hessen,  genuichten  Beobachtungen 
wt'rde  ich  denmächst  an  anderer  Stelle  berichten,  Ueber  die  in  der  Nähe  von 
Ncuhäusel  genuichten  Nachsuchungeu  gestatte  ich  mir  liier  noch  eine  Bemerkung. 
Die  erste  Hügelgruppe  dieser  Art  fand  ich  im  \Yalde  des  Herrn  Regierungsrat 
Hey  d  Weiler  zwischen  der  SjKn'kenburg  und  dem  Hofe  Denzerheide.  Eine 
weitere  Gruppe  liegt  nördlich  vom  grossen  Arzbacher  Kopf.  Eine  dritte  und 
zwar  die  grösste  fand  ich  auf  dem  linken,  südlichen  Thalhang  des  Fehrbach- 
thales  zwischen  Ilöhr  und  Vallendar.  Ausgrabungen  wurden  aber  bis  jetzt  an 
keiner  dieser  Stellen  vorgenommen. 

Dagegen  wurde  mir  anfangs  Oktober  v.  Js.  zu  einer  solchen  durch  llerni 
Bürgermeister  Schulte  in  Jh"aubach,  Vorsitzender  der  Ortsgrui)ite  Braubach 
der  Vereinigung  zur  Erhaltung  mittelalterlicher  Burgen,  am  Nordosthang  der 
Marxburg  die  Gelegenheit  geboten.  Die  nur  ]'  ■>  Tage  dauernde  Ausgrabung, 
au  der  auf  meine  Bitte  sich  auch  Herr  Professor  Dr.  I^Mh'wig  in  Ober- 
lahustein  beteiligte,  förderte  eine  z.  T.  in  den  15erghang  eingegrabene  Wohn- 
stätte zu  T'age,  die  bei  einem  Vergleich  mit  Neuhäusel  deshalb  bi-sonderes 
Interesse  bot,  weil  die  hier  sehr  reiche  Scherbenausbeutc  erkennen  liess,  dass 
an  der  betreffenden  Stelle  die  Besicdelung  bereits  Ende  der  Hallstattzeit  begonnen 
und  bis  Ende  der  La  Tenezeit  fortgedauert  hat.  Hier  ist  also  zwischen  den  beiden 
Kulturperioden  eine  trennende  Kluft  nicht  zu  erkennen. 

Es  fragt  sich  nun.  ob  das  auch  für  die  Terrasse  des  Westerwaldes.  auf 
der  Neuhäusel  liegt,  Geltung  hat.  Unter  den  Scherben  der  grossen  Niederlassung 
finden  sich  nur  einige  wenige  Stücke  aus  der  unmittelbaren  Nachbarschaft  des 
arossen  (Gebäudes  im  Eitelborner  Steinrausch,  die  auf  tlie  La  Tenezeit  hinweisen. 
Aber  deutlichen^  Spuren  hat  diese  Kulturperiode  bei  dem  benachbarten  Sinimern 
hinterlassen. 


188 

Wie  icli  scliun  in  drr  l-"iiiU'irung  zu  dioseiii  Bcficlirc  horvurg-elidhcn.  liciirii 
ii()rillicJi.  nuidüstlicli  und  ("»srlicli  von  Siuiniern  im  ^\'aldo  /.(.-rstreut,  zaldreiclic 
Jiüi't'l";räbei'.  Ein  woireres  ( h'äburfeld  tiudot  sicli  uniuittclbur  ttstlioli  von  Simiiicrn 
in  der  seit  wenigen  Jahren  neugeredeten  Feldgewann  „im  See".  Die  bis  in 
die  letzten  Jahre  liifr  gemachten  und  bestimmten  Funde  gehr»rten  der  llallstatt- 
zeit  au.  Aber  im  Herbste  Ib'Jl*  zeigte  sieh  aucli  imcli  t'int'  andere  Spur.  Jjci 
einer  bauliehen  Aenderung  an  der  dortigen  Kirche  fanden  sich  eine  prähistorische 
llandmiihle  und  zahlreiche  Scherben,  welche  (Jegenstände  durch  die  Sorgfalt  des 
Herrn  Pfarrers  Mono  in  Neuliäusel  vor  der  Zerstörung  bewahrt  wurden.  Unter 
ihnen  fand  lleri'  J)(id(;wig  das  Ibidenstück  eines  jener  (fefässe  mit  Ihickel 
in  der  Bodenfläche.  welcJie  bei  K  o  e  n  e  ii  —  Tafel  \' 111,  Fig.  1.")  und  Ifi  —  als 
Schalen  der  späteren  La  Tenezeit  abgebildet  sind. 


/ 
Fi»-.  9.     La  TcnC'Grahfund  von  Simmern 


Ein  ähnliclKU'  Fund  wurch^  auch  wiedei'  diesen  Ihjrbst  gemacht.  Anfang 
(Jktober  d.  J.  machte»  mich  llew  Joseph  llollv  in  Neuhäusel  auf  CJegenstände 
aufmerksam,  die;  unmittelbar  vorher  in  der  (nnvann  „im  See"  bei  Simmern  beim 
liimssandgrabeii  zum  Vorschein  gekommen  waren.  Es  gelaug  mir.  den  (irabfuud 
zu  erwerben.  Er  befindet  sich  im  Wiesbadener  Museum.  Auf  Fig.  9  sind 
die  vier  Stücke  aljgebildet.  Die  (Ji'abaulage  sellist  konnte  ich  küder  nicht  mehr 
sehen,  auch  war  ülier  sie  nichts  Wesentliches  melir  zu  erfragen.  Das  eijK' 
Stück  des  Oraljfundes.  eine  Flasche,  zeigt  eine  ähnliche  Form,  wie  die  bei 
Koenen  auf  Tafel  YII  unter  1  und  11|,  abgebildeten  Gefässe.  Sie  ist  0,20m 
hoch,  hat  einen  grössten  Bauchdurchmesser  von  0,19  m  und  ist  schwarz  gefärbt. 
Die  obere  Hälfte  hat  eine  glatte  Olx'i'tläclu'.  die  unt(M-e  dagegen  ist  rauh  gemaclii. 
Di(;  grauschwarze  Masse  zeigt  ziemlich  viel  Sandzusatz  und  ist  nicht  sehi'  liart 
gebrannt.  Das  undaufende  Zickzack-Ornament  zeigt  nicht  die  geradlinigen, 
])arallelen  Einritzungen,  wie  sie  auf  den  Neuhäuseier  Scherben  vorkommen.  Das 
zweite  Stück,  eine  Schale,  zeigt  die  Form  Koenen,  Tafel  \'I11.  1.").  Es  hat 
bei  0,06  m  Höhe  eine  Weiti'  veii  0.1.")  ni  Dmchmesser,  ist  glatt,  auf  der  Aussen- 
seite  oljen  schwärzlich  und  veii  der  Kante  ai)wärts  bräuidich  gefärbt  und  Jiiit 
eingeglätteten  Strahlen  veiv.ierr.     In   iliieni  r.iMJm  ist.    wie  bei  dem  fiiiher  an  <ler 


180 

Kirche  gcfuiKlcncii  iMideiisfück,  ein  nigolinässig  gofnniitrr  PnK-kcl  ciiif^odrückt. 
Die  Sdiiilc  war  ülici-  die  M  iiiKliini;'  dci'  l'^lasclic  i;'cstiil|ii-.  Ks  war  dies  das 
Eiiizig'o.  was  ich  iiltci'  dir  AiHirdiiiing-  d('s(Jral)cs  orfragcn  kfnintc.  Das  dritte; 
Srück,  (Ml!  Ai'iiiriiiu'  aus  liidu/.i'  mit  Knäufen  und  liirncnvorzicM'iing.  /(»igt  cJuiraktü- 
ristis(dio  Foriucii,  w'w  man  sie  im  Maiu/cr  Musmim  In'i  zaldiTidicn  zu  licidcn 
Seiten  d(;s  Alittclrlioins  gefundenen  i>r<inzesfiickeu  dei  ähereii  Ijh  Tenczcif  si'lien 
kann.  Kr  ist  gut  erhalten  und  nut  sein'  scInWu.'r  l'atina  versehen,  hu  üliri^eji  sind 
aus  den  (rral)-lJ(Ugali(ni  iKicIi  zwei  leidlich  erhaltene  Eisenstücke  in  meine  Hände 
g(daugt.  l']s  sind  Stücike  einei-  ( Jürt<dscliliesse.  An  dem  einen  Stüeke  ist  he- 
sondei's  die  hi(Mrkü[)Hg(;  Niete  gut.  er]mlt(Mi,  nur  dei'  das  Eisen  am  Lederrie/ueu 
l)(;f(>stigt  wai'.  Das  andere  Stück,  der  Haken,  iuxt  die  Oestult  (;ines  Pferde- 
ko])f'es,    ist  ahei'  stark  vom  Rost  zerfressen. 

Der  Eund  zeigt,  in  Ergänzung  der  früh<M'(*n  Eunde.  dass  hei  Simmern 
.'),")  km  von  Neuhäus(d  (»ntfernt,  ilallstatt-  und  La  Tene-Kuhui'  "deicdizeitio-  vei- 
treten  sind,  wie  auch  hei  Brauhacli  heohacJitet  worden  ist.  Vielleielit  ersclioinen 
dadurch  auch  die  wenigen  J^a  l'ene-Scherhen,  die  in  der  Neuhäuseier  Jlallstatt- 
Nioderlassung    zum  Vorschein    gekommen^  sind,     in  etwas  anderer  IJeleuclitung. 


Ich  kann  diesen  Bericht  nicht  s(!hliessen,  dhiie  den  Königliclien  Eerst- 
und  \'erwaltungsheh()rden  \'nv  das  liebenswürdige  Entgegeukomnum  und  die 
thatkräftige  Unterstützung  zu  (hinken,  die  ich  wähi-end  d(!r  ganzen  Untersuch- 
ung hei  ihnen  jederzeit  gefunden  habe.  Ganz  besonders  fülde  i(di  nu(di  hierzu 
gegenüber  (h'n  i[erren  Oberförster  Naumann  in  Neuhäusel  utid  Laudrat 
Dr.  Schmidt  in  Montabaur  verpflichtet.  Die  Grabungen  wurden  im  Kitel- 
borner  Giuneindew^ald  vorgenonunen.  Im  Interesse  der  wissenschaftlichen 
l''(>i's('Jiung  durfte  ich  hier  frei  und  ungehindert  scduilten  und  walten.  Es  ist 
nuüne  PHiclit,  liiertTtr  auch  dieser  G(!meinde  und  ihi'em  Vertreter,  dem  Jierrn 
Bürgermeister  La  beute  in  Eitelboru  meinen  verbindlichsten  Dank  auszu- 
sorechen. 


Schloss  Sonnenberg,  Burg"  und  Thal. 


R*   Bonte. 

Mit   7   T;xt'clii  IVII   ius   XIII) 


Die  den  naclisteliendon  JietracJituiigon  zu  Grunde  liegende  Aufnahme  dei 
Burgruine  Sonnen1)erg  kdiunir  hüdor  um  etwa  100  Jalire  zu  spät.  Sie  würde 
sicher  besseres  bringen.  \Y(^nn  es  mir  vergtinnt  gewesen  wäre,  in  der  Burg  zu 
schaben,  da  sie  jnu-h  ein  unl)eriihrter  Trümmerhaufen,  eiu  herrenhises  Gut.  ein 
Hsi<aUsches  Stiefkind  war.  als  jetzt,  wo  viele  wesentliche  Mauerreste  beseitigt 
oder  von  schön  gepHegten  Anlagen  verdeckt  und  überbaut  sind,  und  neue 
1  loheitsrechte  die  Burg  vor  einem  etwa  versuchten  Angritt"  init  Hacke  untl  Spaten 
wirksamer  beschützen  würden,  als  ihre  früheren  Besitzer  dies  vor  den  Wurf- 
geschossen der  E})psteiner  vermocht  hätten. 

Über  das  Aussehen  der  Burg  in  früherei'  Zeit  geben  einige  in  der  Sammlung 
des  Vereins  für  Nass.  Altertumskunde  und  Geschichtsforschung  befindliche  An- 
sichten derselben  nur  unvollkommen  Aufschluss.  Diese  Ansichten,  ein  Stich 
aus  dem  Jahre  1624,  etwa  ein  Dutzend  Stiche  —  darunter  2  kolorierte  —  aus 
der  Biedermeierzeit  und  einige  spätere  Lithographicm.  meist  kleine,  rein  malerisch 
behandelte  und  in  Bezug  auf  konstruktive  Teile  und  Terrainform  wenig  natui"- 
getreue  Darstellungen,  sind  bei  der  vorliegenden  Arbeit  zwar  berücksichtigt 
worden,  sie  können  aber  meines  Erachtens  wegen  ihrer  zwcif(^lhaften  Zuverlässig- 
keit nicht  als  beweiskräftig  für  oder  auch  gegeji  die  hier  ausgesprochenen, 
bezw.  in  den  Zeiclinungen  niedergelegten,  aus  ander  weiten  Folgerungen  ent- 
standenen Annahmen  gelten. 

Ungeachtet  der  vielfachen  Veränderungen,  welche  von  Menschenhänden 
—  in  guter  wie  in  böser  Absicht  —  an  den  Bauten  des  Schlosses  Sonnenberg 
im  Laufe  mehrerer  Jahrlumderte  hervorgebracht  wordim  sind .  und  dessen 
früheres  Bild  fast  bis  zur  Unkenntlichkeit  verwischt  und  verdunkelt  haben, 
ist  von  den  Wehrbauten  in  Burg  und  Thal  doch  noch  mancherlei  erhalten  ge- 
blieben, sodass  es  keiner  waghalsigen  Rekonstruktionsi)rojekte  bedarf,  um  sich 
eine  mehr  oder  wenigei-  zutrett'ende  Vorstellung  von  dem  einstigen  Zustande  dieser 
kleinen  mittelalterlichen  Festung  zu  machen.  Anders  die  Baugeschichte 
derselben.  Nur  in  dunklen  verschwommenen  Umrissen  taucht  sie  aus  den  bis 
jetzt  vorhandenen  urkuntlliclieii  llierlieferungen  auf.    ohne  ein(!  gnufbare  Gestalt 


101 

anzunelimcn.  Tu  s;i;>(mhiiftos  Dunkel  ist  die  iirspi-iiiigliclie  Entstclmni;  der  Büro- 
o'oJuillt.  unsiclicr  und  scliwaiikond  sind  die  Anniiliiiicn  davüIxT.  oh  die  Erl)iiuuii,u- 
derselben  durch  die  Sühne  des  (irafen  Wulrani  J.  von  Nassau  ertV)l<rte  und 
welohe  \Vi(Hlerlierstellun«en  und  Erweiterungen  dem  Könii,'  Adolf  von  Nassau. 
be7AV.  dessen  Erben  Cierlacli  zu/.usclireibcii  sind.  ^Iind»!stens  /wciifelhaft  er- 
scheint, es.  ob  (b'rlaclis  Witwen  Iriuong-ard,  ob  ilu'  Sohn  Jlu])re<dit  in  der  Lage 
waren,  nennenswerte  Aufwendungen  für  Erw(>iterungsbauten  in  üurg  und  Thal  zu 
inachen.  Es  isl;  in  den  nachfolgenden  Darlegungen  versucht  word(ui,  die  aus  dm 
urkundlichen  Naclirichten  hergideitetcn  Annahmen  über  die  Entstehung  der 
einzelnen  liauten  und  Teile  dos  Schlosses  Sonnenb<ng  mit  dem  Ucfundc  der 
sichtbaren  lieste  desselben  möglichst  in  Einklang  zu  bringen. 

In  Eezug  auf  die  Oeschiolite  des  Schlosses  darf  ich  wohl  auf  die;  Arbeitern 
von  V  0  g  (^  1  in  Nass.  Amialeu,  P.and  2,  Heft  ;')  und  S  c  li  1  i  c  p  h  a  k  e ,  Geschichte 
von  Nassau.  Band  1,  Seite  402  ff.,  Band  2,  Seite  157  ff.,  165  f.  und  Band -1. 
Seite   177   f.    liinweiscn    und    von    einer'  aus/Aigsweisen    Wiedergabe     derselben 

absehen. 

Auch  in  Hinsicht  auf  die  nun  folgende  Beschreibung  des  Burgwesens 
glaube  ich  mich  kurz  fassen  zu  dürfen,  da  die  beigefügten,  nach  eigenen  Auf- 
nahmen angefertigten  Zeichnungen  dassc^lHi  in  allem  wesentlichen  Teilen 
e-etreu  darstellen.  Soweit  in  letzteren  e  i  n  z  e  1  n  e  Bauwerke  veranschaulicht  sind, 
wird  bei  der  Besprechung  derselben  auf  die  betreffende  Darstellung  hingewiesen 
werden;  für  die  allgemeinen  Betrachtungen  des  ganzen  Burgwesens  werden 
nach  jeweiligem  Bedarf  die  Tafeln  VII,  VIII  und  IX  heranzuzielien  sein,  ohne 
dass  im  Folgenden  immer  ein  besonderer  Hinweis  zu  geben  war. 

Die  Tafel  VII,  „Schloss  Sonnenberg,  Burg  und  Thal'^  enthält 
den  Hau])tplan  des  ganzen  Wehrbaues  und  zeigt  ausser  dem  jetzigen  Bestände 
desselben  auch  die  mutmassliche  frühere  Gestaltung  der  fehlenden  oder  ni(dn 
sichtbaren  Teih;.     Sie  beabsichtigt  aber  keineswegs  eine  sogen.  „Rekonstruktion^ 

vorzustellen. 

Die  im  Hauptplan  mit  Kreisen  umschlossenen  Zahlen  gebcm  die  Meeres- 
höhe der  betreff'enden  T'errainstufe  in  Metern  an. 

Die  Tafel  enthält  ferner  einen  parallel  mit  der  Angriffsfront  gelegten 
Schnitt  durch  die  Burganlage. 

Ein  hierzu  rechtwinkelig,  etwa  durch  die  Mittelachse  des  ganzen  Schloss- 
berings  geführter  weiterer  Schnitt  konnte  auf  diesem  Blatte  keinen  Raum 
hnden  und  ist  auf  Tafel  XIII  dargestellt  worden.  Letztere  enthält  noch  —  wie 
hier  gleich  bemerkt  werden  soll  —  die  Grundrisse  und  Schnitte  des  Burg- 
kellers  und  der  Eck  wehr,  sowie  eine  Ansicht  der  letzteren  unter  Weg- 
lassung der  davor  liegenden  neueren  Gebäude. 

Die  Tafel  VIII,  „L  a  g  e  p  1  a  n"  enthält  den  vollständigen  Grundriss  der  noch 
vorhandenen  sichtbaren  Bauten  und  Mauerzüge  der  eigentlichen  Burg  in  ihrem 
gegenwärtigen  Zustande. 

Tafel  IX  giebt  ein  geometrisches  Bild  von  der  Angriffsseite  der 
Burg  und  zwar  ebenfalls  in  ihrem  jetzigen  Zustande.  Um  (>twa  möglichen 
Missd(Hitungen  vorzubeugen,     sei    hierzu    noch  bemerkt,    dass   diese  Darstellung 


192 

insofern  oine  iilealo  ist.  als  sie  nur  duri-li  Konstrukridn  gewonnen  wurde  und 
dass  diese  Burg-seire  in  der  Nafur  VdU  keinem  Sfand|»unkre  aus  so  vollst  ä  n  d  i  g 
gesellen  werden  kann.  — 

Aliweiehend  vnn  der  Geiifiogenlieir  anderer  Burgenheschieiber.  welelic  mir 
der  liurgstrasse  und  dem  l[au|)trhor  lieginnend  von  unteii  durch  die  Burgaulagen 
führen  und  mit  der  "NVehrjilatte  des  hohen  Wartr  armes  endigen,  nniss  ich 
I)('i  letzterem,  dem  auf  der  luk-hsten  Stolle  des  Bnrgterrains  stellenden 
1 1  a  u  jt  1 1  u  r  111 .  als  dem  e  r  s  t  e  n  und  ä  1 1  e  s  t  e  n  Teile  des  Burgwesens  beginnen. 

Nachdem  wir  unsere  Augen  an  dem  sch("inen  Kundhilde  gesättigt  liahen. 
welches  ein  Blick  von  der  Plattform  des  Turmes  bietet,  wenden  wir  uns  zu 
einer  vorbereitenden  Betrachtung  des  Gelä  ndes,  sow'eit  dies  für  unsere  l^ntin-- 
suchungen  in  P^-age  kommt,  und  der  zu  unseren  Füssen  liegenden  JJurg- 
an  lagen,  um  zunächst  ein  allgemeines  Bild  von  den  im  Folgenden  näher  zu 
beschreibenden  Verteidigungswerken  zu  erhalten. 

1  )as  B  u  r  g  t  e r  r  a  i  n  bildet  ein  B  er g  v  o  r  s  |>  i  u  n  g  von  etwa  quadratischer, 
nach  dem  Thale  zu  sanft  abgerundeter  Gniii(b'issform,  welcher  aus  dem  ziemlich 
genau  südnördlich  streiclieud(Mi  linksseitigen  Hange  des  Rambachthales  heraus- 
wachsend, im  Nordosten  und  Osten  mit  dem  Berglande  zusammenhängt,  an  den 
übrigen  zum  Teil  sehr  jäh  abfallenden  Seiten  aber  sturmfrei  ist  und  um  welchen 
sich  der  Rambach  mit  einer  leichten  Biegung  nach  Westen  herum  windet.  Der 
Bergvorsprung  gestattet  eine  vollkommene  Beobachtung  des  Thalzuges  auf 
längere  Strecken  und  bot  daher  einen  sehr  geeigneten  Platz  zur  Aufführung 
eines  die  Umgebung  beherrschenden  Wartturmes.  Es  liegt  der  Gedanke  nahe, 
dass  ein  solcher  schon  in  sein-  früher  Zeit  doi't  bestanden  habe,  bevor  sich  das 
Bedürfnis  nach  einer  Wohnburg  auf  dieser  Stelle  fühlbar  gemacht  hatte,  deren 
llerstellung  in  kleinerem  Umfange  die  Wehrhaftigkeit  des  Platzes  nicht  wesentlich 
erhöhen  konnte,  in  grösserem  aber  mit  bescheidenen  ^Mitteln  nicht  auszuführen 
war,  weil  das  breite  noid()stliche  Angriffsgelände  die  Anlage  langer  Wehrmauern 
und  Gräben  erforderte  und  ferner  auch  bei  späterer  Erweiterung  der  Burg, 
wfdche  nur  nach  der  südöstlichen  Seite  hin  stattfinden  konnte,  die  hier  vorbei 
streichenden  Hänge  zu  einem  weiteren  Angrift'sfelde  wurden.  Dieselben  be- 
grenz(Mi  reditsseitig  die  Burgstrasse  und  bilden  für  die  jetzige  Ijurg  in  ihrer 
Gesaintlutit  inn  Angriffsgelände  2.   Ordnung. 

Bezüglich  der  Betrachtung  einer  Verteidigungsanlage  sei  hier  bemerkt, 
dass  solche  regelmässig  vom  Standpunkte  des  Verteidigers  aus  stattfindet, 
so  dass  das  Angritt'sgelände  vor  demselben  liegt;  hieraus  ergiebt  sich  die 
Miünung  der  mehrfach  voik<inimenden  Bezeic-linungen  rechts,  links,  vorwärts, 
rückwärts  etc. 

Nach  der  Verschiedenheit  ihrer  Höhenlagen  und  nach  ihren  Abgrenzungen 
gegen  einandia-  lassen  sich  drei  Teile  unterscheiden,  welche  in  ihrer  Gesamtheit 
den  Bering  des  „Sc  ii  1  <i  s  s  e  s  S  o  n  n  e  n  b  e  )■  g"  Itilden.  nämlich  eine  ob(M"e 
Burg,  eine  süd<"»stliclie  an  diese  anschliessende  untere  iiiiig  oder  Vorburg 
und  das  beiden  an  den  südwestlichen  Seiten  anliegende  befestigte  T  li  a  1.  Diese 
schon  frülier  vorhandenen  unterscheidcrndtiu  Bezeichnungen  sollen  im  Xach- 
folgenden   beibelialten   weiden  :  die  Bezeichnung  „Stadt"   ist    für  den  Tliallieiing 


19;} 

in  keiner  Urkunde  ,n'ebrauclit  und  darum  auch  liicu-  vermieden  worden.  J)i(! 
iet/i<i;e  „oberem  Jiurg"  erhebt  sicli  auf  zwei  terrassenarti«^  aus  dem  tieferen 
Gehinde  aufsteigenden  F  e  1  s  s  t  u  f  (mi  .  welche  in  der  Hauptsachen  von  der  Xatur 
gebildet,  in  Absi(dit  der  Verteidigung  noch  schärfer  als  solche  ausgeprägt  und 
durch  Futtermauern  abgeglättet  und  unterstützt  wonh-n  sind.  Der  auf  der 
Plattform  der  oberen  Terrainstufc  stehende  JLauptfurm.  „der  grosse 
Turm,  dien  hohe  Warte"  wie  er  früher  benannt  wurde,  ist  von  einem 
Mauer/Alge  umgeben,  welcher  wohl  als  der  üering  der  ersten  Burganlag(n  an- 
zusehen ist.  Vor  ihm  liegt  dicht  an  dci-  Ringmauer  und  nur  wenig  vor  dieselbe 
vorspringend  ein  weiterer  Turm,  von  dem  nur  ncxdi  zwei  hochaufragende  Wände 
mit  dicken  Mauern  erhalten  sind.  Beide  dienten  als  Deckung  für  die  rückwärts 
der  Ringmauer  anliegeiulen  einfachen  Wohngebäude,  deren  unbedeutende  Reste 
keinen  Schluss  auf  ihre  frühere  Gestaltung  zulassen.  Die  auf  diesem  hodi- 
gelegenen  Felsplateau  aufgeführten  Bauten  gewährten  auch  oIhk;  einen  besonders 
ausgetieften  Graben  eine  ausreichende  Verteidigung  des  kleinen  Burgwesens. 
Letzteres  wurde  später  durch  Anlage  eines  zweiten  Berings  erweitert, 
welcher  die  tiefer  liegende  Terrainstufe  umschloss  und  mit  <h'm  ältcn-en  Bering 
den  Komplex  der  o  b  e  r  e  n  B  u  r  g  bildete. 

Erst  durch  diese  Erweiterung  wurde  die  kleine  Veste  zu  einer  den  An- 
sprüchen eines  gräflichen  Herronsitzes  genügenden  W  o  h  n  bürg  umgeschaffeu. 
Der  zweite  Bering  zeigt  noch  die  Reste  eines  ehemals  wohl  recht  stattlichen 
Palasgebäudes  und  schliesst  jetzt  die  Wohn-  und  Wirtschaftsgebäude  des  Burg- 
restaurants in  sich  ein.  Gleichzeitig  mit  s(nner  llerstellung  erfolgte  wohl  die 
Austiefung  des  Grabens  längs  der  Augriffsfront  und  die  Anlage  des  Brunnens. 
Nach  der  später  angebauten  unteren  Burg  hin  schützte  ihn  der  ziemlich  h(»he 
und  steile  Abhang,  welcher  jetzt  allerdings  durch  Mauertrümmer,  durch  abgewitterte 
und  abgestürzte  Fels-  und  Erdmassen  ausgeglichen  und  mit  ansteigenden  Wegen 
und  Anlagen  versehen  ist. 

Spätere  Bedürfnisse,  wie  audi  wohl  das  Streben  nach  grCfSserer  Ver- 
teidigungsfähigkeit des  Werkes  führten  zur  Anlage  des  die  „untere  Burg" 
oder  „Vor bürg"  bildenden  Mauerringes  mit  dem  Thortiu-m  und  einem  in  der 
Grundfläche  ungewöhnlich  gross  bemessenen  Mauerturm  mit  dem  Kapellenchor, 
deren  wohlerhaltene  Reste  das  Bild  der  eigentlichen  Burg  abschliesscn. 

An  die  dem  Angrittsgelände  abgekehrte  südwestliche  Seite  der  Burg  schliesst 
sich  die  T  h  a  1  b  e  f  e  s  t  i  g  u  n  g  in  der  Form  eines  länglichen  unregelmässigen  Sechs- 
ecks an,  deren  Ringmauern  durch  beiderseits  angebauteWohnhäuser  etc.  grössten- 
teils verdeckt  sind.  Drei  Mau  er  türme  ülxnrragen  die  Dächer  der  letzteren 
und  lassen  den  Zug  der  alten  Befestigungsmauer  vom  Turme  aus  einigermassen 
erkennen.  Genau  in  der  Mitte  der  Strasse,  welche  diesen  Thalbering  in  zwei 
ungleiche  Hälften  teilt,  liegt  die  jetzige  Pfarrkirche,  deren  Erbauung  einem 
Adeligen  aus  dem  Geschlechte  derer  von  Nassau  zugeschrieben  wird. 

Wie  die  von  unserem  hohen  Standpunkt  aus  gehaltene  Umschau  zeigt,  haben 
die  Neubauten  und  Neuanlagen  s])ät(n-er  Zeit  den  allgemeinen  Charakter  dei- 
Burg  und  der  Thalbefestigung  leidlich  bewahrt.  Der  Besucher  der  Burg  gelangt 
noch   jetzt  auf  der   alten  Burgstrasse,   welche  diesen  Namen    beibehalten 

13 


194 

bar  —  um  Wiesbudeuor  Tlior  mir  seinem  maleriseheu  Turme  uiul  <ler  linker 
Hand  liegenden  Kiugmauer.  deren  Graben  jetzt  ausgefüllt  und  mit  freundlielieu 
Jläusern  überbaut  isr.  vorbei  schreitend  —  mir  einer  kurzen  Wendung  \oy 
das  Bürgt  hör  und  dureh  dieses  in  die  untere  Burg,  steigt  auf  dem 
früheren  Wege  zur  o  b  e  r  e  n  B  u  r  g  empor  und  betritt  letztere  auch  an  der 
Sri'lle,  wo  sieh  deren  Eiugangsthor  in  der  jetzt  zerstiu-teu  Kingmauer  derselben 
«"■»{fnete.  Für  den  Abstieg  bietet  sieh  ihm  noch  der  gleiche  mit  Stufen  ver- 
sehene Pfad,  welcher  früher  den  Burgbewohnern  zum  direkten  Verkehr  mit  dem 
Thale  diente.  Aus  letzterem  selbst  gelangt  er  auf  der  ./Fh  al  s  t  r  a  s  se''  zu 
den  beiden  Thoien.  welche  auch  früher  den  Ausgang  in  der  Richtung  nach 
Wiesbaden  und  nach  Kambach  bildeten. 

Bezüglich  der  nun  folgenden  eingehenderen  Betrachtung  der  Befestigungen 
in  Burg  und  Thal  sei  auf  die  beigefügten  Zeichnungen  hingewiesen  nnd  der 
Anfang  wieder  mit  dem  Haupt  türm  gemacht.  Seine  Lage  steht  streng  ge- 
nommen mit  der  Burg  in  einem  nur  lockeren  Zusammenhange,  sodass  man 
ziemlich  sicher  annelimen  kann,  er  habe  bestanden,  ehe  der  Burgbau,  der  sicli 
ja  auch  nicht  in  einem  Gusse  vollzog,  geplant  worden  war.  Der  Turm  ist 
namentlich  zu  sehr  aus  der  Axe  des  Angriffsgeländes  heraus  nach  links  gerückt, 
und  es  stellte  sich  daher  schon  bei  der  ersten  Burganlage  die  ]S'otwendigkeit 
heraus,  die  Verteidigungslinie  nach  rechts  zu  verlängern  und  dem  rückwärts 
liegenden  IJurghofe  eine  breitere  Deckung  zu  verschaffen,  welcher  zum  'l'eil 
durch  die  Errichtung  des  vorerwähnten  weiteren  Turmbaues  genügt  wurde. 
r)tt'enbar  diente  der  llauptturm  der  Burg  anfänglich  nur  als  Warte  und  wurde 
aus  diesem  Grunde  m(")glichst  nahe  an  den  Felsenaldiang  gerückt,  um  eine 
uneingeschränkte  Beobachtung  des  Thaies,  insbesondere  nach  der  Kambacher 
Seite  hin  zu  gestatten.  Die  Grösse  seiner  Innenräume  machten  ihn  aber  auch 
geeignet,  nicht  nur  einige  Wachtmannschaften,  sondern  eine  für  damalige 
Verhältnisse  sehr  starke  Besatzung  aufzunehmen.  So  konnte  er  mit  den  ihn  um- 
gebenden l^lockhäusern.  welche  unter  gewöhnlichen  Umständen  der  Besatzung 
als  Unterkunft  dienten,  im  Kriegsfalle  aber  abgelegt  oder  verbrannt  wurden, 
schon  eine  Burg  genannt  werden,  wenn  man  in  Betracht  zieht,  dass 
diese  Bezeichnung  ursprünglich  auch  auf  einzelne  Türme  angewendet  wurde 
und  sich  erst  später  auf  den  befestigten  Wohnsitz,  das  „Haus"  eines 
Grundherrn  übertrug.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  die  sagenhaften 
Ueberlieferungen  von  einer  schon  längst  bestandenen  Ikirgaulage  auf  dem 
Sonnenberge,  also  einer  weit  früheren  Gründung  als  die  der  Söhne  Walrams  I., 
sich  auf  diesen  Wartturm  beziehen,  dem  sowohl  wegen  der  schlichten  Ein- 
fachheit seiner  Ausgestaltung  als  auch  der  vorzüglichen  Mauertechnik  ein  höheres 
Alter  zuzuschreiben  ist,  als  allen  übrigen  Teilen  der  Burganlage. 

Die  ganze  Anlage  des  auf  Tafel  X  in  Grundrissen  und  Durchschnitten 
dargestellten  Turmes,  welcher  in  einer  Teilungsurkunde  (vergl.  ]S'ass.  Annalen 
n,  3.  S.  20  u.  21 )  „der  gross  (?  T  u  i'  m  ,  d  i  e  li  o  h  e  W  a  r  t  e"  genannt  wird, 
ist  durchaus  typisch  und  ohne  Besonderheiten.  Das  vorzüglich  gut,  aus  grossen, 
oft  l)is  zu  einem  Meter  langen  ih'uchsteinen  hergestellte  Mauerwerk  ist,  wie 
üblich,    direkt  :iuf  dem    I 'eisen  gegi'ündet.      Einige  sieh  jetzt   z(Mgi'nde    Uisse   in 


11)5 

demselben  düi'ftcn  iiiclit  etwa  auf  die  Aiisfiihruiin;'.  sondcin  auf  ein  «^-ering- 
fügiges  Nachgeben  des  Felsengruudes  ziiriickzufülircii  sein,  wcb-hcr  keine 
liorizontalc.  sondci'n  eine  nichv  odci'  weniger  senkreclite  Seliiclitung  zeigt.  Der 
Turm  ist  jet/t  noch  24  m  liecli  und  dürfte  mit  dem  iViiber  verlianden  gewesenen, 
iiicJit  ausgekragt(^n  Zinneidsvaii/e  eine  Ibdie  ven  niciit  mein-  jils  2(1  m  besesscm 
haben.  J)as  6,0  m  liolie,  0,0:4,2  m  W(üt(!  „VcM'lies",  weh-hes  V(»n  einem 
Tonnengewrtlbe  überdeckt  ist  und  früher  aus  bekannten  (Jriinden  nur  durch 
(dn  in  (hnn  h^tzteren  beliiidlicJie.s  Mannhieli  vein  darüber  liegenil<'n  (reschuss 
aus  zuiiäimiich  war,  l)<)t  hinlänglichen  Kaum  fih'  die  im  ¥a,\\v  einer  IJelaaerunir 
dort  (Mnzubring(mden  Vorräte  von  Proviant  und  Kriegsmaterial.  Es  ist  später 
durch  eine  in  der  Angriff'sfront  liegende  'i'liüi'e  zugänglich  gemacht  worden. 
Lieber  dem  Verlies  befinden  sich  noch  4  Geschosse,  von  denen  di(!  o  unteren 
mit  Balkendecken,  das  obere  mit  einem  d'w  AV(dirplatte  tragenden  Tonnen- 
gewölbe versehen  waren;  dieselbeu  standen  durch  llolztreppen  miteinander  in 
Verbindung.  Vom  oberen  Geschoss  aus  führt(!  eine  in  der  Dicke  der  thalseitigen 
Mauer  liegende  steinerne  Tre]>p(!  auf  d,ie  Wcdirplatte.  Das  über  dem  Verlies 
liegende  1.  Geschoss  entbält  in  der  dem  Angrifi'sgelände  abgekehrten  Wajid 
die  frühere  Turmthürc,  welche  in  ihrer  Leibung  no(di  die  Führungslöcher  für 
den  Riegelbalken  zeigt,  und  zu  der  man  vom  l>urghof(^  aus  auf  einer  etwa  8  m 
langen  Jjeiter  gelangte.  Letztere  musste  in  den  Turju  hinaufgezogen  werden 
können  und  es  waren  die  Raumbemessungen  des  Türminnern  danach  ein- 
zurichten. Wie  man  aus  der  Zeichnung,  Schnitt  nach  CD  ersehen  kann,  war 
die  Möglichkeit  erwogen,  eine  Leiter  von  dieser  Jjäuge  durch  die  enge  und 
tiefe  Thürleibung  hindurchzubringen  und  durch  ein  Loch  in  dei'  Halkendecke 
an  der  Mauer  des  IL  Geschosses  hochzuschieben  und  aufzustellen.  Zu  beiden 
Seiten  der  Einsteigethüre  sieht  man  in  der  Aussenmauer  die  Löcher  für 
die  Kragsteine  oder  Balken,  welche  den  hölzernen  erkerartigen  Vorbau  trugen,, 
der  die  in  der  Thüre  stehenden  Verteidiger  gegen  Frontalschüsse  und  Würfe 
zu  decken  hatte,  wenn  der  Gegner  mit  Leitern  an  die  Turmthüre  zu  kommen 
versuchte;.  Ausser  der  Einsteigethüre  enthält  das  L  Turmgeschoss  imch  den 
Kamin,  2  Wandnischen  und  2  Fenster,  von  denen  das  eine  nacli  der  unteren 
Burg,  das  andere  nach  dem  Thale  zu  liegt ;  letzteres  ist  jetzt  zur  Eingangsthür 
für  die  Besucher  umgestaltet  worden.  Die  übrigen  Geschosse  sind,  wie  dies 
in  der  Regel  der  Fall  zu  sein  pflegte,  ohne  Kaminanlagen,  da  sie  einesteils 
durch  die  aus  dem  unteren  Geschoss  durch  die  Treppenlöcher  aufwärts  zieliende 
warme  Luft  mit  beheizt  wurden,  anderenteils  aber  bei  dem  Aufenthalt  vieler 
Personen  im  Turme  ein  besonderes  Wärmebedürfnis  weniger  vorhanden  war. 
In  den  oberen  Geschossen  waren  nur  wenige  enge  Fenster-  bezw.  ^Mauer- 
löcher  für  die  l»oleuchtung  und  Entlüftung  dieser  Räume  vorgesehen,  nach  dem 
Angriflsgelände  zu  hatte  der  Tiu-m  überhaupt  keine  Oelfnung.  Die  Beobachtung 
desselben  fand  von  der  Wehrplatte  aus  statt,  welche  vielleicht  ein  vollständiges 
Dach,  jedenfalls  aber  über  dem  Treppenaustritt  einen  schützenden  Ueberbau 
trug,  der  gleichzeitig  zum  Aufenthalt  des  dort  postierten  Wachtmannes  dienen 
mochte,  zumal  sich  der  Tre])penaustritt  in  der  äussersten  Ecke  des  Turmes  befand, 
von  wo  aus  eine   r>enbae]ituiii2-  des  Tlial/.Ui>-es  am  besten  eiToI^en    konnte. 


1% 

Dieser  mächtige  Turm  war  e:<.  den  die  l^idine  Walrams  I.  sieli  beim  An- 
tritte ihrer  Regierung  zum  Mittelpunkt  und  Kernwerk  für  eine  neu  anzulegende 
I^urg  ausersaheu.  Oh  und  inwieweit  sie  mit  dieser  Anlage  in  die  liesitzrechte 
des  Mainzer  Domkapitels  eingriffen,  oh  der  (>twaig(^  Eingriff  sich  nur  auf  die 
Festlegung  des  Bifanges  der  liurg,  oder  auf  die  r>urgstelle  seihst,  auf  den  un- 
angehauten  Felsen  odin-  den  bereits  vorhandenen  Turm  erstreckte,  dürfte  für 
die  vorliegende  Darstellung  des  Hurgweseus  ohne  lielang  sein.  Es  genügt,  wenn 
für  die  Entstehungsgeschichte  des  letzteren  in  Ucibereinstimmung  mit  den  An- 
sdu^uungen  bewährter  Forscher  angenommen  werden  kann,  dass  die  Erbauung 
einer  wehrhaften  Wohnburg  an  dieser  St(!llo  nach  der  Lage  der  Verhältnisse 
für  die  Grafenbrüder  Jleinrich  il.  und  Ilupiecht  IV.  zu  einer  zwingenden  Not- 
wendigkeit  geworden    war.    der  um    jeden  Preis    genügt  werden   musste. 

Die  strategisclie  Bedeutung  der  Burgstelle,  welche  längst  erkannt  und  durch 
die  Erbauung  des  starken  Wartturms  ausgesprochen  worden  war,  fand  erst  mit  der 
Herstellung  einer  starken  Wohnburg,  welche  zum  dauernden  Sitze  eines  Burg- 
mannes geeignet  war,  ihre  vollständige  Würdigung.  Ich  sage  mit  Vorbedacht 
eines  Burgmannes,  denn  dass  es  in  der  Absicht  eines  der  beiden  Brüder 
gelegen  haben  kimnte,  die  Burg  zu  bewohnen,  oder  dass  dies  geschehen  sei, 
erscheint  mii-  zweifelhaft.  1  [einrieb  weilte,  wenn  ihm  seine  Regierungsgeschäfte 
dies  erhiubten,  am  liebsten  auf  der  Stammburg  seines  Geschlechtes,  auf  der 
stolzen  Lahnfeste  Nassau,  und  Ruprechts  ritterlicher  Sinn  stand  wcdil  schon  frühe 
nach  Höherem,  als  nach  einer  Burghut  auf  dem  Sonnenberge. 

Mit  Rücksicht  hierauf  und  auf  die  aus  dem  Befunde  der  Burgroste  ent- 
standenen Erwägungen  nehme  icli  an.  (hiss  die  „B  r  ud  er  b  u  r  g",  wie  sie  im 
Folgenden  zur  Unterscheidung  genannt  werden  soll,  die  obere  Felsstufe  ein- 
naJim,  deren  beherrschendes,  durch  steile  Abhänge  geschütztes  Terrain  genügenden 
Raum  für  einen  Burgmannensitz  gewährte. 

Der  Bering  der  Bruderburg  bildet  ein  Rechteck  von  etwa  50  und  30  m 
Seitenlänge,  welches  mit  einer  kurzen  Seite  dem  Aiigrifi^sgeläudc  zugewendet 
ist  und  an  der  rechten  Langseite  noch  eine  15  m  lauge  und  7  m  breite  Aus- 
buchtung besitzt,  welche  keineswegs  als  eine  durch  die  Form  der  Felsenstuf(^ 
veranlasste  Zufälligkeit  angesehen  w'erden  darf,  sondern  vielmehr  eine  wesentliche 
Dcckungsanlagc  darstellt. 

Jn  der  Mittelachse  dieses  Berings  und  zwar  lueJir  der  Angriftsfront  als 
der  rückseitigen  Ringmauer  genähert  liegt  der  alte  Hauptturm,  die  hohe  Warte 
der  fast  ganz  zerstörten  Burganlage.  Ein  besonderes  Interesse  beansprucht  der 
weitere  turmartige  Bau,  Avelcher  nur  7  m  von  dem  Hauptturm  entfernt,  dicht 
an  die  Angriffsseite  gerückt  und  mit  abgerundeten  Ecken  vor  die  Ringmauer 
vorspringend,  auf  den  zum  Teil  sichtbaren  gewachsenen  Felsen  aufgebaut  ist. 
Von  diesem  Bau  stehen  nur  noch  zwei  Wandseiten,  welche  dem  Angrift'sgelände 
zugewendet  und  deshalb  von  besonderer  Stärke  waren,  während  die  dem  Angriff' 
nicht  ausgesetzten  schwächeren  Wandseiten  der  Zerstörung  anheimfielen.  Er 
bildete  offenbar  (jinen  zweiten  Hauptturni  mit  dem  ausgesprochenen  Zweck  eines 
Deckungs-  und  Rückzugsbaues.  Wie  im  Vorhergehenden  bereits  angedeutet 
wurde,    wai    für    die    neu    anzulegenden     Woluif>ebäude    das    Deckungsfcld  des 


vorliiUidciKm  ILiupttuniics  zu  klein  und  crroiMlcrtc  eine  aiiyciiicsstMic  Vorlicrcitiing. 
Ilior/u  liätto  es  abor  nur  der  AiiH iiliniu;^'  einer  g(!iüi^'ciid  slarkcüi  uml  linlicii 
Mauer,  einer  sogen.  S  e,  h  i  1  d  ni  a  u  e  r  l)(^dui'ft.  dei-en  llorstelluiig  durch  eni- 
spredicnde  Verstärkung  und  Erhöhung  (h'r  dhiieJuii  ertonhirliehen  AVehrniauer 
an  der  Angrift'sseite  erfeigen  konnte.  J)ass  an  deren  Stelle  ujul  in  näelistei' 
Nähe  des  vorhandenen  Jlauptturnujs  noch  ein  weiterer  Turm  aufgestellr  wuide. 
erseheint  auti'allend  und  bedarf  der  Erklärung,  leh  nehme  an,  dass  bei  «h.-r 
gcmcinsehaftliehen  Ausführung  des  Jkirgbau(!s  durch  die  beiden  Söhne  Walrams  I. 
der  ält(n'e  Heinrich  II.  den  beieits  vorhandi^ncni  Turm  für  sich  in  AnsjM'ueh 
nahm  und  für  seinen  Jiruder  Ruprecht  IV.  ein  ähnlicher,  aber  etwa  .">  m  iiiedrigtirei' 
Turm  erbaut  wurde.  Letzterer  ist  demnach  gewissermassen  ein  „Uruderturm" 
und  könnte  füglich  —  wie  z.  W.  bei  der  Uurg  Greiffenstein  bei  Sinn  —  auch 
so  benannt  werden. 

Es  war  bekanntlich  nicht  ungewöhnlich,  dass  bei  gleichzeitigem  JJesitzrecht 
Mehrerer  au  einer  Burg  jede  Partei  für  sich,  bezw.  für  ihren  mit  dei'  Üurg- 
liut  betrauten  Vertreter  einen  besonderen  Verteidigungsturm  beanspruchte , 
w'ährend  die  übrigen  Teile  d(n-  Burg  gemeinsam  benutzt  wurden. 

Dass  ersteres  auch  hier  der  Fall  gewesen  sei,  ist  nicht  unwahrscheinlich, 
auch  entspricht  es  durchaus  dem  praktischen  Sinne  der  Burgenerbauer,  eine 
ohnehin  erforderliche  Schildmauer  durch  den  gleichfalls  notwendigen  Turm  zu 
ersetzen. 

lieber  den  Bruderturm  Ruprechts  IV.  ist  wenigstens  in  Bezug  auf 
seine  frühere  Gestaltuiig  nicht  viel  zu  sagen,  da  die  Reste  seines  im  Vergleich 
mit  de)n  ITauptturm  nur  minderwertigen  Mauerwerks  hierfür  keine  ausreichenden 
Anhaltspunkte  bieten.  Man  erkennt  in  der  Ostw^and  die  Reste  eines  Kamins, 
dessen  Vorhandensein  die  Annahme  unterstützt,  dass  das  fragliche  Ijauwerk 
eiu  bewohnbarer  Rückzugs-  und  Verteidigungsbau  gewesen  sein  könne.  Peinige 
Anzeichen  spreclien  dafür,  dass  dieser  Bau  —  vielleicht  nach  einer  teilweisen  Zer- 
störung —  nicht  wieder  als  Turm  aufgebaut  -  -  wozu  ja  auch  der  nachherige  Allein- 
besitz keinen  Anlass  bot  — ,  sondern  mit  den  späteren  Erweiterungsbauten  in  irgend 
welche  Verbindung  gebracht  wan'den  ist.  Es  ist  anzunehmen,  dass  bei  diesem 
Umbau  neben  ihm  und  zwar  an  der  Stolle,  wo  auch  jetzt  vom  Büffet  im  Pächter- 
hause aus  eine  neue  Treppe  nach  dem  Plateau  der  oberen  Felsstufe  führt,  eine 
derartige  direkte  Verbindung  zwischen  letzterer  und  dem  tiefer  liegenden  Jlofe 
(Lichthofe)  des  späteren  Palasbaues  angelegt,  wurde  und  dass  der  ]5ruderturm 
die  Deckung  dieses  Zuganges  und  der  in  der  alten  Ringmauer  der  Bruderburg 
angelegten  neuen  Eiugangsthüre  zu  besorgen  hatte.  Dass  sich  an  dieser  Stelle 
bereits  der  Aufgang  und  das  Thor  der  Bruderburg  befunden  haben  könne,  «larf 
keinesfalls  angenommen  werden,  da  der  Aufgang  an  dieser  Stelle,  aucii  wenn 
er  etwa  durch  eine  vorliegende  Wehrmauer  gedeckt  gewiesen  wäre,  doch  schon 
nach  einer  auch  nur  teilweisen  Zerstörung  derselben  v<uu  Angriffsgeländi»  aus 
bestrichen  werden  konnte.  Das  Thor  und  der  Aufgang  zur  JJruderburg  befand 
sich  olme  Zweifel  hinter  der  vorerwähnten  Ausbuchtung  des  J5erings  der  lerzteren 
an  der  im  TTauptjjlan  Tafel  VH  angegebenen  Stelle, 


198 

Es  ist  bereits  darauf  hin;^i'(.leiitot  woi'dcn.  dass  die  Srelluiig-  dos  BrudortunnR 
keine  zufällige,  soudern  aus  Rücksieht  auf  die  erforderliche  Deckung  der  ^\'(lllll- 
sebäude  »ewählt  worden  isr.  Zieht  man  eine  an  der  vorderen  rechten  Ecke  des 
llauptturms  und  der  hinteren  linken  Ecke  des  Bruderturnis  vorbeistreichcnde 
Yisierlinie.  so  trifft  diese  ungefähr  in  der  Glitte  der  vor  einigen  Jahren  erbauten 
Turnhalle  das  Angriffsgelände .  also  etwa  da.  wo  vermutlich  in  früherer  Zeit  der 
jetzt  aufgeschüttete  und  eingeebnete  Steilabhang-  des  letzteren  begann  und  eine 
Aufstellung  von  Wurfinaschinen  nicht  mehr  stattfinden  konnte.  Weitere  Linien 
lassen  aber  erkennen .  dass  der  hinter  den  beiden  Türmen  liegende  Burghof 
zwar  gegen  den  grösseren  linksseitigen  Teil  des  Angriffsgeländes  gedeckt,  aber 
von  einem  rechtsseitigen  Teile  desselben  noch  zur  Hälfte  bestrichen  werden 
konnte.  Diesem  zu  begegnen,  wurde  die  orillonartige  Ausbuchtung  des  Berings 
angeordnet,  welche  —  vorn  als  Schildmauei"  ausgebildet  —  den  Burghof  voll- 
ständig dehlierte  und  an  ihrer  rückwärtigen  Flanke  Gelegenheit  zur  Anlage 
eines  durch  starke  Mauer-  und  Felsmassen  gedeckten  Aufganges  zu  dem  gleichfalb 


s 


dort  angeordneten  Burgthore  bot.  Die  Ausbuchtung  selbst  gewährte  zug-leich 
Raum  genug  für  ein  Thorhaus  und  den  vor  dem  Ausg-ange  erforderlichen  Vor- 
jdatz  zum  Antreten  der  Mannschaften,  die  etwa  in  geschlossener  Kolonne  aus- 
rücken sollten.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  dieser  Aufgang  auch  noch  nach 
der  späteren  Erweiterung  der  oberen  Burg  neben  der  vorerwähnten,  direkt  vom 
Palasgebäudc  aus  auf  die  obere  Pelsstufe  führenden  Treppenaulage  fortbestanden 
hat,  da  das  Yorhandensiün  m  obrere  r  Aufgänge  zu  dem  höchsten  Punkte 
der  Burg  für  die  Beschleunigung  eines  etwa  erforderlichen  Rückzuges  von 
Wichtigkeit  war. 

"Wenn  auch  für  das  Vorhandensein  des  Aufganges  zui'  ältesten  Burganlage 
au  der  gedachten  Stelle  keine  sichtbaren  Anzeichen  sprechen,  so  muss  letztere 
doch  als  der  geeignetste  Platz  für  eine  solche  angesehen  werden.  Es  steht 
allerdings  nichts  der  Annahme  entgegen,  dass  sich  der  fragliche  Eingang  auch 
in  dem  rückwärtigen,  jetzt  ]nit  Anlagen  und  Wogen  überdeckten  Teile  der 
Ringmauer  befunden  haben  könne,  doch  darf  hierbei  nicht  ausser  Acht  gelassen 
werden,  dass  dieser  Teil  wohl  als  Rückwand  für  die  vorhandenen  Wohngebäude 
gedient  hat.  Hierauf  deuten  eine  nach  dem  Thal  zu  liegende  rundbogige  Fenster- 
(iffnung  und  eine  zerstörte  Kamiuanlage,  welche  sich  in  der  Ringmauer  als 
einzige  Reste  der  ehemaligen  Wohngebäude  vorfinden. 

Wie  aus  dem  Lageplan  ersichtlich,  ist  die  Ringmauer  der  Burg  wenigstens  in 
ihrem  unteren,  die  Futtermauer  bildenden  Teile  noch  im  wesentlichen  erhalten 
geblieben;  insbesondere  gilt  dies  von  der  gewaltigen  nordwestlichen  Futtermaucr, 
welche  hier  den  steil  und  unregelmässig  aufragenden  Felsen  bekleidete  und 
abstützte  und  die  diesseitige  Jiingmauer  trug.  Hinter  derselben  befinden  sich 
unzugängliche  Hohlräume,  von  denen  noch  weiterhin  die  Rede  sein 
wird  und  welche  entweder  durch  die  Form  des  Felsens  veranlasst,  odei-  zu  Ijc- 
stimmten,  noch  näher  zu  l)(d(!uchtenden  Zwecken  in  denselben  cingehauen  worden 
sind.  Die  Futtcrmauer  an  dcM-  Angriff'sseite  ist  vollständig  zusammengebrochen 
lind  dadui'ch  den-  in  einige!'  Entl'ornung  daiiinter  liegojide  Felscsn  biosgelegt  worden. 
Da  letzterei'  ein  Nachstüi'zen  für  ilic  l'dliic  iiidit  befüi'chten  liess,   so  ist  Iiei  den 


10'.» 

ctwu  im  .hiliiT  ]<S83  V(ir<;ciiiHMiuriicii  J'^rluiltun^.^ai'ljciirii  mhi  dci'  AuHiiliriin^i'  ciiirr 
nuuon  Stütziiuiucr  abgcseJicii  worden.  Du^'c^cn  Nvurdcn  an  dciii  Ende  diT  »'rwäliiitcMi 
westlitihon  Futror-  bezw.  Kingmaucr.  sowie  an  dem  „Unidcrtiuui"  .starke  Stürz- 
miiueni   iiinl  Strebepfuil(;r  ang'obraclit. 

Nacli  den  VOM  mir  iiljer  diese  Arbeiten  nnd  den  damaligen  Zustand  der 
Jiinginauor  eingezogenen  Erkinidigungen  muss  icji  seldiessen,  dass  aueli  an  iler 
Angriffsseite  ein  holder  Kaum  zwiselu;n  Mauei-  und  Felsen  vorhanden  war. 
welcher  mii  dem  vorerwälinten  Jlolilraum  an  der  westlichen  King-  b((zw.  l'uiiei- 
niauei'  in  \'et  bindung  stand.  ])e.i'  Abstur/,  der  nerdöstlielusn  Mauer  ist  jedenfalls 
auf  ein  Nachgeben  des  Felsenf'uudainents  und  den  Di'uck  des  den  lliildraum 
abschliessend(;n  Gewölbes  zurückzuführen.  Die  (U'wähnten  llohlräuiue  Idldeii 
eine  interessante  Eigentümlichkeit  dei-  Burg  Sonnenberg,  weil  sie  hier  offenbar 
f'üi-  die  Zwecke  der  Verteidiguiig  ausgenützt  sind,  während  im  allgemeinen  die 
si(;li  hie  und  da  infolge  der  Felsfornu^tion  etwa  bildenden  freien  Käume  hinter- 
mauei-t  und  liinterfüllt  oder,  wenn  es  hierfür  an  Material  gebrach,  eingewölbt 
wurden.  Es  linden  sich  derartige  Jiohlräume  bei  vielen  Burgen,  ohne  dass  sie 
irgend  welchen  besonderen  oder  gar  —  wie  öfters  angenommen  Avird  —  ge- 
lunmnisvoUen  Zwecken  gedient  hätten;  auch  die  alsdann  in  der  Aussenmauer 
befindlichen  kleinen  Löcher  (nicht  etwa  Kiegellöcher !)  waren  nur  vorgesehen, 
um  das  Austrocknen  des  Gewölbes  zu  befördern  und  das  Sickerwasser  abzuführen. 

Dass  die  kasemattenartigen  Räume  bei  der  Burg  Sonnenberg  zu  Ver- 
teidiguugszwecken  dienten,  zeigen  vier  Schiesslöchcr,  welche  sich  in  der  nord- 
westlichen Kingmauer  etwa  2  m  über  dem  Bankett  des  früher  davorliegenden 
Zwingers  befanden.  Auch  in  der  abgestürzten  Mauer  der  Angriffsseite  haben 
sich  na(di  den  mir  gewordenen  Mitteilungen  wahrscheinlich  solche  befunden. 
J)ie  Nordecke  des  Hurgberings  erhielt  durch  diese  Anlage  eine  besondere  Yer- 
tcüdigung,  welche  wohl  aus  dem  Grunde  geboten  schien,  weil  hier  der  Steil- 
abhang sich  nach  dem  Angriffsgelände  zu  verflachte  und  auch  der  das  letztere 
abschneidende  Graben  hier  in  den  Abhang  auslief.  Wahrscheinlich  war  diese, 
den  Angriff'  begünstigende  Stelle  auch  noch  durch  weitere  Annäherungshindernisse, 
als  Verpfählung,   Gebück  u.   s.   w\   gesichert. 

Die  vier  noch  vorhandenen  Schiesslöcher  sind  auf  Tafel  YIII  ihrer  Lage 
nach  durch  Pfeile  angedeutet. 

Wann  und  durch  wen  dieser  erste  und  älteste  ]iestand  der  Burg  Sonnen- 
berg eine  Veränderung  und  Erweiterung  erfahren  hat,  ist  nicht  festgestellt. 
Geschichten  und  Sage  vereinigen  sich  zu  der  Annahme,  dass  die  Lh'burg  mich 
einer  um  das  Jahr  1280  bei  einem  Ueberfall  durch  die  Ep])steiuer  erfVdgten 
Zerstörung  von  König  Adolf  wiederhergestellt  und  auch  wohl  vergrössert 
worden  sei. 

Die  Erweiterung  dc'i'  Burg  auf  ilnen  gegenwärtigen  Döring  wird  ein- 
schliesslich der  Thalbefestigung  Avohl  als  ein  Werk  seines  Sohnes,  des  Grafen 
Gerlach  von  Nassau,  anzusehen  sein,  dem  dieser  die  letzten  Jahre  seines  ver- 
hältnismässig wenig  bewegten  und  langen  Lebens  widmete. 

Durch  die  Erweiterungsbauten  Gerlachs  (bezw.  Adolfs)  (M'hielt  der  Diiing 
der   Ih'uderburg  einen  erheblichen  Zuwachs  an   Flächeninhali.      I>ei'   l'.ering  der 


2(X) 

jetzigen  übe  reu  Burg.  wcIcIht  die  eistcrc  in  >i<li  ciiiscliliesst.  har  (^oliuc  ilio 
Zwinger)  eine  Aeliseuläuge  von  04  iii  und  i'iue  Iirrite  von  ÖO  nu  aUo  den 
doppelten  Flächeuinlialt  der  lU'uderburg. 

Von  den  Anlagen,  ^velclle  durch  diese  Erweiterungen  geschahen  wurden, 
ist  leider  nur  so  wenig  erhalten,  bezw.  sichtbar,  dass  es  sieh  nicht  der  Mühe 
lohnt,  auch  nur  Mutniassuugen  über  deren  frühere  Gestaltung  zu  versuchen. 
Das  noch  Sichtbare  und  Messbare  ist  in  den  Zeichnungen  wiedergegeben.  Die 
in  ihrem  Umzüge  nur  noch  zum  Teil  erhaltene  Stützmauer  des  Jierings  trägt 
an  der  ^'ordostecke  noch  die  Reste  eines  vierstöckigen  Wohnbaues,  welcher 
nach  der  Grösse  der  Fensteröffnungen  und  einem  mächtigeji  Kamin  zu  urteilen 
wohl  den  bei  keiner  grösseren  IJurganlage  fehlendem  Saal  enthielt  und  als 
Palasbau  angesehen  werden  kann.  Auf  einem  Teil  seiner  Grundmauern  ist  vor 
etwa  2.")  Jahren  das  Pächterhaus  für  den  J>urgwirt  erbaut  worden. 

Für  die  Erhaltung  der  spärlichen  Ueberbleibsel  dieser  l'alasgebäude  ist 
nach  Möglichkeit  Sorge  getragen  worden,  was  au  dieser  Stelle  dankbar  erwähnt 
werden  mag. 

Bei  der  IJetrachtung  des  Grundrisses  dieser  Reste  fällt  die  stumpfwinkelige 
Ausbiegung  der  langen  südlichen  Palaswand  auf,  welche  letztere  an  der  dem 
Anirriffsireläude  zu  liegenden  Ecke  macht.  Wer  es  nicht  gewöhnt  ist,  den 
Besonderheiten  der  mittelalterlichen  ]3urgbauteu  bis  in  ihre  kleinsten  Details 
nachzugehen,  um  Absicht  und  Ziel  des  Erbauers  für  jtides  derselben  zu  er- 
»n'üudeu.  wird  sich  mit  dieser  Erscheinung  schnell  ablinden.  Krumme  Mauern 
uud  schiefe  Wiukel  sieht  er  bei  den  meisten  Burgen  und  betrachtet  solche  viel- 
leicht als  etwas  ganz  Selbstverständliches,  durch  die  Unbeholfenheit  oder  liaune 
der  Erbauer  Entstandeues ;  im  günstigsten  Falle  wird  er  in  solchen  Abweichungen 
eine  Konzession  au  die  Form  des  Felseufundaments,  an  die  „geoguostische 
Unterlage''  der  betreffcmden  Bauten  sehen,  welche  allerdings  in  vielen  anderen 
Fällen  für  die  Gestaltung  der  Mauerzüge  massgebend  war.  Im  vorliegenden 
wäre  es  aber  doch  absurd  gewesen,  die  lange  gerade  Palaswand  an  dem  einen 
Ende  zu  knicken,  nur  weil  vielleicht  ein  hier  vorhaudeuer  Felsenvorsprung  dazu 
Gelegenheit  bot.  Es  geschah  dies  wohl  eher  in  der  bestinmiten  Absicht,  die 
oberen,  durch  die  Wehrmauer  zwischen  Palas  uud  Thorturm  nicht  mehr  ge- 
ileckten Fensterreihen  der  Bestreichung  vom  Angriffsgelände  aus  zu  entziehen. 
Letztere  Absicht  würde  durch  eine  noch  etwas  stärkere  Ausbiegung  vollkommen 
erreicht  worden  sein,  obwohl  sich  alsdann  die  Konstruktion  des  Daches  noch 
komplizierter  gestaltet  hätte,   als  sie  durch  den  Knick  ohnehin  schon  wurde. 

Aus  der  erwähnten  Ansicht  der  Burg  vom  Jahre  1624  lässt  sich  erkennen, 
dass  der  vordere  ausgebogene  Teil  des  Palasgebäudes  höher  hinaufgeführt  und 
mit  einem  besond«!ren  Dache  versehen  ist,  offenbar  weil  man  die  erwähnte,  bei  der 
Anordnung  eines  einheitlichen  Daches  entstehende  Schwierigkeit  vermeiden  wollte. 

Von  den  Anlagen  der  oberen  Burg  sei  schliesslicli  noch  des  Brunnens 
gedacht,  der  wohl  in  früher(;r  Zeit  —  wie  mehrfach  üblich  —  mit  einem  Ge- 
bäude überbaut  war.  JJerselbe  ist  lauge  Zeit  hindurch  verschüttet  gewesen, 
aber  jetzt  wie<ler  ausgeräumt  worden  und  dient  den  IhMJürfnissen  des  Burg- 
restaurants.    Er  ist  34  m  tief  und  geht  etwa   ]<>  m   unter  die  Thalsohle  herab. 


•J01 

Die  untere  B  u  v  <;• ,  ein  ungefähres  Jiec.liteck  von  H.')  4<i  ni  Adisenhinj^e 
und  einem  Fläclioiiinliult  von  etwa  oO(J(J  (jni.  in  früherer  Zeit  auch  „Vorburg" 
genannt,  stellt  sicli  ini  wesc^ntliclien  nur  als  ein  grcjsser,  «ler  eigentlichen  Hurg 
voi'a'eleffter  Zwinucr  <l;ir  uml  hat  in  fortitikatorischer  Hinsicht  nur  die  l»e- 
doutung  eines  Verteidigungsabschnitrs,  welcher,  ohne  di»;  Welirhaftigkeit  der 
liurg  wesentlich  zu  erJiölu^n ,  eine  erhebliche  Vei-nudn-ung  dei-  iJesatzungs- 
mannschaft  erforderte  und  in  kh'ineren  VerhältnisscMi  angelegt,  denn  g(^- 
dachten  Zwecke  vielleicht  besser  entsprochen  haben  würde.  Zweifcdlos  machte 
aber  der  Haushalt  des  Burghc^-rn  die  Anlage  eines  grösseren  Yorhofes  fiii'  die 
in  (h'r  oberen  Burg  niciii  unteizubringenden  Wohn-  und  Wirtschaftsgebäud«; 
notwendig,  auch  war  eine  erhebliche  Vergrösserung  der  ]>urg  schon  aus  dem 
Grunde  geboten,  weil  sie  bestimmt  war,  den  Sitz  einer  neu  (entstehenden  Seiten- 
linie zu  bilden,  welche  unter  der  Bezeichnung  „Nassau-Sonnenberg"  fortgeblülu 
hätte,  wenn  Kuprecht  und  Craft,  die  Söhne  Irmgards,  der  zweiten  Gemahlin 
des  Grafen  Gerlach,   Leibesorben  hinterlassen  hätten. 

Da  mit  der  Erweiterung  des  Burgberings  nach  der  südöstlichen  Seite  ein 
Nähorrücken  an  die  dort  hinziehenden  Abhänge  erfolgte,  welche  dem  Gegnc-r 
das  Einsehen  gestatteten,  so  mussten  die  Ringmauern  der  unteren  Burg  dort 
eine  bedeutende  Höhe  erhalten  und  durch  einen  starken,  füi-  die  Aufstelhmg 
einer  Wurfmaschine  geeigneten  Turm--   den  Kapellenturm —  bewehrt  werden. 

In  der  dem  Angriffsgeländc  zugewendeten  Ringmauer  der  unteren  Burg 
befindet  sich  der  Thor  türm,  welcher  vernmtlich  schon  vor  der  Anlage  der 
letzteren  vorhanden,  aber  nur  mit  einem  kleineren  Thorzwinger  au  die  obere 
Burg  angeschlossen  war.  Derselbe  ist  leidlich  erhalten  geblieben  und  iji  iieuerer 
Zeit  etwas  ausgebessert  und  mit  einem  wenig  geglückten  Rundbogenfriese 
versehen  und  überdacht  worden.  Die  Tafel  Xll  enthält  zwei  Gruncb-isse.  einen 
Querschnitt  und  die  vom  Burghofe  aus  gesehene  innere  Seite  dieses  Thortui-nis. 

Wie  die  an  seiner  ä  u  s  s  e  r  o  n  Seite  vorhandenen  Maueransätze  erkennen 
lassen,  war  hier  noch  ein  V  o  r  t  h  o  r  vorgelegt,  dessen  Verschluss  durch  die 
den  Graben  überführend(e  Zugbrücke  bewirkt  wurde.  Die  in  der  Ausseufrout 
des  rückseitig  offenen,  oben  mit  einem  spitzbogigen  Kreuzgewölbe  geschlossenen 
Turmbaues  befindliche  Thoröffnu  ng  war  mit  einem  Fallgatter  versehen, 
dessen  Führungsnute  in  den  Leibungen  noch  deutlich  sichtbar  ist.  Hinter  dem 
Gatter  befand  sich  ein  Flügelthor.  dessen  kräftigem  Angeln  sich  in  steinernen 
Pfannen  und  Ringen  drehten.  Die  letzteren  sind  noch  wohlerhalten  und  dienen 
in  gleicher  Weise  den  neu  angebrachten  ThorHügeln.  lieber  der  Durchfahrr. 
welche  früher  mit  einer  auf  Kragsteinen  ruhenden  Balkendecke  versehen  war. 
befand  sich  die  zum  Aufwinden  des  Fallgatters  dienende  Vorrichtung,  durch 
welche  vermutlich  auch  das  Aufziehen  der  Zugbrücke  I)ewerkstelligt  wurde. 
Näheres  über  diese  Anlage  lässt  die  Zerstörung,  vielleicht  noch  mehr  die  spätere 
„Ausbesserung",  der  Aussenwand  nicht  erkennen.  Eine  innere  Waml  bi-sitzt 
der  Thorturm  nicht,  um  dem  Gegner  nicht  etwa  als  Deckung  dienen  zu  können: 
möglicherweise  war  ab<'r  der  Raum  über  der  Durchfahrt  zum  Sciiutze  der 
Windevorrichtung  mit  einer  leichten  Riegelwand  geschlossen,  l'eber  dem  diesen 
Raum  bedeckenden  Gewölbe  befand  sich  die  Wehrplatte,   welclie  mit  Brustwehr. 


?02 

.schwerlich  aber  auch  mir  cinciii  Dache  verseilen  war  uml  welclu-  iiiclir  vom 
imrereu  Räume  durch  ein  Locli  im  Gewölbe,  sondern  von  dem  linksseitig  an- 
schliessenden Wcshrgange  der  Ringmauer  aus  erreicht  wurde,  deren  einstige 
Stärke  und  Höhe  noch  aus  der  an  der  linken  Seiteuwand  des  Thorturmcs  vor- 
handenen Verzahnung  erkannt  werden  kann. 

Sowohl  au  der  linken,  wie  auch  der  rechten  inneren  Seite  des  letzteren 
deuten  spärliche  Maueransätze  auf  das  eliemalige  Vorhandensein  von  Gebäuden. 
Linkerhand  wird  sich  das  Portenhaus  mir  der  im  Erdgeschoss  befindlichen  über- 
wölbten Thorwachc  befunden  haben.  Zur  Rechten  stand  vielleicht  das  Haus 
des  Burggeistlicheu.  denn  es  war  nichr  ungewöhnlich,  dass  solches  in  der  Nähe 
des  Thorturms,  in  welchem  sich  häutig  die  Kapelle  befand,  seinen  Platz  erhielt. 
Auch  hier  lag  ja  die  Burgkapelle  in  nächstei'  Nähe;  ein  Mauerturm  in  der 
rechtsseitigen  Ringmauer,  dessen  unterer  Raum  eine  sonstige  zweckmässige 
Verwendung  nicht  bot.  war  hndigcrweise  zum  Zweck  einer  solchen  ausgenützt 
worden.  Dieser  Mauerrurm  der  unteren  Burg,  welcher  zweckmässig  mit  der 
unterscheidenden  Bezeichnung  „K  ap  e  1 1  e  n  t  ur  m"  aufzuführen  sein  dürfte, 
diente  hauptsächlicJi  für  die  Bestreichung  des  rechtsseitigen  Angriffsgeländes 
und  der  Burgstrasse.  Zu  letzterem  Zwecke  springt  er  um  etwa  90  cm  vor 
die  Flucht  der  Ringmauer  hervor.  In  zweiter  Linie  vertrat  er  die  Stelle  eines 
Rückzugsbaucs  für  die  Verteidiguugsmannschaft  der  unteren  Burg.  Aus  diesen 
beiden  Gründen  war  er  in  seiner  Grundfläche  erJieblich  grösser  bemessen,  als 
dies  sonst  bei  den  ^fauertürmen  üblich  und  erforderlich  war,  und  sind  auch  die 
ebenerdigen  Thüren  mit  Verschlussvorrichtungen,  den  bekannten  Riegellöcheru, 
versehen.  Die  Notwendigkeit  eines  Rückzuges  in  diesen  Turm  konnte  eintreten, 
wenn  etwa  die  untere  Burg  durch  Ueberrumpolung  genommen  wurde,  und  der 
Besatzungsmannschaft  keine  Zeit  zum  Rückzuge  in  die  obere  Jku-g  übrig  blieb 
oder  der  Befehl  gegeben  Avar,  den  Kapellenturm  zu  halten  und  von  dort  aus 
die  von  der  oberen  Burg  aufgenommene  Bekämpfung  des  eingedrungenen  Gegners 
zu  unterstützen,  bezw.  auch  den  von  letzterem  gleichzeitig  ausgeführten  Operationen 
auf  dem  südöstliclien  An^-riffsgelände  cmtu'Ogenzuwirken.  Letzteres  bot  dem 
Angreifer  Gelegenheit  zur  Aufstellung  von  Wurfmaschineu  und  anderen  Be- 
lagerungsarbeiten, welche  nur  durch  ein  auf  der  Wehrplatte  des  Kapellenturmes 
aufgestelltes  Wurfgeschütz  zerstört  und  behindert  werden  konnten. 

Mit  den  Welirgäugen  der  anschliessenden  Ringmauern  war  der  Turm  nicht 
durch  Thüren  verbunden,  wie  dies  bei  den  übrigen  !Mauertürmen  der  Thal- 
befestigung der  Fall  ist,  offenbar  um  dem  die  Wehrgänge  okkupierenden  Gegner 
nicht  etwa  die  31()glichkeit  zu  bieten,  in  das  Innere  des  Turmes  einzudringen, 
wenn  hierher  der  Rückzug  der  Verteidiger  zu  nehmen  gewesen  wäre.  Letzterer 
erfolgte  in  solchem  Falle  auf  die  Wehrplatte  des  Turmes  und  zwar  auf  Leitern, 
\yelche  hinter  dem  letzten  Mann  hinaufgezogen  wurden.  Für  gewöhnlich  diente 
eine  in  der  Wehrplatte,  bezw.  dem  diese  tragenden  Gewölbe  betindliche,  hin- 
reichend weit  bemessene  (Jeffnung  zum  Aufstieg  der  Mannschaften,  sowie  zum 
Aufbringen  von  Vertcidiguugsmaterial  auf  die  Wehrplatte.  Die  Brustwehr  der- 
selb(;n  ist  später  in  einer  zwar  vielleicJit  recht  malerischen,  aber  den  einst- 
maligen Verteidigungszwecken    wenig    entsprechenden  Form    wieder   hergestellt 


» 


203 

woi'dc]].  Eine-  iiiispi'dclunKlc.  Darstellung  diosHs  intcrcssantcji  iKiuwcik-.  aus  »Icui 
Jahre  1861  von  M.  E.  Sachs  zeigt  deji  Turm  ohne  ßrustwelir  und  mit  halb- 
zerstörtem Ilundbogenfries.  Die  Bogen  dos  lotzt(!ren  sind  lialbkreis-  und  nichr. 
wie  jetzt,  flaciigiebelföi-mig.  Hiernach  krmntc!  vei-mutet  werden,  dass  der  obere 
Teil  des  Turmes  nach  18()1  erneuert  worden  sei.  M<>glichenfalls  mag  es  aber 
auch  dem  Künstler  widerstrebt  haben,  diese  unpassende  und  unrichtige  Uestauratinji 
des  Turmes  darzustellen. 

Die  an  den  Aiisscnsoiten  des  Turmes  später  vorgesehene  V  c  r  a  n  k  e  r  u  ii  g 
dos  Mauerwerks  wiikt  h'uhv  i-echt  st(>rend.  besonders  auf  IJildei-n.  wo  sie  meist 
nicht  als  solche  erkannt  werden  kann  und  «h-m  Beschauer  zwei  stilwidrig  an- 
gebrachte G  e  s  i  m  s  b  ä  n  d  e  r  vortäuscht. 

Die  vielleicht  nicht  gleichzeitig  mit  der  Herstellung  des  Turm(!s  erfolgte 
Einrichtung  der  Burgkapelle  war  infolge  der  erheblichen  Erweiterung  des 
Burgwesens  zu  einer  unabweisbaren  Notw^endigkeit  geworden.  Es  ist  als  sicher 
anzunehmen,  dass  bereits  vor  derselben  eine  Kapelle  in  der  oberen  Burg  voi-- 
handen  oder  doch  ein  passender  Kaum  für  eine  solche  hergerichtet  war.  in 
welcher  wohl  auch  noch  später  für  die  Herrschaft  ein  besonderer  Hausgottes- 
dienst stattgefunden  hat. 

Die  Kapelle  in  der  unteren  Burg  scheint  dagegen  mehr  füi'  di(;  in  der 
Burg  und  im  Thale  wohnende  zahlreiche  Dienstmanuschaft  bestimmt  gewesen 
zu  sein  und  sollte  wohl  auch  den  übrigen  Bewohnern  des  Thaies  zur  Befriedigung 
ihrer  religiösen  Bedürfnisse  Gelegenheit  geben. 

An  die  dem  Thale  zu  liegende  Wand  des  Kapellenturmes  ist,  wie  der 
Augenschein  zeigt,  das  Dach  eines  Gebäudes,  jedenfalls  einer  auf  Holzsäulen 
ruhenden  Vorhalle  angelehnt  gewesen,  welche  den  Besuchern  Unterkunft 
bot,  wenn  es  im  Innern  dos  Turmes  an  Raum  mangelte,  dessen  Erdgeschoss 
mit  den  jedenfalls  vorhandenen,  vielleicht  sogar  doppelten  Emporen  als  A  u  d  i  - 
1 0  r  i  u  m  diente  und  an  dessen  ostnordostwärts  liegender  Wand  der  C  h  o  r  b  a  u 
angelegt  war.  Die  dem  inneren  Hofe  zu  liegenden  Seitenwände  des  letzteren 
sind  zerstört,  doch  konnten  ihre  unteren  Reste  durch  Wegräumung  der  darauf 
lagernden  Schuttmassen  freigelegt  und  aufgemessen  werden.  Die  ehemalige 
Form  des  den  Chorbau  überdeckenden  Kreuzgewölbes  ist  nach  den  vorhandenen 
Resten  in  der  Zeichnung  ergänzt  worden. 

Eine  eigentümliche  Verteidigungsanlage  stellt  sich  in  der  turmartig  an- 
zusehenden, aber  doch  keinen  Turm  bildenden  E  c  k  w  e  h  r  dar.  welche  am  Ende 
des  Beringes  der  unteren  Burg  —  die  Ecke  als  solche  betonend  —  einerseits 
die  Bestreichung  der  nach  dem  Thalbering  führenden  ]  »forte,  andererseits  des 
gegenüberliegenden  Geländes  und  der  Burgstrasse  zu  besorgen  hatte.  Es  war 
eine  Doppelwehr,  welche  auf  den  nach  aussen  wie  nach  innen  besonders  weit 
ausladenden  Rundbogenfriesen  beiderseits  eine  Brustwehr  trug,  wcdche  die 
nur  au  der  äusseren  Seite  der  Ringmauer  vorhanden  gewesene  Brustwehr  um 
etwa  1,2  m  überragte.  Diese  Anlage  ist  so  recht  geeignet,  den  ertinderischen 
Sinn  der  Burgenerbauer  jener  Zeit  zu  kennzeichnen.  Die  verhältnismässig 
lange,  courtineuartige  Ringmauer  zwischen  dem  Kai)ellentu]-m  der  unteren  Burg 
und  dem  Mauerturm  am  Wiesbadenei-  Thor  forderte  eine  lTnterbr<'chung  durch 


204 

ein  grösseres  YortoidigimgsM'erk,  namentlicli  im  Hinblick  auf  das  vorliegende, 
bereits  erwähnte  Angriti'sgelände  IL  Ordnung  und  die  bessere  Deckung  der 
läusrs  desselben  hinziehenden  liurgstrasse.  Ebenso  wesentlich  war  solches  auch 
für  die  Bestreichung  des  im  Thale  nach  der  unteren  Burg  führenden  Weges, 
der  Einlasspforte  und  der  von  hii^r  aus  aufwärts  führenden  lvani])cntre])]ie. 
Endlich  forderte  auch  die  Ecke.  wcIlIic  die  liingniauei'ii  der  unteren  Burg  hii'r 
bilden,  die  übliche  Andeutung  diivch  ein  besonderes  Verteidigungswerk  und 
zwar  in  allen  Fällen  durch  einen  ^lauert  urni.  Wenn  von  der  Aufführung 
eines  solchen  Turmes  als  dem  Nächstliegenden  gleichwohl  abgesehen  wurde,  so 
ki'innen  verschiedene  Gründe  hierfür  gesprochen  haben ,  als  Sparsanikeits- 
rücksichten.  ferner  die  praktisch-ästhetische  Erwägung,  dass  die  Aufstellung 
eines  Mauerturmes  nicht  fei-n  von  dem  mächtigen  Ka]»elleuturm  und  dem  hoch 
aufragenden  Mauerturm  am  Wiesbadener  Thor  eine  unzweckmässige  Anhäufung 
von  Türmen  und  eine  Ueberladung  des  diesseitigen  Burgbildes  mit  solchen 
herbeigeführt  haben  würde.  Möglieherweise  war  auch  dei-  diclit  an  der  Ring- 
mauer gelegene  B  u  r  g  k  e  1  le  r  mit  dem  darauf  stehenden  Gebäudt;  schon  vor- 
handen und  bildete  ein  nicht  zu  beseitigendes  Hindernis  für  die  Anlage  eines 
weit  nach  innen  hineinragenden  Bauwerks.  —  Aber  der  kundige  I^aumeister 
wusste  sich  zu  helfen,  indem  er  in  dii;  Kingmauer  ein  kurzes  Stück  einer 
sogen.  Doppelwehr  einfügte,  auf  welche  man  von  dem  niedriger  liegenden 
Wehrgange  der  Ringmauer  aus  mittels  einer  auf  einem  steigenden  Bogen  auf- 
lagernden gemauerten  Treppe  gelangte.  Diese  bemerkenswerte  Anlage  bot  vor 
einem  Turmbau  noch  den  besonderen  Vorteil,  dass  sie  einen  ringsum  freien 
Ueberblick  über  die  zu  deckenden  Punkte  und  über  die  anschliessenden  Wehr- 
gänge der  unteren  Burg  und  der  Thalbefestigung  gewährte.  Sie  bildete  daher 
einen  wichtigen  Kommandoplatz  für  den  Fall  einer  Eroberung  des  Thaies  und 
eines  von  hier  aus  untcnnommenen  Ansturms  auf  die  Burg.  Die  bei  der  Eck- 
wehr liegenden  Keller  gehörten  offenbar  dem  Jiurgmannenhause  an,  welches 
mit  den  zugehörigen  Aeckern  und  Gülten  das  Burglehen  der  II  u  d  e  von 
S  o  n  n  e  n  b  e  r  g  bildete  und  mit  dem  Aussterben  dieser  an  das  Geschlecht  der 
Herren  von  Nassau  überging.  In  einem  Lehensbriefe  vom  6.  31ai  1475 
belehnen  die  Grafen  Philip})  und  sein  Sohn  Johann  von  Nassau  und  Saarbrücken 
..in  Ansehung  geleisteter  und  zukünftiger  getreuer  Dienste  ihren  lieben  und 
getreuen  Emmerich  von  Nassauw  mit  dem  zu  Sonnenberg  in  der  Fürburgh 
(Vorburg)  gelegenen  Burgsitz,  den  Diderich  1  [oidt  s(^l.  und  seine  Voreltei'n  von 
ihnen  gehabt  und  getragen  haben."  Von  den  fraglichen  Kellern,  drei  durch 
Thüren  miteinander  verbundime  und  mit  Tonnengewölben  überdeckte  Räume, 
li(!gt  nui-  der  eine  inncrlialli  des  durcli  de]i  Zug  dei'  noch  bestehenden  süd- 
westlichen Ring-  bezw.  Zwingermaucr  und  die  Eckwehr  angedeuteten  Beringes 
der  Vorburg,  auf  den  beiden  anderen  steht  das  im  Privatbesitz  befindliche 
Wohn-  und  Restaurationsgebäude  „Zum  Kaiser  Adolf".  Es  ist  anzunehmen, 
dass  sich  der  Eingang  vom  Thalbering  nach  der  untei-en  IJurg  ebenso  wie  jetzt 
neben  diesem  Burgmannshaus*»  befand  und  von  einem  hiei-  befindlichen  Wacht- 
raum aus  beobachtcit  und  veiteidigt  werden  konnte,  dass  also  zu  den  Obliegen- 
heiten des   Ijurgmann(!s  andi   insbesondere  ijie   Hut   dieses   Eingangs  gehTtiTe. 


20Ö 

Wie  derartige  Yorliüfe   (odei-   V()i'l)iu\i;('n)    iilM-riiaupl.    i^cwäljrh-  die   iiiitrr<! 
I)urg  ein  zwingi^rartig'es  AnnäliorungrthindciTiis    für    die    oIxtc   IJiirg    an    deren 
südsüdösrlielier  Seite.      Es  waren  alier  auch  i'ür  die  Angritt sf'ront    und    f'iir    die 
sturmfreien  S(^iteii  der   oberen   Hurg   Verteidigungsaniagc^n    erfordciTKli.    wcldm 
die  niedrige  und  liori/dutale  I5<wtreiclniiig  des  (r('län<les  eriuiigliclitcn.     l.t^t/.tenMu 
Zwecke  dicMiten  die  eigentlichen  A'  e  r  t  c  i  d  i  g  u  n  g  s  z  w  i  n  g  <■  i- .    welche  in  einer 
der  hohen   Ringmauer  vorgelegten,    bis  dicht  an    den  Halsgiahen   he/w.    an  den 
Bergahhang    vorgeschobenen    niedrigen  Wehrmauer    bestanden.      Man   darf  das 
Yorhandenseiii    eines    sohdien  Zwingers    bei    der   lUug  SonntMiberg    untei-   allen 
Umständen  voraussetzen,    auch  wenn  es  nicht  durch  einige  erhalten  gel)liebene 
Mauerreste  bestätigt  würde.     Der    fragliche  Verteidigungszwinger    ist    in    d(Mu 
llauptiilan,   Tafel  YII,   angegeben.    Er  bestand  aus  drei  Maucrzügcm.    welche  die 
obere  Burg    umschlossen    und    (ünen    schmalen  Umgang    um    deren  Jvingmauer 
bildeten,   welcher  genügenden  Kaum  für  die  Kommunikation  und  die  Aufstellung 
der  liesatzunffsmannschaftcin  bot.     Seine    mutmassliche  Form  scheint  mir  durcJi 
die  noch    vorhandenen  Mauerrestc    ausreichend    festgestellt.     Letztere    sind    im 
Grundriss  schwarz  dargestellt,    während  die  Ergänzungen  schraffiert  sind.   J)ass 
sich  auf  den  älteren  Ansichten    der  Burg    keine  Andeutungen    der    ehemaligen 
Zwingermauern    befinden,     darf    nicht    befremden,    da    diese    verhältnismässig 
schwachen,  nicht  belasteten    und  freistehenden  Mauern  leicht  abzulegen  waren, 
wenn  Berechtigten    oder  Unberechtigten    nach    deren    Material    zu    anderweiter 
Verwertung  gelüstete.     Auch  die  Abfuhr  der  so    gewonnenen  Steine    gestaltete 
sich  sehr  bequem,    da  sich  ihr  Fundort  meist    dicht  am  Steilabhang  des  Burg- 
berges befand.     Sie  wurden  einfach  den  Berg  hinabgerollt  und  unten  aufgeladen 
und  abgefahren.     Dieses  allgemeine  Geschick  vieler  ehemaliger  Zwingermauern 
Avird  auch  die  Sonnenberger  Zwinger  vernichtet  haben. 

An  der  Angriffsseite  der  Jaurg  tritt  das  Fundament  der  dort  vorhanden 
gewesenen  Zwingermauer  auf  dem.  au  dieser  Seite  entlang  führenden  Pfade  noch 
deutlich  zu  Tage.  Sie  war  dicht  an  den  Graben  gerückt  und  diente  direkt  zu 
dessen  Verteidigung;  rechter  Hand  schloss  sie  an  das  Vorthor  an,  bog  sich 
linker  Hand  im  rechten  Winkel  und  lief  vor  der  nordwestlichen  Kingmauer  der 
oberen  r)urg  entlang  bis  zu  einer  noch  in  Grundmauerresten  erhalt(^nen.  boll- 
werksartig vorspringenden  E  c  k  w  e  h  r ,  welche  hier  den  Anschluss  der  Kiugmauer 
der  Thalbefestigung  verteidigte  und  wohl  ein  turmartigi«s,  jed(ndalls  hr>her  als 
die  Zwingermauer  geführtes  Bauwerk  gewesen  sein  mag.  An  der  anderen  Flanke 
desselben  wieder  anschliessend  zog  sich  die  Zwingermauer  alsdann  ~  wie  ein  hier 
noch  vorhandenes  etwa  8  m  langes  Mauerstück  andeutet  —  vor  der  südwestlichen 
Kingmauer  der  oberen  Burg  entlang  und  vereinigte  sich  endlich  mit  <ler  m 
ihrem  unteren,  di(^  Futtermauer  bildenden  Teile  noch  ebenfalls  erhaltenen  Kiug- 
mauer der  unteren  Burg.  Die  hier  nach  oben  führende  Kam|.entrei)pe  bot  den 
im  Thale  und  in  der  unteren  Burg  wcdinenden  Dienstmannen  die  >[(".,i,dichkeir. 
rasch  in  den  Zwinger  zu  gelangen  und  dort  sich  kami>fb(>reit  zu  machen,  wenn 
das  Thal  vom  Feinde  genomnuMi  und  dessen  Käumung  nötig  wurd(>.  Für  die 
in  der  Nähe  des  Kambachor  Tliores  postierten  Verteidiger  war  vermutlich  an 
der  bereits  erwähnten  bastionsartigen  Eckwehr  d(>s  Zwingers  (ielegenlK'ir  /.um 
Kückzuu'e  nach   der  oberen   lUirg  vorhanden. 


20() 

In  Bezug  axii'  die  l!  c  te  s  t  ig-ung  des  Thaies  witd  im  allgoineinen 
aij^>'onomniou,  dass  sie  nach  der  Erwirkung  der  Stadtn^clite,  also  nach  diuu 
Jahre  1351  erfolgt  sei.  An  der  liingniauer  der  unteren  liurg  lassen  sieh  keine 
Anzeichen  dafür  feststellen,  dass  hier  ein  späterer  Maueranscdiluss  durch  die 
liiua-mauer  des  Thaies  stattgefunden  habe,  (^s  scheint  vi(dinehr  die  Gleichartig- 
keit  der  Ausführung  beider  Mauern  darauf  liiii/udcutcn.  dass  ihre  llerstellung 
zu  gleicher  Zeit  erfolgt  sei. 

Dass  die  Befestigungen  im  Thale  erst  n  a  c  h  der  Erteilung  der  8tadtrechtc- 
angelegt  worden  seien,  braucht  auch  wohl  nicht  unbedingt  angenommen  zu 
werden.  Es  liegen  verschiedene  Beispiele  vor,  dass  bereits  befestigte  Orte  erst 
später  das  Privilegium  einer  Stadt  erliielten.  So  war  z.  !>.  Dausenau  schon 
im  Jahre  1324  mit  Thoren.  also  auch  wohl  mit  Mauern  vcn-sehen.  während  (srst 
i;U8  die  Erteilung  des  Stadtrechts  erfolgte.  Im  gleichen  Jahre  geschah  dies 
auch  bei  Nassau,  welcher  Ort  bereits  durch  den  (Jrafen  Gerlach  befestigt  worden 
war.  letzteres  allerdings  mit  der  Erlaubnis  des  Kaisers  aus  dem  Jahre  1323. 
Es  ist  nicht  unmöglich,  dass  auch  für  Sonneuberg  bezw.  fiii'  die  ]3efestigung 
des  Thaies  bereits  früher  die  etwa  erforderliche  Erlaubnis  eingeholt  worden 
war.  Da  es  sich  tx'i  der  Befestigung  des  Thaies  aber  nicht  um  eine  neue 
burgliche  Anlage,  sondern  mii'  um  eine  Erweiterung  des  Burgberings,  um  die 
Schaffung  eines  grösseren  Vorhofes  zur  Unterbringung  von  AVohngebäuden  füi' 
lUirgmannen  und  Hörige  handelte,  so  dürfte  es  hierzu  vielleicht  auch  einer 
besonderen  Einwilligung  d((s  Kaisers  gar  nicht  bediu'ft  haben.  Für  die  Aus- 
übung- ilor  Stadtrechte  wai'  die  Jjefestiguug  des  betreifenden  Ortes  eine 
conditio  sine  qua  mm.  und  es  konnte  daher  fiii'  die  Erlangung  eines  solchen 
Vcrrechts  nur  förderlich  sein,   wenn  dieser  Bedingung  bereits  genügt  war. 

Für  den  Thalbering  bildete  der  Rani  b  ach  ein  vorzügliches  Annäherungs- 
hinilernis  und  es  ist  als  sicher  zu  betrachten,  dass  seine  Wassermassen,  die  zu 
Zeiten  ganz  bedeutend  sijid  und  in  früheren  Zeiten  wohl  überhaupt  bedeutender 
waren,  tlurch  den  längs  der  nordwestlichen  Kingmauer  hinziehenden  Graben 
geleitet  wurden.  Kleinere,  vielleicht  unterirdische,  dem  Auge  des  Angreifers 
verborgene  Ableitungen  durcJiquerten  auch  innen  den  Thalbering  und  dienten  der 
Versorgung  desselben  mit  dem  erforderlichen  "Wasser. 

Wenn  von  allen  diesen  Anlagen  auch  seit  mindestens  100  Jahren  keine 
Spur  mehr  vorhanden  ist,  so  sprechen  doch  für  deren  einstigen  Bestand  — 
ganz  abgesehen  davon,  dass  sie  bei  den  Wehrbauten  des  Mittelalters  allgemein 
üblich  waren  —  wesentliche  Zweckmässigkeitsgründe,  welche  von  den 
Kriegsbaumeistern  jener  Zeit  gewiss  auch  hier  in  vollem  Masse  gewürdigt 
worden  sind. 

Die  Kingmauern  der  Thalbefestiguug  sind  an  den  beiden  Thoren  und  an 
2  Ecken  mit  Türmen  versehen  bezw.  versehen  gewesen.  Die  nordwestliche 
Ecke  war  anscheinend  ohne  Turm,  sie  war  abgerundet  und  vielleicht  mit  einer 
ähnlichen  Eckwehi-,  \vi((  die  in  der  unteren  Burg  verstärkt.  Wenn  Sonnenberg 
nach  früheren  Nachrichten  angeblich  7  Türme  besessen  haben  soll,  so  sind 
hierbei  jedenfalls  die  Mauertüiine  der  Uurg,  bezw.  auch  die  Eckwehren  mit- 
gezählt worden.      Von  den  "Mauciiünncn   des  Thalbci'inus  dicnfc  der  erstere  zur 


L^07 

Deckung  dos  Wicsbadoncr  Thoivs,   uiif*  (Lassen  W(!lirguni>'  eine  Tliiii'c  aus  dcin- 
selben  f'üliitc      VÄm^  höher  liegende  steUtci  die  Verhiiidiing  des  'rurnics  mit  (Irm 
an  der  entgogciigeset/ten  Seite  anscldiess(?n(h'n   Wehi-gani;-    der  Jiingnjaucr    lier. 
Der  imtere  Teil  des  Turmes  ist  ringsum   mit  Mauern  vcM-selu-n   und   enthält 
einen  mit  Tonnengew^iU»^   überdeckt(^n  Jiaum,    in  welchen  dicht  neben  dem  Tlior- 
einfan"e  eine  Thüre  zu   ebener  Erde    führt.      In    seinen    nhereii  'l'eileu    ist    der 
Turm  "-leich  (h'n   (ihrigen  an  der  imuuen  Seite   olnu^  Wand.      Di^rselbe    ist,  mit 
dem  Thore  in  dem  Schaubihh^  auf  Tafel  XII  dargestellt  und  zwar  von  der  inneren 
Seite  aus  gesehen,    welehe  einen  Yollständigcsn  Eiidjück  in  die  Anlage  gestattet. 
Es   ist  wahrscheinlich,   dass  dieser  Turm  mit  dem  im  17.  Jahrhundert  erwähnten 
„Ilhrturm''  identisch  ist,  da  die  an  siuuem  (späteren)  Walmdach  angebrachten 
Zifferblätter  vom  Thah^  und  von  der  J3urg  aus  gut  sichtbar  gewesen  wären  und 
der  Dachreiter  welil  die  Glocke  für  das  Schlagwerk  der  Uhr  aufnalim.      Diesem 
Vermutung    wird    unterstützt  dundi    die  erwähnte  ältere  Ansicht   von    \&JA.    in 
welcher  —  allerdings  nicht  am    Dachgiebel,    sondern  an  der  äusseren  Turm- 
wand u  11 1  e  r  demselben  —  ein  Z  i  f  f  e  r  b  1  a  1 1  angedeutet  ist.     Dass  letzteres 
sich    an    dieser  Stelle    befunden    habe ,    erscheint    mir  zweifelhaft ,    da  an  der 
äusseren  Seite  ein  Zifferblatt  wohl  kaum  vorhanden  und  auch  nicht  erforderlich 
war;    auch  würde  die  Tieferstellung  des  Uhrwerks    die  Fallhöhe    <l(!r  Gewichte 
verringert  haben.     Offenbar  war  es  aber    dem  Zeichner    darum    zu    thun ,    auf 
seinem  Bildchen    die    Zweckbestimmung    des  Turmes    als  Uhrturm  anzudeuten. 
Auf  Tafel  XII  ist  ferner  der  au  der  Südwesteckc  des  Thalberings  an- 
o-eordnete  M  a  u  e  r  t  u  r  m  in  2  Grundrissen,   einem  Durchschnitt  und  einer  inneren 
Ansicht  dargestellt  worden.     Derselbe  ist  ohne  Rückwand  und  jetzt  auch  ohne 
Dach  und  ohne  Brustwehr,    welche  letztere    allerdings  früher,    als    er    nuch    in 
verteidigungsfälligem  Zustande  war,  jedenfalls  vorhanden  gewesen  sein  musste. 
Seine  Ausführung  ist  durchaus  typisch  und  bietet  nichts  besonders  Erwähnens- 
wertes.    Letzteres  gilt  auch    von   dem  w^es  fliehen  Mauer  türm,    welcher 
jetzt  mit  einem  Ziegeldach  versehen,    auf  einer  Ansicht  aus  dem  Anfange  des 
vorigen  Jahrhunderts  aber  noch  als  dachlos  dargestellt  worden  ist. 

Zur  Verteidigung  des  R  a  m  b  a  c  h  e  r  T  h  o  r  e  s  hat  ohne  Zweifel  gleichfalls 
ein  Mauerturm  gedient,  obwohl  von  einem  solchen  nichts  mehr  vorhanden  ist. 
Ein  Mauerrest  an  der  rechten  inneren  Seite  scheint  mir  dafür  zu  sprechen,  dass 
der  Turm  über  dem  Thore  erbaut,  also  ein  eigentlicher  Thorturm  war. 
Es  ist  anzunehmen,  dass  das  Rambacher  Thor,  weil  nach  der  feindlichen  Seite 
hin  !)elcgeu,  stärker  verteidigt  war,  als  das  Wiesbadener  Thor  und  gleich  dem 
Thore  der  Burg  ein  Vorthor  mit  Zugbrücke  besass ,  welche  gewöhnlich  auf- 
gezogen war  und  nur  aus  besonderen  Gründen  und  unter  gewissen  Vorsichts- 
massregeln geöffnet  wurde.  Für  den  Verkehr  der  Thalbewohner  nach  dieser 
Seite  hin  war  das  Thor  wohl  überhaupt  entbehrlich,  da  das  Gelände  den 
Eppsteinern  gehörte  und  Rambach  als  Nachbarort  wegen  seiner  Unbedeutendheit 
auch  später  kaum  für  diesen  Verkehr  in  Betracht  kam.  Es  diente  in  der 
Hauptsache  als  Ausfallsthor  und  war  als  solches  von  Bedeutung,  wenn  ein 
Verstoss  der  Besatzung  auf  den  im  Tliale  hcn'annahenden  Gegner  beabsichtigt 
war.      Der   Innenraum   <les  Tlidriunnes  diente  auch  als  Bückzugs-   und  Sammel- 


•20S 

nunkt  für  dic'joui,<;t'n  YorttMcliü:o)'.  \volclu'  bei  lüner  etwaigen  Aufgabe  des  Tluil- 
berings  entweder  von  dem  Rückzüge  in  die  untere  l>urg  abgeschnitten  waren 
oder  überhaupt  anderweite  Befeide  für  den  Kückzug  liatten.  Diese  gelangten 
alsdann  von  dem  'rhoiturm  ans  auf  dem  AVehrgange  des  au  die  obere  Burg 
anschliessenden  Mauerzuges  auf  die  t'rwälnite  bastionsartige  Kckwehr  des  \ov- 
teidiüun^szwinifers. 


Wie  aus  den  vorstellenden  Darlegungen  ersichtlich  geworden  ^(•in  dürfte. 
Itildcr  das  mit  der  8tammsage  des  Hauses  Nassau  und  der  intimeren  Familien- 
geschichte mehrerer  Generationen  desselben  in  enger  iJezicdiung  stehende 
Sehloss  Sonnen  berg  <Mn  sehr  beachtenswertes  Denkmal  mittelalterlicher 
Befestigungskunst.  Es  dürfte  vielleicht  nicht  unangebracht  erscheinen,  durch 
Aufffrabuno'en  und  l'ieileü'uno'  der  nocli  v()rhaiid''nen  Jiaureste  nach  weiteren 
Anhaltspunkten  ül)er  den  seitherigen  Zustand  des  Schlosses  zu  forschen,  zumal 
diese  Arbeiten  auch  für  die  Baugeschichte  desselben  Resultate  von  urkundlicher 
Bedeutuns:  erbringen  könntcm. 


Beiträge 


zur 


Geschichte  der  (Gründung  des  Vereins  lür  nassauisclK' 
Aitertuinskiinde  und  üesehichtsforschunu;.'^ 


Von 

P«  Wagner. 


(Fortsetzung  und  Schluss.) 
Den  Gedanken,  einen  Altertumsverein  für  das  Herzogtum  Nassau  zu 
griindcn,  nahm  nach  Habeis  '1\h\o.  nicht,  wie  man  erwart(m  kimnto,  Pfarrer 
Luja,  sondern  der  Geheimrat  von  Gerning  in  Frankfurt  wieder  auf.  von  dem 
wir  wissen,  dass  er  schon  bei  dem  Haberschen  Versuche  beteiligt  war.  Der 
Weltfrieden  war  noch  nicht  wiederhergestellt,  und  die  Verhältnisse  hatten  sic.li 
auch  in  Nassau  noch  nicht  wieder  befestigt,  als  er  Ende  August  dem  Minister 
Marschall  eine  Denkschrift  über  die  Bildung  (iiner  vaterländischen  „Gesellschaft 
für  Altertum  und  Geschichte"  und  die  Errichtung  eines  „Museums  der  Kunst 
und  Natur"  in  Wiesbaden  oder  Biebrich  vorlegte,  für  das  er  seine  sämtlichen 
Sammlungen  zu  stiften  Willens  war.-)  Es  ist  für  das  damalige  Wiesbaden 
bezeichnend,  dass  Biebrich  daneben  noch  in  Frage  kommen  konnte.  Wie  zu 
erwarten,  hatte  der  nassauische  Minister  zuvor  wichtigere  Dinge  zu  erledigen, 
als  an  die  Organisation  einer  Altertumsgesellschaft  zu  denken,  und  so  blieb 
Gerning  ohne  Antwort.  Zwei  Jahre  später  kam  er  indessen  hierauf  zurück; 
er  bat  um  IJeberweisung  seines  Antrages  an  eine  Kommission  und,  falls  diese 
sich  dafür  aussprechen  würde,  um  Genehmigung  der  geplanten  Gesollschaft.') 
Marschall  war  eben  im  JJegritt,  eine  Reise  anzutreten,  als  der  Antrag  einlief. 
Sei  es  aus  Anteilnahme  an  der  Sache;  oder  au  der  Ferson  des  Antragstellers, 
der  sich  in  littcrarischen  und  höfischen  Kreisen  eines  gewissen  Ansehens  erfreute, 
wies  OY  ihn  nicht  einfach  ab,  sondern  liess  sich  ihn  nach  seiner  Rückkehr 
wieder  vorlegen  und  brachte  ihu  im  Februar  1818    zum  Vortrag    Ixmhi  Herzog 

1)  S.  Annalen,  IJd.  KXXI,  Heft  2,  S.  223.  Quelle  für  die  obigen  Mitteilungen  sin.l  die 
im  Staatsarchive  zu  Wiesbaden  aufbewahrten  Akten  des  nassauisehen  Stuatsniiiiisteriums  iVIU, 
St.  M  1522.  Die  Bildung  einer  Gesellschaft  für  nassauische  Altertumskunde  und  (Jeschichts- 
forschung,  1812-1864)  und  die  der  Landesregierung  (VIII,  L.  R  1830  Die  Krrichtung  einer 
Gesellschaft  u.  s.  w.  1818-1868). 

•^)  Die  Denkschrift    ist    nicht  erhalten:    man    (u-fährt   dnvon    nur   aus    Gernings  Eingabo 

vom  20.  August  1817. 

')  Gerning  an  das  Staatsministcrium,  2(t    August  1817. 

14 


210 

^Vilholln.  Das  Ergobnis.  das  er  liior  liatro.  war  kein  günstiges;  jiian  bcsoliloss. 
ihu  vtirläufig  zu  flcn  Akten  /.u  legen,  wd  er.  wie  das  in  solelien  l'üHen  nielit 
.selten  zu  geschehen  jtHcgt.    dauernd  liegen   blieb. 

Allein  der  Gedanke  lag  nun  einmal  in  der  Luft,  und  seine  Ausführung 
wurde  in  allen  den  Kreisen,  die  ein  Interesse  an  der  Vergangenheit  der  im  Herzog- 
tum Nassau  vereinigten  Länder  nahmen,  als  eine  Notweiuligkeit  empfunden.  (Je- 
rade  in  jener  Zeit  hatte  der  damals  in  Wiesbaden  vorübergehend  lebende  preus- 
sisehe  Legationssekretär  D  o  r  o  w  mehrfach  auf  nassauischom  lioden  Ausgrabungen 
vorgenommen  und  wichtige  Funde  gemaeJit.  die  nicht  im  Lande  blieben.')  Es 
begreift  sich,  dass  dies  namentlich  diejenigen  Männer  sclimerzlich  empfanden, 
deren  Interesse  im  licisonderen  der  römischen  Vorzeit  Nassaus  gewidmet  war, 
für  die  ein  Altertumsverein  lediglich  den  Zweck  liatte,  Ausgrabungen  zu  ver- 
anstalten, um  jene  Zeit  aufzuhellen.  Vor  allem  fühlte  I^uja  so,  der  inzwischen 
Pfarrer  in  Dotzheim  geworden  war  und  von  liier  aus  leichter  in  Fühlung  mit 
den  am  Sitze  der  Jlegierung  befindlichen  (icsinnungsgonossen  treten  konnte. 
Von  ihm  ging  nun  auch  thatsächlich  der  nächste  Versuch  einer  Vereinsgründung 
aus.  Die  Dorow 'sehen  Ausgrabungen  hatten  in  ihm  den  Gedanken  daran  mit 
erneuter  Stärke  Wiederaufleben  lassen.  Als  er  daher  die  Ueberzeugung  hatte, 
dass  im  Lande  für  seine  Pläne  Stimmung  vorhanden  sei,  legte  er  der  nassauischen 
Landesregierung,  die  181 0  für  das  erw(;iterte  Herzogtum  eingesetzt  und  für 
diese  Zwecke  zunächst  zuständig  war,  Ende  1819  den  Entwurf  zur  Bildung 
einer  Gesellschaft  von  Freunden  der  Altertumskunde  zur  Genehmigung  vor. ') 
AVir  erinnern  uns.  wie  ungünstig  er  seiner  Zeit  über  den  Habel'schen  Plan 
vom  Jahre  1812  geurteilt  hatte,  wie  er  meinte,  dass  der  alte  Kammorrat  die 
Sache  viel  zu  grossartig  angefangen  hätte,  und  wie  er  selbst  von  Anfang  an 
nur  an  einen  A^erein  zur  Erforschung  des  Limes  gedacht  hatte.  Wenn  er  die 
Beschränkung  auf  den  Limes  nun  auch  aufgab,  so  hielt  er  doch  an  einem 
Vereine  fest,  der  lediglich  Ausgrabungen  vornehmen  sollte.  „Nach  Verfluss 
von  zehn  zu  langen  Jahren",  sagt  er  in  seinem  Entwürfe,  „welche  mit  ver- 
geblichen Wünschen  zugebracht  wurden,  ist  endlich  der  Gedanke  zur  Reife 
gediehen,  durch  einen  allgemeinen  Altertums- Verein  im  ganzen  Umfange  des 
Herzogtums  mit  vorgängiger  Genehmigung  herzoglicher  Landes-Kegierung  nach 
und  nach  Ausgrabungen  zu  unternehmen."  Diesem  Zweck  entsprechend  war 
von  Luja  die  Organisation  geplant.  Nur  Inläuderu  sollte  der  Beitritt  ge- 
stattet werden.  Ausländer,  d.  h.  Personen,  „welche  niclit  innerhalb  der  Grenzen 
des  Herzogtums  Nassau  beständig  wohnen",  waren  satzuugsgemäss  ausgeschlossen. 
Luja  mochte  dabei  wohl  den  Hintergedanken  hegen,  es  Nichtnassauern  unmöglich 
zu  machen,  sich  au  den  Ausgrabungen  zu  beteiligen,  um  so  zu  v(M'hindern, 
dass  Fundstücke  üb(ir  die  nassauische  Grenze  gebracht  würden.  Die  Zahl  der 
Mitglieder  sollte  mindestens  KH»  betragen,  von  denen  jeder  sicli  für  das  erste 
Vereinsjahr  1820  zu  einem  Fxsitrage  von  wenigstens  2  Gulden  verpflichten 
musste.     Den  Vorstand    des  Vereins    würde    (sin  Ausschuss    von   H  .Mitgliedern 

^)  y^l.    Dorow,    Opferstiitten    und    Grabhügel    der    Oeiinaiieii    und   Römer    am    liliein. 
^Viesl»arten,  1819  ii.    1821.     2  J'.de. 

^}  Der  Kiitwiiif  dmiiMt   vom    IJ.   Oktoljor  1819.     Siehe  J'oilage  I. 


211 

bilden.  <lir  ilii'cii  WohnHit/,  in  \\'i('sljii(l(!n  liulicii  iiiü>?stoii.  und  von  d<'iicn  «'ins 
den  Vorsitic,  ein  undorcs  die  Kecluuiny  tiilircii  snlltc.  Der  „l'räses"  .srelltr  fin- 
den Verein  zwei  erfahrene  Bergleute  an,  die  unter  seiner  ()l)erleitung  sicln-n 
und  iiiu'li  sidner  Anweisung  arbeiten  würd(;n,  und  die  zuv  Aufnuintcrung  ilin-r 
Treue  den  .Mctallwcrt  von  gefundenen  .Müii/a'Ii  als  iJcloliiuing  cilialtcii  sollini. 
Den  Ort,  an  dem  Ausgrabungen  vorzuncliiucn  waren,  hatte  der  Präses  nicht 
aus  eigener  Machtvollkeninienheit  zu  bestininieu,  sondern  es  niusste  dii'  7.\\- 
stinunung  des  Ausschusses  dazu  eingeholt  werden.  Die  Aufsicht  über  die  Dcig- 
Icute  übernahm,  da  der  Präses  nicht  immer  zur  Stelle  sein  könnt«-,  das  dem 
(Jrt  der  Ausgrabungen  zunächst  wohiiemlo  Mitglied.  Zur  Hanmiliiiig  «Icr  l'iuid- 
stücke  sollte  in  Wiesbaden  ein  Antikenkabinet  errichtet  werden. 

Soweit  die  liuja'schen  Vorschläge.  Noch  immer  hatte  ihr  Urhidjer  seinem 
Vereine  ein  unbegreiHieh  enges  Ziel  gesteckt.  Muss  man  ja  auch  zugeben, 
dass  die  Erforschung  der  ßömerzeit,  die  allerdings  nur  duich  die  Untersuchung 
des  Bodens  wesentlich  gefördert  werden  kann,  für  Nassau  eine  besondere  Wv- 
deutung  hat,  so  war  es  doch  eine  ungerechtfertigte  Einseitigkeit,  die  Er- 
forschung der  späteren  Geschichte  des  Landes  unter  die  Ziele  des  Vereins  nicjit 
aufzunehmen.  Ziu-  Entschuldigung  kann  man  nicht  einmal  das  grosse  Interesse 
geltend  macheu,  das  jene  Zeit  am  Altertum  nahm.  Beweist  doch  der  Habersche 
Plan,  dass  sich  auch  für  die  mittelalterliche  und  neuere  Geschichte  Sinn  und 
Verständnis  genug  im  I;ande  zeigte. 

Di(^  Landesregierung,  an  deren  Spitze  der  treffliche  Möller  als  Direktor 
stand,  sah  anfänglich  in  dem  Luja'schen  Verein  ein  lobenswertes,  den  Be- 
dürfnissen des  liandes  entsprechendes  Unternehmen  und  hatt(^  in  der  Sache 
selbst  zunächst  kein  wesentliches  Bedenken,  die  Genehmigung  zu  erteilen.  Als 
man  aber  daran  ging,  eine  Entscheidung  zu  treffen,  inusste  man  sich  doch  jener 
im  Jahre  1812  von  Habel  geplanten  Vereinsgründuug  erinnern,  von  der  man 
indessen  nicht  wusste,   wie  weit  sie  gediehen  war. 

Es  entstand  nun  die  Befürchtung,  dass  man,  wenn  jenei'  frühere  Verein 
zu  Stande  gekommen  wäre,  möglicherweise  zwei  Gesellschaften  mit  demselben 
Zwecke  haben  würde,  was  notwendig  zu  Verwickelungen  führen  musste.  W(dd 
wies  Elija  darauf  hin,  dass  er  der  eigentliche  Stifter  des  HaberschenTereins 
und  eins  der  ersten  Mitglieder  desselben  gewesen  sei,  dass  dieser  mit  Jlabds 
Tode  begraben  sei  und  nun  er,  Luja,  die  Bestrebungen,  die  sieben  Jahre 
geruht  hätten,  wieder  aufnehme.  Die  Regierung  ging  aber  trotzdem  nicht  ohne 
weiteres  auf  seine  Vorschläge  ein,  sie  lernte  vielmehr  jetzt  erst  die  Ilaberschen 
Statuten  näher  kennen,  und  indem  sie  diese  mit  dem  Lnja'scheu  Entwürfe  verglich, 
fiel  ihr  auf,  dass  letzterer  docli  weit  beschränkter  sei.  als  jene.  Mit  Kecht 
sah  sie  darin  einen  Mangel,  und  da  si(;  glaubte,  dass  nicht  zwei  Gesidlschaften 
derselben  llichtung  nebeneinander  bestehen  könnten,  so  war  sie  eine  Zeit  lang 
geneigt,  dem  Ministenum  nur  eineu  Verein  auf  Grundlage  der  Ilaberschen 
Statuten  zur  Genehmigung  zu  empfehlen,  weil  sie  annahm.  <lass  nur  er  all- 
gemeine Teilnahme  finden  und  einen  bedeutenden  Nutzen  schaffen  würde.  In- 
dessen  bald  änderte  sie  ihre  Meinung,  als  sie  von  einem  neuen  Plan.-  iveniirm> 
erhielt. 


•  )1  •) 

])'w  Erwägungen  in  dieser  Angelegenlu'it  Initten  >ieh  nämlich  bis  in  den 
Juli  des  Jahres  1820  liingezogen,  cdiue  dass  eine  endgültige  Eutsclieidung  er- 
folgt Avar.  Luja  wartete  sehnlichst  auf  einen  Bescheid.  Kr  hatte  inzwischen 
seinen  Entwurf  einer  Prüfung  unterzogen  und  schlug  nun  einige  Aenderung 
daran  vor.'')  So  bestand  er  nicht  nudir  auf  dem  unbedingten  Ausschluss  von  Aus- 
ländern, sondern  wollte  ihnen  nunmehr  den  Eintritt  mit  besonderer  Geuehmic-uni»- 
des  Vorstandes  gestatten.  Zum  Vorsitzenden  schlug  er  Geruing  vor;  für  sich 
selbst  wünschte  er  „als  dokumentierter  Stifter''  nur  eineu  Platz  im  Vorstaude. 
Rechner  sollte  der  Aceessist  im  Kriegskollegium  Zimmermann  sein.  Allein  trotz 
seiner  erneuten  Bitte  erfolgte  keine  Entschliessung  der  Regierung.  Sei  es  nun, 
dass  man  in  weiteren  Kreisen  von  seinem  Antrage  nichts  wusste,  oder  dass  mau 
mit  seiner  Vereinsgrüudung  doch  nicht  überall  einverstanden  war,  genug,  im 
Juli  des  Jahres  1820  lief  bei  der  Landesregierung  ein  neuer  Autrag  auf  Gründung 
einer  Gesellschaft  für  uassauische  Altertumskunde  ein.')  Hauptunterzeichner 
war  der  Obermedizinalrat  Dtiring  in  Wiesbaden.  Mitantragsteller  eine  Reihe 
angesehener  höherer  Beamten  der  Wiesbadener  Behörden,  nämlich  Ministerial- 
direktor Lex ,  Domäneurat  von  Rössler.  Regierungsrat  Vigelius,  Baurat 
Zengerle.  Prokurator  Strobel  uud  Revisionsrat  Philgus.  Dem  Autrage  war 
ein  Statutenentwurf  beigelegt,  in  dessen  Ueberschrift  als  Grüuduugstag  der 
Gesellschaft  der  14.  Juni  genannt  ist.^)  Es  mag  also  au  diesem  Tage  eine 
gemeinsame  Beratung  der  Antragsteller  stattgefunden  haben,  und  der  Be- 
schluss  einer  Vereinsgründung  gefasst,  sowie  die  Annahme  des  Statuteneutwurfs 
erfolgt  sein.  Wer  den  Entwurf  verfasste,  ist  niclit  festzustellen,  jedenfalls 
wusste  die  Landesregierung  schon  früher  darum,  ja  sie  hatte  den  Antragstellern 
die  bereits  vorhandenen  Entwürfe,  den  HabeFschen  und  den  Luja'schen,  als 
Grundlage  für  ihre  Arbeit  zugehen  lassen.^)  Erwägt  man,  dass  jene  Antrag- 
steller ausschliesslich  Beamte  der  Wiesbadener  Behörden  sind,  so  kann  man  sich 
der  Vermutung  nicht  erwehren,  dass  die  Landesregierung  nicht  nur  nicht  Mit- 
wisserin, sondern  vielleicht  sogar  Austifteriu  des  neuen  Antrages  gewesen  ist,  da  ihr 
der  Luja'sche  Plan  in  keiner  Weise  zusagte,  andererseits  aber  das  Verlangen 
und  das  Bedürfnis  nach  einem  Vereine  ein  allgemeines  war,  wie  der  Regierung 
selbst  sein"  wohl  bewusst  war. 

Als  Zweck  der  „Gesollschaft  für  nassauisclie  Altertumskunde",  wie  der 
Verein  hier  benannt  wird,  gilt  die  Aufsuchung,  Sammlung  und  Beschreibung 
der  römischen  und  deutschen  Altertümer  im  Herzogtum  Nassau  und  die  Be- 
fVirderung  der  darauf  Bezug  habenden  statistischen  und  geschichtlichen  Auf. 
klärungen,  wie  nicht  weniger  die  Sorge  für  die  Erhaltung  der  vorhandenen 
Denkmale.  Man  nahm  damit  die  Habel'sche  Zweckbestinuuung  Avieder  auf, 
die  Luja  zu  umfassend  erschienen  wai-,  uud  wollte  von  einer  Beschränkung 
des  Vereins  auf  rr)mische  Ausgrabungen  verständigerweise  nichts  wissen.  Zum 
Beitritt  sollten    zunächst    diejenigen    eingeladen    werden,    die    die  früheren  Be- 

®)  Lujn  an  die  I^aiidesrenierung;  3.  Juli   1820. 

')  Der  Antrag  datiert  vom   18.  Juli  1820. 

*)   Den  Entwurf  siehe  in   Beilage  II. 

^)  Bericht  der  i.andesregieruni,'  an  das  Staatsniinisteriuni,  l!j.  August  1820. 


2i: 


sti'obuna'on    /.nv   Griinilunii'    eines    Vereins    scIkhi    unterstützt    liattcai.      Weit(!i'o 
Einladungen  wollte  nuiu  sich   vorbehalten.      iJie  (iesellschatt   sollte;    aus  ordeut- 
Uchcü    oder    aktiven  Mitgliedern    und    aus  EhreninitgliedcM'U    bestehen   und  von 
einem  Vorstande  geleitet  werden,   di^r  aus  (unem  Direktoi-,   vier  Vorstehern  und 
einem  Sekretär  zusammengesetzt  und   inuiKfr  auf  2  Jahre  gc.'wählt  werden  sollte. 
Der  Vorstand    würde    die  Aufsucliung    und    die  Sammlung    der  Altertünun-    zu 
leiten,    jedes  Mitglied    zur  Erreichung    des  Vereinszweckes    durch    Entdeckung 
von  Altertümern,   oder  durcli  mündliche    und   schj'iftliche  Beiträge    mitzuwirken 
haben.     Der  Sitz    (h;s  Vereins    sollte  Wiesbaden  sein,    und    hier  alljährlicli  am 
14.   Juni  eine  Generalversammlung  abgehalten  werden,    auf  der    die  Ergebnisse 
der  Arbeiten    und  Vorhandlungen    des  Vereins    vom    ganzem   Jahre    vorzulegen 
und  über  künftig  vorzunehmende  Arbeiten  Beschluss  zu  fassen  wäre.     Geeignete 
Verhandlungsgegenstände  sollten  im  Druck  erscheinen.     Die  bei  Ausgrabungen 
gemachtem  Fundstücke  und  etwaige;  freiwillige  Gaben  der  Mitgliesder  we)llte  man 
in    einem  Museum    von  Altertümern  sammeln,    dessen  Verwaltung    und  Beauf- 
siclitigung  dem  Vorstände  zustände.     Das  Museum  sollte  in  Wiesbaden  errichtet 
werden  und  eine  öffentliche'  Stiftung  für  das  Herze)gtum  sein.     Hinsichtlich  der 
Mittel    zur  Erreichung    der  Vereinszwecke    war    bestimmt,    dass  jedes  Mitglied 
einen  jährlichen,   auf  der  Generalversammlung  festzusetzenden  Beitrag  zu   zahlen 
hätte,    der  aber  4  Gulden  nicht  überschreiten  dürfte.     Auch  sollte  der    in  den 
Etat  der  herzoglichen  Regierungsbibliothek  eingestedlte  Betrag  für  Ausgrabungen 
der  Gesellschaft  überwiesen  werden.     Bei  den  Ausgrabungen  sollten  nur  Berg- 
leute oder  sonst  taugliche  Arbeiter  angestellt  werden,   elie  von   einem    der  Aus- 
grabungsstätte   zunächst    wohnenden    Mitgliede    beaufsichtigt    werden    und    zur 
Aufmunterung  ihrer  Treue  für  gefundene  Münzen  oder  Gegenstände  von  Metall 
den  Metalhvert  neben  ihrem  Lohne  vergütet  erhalten  sollten. 

Das  Mitgeteilte  beweist,  dass  der  Verfasser  sowohl  den  Habed'schen.  wie 
den  Luja'schen  Entwurf  mit  Nutzen  studiert  hatte;  denn  aus  beiden  waren  Be- 
stimmungen übernommen.  Der  allen  früheren  Satzungen  gemeinsame  Gedanke 
der  Schaffung  eines  Museums  kehrte  auch  hier  wieder.  Dass  elieses  Museum 
unter  dfer  Verwaltung  des  Vereins  stehen  müsste,  verstand  sich  bei  jenen  wohl 
von  selbst,  hier  aber  war  es  zuerst  ausdrücklich  ausgesprochen,  ebenso  hier 
zuerst,  dass  es  eine  Stiftung  fiu-  das  Herzogtum  Nassau  sein  sollte,  womit  ver- 
mutlich gemeint  war,  dass  es  als  ein  öffentliches,  den  Zwecken  des  ganzen  Landes 
dienendes,  allen  zugängliches  Institut  geplant  war.  Dem  Haberschen  Entwürfe- 
hatte  man  den  Gedanken  entlehnt,  dass  geeignete  Verhandlungsgegenstände- 
durch  den  Druck  veröffentlicht  werden  sollten,  dagegen  ware-n  die  Bestimmungen 
für  die  Ausgrabungsthätigkcit  dem  Luja'schen  Entwürfe  entnommen. 

Betrachtet  man  diese  neuen  Satzungen  als  Ganzes,  so  wird  man  ni.lit 
verkennen  können,  dass  sie  einfacher,  sachgemässer,  freier  ve.n  Künsteleien  uuel 
Liebhabereien  gestaltet  waren,  als  die  früheren  Entwürfe,  und  elass  sie  sich 
darum  viel  mehr  als  Grundlage-  einer  Vereinsbildung  empfahlen,  wie  diese.  Es 
war  dies  auch  die  Ansicht  des  Decernentem  bei  der  Landesregierung,  des 
Geheimen  Regierungsrates  llegmann,  dessen  Beurteilung  die«  drei  Entwürfe  untcr- 
la"en.      Er  entschied  sie-li  ehirum   in  seine-m  Be-rie-ht  für  den  Döring'scheu,    nach- 


214 

drill  daran  nucdi  ciuigo  zwar  Jiielit  sohr  wcsL'iitlicIic.  mIkt  dodi  imiiicT  boniorkens- 
worte  Abüüderuuyru.  vorinutlicli  von  ihm  selbst,  vuigcimminou  waren.  Hu  erhielt 
der  zu  gründeude  Verein,  den  der  Entwurf  .,CTeseIlschat't  für  nassaiiiöche  Alter- 
tumskunde" nennt,  nun  nueh  den  Zusatz  „und  Gesehichtsfurschuny".  Aueh 
die  geographische  Aufklärung  des  Landes  wurde  neben  der  statistischen  und 
geschichtlichen  jetzt  unter  die  Zwecke  des  Vereins  aufgenommen,  und  aus- 
drücklich die  Sorge  für  die  Erluiltung  der  Denkmäler  aucli  des  Mittelalters  betont. 
Die  unbeschränkte  Zulassung  von  Ausländern,  über  die  der  Entwurf  eine  Be- 
stimmung niclit  enthielt,  wurde  ebenfalls  jetzt  erst  durch  die  Landesregierung 
mit  der  Massgabe  ausgesprochen,  dass  von  ihnen  Beiträge  nicht  zu  zahlen 
waren,  aucli  die  Einführung  korrespondierender  Mitglieder,  die  Dabei  bereits 
vorgesellen,  aus  dessen  Entwürfe  wieder  übernommen.  Weiter  wurden  in  den 
Jjestimmungen.  weldie  die  Organisation  betrafen,  einige  Abänderungen  vor- 
genommen, namentlich  hinsichtlich  der  Rechnungsführung,  die  einem  besonderen 
Vorstandsmitgliede  übertragen  und  durch  einen  Ausschuss  bei  der  Cfeneral- 
versannnlung  geprüft  werden  sollte. 

In  dieser  Gestalt,  in  der  der  Entwurf  die  ältesten  Satzungen  dvn  späteren 
Vereins  darstellt'^),  empfalil  ihn  die  Landesregierung  dem  ]Ierzog  zur  Gc- 
nelimigung.  ^')  Aber  sie  begnügte  sich  nicht  damit,  denn  sie  sah  sehr  wohl 
ein,  dass,  wenn  der  Verein  seine  Aufgabe  recht  erfüllen  sollte,  Avenn  namentlich 
aus  dem  Museum  etwas  werden  sollte,  dann  auch  von  Seiten  des  Staates  Massregeln 
getroffen  werden  mussten.   um  dem  Verein  einen  »ewissen  amtlichen  Charakter  zu 


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verleihen,  ihn  zu  einem  Landesinstitut  zu  erheben.  So  beantragte  sie  denn  zu- 
gleich, ihn  mit  einer  Reihe  von  Vorrechten  auszustatten.  Er  sollte  unter  den 
besonderen  Schutz  der  Regierung  gestellt  und  als  alleinberechtigt  für  die  Zwecke 
der  Altertumskunde  und  Geschichtsforschung  im  Herzogtum  anerkannt  werden. 
Dann  sollte  ihm  ein  im  Etat  der  Regierungsbibliothek  etwa  eingestellter  Betrag 
zu  Ausgrubungen  bewilligt,  und  ein  passender  Raum  fiii'  die  Versammlungen, 
sowie  zur  Aufstellung  der  Altertümer  eingeräumt  werden,  bis  ein  solcher  aber 
gefunden,  ihm  erlaubt  sein,  die  letzteren  im  Bibliothekslokale  oder  im  neuen 
Schulhause^-)  aufzustellen,  in  diesem  auch  die  Generalversammlungen  abzuhalten. 
Auch  sollte  ihm  die  ausschliessliche  Berechtio^uno-  zuerkannt  werden .  auf 
Domanial-,  Gemeinde-  und  Stiftungseigentum  gegen  eine  Grundentschädigung 
Ausgrabungen  vorzunehmen,  während  dieselbe  Berechtigung  auf  Privateigentum 
nicht  beantragt  wurde,  weil  die  Laudesregierung  der  Ansicht  war,  dass  die  Be- 
schränkung der  freien  Benutzung  des  Eigentums  stets  als  etwas  Gehässiges 
empfunden  würde.  Aus  demselben  Grunde  wollte  sie  auch  kein  Verbot  des 
Verkaufs  der  auf  Privatgrundstücken  gefundenen  Altertümer  ausserhalb  Nassaus 
aussprechen;  sie  nahm  an,  dass  patriotische  Landeseingesessene  gern  bereit  sein 
würden,  ihre  Altertümer  lieber  einer  inländischen,  als  einer  ausländischen  An- 
stalt zu    überweisen.      Endlich   beantragte  sie,     alle  im  Herzogtum   Vdihaiideneii 

'")  Sie  sind  iibgediuokt  in  «ieii   Annaltjii,   iJd.  J,  S.   134. 
")  Der  JJoricht  vom  H).  Au><ust  1S20  ist  von  Hegmann  ausgearbeitet. 
''0  Das  neue  Scliulhaus   tun  .Markt,    in  dem  sicli  seit  1817  die  Friedricliwschuie  und  die 
•Stadtschule  befunden;    vgl.  Otto,  Geschichte  der  Stadt  Wiesbaden,  8.   ir)2. 


iMT) 


<')ff'oiitli('lion  Siiniiiiliinp;on  und  AltortiiuuM-  in  dem  ncuon  .Museum  /u  vfrciniiii-n : 
sie  lioff't(^  (liilici.  d:iss  MUcli  JI(M'/og  Willicliu  licrcir  sriii  wüidc  dir  im 
Woilburger  Scldossc  .iiifliewalirfcn  Statuen  veji  JJinn/e  zur  Autst^-Ilung  im 
AIuBOUni  /u  Ix'stimmeii.  I'idls  alle  diese  Antcäfte  «(.iicliiiiigt  wüiden.  scdiluj;- 
sie  \v(Mtei-  vi»f.  den  ( lelieiiiieit  lt;it  vini  (Joniing  zum  Direkter  dos  Vereins  zu 
maclu'n.  da  ei-  sich  stets  als  l'Tn'derer  der  Voreinshestrehuiigcn  ;<ezeigt  liahe  und 
sogar  genötigt  wäre,  seine  Privatsanimiung  dem  Museum  zu  ülxM'lassen.  (rleic.li- 
zeitig  sollte  ilnu  ilie  Konstituierung  <l<^s  Vereins  übertragen  wci'deii.  l  in  diese 
aber  zu  cniiöglielien.  sollten  ausnaliiusweise  durch  Ernennung  zu  Mitgliedei'u 
des  Vorstands  Luja  in  Dotzheiiii.  der  jüngere;  Jlahel  in  ScJuerstein  und  llamat 
Zengerle  gemacht  weiden,  während  in  Zukunft  die  llildung  des  Verstands 
lediglich   durcdi   AVahl  erfolgen  würde. 

Man  \vird  anin'kenuen  müssen,  <lass  die  Anträge  von  ebenso  grossem  \\'<ihl- 
wollen,  wie  Verständnis  fiii'  die  Aufgaben  und  Zwecke  des  Vereins  zeugtf'u. 
Mit  Liebe  und  Sachkenntnis  hatte  man  die  Hildung  des  Voreins  behandelt  und 
mit  praktischem  lilick  herausgefund(ui.  was  ilin  lebensfähig  machen  konnte. 
Unaufgefordert  W(dlte  man  ilm  mit  Vorreclit(>n  ausstatten,  an  die  selbst  die 
Antragsteller  entwi^der  nicht  gedacht,  oder  die  sie  zu  erbitten  nicht  gewagt  liatten. 
Die  ganze  Stellung,  die  der  spätere  Verein  eingenommen  hat,  seine  Gescliicke  und 
ein  gut  Teil  seiner  Erfolge  beruht  auf  dem  Verhältnis,  das  in  seinen  Gi-undzügen 
hier  von  der  Landesregierung  festgesetzt  worden  war.  Will  man  dalun-  die- 
jenigen Männer  aufzählen,  die  sich  um  das  Zustandekonnnen  des  V(U-eins  be- 
sondere Verdienste  erworben  haben,  se  wird  man  neben  Luja.  deui  Vater  des 
Gedankens,  und  dem  älteren  Jlabel,  der  den  ersten  Schritt  zur  Ausfülirung 
gethan,  vornelimlich  den  Geheimrat  Hegmaun  und  den  Regierungsdirektor  .Möller 
nennen  müssen.  Wohl  haben  beide  Männer  um  das  Land  IS^issau  auf  anderem 
Gebiete  Verdienste  genug,  als  dass  ihre  Namen  je  vergessen  werden  könnten, 
der  nassauische  Altertumsverein  aber  hat  besondere  Veranlassung,  ihrer  daiddjar 
zu  gedenken. 

Mit  den  Vorschlägen  der  Landesregierung  waren  Herzog  Wilhelm  und  sein 
Minister  Marschall  durchaus  einverstanden.'-')  Die  Regierung  wurde  also  er- 
mächtigt, die  einleitenden  Schritte  zur  Konstituierung  des  Vereins  zu  rhuii. 
Infolgedessen  wandte  sich  Möller  an  Gerning  und  bot  ihm  unter  verbindlichen 
Worten  das  Direktorium  an.^')  Gerning  fühlte  sich  durch  das  Anerbieten  otieid)ar 
sehr  befriedigt,  wünschte  aber  zunächst,  dass  ein  herzoglicher  Staatsbeamter 
das  Präsidium  übernähme,  „damit  alles  im  besten  Einklang  schön  gestaltet  und 
glücklich  volHuhrt  werde".  In  diesem  Falle  war  er  um  so  lieber  bereit,  alsbald 
einen  Teil  seiner  Antiquitäten-Samndung  als  „Mitgrundlage  des  Ganzen  auf 
honette  Weise  freundli<;h  zu  stiften.'"')  Obwohl  er  indessen  seine  Bereitwilligkeit 
schon  hiermit  hatte  durchblicken  lassen  und  sie  später  ausdrücklich  auch  aus- 
sprach, so  that  er  doch  nichts,  um  den  Verein  endgiltig  ins  Leben  zu  rufen, 
so  dass  die  Landesreffierunff  ihn  schliesslich   auffordern    mussto.    sich    ndt    den 


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-fci""^""& 


^")  Erlass  des  Staatsministeriuiiis  vom  «.  September  1S20. 
")  Müller  iin  Oeriiing-,    13.  September  1820. 
'■')  (ioriiing  an  ^Srüllcr.   24.  September  1820. 


216 

übrigt'n  V(in  ilir  einannten  Vorstandsinitii:liodern  ins  Eiiivornehmen  zu  setzen  und 
die  Statuten  im  Lande  zu  versenden.  ""~i  Allein  es  vorgingen  Monate  um  Monate, 
ohne  dass  etwas  geschah,  ja  (iliiie  dass  es  Gerning  überhaupt  für  nötig  hielt  zu 
antworten.  Erst  im  August  1821  sah  er  sich  veranlasst,  der  Regierung  eine 
Erwiderung  zugehen  zu  lassen.^')  Er  schützte  Geschäfte  und  besondere  Um- 
stän<l('  vor.  die  ihn  abgehalten  hätten,  sich  mit  der  Angelegenheit  des  Vereins 
nähei-  zu  befassen.  ., Dieses  würde  mich  ein  Absteigecjuartier  zu  Wiesbaden  und 
wenigstens  jährlich  tausend  Gulden  kosten.  Wäre  dorten  mein  Wohnplatz, 
dann  könnte  ich  eher  mich  ganz  dafür  hingeben  und  anderen  Verhältnissen 
entsagen".  Er  wies  zugleich  auf  mündliche  VerJiandlungen  hin.  die  im  November 
des  Jahres  1820  in  Hattersheim  und  in  Wiesbaden  zwischen  ihm  und  vernmtlich 
Möller  stattgefunden,  und  in  denen  er  seine  Bedingungen  für  die  Uebernahme 
des  Direktoriums  gestellt  haben  wollte.  Da  er  hierauf  keine  Antwort  erhalten, 
seien  auch  von  ihm  keine  Schritte  geschehen.  Doch  erklärte  er  sich  bereit,  zu 
thun,  was  ihm  in  der  Ferne  möglich  sei.  Sollten  ihm  bereits  in  Wiesbaden 
bearbeitete  Gegenstände  zur  Unterschrift  zugchen,  so  wollte  er  sich  vorbehalten, 
dazu  Bemerkungen  zu  machon  und  Anträge  zu  stellen.  Besser  aber  wäre  es, 
meinte  er.  wenn  die  Regierung  ihrerseits  die  Statuten  im  Lande  behufs  Sammlung 
der  Unterschriften  versenden  wollte;  er  würde  sich  dann  an  Leute  ausseihalb 
Nassaus  wenden. 

Das  Verhalten  Gernings  erscheint  zum  mindesten  auffallend  und  merk- 
würdig. Er  war  au  sich  niclit  abgeneigt,  das  Direktorium  zu  übernehmen, 
machte  aber  Bedingungen,  auf  die  die  Regierung  nicht  eingehen  konnte;  oder 
mochte.  Welcher  Art  diese  Bedingungen  gewesen,  ist  nicht  bekannt ;  man  wird 
wohl  aber  kaum  fehlgehen,  wenn  man  annimmt,  dass  sie  gewisse  persönliche 
Vorteile  betroffen  haben  werden,  die  er  für  sich  zu  erreichen  trachtete.  Es 
wäre  sonst  nicht  recht  erklärlich,  warum  er  in  seinem  Schreiben  diese  Be- 
dingungen nicht  genauer  erwähnt,  die  er  nur  in  der  mündlichen  Besprechung 
mit  MfUli'r  vorgebracht  hatte.  Dass  die  Geldfrage  für  ihn  in  Betracht  kam. 
beweist  die  Aeusserung,  wonach  er  sich  der  Vereinsangolegenheit  nur  dann 
widmen  könnte,  wenn  er  ein  Absteigequartier  in  Wiesbaden  und  wenigstens 
jährlich  tausend  Gulden  erhielt.  Vielleicht  hat  er  in  allem  Ernst  eine  derartige 
Eorderujtg  gestellt,  oder  scJion  damals  eine  Gegenleistung  für  die  T'eberlassung 
seiner  x\ltertümer-Sammlung  an  das  Museum  l^eansprucht.  Jedenfalls  verrät 
sein  Verhalten,  namentlich  sein  Schreiben  an  die  nassauische  Regierungsbehörde 
eine  auffallende  Verstimmung  und  Gereiztheit,  die  nur  dadurch  erklärlich  wird, 
dass  man  seine  Wünsche  nicht  berücksichtigte. 

Unter  diesen  Umständen  blieb  der  Landesregierung  nichts  weiter  übrig, 
als  sich  an  diejenigen  Männer  zu  wenden,  die  sie  zu  Vorstandsmitgliedern  bereits 
ernannt  hatte,  Luja,  Habel  und  den  Baurat  Zengorle,  und  sie  zu  ersuchen,  die 
Statuten  im  Lande  bekannt  zu  machen  und  Beitrittserklärungen  zu  sammeln. 
Sobald  50  Mitglieder  gefunden  waren,  sollte  eine  Zusammenkunft  derselben 
stattfinden  und  dabei  der  Vorstand  vcdlzühlig  gemacht  werden.    Da  die  Regierung 

'®)  Die  Lnnflesregieiung-  an  (jeiiiiny.  2.  Juiiuar  1S21. 
^')  Geniiiig  an  die  Landcsregieiuni;-,  22.  August   ]S21. 


217 

aus  der  letzten  Ei-kläruii^'  Uerninys  ixbci'  fol^-ijrto,  dass  cv  licreit  sein  ^vü^(l(■.  di»; 
Stelle  eines  Elirendircktors  für  die  auswärti^-en  Mit«>-lieder  des  Vereins  anzunehmen, 
so  inusste  es  sich  weiter  darum  handeln,  aucli  einen  inländischen  Direktor  /ii 
erwäldcni.  Nun  kam  endlich  Lehen  in  diese  liestrebungeii.  in  wcmif^en  Wochen 
hatten  50  Personen,  fast  ausschliesslich  h(!rz(),i>'liche  Ueamle  und  (relstliche. 
ihre  Teilnahme  erklärt,  und  so  konnte  (huin  am  .").  Dezember  eine  von  22  Mit- 
gliedern hesuclite  Versamnduug  abgehalten  wei'den,  in  der  der  Verein  auf  Grund 
der  vom  Herzog  genehmigten  Statuten  konstituiert,  und  di(^  Wahl  des  inläudiscdieji 
Direktors,  wie  der  nocli  fehlenden  Vorstandsmitgliedcn'  vorgenommen  wurde, 
(ierning  hatte  sich  inzwischen  herbeigelassen,  die  Stelle  eines  Ehrendirektoi's 
anzunehmen  und  wai-  in  dieser  Eigenschaft  vom  Herzog  bestätigt  worden.  Zum 
ersten  inländischen  Direktor  wurde  mit  7  Stimmen  der  Direktor  der  Kechnungs- 
kammer  Ebhardt  gewählt.  Was  für  ihn  den  Ausschlag  gab,  lässt  sich  nicht 
sagen,  vielkMcht  fiel  neben  pei-sönlichen  Eigenschaften  der  Umstand  mit  ins 
Gewicht,  dass  er  sich  durch  seiji  im  Jahi((  1817  (U'schienenes  Buc^h:  „G(^schichtc 
und  neschreibuni»-  der  Stadt  AV^iesbaden",  (nnen  Namen  gemacht  hatte.  Mit- 
glieder  des  Vorstandes  wurden  neben  Luja,  Zeugerle  und  Habel  ^Ministerialrat 
Hauth,  (feheime  Domänenrat  von  Eössler  und  Geheime  Regierungsrat  I leg- 
mann. Zum  Sekretär  wurde  Luja,  zum  Kassierer  Hauth  erwählt,  die  sich 
beide  durch  den  Regierungskanzlisten  Zimmermann  vertreten  lassen  durften. 

Damit  war  nun  endlich  nach  zehnjährigen  Ijemühungen  der  Verein  ge- 
gründet, zwar  nicht  der  erste,  aber  doch  einer  der  ersten  seiner  Art  i]i  Deutsch- 
land. Es  verdient  dies  mit  einer  gewissen  Anerkennung  hervorgehoben  zu 
werden;  war  docli  das  damalige  Herzogtum  Nassau  ein  eben  erst  aus  einer 
Anzahl  von  Ländern  und  Länderfetzen  gebildetes  Staatswesen,  in  dem  das  Be- 
wusstsein  einer  gemeinsamen  geschichtlichen  Vergangenheit  noch  nicht  befruchtend 
und  fördernd  auf  die  Entwickelung  des  geschichtlichen  Sinnes  seiner  Bewohnet 
einwirken  konnte.  Auch  fehlte  es  dem  Lande  damals,  wie  noch  heute,  an 
einem  wissenschaftlichen  Mittelpunkte,  wie  er  anderwärts  vorhanden  war,  von  dem 
aus  wissenschaftliche,  also  auch  archäologische  und  geschichtliche  Studien  angeregt 
werden  und  gewissermassen  bertifsmässige  Unterstützung  erfahren  konnten. 
Lediglich  das  Gefühl  für  die  Heimat  und  das  daraus  erwachsende  Interesse 
an  ihr,  sowie  die  Wahrnehmung,  einem  Lande  alter  Kultur  anzugehören,  eiiu'i- 
Kultur,  deren  Zeugen  noch  zahlreich  sichtbar  waren,  führten  eine  Anzahl  ge- 
bildeter Laien  zusammen,  um  in  freier  Thätigkeit,  allerdings  unter  dem  ver- 
ständnisvollen Schutze  der  Landesherrschaft,  die  Gesciiichte  dieses  Landes  zu 
erforschen,  seine  Altertümer  zu  sammeln  tmd  zu  schützen,  in  heutiger  Zeit, 
in  der  die  Erforschung  der  Landesgeschichte,  die  Sammlung  und  Erhaltung  der 
Denkmäler  eines  Landes  allgemein,  ja  selbstverständlich  geworden  ist.  m  der 
beides  hie  und  da  mit  einer  bewunderungswürdigen  Energie  und  einem  ebenso 
bewunderungswürdigen  Erfolge  betrieben  wird,  in  dieser  Zeit  ist  es  sicherlich 
kein  Verdienst  weiter,  solche  Gedanken  und  Tläne  zu  hegen  und  sich  in  solcher 
Thätigkeit  zu  vereinigen.  Für  die  damalige  Zeit  und  für  ein  Land,  wie  Nassau 
CS  damals  war,  ist  es  aber  gewiss  anerkennenswert  und  verdienstvell.  wenn  so 
früh   schon   derartige  Bestrebunffen   sich   nicht    nur    r<'gten.    sondern    auch  k  orm 


uixl  (iustalr  gewannen,    uml  um    so    vordieusrvtill(M'.    als  dies    geschali    ulmc    cf- 
weisliclie  Anlelmung  an  tiunidc   Muster. 

Am  .">.  Dezember  1901  konnte  der  nassauische  xVltertunisverein  auf  eine 
iielitzigjälirige  Yergangenlieit  zurückblicken.  Was  er  in  acht  Jahrzelintcii 
geleistet  hat,  davon  sind  die  8äle  des  Wiesbadener  .Museums,  davon  die 
o2  Bände  seiner  Annak'U.  davon  so  manches  vom  Verfall  gerettete  Denkmal 
Nassaus,  und  nicht  zum  wenigsten  das  Ansehen,  das  er  im  Lande  geuiesst,  ein 
erfreuliches  Zeiciien.  Er  liat  die  Erwartungen,  die  an  seine  (Jründung  geknüpft 
wurdeu.  vermutlich  nicht  getäuscht.  Seine  äusseren  YerJiältnisse  sind  in  letzter 
Zeit  andere  geworden,  ei-  steht  nicht  mehr  unter  (U-m  unmittelbaren  Schutze 
der  Landesherrschaft,  sondern  ist  jetzt  der  Stadt  Wiesbaden  angegliedert  und 
mit  dem  V(in  ihm  gegründeten  ,Museum  ihrer  Fürsorge  anvertraut.  Aber  in 
wessen  Schutze  er  auch  immer  stehen  mag.  so  lauge  er  nur  von  wisseuschaft- 
liohem  (leiste  beseelt  ist.  so  lauge  er  arbeits-  und  opferfreudige,  für  das 
Nassauerland  mii  Liebe  erfüllte  Männer  zu  seinen  Mitgliedern  zählt,  so  lange 
wird  seine  Thätigkeit  auch  ferner  eine  verdienstvolle  sein,  und  so  lange  wird 
diese  Thätigkeit  dem  Gedanken  entsprechen,  aus  dem  er  geboren  ist.  ]Möge  es 
ihm  daran  niemals  fehlen ! 


Beilage   L 

E  n  t  w  u  r  f 

zur  Bildung    einer  Gesellschaft  von  Freunden    der  Alterthums-Kunde.    die  auf    eigene 
Kosten  antiquarische  Nacligrabungen  im  Herzogtum  veranstalten  lässt. 

Nacli  Vcrtiuss  von  zehn  zu  langen  Jahren,  welche  mit  vergeblichen  Wünschen 
zugebracht  wurden,  ist  endlich  der  Gedanke  zur  Reife  gediehen,  durch  einen  all- 
gemeinen Alterthums- Verein  im  ganzen  Umfange  des  Herzogtums  mit  vorgängiger  Ge- 
nehmigung Herzoglicher  Landes-Regierung  nach  und  nach  Ausgrabungen  zu  unter- 
nehmen. —  Mit  Vorbehalt  des  Besseren  und  etwa  Fehlenden  wären  die  unmasgeblichen 
Vorschläge  hierzu  folgende : 

1.  Der  Alterthums- Verein  schlicsst  jeden  Ausländer  d.  li.  alle,  w^elche  nicht 
innerhalh  der  Gränze  des  Herzogthums  Nassau  beständig  wohnen,   aus. 

2.  Die  Zahl  der  Mitglieder  muss  zum   wenigsten  Fijduuidert  sein. 

3.  Jedes  Mitglied  subscribirt  für  das  Jahr  1820  eigenhändig  mit  Xamcns- 
unterschrift  2  fl.  Zul)usse,  Jedoch  lileibt  es  jedem  frei,  sich  mit  einer 
grösseren  Summe  zu  unterzeichnen. 

4.  Die  Einforderung  der  Zubusse  durcli  den  Reclmer  ist  das  Zeichen,  dass 
der  Verein  zu  Stande  gekommen  ist. 

6.  Der  Verein  wählt  einen  Ausschuss  von  sechs  Mitgliedern,  welche  aber 
um  der  Conferenzen  und  nöthigcr  Kürze  willen  in  Wiesbaden  wohnen 
müssen,  und  wovon  Einer  Präses  und  ein  Anderer  Rechner  ist, 

(j.  Austritte  aus  dem  Verein  können  nur  am  Ende.  Eintritte  aber  im  Laufe 
des  ganzen  Jahres  stattfinden. 

7.  Der  Präses  und  der  Rechner  sind  dem  Ausschuss.  und  dieser  dem  ganzen 
Verein   vci'antwortHch. 

8.  Alle  Anzeigen.  Fragen,  Vorschläge,  Erinnerungen  u.  s.  w.  gehen  an  den 
Präses,  der-  gehalten  ist,  den  Ausschuss  beständig  von  Allem  in  Kenntniss 
zu  setzen. 


9.  Der  Präses  iiiiiiiiit  zwei  erfaln-ene  Dorgleute  an  iiiul  lässt  sie  dem  jjauzcu 
Verein  vcrptlicliten.  Sie  stehen  unter  seiner  J)in'kti(tn  und  arbeiten  nacli 
seiner  Anweisung. 

10.  Ohne  Einwilligung  des  Ausschusses  kann  der  Präses  keine  Eigenmacht 
ausüben,  keine  Pteisen  auf  Koston  der  Gesellscliaft  an  den  Ort  der  Nach- 
grabungen thun,    auch  die  Orte    der  Arbeiten  nicht    liir  sich  bestinuncn. 

11.  In  der  Uegel  ist  jedes  dem  Orte  der  Ausgrabungen  zunächst  wohnende 
Mitglied,  Aufseher  über  die  Bergleute. 

12.  Zui-  Aufmunterung  und  Beförderung  der  Treue  erhalten  die  Bergleute 
von  gefundenen  goldenen  und  silbernen  IMünzcn  den  Mefall-Wcrth  vergütet. 

13.  Jeder  Aufseher  über  die  Bergleute  ist  dem  Präses  verantwortlicli. 

14.  In  Wiesbaden,  als  der  Hauptstadt  des  Herzogthums,  wird  das  allgemeine 
Antikeii-Cabinett  errichtet. 

15.  Jeder  durch  die  Bergleute  aufgefundene  anti(iuarische  Gegenstand  ist 
Eigenthum  des  Vereins  und  ebenso  unveräusserlich,  als  jedes  freiwillige 
Geschenk,  welches  mit  dem  Namen  des  Gebers  geziert  wird. 

16.  Dem  Präses  sind  Kanzlei-  und  Druck-Kosten.  Brief-Porto  und  andere 
Auslagen,  die  er  gehörig  nachweisen  wird,  mit  Genehmigung  des  Aus- 
schusses aus  der  Kasse  zu  vergüten. 

17.  Werden  alle  Diejenigen  ersucht,  welche  in  diesen  Altcrthums-Verein  ein- 
treten wollen,  die  Anzeige  davon  in  frankirten  Briefen,  und  zwar  längstens 
bis  zu  Ende  December  1819,  an  die  Schellenbergischc  Ilofbuchhandluug 
dahier  gelangen  zu  lassen.  —  N.   12.  October  1819. 

NB.  Sobald  Herzogliche  Landes-Regieruug  eine  llochgefällige  Genehmigung 
ertheilt  haben  wird,  soll  vorstehender  Entwurf  mit  einer  Autt'orderung  an  die  an- 
gesehenen Männer  im  Herzogthum,   als  Circular  gedruckt,  versandt  werden. 


Beilage    II. 

Statuten 
der  Gesellschaft    der    Nassauischen    Altertumskunde,    gegründet    den    14.  Juny    1820. 

1.  Der  Zweck  der  Gesellschaft  lür  Nassauischc  Altertumskunde  ist :  Die 
Aufsuchung,  Sammlung  und  Beschreibung  der  römischen  und  deutschen 
Altertümer  im  Herzogtum  Nassau  und  die  Beförderung  der  darauf  Be- 
zug habenden  statistischen  und  geschichtlichen  Aufklärungen,  wie  nicht 
A\eniger  die  Sorge  für  die  Erhaltung  der  vorhandenen   Denkmale, 

2.  Zu  diesem  Verein  laden  die  Unterzeichneten  zunächst  alle  Diejenigen  ein, 
welche  sich  bereits  fridier  für  den  gleichen  Zweck  ausgesprochen  hatten. 
Weitere  Einladungen  behält  sich  die  Gesellschaft  bevor.  Aufnahmen 
können  zu  jeder  Zeit  des  Jahres  Statt  finden,  Austritte  von  Mitgliedern 
aber  nur  am  Ende  des  Jahres. 

3.  Die  Gesellschaft  besteht  aus  ordentlichen  oder  aktiven  Mitgliedern,    Sie  hat 

4.  einen  Vorstand  aus  den  activen  Mitgliedern,   nämlich : 

1  Director 

4  Vorsteher  und 

1   Secretär,  der  zugleich  die  Kcchnung  führt. 

Dieser  nach  der  Stimmen-Mehrheit  zu  wählende  Vorstand  bekleidet  sein 
Amt  zwei  Jahre,  und  ist  hernach  wieder  wählbar.  Er  fidirt  die  Geschäfte 
für  die  Gesellschaft,  bestimmt  und  leitet  die  xVufsuchung  und  Sammlung 
der  Altertümer  und  erhebt,    verwendet    und    venochnet  die  Geldbeiträge 


220 

der  Mittrlieder,  worüber  der  Secrctär  eine  gehörig  belegte  Recliming  jedes 
Jahr  zu  stellen  hat.  Alle  Ausfertigungen  geschehen  im  Namen  des"  Vor- 
standes.    Er  ist  der  Gesellschaft  verantwortlich. 

5.  Jedes  Mitglied  des  Vereins  wird  nach  Kräften  zur  Erreichung  des  Zweckes 
mitwirken,  es  sei  nun  durch  Entdeckung  von  Altertümern  selbst,  oder 
durch  mündliche  oder  schriftliche  Beiträge  in  dieser  Hinsicht. 

6.  Der  Hauptsitz  der  Gesellschaft  ist  zu  Wiesbaden,  wo  sie  jährlich  eine 
Generalversammlung  den   14.  Juny  hält. 

Hier  werden  die  Resultate  der  Arbeiten  und  Verhandlungeu  des  Vereins 
vom  ganzen  Jahr  vorgelegt,  die  letzteren  im  geeigneten  Fall  zum  Druck 
befördert  und  über  die  künftigen  Arbeiten  Beschlüsse  gefasst.  Sowohl 
in  dieser  Versammlung,  als  im  Vorstande  entscheidet  die  Mehrheit  der 
Stimmen. 

7.  Dil'  Gesellschaft  sammelt  aus  den  Producten  der  Ausgrabungen  und  sonstigen 
Nachsuchungen,  so  wie  aus  den  freiwilligen  Gaben  der  Mitglieder  ein 
Museum  von  Altertümern,  welches  unter  der  Verwaltung  und  Aufsicht 
des  Vorstandes  steht.  Das  Museum  wird  im  Local  der  Regierungs-Bibliothek 
zu  Wiesbaden  aufgestellt  und  ist  eine  öffentliche  Stiftung  für  das  Herzog- 
tum. Her  jeweilige  Bibliothekar  ist  Mitglied  des  Vereins,  Jedem  Ge- 
schenk au  Altertümern  wird  der  Namen  desjenigen,  der  es  gab,  beigefügt. 

8.  Zur  Bestreitung  der  Ausgaben  für  das  Nachgraben  auf  Altertümer,  für 
Druck-,  Canzlei-  und  sonstige  Kosten  werden  jährliche  Geld-Beiträge 
erho1)en.  Sie  bestehen  aus  den  Geldzuschüssen  der  activen  Mitglieder, 
Avelche  in  der  General-Versammlung  den  14.  Juni  eines  jeden  Jahres  zum 
Voraus  bestimmt  werden,  jedoch  den  Betrag  von  4  Ü.  jährlich  für  die 
Person  nicht  übersteigen  dürfen.  Zu  diesem  Fonds  kommt  der  Kredit, 
welcher  im  Bibliothek-Budget  jährlich  zu  Ausgrabungen    verwilligt    wird. 

9.  Der  Vorstand  sorgt  dafür,  dass  zu  den  Ausgrabungen  nur  Bergleute  oder 
sonst  taugliche  Arbeiter  angestellt    werden. 

Jedes  dem  Orte  der  Ausgrabung  zunächst  wohnende  Mitglied  der  Ge- 
sellschaft ist  in  der  Regel  Aufseher  über  die  Arbeiter. 

Dieses  Mitglied  ist  dem  Vorstande  veiantwortlich. 
10.  Die  Arbeiter  erhalten  zur  Aufmunterung  und  Beförderung  der  Treue,   von 
den  gefundenen  Münzen  und  sonstigen  metallenen  Altertümern  den  IMetalJ- 
wert  neben  ihrem  Lohn  vergütet. 

Die  obigen  zehn  Punkte  werden  unter  dem  Vorbehalt  der  höchsten  Genehmigung 
Seiner  Herzoglichen  Durchlaucht  vorläufig  als  Statuten  des  Vereins  für  Nassauischc 
Altertumskunde  von  den  dazu  bereitwilligen  Mitgliedern   unterzeichnet. 


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Tafel  IV. 


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Taf.  VI. 


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