III- J. PAUL GEITY MUSEUM LIBRy\RY
ANNALEN DES VEREL\8
FÜR
NASSAÜI8CHE ALTERTÜMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNrx.
DEEISSIGSTEE BAND.
1899.
Mit einem Bildnis und einer Karte.
WIESBADEN.
VERLAG VON Rüü. BECHTOLU & COMP.
1899.
DIlt'CK VON RÜD. DKCHTOLD 4 COMP.. WIESBADEN.
BrCIlUttCCKERKI * I.ITIIOUK. ASSTAI.T.
IHE. J. P/- ■' CENTEk
Inlialts-Verzeichnis.
Annalen.
Seite
I. Ciaren thaler Studien (Fortsetzung). Von F. Otto 1—54
IL Das politische Testament des Grafen Johannes von Idstein-Wies-
baden. Ton 0. Meinardus 55—108
ITT. Die Wiesbadener Landstrassen im XVIII. und XIX. Jahrhundert
(mit oiiior Kurte). Von C. Spicimaiin . . 109 — 130
IV. Die Wellritz, ihr Name und ihre Benutzung durch Bürger und Adel
im XVI. Jahrhundert. Von F. Otto 131—142
V. Der nassauische Publizist Johannes Weitzel. Von G. Zedier . . 143—192
VI. Ein Gesamtfund römischer Kleinerze aus der Zeit Diocletians. Von
E. Ritterling 193—201
VII. Graf Ludwig von Arnstein und die Neubegründung des Klosters
Münsterdreisen. Von E. Seh aus 202—205
VIII. Die Auflösung dfv nassauischen Klosterbibliotheken. Von G. Zedier 206—220
Mitteilungen 18991900.
Spalte
Amtsgerichtsrat a. D. DüsseU f. (Mit einem Bildnis*). Nekrolog von G. Zedier 1 — «>
Vereinsnachrichten von G. Zedier 7—8, 33-85, 65—66, 97—98
Vorträge 1898/99:
Der Verfall der antil<en Kultur von 1}. Heil 8 — 14
Ueber Johann Georg Hagelgans von P. Richter 35 — 49
Die Kultur des hohen Westerwaldos von Heyn-Marionberg 66 — 71
lieber den Ursprung des Hauses Nassau von P. Wagner . 71 — 74
Gefecht bei Eckernförde von R. Kolb 74-76
1899/1900:
Einleitende Bemerkungen von P. Wagner 100 -104
Die Fahnen des nassauischen Landsturms von 1814 von I*. Wagner .... 104 -107
Ueber Stadtrechtsurkundon für nassauische Orte von E. Sc haus 107 — 109
Ein Volksspiel aus 1814: Die Schifler von Caub von V. Richter 10^^—110
Graf Ludwig von Nassau-Dillenburg von F. Heymach . 110—112
Verwaltungsbericht des Altertunis-Museums von H. I.ohnor und E. Ritterling
15—17, 49—56, 76—79, 113-117
*) Aus praktischen Gründeti ist dasselbe dem Aiwalothande beigeheftet tcorden.
IV
Spalte
Funde (siehe auch den Verwaltungsbericht des Altertums-Museums);
zu Xiederlahnstein von R. Bodewig 17
auf dem Römerberg bei Höchst von E. Suchier 17 — 20
OoldmQnzenfuiul bei Riidesheim von P. Joseph . 20 — 22
Müiizfunde in Höchst uiul Xied von H Suchier . . 56—57
Müuzfund bei Eppstein von E. Suchier .. 92
zu Braubach von R. Bodewig 92—93
Miseellen :
Limesforschung auf der Strecke Holzhausen a. d. H. bis Adolfseck von H. Lehner 22—23
Mitteilungen aus dem Stamnibuche des J. A. Kitzhaub von F. Otto .... 24 — 30
Johann Tobias \V eller von E. Seh aus 30
Aus dem häuslichen Leben der nassauischen Grafenfaniilie im 16. Jahrhundert
von P. Wagner .... 57—62
Da« Kugelgeld in Herborn 62—63
Mittelalterlifhe Befestigung auf dem Blasiusberge beiFrickhofen vonE. Ritterling 80 — 86
Fliedners Aufsatz „Beiträge zur Kulturgeschichte des Herzogtums Xassau" von
O Meinardus 86—92
Friedrich von Reiffenberg auf der Universität Wittenberg von F. Otto . . . 117 — 118
Chronik:
AltiTtumsverein zu Horborn, Bericht von J. H. Hoff mann 63—64, 122
.Mtortumsverein zu Höchst a. M., Bericht von E Suchier 118 — 122
Bücheranzeigen: C ramer, Geschichte der Alamannen (von F. Otto) 93 — 96,
Erwiderung Cramers 122 — 126; Schädel, Xamen und Rad der Stadt Mainz
(von ti. Zedier) 96
Neueste historische Litteratur über Nassau von F. Otto und G. Zedier 30—32, 126-128
Ciarenthaler Studien.
Von
Fr* Otto,
III. Die letzten Zeiten des Klosters.
Über die letzten Zeiten des Klosters Clarentlial haben zwar S c h e n c k
und nach ihm Schliephake, dann Nebe und Roth^) einige Nachrichten
zusammengestellt, andere jedoch, die ausführlicher sind und genauere Mitteilungen
enthalten, entweder nicht gekannt oder nicht benutzt. Eine nochmalige Prüfung
der Frage ist daher gerechtfertigt und das um so mehr, als sich auch über die
frühere Geschichte der Anstalt durch, sie einiges Licht verbreiten lässt. Wir
werden zuerst über die Klosterjungfrauen von 1550 — 1559 reden, dann einiges
über den Haushalt des Klosters folgen lassen und zuletzt über die Auflösung
desselben berichten.
a) Die Klostepjung'frauen von 1550 — 1559.
Über die Zahl der zu gleicher Zeit in Ciarenthal anwesenden Kloster-
jungfrauen geben uns zwei Verzeichnisse von den Jahren 1550 und 1554, sowie
die Entlassung der letzten Schwestern in den Jahren 1558 und 1559 eine er-
wünschte Belehrung, die um so wertvoller ist, als uns für die frühere Zeit fast
alle Kunde darüber abgeht. Wir wissen zwar durch die Eintragungen der Todes-
fälle in das Necrologium, wie viele der Jungfrauen in einzelnen, grösseren oder
kleineren Zeiträumen gestorben sind, aber diese Angaben sind nicht einmal ganz
genau, da namentlich im 14. Jahrhundert manche Namen nachweislich fehlen, und
aus ihnen ergibt sich nur, was wir schon vorher annehmen konnten, dass die Zahl
der Nonnen im Laufe der Zeit allmählich abgenommen hat; in den ersten 130
Jahren von der Gründung des Klosters an zählen wir etwa 121 Sterbefälle inkl.
der nachweislich nicht eingetragenen, in den folgenden 20 Jahren 11, in den
90 Jahren von 1453 — 1543 etwa 54, statt dass die beiden letzteren nach dem
Verhältnis zum ersten Zeiträume 18 und 83 hätten betragen müssen. Auf die
Zahl der zu derselben Zeit eingeschlossenen Schwestern können wir daraus
keinen Schluss ziehen. Nur für das Jahr 1371 gewährt eine Urkunde der
Äbtissin Jutta einen xiuhaltspunkt ; am 10. Februar d. J. beschloss nämlich
^) Schenck, Schliepliake und Roth an den bekannten Stellen (vergl. Nu. I dieser
Studien), Nebe in der Denkschrift des theologischen Seminars zu Herborn vom Jahre 1866, S. 1".
1
der Conveut in Betreff der Jalirgezeits für den verstorbenen Oaplan der Gräfin
Margarerlie Kunrad: ..uff denselben Dag sullen wir geben den frauwen über
disfh um speise evnen gülden, den sullen \\ ir nemen von unsern guderu zu
Xurdensrar. daz der gülden mit eyn ander eylt'e werden." Daraus ergiebt sich,
dass damals elf Nonnen zu Tlarentlial weilten, und wohl auch, dass man di(>se
Zahl als eine voraussichtlich bleil)ende ansah.
Für die Jahre lö50 und \^h)4 erhalten wir durcli die zwei genannten
Verzeichnisse genauere Kunde. Das erste ist in dem Auszuge aus einem
Visitationsprotokoll des Jahres 1050 erhalten.*) Bekanntlich sollte das im
Jahre l.')4S erlassene Interim auch in Nassau eingeführt werden, und um über
die Ausführung dieses Gebots in den zu seinem Sprengel gehörenden Bezirken
der nassauischeu Lande zu berichten, ernannte der Erzbischof von Mainz
Visitatoreu. an deren Spitze der AVeihbisihof Michael Heiding, gen. Sidonius,
stand. Am 1'4. Februar des Jahres 1550 wurden die Pfarrer der Herrschaft
Wiesbaden^i examiniert, am 25., einem Dienstage, sollte das Stift Bleidenstadt
an die Keihe kommen ; aber da die Meldung einlief, dass niemand von dem
Kapitel anwesend sei, wurde der Besuch verschoben (er fand nachher, am
23. Mai statt) und dafür das Kloster Clarenthal vorgenommen. Das Haushaltuugs-
buch des Klosters verlegt die Anwesenheit des Weihbiscliofs irrtümlich auf
den '24.. indem es schreibt: „vor stockfiss und bückiug zu "Wiesbaden kauft,
als der "NVeyebisehof liif was S. Matyes, 9 Alb.", denn S. Matthias ist der
iM. Februar, an dem die Visitatoren zu Wiesbaden beschäftigt waren. Es
mochte am 1^4. von der bevorstehenden Ankunft dos Weihbischofs Mitteilung
gemacht worden sein, wie dies auch bei dem Stifte Bleidenstadt geschehen war,
und so wird man noch an demselben Tage zur Bewirtung desselben für Fasten-
speise gesorgt haben.
Das l'rotokoll berichtet über das Kloster also: „Dienstag, den 25. Februar
wird tlas sogenannte Neue Kloster visitirt und examinirt.*)
1. Anna Brenlin von Homburg, Äbtissin,
1^ Margarethe Reinbergerin*), Pi-iorin,
3. Agnes von Hattstein,
4. Guetli von Hattstein,
5. Christine von Diez,
Ct. Maria Echter,
7. Maria von Nassau,
halten sich an ihre licgel, sowie in geistlichen und weltlichen Sachen gut
und wohl."
Zu ijicscm Hericht halicn wii- einige Bemerkungen zu machen.
*) Allgedruckt in dor Zoitsclir. f. Kircligosoli. XV, 435.
') No}if ft. a. (). nininit, gostützt auf tirioHiclic Äusspningon Molanohtlions, eine drei-
fache ViHitati(»ii iler Herrhcliaft 'NVichliaden an, kennt alior die obigo vom 24. Februar nicht;
CB war diese über die ein/ige, die stattfand.
*) Die Zahlen vor den einzelnen Namen halien wir zugefügt.
*) In der Zeitsclir. f. Kinliengescii. i.st irrtünilidi Cainbergorin gedruckt.
1. Das Exainon orstrockte sich bei den Xounen wohl hauptsäclilich nur
darüber, ob die Regel dos Ordens g;e\vissenliaft bef()l2;t und der Crottesdienst
ordnungsniässig abgehalten werde.
2. Die Namen dei- hicu- genannten Schwestern warcm dtuu Kloster nieht
fremd; sie kommen im Jjauf'e des letzten Jalirhunderts alle vor. Anna
lirtMidel von llomlturg (so müsste statt BreÜLdo]lin von llomhurg geselirieben
sein) war seit 1^)21') Aebtissin und starb am 2;>. Oktober 1553.") Vor ihr
W'erden noch fünf andere der Familie im Necrologium genannt, alle mit Zu-
füii'una' ihres Todesiahres: soror Dorothea Brendeln am 7. November a. 1472,
soror Kungundis Brendeln am 21. März 1480, soror Dorothea Brendel am
"22. Januar 1495, soror ri(!belgin Brendeln am 6. Januar 1507, soror Kungundis
Brendeln am 17. Sept. (15)24. Ein Messgewand war mit dem Brendelschen Wappen
geschmückt; der Ilebelgin (ihren zwei Schwestern und ihren Eltern) war eine
Jahrzeit in der Fastenzeit gestiftet, weil sie dem Kloster 92 Fl. und einen
ewigen Gulden zu Wiesbaden gegeben hatte,') Deren Feier gedenkt das
Ilaushaltungsbucli des Klosters im Jahre 1550 („2 Fl. vor 2 U Salmen zu
der brendeln sei. jarzyt"). — Die Margarethe Reinbergerin entstammte
dem Geschlecht der Herren von Rheinberg, die sich nach ihrer Burg an der
Wisper nannten und von 1226—1615 vorkommen'); das Necrologium ver-
zeichnet vor ihr eine soror Liepmuudis de Reinberg am 14. September 1503
und eine soror Anna Rinberg am 4. September 1514. Die Priorin MargaTethe
starb am 28. August 1554. — Die beiden llatt stein gehörten ohne Zweifel
der Familie derer von Igstatt, genannt Hattstein, an'), die im 15. und
16. Jahrhundert zu Bierstadt ^vohnten und auch zu Wiesbaden einen Hof und
Güter besassen. Graf Ludwig kaufte den Hof im Jahre 1607 und schenkte
am 25. August 1608 den „ledigen platz und hofraido inn der Statt forncn uff
dem Marckt gelegen. Der Hattsteinische unndt Enderss Büctelsplatz genant,
sambt dem Keller darunter . . . binden wider die Stattmauer streickendt" der
Stadt AViesbaden, „dergestalt und also, das sie uff solchenn Ort . . . eine
Behaussung setzen"'") ; dies geschah denn auch sofort, indem die Stadt das
jetzt noch stehende alte Rathaus au dieser Stelle erbaute;. — l'ber die
persönlichen Verhältnisse der beiden Jungfrauen sind wir nicht näher unter-
richtet; sie können Töchter oder Schwestern des Ludwig oder Michael v<ui
Igstatt, gen. Hattstein, die 1524 und 1532 zu Wiesbaden vorkommen"), gewesen
sein; Michael soll eine Schwester des Joachim von Geispitzheim, der damals
den Hof der Herrn von Wiesbaden besass und 1557 starb'^, zur Frau gehabt
haben. In dem Necrologium ward am 29. Juli eine soror Katharina de Igstat
") Vergl. No. I dieser Studien, Annalen XXIX, 2, 191.
^) Nekr. 6 Januar.
*) Vogel, Besclireibung S. 603.
P) Vogel S. 538.
10) Urkunden im Staatsarchive zu Wiesbaden. Rössel, Stadtwappen S. 44, 67 f.
") Bürgermeisterreclmung von 1524 im städtischen und altes Hospitalregister von 1532
im Stuatsarcliive.
'-) Altes üerichtsbiich im städtischen Archive.
1*
in der Schrift des ausgehenden 15. oder beijinnenden IG. Jahrhunderts genannt ;
sie gehörte ohne Zweifel derselben Familie an. Auch Christine von Diez
hatte Vurgän^erinneu aus ihrer Familie in dem Kloster: das isecrologium nennt
am 14. April eine uublissima virgo Chira de Dvtz (15)29 (sie ist die letzte der
dort eingetragenen Tersouen) und am (i. -Mai soror Merg von Ditz a. (15)43
(die Schrift und Sprache gehurt dem IG. Jahrhundert an); einer Margarethe
(Gred) von Dietz begegnen wir in den Jahren 1553—1559. Die Familie starb
im Jahre 1727 aus.") — Mehrere Echter von Mespelbrunn waren im
15. Jahrhundert zu Mainz Canonici eccles. maioris, wie Marcus, f 1483,
l'eirus. Piiilippus'*); daher mag es gekommen sein, dass wir zu Ciarenthal im
Xecrologium eine Anna Echtem am 25. Mai 1455, und eine soror Gerdrut
Echtem am 30. Oktober 145G finden; ausser der Marie erscheint im Jahre 1554
eine Curduhi. — Über die Marie von Nassau siehe unten bei dem zweiten Ver-
zeichnis von 1554. S. 9.
3. Es waren also sieben Jungfrauen anwesend, wurden examiniert und
sind namentlich verzeichnet; ihre Zahl war aber grösser, wenn wir auch nicht
wissen, warum nicht alle hier genannt sind; es fehlen drei Xamen, zwei
Grätinnen von Erbach und die Margarethe Cambergerin.'^) Von den beiden
Erb ac herinnen war die ältere, Elisabeth, geb. im Jahre 1514, anfangs
dem Kloster Marienborn übergeben worden, hatte aber dieses nachher mit
Clarenthal vertauscht; die jüngere, im Jahre 1516 geborene Katherine hatte
der Vater, Graf Eberhard Schenk von Erbach, sofort im Jahre 1523 nach
Clarenthal gebracht. Grund dafür mag der Umstand gewesen sein, dass damals
seine Schwester Magdalena Priorin des Klosters war (sie starb nach dem
Xecrologium am 8. Januar 1532 und ein Jahrgezeit sollte ihr am Tage Mariae
Magdalenae, d. h. 22, Juli, gefeiert werden) ; auch vorher bereits waren zwei
andere Erbacherinnen Nonnen zii Clarenthal gewesen, die soror Margaretha
Schenkin von Erbach, gestorben am 25. Mai 1504 und eine zweite Magdalena,
die als Abti.ssin am 28. Oktober 1512 gestorben war.
Über die Aufnahme der Katiiarina gibt eine Urkunde vom 14. Mai 1523'")
Bericiit. in welcher die Äbtissin Marie, geborene Gräfin von Hanau-Lichten-
berg, und der ganze Convent in Clarenthal bekennen, dass der wohlgeborene
Schenk Eberhard von Erbach seine Tochter Katrina in ihr Kloster gegeben,
den Orden anzunehmen, und in ihrem Kloster wie andere Schwestern, Grafen
und Herrn Kinder, gehalten werden solle und dass er ihnen alsbald hundert
Gulden überantwortet und geben lassen, davon ihr lebenlang zehen Gulden
Leib.sgedings folgen und worden, endlich dass darauf Katrina auf alle und
jegliche Anfälh; und Erbschaften verzichten solle, wie andrerseits Äbtissin und
Convent auf alle Erbschaftsfalle der Katrina verzichten.
".) Vo^el, 8. 764.
") loannis II, 354.
'*) Die nachfolgenden Mitteilungen über diese stützen sich auf Simon, Geschichte der
Dynasten und (irafon von Krbach S. 'MH und auf Urkunden und andere archivalische Auf-
Zf.'ichnuiigen dc;s •Staat.'iarühives zu ^VieH^Jaden.
") Abgedruckt bei Schenck, Meniurab. urb. Wisb. S. 60.
Auffallend ist, dass diese Katharina in dem /arten Alter von sieben
Jahren eingekleidet wurde, da die Ciarissen nach der damals bestehenden
Ordnung nicht vor dein 14. .Jahre den Schleier nehmen durftcin. Aber weder
kann die erwähnte Urkunde angezweifelt werden, noch das Geburtsjahr der
Katherina in eine frühere Zeit hinauf gerückt werden, da dies die Reihenfolge
der grätlichen Kinder nicht zulässt. Es erklärt sich die frühe Aufnahme leicht
daraus, dass die laxe Ikfolgung der Klosterordnung in jener Zeit, namentlich
den Töchtern hochstehender Familien gegenüber, nicht ungewöhnlich war, be-
sonders wenn sie eine ansehnliche Summe Geldes mitbrachten, dem Grafen
aber bei der grossen Zahl seiner Kinder (es waren sieben Söhne und neun
Töchter) viel darum zu thun sein musste, die Töchter frühzeitig versorgt zu
sehen und in ein Kloster unterzubringen. Und in der That nahmen vier von
ihnen den Schleier, zwei zu Marien born, von denen die eine später nach Claren-
thal überging, eine zu Ciarenthal und eine in einem anderen unbekannten
Kloster. Vielleicht ist die Marienborner Elisabeth nach dem Tode der anderen
Marienborner Schwester, der im Jahre 1540 erfolgte, zu ihrer Ciarenthaler
Schwester übergesiedelt, weil sie sich dort nicht mehr wohl fühlte.
Die Zeit, wann die Erbacherinnen aus dem Kloster austraten, wird nicht
überliefert, nur von Katharina hören wir, dass sie im Jahre 1566 ausgeschieden
sei; aber da damals bereits mehrere Jahre lang eine klösterliche Anstalt zu
Ciarenthal nicht mehr bestand, so kann sie damals höchstens eine formelle Er-
klärung ihres Austritts gegeben und damit einen Verzicht auf alle Ansprüche,
die sie als Ordensperson erheben könnte, ausgestellt haben. Soviel aber ist
gewiss, dass die drei überlebenden Erbacher ehemaligen Nonnen den Rest ihrer
Tage zu Michelstadt verlebten und dort starben, zwei von ihnen im Jahre 1574.
Das Fehlen der Elisabeth und Katharina bei dem Examen des Jahres 1550 — und
darum handelt es sich, nicht von ihrer Abwesenheit aus dem Kloster — kann
mancherlei Gründe gehabt haben, die wir nicht alle aufsuchen mögen ; es könnte
sehr wohl möglich gewesen sein, dass sie, nachdem ihr Vater (f 1539) sich
bereits der Reformation geneigt gezeigt, und nach ihm ihr Bruder Georg, der
Nachfolger Eberhards, sich ihr entschieden zugew^andt hatte, deren Beispiel
folgend gleichfalls die neue Lehre angenommen hätten und vielleicht schon vor
dem Jahre 1550 in die Heimat zurückgekehrt wären. Ihre Namen nämlich
erscheinen auch nach diesem Jahre nicht mehr zu Ciarenthal, formell aber ge-
hörten sie ihm noch an, bis sie ihren Austritt erklärt hatten.
Besser sind wir über die Margarethe Camberg er in oder Margarethe
von Camberg unterrichtet. Dieselbe war die Tochter des Herrn Johann Hain
von Camberg, Pfarrers und Vikarius zu Bleidenstadt"), der,, ehe er in den geist-
lichen Stand trat, vermählt gewesen und Vater mehrerer Kinder geworden sein
muss ; sie selbst wird jedoch nie mit dem väterlichen Namen benannt, sondern
hat höchstens den Zusatz „von Bleidenstadt" neben obigem Namen, Avie sie
'^) Das Stift hatte acht Canonici uml zehn Vicarien, welche die Hören und sonstigen
Gottesdienst hielten; im Jahre 1550 waren nur drei A'icarien bei der Visitation anwesend.
Yisitationsprotokoil a. a. ü.
6
muh selbst iu ilor rrkumlo vom 30. Juni 1558 schreibt. Sie \var im Jahre 1521
in das KU>ster eingetreteD, ^vi.• die rrkinide vom 13. August (Dienstag nach
Laurentiustag) dieses Jalires besagt. Durch sie bekennen die Äbtissin Marie
von Hanau und von Lichtenberg und der ganze Conveut zu Clarenthal, dass
sie, naelidem der würdige Herr Johann Hain von Camberg, Pfarrer und Yicarius
zu lih-idenstadt. um Crottes Willen gebeten hat seine Tochter Gretchen in das
Kloster aufzunehmen, und Gretchen selbst in eigener Person um Gottes Willen
darum gebeten, dieselbe in den Orden und das Kloster angenommen haben,
dass ferner Herr Johann Hain, damit die Tochter desto besser mit Leibesnahrung
und Notdurft versehen werde, dem Convent und Gotteshaus 150 Fl. gegeben
iiat, wogegen die Äbtissin und der Conveut auf weitere Ansprüche an Herrn
Joliann und seine anderen Kinder verzichten, ausgenommen sowohl das, was
HeiT Job. Hain seiner Tochter Gretchen in seinem letzten Willen und Testament
verordnen und legieren werde, als auch dasjenige, was nach etwa kinder-
losem Tode ihrer Geschwister an sie falle; dass endlich Herr Job. Hain ver-
sprochen habe, bis zum Ende seines Lebens seine Tochter Gretchen mit ziem-
licher Bekleidung ihres geistlichen Ordens nach Notdurft zu versehen; es
siegeln die Äbtissin und der Convent mit ihrem Conventssiegel und für Johann
Hain, da ihm ein eigen Ingesiegel dieser Zeit mangelt, auf seine Bitte der
ehrsame Herr Christian Becker von Weilburg, Yicarius zu Bleidenstadt. Die
beiden Siegel sind erhalten. Offenbar Hessen die dringenden Bitten von Vater
und Tochter, die Höhe des Eintrittsgeldes und der nunmehrige Stand des
Vaters über die bürgerliche Herkunft der neuen Schwester hinw^eg sehen, aber
trotz ihres langen Aufenthaltes im Kloster brachte sie es nicht zu einer höheren
Stellung, sie blieb 37 Jahre lang einfache Nonne. ]k'i ihrem Austritt aus dem
Kloster erklärte sie, einzelne Gegenstände, die sich ,,in ihrer Zelle oder ihrem
Gemach, auch in Kisten und Schränken" befanden, nicht bloss von Schwestern,
die uns bekannt sind, der Agnes von Hattstein und der Äbtissin (Anna),
sondern auch „von der von Hanau", d. h. von der längst vor 1525 verstorbenen
Äbtissin Marie von Hanau-Lichtenberg erhalten zu haben. Einen weiteren Beweis
für die lange Zeit ihres Aufenthaltes zu Clarenthal gibt ihre Urkunde vom Jahre
1558, die wir im 3. Teil dieser Abhandlung (S. 26) ausführlicher bringen werden;
in derselben sagt sie, sie sei in Zeiten ihres unverständigen, minderjährigen
Alters vor etlichen Jahren in das Kloster zu Clarenthal beredet worden,
habe Profess gethan und sich dann eine gute Zeit darin gehalten. So un-
bestimmt auch die Worte „vor etlichen Jahren" lauten, so kann der Ausdruck
„eine gute Zeit" nur auf eine längere Zeit — hier sind es, wie gesagt,
37 Jahre — hindeuten. So ist es unzweifelhaft, dass sie im Jahre 1550 noch
Lisassin von Clarenthal war. wenn uns auch verborgen bleibt, warum sie bei
der Visitation nicht zugegen war, d. li. warum ihr Name fehlt und sie nicht
examiniert wurdt;.
Ziehen wir das Resultat unserer Darlegungen, so betrug die Zahl der
Nonnen zu Clarenthal im Jahre 1550 nicht sieben, sonderen mindestens acht,
oder wenn wir die p]rba<l)erinnen. die noch formell dahin gehörten, mitrechnen,
zehn Jungfrauen,
Es folgten schwere Zeiten für Cliircntlial. Im Soninior dos Jahres 1552
brauste der verheerende Sturm des wilden ^Markgrafen von Brandenburg-Culm-
baeh über die Landschaftern des Mittelrheins. Er hatte im Dienste des Kur-
fürsten Moriz von Saclisen an der Belag(u-ung der Stadt Frankfurt teilgenommen
und war erst (ünige Zeit nach deren Aufhebung abgezogen, nachdem (ir erkannt
hatte, dass er eine l' hergäbe der Stadt oder Zahlung einer Geldsumme nicht
erzwingen konnte. Berüchtigt ist sein nunmehr (im August 1552) unter-
nommener Kaub- und l'lünderungszug nach dem Rhein, durch den namentlich
die Stadt Mainz hart mitgenommen wurde. Aber auch die Umgegend blieb
nicht verschont und überall herrschte Furcht vor einem Tberfall seiner beute-
gierigen Landsknechte. Damals war es, dass die Nonnen zu Ciarenthal ilir
friedliches Thälchen verliessen und hinter den ]\Lauern der Stadt Wiesbaden
Schutz suchten. Zweimal meldet das Haushaltungsbuch vdu dieser St-hreckens-
zeit: „als die Jungfrauen gen Wiesbaden zogen, des Markgrafenkriegs halber"
und „als wir ausser dem Kloster waren und zu Wiesbaden im Schlosse hauseten".
Jene Worte („als die Jungfrauen gen Wiesbaden zogen") stehen bei Ausgaben,
die für Schlösser an Thüren und Schränken gemacht worden waren, aber erst
im Jahre 1554 bezahlt wurden; es scheint also, dass man bei dem Gerücht von
dem Herannahen Albrechts und seiner Horden alles gehörig verwahren und
sichern wollte, als ob das einen Schutz gegen die gewaltthätigen Hände jener
Scharen hätte gewähren können. Ob übrigens das Kloster damals Schaden
gelitten und welchen, wissen wir nicht, aber die Erinnerung an die ausgestandene
Angst veranlasste später die Klosterjungfrauen dazu, auf die gefährliche Lage
solcher „Feldklöster", wie Clarenthal eins war. und auf dessen Unsicherheit in
den geschwinden Lauften der Zeit hinzuweisen, da es am grossen Gewälde der
Höhe und fast eine Stunde von den Dörfern umher gelegen sei.
Kaum war Ruhe und Friede zurückgekehrt, als ein neues Ungemach
hereinbrach, das Graf Philipp Sterbensläufto nennt, ein anderer „ein Sterbendt",
ein dritter „eine Infection", schlimmer noch für das Kloster als die Kriegs-
läufte, da der Graf dadurch veranlasst wurde die Verwaltung des Klosters in
seine Hand zu nehmen und schliesslich es selbst seiner Auflösung entgegen-
zuführen. Der Seuche erlag am 25. Oktober 1553 die Äbtissin'*), am
28. August 1554 die Priorin Margarethe Reinberger, welche bis dahin das Amt
der Äbtissin verwaltet hatte; von den fünf übrigen Schwestern des Ver-
zeichnisses und den inzwischen neu eingetretenen'*) starben einige, andere
„wichen aus", wie ein Bericht sich ausdrückt, so dass zuletzt nur noch eine,
die Marie von Nassau, übrig war; unter den ausgewichenen befand sich die
Cambergerin, die nachher wieder erscheint; eine andere, im Jahre 1550 nicht
genannte, die Margarethe von Diez, war, wie wir sehen werden, bereits vor
dem Tode der Äbtissin, also vor oder während der Sterbensläufto, eingetreten.
'*) Den Todestag giebt ihre (.irabscluit't bei Hol wich an. Die aiuleni hier folgenden
Angaben beruhen meist auf Aufzeichnungen des Staatsarchivs; über Marie von Nassau
8. weiter unten.
*®) Schliephake (IV, 55) irrt, wie sich weiter unten bei uns ergiebt, wenn er sagt,
erst nach der Seuche hätten ?ich vier .Schwestern wioJer eingefun<lcn.
kommt aber ebenfalls später wieder vor und harte also auih zu den aus-
gewichenen gehört.
Auf die Xachriiht von dem Tode der Äbtissin und mehrerer Jungfrauen
erliess der Graf Thilipp der Ältere'*) ein Schreiben au den Amtmann zu
Wiesbaden"), das vom V2. Dezember datiert ist.'*) Er habe erfahren, so sagt
er, dass die Äbtissin und mehrere Jungfrauen verstorben seien, so dass die
klüsterlichen Personen und Laienschwestern in geringer Anzahl vorhanden und
zum Teil schwach seien und dadurch das Kloster- und llofregiment geringest
oder «'•ar kein ordentlich Haushalten und Versehung beschehe. Desshalb
und weil jetzt ganz geschwinde nicht allein Sterbens-, sondern auch Kriegsläufte
seien und des Ab- und Zulaufens vielfältig geschehen möge, so habe er, wie
ihm solches gebühre, nicht umgehen mögen in solchen zugestandenen Unrat
ein "-nädio-es mitleidiges Einsehen zu thun und befehle also — ausser, dass der
Klosterhofmanu zu der Armen Ruhe die Sachen mit dem Kloster wohl machen
solle — , der Amtmann wolle im Kloster alle Briefe und Register in eine be-
schlossene verwahrte Kiste bringen und solche in dem Gewölb zu Wiesbaden
bei der Gemein einstellen und verwahren lassen, den Schlüssel behalten und
ein fleissiges Aufsehen thun über die Vorräte und das Dienstgesinde, damit
nichts entwendet und alles, soviel als möglich, in guter pünktlicher Ordnung
gehalten werde.
Dieses Vorgehen des Grafen bedarf einer genaueren Beleuchtung. In
dem Staatsarchiv befindet sich ein „Bericht über das Kloster, nunmehr Landes-
hospital Clarenthal", der kurz nach dem Erlasse des Restitutionsediktes von
1629 abgefasst ist, da er am Schlüsse erwähnt, dass nach jenem Edikte kaiser-
liche Subdelegierte wegen Abtretung des Klosters, damals Landeshospitals, in
Clarenthal erschienen seien; denn es hatte ja noch nach dem Passauer Vertrag
bestanden, welcher nach dem Restitutionsedikt die Grenze der Säkularisierungen
sein sollte. Und wirklich nahm es der Erzbischof von Mainz am 6. Juli 1630
in Besitz (später setzten sich die Jesuiten daselbst fest).-'^) Wir dürfen also
unbedenklich jenen Bericht in diese Zeit setzen und seine Bestimmung darin
erblicken, dass er den Absichten der katholischen Partei entgegenwirken sollte.
Denn er geht offenbar darauf aus, das Verfahren des Grafen Philipp als durchaus
rechtmässig zu erweisen, indem er ausführlich darthut, dass auch früher die
Verwaltung des Klosters unter einer weitgehenden Aufsicht und Kontrolc des
Grafen und seiner Beamten gestanden habe. . Wenn auch diese Sätze eine
Einschränkung zu bedürfen scheinen, so galt doch der Graf, wie die Cambcrgerin
in ihrer Urkunde vom Jahre 1558 sagt, als „fundator, Oberer und Schutzherr"
des Klosters und es konnten, wie es der Convent am 15. März und 14. Sept. 1555
ausspricht (s. u.), ohne seine Einwilligung keine Novizen aufgenommen werden.
Danach kann man ihm sicherlich nicht das Recht absprechen auf Beseitigung
bestehender Missbräuche zu dringen oder. w(>nn dies nicht gelang, sie selbst
*^ So heisst er in gleichzeitigen Urkunden, nicht Altherr, wie er gewöhnlich genannt wird.
*') Amtmann zu "Wiesbaden war seit dem l.'i. Juni 1540 Moriz von Bresen.
") Nicht vom 4. Dezemlior, wie Nehe a. a. (). berichtet.
*') Vergl. das Evang. (Jeineindcbiatt 18'Jl, XI, Xo. 5 u. ü.
in die Iltind zu nelnncn. Yoraiisgosotzt, dass ein Eingreifen des Sclmtzlicrrn
nach dem 8terbondt nötig war, was hätte zunächst geschehen müssen? Ofleubar
w^ir es zu aUererst erfurderlich die Ordnung des Kk)sters wiederherzustelicni,
d. h. für die Neuwahl einer Äbtissin zu sorgen. Indem der Graf das unter-
liess und si'lbst die Verwaltung des Klosters in die Hand nahm, w^orauf doch
die i'bernahme der Briefe und Register hinauslief, ging er über seine Be-
rechtigung hinaus. Vielleicht war er froh eine Veranlassung gefunden zu
haben, sich ernstlicher mit dem Kloster zu beschäftigen. Er hatte der Refor-
mation im Jahre 1543 den Zugang zu seiner Herrschaft gestattet; zu durch-
greifenderen Neuerungen, wie Aufhebung der Klöster, waren die unsicheren
politischen Zustände nicht angethan gewesen und das Interim hatte alles wieder
in Frage gestellt. Jetzt, nachdem der Passauer Vertrag eine grössere Stetig-
keit der Verhältnisse und mehr Ruhe und Frieden zu verbürgen schien, konnte
er daran denken, weiter voranzuschreiten und die Anstalt zu Clarenthal ihrem
Ende entgegenzuführen, ein Ziel, das er von nun an nicht aus den Augen verlor.
Die Ausführung des gräflichen Gebots verzögerte sich. War die Gefahr
einer Ansteckung noch nicht geschwunden? Fast sollte man vernmten, dass die
Furcht vor ihr noch geherrscht habe; hatte doch der Amtmann Moriz v. Bresen
nach dem Ilaushaltungsbuch im Bichterhaus zu Clarenthal im Sterben gelegen,
der am 30. April 1554, wie sein Grabstein meldet'-"), wirklich starb, ob infolge
der „Infection"? Jedenfalls verzögerte sein Tod die Ausführung des gräflichen
Gebots. Seine Stelle blieb dann geraume Zeit unbesetzt und der Bereiter Hans
Zeun von Büdingen versah das Amt. So kam es, dass erst am 6. Sept. 1554,
wenige Tage nach dem Tode der Priorin, der Befehl des Grafen vollzogen wurde.
„Mittwoch, den 6. September 1554, so lautet eine Aufzeichnung des
Staatsarchives, hat auf Befehl des Grafen Philipp der Amtsverwalter Hans
Zeun von Büdingen und der Rentmoister Levin von Havelberg zu Wiesbaden
alle Siegel und Briefe des Klosters besichtigt und den Inhalt verzeichnet") in
Gegenwart der Klosterjungfrauen
1. Marie von Rüdesheim,
2. Margarethe von Diez,
3. Margarethe von Camberg,
4. Else von Würges,
5. Cordula Echtem,
6. Margarethe von Eufingen,
sowie der Hofleute Ilen von Erbenheim und Teysen."
Betrachten wir zuerst die Namen der Nonnen. Von den Namen des
Verzeichnisses von 1550 erscheint hier nur einer wieder, der der ^larie, nun-
mehr als Marie von Rüdesheim. Dass beide, :^[arie von Nassau und Marie
von Rüdesheim, dieselbe Jungfrau bezeichnen, geht daraus hervor, dass von der
Nassauerin gesagt wird, sie sei bei dem Tode der Reinbergerin die einzige
") Ilel wichs Abschrift iioiint ihn Max von Prostoln, doch j,^il. es damals koin^ii .>i11<mi
und ehrenfesten Mann dieses Namens zu Wiesbaden.
") Das Staatsarchiv bewahrt dieses Verzeichnis noch heute auf.
10
noih zu Chireiirlial verbliebene Sclnvester gewesen.'*) Nach Verlauf von kaum
acht Tagen — am 6. September — bi'gegnet uns der Name „von Rüdosheim",
nach noch niciit 14 TuirtMi. am 17.. und bald darauf am 24. September wird
im Haushaltungsburh wieder Marie Nassauerin genannt; sie steht an diesen
Tagen, wo sie Stattlmlterin oder Verwalterin lieisst. gerade wie am 6. September
an der Spitze der Klosterschwestern und ebenso noch bei ihrem Sclieiden aus
C'larenthal im Jidire löMK wo sie wieder Merg von Küdesheim genannt wird
und die „akc Aiitoi". d. li. die Zelle der Äbtissin, bewohnt.")
ich denke, daraus erhi'Ut genugsam, dass die beiden Namen nur eine
Person bezeiehnen. Sie war schon im Jahre 1550 im Kloster und zwar, da
sie in dem Verzeichnis zuletzt aufgeführt ist, als jüngste Nonne; da sie allein
ausgehalten hatte während der Sterbensläuftc, trat sie v(m selbst in die Stelle
dor Vorsteiieriu ein und behielt dieselbe, auch als die andern Schwestern sich
wieder einfanden.
Aber warum der "Wechsel des Namens? Es ist wohl nicht zu bezweifeln,
dass der eine ihre Herkunft von Ilüdesheim, der andere ihre Abstammung von
den Nassauern angeben sollte. Bei diesen kann man zunächst an die Grafen-
familie denken und wird darin bestärkt durch folgenden Umstand. In der
Kirche des Klosters befanden sich nach dem „luventarium der Ornata und
Kirchen Cleinott zum Neuen Closter" vom 10. Dezember 1558 u. a. „zwen
Nassauer Leb", d. h. zwei nassauische Wappen. Diese beiden erbat sich und
erhielt die Jungfrau Merg bei ihrer Übersiedelung nach Walsdorf im Jahre 1559
mir anderen Gegenständen von Graf Philipp; sie sind hier als „zwei Nassawer
Wappen an albeu" verzeichnet. Sie kann das grosse Interesse an ihnen, das
durch ihre Birre bekundet Avird, doch nur desswegen gehabt haben, weil sie
sich mit dem Hause Nassau verwandt glaubte. Wenn wir nun von einer
Marie von Nassau als Mitglied des Grafenhauses in jener Zeit nichts wissen,
die Genealogen wenigstens davon nichts berichten, so muss entweder ihr Name
sonst nicht genannt oder bekannt geworden sein, oder wir haben in ihr eine
Spuria des Hauses zu erblicken, deren Mutter zu Rüdesheim lebte und die
unter dem Schutze und der Fürsprache ihres Vaters die Aufnahn.e in das
Kloster erlangte, wie das ja auch sonst vorkam. — Man könnte aber auch die
Maiie dem Geschlechte der Herrn von Nassau-Spurkenburg zuweisen, das damals
zu Sonnenberg im Besitze einer Burgmannschaft war und auch zu Wiesbaden
einen Hof besass; zwei der Faiiiili(! kommen als Amtmänner daselbst vor,
Jtdiann im Jahre 1532 und Georg im Jahre 1558.-*) Doch hier geraten wir
wieder in Verlegenheit durch die Bezeichnung „von Rüdeslieim". Es bleibt
daher vorerst nur ein non liquet für uns übrig.
A on den Fräulein von Diez, der Cambergerin und den Echtem haben
wir oben bereits gesprochen; bei der Else von Würges und Margarethe von
"j Roth, fontes I, 1, 483.
*') Siehe unten in der Inventarisatioii vom .'>. Fcbninr 1559.
") Vogel, Annal. II, 3, 31. Junker Johann von Knssau besass nach einem alten Zins-
rogister des Hos-pitnls u. a. vier Morgen, die dem Junker Winter von Küdesheim (im Hofe der
Herrn von Wiesbaden, zuletzt der Mahrische Hof in der Kirclignsse geimnnt) gehört hnttoii.
11
Eufingon können wir nicht entscheiden, ob sie adeligen Familien, die zu Wiiiges
und Eiifiiigen angesessen und begütert waren, oder ob bürgerlichem Stande
angehörten. Über die lieiden Hofleute s. unten in dein Abschnitt 3, S. 20.
You den sechs Jungfrauen der Liste von 1554 waren also vier, Nu. 2,
4, ") und 6, nach dem Jahre 1550 in das Kloster eingetreten, eine Thatsache,
die auch Fichardt in seinem Gutachten au den Grafen bestätigt fs. u.). Von
der Diezeriu berichtet die Priorin in ihrer Rechnung (s. u. ), dass sie iiir das
von der Äbtissin bei ihrem Tode (155,')) hinterlassene Geld ausgehändigt habe:
sie befand sich also zur Zeit der Sterbensläufto schon im Kloster, von den
drei andern aber dürfen wir getrost annehmen, dass auch sie um diese Zeit
bereits zu Ciarenthal geweilt haben, ja noch mehr, dass sie v o r dem traurigen
Ereignisse eingetroffen waren, etwa 1550 — 1552. In jenen Jahren wird also
die Zahl der Nonnen bis auf zwölf gestiegen sein, von denen eben fünf zur
Zeit des Sterbendts auswichen und im September 1554 sich wieder einfanden,
No. 2 — 6 des Verzeichnisses, eine (Marie) Stand hielt, di(! übrigen sechs entweder
starben oder gleichfalls auswichen, aber ohne wiederzukehren, No. 1 — 6 des
Yerzeichnisses von 1550. Die Zahl derer, welche der Seuche erlagen, betrug
also höchstens sechs, allerdings hinreichend gross, um denen, die noch verschont
waren, die Furcht einzuflössen, dass sie das gleiche Geschick wie die Ver-
storbenen ereilen möge.
Die Rückkehr der ausgewichenen Schwestern muss alsbald nach dem Tode
der Priorin stattgefunden haben. Die Berichte stimmen darin überein, dass
nur eine Nonne im Kloster verblieben sei; das war am 28. August; die oben
angeführte Notiz, die Roth, fönt. I, 1, 483 mitteilt (sie ist dem Würzburger
Archive entnommen), sagt: „1554, 28. August moriente eciam priorissa Margareta
de Rinberg et unica suporstite moniali Maria de Nassaw cum quatuor sororibus
servientibus Philippus comes de Nassau per suos officiales omnia documenta.
census, sigilla etc., claves cciam ad mauus suas recepit." In diesen Worten
ist nur das nicht zutreffend, dass nicht erwähnt wird, dass bei dem Eingreifen
Philipps, welches eben die „Besichtigung" der Briefe u. s. w. des Klosters
am 6. September ist, wieder sechs Jungfrauen anwesend waren. Zwischen
beiden Tagen, dem 28. August und dem 6. September, muss die Rückkehr
(U'folgt sein. Der Tod der Priorin nicht weniger als das drohende Vorgehen
der Grafen, das siclierlicli keiner unter ihnen unbekannt sein konnte, da es
schon lange beschlossen war, vielleicht auch ein Befehl desselben, dem ihre
Anwesenheit bei diesem Avichtigen Akte erwünscht sein mochte, alles dies rief
sie schnell von ihren Zufluchtsstätten zurück.
Ob die Marie von Nassau die Leitung des Klosters als Statthalterin still-
schweigend in die Hand genommen als die, welche allein im Kloster geblieben
war, oder ob sie von dem Convent ernannt wurde, bis die vorgesetzte Behörde
eine Neubesetzung des Amtes der Äbtissin herbeigeführt hätte, oder ob auch
hier der Graf eingriff, wird nicht gemeldet. Zur Seite stand ihr die ^largarethc
von Diez, in deren Beisein sie z. H. am 21. und 24. September 1554 n>ir
Meister Christmann und Sattler Melchior von Mainz abrechnete.
12
Doch die Zalil (Ut JSehwostern sollte noch iiu'hr zusammenschrumpfen:
am 25. Januar \')'ü schreibt der Graf, es seien ilirer noch fünf anwesend und
diese fünf wurden endlich im Jahre 15r)8 und 1559 „abgefertigt" oder nach
Walsdorf verpHanzt; unter ihnen befand sich nicht die Cordula Echter, die ent-
weder ohne Abfertigung, wie die Fräulein von Erbach ausgetreten oder ge-
storben war.
Eine L'bersicht über diese Verhältnisse gibt die folgende Zusammenstelluns::
Die Klosterjungfrauen.
1550, 25. Februar.
1554, 6. September.
1. Anna Brendeln, Äb-
t 1553, 13. Okt
—
—
tissin
2. Margarethe Reinber-
t 1554, 28. Aug.
—
—
gerin, Priorin
3. Agnes von Hattstein
4. Gueth von Hattstein
5. Christine von Diez
6. Marie Kclitor
vor 1554, 28 Aug.
gestorben oder
„ausgewichen",
—
—
7. Marie von Nassau
1. Marie von Rüdesheim
bis Januar 1559
2. Margnrethe von Diez
bis Januar 1559
[8. Margareihe Cam-
nicht examiniert]
3. Margarethe Cam-
bis 1558, 30. Juni
bepgerin
bergerin
4. i-^lse von Würges
bis 1559, 27. Januar
5. Cordula Echter
vor 1557, 25. Januar
ausgeschieden
6. Margarethe vonEufingcn.
bis 1559, 27. Januar.
~ 9. Katharina Schenk von
—
—
—
Krbach
vor 1550 aus-
10. Klisabeth Schenk von
getreten (?).
_ Erbach
^
b) Aus dem Haushalt des Klosters von 1550—1554.
Während wir über die Führung des Haushaltes des Klosters für die frühere
Zeit nur geringe Kunde haben, da die dürftigen Mitteilungen der Necrologiums
über Schenkungen und über die Jahrgezeiten unsere einzigen Quellen sind, das
Ilauslialtungsbuch von 1525—1550 nur trockene Zahlen gibt und die „aller-
han<lt Register", die das Inventar vom 5. Februar 1559 kennt, sämtlich ver-
schwunden zu sein scheinen, sind uns für die Jahre 1550 — 1554 mehrere Auf-
zeichnungen erhalten, die einen Einblick in die Einnahmen und Ausgaben des
Klosters erlauben, das Hau.shaltungsbuch von 1550 — 1554 und das Rechnungs-
buch der Priorin während ihrer Amtsverwaltung.
Jenes ist bis zu ihrem Tode von der Äbtissin selbst geführt worden;
denn das Jahr 1550 hat die l'berschrift: „in anno L in dem 25 jare meynes
ampts" und entsprechend in den folgenden Jahren (1551 = 26. Jahr, 1552 =
27. Jalu-j, ferner spricht sie bisweilen mit „ich", Avie (1,551) am 27. Juli:
„alöz unsser zwen hern gestorben warn und ich einen boden zu dem provinzial
13
schicken iiiost" und das öfter vorkommende „uli rceluieie ab mit. . .". Nach
ihrem Tode ward es von der Priorin weitergeführt bis in den J [erbst 1554. Jenes
lässt in Bezug auf Genauigkeit und Vollständigkeit manches zu wünschen übrif,
indem z. B. die Einnahmen nicht regelmässig, sondern nur vereinzelt aufgeführt,
die Ausgaben nach Materien (Küchenspeise, Geschenke, Weiubergarbeit u. s. w. )
geordnet, dabei aber die Jahre nicht inmier gesondert werden, wodurch ein
Jahresabschluss, der regelmässig fehlt, unmöglich gemacht oder sehr erschwert
wird. Trotzdem bietet es eine Fülle von Einzelheiten, aus der wir eine Aus-
lese geben werden.
Das Rechnungsbuch der Priorin, welches etwa zehn Monate umfasst, ist
sorgfältigc^r geführt; es sondert Einnahmen und Ausgaben, zieht die Summen
von jenen zu einem Gesamtresultat, von diesen wenigstens für die einzelnen
Seiten bis zum Anfang des Juli 1554 zusammen und ordnet die Ausgaben meist
genau nach der Zeitfolge. Wir legen es daher für die Einnahmen zu Grunde
und ergänzen die fehlenden zwei Monate, um die Gesamteinnahme eines Jahres
zu gewinnen, durch den verhältnismässigen Betrag derselben. Die Über-
schrift des Eechuungsbuchs lautet : „Innom und ussgabe d u r c h m i c h
Margarethe ßeinbergerin zu Ciareuthal nach Absterben der Alten Frau Äbtissin
sei. gescheen. " Daraus erkennen wir, dass auch sie selbst hier die Feder
geführt hat.
1. Die Einnahmen der Priorin vom 25. Oktober 1553
bis Ende Auffust 1554.
Die Gesamteinnahmen der zehn Monate der Priorin ergeben die Summe
von c. 360 Fl. 12 Alb. Wir können sie nur annäherungsweise angeben, sie
mag eher etwas höher anzusetzen sein, da der Wert des Thalers, der bei
einigen Posten vorkommt, nicht bestimmt werden kann ; nach einer Stelle
werden 4 Thaler = 5 Fl. 4 Alb., also einer = 1 Fl. 7 Alb. gesetzt, an einer
andern kosten 2 Malter einen Thaler, die nach dem gewöhnlichen Preise mit
2 X -^'^ Alb. = 2 Fl. 2 Alb. bezahlt werden. Von den genannten 360 Fl.
12 Alb. müssen wir aber abrechnen die 48 Fl., welche die Äbtissin hinter-
lassen hatte, es bleiben also 312 Fl. 12 Alb. als Gesamteinnahme übrig, und
rechnen wir den verhältnismässigen Betrag für die zwei fehlenden Monate
= c. 62 Fl. hinzu, so ergibt sich eine Jahreseinnahme von c. 374 Fl. Das
ist in unsern Augen eine sehr geringe Summe, erscheint aber in einem andern
Lichte, wenn man bedenkt, dass der Geldwert damals ein ganz andrer war,
als man ein Malter Korn für 25 Alb. und ein Pfund Fleisch für 5 — 7 Pfennige
kaufen konnte, das Kloster aber vieles, was zum Leben nötig war, z. B. Fleisch,
Brod, Butter und Wein, von seinen zwei Höfen beziehen konnte und aucli
Schenkungen von Korn und Geld zu Zeiten ihm zuflössen.
Da die Art der Einnahmen nicht ohne Interesse ist, so lassen wir dieselben
hier folgen, wobei wir die lateinischen Zahlangaben des Originals mit unseren
Ziffern wiedergeben.
14
1. «Vun inyntT Erw. Frau inutor eptissin sei. verlassen gellt empfangen
48 Fl. C'onv. gelt, empfangen von Margareten von Dietz, hat min erw. Frau
muter eptissin sei. verlassen.'*
2. „Awgelt (Ertrag tler Au des Klosters bei JJiebrieh). 43 Fl. 18 Alb.
awgelt von Cleiss wirt zu Biberig empfangen uf Oster Montag, mit Im ge-
rechnet von wegen unser Awen, uml ist v^n dem Jar fiinfft/ig drie unsz nichts
mehr schuldig."
8. Uss woll o-eleist. G8 Fl. vcm Arnolt Ingenommen .... so diss 53 Jor
ine und zur Armen liue gefallen." im .lahre 1552 erlöste man aus AV(dle 83 Fl.
4. „Leibfall. C Fl. leibfall von wegen das Apts zu Erbach . . . uf
Soutag omnis terra."
Hieizu fügen wir folgende Erläuterungen: 1. Leibfall ist eigentlich der
I Unfall der persönlichen, namentlich der Besitzrechto eines Leibeigenen bei
seinem Ai)leben und die Abgabe, die seine Angehörigen für i'bertragung
solcher Hechte auf sich andern Herrn zu entrichten hatten. Deutsches AVörter-
bueh Yl, 598. Hier bezieht sich der Leibfall auf das Verhältnis des Klosters
Eberbach zu Clarenthal. Eberbach musste nämlich früher bei dem Tode eines
Abtes wegen seiner Besitzungen zu Mosbach zwei Besthäupter an Clarenthal
abgeben. Im Jahre 1433 aber trafen beide Klöster das Abkommen, dass Eberbach
dafür bei dem Tode eines Abtes künftig sechs Goldgulden entrichten solle.
B odman n S. 12. Ein Copiar im St. -Archive sagt: „Item so eyn apt gestorben
zu Erpach, 8al er dem Convendt geben 6 Goltgulden vor ein besthaupt, Sal
im die eptissen quetiren." Das Formular einer solchen (Quittung ist dabei
erhalten. — 2. Am 14. September 1553 war der Eberbacher Abt Andreas von
Küblenz gestorben; das Kloster kam also an dem Sonntag omnis terra seiner
Verpflichtung nach. — • 3. Dieser Sonntag omnis terra hatte seinen Namen von
dem Anfange der Messe des Tages : er war der zweite Sonntag nach Epi[)hania,
der im Jahre 1554 auf den 14. Januar tiel.
5. ^1272 Fl. von Hennen dem meister emjjfangen uf gemelten tag."
fber den Meister Hennen s. unten in Abschnitt 3, S. 20. Wofür diese Summe
gezahlt wurde, wird nicht gesagt.
Als Summe dieser fünf Posten ist angegeben der Betrag von 188 Fl.
6 Alb., sie beläuft sich aber nur auf 178 Fl. 6 Alb. ; es muss also irgend ein
Irrtum untergelaufen sein, indem entweder ein Fehler in der Addition gemacht
wurde oder ein oder mehrere Posten unrichtig angesetzt sind. So leicht der
erste Fall bei Anwendung der lateinischen Zahlzeichen vorkommen konnte und
auch vorgekommen ist, wie einzelne Nachprüfungen bewiesen haben, so scheint
doch hier der zweite Fall vorzuliegen. In Xo. 1 nämlich ist allem Anschein
nach dem LVIII .später, wie die Schrift zu schliessen erlaubt, ein X vorgesetzt
und dadurch die Zahl um zehn veriniudert worden; das muss erst nach ge-
Hcheln-ner Addition stattgefunden haben; die Priorin vergass dab(>i das Ergebnis
ihrer früheren Addition zu ändern. AVir haben für unsere Berechnung den
Ff'hlcr berichtigt.
G. Aus Vieh wurden erlöst. 1. „15 Fl. (>mpfangeii \<tn Hennen von wegen
Jeckel metzger zu AVisbaden, dem wir den Ochsen verkauft, und ist noch ganz
schuldig- 7 Fl. myncr 2 Alb. (= G Fl. 22 All).), empfangen auf Ostor Mittwoch«;
2. „3V2 Fl. 2 Alb. (= 3 Fl. 14 Alb.) für 1 Saw von Kaps Hansen em-
pfangen"; '.). „4 Fl. für 1 Saw, hat Jlans Krvv uf seines Vettern hochzeit
kaufit", zusamiucii „22'/2 Fl. 2 Alb." (22 Fl. 14 Alb.)
7. Aus AVolle wurden weiter erlöst am S. Annentag den 27. Juli ir)r)4
f) Fl., 9 Alb.; „des hat Arnolt (von Sonnenberg) 2 Fl. iubohulten alt schuldt
lutt der ussgab."
8. Als Pachtgelder sind vier Posten aufgefühi-t, aus denen wir folgendes
auslieben: 1. .')'/2 Fl. von Meckels Hansen /u Mossbach empfangen wegen
seiner Pacht und Wiesen ; ist noch schuldig 6 Fl. ; auf Ostern-Mittwoch ;
2. 11 Fl. 1 Ort (= 74 Gulden) von Pacht /u Dotzheim auf Lichtmess; 3. 4 Fl.
13 '/2 Alb. Dotzheimer Pacht Donnerstag nach Oculi (1. März); das andere,
7 Fl., ist „mir" Margrcdt noch schuldig; 4. 4 Fl. Pacht von Michels Peter zu
Mosbach Freitag nach Quasimodo (6. April); zusamnu^n .,22 Fl. 23 Alb."
9. Für verkauftes Korn und Weizen wurde eingenommen im Ganzen der
Betrag von ca. 34 Fl. 7 Alb. ; er verteilt sich auf acht Posten, von denen
der erste auf Mittwoch vor corp. Christi (31. Mai), der letzte auf Margarethen-
tag (13. Juli) einging; ein Malter Korn ist mit 24, 25 und 20 Alb. bezahlt
worden, einmal 2 Malter mit einem Thaler, 12 Malter Weizen mit 15 Fl.
7 Alb, ; 12^/2 Fl. sind von der Armen Kühe eingegangen, ebenso wohl auch
das Geld für Weizen; denn der Hofmann derselben kaufte dafür verschiedene
Fische, Käse, Oliven u. a.
10. Die Einnahme von „Zinsgcld" betrug im Ganzen 97 Fl., 1 Alb.
Davon zahlte Hans Krug auf Thomae erst (21. Dezember) 1553 22 Fl. auf
Sonntag nach Thomae (23. Dezember) 5 FL, 4 Alb. und auf Yincula Petri
(1. August) 1554 22 Fl. ; nähere Angabe fehlt; von Wentzen Hansen zu
Mossbach gingen auf S. Marxtag (S. Marcus, 25. April) 4 Fl. für eine Wiese
ein. Die drei folgenden Posten bedürfen einer längeren Begründung. Zunächst
erhielt die Priorin „20 Fl. Zinsz vom 5.'). Jor von Herr Johann Pastor zu
Reinbellen uf unserr Herrn Offartstag (Ascensio dom. = 3. Mai)"; in den Aus-
gaben heisst es: „Item hab ich Peter von Dotzheim uf h. Himelfartstag geben
8 Alb., als er mir das gelt bei dem Pastor Reinbelleu holt." ^lit diesen
20 Fl. hat es folgen Bewandtnis. Im Jahre 1355 am 17. Dezember schenkte
der Pfalzgraf ßuprecht, seine Mutter Mechtild, Tochter des Königs Adolf, und
die damalige Äbtissin von Clarenthal Agnes von Nassau ehrend und zum ewigen
Gedächtnis seiner Mutter und seiner Vorfahren das Patronat von Rheinböllen
bei Bacharach dem Kloster Clarenthal und sowohl der Erzbischof Gerlach von
Mainz als Ruprecht der Jüngere bestätigten diese Schenkung, 1356 und 1360.
Als später die entfernte Pfarrei dem Kloster lästig wurde, veräusserte es sie
an den Pfalzgrafen Friedrich, worüber eine Urkunde vom 28. Februar 1455
vorliegt, behielt indessen gewisse Rechte. Über dieselben erhob sich etwa
zwanzig Jahre nachher ein Streit zwischen dem Kloster und dem Pfarrer des
Ortes Peter Schluch, den als Schiedsrichter Adolf von Breithart, Schulmeister,
und Wolfgang von Nellenburg, Sänger uns. 1. Fr. zu den Greden in Mainz,
dahin cutschieden, dass der Zehnte dem Kloster gehihv. Derselbe muss zu
IG
20 Fl. verauschlagt wurden sein oder soviel ergeben haben. Mit dem Pfarrer
Scbluch stellte sieh, wie es scheint, das gute Verhältnis wieder her, denn nach
dem Neerologiuni, 18. September, wurde ihm, dem venerabilis dominus Petrus
Scbluch, plebauus zu Reiubulde, ein Anniversarium angeordnet; er hatte dem
Convente ein silbernes vergoldetes Kreuz verehrt, das noch im Jahre 1558
vorhanden war und zu den Kleinodien des Klosters gehörte.
Die zwei letzten Pusten betreffen die Stadt Wiesbaden, welche am
1. Augu>t 1438 ein Kapital von 250 Fl., am 28. October 1486 ein solches von
200 Fl. von dem Kloster gekauft hatte, jenes für jährliche 13 Fl., dieses für
jährliche 10 Fl. Die JUirgermeisterrechnung vom Jahre 1524 verzeichnet dem
entsprechend als Ausgabe zum Neuen Kloster 12 Goldgulden zu 26 Alb. =
13 Fl. und in gleicher Weise 10 Goldgulden zu 26 Alb. = 10 Fl. 20 Alb.
Die Priorin gibt als Einnahme von Wiesbaden an am Dienstag nach dem neuen
Jahre 10 Fl. zu 26 Alb. „zu der Brendeln Jarzeit"-'*) und 13 Fl. an Kiliani
den i). Juli-.*")
2. Die Ausgaben des Klosters.
In Bezug auf die Ausgaben sind wir weniger gut gestellt als bei den Ein-
nahmen. Die Priorin hat zwar ziemlich genaue Rechnung geführt; nur manchmal
ist eine vergessene Au.sgabe an unrichtiger Stelle nachgeholt, auch die Tage,
wenn sie neben dem Kalenderlieiligen unsere Datierung durch Abzählen angibt,
sind nicht immer richtig bezeichnet, wie wir schon zu bemerken Gelegenheit
hatten ; einmal schreibt sie bei dem Einkauf von Karpfen in naiver Weise :
„was sie kosten, weiss ich nit". Aber, was die Hauptsache ist, der Abschluss
fehlt, da sie mitten aus ihrer Thätigkcit herausgerissen wurde. Die Gesamt-
ausgabe ihrer zehn Monate beträgt ca. 293 Fl., so dass sie bei ihrem Tode
noch ca. 07 FI. in der Kasse hinterliess. Blieben die Ausgaben während der
folgenden zwei Monate in gleichem Verhältnis, so würden sie ca. 350 Fl. be-
tragen, also ein Überschuss von ca. 70 Fl. sich ergeben haben.
So günstii; scheint es in den letzten der vorhergehenden Jahre niemals
gestanden zu haben. So wenig wir auch die Gesamtausgaben eines derselben
übersehen können, so erkennen wir doch so viel, dass bisweilen grosse Ebbe
in der Kasse herrschte. Das erhellt daraus, dass die Äbtissin Anna bisweilen
ein Anlehen bei einer Schwester machte oder Forderungen für geleistete Dienste
und Arbeit durch Teilzahlungen oder Naturalien, Korn, ]\[ehl u. a., l>efriedigt.
Zwei Beispiele mögen zum Beweis des Gesagten genügen. Am Andreastage
(30. Novemer) 1550 entlieh sie von der Agnes Hattstein 4 Tlialer, erstattete
sie ihr alier erst in <ler AN'oche von (Juasimodogeniti (5. — 11. April) 1551
wi<!der zurück. Dienstag nach Pfingsten 1550 (27. Mai) rechnete sie mit dem
Schmiede Adam zu Wiesbaden ab; die Forderune: desselben betrug: — ohne
**) "NVnruiii zu der Breiidolii Jahrgezeiti' Gemeint ist das Jahrgezeit der Hebelgin
Urondeln, da« in der Fastenzeit gehalten werden sollte. S. Necrolog, 6. Januar. Mit der Stadt
«tand das Kloster durch Ilcbolgin nur dadurcli in Heziehung, daßs diese dem Convent zehn
ewigo Gulden zu Wiesbaden gegeben hatte.
*") Kilimist.'iL,' ist al)cr <ior M. .Juli.
r
den Jahreslohn von 7 Fl., 1 Malter Korn und einem Wao-cn Uolz — 22 Fl.
16 Alb. ; dafür erhielt er zunächst 5 Fl. 19 Alb. in Korn und Mehl, dann
6 Fl. und erst auf S. Andreas den Rest.
Es kann natürli(Oi n'u'lit unsere Aljsirlit sein dii; Aus^ulxn des Klosters
bis ins Einzclnt- hinein zu verfolgen; es niuss genügen nur soviel heraus zu
heben und zusauunenzustelleu, als nötig ist, um die Zustände und das Leben zu
Clarenthal, soweit es aus den dürren Angaben einer Rechnung möglich ist, zu
erkennen.
Eine hervorragende Rolle sjuelten die Geistlichen, der Richter oder
Bichti"'er und der Kaplan, welcher die Messe hielt. Jenem wurdt; im Jahre 1550
und 1551 zum neuen Jahr jedesmal ein Thaler, diesem ein halber Thaler ge-
geben. Als die „zwen Herrn" im Jahre 1551 gestorben waren, der Richter
Johann Clee an S. Medardustag (8. Juni), der andere wenig nachher, befanden
sich die Nonnen längere Zeit in grosser Verlegenheit. Sie wandten sich zwar
alsbald — am Sonntag nach S. Annatag, dem 2. August - - an den Ordens-
provinzial mit der Bitte, dass er für Nachfolger der beiden Herren sorgen möge
und, als dies erfolglos blieb, abermals am 2. März des folgenden Jahres ; beide
Sendungen kosteten die erste 4 Fl., die zweite 8 Thaler Botenlohn („zu zerung").
Wann neue „Herrn" ankamen, wissen wir nicht, aber die Angaben des Haus-
haltungsbuches belehren uns, wie sehr man sich behelfen musste, da die Regel
eine bestimmte Anzahl geistlicher Übungen vorschrieb; so sollten die Nonnen
nach der ältesten Anordnung vom Jahre 1220 in jedem Jahre zwölf mal beichten
und sechsmal kommunizieren. Man musste sich einstweilen mit fremden Geist-
lichen aus Mainz behelfen. „Zum guten Jahre" 1552 erhielt der Richter einen
Thaler, der Kaplan zu Mainz, der „uns hie mess gethan, als wir keinen Kaplan
haben", einen halben Thaler, der Bichter, als er hinwegzog, nachdem er
15 AVochen da gewesen war, Montag nach Estomihi (28. Februar) einen Thaler,
ein andrer von Mainz für einen Besuch auf Pauli Bekehrung {2':). Januar)
einen halben Thaler, Herr Heinrich von Mainz, der auf Weihnachten und an
vier Tagen Messe gethan hatte, einen Thaler, ein Bichter von Mainz am
3. April (Judica) einen halben Thaler, weil er die Nonnen, Herr Jost. nach
dem er das Gesinde berichtet (sie mit dem Sakramente versehen), am Oster-
dienstag ebensoviel, und nochmals im Laufe des Jahres den gleichen Betrag,
Aveil er „den Nonnen gedient hatte"; am Anfang des Jahres 1553 verzeichnet
die Äbtissin vier Thaler dem Bichter, am 3. März 1554 die Priorin 9 Fl.
als dessen Lohn für das Jahr 1553, am 13. März 1554 für den Herrn Kaplan
Johann 4 Fl. als „sines lones" und endlich am 29. März dem Bichtiger 2'/2 Fl.
„zur Zehrung in seine Heinuit".
Der Hofmeister ging gleichfalls am Neujahrstage nicht leer aus ; er bekam
„zum guten Jahr" einen halben, seine Frau einen Drittelthaler, eine dritte
Person, deren Verhältnis nicht näher angegeben ist, fünf Albus. Desgleichen
wurde dem Hofmeister Theis auf der Armen Ruhe von Convents wegen eiu
Neujahrsgeschenk genuicht. Im Jahre 1550 kaufte die Äbtissin u. a. 15\'2 Ellen
„wirken" Tuch für das Gesinde und auf des Meisters Tisch zu Brodtücheru
2
18
für 32 Alb. iiml gub lr):>2 doni Meister und seiner Frau G Fl., dass sie sich
sollen kleiden.
Gehen ^vir /.u aiuK-rn Personen über, die mit dem Kloster in naher Be-
ziehung standen, so gab die Äbtissin im Jahre 1550 den vier Förstern zu
Wiesbaden 4 Thaler ^vor unser schaf, dass mir (sie) sie /u waldo dryben
möchten, darumb habe ich Sie in geschenkt, dan mir liaben iss nit macht,
dan habe iih mich mir in verdragen, sonst werden mir von den Wehern furstern
auch irepandei. ich schrib diss zu eym gedechtnuss.'*
Denselben lierrag gab die Priorin im Sommer 1554 („tut 5 Fl. 4 Alb."),
dazu Maigeld den Förstern von Wiesbaden und Wehen U und 18 Alb., dem
Schuhheiss auf PHngstabend als Pfingstrecht einen Thaler, den Schützen, „wie
man ihnen alle Jahr geben nniss", ebensoviel. — Der Zehentknecht Peter
erhielt 1551 einen Tlialer für die Knechte in der Ernte und wenn man ihnen
Wein geben nuiss, etwa täglich eine Mass, „dass sie keinen Wein borgen bei
den Wirtheu. wie sie denn gethan haben, dass die Äbtissin dick 4 Fl. den
Wirthen zu Erbenheim bezahlen musste." Etwas später, am Freitag nach
u. 1. Fr. Geburt (11. September) erhielt der Zehentknecht Philips, der 18 Tage
des Zehntens gewartet hatte, bei der Abrechnung 2 Fl. 15 Alb.
Als Schätzung zahlte das Kloster im Jahre 1551 am 8. August 12 Fl., für
155-'> verlangte nuin 17 FL. doch wurde diese Summe durch den Einfluss des
(Jrafen auf <l Fl. ermässigt. In einem Rechtsstreit, den das Kloster wegen
einer Wiese mit dem Herrn von Geispitzheim") hatte, zog es Doktoren (im-is,
wohl aus Mainz) zu Rat; welches Honorar diese forderten, ist nicht deutlich,
da es mit andern Ausgaben zusammengefasst ist; auch die andern Kosten in
dieser Sache, gemeinsame Verhandlungen, Botenlohn u. s. w. scheinen nicht
alle verzeichnet.
Auch einen Arzt, aber nicht einen Dr. med. erwähnt die Priorin im
März 1554; Meister Andres oder Endres Scherer zu Wiesbaden heilte damals
des Klosterbäckers Buben und erhielt als Honorar 8 Albus. Die Scherer,
eiffentlich Bartscherer. tonsores, waren vielfach zugleich ^^'uudärzte und in
Bädern beschäftigt, da man gern im Bade zur Ader Hess; daher sehen wir sie
nicht selten im Besitze von Badhäusern. Das scheint bei unserm Scherer nun
nicht der Fall gewesen zu sein; denn des Scherers Endres Erben wohnten im
Jahre 1555 (er selbst war also mittlerweile gestorben) nach einer Bürgerliste
in der hiesigen Grabenstrasse, er übte also sein Gewerbe in fremden Häusern
und war daneben auch anderwärts Heilkünstler.
Sti-afen wegen Vergehens gegen die Feldpolizei musste das Kloster zahlen,
weil die Schäfer Nüsse aufgehoben hatten; sie; wurden von den Schützen
„geruwct", d. h. in einer der drei oder vier Rügen der Schützen angezeigt und
zur Strafe gezogen.
Der Dechant u. 1. Fi. zu l-'rankfurt erhielt jährlich 16 Fl. Zinsen für
«■ine Schuld von 400 Fl., die Äbtissin von S. Clara zu Mainz mehrmals
") Damals HcMitzcr dos Hofes <ltr lltMiii \oii Wiesbaden.
10
4 Thaler; jene SchiiUl tilgte der (<raf sofort, nachdem er in d(!n vollen Besitz
des Klosters gelangt ^var.
Gehen wir nunmehr zu dem Gesinde des Klosters über, so müssen wir
bedauern eine genaue Übersicht über die Personen und Ti(ilinv(!rliältnisse nicht
zu gewinnen Unter den PiM-sdiicii wii-d nicht unterschieden, welchem der beiden
Höfe des Klosters sie angehörtiui, und die Lühne werden meist in Teilzahlungen.
Ilestlieträgen oder auf l\,e(;hnung (ungeschrieben. Es werdim g(^nannt ein Olier-
knecht, JJuben und Viohbuben, Mägde und Viehmägde, Schäfer und ihre Buben,
Bäcker und Bäckerbuben, Küchenbuben, der Sauhans.
Klarer sehen wir in die Verhältnisse der im Dienst des Klosters stehenden
Arbeiter: die zwei Strohschneider zu Bierstadt waren im Jahre 1550 gedingt zu
6 Fl. und 2 Malter K(n-n; die Kornschneider zu 18 Fl. und soll man ihnen Bier
geben und keinen Wein, wenn aber das Korn abg(!schnitten ist, sollen sie
74 Wein erhalten; die Gras- und Hafermähder bekommen lö^i Fl., die Jleu-
mähdor 7 Fl., die Drescher 5 Fl. 8 Alb,, die Schafscherer 12 Batzen und die
Fraucni, welche die Schafe zu wasclien helfen, 3 Alb. Dazu treten Leute, welche
Mist tragen und streuen, und mancherlei Taglöhner; dem Gelzenleuchter gab
man 1550 einen Gulden.
Höchst bedeutsam sind die Mitteilungen über die Thätigkeit der Wingertleute,
zumal da wir aus einer derselben die Lage eines AVeinberges erfahren. Wir
folgen hier wieder der Rechnung der Priorin und ihrer Fortsetzung. Nachdem
im Frühjahr 7 Fl. und dann 5 Fl. 7 Alb. auf die Arbeiten in den Wein-
bergen verwendet worden waren, erhielten im Mai Frauen, welche die Heben
gebogen hatten, 3V2 Alb., im Juni vier Frauen für das Heften (Binden) der
Wingerte einen Gulden und endlich am 14. Oktober die Leser in dem Wein-
berg, genannt die Geisheck, 2 Fl. 2 ^. Wir erkennen hieraus, dass die
Zeit der Lese im Jahre 1554 der Anfang des Oktober war, und fiudcui die
Nachricht, die Schenck S. 406 mitteilt, dass das Kloster in dem Distrikte
Geisheck einen Weinberg angelegt habe, vollauf bestätigt. Hier war ehemals
ein Gebüsch gewesen, ein „husche" = Gesträuch oder Gehölz im Gegensatz
zu dem eigentlichen Walde, welches die Grafen Gerlach und seine Söhne
Adolf und Johann dem Kloster im Jahre 1347 geschenkt hatten; Graf Adolf
erlaubte dann im Jahre 1349 seiner Schwester'-) und dem Convent das Rod
zu roden. Diese oder ihre Nachfolgerinnen benutzten die ihnen gegebene
Freiheit, indem sie das Land urbar machten. Der Weinberg bestand noch zur
Zeit des 30jährigen Krieges''), zu Schencks Zeit waren nur noch Si)uren
von ihm zu sehen.
Natürlich waren auf den Klosterhöfen manclietlei Handwerker, meist aus
Wiesbaden, doch auch von Mainz, Leieudecker (Dach- oder Schieferdecker),
Schlosser, Schmiede, Sattler, Wagner u. s. w. beschäftigt; Waren und Lebens-
mittel kaufte man an den genannten beiden Orten.
»•-) Es war dies offenbar die Äbtissin Katharina, die im .lalue 134S nielirnials in
Urkunden vorkommt.
»ä) „Extract aus den Clarentlialer Hospitalrechnungen a. 1631." Vori,'!.
Ende des Inventars.
o*
20
Zuletzt werfeil wir einen Blick auf die Mahlzeiten. Ohne Zweifel lieferten
die Kofi' des Klosters vieles, wie Jirod und Geniüt'e, aber z. B. Butter und
Wein wurde nirht in genügender Menge gewonnen. Käse kaufte man zentner-
weise, wie einmal zwei Zentner zu S Fl. 5 Alb. Am iiäuügsten erscheinen
Ausgaben für Fische, da die Fastengebute sich über einen langen Zeitraum
erstreckten, von dem nur einzelne Tage ausgenomnu>n waren. Hier begegnen
uns vielerlei Arten von Fischen, Stockfische, Bückinge, Karpfen, Blattisen
(Phitteiseu), selten Salme, desto häutiger Pläringe, die man tonnenweise bezog.
— i'ber tlen Verbrauch von Fleisch gibt die Rechnung des Metzgers am
Mittwoch nach Peter und Paul l').")! eine Vorstellung: or hatte von Ostern bis
zum Johannistage für IT Fl. lU '/■.• Alb. Fleisch gt'liefert und für die Kirch-
weih l.')r>4 wurden lM Pfund Rindfleisch für nötig befunden — und dabei
mochte auch manches von dem eigenen Besitz verzehrt werden. — An zwei
Festen, zu (Astern und auf der Kirch weih, wurden Kuchen in grosser Auzalil
— ,.s werden mehrmals 19 Fladen genannt — gekauft, dabei fehlte es nicht
an (rewürzen. Rosinen, Muskatblume, Oliven, Feigen u. a. Wie gross der
Vorrat an Wein im Keller war, zeigt die Inventarisation vom Jahre 1559; sie
nennt S Fuder = 48 Ohm.
Über die Ausstattung der Zimmer und das Bottwerk vgl. die unten mit-
geteilten Berichte.
Aus allem geht hervor, dass sich die Klosterjungfraucn durchaus nicht
streng an die harten Regeln der älteren Zeit hielten, die bereits mancherlei
Milderungen im Laufe der Zeit erfahren hatten. Jedenfalls ernteten die
Scliwestern von dem Weilibischof das Lob, dass sie sich gut und wolil liiolton ;
oder hatte die frugale Fastennuihlzeit sein Urteil bestochen?
."). i'ber den Viehbestand des Klosters im Jahre L554
belehren uns zwei Verzeichnisse, die alsbald, nachdem der Graf die Verwaltung
des Klosters in die Hand genommen hatte, am 13. September und 18. Oktober
aufgenommen wurden. In eigener Bewirtschaftung hatte damals das Kloster
zwei Jlöfe. den zu Clarenthal und den zu der Armen Ruhe bei Biebrich. Auf
jedem derselben hatte es einen Hofmeister oder Meister, Hen von Erbenheim
zu Clarenthal. Theiss (Deis, Teis) auf der Armen Ruhe; sie vermittcdten aber
auch oft den V(;rkejir der Äbtissin mit der Aussenwelt, nahmen eingehende
(ielder in Kmjifang und besorgten Einkäufe und Zahlungen, waren überhau])t
wichtige Personen für das Kloster, weshalb sie auch wie die Goistliclien mit
Neujahrsg(!S(d>enk(!n bedacht wurden. So finden wir sie aucli zu der Besiclitigung
(b-r Briefe und Dokumente des Klosters zugezogen und sie sind bei der Vieh-
zählung als gi'genwärtig zu denken, wie die zweite andeutet. Bei der (U'sten
fehlt der Nanu- des Jlofes, bei der zwcuten wird in der Fberschrift das neue
Kloster genannt, daher wir für die erste die Arme Ruhe voraussetzen.
1. Viehstand des Klosters, 13. September 1554.
Item iin sawe vige gezelt gross iiihI klein sechtzigk und eyn saw, darunter
23 ijrrjlier s;iwe.
21
item ;iii riiidtvi^^c XXII stuck iiml vioi st. kclInT,
Item Schott' f^ezclt junge und alt(! vierhundert secht/.igk eyn stuek. dur-
unter dei- Kneclit. Xotii: der Itzige Schaff'er Kneelit hatt X stuck
line zustendig-.
Item viel' \v;ig'en pterde.
Item zwey moln pf'erde.
Item eyn tiln von tzweien joren.
2. Dem XVIII. October ir)54.
New Closter das vihc gezalt.
Item IX st. gelle vihe (gelte = sterilis).
Item XVII Melke kuhe.
Item VII jerlinge Kelber.
Item VII st. von zweyen Jahren Jlindtfylie.
Item VI st. mastvehe und VIII Kelber.
Item II£: weyuiger 1 stuck an Schaff' vihe, darunter der Knecht.
Item I^ XV st. an Saw vihe gross und klein, wie sie der Maister selbst
zaitt hatt.
Item AVagen und Pferde.
Danach besass das Kloster an Schafen, wenn wir auch bei denn zweiten
Verzeichnis für den Knecht zehn Stück rechnen, etwa 640 Stück, an Schweinen 1 76.
an Rindvieh im Ganzen 80 Stück, dazu Wagen und Pferde auf beiden Höfen.
c) Die Auflösung des Klosters 1554—1559.
Von dem Zeitpunkte au, wo die von dem Grafen am 12. Dezember 1553
angeordneten Massregelu ruchbar geworden sein mochten und droheten. beginnen
die Versuche der Hüter der alten Ordnung geregelte Zustände zu Chireuthal
wieder herzustellen und dadurch den Fortbestand des Klosters zu sichern: sic^
gingen von drei Seiten aus, dem Ordensproviuzial, dem Convent zu Olarenthal
selbst und dem Erzbischofe von Mainz, und betrafen die Wahl einer Äbtissin,
die Aufnahme neuer Mitglieder und das ganze Verhältnis des Klosters zu dem
(frafen, waren aber von gleicher Erfolglosigkeit.
1. Die Wahl einer Äbtissin herbeizuführen und zu leiten war Sache des
Provinzials. Bruder Heinrich Stollcisen, damals (seit 1545 bis 1556)'") Bar-
füsser-Ordensprovinzial in oberen deutschen Landen, richtete, noch ehe er den
Tod der Priorin erfahren haben konnte, an demselben 6. September, als die
gräflichen Beamten die Briefe des Klosters besichtigten, an den Amtmann zu
„Weisbaden" ein Schreiben des Inhalts, er habe eine Statthalterin aus dem
Convent zu Speier für Ciarenthal konfirmiert, die bis zur Wahl einer Äbtissin
dem Kloster vorstehen solle. Eine Antwort auf dieses Schreiben ist nicht
erhalten, aber die konfirmierte Statthalterin fand keine Aufnahme. — Nach
länger als Jahresfrist, am 5. Januar 1556, meldet Friedrich Hund von Saul-
ä») P^ubel, Geschichte der oberdeutschen Minoritcn-Proviiiz 8. 167.
hi'im (U-r Ältere dem Grafen, die geistliehe Obrigkeit wolle seine Tochter
Clara. Jungfrau im Kloster zu dem alten Münster in Mainz, zu einer Äbtissin
von Ciareuthal verordnen; dieweil dazu seine Yerwilligung erforderlich sei und
er ohne Yurwisseu des Grafen keine Lust habe sie zu geben, fragt er um seine
Meinung. Audi hier vermissen wir die Autwort, die nicht aufmunternd ge-
wesen sein wird, da Clara nicht als Äbtissin erscheint. Der IS'achfolger Stoll-
eisens. Ki.nrad Ludescher, scheint die Saclie nicht weiter verfolgt zu haben.
1'. \)a< Kluster selbst fühlte sich von der geringen Zahl der Schwestern
am meisten unbefriedigt. Es wandte sich zweimal im Laufe des Jahres 1555
deswegen an den Grafen; wir geben den Inhalt der ersten Bittschrift (vom
L"). März) kurz wieder. Der Graf wisse, wie das Kloster mit so wenig Personen
begabt sei. dass sie, wie von Alters beschehen, ihre Bräuche mit Singen und
anderem im Ciior nicht vollenden könnten, dazu sei keine unter ihnen, die
etwas schreiben möge; sie wüssten aber, dass eine Jungfrau zu Mainz im
Kloster zu St. Clara sei, die ihrem Orden angehöre und die solches mit Singen
und Schreiben versehen kcinne; sie seien aber nicht gemeint oline Vorwissen
und gnädige Verwilliguug des Grafen, jemand aufzunehmen, bäten also um
Erlaubnis diese Person aufzunehmen, damit sie das Kloster in "Würden und
Ehren, wie es vormals gewesen ist, haben mögen. Die zweite Bittschrift ist
vom 14. September: hier findet sich ihr Gesuch also begründet: „Da das
Kloster niemand ohne das Yorwissen des Grafen aufnehmen dürfe und
wolle"". Philipp blieb für die Bitten der Jungfrauen taub.
i). Endlich ergriff der Erzbischof von Mainz am 29. März 1556 das AYort,
Auf den Erzbischof Sebastian von Heusenstamm, der, wie es scheint, der Sache
ihren Lauf gelassen hatte, war am 18. April 1555 Daniel Brendel von Hom-
burg gefolgt. Er brachte als Glied der Familie, welcher die letzte Äbtissin
Ciarenthals und fünf Klosterjungfrauen angehört hatten (s. oben), der Anstalt
ein grösseres Interesse entgegen und beschloss hier einzuschreiten. In einem
Schreiben von dem genannten Tage beklagt er sich darüber, dass schon geraume
Zeit das Kloster einer Äbtissin entbehre und die Conventualen, die Willens
.seien eine neue zu wählen, daran verhindert würden, ferner dass eine weltliche
Mannsperson das llegiment führe und Briefe und Siegel besitze; er verlangt
Abstellung dieses Zustandes.
Dieses Schreiben drängte den Grafen zu einer endlichen Entscheidung.
Zunächst suchte derselbe eine bestimmte Antwort hinauszuschieben, indem er den
Erzbisehof auf den Tag. an dem er seine Mainzer Lehen empfangen werde,
vertröst(,'te ; er werde dann zugleich über die Klosterfrage berichten. Aber auch
di«!sen Tag wusste er wegen seiner Gesuudheitsverhältnisse weiter hinauszudrücken.
Mittlerwcil(( wandte er sich an den Frankfurter Rechtsgelehrteu und Syndicus,
Dr. Johann Fichard. der sich in seiner Heimat eines hohen Ansehens erfreute,
und bat um dessen Hat.
Johann Fichard'*}, Sohn des Kekturs einer Stiftsschule, dann Gerichts-
schreibers Ficliard zu Frankfurt, war im Jahre 1512 geboren und erhielt nach
'*) Kitien Abriss seines Lebens von Dr. Juiifj s. in dem Korresp.-ßl. der Westdeutschen
Zoitsclir. 1886, .Sp. 207 fl".
Ja
Vüllontlung- seiner Univorsitätsstuduin iin<l kurzer Thätij^keit am Rcichskanniu'r-
gcricht zu Spcier im Jahre 10:5;] die Stelle als Stadtsyudieus in seiuer Vater-
stadt, die er mit einer kurzen Unterbrechung- vom Jahre löBT an bis zu seinem
Tode (1Ö81) bekleidete. In sti-eng katholischen Anschauungen erzogen wandte
er sich mii' allinählich mehr der reformatorisclKMi Richtung, die in Frankfurt
herrschte, zu und gewann in seiner Stellung durch seine; Befähigung als Staats-
mann einen massgebenden EinHuss auf die Frankfurter Angelegenheiten, ent-
wi(dvelte eine fruchtban; Thätigkeit als Reclitsgelelirter sowohl auf theoretiscluMU
als praktischem Gebiete und hat sich auch durch geschichtliche Arbeiten vorteil-
haft bekannt gemacht. Ihm also legte Philipp am 24. April 1556 seine Sache
vor und bat um seinen Rat. Wir übergehen einige Briefe; der beiden, da das
gründliche Gutachten Fichards vom Februar 1557 alles hierher Gehörige zu-
sammenfasst.
Der Graf hatte nämlich am 25. Januar 1557 Fichard gemeldet, dass die
Jungfrauen von Clarenthal ein Gesuch an ihn hätten gelangen lassen, über das
er abermals seinen Rat erbitte.
Wir müssen die Schrift der Nonnen weitläufiger vorführen, da sie den
Weg angiebt, auf dem schliesslich die ganze Klosterfrage erledigt wurde,
Philipp schreibt, „die noch anwesenden fünf"^) Jungfrauen hätten an ihn
gelangen und ansuchen lassen, er möge ihnen ihre eingebrachte Barschaft und
dazu einer jeden ihr gebührliches jährliches Gefäll auf ihr lebenlang oder
einmal für allemal, wie er das mit ihnen zufrieden werden könne, verwidemen")
und geben lassen ; so wären sie gemeint, eine jede nach ihrer Gelegenheit sich
in andere Klöster oder sonst zu ilirer Freundschaft zu begeben und aus dem
Kloster zu thun, auch ihme und seinen Erben gegen solche Begabung für sich
und ihre Erben auf weitere Forderungen und Ansprüche zu verzichten und
vollkommen zu quittieren; sie bäten, er möge ihnen beraten sein, wie sie am
sichersten nach empfangener Abfertigung sein könnten ; Ursache, dass sie nicht
mehr begehrten im Kloster zu sein, sei, sie hätten keine gute Unterhaltung,
da sie nicht mehr Personen ihres Ordens aufnehmen sollten und ihrer von Tag
zu Tag weniger würden ; sie seien ferner nicht, ihrer Religion gemäss, mit einem
Mönch versehen, Messe zu thun, zu beichten, und könnten ihre hergebrachten
Ge^'cmonien nicht üben." Daran schliesst der Graf in seinem Briefe die
Bitte um Antwort in ungefährlich acht Tagen und im Falle der Notdurft um
weiteren Rat und verspricht gebührliche Belohnung.
Das umfangreiche Gutachten Fichards ist am 13. Februar 1557 aus-
2-efertiii't und ffiuu' mit i>inem Beo'leitschreiben vom 14. Februar an den Grafen
ab. Es hat die Überschrift: „Deo optimo maximo opitulante'- und dii; Unter-
schrift: „et ut supra de iure responsum est, ita videtur mihi lohanni Fichardo,
u. i. Dri et reipublicae Francofurtensis Advocato etc., salvo tamen omnium
rectius sentientium iudicio. In cuius fidem haec rcspousa mea manu subscripsi
^'^) Es war also nach dem 6. September 1554 oiiio Schwester ausgeschieden, die
Cordula Echter, wie sich später ergiebt.
^') Yerwidcmcn = zu Nutzuiess stiften. Lex er.
24
data ur supra.- Wir geben hier nur einige entscheidende Stellen, zuerst aus
der Einleitung, die die Veranlassung zu der ganzen Frage gegeben hat. „Nach-
dem aus Erneuerung der Religion und gemeinem Abgang des Klosterlebens sich
zugetragen, dass aueli im Kloster Clarenthal die Jungfrauen je länger jt; mehr
abgenommen, dazu auch zuletzt ungefähr vor zwei Jahren'') ein heftig Stcrbendt
in das Kloster ki>mmen. also dass damals Abbatissin und alle geweihten Jung-
frauen bis auf eine Tods'*") verfahren und auch seithero nie mehr als vier'") ins
Kl«>ster gekommen seien, nunmehr aber sie sämtlich befänden, dass ihnen in
selbigem Kloster, welches von Leuten abgesondert in einem Walde liege, länger
zu bleiben und dem Gottesdienst und gewöhnlichen Ccremonien mit Singen u. a.
ihrer Regel nach ob zu sein, sonderlicli nachdem sie auch nicht mit einem
Beichtvater versehen seien, nicht allein hochbeschwerlich, sondern auch ihnen
als schlechten Jungfrauen unmi'jglieh sei, so hätten sie einmütiglieh bedacht.
sich aus solchem Kloster zu thun . . . und hätten dem Grafen als dem rechten
Stifter und Schutzherrn das Kloster, zum beständigsten solches beschehen sollte,
zu cedieren und zu übergeben sich entschlossen, doch so, dass der Graf ihnen
ihre eingebrachte Barschaft und ein gebührliches jährliches Gefäll verordne . . .")
Nachdem nun der Graf den gewissen Abgang des Klosterlebens zu Clarenthal
vt>r Augen sehe und das nicht nachgeben könne, dass das Kloster samt seinen
Gütern nicht allein wegen der Fuudations-Gerechtigkeit, sondern auch weil es
samt seinen Höfen und Gütern nassauischer Grund und Boden sei und dess-
wegen die angebotene Cession anzunehmen gemeint sei, doch in Ansehung,
dass solche geistliches Gut anlange, allerlei Bedenken hierin habe, so frage der
(fraf. 1. ob solche angebotene Cession zu Recht bestehe und nicht abgetrieben
werden könne. :?. wenn sie nach gemeinem beschriebenem Rechte nicht be-
ständiglich beschehen möge, wie dann durch welche Mittel zu helfen sei, dass sie
kräftig sei." Die erste Frage wird verneint, auf die zweite erfolgt die xVntwort,
„dass in alle Wege des Papstes Consens und Confirmation erlangt werden müsse ;
es sei also eine Sujjplikatidn an den Papst zu richten, in welcher man die
traurige Lage des Klosters vorstellen und namentlich die Absicht der Grafen
geltend machen müsse, die Gefälle desselben nicht zum eigenen Nutzen, sondern
zu andern Gottesdiensten und milden Sachen zu verwenden ; eine solche Suppli-
kation um Genehmigung der Cession erbiet(> er sich zu machen."
In (Ii'iii Begleitschreiben sagt Fichard, „er habe seinen Ratschlag so ge-
stellt, dass der Graf wisse, was er in diesem ganzen Werk zu thun befugt sei,
damit er künftighin in Rechten nichts zu befahren und alles einen Bestand
habe; wenn ihm der Ratschlag beider zweiten Frage gefalle, so möge er einen
seiner Secretairen zu ihm abfertigen, damit er dcunselben noch allerlei mündlich
berichte, was sich nicht alles habe schreiben lassen wollen," In einer Nach-
") Sollte hoisßen ..vor vior Jahren", d. h. 1553.
") Sie waren nicht alle gestorben, sondern hatten sich z. T. im luulcre Orte geflüchtet,
vrie die Camhergerin ii. Mnrgarethc von Diez.
**) Nach dem Jahre 1550 waren von den sechs der Listi? von 1554 allerdings nur vior
eingetreten (s.o. S. 11).
") l'j» folgt die Stolle über die Absichten der Xonnon; s. den vorigen Brief.
J-*^
25
Schrift, um dieses niclit zu üborgelKui. fügt er hinzu, dass der Graf dem l'ber-
bringer seinen gewöhnlichen Botenh)]m entrichten, ilim selbst aber für seine
gehabte Mülic 12 Thaler, „doch verpitschirt", überschicken möge.
Sehen wir recht, so lief Fichards Gutachten auf vier Hauptsätze hinaus:
1. Er fasst das Anerbieten der Nonncm, das Kloster mit den verlangten
Abfcn-tigungen zu verlassen, unter den juristischen Begriff der Cession ;
2. er hält den Grafen für berechtigt das Kloster und dessen Güter in
Besitz zu nehmen, weil er Fundator und Hchutzherr sei und sie in
seinen Landen liegen;
3. Die Cession bedarf zu ihrer Giltigkeit der Bestätigung des Papstes ;
4. die Einkünfte d(^s Klosters werden zu anderen Gottesdiensten und
milden Sachen, nicht in dem Nutzen des Grafen verwendet.
So sehr auch der Graf mit dem zweiten und vierten Punkte einverstanden
sein mochte, so war er schwerlich von dem ersten, gar nicht aber von d(!m
dritten befriedigt. Er gedachte nicht durch Cession das Kloster zu erhalten,
sondern als durch den Abzug der Nonnen erledigten Besitz, der nunmehr an
den Fundator zurückfalle ; die ausscheidenden Jungfrauen sollten nicht, wie aus
ihren späteren Erklärungen erhellt, das Kloster und seine Güter cedieren, was
r:i sie ja eigentlich auch nicht konnten, sondern nur auf ihre etwaigen Ansprüche
• an das Kloster oder dessen nunmehrigen Rechtsnachfolger verzichten und diese
cedieren. Ob der Graf die von Fichard angebotenen Verhandlungen angeknüpft
hat, davon verlautet nichts, eine Bittschrift an den Papst ist aber nicht ab-
gegangen, da von einer solchen keine Spur oder Andeutung sich erhalten hat,
sie wäre sicherlich auch ohne allen Erfolg geblieben zu einer Zeit, wo die
Thätigkeit der Jesuiten in Deutschland eben kräftig eingesetzt hatte, und da
sie von einem Fürsten kam, der sich der neuen Lehre angeschlossen hatte.
Welche andere Gottesdienste hätte er auch eingeführt als die der verhassten
Lehre, die man eben zu Tridcnt verdammte und überall mit allen Mitteln
bekämpfte?
Noch ehe Graf Philipp einen entscheidenden Schritt gethan hatte, lief
ein zweites Gesuch um Entlassung ans dem Kloster ein, diesmal nicht von allen
Schwestern, sondern von den Verwandten einer einzigen, der Cam b erger in^'' ) :
die Erledigung dieser Sache jedoch, die reichlich überlegt und vorbereitet werden
musste, namentlich was die Höhe der Abfertigung betraf, entfiel seinen Händen ;
durch Alter und Krankheit geschwächt starb er am 6. Juni 1558. Bei seinem
Sohn nnd Nachfolger Philipp dem Jüngeren wiederholten die Verwandten ihr
Anliegen und noch vor Ablauf des Monats erfolgte die vielleicht schon von
dem Vater Philipp beschlossene Genehmigung und vereinbarte Abfertigung.
Daraufliin stellte am 30. Juni 1558 die Margarethe eine Erklärung aus, die
wir oben schon erwähnt haben; in ihr bescheinigt sie den Empfang ihrer Ab-
fertigung und spricht ihren Verzicht auf weitere Ansprüche aus. Wir halten
es für angezeigt den Inhalt dieser Erklärung ausführlicher hier mitzuteilen.
*■■') Von diesem Gesuch erfahren wir etwas nur aus der fjlcich folgenden Erklärung der
Carabergerin vom 30. Juni 1558. AVann es eingereicht wurde, wissen wir nicht.
26
Sie beginnt in feierlicher Weise mit ihrem vollen Klosternamen: „Ich,
Margarethe Canibergerin von Bleydeustatt" und fährt dann fort, sie sei vor
etlichen Jahren in Zeiten ihres unverständigen, minderjährigen Alters in das
Jungfrauoukloster Olarenthal beredet Nvorden und habe sich darin als eine Ordens-
und Prtifessperson eine gute Zeit gehalten; nun aber hätten sich seithcro die
Zeit und Laufte derniassen verändert, dass das Klosterlebeu fast allenthalben
und auch zu Clareuthal in merklichen Abgang geraten sei und sonderlich zu
jetziger Zeit Hessen sich die Laufte derniassen geschwind und sorglich an. dass
in dergleichen Feldklöstern zu Avohiien fast gefährlich und unsicher sein wolle;
derwegen habe ihre Freundschaft mir ihrem Yorwissen und guten Willen weiland
den (irafen Philipj) den Alteren und mm Philii)p den Jüngeren als dessen
JSulm und Landeserben bittlich ersucht, ihr aus dem Kloster wieder zu ihrer
Freundschaft zu erlauben") und sie mit einer ziemlichen Bereitschaft^') ab-
zufertigen, damit sie sich hinfih'o bei derselben desto ehrlicher erhalten möge;
nadideni der Graf auf ihre und ihrer Freundschaft vielfältige Bitte solches
zuletzt also verfolget"), bekenne sie für sich und ihre Erben, dass der Graf auf
erlangte Erlaubnis ihr zu ihrer Al)fertigung einmal für allemal habe folgen
lassen 60 F 1. a n barem Geld, zwei Säue, eine Kuh, ein Bett
und alles, was zu ihrem Leibe gehöre; dafür bedanke sie sich zum
unterthänigsten und fleissigsten und sage den Grafen der Itewiil igten und ge-
reichten 60 Fl. u. s. w. quitt, ledig und los, sie verzichte auch auf alle An-
sprüche und Forderungen, die sie als gewesene Ordenspersou des Klosters an
dieses oder an den Grafen als dessen Fundatoren, Oberen und Schutzherrn von
Rechtsgewohnheit oder Billigkeit wegen gehabt oder haben möge in bester und
beständigester Form gänzlich und gründlich und codiere sie an den Grafen, und
solle diese Cession von nicnnand aus irgend einem Grunde angefochten werden
können; sie habe einen leiblichen, gelehrten Eid zu Gott und seine heiligen
Evangelien für sich und ihre Erben geschworen alles fest und unwiderruflich
zu halten und habe den edlen und ehrenfesten Christoffel von Lindau gebeten,
dass er sein angeboren Insiegel an diesen Brief hängen möge". Dieses bekennt
derselbe gethan zu haben; das Siegel ist erhalten. Die Urkunde ist ausgestellt
am Donnerstag rfach Petri und Pauli apost. = 80. Juni 1558.
A\'ir sehen hieraus, wie mangelhaft Scheue k unterrichtet war. wenn er
sagt (S. 411), der Graf habe „von den letzten zwei Nonnen, einer Fräulein
von Camberg und einer Fräulein von Eff'ingen, nach geschehener schriftlicher
Übergabe von denselben um das Jahr 1560 das Kloster wirklich über-
nommen"; S c h 1 i e p h a k e wiederholt (IV, 55) diese Angabe, weiss aber
mittlerweile über den Zeitpunkt genauer berichten zu können, indem er sagt,
nicht um das Jahi- 1560, sondern im Jahr ]5()0 sei diese l'bergabe erfolgt.
Tud (luiji haric Marg. schon vor dem oO. Juni 1558 die Erlauljiiis. d. ]i, die
Entlassung «jrhalten und nennt sich an diesem Tage eine ge^yesene Ordensperson.
*^) Kinem ciluul)en = Erlaubnis geben zu gehen. Lexcr
*') Bereitschuft, hier = bares Geld. Ijexor.
") Verfolgen = Folge leisten, zugeben. Lex er.
27
Die Entlassung der Fräuloin von Effingon (Eufingon) erfolgte erst später, aber
ebenfalls vor dem Jahre 1560 und auch sie übergab nicht das Kloster, ebenso-
wenig als die Canibergerin. Wir wollen hiergegen S ebene k keinen Vorwurf
erheben, da er von den Mitteilungen aus dem Archive abhängig war; ab(!r
S (', h 1 i e p h a k e als Vorstand desselben konnte bei genauer Durchforschung der
ihm anvertrauten Schätze der Walirheit auf die Spur kommen.
l'ber das, Avas d(n' Camberg(M-in ausser dem baren (leide, den Schweinen
und der Kidi mitgegeben wurde, li(!gt eine Aufzeichnung vor, welche die Über-
schrift trägt: „Nota. Was Margaretho Canibergerin aus Bleidenstadt in Irer
Zelle oder Gemach, Au(di Kisten und Schrenk, So durch den Amptnumn und
bereider^'^) besichtiget, befunden hat"; die Aufschrift auf der Ausscnseite des
Bogens lautet: „Zettel oder Verzeichnung, was Margarethe Cambergerin aus dem
Closter Clarenthal gevolgt worden. . . 1558." Wir lassen den Inhalt des
Verzeichnisses folgen; es zeigt uns, wie die Ausstattung einer Ciarenthaler
Nonne beschaffen war. Die Gegenstände befanden sich teils im Dormenter''),
teils in der Zelle, teils in der Kammer der Margarethe; sie besass also zwei
Gemächer, was wir uns für die unten folgende Inventarvisitation vom 5. Febr. 1559
merken müssen. Von einigen Dingen erklärt sie, sie habe sie „dahin bracht",
d. h. mitgebracht bei ihrem Eintritt in das Kloster, von andern, sie seien ihr
(geschenkt) „worden" oder sie habe sie „bekommen" von der Äbtissin (Anna
Brendel), der (Agnes) von Hattstein oder der von Hanau") andre haben kaufen
lassen oder selbst „gezeugen".")
1. Im Dormenter befanden sich in einer grossen Kiste ihr Eock und
ihre Kleider, die sie „dahin bracht" hatte; in einem Schrank etliche kleine
Gläser, die sie gleichfalls „dahin bracht" hatte; ein klein Kistlein, das sie
„von der von Ilatstein bekomen", zwei kleine, leere Kistlein, die ihr „von der
Äbtissin worden" ; eine grosso Kiste, die sie selbst „gezeugen" und darin
drei Eeder-Hauptkisten, die „sie auch selbst gezeugen hat", und zwei Deck-
betten, deren eins sie „von der von Platstein bekomen, das ander selbst gezeugen"
hat, sowie „zwei gebilter Decktücher'*"), hat sie zu Frankfurt kaufen lassen."
2. In ihrer Kammer war ein gutes Bett mit einer „Kölschen Zieh"'"')
ein „Pulffkisseu"^'), die sie „dahin bracht" hat; vor ihrer Kammer eine Kiste
*®) Amtmann war laut der Urkunde vom 22. Februar 1558 Uoorg von Nassau-Spurken-
burg, Sohn des Johann von N.-Sp. ; er starb am 31. August desselben Jahres. Vogel in den
Annalen II, 3, 31. Helwichs Epitaphien. Bereiter war noch Hans Zeuu.
*') Dormenter ;= Dormitorium. Deutsches Wörterb.
*^) Diese Schvj^ester kann nur die Marie von Hanau-Liclitenberg sein, die sie als Äbtissin
aufgenommen hatte; sie war die Vorgängerin der letzten Äbtissin und starb vor oder in dem
Anfange des Jahres 1525.
*^) Zeugen bedeutet nach Lex er sowohl verfertigen als auch machen lassen; hier ist es in
dem zweiten Sinne zu verstehen, weiter unten kann es auch in dem ersten gefasst werden.
^'') Gebilde, rheinisch = Bildwerk in leinenem Uewebe, Leinwand mit eingewebten
Würfeln u. a. zu Tischtüchern; ebenso das Parlicipium. D. Wort. IV, 1, I. Sp. 1771.
^*) Kelsch (Kölsch) = külniscli, auch von der Farbe blau und blau gestreift. Hilde n-
brand im D. "VVört. V, 2, 1622. Zieh, rheinisch = Zieche, Überzug über Kissen und Bett-
decke. Kehr ein, Volkssprache in Nassau, S. 453.
") Pulff = Pfühl, mhd. Phulwe.
28
mit neun Paar Lointüclier. zwei llauJzwehlou"). zwei Tisclitüolunu und etlichen
Femeln** . der ^sie selbst gezeuj,'en hat: ihr Vater hat ihr die Kiste gegeben^'.
.). In ihrer Zelle: drei „gewirgte" Stuhlkissen"), von Jungfrau (. . . )
bekommt-n. zwei lederne ^.Bankpulft. von Jungfrau Angnes eins bekommen, das
ander dahin bracht " ; noch ein klein Tischlein, ein klein Kistlein, „hat sie von
der von Hanau bekommen."
in einem Schrank war .,Zinnwerk": eine Mass- und eine Halbmasskandc*®),
vier kleine Kanden. eine Flasche vt>n einer halben 3Iass, zwölf Schüsseln,
klein und gross, fünf Kessel, klein und gross, und noch drei Kanden. Den
Bi'schluss machen zwei Badebütten, „die sie akh) maclien lassen.'"
Die Cambergerin wurde also nicht, wie die Jungfrauen Anfangs verlangt
hatten, mit ihrer ganzen eingebrachten liarsehaft := 150 Fl. entlassen, sondern
erhielt nicht einmal die llälfte: dagegen gab man ihr zu den bewilligten
60 Fl. eine Kuh und zwei Schweine, deren Preis, billig berechnet, etwa
1.') Fl. ausmachte, sodass dadurch die Hälfte der Summe ihres eingebrachten
Geldes erreicht wurde. Die übrigen ihr mitgegebenen Gegenstände, unter denen
besonders das Bettwerk reich vertreten ist. waren ihr Eigentum, was sie von
allen mit Ausnainne des Zinnwerks ausdrücklich aussagt, von diesem vielleicht
vorausgesetzt werden darf. Auffallend kann erscheinen, dass nicht einmal ein
Gebetbuch, gesdiweige ein andres genannt wird, ebensowenig als ein Heiligen-
bild. J).is lässt tief blicken, wie der Abgeordnete Sa bor in der Reichstags-
sitzung vom 17. Dezember 1884 sagte: geistige Interessen lagen den Xonneu
zu Clarenthal fern ; ihr Gesichtskreis war ein eng begrenzter.
Di-m Vorgänge der Cambergerin schlössen sich die vier noch übrigen
Jungfrauen an; wann dies geschehen ist, darüber hören wir nichts, doch dürfen
wir vermut«'n. dass es nicht lange nachher stattfand, da ihre Entlassung im
Januar l.')r)9 gemeldet wird und sicher schon einige Zeit vorher l)eschlossen
war. die Festsetzung ihrer Abfertigung und Abfassung ihrer Erklärungen aber
noch einige Zeit erforderten. Denn bereits am 10. Dezember 1558 wurden
die in der Kirche behndliclien Gegenstände inventarisiert und zum Teil nach
Wiesbaden gebracht, was doch nur geschehen konnte, wenn man damit im
Jii'inen war. dass hier kein Gottesdienst mehr abgehalten werde. Die Über-
schrift di's aufgenommenen Inventars lautet: „Inventarium der Ornata und
Kirchen-Cleinott zum neuen Closter den 10. tag Decembris ao. 1558'"', und eine
Jiandbemerkung (die nachher zugefügt wurde) besagt: „Nota. Diese Ornata
seindt mehrtheils ghen Wisbaden in einer kisten in das Gewelb gofurt worden,
wie sy dan daselbst zu finden seindt."
Dieses Inventar zählt 1)5 Xunimern. docji sind uu'hrfacli zwei oder mehr
Gegenstände iiiitir einer Nummer vereinigt, s(tdass die Anzahl derselben sich
auf eine viel grössere erhöht. Werfen wir einen Blick auf das Ver-
zeichnis.
'•'^} Ilandzwelile = Handtuch.
") Femel oder Fimmel = kurzer Hanf. I). Wort. III, 1638.
") (rewirk = Tuch aus Flachs, Hanf odor Woroh zusammen. Kohrein S. 103.
**) Kande = Kanne.
29
Den grösston Raum nohiiion dio Messgewündor oin, deren neunzehn
genannt werden, versohiedcn an Stoff", Farbe und Verzierungen ; die Beschreibung
ist insofern mangelhaft, als bisweilen d'io Angabe des Stoffes oder der Farbe
oder der Verzierung fclilt. Sechsmal wird als Stoff genannt Saramet, dreimal
Seide, einmal Damast. Als Farben (>rschein(m fünfmal rot (drei Messgewänder
von Seide, eins von Seidenatlas ; ein Lundisches), dreimal grün (eins von
Sammet, zwei Lundische), zwcümal schwarz (eins von Seide, eins v(m Damast),
zweimal braun (von Suiuniet), je einmal weiss (di(!s und die folgenden ohne
Angab(^ des Stoffes), blau, halbrot, halbgrün, verblümt und gemalt. Die Wahl
der Farben für dvn jedesmaligen Gebrauch i-ichtete sich nach den betreffenden
Festtagen und Festzeiten:") dw weisse Farbe als Bild der Eeinhcüt und
Freude bestimmte man für die Gedächtnisfeier Christi, der heil. Jungfrau, der
Bekeuner und Jungfrauen, die nicht den Märtyrertod erlitten; die rote als
Bild der brennenden Liebe für die Feste zum Andenken an die Apostel und
Märtyrer, sowie für die Octav des heil. Geistes ; die schwarze als Bild der
Trauer für Totenfeier; violett für die Advents- und Fastenzeit ; blau früher
nur für das Fest der unscliuldigen Kindlein und den Sonntag Laetare, später
mit der schwarzen Farbe wechselnd von Septuagesima bis Ostern, für die
Quatemberzeiten, Vigilien und Bettago ; g r ü n für den Rest. Als Ver-
zierung diente vornehmlich das Kreuz und zwar zunächst ein goldnes auf
schwarzer oder roter Seide, schwarzem Damast uud rotem Sammet, auf einem
gemalten oder halbroten und halbgrüneu Gewand; es wird im Ganzen sechsmal
genannt; ein Ferienkreuz wird zweimal angeführt, auf grünem Sammet und
verblümtem Gewand; Perlonbuchstaben auf braunem Sammet; Perlen auf
rotem Sammet; einmal wird ein rotes Kreuz auf blauem Messgewand genannt.
Wappen auf Messgewändern kommen dreimal vor : eins mit Nassauer- und
Ifauauer-Wappen, ein rotes (Lundisches) mit Brendels und ein seidenes mit
dem Lindauer-Wappen.
Als L u n d i s c h werden drei Messgewänder bezeichnet : das eben genannte
mit Brendels Wappen, ein grünes mit goldenem Kreuz uud ein grünes ohne
Verzierung. Luudisch = aus London stammend; seit der 2. Hälfte des 15. Jahr-
hunderts vorkommend zur Bezeichnung eines englischen Tuchs, das seiner Güte
wegen gesucht war.^'^)
Im Necrologium werden erwähnt eine rote Casula (Cassel), auf der das
grosse Perlenkreuz steht, als Geschenk der Margarethe und Anna Grorod, am
T). Februar (1492); eine Kasel als Geschenk der Gräfin Margarethe von Hanau-
Lichtenberg, Gemahlin des Grafen Adolf III. (y 1004) am 20. Mai: das grosse
Perlenkreuz auf der roten Casel, das aus den Perlen des kostbaren Rockes der
Jungfrau Eisgen, Witwe des Hartmann Hielgen, gemacht wurde, am IG. Xovbr.
Das Nassauer- und Hanauer-\Va})pen kann aus der Zeit der Adelheid von
Nassau, Gemahlin Ulrichs III. von Hanau (f 1370). die vor dem Dezember 134")
^^) Kraus, Geschichte der christlichen Kunst 11, l. 401 Weiss, Kostüinkumle vom
4.— 14. Jahrh., S. 688.
^^) Heyne im Deutschen Würterb. VI, 1302.
30
starb"), oder der Margarethe von Ilanau-Lichtonberg, Gemahlin Adolfs HL von
Nassau' (8. oben) stanunen: das Brondelsche Wappen gehört der Zeit an, avo
die vielen Jungfrauen der Familie im Kloster waren; die Lindauer waren eifrige
Förderer des Klosters und eine von ilnu-n lange Zeit Äbtissin, die Paze von
Lindau.
Von anderen Stücken der Priesterkleider erscheinen acht Albae, teils
ohne Schmuck, teils mit ^Stossen" und farbigen (roten) Sammetstreifen ; zwei
Albae hatte naeh dem Xecrologium (U>. April) im 15. Jahrhundert die Priorin
Elisabeth von Yringen dem Kloster gesclienkt, eine im 14. Jahrhundert Sifrid,
Sohn des Sibodo xon Wiesbaden (5 Oktober). Sieben bis acht Stolae,
rot, grün. gelb, von Seide oder Sammet. — U mb 1 eg er"»), humeralia, fanden
sich etwa sechs, ein^-r genannt der engelische Gruss""), andere anders verziert,
einer mit den heil, drei Königen ; einen hatte der Confessor pater frater Johannes
(t i:m> geschenkt, nach dem Necroh)gium 7. März. - Das einigemal genannte
Bändciren soll wohl das Cingulum bedeuten. Endlich folgen 14 Leviten -
rocke (Levit = Diaconus) von Sammet oder Damast, zwei rote, fünf grüne,
ein schwarzer, zwei weisse, ZAvei braune, zwei gemalte, zum Teil verziert.
Heilige Gefässe: Vier silberne Messkandeu, vier silberne Messkelche,
mit ihren Patenen, zwei ohne Patenen: eine Hostienbüchse, drei Hostien-
häuschen; ferner die dazu gehörigen Pallae, Corporalia und Corporaltäschchen,
eins ein Geschenk des eben genannten Confessors Johann; eine Monstranz.
Teppiche und Tücher (Altartücher, Grabtücher) waren gleichfalls in
DTÖsserer Zahl vorhanden; unter ihnen sind aufgezählt „zwen Nassauer Leb",
die sieli auf zwei Alben (oder andern Tüchern?) gestickt befanden, ein „altes
Leichtuch mit alt Nassauer- Wappen", drei lange Teppiche mit vielerlei Wappen,
mit etlichen Figuren und mit etlichen liildern, zwei seidene Tücher mit „Draseln"
u. s. w. Von den Kissen trug ein seidnes das Bild eines Adlers; der Stoff
derselben war Sammet oder Seide, eins wird streifig, ein anderes musirt genannt.
Kleinodien: Zwei silberne vergoldete Kreuze und zwei seidene Kreuze,
eine Perlen- und eine silberne Krone, u. 1. Fr. Pujck mit goldnen Buchstaben,
S. Marj,'reten Haupt. König Adolfs Ermel. — Kleinodien hatten nach dem
Necrologium geschenkt: der Erzbischof Gerlach (eingetragen am 14. Februar,
starb am 12. Februar 1371), der Graf Ruprecht, Sohn des Grafen Gerlach
(t 4. Septeiiil.er KiltOj und die Gräfin Agnes, Gemahlin des Grafen Gerlach
(t am i:'.. Januar VVd'2, im Necrologium am 11. Januar eingetragen); ein
silbernes vergoldetes Kreuz von dem Pfarrer Petrus Sclduch von Rhcinhölln
ca. 14M0 (Necrologium 18. September). Die beiden Kronen und der Rock
mögen einem (oder zweij Standbiltlern der heil. Jungfrau angehört haben;
wenigstens di<; silberne schreibt eine andere Aufzeichnung (s. u.) diesem zu. —
*») U »Min er, lliinaucr Urkundenbuch II, 672, No. 683.
"") Hunieriile (= Schult<'rtucli) wiinl im Deutscheu zunäclist zu unibrat, uinbeler, uiiib-
l.r. tiijs <ii<-s<Mii «lurrh eine Art VolksetynH)lo},'ie unibleger, indem man es vun umle<;en ableitete.
•^V Man unttTMchied genau angelieus und anglicus, en','elisch von englisch (= engel-
ländisch), jene» von ungelus, dieses von anglus abgeleitet. Der engelische Gruss bei Luc. I,
28: Ave Maria u. s. w.
m
31
Das Haupt dor lioil. Margarethe kann nicht eine Reliquie sein, da bereits an
zwei Orten ein ITaupt, an zwei andern Teile desselben <;(!/eigt wurden'''^); -wir
werden an eine iniago argentea, wie sie die Königin Maria von Medici, Ge-
nialdiu Heinrichs IV.. dem Kh)ster S. Gerinani zu Paris geschenkt liatte"^),
oder an etwas älinliclies zu denken haben. "^)
Den ]}(!schhiss niadien wir mit (hm „zwo Kirbf'anen". Über den Tag
der Clarenthah'r Kircliweilie sind wir Jiicht genau unterrichtet; in den Kechnungen
heisst es kurz: „Zu uns(n'er Kirb" ; doch erluillt soviel, dass sie im Mai ge-
feiert wurde. HelwicJi sagt, es sei ihm zu Ciareuthal mitgeteilt worden, dass
di(! dedicatio annua ijjso die sacro Pentecostes per acta fuit. Es soll Ijekanntlich
eine Weihe der Kirche zweimal stattgefunden haben, im Jahre lo04 und im
Jahre 1321 „uff unser frauwen abent annuntiationis. "''^)
Zu einigen der genannten Gegenstände ist bemerkt, dass sie „geblieben"
oder dass die Merg (von I\üdesheim) sie behalten habe. Wir werden darauf
unten zurückkommen.
Wir sind zum letzten Akt der Geschichte des Klosters gelangt, zu der
Entlassung der letzten Schwestern im Januar des Jahres 1559. Nur von zweien
ist der Tag der Abfertigung genannt, von einer liegt eine Erklärung ähnlich
der der Cambergerin vor. Beginnen wir mit dieser. Sie ist von der M a r -
garethe von Euf fingen angestellt am 27. Januar 1559, und da sie der
genannten fast gleich lautet, begnügen wir uns damit, die Abweichungen anzu-
führen. Sie gibt an, nachdem sie zum Kloster beredet worden sei, habe sie
sich darin eine Zeit (nicht eine gute Zeit) gehalten; (sie war eben in oder
bald nach dem Jahre 1550 eingetreten und etwa acht Jahre Nonne gewesen);
nachdem sie ihren Wunsch mit denselben Gründen wie die Cambergerin vor-
gebracht, sagt sie, sie habe sich an den Grafen Philipp — den Jüngeren, nicht
auch bereits an den Alteren, also nach dem 6. Juni 1558, und sie (nicht
ihre Freundschaft) — bittlich gewandt ihr zu ihrer Freundschaft zu erlauben*^®) ;
der Graf habe ihr 40 Fl. au barem Geld und alles was zu ihrem Leibe gehöre,
folgen lassen; dafür dankt und verzichtet sie auf alle weiteren Ansprüche wie
die Cambergerin; für sie siegelt ebenfalls ChristofF von Lindau; dessen Siegel
ist zwar nicht erhalten, wohl aber ist der Schnitt im Pergament sichtbar, durch
welchen die Pressel desselben gezogen war.
An dciuselbuu Tage ist die Abfertigung nicht nur der Margarethe von
Eulf iugen, sondern auch der Else von W ü r g e s ausgestellt ; sie hat die
«'-) Acta SS. im 5. JJand des Juli, S. 28.
03) Ebenda S. 28.
^*) Die h. Margarethe scheint zu Clarenthal eine besondere Verehrunfi^ genossen zu haben,
vielleicht im Hinblick auf eine ^[argarethe des Hauses Nassau, die sich um das Kloster be-
sonders verdient gemacht hatte; in dieser Beziehung möchte man an die Gemahlin des Graten
Adolf denken, für die ein besonders feierliches Jahrgezeit im Jahre 1371 noch bei ihrem Leben
bestimmt wurde. Ob damit die Prozession des Schultheissen und der Schöffen von Wiesbaden
am Margarethentag (Ann. XV, 395) in Verbindung steht, müssen wir dahingestellt sein lassen.
^'"j AVidmann, Programm des Gymnasiums zu AViosbaden 1882, S. 24 f.
««) S. Anm. 43.
32
f berdchrift: „1559 den 27. Januar haben wir Jungfrau Margarethe von
Eutfingen und Else von Würges abgefertigt . . der veste Johann von Ehren-
traut, Conrad Lesch im Beisein des Hans Messerschniidt. dermalen Kellers,
Hans Loers und Adam BnrnheinuTs''.") Margarethe erhielt au Zinnwerk ver-
schiedene Schüsseln und Kanden. eine Flasche und zwei messinge Becher, so-
dann eine Kulte einen Mantel, sechs schwarze Unterkleider; an Bettwerk zwei
wullcne Decktücher, davon eins ein Geschenk der Cambergerin, und zwei ge-
wirkte, ein (rescheuk der von Reinberg, zwei Kissen, ein Unterbett u. s. w. ;
acht Paar Leintücher und anderes „gemein geredt vor ihren Hb", ein Lodlein
mit ihrem Schleier und eins mit ihrem Ärmel und Koller (Kragen oder Brust-
kleidj, ein kleines Sitzbettledlein, eine Badbütte und ihr Wäschzeug.
Vttn der Else von Würges liegt eine Urkunde nicht vor, sondern bloss
ihre Abfertigung. Wir dürfen uns deren Aufzählung überhebeu. da sie nicht
sehr von der vorhergehenden verschieden ist; wir erwähnen nur, dass Else
einen ledernen Bankpfühl von der v. Hattstein bekommen hatte, und dass ihr
20 Fl. bar ausgehändigt wurden.
Vergleichen wir die drei angeführten Abfertigungen, so stehen die beiden
letzten weit hinter der ersten zurück, vornehmlich in Bezug auf das bare Geld ;
es betrug 40 und 20 Fl. gegenüber den 60 Fl. der Cambergerin, und wenn
wir die Zugabe der ersten an Vieh mitrechnen, durch die die Hälfte der ein-
gebrachten Summe erreicht wurde, so muss die Margarethe von Effingen etwa
^0 Fl., die Else um 40 Fl. mitgebracht haben. Wenn diese beiden auch sonst
weniger reich ausgestattet wurden, so mag dies seinen Grund darin haben, dass
sie in der kürzeren Zeit ihres Klosterlebens weniger beschenkt wurden oder
erwerben konnten. Und da die Else mit der von Euffingeu zusammengefasst
ist. so schliessen wir daraus, dass sie wie diese nicht in ein andres Kloster
überging, sondern zu ihren Verwandten, ihrer Freundschaft, zurückkehrte.
Anders steht es mit der Marie (Merg) von Rüdesheim und Mar-
garethe von Diez. Zunächst steht ihre Entlassung nach Tag und Datum
nicht fest, und nur soviel dürfen wir sagen, dass sie im Januar des Jahres 1559
stattfand. Dies geht aus verschiedenen Aufzeichnungen hervor: das Inventar
der „Ornata und Kirchen Cleinott" vom 10. Dezember 1558 enthält einen An-
hang, der dasjenige namhaft macht, was „Jungfrau Merg mit sich genommen"
hat (s. unten), und hat die Jahreszahl 1559; dieselbe Zahl trägt das „Inven-
tarium was Jungfrau Morgen von Rüdesheim und Greden von Dicstz zu Claren-
thal . . gev(»lgt worden, desgleichen auch Abfertigung Jungfrau Margaret von
Eyffingeu und Else von Würges, gewesener Closterpersonen zu Ciareuthal.
Anno 1559." Aus der Reihenfolge der vier genannten Jungfrauen könnte man
höchstens schliessen, dass die beiden ersten vor den beiden letzten ausgeschieden
seien, doch ist dieser Schluss nicht einmal notwendig, die vier können ebenso
*') Die Stelle eines Amtmanns zu Wiesbaden war seit Georg von Nassaus Tode noch nicht
liesetzt, daher zwei Hcumte von Idstein zu dieser Abfertigung beor<lert waren; Messerschniidt
war der Keller ('larentliais, II. Loiir und Ad. liornheiiuer waren Keiler zu Wiesbaden gewesen
und kommen jener im Jahre 1544, dieser 1548 als solche in den Rechnungen vor.
gut an oinom Tag abgoreist soiii. Ihre Tronnung in zwei Gruppen hat einen
anderen Grund.
Denn die Merg von liüdoslicini und Gred von Diez kcihrteu nicht in den
Kreis ihrer Verwandten /.iiriick, sondern siedelten, wie mehrmals von ihnen aus-
gesprochen wird, so in dem oben augef'ülirt(!n Invcntarium, von der Merg
insbesondere in dem „Verzeichniss was Jungfrau Merg mitgenommen hat nach
Walsdorf", nach dem hier befindliclum Kloster über. Dies war auch der Grund,
(hxss sie keine Abfertigung an Geld erhielten, sondern ihnen bloss verschiedene
Gegenstände aus Ciarenthal verabfolgt wurden. Eine Urkunde über ihre L'ber-
siedelung oder einen Verzicht auf Ansprüche an Clarenthal liegt ebensowenig
von ihnen wie von der Else vor.
Wir müssen also die vier zuletzt genannten Jungfrauen — entgegen der
2:0 wohnlichen Ansicht — als die letzten Schwestern Ciarenthals und das Jahr 1559,
genauer den Januar dieses Jahres, als den Termin der Schliessung des Klosters
ansehen.
Zu Walsdorf '^) war kurz vor dem Jahre 1156 von einem frommen Priester
Gottfried ein Mönchskloster Benediktiner-Ordens gegründet worden, das auf
Bitte des Gottfried im Einverständnis mit den Klosterbrüdern und der Dorf-
«remoinde der Erzbischof Arnold von Mainz in jenem Jahre der St, Martins-
kirche zu Mainz unterordnete. Etwa hundert Jahre später wurde es in ein
adeliges Frauenkloster umgewandelt. Äbtissin war im Jahre 1559 die Gräfin
Margarethe von Nassau, Tochter des Grafen Philipp des Älteren, geb. im
Januar 1517, gestorben im Jahre 1596, nachdem sie 40 Jahre lang Äbtissin
gewesen war und 79 Jahre gelebt hatte, ^*) Im Jahre 1556 verzichtet sie mit
ihrer Schwester Anna, die gleichfalls Nonne zu Walsdorf war, vor den geist-
lichen Richtern des heil, Stuhles zu Mainz im Schlosse zu Wiesbaden auf alle
Ansprüche an die Herrschaften Wiesbaden und Idstein und die ihnen ge-
bührenden Anteile an dem väterlichen und mütterlichen Vermögen, Durch die
darüber ausgestellte Urkunde'") lernen wir einen Teil des Kreises der Jung-
frauen, in den unsere Clarenthalerinnen eintraten, kennen. Als anwesend
werden nämlich genannt neun Jungfrauen von Walsdorf, sechs Gräfinnen, davon
vier von Nassau (die Äbtissin und ihre Schwester von Nassau-Wiesbaden und
Idstein, Elisabeth von Nassau-Saarbrücken und Eva von Nassau-Beilstein) und
zwei von Solms-Braunfels (]Merge und Agatha), die Priorin Martha von Stock-
heim, Margarethe Wolfskelin und Kuuigundt IIoltzapfHin. Unsere beiden Jung-
frauen waren nicht zugegen, man glaubte offenbar mit den neun aus Walsdorf
genug gethau zu haben; denn die dortigen Schwestern, die kurz vorher (1555)
^^) Vogel, Beselircil)ung S. 824. 8cli 1 iephake I, '292 f. Deissniaiin, Geschichte des
Benediktiner-Klosters Walsdorf 1863. Seh liephake -Menzel VI, 2 f.
"«) Ihr Grabstein sagt, sie sei 70 Jahre alt geworden; bereits Hagelgans S. 39 hat
darauf hingewiesen, dafs diese Zahl nicht zu ihrem Geburtsjahr stimme.
"') Die Urkunde selbst ist nicht erhalten, das Konzept derselben trägt das Datum ,am
18, August", eine Beilage mit den Namen der Klosterjungfrauen ist niedergeschrieben am
19, Dezember. Daher ist die Versdiiodenheit der Tagesangaben bei Schliephake-Menzel
VI, 3 und Deissmann, S. 0" zu erklären.
;;4
sieh auf 06 PtTsuiK'n lielaufon hüben solh'ii'M. konnten und brauchten dueli nicht
vollzählig /u Wiesbaden zu erscheinen.
Was die beiden Clarenthaleriuuen luitnahnien — das Wort Abfertigung-
ist hier vermieden — . ist in z\vei Verzeichnissen aufgeführt; es ist nicht viel
verschieden von den Abfertigungen der drei andern. Wir linden genannt ihre
Kleider. IJettwerk. Leinwandgerät. Zinnwerk. Kanden. Schränke und Tische.
Zu benu'rken sind bei der Merg drei kleine Kistchen, „darin allerhand Boppen-
werk und Heilige sind", bei der Diezerin ein „Beltz" und zwei „Arresz".")
Merg von liüdesheini hatte den Grafen gebeten, dass sie einige Gegen-
stände der Kirchen-Ornate mitnehmen dürfe; dies w uidc ihr bewilligt. Bei
einigen Stücken ist schon im Inventar, wie wir oben anmerkten, eine darauf
hinweisende Bemerkung gemacht: schliesslich wurde alles in einem besonderen
Verzeichnis zusanuuengestellt. Dasselbe umfasst 17 Nummern, deren einige
zwei oder mehr Stücke namhaft machen. Dahin gehörten drei Corpora, die
Munstranz. zwei silberne Kreuze, die grosse silberne Krone u. 1. Fr. und die
Perlenkrone, u. 1. Fr. Röcke, drei an der Zahl, deren einer bös s(!i. u. 1. Fr.
Zopf, der Fmbleger mit einem grossen engelischen Gruss, die zwei seidenen
Fähnlein u. a. Die beiden Verzeichnisse der Ornata vom 10. Dezember und
das der Jungfrau Mergen von 1559 stimmen mehrfach nicht in der Beschreibung;
z. B. dort wird der engelische Gruss der kleine, hier der grosse genannt; hier
erscheint ein Altartucli und eine Borde mit den zwölf Aposteln und ein kleines
silbernes Kreuz, die heil, drei Könige, die Paternoster und Kleinodien zu
u. 1. Fr. Kindchen, sowie ein Perlen-Paternoster, die wir vorgeblich dort
suchen; ob der „silbern Korb, darin ein Heiltumb" = der „sanct Margarethen
Haupt"? Denn es hat den Zusatz „ist Blieben", d. h. ist der 3Ierg von Küdes-
heim nicht mitgegeben worden, wie die silberne Krone.
Den Abschluss der Übernahme des Klosters durch den Grafen bildet die
Inventarisation des Bestandes an 3Iöbeln u. s. w., der sich in den Kloster-
räundichkeiten fand. Darüber liegen zwei Aufzeichnungen vor, deren erstes
unmittelbar nach der Entlassung der vier letzten Schwestern aufgenommen zu
sein scheint, also im Januar 1559. Denn es findet sich unmittelbar nach der
Aufzählung dessen, was diese mitgenommen haben. Es umfasst nicht alle
liäundichkeiten des Klosters und am Schlüsse ist bemerkt, dass es, „soviel
ausserhalb bemelter Jungfrauen anlangt, geendert" worden sei. Und in der
That führt es bloss vier Zellen, darunter die der Merg und Gred Dietzen auf,
daneben die Kirche, das Dctrmitorium. den Kebenthal (Keventer, Revent, das
Speisezimmer;, die ConvimtstubcN das Wiudhäuslein, Siechhaus, der Nonnen
(refängnis. aber auch, was in der zweiten Aufzeichnung fehlt, den Keller mit
seinen Weinen auf: doch stimmt mehrfach die Aufzählung nicht mit der des
zweiten Verzeichnisses üb(a*ein. Wii' be/.eiciinen es mit VA.
Das zweite Inventarium (VBj ist am 5. F(;bruar 1559 aufgenommen und
zwar, wie die Überschrift besagt, von den uns bekannten Johann von Ehron-
^') So berichtest Dfis.siiiunn S. 111.
'■') Lcifhtes Wolloiigewebe, benannt nach der Stadt Arras. Lexer, unter auaz.
35
traut mid Kunrad Lcsch von Idsti'iii im Boisoin Ad. Boinhnimers und J(di.
Mcsserschuiids, jetzigen Kellers zum Neuen Klosters; die äussere Aufschrift
laut(!t: „luvontarium zu Clarenthal, Joli. Messerschnütttm giditfert, naclideui die
Jungfrauen alle heraus koininen inwendig dem Kloster anno 1559." Dasselbe
"•eilt alle Iviiumlichkeiten ein/ein durch und verzeichnet alles, was sich in ihnen
vorfand. \\"iv legen daher das Invcmtarium VP> unserer Betrachtung zu Grunde
uiul ziehen VA luu- aushilfsweise zu.
VB zählt zunächst 28 ZelUm auf, die mit den ]3uchstaben A, B, D— FF
bezeichnet sind; eingestreut ist C, eine Kammer, und nach CC der Thormeltil,
welcher dem Dormcter, dormitorium, in VA entspricht; in btndim Verzeichnissen
werden viele Kisten (VA 45, VB 44) gezählt, in deren einer sich nach VA
ein Kirchenteppich, nach VB etliche Kirchenteppiche befanden. Die Zellen
waren nicht alle als solche benutzt; mehrere dienten offcmbar dazu, überflüssig
gewordene, alte oder unbrauchbare Dinge aus dem Wege zu schaffen, wie
No. A und B, die „vielerlei bilwerk und taffeln'-' enthielten, No. E „etzlich
alt mannen und alt gerümpell", No. H „3 kleine; Ledlcin, 5 Henckkorb und
ein gemaltes Duch", No. N „3 Dücher, 4 henckig Korb gross und klein,
4 kleinen Defi'elgen, ein Sitzbedlein'-' u. a. m. ; die Kammer No. C enthielt vieler-
lei Bettwerk, No. J einen Schneiderstuhl, 2 Sitzstühle, 4 Tücher, 1 Schenklein.
Es ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob eine Zelle von Nonnen be-
wohnt wurde oder ob sie nur zur Aufbewahrung solcher ausser Gebrauch
stehender Dinge gedient habe; doch kann man getrost annehmen, dass letzteres
der Fall war, wenn kein Bett oder Stuhl in derselben sich befand. Solcher
Zellen zählen wir (mit der Kammer No. C) neun; c. zwanzig also waren für die
Nonnen bestimmt: drei von ihnen hatten „Bedtledlein", acht „Sitzbedtledlein"
oder „Sitzbedtledchen", sieben „Sitzledlein" (in einer deren zwei), fünf „Led-
lein" oder „Ledgen"; die letzten meist in Zellen, die schon mit den zuerst
genannten versehen waren. Die nicht mit einer No. versehene, nach der letzten
Zelle aufgeführte Schlafkammer der Merg enthielt sogar drei alte Bettladen,
wovon vielleicht zwei bei Aufnahme neuer Schwestern Verwendung finden sollt(!n.
Dürfen wir aus diesen Angaben einen Schluss ziehen, so würde sich als höchste
Zahl der Bewohnerinnen des Klosters, auf die man rechnen konnte (ob auch
erreichte, bleibt zweifelhaft), zwanzig ergeben.
Die Ausstattung der einzelnen Zellen war höchst einfach und einförmig.
Tücher, ein Schenklein, ein Bänklein, ein Schemel, Täfelchen, Kistchen u. ä.
kehren ausser den Bett- und Sitzladen oft wieder.
Nur drei Zellen verdienen besondere Erwähnung : No. Y war mit vielen
wertvolleren Dingen, namentlich an Bettwerk versehen; sie wurde deshalb
„verpetschirt". Aus gleichem Grunde wurde No. Z „versecretirt" ; denn hier
waren „zwei schöne geschnittene schiink," ein „genullter schank", „zwei feine
Kistgen", vier „Bilt Daffel" und einiges Bettwerk. Endli<h dürfen wir nichr
die letzte; Zelle, No. FF., übergehen; sie hiess die „alte A[.tei" und war von
der Junofrau M(>r"' bewohnt, ein Beweis, dass diese noch immer die Stelle der
Äbtissin als Statthalterin bekleidete; daher waren hier auch nach VA auf-
bewahrt eine weisse Briefkiste, eine Kiste mit allerhand Registern, d. h. liecli-
3
*
36
nungsbücheru iiml ilirl. Nach Yli waren ilieso nacli Wiesbaden zur Bcsichtigiiug
abgeschiokr worden. Endliih wird von der Merg allein gesagt, dass sie eine
besondere Sehlalkanniu'r an dnu „Xeiien Gang" gehabt habe; in ihr befand sicli
kein weiteres Bettwerk, wohl aber in ihrer Zelle; jenes muss sie nach Walsdorf
niitgenoninien haben.
Von andern Räumlichkeiten werden genannt eine Stube und eine Kammer,
„do man riulür/.r by der Stuben", jene mit einem Tische, zwei Kistchen, zwei
Sesseln und einem kleinen Bänklein, diese mit mancherlei Hausrat. Es folgt
das untere Siechhaus (YA unterscheidet „oben im Siechhaus ein Stübchen, im
untersten S. und im untern Siechhausstübchen") ; schon in der ältesten Zeit des
Klosters wird dessen gedacht: am 17. Januar sind im Necrologium Cuno von
Dütscheim und dessen Mutter Katherina als Wohlthäter desselben augeführt,
indem jener ein Pfund Heller, diese eine kleine Geldsumme an Solidi (die
Ziffer ist nicht eingeschrieben) und drei Hühner „in infirmarium" spendete.
Hie Familie derer von Hotzheim starb um das Jahr HioO aus, die Schenkungen
waren also vorher erfolgt. Ha der Vater Cunos Sybode hiess, wie das Necro-
loirium anmerkt, so ist wahrscheinlich, dass er diesen der Familie der Herrn
von Wiesbaden geläufigen Namen durch Abstamnumg von einer Tochter der-
selben erhielt; und in der That ist auch der Name Katharina bei ihr gebräuchlich
o-ewesen Ferner schenkte Jutta von Frauenstein dem Kloster ein Malter Korn
„in infirmarium", Necrologium 17. Februar.
Haran schliessen sich in VB der Revendal (auch „thormeltil" genannt) und
die Conventstube mit einem Vorplatz : dort standen drei Brodkörbe, zwei Schränke,
ein Küchen- und ein langer Tisch, fünf Webstühle oder Rahmen, eine Haspel
und ein Schemelchen, hier ausser mehreren Tischen, Sesseln u. s. w. nach VB,
eine Kiste mit zwei eingebundenen Zinsregistern und zwei Zinsbücheru, deren
eins zu Graf Adolfs Zeit (f 1511), eins zu Graf Philipps Zeit erneut war,
ausserdem etliche Zettel und Register und ein Evangelienbuch, vor der Convent-
stube mehrere grosse und kleine Schränke, eine Kiste und eine Plandfassdrisur,
d. h. ein Gefäss zum Handwaschen. Von den Registern, die in VB fehlen,
ist nichts erhalten ausser zwei Haushaltungsbüchern der letzten Äbtissin, deren
älteres gar keine Ausbeute gibt, da es bloss die jedesmaligen Summen, niclit
aber einzelne Posten der Einnahme und Ausgabe enthält.
Im Kerker, der nun in VB folgt (in VA heisst es „bei der Nonnen
Gefengknis") waren acht Küchenschränke, in der Badstube mehrere Badbütten.
Eine wichtige Rolle spielt in Nonnenklöstern die Winde und das Windhäuslcin;
durch sie wurde der Verkehr der Schwestern mit der Aussenwelt vermittelt.
Die Winde war (sine wagerecht drehbare Vorriclitung zum Ein- und Auslassen
von Dingen. In VB sind „by der Winen" einige Kistchen und Schränke
aufgeführt, im „Windttlieuslein" merkwürdigerweise neun grössere und kleinere
Kannen. Endlich waren in dem Klostergebäude zur Aufbewahrung von, wie
es scheint, alten oder abgängigen Möbeln einige „Gänge" benutzt, wie der
Gang bei Jungfrau Mergen Schlafkammer und der neue Gaug vor demselben.
VA führt uns auch, wie gesagt, in den Keller und zählt den daselbst
aufbewahrten Weinvorrat auf: es waren an firnem Wein 4 Fuder. 1 Ohm und
37
2 Vicrtol, an neuem Wein 4 FiiJur, 4^2 Oluii. zustunmen 8 Fuder, 5'/2 Ohm,
2 Viertül. Nach einer Aufzeichnung^- des Jahres 1631 betrug der Ertrag der
Weinberge des ehemaligen KU)sters im üurclischnitt jährlich 10 Fudcn-, von
denen je die Hälfte „Mospacher Gewechs" war oder von der Goisheck geerntet
wurde"); dazu trat eine Ohm, die zu Biebrich ständig fiel. Dem standen an
Ausgaben gegenüber: Dienstwein des Kellers ein Fuder, für dessen Frau täglich
eine jMass (= 4 Ohm, 11 Viertel, 1 Mass), für den Schreiber täglich eine
halbe Mass Tischwein (= 2 Ohm, 5 Viertel, 3 Mass) und an WeissAvein 2 Ohm.
Den Beschluss der VB macht die Kirche, die in VA in die Mitte gestellt
ist und wie sonst kürzer abgemacht wird. Zunächst werden die Messbücher
aufgezählt: „ein messbucli, ein gross missale, da Introitus in steh(>n, ein Metten-
buch, ein vesperbuch, alt pergament, 21 sunsten allerlei klein metten büchlein,
noch ein Vesperbuch, noch ein buch, so evangelia und epistel gesungen werden,
ein klein Vesperbuch, alt pergament", zusammen 2S Bücher. In der grossen
Altartafel (VA) befanden sich fünf kleine Kistlein, „helffen beiner (von Elfen-
bein) und sunsten''', ein Sacramentshäuslein, ein Crucifix mit Tafel, sechs Tafeln,
klein, stehen auf dem Altar, 44 kleine gemalte Tafel-Tücher und Briefe auf
der Stube, vier Pfühle, sechs Kircheuleuchter von Zinn für den Altar, ein
Leuchter von Zinn und zwei Fussbecken „in der Orgalarei" und ein kleines
rundes Tischlein in der Kirche. Daran schliosst sich ein Schrank l)ei der
Kirche, „do man aus dem Kloster hineingeht" mit verschiednen Tüchern und
Messkendlein.
Anhang.
Die Kirche und andere Gebäulichkeiten des Klosters.
Über den Bau, die innere Gliederung, die Denkmäler und Ausschmückung
der Kirche gibt uns die Inventarisation keinen näheren Aufschluss ebensowenig
als Reste derselben, da diese vollständig verschwunden sind. Das Wenige, was
wir aus andern Quellen erfahren, soll hier zusammengestellt werden.
1. 1296 am 2. Februar hub der König Adolf mit seiner Gemahlin
an das Neue Kloster zu bauen. Werner von Saulheim bei S c h 1 i e p h a k c
11, 227. IV, 41.
2. 1296, am 29. September wird von dem Statthalter des Königs Ludwig
von Sonnenberg der erste Stein gelegt. Ebenda; Necrologium 10. Juni.
3. 1298, 6. Januar. Stiftungsbrief des Klosters durch den König Adolf.
Koth, im Korresp.-Bl. des Gesamtvereins 1882, S. 78.
4. 1298, 27. Januar. Die Königin Imagina gibt ihre Zustimmung zur
Stiftung. Ebenda.
5. Um 1304. Weihe des Klosters, t'ber diese s. AV i d in a ii n . Fro-
gramm der Gymnasiums zu Wiesbaden 1882, S. 2^) und unten Xo. 8.
6. 1298 fl'. Baumeister und Förderer des Baues waren frater Petrus
pictor de ordiiu; minorum, qui fuit magister operis in principio structure istius
claustri; Necrologium 27. Oktober; Gotfridus frater de ordine minorum, qui
'■"') Vergl. übeji S. 19.
38
tiilelitor hiljoravit pro elausrrü consrnioiulo : Nocrologiuni 2^». A])ril; Wigandus
plebanus de Moschbach. qui tidelitor laboravit pro elaustro constriiendo ; Nccro-
Kigiimi !?4. NoYOinber,
7. i:ill wird die erste Äbris.sin Jfidiardis (f -"• ''iili) i>'> Kreuzgang der
Kirehe beigeser/.t. Xecrelitgiuin 22. Juli. II el wich. D (• r s ' Epitaidiienbueli.
8. KI21. 24. März. Die Kirclie und dt>r Chor der Jungfrauen wird aber-
mals (zum erstenuuile?) geweiht von dem Mainzer AVeihbischof Tiethniar.
"Widmann a. a. 0. In dem .[ungi'rauenchor hielten und begingen die
Schwestern die sieben Zeiten ; seine Lage war in der Verlängerung des Mittel-
schiffes'*) ; es war etwas höher als die übrige Kirelic und liiess desshalb auch
der höhere Chor im Gegensatz zu dem niederen Chor. Kirche und Chor der
Schwestern wurde geweiht ,,in die Ere Marien der wirdigeu Jungfrawen'', der
Fronaltar in der Kirehe ..in die Ere der heyligen Dreyfaltigkeit, des heiligen
Crutzes und aller Apostelen und Evangelisten". Widmann a. a. 0.
\K l'm 1440 stall I Jiulman, der länger als 20 Jahre llof'meister des
Klosters gewesen war und demselben 140 Goldgulden „zu stuher zu dem crutz-
gang an dem buhe" gegeben hatte. Necrologium 12. April.
10. 1500. 24. November starb der ehrwürdige Vater und Bruder Johann
Müller von Gelnhausen. Custos am Rhein und Guardian zu Frankfurt, von dem
das Kloster 60 Fl. empfangen hatte, verwandt „in Nutz des Gotzhauses".
Xecrologium 24. November.
11. 15(0)7 starb Sifridt Stum von Bleidenstat, Laienbruder des Klosters,
der ihm 40 Fl. für eine ewige Messe und Vigilie gab ; seine Schwester hat
nach seinem Tod „an das closter gelacht in bu und besserung 35 Fl. 1518".
Necrolügium 13. Januar.
12. 1530 starb Merg de Konstein, „die da gegeben hat 23 Fl. zu den
Daffcln zum Fronaltar in der Kirchen." Necrologium 9. Dezember.
13. Der Laienbruder Eygelberg und seine Frau Kathcriua schenkten dem
Kloster 100 Fl. für ein Anniversarium „et pro lumine candcle perpetue".
Necrologium 30. November; der Eintrag stammt der Schrift nach aus dem
14. Jahrhundert.
14. Dctniicellus Dederich ILut (von Sonnenberg) und seine Frau Margreta
stiften jälnlicli 12 ^Malter Korn und 35 Pfund zu einem ewigen Lichte. Necro-
logium 4. Oktober. Der Schrift nach aus dem 15. Jahrhundert, Ein Jungher
Dietherich lludt kommt in einer Urkunde vom 7. Dezember 14(17 vor; ein
Dietrich und dessen Gemahlin Nese werden erwähnt mir der dahreszahl 1467
und 1475. Vogel. Ann. Fl, :>, 30.
15. Gertrudis, die ^lutter der Schwester Mechtildis, schenkte dem Kloster
drei Pfund ilelhjr zu eineiu Messbuch. Necrologium 12. März, der Schrift
nach aus dem 14. .lahrhundert. Welche Mechtildis gemeint sei, ist nicht fest-
zustellen.
") Ver;,'l. S <• li n c i il f r in W u|,'n ors f,M'istliclieii Stiften des Orosslier/.ugtunis Hessen II,
Ü2ü u. 224 über das Xoniioiitliur im Keicli- und Arine-Clarcnkloster zu ]Mainz.
39
16. Im Septombor 1484 stavli dci- .,r('V(Mon(lus purer et ddininus Joliaimo.s
Isonburg, cpiscopus Thonnopolcnsis et SuffViigancus doinini Spirousis, qui
contulit nobis XX Floi'. et uiiuiu brcvitiriuiii in dualjus partibus pro se ot suis
bonis fautoribus. Aiiik» doiuini iM('CCCLXXXIlll". Das Nocrologiuin vor-
z(nclin(!t diese Notiz am 4. .Septombur, andere neiuien den 1. oder 2. September
1484 seinen Todestag. Ei- >var vor dem Jalire 14(56 C'ustos generalis der Kliein-
kustodie dov oberdeutsclien Minoritenprovinz und Siiffraganeus Thernio})ylensis
gewesen. Sielie E u bei, Gescliiclit(! der oberdeutsclien (Strassburger) Minoriten-
provinz. Würzburg 1886, S. 181, 186.
17. Am 1. Dezember J431 starb die Gräfin Elisabeth von ILanau, (u;-
mahlin Ulrichs V. von Hanau (f 1419); sie war die Mutter der Äbtissin Agnes
(1422 — 1446) und deren Schwester, der Nonne Adelheid (f 1440), die beide
im Jahre 1412 in das Kloster Clarenthal eingetreten waren. You ilii' Ijerichtet
das Necrologium, wie wii- in (h'in ersten T(m1 dieser Studien bereits erwähnt
haben, dass si(^ zwanzig -lahre zu Clarenthal in einem Hause, das sie sich bei
der Kirche erbaut liatte, als Mutter und Freundin der Schwestern gewohnt und
dem Convent iiundert Gulden hinterlassen habe.
Wollen wii' uns ein einigermassen zutreffendes jjild der Kirche machen,
so müssen wir vor allem das im Auge behalten, dass der Stifter des Ordens
für dessen Bauwerke die grösste Einfachheit em])fahl und Bonaventura im
Jahre 1260 bestimmte Regeln aufstellte. So sollte die Wölbung der Kirchen
nur ausnahmsweise gestattet sein und diese weder durch grosse Dimensionen
noch durch Säulen, Fenster und Bilder ins Auge fallen.'^) Wir dih-fen danach
als wahrscheinlich voraussetzen, dass die bald nachher (um 1300) erbaute
Ciarenthaler Kirche im wesentlichen diesen Vorschriften entsprocheii habe.
Erst im Fortgange der Zeit fing man an auf künstlerische Ausstattung und
Ausschmückung mehr Gewicht zu legen. Damit würde stimmen, dass die
Clarenthaler Bildwerke an den Wänden und Fenstern erst dem lö. Jahrhundert,
wie wir angenommen haben, angehörten."') Wir können aber auch noch einen
Schritt weiter gehen und sei es ein Vorbild unserer Kirche oder ein aus dem-
selben Geist entsprungenes Bauwerk in der Kirche des ßeichclarissen-Klosters
zu Mainz erblicken, das als Mutter Ciarenthals betrachtet werden kann. Trotz
ihrer Verstümmelung, sagt S c h n e i d e r"), ist dieselbe noch heute ein mächtiger
gotischer Bau von guten Verliältnissen, abei- herber E i n f a c h li e i t ; an den
grossen Mittelbau lehnt sich nur ein Seitenschiff an: ein Querschiff fehlt:
sämtliche Teile der Kirche waren überwölbt; charaktei-istisclie Gliederungen und
Ausschmückungen sind nur an einigen Stellen angebracht. Inwieweit Claren-
thal damit übereinstimmte, lässt sich nicht entscheiden, z. B. die Frage, ob
nur ein Seitenschiff oder gar keins angebaut war, ob WiUbungen sich vor-
fanden; nur das dürfen wir festhalten, dass die gleiche Einfachheit lierrschte.
'''") Kraus, Gesclnchto der cliristliclien Kunst, II. 1, 1H5.
^«) Aiinalen XXIX, 18, 5.
^') In dorn "NVorko von "Wap^nor. Die vorninligon goistliclion 8tiftc im fJrossherzogtuui
Hessen II. 2'JÜ u. Tafel VIII.
40
Die Grabdenkmäler und Gemälde der Kirche zu Clarenthal.
Ton der Kirche zu Clrtrentiiul ist nichts erhalten ; sie erfuhr nach der
Aufhebung des Klosters mehrfache Veränderungen und zuletzt, als die Räumlich-
keiten des Klosters zu ganz andern Zwecken benutzt wurden, eine gänzliche
Zerstörung. Die jetzige Kapelle ist für den protestantischen Gottesdienst neu
erbaut und nur i'in Grabstein hat an der Wand an recht ungünstiger Stelle,
hinter einer Treppe, seine Aufstellung gefunden. Andere Inschriftsteine sind
zu Neubauten benutzt und zerschlagen, vier von Persönlichkeiten des nassauischen
Hauses nach Wiesbaden in die dortige Kirche verbracht, aber teils dem Zahne
der Zeit, teils dem Brande der Kirche im Jahre 1850 zum Opfer gefallen.
"Was wir noch von der Clareuthalcr Kirche wissen, verdanken wir den Auf-
zeichnungen II e 1 w i e h s (lül4) und den Abbildungen des Malers D o r s (1632).
Jener schrieb die Inschriften aller Grabsteine, soweit sie erhalten waren und
gelesen werden konnten, ab und verzeichnete die Namen der Personen, die auf
den zwei grossen Wandgemälden dargestellt sind, dieser machte Abbildungen
derjenigen Grabdenkmäler und Gemälde, welche Mitglieder des Hauses Nassau
betrafen, beide mit kürzerer (H e 1 w i c h) oder genauerer (D o r s) Angabe der
Stellen, wo sich diese ehrwürdigen Zeugen der Vergangenheit befanden. So
ergänzen sich beide Aufzeichnungen bis zu einem gewissen Grade einander.
Die Kirche lag wie natürlich bei dem Klostergebäude; w^nn das Inventar
vom ."). Februar lö.öQ sagt, dass ein Schrank bei der Kirche stand, wo man
aus dem Kloster hineingeht, so muss wohl ein bedeckter Gang aus diesem in
jene geführt haben. Durch ihn trat Hei wich in die Kirche, da er zuerst
dif hier befindlichen Gemälde und Inschriften aufzeichnet, dies war aber die
südliehe Seite des Gebäudes ; es lag also im Norden des Klosters : siehe unten.
Von den liäumlichkeiten, in denen sich Denkmäler befanden, nennt
Dors 1. den niederen Chor, bei Hei wich Chor schlechthin oder mit ante
aram maiorem (altare malus) bezeichnet; 2. den höheren oder Jungfrauenchor,
bei H e 1 w i c h chorus virginum ; ihn fanden wir schon in der chronikalischen
Notiz des Jahres 1321 erwähnt; 3. den Kreuzgang oder ambitus. Da Hei wich
ihn zuletzt verzeichnet, so ist er an der seinem Eingang zur Kirche entgegen-
gesetzten Seite, also an der Nordseite des Schiffes, angebaut gewesen.
Hei wich befolgt nämli(;h in seiner Aufzählung der Denkmäler genau
dir Reihenfolge derselben, die er selbst einhielt, indem er von dem einen zum
nächstliegenden vorschritt, anders als Dors, der mehrmals hin- und her-
springend verfuhr; durch genauere Beschreibung der betr. Örtlichkeit machte
er jedoch das Irreführende seines Vorgehens wieder gut. Nur einmal (No. 6)
lässt sieh seine Angabe mit der Hei wichs nicht vereinigen ; s. No. 6 unserer
Zählung. Hl' I wich beginnt mit dem Chor, dem niederen Chor bei Dors,
N<.. 1-19, steigt dann zum Jungfrauen- oder höheren Chor, No. 24, geht darauf
zum Kreuzgang. No. 20—30, und schliesst mit dem daran stossenden circuitus,
No. 31. Dors oder das Epitaphienbuch beginnt mit dem Kreuzgang, (No. 25)
Kichardis, zu dem er ncch zweimul zurückkehrt, No. 6 und 28, Imagina und
Margarethe von Ei)penstein. wendet sich dann zu dem Gemälde des Grafen
41
Adolf und seiner Familie, No. 4, von da wieder zum Krouzgaug, No. (') Imagina,
dann zum Jungfrauenchor, No. 24 Adelheid, darauf aborjnals zum niederen
Chor, iS'o. 7 Mechtildis, um sofort wieder zu jenem zurückzukehren (Xo. 20 bis
23), die bei II e 1 w i c h fehlen, und nachdem er das noch fehlende vor dem
Hauptaltar aufgeführt hat, No, 8 und 9 Graf Gerlach und seine Gemahlin,
2 und 3 Graf Adolf und seine Gemahlin, 4, ö, 10, das Gemälde Graf Adolfs
und seiner Familie, Graf IMülipp und Friedrich von Hohenlohc, schliesst er
mit dem Kreuzgange, mit dem er begonnen hatte, No. 28 Margarethe von
Eppcnstein. Offenbar waren die einzelnen Abbildungen oder deren Copien auf
je einem 13ogen ausgeführt und wurden in dem sogenannten Epitaphienbuch
zusammen mit den anderen nassauischen Grabdenkmälern in einen Band ver-
einigt, ohne dass man auf die Stellung in der Kirche Rücksicht nahm und
auch die zeitliche Abfolge nicht genau beachtete.
Aus H c 1 w i c h s Ortsangaben geht hervor, dass weltliche Personen nur
im niederen Chor bestattet waren, Klosterschwestern im Jungfrauenchor und im
Kreuzgang ihre letzte Kuhestätte gefunden hatten; vier Gemälde, die Hei wich
nicht erwähnt, befanden sich im höheren Chor, zwei andere im niederen Chor.
Für die Orientierung der Kirche gibt D o r s einen sicheren Anhaltspunkt,
Nach ihm befanden sich im Jungfrauenchor vier Bilder, das erste auf der
linken Seite der Wand, die drei andern im Giebel, welcher dem Altar gegenüber
war, Yon diesen war No. 2 und 4 auf der linken und rechten Seite in Fenstern
des Giebels, No. 3, das mittlere, auf die Mauer gemalt gegen Niedergang der
Sonne, also gegen Westen gerichtet; der Altar und der ganze Chor lag also
genau im Osten der Kirche,
In der nachfolgenden Aufzählung der Denkmäler legen wir die Reihen-
folge von H e 1 w i c h zu Grunde und schliessen an die einzelnen eine kurze
Angabe der Örtlichkeit von D o r s an, Yorher aber müssen wir eine Be-
merkung über den Gebrauch von rechts und links bei beiden machen. Was
nämlich H e 1 w i c h rechts nennt, ist bei D o r s links und umgekehrt. Dieses
beruht auf der verschiedenen Stellung, die sie für die Beschreibung der Lage
einnahmen oder von ihnen eingenommen denken. H e 1 w i c h steht oder denkt
sich vor dem Altar, mit dem Gesicht gerichtet nach dem Altar, wie es der
katholische Geistliche bei der Messe thut, D o i- s steht ebenfalls vor dem Altar,
aber zu ihm mit dem Rücken gewendet, zu der Gemeinde im Schiffe der Kirche
mit dem Antlitz, So erklärt sich der entgegengesetzte Gebrauch beider Wörter.
A. Weltliche Personen,
I. Im niederen Chor:
a) Auf der Südseite der Kirche.
1. König Adolf und seine Gemahlin Imagina, eine Kirche in die
Höhe haltend, zu beiden Seiten ihre Kinder, ein Gemälde an der Wand,
Hei wich: pictura ad latus dextrum chori depicta, in qua Rex Adolffus cum
Imagina regina cernuntur, ab utraque parte templum sustinentes, adiuncfis filiis
et filiabus eorundem. Dors: Dieses Gemälde hndet sich , . . im niederen Chor
auf der linken Seite in der Höhe auf die flauer gemalt. Abgebildet bei
42
Ilagolgans zu S. 12 umi KrcmiM-, Orig. TI Taf. 1. Yorgl. Sehen ck
S. 399/ Scbliophako 11. 147. IV. 46.
•J. uml 3. Cr V a f A il o 1 f uuil sei nc ( Joinalilin M a r g a r v. r li 0. J I e 1 -
wich: ante luaius altaro a doxrris in numumentü elevato. f Anno doniini
M°CCC°LXX° in die sauoti Antunii abbatis ob. illustris d.)niiniis Adolffus eomes
de Nassaw, tilius (Jorlaei coniitis. ([ui fuit tilius Doniini Adolf'fi rogis ronianorum.
Ad latus di'xrruni dt'i.icta insignia 0. in Xassaw. Burggr. Norinbergcnsis. Hiebe
Hagelgans S. 1!>. Neerologiuni unt.r dem IT. Jan. Dors: Begräbnis im
niederen Chor auf d.T linken Seite des Altars in einem Bogen, erhoben und
ist gewesen A.b.ltt' Graf zu Nassau. <mii Snhn (iraf CJerlaehs und Frau Agnes.
Seine Geniahlin liegt nrben ihm. welehe eine Tochter Friedrichs lY.. Burg-
grafen von Nürnberg, war. — Die lusihvil'r des zweiten (rrabd(!nkmals fehlt,
nicht aber das Bildnis der Gräfin: audi in das Necrologium ist ihr Name nicht
eingetragen, obgleich sie in dem Kloster hohes Ansehen genossen hatte: noch
zu ihren Lebzeiten — am 10. Februar loTl —bestimmte der Convent für sie
ein reiches Jahrgezi'it. das sofmt jnliilich gefeiert werden sollte. Dass ihr
Name im Necrologium fehlt, ist um so autfallender, als sie mit ihrem (Jemahl
in ihrem beiderseitigen Testamente vom 'M. März 1360") das Kloster glänzend
bedacht hatten, und als Margarethe wahrscheinlich starl). währcMid ihre gleich-
namige Tochter Äbtissin war. Sie kommt nämlich, was man bisher übersah,
noch im Jahre 1382 vor, wo sie am 13. Oktober eine testamentarische Ver-
schreibung für ihre Tochter Katherina. Gemahlin Reinhai ds IL von Westerburg,
machte.'") Der Grabstein wurde später in die Kirche zu Wiesbaden verbracht,
Wfi er. weil er abgängig war, im Jahre 1818 vollständig zerschlagen wurde;
nur ein liest desselben, zwei gepanzerte Füsse auf einem Löwen stehend, mit
der Jahreszahl 1370, befindet sich jetzt im Museum zu Wiesbaden."")
4. Graf Adolf und seine Gemahlin Margarethe mir ihren Kindern,
Gemälde wie No. 1. 11 el wich: ab uniujue parte ipse cum uxore et omnibus
liberis depictus. Dors: Gemalt in einem Bogen in der Mauer über ihrem
Begräbnis, llagelgans S. 19, 24. Abgebildet bei Kr einer IL Taf. 2.
Das Gemälde ist angefertigt nach dem Jahre 1396, vielleicht als Face von
Lindau (v 1422) Äbtissin war, da ihr Sohn Johann in diesem Jahre die crz-
Ijischöflichen Insignien (von Mainz), mir (hmen er abgebildet ist, erhielt.
.'). (rraf Philipp von Nassau-Saarbrücken. Hei wich: In epitaphio
iliidem ad murum erecto. Anno 1429 ipso die Yisitationis b. Mariae virg.
gloriosae obiit Nobilis Dominus Phili])])us Conies in Nassaw et in Saraponte.
Das Necrologium setzt seinen Tod iiiclir auf den Tag AHsitationis (2. Juli),
sondern auf den 4. Juli. Dors: Dieser Stein steht aufrecht im niederen Chor
auf der linken Hand. • — Kr wurde später in die Kirche zu Wiesbaden ver-
braeht. we er l)ei dem Brande derselben im Jahre 1800 zu Grunde ging. Ab-
;;el>ildet bei U<»ssel, Kirchliche Altertümer von Wiesbaden, Taf. 3.
'") Uikiindf im Stuatsurcliivf; zu Wicsbadon.
"*) l'rkund« im Stautsarcliivp und aligediuckt nach einer alten Kopie bei fjelunann,
Oescbiclitc der Horrfn von AVestorlimi,', S. 19t). S, Aljsehnitt IV.
""l |{(issel. Die kirclilichun Altertümer von AVioshadon, H. 3S.
4:j
h) Vor dem Altar.
6. Königin I m a g i n a. 11 <; 1 w ich: in medio clidii ante aram maiorem in
nionumentü elevato, in (|in> Uoginac species. Als T(xlestag gibt das Necr. den
29. 8e])tcnib(Ji- an, das Tüdosjahr ist unbekannt; vgl. S c, h 1 i (; p li ak e IV, ;")<).
Doi-s setzt diesen Grabstein in den Kreuzgang; er steht nach ihm dorr auf-
recht und ist wie bei 1 1 c 1 w i eh dlmc Inscdirift. Gegenüber d(mi ausdrücklichen
Ztnignis Ilclwii-hs und dem Ihustaud, dass im Kreuzgang sonst keine welt-
lichen Personen begraben sind, darf mau ausDors' entschiedenen* Angabe ver-
muten, dass zwis(dien den Jahnni 1614 und 1632 der Stein in den Kreuzgang
vers(^tzt wurde und seine aufrecht(! Stellung (erhielt, die, so lange er sich vor
dem Altar b(>fan(l, unmöglich war. Später wurde er abermals und zwar in die
Kirche zu Wi(>sbaden versetzt, wo er bei den) Brande von IHöO zu Grunde
ging. Eine Abbildung von ihm gibt Rössel a. a. O., Taf. ;>.
7. Mechtildis, Tochter des Königs Adolf, Gemahlin des Pfalzgrafen
Kudolf. ILelwich lässt sie unmittelbar auf Imagina folgen: Anno Domini
1328 in die Sanctorum Gervasii et Protasii (19. Junij ob. lllustrissima Do-
inina Mezza ducissa, Domini Adolfi Regis Romanorum (filia), mater Dominorum
Ducum Bavariae. — Das Necrologium setzt ihren Tod auf den 13. Juni.
Dors: Stein im niederen Chor vor dem Altar, erhoben. Mechtildis starb im
Jahre 1328. Über sie vgl. Schliephake 11, 60.
c) Auf der Nordseite der Kirche.
8. 9. Graf Ger lach und seine Gemahlin Agnes von Hessen. Hel-
wich: in sinistris ante altare malus in monumento elevato. Anno Domini 1361
in crastino Epiphaniae (7. Januar) ob. Illustrissinms Dominus Gerlacus comes
de Nassaw, filius serenissimi Domini Adolfi Regis Romanorum. Anno Domini
1332 in crastino Epiphaniae (13. Januar) ob. Sereniss. Domina Agnes, coniux
nobilissimi Domini Gerlaci, comitis de Nassaw. Im Necrologium steht Gerlach
unter dem 10., Agnes unter dem 11. Januar. — Dors: Im niederen Chor auf
der rechten Seite des Altars, erhoben, in einem Bogen; ist gewesen Graf
Gerlach zu Nassau, Sohn Kaiser Adolfs, und Agnes, Landgräfin, seine Gemahlin.
— Der Stein wurde später nach Wicisbaden verbracht und ging bei dem Brande
der Kirche zu Grunde.
10. F r i e d r i (• h von II o h e n 1 o h e. II e 1 w i c h : inscriptio tumuli solo
adaequati. Anno Domini 1304 in die St. Martini (11. November) ob. Domicellus
Fredericus de liohenloch. Im Necrologium steht der Name am 6. November.
— Dors: Im niederen Chor auf der rechten Seite des Altars. Die Abbildung
zeigt eine jugendliche Gestalt. Da der Stein neben dem Grabstein Gerlachs
und der Agnes lag, so wird Friedrich von Uohenlohe diesen beiden verwandt-
schaftlich nahe g(;standen haben; es liegt daher die Vermutung nahe, dass er
der Sohn ihrer Tochter Anna, die mit Graft von Uohenlohe bereits im Jahre
1337 vermählt war, also der Enkel Gerlachs und seiner Gemahlin Agnes ge-
wesen sei. Gerlachs zweite Gemahlin Irmengard war ebenfalls eine geb. von
Hühenlohe. Friedrich mag auf einem Besuche des Grossvaters gestorben sein.
44
dj In der Mute des Chores.
11. (iriifiu Elisabeth von Hanau. Hei wich: in medio chori
in numumonto olevato. Anno Doinini UiU iu crastino Audreae apostoli
(1. Dfzi-mber) üb. venerabilis Doinina Elizabeth de Hanamve. — Neorologium
1. Dc/ember. Vgl. eben S. 39 über ilir Verhältnis zu den Kloster Jungfrauen.
12. 8 i f r i d II u t (von Sonuenberg). Hei w i e li : A dextris inseriptio
tumuli. Anno l)..niini 1413 die Cathedra Petri (22. Februar) ob. Domiccllus
Sifridus dictus lludr. — Neerologiuiii 21. Febr.: domicellus Sifridus dictus
Hut post obituni suun» contulit nobis 36 libb. in anniversario suo.
13. Greda Und in de .Sonnenberg. Hei wich: inscripti«) tumuli.
Anno Doniini 1407 pridie Kalendas Novenibris in vigilia Omniuni Sanctoruni
ob. (freda Hudin de Sonnenberg.
14. FI a n n (' ni a n n u s H c r o It , Bürger von Oppenheim. H e 1 w i c h :
inseriptio tunmli. Anno Domiui 1340 in die sanctae Catherinae virg. (25. Novbr.)
ob. HannemannusdietusHerolt, Civis in Oppenheim. — Necrologium, 23. Nov.:
contulit nobis annuatim 8 maldr. silig.. V/2 virnzal, (> libb. et 8 capones pro
remedio anime sue et uxoris sue Elizabeth et liberorum [et] omnium parentum.
1 r>. . 1 »'). . 17. E 1 i s a b e t li Heroldi. H e l w i c h : inseriptio tumuli.
Anno Domini 133ö XHII Kai. Maii (18. April) ob. Elizabeth Herokli. quibus
[anuis scilieet] X depositis YI [Kai] Martii (24. Februar) ob. Wcrutrudis
ipsisque [annis] X repositis Y Idus Maii (11. Mai) ob. Lieba tiliae eius. —
Xerrologium: 20. April ob. Domina Elizabeth de Oppenheim; 2."). Februar ob.
Wcrndrudis de Oppenheim, cognata fratris Gerhardi, quo contulit nobis annuatim
1 lib. hall. : 7. Mai ob. Liba de Oppenheim cognata fratris Gerhardi. Wie
man sieht, stimmen die Angaben über die Todestage nicht überein; richtig
werden die der Inschrift sein. Dieser Stein findet sich jetzt als der einzige
noch erhaltene in der Wand der neuen Kapelle, leider an einer ungünstigen
Stelle (hinter einer Treppe) eingemauert.
18. H e i n r i c h von Lindau. H e 1 w i c h : inseriptio tumuli a sinistris.
Ann(j Domini 1334 ob. lleinricus miles de Lindamve XIHI. Kai. Octobris
(18. September). — Necrologium 24. September: ob. Hominis Hcinricus miles
de Lindau (jui contulit nobis ad anniversarium 1 marck et 12 solid, zu eime
ewigen lii'hr.
[19. Katharina von Stockheim, geb. Knebel von Katzcnelnbogcn, ge-
storben d(,'n 16. Dezember 1606, also nach Aufhebung des Klosters.]
H. Im Jungfrauenchor
vier Gemälde; sie fehlen bei H cl w i c h.
20. Gi-iif Gerlach und seine Gemahlin Agnes von Hessen; zwei betende
Personen mit nassauischen und hessischen Wappen; Dors: Fenster im Jung-
frauenchor auf der linken Seite der Wand.
21. Walrabe und Adolfus, betend; Dors: im Fenster i]n .kingfrauenchor
auf d(,'r linken Seite im Giebel. Es sind zwei jüngere Söhne des Königs Adolf.
Hagelgans S. 17 berichtet irrtündich, das Gemälde habe sich in der Kirche
zu Wiesbaden befunden.
45
22. Dors: Allliio (je) /woi ^[anns- und Weibspersonen gemalt, aber gar
verbliclien; (rechts oben das nassauisclie Wappen, links das hessische) ; auf die
Mauer gemalt im Juugf'rauenchor an dem Giebel gegen Niedergang der Sonne.
211. Kuieende Person, eine Kirche emporhaltend. mit einer Krone auf dem
Haupte, wie in No. (5. Im Fenster im Jungfrauen- oder höheren Chor im
Giebel auf der rechten Ifand. Dors sagt, die gekrönte Person sei Imagina,
des Königs zweite Tochter gewesen; aber die Krone deut<it offenbar auf die
Königin liin. di(» ^litstifterin des Klosters.
B. Klosterjungfrauen.
a) Im Jungfrauenchor.
24. Die Äbtissin Adelheid von Nassau. 11 el wich: in choro
Virginum. Anno Domini 1338 VII. Kai. Junii (26. Mai) ob. Alheydes
Abbatissa de Nassowe Kogis filia. — Necrologium 12. Mai. — Dors: Im
Jungfrauenchor vor dem Altar. Adelheid war Äbtissin von 1311 — 1338.
b) Im Kreusgang, amhitus.
25. R i c li a r d i s : 11 e 1 w i c h : scquuntur inscriptiones in Ambitu. Anno
Domini 1311 V. Kai. Augusti (28. Juli) ob. Soror Richardis de Nassauwia,
germana Domini Adolffi regis. — Necrologium 27. Juli. Dors: Im Kreuz-
gang. Sie war die erste Äbtissin, ohne diesen Namen zu führen.
26. Anna von Höh enl che. Hei wich: Anno Domini 1440 ipso
die nativitatis Virginis Mariae (8. September) ob. Illustris Domina soror Anna
de Hohenloch. Necrologium 8. Sept. : Illustris soror Anna de Hoenloch sub
a. 1440, de qua habemus 160 Flor.
27. Agnes von Hanau. Hei wich: Anno domini 1446 die s.
Ceciliae virginis {22. November) ob. Illustris Domina Abbatissa soror Agnes
de Hanaw. — Necrologium 22. November: fuit abbatissa huius conventus 24
annos (1422—1426.) Sie war die Tochter der Elisabeth No. 11.
28. Mar gar et he von Ep penstein, Äbtissin 1446 — 1450. Hel-
wich: Anno Domini 1450 in die 8. Laurentii (10. August) ob. Illustris
Domina soror Margaretha de Eppstein Abbatissa huius conventus. — Necro-
logium 17. August. — Dors: Im Kreuzgang. Sie war die Tochter der Agnes,
der ältesten Tochter des Grafen Adolf I. und der Margaretha, zum erstenmale
vermählt mit einem Grafen von Witgcnstein, dann — um 1360 • — mir Eber-
hard von Eppenstein, Hagelgans S. 25.
29. Magdalena S c h e n k i u von E r b a c h , Äbtissin. Hol w ich:
Anno Domini 1512 ipso die Simonis et ludae (28. Oktober) ob. Illustris
Domina Magdalena Schenkin de Erpach Abbatissa huius Conventus. — Necro-
logium 28. Oktober. Sie war die Tochter des Georg Schenk vcm Erbach.
30. Anna Brendel von 1 [ o m b u r g , Äbtissin. H e 1 w i c h : Anno
1553 die Kai. ... 25. Oct. ob. veneranda et nobilis Domina Soror Anna Brende-
lin de Homburg Abbatissa huius Conventus. Sic war die letzte Äbtissin: s. oben.
Ausserdem nennt Dors als im Kreuzsanii; Ijotindlich den Grabstein der
Königin Imagina. s. No. 6.
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48
Tun tlon Grabsteinen der 2.") Äbtissinnen waren also im Jahre 1614 nur
noch sechs erhalten, einer von einer Soror (So. 26). Man darf vermuten, dass
die lange Iteihe der Äbtissinnen von der Adelheid an [So. 24) bis auf die
Agnes von Hanau (^No. 27) gleichfalls eutweder im Jungfrauenchor oder dem
Kreuzgang bestattet wurden, ja man mag diesen um das Jahr 1440 deshalb
erweitert haben, um Platz für Grabsteine zu gewinnen: aber auch aus der
folgenden Zeit entbehren mehrere Äbtissinnen eines Denkmals, die durch die
späteren Umbauten vernichtet sein mögen.
Vun dem auf der Nordseite der Kirclie augebauten Kreuzgang wendet
sich Hei wich zu dem benachbarten Friedhof des Klosters und schreibt:
cj Extra temphim,
ubi qiiomlam aiüiqtius fuit circintus, sunt quidom lajiides sepulcrales
terra ohrafi, inter quos est unus tali Epigrapho :
',)\. Anno Domini 1359 in die Parasceves ob. dominus Sifridus miles
de Lindauwe. Die Parascevc fiel im Jahre 1359 auf den 19. April. Necro-
logium '2'2. April: dnus Syfridus miles de Lindaw, qui contulit uobis pro se et
(iiimi parentela sua 22V2 libb. hall, in XL super mensam conventus distri-
bueudum (!). Die Urkunde über diese Stiftung ist ausgestellt am 27. März 1358.
Versuchen wir schliesslich den Denkmälern und Bildwerken auf dem
Plane der Kirche des Klosters nach der Angabe unserer beiden Gewährsmänner
einen Platz anzuweisen, so mag die folgende Anordnung etwa das Richtige
treffen.
Giebel im Westen.
Kreuzgang 2ö — 30. Extra tcmplam 31.
0
Kloster.
I
I
Über die zu dem Klosterhof sfehörendon Gebäulichkeiten der früheren
Zeit wissen wir nur wenig. Einige werden iu dem llaushaltungsbuch genannt.
Als nämlich der Sturm des Markgrafenkrieges im August 1552 die Nonnen aus
dem Kloster trieb, um hinter den Mauern von Wiesbaden Schutz zu suchen,
Hessen sie an mehreren Gebäulichkeiten, um sie vor den Landsknechten zu
sichern, Schlösser und Schlüssel in Stand setzen, und bei Gelegenheit der Be-
zahlung der Kosten dafür im Jalire 1554 werden genannt:
49
1. Das Kornhaus;
2. das JJackluius;
3. das Koltcrhaus ;
4. zwei Scheunen;
f). das Bichterhaus und in ihm
G. eine Kannner;
7. eine Cfesindestube.
Das Kelterhaus -^'ird schon in der Urkunde vom 2'.]. August 1307 er-
wähnt, aber so, dass die Lage desselben nicht genau /u bestimmen ist.
Als Pforten des Klosterhofes, /u denen ebenfalls Schlösser und Schlüssel
neu augefertigt wurden, kommen vor:
1. Die obere kleine Pforte, da man zum Walde fährt;
2. di(^ obere Pfort(!;
o. die unterste l'forte ;
4. eine Pforte ohne nähere Angabe.
Von seinem Rechte als Eigentümer des Klosters und seiner Güter macht
(Iraf Philip]) alsbald mich dem Abzug der Nonnen Gebrauch, indem er am 2ß. Juli
desselben Jahres loöl) die Güter zu Niedererlenbach verkaufte.
IV. Die Jahrgezeiten der Gräfin Margarethe von Nassau und ihres
Kaplans Cunradus vom Jahre 1371.
Die beiden unten mitgeteilten Urkunden über die Jahrgezeiten'') der
Gräfin Margarethe von Nassau und ihres Caplans Cunradus vom 10. Februar
(Scolasticae virginis) 1371 sind für uns sehr belehrend; denn sie geben uns
genaue Mitteilung darüber, wie ein feierliches Jahrgezeit in dem Kloster Claren-
thal verlief, namentlich erfahren wir etwas genaueres über die Mahlzeit, die
mit demselben verbunden war. Wir ersehen daraus, dass das stille Leben der
Klosterschwestern zu Ciaronthal, das wir uns g(u-ne als eintönig und in Bezug
auf Speise und Trank als höchst beschränkt denken, nicht selten bei Gelegen-
heit der Jahrgezeiten, deren Zahl nach dem Necrologium nicht gering war und
im Laufes der Zeit immer grösser werden musste, durch flotte Mahlzeiten unter-
brochen wurde. Das Necrologium**^) gibt uns zwar über die kirchliche Feier
*') Unser Necrologium sagt gewölmlich Jargeziit oder auch schon Jargezeit, aber seltner
Jarzit oder Jarzeitung. Mit dem Worte wurde die kirchliche Jahresfeier zum Andenken Ge-
storbener bezeichnet; gewöhnlicher war sonst die Form Jarzit. Deutscli. AVörterbuch (Heyne)
IV. 2. Sp. 2249. Lex er, Mlid. Wörterbuch unter iärzit.
*-) Ein Necrologium, liber animarum, Totenbuch oder Seelbuch enthielt eigentlicli nur
die Namen der eingetragenen Toten; weitere Zusätze über Stiftungen und Totenfeiern gehör-
ten in ein Seelgerätbuch. Unser Necrologium vereinigt beides. Daher nennt es der gräfliche
Kanzleirat Konrad Lesch, als es zur Kanzlei nach Idstein gel)ra('ht wurde, mit dem gleichen
Rechte, als wir Necr., mit dem zweiten Namen, indem er auf die vordere Seite des Deckels
den Titel des Buches also niederschrieb: „Sei geredtl)uch des Newen Closter zur Cantzley
bracht Anno 1564. Con. Lesch.** Vgl. auch Baumann im Neuen Archiv VII, 23. "NVetzer
und Weite unter Anniversarium und Necrologium.
4
50
o-enug Aufklärunjr, Nvonu es au.li inoistens bloss alli-omeino Ausdrüeko ohne
weiteren Zusatz, coinmenioratii». memoria. (ledächtnis, officium, aniiiversariuiu,
eonferre in remedium animae, anwendet: wir erfahren an anderen Stellen, dass
wie bei Mar^aretlie eine Yigilie des Abends und tüne Messe mit vier Kerzen.
.,als (Jewohnheit unsers Ordens ist"* (auniversarium cum debita consuetudine
uostri ordinis euni vigiliis de sero, de mane vero cum missa pro defunctis
cum f|uatu..r candelis aecensis) stattl'aiul. V^l. /-. B. das Jalirgezeit des Erz-
bischofs Adolf (loi)O; unter dem G. Februar und der Margarethe von lieim-
bach unter dem 9. Februar. Eine Erwähnung aber der Mahlzeit, geschweige
denn über die Art und den Umfang derselben finden wir nirgends; nur drei-
mal ist von einem consolari in auniversario, d. h. von einer reichlicheren
Mahlzeit (extra ordiuem et solito suavior et delicatior; Du Gange),
einmal von der distributio super mensam. d. li. von der Verteilung einer ge-
wissen Summe (unter die Priester und andere) die Kede: am 17. Mai.
]."). .luni und 18. Oktober (consolari), sowie am 2'2. April (distributio)'') ; die
Schrift der Einträge weist auf das 14. und den Anfang des 1.'). Jahrhunderts liin.
Die Namen der Grätin ^fargarethe von Nassau, der Gemahlin Adolfs 1..
und des Caplans Cunradus fehlen in unserm Necrologium ebenso wie die Er-
wähnung ihrer Jahrgezeiten. Dieser Umstand lässt sich erklären aus der Art
der Entstehung des Necrologiums. obgleich dabei auffallend bleibt, dass beide
dasselbe Schicksal betroffen hat. Unser Necrologium war nämlich nicht das
erste des Klosters, sondern man hatte anfangs ein zu kleines angelegt oder
dieses war im Eaufe der Zeit schadhaft geworden, so dass man später ein
«rrösseres und haltbareres anzulejiren sich veranlasst sah; in dieses wurden die
Namen des älteren mit aufgenommen.**^) Dabei mochte es vorkommen, dass
man einzelne Namen nicht mehr lesen konnte oder aus Unachtsamkeit übersah,
wie wir im ersten Teil dieser Studien mehrfach bemerken mussten. oder unter
einem falschen Tag verzeichnete, wie dies nachweislich in Ciarenthal geschah ;
es sind hier von 36 Personen, deren Todestage wir aus anderen Quellen,
namentlich Grabschriften, kennen, nur 10 richtig eingetragen, 16 vordatiert,
10 nachdatiert. Die älteren Einträge sind am Anfang des 15. Jahrhunderts
von einer Hand in dem neuen Buche niedergeschrieben; der letzte Name des
älteren Buches war, wie es scheint, Agnes von Katzenelnbogen, die unter dem
10. .1 Ulli verzeichnet ist. Nach W e n c k starb diese im Jahre 1399''°), der erste
der jüngeren Schrift, dessen Todesjahr wir kennen, war Sifrid Hut von Sonnen-
"') Hier Iioisst es: .,<ib. dominus Syfridus niiles de Lindau (f lit. April l'.i'>9 naoli
seiner Grabschrift, die Stiftung hatte er am 27. März 13ö8 gemacht), (pii coiitulit nobis . . .
WIM UM», liall. . . super mensam conventus distribuenduiii." Kreiucr II, 414 schrieb XXIII
lib. llal., und weil sein gramnuitisches (iefühl sich mm i;('i;eii distribuendum sträubte, Hess er
ilio Kndung -um weg. — Über die distributio s. auch IIa ii um im a a. O.
"'j Vergl. Hauiiiauii a. a. 0.
**) Hess. Landesgeschiidite II, 50"). Woher Woiick diese .Jahreszahl liat, giebt er
nicht an, er beruft sich auf unser Xecr., das eine solche nicht enthält. Rössel, Ann, VII,
Hll, macht aus wenig stichhaltigen <iriinden Agnes zur Tochter Diethor III. (f 1276), setzt
sie also etwa hundert Jahre früher an. Jedenfalls war Agnes am Ende des 14. Jahrhunderts
Nonne zu Clarentlial und wird um die ant,''eirelieno Zeit gestorben sein.
51
berg, der nach der Orabsehrift bei lielwidi am 22. Februar 1413 starb.
Vor dieses Julir, also in den Anfang des 15. Jahrbunderts, dürfen wir daber die
Anlegung des jetzigen Necrob)giunis setzen; das nho \vurd(! niebt aufbewalirt
und ist verloren. Die Namen Margarctbe und Cunradus können nun unleserlieb
gewesen oder von dem Scbreil)er überseben worden s(Mn, zumal wenn der Zu-
satz des Jahrgez(!its feblte. Denn viele, bei denen wii- die Abbaltung eines
solc'ben voraussetzen dürfen, z. V*. des Stift(!rs der Anstalt und seiner Gemablin,
der (h-afen (lerlacb und Adolf u. a., entbehren jeder dabin abzielenden Be-
merkung; es verstand siiib wobl von selbst, dass so grosse Woblthäter des
Klosters feierlich „begangen" wurden. Es können freiliob die Namen Marguretbe
und Cunradus aucli schon in älteren Nekrologen gefehlt haben, grade so wie
man auch auf dem Grabmal der Margarethe die Inschrift „vergessen hat bei-
zufügen" (Hagelgans S. 19).
Die Gräfin Margarethe war die Tochter des Burggrafen Friedricli IV. von
Nürnberg, seit dem Jahre lo32 mit dem Grafen Adolf L von Nassau ver-
mählt und die Mutter einer zahlreichen Kinderschar geworden; sie starb, wie
wir in diesen Studien I., 181, Anmerkung nachgewiesen haben, nach dem
14. November 1382. Dass sie auch nach ihrem Tode eine grosse Verehrung
in dem Kloster genoss, beweist das Wandgemälde in dessen Kirche, das sie
mit ihrem Gemahl und ihren Kindern darstellte und bei K r e m e r II abgebildet
ist. Warum für sie die Äbtissin und der Convent das Jahrgezeit und grade
in dem Jahre 1371 anordneten, sagt teils die Urkunde selbst, teils können wir
es aus zwei Wohlthaten, die kurz vorher dem Kloster bekannt geworden und
erwiesen worden waren, schlicssen. Die Urkunde rühmt nänüich die Andacht
(Frömmigkeit) und Gutthat der Gräfin; mit dem zweiten Worte weist sie
sicherlich auf die zwei angedeuteten Wohlthaten derselben hin, die wir in
Kürze hier anführen.
Margarethe hatte nämlich mit ihrem Gemahl am 31. März (feria tertia
proxima post diem palmarum) 1360 ein „selegerede und Testament" gemacht,
nach dem beide 350 Pfund Heller für verschiedene Klöster und Kirchen
aussetzten, die der überlebende Teil nach des andern Tode gänzlich aus-
zahlen solle. Da Graf Adolf am 17. Januar 1370 starb, so fiel dies der
Gräfin zu. Zur Vollstreckung des Testaments sollten drei Truwenhendor mir-
wirken, „denen der Brief geantwortet war", und auch für den Fall des vor-
zeitigen Todes derselben war Fürsorge getroffen. In dem Testamente war
Ciarenthal, wo die beiden, Graf und Gräfin, auch begraben sein wcdlten. be-
sonders reichlich bedacht: es sollte 100 Pfund Heller erhalten; mit dem Gelde
sollte man beiden ein Jahrgezeit kaufen und machen, also dass man es den
Klosterfrauen und den Herren daselbst (den Priestern) geben soll, dass sie
ihrer jährlich gedenken zu den vier Fronfasten mit Vigilien und ]\Iesseu, als
in ihrem Kloster gewöhnlich ist. Auch setzte der Graf dar. wann Gott über
ihn gebiete, das beste Koss''), das er habe und das beste Pferd und zwei
80\
«) Audi Wernber de Merkesheini schenkte ausser nii<lcrn Dingen ein grosses, starkes
Ross, einen equus dextrarius, das die Nonnen alsbald für 84 i'fmi.l Heller verkauften; s. d.
15. Juni.
4
*
52
seiner besron Haruischo. einen zum Ernst und einen zum Schimpfe, und seinen
besten Waffenroek: liabe er zu der Zeit kein Rüss, so sollen es zwei Hengste
sein, die besten, die er luibc. Die Grätin setzte dar das beste Gewand"), das
sie habe, nämlii-h t'incn Mantel, einen Warkos (ein Oberkleid) und ihren besten
Roc-k mit Futter.
Diese Stiftung uuiss also im Laufe des Jahres 1370 vollzogen worden
sein. Dazu fügt Margarethe im J.aufe eben dieses Jahres eine weitere Ver-
günstigung, wie die Urkunde vom 2."). .luli i^die Jacobi apostoli) meldet. Sie
verspricht darin mit Graf Johann von Nassau-Weilburg, iJirem Schwager, und
mit ihrem Sohn Adolf*'; mir Rat und Wissen des Erzbischofs Gerlach von
Mainz, dass sie alle keine Pferde, Rosse oder Hengste, in das Kloster stellen
wollen, noch Jäger oder Hunde dahin legen werden. Damit war die Atzungs-
geret-htigkeit der Schirmhorrn des Klosters*') aufgeliobeu, eine demselben lästige
und kostspielige Auflage.
Diese zwei in dasselbe Jahr fallenden Wohlthaten mögen die Äbtissin
und den Convent veranlasst haben, wie die Urkunde berichtet, mit Wissen und
Zustimnuing ihres Yisitators und Gustos des Minderbrüder-Ordeus auf dem
Rhein, der bei der Abfassung der Urkunde zugegen war und sie besiegelte,
der Grätin noch bei ihren Lebzeiten ein besonderes Jahrgezeit anzuordnen und
zu feiern und zwar nach ihrem Tode auf ihren Sterbetag und vor ihrem Tode
auf den Freitag in den Fronfasten nach des heiligen Kreuzes Tag, da es erh()ht
ward (14. September), oder an dem nächsten Tag. Wie die Feier verlaufen
sollte, sagt die Urkunde, die wir nun folgen lassen.
Urkunde über das Jahrgezeit der Gräfin Margarethe
vom 10. Februar 1371.
In Godis namen Amen. Wir swester Jutte Eptissen und der gantze
Convent gemeynlich Sanct Ciareu ordens zu dem nuwen Closter by Wisebaden
gelegen in mentzer bisthdum han an gesehen und bekant di Andacht, begird
und di gutdat der Edelen hochgebornen frauwen. unser frauwen Margareten,
(rreljynnen zu Nassauwe, und han eynmuteclichen für uns und alle unser nach-
kumen globt und verbunden mit diser gegenwortigeu schrifft. daz wir alle iar
eweclichen uf den dag, als sie verscheidit von diser wernt, sullen bogen ir
iargezit und da mite irs seligen herren, des edcln herren grafe Adolfs, grafe
zu Xassauwe, gedenken, des abendes mit selvesper und mit vigilie und des
morgens mit sidmesse und mit eyme duche und mit brennenden kerzen, als
unser gewonheid ist. Aurh sullen wir zu der zir. so man das iargezit begeet,
zweier prister me haben, den gewonlich hie ist. Audi sal man den frauwen.
") Klspeii Hiflyen schenkte einen gesteppten Hock mit Perlon und silbernen Bockclin
im ^Verte von 70 H.; s. 17. November. Geschenke von Kleinodion u. s. w. kommen öfter vor.
*") Dio zwei älteren Söhne waren damals schon tot, die jüngeren noch minderjährig.
Menzel V, 28.
•"*) Nach der Vereinbarung der Grafen Adolf von Nassau-Idstoin und Johnnn von Nassau-
W.;ilburg vom 11. Januar 13.'j8 sollte dio Vogtoi übor Clareuthal don beiden lirüdorn gemoin-
ham zustehen. .Menzel V, 1.5.
53
iitr <l(^n selben da,«;-, uls iiinii ir iargezit bcgeot. geb(Mi cineu dinst'") vou eleu
zclion guUlyn, di utt' daz iargezit benant syn, yoclichor frauwou ein schonbrijt,
evn vcnnaz") \Yynes. Ist aber, daz man fleisch sat ezsen, so sal man gesotten
und gebraten geben, ist aber, daz man tische sal ezsen, zwei gericht, eyu
kleyncs und eyn grozses. Die vorgenannten zehen guld(!U di sal man gebeu
und nemen von den sechs und zwenzig nuildcü' k()rng(ddis und von eynen (sie)
fäder wynes uff unseren gutern gelegen zu Nordenstat. Welches iares daz iargezit
begangen nicht invvurde und mit v()rda(lit(Mii nuite und uffsatze oder gevcrde
uubegangen blibe nach der wise, als vor benant ist, daz is nicht begangen
^vurde uff (h-n dag, als is gevellet oder uff den ucliesten dag dar nach, so man
is wol Ijcgaii n)()cht(> au geverde, so sullen des selben iares zu eyner pcno di
vorgenanten zehen gülden vervalleu syn an di pfarre zu Wisebaden. Auch
sullen wir an vahen und began itzt by irm lebtage ir iargezit alle iar uff den
frietag in der fronfasten, di da gefellet nach des heyligen Crucisdag, als is
erhaben wart oder uff den nehisten dag dar nach, So is wol gesyn mag an
gevcrde, mit selniesso, mit diuste, mit pene und mit aller wise. als vor be-
schriben ist. Und zu eym steten vesten Urkunde So han wir di vorgenanten
frauAven unsers Convents gemeyn yngesigel an diesen brieff' gehangen. Auch
han wir uebetten den ersamen vater Bruder Johans von Dippurg, Custos des
Mynro bruder Ordens uff dem Ryn, unser visitator, der vor und nach by diesen
dingen ist gewcst, daz er daz yngesigel synes Amptes zu eynem merern Urkunde
an disen brieff hat gehenkit, Der gegeben wart zu dem Nuwen kloster gelegen
bi Wisebaden, da man zalte von gods geburte Dusend iar druhundert iar in
dem eyn und sibenzigsten iar an dem dage der heyligen Jungfrauwen Scolastice
virgmis.
:\lit dieser Urkunde ist eine zweite durch einen Pergamentstreifen ver-
bunden, die wir ebendeshalb auch abdrucken lassen; wir bemerken nur vorher,
dass wir von dem Caplan Cunradus sonst nichts wissen.
Urkunde über das Jahrg-ezeit des Caplans Cunradus
vom 10. Februar 1371.
Wir swester Jutte Eptisseu und der gautze Convent sanct Ciaren ordens
des Nuwen Closters bi Wisebaden gelegen bekennen mit diser gegenwurtigcn
schlifft, daz wir alle iar uff den achten dag Sanct Mathies des zwelffpoten'*)
sullen gedenken getruwelichen in der messe und in unserm gebcte hern Cunradis
seligen, ewan Caplan waz der erwirdigen hochgebornen frauwen, unser frauwen
Margareten, grebinnen zu Nassaw. Und uff den selben dag sullen wir geben
den frauwen über disch um spise eynen gülden, den sullen wir nemen von den
°") Ein leckeres Mahl.
»') Schwerlich eine Manss im heutigen Sinne, sundern eine ubgonicssone Portion A\eni;
das Wort kommt her von vermessen = abmessen.
92) Ob hier der Tag des Apostels Matthäus (21. September) oder des Matthias (24. Febr.)
gemeint sei, ist bei dem Mnngvl fines Zusatzes nicht zu sagen.
54
YorgeDiiDten uuseru gutlern zu Nordeustat. da/, der guldon mit oyn ander eylfe
werden. Und dis zu evneni waren vesten urkuud so han wir unsers Convents
vngesigel an dise bede mit eynre j)resseln") gehenkit und geslozsen. Der
•»e^eben wart, da man zalte von *:odis geburte dusent iar druhundert iar in
dem evu und Sibenzigsten iare an ^]ov lieyligen Jimgfrauwen dag Scolasticc
virginis.
Die Siegel an den beiden Urkunden sind erhalten.
■ ,1 Kiiif l'ressel von dum inlat. pri's.suhi war uiii Purgameiitstreit'en. Deutsches Wörter-
buch VII, 2104.
Das politische Testament des Grafen Johannes
von Idstein- Wiesbaden.
Von
0* Meinardus»
Die Erforschung und Beschreibung- grosser weltgeschiclitlicher Ereignisse
ist nicht die einzige Aufgabe des Historikers, sie ist auch nicht einmal die
dankbarste. Weit anziehender ist die Verfolgung der tiefsten Beweggründe
menschlicher Handlungen ; und gleich dem frohen Jägersmann, der die glücklich
entdeckte Spur eines Edelwildes entzückt betrachtet, empfindet der Forscher
freudige Genugthuung, wenn ihm auf vergilbten Blättern der Vergangenheit
eindringliche Worte eines warm empfindenden Menschenherzens und edle
Charakterzüge entgegentreten.
Mitlebende unserer Tage, die in kleineren oder grösseren Kreisen drv
Gemeinde oder des Staates eine Kolle spielen, Volksmänn(!r, Krieger, Staats-
männer, Fürsten oder überhaupt Leute beiderlei Geschlechts, die aus der grossen
Menge der Einzelerscheinungen auf ein allgemeineres Niveau der Betrachtung
emporgehoben erscheinen, alle diese Zeitgenossen können heutzutage nur dann
ihre Aufgabe erfüllen, wenn sie das Licht der Oeffentlichkeit nicht scheuen.
Wie eine grelle Fackel beleuchtet ihr Thun und Treiben, man kann sagen auf
allen Teilen des Erdballs der elektrische Funke, wenn uns durch ihn, sei es
mit, sei es ohne Draht die neuesten Ereignisse übermittelt werden. Das öffent-
liche Leben unserer Tage ist in Wahrheit erst ein öffentliches zu nennen.
Was in diesem öffentlichen Leben steht und in ihm arbeitet, dessen Art uiul
Wesen wird auf die Dauer nicht unbekannt bleiben, er kann sie nicht ver-
hehlen. Für den Historiker der Zukunft wird es aber eine Riesenaufgabe sein,
diesen ganzen Niederschlag zu sichten, die mündlichen Äusserungen mit den
schriftlichen zu vergleichen, der Parteien Hass und Gunst zu entwirren und dii;
wahren Charakterzüge im Bilde festzuhalten und an die richtige Stelle zu setzen.
Wie ganz anders stehen wir der geschichtlichen Vergangenheit gegenüber!
In welches tiefe Dunkel müssen wir uns oft versenken, um doch so liäufig nur
zweifelhafte Ergebnisse an das Tageslicht zu fördern, wogegen die Arbeit des
Tauchers wie eine Arbeit an der Helle des Tageslichtes erscheint! Freilich ist
der noch glücklich zu nennen, welcher die Geschichte unserer jüngsten Ver-
Ob
»ano-enheit Ijearboitet. Welch ein roiflior 8tt»ti' an (lesfhichtstiiu'lK'n aller Art
steht ihm da zu Gebote! Briefe, Tagebücher, Memoiren, Denkschriften, kurz
Aufzeichnungen aller Art. Gedrucktes und Geschriebenes gestatten uns Einblicke
in das innerste Leben dtr grossen .Männi-r aus unserer jüngsten grossen Zeit!
Wer dagegen fünfzig, hundert, ja zweihundert Jahre zurückgeht, wie oft kommt
es da vor. dass wir vor einem Rätsel stehen, wenn uns die Quellen im Stiche
lassen ! Und doch hat die eigentliche Arbeit des Historikers zu allen Zeiten uiul
seffenüber dem reichsten Material mit der «j-leichen Arbeitsmethode einzusetzen.
Wer jetzt zum Beispiel in der Zeitschriften-Litteratur die Beurteilung verfulgt
hat. welche das grosse Memoirenwerk des Fürsten Bismarck, seine „Gedanken
und Erinnerungen'' von einigen unserer ersten Historiker') erfährt, der kann
sich einen Begriff von den Schwierigkeiten machen, mit denen eine Er-
forschung der weiteren Yergangenheit zu kämpfen hat. Das politische Testa-
ment, um es so zu nennen, welches unser grösster Staatsmann hinterlassen,
wird immer ein klassisches Werk bleiben, aus dem gegenwärtige und zu-
künftige Geschlechter vieles lernen können, und unsere Fachgeuosseu bekennen
im Anfang ihrer Kritik, dass sie es stets in diesem Sinne betrachtet und ge-
lesen wissen wollen, aber der höchsten Pflicht des Historikers, der Erforschung
der Wahrheit, haben auch sie sich beugen müssen.
Die „Gedanken und Erinnerungen'* sind eben für den Historiker eine
(reschichtsquelle, die er methodisch zu bearbeiten hat. Und eine Geschichts-
»juelle ist auch das „Politische Testament des Grafen Johannes von Idstein-
Wiesbaden, " mit dem wir uns jetzt beschäftigen wollen.
,,l*olitische Testamente" gehören zur Memoiren-Litteratur im weitesten
Sinne des Wortes. Es sind hinterlassene Ausarbeitungen von Fürsten oder
Staatsmännern, in denen sie gewissermassen Kechenschaft ablegen über die von
ihnen verfolgte Politik und ihren Nachfolgern aus dem Schatze ihrer Er-
fahrungen heraus Winke und Wünsche für die politische Zukunft ihres Staates
unterbreiten. So sprechen wir von politischen Testamenten des Grossen Kur-
fürsten und Friedrichs des Grossen. Es ist gar nicht nötig, derartige Nieder-
schriften erst am Ende des Lebens entstanden zu denken, sondern wie Privat-
testamentc, Tagebücher und Memoiren pflegen sie bei passender Gelegenheit
angefertigt zu sein.
f !raf Johannes, dessen Leben bekanntlicli in die trüben Zeiten des dreissig-
jäiu'igeu Krieges und der folgenden Jahrzehnte fällt — er ist 160)5 geboren
und 1(377 gestorben — , hat die uns noch vorliegenden Aufzeichnungen offenbar
in seinen letzten Lebensjahren verfasst. Ein reiches Leben voll von Erfahrungen,
von Mühe und Arbeit lag damals hinter ihm. Als einer der jüngeren Söhne
des Grafen Ludwig II. von Xassau-Saarbrückeu, dem es gelang, in der Zeit von
100.) — \&J1 all(! Landi! des Walramischen Stammes des Hauses Nassau in
Einer Hand zu vereinigen, erhielt er nach des Vaters Tode bei der Erb-
auseinandersetzung mit den Brüdern, welche der sogenannte Gothaische Vergleich
von \V)7)] bestätigte, die Herrschaftcm Idstein und Wiesbaden nebst einigen
'i Maroks und I>cnz in den letzten Heften dor Deutschen Rundschau.
57
boigolcgencn Ämtern und die TleiTseluift Tiulii'. So wird in dieseui Gescidochte
immer vun neuem dns überlieferte Ilerkomiiicn bestätigt, die Lande zu teilen
und die ]\lrtclit /u zer.splitti'ru. Wenn wii' iiicrin einerseits eine privatrecht-
liche Auffassung der fürstlichen Stellung erkennen, welche in kleinen und
grossen deutschen Herrschaften und Fürstentümern die Versuche, zu festen
Primogeniturordnungen /u gedangen, immer wieder zurückdrängt, so kann man
es andererseits vom Standpunkte eines gräflichen Familienvaters jener Tage;
wohl verstehen, dass er darauf bedacht war, seine Kind(!r in lierrschendcr
Stellung und wohlversorgt zu wissen, Nur dass es bei der in dieser Epoche
meist recht zahlreichen Nachkommenschaft unseres gräflichen JLauses oft schwer
war, für jeden Sjjrössling einen Souveränitätsteil an Landen zu bescliaffen.
Wie dem auch sei, wir werden seilen, dass die Zuteilung der Herrschaften
Wiesbaden-Idstein an den Grafen Joluuuies den J^andeu nur zum wahren Segen
gereicht hat, als es darauf ankam, die tiefen Wunden zu heilen, welche der
dreissigjährige Krieg ihnen geschlagen.
In diesen Krit^g sind grade die nassauischen Grafen stark verwickelt
worden, was man unter andern daraus sieht, dass sie mit zu den letzten
deutschen Fürsten gehörten, welche in die allgemeine Amnestie eingeschlossen
wurden, erst 1645. In den ersten Jahren des Krieges wählten sie zu ihrem
Unglück die Neutralität und nmssten es nun erleben, dass ihre fast unbewehrten
Lande von Feind und Freund ausgesogen wurden. Der alte Wetterauische
Grafenbund, welcher in der Reformationszeit stark gewesen war und sich noch
im Anfang des Jahrhunderts gegen Spinola und die Spanier bewährt hatte, war
zerfallen. Yergeblich waren in den zwanziger Jahren die Versuche des Grafen
Johannes, an den Höfen zu AschafFeuburg, München und Darmstadt, später in
Prag am Kaiserhofe die Befreiung des Landes von dem furchtbaren Druck der
eingelagerten Heere zu erwirken. Ihm ging es so, wie gleichzeitig dem Ge-
heimen Rat des Kurfürsten von Brandenburg, dem Grafen Adam von Schwarzeu-
berg, der auch die Abführung der Wallensteinischen Scharen aus der Mark
Brandenburg erbitten sollte, beide erhielten vom Kaiser weitgehende Zusagen,
aber diese wurden nicht erfüllt, obwohl Schwarzenberg Katholik und beim
Kaiser eine sehr angesehene Persönlichkeit war. Denn damals, es war 1628,
gewannen am Wiener Hofe radikale politische und religiöse Elemente, welche
das Restitutionsedikt von 16:^9 durchzusetzen wussten, die Oberhand. Auch
katholische Geschichtschreiber, z. B. Koch, der Biograph Ferdinand HL. haben
dies Edikt verdammt, und Graf .lohannes sagt selbst darüber: „Der Jesuiten
Geiz und des Herzogs von Friedland hohe Anschläge warfen solche gute Ent-
schlüsse (des Kaisers) über den Haufen."- Im Fortgange des Krieges schlössen
sich die nassauischen Grafen aus voller Überzeugung dem Schwedenkönig an.
Graf Johannes hatte schon 1621) durch seine Heirat mit einer Tochter des
bekannten Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach, der sich nach dem
Niedergang der Union als erster der Liga entgegengestellt hatte, aber von Tilly
geschlagen war, gezeigt, dass seine innere Cberzeugung ihn den lutherischen
Glaubensgenossen zutrieb. So musste er auch die weiteren Konsecjuenzen tragen.
Im Einzelneu ganz aufgeklärt ist seine Beteiligung an »len folgenden Ereignissen
58
noch nifhr. Jodonfalls gehörte er nacli (Irin Tode Gustav Adolfs dem Heil-
Jirunner Bunde und dem Kriegsrat, dem (Vmsilium formatum. au, welclu's zunächst
die Kriei'sbeweguugen leitete. Kr scheint das Ijündnis mit Frankreich im
Jahre iGao mit unterschrieben und die Bestallung des IFerzogs Bernhard von
.Sachsen-Weimar im ^lärz HyX) mit uuterzeidinet zu haben. Durch dieses
mutige Ynrijeht'n im Interesse ihres (rlaubens und ihrer Selbständigkeit luden
die AValramischen Brüder den ganzen Zorn des Kaisers auf sich: sie wurden
ausdrücklich neben verschiedenen anderen südd(!utschen Fürsten vom Prager
Frieden ausgeschlossen und ihrer Länder entsetzt; die Herrschaft Idstein übergab
der Kaiser im Jahn» lüot) dem oben genannten Grafen Schwarzenberg, der
allerdings zwei .lahrc sjjäter auf sie verzichtete. Fast 13 Jahre lang musste
(fraf Johannes mit seinen Brüdern das bittere Brod der Verbannung kosten.
Er lebte mit seiner Familie und seinem Schwiegervater meist in Strassburg
und Metz. Damals ging es ihm so schlecht, dass er in Paris die Unterstützung
des französischen Königs anging: und seit 1G39 hat er eine jährliche Pension
vdu 0000 Frcs. von dort bezogen.") Während dieser ganzen Zeit unterliielt er
zuirleich Beziehungen zum schwedischen Reichskanzler Oxenstierna, der ihn von
seiner im Jahre 164") erfolgten Amnestie in Kenntnis setzte, worauf Graf
Johannes, nachdem er im Mai 1646 durch den Amtmann Schmittburg von
Wiesbaden und Idstein hatte Besitz ergreifen lassen, im l)ezeml)er dieses Jahres
hier seinen Einzug liielt.
Damit schliesst die erste Lebenshälfte des Grafen. Die zweite ist erfüllt
von Werken des Friedens. Zwar fanden bis in die fünfziger Jahre hinein noch
allerlei Beunruhigungen durch den Herzog von Lothringen statt ; auch der grosse
Krieg gegen Frankreich von 1672 — 1679 brachte wieder viele Kriegsunruhen und
Zerrüttungen über das kleine Land. Ebensowenig gelang es der Saarbrückischen
Ijinie des Hauses Xassau, offiziell zum Reichsfürstenstande zugelassen zu werden.
Bei den Bemühungen um diese Würde musste Graf Johannes den grossen
Schmerz erleben, dass sein ältester Sohn Gustav Adolf, den er nach Regens-
burg gesandt, im Jahre 1653 zum katholischen Glauben übertrat. Obwohl ihn
dieses Ereignis tief erschütterte, möchte man doch beinahe glauben, dass der
bekannte, im Druck vervielfältigte Brief, in dem er den Sohn mit furchtbaren
Worten verflucht, ein apokryphes Machwerk") ist, da Vater und Sohn später
wieder miteinander verkehrten. Auch sonst gab es noch die eine und die
andere äussere politische Angelegenheit zu erledigen. Aber wesentlich be-
^) Keller, Die Drangsale des nassauischen Volkes in den Zeiten des drcissigjiihrigen
Krieges, S. 370.
^) Gedruckt zuerst in Moscr's Iseueni ])atriutis('hen Archiv II, .S. 522. — Angeführt
bei Firnliaber, Die Xassauische SimuUanvolk.sscliuie I, S. 24 und «grösstenteils mitgeteilt von
F. Otto in seinem Aufsatz: Graf Johann von Nassau, Herr von Idstein und ^Viesbaden. Evaug.
Gemcindoblatt 1891, 'So. 33, S. 261 f. — Es ist auffällig-, dass dieser Brief, nebst einigen
anderen auf die Sache bezüglichen, im .lahre 1654 als gedrucktes Flugblatt im Reiche ver-
trieben worden ist. Es wäre gewiss eine nicht uninteressante rntorsuchung, festzustellen, was
ilabei Thatsächliches zu (Jrundo liegt. Der erwähnte Abdruck befindet sich im Staatsarchiv
zu Wiesbaden. 11. A. Wairam St. II. D. 2, No. 28.
59
kümmorte sich Graf Johannes darum. <li<' \viitscluiftliche Lage der Bevölkerung
zu verbessern. Er suchte ihren Zuwadis durch Heranziehung Benachbarter zu
befih-dern, Handwerk uiul Gewerbe verlieh er neuen Aufschwung. Die Land-
wirtschaft war er bemüht zu lieben, indem er die Verwertung der Boden-
(u-zeugnissc besser ermöglichte und Viehzucht und Ackerbau verbesserte, Wies-
baden und Idstein haben ihm vi(!l zu verdanken, und während seiner Regierungs-
zoit stieg die Zahl der Bevölkerung nicht unwesentlich. Dem Badeweseu in
Wiesbaden und den Taunusbädern vei'lieh m- neue Grundhigen, fih'derte über-
haupt die Landeskultur. Dabei war er auf den Wiederaufbau und sogar die
Verschönerung der (■■)ffentlichen Gebäude und Gärten bedacht, und dieser beim
Antritt seiner Regierung so verarmte Graf erübrigte durch verständige Ökonomie
soviel Mittel, dass er sich eine bedeutende Gemäldegallerio anlegen und die
Kirche zu Idstein neu wieder erbauen und ausschmücken konnte.*) Nicht ver-
gessen werden dürfen seine Bemühungen um die Hebung der allgemeinen
Sittlichkeit und um die elementare und wissenschaftliche Unterweisung der
Jugend. Auf seine Stellung zur Kirche und Konfession v, und seine Anschauungen
über Hexenprozesse werden wir noch zu sprechen kommen.
Graf Johannes erfreute sich einer zahlreichen Familie. Seine erste Ge-
mahlin gebar ihm 9 Kinder, die meist schon früh gestorben sind; von den
16 Kindern seiner zweiten Gemahlin, einer Gräfin von Leiningen-Dachsburg,
waren bei seinem Hinscheiden noch drei am Leben.
Dieser kurze Überblick über den Lebensgang des Grafen muss uns ge-
nügen ; denn es gehört nicht zu unserer Aufgabe, seine Biographie zu schreiben,
sondern nur dahin geht unsere Absicht, durch eine Veröffentlichung wertvoller
Aufzeichnungen dieses eigenartigen Fürsten-Charakters zu weiteren Forschungen
über seine Lebensschicksale anzuregen; Material dafür ist genug vorhanden.
Aufzeichnungen aller Art hat Graf Johannes schon während der Zeit
seiner Verbannung gemacht, von denen aber nur Weniges erhalten zu sein
scheint. Dazu gehört eine ausführliche Instruktion für die Erziehung seiner
Kinder. Auch über Aufteilungen der Lande des Saarbrückischen Stammes ist
eine Niederschrift von ihm vorhanden.
Das uns hier vorliegende politische Testament hat er in seinen letzten
Lebensjahren abgefasst. Er spricht an mehreren Stellen von dem gleichzeitig
wütenden Kriege zwischen Frankreich und Holland (1672— 1()79) und erwähnt
einmaP) die Bemühungen um Erlangung der Reichsfürstenwürdc für sein Haus,
von denen er angibt, dass sie vor fünf Jahren in Regensburg augestellt seien.
Da wir nun wissen, dass dies 1672 geschah, so muss dieser Teil des Testa-
mentes 1677 niedergeschrieben sein. Es ist der letzte; denn am Ende bricht
das Manuskript plötzlich ab, offenbar mit den letzten Schriftzügen des Grafen,
der am 23. Mai 1677 im Idsteiner Schlosse das Zeitliche segnete.
^) Hierüber ist zu Yt»rgleichen : Cuntz, Die Kirnho zu Idstein. Idstein 1868, und neuer-
dings die Aufsätze von Suuer im Beiblatt „Alt-Nassau'* des Wiesbadener Tagblntts von li-QS,
No. 1—3: „Die Bildergallerie und Kuustkanimer des Grafen Johann von Nassau-Idstein im
Idsteiner Schloss."
*) S. 98.
00
Das Testaiiionr hat ursprüiiglii-h aus drei Teilen bestanden. Per erste ist
bis auf einen kleinen, unten wiedergegebenen Zusatz verloren gegangen. In
ihm fand sich Graf Johannes wahrseheinlidi mit den religiösen Fragen und
Anschauungen seiner Zeit und mit seinem Yerhältnis zur Kirchenlehre und
Kircheuverfassung ab. Der erwälmte Zusatz handelt nämlich von den Pflichten
derer, die geistliche Stellen zu besetzen haben, von der Instandhaltung der
Kirchen und Kirchengebäude und von der Pflege der Musik, die er für eine
erhabene Kunst erklärt, deren PHcge Gott uns in der heiligen Schrift auferlegt,
indem er befiehlt, dass wir vt.r allen Dingen ihn selbst mit der Musik loben und
preisen sollen. Es ist sehr zu bedauern, dass gerade dieser Teil verloren ist. AVir
hätten gewiss interessante Einblicke in des Grafen religiöses Empfinden gethan
und uns davon überzeugen können, ob der überwiegend praktische Zug seines
rhristentums. wir er uns im Testament entgegentritt, ihm schon von früh an
iunegewohnt hat oder ob derselbe sich mit der allgemeinen Abwandlung der
religiösen Anschauungen des 17. Jahrhunderts') von dogmatischer Reflexion zu
praktischer Frömmigkeit, von orthodoxer Ivechtgläul)igkeit zur Aufklärung, vom
Streit um dit- Lehre zur Heiligung des Lebens auch bei ihm erst allmählich
entwickelt hat. Auch über 'sein Verhältnis zum Katholizismus wird er sich ge-
äussert haben, da doch sein eigener Sohn abtrünnig wurde und andererseits
der bekannte l'bertritt des Grafen Johann Ludwig von Xassau-Hadamar im
Jahre 161^9 den Vettern Walramischer Linie offenbar in den dreissiger und vier-
ziger Jahren zu Statten kam, als sie vom Kaiser geächtet waren: denn Johann
Ludwig galt viel am Kaiserhofe und bei den damals mächtigen Jesuiten und ver-
wandte sich für Uestitution seiner Verwandten. Vielleicht ist dieser erste Teil
der Aufzeichnungen nur verlegt und findet sich noch einmal an irgend einer
Stelle des Archivs unter anderen Akten, wo man ihn nicht vermuten sollte.
Die zwei andern Teile sind erhalten. Der zweite ist überschrieben:
«Vom weltlichen Regiment. "* Darin ist von Regierungs- und Lebens-Grund-
sätzen aller Art die Rede. Dem dritten Teil hat der Verfasser keine Lber-
schrift gegeben, aber er sagt im Anfang: „Was in vorigen beiden Teilen
ausgearbeitet worden, kann schwerlich ins Werk gesetzt werden, wenn nicht
eine solche Haushaltung angestellt wirf, das man das, so zu deren Effectuiiung
gehört, auch ausrichten könne. " Dieser Teil behandelt also die Staatswirtschaft,
die Finanzen, die Nutzbarmachung der Domänen und Regalien und volks-
wirtsehaftliehe Fragen aller Art.
Alles ist eigenhändig vom Grafen niedergeschrieben mit einer sehr zier-
lichen, deutlichen Handschrift, in der an vielen Stellen korrigiert ist: auch am
Iiiindir finden sich häutig Zusätze, sf) dass die Aufzeichnungen mehrfach durch-
gearbeitet und gefeilt erscheinen.
Der grösste Teil des Dokuimmtes ist liereits im vorigen Jahrhundert ge-
druckt worden, jt^loch unvollständig, iidiorrekt und an einer jetzt sehr ent-
legenen Stelle: von Friedrich ^arl l-'reiherrn v o n M o s e r im Neuen patriotischen
Archiv für Deutschland';; ((inzelne Stellen haben auch neuere Forscher ver-
•) V^l. Tholufk, I»ii8 kirchliche Leben des 17. Jiihihuiulerts, 2. S. 13 ü'.
') Kreter UuuA. .MHrmhciiii uml Loipzi;,' 17'.)'J. S. 147 if.
61
wertet, so P' i r n li ab or in seiner Simultanvolkssohulo®) und Professor F. Otto
im Evangolisclicu Gonieinclohlatt.'"') Eingehender und mit \vurmer Anerkennung
hat Tholudk in dem schon angeführten Buciie über das kirchliche Leben
des 17. JahrJiundorts II, S. 29.") ff. mit IJezug auf das Testament vom Grafen
Johannes gesproclu^n.
Man kann den ganzen Inhalt des Manuskriptes in zwei Teile zerglied(n-n:
in dem einen Ixn-ichtet der Graf von politischen Handlungen und Erlebnissen,
au denen er beteiligt war, sowohl äusseren als inneren, überhaupt von Er-
eignissen seines Lebens und seiner Regierung, welche ihn betroffen oder die
er zur Ausführung gebracht hat, im anderen reflektiert er, fällt Kritiken und
Urteile über .Menschen und Dinge, spricht Lebensgrundsätze aus und sucht die
reichen Erfahrungen seines (Mgenen Lebens zu formuli(!ren, um sie durch kluge
Erwägung aller Schädim und Nachtcule und des Nutzens, der daraus entspringcm
könne, für seine Söhne und Nachfolger möglichst annehmbar zu macheu. Er
verfahrt dabei wie ein kluger Hausvater und demütiger Priedensfürst, dem am
Gedeihen seines I^andos und am Fortblühen des Segens, den er gestiftet, Alles
gelegen ist, ganz im Gegensatz zu so manchen andern Fürsten seiner Zeit,
welche nur das „apres moi le deluge'' kannten und deren autokratischer Eigen-
dünkel den krassesten Ausdruck im dänischen Königsgesotz von 1660 gefunden
hat, wo es heisst: „Der erbliche König von Dänemark soll von nun an von
seinen Unterthanen als das liöchste, über alle menschliche Gesetze erhabene
Oberhaupt auf Erden angesehen werden, das weder in geistlichen noch in welt-
lichen Dingen einen anderen Herrn über sich kennt, als Gott allein."
Wie ganz anders dachte Graf Johannes. Seine Anschauungen von den
Aufgaben des Regenten wurzeln in den tiefsten Tiefen seiner religiösen Über-
zeugung. Er kennt nicht die Herrschaft jenes zum Götzenbilde gewordenen,
aller menschlichen Gesetze überhobenen absoluten Monarchen, sondern eine
Theokratie des allmächtigen Gottes, dem der Regent ebenso verantwortlich ist,
wie die Regierten ; Gott hat den Herrscher und seine Unterthanen zu richtiger
Bestellung seines Dienstes geschaffen ; er hat jene zu seines Reichs Amtleuten
vorordnet; wer ein Amt hat, soll sich nicht einbilden, dass er Herr sei, sondern
ein Knecht Gottes; Gott hat die Land und Leute geschaffen und selbiger
Regierung Kaisern, Königen, Fürsten, Grafen, Herren und Obrigkeiten nach
seinem Befehl zu regieren auf eine Zeitlang anvertrauet, welches sie auch Gott
als dem rechten Herrn verantworten müssen und sich nicht einbilden, dass Gott
die Lande ihnen zu ihrer Kurzweil, Pracht und Hoheit gegeben, sondern dass
sie die Unterthanen richten sollen mit gerechtem Gericht und nicht ihre, sondern
Gottes Ehre zu befördern suchen sollen. Kommt ein Herr zur Regierung, muss
er nicht denken, dass er ein gewaltiger Herr sei, sondern ein Diener Gottes;
je höher er ist, je mehr soll er sich demütigen. Indem der Graf mit aller
Bestimmtheit erklärt, so wenig als ein Beamter sagen könne, dass seines Herren
Unterthanen sein seien, so wenig könne es ein Herr sagen, erhebt er sidi zu
Ol, «. 82 f.
^) In doni olion citiorton Aufsatz.
62
einor Anscliauiiug von den Aufgaben seiner J'ürsrliclien Stellung, die weit über
seine Zeit hinausgeht. Mit dieser milden, patriarehalisohon Autfassung seines
Berufes ist er sehen unter die Fürsten des herannahenden aufgeklärten Zeit-
alters zu rechnen, die sieh für die ersten Diener des Staats ansahen und dies
unisomehr. als er, wie wir weiter sehen werden, auch in der Praxis in diesem
Sinne gehandelt hat.
Es ist. als wenn der Patriarch des Alten Testaments uns liier entgegen-
tritt. Der abgeklärten und durchgereiften L'berzeugung des Grafen liegt die Er-
zit'hung und der Unterricht zu Grunde, welche im Anfang des 17. Jahrhunderts
den Fürstensühnen und den Ilöchstgebildeten der Zeit überhaupt zu Teil wurden.
Diese Bildung beruhte auf der Bibel und der Antike, es sind im wesentlichen
die Früchte, welche vom Baum des Humanisnms und der Reformation gepflückt
wurden; sie sind allerdings verschlechtert und verdorben duich die Ver-
knöcherung des kirchlichen Lebens; und musste nicht der dogmatische Zank
der Konfessionen, die wiederauflebende Nichtigkeit scholastischer Wortklaube-
reien eine Erstarrung der Anschauungen herbeiführen, der in gewisser Be-
ziehung auch erleuchtete Köpfe verfielen?
l'nd doch war die Erziehung des Grafen Johannes immer noch, was den
Charakter und das Herz betrifft, als die ]u)here, edlere anzusehen gegenüber
den Einflüssen, welchen man in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts'") junge
Fürsteusöhne aussetzte. Diese, die französisch-weltliche Erziehung, verdirbt nach
seiner Ansicht den Charakter. Zwar ist er nicht so kurzsichtig, dass er den
feinen Schliff weltmännischer Bildung, wie er auf Reisen von den Prinzen
und Edelleuten jener Tage an fremden Fürstenhöfen erworben zu werden pflegte,
nicht auch seinen Söhnen beigebracht zu wissen wünschte; auch lebende
Sprachen der damaligen Kulturvölker sollen sie sich aneignen. Französisch,
Italienisch und Spanisch und das Studium der Staatswissenschaften eifrig pflegen ;
es macht endlich seinem Urteil über Kunst und Kunstausübung alle Ehre, wenn
er sagt: „Musica und Pictura schaden einem Herrn nicht, recreiren und schärfen
dir ingenia. '• Wogegen er mit scharfem Tadel und mit beissender Ironie
eifert, das sind Reisen in zu frühem .lünglingsalter und die Versuchungen,
denen junge Prinzen dabei ausgesetzt waren, die Verführungen, denen sie er-
lagen. ..Es haben die alte Teutschen sich des Reisen in frembte Landen ent-
halten und iiiilirii >i(li Redlichkeit und Erbarkcsit beflissen, vor den frembten
I^astern und Unredlichkeit ein Abscheu getragen." Was taugen jungen Herren
solche Reisen, sagt er an anderer Stelle, uum schickt eine Gans übers Meer
und kommt eine Gans wieder her. Wenn junge Herren von dreizehn, vierzehn
.Jahren reiscsn, was lernen sic^-^ Ein kruiiini Füsschen machen, ein wenig
baiser les mains und bringen einen Wagen voll Laster und ein leichtfertig
paar Hosen wiedei' heim und lassen so viel Geld darinnen um so böse Waren,
dass die nachfolgenden Gescidechter daran zu zahlen haben. Er hat diese
Erfahrungen an seinen älteren Brüdern gemacht, für deren Auslandsreisen
Tonnen (roldes verausgabt sind, und er schätzt sich glücklich, dass es ihm
'") Vgl. im allgemeinen 'Jliuluok a. u. O. II. S. 192 ü\
mcht molir vorgönnt gewesen ist, claraii Teil zu nehmen, ^[an muss die Stelle
selbst lesen, an der er sich noch \veit<M- über diesen heiklen Punkt verbreitet.
Auch das lUsiscn wirft seiner Ansicht nach Nutzen ab, aber nicht für Kinder,
sondern für junge Männer reiferen Alters, dw fähig sind, das, was sie sehen,
zu verstehen und davon zu lernen. „Es taugt kein Bau, der nicht gutes
Fundament hat, so taugt auch kein Reisen, da nicht zuvor d(!r Eckstein Pietas
und das Eundamcnr Prudcntia ist; man suche sie bcü (unemKind; ist aber das
Fundament niclit gut, so lallt der Ibiu durch die Winde und WasserHuti^n dor
Verführung zu GottlosigkeittMi und Jjastern, und wii'd man von Ausländern ver-
lacht, wenn man ihnen vicd Geld bringt und Narrheit und ihre; Laster heim bringt.''
Man sollte denken, ein Mann, wie Graf Johannes. Avelcher der Musik,
Malerei und Baukunst soviel Interesse und Verständnis entgegenbrachte, hätte
dieselbe Vorliebe für das Theater und für Kunstaltertümer empfunden. JJas
ist jedoch nicht der Fall; dabei tritt vielmehr die Rücksicht auf den Nutzen
bei ihm in d<m Vordergrund, der Zug auf das Praktische, wohin die bösen
Zeitumstände damals Jeden drängen nmssten. Auch lag die Schauspielkunst
im 17. .Jahrhundert in Deutschland noch sehr darnieder. Er will nicht, dass
junge Herren um Fastnachtspiel, Komödien und dergleichen viel Geld verzehren,
„Was liat man davon? Man kann ja in Lesung der Historien, so solclie
Komödianten repräsentieren, mehr Nutzen mit weniger Kosten haben." Auch
die Sucht, auf Reisen Stunden lang zu laufen, um ein Gebäude oder eine
Rarität zu sehen, verdammt er. Das ist nichts für junge Herren; können si(»
damit Land und Leute regieren? Auch haben sie dergleichen im eigenen
Vaterlande viel besser. Vielleicht dachte er dabei an die Kirche zu Idstein,
von der es an anderer Stelle heisst, seitdem er sie mit Bildern ausschmückte,
kämen die Leute von weit her, um sie zu sehen und Idstein sei ein bekannter
Ort geworden, während es früher ganz im Dunkeln gelegen.
Lernen sollen die jungen Herren auf ihren Reisen, was sie später für die
Regierung ihres Landes gebrauchen können, um gerecht und fromm, um ver-
ständig und vorbildlich regieren zu können, von Gelehrten und Staatsmännein
und anderen kundigen Leuten. „Zu lernen ist keiner zu hoch oder zu alt:
hast Du etwa Dich verführen lassen in der Jugend, dass Du nicht hast wollen
lernen, so bessere Dich im Alter und denke: pudor est nil discere velle; und
dass Du musst Rechenschaft geben alles, was Du durtdi Unwissenheit ver-
absäumt oder Unrecht gethan hast. Es ist keiner zu alt /u lernen, es sei
denn, dass er vor Alter kindiseli worden."
Wie herrlich alle diese Grundsätze ! Wie warm schlug in dieser Brust
das Herz für alles Edl(% Schöne und Gute, das den Menschen zum Göttlichen
emporhebt! Und wie treu klingt die Stimme des warnenden Vaters, des deutschen
Patrioten in dieser Zeit, wo fremde Einflüsse Deutschland nur zu sehr durch-
seuchten. Wenn man von einer guten, alten Zeit sprechen darf, so konnten
die Nachkommen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts ihn als einen Mann aus
solcher Zeit bezeichnen.
Und doch entdecken wir auch bei diesem von so modernen Anschauungen
erfüllten Manne eine tiefe sittliche Befangenheit I Mit Schaudern und Grauen
64
nur liest man in soinoni Testament jene Aiisfülirungcn über Hexenprozesse"),
für deren strenge Durchführung; er mit Schärfe eintritt. Da 'zeigt sich bei ihm
kein Gefühl für diese einem furchtbaren Wahn entsprungenen Unmenschlich-
keiten, für dit' Tortur, für den Ted auf dem Scheiterhaufen. Er zergliedert
nur mit dem Sccirmesser juristischer Gesetzes- und Buchstabenweisheit die
materielle Grundlage der Strai'e. welche man über diese l'belthäter verhängen
soll. Nicht rnglückliche sieht er in ihnen, sondern die schlimmsten Verbrecher,
welche er kennt, und eiiu- Milderung des Feuertodes befürwortet er nur in der
Weise, dass er es zugeben will, wenn mau das Opfer vorher erdrosselt oder
enthauptet.
Wenden wir uns nun /u den grossen Ereignissen seines Lebens, um zu
sehen, wie er sich über diese in seinem Testament äussert, so müssen wir be-
kennen, dass es hierbei angebracht ist, die Sonde der Kritik anzulegen, wenn
wir auch noch keineswegs im Stande sind, nach dem lioutigen Befunde der
gedruckten rberlieferung alle Einzelheiton aufzuklären und zu entliüllen. Wir
wollen daher auch nur im allgemeinen die Auffassung beleuchten, welche er
von seinen Erlebnissen im dreissigjährigen Kriege kundgiebt.
l bei' die diplomatische Geschichte des Krieges bringt er einen kurzen
Auszug, der in mancher Beziehung unser Interesse erregt. Graf Johannes
erklärt, er habe mit seinen Brüdern und Verwandten unschuldig leiden müssen.
Kr habe treu zu Kaiser und Reich gehalten, sei zwar in der ersten Zeit neutral
geblieben, später aber, nachdem er auf die schwedische Seite getreten, und
nach dem Tode Gustav Adolfs habe er befürwortet, dass man sich nur noch
defensiv verhalten und den Kaiser mit allen möglichen Vorstellungen zu einem
billigen Frieden bewegen solle, der den evangelischen Ständen Religionsfreiheit
gewähre. Er sei aber mit seiner Ansicht nicht durchgedrungen und habe
darauf, als die Schweden bei iS^ördlingen geschlagen, mit den Wölfen heulen
müssen. Aber auch den französischen Diplomaten und dem K(>nige von Frank-
reicii sei er bei den Verhandlungen entgegengetreten, was der letztere ihm
liersr.nlii-h vorgeworfen, als der Graf zu iJim kam. Er schilt auf die Donationen
der Schweden und die Pensionen der Franzosen und behauptet, er hätte auch
»o etwas haben können, sei aber fest geblieben und habe als deutscher Patriot
für sein Vaterland geredet, jedoch nichts erreicht.
.Man muss sagen, die Ereignisse haben sicli in dem Gedächtnisse des
(Jrafen etwas verschoben, und auch liei ihm zeigt sich, was noch bisher von
allen V(^rfassern von Memoiren und Denkwürdigkeiten festgestellt worden ist,
sie schreiben am Ende ihres Lcsbens anders, als wenn sie kurz hinter der Zeit,
in der sie handelnd auftraten, ihre Erlebnisse fixiert hätten. Auch Graf Johannes
sclireibt unter den Eindrücken des grossen Rcücliskrieges gegen Frankreich, und
da er ausserdem seinen Söhnen für die Zukunft mit seinem Rate dienen will,
so bi-trachtet er unwillkürlich auch die längst vergangenen Jugend- und ersten
Maunesjalire untt-r diesem Gesichtswinkel.
") Di« .Stellen über Ilexenprozesse, welche Moser fortlässt, sind sohon mehrfach ver-
w.Tlet. Schliephiike-Menzel, Geschichte von Nassau, VI. S. 564 hat die frühere Litte-
ratur aufgeführt.
65
Die schlunme Zeit im drcissigjälirigon Kriogn, wo ihre ganze Existenz
gefälirdot: wurde, trat für die iiassauischen Grafen erst dann ein, als die
schwedische Macht nach der Schlacht bei Nürdlingen (1634) zurückging.
Während sie also bis zur xVnkunft Gustav Adolfs neutral geblieben waren, hatten
sie sich dem Heldcmkönig mit der Freudigkeit ihres protestantischen Herzens und
mit ganzer Hingabe angeschlossen, was ilinen nicht verdacht werden kann.
Aber in der Zeitlage, die auf Gustav Adolfs Tod folgte, traten doch allerlei
Umstände ein, welche sie zu grösserer politischer Vorsicht hätten bewegim
sollen. Sie waren Herren eines kleinen Territoriums und ohne den Kückhalt einer
starken bewaffneten Macht; war es denn durchaus nötig, dass Graf Johannes
dem Kriegsrate des Heilbronner Bundes beitrat, dass er eine prononcirt feind-
liche Stellung gegen den Kaiser einnahm? Niemand wird es ihm vorwerfen
wollen, dass er seinem Bekenntnisse treu zugethan blieb, aber es wäre besser
gewesen, wenn er sich jetzt wiederum wie in den zwanziger -Jahren zur X(!U-
tralität zurückgewandt, wenigstens einer gewissen Zurückhaltung beflissen hätte!
Wenn er mit seinem Eintreten für Kaiser und Reich, mit dem Antrage auf
defensive Kriegführung nicht durchdringen konnte, warum trat er dann nicht
lieber aus dem Kriegsrate heraus und überliess denen die Weiterführung des
Kampfes, welche dazu die erforderlichen militärischen und finanziellen Kräfte
besassen? Da er dies nicht zu tliim für gut fand, da er das Bündnis mit
Frankreich, dem Hauptgegner Österreichs, wohl selbst mit unterzeichnete und
Bernhard von Sachsen-Weimar als Heerführer verpflichtete, so musste er auch
die bösen Folgen tragen, als die kaiserlichen Waffen siegreicli waren.
Unschuldig gelitten hat also in diesem Teile des 30 jährigen Krieges
Graf Johannes nicht.
Wenn er nun weiter beteuert, er habe schwedische Donationen und
französische Pensionen nicht genommen, obwohl er sie hätte erhalten können,
so hat er auch mit dieser Behauptung nur in gewissem Sinne recht: angenommen
hat er schwedische und französische Geschenke nicht in jener Zeit, die dem
Abschlüsse des französisch-schwedischen Bündnisses voraufging, also nach
Gustav Adolfs Tod; und es war durchaus ehrenhaft von ihm, dass er sich da-
mals nicht bereichert hat, wie so viele kleine Pferren, wovon er im politischen
Testamente Beispiele anführt. Erst als er mit den Seinigen aus dem Yater-
lande vertrieben in Frankreich Schutz suchen musste, entschloss er sich dazu
die Hilfe des französischen Königs anzugehen, wahrscheinlich mir Bezug auf
das Bündnis, infolge dessen er ja sein Unglück auf sich hatte nehmen müssen.
Gefühlt hat er es beim Niederschreiben auch wohl, dass sein Verhalten
in diesem Jahrzehnt nicht ganz einwandsfrei gewesen ist und seine Stimmung
äussert sich mehr in einer gewissen Resignation über die traurige Stellung der
kleineu Fürsten im Reich, über ihre verlassene Lage gegenüber den grösseren
Fürsten und nun erst recht gegenüber den Grossmächten im Auslande. „Dero-
lialben hat man sich bei innerlichen Kriegen wohl furzusehen, dass man den
]{espekt des Oberhauptes, soviel Gewissens hall)er sein kann, in acht nehme,
sich nicht durch Mutmassungen, Privat-Considerationen oder Begierde etwas au
sich zu bringen betrügen lasse, wider selben sich aufzulehnen. Da aber eine
5
66
solche Sach vorticlo. da man die Religiün zu tilgen, des Reicliö Freiheit zu
unterdrücken understündc kann mau sich GeNvissens halber nicht vom evange-
lischen Corpore oder dem iieich separieren, sich aber erinnern, dass man sich
nicht under die Aufriihrischen mengen solle, weniger under dem Yorwand der
licligion und des Reichs AVohltart, Privatpassiones oder Begierde zu anderer
Leut Güter etwas wider den Kaiser oder seine Mitstände zu machiniren gelüsten
lasse: denn Gott lasset es nicht ungestraft, sondern man muss leiden, bis causa
communis wider die ( )hnbilligkeit eclatirt und Gottes Ehr und die Reichspflichten
dazu uecessitiren-. Und an anderer Stelle: man müsse sich gegen seine Reichs-
stände so verhalten, dass man jeden gebührend respectire, hiihere ehre, mit
gleichen .^icii wohl betrage und gegen geringere sich freundlich erzeige; übe
ein mächtiger Xachbar jedoch Gewalt, so weiss er nichts Anderes dagegen
anzuführen, als Güte und das Recht und zwar eine kaiserliche Kommission
oder einen Prozess vor dem höchsten Gericht des Reichs; da er aber wohl weiss,
wie wenig das alles helfen kann, fügt er hinzu : „Es ist leider bei unser jetzigen
Reichsjustiz das Hand für den Augen hinweg oder doch von Flor oder Kammer-
tuch gemacht, dass ;uan dadurch leicht sehen kann, und muss man sein Recht
teuer kaufen : man muss sich aber in die Zeit schicken, denn es ist böse Zeit,
und die jetziger Zeit gebräuchliche Mittel zu gebrauchen nicht vergessen und
nmss hier heissen: cede majori!"
So klingen die Stossseufzer eines deutschen Patrioten über den üblen
Zustand des Vaterlandes in beweglichen Klagen aus ! Hat Graf Johannes nun
auch als Politiker im dreissigjährigen Kriege wenig Glück gehabt, so treten
doch auch in dieser Zeit aus seiner Handlungsweise einige persönliche Charakter-
züge hervor, die wir rühmend erwähnen müssen, das ist der grosse Freimut,
die fitt'ene Ehrlichkeit, mit der er ungescheut und manchmal auch derbe seine
Meinung den fremden Machthabern gegenüber betont. Es hat eine Gelegenheit
sich dargeboten, wo er sogar für das Beste seiner Unterthanen sein Leben
daran setzte. Ein Wallensteinscher Oberst hauste 1626/1^7 mit seinen furcht-
baren Horden in so barbarischer Weise in Idstein und Wiesbaden, dass der
Graf seine Entrüstung darüber an der Tafel des Erzbischofs von Mainz laut zu
vernehmen gab'"), worauf ihm der kaiserliche Oberst durch einen Stellvertreter
eine Forderung überbringen Hess. Diese nahm Graf Johannes an : er war auch
zur verabredeten Stunde an Ort und Stelle; allein der Gegner blieb aus, da
der Erzbischof sich auf Bitten der Idsteiner Räte ins Mittel legte.
Das Wohl und Wehe seines Landes hat Graf Johannes auch in dieser
traurigem Zeit im Auge gehabt, so gut er konnte.
Wir wollen nocji rincu Blick auf seine Thätigkeit als Landesvater werfen,
auf dir l'iirsorge, welche er seinen Unterthanen angedeihen Hess, und wollen es
verfcdgeu, wie er die (Grundsätze, deren Ausübung er vom Regenten verlangt,
wie wii- oben sahen, selbst zur Geltung brachte.
Er verlangt vom Regenten genaue Rechtskenntnis, damit er die Urteils-
sprüche seiner Didier revidieren kann: denn nicht jeder ]5eainte sei redlich.
'-) Kf'IliM- M II. (). S. 75 f.
67
Auch soll (31- sich nicht scheueD, die Klaf;(m dev Ilnterthanon selbst anzuhören
und ihnen (relegenheit verschaffen, sie bei ihm vorzubriufi-en. Er erklärt,
während seiner langem Reoierung Manchem geholfen zu liaben, dem sonst Un-
recht geschehen wäre. Mit seinen ]huimten muss er cifter hüs(i Erf'ahrung(!n
gemacht haben; denn er s]»i'i(;ht viel davon, dass ihnen auf di(! Finger gesidutn
werden muss. So sieht man, dass er in dieser traurigen Zeit, wo Kcjrruption
überall nur zu sehr eingerissen war, durch sein scharfes Regiment für die
Integrität des Beamten Standes und für die Jteform der Reclitsprcclmng un-
ermüdlicli gesorgt hat. Auch auf die Vorwaltung selbst richtete er sein Augen-
merk: er ordnete öfter Landvisitationen an, um zu untersuchen, wie die Be-
amten haushielten und sah streng darauf, dass die Rechnungen stimmten. Bei
dieser Oelegenheit wurde aber zugleich Leben und Wandel der Unterthanen in
sittlicher und materielUu- Beziehung einer genauen Einsicht unterzogen. Wie
CS seit dem 10. Jahrhundert bei kirchlichen Visitationen'^) üblicli war, wurden
die dabei gebräuchlichen Grundsätze auch auf weltliche Dinge angewandr.
Indem man einerseits die Führung der Pfarrer und Beamten einer scharfen
Prüfung unterzog, beschränkte man sich bezüglich der Unterthanen jedoch nicht
bloss auf ihr sittliches Verhalten, sondern nmsterte ihre ganze wirtschaftliche
Lage in eingehendster Prüfung. Es soll z. B. untersucht werden, wie die
Unterthanen ihre Haushaltungen anstellen, ob sie mit den Ihrigen ehrlich und
friedlich leben, ob sie sich mit den Nachbarn wohl vertragen oder gern haddern,
ob sie die Wirthshäuser fleissig besuchen oder ihren Häusern wohl fürstehen,
wie sie ihre Häuser und Gebäu in acht nehmen, ob sie mit Fuhren oder mit
der Hand frohnen, wie sie bespannt, ob sie ihre Frohnen fleissig und willig
verrichten ; — wieviel Güter der Einzelne habe, ob er sie von seinen Eltern
oder andern ererbt, ob er Güter erkauft, was für freie Güter bei ihnen, wem sie
zustehen und woher sie frei sindt ; ob auch Fremde oder Einheimische sich
des Weidwerks heinüich oder öffentlich gebrauchen u. a. Die Antworten auf
diese und ähnliche Fragen der Beamten müssen eidlich abgegeben werden und
auch über die Führung der Beamten selbst sollen die Leute von den herrschaft-
lichen Räten in dieser Form befragt werden. Dabei Hess es der Graf nicht
einmal bewenden; er mischte sich bei Jagden oder bei anderer Gelegenheit
selbst unter das Volk uutl fragte und erkundigte sich nach allem, was er wissen
wollte. Die erhaltenen Akten, Protokolle und Rechnungen weisen aus, dass
das politische Testament in diesen Behauptungen nicht zu weit geht, Xach
diesen Weisungen ist verfahren und in diesem Sinne ist der Wille des Landes-
herrn vollzogen worden.
Man muss, rein theoretisch gedacht, anerkennen, dass dieses System der
Regierung in jenen bösen Zeiten nach den furchtbaren Kriegsjahren angebracht
gewesen ist, (heutzutage würden die Bauern es sich kaum noch gefallen lassen,
wenn man Angaben über die Herkunft des Huhnes von ihnen verlangte, das
sie im Topfe brieten) und die praktischen Erfolge, von denen wir wissen, be-
^^) Vgl. ausser aiuleni uuch F. Utto, Die Visitationen der nassuuischon Kirchen des
Mainzer Sprongelä in den Janren 1548— 13 JO (Evang. Cienieindeljlatt 1892, Xo. 47 — r»0).
5*
p
68
künden, dass ps segensreich gewirkr luir. Man darf dabei jedoch nicht ver-
"ossen. dass in erster Linie die finanziellen Erträge in die Tasche des Grafen
flössen. Im Kriege waren Herkommen und Recht verwischt; viele liechts-
verhältnisse waren offenbar überhaupt verschoben und unkenntlich geworden,
nur Eins stand fest, dass eine Herrschaft da war und viele Unterthanen, die
Lasten trugen und frohuden mussteu. Die Herrschaft besass die grösseren
Mittel, die grössere Macht und die grössere Fähigkeit zu reformieren, ihre
Hechte festzustellen und zu gebrauchen. So zeigt sich auch hier, wie vielfach
anderswti in deutschen Landen, dass das Fürstentum mit verstärkter Macht
aus diesen Zeiten hervorgeht. Das souveräne Fürstentum erhebt sich über der
»■rossen Masse des Adels und der bürgerlich-bäuerlichen Volksschichten, die
ihm dienen und frohnden müssen und nur da sich zu einer gewissen Unabhängig-
keit aufzuraffen und sie zu erhalten wissen, wo günstige politische Verhältnisse
das Heranwachsen eines mit dreinredenden Ständetums gestattet haben. Nicht
alle deutschen Fürsten haben in dieser Zeitepoche zugleich ein warmes Herz
für der Unterthanen Wohl und Wehe gehabt. Graf Johannes hatte es; er ist
während seiner Regierung dazu gelangt, nicht allein viele Schulden seines
Vaters und seiner A'orfahren abzubezahlen, er hat nicht nur eine Gemälde-
sammlung erworben und Kirche und Schloss in Idstein reich geschmückt, er
ist auch den Armen und Notleidenden zu Hilfe gekommen und hat ihre Kräfte
geschont. „Es weiset der leidige Augenschein, dass viel mal durch Krieg,
Brand, Misswachs die arme üuderthauen ganz um das Ihrige kommen, dass sie
müssen Schulden machen, um wieder auf zu kommen ; hat es der Landherr im
Vermögen, tluit er wohl, das er ihnen selbsten vorsetzet, dass nicht Frembte
einnisten ; auf das wenigste soll er bei Renten und Aulagen so viel möglich
schonen, dass sie sich erliolen mögen ; hat ein Armer liegende Güter und keine
Mittel, selbe zu bauen, soll die Gemeinde angehalten werden, die Güter zu
bauen : ddch dass das dritte Theil des Einkommens der Gemein bleibe, vom
übrigen aber der Arme wieder zu Kräften kommen könne."
Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass Graf Johannes' Regierung
ein Segen für Land und Volk gewesen ist. Dass es ihm nniglich geworden
ist, in den dem grossen Kriege folgenden dreissig Jahren soviel zu erreichen,
wie er erreicht hat, liegt endlich wohl mit daran, dass der Graf ein wirtschaft-
lich begabter Kopf gewesen ist. Und Jeder, der namentlich den dritten
Teil seines politischen Testaments aufmerksam liest, wird zugeben müssen,
dass nur ein wirtschaftliches Tahmt von grosser praktischer Begabung sich so
bewandert in allen Fragen der Landesökonomie zeigen konnte, wie es bei ihm
der Fall gewesen ist.
Mit dem Hinweis hierauf möchte ich schliesscn und die Lesung des
Testamentes selbst anheimgeben. Ich glaube, der Eindruck davon wird bei
Allen vorhalten, dass hier ein bedeutender, origineller, wenn auch in man-
clien Schwächen seiner Zeit befangener Geist zu uns spricht, ein starker,
offener Charakter, der getreu seinem Wahlspruch: nee temere nee timide
festen männlichen Schrittes sein Ziel verfolgte, ein treuer Anhänger des
69
luthorisohen rflaubons, kein grosser Pulitikcr, über ein wuriucr deutscher l\uriüC
und ein wahrer Vater seines engereu Jlcuinatlandes, gescluiffen für den stillen
Wirkungskreis eines deutschen KlcMn-Fürstcui des siebzehnten -lahrlnindcrts.
Additamentum ad primam partem.")
[F/l'ichtcn derer, die fjeistliche Stellen zu besetzen hahen^
Demnach auch verschiedene Stifter coUaturen inn dem unserigen hei-
bracht, kann mann denselben nichts benommen, ist al)i'r iim acht zu nemmen.
das s(dbige nicht zu weit extendirt werden, sundern bey dem herkommen ge-
lassen werde, sonderlich das sie sich nicht arrogiren einig(^ zu ubtrudiren, die
entweder in doctrina oder vita oder gar inn der Jleligion nicht richtig seyen;
ist ihnen auch die examiuatio deren, so sie präsentiren, keineswegs zu ge-
statten, sondern dahin zu sehen, das tüchtige personen ihnen recon)mendirt.
die, so erst zu den collatorn lauffen, nicht acceptirt, sondern als untüchtig
verworfen undt das herkommen wohl inn acht g(!nommen werde. Wo die
collatores als decimatores oder nach dem herkommen der kirchen, pfarr, schul
oder andere häuser zu bawen schuldig, scindt dieselbe zeitlieh darzu zu erinnern
undt auf saumnus oder verwegeruugs fall ihre zehenden oder gefäll so laug
zurück zu halten, biss die bäw gefülnt undt inn gehörigen standt ge-
setzet worden, darbey aber sich zu hütten, das kein übermaass oder betrug
vorgehe.
[Instandhaltung der Kirchen und Kirchengebäude.]
Inns gemein sollen Obrigkeitten, Superattendenten undt beampten obsicht
haben, das alle kirchen undt darzu gehörige gebäw in guttem esse erhalten,
mit dach undt fach wohl verwahrt bleiben, welche abgangen wiederumb gebauet
und Gott zu ehren, so viel sein kann, verbessert werden; wo die gefäll nicht
zu langen, hatt die Oberkeit nach vermögen darzu zu helfen, auch die under-
thanen zur beystewer zu erinneren undt anzuhalten.
[Fßege der Musilx.']
Es ist auch die hcylige schrift voll befehl Gottes undt exempel. das
mann Gott mitt der musica loben undt preysen solle, welchem auch billig zu
gehorsamen, wo sichs thun lasset, music anzustellen; zieret auch sonderlich
fürnemme residentzen undt örter, da viel leut hinkommen; derohalbeu htblich.
wo mann selbe anrichtet, welches geschehen kann, wann ein herr wohlbestelte
schulen anrichtet und gutte nmsicos zu präceptorn haben kann : darneben under
den cantzelisten, Cammerdieneru undt anderen bedienten musicos zu haben sich
befleissiget; hatt mann die mittel undt gelegenheit ein mehreres zu thun. ist
es ein werck, das zu Gottes ehr nicht aus der acht zu lassen, ist weit besser
angewendt, als an spielen, sauffeu, jagen, comödien, kleider praclit undt andere
Üppigkeiten.
'*) Das Manuskript ist, da es ganz eigonhändig ist, wörtlich wiudergcgcJicu.
70
Ander theil. vom weltlichen Regiment.
[Towj Gottes-Gnadeniiim und der Yerantirortung des Regenten und der Regierten
gegen Gott.']
Es harr der Allinäclitigo Schöpfer uiidr HeiTsoher Himmels uiidt der erden
uinb desto richriger bestellung seines dienst undt mehrerer Ordnung Avillen under
den menschen etzliche zu Regenten, etzliche zu dieijern undt underthanen
verorduer. undr jedwederem sein taleutum geben, seinen dienst zu versehen,
allesambr aber niclu zu herrn, sondern alle zu seines Reichs amj)tleuten über
die geringere verordnet, AVer nun ein ampt hatt, der warte des ampts trewlich
undt bilde sich nichr ein. das er Herr seye, sondern ein Knecht Gottes, der
ilime ein irewisses stück landes zu verwalten anvertrawet hatt: Davon "will der
erbherr aller heyden rechenschaft von iedwederm, wie er haus gehalten, fordern,
undr ist keiner so gross undt inn hohen eheren, das er sich des befehls : Redde
rationem villicationis tuae, entschütten könne, sondern welchem viel befohlen
ist. von dem wirdt mann viel fordern, et potentes potenter punientur. Dann
bey Gott ist kein ansehen der person, undt müssen wissen, das Gott mitt ist
imm gericht. undt das gericht ampt ist Gottes, undt so wenig als ein beampter
sagen kann, das seines herren underthanen sein seyen, so wenig kann es
ein herr sagen; dann Gott hatt die landt undt loute geschaffen undt selbiger
regierung Kaysern, Königen, Fürsten, Graffen, Herrn undt Obrigkeiten nach
seinem befehl zu regieren auf ein Zeitlang anvertrawet, welches sie auch fleissig
undr rrewlich zu verrichten schuldig scindt undt für Gott als dem rechten herrn
verantworten müssen, undt (wie es leider nur zuviel gcschichet) sich nicht ein-
bilden, das Gott die landen ihnen zu ihrer kurtzweil, pracht undt hoheit gegeben,
sondern das sie die underthanen richten sollen mitt rechtem gericht, undt nicht
ihre, sondern Gottes ehre zu befürdern suchen sollen, undt sich nicht einbilden,
wann sie diener halten undt die ämpter bestellen, das sie gnug gethan haben
undr ihres lustes abwarten mögen, sondern wissen, das, wann sie nicht fleissige
aufsieht haben, die diener zwar ihre straf werden empfahen, die herren aber
die grösste Verantwortung undt straf zu gewarten haben werden. Die herren
seindt zwar nicht hertzenkündiger (dann das hatt Gott seiner allwissenheit vor-
behalten), aber sie sollen es machen wie Hiob undt, was sie nicht wissen,
erforschen.
[Vom guten Beispiel des Herrschers^
Das erste, so sie inn acht zu nemmcn haben, ist das sie ihren
underthanen mitt guttem exempel vorgehen undt nicht ärgern, nam Regis ad
exemiihuri rcttus componitur orbis. undt bedenken was jener sagt, omne aninii
Vitium tain cons])ectius in se crimen habet, quanto major (jui peccat habetur,
undt s(dches uiiib so viel mehr, das der Jlerr Christus das wehe über die
schreyet, so die geringen ärgeren, undt ein Regent nicht mitt guttem gewissen
dasjenige an anderen straffen kann, darinn'") er selbstcn'®) sündiget. Ist er
'^) Durchstriclieii : das
""') Durchstrichen : selbigr-r.
71
ungorocht, w'w, kann er die unyerecJitigkcit sriaffeii. nimbt er geschenck undt
beuget das recht, wie kann er einen beunipten richten, der dergleichen thut-
ist er blutdürstig, wie kann er über niordt urtheilen. dergleichen mit ehbruch,
hurerey, sauff'en, fluchen undt allen lästern; höret er gerne verleunibter, so sindt
alle seine diener gottloss'') ; ist er stoltz, so wolhms diener undt underthanen
nach thun.
[Erster Unterricht eines junr/en Prinzen. Vermeidimg der Schul fuchser ei. \
Das aber ein lierr sich für bösem liiitte undt zum gutten desto geschickter
seye, erfordert die notthurft. das er wohl erzogen werde, daran die älteren
ihren grössten fleiss wendi'U sollen: undt zwar ei-stlich ist vounöhten, das, so
baldt sie reden kimnen, sie fleissig zum gebet undt furcht Gottes angehalten
werden, damit gleichsamb mitt der nuittermilch sie die Gottesfurcht einsaugen.
Wann sie gegen sechs oder höchstens sieben Jahr kommen, müssen ihnen
praeccptores gegeben werden, undt zwar anfangs Tlieologi, darmitt sie für
allen dingen neben litoris humanioribus Tlieologiam also fassen, das sie wissen,
wie sie Gott dienen undt dem AVidersprechern das maul stopfen sollcm, sonder-
lich") die Bibel aufs fleissigst lesen undt ihr gantzes leben darnach richten.
Der Apostel Paulus weiset deren nutzen, undt findet sich derselbe täglich, dann
es ist das einige perfectes buch, daraus iodermanu inn seinem gantzen leben
sein thun und lassen gegen Gott undt seinen nechsten richten soll undt kann.
Tun literis humanioribus muss mann nicht mitt einen jungen herrn, wie mitt
gemeinen Kindern verfahren, dann die schulfuchserey ihnen nichts nutz, sondern
es ist aller fleiss anzuwenden, wie sie die Grammaticam, Ilhctoricam, J)ia-
lecticam undt latein mehr durch usum hey lesung der historien undt Übung der
theologischen information erlernen, als lang vergeblich aufgehalten werden;
dann sie künftig keine Schulmeister, die kinder lehren, sondern Kcgenteu werden
sollen ; was wirdt ihnen alsdann logica, Metaphisica, Poesis, Astrologia, Physica
undt dergleichen nutzen; das sie inn Rhetorica, Oratoria und Logica eine
Cognition haben, ist gut, seindt aber darmitt nicht aufzuhalten undt allso, das
sie nicht besseres versäumen.
[Ein Edelmann als Hofmeister.]
Wann sie umb die zwölf jähr kommen, hatt mann sich umb einen edel-
numn umb zu sehen, der gottesfürchtig, gelehrt, nicht stoltz noch morosus
seye, undt albereits inn reisen undt sonston etwas erfahren habe, welcher als
hofmeister einen jungen herrn in acht nemmen, seine studia undt cxercitia
anordnen, auf Praeccptores undt gesindt acht haben könne, das ein icder sein
ampt fleissig undt trewlich verrichte, das den jungen herren''') die Lieb zu den
studiis vermcliret undt durch praeceptores oder gesindt nicht geärgert werden.
Deswegen der hofmeister fleissige aufsieht zu haben, das keine lasterhafte leut
einem jungen Herrn gegeben, auch sonsten von verführerischen ärgerlichen
"J üurchstrichen: undt allso von allen Untugenden.
'") Durchstrichen: inn ihrem gantzen Leben.
*^) Durclistricbcn: ihnen.
12
Ic'urten abgehalten werde: uudr seiiulr studia undt exercitia allso anzuordnen, das
keines das andere liindern. s^imderu beides befördert werde; superflua undt
pedautereyen seindt zu meiden, die"") nicht gar nötige scientiae seindt allso zu
tractiren, das gnug seye, wann man etwas darvon reden könne. ^')
[ Wissenschaftliche Unterrichtsfächer.']
Inn sprachen sollen neben der lateinischen erst die Frantzösisehe, hernach
die Italienisch undt. wo es sein kann, die hispanische erlernet werden, als
welche der Situation unserer Landen halben die gebräuchlichste. Das Studium
historicum ist sehr nöttig undt weiln es annehmblich, kann es desto leichter
beygebracht werden. AVaun der Verstandt so weit gewachsen, das das Judicium
sich mehret, hatt man politicam undt jurisprudentiam allso fürzuncmmen, das
obsoleta die uohtwendige nicht aufhalten. Die arithmeticam, Georaetriam undt
Architecturam, darzu Mechanica gehört, seindt einem herrn nöttig undt sehr
nützlich, wie ich in praxi erfahren undt grosse summen geldes mitt ersparet.
Der die Wissenschaft nicht hatt, wirdt betrogen, gibt viel geldts für böse
arbeit. Musiea und Pictura schaden einem herrn nicht, recreircn undt schärfen
die ingenia.
[Pflege körperlicher Erholungen. Einwirkung auf den CharaJder. Beachtung
der Individualität.']
Ehrliche recreationes soll manu jungen herrn nicht weren, als jagen,
ballenspielen undt dergleichen; reiten, fechten undt tantzen seindt nötig. Das
letzte zwar am meisten die gebärden zu formiren. Sauffen, hoch spielen undt
alle ü}tpigkeitten undt die occasionen zu selbigen undt böse anreitzende gesel-
schaften seindt aufs fleissigst zu verhütten undt meiden. Undt da andere junge
herren sich prostituiren, selbiger exempel zur abschew vorzustellen; undt da sich
solche Verführer finden, ihre junge herrn ohne respect undt forcht für Ungunst
von selbigen abhalten, hingegen alle gelegenheit suchen selbige zu Gottes-
fürchtigen, erfahrenen, gelahrten leutteu in conversation zu bringen. Wann
ein junger herr bissweiln curios ist, undt auch wohl impertinente fragen thut,
muss er nicht darumb gestraft, sondern vielmehr seine curiosität gelobet undt,
was gefehlet, durch bessere Information cultivirt werden; dann Avir seindt keine
meister gebohren. Was nicht schadet, kann mann mitt sitsamkeit verbessern,
böses aber mitt gütte undt, da es nicht helfen will, mitt moderirter') straf
corrigiren. Doch soll einem jungen praeceptori nicht gestatt werden, solche
]>ropria authoritate vorzunemmen, sondern auf befehl des herrn oder Käht ; dann
ich hab gefunden, das es under den praeceptoribus flegel gibt, die da meinen,
sie haben sich ein sonders lob acquirirt, wann sie bestialisch mitt jungen herrn
umbgangen, ich schreibe aus eigner erfahrung. Die Gemühter seindt undcr-
schiedtlich. darumb müssen auch hofmeister undt praeceptores sich nach selbiger
*") Durchstrichen: metaphysia, astrologia, poesis undt dergleichen können allso super-
fifialiter vorgenommen worden.
*' I Durchstrichen: keineswegs aber sich darinn aufhalte.
*''j Correction.
73
richten undt, wh jedes ingeuiuiu beschaffen, darnach niitt ihme verfahren ;
nicht wie inn trivial schulen, da wegen Vielheit der schüler mann keinem ein
eigene wurst zu braten pflegt. Ein junger herr ist ein einiges objectum, nach
welchem mann sich richten undt nach undt zugeben kann; wie bauren
kinder lassen sie sich nicht tractiren; dann entweder werden sie halsstarrig
oder verzagt; deren keines einem herrn wolil anstehet; von ehrlichen gesei-
schaften müssen sie nicht abgehalten werden, cordat aber nicht muhtwillig sein.
[Warmnig vor Beisen ins Ausland in ni früher Jugend.]
Es haben die alt(^ Teutschen sich des reisen inn frembte landen enthalten
undt haben sich rcdligkeit und erbarkeit beflissen, vor den frembten lästern
undt unrcdligkeit ein abschew getragen. Als der könig inn Frankreich Carolus
Nonus kaysers Maximiliani secundi Tochter") heurahtet, ist ein Churfürst von
Mayntz undt Marggraf zu Baden mitgeben worden, die königliche braut zu
überlieff'ern. Dazumahlu ist die Frantzösische sprach inn Teutschlandt nicht
so gemein gewesen, das der Tollmetsch den nebel, so beym einzug gewesen,
nicht auf Frautzösisch nennen können, sondern den könig ans Fenster geführt
undt gewiesen, das es der nebel, so dazumahln auch war, verhindert, das mann
die pomposität nicht recht sehen können; wolte Gott, es were noch allso: ich
hab inn meiner jugeudt mich nicht wenig bekümmert, das ich nicht auch, gleich
meinen altern Brüdern undt anderen jungen heim, inn Franckreich reisen
dürfen, dancke aber Gott, das die zeitten es nicht zugelassen. Was tügen
jungen herrn solche reisen? mann schickt ein gans über meer, undt kombt ein
gans wieder her. Junge herrn von dreyzehen, vierzehen jähren müssen reisen,
auch wohl jüngere, was lernen sie? ein krumb füsgen machen, ein wenig base
les manes (sagt Dr. Johann Schmidt'*), praeses im consistorio zu Strassburg,
in einer predigt) undt bringen heraus ein wagen voll laster undt ein leicht-
fertig pahr hosen; undt lasset so viel geldt darinn umb so bösser wahren, das
die nachkommende daran zu zahlen haben. Ist inn Wahrheit nicht anders.
Darbey gibt mann ihnen manchmahln esel zu, die hofmeister heissen, welche
den lästern nachhängen, auch die herren darzu verführen ; wann es hoch kombt,
so lernen sie ein wenig tantzen, ein pferdt, das die schule besser verstehet, als
der reuter, reuten, einen wunderlich gebogenen leib zum fechten machen,
papier mit grundrissen zu festungen verderben undt dergleichen. Am wenigsten
kommen sie in conversation mit gelahrten oder Staatsleuten, das gutte, so sie
lernen selten, bleibt zurück, das schlimste undt die laster lernen sie: mann
führet sie viel meilen ein gebäw oder rarität zu sehen, dergleichen sie inn
ihrem vatterlandt besser sehen könten ; was hilft es sie, wann sie drey brücken
über einander sehen, wann sie einen brunnen sehen, der kalt ist und brent und
anzündet? Können sie darmitt landt undt leut regieren? oder wann sie ein
hübsches Gebäw, schöne gärten undt dergleichen sehen, wiewohln, wann es mitt
") Elisabeth. Die Hochzeit fand am 26. ^'ovembcr 1570 zu Mczieres statt.
"') Hervorragender Theolog aus der alten Wittenberger Schule in Strassburg. Ver?l.
Tholuck, Das kirchliche Leben des 17. Jahrhunderts, S. 42, 216 u. a. a. Stellen. Tholuck,
Lebenszeugen der lutherischen Kirche, S. 217 S.
verstandt gt-seht-n winlr. i-> uocli soinon nurzi'u halieu kauii. luelir als obiges:
kann aber ein kindt von vierzehen uudr weniger jähren den nutzen finden?
Kummen sie zurück, was Laben sie mehr, als das sie sich mehr einbilden, bey
verständigen aber verlacht werden.
[Xtitzen der Heisen für das reifere JüntjUnysalter. Ohachf vor religiösen Be-
lehnmgsrersuehcn, Gottlosigkeit und Lasterti.]
Wann herren reisen, so verachte ich es nicht, aber kiuderreisen sindt
schädlich: herren können reisen, das ist wann sie die kindersehueh vertretten,
undt die tohrheit der .Jugendt vorüber ist. wann sie die Theologie verstehen,
ihr gewissen inn acht zu nemmen wissen, wann sie eapable seindt mitt staats-
leuten umbzugeheu. wann sie den verstandt haben ein luudt /u considerirn,
wie es beschaffen, wie es regieret würdt, was für maximes d'estat sie haben,
obs vost oder nicht, was für vestungen undt päss darin seindt. ob sie unns
schaden oder nutzen können, wie sie unnserer nation holdt oder nicht, was sie ver-
mögen, wie sich ihrer aufn nohtfall zu erwehren oder ihnen beyzukommen oder wie
sie deren aufn nohtfall zu gebrauchen, darzu die jähr undter etzlich undt zwantzig
undüchtig seindt ; wie oben gedacht hab ich keine solche reisen gethan, sondern binn
allein inn wichtigen geschaffen oder kriegs-expeditionen gereiset. Es haben meine
brüder Tonnen'') golds auf ihrer reisen geeostet, ich hab nicht einen heller ange-
wendet, hab doch alle exercitia zu Saarbrücken besser gelernt, als sie inn Franck-
reieh, binn auch (ohn unzimblichen rhum zu melden) in toga et saga höher kommen
als sie undt viel andere : Gott hatt mich geleitet, das ich nicht allein die mauren undt
eusserliche gebaw gesehen, sondern den staht erforschet, undt mitt den vor-
nembsten miuistris umbgangen binn. Es taug kein baw, der nitt guttes funda-
ment hatt, so taug kein reisen, da nicht zuvor der eckstein Pietas undt das
fundament Prudentia ist; mann suche sie bey einem kindt; ist aber das
fundament nicht gutt, so fält der baw durch die windt undt wassorflutten der
Verführung zu gottlosigkeir undr lästern, undt wirdt mann von ausländem ver-
laclit, wann mann ihnen viel geldt bringt undt narrheit undt ihre laster heim
bringet. Derohalbcn ist am besten, Gott undt ehrlichen verständigen leutten
gefälliger, das mann erst das zu haus lernet, was gutt ist. undt hernach, wann
das gewissen undt verstandt starck seindt. frembte lande durchwandert, undt
was gutt oder böse darinnen siehet, sich der töhrichten undt gottlosen sachen
entschlägt, undt das gutte sich zu nutz machet. Es ist nicht zu verneinen,
das es under den jtalian(!rn undt Frantzosen, auch anderen natiouen kluge Icutt
gibt, wann mann den atheisnuim undt laster darvon scheidet, welches einer,
der mitt verstandt reiset, tliun kann : kombt mann inns reisen, soll mann sich
hütten. das mann nicht an solclie ort komme, da mann die knie für Baal
beugen müsse;, das ist heuchelcn, umb eines beinleins willen, so mann mehren-
theils nicht weiss, von wem es ist; wann ihme zu ehren etwa eine hübsche
kircli g(!bawet oder mit goldr. silber undt cdelgcsteinen geziehret ist, reiset
mann viel meilen, muss heuchlen, darmitt Gott erzörnen undt sein gewissen
"j Durchstriclieti vor Tonnen: viel.
75
bcschwohren; dafür hatt jiiicli Gott boliüt, icli l)iim b(^y Kaysoru undt Königen
gewesen, hab nie geheuchelt, lieber mich der örter eutschlagen, da mann ohu-
geheuchelt ohne gefahr nicht sein kann ; an den orten, dahin mann reiset, die
t'römbter rcligion seindt, muss mann an den Apostel Paulum denckeu, der sagt:
warumb richtestu einen f'rembten knc^cht, er stehet oder fält seinem Herrn,
undt weiln junge hcrrn keine vocation habcm andern zu informiren und ihnen
nicht gesagt ist: gehet hin inn alle weit undt lehret alle Völker, so warten sie
ihres thuns, sehen was zu sehen ist, halten politische freuudtschaft mitt recht-
schaffenen leutten, undt lusscni das lehren undt dis[)Utir(!n denctn, deren ampt
uiult beruf es mitt sich bringet. Es sollen sich die jiingi; herren imin reisen
nicht lang aufhalten, weniger umb Fastnachtspiel, Comoedien undt derghäclicn
viel geldt verzehren, was hatt mann darvon? selten mit Socrato sagen: Tanti
poeuitere non emo. Mann kann ja inn lesung der historien, so solche Comoedianten
repräsentircn, mehr nutzen mitt weniger costen haben, was ist es, wann es
ausgemacht ist? ein gauckelspiel, wer es ein pahr mahl gesehen, wundert sich
der torheit; wann er witzig ist, das mann so grossen costen anwendet umb
eine sach, die wie ein gespenst verschwindet, ohne einigen künftigenn nutzen.
Ja mann muss noch umb solcher torheit willen das leben wagen, undt bey
nacht mit höchster gefahr darzu undt darvon kommen, der anreitzungen zu
lästern zu geschweigen.
[Richtiger TaJct eines regierenden Herrn.']
Kombt ein herr inn die regierung, jnuss er nicht denckeu, das er ein
gewaltiger herr seye, sondern, wie oben gedacht, ein diener Gottes ; desw'egen
sich als ein diener undt knecht halten, gegen seine mittknecht nicht stoltz
sein, sondern je höher er ist, je mehr er sich soll demütig(!n, nicht, wie wohl
ctzliche thun, mitt liederlichen leutten sauffen, spielen, undt dergleichen; dann
dardurch macht mann sich veracht undt lernet nichts als böses, sondern also,
(his er mitt ehrlichen leutten freundlich umbgehe, geringere nicht verachte,
iedwederen nach seinem standt ehre, die ehr, so ihm Gott geben, inn acht
nemme, sich nicht underdrücken lasse, seinen stand, als welcher ihme von Gott
geben, nicht verachten lasse, seinen rang so ihme gebührt, sonderlich bey lleichs-
oder Creystagen oder hohen orten, nicht nemmen lasse, sich aber auch nicht
über standt undt gebür erhebe, mitt geringeren mitt moderation familiär, aber
nicht gemein seye, höhere allso ehre, das er nicht dardurch veracht werde.
[ Warnung vor übermässigem Luxus, Künstlerische Ausschmücl'ung von Schloss
und Kirche.]
¥a' nuiss auch die einbildung nicht haben, das grosse übermässige hofstatt.
pracht in kleidcrn undt livreen undt was dergleichen, eines Fürsten, Gräften
oder herrn gröste ehr seye, der gemeine unverständige pöfel möclite darnach
sehen, wie eine kuh nach einem neuen scheunethor, verständige würden dar-
gegen sagen, der herr trägt herrschaften undt ämpter an den hosen. Ehrliche
kleidung an herrn undt gesindt seindt keine frembte kleider. sondern Gott hatt
nicht verbotten sich standt gemäss /u kleiden, aber daniitr prangen, were so
76
rühmlich, als wann eiu dii'b") eiu sträng am hals tragen müssto undt wolte
daruiitt prangen: die kleider seindt nichts als eine decke der schaudt undt
straf der sünden; allso Nverden sie abusive für pracht gebrauchet, da mann
sich billig der sünde unserer ersten altern erinnern solte; will mann prangen,
so prange ein herr mitt fugenden''") undt*') goldt. silber undt dergleichen ; dann
dieselbe ki>nnen inn der noht den herrn retten, undt werden die motten nicht
dieselbe fressen. Es wirdt hieriiiift nicht geohnbilliget schöne mobilia zu
haben, können bissweilen sowohl als goldt undt silber ihren herrn retten ; meine
geniählde kosten mich nicht 4500 Rth. : da sie feil weren, würden sie inn
wenig stücken ihr geldt tragen, ist aber ein schätz, der considerable ist undt
tihne eusserste not nicht anzugreiffen. Vermehren ist erlaubt, aber nicht ver-
äussern ; was ist ausser der grosse für ein uuderschiedt under herrn oder privat-
häusern : wann des herrt-n liaus von zierlichen Sachen lelier. das privathaus aber
gezieret ist. warbey kennet mann des herrn verstandt, wann nichts da ist, das
es weiset? Seithcro ich erst den garten, hernach die kirch, neben anderen
raritäten gebawet undt zu wegen gebracht, kommen grosse anzahl leut deswegen
anhero. da zuvor Itzstein in obscuro gelegen. Solches aber nmss allso angestelt
werden, das es die mittel nicht allso consummire, das mann schulden darumb
machen müsse, sondern nach den mittein angefangen undt nicht übereilet werden.
Ich hab solcher sachen halber keine schulden gemacht, sondern darbey viele
geerbte getilget, aber hiervon im dritten theil ein nicheres. Wollen nun an die
regierung selbsten kommen undt. was ein Regent thun solle, erwehnen.
[Kenntnis des g'uttlichcn und iveltUchcn Rechts.']
Für allen dingen nmss ein Obrigkeit ihr Aiiipt verstehen, welches fliesset
aus den göttlichen undt weltlichen rechten, derer beider Wissenschaft ihme so
nöttig, das er ohne dieselbe nicht recht regieren kann. Was Gott durch Mosen
darinn befohlen, weiset sonderlich das fünfte buch; wie hoch Gott Josua dessen
beständige betrachtung anbefohlen, lieset mann inn dem ersten capititeP*) des
buchs Josuae; er habe billig meine obige meinung, das mann wisse, das die
herren Gottes knecht undt amptleut seindt, undt Gott wegen ihres Regiments
Verantwortung thun müssen. Inn weltlichen sachen nmss nmn sich bey unns
der gemeinen undt Reichssatzungen gemäss verhalten : wenn ein herr deren keine
Wissenschaft hatt, vrirdt er seiner diencr knecht; sindt sie redlich, weiss er es
nicht; seindt sie falsch, muss er wie oben gedacht ihre sünde verantworten,
und weiss selbsten nicht, ob sie recht oder unrecht gethan haben. Seindt herren
durch fahrlässigkeit der eitern oder Vormünder verwahrloset worden, warumb
bestreben sie sich noch bey wehrender regierung nicht zu lernen, was sie ver-
säumbt haben? Zu lernen ist keiner zu hoch oder alt; hastu etwa dich verführen
lassf-n inn der jugendt, das du nicht hast wollen lernen, so bessere Dich imm
alter undt denckc: pudor est nil discere volle; undt das du must rechenschaft
**) Es hat ursprünglich da f,^estaii(len : als wann einer einen Strang am Hals tragen müste.
") Mitt tugpnden: am Rande.
'•**) ,l'ndt" ist verVjesBert aus „mitt",
»»} So!
77
geben alles, was du durch Unwissenheit dessen, so du wissen sollest, verabsäumet
oder ohnrocht getluin hast. Es hatt Gott nicht allein Sündt- sondern au(;h
Schulopf'er angeordnet für die Unwissenheit. Es ist keiner zu alt zu lernen,
es seye dann, das er für alter kindisch worden ; hette ich keine gnugsanie
([ualitätcMi zur Regirung gehabt, ich würde unib des gewissens willen keine
regierung angetretteu haben, dann ich wüste, das das gcriclitampt Gottes ist.
[Persönliches Anhören von Klagen der Untcrthanen.']
Das zweitte, so ein regent inn acht zu nemnien. ist, das er die clagttm
der underthanen höre, nieniandt, er seye so gering als er wolle, verachte,
sondern so ers begert selbsten höre; kann er seine sach nicht förmblich genug
forbringen, denselben helfe durch floissige nachforschung, oder iemandt un-
partheisches selbiges erkundigen undt verfassen lasse; es hatt nianchniahl einer
recht, wirdt durch einen verschlagenen, weil er sich nicht helfen kann, \oa'^
fortheilet. Da soll die Obrigkeit ex officio Icut zu ordnen, die diesen niangel
ersetzen, auch selbsten inquiriren, damit dem einfältigen nicht zu kurtz g(!-
schehe. Ich hab inn meiner langwürigen regierung manchem allso geholfen,
dem sonsten unrecht geschehen were, undt haben iun solchem fall die subtili-
tates juris, undt sibi imputet, quod jus suum non melius dixerit, für Gott
keinen platz, sondern mann muss der justitiae undt nicht fraudi helfen.
[Handhabung strenger Gerechtigkeit.]
Es hatt sich eine Obrigkeit wohl zu hütten, das sie nicht umb gunst,
Ungunst, geschenck oder nutzens willen den gerechten verdamme oder dem
ungerechten helfe; es ist Gott ein grewel; er ist gerecht, will auch gerechte
diener haben; er soll sich hütten unrecht gutt under dem schein rechtens an
sich zu bringen undt dencken, wie es Ahab gieng, als seine Isebell den ^'aboht
umb des Weinbergs willen steinigen Hesse, auch deswegen, wie obgedacht,
iedermann hören; dann auch viel exempel vorhanden, das die diener umb ihres
nutzens willen leut falsch angeben, darmitt sie zu den güttern kommen können,
ihnen auch den weg zum horrn versperren, das sie sich der falschen anclag
nicht purgiren können, oder die herren, so gegen sie irritircn, das sie sie nicl.t
mehr hören wollen; darumb ist nöttig, das die herrn nicht allein die diener,
sondern auch die Underthanen gern hören; hatt allso jene alte Frau König
Demetrio, so sagte, er hette nicht weil, sie zu hören, recht geantwortet : wenn
er nicht hören wolte, solte er auch nicht König sein. Wann underthanen wider
beampten klagen, sollen sie gehört, aber die Beampten darumb nicht allsobaldr
verdächtig gehalten werden, biss die Sach erst recht erkundigt undt die warheit
an tag gebracht wirdt, da dann ein ]l(!gent sich nicht entziehen soll, die sache
selbsten zu erforschen; dann leichtglaube ist ein anzeigung eines leichten oder
unverständigen gemühts; undt wann mann nicht höret, kann mann auch nichts
erfahren noch wissen, ob die diener gutt oder böse seyen ; darzu seindt Landt-
visitationen gutt, da mann auf diener undt underthanen leben undt thun iu-
quiriret, wie ich vor etzlichen jähren gethan undt augefangen ; wie es an-
zustellen, folget hernach.
78
[nichtige Abmessung der Strafen.']
Ein Regent muss ernsthaft sein, das böse straffen, das gutte befördern;
wu keine straffen seindt. wirdt das vulk ruchloss: wo mann des gutt<>n nicht
geneust, verlischt die begierde zum gutten; manu muss aber bey dem straffen
keine passiones haben, das mann gerne ursacli an einein haben mögte, sein
niüthleiu /u kühlen: nicht zu tyranuiseh. wo es mit guttem gewissen sein kann;
güttig. lieber perdunireu als straffen, doch allso, das sich der böse nicht auf
seines herru güttigkeit zu viel verlasse: uiidt liatt sicli ein ßegent eben so
wohl zu hütten, das er nicht so güttig seye, das er abschewliche sündeu, oder
die zu gemein werden, perdouire als den unschuldigen straffe; dann wir haben
dessen kein erlaubnuss von Gott, sondern es ladet die Obrigkeit auf sich undt
deren landen die sündeu, so solche perdouirte ubelthäter hernach begehen, wie
Claus Xarr weisslich zu seinem herrn sagte, als er für einen edelmann, so
zween andere ermordet, hatte. Der Churfürst aber sagte, er müste ihn straffen ;
denn er hette nun zween umbracht; sagte Claus, den ersten hatt er umbracht,
aber du den anderen; dann wann du ihn das erste mahl gestrafft bettest, hätte
er die andere that nicht gethau. Ist warlich keine narren rede. Ich wolte
nicht aller weit gutt nemmen, einen frcvelichen mordt zu verzeihen oder einen
Zauberer lauffen zu lassen, welche alle mörder seindt; dann Gott hatt befohlen,
das mann den bösen solle von sich thun; undt das landt kann nicht versöhnet
werden über dem blut als durch das blut dessen, so es vergossen hatt ; undt
ist dieses das erste gesetz gleich nach der sündfiuht. Allso ist es auch mitt
anderen lästern, wann sie zu gemein werden, als stehlen kann ohne den sträng
bestraffet werden, wann es nicht zu gemein wirdt; wanu aber es zu viel wirdt
oder ein habitus bey den delinqucnten gefunden wirdt, muss mann den galgen
brauchen, damitt andere es sehen undt sich förchten : oder die Verantwortung
fället auf den herrn, der nicht gebührlich straffet; dann er trägt das schwcrdt
nicht umsonst, sondern die Obrigkeit ist eine rächerin zur straf über den, so
böses' thut, undt hatt derselben Gott das schwort undt nicht einen fuchs-
schwantz angehencket. Doch muss mann die umbstände recht betrachten, wie
in criminalibus die peinliche halsgerichtsorduung Kayser Carbi Y. darinn
stattliche anleitung, ziel undt mass gibt.
iroiiur.]
Es hütte sich ein Regent, das er sich nicht zu streng. zu vorfahren ver-
führen lasse, sonderlich um erkennung und gebraucli der tortur: dann selbe
manchmahlen unschuldig blut auf das landt bringen kann, wie ich deren
exempel mehr als eines erlebet, so ich umb der Richter elir willen nicht
nennen will, doch ein pahr gedenken. Es trug sich einmahl zu, das zwo hexen
zum fewer g(!führet worden; eine ehrliche Fraw, die sie siebet ausführen, daucket
Gott, das mann solche böse leut, so gemacht, das mann weder kinder noch
vieh erhalten können, einmahl abschaffe ; dieses nemmen die böse leut inn acht,
undt durcli hülf des Teuffels borahten sie sich, di(;ses mensch umb das leben
zu bring(.-ii. Als die execution geschehen soll, geben sie vor. betten noch etwas
auf dem gewissen, mann solte sie imch einmahl hören, geben die unschuldige
79
Fraw au, als die ärgste; die unvorsichtige Obrigkeit gibt ihneu gehör; zieliet
sie ein, torquirt sie ohngewöhnlich ; durcli die grosse niarter bekennet sie, dessen
sie unschuhlig war; als sie hinausgefülu-t wardt, begeren die hexen, das sie
als die ärgste am ersten m()gte verbrant \v(!rden ; als es geschehen, bekennen
sie, das sie unschuldig angeben worden, weiln sie ihnen ihr billiges urtheil so
wohl gegönuet hette. Ist der Oberk«nt nicht wohl bekonnueu, uudt würde
ärger worden sein, wenn nicht hiUierc intercession es verhütet hätte. Es wurde
ein Cavallier schelniisch ermordet; seiu verwanter, iiiii dessfui liaus sein degen,
escharpe undt sporen gefunden, wurde torquirt, das er die nicht begangene that
bekennete ; were auch gerichtet worden, wann nicht eben der thäter d(ui mordt
bekant, und diesen post acceptam ignominiam dardurch liberiret hette; ich
habe diese Umt gekaut; derohalben grosse Vorsichtigkeit darinn vonnölitcn,
welche obgedachte P. 11. G. O. vorstelt.
{Hexenprosesse. 1. Untersuchung.^
Sonderlich in zauberey processen hatt mann sich vorzusehen, dann allda
der l\mtfel doppelt geschäftig, die schuldige darvon zu bringen uudt unschuldige
inn Unglück zu setzen^ sonderlich aber den von Gott befoldenen })rocess zu
stecken. Es gibt die P. H. 0. an die handt, wie darinnen zu verfahren,
weiset aber vielfaltig auf die obere Obrigkeit, weiln es mehrentheils auf die
Untergericht gerichtet, als schöpfenstühl ; dahero sie augewiesen werden bey der
Regierung sich anzumelden, wo sie sicli uicht selbst gnugsam linden können.
Ist derowegen nöttig, das die Obrigkeit selbsten, wann sie solche maleficanten
einziehen will, zuforderst sehe, ob auch guugsame iudicia ad capturam vor-
handen, da dann der leumuht, art und leben wohl zu examiniren, ob verdacht
mitt bestaudt auf die person könne fallen ; die indicia seindt zweyerlei, als
denuuciationes redlicher oder böser leut; die erste seindt wohl zu examiniren,
ob sie relevant in circumstantiis, ponderos oder nicht, ob etwa neidt, eigennutz oder
dergleichen underlauffe; woher der verdacht rühre und wie er zu verificiren, Ist
es von bösen leutten, sonderli(di wann zauberinneu sagen, ich hab diese oder jene
persohn auf täntzen gesehen, undt die persohu ist sonsten nicht verdächtig, kann
mann zwar es aufzeichnen, aber verschwiegen halten ; dann obschon viele auch darauf
sterben, undt doch keine fama darbey, weniger facta, seindt sie nicht zur captur,
weniger tortur qualiticirt; wann aber facta concurrirn, hatt die Obrigkeit auf
dieselbe fleissig und genaw zu inquiriren ; finden sich selbige proben der fama
undt anderen inn der P. H. 0. specificirteu umbständen, hatt mann nach der captur
erstlich confrontation mitt den anzeigern, sie seyen ehrliche oder hexen leut,
vorzunemmeu; undt gilt alsdann die aussage der bösen gegen den inquisituiii
nicht für sich selbst, sondern weiln sie mitt fama, bonorum testimoniis uudt
factis concordiren. Ist alsdaun inquisitus halsstarrig, hatt mann das gesetz der
P. II. 0. wegen der tortur inn acht zu nemmen und sich etzlicher Juristen
meinungen nicht irren zu lassen undt mitt derselben zu verfahren, nicht nm*
dreymahl, sondern so oft es die sach erfordert, aber gradatim vort zu gehen,
nicht mitt nowen martern, oder den stachelichten stuhlen, so die Jesuiten ei-
fundcMi. Wann leut gefunden werden, so überzeugt seindt. undt doch die
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turtur ausstellen, hatt manu dvr P. H. 0. zu folgen undt der Universitäten, die
darwiderspreohen, nicht zu achton. undt eher noch ein pahr anderer oder besser
anderer vornehmer ßeichsstände Rhät rhat zu pflegen.
[j2. Exekution.']
Die execution ist das feyrr; es kann aber nach den umbstäuden allso
mitigirr werden, das erst der köpf mitt dem schwerth abgeschlagen oder
strangulirt uder nach der spürenden buss, da Gott die sünde vergibt, undt die
ewige straf erlast, nach der enthaubtung begrauen werden. Es seindt zwar
Juristen, die auf cuntiscation*") der gütter gehen, ich halte es aber, wo unn-
schuldige kinder oder erben seindt, nicht recht; wann aber die begräbnuss ge-
stattet wirdt, seindt selbige zur kirchen zu stewren anzuhalten. Spüret mann
aber keine buss oder bekehrung, seindt sie der schärpfo nach lebendig zu ver-
brennen: die ahncosten, wo mittel fürhanden, scintlt aus ilireu mittein zu
nemmen, inn deren entstehung von der herrschaft oder dem landt zu nommcn,
undr kann sich das landt deren nicht entschütten, weiln sie undt die ihre auch
ihr hat) und gutt dardui'ch nicht allein gerettet, sondern auch der gerechte zorn
Gottes durch solchen process vom landt gewandt wirdt.
[Schwere des Hexenprosesses.']
Es lassen sich viel Regenten durch die schwere dieses processes von
administrirung der justitz abschrecken ; ich hab weder inn Gottlichen noch welt-
lichen rechten gefunden, das mann inn Verwaltung seines ampts, allein was
leicht zu thun, fürzunemmen habe, sondern vielmehr, was mann nicht weis,
soll mann erforschen, undt das wohl undt fleissig. Mann gehe der peinlichen
JI. 0. Gar. Y. nach, wirdt man schwerlich irren, so kann mann in dubiis
vornehmer Juristen nicht gebrauchen, mitt obgedachter bescheidenheit ; das ampt
ist einmahl der Obrigkeit befohlen, undt lasset sich das pfundt nicht vergraben.
Gott befihlt. mann solle keine Zauberer leben lassen ; thustu dem befehl kein
gnügen, so siehe, wie du es am jüngsten gericht verantworten könnest, das
arme kinder undt einfältige durch deine fahrlässigkeit verführet, viele ehrliche
leut beschädigt, das viehe undt anders verderbt, Gott gelästert undt des Teuffels
Reich, wo nicht befördert, doch aufs wenigst nicht gestöret werde; gibt eine
schwere Verantwortung ; heisset es innsgcmein, du solt den bösen von dir thun,
so ist es gewiss inn diesem laster, inn welchem alle andere laster im höchsten
grundt sich finden, am nohtwendigston : undt liatt ein Regent si(^h zu hütten,
das er nicht durch solche forcht den fluch auf sich lade, w^anu er sein schwehrt
aufhält, das [es] nicht blut vergiesse undt des herrn werck nachlässig thut. Es
betrübt sich billig ein gewissenliafter Regent, wann ihm maleflcanten in seine
justitz fallen; dann er besorgen muss, das Gottes zorn über die sünden über
ein gantzes landt gehen; will er aber denselben versöhnen, so thue er den bösen
von sich, durch die verordnete straffen, damit er sich derselben nicht theilhaftig
mache durch ülxn-sehung. Er soll auch keine persohn ansehen, dann ein
*") Verachriebeii: coiification.
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malcficant ist kein vornohmnr, \veni<?ov olirlichor mann niohr: mann kann koincn
Edelmann oder geistlichen straften: dann wann sie edel oder gcistlicli selndt,
thun sie, was edel undt geistlieh ist: thun sie böses, verlihren sie iiireu
characterem nndt wirdt alsdann nicht ein edclmann noch geistlicher, sondern
ein böser bub, so sich deren praerogativen verlustigt gemacht dui-cli böse thaten,
gestraft; thue recht, schewe uiemandt. ^Vic alle andere laster zu straffen, gil)t
oft gedachter. H. 0., die landt- undt kirchcn-ordmmgcn an die liaiidt. I)i(!ses
dienet zur general information, wie inn criminalibus zu verfahren, das es für
Gott undt ehrlichen leutten verantwortlich seye.
[Civil-Prozesse des fürstlichen Hauses.']
Die civilsachen seindt zweyerley, die erste activ uiidr passiv Jiecht-
fertiffunaen, die andern, recht den uuderthanen zu schaffen.
[«) Ixichtige Auswald des Gerichtshofes.']
Die Rechtfertigungen seindt zweyerley, activae et passivae. J)i(! activas
betreffendt suche mann zuvor alle thunliche mittel, sonderlich gegen höhereu,
ob die sach güttlich könne beygelegt werden; kann es nicht sein, muss mann
anderer ungestüm mitt recht zu wiederstehen trachten, darbey zu sehen, welches
dicasterium zu wehlen ob adversarius zu viel authorität inn einem oder dem
anderen habe, ob Commissiones auszuwürcken, was vor Commissarii zu suchen,
ob sie dem gegentheil zugethan oder zu viel respect wegen religion oder sonsten
auf selbigen tragen oder selben zu gebrauchen haben oder förchten ; ob sie sich
auch den dativum lassen zu lieb sein, undt was dergleichen mehr. Es ist
leider nunmehr dahin kommen, das keiner sein bestes Recht ohne denselben
gewinnen kann ; derowegen muss ein herr denselben nicht vergessen, darbei
aber sich hütten, das er nicht unurecht dardurch zu gewinnen trachte; dann
solches für Gott nicht verantwortlich undt in rechtmässigen sachen schadet.
Da auch die gegenparthey vergleichung suchet, ist sie nicht auszuschlagen, da
der schade nicht zu gross; dann wann mann die gefahr, auch inn den ge-
rechtesten Sachen zu succumbiren neben den uncosten, so auf Rechtfertigungen
ffehen. ansiehet, ist es allezeit am besten, wann mann mitt ehren aus der sach
kommen kann.
\b) Richtige AiisivaM der Rechtsgelehrten.]
Wirdt er angefochten undt allso reus, tliut er wohl, wann er schon recht
hatt, das er sich inn der gütte drauss wickelt; wo das nicht sein kann, sehe
er sich aufs beste vor, als er kann, sonderlicli das gegentheil ihn nicht durch
dativum Überwege. Suche bey bciderley actioiicn solche advocatos, so gewissen-
haft, redlich, nicht Schmeichler, gelahrt, geübt, nicht zänkisch, die sich
calumniiren oder schmähen enthalten; dann dieses gar gemein undt zu Ver-
wirrung der Sachen dienet. Hatt der herr nicht inn seinem raht gnugsam
qualificirte Rhät oder der sachen zu viel oder in der Regierung so viel zu thun
ist, das sie nicht totis viribus auf diese sachen arbeiten können, so nemme er
Rhat von ehrlichen leutten inn der nachbarschaft, bezahle sie allso, das sie
6
82
können zufrieden sein, erkundige aber zuvor wolil. was es für leutt seindt
undt wie viel iliuen zu trawen. undt lasse keine schmäluingeu inn den Schriften ;
wirdt ihnie von denn Advocaten oder Rhäteu gewiesen, das er unrecht habe,
gebe der herr nach undt suche aus der sach zu kommen, das er kein unreclit
thue: dann es ziehet straffen nach sich: dann Gott hasset das arge undt liebet
die gerechtigkeit : undt lasse sich die hofnung inn böser sach nicht betriegen;
dann unrecht gutt faselt nicht, sondern frist das gerechte mitt.
[r) Saanrerdischc Rechtssache gegen Lothringen.']
Es seindt bev unseruj Xassaw-Sarbrückischen luius die gemeine Recht-
fertigungen diese:
Erstlich die Sarwerdische sach gegen Lothringen:'') vors ander die
Lahrische sach gegen Badcn-Durlach : zum dritten die Bentheimische sach.
Die erste hab ich durch Gottes gnadt dahin gebraclit. das die Grafschaft,
so der Hertzog vi armata wieder das urthel de 7. Julii 1629 eingenommen undt
biss inn annum lüTO besessen, wiederumb inn unsers hauses banden ist biss
auf die Metzische lelien. derowegen die revision noch offen undt causa Mandati
wegen der grafschaft undt die action der von Lotthringen aufgehabenen
nutzuug<»n noch vorstehet. Bey ietzigen leuften ist nicht thunlich die sach starck
zu treiben, dann der herr Hertzog entweder sich nicht einlassen oder doch kein
ausgang der sacken, weniger execution würde zu hoffen sein: kombt es aber
inn andern standt. iiarr mann besser auf die actionen Mandati et damnorum als
auf Revision zu treiben: dann dieses trägt viel höher als diese statt wehrt
seindt, wie die protocoUa dessen, so in anno 1669 gehandelt worden, ausweisen.
Es ist Gott lob so weit gebracht, das Lotthringen nichts an unns, wir aber
eine grosse praetension an Lotthringen haben, darbey inn acht zu nommen, das
Lotthringen under dem practext, als ob die sach in revisorio stehe, spe praepo-
tentiae et favoris die gantze sach dahin zu ziehen gedencke; es ist aber aus
dem Mandato poenali undt paritorien dar, das das Cammergericht die Dorf-
schaften Lotthringen gantz nicht adjudicirt, Lotthringen auch keine revision
gesucht, sondern Nassaw: undt, wie oben gedacht, kann mann revisionem
praeteriren undt Mandatum prosequiren.
\d) Lah)-ischc Sache gegen Badeii- Durlach.]
Die J^ahrische^^) sach ist soweit gebracht, das es auf der liquidation
stehet, das der Marggraf überzahlt : dann am Kayserlichen hof das moratorium
stabilirt undt <lem Marggrafen, wie im Cammergericht, 25 000 i\. pension zu-
gesjiroclien worden ; dahero ich eine grosse summ voji ihme fordere, so er zu
viel einirenommen : darbev in acht zu nemmen, das Sarbrückische lini an diesen
25 0CK) nichts bezahlt. Wcilburgisch(^ aber nocli ein merckliches rostirt, das
capital aber inn der schuhhüi theilung mir an meiner quota abzuziehen, weihi
es aus meinen mittein allein bezahlet worden.
'V V-,'1. S.lili.'p hake- Menzel VI, S. 530 f., 543, 54H ff., 553 ff.
'■') Die Jlerrscliuft l^ulir \Nur iiocli iii den Iliunlen des Markj^rufen num JJuden-Duilach.
Vgl. Seh liep hake a. o. U. S. 555.
83
[e) Benthehnsche Sache.']
Die Jiuntlicimischo"^) sacli stehet iiuf dein sprach 5 uudt huffe ich dariun
so viel gethan zu haben, das sie ohuo gofalir sein wirdt, ist allso bey dem
Spruch zu vigiliren.
[/) Sfreitigkeiteti der Lhiien.']
Particulir proccss seindt mehrenthiMls durch (his nioratorium undt schulden
bezahhing abgetlian, undt keiner von iinportantz; undt wann die liquiihition mit
dem Marggrafen undt di(^ scluddeu tlieiluug vorgangen, wird mein antlieil der
schuhU'n hncht zu bezahUm sein.
[//) Fremde Klagesachen.']
J)er Churfürst Johann Philips zu Mayntz hatte viel strittigkeiten erregt;
er undt seine beide nachfarn haben oft güttliche handlung angenommen; ist
auch einsmahls anno [ f*) zu S(diwalbacli fürgenommen, aber durch
friedthässige ohne effect gemacht worden; werde es nachmahln versuchen; inn
deren (jntstehung ist Kayserliche Commission zu suchen.
Das Stift Limburg hatt eine leichtfertige, auf eitel lügen bestehende
actiou wegen 25 nuiltcr körn Limpurger maass angefangen ; ist submittirt undt
hatt es Ottweiler vom Obersten Hattstein zu lösen; dann es gehöret nach Kir-
berg undt gehet mich nicht an, als das sie mich super arresto actionirt, da
doch keiner war, auch noch nicht ist.
Von mehreren passiv actionen weiss ich Gott lob nicht, undt haben sich
meine nachkommen zu hütten, das sie durch ohnnötigen streit schulden machen
undt dergleichen keine Ursache darzu geben.
[Eingehende Untersuchung und gerechte Entscheidung von Bechtssachen der
Unterthanen.]
Wann die underthanen sachen mitt frembten oder under sich selbsten
haben, soll der Eegent alle beide partheyen gerne hören, nach befindung die
Sachen für sich selbsten ziehen oder an die Cantzley weisen; ist sie bey dem
herrn erst angebracht, soll er, ehe die urthel verfast oder publicirt wirdt, sich
aus den actis referiren lassen, die acta darbey haben, das er sehe, ob den
actis gemäss referirt worden, welches auch bey appellationen, so an ihn ge-
langen, inn acht zu nemmen, undt fleissig darvor sein, das die appellationen
von Beampten oder Cantzleyen nicht gehindert oder die gravirte nicht ab-
geschreckt werden zu appelliren ; uiult kann dasselbe nicht f üglicher geschehen,
als wann ein herr iedermann gern höret undt die landtvisitationes oft fürnimbt,
davon hernach mehreres folgen wirdt. Da sich finden solte, das von Rhäten
oder Beampten die leut vom herrn, selbigem selbsten zu clagen, weiten ab-
gehalten werden, ist es ein anzeig, das sie inn ihrem gewissen überzeugt sein,
das sie unrecht gethan haben; derowegen das urthel zu reformiren ist. undt
hatt ein Jlerr mitt moderatem ernst dasselbe zu anden; da aber starcker dolus
•'^) Es luiudelt sieb um eine Fürderunjj.
^*) Vom Grafen niclit ausgefüllte Lücke.
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tlarbov gospüret \\\Y(\t. ornstlu-h zu straftVn undt des iliousts zu entsotzon. daniitt
nicht t\vr annvn seufzen auf ihn selbsten fallen, undt er frombte schulde tragen
müssen. Wenn auch sclum secunduni acta et probata judicirt worden, undt
sich findet, das der coudeniuirte aus einfalt seine sach nicht recht forbracht
oder sein advocat der saehen nicht gewachsen oder falsch gewesen, können
undt sollen die Khät oder nach erheischender notthurft der Herr selbsten die
acta revidiren. auch ex officio des laedirten einfalt suppliren, undt dem armen
geholfen wi'rden: undt soll sich inn diesem fall die Obrigkeit nicht verdriesen
lassen, tleissig zu intjuiiiren. Ich hab leutcn, die aus melancholi über das
xinnrecht. so ihnen von den beampten geschehen, närrisch worden, durch fleissigc
nachforschung geholfen: undt ist es eine Obrigkeit schuldig; undt da es nicht
«'eschiehet, hart sie es für Gott zu verantworten. Darum rhümet sich Iliob
löblich, wann er eine sach nicht gewust, hab er sie erforschet; ist eben was
oben stehet, undt hatt selbige das ansehen oder affection seiner dioner nicht so
hocl) zu achten, als die Verantwortung für Gott.
[Laml-V'n^itationen zur Untersuchung der VerualUmg und von Lehre und Lehen
der Unterthanen .]
Zu rechter erkundiguug, wie alles im lande stehe, wie die beampten
haushalten, wie die underthanen inn lehr uudt leben sich verhalten, wie die
verrechnete diener mitt einnehmung der renthen verfahren, ob selbige rcvJlich
oder nicht mit umbgehen, ist kein bequemer mittel, als das die herrschaft
hindtvisitationen anstellen uudt durch unpartheische diener erkundigen.
[]. In Icirchllchen Sachen.']
1. Erstlich wie iedes orts Pfarhcn bastelt, ob die Pfarlierrn from,
Gottesfürchtig, lehrhaft, fleissig, geschickt, ob sie sich mitt ihren Pfarkindern
wohl betragen, ob sie fleissig studiren, wohl undt lehrhaft predigen, das böse
straffen, vor sünden warnen, selbsten erbar undt exemplarisch leben, die gemein
erbauen undt nicht ärgern; ob sie zancksüchtig, privatas passiones auf die
Cantzel bringen, den biudtschlüssel missbrauchen, umb gelt oder guust willen
die vor die Obrigkeit gehörige delicta verschweigen, under dem scheine der
sündt ruhen, was ihnen zu lioch, straffen undt vertuschen ; ob sie dem wein er-
geben, faul im sru<liren undt predigen, ob die superattendenten umb geschenck,
freundtschaft oder anderes nutzen willen ohngelärte undt untüchtige zum predig-
anipt Ijefördern : ob die kirchengütter, gebäw, renthen, allmosen wohl inn acht
genommen undt ausgetheilet werden, uudt was mehrercs sein kann. Zu dieser
in(iuisition stillen nicht allein geistliche, sondern iedes orts bcampte undt iemandt
von «h'M weltlichen Jihäten geordnet werden, wie auch wann o'm Syuodus ge-
halten wirdr. iiiidr --'nh uiider keinem praetext abweisen lassen, uudt nicht
allein die schulteisen undt gerichten, sondern auch inn Sonderheit die geringenn
gehört werden, als über die es am lufüsten zu gehen pflogt; undt darmitt manu
auf l)esseren grundt ko)iimen möge, kann mann olingewarut öfters eine oder
andere pfarr besuchen undt v<'rnemmen, ob die leut bey vorigen aussagen ver-
plciben od(M- ob sie praeoccuj/irt gewesen; solches kann durch Superattendeuten,
ln^^]lectores mitt zu/ichung des Amptmauns vorgenommeu werden.
r>
85
[3. In iveltlichen Sacheii.]
2. Inii well liehen siiclien sollen die Ix^iiinptcn ieib's orts iinf'un^s niclit
iiiitt zugezog'on wcrdcui, soiidcü'Ji luunn soll (ü'stlicli (M'kuiidi;^eii. oli sclbigu ilir
ampt recht verwalten, ol» sie di(^ lierscluif'tliche Jura uiidt grcntzen gegen die
benachbarte wohl inn acht nenmien, ob sie die verliüren Heissig lialtcm, ob sie
geschenck nenmien undt das strafbare versclnveigen, ob sie den kleinen wie
den grossen, den arnum wie den reichen hören undt reclit schaffen, ob sie
gewalt braiiclioiu ob sie iemaiiden imib neidt oder gewinn unreclit gethan. ob
sie von benacliliarten gesclienck niunnieii. (itwas zu schaden oder nachtheil der
herrschaf't oder des landes liingeheu zu lassen, ob sie die, so dnrcli ilii'<' urthel
gravirt, abschrecken, das sie nicht appelliren dörfen od(!r, da sie >onsten
ieniandt g(^walt gethan, verweln-en, das sie es ilirer Obrigkeit iiidii klagen
dürfen, ob sie ärgerlich leben, ob sie die landrordnungen H(!issig inn acht
nemmen, ob sie den underthanen gegen ausländische die handt gebührlich
bieten, was sie für aniptgebülir fordern. Ob sie inn kriegszeitcn fleissig für
die underthanen reiten undt reden, undt was etwa niehreres die inquisition an
handt geben wirdt.
[o. Führung der Beamten?^
Bey verrechneten dienern, ob sie der Cainnierordnung gemäss die renrhen
einnehmen, ob sie mehr als ihnen gehört, erheben, sonderlich bey extraordinari
anlagen, ob sie die ansätz ersteigern, ob sie geschenck nemmen, die renthen
anstehen zu lassen, da icli dann befunden, das die underthanen wohl drey
auch viermahl so viel umb den anstandt geben, als sie der herrschaft geben
sollen, undt nicht gemerckt, das sie inn vielmahlen dasjeuig, so sie der herr-
schaft auf einmahl geben sollen, den dienern so vielfaltig geben haben, auch
ob sie von den underthanen die renthen inn groben sorten vermög der Canimer-
ordnung erheben, hernach aber inn schlechtem gelt der herrschaft verrechnen,
dadurch den kaufleutten aufwechseP^) oder different (discorent?) geben, sie
aber den aufwechsel zu ihrem nutzen gebrauchen : ob sie die fruchten ge-
häuft einnehmen, hernach aber gestrichen verrechnen. AVo dei' überschus
hin kommen? Ob sie ihre fruchten under die herrschaftliche fruchten mengiMi,
darmitt sie ihre schlechte fruchten mitt den gutten herrschaftlichen durch-
bringen können oder gar die fruchten allso ronten, das sie die beste, die
herrschaft aber die schlechteste habe. Ob sie bey verlähnung der gütter, ver-
pfächtung der zehenden oder dergleichen vortheil zu schaden der herrschaft
brauchen, undt was hiervon im dritten thoil mehrer(>s folgen wirdt.
liey den beampten und dienern, ob sie die underthanen initt frohnen
beschweren, ob die landtbereiter gleicheit inn bestelluiig der fronen iialten. ob
sie umb gelt oder gunst willen einen füi- dem anderen vi'rschonen. ob die
schulteissen ihr ampt trewlich verrichten otler einen o(h'r andern beschweliren.
ob sie bey besthäuptern, zehendtpfennig undt zollen, weggelt oder dergleiclien
underschleif oder untrew suchen, ob sie auf die wirtli. anschneider undt der-
gleichen aufsieht haben oder durch die linger sehen; ob sie atteutata der be-
^*) = agio.
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naehbiirrou vorsehweigen. ol) Ix'v doiii aussclms einer für dein andern be-
8ohwehrr werde, ob sie ihnen nicht zugt'hörige gütter, die der herrschaft heinib-
gefaliene an sich ziehen oder gebrauchen, ob sie witwen uudt Avaisen inu
acht nemnien undt selbige schützen oder drücken, ob sie die gemeine gebäw,
marck- undt grentzstein inn aclit nennnen, ob sie undt die Gerichte den ge-
meinen ohnnöttige uncosten machen, ob sie die rügen anzeigen oder verschweigen,
ob sie gemeine weg, steig, wasser, weide den Ordnungen gemäss inn acht
nemmen undt was dessen int'lir sein mag.
[4. Sittliches Verhalten und wirtschaftliche Lage der Unferthanen.']
]iev den underthanen innsgemein, ob sie Gott undt der Obrigkeit getrew
oder nicht, was religion sie seyen, ob sie die kirchen iun oder ausser hmdt
«»■ebührlich besuchen, ob sie wohl oder übel haushalten, ob sie vermöglich oder nicht,
ob sie from »idcr böss, verträglich oder zänekisch, ob sie sich redlich uehren
oder auf dieberey, strassenrauben, wiltpretschiessen oder unehrliche handthierung
sich geben, wie sie ihre haushaltungen anstellen, ob sie mitt den ihrigen ehrlich
und friedtlich leben, ob sie sich mitt den nachbaren wohl vertragen oder gern
haddern, ob sie die wirthshäuser fleissig besuchen oder ihren häusern wohl
fürstelu'n. wie sie ilire häuser undt gebäw inn acht nemmen, ob sie mitt fuhren
oder handt frohnen, wie sie bespant, ob sie ihre frohnen fleissig undt willig
verrichten, ob sie beim ausschus seyen, wie sie bewehrt, ob undt was für
herren gütter inn ihrer gemarckung, was für ausgestorbene undt der herrschaft
heimbgefallene gütter allda seyen, wer sie brauche, wer die zehenden allda
habe, ob sie verlehnt oder gehoben werden, wie viel gütter er habe, ob er sie
von seinen eitern oder andern ererbt, ob er gütter erkauft, von wem? was für
freye gütter bey ihnen, wem sie zustehen undt woher sie frey seindt; ob auch
frombte oder einheimische sich des weidtwercks heimblich oder oft'entlich ge-
brauchen undt woher sie es berechtigt, ob es schulteissen oder andere gewust
undt zugelassen undt verschwiegen, ob sie den beamptou undt Khäten mit ge-
schencken boKoguen müssen.
"O^O"
[Verfahren bei den Latidvisitationen.'\
Zu solcher Inquisition sollen neben den beampten iedes ampts (welche,
wie oben gedacht, wann auf ihr thuu inquirirt wirdt, anfangs nicht darbey sein
sollen) herrschaftliche Rhäte undt diener, auch nach befindung der qualitäten
undt redligkeit andere ohnpartheischc zugezogen undt zu dieser sach beeydigt
werden, alles fleissig protocoUiren undt niemandt durch die finger sehen, auch
die underthanen, so befragt werden, für dem fragen undt eydt für meineidt
fleissig zu warnen mitt der betrohuug, das, wann sie bey künftigen Visitationen
oder sonsten falsch gefunden werden, sie schwerer straf gewärtig sein sollen,
auch Versicherung, wann sie redlich heraus gehen, das sie für niemandt sich
sollen zu fürchten haben, wie dann auch ohne ansehen der person, diejenige,
so falsch gefunden werden, hart zu straffen seindt, undt können die landtvisi-
tatores zwar xmi iedf^r gemein (jder schulteiss undt gerichten die designation
der gütter undt, was weiter hieoben gedacht, erfordern, hernach ahvY die ge-
meinen ieden absonderlich darüber hören, auch selbsten den augenschein ein-
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noinnien, wo sie einiges duhium imi der sachon liabon. Von ilivcr vrrrichtuno-
haben sie der Herrschaft schriftliche, wohl sjuMuficii-to relation zu thun, imdt
selbe bey dem archiv wohl zu verwahren, undt scindt soIcIk; inciuisitionen oft
zu wiederholen, wo nicht allentJuilben, doch hin undt her, dainitt die leut nicht
sicher werden, sonderlich wann (!twa verdacht, das es nicht i-eclit iiergangen
seye oder ein oder anders wieder Verordnung eingeschlichen, sich ereignet. Ich
hal) auch diese weise gehalten, das ich beyni weidewcrck oder sonsten mit
den uiulerthanen gespräch gehalten undt viel erfahren, das mir wohl bekommen
undt sonsten vertuscht worden were, dessen sich kein herr zu schewen hatt.
[ZiicJit der Beamten.]
Wann bey solcher landvisitation befunden wirdt, das beampte, Jihiite,
scliulteisen oder gerichtcn ihres ampts missbraucht, kann nach der grosse des
Verbrechens die remediruug undt bostraffung vorgenommen werden, undt hatt
die Obrigkeit, die armen gegen unbilligen gewalt zu schützen, von Gott scharpf(>
befehl, betrohungen undt straffem iiin Gottes wort vielfältig, undt da sie zu
viel nachlasset, nimbt sie die Verantwortung für Gott auf sich.
Den Rhätcn, ober- undt underbeampten muss zwar ihr respect erhalten
werden, darumb auch nicht leichtlich iedermann gegen sie zu glauben, ddch
muss verhütet werden, das sie nicht zu streng gegen die underthanen ver-
fahren, derowegen ein herr solche leut zu ßhäten und beamptcii zu suchen, die
nicht zu jung, Gotsförchtig, redlich, nicht geitzig, gelahrt oder wenigsten so
viel studirt, das sie die landtordnungen inn aclit zu nemmen wissen; kann
mann leut zu Amptleuten haben, die Soldaten gewesen, können sie inn kriegs-
zeitten wohl dienen undt haben bessern zutritt bey hohen officirern, Rhäte ab(M'
müssen gelahrt sein, wann sie rechtsprechen oder dem lierrn Rhateu undt inn
Processen dienen sollen. Ich hab zwar auch leut gesehen, die aus langer
experientz grosses gethan, da sie doch nicht studirt gehabt, wirdt aber schwer,
undt können inn processen keine feder ansetzen.
\_VerhaUms des Herrn zu seinen Beamten.']
Es soll ein herr, der seiner Rhät undt Beampten trew undt fleiss spüret,
selbige inn ehren haltcm. ihres rahts pflegen, demselben inn billigen dingen
folgen, ihre trew undt fleiss recompensiren, aber sie nicht lassen seine herrn
werden ; dero trew undt fleiss kann er nicht besser erfahren, als wann er sclbsten
im studiren sich so befleissigt, das er selbsten judiciren könne, ob sie wdhl
od(;r übel hausen, undt dann durch Visitationen, appellationen undt dergleichen,
auch durch discurs mitt den underthanen ihr thun erfahren. Es soll auch ein
herr keinen von den Khäten dem andern underwerfFen, sondern ieglichem inn
seinem thun schützen undt handthaben, auch so viel möglich selbsten inn der
Cantzley sich finden lassen, selbsten die partheyen hören undt mitt Rhat der
Rhät die sachen decidiren, gibt ursacli, das die Rhäte desto behutsamer undt
fleissigcr werden; wann bissweilen die vota ditt'erent fallen oder der Herr ver-
meint, das er es besser trofl'en habe, thut er nicht wohl, wann er auf eigener
opinion bestehet, sondern besser, wann er anderer erfahrener leut Judicium
88
darüber eiuholot, dasselbe mitr seineu Rhäten überlegr undt dann das beste
wehlet.
Sonderlich suU er sich liütten, das er nicht alles allein an die diener hencke
undt seiner kurtzweil abwarte oder massig gehe oder sich so gar au einen
dii'ner hencke. das er ihnc undt er selbsteu sich für necessariuni halte. Wie
schädlich es herrn undt dienern scye, weisen die alte undt uewe exenipla. das
herrn inu höchste Verachtung darüber kommen, die diener insolent worden, den
herrn vrracht, gourmandiret. höhere selbe bestochen, das sie untrew worden,
auch selbige trewe diener undertrückt, fälschlich angeben, undt auch so weit
trebracht. das selbe endtlich mehr absehens auf den dienern als den herrn
gehabt, redlichen herren undt underthanen undertrückt, verrahten undt unn-
schuldige diener undt underthanen umb das ihre gebracht, auch wohl gar umbs
leben: was schwere Verantwortung das für Gott gibt, wie veracht ein herr
darüber wirdt. ist theils zuvor gedacht, undt weiset die erfahr ung, das wann
mann zu spat liatt remediren wollen, das sie gar die herrn aus dem weg zu
räumen gesucht. Ich bin dessen ein lebendiger zeuge, weiln ich nicht mich
allso submittiren wollen, ist Uneinigkeit imm haus gestift, mir nach dem leben'*)
gestanden worden ; die semina discordiae blühen noch, so solche leut inns haus
gesäet, die sich bey theils herren haben necessarios gemacht, undt mich, der
ich mich ihnen nicht undergeben wollen, aufs eusserst verfolgt, es ist aber an
ihren nachkommen zu sehen, wie es Gott gefallen. Es thut ein herr wohl, wann
er gegen seine diener affable ist, er muss aber niclit zu gemein mitt ihnen
werden, sondern seinen respect darbey erhalten.
[Verhältnis zu Kaiser und Iieich.'\
Gegen iedermann soll ein herr wissen, wie er sich verhalten solle, gegen
höhere, gleiche, geringere; zuvorderst hatt er seinen schuldigen respect gegen
seinen Keyser zu erweisen : inn allen dingen, so nicht w-ieder Gott undt die
Reichsplichten^') lauffen. soll er allen gehorsamb, trew uudr lieb erweisen, sich
nicht under die aufrürischen mengen, gern zu assistentz gegen des Keisers
undt Reichs feindt das seinige anwenden, nicht zugeben, das die seinige un-
gebührlich gegen J. K. M. reden, weniger sich zu Reichsfeinden diensten wenden
undt in allen dingen sich als ein gehorsamen Reichsstandt erweisen. Da auch
wieder das Rcicli undt dessen freyheit*^) etwas vorgenommen würde, es nicht
mitt ungestüm auf nmhtmassungen allso balde eifern, weniger sich an frembte
potentaten liencken, sondern so viel möglich sich gedulden. Da aber eine ge-
meine Reichssach oder der Religion darauss würde, sich seiner Reichspflichten
erinneren undt sein Yatterlandt retten helfen, inn Religionssachen sich zu dem
pAangelischen corpore halt(!n.
[Verhältnis zu den Reichsständen ^
Gegen die Reichsstände soll er sich allso verhalten, das er einem ieden
seinen gebürenden respect gebe, höhere ehre, mitt gleichen sich wohl betrage,
'*) Das Nähere ist noch nicht bokaiin^t.
") So!
^"j Vom KaiHer also doch wohl I
89
gegen geringere sich freundtlicli erzeige, Ijey allen fricidtlich undt nachbarlich
sich verhalte, keinem, soviel an ihm ist. /u unwilloii ursach gebe, sondern
allezeit, wo es sein kann, den glinipf zu erhalten suche, doch allso, das er
mitt guttem sein recht undt respect erhalte undt si<-li nicht eben undcirtrückeu
lasse; thut ihm ein mächtiger nachbar gewalt, suche er erstlich die glitte, inn
deren Verweigerung das recht, nach denn die sach ist, durch kayserliche com-
mission oder processen sein recht zu salviren. Es ist leider bey unnser ietzigen
Reiclisjustitz das bandt für den äugen hinweg, oder doch von flor oder Cammer-
duch gemacht, das mann dardurch leicht sehen kann, undt muss mann sein
recht thewer kauften; nuinn muss sich aber inn die Zeit schicken, dan es ist
böse Zeit, undt die ietziger Zeit gebräuchliche mittel zu gebrauchen nicht ver-
gessen undt nniss hier heissen: cede majori.
Gegen gleiche kann mann sich aller civilität gebrauchen; wollen sie sich
aber nicht zu ruhe geben, hatt mann die von Gott verliehene mittel zu l)rauchen
undt gewalt gewalt entgegen zu setzen, undt rechtliche mittel zu gebrauchen,
dann es kann nicht allezeit gegen einen aggressorem das recht erwartet werden
et vim vi rcpellere licet.
Gegen geringere kann mann freundtligkeit gebrauchen, aber keinen ver-
achten oder zu drücken suchen, sondern gedencken, das unns Gott alle ge-
schaffen undt nicht erlaubt, seiner macht zu missbrauchen, sondern es heist
minori parce, auch muss mann nicht all zu geschwindt umb liederlicher ursach
willen gleich zu harten mittein greiffen, sondern selbige erst von ihrem unfug
abmahnen; will es nicht helfen, kann mann seiner mittel gebrauchen.
[Verhältnis su fremden Potentaten.]
Gegen frembte potentaten muss mann sich allso verhalten, das sie keinen
praetext haben zu einigem unnwillen ; will es nicht helfen, muss mann kayser-
liche undt Reichsmanutenentz suchen und gebrauchen. Es ist aber leider dahin
kommen, das es heist: wer reit, der reit, wer leit, der leit'') ; doch muss mann
thun, was mann kann, undt Gott vertrawen, der der könig hertzen inn seiner
handt hatt undt leitet sie, wie er will. Inn gemein muss mann sie recht sal-
viren undt nicht begeben, auch nach vielen Jahren kann es Gott endern; was
aber begeben, ist weg.
Inn krieffszeitten hatt man sich woiil fürzuselicn, das mann dardurch
nicht aufgerieben werde.
\_Kriegc mit dem Ausland.']
Die krieg seindt zweyerley : eusserlicho undt innerliche. Bekombt das
Reich mitt ausländem zu thun. kann kein Reichsstandt sich mitt guttem ge-
wissen undt ehren vom Reich separiren, sondern ist schuldig das seine nach
vermögen anzuwenden, das dem Reich kein schaden entstehe, docli mitt di'r
bescheidenheit, das, wer auf den grentzen ist, so lang gutte wort gebe, biss
er succurrirt oder erledigt werden kann.
^) Wer reitet, der reitet, wer liegt, der liegt.
90
Hart Krtvsorliohe Maysr. krieg, so seiudt sio entweder wegen der crb-
hinden oder des Reichs. Ist es das erste, liatt mann zu sehen, wie weit das
Reich sich einniisrliet. undt vun selbigem sich nicht zu separiren; doch tluit
manu nicht uhcl, wer es vermag undt dem feindt nicht zu nahe ist, das mann
auch extraordinari dienst thue. Ist es wegen des Reichs, ist mann schuklig
sein eusserstes darbey zu rlum. doch mitt obgedachter beschcidenheit: dann
wann mann allein über vermögen thun will, ist es eine tohrheit, sonderlich
wann mann nicht kann geschützt werden. Ist es gegen den erbfeindt, thut
ein ieder withU der seinem Kayscr dienet undt seine mitt Christen rettet ; undt
kann ich gar nicht approbiren, das mann aus einer Jalousie gegen den Kayser
die Türeken solle solche progress thun lassen, das er das Reich desto leichter
überschwemmen könne.
[Kriege im Innern des Reiches. Kurzer Überblick über den Verlauf des
30jährigen Krieges.']
Gibt es innerliche krieg, hat mann sich am meisten vorzusehen: dann
diese die gefährligste seindt.
Selbige entstehen entweder wegen der Religion oder aus anderen prae-
tensionen. Es haben bey dem dreyssigjährigcn krieg sich die Reichsstände inn
drey theil getheilet, etzliche als inns gemein die Romisch-Catholische haben
under dem praetext den Kayser gegen die Böhmische unruhe zu assistiren, eine
Ligam gemacht undt verhoft, das Evangelium auszutilgen, denen sich etliche
Evangelische umb anderer respect willen zugesellet.
Etzliche Evangelische haben sich mitt den genanten Reformirten inn eine
Vnion begeben, das zwar vermuthete Reformationswesen undt politische gra-
vamina zu verhütten, aber zu frühe; undt ist das bandt gar baldt zurissen,
weiln mann Gott mehr im nmndt, die stiftor aber im hertzen gehabt, dero-
wegen mein inn Gott ruhender horr vatter nichts hart wollen darmift zu thun
haben*") ; darüber er zwar von beiden theilen hart mitt genommen worden,
aber von seiner beständigen trew nicht weichen wollen.
Etliche seiudt neutral blieben. Anfangs haben die Römisch-Catholische
grosse sincerationes gcthan, das sie nichts zu nachtheil der Evangelischen zu
thun gedächten; als sie aber die uuion zutrennet, Pfaltz aus Böhmen ge-
jagt, die noch assistirende geschlagen, haben sie den mantel aufgedeckt undt
die Religion angegriffen undt seindt so verbleut gewesen, das sie nicht ge-
merckt, das manu durch den hertzog von Friedlandt das Reich inn einen andern
model zu giessen Vorhabens gewesen, wie dann nicht allein der obgedachte
General selbsten solches öffentlich gesagt, sondern auch der Kayser selbst,
welches zween Mayntzische Capitulare gehört undt gehöriger orten avisirt,
welches die Catholische Jjigam alarmirt, die des Tilli armee versterckt, auch
mich Selbsten etlich tausendt mann auf zu bringen*') ersucht haben, dessen ich
*") Vgl. Schliopliake, VI, 418 ff.
*') Vgl. Keller, Drangsale, S. 143, ohne jedoch genügende Aufklärung über diesen
Punkt zu geben.
91
hedcnckens g(!lial)t, ^voilll es keim' ^ciiicinc Koiclissadi gewesen. Es ist ihnen
aber auch dazumahln wieder solche starke hofnung zu der Reformation undt der
Evangelischfm güttern gemacht worden, das sie wiederumb geholfen iiir eigen
verderben zu befördern, undt d(m Churfürsteii zu Sachsen attacjuirt, als den
einigen Evangelischen, so noch nicht ruinirt gew(!sen; haben zwar es dahin
bracht, das der Friedtländer abgescluift undt die Kayserlichc^ arniee wold umb
die helft abgedanckt unilt in Pohlen, Italien undt Niederlanden verschickt
worden, da sie dann starck hin niarchirt, aber wenig wiederkommen. Als
mann den Evangelischen so deutlich dies vorhaben entdeckt, haben sie sich
anno 1()81 zu Leipzig zusammen gethan undt einen schlus g(!macht, der zwar
nicht gar wohl gefast gewesen — dann es w'aren scopae dissolutae — ieden-
noch zu etwas armatur ursach gegeben, darzu dann der König inn Schweden
kommen ; undt obschon beide Churfürsten von Sachsen undt Brandenburg anfangs
demselben König keinen pass Magdeburg zu entsetzen geben wollen, hatt sie
aber Tilly gezwungen, mitt dem König zu coujuugiren, dann Leipzig ein-
gcnonmien undt weiter inns landt gehen wollen: als aber die Leipziger erste
Schlacht, Avic bekant, abgangen, hatt der König den Mayn undt Rheinstrom
fast ohne resistentz occupirt, auf die Donaw gangen undt München ein-
genommen, darüber die Catholischc Liga gar zu grundt gangen were, ^vann der
Privatus nicht den vorzug für dem Publice gehabt hette. Nach des Königs
todt hatt mann den Heilbronnischen bundt gemacht, da dann die? privat
respecten undt das Französische geldt viel böse consilia suppeditirt, deren ich
etliche verhüttet, etzliche aber aufgehalten ; undt ist die Ketzerey der Donatisten
Politisch worden, undt hatt ein iedweder donationen undt pensionen haben
wollen, hingegen nichts bey dem gemeinen wesen gethan. Ich hette das ding
auch haben können, aber ob es mir auch obtrudirt werden wollen, hab ich
nichts angenommen, sondern allein meiner religion undt vatterlandts bestes
gesucht: undt ist der übermuht, bossheit undt untrew so gross worden, das
Gott durch die Nördlinger schlacht anno 1634 hatt straffen müssen, dardurch
viele landt undt leut mitt dem rücken ansehen müssen, welches mich unschuldig
betroffen. Da ist es erst bundt hergangen, der Churfürst von Sachsen hatt
durch den schändtlichen Prager Frieden die vornembste Chur undt Fürsten irr
gemacht, das sie baldt diese, baldt jene partie angenommen. Die Schweden
haben inn den Sächsischen Greisen sich verstärckt undt biss naher Wien durch-
gtrungen. Ilcrtzog Beruhart zu Sachsen AVcinimai' hatt am Rhein agirt, die
Frantzoseu an sich gezogen; undt nach seinem todt liulx'ii die Frantzosen selbe
Kutte Völcker anoenommeu und durch das Reich inn allen Greisen neben den
Schweden, Lünenburgischen undt Hessen so weit victorisirt, das endlich die
Friedenstractaten inn Westpfahleu haben müssen an handt genommen werden.
\yerte\d\(jung seiner Stvllioii/ i» diesem Kriege.]
Diesen kurtzen extract eines laugwürigen kriegs, so gantz Europam inn
einander verwickelt, hab ich zu dem ende hierinn gesetzt, das mann sich für
begangenen fehlem hütten undt künftig klüger handlcn möge. Es ist bey dem
92
in anno 1548") und ht-rnach geführten Roligii>nskriog nicht aniU'rsr zu gangen
undr ilardurch goschelR-n. das cino gutte sach übel abgelauffen; mann hatt
dazunuililn darfui gohalton. das manu sich nicht wieder ahubilligeu gewalt gegen
den Kayser schützen könne, darunib den Kayser einseitig des Reichs entsetzen
undt uicht mehr deu kayserlicheu titul geben wollen, sondern Carln von Gent ge-
nennet, undt ahnerwartt geNvalts offensive gangen: war nicht wohl angefangen
umlt ahnglücklich geendet. Anno IG^;') waren die gemüther nicht besser gestelt
undt wulte mann auch dem Kayser absagen, ich hab aber mich darwieder
gesetzt uudt verwehret, das es nicht geschehen; hab zwar bey den Schweden,
Frantzosen undt bösen teutschen wenig danck verdient, aber justitiam causae
gerett. Meine consilia") sindt dahin gaugt'n, das mann sich inn gutte defensions
postur stellen. Kays. Mayst. mitt allen möglichen remoustrationen das hertz zu
einem billigmässigen frieden erweichen, der Catholischen Liga aber mitt solcher
resolution under äugen gehen möge, das sie von ihrem ihren mittständen zugefügter
gewalt abstehen undt die Evangelische mitt sieh inn gleichem gradt der imme-
dietät undt religinns freiheit bleiben lassen mögten, undt alle; occasionen zu
einem reputirlicheu frieden annehmen undt selben aufs möglichts befördern
mögte. Im 9.bri 1633 jähre hatt der König inn Dennenuirck sich zu einem
interptinenten offerirt. ist auch pro forma angenommen worden, aber mitt
solchen conditionen. das mann sie einem inn fessel undt banden liegenden nicht
wohl ärger machen könte; als ich es anhörete, sprach ich, das were nur schertz,
moinete nicht, das verständige leut dergleichen würden auskommen lassen;
wurde mir zur antwort. andern theils hette mann es anno IGol auch so ge-
macht: als ich replicirte. ob sie recht daran gethan undt nutzen darvon ge-
habt, wurde von einem geantwortet, manu müste es ihnen zwiefaltig machen
nach ihrer bossheit; ein anderer fragte alle donatarios, ob sie gedächten etwas
von den donationen zurück zu geben, er wolte leib undt gutt aufsetzen, ehe er
etwas zurück lassen wolte, das der redtliche König inn Schweden undt die
Cron ihme geben hetten; krigte von alUni politischen Douatisten den zufall.
Ich fragte, ob er das auch über ein Jahr noch einmahl sagen wolte. Er: ja,
ich aber: wolten einander gemahnen, ehe das Jahr umb wäre, undt bäte es ad
protocollum zu nemnien: nach dreyen viertel jähren, als die Nördlinger schlacht
geschehen. Ii;ili iili ihn inn gegenwart Fürsten, Graffen undt lierrn, auch vieler
abgesandten erinnert, ob er noch so hertzhaft were als vt)riges jähr: da seine
antwort gewesen: wann er das seine erhalten könte, wolte er die hosen ab-
ziehen undr dio Olöster besudeln undt sagen: nemmct ewcre beschissene Clöster
wieder, worauf ich ihme sein ahnbesoimenheit vorgeworfen, dardurch er mich
undt das gantze Keich inn clcndr gesetzt. Solche böse consilia haben mich
bewogen, das ich nicht mehr darboy sein wollen; darauf mann mir das
commando an niedern RIkmu aufgel)ürdet. Es ist aber durch der Frantzosen
pensions das werck allso verwirrest worden, das keiner ein wort im Rhat reden
ktinnen. das nicht ihnen allsobaldt zu gebracht worden, aucii durch grosse, zu
**) Mufis heissen 1546.
") Vgl. Keller ii. u. ( >. S. 11)0 f.
93
doron vorunf^rmipfiing so rodlicho consilia f^^ofülirot, so o;av. das mir der König
inn Pranckrcicli solbstcu vorgüworft'en, das nicinandt seiuon intontionen so hurt
sieh wicdcrsotzot, als ich, woh'hes ich so wcuig gch'ugncit als zuvor dem
Oclisonstirn, Schwodischen Itcichs Cant/lor, inn gloichoni casu, undt regorirt,
das ich als ein toutscher patriot für mein vatterlandt gcredt, wie andere für
ihr Interesse; undt hcttc der König meinem ralit gefolgt, were es beiderseits
besser abgangen, welches er auch erkant undt übel mitt seinen gesandten zu-
frieden gewes(>n, das sie nicht besser berichtet.
[Schiricri(/e Lage der kleinen Fürsten : bewaffnete Neutralität ist das Beste.
Sein Wahlspruch: nee temere, nee ti)nide.~\
Dcrolialbon liatt mann sich bey innerlichen kriegc^i Wdlil für zu sehen,
das manu den respect des Oberhaupts, so viel gewissens halben sein kann, inn
acht nemme, sich nicht durch muhtmassungen, privat considerationen oder be-
gierde etwas an sich zu bringen betriegen lasse, wieder selben sich aufzulehnen,
sich leiden, so lang es sein kann. Da aber eine solche sach vorfiele, da mann
die religion zu tilgen, die Reichs freyheit zu undertrücken understünde, kann
mann sich gewissens halben nicht vom Evangelischen corpore oder dem Reich
separiren, sich aber erinnern, das mann sich nicht under die aufrührischen
mengen solle, weniger under dem vorwandt der religion undt des Reichs wohl-
fart, privat passionos oder begierde zu anderer leut gütter etwas wieder den
Kayser oder seine mittstände zu machinireu gelüsten lasse; dann Gott lasset
es nicht ungestraft, sondern manu muss leiden, biss causa comnumis wneder die
ohnbilligkeit esclattirt undt Gottes ehr undt die Reichspflichten darzu neccssi-
tircn, doch allezeit den respect des Oberhau})ts so viel möglich inn acht nemmen,
allezeit zu sicheren reconciliationsmittcln rahten undt mittel zu einem sicheren
frieden suchen. Biss selbiger erlangt werdim kann, nmss mann sich so gutt
möglich inn Verfassung stellen, dauu inermis ab armato sich leges muss für-
schreiben lassen, aber nicht zuviel auf die waffen trawen, das mann deswegen
ehrliche undt billige conditionen zum frieden zu gelangen ausschlagen wolte;
dann der oberst frieden fürst hatt kein gefallen am blut stürtzen, sondern hatt
einen grewel daran, undt kann sich das blat baldt wenden: anno 1628 redete
mann am kayserlichen hof, als ich anfangs hinkam"), von nichts als frieden,
war auch eine erwüntschte gelegenheit darzu, da der Kayser das Reich auch
mitt harten conditionen hotte obligiren undt danck gewinnen können, aber der
Jesuiten geitz undt des hertzogcn von Friedtlandt hohe anschlage warfen solche
gutte consilia über einen hauffen, undt kam der Schwedische Krieg, darein
sich auch Franckreich mengete mitt unwiederbringlichen schaden des Kaysers
undt Reichs darzu, welches auch zu ietzigcm krieg") anlas geben, inn deme
sich die beide Cronen eingebildet gleichen success bey diesen zeitten zu haben,
ja Franckreich den Domiuat der gautzen weit inn seinen godancken albereits
**) Graf Johann wurde 1628 an den Kaiserlichen Hof geschickt, um Befreiung oder Er-
leichterung des von "Wallenstein besetzten Landes zu erwirken. Keller, S. 9:j.
*'") Er schreilit während des Krieges von ir>72-167y.
94
"ehabt: als aber keine wiewohl avanteuge couditiones von den Holländern an-
geborten acceptirt wurden, ist Hollundr gleichsam ohne Schwertstreich zu dem
seinigen kommen undr Frankreich su viel feinde erregt, das mann noch nicht
absehen kann, wie es ablaufen wirdr.
Derowegen mann sich bey solcher unruhe wohl für zu sehen hatt, dulce
bellum inexpertis. welches macht, das mancher zum krieg rüst, der es wohl
bleiben Hess, wann er wüste, was krieg were undt was gofahr daraus entstehen
kann: werden auch bissweilen übel belohnet, wann es übel ablauft. Es über-
schlägt auch mancher den krieg, wie ein unerfahrener einen baw: als die
Mavntzische fortiticatiun solte angefangen werden, wurde der Überschlag auf
L^OOOOO Rth. gemacht undt solte inn fünf jähren gewiss fertig sein, darüber
ich lachete. Als ein jähr oder neun für über waren, fragte ich den Cammer
Kaht inn gegenwart des Churfürsteu. ob die fortification fertig, undt ob die
200 000 Rth. zu gelaugt hetten; es war aber wohl vier mahl so viel spesen
drauf gangen, die fortification ist aber noch nicht fertig; allso macht mann
auch bissweilen den Überschlag im krieg, wie König Pyrrhus inn Epiro, were
aber besser, mann bedächte zuvor, was für liinderungeu fürfallen können, undt
sonderlich «ib die sach gutt, das Gott auch segen darzu geben könne, inn
welchem aucii nicht allein grosse potentaten, sondern auch geringere fehlen
können. P]s fragten mich einsmahls etliche, so sich mitt Chur Mayntz undt
Lothringen gegen Churpfaltz inn bünduuss cinliesscn, unil) raht : ich wicderriehte
es, sie aber meineten. es were ein kirschenkrieg ; ich antwortete, sie selten die
kirschen, hernach die äpfel undt birne, die trauben undt castanien essen, undt
darnach sehen, ob die kirschen Avieder reif würden eher als ein jähr; kratzeten
sie sich hinter den obren, aber zu spat, wie bekandt. Dergleichen könte ich
aus eigener erfahrung viel darthun, wo es nicht von alters her bekandt, das
solche bündtnussen selten wohl ausschlagen. Es geschiehet auch wohl, das
grössere geringere angreiffen undt dardurch zu kurtz kommen ; dann neben dem,
das Gott dem rechten beystehet undt dem hochmuht steuret, bewirbt sich auch ein
geringer umb liülf undt er meistert den mächtigem zu seinem grossen schaden ;
derohalben am besten, wann mann frieden hält, undt wann der nicht halten
will, der sich auf seine praepotentz verlässt, muss manu Gott undt das recht
aurutfen undt gutter freundt underhandlung, und auf den nohtfall assistentz
suchen, sich aber allezeit hütten, das mann keine ursach gebe undt inn terminis
justae defensionis bleiben. Aus obigem kann manu gnugsam abnehmen, wie
mann sich bey innerlich(;n undt eusserlichen krigeu zu verhalten hatt, ncmblich:
das Reich gegen auswärtigen defendiren helfen, bey innerlichen der Kayser-
lichen respect nicht verliehren, seine mittständt nicht ofiendiren, gegen gewalt
sich 80 gutt mann kann schützen, sich vom Reich nicht separiren, ausländisches
gcldt jiK'idcn, für donationen. welche des vatterlandts trewe undt respect brechen
undt keinen bestandt hahen. sich hütten undt ohne eusserste noht sich nicht
in krieg einmischen; ieder zeit, wo nicht Gottes ehr undt die Reichspflichten
es änderst erfordern, zum frieden rahten, keine ehrliche friedens verschlag aus
liandeu lassen undt mein Symbolum inn acht nemmen: Nee temere, nee timide,
undt nicht gleich verzagen, wann es übel gehet, sondern Gott vertrawen, der
95
alles wohl maclion undt, wann die sachon am aro:sten stehen, liolffen kann; ich
hab unschuldig- droyzehen jaiu- oxulivtm niiisson, iiab Gott boy meinem gutten
gewissen irotrawet, der hat mich erhalten undt mitt ehren wieder zu dem
meinigen gebracht, umb Gottes ehr undt woi-t undt des Vatterlandts woldfart
ist mann schuldig, alles dran zu wagen.
[Bettimysmiftel gegen stärkere Gewalt: Waffen und Äu/gehot, Aushalten
heim Bcich.^
Es were eine temerität, wann iemandt von unsers hauses mittein gi-ossc
armoen richten, si(di gegen grossen gewalt schützen oder andere mitt krieg an-
greiften wolte, aber doch nöttig rettungsmittel zu suchen, wie mann sich gegen
o-rossen ffewalt defendiren möge. Da seindt nun die anfechter entweder aus-
oder innländische, aucli freundt, undt feindt; hatt mann mitt ausländischen zu
thun, so nuiss mann den Kayser undt Reich mitt interessiren undt deren hülf
suchen undt erwarten, undt wie schwerlich umb so ein geringes, als sie bey
unnsers gleichen suchen können, grosse potentaten krieg anfangen werden, da
das Reich mitt eingeflochten werden kann, als ist es mehr umb die nachbarn
undt strüppereyen, so von freundts undt feinndts Völkern vorgehen mögfm, zu
thun; da dann, wann mann von benachbarten angegriff'eu, durch rechtliche
mittel, Zusammensetzung unnscres hauses undt hülf gutter freundt gegenwchr
zu thun ; so es strüppereyen antrift, da wäre zu wünschen, das durch einmütige
Zusammensetzung dem werck geholfen würde ; ist aber, wie die erfahrung gibt,
also beschaff'en, das die mächtigere den last von sich undt auf die Schwächesten
ziehen undt schieben; wann schon die geringern sich zur assistentz verbinden,
ist keine rechte Verfassung oder aufrichtige vertrawligkeit mehr, wie bey den
alten, würde sonsten der sach leicht zu holff'en sein. Als anno 1601 der
Hispanische Admirant von Arragonien") mitt seiner armee inn wetteraw undt
Westerwalt quartier machen wolte, setzten die grafen sich zusammen, machten
ein retranchement under Alten Kirchen undt logirten sich allda mit 20 000 mann :
alle Gräften, so Soldaten waren, seindt persöhnlich darbey gewessen undt haben
den Spanier allso abgehalten, das er abziehen müssen, undt haben die Fürsten
von Hessen undt andere assistentz versprochen; wolte Gott, es were noch
solche Zusammensetzung, aber! Anno 16:52 hab ich den Nassaw-Sarbrückischen
ausschus auf dicsseit Rheins auf ()000 wohl exercirter mannschaft gesteh, dar-
mitt alle, so unns zwacken wollen, abgehalten, auch andere gerettet; es ist
aber ietzo mangel an mannschaft undt Zusammensetzung, Gott gebe besserung.
so könte es noch einmahl allso gesteh werden ; ietzo muss mann sich mitt gutten
Worten retten, wolte die alte Teutsche redlichkeit wieder aufkommen, were
gutt solche Zusammensetzung zu restabliren. Für allem ist sich wohl für zu
sehen, das mann sich mitt ausländischen nicht zu weit einlasse oder verbindt.
wirdt gemeiniglich Leonina societas, wie bey den westpfählischen Friedeus-
tractaten die Frantzoseu erwiesen, da sie zur recompens unnserer diensten
*8) Franz Mendoza. Vgl. Keller, Geschichte Nassaus von der Retornmtion bis zum
Anfang des 30 jährigen Krieges. S. 464 f.
96
iinns vom Reich ab umlt inn ihre subjoction ziehen wollen; undt da ich mich
darlegen gesetzt, haben sie mich feindtlich zu tractiren betrohet, hab aber nicht
nachgeben. Mann bleibe inn solchen fallen bey dem corpore des Reichs undt
rahte iederzeir, das mann sich mitt ausländischen wohl für sehe undt nicht zu
weit einlasse: dann es heissen wirdt: Turpius ejicitur quam non admittitur
hospes.
[Streitigkeifen des Hauses.]
Inn unserem haus hatt Erys semen discordiae gesehet, welches auszurotten
ich viel mühe angewandt, auch viel ül)er mich gehen lassen, aber biss noch
nicht den gewünschten zweck erreichen können ; Ich hab darüber den inn unsers
hauses Erbeinigung vorgeschriebenen weg des Arbitrii ergriffen, anderseits ist
es 80 hart zu wieder gewesen, das mann mich auch ehrurürig angreiffen dörfen,
hab es aber so lang verschmertzot, das es zu der wiedrigen eigenen schimpf
ausgeschlagen undt doch endtlich einen anfang genommen. Es ist aber erst-
Uch der Oberst Lcutenant Leyen, so der eine arbiter gewesen, hernach mein
Vetter von Weilburg, ietzo aber der von Dahlberg auch arbiter verstorben,
dahero mitt der Sachen nicht fort zu kommen gewesen. Ich binn darüber alt
undt baufellig worden, weiss auch nicht, ob ich den ausgang erleben werde,
hotFe aber, die von mir verordnete Vormünder werden es zu endt treiben. Es
ist inn unserm haus keine eiuigkeit zu hoffen, wann dieses verpleibt; es ist
so viel darinn angefangen, das der sachen leicht zu liolffen, undt binn ich
gefast. das meine zu erweisen undt anderer seits unfug dar zu thun, undt will
lieber nachgeben, was thunlich, als die Uneinigkeit zu erhalten: Ich hab seither
dem Gottischen recess") mit grosser gedult gesucht, was zu diesem zweck
dienet, mann hatt aber meiner nur gespott, welches mich gezwungen die
Arl)itros inn Camera confirmiren undt authorisirn zu lassen, ohneracht ich durch
meines Bruders Söhne darüber hart angegriffen worden ; sie haben aber propriam
turpitudinem allegirt undt nichts erhalten, werden aber des von Dahlberg todt
sieh zu nutz machen undt die ernennung undt confirmation des successoris, so
lang sie können, aufschieben, welches aber durch ein Mandatum kann verhindert
werden. Das meiste, so zu thun wirdt sein, ist die Direction inn gemeinen
Sachen, die Administrationsrechnungen undt schulden theilung. Das erste ist
wohl inn acht zu nemmen, dann nach meinem todt Vetter Johann Ludtwig sich
wirdt understehen dasjenige zu thun, das er mir ahn grundt beymist, nemblich
nach seinem Latein, nach einem absoluto Directorium'*) trachten oder weil
lauter ])Uj)illen hier undt zu Weilburg sein werden, suchen sich zum herrn zu
machen, die vertrag übern hauffen zu werfen undt die Primogenitur einzuführen,
wirdt aber leicht durch die herrn vornmndcr können übern hauffen geworfen
werden, weil herkommen undt vertrag dar seindt.
Die Administrations Rechnungen seindt zwar l)oy mir etwas schwer, weil
ich ujiib viele Rechnungen kommen, ich will aber lieber schaden leiden, als das
") Der Gothaische Yergloich übor die Erbteilung der Lande vom 6. März 1651. Tgl.
Schliephake, S. .088 f.
97
werck darninb nnfhaltcn ; nicinc v(ir;j,-<fs(ili()ss('n(' ,ii,rl(lcr weiden ein nielircn-s
austragen.
Die schulden rlieiiun.i;-en seindi anno IDTl zu Wiessbaden so weitt braclit,
das die arbitri die strittig gemachte ])uncten gar leiclir werden ausmachen
kruinen ; undt ist bev diesem Aveick dahin zu seilen, wie einigkeit im haus
i'estabilirt weiden köniu': undt seile niaiiii aiicli \cilust über sicli gelu'n lassen
müssen. J)er (lotliisehe A'ergleicli muss wohl inii acht gehalten werden, welchen
obgedachter mein vetter durch alle w(^g ubern hauffen zu werften suchet, olin-
eracht ihme undr seinen Brüdern grossei' vertlieil darboy geschehen, undt w(dre
selber gerne die vorige theilung(m von anm» \(')'Ji) undr deren ergäntzung ile
anno 1651 vernichten iindi eine newe theilung nach ietzigeiii zustandt der landen
gemacht haben oder, wie er nicht verschweigen krmnen, alles allein haben undt
übrige zu abgetheilten herrn machen: die bey den .Vrbitris eingebene ])uncten
seindt allso beschaffen, das theils gantz falsch, die andere, wann sie sich allso
befinden, ihnen mehr schädlich als nützlich wercüi, wi(^ meine notamina ausweisen;
darzu er keinen buchstaben inn unnsers hauses vertragen vor si(di hatt. undt
hatt mann sich keines wegs von <lems(dben undt dem Arbitrie abbi-ingen zu
lassen.
\_Fvuansielh; Massregcln zur Wiederauf hcsserunf/ des Landes.']
Es weiset der leidige augenschein, das viel mahl durch krieg, brandt,
misswachs die arme underthanen gantz umb das ihrige kommen, das sie müssen
schulden machen, umb wieder auf zu kommen; hatt es (h^r landtherr inn
vermögen, thut er wohl, das (^r ihnen selbsten v(n-setzet, das nicht frembtc
einnisten: auf das wenigst soll er b(!y renthen undt anlagen so viel möglich
schonen, das sie sich erholen mögen : hatt ein armer liegende gütter undt keine
mittel selbe zu bawen. soll die gemeindt angehalten werden, die gütter zu
bawen, doch das das dritte theil des einkommens der gemein bleibe, vom
übrigen aber der arme wieder zu kräften k(unmen könn(\
Bey kriegszeitten ist sonderlich nöttig. das zu Verschickungen. Ver-
ehrungen undt dergleichen alle zeit geldt vorhanden seye: deswegen wann
ruhe im landt ist, ein cassa aufzurichten, etwa von ein oder zwey dausent
Kth. : dardurch kann manche beschwerung abgewandt werden : undt kann, wann
mann ruhe hatt, monatlich etwas zusammen getragen, inn der Cantzley ver-
wahrt undt zu nichts anders angewandt werden.
[Befestigwtg der einzelnen Orte.]
Beschlossene ort sollen mitt mauren, graben, thürmen undr thoren wohl
verwahrt werden; hette ich nicht die Wissbader angehalten bey frieden, die
graben wieder zu machen, weren sie bey diesem krieg, wie bey vorigem
])reiss gewesen. Es wollen aber die underthanen mirr ernst darzu angehaUen
sein, dann sie ungern dran kommen, biss sie mirt schaden gewahr werden,
wie gutt mann es mitt ihnen gemeint, da man sie darzu erinnert. Umb hiesigen
flecken'^j hatt es stattliche grältep imdr mauren gehabt, es ist aber meistes
*") Idstein.
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al.j;aij-«'ii. isr abiT lu.tri-. .so haUlr os sich rhiin lässor, alles zu lopurireu: /.u
AN-issbaden seindt zwar die -räl.cii ziniblicli gesteh,, aber es ist mirr inauren
undt thürnien sdilecht besteh : iindf /.ioheu doch die büiger verschiedeue renthen
/ii diesiMU endt. welche, wann sie iiidit l)awen. wiederuinb einzuziehen seindt.
Es ist keine V.'stung iun allen Xassaw Sarbrückischen landen diesseit Rheins,
wcre wohl eint' zu wünschen, weiss aber keine gelegenheit darzu: Walsdorf
were zwar wcdd gelegen, mangelt aber an wasser; wann dieser fehler zu ver-
bessern, wüste irh keinen ort. der leichter fest könte gemacht werden.
[JieichsfürsfeusliDnl r/r.< Handies Nassau.']
Es iiart Kayser ('arolus (|uartns weilandt Graf Johannen zu Nassaw
herrn zu Mehrenbeig inn ann«» KUiC) iiin Fürstenstandt erhoben: dasselb ist von
den nachkc.nunen etwas negligirt. ab.-r für fünf'") Jahren die restitution gesucht
worden, stehet noch am Kayserlicheu huf ahnerortert, wiewohl der Reichs-
hofraht für uns gesprochen. Dieses ist zu treiben uiidt nidir now zu suchen;
dann es ein anzeigen were, das es unns adimivr worden, welches absque
ignominia nicht geschehen kann: es ist in zweyen responsis. das es uns mitt
recht gebühre undt nicht genommen werden könne. weitläufFig ausgeführt, undt
weisen die acta, was darinn gethan worden. Die päpstische Catholici fürchten
pluralitatem votorum: ich wolte nicht raliten. das mann auf vielen bestünde:
undt wann wir gleich Xassaw Catzenelnbogen nur zwey") erhalten könten.
würde es besser sein als keines. D(n- rang iun Reichs undt Creisstägen ge-
bührte uns vor vielen, so weit oben sitzen, ist aber besser darinn nach zu
"•eben undr ila mann bev Mümpelgart kommen könte. were nicht viel zu
ilisputiren.
Dritte Theil.'O
[Wert einer r/uten Hauslialiimg^
Was iun vorigen beiden theilen ausgearbeitet worden, kann schwerlich
inns werck gesetzet werden, wann nicht eine solche haushaltung angestelt wirdt,
das mann das, so zu deren eft'ectuirung gehört, auch ausrichten könne. Es
gibt Claus Narrn nachfolgen- viel, die theils aus ignorantz. theils aus bossheir
undt eigenem v(»rtheil den herrn rahtiui : verkauf dein Dorf, so krigestu gelt;
ist ein böser ralir. Zu eingang meiner regierung hatt Pissport^*) eben diesen
raht gegeben, uiul wer.- dci' llürtenberg neben beiden Rossbach weg gangen,
wann der Landtgraf redliche leutt gehabt bette: weiln aber dieselbe das darzu
erhaben gelt dem Landtgraffen veruntrewet, ist es Gott lol» verblieben, da icli
•■'") Wühl 1672. nftinals liorichtete dor nassauifiche (iesandte in Regensburg davon. Vgl.
Snh lie|»hake a. a. O. S. .'i56. l'ber frühere Versuche in Wien S. 545.
*') (iraf .Johann Ludwig von Hadiiniar war 1650 und rirnf Ludwig Heinrieh von Dilleu-
hurg 1652 in den Reichsfürstenstand erhoben.
") So:
") Philipp (it'org VDii Piessport, ( »lioranitnitmii in Suitrhiiickpn 1609— 16.")0. \'gl. Külliior,
(iosrliiphte von SanrliriicktMi, S- '516.
'.I'.t
unno KioO dus wiirck \v«^;^on iiicln (Mtnli^iri' /aliluni;- wieder icrnicrirr. Für
solchen iiiittcdii iiiiin- sicli ein licir hätten und (huickcn, wunn er c^twas landt
wog^-iht, das dardurch die oinl<uniinen g-winj'ert undt d(T hist nicht geniindort
wirdr, nndr allso ein dnrf nach (h'in andern hiiiwei;- lachet, iiiidt dai-aiif die
ämptef folgen, liiss mann endtli<li nichts Ix-liäh. Dieses kann alh's (hii'rh
wohi hanshalten verminen lileilieii. Ich lial) v<ni nieinem lierni Vattern viel
schnlden ererbet, nicht das sie /u des hauses notthurft oder un\/Am {gemacht
worden, sondern durch \ortlunIsüchti<;'k(!it der dieiier: dann erstlich ludjen si(!
die recliJinn^^iui un(Un'schri(d»en nndr inu eincMn latei'c^ bissweihni <^tli(di ta\is(!ndt
hini^-cduai lass(ui : voi's ander von den, so ihr .i;('ldt .i^crn wohl aidifinn'cn wolhni,
verehrung'on geneniinen undt dit^ vorhanchuie iniitid vertuscht undt schidden aul'-
i^ebürdot, /n ilircnn profit undt der herrschat't schinn>f undt .schaden: Jiatt mann
die pensiones zahlen sollen, haben hu) müssen geschmiret werden undt /wey per
cento Cammer recht darzu zurück lassen müssen : liatt mann dicnier, handtwerckslout
undt derg-leichen bezahlen sollen, haben sie die «|uittungen anf das totum sich
geben lassen, hingegen die helfte, auch wohl zwey dritte theil für sich be-
halten. Meiner älteren Brüder reisen haben über ein tojjncn goldts gecostet,
der baw zu Sarbrücken ist so redlich verrechnet worden, das der Cammer-
schreiber meinen herrn Vattern l)eredt, das w die r(H'lmungen verbrant, darndtt
nicht iemandt den betrug einmahl find(!n möge; luitt dahero ein herr ursach
die rechnungen fleissig undt jährlich abzuhören, die beylagen zu examiniieu,
ob sie richtig oder nicht, die qnittungen fleissig zu erforschen, ob sie richtig
oder nicht, zu dem (mdt die, so sie geben, zu redt zu setzen, o1) es ihre
liandt, ob sie nicht mehr (piittirt als sie empfangen, undt wie sie darzu \ er-
anlasset worden. Die nudmungen s(nndt nach uhüiku- (Jammer ordming, so
hernach beschrieben stehet, abzuhören undt selbe ordnuug, als welche ich aus
diM- erfahrung zusammen getragen, wold in atdit zu nemmeu.
[HofhaUiDhj.]
Fürs ander nmss ein herr seinen staat allso anstellen, das er nicht höher
fliegt als seine federn zulassen. Erstlich seinen hofstaat allso richten, das er
seinem standt gemäss seye. Mein inn Gott ruhender herr Yatter hatt einen
über Fürstlichen staat geführt ans lauter güttigkeit, weibi er niemandt gerne
eine fehlbitt thuu lassen; hatt vicd unordtnung undt ohnnöttige costen ver-
m-sachet; undt da mein herr Yatter, als er allein Ottweiler undt Hondiurg
gehabt undt einen staat geführt, dessen sich ein fürst nicht schämen dörfen.
geldt genug gehabt, allso das sich nach seinem todt inn seiner (Jammer zu
bttweiler etlich tausendt gülden inn einem kästen gefunden, darvon er nichts
mehr gewust; dann dazumahl sähe er auf (bis seinige; hernach da er dw lande
alle zusammen geerbt undt Friedrich Scheffern'O zum Cammerschreibern be-
kommen, da ist alles dahin gespielet worden, wie man schulden macheu möchte:
undt hatt mann, wann gast in haus gewesen, vorgeben, das bey so vielen
lauten ahnm()glich küchen, speiclier undt keller rechnungen zu thun: mann hatt
■•*) Frioilricli Scliät'er.
100
jährlich übiT daust-nt stück wilKirin-et gofaui^en. hutr so viel getluiii als ^ve^e]^
es meiseu gewesen : alle höf seiiult voll viehe gewesen undt noch jährlich grosse
anzahl darzii gekauft worden, hatt wenig vortheil gebracht. Es seindt etzlich
hundert stück Schweitzer viehe da gewesen, mann hatt viel Centner butter
kautf'en müssen: etzlich hundert fuder wein eigen gewächs undt zehenden
haben müssen nichts sein, sondern es si'indt wein mitt grosser anzahl gekauft
worden; manu wirdt von vielen dausenten schaffen wenig nutzen inn rechnuugeu
finden; ja die stattlich«' h«">ff dies undt jenseits Rheins haben der herrschaft
müssen schädlich sein undt selbige noili zu bussen müssen.
Verrechnete diener seindt angenommen worden ohne instruction, bestallung
undt pHichten; <lann hatt mann dm-cli das w<trt: zur kellcrey. Rentmeisterey
undr dergleichen gehi»rig. sechtzig oder meher mahl mehr zugeeigent als
sonsten die bestalliins sein scdlen. Auf solche weiss kann ein reicher herr arm
werden; imdt gehen «buh die diener. so solche untrew brauchen, selbstcn oder
doch die Kinder zu grundt. wie der augenschein weiset. Diesem vorzukommen,
muss mann sidi strecken nach der decken undt seinen staat allso regaliren,
das er nicht über das Vermögen geht; bei jetzigem Grafenstandt hatt jnaun
gnug neben einem Ober Amptmann mitt einem Raht undt einem Secretario,
auch einem Registratore undt einem oder zwey Schreiber. Icli liab zwar wegen
Direction inn gemeinen sachen uiidr vieler rechtfertigungen mehr halten müssen;
wann aber stdbige cessiren. kaiin es reducirt werden. Bey der hofhaltung*")
neben einem hofmeister undt Stallmeister (unen Cammerdiener, etwa einen
)»a<!:en undt zween lacqueien. So lang der herr ahnverheurathet, darf er neben
nüttigen reitpferden aufs hTtchst nur eine Kutsch 'j [halten]. Einen tüchtigen
Cammcrschreibcr muss er haben, kann er auch wohl die kellcrey durch selbigen
versehen, einen landtbereiter wegen disr frohn ; auf den ämptern ist ietzo
uiemandt überflüssig(!s. Würde der Fürstenstandt «»rnewert. were aufs höchst
ein Cammerjuncker, ein Truckses vom adel. ein Pagi^ undt noch ein oder zwey
lac«|ueyen zuzusetzen: dann der Fürstenstandt bestehet nicht inn unnötigen
dienern undt kann mann bev ankunft "frembter herrschaft allezeit von den
leben leutten haben.
[Vrrbesseri/ug der Benten. Domänenverpachtung. Holz- Verkauf.']
Man hüttet sich billig für schulden machen: dann nichts verdi'iesslicheres
als das nachlautfen. process undt d(>rgleichen, die daraus entspringen: solchem
vorzukommen muss mann «'rstlidi. wie obgedacht. die Cammerordnung inn
fleissigor obadir haben undt die renthen fieissig inn acht nemmen. vors ander
auf Verbesserung d<!r renthen dencken, vors dritte gutte Ordnung bey hof halten,
das nichts unnützlich verschwendet werde. Die Verbesserung der renthen kann
geschehen. Erstlich wann mann die heimbgefallene gütter umb gewissen pfacht
erliliili vr-rleihef. da niaiiii nicht daran gebunden, das sie, wie vorige verstorbene
sie ijesessen. verbsyhe, sondern sehen, wie viel mann sie höher bringen könne.
*^) Cnilcutlicli.
'"*) llintor „Kutsch'' ist «iiif Liickf
101
Es thun dio Diener l)is>.\vcilrji, ;ils dl» sie niclit liölier zu hiin^cn. sct/.cii
hofleut darauf, die ihnen violi halten, dar^e^en wenif? I)awcn: und liatt allso
der diener nielu* davon als dei- licir darauf /u sehen: /um anderen wann mann
das g-ehültz recht hrauehet: es ist in dei' h()lu' viel holtz. das vcn-dirht, undt kann
durch tiössen naher Maynt/. nder liinck^aw »•ebracht werden, darbey iiin aclir
zu nemnieu, das mann die s])esen nicht anwende, mann habe dann erst einen
gewissen accord wegen des preisen gemacht ; dann die Mayntzische das holtz
gerne vergebens hätten, wie ich ttrfahren: darn(d)en kann n)ann auf schneidt-
mühlen büclien brettcn- schneiden, wc^lciu; wohl an mann zu bi-ingen seindt, ist
sonsten die liöhe Ordnung wohl in gang zu erhalten undt zu handthaben: dann
die förster fahrlässig undt vortlieilsüclitig.
[Michelhaclier EifienhiUte.^^
Zum dritten hab ich bev Michelbach eini; eisehürte an;;ericlu ; diescdbo
ist wohl inn acht zu nemmen, sie kann ein merckliches eintragen, wann sie
recht getrieben wirdt, kann auch mercklich verbessert werden, wann mann drat
ziehen, allerhandt waffenschmidt darauf hält: kann auch oberhalb Michelbachcr
niühl einen kleinern liainmer erbawet, darauf auch hufeisen. platten undt pfannen
gemacht werden; undt muss wohl bey den hütten rechnuugcn inn acht genommen
werden, das die Güss gewogen undt was eine geben könne an geschmittem
eisen erforschet wirdt; der eisenstein ist sehr reich undt gutt, gehet wenig ab;
es mangelt zwar bissweilen an wasser, kann aber durch schleussen inn der alir
verbessert werden, wie auch da mann die bach, so durch Michelbacli fieusst,
niitt einem Damm versiehet, da man viel wasser gewinnen kann; holtz wirdt
inann nunmeher aus der höhe nemmen müssen, selbiges zu kohlen brennen undt
durch den Weher grundt biss Sterckenraht führen lassen, da dann selbige
durch die hütten- oder gemietete fuhren, fort undt die ledige wagen zurück
gebracht werden können.
[Bergwerke. Mudershäuser Marmorhruch.^
Bergwerck, wann sie gerahten, können au('ii nutzen bringen, ist aber ge-
fährlich, undt muss mann sich für sehen, das mann nicht mehr inn die berge
werfe, als mann wieder heraus bringen kann: es hatt einsmahls ein Fürst
viertzig Dausent Rth. inn ein borg geworfen undt viertausendt herausbracht,
hatt allso den zehnden seiner auslag wiedei' bekommen. AVann mann mitt-
gewercke haben kann, die den hazard mitt lauffen, ist es desto leichter undt
hatt mann den zehend(Mi vor aus; was numn nicht sucliet, findet mann selten,
darumb kann ein luu'r wohl besser ein paJir hundert lith., an wagen, als es
gar unversucht liegen lassen, aber sich die hofnung nicht zu weit verleitten lassen.
Der Mudersliauser marmelbruch ist bekandt. derselbe hart mir noch nichts
eingetragen, weiln ich ihne zum kircheubaw*') angewendet undt für mich ge-
braucht. Es können aber auf den schneidtmühlen künftig platten, thürgestell.
camin undt dergleichen mitt vortheil geschnitten undt den Kluün hinunder ge-
führt, auch wohl mitt Unniburgern. Tjn1)eckern. j'i-emeiii undt dergleiciien kauf-
'') Vgl. Cuntz. Dil! Kirche zu Idstein, .S. 4,
1 l'»l^
leutreu iuu die Ost :!>ei' gobraclir worilm. «las mauu kiintrig- uutzeii daraus
hüben kann.
[Viehzucht.']
Viehe zutht kanu iiiauu auch mitr uut/.eu austeilen; bey dorn Wissbader
uudt GasenbacJUT huf kanu uuiuu Nvt.hl au die lumdert undt zelu^u stück uielck
viehe halten: zu Weh.-n hal» i<li bishen» die mutterkälber gehalten, zu Buvii-
selnvalbaeli die juuire Oehsen: es kann aber der "svieswachs, wie hernach
t"(dgef. vernu'hrr undt allsu uudir viehe geluilteu werden. Schaf vielie kann
uiaun aueii au allen denen orten halten, dir wolle jährlieli zu luitzen bringen.
die lämuier uudt häiuuiel. die überHüssig seindt. zu geldt uiadicn.
Schweinen viehe undt Federviehe kann mann allororteu zui' hofhaltung
undt den uberHus zu verkaufen ziehen. Ich luib hiebevor verschieden mahl
im Frühling, Sommer umlt Herbst Ochsen gekauft, inn die weidt gethan undt
stdchen nutzen darvon gehabt, das ich nicht allein das Kindtfleisch bey der
hofhaltung frey. sondern noch einen gutten überschus an gcldt geliabt, ist ein
starcker Wucher, ohne süude; ist wold inn acht zu ncnumen, wann die erste, da
das stück etwa zwölf biss aufs höchste fünfzehen Kth. gecostet, von anfang der
weidt biss auf Joliauniss inn doY weidt gegangen, seindt sie auf fünf undt
zwantzig gebracht worden: alsdann andere eingescldagen biss auf Jiartholonun.
wieder verkauft: die dritte biss Galli undt wann kraut undt rübeu gerahten.
die vierte im Stall gemästet; trägt wie obgedacht das fleisch iun die küchen,
das unnschlicht zu liechteren uudt geldt iun den beuttel
[Wieshader Hof.]
Die liöf seiudt wohl inn aclit zu ncnuncn. dci' Wissbader liof ist durch
das Schützische gutt mercklich verbessert"'*), ist ein stattlich stück, wann es
trewlicli vriwultcr wird: es können allda neben obgedachtem Rindtviehe wohl
dausent stück schafviehe gehalten werden; ich hab sie auch selbst gehabt; es
kamen eiusmahls die Wissbader Bürger undr beschwehrtcn sich, das icli soviel
schaf hielte: als idi ilmcn antwortete, es betten ja die Rentmeister auch so
viel gehalten, antworteten sie, das hätten sie ihnen zu gefallen gethan: ant-
wortete ich, sie selten es mir ja billig als ihrem herren eher zu gefallen thun :
Hessen sie es geschehen undt folgeten untrewen dienern undt dem damahligt'u
Su]K;rattendenten. so sie angestiftet, nicht mehr.
Federvieiie zu ziehen ludt es die beste gelegenhoit, wann jnanu nur trewe
leut (hirbey hatt: er*'') luitt viel wisswachs, seindt aber die Röder''") wieder inn
gang zu bringen, undt hatt kraut undt rüben zehenden zu vortheil.
[Gassenbacher Hof.']
\hu (rasenbacher hof habe ich iU(W ei'bauet undr viel güttei' darzu ge-
kauft umlt getauscht: es ist aber der klöppeis hof undt der Zischeubacher hof
•'*') (rber den liciitf iiucli so ;^ciunnitoii Schützeiiliuf vül. Otto, CJeschiohto der Stadt
NN iesliadeii, S. SH.
*''l l).!r Hof.
"") Die KödeiwicsjtMi,
io;i
Itisslicfo ;iii> iiiiin;;«'! ^n^iiidt Ih'\ di'ii l'ulirt'n lic^rii blicibcn. wrldu- küufri;;- iiiii
,i;;iijg- undt biiw geliraclir werden kriniKn: ist aueli i'iii stattlicher hof, auf
welchcüii t'ünf'ziy stück iiielckvielie midi li'oO stiudv scJiafvielie w(dil können
,1,'elialten werdeji. riidt dieweil es elien iiidii (d)erHüssi_ü;e)i wisswaclis liatt.
kann die (Ji-äfeii wiess wi(Hl(M' gesaiibtut iiiidt l)esser Innuiiter fort^efülirt werden:
es liaben sicli, wie ich Acvnelniie. (it/liche. iiachdeiii ich die ych'^-enheit he-
sielitiget. i>'elüst(!n hissen ei<;(>nes gefaUens wiesen f'iii' sich zu machen, weh'he
ahei' hilli«;- /u strafen, undr (h'r (h'r herrscliaf't «■ehüi-ii^c i^riiiidt ein/.u/.ieheii. Im
Meissel i;il)r es auch ^^idegenheit. mehreren wisswachs zu machen. Ist hisides
nalier Wissbaden. anJieru undt Wellen becjuem. uiidt da dieses an<>'(M'iehtot wero,
künte mann zu Wehen auch neben dem jung(!n viehe zwantzig oder mehr
stück mek'kviehe halten. Ist dai'bey inn acht zu nemineji. das fleissigc^ uinh
rr(>we leutt boy dem vitdu' seyen; es hatt jnir daran gemanf^elt undt liab daher
weJiig' luitzen darvon g(diabr. dariimb ich Schweitzer augenoiiiiiieii. die ein ge-
w^isses, aber zu wenig geben, kann künftig ersteigert werden.
[ W('inhcm.'\
Es liegen noch viel läudereyen an Weingärten, ackern undt wiesen noch
wüst, seindt künftig nach undt nach wieder inn baw zu bringen. Am Sommer-
berg liegen noch sechs Jiiorg(!n wüst, ist sonderlich darauf zu s(dien. das sie
wieder groht''') werden, undt das ein stück wegs der waldt darvon gehawen
werde. Zu Souneuberg seindt vierzehen morgen wüst, seindt auch wiederum!)
inn baw zu bringen: diese letztere seindt zwar gutt, tiber den Wissbadern
undt denen auf den liöfen nicht gleich, geben aber gutte speiswein, undt ist
darauf zu sehen, wann gutte Jahr kommen, das mann mitt den stattlichen weinen
zurück halte undt die geringere als die Nassawisch(> (alhvo auch mehr wüste
weingerten wiederumb zu rothen seindt): uudr wann die herrschaft Lahr
wiederumb inn i'ochten bänden, dieselbe wein, welche leicht auf dem iihein
herab gebracht wei'den können. Wir speisswein zu l)rauchen: undt da miss-
wachsende jähr kommen, kommen die stattliche wein inn lioheii preiss, da")
dann, wann mann o.'m stück verkauft, drey andere darfür (üngekauft werih-n
können, welches ein grossen vortheil bringen undt die köstliche wein sparen
kann. Mann nuiss sich nicht bereden lassen, die vornehme wein zu ver-
schleudern; es ist ein gewisser schätz im liaus. der seinen herrn lösen kann:
auf dem gaw"") undt an der bergstras, zu Lorch undt zu Frankfurth am Mayn
kann mann wolfeile W(>in kaufen zur hofhaltung. undt zu iui;-enhcim gutte wein
inns Einhorn zu Wissbaden undr auf dii- .fahi'niärkr.
[Ga^tnff.']
(iestüJit kann iiiaiin nützlich halten, wann mann auf den höfen schone
stutten zum ackerbaw hält, als a.uf dem gasenbacher hof dreyssig. zu AN issl)aden
zwölf, auf dem Nornbern'er hof zwev. zu WeluMi Aier. zu Ihu-g Schwalbach
«') Gerodet.
"'•') Hier ist i>lii .,iimiiii'' nccil.ut.
'''^) Klioinorau.
104
vioi, das jehrlicli dlv lu-Uf trächtig seyeii. bov fnedouszeitton : kann niaun iiin
der höhe s:ele":enheitt machen für die tohleiu unib die Gräfenwiess. >Yaim sie.
wie oben, verbessert undt erweittert wirdt : da dann ein herr. Avann er taugliche
bescheler hält, seine Ställe zieren, auch aus jungen pferden, wann sie zugeritten
seindt. nutzen undt geldf haben kann. I^s kann auch allso angestelt Averden,
das die underthanen hübsche Stutten inn ihren fuhren halten, der lierr aber
schöne undt gutte bescheler. da dann, waiui einer fine stutte springen lasset,
ein ducat pflegt geben zu werden: wann dif fohlen abgestossen werden, gibt
der herr zehen Rfii. darvur: wann sie ihnie gefallen, kann manch guttes pferdt
gezogen werden.
Innsgenu'iu seindt gi-usse liüf der herrscliaft nützlich, wenn sie inn acht
genommen werden. Die kleine werden besser erblich verliehen oder verkauft,
dann sie mehr zu bawen costen. als sie wehrt seindt oder nutzen können.
[Mulden.']
Es seindt sehr viel mülden abgangen, daher die fruchtrenthen sehr ge-
ringert wurden, ist darauf zu sehen, wie sie wuederumb angerichtet werden
kiinnen. welches an den herrschaftlichen eigenen niühlcn zu thuu. undt jährlich
etwas wieder angebawet werden kann: wo andere }>facht baar abgangen, ist
inn acht zu nenimen. ob sie der leut eigen oder erblich oder sonsten auf ge-
wisse jähr verliehen: seindt sie der leut eigen oder erblich verliehen, seindt
dieselbe zu erinnern, das sie selbe bawen : inn verpleibung seindt die pfächt von
ihnen zu fordern oder wann sie sie nicht bawen können oder wollen, dahin
anzuhalten, das sie sie anderen überlassen, die den pfacht entrichten, undt
kaim denen, die sie erbawen wollen, der jifacht auf etzliche zeitt erlassen,
herntich etwas geringert werden, biss es wiederumb auf den rechten pfacht
gebracht werden kann. Ich kam einsmahls naher Laher, da wardt von den
beampten undt geistlichen grosse clag gefülirt gegen den kircheu schafner. Ich
Hess seine rechnungen abliih-en undt auf die clagtcn inquiriren, befandt, das
der kirchen schafncn- die gantz verwachsene gütter, wie oben bey den mühlen
gedacht, auf etzliclie jähr den kfutten für ihre schwere arbeit vergebens ver-
liehen. liernacJi di(^ pfaeht jährlich gesteigert, das er höher kommen, als er
iemahln gewesen ; strafte ihn derowegen mitt einem hübschen platz zum garten,
welchen ihm der Marggraf ohnbillig genommen, ist aber seinen erben, wann
die herrscliaft inn unsern banden ist, zu restituiren.
[Brennhoh.]
Die gütter l)ey (iasenl)ach seindt eitel bäume undt hecken gewesen, Avar
bey den dienern ohnmöglicli sie. zu recht zu briugeji; ich aber Hesse die, so
mir Iteruhoitz machtcm, dieselbe ausstocken, hatte das andere Jahr fruchten
alldar undt brauchte das holt/, zur hofhaltung; ist aHes unmöglich, das mann
nicht angrcjift. welches auch an an<lren ortteji zu rliun.
Es gehet aMhicr ein gross brenuholtz auf. so wojil bey hof als den bc-
<li<!nten: auf das es abei- desto Icicbrei' bev zu bringen s(>ve. wann die under-
tlianeii <lieiistgeldt gc-beii. kann mann an den Jungen undr biss an den Trompeter
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uiidr (rräfVmwioHs lidlt/. uiitcJicji. »iurrii (!i;^cii<' führen l»fy »lif L'iU'clu^iiliaiK.'r
h-M-h hriiigen, liernucli durch dcu gnibon, so ich von (h-r llncchcnlmncr buch
anhoro luiichon lasse, biss bey das hiius «^cHüsst werden: den dieneren nuiss
ied(!ni ein »-cwisses an holtz "eniaolit werden, das die und«!rthanen nicht be-
schwehrt uudt das holt/, niclit zu viel verüst werdt.
[WaidicerJc.']
Ik'v ihn- hof'lialtung niuss mann ehrlich tractameut haben, sond(!rUcli wann
frembte herrschaft aukü)nmcn; dann zu viel iiaushälterisch leben, gibt endtlicli
einen geitz; uudt Verachtung: nuiun niuss sich aber für unnützem verschwc^nden
hütten, welclios schulden verursachet. Dieses landt ist allse von Gott gesegnet,
das, wann mann recht haushält, mann alles gnug zur hofhaltung haben kann, was
mann wünschen mag ! Es ist oben von fruchten, wein, viehezucht und dergleichen
geredt worden, ist das gröste stück boy der hofhaltung : es kann aber an Heisch
viel erspart werden, sonderlich bey dem gesindt, wann mann boy rechter zeit
fastenspeisen einkauft undt das weidtwerck undt fischereyen wohl anstcdlet. icli
liab nach meinem exilio nicht einen mann bis dato haben können, der bey dem
kleineu weidtwerck flcnssig undt trew gewesen were: da ich zuvor fünf'zehen
hundert biss zwei tauscnt feldthüuer auf der Cammer gehabt, hab ich nicht zwey
hundert. Kann mann junge lout haben, die das kleine weidtwerck lernen,
thut es einen grossen vortheil undt zierdt bey der tafl'el uudt ist der costen
wohl daran zu wenden, das mann sie an orten lernen lasse, da es rechtschaffene
weidtleut gibt: liier zu landt gibt es keine als zu hüner undt aufs höchste
schneppen fangen; sie müssen aber auch lerchen, hncke, krametsvögel undt
dergleichen, auch vögel mitt den globen"*) fangen können, sonsten seindt sie
keine rechte Vogelfänger ; mann kann nicht allein feldthüuer, sondern Aur- undt
birckhanen. haselhüner. schnepfen, wachtein, krametsvögel, lerchen undt mitt
dem globen allerhandt vögel haben, auf dem Jlhein wilde endten mit schiessen
undt endten fängeru. Hochwiltpret kann manu zur notthurft, Rehe undt hasen
inn menge, wann es recht gehegt wirdt. haben, da dann auf die hirten. auch
hauern fleissig acht zu geben, da sie mitt ihren hunden nicht das junge wildt-
pn^t undt hasen wegfangen. Mann kann auch nacli undt nach wildt tücher
undt garn zu wegen bringen, darvon numn nicht allein nutzen, sondern auch
histen haben kann; federleinen undt läppen seindt nützlich undt auch zum
kisten dienlich, mann muss aber die Jäger aufwecken, das sie sich nicht auf
die faule seitteu legen, sondern die leithundt bey zeitten abrichten undt fleissig
üben; mann nrass auch auf Adeler undt ander(> raubvögel fieiss sie zu tilgen
anwenden, dann sie thun grossen schaden.
[Fischereien.'}
Frisches hschwerk muss mann auch haben: (hirumb reich unch behälter
erhalten undt die abgangene zu repariren; es hatt diss landt an Forellen undt
krebsen den uberfluss, so wohl inn bächen als inu wevern zu Walrabenstein
'^*) Klobe = gespaltener Stock zum Vugeltnnjjeu. Siehe Kehre in, Vülk,ssi»rHchu.
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und ( f a^tMiliach ; umlr kauji t-iii M-hr.ncr wi'u-r auf dvv Unt'fhonliiiner badi ge-
macht wfrdeu. so sich selbsteu speiset. ^Van «lie reich inn acht genommen
wenlen. kann luaiin an hecliten und carijeu iiodi verkauften: die weyer zu
Adtdfseck. weht-n. Wissbadeu undr der graben allhier seindt gnug zu diesem
allem. E> kann zwischen der Sjiiral undr armen rulier mühl mitt leichten
ciisten fin <ch(»uer weyer gemacht werden, dieser ietzige krieg liarr luicli daran
verhindert: wann dii' reich rechr inn aciit genommen werden, kann juann alle jähr
zween fischen. Ich hal» au hiesigem küchengarten denn graben undt behälter
machen lassen, kiinucn darein liecht undt carpen zu täglichem gebrauch auf-
gehalten wenlen : können iu»ch mehr inn schlossgrabeu undt für dem lustgarten
iremacht werden, da^ mann allerlev fisch darein halten kann, ich hab die
stoltze wiesh vollendt gebrauchen wtdlen. einen grossen garten von achthundert
schurh lang undt breit daraus zu machen, da dann ein grosses bassin inn die
mitte undt an statt erden zu lusststücken wasser kann gebracht werden, hab
aber wegen anderer gebäw undt uucosteu auf reisen undt Verschickungen nicht
darzu irelanjren können ; es y;ebe einen nützlichen lusten mitt eascaden undr
anderem wasserwerck. undt könte mann den nutzen von tischen undt gewachsen
darbey haben. Undt dieweil die Kesslerin undt andere wiesen undr kleine
ländereyen haben. s(i darinn kommen müsten. weren selbe durch kauf oder
tausch daraus zu bringen, müste durch machung eines w'assergrabens gleich
gemacht werden, welcher etlicli mahl durchschnitten, desto mehr gefach zu
tischen geben würde; wann die weiher recht inn acht genommen werden, kann
man alle niess durch die tisch die messwahren bezahlen. Fischereveu im Rhein
undt der Schiersteiner loch können also angestelt werden, das mann wöchentlich
cinmahl darein fische. Avas iiichr zur Hofhaltung zu bringen, verkauft werde.
p]issbrüch seindt auch nützlich, uiidt können die Biebricher undt Schiersteiner
umb das dritte theil oder die helft mir Schaffung der garne selbiges verrichten :
wann mann eissbrüch hatt, kann die bach inn meiner Kinder garten geschwelt
undt die fisch darinn aufgehalten werden.
[T hier fj arten.']
'Filier gärten seindt auch nützlich, müssen aber ohne der underthanen
schallen gemacht werden, der Frawen waldt, mittel undt sangerberg, wie aucii
Meissel könnten darzu gebrau(dit werden, wann die uuechenhaner undt Eschen-
haner an andere orth. als den Lirbacher undt Seibacher grundt köuten trans-
ferirt wcsrden : ist ein grosser bezirck, undr könte etwas von der höhe darzu
gezogen undt die Vdhlen. wie (»bgedacht. darbey gethau werden, doch das
selbe sonderlich inn der Hirschbrunst abgescheiden weren: können auch sprüng
gemacht werden, das frembr wildpret darein, aber nicht daraus kommen können:
darmit aber IjUX undr widf hinein kommen, aber nicht hinauskommen können,
scha(h'n zu rhun. seindt an die sj)rung. darein sie fallen, zu beiden seiften
uiaureji oder hohe paiissaden zu machen, die sich zu spitzen, das sie endtlich
iii<;ht juelii' /iirüek kommen können. \v(ül maim einen iiattfU' liinder ihnen zu
rJuin kann: kann alsdann da> wihltjirer. wann mann will, hinein gelassen, JjUX,
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wölf iimlr (lerg'loiclicii hIuh' imilic gctil;;<'t worden; wolfsf^ürten srindi muli
ilarzu luitzlicli iindr kann das S(di\vart/wildpret gciköret undr allso gefang-en
Avcrden.
[Älcssirarcii.']
Wiini) Mcsswaron oinzukauttViii, isr dahin /.n sehen, (his mann tüelitige
waren einkauffe, entweder bey den f'renibteu oder doch nielit vuii denen kräniern.
SU OS von selbigen erkauften, undr heriiaeli unib d(i[)j)olt geldt verkauft'en; ist
es an specoreyen, kann mann es, was centner widss verkauft wirdt (dann den
f'renibton ist es nicht anders erlaubt), am besten bey den ^'iederländern; ist es
t'asts])ois, dergleiclien; tiiclior zu livreen bey den Hamburgern, da maim gutto
wahren bokt)mbt; kann aber nur jnitt gantzon stücken bekommen W(irden, daiaii
ni(dits gelogen; dann ob man etwas über die notthurft kauft, hatt mann es ein
ander mahl zum bessern, undt liatt manu dahin zu sehen, <his gutte wahr
gekauft werde; dann wann mann schlechte wahr kauft, hatt mann den vortheil.
das mann zwoy livreen des Jahres geben muss ; es thun zwar die diener
hissweilen, auf das sie sie thewer inn liochuung bringen können, wann sie sie
wohlfeil eingekauft haben. Für grossen Kleider pracht ist schon oben gedacht
worden, das mann sich zu hütten hatt, dergleichen ist auch mitt livreen, undr
können dieselbe ehrlich undt zierlich gemacht werden, wann sie schon nicht
übrig köstlich seindt.
\_Sc/iii/(lc/itil(j/(iiy.^
Mann liatt dahin zu sehen, das die diener jährlich bezahlt werden ; dann
es sonsten baldt aufschwillot, undt dieweil der wein nicht alle jähr geräht, luitr
mann sich zu boHeissen, wie oben gedacht, das mann die köstliche wein spar»^
undt lieber andere kaufte oder den dienern goldt darfür gebe. Wann ein herr
schulden ererbt oder durch unglückselige zeitten deren zu machen gezwungen
wirdt, hatt er nicht zu ruhen, biss sie getilget seindt, das dann geschehen kann,
wann manu allso haushält, das mann geldt, frücht undt wein im vorraht hat:
wie solches zu wegen zu bringen, ist schon oben geflacht; fürs ander eine
Zeitlang den hofstatt ringert, Avelches nicht so schim})ftich als wann ihme
Mandata immissorialia eingehändigt werden; zum dritten etwann mitr wein,
fruchten od(!r vi ehe undt anderen eine solche ])artirung treibet, das er geldt
inn liänd(!n bokombt, den numgel der R(Mithen zu ersetzen: zum vierten, das
er auf doA\ nolitfall di<^ undertlianen zu liili' nimbt: dann so lang es verpleiben
kann, soll mann andere mittel gebrauchen undt dahin sehen, das die under-
thancn bev cräften bleiben.
[Buh und haH-Unterhaltuntj.']
u' zu conservirung oder veib(
zu newen iu»tti""en ddci' iiützlielirn bawcii luiei' zu zieraht ixlei" lustcn «xlcr zu
Bawen ist entweder zu conservirung oder veibesserung der gebäw oder
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sicherlifir. Die biiw. xi uiirrig iindr nürzlicli albereits gebawet seindr. muss
mann i'rlialten: dann \vann sie nicht iun tacli und fach gehalten werden, hatt
mann den vortheil. this. was mann manches mahl niitt einem litli. hette erhalten
können, hernacli wann es verwarhiset ist, mitt hunderten muss wieder gebawet
werden: undr muss mann die Diener, so sie verwahrloset, anhalten, das sie sie
auf ihnen costen repariren. Es können auili die nöttige gebäw verbessert
wenU'n. wann mann anstatt des gehöltzes selbige mitt mauren underziehet.
Die Wiesbadener Landstrassen im
18. und 19. Jahrhundert.
Ydii
C. Spielmann.
Mit 1 Karte.
Nicht nur in der Umgegend von Wiesbaden, nicht nur in Nassau aUein.
sondern wold allenthalben im Reiche wird man die Erfahrung viclfacii gemacht
haben, dass früher die alten Ileerstrassen zum Tcül, die übrigen Landstrassen
ebenfalls mehr oder minder andere Richtungen eingeschlagen haben. Und zwar
sind die Änderungen der Richtung allermeist in dc^r jüngsten Zeil, im Tjaufe
dieses Jahrhunderts vorgenommen worden, dabei oft so gründlich, dass mau
den Lauf früherer Strassen kaum wiedererkennt. Der Grund weshalb diese
Änderungen erfolgten, ist in zweierlei zu suchen. Erstlich fand durch den
Regensburger Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803 eine Vereinfachung
der deutschen J.andkarte statt: eine Menge kleiner Territorien verschwand und
half anderem vergrüssern; letztere wurd(m dadurch zugleich kompakter. Infolge-
dessen wurde auch der Verkehr innerhalb der Grenzen der also erweiterten
Ijandgebiete freier, der Anschluss der einzelnen Strassen besser, die Durch-
führung in einer Strecke leichter; es Hess sich ferner zwischen mehreren grösseren
Staaten leichter ein Abkommen treffen, (une Heerstrasse auf weite Entfernung
hin anzulegen. Hieraus ergal) sich dann zum anderen schon von selbst diese
oder jene Änderung der Richtung alter Strassenzüge: ausserdem alier nahm
man jetzt bereits etwas darauf Bedacht, die neuen A^erkehrsstrassen nicht wie
früher geradeaus, ohne Rücksicht auf ßodensteigung, durdi dick und dünn
bergauf und bergab zu führen. Man kam überhaui)t von der Praxis ab. die
Wege über die Höhen zu leiten und benutzte Rasse und Thäler. um namentlich
den Lastfuhrwerken die Reise zu erleichtern.
Übrigens war schon in den Zeiten des aufgeklärten Despotismus nianche.s
zur Verbesserung der bestehenden Strassen und zur Erleichterung des Verkehrs
geschehen. Aber der Grundsatz der ]{öhenführung der Heerstrassen blieb be-
stehen; man haftete daran mit einer Zähigkeit, die erstaunlich ist. wenn luau
110
l.eiibachr.T. wir amloiM-it- mit s.. vielem «lureli die rberliefcruiii-- Uelieiligteii
kurzer Prozess gemachr wurde.
Die YeränderuuiC nauieurlicli tler ülier das Höhei,'ebirge zur Stadt Wies-
liaden tulireuden Strassen wird l)es(tnders deutlieh erkoindjar. wenn wir die im
Stadtarehiv zu Wiesbaden l)eündlielie alte (Temarkungskarte vou 1701 mir
neueren Karren vergleielten. .b'iie Karte stammt aus einer Zeit, da der Fürst
Georg August von Nassau- Idstein, einer der Vorläufer des aufgeklärten Despo-
tismus, noch nicht begonnen hatte. «hMii Strassenbau in seinem (rebiete be-
sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ks sind also lüer noch die ältesten
Strassenzüge eingezeichnet: selbstverstäudlieJi sind die Ziele der Ileer- und
Landstrassen dieselben wiv in der Folgezeit, t'bei' die Veränderungen geben
uns die ChaussecOiauakteu des Archivs entsj)rccliendeu Aufschluss. Betrachten
wir imn di»' alten nach AVit'sbaden zi(^henden Strassen und die Veränderungen,
die Nie seit etwa zweihundert Jahren eifuhren. näher.
1. Die Xenhufer Strasse oder Platter Chaussee. Sie ist eine
uralte lleerstrasse gewesen, von den Römern angelegt und vielleicht von diesen,
wenn uidit. dann gewiss zur Frankenzeit vom Zugmantel, wo dei' Limes sie
«[lun-te. iÜM'r die Uünerkirche und ülier Kirberg nacji Limburg weitergeführt
worden.
Nach K. 1701') lief sie aus dem Jleidenthore an der Kircldu)fgasse, die
heutitre Kirclihofffasse und Adlerstrasse aufwärts, dann in der Richtung der Kastell-
Strasse weiter, bis sie oberhalb des Städtischen Krankenhauses die Linie der
heufiiren Platter Strasse aufnahm und beibehielt.
Anno 1714 fand hier eine Veränderung statt. Fürst Georg August, der
einsehen mochte, dass die Einmündung der Landstrassc in das enge Heidenthor
(auch die Weh(en)er Pforte genannt) zu jäh und daher zu unbequem Avar, dass
aucli nicht die rechte Verkehrsader der Stadt damit getroffen wurde, verlegte
die Richtung der Strasse nach dem Stumpfen Thore hin. Er nötigte die "Wies-
badener Rürger. dieses Thor zu einem Fahrthore umzubauen, was die Stadt noch
dazu auf ihre Kosreii tlum inusste. Ferner wurde es notwendig, den vor dem
Thore sich eriiebenden Hügel, der damals noch bis zur lieutigen Eniser Strasse
in derselben H("ihe, wie wir sie am Krankenhause bemerken, vorgerückt war.
zu durchschneiden. Das Stumpfe Thor stand am Hause Michelsberg Nr. 15:
es entstand also ein gerades Stück Strasse (heute verlängerter Michelsberg bis
zur Schwalljaclier Strasse) und dann ein gewundener IFohhveg (Schwalbacher
Strasse und Platttu" Strasse bis zum freien Platze vor der Kastellschule). Auf
<ler Spitze des Grundstücks Emser Sti-asse Nr. 1 (Stallforth, früher Stamm)
und g(!genüber, auf der heutigen Schwalbacher Strasse in Verbindung mit dem
Schulbergc^ (;rhoben sich zwei hohe ,,Bü('kel" (Hügel), zwischen denen die Strasse
sich hindurchwand. Sie war bis auf die Hö]u> liinter dem Krankenhause ge-
jtflastert, doch niclit chausseemässig angelegt.
Diese Anlage fand erst 177() statt. Der Fürst Karl Wilhelm von Nassau-
L'singen, ein grosser Jagdliebhaber, erbaute in diesem Jahre auf der Platte ein
') Dio Alikiirzuiiir bcdoiitct i. f.: Iviirtr von iToi im Wicslmdeiier Ötddliiifliiv.
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„Jägorliaiis". an dc^sscii Stelle lS2;V/iU dincli ILcr/u^' W ilhcliii ilas heiui.nj
.ragflschloss trat. Fürst Karl AVillielm eiiitinetc» clor IJürjioi-seliaft zu Wioshadffii,
(lasH er vorhaben die alte I Iccrstrasse über XcMiliof und die I liiii(M'kircli(^ in ihrei-
f<anz(Mi Ausdehnung- ebausscemässi^ lierri(diten zu lassen. Mr wolle in Anbetrarht
dei- nalimn<>'sl()sen Zeiten und einn'ei'isseiien ( i<ddnniJifi-<ds die Stadt nüt lie-
sondcrcMii Ueitrafje vcirscilnmen. auch die i)eue (']uiuss(u? l)is auf die Haui»t-
roparaturcn „oline ri-acjudiz'' nntorhalton. Doch seicMi di(! Hiirf|;er gelulltem,
ihren Anttdl liis zur (Irenzo des Stadtbanns inunentlich inb(.'zu<i; auf das PHastor
zu (M'neueiii. Ms wuide ihnen anlieinig(!st(dlr. uli sie den Ausbau selbst ver-
nehmen oder ihn gegen /ahlung ven ."iOO Gulden der llerrsiduift ülxirti'agcui
wollton. Si(^ (intschlossen sicli zu erstoreni. nahmen alsn (Um IJau selbst in di«^
lland und zogcm dazu auch dic^ IJef'roiten, d. h. di«- Aihiligeu und steuerfreien
.Ilofb(!ständer. zur Arbeitsleistung (l><'ifuhri heran, was fr(nli<di anfänglirh einen
kleimm Jvam]»f kostete.
Die Firncuierung der Strasse bestand darin, dass „die; J bilde aj»]»laniert,
die zwei vorragenden Hüek(d abg(Mvnrfen, der (Irund und Boden in den Graben
links g(d)raclir. dii^ser ausgefidlt, das alte Pflaster liegen gelassen und das ne:ue
daraufgesotzt wurde.''' Der fürstliche Wegebauführe)' gab dabei genau acdit,
dass alles richtig ausgeführt wurde, und als die Wiesbadener nicht sachgeniäss
genug verfuhren, erschien ein D(dvret des Fürsten, „dass in der Hohle bei der
Bestückung die Steine Imch zu stellen und einen halben Schuh hoch mit zer-
schlagenen kleinen Steinen zu überschütten, die Ufer nicht zu steil anzulegen,
vielmehr schief zu beschürf(ui, oder besser noch mit einer flauer zu unter-
fangen! seien." Auf Vorstellung der Biirger sah Juan von einer 3[auerauft'tihrung
als zu kostspi(dig ab; es dauerte drei Jahre, bis die Strasse bis oberhalb des
..Wulkenbruch'" (vor dem neuen Friedhof i;) fertig war. Doch wurden bald darauf
und auch in der Folgezeit anhaltend über den schlechten Zustand der Strasse,
luimentlich beim Wolkenbruch, geklagt. Der weitere Strassenzug ist bis zur
Platte bis heute derselbe geblieben. Kurz vor dei' Platte zweigte ein Weg-
direkt nördlich ühvr die Rentmauer, den Herzogsweg (s. w. u. ) kreuzend.
nach Wehen ab. dei' bis in die neueste Zeit noch viel lienutzt ward.
2. Die S c h w a 1 b a c h e r Strasse. Auf K. 1 701 zwengt diese Strasse
von der Neuhofer Strasse ab und zwar auf der Höhe gegenüber dem heutigen
älteren Friedhofe an der Platter Strasse. Sie lief über den Atzelberg und kajn
vor der Walkmühlen begrünter, durchschnittt das Thal des Deudelbachs (Kessel-
bachs), zog quer durch den Wald, am Pulverhause vorbei, über den (rlasberg
zwischen diesem und der 1 700 erbauien Klostermühle hinunter nach Clarenthal
und an dieser Niederlassung vorüber, bis sie die heutige Lahnstrassc erreicht(\
Dann behielt sie deren Lauf bei. steil aufwärts bis zum riiausseehaus und
weiter um die Hohe Wurzel herum über den Klapperstock und die Sehauze
nach Langenschwalbach.
Die'^Richtung der Strasse über den Atzelberg ist auf einer andern Karte*
aus dem Jahre li<20 noch durch einen Feldweg angedeutet; sie lässt sich heute-
nicht mehr verfolgen, ebonse^wenig wie den- Zug über den Glaskojd" und Claren-
thal nach der Lahnstrasse.
112
Dil' Vorloguug der Münilunj; der Neuhofor Strasse in das Stumpfe Thor
im Jahre 1714 hatte auch eine Änderung der SchAvalbaehcr Strasse zur Folge.
Man zog einen geraden AVeg vom Stumpfen Thore aus ,,durch das Baumstück,
dem Sturmenliof gehörig, am Leimen (Lehmgrube;", die lieutige Emserstrasse.
Hierbei ist zu beac-htt-n. «liss die Stadtmauer au der Rückseite der Ilochstätte
herlief und aUes Terrain wesrlicli davon aus Cfärten und Ackerland bestand.
Ferner war der neue AVcg. der weiter die Lahnstrasse liinaus zur Klostermühh>
führte, keine Chaussee, sondern nur der besseren, direkten Verbindung halber
angelegt: die ahe von der ILdie der Phxtter Strasse hinter der Holde luieh dem
Atzelberir führende Strasse bliel» einstweilen noch bestehen.
Um ITöH wurde geplant, die S(;liwalbacher Hauptstrasso ehausseemässig
von der Hohen Wurzel übei Mosbach. Kastei nach Frankfurt zu leiten, während
sie bisher über Ciarenthal. Wiesbaden und Erbenheim nach Frankfurt gegangen
war. Als Grund dafür wurden die schlechten Wegverhältnisse auf letzterer
Richtung angegeben. Und in der Thal scheint sowohl die Strecke über Claren-
thal. wie die über Erbenheini (s. w. u.) in einem bedauernswerten Zustande
gewesen zu sein. Dazu kam der Umstand, dass der Weg beschwerlicher war
als der andere zum Ausbau vorgeschlagene. Aber die Wiesbad(^ner setzten
sich mit allen Kräften zur Wehr, damit der Verkehr nicht von ihrer Stadt
abgelenkt würde. Sie beschrieben, wie si(> grossen Mangel an Nahrung erleiden
müssten, wenn namentlich die Lastwagenführcr und Hauderer nicht mehr im
Gasthause zum Einhorn einkehren würden. Die J\[osbacher dagegen hätten die
Hinüberlenkung des Verkehrs über die alte Holzstrasse nicht so ungern ge-
sehen. Der Fürst Karl vdu iSassau-Usingen holte Gutachten der drei Ge-
meinden (ün. Der Stadtschultheiss Hoffmann zu Wiesbaden, unterstützt von
dem gesamten Stadtvorstande, legte darauf einen Flau vor. wonach der Schwal-
bacher Weg zum Stumpfen Thore hinaus bis ;in die Klostermühle, ehaussee-
mässig erbreitert. neu angelegt werden sollte. Von da sollte er nach dem
Kloster zugeführt werd(^n und von dort. ..wie er gegenwärtig ist. inu' dass unten
an dem Wald derselbe etliche Schuh weiter in die Wiesen und an das Kloster,
wn die Hohl ist. über der Hohl her durch das Feld getrieben müsstc; werden,
dann gerade durch den Wald an den Wiesen her fort bis in die Höhe in die
Schwalbacher Strasse an dem Stock" (vor dem Chausseehaus V). Der Schultheiss
von Mosl)iicli und seine Gemeinde, sprachen für die andere Strassenführung und
<lie Dotzh(^imcr schlössen sich an; doch gelang es den Wiesbadenern zu be-
weisen, dass die Holzstrasse des schlechten Bodens wegen nicht geeignet sei,
eine Hauptvcrkehrsstrasse zu werden. Man wies dann weiter darauf hin, dass
(dn Weg v<.n der Wald- oder Holzstrasse nach der Sclnvalbach-Wiesbadener
Strasse, der sogenaimte Klosterweg, als Verliindungsweg bestehe und dass von
Dotzheim zwei Wege durchs I Inllribornfeld und durchs Wiesbadener Feld nach
letzterer Stadt liefen.
Dil; Wiesbadener behielten den Sieg. Aber erst zehn Jahre später kam
der n(!ue Chaussecibau in der von dem Stadtvorstande vorgeschlagenen Weise
zur Ausführung. Anno ITO:) ixigann man mit der Erbreiterung des Weges
zunächst auf der Stieeke v«.ni Stumpfen Thore bis zur -lunkersmüJde (Ecke der
11.".
Drudcnstrasae), und dann folgte unter tcihvciser Aljünderung der ultcn Linie
der allmähliche Ausbau der heutigen Lalmstrasso übers Chausseehaus zur Hohen
Wurzel weiter. Nassau-Usiugen setzte sich damals mit Hessen-Kheinfels, zu
dessen Gebiet Langenschwalbach gehi'.rte, auseinander, und dieses baute dann
die Strecke von dort aus bis zur Schanze. Erst 1785 war die ganze Chaussee
Langeuschwalbach-Wiesbadeu vollend(!t.
Die Schanze, am jenseitigen Hange der Hohen Wurzel gelegen, bildete
die Grenze des nassauischen und hessischen Gebietes. Es waren eigentlich
zwei solcher Schanzen vorhanden, eine westlich gelegene hessische und eine
östlich "-elegeno nassauische. Sie bestanden beide aus einem von einer Mauer
und einem Erdwallo mit Graben umgebenen Gebäude, das nachher als Zoil-
station diente und stammen wohl aus dem grossen Kriege her. Das heutige
Gasthaus zur Schanze steht auf dem Terrain der hessischen Schanze; die
nassauischc, an der Abzweigung des Seitzenhahner Weges von der Chaussee
gelegen, ist abgetragen worden. Die Maut wurde hier streng geübt. Die
nassau - usingische Regierung fand es 1767 für notwendig, einzuschärfen,
dass der Privatweg unter der (uassauischeu) Schanze nach dem (hessischen)
Dorfe Wambach nicht befahren, noch von den Sauerwasserträgern benutzt
werden dürfe. Die Sauerwasserträger waren nämlich, um die Gebühren zu
umgehen, gern geneigt, den Weg, der vor der nassauischen Schanze vom
sogenannten Klapperstock nach Wambach abwärts führte, einzuschlagen, um
sich von dort nach Schwalbach zu begeben, ihre Krüge und Gefässe zu
füllen und denselben Weg, stets auf hessischem Gebiete, wieder zurück-
zuwandern.
Zu Anfang unseres Jahrhunderts wird über den schlechten Zustand der
Lahnstrasse berichtet. Auch klagte man über die gering'e Breite der Strasse;
doch wurde die beabsichtigte Erbreiterung (1830) unterlassen. Die Chaussee
war unvorteilhaft angelegt; Lastfulirwerk musste mitunter zwölf bis fünfzehn
Paar Pferde zum Vorspann nehmen. Dennoch blieb die Lahnstrasse bis vor
vierzig Jahren der einzige Hochweg nach Laugenschwalbach.
3. Der B leiden stadter Weg und die Eisenstrasse. Nach
K. 1701 führte aus dem Mainzer Thore an der Kirchgasse (Nonnenhof) westlich
am Druderbache entlang (durch die heutige Paulbrunuen- und vordere Bleich-
strasse) ein Weg, der weiterhin nordwestlich durch die Distrikte Überhoben
und Seeroben lief, auf der Hi)he der heutigen Lahnstrasse herauskam und d(.rr
die vom Atzelberg durchs Walkmühlthal heraufkommende alte Schwalbach. -r
Strasse kreuzte. Er führte dann weiter westlich um den Glasberg (heutige
Strasse zur Fasanerie), dann an der Kreuzung des von Clarenthal über den
Glasberg zum Adamsthale führenden Weges geradeaus durch den Wald zum Holz-
hackerhäuschen, auf welcher Strecke er als Promenadeweg noch zum Teil besteht.
Hier stiess er auf die Eisenstrasse.
Die Eisenstrasse ist eine sehr alte Hochstrasse, die über den Pass der
Eisernen Hand, die tiefste der drei Senken — Eiserne Hand (434 m) in der
Mitte, Klapperstock (569 m) links und Platte (501 m) rechts - des Kammes
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der Hiilu' tührti'. Ihren Xaiiu-n liat die Strasse davon, das« auf ihr die Eiseii-
industrieprudukte der Miehelbaoher Hütte im Aartliale. besonders die eisernen
liaueruüfeu. die damals aber fast ausnahmslos auch noch in den Städten ge-
braucht wurden, auf Lastwagen ins Gebier südlich der Höhe verfrachtet
wurden. Die Eisenstrasse verfolgte vom llolzhackerbäuschen den Lauf der
heutigen Aarstras>^e links (westlich) um den Bleidenstadter Kopf herum,
führte dann aljer in Biegungen bald links, bald rechts von der letzteren
zur Eisernen Hand, einem uralten Strassenknotenpunkte. auf der Passhühe
sreleiren.
Hie Eiserne Hand findet mau am leichtesten, wenn man sicji von der
Aarchaussee, da. wo an der Einfriedigung vor dem Stationsgebäude eine Schneise
die Chaussee kreuzt, nach (von Wiesbaden aus gedacht) links über diese Schneise
wendet. Nach zwei Minuten befindet man sich hier auf einer kleinen Wald-
lichtung, wo eine Anzahl (fünf) Wege radienartig einmünden, bezw. wie
die Finger einer Hand auseinandergehen, die Rheingauer Strasse (s. im folg.)
als Arm gedacht. Von Wiesbaden her kommt die alte Bleidenstadter Strasse,
heute nur mehr eine Schneise, die sich in gerader Riclitung ebenso nordwestlich
fortsetzt. Aus dem Bheingau führte hinterm Schläferskopf her die Ehein-
o-auer Strasse, von der wir noch hören werden, herauf und ebenfalls in gerader
Richtung noidöstlich weiter; sie gabelte sich bald darauf in die Strasse nach
Hahn und nach Wehen, erstere war zugleich Fortsetzung der Eisenstrasse.
Ausserdem führten links zwei Wege zur Hohen Wurzel und zur Schanze, nach
rechts einer über die zuerst erwähnte Schneise zum sogenannten Herzogsweg
und auf diesem zur Platte weiter. Der Name Eiserne Hand kommt wahr-
scheinlich von einem Stock, wie die Wegweiser im Nassauischen heissen, mit
einer eisernen Hand. d. h. mir fünf Armen, entsprechend zugleich den fünf
Fingern der Hand und den fünf einmündenden Wegen. Die Michelbacher
inögen ihn aufgestellt haben.
Das Holzhackerhäuschen ist der alte, bereits um 1750 bestehende AVohn-
sitz eines fiskalischen Holzhauermeisters, der auf dem Platze, wo die Holz-
auktionen stattfanden, auch Wirtschaft betrieb. Beim Holzhackerhäuscheu rechts
von der Eisenstrasse abzweigend, <»stlich um den Bleidenstadter Kopf herum,
im Thale des Dendelbachs (hier Kesselbachs) weiter lief der Wehe(ne)r Weg.
Da. wo er den Bach überschritt, teilte er sich. Der nachher wieder links
über den Bach führende Weg lief nordwestlieh über die Höhe nach Wehen
(in ihn iiiiinder dei vim der Eisernen ]land kommende Waldweg) und kreuzte
östlich vom Altenstein den Herzogsweg, den uralten Rennweg, der über den
Kamm des Gebirgs von der Rheingauer Strasse nördlich der Eisernen Hand
zur Platte und Neuhofer Strasse li(^f. J)or im Kesselthaie rechts aufwärts
fühlende andere Arm des Wehencn- Wegs erstieg die Rentniauei und lief auf
deren Kamm ebenfalls als Rennweg zur Platte weiter.
Der Zug der Eisenstrasse, vom Holzhackerhäuschen südwestlich, ging über
den heutigen Waldweg, von diesem zur Fasanerie, an letzterer vorüber gerade-
aus zur Lahnstrasse. di(!se kreuzend über eine heute noch bestehende Schneise
im Distrikt Kohlheck zur alten Schwalbach-Mosbacher Strasse, die heute Wald-
117)
oder Uolzstrasse heisst.^) Als dci- Fiirsr Km! 1744 d'w Fusiinerie anlogt-o,
f'ühvto er einen Weg vom alten ßleidonstadter Wege (s. o.) am Glasberge
vorbei dorthin, der heute mit einem Teile von jenem, naclidem die Strecke quer durch
den Widd zum Holzhafkci'häuschon oingeganj'en ist. (Muen geraden Zug bildet.
4. iJ i e J) o t /. h. I' i 111 (' r Strasse. jSach i\. 1701 ging vom Mainzer
Thore an der Kirchgas.se noch ein zweiter Weg aus, der sich unmittelbar süd-
westlich wandt(!. An der Stelle, wo die heutige Kircligasse und Friedrich-
strasse zusamnu'ntreff'en, gabelten sich die Strasse. Hier stand ein Stock mit
drei Armen, der eine Avies südlich nach Mosbach, dei- andere südwestlich nach
Schierstein, der dritte westlich nach Dotzheim. Der Dotzlieimei' W(!g gabelte
sich etwa an der Mündung der heutigen Karlstrasse wiederum; (!s bestanden hier
um 1701 der alte und der neue Dotzheimer Weg nebeneinander. Der alte
lief erst auf, dann links von der heutigen Chaussee und ist als Feldweg noch
erhalten. Der neue, gleichfalls heute als Feldweg noch bestehend, ging rechts
von der Chaussee durch den Distrikt Dreiweiden, w-estlich am Bahnhofe vorbei.
Beide Wege Avurden gekreuzt von der Scliwalbach-Mosbacher Strasse (Wald-
strasse), der alte auf der Höhe beim früheren Ciarenthaler Stock, wenig südlich
der Chaussee, wo ein lleiligenhaus stand, der neue an der Stelle, wo der
heutige Feldweg auf die Waldstrasse rechts von der Chaussee stösst. Dort
erhob sich ein riesiger Nussbaum. Kurz vorm Heiligenhaus, nach Wiesbaden
zu, stand der Grenzstein, der die Gemarkungen Wiesbaden, Mosbacli und
Dotzheim schied. Rechts von dem neuen Wege, im Distrikt Uuterhollerborn,
vor der Waldstrasse, lag der Hollerborn, itn Quadrat von Bäumen umgeben.
Am Hollerboru östlich vorbei, parallel mit dem neuen Dotzheimer Weg bis zur
Waldstrasse, zog der Landgraben v.'ma alte Landwehr. Ihn kreuzte, ehe er auf
die Waldstrasse stiess, der Klosterfeldweg oder Klosterweg nach Clarenthal.
der von jener abzweigte und auch heute noch besteht.
Der alte Dotzheimer Weg mündete bald nach der Kreuzung der Wald-
strasse in die heutige Chaussee ein und zog, wie diese, durch die Hohle, die
damals noch enger war und keine Häuser besass, nach dem Dorfe hinab. Der
n(!ue Dotzheimer Weg lief nach Kreuzung der Waldstrasse noch eine Strecke
westlich (durch das Philippische und Bahuhofterrain), bog aber dann nacli
Süden um und kam in einer geschweiften Seitenhohle auf den alten Weg heraus.
Die Dotzheimer Strasse lief durch J)otzheiiii über Fichtenkopf und
Hämmereisen nach Georgenborn weiter, von da ging ein Weg nach Schlangen-
bad hinab.
5. Die Schier Steiner Strasse, die zweite Abzweigung der aus
dem Mainzer Thore führenden Strasse, hatte im allgemeinen die Kichtuni,'' der
heutigen Chaussee nach genanntem Orte, nur trat sie vor der Kahlemühle links
aus, lief dann durchs Mühlthal bis auf die Höhe ziendich in der Kichtung
von heute, bog darauf aber rechts aus. bis sie vor Schierstein wieder die
heutige Richtung einschlug. Am Schnittpunkte der Waldstrasse links stand ein
■') Man beaclite den Gegensatz in iIimi Xaini-ii: Uolzstrasse = Strasse für Jlolzluliren,
Eiseiistrasse = Strasse t'ür EisenfulinMi
grosser Baum. Der Mühhveg von Dotzlieim nacli Mosbaoli bestand schon
damals. 177:J wurde der Schiersteiner ^Veg als „fast ganz verloren" be-
zeichnet. Die Besitzer der (Jrundsrücke an ihm hatten den Weg überptlügr
und zum Teil zu ilireu Ackern geschlagen. Es bedurfte des energischen Ein-
schreitens der Kegicrung. ilin wieder ganz frei zu legen. Er scheint aber
damals nicht mehr als ein schlechter, holperiger, grasbewachsener Feldwog ge-
wesen zu sein.
Tl. Die ]^I (1 s l>a (• li er (Biebricher) Strasse, war die dritte Ab-
zweigung der Strasse vom Mainzer Thore aus. Sie lief nach K. 1701 von
der Kirchgassen- und Friedrichstrassen-Ecke in der Linie der Kirchgasse und
Moritzstrasse bis zum Rondell (heutige Strassenrichtung) fort. Etwas südlich
vom Rondell zweigte links (östlich) der Mainzer Weg ab, der am Hange des
Melonenbergs beinahe parallel mit der Mosbacher Strasse, heute Chaussee, bis
zum Biebricher Kirchhof, und von da zur Armenruhmülile lief, wo er in die
Schwalbach-^btsbach-Kasteler Strasse mündete. Er ist als Feldweg heute noch
erhalten.
Die Mosbacher Strasse selbst zog in der Richtung der heutigen Chaussee
über den Mosbacher Berg nach dem Dorfe hinab. An der (rabelung der
Strasse und des Mainzer Weges stand ein zweiarmiger Stock, dabei ein Heiligen-
bild, weshalb der Distrikt dort heute noch Heiligenstock lieisst. Etwas weiter,
östlich von der Sti'asse, lag am Berghange der Hoiligenborn, eine Quelle, die
von irgcmd einem Heiligen, wie der Hollerborn von der alten Gcittin Holda den
Xamen erhalten haben mag. Kurz vor Mosbach lief die Strasse durch dichte Wein-
gärten, die den ganzen Hang des Hügels, welch letzterer — wir müssen den
heutigen A'iadukt hinwegdenken — sich ziemlich steil nach J^Eosbach senkte
und Ilasenberg liiess, bedeckten.
Mosbach und Biobrich, die beiden Schwesterorte, haben erst eine höhere
Bedeutung bekommen, seitdem dort Fürst Georg August von Nassau-Idstein
Yttn 1701 bis 170fj sich ein Residenzschloss am Rheine erbaut hatte. Mit dem
Tode dieses sohnlosen Fürsten hörte indes die Herrlichkeit schon wieder auf.
Erst sein dritter Nachfolger in der Herrschaft, Fürst Karl von Nassau-Usingen,
verlegte seine Residenz 1744 aus dem hinterwälderischen Usingen nach Biebrich
und den Regierungssitz nach Wiesbaden, und beides ist seit der Zeit also ver-
blieben. Da nun ab(!r Regierung und Hof in steter Verbindung bleiben mussten.
Staatskarossen und Kuriere oft genug den Weg von Biebrich nach Wiesbaden
zurückzulegen hatten, so war man genötigt, für eine gute Landstrassc zwischen
beiden (Jrt(!n zu sorgen. Um rasch aus dem alten Schlosse auf dem heutigen
Markte auf den Weg nach Biebrich zu gelangen, wurde der Ausgang der
Mosbacher Strasse ans untere Stadtthor (Mündung der Mauergasse in die Markt-
Htrasse) verlegt. Von da legte man die Strasse in schnurgerader südwest-
licher Richtung bis zum heutigen Rondell an und Hess sie dann in der alten
Richtung weiter gehen. Das geschali in den Jahren 1750 bis 1752 und dabei
sei als eigentümlich bemerkt, dass diese neue Chaussee zuerst mit Obstbäumen
ix'iderseits besetzt wurde. Bei Anlage der Strasse wurde der alte Herrngarten vorm
unteren Sfadtthore. 1G88 vom Fürsten Georg August auf dem Terrain der Friedrich-
und liiihnhofstnisso uiul riii^a-biiu^- iiii^ctlcyt, (Uircliscliiiittcu und dadurch sciiunii
Untergange eutgogongof'ührt, uhwulil scino letzten Jlosto erst um I80O ein-
"•ino-en. lYw ^Viesl)adeIler nuisston bei dem Bau mäelitig fronen; sie tliaten
es nur widerwillig und arbeiteten nachlässig, l)i(! Folge davon war, dass sich
die Strasse schon drei Jalir(} später in miserablem Zustande befand. Die Klagen
sind überhaupt unaufhörlich, ebenso unaufhörlich die Flickereieii. Der Sache
wurde dadurch ein Ende gemacht, dass 1791 die Strasse ganz neu angelegt
wurde. Die alte Strasse ward damals als mit dem ] 'Haster ganz versunkeji
bezeichnet; von eimu- Wölbung, liicss es, wäre nichts mehr zu sehen.
7. Di ('. M a i n z er S t r a s s e. Aus dem Unteren Stadtthore hinaus führte
bereits vor Anlage der neuen liiebricher (IVlosbacher) Chaussee ein Weg, der,
etwa dem Laufe der heutigen Friedrichstrasse folgend, durch ein grosses Wiescn-
ferrain lief, das sich bis zum Salzbache auf dem Warmen Damme erstreckte,
weit südwärts zog und die ,, Wiesen auf der Salz'' hicss. Da. wo heute die
anglikanische Kirche steht, verzweigte sich der Weg nach drei Richtungen
hin; dort stand ein Wogweiser mit drei Armen. Der südliche bezeichnete die
Mainzer Strasse, die im Thale des Salzbachs weiterlief.
Die Richtung dieser Strasse, I)is in die sechsziger Jahre unseres Jahr-
hunderts noch Mühlweg genannt, erscluunt nach K. 1701 etwas verändert gegen
die heutige der Mainzer Strasse und Mainzer Landstrasse. Zum Teil wurde
bei der Anlage wohl die altrömische Thalstrasse benutzt, die ehedem denselben
Lauf von Aquae Mattiacorum nach jMogontiacum genommen hatte. Die Mainzer
Strasse führte östlich vom Salzbache an dieseju entlang, bis sie vor der Station
Kurve in die Schwalbach-Kasteler Strasse mündete. Der Salzbach selbst floss
von oberhalb der Neumühle ab in zwei getrennten Armen südlich, die sich
kurz vor der Mündung wieder vereinigten. Die Mühlen im Salzbachthale
standen durch Wege mit der Mainzer Strasse in Verbindung; von der Ncu-
mühle führte auch ein Weg durch die Wiesen auf der Salz (Richtung der
heutigen Lessing- und Goethestrasse) zur Mosbacher Chaussee.
Von der Mainzer Strasse zweigte östlich ein Weg ab, unterhalb iler
Spitalsmühle (Spelzmühle) im Waschbachthale. Im Zahlbachfelde gabelte er
sich; ein Arm wandte sich direkt nördlich, die Erbenheimcr Strasse (s. u.)
kreuzend, nach Bierstadt; der andere lief in östlicher Richtung fort, bis er
kurz darauf die Erbcnheinier Strasse erreichte. Der erstcre hiess der Bicr-
stadter Mühlweg, der andere der Erbenheimer Mühlweg, und beide bestehen
als Feldwege heute noch. Kurz hinter der Gabelung, im Zahlbachfelde,
stiessen die Gemarkungen Wiesbaden, Mosbach und Erbenheim zusammen.
8. Die Erbenheimer Strasse. Sic führte von dem dreiarmigen
Wegweiser (s. 0. No. 7) südöstlich durch den sogenannten Kleinen J lainer.
Links von der Strasse, auf halbem Wege zwischen ihr und der Bierstadter
Warte, steht ein Feldbrunnen, Erckelsborn benannt, auf K. 1701 eingezeichnet.
1768/09 ging die alte Strasse auf der ]Iöhe mehr links durch di(> Hohle.
dann wieder rechts auf Erbenheim zu und zwar nicht in so direkter Richtung
wie heute. Sie sollte damals etwas nach Südwesten, nach dem Abhänge des
118
Berge> /.n verlegt und dabei gosfreokr werden. Man klngre uänilicli über den
schlechten Zustand auch des gepflasterten (gestückten) Teiles: demnach war
die Strasse weiter hinaus nur als blosser AVeg gehalten. Und doch wurde sie,
besonders während der Frankfurter Messezeit, viel befahren. ])er zum Berichte
aufgeforderte AVegemeister Rücker war für Beibehaltung der alten Jlichtung:
er erklärte, der Hang des Berges sei lettig. Pflaster würde dort schwer zu
unterhalten sein, ausserdem gingen durch den neu projektierten Zug mehr als
hundert Morgen fruchtbaren Ackerlandes verloren. Auch bestehe die Strasse
als I\tststrasse (nach Frankfurt) bereits über zweihundertfünfzig Jahre (also
seit ca. 1.")1G) und müsse nur angemessen unterhalten, bez. erneuert werden.
Die Sache ruhte bis 1789, wo die Xeuanlage der Strasse in Angriff genommen
wurde. —
Die Erbeuheimer Strasse besass ein Bankett, was wir auch von der
Mosbacher Strasse erfahren; ob die Schwalbacher Strasse über die Hohe Wurzel
damit versehen war. konnte ich nicht feststellen.
p]rwähnt wurde, dass die Erbenheimer Strasse durch den Kleinen Hainer
führte. Nur ein geringer Teil des letzteren lag südlich, der grössere nördlich
von der Chaussee nach dem Bierstadter Wege zu. Er begann unmittelbar auf den
Anhöhen hinter dem Warmen Damme und zog sich bis zur Bierstadter Höhe
hinauf. Der Name Hainer kommt von Hain = Wald; 1221 wird er Hagenehe
genannt, später in Ottos „Merkerbuch der Stadt Wiesbaden" Heney und
Henauwe = Hainaue. Der Name Hainer deutet also an, dass die Höhe ur-
sjirünglich mit Wald bestanden war, der Name Hainaue. dass aus dem Walde
Feldfläche geworden ist. Die Bebauung fand frühzeitig, vielleicht schon im
dreizehnten Jahrhunderte statt und dauerte bis zum grossen Kriege. Durch
die Verwüstungen, die dieser mit sich brachte und durch die Entvölkerung der
Stadt kam es, dass der Distrikt gänzlich verwilderte. Die Besitzer der dort
gelegenen Grundstücke waren gestorben und verdorben; deshalb zog die Herr-
schaft den ganzen Komplex ein und benutzte das von Gras, Hecken, ver-
wilderten Obstbäumen und Gartengewächsen besetzte Gebiet als herrschaftliche
Viehweide. Dasselbe geschah mit dem Grossen Hainer, der südlich der Erben-
lieimer Strasse bis zum Bierstadter Mühlweg sich erstreckte. Als aber die
Bevölkerung der Stadt sich wieder mehrte, beanspruchte sie mit Recht auch
wieder die beiden Hainer als Stadtbesitz und die Rjürger begannen seit ca. 1680
die Distrikte anzureden. Fürst Georg August untersagte ihnen das anfangs,
aber die Wiesbadener liessen sich nicht beirren. Auf K. 1701 scheint ein
ganz bedeutendes Stück beider Hainer in Acker- und Gartenland verwandelt;
im_]_Grossen Hainer liegt der Weidenborn als Feldbrunncn angegeben. Der
Fürst gab schliesslich nach und übcrliess weitere Stücke zur Urbarmachung, den
Morgen zu drei oder vier Gulden Kaufgeld und eine Jahresabgabe von zwei
Kumpf Korn, das als Saatkorn an arme Feldbauern verteilt wurde. Die letzten
ca. neunzig Morgen ^wurden 1722 verkauft. An den alten Distrikt Hainer
erinnern noch die heutigen" gleichen Distriktnamen und der Hainerweg, die
Strasse, welche von der unteren Bierstadter zur Blumenstrasse führt. Durch den
Hainer lief auch der östliche Landgraben, der als Grenzwehr der Stadt diente.
IV.t
9. l)i(( 15 i c r > I a th (• !• S r r a s s c. Sic fol^r auf K. 17<tl /iruilich ilcr
JiidituD^- «Ilt lieiirig'on Cliaussue, docli ist ihr Jiaul' nicht so sclimirgorade ; sio
ist die dritte Strasse, die bei dem S. 117 yeiuiuiiten Wej^weiser abzweigte. Auf
der halben Höhe; des Bierstadtcr Berges teilte sich links der sogenannte Kluppen-
heimer Weg al). dri' am hallicn Hange; des lierges mit der Bierstadter Strasst^
parallel au liierstadt links vorüber nach Kloi)peidieijn lief. Die heutige llilda-
strasse deutet seine liichtung ai\ ; von dei- Weberschen Gärtnerei ah fidirr ei-
als Feldweg weiter.
Die Bierstadtcr Warte, auf K. 1701 rechts von chu' Bierstadter Strasse
eingezeichnet, zeigt drei Stockwerke und eine Ku])pelbedachung. Sic; war.
was iJir Name besagt, ein Warttuiiu. dei- weit in die Umgegend Umschau
gewährte. Erbaut wurde sie jedenfalls schon viel früher, vermutlich in der Zeit,
da Nassau und Eppenstein miteinander fehdeten, also im dreizehnten Jahr-
hundert. Denn jenseits Bicu'stadts begann das „Ländchen", als dessen nächster
Ort Iji-stadt dicht hinter Bierstadt lag. Das Ländchen aber war erst e])pen-
^o
steinisch, dann hessisch.
10. Die Idstei Her Strasse „üb(!r die Dörfer". Noch bevor
der Kloppenheimer Weg von der Bierstadter Strasse abbog, zweigte, kurz liinter
dem dreiarmigen Stock, links ein anderer Weg ab, der durch das grüne A'iertel
hinter den Warmen Damm-Anlagen führte und dann in die heutige Parkstrasse
einbog. Er folgte dann deren Richtung und weiter, seitwärts der Dietenmühle
derjenigen des heute noch bestehenden, neu hergerichteten J^ingertswegs. Der
Bingert, eine aus Bienengarten entstandene Distriktsbezeichnung, weist auf
K. 1701 an seinem nach Sonneuberg zu gedegenen Hange im unteren Teile
AVaUl. im oberen Weinberge auf, die sich niu-dlicli, seitwärts der alten Sonnen-
berger Kirche bis zur Höhe ziehen. Diese alte Kirche, bekanntlich 1429 von
dem Edeln Werner Hud von Sonnenberg erbaut, erscheint auf K. 1701 noch
bedacht. Das Dach ist einfach, schräg nach Norden und Süden abfallend;
ein Turm fehlt, dageg(Hi erhebt sich auf der Spitze des Ostgiebels ein grosses,
vielleicht (der Form nach zu urteilen) eisernes Kreuz. Die Kirche war in
Benutzung bis 17o0, in welchem Jahre sie abgebrochen wurde. Von dem
Bingert aus lief die Strasse wie heute weiter über Naurod und Niedernhausen
nach Idstein. Sie hiess Weg über die Dörfer deshalb, weil der andere Listeiner
^Yeg über die Höhe (s. u. ) ausser über Engenhahn über kein Dorf führte.
11. Die So nnejih erger Strasse. Aus dem Sonuenberger Thore,
das am Ende der heutigen Pension zum Ritter, an der unteren Webergasse,
stand, ging ein breiter Weg aus, der sich in der Gegend des heutigen Kaiser
Friedrich-Platzes in scharfer Krümmung nordwärts und südwärts gabelte. Der
letztere Zweig wandte sich hinüber nach dem Warmen Damme und lief über
diesen zwischen den dort befindlichen Äckern und Gärten her. bis er hinter
der PletzmühU- auf den .Vusgangspunkt der unter Nr. 7. S und 9 benannten
Strassen stiess. Der nördliche ^^'eg überschritt Schwarzbach und Rambach und
schlug die Richtung der heutigen Sonuenberger Strasse ein, den Rambach stets
reelir^ l,rli;iltend. Zu beiden S.'iren des letzteren ist auf K. I7nl ein breiter
120
Stroifen Wieseulauik's augegebeu. Da. \v<» huiire der Kurliausplatz liegt, befindet
sich auf K. 1701 der ^Süsse Brunn^. d. h. der Wiesenbrunneii, eingezeichnet,
der bekanntlieh später mehrfach verlegt wurde und bei dem Theaterneuhau
eingegangen ist. Er hat erst nach 1701 seine Blütezeit gefeiert und ist sogar
als einzio-er Süsswasserbruunen Wiesbadens poetisch verherrlicht ^Yorden. Auf
K. 1701 ist auch das aus dem Aukain kommende, oberhalb der Blumemviese
in den Rambach mündende Zuwässerchen angegeben. Auch die Dietenmühle
ist eino-ezeichnet. die von einem Seitenarme des Baches, der oberhalb der Mühle
abzweigt und unterhalb sich wieder mit jenem vereinigt, getrieben wird. Diese alte
Mühle kommt schon ca. l-'J.")«) vor; ihren Xamen will iium von diet = Volk
ableiten. Nach dem grossen Kriege lag sie verlassen da, bis sie 1685 vom
Grafen Georg August von Nassau-Idstein an den Amtmann (rraf von Idstein
seschenkt wurde, der sie neu aufbaute.
Die Sonnenberger Strasse wurde anno 1776 etwas mehr östlich vom Thor
verleo-t. Denn in diesem Jahre legte Fürst Karl Wilhelm von Xassau-Usingen
vor dem Thore den neuen Herrengarten (Kurgarten) auf dem Terrain der
nördlichen Hälfte des Kaiser Friedrich-Platzes, des Nassauer Hofes und Blockischen
Hauses an. Er Hess auch eine Allee zum Wiesenbrunnen pflanzen. Die An-
lao-en wurden in 1808 u. ff. durch den Kurhausbau und die Errichtung des
Nassauer Hofs, der Vier Jahreszeiten und des Blockischen Hauses sehr be-
schränkt, und in 1825 u. ff. durch den Theaterbau ganz beseitigt.
12. Die Idsteiner Strasse über den Trompeter. Auf K. 1 701
biegt von dem Sonnenberger Weg ein anderer direkt nördlich ab und führt
über den Fufsberg (Adolfs- und Cansteiusberg — der heutige Cansteinsbergwcg)
aufwärts. Der Name Fufsberg, eigentlich Fusberg, ist der älteste, der Name
Adolfsberg rührt von Herzog Adolf, Cansteinsberg von dem Oberstleutnant von
Canstein her, der dort zuerst eine Villa erbaute. Auf dem Fusberg teilte
sich, wie heute noch, der Weg in zwei Zweige. Der eine, westliche, führte
ziemlich gerade aus durch die Hohle (Kuhhohle) über den Geisberg zur Trauer-
eiche und dann über den Bahnholzkopf zur Höhe des Trompeters, von da über
Engenhahn nach Idstein hinunter.^) Der andere, östliche, zweigte rechts über die
heutige Schöne Aussicht ab, bog hinter der Höhe, wo sich das Reservoir befindet,
nördlich um und lief parallel dem Hauptwege über den Leberberg, am heutigen
Rettungshause vorbei, bis er sich bei der Trauereiche wieder mit dem Haupt-
wege vereinigte. Er besteht heute noch zum Teil als Feldweg.
Der Distrikt zwischen diesen beiden Wegen auf dem Fusbcrge, d. h.
auf dessen Höhe, hiess der Königstuhl, wie heute noch. Der Name bedeutet
eine alte Gerichtsstätte des Gaus ; anderswo in Nassau kommt die Bezeichnung
ebenfalls vor. Der Königstuhl befand sich für den Königssondergau, in dem
Wiesbaden lag, von ca. 800 bis 1100 auf der Ebene zwischen Erbenheim und
Kastei. Da nun nach dieser Zeit von einem königlichen Gerichte des Gaus
') Vom Trompeter ah hiess diese Strasse Trompoterstrasse; diese selbst lenkte in früherer
Zeit in die Platter Strasse bei der Platte ein. Der Name Trompeter und Trompeterstrasse ist
von den auf ilir vtikflucnlfii Postreitern herzuleiten.
]2\
keine Kode mehr ist, die Gerichtsbarkeit viehiieiir teils an ilie Grafen von
Nassau, teils an die von Eppstein überging und die Dingstätte des nassauischen
Teils sieh nachweisbar auf dem .Alauritiuskirchhof in Wiesbaden befand, so muss
die Dingstätte auf dem Fusberge älter als 800 sein. Auf K. 1701 ist dort
der Galgen eingezeichnet; man hatte also den Ilichtplat/ auf der alten Ge-
richtsstätto beibehalten. Diese befand sich rechts von der idsteiner Strasse,
etwa in einer Höhe mit d(!m Hofe Geisberg.
Der Hof Geisberg ist eine verhältnismässig neue Gründung. Er wurde
1788 durch den Regierungspräsident von Kruse angelegt. Kruse war einer
jener Minister der Aufklärungspcu-iode, die das Heil des Staates in der Hebung
der Bodenkultur und des Bauernstandes suchten, den Bau neuer Nähr- und
Nutzpflanz(in (Klee, Kartoffeln) einfüln-ten und verbesserte Methoden des Acker-
baus anstatt der alten Dreifelderwirtschaft anwandten. Die Landwirtschaft auf
Hof Geisberg sollte vorbildlich auf die Bewohner von Wiesbaden und Umgebung
wirken. Es war jedenfalls auch Berechnung, dass mit dem Landbau auf dem
Hofe Gastwirtschaft verbunden wurde; es sollten die Leute dadurch mehr zur
Besichtigung der Anlagen veranlasst werden.
An der Trauereiche schnitt damals die Gemarkung Wiesbaden gegen die
herrschaftlichen Waldungen ab. Die alte Eiche war ein Grenzbaum; merk-
^ö
würdigerweise aber ist sie auf K. 1701 gar nicht gekennzeichnet wie andere,
schon genannte, heute nicht mehr stehende Grenzbäume, trotzdem sie wohl älter
als zweihundert Jahre sein mag.
Auf K. 1701 ist dann noch von der Sonnenberger Strasse nach links,
also der Richtung jener entgegengesetzt führend und dem Laufe der heutigen
Taunusstrasso entsprechend, ein Weg angegeben. Er läuft dann die vordere
Geisberg- und die Kapellenstrasse über den Thorberg weiter zum Neroberge,
wo er auf dessen Höhe an der Gemarkungsgrenze im Walde aufhört. Er wird
als Feld- und Holzweg bezeichnet.
Auf K. 1701 ist auf dem Neroberge eine quadratische Umrahnmng ein-
gezeichnet, an der Stelle der Domänenweinberge von heute, die auch mit Wein
bepflanzt erscheint. Aber auch ausserhalb dieser finden sich die Südhänge des
Nerobergs, ferner der ganze Thorberg, jenseits des Dambachthals — der Dambach
ist als kleiner Bach, der in eine Art Reservoir am Fusse des Geisbergs mündet,
angegeben — der Neuberg, der ganze Geisberg und Leberberg, mit einem
Worte die gesamte Höhe vom Schwarzbach(Nero-)thal bis zum Sonnenberger
(Rambach-)thale bis hoch liinauf mit Weingärten bedeckt. Dasselbe ist der
Fall mit dem Atzelberge, auf dessen ganzer Länge und Breite. Auch seit-
wärts der Dietenmühle am unteren Bingertsweg und zwischen Idsteiner Weg
(Parkstrasse) und Bierstadter Weg (Distrikt Weinreb) sind WeinpHanzungcn
eingezeichnet. Demnach sind, wie auch anderweitige Aufzeichnungen bezeugen,
Weinbau und Weinkonsum in und bei Wiesbaden zu Anfang des vorigen Jahr-
hunderts sehr bedeutend gewesen. Bemerkt soll noch werden, dass 1744
_ ,->\voami lioniprkf: soll nocli
Fürst Karl von Nassau-Usingen zu seinem Weingarten auf dem Neroberge ein
/nmeo« Sfii(>U- nrivni.nr Anlf
grosses Stück privater Anlagen hinzu erwarb, worauf er die heute noch be-
stehende Mauer um das Ganze aufführen Hess.
122
Doi Neroberg wird auf K. 1 T( H Neliresberg gesehrieben. Xoeh früher,
im sechzehnten Jahrhundert, heisst er Ersberg oder Örsberg, letzteres ohne
Zweifel eine ^Verböserung" des ersteren. weil man dialektisch e statt ö zu sagen
jrewohnt ist. Bald naddier kommt auch die Benennung Nersberg vor. Ersberg
deutet auf Er = Ziu hin. d. h. auf den altgermauischen Kriegsgott, der zu-
gleich allemannischer llauptgt.tt war. Eine Eresburg gab es bekanntlieh in
Westfalen au derDiemel; Karl der Grosse zerstörte sie. Es ist wohl möglich,
dass auf der Höhe des Nerobergs ein Heiligtum des Er, d. h. eine Opferstätte
sieh befunden habe: denn Er ist ein Berggott gewesen. Als die Allemanncn
von den damals noch heidnischen Franken, chattischen Stämmen, verdrängt
wurden, trat an die Stelle des Er der Obergott der Chatten, Donar, dessen
Name in Thorberg, früher richtiger Dorberg geschrieben, anklingt. Auf welche
Weise das N vor den Namen Ersberg gekommen ist, vermag iiithr nach-
gewiesen zu werden. Möglich ist, dass es, wie sonst manchmal der besseren
Aussprache halber, vorgesetzt wurde. Ein Beweis dieser Behauptung liegt in
folgendem. Ein alter Wiesbadener Herr, der meist im Dialekt sprach, sagte
nicht anders als „uf em^Ierschberg" (Frage woV) und „uf enNerschberg" (Frage
wohin?). Beim blossen Sprechen merkte man nicht, dass er eigentlich wohl
„uf em Erschberg", bezw. ,,uf en Erschberg" hatte sagen wollen. Das M,
bezw. N ist einfach Jiiuübergezogeu worden, und gerade die Anwendung des
M in der Dativform und des N in der Akkusativform beweist wohl die Ur-
sprünglichkeit der Form Ersberg (Dialekt Erschberg). Übrigens kommt nach
den Akten des Stadtarchivs diese Form Ersberg 1472, 1524, 15G(5, 1594, 1692
und zuletzt 1716 vor (Dorberg zuletzt 1806). Gesprochen wurde Nersberg
und Mersberg schon vor Jahrhunderten ; aber erst das vorige hat die Schreib-
weise mit N dauernd eingeführt. Das Nersberg wurde später (s. K. 1701
u. a. a. 0.) zu Neresberg, dann, indem aus dem zweiten e ein o w^urde (wie?)
zu Nerosberg (auf Karten zu Anfang dieses Jahrhunderts Nerosstrasse, Neros-
thal) und schliesslich durch Ausstossung des s zu Neroberg, w^elcher ganz will-
küi'liche und irreführende Name sich erhalten hat.
Eigentümlicherweise befindet sich auf K. 1701 kein Weg, der in das
Nerothal führt, angegeben. Zu beiden Seiten des Schwarzbachs erscheinen
Wiesen bis an den Fuss des Thorbergs und Nerobergs und durch sie hindurch
können höchstens Pfade zum Walde, der am Fusse des Nerobergs vor der
heutigen Beausite begann, geführt habeii. Auch eine Verbindung des Nero-
thals mit der Höhe der Neuhofer Strasse besteht nicht; der Wolkeubruchw^eg,
der um 1 750 bereits erwähnt wird, war damals also noch niclit durch das
elementare Ereignis geschaff(;n worden. Die Stadtgemarkung hörte im Walde
hinter der Beausite auf. Diese letztere wurde erst 1737 als Walkmühle er-
richtet und damals wahrscliciiilich dann der Weg dorthinaus angelegt. — —
Ausser diesen Chausseen und Tjaiulwegen, die von W^iesbaden hinaus-
führten, müss(m wir. dci- V(dlständigkeit halber, unsere Aufmerksamkeit noch
auf einige grosse Verkehrsstrassen richten, die nahe au Wiesbaden vorbei zogen.
Durch Wiesbaden selbst führte, wie erwähnt, nur eine der grossen Heer-
strassen, die alte fränkische (Wiinische) sogenannte ^[ainzer Strasse von Limburg
12
JO
ül)or Kirberg, die Jlünorkirclio, den Zui^iiiantel und die Platif. und südlicli von
\Viesl)udcn im Salzbiiclitlmle weiter. Sic; traf westlich von der Kurve auf die
alte Sehwalbacher Strasse. Eine andere, die ebenfalls schon i)(!sohriobene
Eisenstrasse, lief von Michelbaeh über ]Iahn und die Eiserne Hand, aber nicht
durch Wiesbaden unmittelbar, sondern lenkte am llolzhackerhäusciien südwestlich
at), an der Fasaneric vorüber ebenfalls in die alte Schwalbacher Strasse ein.
Diese alte Schwalb a c h er S t r a s s e nahm ihren Ursprung bei Langen-
schwalbach; sie schlug dann die liichtung der heutigen Lahnstrasse über die
Schanze ein, durch hessen-rheinfelsisclies Gebiet, das, wie erwähnt, an der
Schanze aufhörte. AM)n da über den Ivlapperstock ging es im Nassauischen
weiter bis zum Chausseehaus und dann l)is zur Stelle, wo der Distrikt Ruhehag
bi^giunt. Bis hierher hielt die Strasse die Richtung der heutigen Lahnstrasse
ein; dann aber wandte sie sich ostsüdlich durch den Wald über den heute
noch bestehenden Fahrweg, der die Distrikte Ruhehag und llasenspitz von der
an die heutige Lahnstrasse grenzenden Kohlheck trennt; auf dieser Strecke
nahm sie die Eisenstrasse auf. An dem alten trigonometrischen Punkte Trift,
l»('i der Schönen Aussicht, in der Mitte zwischen Dotzheim und Clarenthal.
tritt sie heute aufs freie Feld, das Wellritzfeld, das freilich damals noch ganz
bewaldet war. Sie läuft dann weiter durchs Wellritzfeld, kreuzt die Dotz-
heimer Strasse, zieht am Exerzierplatz und der Kaserne südwestlich vorüber
durcli die neue Kolonie des Wiesbadener Spar- und Bauvereins über den Hügel-
rücken parallel der Dotzheim-Mosbacher Strasse im Ochsenbachthale und mündet,
nach Süden umbiegend, durch eine Hohle nach Mosbach hinein. Sie heisst
heute von der Trift bis zur Mosbacher Hidde die Wald- oder Holzstrasse. Die
weitere Strecke von Mosbach über die Kurve nach Kastei ist jetzt in eine breite
und schöne Chaussee umgewandelt. Diese Strecke aber gehörte früher schon
auch einer anderen grossen, aus dem Rheiugau kommenden Landstrasse an (s. u. ).
Als weitere vielbonutzte Landstrasse ist die sogenannte RluMiigauer
Strasse zu verzeichnen. Sie zog von der Eisernen Hand südlich in der
Senke zwischen Winterbuche und Schläferskopf lier direkt auf das Chaussee-
haus zu, stets durch dichten Wald. Ihr Lauf ist heute noch als prächtige
Waldschneise erhalten. Das Chausseehaus, wo die Rheingauer Strasse die
Schwalbacher Strasse kreuzte, ist ein altnassauisches Zollhaus gewesen und 1774
erbaut worden, um die Chausseegelderhebungsstelle von der Schanze, die der
hessischen Grenze zu nahe lag (vgl. S. IL)) weiter zurück zu verlegen. Das
alte Haus diente bis 1818 als Wohnung des Zöllners; dann wurde es etwas
erweitert und Sitz eines Oberförsters. Es ist 1898 niedergelegt worden, nach-
dem ein neues Gebäude unweit seiner aufgeführt worden war. 'i Vom ("haussec-
liaus lief die Strasse in schnurgerader Richtung südwestlich bis in das Hoch-
thal vor Georgenborn, das der sogenannte Weilburger Bach durchtliesst. dann
im JJogeu um den Grauen Stein, wo sie wieder die Höhe erstieg und in gi--
brochener Linie auf dem Hügelrücken zwischen der Frauensteiner Senke und
dem Waldafferhal siidösrlich zog. Dann senkte sie sich durch einen Hohlweg
') (iiitigc Mitteilung- des llfiin l'orstnioistcis Kiiliioi
124
ins Rhoiiirhal naih Niodorwalluf. Auf der ganzen Strecke vom Chausseehaus
bis dahin, wo die Höhe nach Xiederwalhif abfallt, war mit Ausnahme des
"NVeilburger Thaies der dichteste Hochwald, und auf eben dieser ganzen Strecke
ist die alte Strasse lieute noch als Fahrweg vorhanden. Von der Eisernen
Hand bis zur Scheide der Gemarkungen Frauenstein und Georgenborn führte
die Strasse durch altnassauisches Gebiet: dann trat sie in den kurmainzischen
Kheingau ein. Bei >'iederwalluf traf sie auf die von Küdesheim über Ellfeld
führende Landstrasse durch den Kheingau, die nach Schierstein weiter lief, an
der Gemarkungsgrenze von Niederwalluf und Schierstein aus dem Mainzischen
wieder ins Nassauische übertretend. Im ersten Drittel der heutigen Strassen-
strecke Schierstein-Biebrich bog die Strasse links aus und führte schnur-
gerade (heute Feldweg) nach Mosbach. A'on dort lief sie, wie erwähnt, an
der Arnu'nruhmühle vorbei, über die Kurve nach Kastei, von du über Kost-
heim. Hochheim. Wicker, Weilbach, Hattersheim, Siudlingen, Höchst, Nied,
Griesheim — immer durch kurmainzisches Gebiet — nach Frankfurt.
Mit dem Aufauge unseres Jahrhunderts trat ein gewaltiger Umschwung
im Landstrassenbauwesen ein. Grund liiorfür waren die weltbewegenden Er-
eignisse, die sich auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete vollzogen hatten.
Auf politischem Gebiete geschahen durch die beiden Revolutionskriego
von 1792 bis 1797 und von 1798 bis 1801 und die nachfolgenden Friedens-
bestimmuugen die grossartigsten Umwälzungen, die man vorher kaum geahnt
hatte. Die beständigen Kriegszüge der Kaiserlichen, Preussen, Reichstruppen
und der feindlichen Franzosen rüttelten alle Yerhältuisse durcheinander. Auf
den Landstrassen war ein beständiges Ziehen und "Wandern von Bataillonen,
Schwadronen, Artillerie-, Tross- und Bagagezügen. Die* Wege litten dadurch
ausserordentlich, die in der Umgegend von Wiesbaden nicht ausgenommen.
Einige von ihnen, wie die Wiesbaden-Mosbacher und Wiesbaden-Erbenheimer
Strasse, waren, wie wir weissen, erst kurz vor deni Ausbruche des Krieges neu
hergestellt worden. Nun wurden au(!h sie wieder verfahren, ruiniert, die Obst-
bäume geplündert, beschädigt, abgehauen. Mit der Verwüstung der Wege
ging diejenige der Äcker und Waldungen Hand in Haud; es sah nach Be-
richten, die aus jener Zeit stammen, schauerlich in der Wiesbadener Gemarkung
und in der Umgebung aus. Dazu kam, dass der ganze private Verkehr ins
Stocken geriet, teils wegen der schlechten W^ego, teils aus 3Iangel au rollenden
Verkehrsmitteln; denn Pferde und Ochsen, Wagen und Karren waren von
Fr(!und und Feind fast stets requiriert und kamen oft nicht mehr in die Hände
der Besitzer zurück. Endlich, was sollte denn auch verfrachtet werden, da die
unruhigen Zeiten Gewerbe und Industrie lahm legten und dazu Banden von
Marodeuren und lUischkleppern die Gegend allenthalben unsicher machten und
somit den geringen, etwa noch bestehenden Verkehr bedrohten!
Dann kamen die Friedensschlüsse von Campo Formio und Luneville, die
das Land aufatmen liessen: es kam der Reichsdeputationshauptschluss zu
Regensburg, der die deutsche Landkarte, besser gesagt, Länderkarte, so ge-
waltig veränderte. Es ist bekannt, in wie ausgedehntem Masse diese Ver-
änderung auch im Nassauischen um sich griff. Damals, 1803, verschwanden
125
die geistlichen Staaten und eine Reihe von Exklaven und Enklaven weltlicher
Fürsten, die dafür anderweitige Entschädigung faiuhüi. So wurd<m in unserer
Umgegend die rechtsrheinischen und rechtsmainischen kurniainzischen Besitzungen
von Lorch bis nach Höchst (Kastei kam 180(> an Frankreich) und das Ländchen,
bisher hessen-darmstädtisch, mit Nassau vereinigt, mit and(;ren Werten, das ganze
({('biet südlich der Höhe kam unter eine Herrschaft. Ahnlich geschah dies über der
Höhe; nur die Niedergrafschaft Katzenelnbogen blieb, seit 180G als französisches
pays reserve, bestehen. Die liheiubundsakte von 1806 fügte weitere reichs-
fürstlicho und reichsritterschaftliche Gebiete: hinzu; der nassauische Staat
konsolidierte sich unter dem Namen Herzogtum als ("inig und unteilbar.
Mit der politischen l^mwälzung ging die wirtschaftliche Hand in Hand.
Wh- haben schon gehört, dass vor der französischen Revolution di(! Bestrebungen
der aufgeklärtem ]\[inister auch der Kleinstaaten (Regierungspräsident von Kruse,
s. 0. ) dahin gingen, die Lage des Bauernstandes zu heben durch andere
Methoden des Landbaues, Einführung von neuen Nähr- und Nutzpflanzen u. s. w.
Dazu kam eine gleich grosse Sorge für die Hebung von Industrie und Gewerbe.
Die Kriegszeiten hatten hierin eine Unterbrechung herbeigeführt; aber nach der
Beendigung jener strebten Bürger und Bauer schon im eigenen Interesse mir
verdoppelter Anstrengung empor und lenkten in die früheren Bahnen ciji. Die
neuen politischen Verhältnisse waren dem Aufschwünge auf materiellem Gebiete
günstig. Denn früher hatten Austausch und Verkehr nur innerhalb eines jeden
kleinen Territoriums sich frei und ungehindert bewegen können, das rings von
Zollschranken umgeben war. Nunmehr waren all diese kleinen Läppchen und
Häppchen mit dem nassauischen Grundstocke und Stammlandc vereinigt; die
Schranken waren weggefallen, und der Verkehr konnte sicli ungehindert vom
Rheine und Maine über die Höhe bis zur Lahn und hinauf auf den Wester-
wald ausdehnen. Allerdings anfangs nur in der Theorie. Damit es praktisch
der Fall sein konnte, musste erst die Verbindung, zugleich die innere, d. h.
die durch den Krieg ruinierten Vizinalstrassen und die äussere, d. h. die die
ehemaligen Gebiete aneinander knüpfenden Landstrassen hergestellt werden.
Die nassauische Regierung hat hier schon gleich nach 1803, die Not-
wendigkeit umfassenden Strassenbaues erkennend, tliatkräftig eingegriffen. Die
Verfügungen betreffen anfangs bloss Ausbesserungen und Erneuerungen. Solche
fanden statt an der Platter Strasse, Mosbacher Strasse, die neu mit Obstbäumen
l)eprianzt wurde, und am Sonnenbergcr Weg im Jahre 1804, an der Erben-
heimer Strasse im Jahre 1805; aber damit war nur halbe .Vrbeit gethan. Auch
dauerte es nicht lange, so wurde schon wieder über den schlechten Zustand der
Sti-assen geklagt. Um all dem ein Ende zu machen, beschloss die herzogliche
Regierung den gründlichen Neubau aller Laudstrasseu und grösseren Landwege.
Bereits 1807 wurde damit begonnen und 1808 eine besondere Wegebaukommission
eingesetzt, deren Vorsitz die Regierungsräte Ibell und von Mülmann führten.
Die Bauten wurden nun in den Jahren 1807 bis 1813 fast sämtlich
vollendet, allerdings unter starker Zuhilfenahme der Gemeinden.') Man kann
') Der muileni cljiiusseeinässige Ausbau füllt ovst in diV Jaliro IS-js u. rt".
wühl sagen, wenn die Akten schwiegen, würden die Steine (der nassanisclion
Chausseen) schreien, um die ungeheuren Lasten der Spann- und Handfronen
kuudzuthun. die damals die Bauern besonders drückten. Alte Leute Jiaben
ihre Eltern noch davon erzählen hüren. Man hat vielfach der nassauischen
Regierung den Vorwurf gemacht, dass sie bei Aufhebung der Leibeigenschaft
gleichwohl die Wegefronen habe bestehen lassen; aber man muss bedenken,
dass in damaliger Zeit zugleich die grosse Reform des Steuersystems stattfand,
durch welche an Stelle des bunten Abgabewesens mit seinen hunderterlei ver-
schiedenen Benennungen. Bestimmungen und A'crpHichtungen eine einheitliche
Ordnung trar. Die Regierung konnte deshalb nicht daneben wagen, so un-
geheure Kosten, wie sie der Strassenneubau erforderte, allein der Staatskasse
aufzulegen. Und dann rechnete sie. dass dieser Neubau doch in erster Linie
den Gemeinden selbst zu gute kommen würde, aus welchem Grunde letztere
denn auch, ihren entsprechenden Teil beizutragen, angehalten werden müssten.
Für die Art und Weise des Chauseebaues blieben die alten Regeln, Avenig
zum bessern modifiziert, in Geltung. Mau wölbte die Strasse etwas mehr und
stach die Gräben tiefer aus, Hess die Böschungen auch weniger steil abfallen.
Durchgängig aber wurden die Landstrassen breiter angelegt: auch die früher
sogenannten Wege wurden nunmehr zu Strassen. Die Chausseen bekamen zu
beiden Seiten, die Strassen auf einer Seite wenigstens Bankette und wurden
mit Obstbäumen eingefasst. Ferner fand überall eine möglichste Streckung der
Linien statt, daher die vielen schnurgeraden Landstrassen im Xassauischon,
Mit der Ilöhenführung hatte man noch nicht gebrochen, doch mied man die
steilen Aufgänge und den unnötigen AVechsel von Steigen und Fallen, auf den
man früher nicht geachtet hatte. Auch die Art und Weise der Wegebefestigung
war noch die alte; das nach dem Erfinder John M'Adam (f 1836) benannte
Macadamisieren kam erst viel später (in den zwanziger Jahren) auf, veranlasste
aber damit einen abermaligen Umbau der Strassen.
Die sechs Jahre der rheiubündlerischen Zeit, eine Friedenszeit für das Herzog-
tum auf eigenem Boden, sahen also auch um Wiesbaden das Neuentstehen aller
Strassen. Die Platter Strasse besonders Avurde als grosse Heerstrasse ausgebaut,
sie lief in der Stadt über den Michelsberg, die Markt- und neue Friedrich-
strasse und setzte sicli sodann in der ErbenheiuKn- oder Frankfurter Strasse
fort, sodass eine direkte grossartige Verbindung von Limburg über die Regie-
rungshauptstadt Wiesbaden nach Frankfurt entstand. Während die Platter
Strasse im allgemeinen ihre Richtung beibehielt, wurde die Frankfurter Strasse
nach Erbenheini und von dort schnurgerade durchs Ländchen gestreckt, bis sie
vor Hattersheim auf die alte Mainstrasse stiess und mit dieser vereinigt über
Höchst nach Frankfurt lief. Auf diese Chaussee war die Regierung besonders
stolz; unweit des Wirtshauses zum Wandersmann. berichtet ein Sandstein-
obelisk init einem Brunnen: „Friedericus Dux Nassoviae hanc viam construi
iussit. MDCCCJXIIP'. mit welcher Zahl das Vollondungsjahr angegeben werden soll.
Die Schwalbacher Strasse, die alte Lahnstrasse, erfuhr gleichfalls eine
Erbreiterung und ihre Fortsetzung nach Wiesbaden hinein (die Emser Strasse)
ward nun aus einem Weg ein" ebenfalls breitere Strasse. An der Emserstrasse
127
liig noch eine Reihe v<in Mühleu, die Evkelsmühle (Emser Strasse 2), 1720.
die Steinersinühie (Wah-iunstrasse 32), 1719 erbaut, und die Junkersniühl(>
(Drudenstra-sse 2), sehen 1490 bestehend. Dazu kam 17.'>G 37 die Walkniüiile
vom Kireheuins])ektov llelinuind für di<' Waiscnhaus/Aveck(^ erbaut, wobei
/ug-leich der AVey dort; hinaus angelegt wuide. Eine grössere Bedeutung er-
hielt die Lahnstrasse noch dadurch, dass der französische Administrator des
|)ays reserve (Niedergrafschaft Katzenelnbogen), der Präfekturrat Pietscli /u
Lanueuschwalbacli von 1808 bis 1810 die Cliaussee von letzterem bis Kernel
weiter baute. Sie wurde 1829 bis Jlolzhauseu, bis zur Lahn dagegen erst, in
den fünfziger Jahri'H fortgeführt.
Die a-leiche Sorufalt wurde auf die von Wiesbaden iiacJi den Nachbarorten
Kastei, Bi(>bricli-Mosbac]i, Schierstein, Dotzheim, Sonnenberg und Bierstadt
führenden Verkehrswege verwandt. Sie alle wurden gestreckt. Die Dotzheinier
Strasse lief jetzt zwischen den beiden früheren Wegen schnurgerade über die
llölie des Hügels in der heutigen Iiichtung; die alten Wege gingen ein. Die
Schiersteiner Strassen wurde gestreckt und etwas erbreitert. Die Mosbacher
Chaussee behielt die ihr unter Fürst Karl gegebene Richtung bei ; dagegen ging
der links von ilu- abzweigende W(>g nach Kastei als solcher ein. Der Haupt-
verkehr nach Kastei und Mainz vollzog sich entweder über Biebrich oder auf
d(T Mainzer Strasse im Salzbachthale, die aber nicht so gut imstande gehalten
wurde wie die übrigen Strassen, die zum RluMue führten. Geradeaus lief nun
auch die Bierstadter Strasse; der Kloppcjnheimer Weg ging als solcher ein,
indem sich der Verkehr dorthin über Bierstadt wendete. Denn wenn die
Strasse auch einen kleinen Umweg machte, so kam die Zeitversäumuis doch
dadurch, dass jene stets gut imstande war und das Fortkommen sehr erleichterte,
wieder ein. Die Sonnenbcrger Strasse wurde erbreitert, gegen den Berg, wie
nach den Wiesen hin; sie wurde ferner über Sonnenberg nach Rambach weiter-
geführt, oberhalb dessen sie auf die alte Idsteiner Strasse (Bingertstrasse) nach
Naurod stiess, die von da ab gleichfalls verbessert wurde. Bei Wiesbaden
wurde die Sonnonberger Strasse weiter westlich verlängert bis zum Nerothale:
als sie bald darauf angebaut wurde, empfing sie den Namen Taunusstrasse,
di'i' ihr bis heute geblieben ist.
Die alten Strassen nach Idstein, sowohl diejenige über den Bingert, wie
die über den Trompeter gingen für den Fuhrverkehr fast ganz ein. Wie
schon gesagt, lenkte sich dieser in erstgenannter Richtung über Sonnenberg
1111(1 Rambach nach Naurod und von da auf der alten Strasse weiter. Man
hatte dabei den Vorteil, dass die Strasse durchs Rambachthal in Hinsicht auf
Steigung und Beschattung b(^qu(Mner und angenehmer war. Der Weg über den
Trompeter ging völlig ein, seitdem später von Idstein nach Neuhof eine gute
Strasse über Eschenhahn angelegt war, wodurch die steile Steigung über di«;
Trompeterhöhe vermieden und der Fuhrverkehr über die Platte gelenkt wurde.
Auch die alte Eisenstrasse bekam eine andere Richtung. Die Strecke
von Hahn und Bleidenstadt bis zum Holzhackerhäuschen blieb die alte. ])ie-
jenige von dort nach Wiesbaden, bezw. nach der alten Schwalbacher Strasse
wurde schon im Jahre 1809 als „ruinös'-' bezeichnet. Das Michelbacher Fuhr-
\'26
werk, liiess es, nehme aus iliesem Grimdo seineu Weg lieber über Neuhof
oder durch das Hessedand. d. li. die Niedergrafschaft Katzenelubogen, über
Laugenschwalbach und von dorr ius Schlangeubader Thal hinab. Der Jäger
Genth auf der Platte schlug deshalb vor. den Weg. der vom Holzhackerhäuschen
bis zur Geisheck durch Wiesbadener Waldgemarkung zog, eine Strecke weit in
den vom Adamsthal nach dem Kloster führenden und von da in den von der
Fasanerie nach der Stadt ziehenden zu verlegen. Die Stadt dagegen besamte
den alten Zug der Eisenstrasse vom Holzhackerhäuschen bis zur Fasanerie und
le»te einen We"- von ersterem quer durch den Wald und direkt auf die Höhe
der Lahnstrasse bis zum alten Exerzierplatze an. Dies ist der Weg, auf dem
jetzt die Militärschiessstände errichtet sind. Auf solche Weise wurde die Eisen-
strasse von der alten Schwalbacher Strasse ab und nach Wiesbaden hin gelenkt.
Bemerkt soll noch werden, dass der Adamsthaler Hof 1804 von Adam Hass-
loch, einem Wiesbadener, der bei Fellenberg zu Hofwyl in der Schweiz
Bodenkultur studiert hatte, angelegt wurde; damals wurde auch der Ver-
bindungsweg von Ciarenthal nach Adamsthal ausgebaut.
Die alte Schwalbacher Strasse ging um dieselbe Zeit ein; der Verkehr
ins Aarthal ül)er Langenschwalbach vollzog sich fortan über die Hochstrasse,
die über die Hohe Wurzel führte und dann über Wiesbaden und Mosbach.
Die ahe Strasse wurde fortab nur zu Holzfuhren aus dem Walde benutzt von
unterhalb des Chausseehauses ab, woher sie denn erst recht den Namen Wald-
oder Holzstrasse bekam. Ilirer schlechten Beschaffenheit halber war der Ver-
kehr schon seit etwa dreissig Jahren, nach dem Neubau der neuen Schwalbacher
Chaussee, meist auf diese verlegt worden.
Endlich ging auch die alte Rheingauer Strasse ihrem Verfall entgegen.
Der Verkehr auch über sie hörte auf, seitdem Wiesbaden zum Schnitt-
punkt der verschiedenen Strassen über die Höhe gewählt wurde. Er vollzog
sich, wie mehrfach erwähnt, über die neue Lahnstrasse und die Platter Strasse
nach Wiesbaden. Den Aufschwung, den die Regierungshauptstadt Nassaus
dadurch nahm, sehen wir an der steigenden Zahl ihrer Bevölkerung : 18L5: 4303,
1820: 5516, 1830: 8059, 1840: 11975, 1850: 13992 u. s. w.
Aber der Verkehr über die Lahnstrasse w^ar äusserst beschwerlich. Vom
Chausseehaus über den Klapperstock mussten bei schweren Lastwagen bergauf
immer ein bis zwei Dutzend Vorspannpferde zu Hilfe genommen werden. Endlich
trat auch hier Besserung ein, und eigentümlicherweise war daran wieder eine
dolitische Umwälzung schuld. AVir denken hier gleich an das Jahr 1848, das
80 mancherlei Folgen auch auf wirtschaftlichem Gebiete hatte. Die Regierung
hatte, durch den Volkswillen gedrängt, die Wegefronen aufheben und die Unter-
haltungsarbeiten an den Chausseen bezahlen müssen. Sie und der Landtag fanden
aber auch in der Beschäftigung der Arbeiter beim erweiterten Wegebau ein
vorzügliches Mittel, den vielen Brotlosen Unterhalt zu verschaffen. So nahm
der Chausseebau in Nassau einen neuen Aufschwung. Man trachtete einerseits
dahin, die vorhandenen Chausseen durch Macadamisieren zu v(n-bessern, ander-
seits dahin, neue, bequemere Verkehrsstrassen herzurichten. Merkwürdiger-
weise ''eschah das zu einer Zeit, da das neue Verkehrsmittel, die Eisenbahn,
129
durch den [)mi der Tuunusbahu Wiosbiidon-Fraiikfiirt (1839/40) und der Sodrncr
Zweigbaliu (1847) bereits Einführung gefunden hatte. Allentluilben sehen wir
also in den fünfziger Jahren im Herzogtum neue Cliausseen und verbesserte
Vizinalwege erstehen. Au(;li bei Wiesbaden.") Der Land(>sherr liess die schöne
Biebricher Strasse mit Fussgänger- und Keitallee anlegen; die Kastanien-
anpHanzung erregte damals (1854/56) als etwas ganz Neues überall Be-
wunderung. Gleichzcntig wurde die neue Strasse ins Aarthal erbaut, die Aar-
strasse genannt. Es ist die heute vim der Lalinstrasse rechts abzweigende,
unterhalb des Exerzierplatzes geradeaus zum llelzhackerhäuschen fülu'cndc
Strasse. Oberhalb des letzteren wurde sie, mit Kurrektui' drv Richtung d(^s
alten Bhndenstadter Weges, in sanfter Steigung über die Senke dei- Eisernen
ILind, rechts an dem alten Kreuzungspunkte vorbei, geradeaus nach Hahn
hinab und von da im Aarthale über Bleideustadt nach Langensclnvalbach ge-
führt. Von hier aus erfolgte 1857—1863 der Weiterbau aarabwärts bis nach
Diez an der Lahn. So war ein bequemerer AVeg übers Gebirge nach Langen-
schw^ilbach für die Lastfuhrwerke gefunden, und auch die Postkutsche brauchte
nicht melir über den Klapperstock zu schleichen. Absichtlich hatte man auch
bei Anlage der neuen Chaussee die uralte Kreuzungsstelle der Eisernen Hand
gemied(>n; es sollte mit dem früheren Strassensystem, ja mit der Erinnerung
daran völlig gebrochen werden.
Seitdem verödete die alte Strasse nach Schwalbach ; Graswuchs bedeckte,
Gestrüpp umwucherte die Waldstrasse und die ehrwürdige Kheingauer Strasse,
während die neuen Chausseen über Platte und Eiserne Hand sich mit desto
lebhafterem Verkehr erfüllten. Ein Menschcnalter lang, da veränderte sich
abermals das Bild: 1879 wurde die Eisenbahn von Wiesbaden ins Daisthal über
Niedernhausen und 1889, bezw. 1893 von ebenda ins Aarthal über Langen-
schwalbach eröffnet; die beiden Schienenw^ege nahmen den beiden Landstrassen
den Frachtverkehr zum grössten Teile ab, und auch das Posthorn schwieg jetzt
auf jenen Strecken durch die Wälder.
Der Spaziergänger in Wiesbadens Umgebung hat, wenn er die Reste der
alten Verkehrswege bei den Schiessständen, am Glasberge, bei der Fasanerie,
beim Holzhackerhäuschen und die ehrw^ürdige Waldblösse auf der Eisernen
Hand, die nun so verlassen daliegt, sinnend betrachtet — vorausgesetzt, dass
er weiss, was und wieviel diese Stellen einst im Verkehrsleben unserer Vor-
fahren bedeuteten — Ursache genug, über den Wechsel aller menschlichen
Dinge nachzudenken. Und der Historiker entnimmt daraus noch für sicli be-
sonders die Mahnung, bei seinen Darstellungen auch mit den Faktoren der
wirtschaftlichen Entwickeluug entsprechend zu rechnen.
Anhang.
Actum Wiesbaden, d. 11. May 1789. Wurde heute bei versamletem
Stadtrath und im J3eyseyu der gemeinen Vorsteher wegen Bauung des Erbeuh.
^) Vgl. die Fussnote auf S. 125.
Woeo-s mit dorn Werkmeistor Bairer und Maurermeister Jacob Weber nach-
stellender Accord abg:eselilos.seii.
1. Verbinden sich auf der einen Seite j^edachte beide Contrahenten das-
jeni^a- Stück des Erbeuli. Weegs. so zm- Chaussee abgemessen ist und uugefehr
120 Ruth enthält, gemeinschaftlich und zwar jeder die lliilfte füi- sich allein,
so wie einem ji'den sein Stück zugemessen werden ^Yird. auf eine dauerhafte
und Chausseemäsii'e Art mit Steinen zu setzen, dass die Verbindungen der
Steine wohl in acht genommen.
'2. Müssen die Steine in der Mitte der Chaussee wenigstens 2 Schuh hoch
und neben nach dem Panciuet aber über einen Schuh hoch gesetzt werden,
dergestalt, dass die Wölbung ungefehr 10 Zoll hoch wird und die Steine auf
den Kopf und nicht auf das Lager gesetzt werden.
o. Auf beiden Seiten mus ein Band von grosen und tüchtigen Steinen
nach der Schnur G Zoll in die Chaussee Wölbungen eingegraben und wechsel-
weis wie Binden und (^uater in das Chaussee Pflaster eingreiffend und ver-
bindend gemacht werden, welches Band von 20 zu 20 Schuh ebenfalls von grosen
Steinen und 0 Zoll in den Grund eingegraben, zwerg durch die Chaussee
nms gezogen werden, und
4. Soll überhaupt die Einrichtung der Chaussee so geschehen, wie sie in
dem unterm 21. May 1772 zwistihen dem Maurermeister Jacob ]5eltz und dem
ir. Rittmeister von Waldner abgeschlossenen Accord bestimmt ist.
.'). Werden auf beiden Seiten der Chaussee sogenannte Abweisen vt)n
grusen Waldsteinen gesetzt und hier vor nichts besonderes bezahlt, dagegen ist
l). Die Pflasterung des Grabens und die weiteren Kosten, wenn allenfalls
hin und wieder eine Antauche erforderlich wäre, nicht mit in dem Accord
begriffen.
7. Da nun beide Contrahenten alle erforderliche Steine auser den Ab-
weisern zur Chaussee liefern und solche nur von der Stadt herbei gefahren, so
wird denselben von jeder Chaussee Ruth, welche 10 Schuh lang und 20 Schuh
breit gerechnet wird, inclusive des Werths der Steine und des Arbeitslohn bei
dem Setzen Drey Gulden Zwanzig albus verwilliget.
8. Verbinden sich beide Contrahenten die ganze Chaussee bis längstens
künftigen Martini in fertigen Stand zu bringen. Man hat daher diesen Accord
von den Contrahierenden Theilen, nach dem er noch einmal vorgelesen und
genehmigt worden war, unterschreiben lassen. — Joh. J. Bager, Joh. J. Weber,
(>. Kulhiiann. Stadt-Amtmann. J. Fr. Schlidt, Bg. Meister, J. (f. Sommer
Burg. Meist., Johaunes Göttel als Vorste(he)r. Johann Balthasar Jung als
Voiste? he)r.
Die Wellritz,
ihr Name und Ihre Benutzung durch Bürger und Adel im 16. Jahrhundert.
Von
Fr« Otto*
In der Freibcilage zum Wiesbadener Tageblatt „Alt-Nassau", 1898, Nr. 8,
S. 29 f. hat Herr Dr. Spiclmann einen lesenswerten Aufsatz über das
Wellritzthal veröffentlicht, in welchem er zunächst den Umfang des alten Gc-
meindewaldes, die Wellritz genannt, beschreibt, die Deutung des Nanu;ns aber
ablehnt und sich nur gegen die Meinung, als besage derselbe wikh; Rodung,
erklärt.
Über den ersten Punkt wölben wir nicht mit ihm rechten und nur soviel
bemerken, dass die Ausdehnung der AVellritz uns als zu gross angenommen
erscheint. Denn z. B. die Geissheck oder der Distrikt zwischen der Bleiden-
städter Strasse und dem Bruderbach (Urkunde vom 13. Januar i;U7) gehörte
nicht zur Wellritz, d. h. zum llollerbornfelde, sondern zu dem durch die
Distrikte Überhoben und Ködern erweiterten Hengertfelde, wie mehrfache Ein-
träge in Lagerbüchern und Güterverzeichnissen beweisen. Die Grenze der
AVellritz gibt Hellmund, welcher der Umwandlung derselben in Ackerland
noch ziendich nahe stand, so an, dass er sagt, so heisse die Gegend,
welclie über der Stadt nach ])otzheim zu neben dem Wiesengrund liege;
hier führte bereits in früher Zeit ein Weg von Wiesbaden nach dem
Kloster Ciarenthal, wahrscheinlich längs und zwischen der Wellritz und dem
Bruderbach, wie die Urkunde vom 7. April 1326 zu erkennen gibr: „die
Bruderbach oder die Forstbach, die do tluzet zu der rechten hende, so man
get von Wvsebaden zu unserm clostere." Gehörte das Thal des Bruderbachs
mit seinen Wiesen und den links angrenzenden Äckern nicht zur Wellritz, so
bedeutete der heutige Name Wellritzthal anfangs nicht das Thal in der Well-
ritz, sondern das Thal a n der Wellritz und hat erst dadurch, dass die Erinnerung
an deren frülierc Ausdehnung schwand, in dem unrichtigen Sinne, als ob der
Wald auch das Thal eingenonnnen habe, Bestand gewonnen.
Doch wir wollen diese Frage nicht näher erörtern, sondern einen Versuch
machen, den Namen des Bezirkes zu deuten, sodann einige Thatsachen aus der
Geschichte der Wellritz erwähnen, di.' auih für die Geschichte der Stadt von
Interesse sind. Zunächst stellen wir die Namensformeu zusammen, wie sie seit
9
*
13i^
dem Antauge de^ 14. Jahrhuuderts. wo die Wellritz zum ersteumale geuaunt
wird, bis zu unserer /»ir lauten.
1. ca. loOO: .,uuum iugerum . . 1) i m e Wilderaif
2. ca. loOO: „unum iugerum se extendit in den Wilderot."
Beide Stellen in einem Eberbacher Güterverzeielmis, dessen Namen
auf den Anfang des 14. Jahrhundeits liinweiscn.
;>. 1;j49: Graf Adolf erlaubt dem Kloster Clarenthal zu roden ..iin inuc
gmzen rode, daz da stozet uf d i Wilde r a t. "
4. 15. Jahrhundert. Die Aufschrift auf der Rückseite der unter Xr. :\
genannten l'rkunde hat :
„und an deji eckern gegen dem Wilrotli".
."). i;)."):'.. Weishim bei Schliephake II, 221:
.,d i e W e 1 d r a d i s ist ein recht almendt".
i;. Vor 1/jT0. Weistum im Merkerbuch:
..dar nach d i e W i 1 d c r a t s".
7. ca. 1370—1380. In einem Tiefentluiler Güterverzeichnis findet sicli
zweimal der Name W i 1 d e r a t z :
..1 morgen of dem Felde gen Dotslieym an der AVi Ideratz".
5. „ 1 mortjen . . wendet in""!! \ W i l d e r a t z".
9. ca. 1430. In dem zweiten Teile des Karthäuser-Güterverzeichnisses,
das nach den darin erwälmten Namen um das Jahr 1430 fällt, finden
sich folgende Namensformen:
„1 morgen stozet gein der Wilderytze".
10. „2 morgen darnach uf dem stugkc, das I^otz Koche geroyt Itat
i n n e der W i 1 d r ü t z e".
11. 141)0. Güterverzeichnis des S. Petersstifts (schlechte Abschrift):
„drei Morgen bei der Wilritz bei dem Landtgrabcn".
12. ca. 1532. In einem alten Zinsregister des Wiesbadener Hospitals:
„Wiese vor der Willritz".
13. nach 1560, in dem Behaltnusbuch und dem Jlerdschilliugsbuch findet
sich häufig :
„die W i 1 1- i t z (Willritz) und W e 1 r i t z (Wälritz), aucli einigemal
Wylretz".
14. 1572: „im Walde die Wildritz genannt".
15. Seit dem 17. Jahrhundert: die Wellritz (Welritz).
Do.v erste Bestandteil unseres Wortes ist unstreitig das Eigenschaftswort
wild; so erscheint es in fast" allen Formen des 14. und 15. Jahrhunderts.
Nur zweimal, in Nr. 4 und 11. ist der schliessende Dental d ausgefallen, ijii
Jahre 14*.»'.» und einem unl)estim]nten Jahre desselben Jahrhunderts. Der Aus-
fall d(;s d ei-klärt sich so: d wurde zunäclist dem vorhergehenden 1 assimiliert
zu 11. dann aber, da es in der Aussprache nicht mehr bemerkbar war, in der
Schrift weggelassen. Vom 10. Jahrhundert an wurde dann diese Schreibung
herrschend, doch tritt die Erinnerung an die ursprüngliche Form noch in Nr. 14
(1572) zu Tage.
1 . )i}
]Jor ui'sprünglu'lic Vnkal i ist gleichfalls im 14. und 1"). JahrhuiKkTr mit
einer Ausnaliinc gewahrt: nur in Nr. 5 (I^'kj) erscliuint ein e, das \vi(>d('i-
etwa nacli der Mitte des lO. .lahrhunch'rts eintritt und den Sieg davuntriigt;
ä ist von (^ !)h)ss grapliiseli verschieden.
Wild ist = unangel)aut, wild wachsend, wüst, einc^ passende Bezciichnung
eines Distriktes, der in frülun'en Zeiten vielhucht wüst dalag, später mit JJäumen.
"Wald und Gebüsch bewachsim war und nicht zum Ackerbau benutzt wurde.
S(;hwiei'iger ist es eine alles erklärende llerleitung des zweiten Bestandteils
zu tinden.
a") Das 14. Jahrlmndert ztügt die Jjaute ai, a und (üniual o (^^i'r. 2j, der
auch im lö. Jalu'hundert noch (üumal wiederkehrt (Nr. 4).
b) Nur beim ersten Vorkommen (Nr. 1 und 2) hat das Wort männliches,
sonst stets wcübliches Geschlecht.
c) Das schliessende -is, s, tz tritt erst in der Mitte des 14. Jahr-
hunderts ein (Nr. 5—8).
d) An der Stelle des Yokals a ers(;lieiut im 15. Jahrlmndert (1430,
Nr. 9 u. s. w.) der Vokal i, anfangs, wie die Schreibung ti oder y
(Nr. 9 und 10) zu erkennen gibt, als Länge, dann 'Nr. 11 ff'.) als
Kürze ausgesprochen.
Zimächst weisen Avii", wozu die Sclueibung Wilderot und Wilroth in
Nr. 2 und 4 verleiten könnte, den Zusammenhang des Wortes mit rode zurück;
0 ist hier nichts als dumpferer Laut des a in Nr. ;5, wie er in der volks-
fTimlichen Aussprache noch jetzt vielfach vorkommt. Wie könnte ein nicht
angerodeter Wald als Rod oder gar als wilde Rod bezeichnet worden sein?
Allerdings ist einmal, im Jahre 1430 ein Stück Land als gerodet „inne der
Wildrütze" (Nr, 10) angegeben, und diese Rodung muss kurz vorlier statt-
gefunden haben, da der Name dessen, der sie vornahm, noch bekannt war;
wir dürfen hier daran denken, dass im Merkerbuch Lotze Koch (ca. 1370)
genannt wird oder dass ein Nachkomme des Schöffen lleintze Koch (1363 ff. )
die Rodung vorgenommen habe. Doch wissen wir nichts Näheres über sie und
sie kann, da die AVelliitz damals schon Gemeiudewald war, nur höchstens ein
einzelner Fall gewesen sein, der, wenn er wirklich stattfand, eine Ausnahme
von der Regel bildete. Erst im 17. Jahrhundert begann die allmählicli voran-
schrcitende Benutzung der Wellritz zu Ackerland.
Es bleiben uns somit nur die Formen rait, rat und rit(z) zu betrachten
übrig. Von diesen scheint die zuerst vorkommende rait auch der ursprünglichen am
nächsten zu liegen; sie ist wohl ohne Zweifel gleich dem noch in Hofreite er-
haltenen reite, reide, raide; Ilofreite ist der freie Hof platz in einem Landgute
(Heyne im D. W. VHI, 766 und IV, 2, 1{)97). , Wurde dem Worte die Vorsilbe
gc, got. ga, vorgesetzt, so ergaben sich die Formen gereite, gercit. geraid. die auf
got. garaidjan. anordnen, garaids. angeordnet, zurückgeführt und als festgesetzter,
angeordneter Raum gedeutet werden (Hildebrand im D. W. W. 1. 2. 3626).
Beliebt war die Verbindung Heimgereite, der dem Gemeinwesen zugehörige
Bezirk im Gegensatz zum eignen, namentlich die nudueren Gemeinden gemeinsame
Waldung. Wilderait wäre demnach ein nicht angebauter oder wüster Bezirk.
134
>'un aber erheben sieh Schwierigkeiten: wie kam es. dass Wildorait als
männlichen Geschlechts in >'r. 1 und '2 erscheint, während Reite weiblich ist?
dass der Tukal a an die Stelle von ai (ei) eintrat, dann i sich festsetzt?
Auf die erste Frage antworten wir mit dem Hinweis auf die Vermischung
von rait und rät, copia (vgl. II a u s r a t), von gereite und gerät, die sehr nahe lag
und von H i 1 d e b r a n d in D. W. a. a. O. 3567 und 3625 herangezogen ist. Rät
ist männlichen Geschlechts und so konnte sehr wohl ein Schwanken im Gebrauch
desselben leicht stattfinden und Wilderait männlich gebraucht werden. Auf
dieselbe Vermischung mir Rät sind die Formen mit a, weldradis u. s. w.
zurückzuführen. Mit dem Vokal i kehrt der Name wieder zu dem anfänglichen,
in dem Volksbewusstsein festgehaltenen Reite zurück, behält aber von dem
inzwischen angefügten -is, s den Schluss mit tz bei. Diese Bildungen be-
rulien nänüich offenbar auf der im Jahre 1353 bezeugten Form Weldradis, das
durch den Ausfall des i zu Wilderats und Wilderatz wurde. Die Erklärung
jener Endung -is ist schwierig; wir haben es ohne Zweifel hier mit einer
blossen lateinischen Nominativ -Endung zu thun. Sollte sie einem des Lateinischen
kundigen Schreiber zu verdanken sein? Bei allen diesen Wandlungen haben wir
nicht zu vergessen, dass die Schreiber oft fremde Mönche waren, welchen die
ursprüngliche Form des Worts unbekannt war und den gesprochenen Laut durch
die Schrift festzulegen genug war.
Wir kommen nunmehr zum zweiten Teile unserer Mitteilungen, der einige
Thatsachen aus der Geschichte der Wellritz betreffen soll. Deren gibt es aus
der älteren Zeit freilich sehr wenige, da wir die meisten Aufzeichnungen, die
den Namen des Gemeindewaldes Weliritz bieten, Güterverzeichnisse sind und keine
geschichtlichen Vorgänge enthalten. Aus dem 14. und 15. Jahrhundert kennen
wir nur. was das Weistum von etwa der Mitte des 14. Jahrhunderts bei
Schliephake II, 219 ff. und i)n Merkerbuch S. 5 ff., sowie die oben er-
wähnte Stelle im Verzeichnisse der Karthäusergüter von ca. 1430 besagen.
In dem Weistum des Merkerbuchs heisst es, S. 8, nachdem die vier
Almenden, wozu die Wellritz gehörte, aufgezählt sind: „daz sint die fyer
rechten alemente, als sie die von Wysebadin von aldir hant gehabt, da y d e r -
m a n von der gemeyn mak ynne hawen und ir g n y s s e n , dar umme
sie n y m a n s a 1 pendln." Und so blieb es, solange als die Almenden
bestanden und nicht veräussert wurden: die Bürger — aber auch nur diese,
wenn nicht andre Einwohner der Stadt sich die Erlaubnis dazu erwirkt hatten
— durften und konnten hier ihren Bedarf an Holz holen. Über den Umfang
freilich, in dem dies stattfand, erfahren wir nichts bis zum Jahre 1561. Es
hatten zwar einige Jahre vorher, am 13. Februar und 25. April 1547') zwei
grosse Feuersbrünste stattgefunden, die an jenem Tage zehn Herd- und Feuer-
stätten nel)st Ställen und Scheunen, an diesem fast die ganze Stadt in Asche
legten, aber Nachrichten über Neubauten und wie viel Holz die Wellritz zu
ihnen geliefert habe, sind nicht erhalten.
*j Vgl. Ann. XIX, 102. Rössel, Kinliliche Altertümer, S. 22.
13;")
Zwei weitere älinliche ünglückställt! hatte die Stadt im Jahre löGl und
1563 zu erleiden, über welche das Belialtnusbiich also berichtet: „Wissbaden
gebrant Anno 1501 uff" Donnerstagk nach Medardi, welcher der 12. war des
Monats Junii und sein verbrauth 53 f'euer oder hertstcsth ohne Schcuci- und
Stell, gott behutt vor weiderem schaden" und „Anno 1503, den 22. Februarii des
Abentz brant der Diff'entaller hoff' sanipt scheuern und stel b(;y neben 4 heuser
und stel und 2 scheuern, got behutt vor weittereni Schaden, Amen." Infolge
davon gab man sich rüstig daran, an Stelle der eingeäscherten Gebäude neue
zu errichten, und dabei nuisste die Wellritz das JJauholz liefc^'n. In den fünf
Jahren 1501, 1503 — 1507 (erhielten aus ilir 00 Personen mindestens 188 „I[ölzer",
je nacli der Grösse ihres Verlustes und Bedürfnisses, viele (30) je vier, andere
(32) je zwei Hölzer, eine drei und eine ein Holz; von zweien ist die Zahl nicht
augegeben. Aus der beifolgenden Tafel ist die Verteilung der Personen und
Hölzer auf die einzelnen Jahre ersichtlich. Wir bemerken dazu, dass Jiicht
alle zu den „verbrannten" Personen gehörten; die Namen der Empfängen- hab(!n
wir für uusern Zweck nicht nötig erachtet beizufügen. — Unter dem Worte
Hölzer sind Baumstämme zu verstehen, wie denn einigemale beide Bezeichnungen
(„Höltzer oder Stem") verbunden werden oder bloss von „Stem" die Kode ist.
s
§
0^
S
o
Personen
Hölzer
Personen
Kl
c
a
o
1
s
o
s
Hölzer
Summa
—
4
—
3 i
—
2
—
1
—
iinl)e- j
stimmti
Personen j Hölzer
1561
23
92
—
—
1
2
—
1
•p
25
94 + X
1563
3
12
—
8
16
—
_
_
11
28
1564
1
4
—
7
14
1
1
1
_
9
19
1565
2
8
—
5
10
—
1
?
8
18 + x
1566
1
4
1
3
10
20
_
12
27
1567
—
—
1
—
—
1
—
—
2
~
1
2
Summa
30
120
1
3
32
64
1
1
2
?
66
188 + X
1575
—
—
3
—
—
\
\
3 i
—
—
1
6
f 6
1
Summa
\ 30
1
35
1
2
' 69
120
3
70
1
V
194 + X
Nach dem Jahri^ 1507 wird entweder der Verbrauch der Wellritzhidzer
geringer, da der Wald so stark gelichtet worden war. oder die Aufzeichnung
im Behaltnusbuch weniger gewisseidiaft fortgeführt. Nur noch einmal, während
i;50
des 16. .Jahrhuuderts, im Jaliii" IT^T."), wird gemeldet, diiss drei Personen je
zwei Hölzer erhalten hätten, aber eifrig darüber gewacht, dass keine un-
berechti'^ten Persuueu (es kam zweimal im Jahre 159.") von Auswärtigen vor)
sich Holz aneigneten.
Anders stand es mit dem in der Stadt Wiesbaden ansässigen oder be-
«»üterten Adel, und dieser Umstand veranlasst uns die Verhältnisse desselben
näher zu beleuchten.
Einen altheimisclu-u Adel besass die Stadt nicht mehr, seit das Geschlecht
der Ht'rrn von Wiesbaden, heruntergekommen wie es dem Anscheine nach da-
mals war. um das Jahr 1400 ausgestorben und seine Besitzungen in andere
Hände über"-e"-angen waren. Neben demselben hatten sich schon frühe andere
Familien aus der Nähe und Ferne festgesetzt; einzelne Glieder derselben
mochten als Burgmaunen Eingang gefunden und Grundbesitz erworben haben,
andere hatten durch Heirat mehr oder minder bedeutende Güter erworben oder
waren als Beamte oder Käte in den Dienst des Grafen berufen worden. Die
Bewirtschaftung ihrer Besitzungen besorgten sie vielfach nicht selbst, sondern
o-aben sie au Päi-hter aus oder setzten Verwalter ein. Eine Eingabe der Stadt
an den Grafen aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts sagt, dass damals sechs
adelige Personen mit 30—40000 Gulden zu Wiesl)adcn begütert waren, aber
„mehrer Theils" ausserhalb Wiesbadens wohnten.
Zwischen sie und der Stadtgemeinde kam es nun sehr oft zu Zwistig-
keiten. indem sie sich den landesüblichen und von der Herrschaft bestätigten
Ordnungen hinsichtlich der Abgaben und Leistungen nicht fügen wollten, auch
sonst sich Eigenmächtigkeiten erlaubten, die sich die Stadt nicht gefallen lassen
wollte.*) Das angezogene Schriftstück des angehenden 17. Jahrhunderts klagt,
sie massteu sich alle Freiheit über die von den Grafen gegebenen genannten
Befehle an und wollten Beschwerden nicht tragen helfen. Und doch waren
diese nicht gross und nicht unbillig. Man verlangte, dass die angesessenen
Adelspersouen und Herrendiener AVeg und Steg gleich den Bürgern erhalten
helfen sollten, da sie. wie im Jahre 1617 geltend gemacht wird, dieselben mit
einander zerreissen und zerbrechen, sich aber dieser Last soviel als möglich zu
entziehen suchten; ferner sollten sie wie andere das sogenannte Backungeid
(2 Alb. 2 Pfg. von jedem Malter) entrichten, soweit sie nicht schriftliche Be-
freiung aufzulegen hätten, und von bürgerlichen Gütern, d. h. solchen, die sie
*) Ein interessantes Beispiel erzählt das Beh.-Buch fol. 197 vom 4. Juni 1607. WalthtM-
von Grodian, Sohn des Reinhard von Grodian, der durch seine Mutter Anna Maria von Goi-
spitzheim in den Mitbesitz eines llofcs in der Kirchgasse gekommen war, hatte den Zaun
seines Gartens vor der Mainzer Pforte herausziehen und auf ein Grundstück der Gemeinde
setzen lassen. Als er nun vergeblich verschiedene Male durch Schultheiss, Schöffen und Ge-
meindeitersonen aufgefordert worden war, den Zaun auf seine alte Stelle zu setzen, verfügten
sich, als dor Gottesdienst beendet war, Schultheiss, Schöffen, Geschworne und soviel von den
Bürgern in dor Kirche gewesen, auf vorgehabten Hat nach dem genannten Garten, zogen den
gesteckten Zaun aus, so weit er übersetzt gewesen, und setzten ihn an seine richtige Stelle
zurück; die geschworncn Feldmesser waren sofort bei der Hand vier Marksteine zu setzen.
Grodian scheint dies Vorgehen so wenig gefallen zu haben, dass er zwei Jahre nachher seinen
Anteil an der Besitzung verkaufte.
137
von Bürgern erkauft, die liede (Ausbude gomuint, wi'un sie auswärts wohnten),
zahlen. Den Grafen mochten bisweilen die Klagen der Bürger über die Hinter-
ziehung und Schniälerung der Abgaben lästig Nverden und sie Hessen sie wohl
einmal unbeantwortet, in» allgenu'incn aber standen sie auf Seiten der Bürger
uiul suchten ihnen wiederholt zu ihrem Rechte zu verhelfen.
Zu der Zeit, von der wir handeln, waren (is besonders zwei Junker, die sich
durcdi [JnbotmässigkiMt und (rewaltthätigkeit hervorthaten, Jlaus Machon-
h 0 i m e r v o n Z w e i b i ü <; k e u und W a 1 1 h c r von N i t z s c h w i t z.') Haus
Machenheimer war der Sohn des Hans Machcmheimer, der die Tochter des Wies-
badener Amtmanns .lud von Eltvillo geheiratet und durch sie nicht unbeträchtliche
c;üt(>r in der Gemarkung der Stadt ererbt hatte, auch vom Jahre 1524 an einige Zeit
Amtmann daselbst gewesen war. Der Sohn erbte die väterlichen Güter uu-l
darunter das Haus, das der Vater erbaut hatte gegenüber der Mauritius-Kirche,
iu dem er wohnte; den Bauplatz hatte er aus bürgerlichen Händen erworben.
Walther von Nitzschwitz war früher Amtmann von Greifensteiu gewesen, hatte
dann die Witwe des 1554 verstorbenen Amtmanns Moriz von Bresen geheiratet und
mit ihr dessen hinterlassene Güter erhalten. Er mag sich infolge dessen öftci-
zu Wiesbaden aufgehalten haben, wie wir das von den Jahren 1558 und lo59
wissen, und dadurch den Grafen bekannt geworden sein: im Jahre 1567 machte
ihn Graf Balthasar zu seinem Rat und Diener von Haus aus; von da an scheint
(>r beständig zu Wiesbaden gewohnt zu haben. Beide Junker hatten neb(m
ihren gefreiten Gütern auch bürgerliche in Besitz, Nitschwitz etwa 40 Morgen
Ackerland, Weinberge und Wiesen, Machenheimer einige Weinberge und eine
Hofreite. Sie mochten bereits oftmals Veranlassung zu Beschwerden gegeben
haben, welche die Gemeinde übersah oder nicht verfolgte, als endlich das Mass
voll war, und man nicht mehr ruhig zusehen wollte, wie Recht und Ordnung
missachtet w^urde. Eine passende Gelegenheit schien zu sein, als Graf Balthasar,
der das Vertrauen der Bürger nicht besass*), gestorben war (11. Januar 1568)
und eine Vormundschaft, bestehend aus dem Grafen Johann von Saarbrücken und
der Witwe Balthasars, Margarethe von Isenburg-Büdingen, die Regierung des
Landes übernommen hatte. Namentlicli scheint der Graf Johann den Bürgern
die Hoffnung erweckt zu haben, dass ihre Klagen nunmehr Abhilfe finden
würden, während die verwitwete Gräfin in den Verdacht geriet, als ob sie ein
Versprechen ihres Gemahls nicht halten und der Gemeinde ihren Pfarrer
Nicolaus Gorapo nehmen wolle.')
"') Die Schreibung des Xamens ist verschieden: die Grabsohrift seiner Cicninhlin Aunii
(ir)6-J) lautet bei llel wich Nitzschwitz, daneben findet sich Nichtschwitz und Nichsohwitz, ein-
mal Nitzwitz. Wir folgen der Grabschrift.
') Balthasar hatte eine öfter wiederholte Klage der Stadt gegen Nitzschwitz „anderer
vorfallender Geschäfte halber" zu verfolgen eingestellt. Supplikation vom 10 Juli 1569. Auch
hatte der (iraf ein Versprechen nicht eingelöst, das er der Stadt gegeben, als diese ihm ihr
altes Kathaus, die Hütte, überliess; damals versprach er ein neues Haus dafür wieder her-
zurichten. Ehe er das gethan hatte, starb er, aber die (leraeindo vorgass die Sache nicht, die
erst im Jahre 1608 durch Graf Ludwig ihre Erledigung fand.
■') Diesen Verdacht sprach ein Schreiben des Schultheissen und der Schöft'en vom
21. .Vpril 1508 aus, das die (Jräfin am 22. desselben Monats in ziemlidi gereizter Stimmung
138
Wir wollen luimiu'lir die hii>rbei gehörigeu Schriftstücke, soweit sie
in dein Behaltnusbucli der Stadt abschriftlich erhalten sind, in Kürze be-
sprechen und zwtu- zuerst die den Adel im allgemeinen angehenden, dann die
Hans Macheuheimer, schliesslich Waltlier von ]Sitzschwitz betreffeud(>n und
bemerken dazu, dass die Angaben des Damms nicht überall stimmen, wie das
in den einzelnen Fällen angegeben werden wird.
I. (fegen den Adel und die gefreiten Personen überhaupt, ohne dass
bestimmte genannt, aber vor allen die beiden namhaft gemachten Junker ge-
meint sind, wie aus weiter unten folgenden Schriftstücken hervorgeht, sind die
Klagen gerichtet, die in dem „Yerzeichnus derer xVrtickell, darin die Burger-
schaft und gantz (femein zu Wispaden hochbeschwerdt, uf den Jluldungstag
den i'l. Juli 1568*) unser gn. Yornuindschaft autragen lassen", zusammen-
"•efasst sind. In Nr. 1 wird geltend gemacht, dass in gemeiner Acht, wo die
vom Adel und gefreite Personen meistenteils begütert seien und Wege und
Stege brauchen, allewege die Wagen des Grafen, des Adels und der Gefreiten
gefahren seien samt andern Bürgern geachtet; dieser Zeit aber thäten sie nach
ihrem Gefallen, was grossen Unwillen i]i der Gemeinde errege („emperet")
und dadurch nichts Ratsames angerichtet werde. Ferner habe (Nr. 2) Graf
IMiilipi» drr Ältere mit gehäuteten Glocken vor dieser Zeit verbieten lassen,
dass keiner von Adel und der gefreiter Personen Bauerngüter kaufen dürfe,
08 wäre denn, dass er Zins und Bede davon entrichte. Darauf erfolgte am
4. August der Abschied, dass dem Amtmann auferk^gt sei, wenn ihm hinfüro
Klage vorkomme, dass einer oder der andere seine Gebühr nicht geleistet oder
vor der Zeit abgestanden sei, solle er den oder dieselbigen pfänden und die
gebührliche Strafe abnehmen.
In dem Abschied auf den zweiten Punkt wird vorausgeschickt, dass be-
richtet worden sei, es massten sich nicht Adelspersonen und Herrendiener
allerhand Freiheiten in Bezahlung des Backungelt(is und der Ausbede an und
hätten das Landgebück hier und da ausgerodet und sich angeeignet: daraufhin
wird verordnet, dass die Burgermeister beide Abgaben einfordern und im Falle
sich einer dessen verweigern würde, ihn jifänden sollen, wobei der Amtmann
ihn jeder Zeit handhaben solle. In Betreff des Adels heisst es: da die Vor-
mundschaft in währender Handlung befunden habe, dass die Klage begründet
sei, so befehle sie allen Büi'gern und Inwohnern der Stadt, dass „ihrer keiner
keinem Freien einig liegend Gut ohne Vorwisson der Obrigkeit verkaufe bei
beantworteto, indem sie die .Vuschuliliftungcn zurückwies oder richtig stellte; sie kehrte schliess-
lich den Spioss um: sie ermahnt die liiiryer, dass sie die Predigt tieissig und ordentlich be-
suchen und den Pfarrer und die Kirchendiener mit zeitlicher notwendiger Unterhaltung wohl ver-
»ehen, insbesondere darauf achten sollten, dass nichts, wie doch geschehen sein soll, von den
Pfarrgütern abgezogen werde; es solle deshalb das Pfarrgut von neuem abgemessen und das
Kntwendete wieder zugemessen werden, i^as Schreiben der Gräfin findet sich im städtischen
Archive.
°) So in der Lberschrift; in der Unterschrift heisst es: „Actum ... in der Huldung
unserer gn. Vormundschaft vorgchaltin den 21. Junii Anno 1568." Die Huldung aber fand
statt am 21. Juli; sie steht im Beh.-B. zwischen einem Eintrag von Johannis Bapt. und von
Mariao Himmelfahrt; dabei ist das Datum der Überschrift das richtige.
i:u>
Ycrlust flossolbcn Gutes, da« er verkauft habe, und im Falle, dass es erlaubt
werde, der Käufer der Stadt eine Rccognition der J3ed(! halber, das« er dieselbe
jährlich auszuriehten sclaüilig- sei, zu Händen stelle."
Es erhcdltit, dass bereits l'hilipp der Altere (!s für nöti«;- erachtete, die
Verpflichtung des Adels, voji bürgerlichen Gütern Bede zu /ahkm, einschärfen
niusste'); aber trotz der Wiederauffrischung des Gebots hören später Beschwerden
wegen Nichtachtung desselben wie auch wegen Erhaltung von Weg und Steg
nicht auf, und jedesnuil, wo der Graf sich darüber äussert, sehen wir ihn auf
der Seite der Bürger stehen, wie wir z. B. von Graf Ludwig hüren, der grade
das Gebot vom Jahre lööS in Beantwortung einer Su])plikation der Stadt im
Jahre 1609 wiederholt. Wenn dies auch ebenso sehr in dem Interessen des
Grafen wie der Stadtgemeinde lag, so niusste doch auch das Gebahren einzelner
Junker ihn nicht wenigen- als diesen aufbringen und zum Einschreiten reizen,
wien es bei den beiden oben genannten Hans Machenheimer und Walther von
Nitzsclnvitz nötig wurde.
II. H a n s M a c li e n h e i m e r v o n Z w c i b r ü c k (^ n. Mit diesem keliren
wir wieder zu unserem Ausgangspunkte, der Wellritz, zurück. Er hatte nändich
in der Woche nach Andreastag des Jahres 1567 vier eichene Stämme „eignes
Gewalts und freventlicher AVeise" in der Wellritz abgehauen und entführt.
Schultheis« und Schöffen hatten zwar sofort die Sache dem Amtmann Hans
Bernhard von Langein vorgebracht, aber dann nachbarlicher Weise fallen lassen
in der Hoffnung, es werde nicht wieder geschehen. Aber Hans ^lachenheimer
fuhr — wir folgen hier fast wörtlich der eindringlichen Klagschrift der Ge-
meinde vom 1. Juli 1568 — dessen unangesehen zum andern Male in eigener
Person zu Ross, mit Wehre und Büchse, Zimmcrlcuten, Wagen, Pferden und
Knechten eignes freventlichen Gemüts und Gewalts in der Gemeinde Wald,
fällte sechs eichene Hölzer und zeichnet noch andre an, die er, wenn etliche
Bürger, die ihn auf frischer That erfanden, nicht wehren konnten, auch gefällt
hätte. „Als wir, heisst es weiter, in der Stadt diesen Frevel erfuhren, schickten
wir etliche aus den Rotten mit wehrhaftiger Hand ihm nacli und erhielten von
dem Amtmann die Erlaubnis ihn zu pfänden, wie wir denn von Alters her
dazu befugt sind. Aber als jene den Frevler mit freundlichen Worten anredeten,
hat er sie nicht allein mit gotteslästerlichen Worten Schelme und Hiebe ge-
heissen, sondern seine Büchse gezogen, ihnen zu schiessen gedroht, ist aber
doch alsbald mit Gewalt, mit Ross und Wagen davon gefahren. Docli wir
ihm die Pforten zugethan, den Wagen, daraus der Knecht die Pferde gespannt
und gen Mainz zu reiten Willens, genommen und liinter den Schultheissen
gestellt. Über das so hat er, Machenheimer, eine stattliche Nahrung, braucht
Wasser und Weide, die Gemeinde beschützt, bewacht und behütet ihm sein
Haus, Hof, Vieh und Güter, da er doch mit dem wenigsten Buchstaben einige
Burgmannsfreiheit nicht darthun kann, also dass wir wcdil verursacht, auch v<>r-
^) Sprachlich ist vielleicht nicht ohne Interesse, dass es in dem Verzeichnis vom 21. .luli
lioisst: „mit gelautter Klockcn", in der Wiederholung des Satzes im Abschied vom 4. August:
„mit leudcnden Glocken'', also nicht allein der Numerus des Substantivs, sondern auch das
Cienus Yerbi wechselt.
140
möge unserer gerhanon EidspHidit. ihn diihin zu lialten. dass er zu Wege und
Stege zu dienen nicht gefreiet, sein Baekungeld. Ausbedo und dergleichen Be-
schwerden, wie andere, die unget'reite Güter besitzen, ausrichten sollte. Und
dieweil wir dann ihn in allem, wie itzt genielt. aus gutherziger nachbarlicher
Mt'inung bis anheru geleben lassen und er das undankbar achtet, so gelangt
an E. Ct. unser ganz unterthänig und Heissiges Bitton, E. (i. wollen uns bei
langwieriger hergebrachter Gereclitigkeit schützen und schirmen, auch ihn dahin
halten, dass er seines Frevels halber uns eine Erstattung thue und von seiner
Drohung abstehe." Zum Schlüsse versteigen sich die Bittsteller zu der Drohung.
dass sie, im Falle sie in ruhiger Posscssion nicht geschützt werden möchten
oder könnten (wie sie dann nicht zweifeln), verursacht würden andere Mittel
und Wege zum Guteu der ganzen Gemeinde vorzunehmen, und versichern i. Gn.
ihres schuldigen Gehorsams.
Die Antwort, um welche sie gebeten hatten, erfolgte am 4. August 1568^),
die in einer Abschrift von der Hand und mit der Unterschrift des Gerichts-
schreibers Nicolaus Albrandt (er bekleidete dieses Amt vom 29. Juli 1570 bis
zum 23. Juli 1074) vorliegt. Sie erfolgte nach einem Verhör der beiden be-
teiligten Seiten und weiteren gewissen Erkundigung und lautet: „Wofern sich
^[achenheimer innerhalb vierzehn Tage mir den Bürgcaii seiner betretenen Miss-
handlung halber in der Güte nicht vorgleichen werde, dass alsdann den Bürgern
der abgepfändete AVagen zu ihrem besten Nutzen zu verkaufen erlaubt sein
solle, und dem Amtmann befohlen worden, ihnen in dem Handhabung zu er-
zeigen, und dabei auch Machenheimer mit Ernst untersagt, dass er sich aller
Drohworte, auch dergleichen Frevel und Mutwillens enthalte und sich in dem
gebührlichen Rechtens bevaheu (?) lasse."
Die letzten Worte des Bescheides sind wohl so zu verstehen, dass Machen-
heimer die Ausbede und Zins u. s. w. von den unadeligen Gütern, die er
und sein Vater erkauft, geben solle.
Welchen Ausgang die Sache nahm, ist nicht überliefert: Machenheimer
wird sich gefügt haben. Von Übertretungen der Ordnung und Gewaltthätig-
keiten hören wir bis zu seinem im Jahre 1574 erfolgten Tode nichts mehr.
HI. W a 1 1 h e r v o n N i t z s c h w i t z liatte wie Machenheimer gleichfalls
Il<dz aus der Wellritz sich angeeignet und ZAvar etwa in derselben Zeit als
dieser. Darüber berichtet die „Supplication contra J. Waltheru von Nitzschwitz,
den 19. Juli 15G8*) übergeben", die erst wie andere Aktenstücke von dem
") Nach einem Bericlit des Beh.-B. erfolgte die Antwort am 24. Juli durch den Lirafeii
Hans und seine Räte. Ist diese Angabc richtig, woran wir zu zweifeln nicdit Ursache haben,
da sie unmittelbar nachher niedergeschrieben wurde, so ist diese Verschiedenheit des Datums
80 zu erklären, dass der Graf bei (ielegenhcit der Huldigung, die am 21. Juli stattfand und
ihn Wühl noch einige Tage zu Wiesbaden zurückl.ielt, eine mündliche Antwort, die ganz mit
der schriftlichen übereinstimmte, gab, die sr-hriftliche aber später folgen Hess.
") Auch hier weicht das Datum der Überschrift von dem am Schlüsse angegebenen al>,
da jenes di-ii 10. Juli l.')G!« bietet. Da der Abschied auf die Bittschrift am 4. Oktober 1568
erfolgte, so müssen wir diese in das Jahr 1568 setzen, das auch im Kontext genannt wird.
Ks wäre auch auttallcnd, wenn man ein ganzes Jahr mit der Beschwerde gewartet hätte.
141
Gerichtsscliroibor der Jahro ir)70— 1574, Nicohius Albrundt, in das Belialtnus-
buch ('iDg(!rra}j;iai ist. In di(!ser Bittscbrift wird zuerst Klag«; erhobou. dass
Waltlitsr von Nitzschwitz „eignes Gcwalts der Gomeido Landgra])on zum Teil
oingenomnien, Sträucho. Dornen und J lecken ausgerodet .... auch die Pfähle
ausgehauen haln;'' u. s. w. Die Bittsteller liätten dies bei chiiu Grafen riiilipi)
und IJairliasar niehnuals klagend vorgebraclit, aber „wolerniolter unser gn. Herr''
(soll wohl der letztgenannte sein) habe jeder Zeit dei- vorfallenden Geschäfte
halber auf den Augenschein zu gehen und zu besichtigen uns Zcdt zu ernenmm
eingestellt. Mittlerweile sei er mit Tod abgegangen und ^S'itzschwitz habe nun
noch einen sumpflichen Platz der Gemeinde eingenommen, was dieser und au<h
dem Grafen beschwerlich sei und Schaden l)ringe, Sie ])itt(!n um liesichtigung
durch Unparteiische, die das Landgebück und Gebrüdi abstcnnen und wieder
zu ihren Händen stellen. Ferner habe Nitzschwitz, nachdem sie in nächst
verschienener AVinterszeit auf sein bittliches Begehren sechs eichene Stämme
Bauholz aus ihrem Walde Welritz zu liauen erlaubt, deren undankbarliclu^r
AVeise nicht geachtet, sondern zu den sechsen noch acht eignes Gewalts ge-
hauen, was sie dem Amtmann zu Wiesbaden klagend vorgebracht, aber er-
sitzen lassen, in Hoffnung, er (AValther) werd(> der Gemeinde ferner kein Un-
recht zufügen. Dessen alles uuangesehen, sei er zugefahren Samstag nach
Jubilate (15. Mai) dieses itzt laufenden G8. Jahres und cignc^s Gewalts ohne einiges
Begehren ihnen in ihrem Wald zum anderen Male abgeliaucn 22 junge eichene
Stämme. Sie bitten um Schutz, dass sie nicht von dem Ad(d belästigt werden;
wo nicht, WHirden sie andre Mittel vornehmen, ihre Gerechtigkeit zu behalten.
Auch möge man von wegen der Obrigkeit darauf hinwirken!, dass er sich seines
Frevels mit ihnen vergleiche. Er habe ebensowenig Burgmannsfreiheit bei-
zulegen als Machenhsimer, und sei deshalb, wie billig, Backungcld, Bede und
dergleichen Beschwerungen von den ungeadelten und ungefreiten Gütern zu
geben schuldig.
Es folgt ein „A'erzeichnus derer ungeadelten (und geistlichen) Güter, so
der Edel und Ehrnvest Waltlier von Nichschwitz inhat''.
Die Klage vom 19. Juli wurde verabsclüedet am 4. Oktober. In Betreff"
des Landgrabens und Gebückes erging der Befehl an die Idsteinischen Räte,
dass sie mit dem Amtmann, Schultheissen, Schöffen und der ganzen Gemeinde
zu Wiesbaden beide besichtigen und in den alten Stand lichten sollen. Von
Pjackungeld soll Nitzsclnvitz wie andre vom Adel frei und unbeschwert sein,
von der Ausbede sei er, so lauge er Diener sei, auch gefreit und dem Rent-
meister befohlen worden, dieselbe jährlicli der Gemeinde zu entrichten und zu
verrechnen. Was das Übrige betreffe, so seien beide Teile verhört, und es sei
auch, wo nötig, der Augcnscliein eingenommen worden, aber zwischen ihnen
nicht Fruchtbarlisches ausgerichtet und daher die Verhandlung eingestellt worden.
So fand die Gemeinde keinen Ersatz für die weggenommenen Wellritzstämme,
aber das hatte sie erreicht, dass kein weiterer Eingriff in ihre Rechte von
Walrher gewagt wurde. Er gab z^Yar später noch mehrmals Anlass zu Klagen,
wie er denn im Jahre 1069 sich der Verordnung wegen des Landgrabens nichr
fügen wollte, eine Ölmühle ,,eignes Gefallens" zu einer Mahlmühle gemachr.
142
Netz- und Garnstellon vorgenommen und Drolnvorte gegen einige Bürger hat
vernehmen hissen, sogar sieh uiclit scheute, den Zaun seines Gartens au einigen
Orten zwei 'und drei Sc-huh ausserhalb der gesetzten Steine aufzustellen. Aber
als er im Jahre 1574 sechs Hölzer oder Stämme zu seinem laugen Bau be-
durfte, si'heinr er die Gemeinde um die P^rlaubnis angesprochen zu haben, sie
;ius der WcUritz zu holen, und sie ^Yurdeu ihm verwilligt.
Die beiden Junker hatten also im Ganzen 52 Stämme aus der Wellritz
entnommen. 40 ohne und V2 mit Erlaubnis der Stadt. Rechnen wir dazu das
an die Bürger ausgegebene Hauholz = li»4 -f x Stämme, so ergiebt sich für
die kurze Zeit von 1061—1574 die Zahl von 246 + x oder etwa 250 Stämmen.
Noch grösser mag der Verbrauch von Holz aus der AVellritz nach dem grossen
Brande von 1547 gewesen sein.
Es frao-t sich, ob man sofort dafür sorgte, diesen Verlust zu ersetzen und
wie das geschah. Auf die erste Frage gibt eine Bittschrift der Gemeinde vom
16. Dezember 1592 Antwort, durch welche der Graf ersucht wurde, den Wald
vor dem unbefugten Fällen von Bauholz durch einen Neuhof er Zimmermann zu
schützen. Derselbe wollte eine ganze Anzahl von Stämmen sich zueignen;
dagegen machte die Gemeinde geltend, dass der Wald von ihren Vorfahren
und ihnen «-eheo-et und gepflegt worden sei und noch werde, um ihnen im
Notfall, bei Feuersbrünsten u. s. w. Vorrat an Bauholz zu bieten; jetzt sei er ein
junger W a 1 d uiul untauglich zu diesem Zweck u. s. w. ; der Graf traf
sofort dem Gesuch entsprechend die nötigen Anordnungen. Wir entnehmen
aus der Bittschrift, dass Anpflanzungen von jungen J5äumeu im Laufe des
Jahrhunderts stattgefunden hatten, um etwaigem Bedürfnis zu genügen, und
dass der Wald in seinem bisherigen Umfange erhalten werden sollte.
Tn Betreff der zweiten von uns aufgeworfenen Frage giebt eine kurze
Notiz vom Jahre 167;-^» Aufschluss. In diesem Jahre reichten die Geschworenen
als Vertreter der Gemeinde bei Schultheiss und Schöffen mehrere Gravamina
ein, von denen der vierte Funkt lautete: „dass jeder Bürger wie vor Alters
seine gewisse Zahl eichener Stämme zu setzen angehalten werde." Wir ersehen
daraus, dass in früherer Zeit jeder Bürger eine gewisse Zahl von Eichbäumen
zu pHanzen verpflichtet war, dass aber dieser Brauch im Laufe der Zeit ausser
i'bun^ eekommen war. Für das 16. Jahrhundert dürfen wir ihn ohne Bedenken
voraussetzen : es war eine schöne Sitte, die jedem den Wald lieb nuichte, wenn
er (las Wachstum der von ihm oder seinen Vorfahren gepflanzten Bäume ver-
folgt!; und er sich sagen konnte: diesen oder jenen Baum habe ich oder mein
Vater u. s. w. gesetzt.
Doch, wie bemerkt, war dieser Brauch nicht mehr lebendig. Das 17. Jahr-
hundert huldigte andern Anschauungen: es Hess die Wellritz eingehen. Nach-
dem bereits im Jahre 1619 ein Teil derselben verkauft worden war (man trug
mir dem Erlöse eine Schuld von 1000 H. ab), schritt man seit dem Jahre 1650
zur systematischen Vernichtung derselben, indem man sie in einzelne Lose teilte
und diese gegen Entgelt an die Bürger ausgab. Dadurch geschah es, dass am
Ende des Jahrhunderts das ganze Gebiet des ehemaligen Waldes dem Ackerbau
srewonnen war. Vfjl. den oben erwähnten Aufsatz.
Der nassauische Publizist Johannes Weitzel.
Von
G. Zedier.
Wiederholt ist in tlicser Zeitschrift') eine Darstellung von Wcitzels Leben
und schriftstellerischem Wirken gefordert worden. Wenn ich mich auf den
folgenden Blättern dieser Aufgabe unterziehe, so wurde ich durch meine Be-
schäftigung mit der Geschichte der Presse in Nassau von selbst dazu geführt,
Wcitzels publizistischer Thütigkeit, der auch das erste politische Blatt Nassaus
seine Entstehung verdankt, näher zu treten.
Wir besitzen über Weitzel ausser seiner allerdings nur die Jugendzeit
beliandelnden Selbstbiographie ziemlich ausführliche Nachrichten in dem Nach-
ruf, den ihm die Allgemeine Zeitung kurz nach seinem Tode widmete.^) Ferner
bietet das 1843 erschienene Buch D o r ^> w s „Erlebtes aus den Jahren 18i:>— 1820"
gerade für die Zeit, in der Weitzel auf der Höhe seines Lebens stand, wert-
volles Material, das aus hinterlassenen Papieren Weitzels in dem Aufsatze
Mathien Schwanns „Aus der Zeit der Karlsbader Beschlüsse" neuerdings') eine
willkommene Ergänzung erfahren hat. Die den Lebensnachrichteu über den
Ptegierungs-Präsidenteu K. von Ibell von K. Seh war t z') eingefügte Lebensskizze
Weitzels ist wesentlich eine Jvorapilation der in dem Nachruf der Allgemeinen
Zeitung und bei D o r o w enthalteneu Angaben und atmet bei dem engen An-
schluss an diese Quellen auch den panegyrischen Geist derselben. Für die
Beurteilung von Weitzels Thätigkeit als Redakteur der Rheinischen Blätter
kommt das Buch Sauers, „Das Herzogtum Nassau in den Jahren 18i:>— 1820"
in Betracht, für das jene Zeitung eine llauptciuelle bildet. Der ebenfalls von
Sauer bearbeitete Artikel über Weitzel in der Allgemeinen deutschen Bio-
graphie gibt eine auf Grund dieser Quellen und Akten des Staatsarchivs zu
Wiesbaden gemachte Zusammenstellung der wichtigsten Daten von Weitzels
Leben. Die angeführte Litteratur gewährt uns keinen Einblick in den Inhalr
1) Bd. XI, S. 203 und Bd. XIV, S. 42.
-) Aiisserovdentliclie Beilage 1837, Xo. 67—73. Auf diesem Xnclinif l.orulit aurh der
Artikel im Neuen Nekroh.g der Deutschen .lalirg. 15 (1837), I., S. r,7— 83.
*) Vüssische Zeitung 1897, Sonntugsbeil. No. 34 und 3.").
*) Aunalen Bd. XIV, S. 1 — 109.
144
und Geist von Weitzels Sohrit'ton, und erniöglitlir os uns deshalb auch nielit
ein lebendiges Bild dieses Mannes zu erhalten und uns ein Urteil über ihn zu
)>ilden. Im Hinblick auf den Umfang seiner Schriften und auf die Stellung,
die Weitzel seinerzeit als Publizist eingenommen hat, scheint eine eingehendere,
diese Forderungen befriedigende Darstellung aber durchaus gerechtfertigt.') Ich
habe abgesehen von gedrucktem Material einige bisher nicht verwertete Akten
des Staatsarchivs zu Wiesbaden und Familienpapiere benutzt, die mir ein Ur-
enkePj AVeitzels freundlichst zur Verfügung stellte ich bemerke indessen vor-
weg, dass ich mich in der Angabe der äusseren Lebensumstände auf das AVesent-
lichste und Charakteristische beschränke. Mit dem Folgenden beanspruche icli
auch keineswegs eine eigentliche Biographie AVeitzels zu geben, meine Aufgabe
findet vielmehr in der Darstellung dessen, was AVeitzel als Publizist erstrebt
und geleistet hat, der Hauptsache nach ihre Begrenzung.
1. Jugfendjahre.
Johannes "SVeitzel ist zu Johannisberg im Rheingau am 24. Oktober 1771
geboren.') Er war kaum vier Jahre alt, als sein Täter, ein Winzer, starb.
Seine nüt vier noch unerzogenen Kindern zurückbleibende Mutter verlor durcli
betrügerische Verwandte und durch die Habsucht gewissenloser Beamter das nicht
unbeträchtliche Besitztum fast ganz und hatte Mühe sich durchzuschlagen. Da
der zart gebaute Knabe zu der harten Arbeit des Weinbaues nicht tauglich
erschien, riet man der ^lutter ihn das Schneiderhandwerk erlernen zu lassen.
Dageg-en erhob sich aber in dem Knaben, dessen lebhafte Phantasie durch die
Lektüre der kleinen, von seinem Vater hiuterlassenen Bibliothek schon früh
wachgerufen war, der entschiedenste Widersprucli. Er wollte höher hinaus,
und ein zufälliger Besuch in Mainz, wo ihm gelegentlich eines feierlichen Hoch-
amtes in der Kirche des dortigen Karmeliterklosters die ganze städtische Pracht-
entfaltung entgegentrat, wirkte nach dieser Richtung entscheidend. Fortan
ruhte er nicht, bis er mit Hilfe des Dorfschulmeisters seiner Mutter die Ein-
willigung zum Besuch einer Gelehrtenschule abgerungen hatte. Mit dem
zwcUften Jahr kam AVeitzel nach Kreuznach auf die dortige, von Karmelitern
geleitete Schule. Sie stand in dem Rufe strenger Rechtgläubigkeit, was sie
in den Augen der Mutter als besonders empfehlenswert erscheinen liess. Der
Unterricht wurde hier aber so mechanisch gehandhabt, dass Weitzel trotz
glänzender Zeugnisse nach Verlauf eines Jahres die Schule aus eigenem Ent-
schluss schon wieder verlicss, um sie mit dem 3Iainzer Gymnasium zu ver-
tauschen. Hier in Mainz musste er, abgesehen von einem ganz unbedeutenden
Stipendium, sich seinen Lebensunterhalt durch Privatunterricht selbst verdienen.
*) In einem im "NVinter 1897/98 gehaltenen Vortrage, der im Rhein. Kurier 1897,
?fo. 353 und 354 mit<jeteilt worden ist, habe ich hcreits die pu'nlizistischen Schriften Weitzels
aus der früliori-ii Periode bis zu don Karlsbader Beschlühseii kurz skizziert.
^) Herr Dr. Aicfcld in JJarmstadt.
^) Merkwürdigerweise giebt sioli AVeitzel auf zwei seiner späteren Schriften den Vor-
namen Josef; nach dem Johannisberger Kirchenbuch erhielt er in der Taufe die IS'amen
.Ifdtanne8 Ignatz.
145
Er mietete sicli «'in Itoi einer armen Witwe, wo er das enge l)a(li.stüh(;lien
abgesehen von dem rngc/ieler mit vier anderen Stubengenossen, von denen
zwei sogar mit ihm in eiiunn Bette schliefen, zu teih>n hatte. Der in grösster
Dürftigkeit aufgcwaolisene Dorf junge fand sich ab(U- mit diirscn Verhältnissen
/urecht. Aus der Schilderung, di<^ er in seiner Selbstbiographie von seinem
damaligen Mainzer JiidxMi gibt, geht hervor, dass er sich trotz aller sonstigen
Entbehrungen doch die Kunstgenüsse, wie sie ^lainz in seinem Theater bot,
keineswegs versagte. Namentlich die Oper besuchtem er Heissig. Vom Vater
her war Weitzel, wie er selbst sagt, musikalisch beanlagt, und wenn auch die
Ungunst der Verhältnisse verhinderte, diese Anlage zu pHegcm und aktiv zu ver-
werten, so beweisen doch die vielen aus der Musik genommenen Vergleiche in
seineu Schriften und die namentlich in seinen Romanen wiederkehrenden Be-
trachtungen über die Wirkung der Musik eine besondere Vorliebe für diese
das Gemüt am unmittelbarsten ergreifende! Kunst. Den Ansprüchen der Schule
mit Leichtigkeit genügend vergrub er sich zu Hause in die Lektüre, die ihm
die Leihbibliothek eines Mainzer Juden bot und verschaffte sich auf diese Weise
eine für seine Jahre ungewöhnliche, wenn auch nicht sehr systematische Litte-
raturkenntnis. War der Lehrkörper der Schule, wie es scheint, von dem Geist
der Aufklärung wenig berührt, so fanden, wie man denn auch in den oberen
Regionen des damaligen Mainz dem Zeitgeiste huldigte, in der ebenso auf-
geweckten, wie leichtlebigen Bevölkerung die revolutionären Ideen, die im be-
nachbarten Frankreich bald den Zusammenbruch der bestehenden Verhältnisse
herbeiführen sollten, den günstigsten Boden. Der junge Weitzel, der schon
früh die Gegensätze des Menscheulebens in ihrer ganzen Schroffheit kennen
gelernt und in schweren inneren Kämpfen den Glauben seiner Kindheit, den
die strenge, dem katholischen Bekenntnis treu anhängende Mutter in ihm zu
pflegen beflissen gewesen war, bereits in jungen Jahren verloren hatte, sog
die Lehren Rousseaus begierig in sich ein. Nach einem Zeitraum von fünf
Jahren verliess Weitzel das Gymnasium, um zur Universität überzugehen.
Trotzdem er auf Grund eines in die Hände der Lehrer gefallenen Manuskriptes,
in welchem er seine dem strenggläubigen Lehrkörper höchst austössigen Grund-
sätze niedergelegt hatte, kurz zuvor noch mit dem Kirchenbann und der Ver-
weisung aus der Schule bedroht worden war, wurde ihm unter den Abiturienten
die Ehre zu teil, die Abschiedsrede zu haiton.
Weitzel begann seine Universitätsstudien ebenfalls in Mainz, wo besonders
Heinrich und Niklas Vogt seine Lehrer waren. Neben dem Studium der Ge-
schichte pflegte er seine litterarischen Interessen emsig weiter. ^lit den deutschen
und ausländischen Klassikern machte er sich durchaus vertraut. Seine Lieblings-
autoren aber waren Rousseau und der von den 'deutschen Klassikern politische
Fragen in wissenschaftlicher Form einzig behandelnde Herder. Zugleich
ersinff er sich in allerlei schriftstellerischen Versui-hen. Er verfasste Schau-
s])iele. Sing- und Trauerspiele, schrieb R.)mane und war zugleich bestrebt, die
ihn im bunten Wechsel beschäftigenden Gedanken in zusammenhängenden
prosaischen Abhandlungen zu Pai)ier zu bringen, um das Niedergeschriebene
mit gleichgesinnten Freunden zu besprechen. Er sagt selbst, dass er ver-
10
14ß
ständig: ffonug seweson. niclits von diesen Yersuehen durch den Druck zu ver-
öffentlichen, und die späterhin in seiner Selbstbiographie mitgeteilte Probe be-
stätigt nur die Dichtigkeit dieser Selbstschätzung. Sie zeigt uns aber, wie ihn
politische Fragen, wenn auch rein tlieoretischer Xatur, schon damals lebhaft
interessierten. Es ist deshalb nicht zu verwundern, dass das empfängliche
Gemüt des Jünglings, dem die Schriften Rousseaus ein Evangelium waren,
vom Ausbrucli der französischen Revolution aufs tiefste ergriffen wurde. Zumal
als dieselbe in ihren unmittelbaren Folgen nicht mehr auf Frankreich beschränkt
blieb, sondern die Revolutionsheere sich seit 1792 gegen den Rhein wandten,
war für Weitzel „an keine Kunst, an keine Wissenschaft mehr zu denken,
wenn sie nicht mit dem grossen Gegenstand, der allein ihn unwiderstehlich
anzog, mit der französischen Revolution in Verbindung stand." Den Enthusias-
nms der Mainzer Klubisten teilte Weitzel durchaus, er wohnte anfangs auch
ihren Sitzungen bei, allein die rauhe Wirklichkeit entsprach dem seinerseits
geträumten Ideal so wenig, dass er sich bald verstimmt nach dem Rheingau
zurückzog, wo er zunächst in Rüdesheim ein Unterkommen als Hauslehrer fand.
Hier brachte er sicJi aber bald durch unvorsichtige Äusserungen in den Ver-
dacht der Zugehörigkeit zu den Klubisten. Von den Preussen verfolgt, ent-
ging er der Verhaftung nur durch eilige Flucht auf das linke Rheinufci'.
Die französische Revolution gab Weitzel Veranlassung zu seiner ersten
publizistischen Arbeit. Im Sommer 1795, noch ehe er seine Universitätsstudicu
in Jena wieder aufnahm, veröffentlichte er die anonym erschienene Schrift
„Geist der fränkischen Revolution"'. In seiner Selbstbiographie teilt er umfang-
reiche Auszüge aus diesem damals bereits vergessenen Erstlingswerke mit, die
zur Genüge zeigen, wie die Phrase darin vorherrscht. Der Satz aus Rousseaus
politischer Ökonomie, dass das Vaterland nicht ohne Freiheit, die Freiheit
nicht ohne Tugend bestehen könne, bildet das Grundthema, welches mit grossem
Pathos in ermüdenden Variationen ausgeführt wird, um darzuthun, dass die
französische Republik Gefahr laufe, an sich selbst Schiffbruch zu erleiden, und
ihr eigentliches Ziel nur erreicht werden könne, wenn die Freiheit in der Tugend
und Bildung der Bürger die einzig sichere Stütze finde.
Kurz nach Veröffentlichung dieser Schrift ging Weitzel auf die Universität
Jena, wohin ihn ausser Fichte, durch den er in das Studium der kritischen
Philosophie eingeführt zu werden hoffte, der Wunsch, die gefeierten Dichter-
heroen Weimars und Jenas in der Nähe sehen zu können, lebhaft hinzog.
Allein mit so grossem Eifer er sich auch an das Studium Kants imd seiner
Kommentatoren machte, seiner gefühlsseligen Natur ward die nüchterne Be-
schäftigung mit der Wissenschaft des abstrakten Denkens bald überdrüssig und
bei Anbruch des Frühlings trieb es ihn in die Weite. Mit zwei Freunden
wanderte er nach Dresden, wo er sich an den Kunstgenüssen und landschaft-
lichen Reizen dieser Stadt und ihrer Umgebung erfreute. Nach kurzem Aufent-
halt in der Heimat suchte Weitzel 1796 die Göttinger Universität auf, wo er
unter Schlözer und Spittler Geschichte und Staatswissenschaften studierte und
ausserdem Lichtenberg und Bouterwek näh(>r trat. Aber auch hier duldete es
ihn nicht lange. Mitten im Semester brach (!r, des übermässigen Studierens
147
müde, zu scjincr Erholung' in den ]Iiir/ iiuf, um nach Schluss des Schuljahres
seine Universitätsstudion abzubrechen und im Frühjahr 1797 mit dem Gefühl,
„dass er nicht zum Gelehrten geboren sei", nacl: Juhannisberg zurückzukehren.
Die tiefe Geiehrsamk(Mt Schlözers hatte; auf die Dauer ebenso wenig An-
ziehungskraft auf ihn ausüben können, wie die kritische Philosophie Kants.
Vielmehr fesselte, wie die heimliche Jjektüre Rousseaus den 8chulknaben in
Banden geschlagen hatte, der naive Glaube; an die; natürliche Unschuld des
Menschen und die Lehre von der allgemeinen Gleichheit und der Souveränität
des Volkes auch den zum Manne heranwachsenden Jüngling. In ebenso engen
häuslichen, wie staatlichen Verhältnissen aufgewachsen, hielt er in seiner Ge-
fühlsseligkoit diese Lehren für die Grundlage, auf der fortan alles politische
und soziale Leben neu aufgebaut werden müsse. In diesem Sinne zu wirken
erschien ihm als die höchste Lebensaufgabe. Zu Ilauso ohne bestimmte Be-
schäftigung, verfiel der in Idealen schwelgende Schwärmer jetzt, wo es für
ihn galt ins Leben hinauszutreten und zur Verwirklichung dieser Ideale werk-
thätig seine Kräfte einzusetzen, zunächst in tiefe Schwermut. In dieser Zeit
kam er auf den Gedanken, auf dem Theater in Scherz und Spiel zu finden,
was seine von der rauhen Wirklichkeit des Lebens sich abgestossen fühlende
Natur in der Welt im Ernste nicht erwarten durfte. **) Erst eine Keise in
die Schweiz stellte das Gleichgewicht bei ihm wieder her und gab ihm die
Ruhe seiner Seele zurück.
2. Unter der französischen Herrschaft.
Bald nach seiner Rückkehr erhielt Weitzel durch Empfehlung seines
früheren Lehrers, des ehemaligen Professors Ilofmann, der damals den Posten
eines General-Einnehmers in dem von den Franzosen neu geschaffenen Departe-
ment Donnersberg bekleidete, eine Anstellung als Verwaltungsbeamter im Kanton
Otterberg bei Kaiserslautern. Bei seiner Begeisterung für die hier praktisch
gewordenen republikanischen Ideen trug er, der Angehörige eines dem Unter-
gänge bereits geweihten deutschen Kleinstaates, kein Bedenken in französische
Dienste zu treten, vielmehr war hier allein der Boden, wo für ihn eine öffent-
liche Wirksamkeit im Dienste des Staates in Frage kommen konnte. Zu Beginn
des Jahres 1799 wurde ihm die vakante Stelle eines Kreiskommissars in
Germersheim übertragen. Als solcher hatte er einen mit ziendicher Macht-
befugnis ausgestatteten, verantwortungsvollen Posten. Wir können es Weitzel
glauben, dass er seines Amtes mit peinlicher Rechtlichkeit und Unparteilichkeit
waltete, und dass diese Eigenschaften das damalige republikanische Beamtentum
nicht eben auszeichneten. Andrerseits war der noch gänzlich unerfahrene junge
Mann, der in jugendlicher Unbefangenheit die Menschen au den ihm mit
gleicher Vorliebe wie Rousseau vorschwebenden Plutarch'schen Idealgestalten
eines Epaminondas oder Cato mass, wohl kaum dazu berufen in einer dem
Generalkommissar eingereichten Denkschrift die Zustände der Verwaltung einer
scharfen Kritik zu unterziehen und als Anwalt des Volkes aufzutreten. Jedenfalls
*) Das Merkwürdigste aus meinem Leben I, S. 201.
10*
14b
eiTciclir er nie-hrs weiter, als ilass er sieh an eutscheidender Stelle lästig machte
und bei der nach dem Staatsstreiche Napoleons im Jahre 1800 statttindeuden
Reorganisation der A'erwaltung übergangen wurde. AVeitzel kommt in seinen
Schriften') häutig und nicht ohne eine gewisse Selbstgefälligkeit auf diese
Episode seines Lebens zu sprechen. In seiner Selbstbiographie'^) sagt er: „In
dem thätigen handelnden Leben konnte ich nur einen mir angemessenen
Wirkungskreis finden. Hatte mir die mütterliche Natur einige Talente gegeben,
dann konnte ich sie nur in iliiii l»ilden und anwenden und sie bestimmten mich zu
einer ganz anderen Laufbahn, als die ist, welche mir mein Verhängnis anwies. Dieser
Selbstbeurteilung gegenüber muss jedoch betont werden, dass AVeitzel sich
weder seiner Naturanlage noch seiner ganzen Entwickelung nach zum Staats-
mann und zu einer öftentlichen Wirksamkeit eignete. Es ist bereits hervor-
gehoben, dass gerade seine Gefühlsschwärmerei ihn in diese Laufbahn hinein-
gedi'ängt hatte. Die allzugrosse Erregbarkeit des Gemüts brachte ihn unter
dem Einfluss ungünstiger äusserer Verhältnisse von früher Jugend an gar zu
leicht in einen Zwiespalt mit der ihn umgebenden Welt. Wie sich seiner
schon als Knabe die Überzeugung bemächtigt, „dass es kein Recht gäbe," und
dieser Gedanke „wie ein wildes Tier seine Krallen und Zähne in sein Herz
schlägf^, wie den Jüngling „überall die Gemeinheit und Erbärndichkeit anekelt,
welche die Welt regiert'', so sieht auch der gereifte Mann immer wieder den
Stein des Anstosses im Wege liegen. Die Widersprüche, die das Leben bietet,
rauben ihm allzu schnell den ruhigen Genuss der Gegenwart und lassen ihn
aus der rauhen Wirklichkeit gern in das i)hantastische Reich seiner eignen
Gedanken flüchten. Eine solche Tassonatur passt nicht für eine öffentliche
Thätigkeit, und so w^erden, wenn Weitzel vielleicht auch persönlich Grund haben
mochte, über seine Dienstentlassung ungehalten zu sein, doch auch andere als
rachsüchtige Motive massgebend gewesen sein, die sich seinem Verbleiben im
Amte entgegenstellten.
AVeitzel, der sich in Germersheim mit Margarethe Dietrich, der Tochter
eines begüterten Ilolzhäudlers, verheiratet hatte"), gedachte sich jetzt mit
seiner jungen Frau nach Johannisberg zurückzuziehen. Doch wies ihn die ehe-
malige Mainzer Regierung, die ihren Sitz zu Aschaffenburg hatte, wegen seiner
die revolutionären Ideen nährenden Schriften aus. Er hatte soeben in Mainz
ein Buch „Über die Bestimmung des Menschen und des Bürgers"' erscheinen
lassen, das ebenfalls Gedanken des Gesellschaftsvertrags und der politischen
Ökonomie Rousseaus verallgemeinert. Einzelne Stellen sind direkte Über-
tragungen aus jenen Werken, und wenn es darin mit Emphase heisst, „Rousseaus
Donner stürmen erzitternd gegen die Thronen der Völkerwürger durch alle
Zonen", so erscheint das Verfahren der kurfürstlichen Regierung gegen ihn
*) Siehe besonders Briefe vom Rhein, S. 498—011.
'") Teil I, S. 189.
") Die Ehe war eine sehr glückliche, wie es Briefe aus Weitzels Xachlass bezeuge«,
und er es auch iu seiner Selbstbiographie (I, S. 189) bekennt. Das einzige Kind aus dieser
Ehe, AVeitzels Tochter Auguste, war mit dem nassauischen General Alefeld verheiratet.
149
nicht so grundlos, wio es Weitzol liinzustoUon boliobt.'-) Frciilicli ist die Scliriit
im übrigen harmloser Natur. Der Stuat ist Weitzel ganz so, wie im Contrat
social, auf den Vertrag der Individuen begründet. Der blindem Konflikt von
physischen Kräften hat ihn geschaffen und die blosse physische Kraft blieb
seine Beherrscherin. Darum erfasste die Willkür das JUidor, weiches der Ver-
nunft gehiirt hätte. 80 hat sich der Kevolutionsstoff gebildet, der gären<l in
den Völkern liegt. Die Erscheinung einer solchen Staatsumwälzuug wie (hir
französischen Revolution ist in dieser Totalität einzig. Die Vernunft hat hier
d'w unverwerfliche Urkunde der mit der Menschheit unzertrennlich verbundenc-n
Vorzüge der Freiheit und Gleichheit unter dem Schutt von tausendjährigen
Vorurteilen hervorgesucht. Dass aber diese Güter der Menschheit erhalten
bleiben und zum völligen Besitz werden, dazu bedarf es nicht so sehr einer
äusseren, wie einer inneren Gesetzgebung: dazu ist die Herrschaft des Moral-
gesetzes notwendig.
Weitzel beabsichtigte in Mainz ein politisches Dckadenblatt herauszugeben.
Da ihm hierzu aber die Genehmigung versagt wurde, so änderte er den Plan
des Blattes um, das in der Folge unter dem Titel „Egeria, eine Monatsschrift
für Freunde der Geschichte, Gesetzgebung und Politik'' und zwar zuerst im
Germinal des Jahres 9 der Republik (April 1801) erschien. Diese Zeitschrift
hatte nicht den gewünschten Erfolg. AVeitzel fand weder genügende Mitarbeiter
noch die erforderliche Unterstützung des Publikums, so dass das Unternehmen
am Ende des Sommers bereits wieder einging. Er veröffentlichte in ihr vor
allem den umfangreichen, über vier Hefte sich erstreckenden Aufsatz: „Be-
trachtungen über die Ursachen grosser Staatsrevolutionen mit besonderer Hin-
sicht auf die fränkische." Auf ihn legt er auch später noch besonderes Ge-
wicht und bezeichnet ihn als den Keim, aus dem fast alles, was von ihm im
Fache der Staatswissenschaft geschrieben worden sei, sich entwickelt und
gestaltet habe; er bilde das erste Kapital, das nur durch glückliches
Anlegen und Umschlagen gewachsen sei.^^) Weitzel nimmt hier das Thema
seiner früheren Schriften wieder auf und sucht für die in der Politischen Öko-
nomie Rousseaus enthaltenen Maximen Mittel und Wege zu ihrer praktischen
Durchführung darzulegen. Alle Menschen, führt er aus, haben gleiche xVnsprücho
auf die Güter dieses Lebens und folglicli als Bürger eines Staates gleiche An-
sprüche auf die Güter dieses Staates. Die Gesetze, sow^eit sie Überfluss und
Mangel in gewissen Familien verewigen, sind ungerecht und sollten aus jedem
gerechten Staate verbannt sein. Denn die Ungleichheit der Güter ist die Quelle
der Verbrechen und des Elends, welche das gesellige Leben geissein. Si(> hat
nicht nur die französische, sondern alle Revolutionen von jeher ins Dasein ge-
rufen. Ein vollkonmiener Staat ist ein Ideal. Die Wirklichkeit muss aber
diesem Ideal möglichst nahe gebracht werden, und da eine gleiche Verteilung
der Güter wahrscheinlich von einer gefährlichen Revolution begleitet sein
würde, so könnte uns eine weisere Bestimmung der Erbfolge, ein gerechteres
'■) Briefe vuiii Kliciu, H. öll.
**) Dfts Morkwürdigste aus lUGiiiem Leben I, S. 323.
150
Steuersystem und zweckmässige Anordnungen bezüglich der Mitgift bei Heiraten
der Gleichheit der Güter ohne Gefahr nähern. Die Hauptsache aber ist —
und hier knüpft er an seine vorige Schrift an — dass die äussere Gesetzgebung
durch die innere, die moralische, ersetzt werde. Der Mensch soll aus Über-
zeug-unfr und aus Freiheit thun. was er thut. Das Streben des Staates muss
demnach darauf gerichtet sein, die positive Gesetzgebung durch die ethische
abzulösen, die Strafgesetze unnötig zu machen und ihren Zwang durch einen
rechtmässigen Willen zu ersetzen, der des Zwanges nicht bedarf. Dies ist nur
erreichbar durch eine entsprechende Erziehung. Daneben muss eine weisere
bürgerliche Gesetzgebung Platz greifen. Yor allem müssen öffentliche Sitten-
gerichte eingeführt werden. Die Bestimmung derselben soll sein. Handlungen,
über welche das positive Gesetz nicht abzusprechen hat, der öffentlichen
Meinung zu denunzieren. Undankbare Söhne, schlechte Väter und Gatten,
Ycrläumder, Verschwender, Betrüger, Undankbare, Verräter, Treulose, Lügner,
Verführer, Trunkenbolde, Ehebrecher und Feige, kurz Menschen, welche die
Würde der menschlichen Natur schänden, sollen durch Urteile der Sitten-
gerichte der öffentlichen Verachtung und dem allgemeinen Hasse hingegeben
werden. Handlungen einer edelmütigen Aufopferung, der Dankbarkeit, Treue,
einer edlen Einfalt und eines ausgezeichneten Mutes soll dies Gericht verbunden
sein, der öffentlichen Achtung zu empfehlen. Ihre Organisation denkt er sich
ähnlich der der peinlichen Gerichte. Km- Männer, bekannt durch reine Sitten
und ein tadelloses Leben, dürften als Mitglieder dieses Tribunals aufgenommen
werden. Seine Sitzungen sollen öffentlich sein, ebenso sollen die Protokolle zu
bestimmten Zeitpunkten dem Drucke übergeben werden, und obgleich ein jeder
Bürger von tadellosem Hufe vor ihm als Ankläger auftreten kann, so soll es
doch seinen öffentlichen Ankläger haben, welcher, vermöge seines Amtes den
hohen Beruf hat, die oben bezeichneten Vergehungen zu verfolgen. Mit offen-
barem Wohlgefallen ergeht sich AVeitzcl in diesen letzten Ausführungen, bei
denen ihm wohl zunächst antike Einrichtungen vorgeschwebt haben.'*) Auch
nach dem Eingehen der Egeria setzte er diese Untersuchungen weiter fort.
Aus den Protokollen'^) der Departenientalgesellschaft der Wissenschaft und
Künste ersehen wir, dass er in der Sitzung vom Ib. Ventose des Jahres 11
der Kepublik über die Folgen der Ungleichheit der Güter und die Mittel, den-
selben zu begegnen, las. Er schlägt vor: Man lege in allen Teilen eines
Reiches einen Fonds an, aus dem jeder junge Bürger ohne Vermögen, der sich
cntschliesst, Familienvater zu werden, ein Kapital erhält, welches nach einer
angestellten Berechnung hinreicht, um am Orte seiner Niederlassung ein Ge-
schäft anzufangen ; man bestimme gesetzlich das Maxinmm des Landeigentums,
welches ein Bürger besitzen kann; man verwandle allmählich alle National- und
Gemeindegüter in Privateigentum; man wende alle Mittel an, den Ackerbau
zu ernmntern, durch Erleichterung des Absatzes der Produkte, durch Urbar-
'*) Äliiilich, wenn aucli historisch vollständig unrichtig, fasst Weitzel die Stellung der
jüdischen Propheten als staatlich eingesetzter Vertreter der öffentlichen Meinung auf. Vergl.
seine Geschichte der Staatswissenschaft iJd. I, S. 32.
'■^) Siehe Mainzer Zeitung Xo. 88 dieses Jahres.
löl
iiiuchung öder Liiiulcvcicn vini Staiitswegen, durcli Bowirkuug einer leichten,
wohlfeilen und sc^lnudlen Konuminikution zwischen Verkäufern und Abnehmern;
man gleiche das Gehalt der unteren Staatsbeamten möglichst mit dem der oberen
aus; schliesslich lasse sich jeder durch seine Stelle ausgezeichnete Mcinsch an-
gelegen sein, das Beispicd von Frugalität und Einfachheit zu geben. Mit
diesen Ideen, Erzeugnissen einer allzu phantastischen Spekulation, juochte er
wohl kaum viel Jieifall finden. Das grosse Publikum las diese in die Form
wisscnsdiaftlicher Abhandlungen gekleideten Expektorationen überhaupt nicht.
Um nun seinen politischen Gedanken Eingang bei diesem zu verschaffen,
zog es Weitzel demnächst vor, sie in einen Komau zu v(!rarbeiten. Schon in
der Egeria wirft er die Frage auf, warum man, während so viele Rojnane über
das häusliclie und eheliche Glück der Menschen geschrieben würden, keine
über das der V()lker schreibe. Er veröffentlichte hier aucli bereits Teile aus
dem politischen Roman, der unter dem Titel „Lindau oder der unsichtbare liund.
Eine Geschichte aus dem Kevolutions-Kriege" 1805 selbständig in Frankfurt
a. M. erschien. Die Zeit der Freiheit und Gleichheit war dahin; aus der
Republik war Napoleon zunächst als erster, dann als lebenslänglicher Konsul
und 1804 als erblicher Kaiser hervorgegangen. Seine Stellungnahme zu diesen
Ereignissen hat Weitzel in diesem Roman gekennzeichnet. Lindau, ein junger
Deutscher, hat wie der in der ersten Person sich einführende Verfasser, mit
dem jener von Jugend auf durch innige Freundschaft verbunden ist, voll Enthusias-
mus für die Revolution seine Heimat verlassen, um unter der Republik seine
Ideale verwirklichen zu helfen. Seine jugendlichen {[offnungen und Wünsche
haben sich aber nicht erfüllt, vielmehr haben ihn die Jahre, in denen er von
Weitzel getrennt im Dienste der Republik thätig war, bittere Enttäusclmngen
gebracht. Die Mitteilung der letzteren und die Aussprache der Freunden über
ihre gegenseitigen Erfahrungen bilden den Inhalt des ersten Teiles des Romanes.
Die jetzt wieder vereinigten Freunde machen die Rckanntschaft Wilsons, mit
dem sie ihre Ansichten über Staat und Politik austauschen. In ihm zeichnet
Weitzel Napoleon, den er in Mainz auch persönlich kennen zu lernen Gelegen-
heit liatte."^) Wilson weist mit überlegener Einsicht auf das Überschwengliche
ihrer Ploffnungen und Erwartungen von einer republikanischen Staatsverfassung
hin. Er belehrt sie, dass diejenigen, welche die Lage des menschlichen Ge-
schlechtes durch Staatsverfassungen bessern wollen, das Geschäft der Danaiden
besorgen, denn einer jeden Verfassung werden die Gebrechen der ]\[enscheu
anhaften. Es giebt nur ein Mittel allen diesen Übelständen zu begegnen: Es
"') Die C'haraktoristik, die Weitzel hier (S. 90 f.) von Xapoleoii giebt, ist nielit ohne
Interesse schon hinsichtlich der Beurteilung von Wcitzels Stellung zu letzterem, auf die wir
\veiter unten einzugehen Veranlagsung haben. Deshalb seien die "Worte hier mitgeteilt: .,Es
war ein Mann im Sommer seiner Jahre, nicht gross, aber von starkem Körperbauc. Auf seiner
hohen Stirne thronte Kraft und Muth. Aus seinem tiefliegenden glühenden Auge sprach eine
wilde Keckheit. Seine Jlaltung war mehr stolz als edel. Sein ganzes AVosen, Ausdruck und
Geberde verrieten eine absj)rechende, verachtende Kälte. Der erste Eindruck, den dieser
Mensch auf mich machte, war unvertdgbar, und ungern begegnete ich seinem düstern Blicke,
tlor tief in das Mark dessen zu dringen schien, den er ins Auge fosste. Das Französische
sprach er fertig, tibor mit ciniMii fremden, rauhrii Akzent."
152
ist ein Bund der weisesten uiul muriirston Mensehen jeder Generation, welcher
den grossen Zweck erfüllt, die Menschen über ihre Pflichten und Rechte auf-
zuklären und durch seine unsichtbare Gewalt die Entschlüsse und Handlungen
der Reg:ierunu:en leitet. Auf diese Weise wird der Beste und Würdigste den
-r*^*""o
Staat lenken. "Wilson führt beide Freunde in diesen Bund, dem er selbst
angehört, ein und nuuht sie mit der Organisation desselben bekannt. Der
Bund führt durch seine Mitglieder genau Buch über alle politischen, wirtschaft-
lichen und sittlichen Verhältnisse jedes Landes, seines Volkes und seiner
Regierung. Unter den erläuternden Denkschriften, die der Bund verwahrt,
betindet sieh auch eine über die beste Staatsverfassung für Frankreich, Sie
führt aus. dass der Bürger die Fähigkeit und ]^eigung, sich mit den Angelegen-
heiten des Staates zu beschäftigen, in demselben Masse verliere, als sich die
letzteren von seinem persönlichen Interesse entfernen, und aus diesem Grunde
der ausgebreitete Umfang eines Staates keine demokratische Verfassung vertrage.
Die grossen Verhältnisse eines Staates, wie es der fränkische ist, übersieht nur
der grosse Geist eines ausserordentlichen Menschen. Da dieser aber nicht zu-
gleich in die enge Sphäre des Bürgers dringen kann, so muss die konzentrierte
Gewalt der Regierung mit einem föderalistischen System der Lokaladministration
verbunden werden.
Die Idee des heiligen Bundes lag damals, in der Zeit der Geheimbunde, in
der Luft. Ebenso phantastisch wie diese Idee durchgeführt ist, ebenso über-
schwenglich ist die in den politischen Kern des Romans verwobene Liebes-
geschichte, welche das Ganze nur sehr locker zusammenhält. Auch der Stil ist
stellenweise schwülstig. Aber bei aller Überspanntheit zeigt der Roman doch,
dass "Weitzels politische Anschauungen in mancher Hinsicht gereiftere geworden
sind. Was zur Verteidigung des bureaukratischen Verwaltungssystems Napoleons
ausgeführt wird, beruht weit mehr auf wirklicher Beurteilung der realen Ver-
hältnisse als die frühere phrasenhafte Verherrlichung der französischen Revolution
und die allzu phantasievollen theoretischen Untersuchungen über ihre Ursachen,
die den Gegenstand seiner früheren Schriften bilden. Wie wenig im übrigen
seine Hoffnungen und Wünsche bezüglich Napoleons mit der Wirklichkeit zu
thun hatten, darüber war Weitzel nach der Vorrede des Buches zur Zeit, wo
er diesen Roman selbständig erscheinen liess, nicht mehr im Unklaren. Wir
haben aber guten Grund zu glauben, dass er damals, als er ihn niederschrieb
— Teile desselben waren, abgesehen von der Egeria, bereits 1802 und 1803
unter dem Titel „Politische Fragmente" in der Mainzer Zeitung veröffentlicht —
wirklich diese schwärmerischen Hoffnungen auf Napoleon gesetzt hatte.
Weitzel hatte bald nach dem Eingehen der Egeria die Redaktion der Mainzer
Zeitung erhalten. Ein solch(!s öffentliches Organ herauszugeben und durch das-
selbe der Herold der öffentlichen Meinung zu sein hatte für ihn grossen Reiz, wie
(;r andrerseits bei seiner leichten und gefälligen Art der Darstellung, seinen
vielseitigen, wenn auch nirgends in die Tiefe gehenden Kenntnissen und seiner
grossen Belesenheit vftrzüglich dazu geeignet war. Die Zeitung erlangte deshalb
auch im Gegensatz zu dem aus Mangel an Beteiligung eingegangeneu „Be-
obachter vom Donnersberg'" im ganzen Departement schnell Ansehen und Be-
153
liobthoit. Woit/X'l, (l<iii der rräfckt dos I)(!partcments Jeanbon-St. Andre
porsönlich wohl wollte, hatte zunächst unter der Zensur nicht gross zu leidem.
Ein IMick in seine Zeitung belehrt uns auch, dass seine mehr aus der Theorie
als aus der Praxis geschöpften politischen Erörterungen selbst einer rigorosen
Zensur nicht bedenklich zu erscheinen brauchten. Man könnte freilich, wenn
Treitschke, wo er von der Auflösung des deutschen Reiches spricht, in seinem-
Deutschen Geschichte") sagt: „Im Lager des Bonapartismus lärmte die freche
Schadenfreude. Die Mainzer Zeitung schrieb: „„Es ist kein Deutschland mehr.
Was man für Anstrengungen einer gegen ihre Auflösung kämpfenden Naticm
zu lialten versucht werden könnte, sind nur Klagen weniger Menschen au dem
Grabe eines Volkes, das sie überlebt haben. Deutschland ist nicht heute erst
untcro-eo-angen. Was der Geschichte der Völker Inhalt und Leben giebt, ist
der Geist einiger grösseren hervorragenden Menschen"" — worauf dann die
übliche Kniebeugung vor dem Helden des Jahrhunderts folgte — " man könnte,
wenn man diese Worte liest, zu dem Glauben kommen, dass Weitzel in seiner
Zeitung für Napoleons Eroberungspläne Propaganda gemacht und sich in serviler
Liebedienerei gegen den Imperator gefallen habe. Beides lag Weitzel gänzlich
fern. Weitzel ist zwar kein starker, willenskräftiger Geist, aber überall tritt er
uns als ein von idealen Gedanken erfüllter, über niedrige Eigtmschaften durchaus
erhabener Charakter entgegen. Bei der Schwere des Vorwurfs sei es gestattet,
jene Stelle der Mainzer Zeitung nach ihrem vollen Wortlaut mitzuteilen:
„Es ist kein Deutschland mehr. Was man für Anstrengungen einer gegen ihre
Auflösung kämpfenden Nation zu halten versucht werden könnte, sind nur
Klao-en weniger Menschen an dem Grabe eines Volkes, das sie überlebt haben.
Sie glaubten an eine Nation, weil eine gemeinschaftliche Sprache und gemein-
schaftliche Sitte ihnen ein Volk zusammen zu halten schienen. Deutschland
ist nicht heute erst untergegangen. Es selbst hat seine Auflösung beschleunigt
und seinem Dasein ein Ende gemacht. Es selbst konnte sich nur retten. Aber
was der Geschichte der Völker und den Völkern Inhalt und Leben giebt, ist
der Geist einiger grösseren, hervorragenden Menschen, die durch sie wirken.
Deutschland hatte einen solchen Menschen nicht und konnte ihn nicht wohl
haben, weil der Zufall ihm denselben hätte schenken müssen. Jedes Volk und
jedes Zeitalter findet die kräftigen Seelen, deren es bedarf, aber selten giebt
ihnen die Laune des Schicksals im Augenblick der Not den umfassenden
Wirkungskreis von einem Throne herab. Was die breite Bahn des Herkommens
verfola-t, wo das Herkommen keine Norm und kein Gesetz mehr ist, findet das
Ziel, vor welchem der Geist der Zeit es vergebens warnt, und er hat es ver-
gebens gewarnt." Weitzel ist ganz unverkennbar selbst der Schreiber dieser
Zeilen. Aber ich meine, es klingt aus ihnen nicht freche Schadenfreude und
niedrige Schmeichelei, sondern diese Worte sind vielmehr der Ausdruck kühler
Reflexion eines Politikers, der in dem Regiment des aus dem Volke kraft eigner
Tüchtigkeit hervorgegangenen Usurpators, ebenso einen Beweis für die durcli
die Revolution angebahnte gesunde politische Entwickeluug Frankreichs sieht.
") Bd. I, S. 235.
154
wie er überzeugt ist. dass der Zusammenbruch "Deutschlands mit Notwendigkeit
habe erfolgen müssen, weil es dem durch die Revolution angebahnten Zoitgciste
nicht gefolgt sei.'*) Gewiss ist es zu bekhigen, dass das deutsche National-
irefühl und Selbstbewusstsein so ersterben konnte, aber warf nielit auch Fichte"*),
der zwei Jahre darauf seine, die nationale Begeisterung weckenden Reden an
die deutsche Nation hielt, damals noch die Frage auf: „Welches ist denn das
Vaterland des wahrhaft ausgebildeten christlichen Europäers?" und antwortete
darauf: ,Jni allgemeinen ist es Europa, insbesondere ist es in jedem Zeitalter
derjenige Staat iu Europa, der auf der Höhe der Kultur steht. Jener Staat,
der gefährlich fehlgreift, wird mit der Zeit freilich untergehen, demnach auf-
hören auf der Höhe der Kultur zu stehen. Aber eben darum, weil er unter-
geht und untergehiMi nuiss, kommen andere und unter diesen Einer vorzüglich
herauf, "* Andrerseits ist auch der Beweis zu erbringen, dass Weitzcl, mochte
er auch in seiner kosmopolitischen Befangenheit und in seiner Begeisterung für
die ihm vorschwebenden Ziele der französischen Revolution das Heil der Welt
damals von Frankreich erwarten, doch nicht vergass, dass er Deutscher war.
Durch den Präfekten wurde die französische Regierung auf ihn aufmerksam.
Dem General Savary. dem Chef der Napoleonischen Geheimpolizei, schien er
die geeignete Persönlichkeit, kurz bevor Napoleon, der sich damals in ]\Iainz
aufhielt, den Feldzug von 1806 eröffnete, in geheimer Mission nach Deutsch-
land zu gehen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass man Weitzel zur Beobachtung
und Erforschung der Stimmung in Deutschland benutzen wollte, wozu man
vorzüglich Männer heranzog, die mit den litterarischen Kreisen Deutschlands
Fühlung hatten. ^*') Weitzel sollte, wie nach seinem Roman „August und
Wilhelmine" zu vermuten ist''), dem französischen Hauptquartier zu diesem
Zweck attachiert werden. Trotz der glänzendsten Aussichten und der dringendsten
Vorstellungen Hess sich Weitzel hierzu aber nicht bestimmen. Er erklärte
vielmehr, dass er, Deutscher von Geburt, dem Lande mit allen seinen Er-
innerungen der Kindheit und der Jugend angehöre. Auch erkennt man aus
seinem Roman, „Eugen oder die Feindschaft aus Liebe", Avelcher 1809 in Mainz
erschien, dass Weitzel den Wünschen echter deutscher Patrioten in seinem
Herzen damals nicht mehr fern stand. Er beschreibt ein Maskenfest, Unter
den auf demselben gebotenen Überraschungen ist auch ein hundertköpfiges
Ungeheuer, das sich vergeblich zu erheben bemüht, da die hundert Köpfe in
verschiedener Richtung auseinunderstreben. Ein Zauberer berührt es mit seinem
Stabe, und die hundert Köpfe verwandeln sich in Glieder eines zehnarmigen
Riesen. Die zehn Arme reichen sich brüderlich die Hände. Der Riese steht
stolz und mächtig da. Auf dem Gürtel, von dem sein Schwert herabhängt, liest
'*) Es schweben Weitzel augensclieinlicli die Worte aus Rousscaus GesoUschaftsvertrag
^Bucli 3, Knp. 6) vor: Le peuple se troinpe bien raoins sur ce (des leitenden Stfiatsmunnes)
choix que ie Prinee, et un homme d'un vrai nunite est presque aussi rare <lans le ministere,
qu'un 8ot ä la tele d'un gouvernement republicain.
'*) In den (irundzügen des gegenwärtigen Zeitalters; s. Sämtliche Werke I5d. 7, .S. 212.
'"'") Wie z. B. in Kassel den Gesandten Reinhard, den Freund (Joethes, s. Treitschke,
Deutsche Geschichte Ud. 1, 8. 302.
") Bd. 2, 8. 102.
1 55
man: Germanien. Der Held des Romans begleitet diese Erscheinung mit dem
Seufzer „Gott gebe es!" und meint, dass sie vielleicht ein hoffnungsvoller
Blick in die dunkle Zukunft sei.
Der Koman behandelt sonst keineswegs wie Lindau politische Probleme.
Von zwei Freunden liebt der eine die Braut des anderen. Seine Liebe findet
auch Erwiderung, da die Verlobung seiner Zeit nur durch die Machenschaften
einer alten, eitlen und geizigen Tante zu Stande gekommen ist und nicht auf
wirklicher Neigung und innerer Seelenverwandtschaft beruht. Di(; Lösung
dieses unwahren Verhältnisses und die Vereinigung der von der Natur für
einander ]5estimmten bildet den Korn des Romans. Die Charaktere der drei
Hauptpersonen sind mit sichtlichem Fleiss gezeichnet, aber alle übertrieben,
wie denn der Verfasser auch hier seiner Gefühlsseligkeit die Zügel schiessen
lässt. Bei alledem entliält der Roman, in d<!n zugleich in ungezwungener
Weise eine Rheinreise eingeflochten ist, die Weitzel Gelegenheit gibt, die
Schönheiten seines Heimatlandes in beredter Weise zu schildern, viele treffende
Bemerkungen. In der Erörterung der eingestreuten ästlietisch-litterarischen
Fragen zeigt der Verfasser ein richtigeres und gesunderes Urteil, als wo er sich
in seinem eigentlichen Fahrwasser bewegt. In ziemlich ausführlicher Weise
spricht sich Weitzel hier auch über Erziehung und Unterricht aus. Die Grund-
sätze, die er entwickelt, sind folgende : Alles Wissen ist nur Mittel und nicht
Zweck. Der Unterricht soll doshalb nicht so sehr mit Kenntnissen bereichern,
als die Kräfte üben. Die tote Vielwisserei und leere Buchstabenweisheit soll
nicht die selbstthätige Kraft des Denkens erdrücken und den Menschen zur
Maschine machen. Grossen Wert legt er darauf, dass das Streben des Menschen,
sich ein Ideal zu bilden, geschont und geachtet werde. Denn für den besseren
Menschen müsse es etwas Grösseres geben als das, was sich seinem Blicke
bestimmt und mit genauen Grenzen darstelle. Die grösste Kunst der Erziehung
bestehe indessen mehr im Unterlassen als im Thun, denn im Grunde bilde der
Mensch, auch sogar das Kind, sich selbst.
Die napoleonische Fürstenfabrik und namentlich der Krieg mit Spanien,
in dem der in Rousseau'schen Ideen gross gewordene Politiker seine Sympathie
für die Gegner Napoleons nicht verleugnen konnte, hatten ihm den Geschmack
an der Politik verdorben. Es erbitterte ihn, dem eine lautere Gesinnung und
Wahrheitsliebe eigen waren, dass die französische Regierung in der Presse
sich so oft der niedrigen Mittel der Falschheit und Lüge bediente. Nach
mannigfachen Konflikten mit der Polizei ward ihm endlich im Jahre 1811 die
Redaktion der Mainzer Zeitung gänzlich entzogen.
Neben der Herausgabe dieser Zeitung hatte Weitzel seit 1805 einen
weiteren Wirkungskreis als Professor an dem 1803 neu gegründeten Mainzer
Lyceum gefunden. Man hatte ' ihm in der Faculte des Lettres, die man in
Mainz zu errichten plante, eine hervorragende Stellung zugedacht, allein der
Krieg mit Russland verhinderte die Ausführung des Planes.
Ohne Zweifel war es aber weniger seine Lehrthätigkeit als seine litterarische
Wirksamkeit, der er die öffentliche Anerkennung zu verdanken hatte. In 'Iciii
damaligen Mainz und seiner Umgebung herrschte noch unter der Nachwirkung
156
der kurz zuvor aufgehubenen Universität ein reger Sinn für Litteratur und
Kunst.--) Bodmann. Lehne, Müller, Neeb, Schunk. Vogt sind
alles Männer, die sieh als Forscher einen gewissen Namen gemacht haben.
Neben ihnen gab es noch eine ganze Reihe kleinerer Geister. Sie alle und
ausserdem auswärtige benachbarte Gelehrte von Ruf wie H un d e sh a'g en ,
Gerning und andere verstand AVeitzel, der zwar nicht durch Gelehrsamkeit
und Gründlichkeit, wohl aber durch schriftstellerische Begabung und vielseitige
Bildung alle überragte, jetzt heranzuziehen, um mit ihrer Unterstützung die
von N. Vogt herausgegebenen Europäischen Staatsrelationen, deren eifriger
Mitarbeiter er bisher gewesen war. zu einer auf weitere Kreise der Gebildeten
berechneten, belletristischen Monatsschrift umzugestalten. Das von ihm und
Vogt, an dessen Stelle später N e e b tritt, seit 1810 herausgegebene „Rheinische
Archiv^', ist eine Zeitschrift, die bei der Mannigfaltigkeit ihres Inhalts, der
freien vorurteilslosen Stellung ihrer Mitarbeiter, sowie bei der sachlichen Ge-
diegenheit mancher Aufsätze den Vergleich mit keinem anderen gleichzeitigen
deutschen Journal gleicher Art zu scheuen braucht. Es ist hier nicht der Ort
auf den reichen Inhalt der in den Jahren 1810 bis 1814 erschienenen fünfzehn
Bände dieser Zeitschrift im allgemeinen einzugehen. Weitzel war, abgesehen
von seiner redaktionellen Thätigkeit, auch ihr thätigster Mitarbeiter. Ausser
den regelmässig, wie in den Staatsrelationen, von ihm erscheinenden Aufsätzen
über die Geschichte der Zeit veröffentlichte er in ihr auch Teile von sjjäter
selbständig erschienenen und weiter ausgearbeiteten AVerken, so von seinem
Roman „August und Wilhelmine", seiner Selbstbiographie, der „Rhciureise" und
„Ernst und Scherz'-, auf die wir unteu zurückkommen. Auch die später im
zweiten und dritten Band seiner Vermischten Schriften vereinigten kleineren
Aufsätze sind hier zuerst veröffentlicht. Im „Reiz der Neuheit" geisselt er
mit Ironie und Laune die politischen Tagesschriftsteller, die mit dem Strome
der Zeit schwimmend sich jeder veränderten politischen Situation anzupassen
wissen. „Der Tod des Pythagoras" und „Panthea" sind schon von den xVlten
mit reicher Phantasie ausgeschmückte Stoffe. Weitzel, der wie Rousseau die
Vorbilder von Lebensweisheit und Sittenreinheit in der antiken AVeit sucht,
benutzt sie, um das Bild eines über alle Wechselfälle des Lebens erhabenen
Weisen und einer hingebenden liebevollen Treue zu zeichnen. So recht nach
seinem Geschmack ist die an Rolandseck, den Drachcnfels und das Kloster
Nonnenwerth sich anlehnende, durch ihre Tragik ausgezeichnete Sage von
„Roland und Hildegard'\ In den „Briefen aus der Stadt'' und ihrem Gegen-
stück den „Briefen vom Lande" — der Titel ist off'enbar nach Analogie von
Rousseaus Genfer Bergbriefen und der diese angreifenden „Briefe vom Lande"
des Generalprokurators Tronchin gewählt — charakterisiert er die Schwächen
und Albernheiten der Alltagsmenschen. Daneben machte Weitzel das Publikum
durch Übersetzungen und längere Auszüge aus hervorragenden Werken, denen
er zugleich eine Kritik und ästhetische Würdigung zu Teil werden lässt, mit
der neu erscheincmden Litteratur Frankreichs bekannt. Ein genauer Kenner
') \er^\. ^Veitzels llheinreise, S. 87.
157
und ontsdiunloner Freund der Franzosen und ilirer geistreich gefälligen Art der
Darstellung, die er selbst von ihnen gelernt hatte, zeigt er sich doch nicht als
einseitiger Bewunderer dersellicii. Die Imiih! l'berhebung und geringscliätzige
]3eurteilung tonangeb«>nder französischer Journale, wie des Mercure de France
und des Journal <!<■ TEnipire, über die neueren Erscheinungen der d(!utsehen
Litteratur weist er mit scharftuii Spotte zurück. Das besonders am Mittelrhein
sehr verbreitete Rheinische Archiv dienten dazu, Weitzels Namen in litterarischen
Kreisen in vorteilhafter AVeise bekannt zu machen. Die philosophische Fakultät
der Universität Marburg ernannte ihn im Jahre 1811, „den Wert seiner Be-
strebungen in Verbreitung humaner Gesinnungen und in Beförderung einer
echten Lebensweisheit aiun-kennend'"', zu ihrem Ehrendoktor und die Pariser
Universität im Jahre darauf zum Bachclier es Lettres.
Die Kriegsjahre 1813 und 1814 entrissen Weitzel seiner gewohnten Thätig-
keit am Mainzer Lyceum. In der unfreiwilligen Müsse schrieb er „unter dem
Geräusche der Waffen, um sich von dem Boden der rohen Wirklichkeit in
das Gebiet schöner Ideahi zu retten", seinen Roman „August und Wilhclmine
oder das Missverständnis'"', der freilich erst 1815 und 1816 bei Schellenberg in
Wiesbaden, welcher seit 1813 auch den Verlag des Rheinischen Archivs über-
nommen hatte, in zwei Bänden erschien. Der Hauptinhalt des Romans ist kurz
folgender. Ein Bürgerlicher verliebt sich in eine adlige Dame. Trotz aller Vorurteile
der Gesellschaft finden sich die Herzen beider zu einander und halten fest zusammen,
wenn sich auch alles vereinigt, um sie zu trennen. Es kommt indessen nicht
zu einer glücklichen dauernden Vereinigung der Liebenden, der heimliche Ver-
lobte wird vielmehr verwundet und stirbt, die von allen Seiten umworbene
Braut aber lebt fortan luir noch ihrem Schmerz. Abgesehen von diesem un-
befriedigenden Schluss, den der Verfasser augenscheinlich gewählt hat, um die
Macht wahrer Liebe gegenüber der Engherzigkeit und Beschränktheit der
menschlichen Gesellschaftsordnung ins hellste Licht zu setzen, zeigt der Roman
manche Mängel. Die auftretenden Personen haben etwas Schemenhaftes; be-
sonders die beiden Hauptpersonen vereinigen alle Vorzüge ihres Geschlechtes in
einer Weise, dass man sich nicht mehr Menschen von Fleisch und Blut gegen-
über fühlt. Dazu wird der Gang der Erzählung allzu oft dadurch unterbrochen,
dass die handelnden Personen die Anschauungen des Verfassers über das Leben
und den Menschen, besonders über die inenschliche Willensfreiheit, über die
Stellung des Weibes zum Manne, über Erziehung und Unterriclit und andere
Fragen, bei deren Erörterung immer die neuesten litterarisch vertretenen An-
sichten berücksichtigt werden, in allzu deklamatorischer Form vortragen. Bei
alledem bietet der Ronuiu doch sehr viel Gediegenes, besonders ist die am
Endo des vorigen Jahrhunderts — der Roman spielt zur Zeit der ersten fran-
zösischen Republik — im süddeutschen Adel noch herrschende Vorliebe für
französische Sitten uud französischen Geschmack gut illustriert, auch die Eigen-
tümlichkeiten des deutschen, französischen und englischen Volkscharakters sind
in den auftretenden Personen lebendig und treffend zur Darstellung gebracht.
Viele Reminiscenzen aus Weitzels eignem Leben, besonders der Göttinger
Studentenjahre uud der Zeit, wo er als Augenzeuge die Zustände der Ver-
158
waltung unter der ersten französischen Republik kennen zu lernen Gelegenheit
gehabt hatte, hat Weitzel geschickt verwertet, sodass er in einzelnen Kapiteln
auch den heutigen Leser noch durch die Anschaulichkeit seiner Erzählung fesselt.
3. Die Jahre 1814 und 1815.
Den grossen Zeitereiffuisseu folgte Weitzel mit warmem Interesse und ge-
spannter Aufmerksamkeit. Die elementare Kraft des Volksgeistes, die der
Allmacht des Imperators in Spanien so energischen Widerstand geleistet hatte
und Weitzels Verehrung für Napoleon in oben dem Masse erschütterte, als
dieser sie niederzuwerfen bestrebt gewesen war, diese Kraft erkannte und
würdigte Weitzcl auch in der deutschou Bewegung. Nachdem in der Neujahrs-
nacht 1814 die Verbündeten unter Blücher den Rhein überschritten hatten,
übertrug im Mai dieses Jahres die in Mainz eingesetzte provisorische Regierung
Weitzel wieder die R(>daktiou der Mainzer Zeitung. Er musste die Druck-
kosten selbst tragen, erhielt dafür aber auch den ganzen Ertrag der Zeitung.
Zwei kurz hintereinander erschienene Aufsätze, die er zunächst in dieser
Zeitung und sodann zusammenhängend im Rheinischen Archiv veröffentlichte,
beschäftigen sich mit den im Vordergrund des Interesses stehenden politischen
Fragen.
In den „Betrachtungen über einige der wichtigsten Begebenheiten
unserer Tage'' führt Weitzel aus, wie mit der französischen Revolution ein neuer
wichtiger politischer Faktor in der öffentlichen Meinung, einer ebenso wert-
vollen Verbündeten wi(^ furchtbaren Feindin der Regierungen, sich gebildet
habe. Die ziemlich gleiche Kulturstufe, auf der die Gebildeten beinahe aller
Völker Europas ständen, verbünde die aufgeklärtesten Menschen aller Nationen
als Bürger eines unendlichen Freistaats. Früher in den ersten Zeiten der
Revolution, wo Frankreich für seine Freiheit und die Menschenrechte kämpfte,
habe es seine Freunde bei allen Völkern der Erde gehabt, die sich für seine
gute und gerechte Sache erklärten. Die durch die Verletzung der heiligsten
Menschem-echte beleidigte öffentliche Meinung aber habe in den unterdrückten
Staaten den Nationalgeist geweckt. Die Bewegung, die ganz Deutschland in
einem freudigen Gefühl durchwandert, ist ein heiliges Gefühl, das mehr von
dem Volke als von den Regierungen ausgeht. Ein unter solchen Vorbedeutungen
angefangener Kampf muss glücklich enden. „Aber", fährt er fort, „uns, den
Siegern, sei heilig, was es dem Feinde nicht gewesen, Sprache, Sitten, Ge-
bräuche, Freiheit des Gewissens und der Meinung. Weisen wir Frankreich in
die Grenzen zurück, die ihm die Natur angewiesen hat, und die vor allem
durch die Sprache der Bewohner bestimmt werden." Bezüglich Napoleons
bckemit er, „in ihm habe ich den Mann der Vorsehung verehrt. Mein Herz
hing an ilim mit Achtung, Liel)e und Bewunderung. Er hat diese Gefühle,
wie seinen wahren Ruhm, seine Grösse, die Wünsche und Hoffnungen der
Menschh(^it v(U"uichtet. Die Geschichte wird Napoleon würdigen, wenn er nicht
mehr ist, und seine Schmeichler wie seine Feinde verstummt sind. Eine seltene
Kraft und ein fester Wille zeichneten ihn aus. Zu seinem Kopfe fehlte nur
159
das Her/, und mir Ucclit wüi-de er ein grosser Mann luMsson, wäre er ein
grosser Mensch gewesen". Dem deutsclien Volke wünscht er (ilück zu der
Befreiung von dem drückenden, ihm von Napoleon aufgelegten Joche, mehr
aber nocli /u der Befreiung \on der nocli schmählicheren und gefährlicheren
Sklaverei, in der es fremden Sitten und Gebräuchen, sowie einer fremden
Sprache untertliänig gewesen sei. „Ich bin/' heisst es am Schlüsse, „soweit
davon entfernt, den Franzosen Böses zu wollen, dass ich sie vielmehr als ein
ffeistreiches, artio-es und braves Volk liebe. Ich wünsche nur, der Deutsche
möge seinen eignen Wert fühlen und aus übertriebener Gefälligkeit gegen
fremdes Vordienst das seinigc; ni(^ht mehr ganz verkennen."
In dem Aufsätze „Deutschlands Hoffnungen", ebenfalls 1814 geschrieben,
entwickelt Weitzel seine Ansichten über die Zukunft Deutschlands. Würde
die alte deutsche Reichsverfassung mit ihren Mängeln und Missbräuchen wieder
hergestellt, so meint er, hätten die Nationen, deren Anstrengungen und Opfer
der herrliche Sieg vordankt wird, nur für eine Ordnung der Dinge gekämpft,
durch die sie geschwächt und herabgewürdigt waren, dann wäre der erbärmliche
Zweck der grossen Mittel nicht wert. Seine Wünsche an die Mitglieder des
o
Wiener Kongresses fasst er dahin zusammen: man gebe der deutschen Nation
bei aller Beachtung der Individualität der einzelnen Staaten einen Zentralpunkt,
von dem die oberste Leitung ausgehe, jedem Staate eine konstitutionelle Ver-
fassung, sowie dem Gesamtstaat eine Nationalrepräsentation; ferner fordert er
gleichmässige Verteilung aller Lasten im Verhältnisse des Vermögens eines
jeden Staatsbürgers, desgleichen unter Aufhebung aller Privilegien, soweit sie
nicht aus einem anerkannten Bedürfnis des Staates im Einverständnis mit dem
strengsten Recht hervorgehen, gleiches Recht für alle, schliesslich — und hierauf
legt er das meiste Gewicht — eine Nationalerziehung. Eine Nation könne der
begeisternden Vaterlandsliebe nicht ermangeln, denn nur auf der Grundlage
eines Nationalcharakters vermöge ein Volk, wie ein stämmiger Stamm auf
seinen tiefen Wurzeln befestigt, im Sturm und Wetter ruhen. Deshalb komme
es darauf an, den deutscheu Nationalgeist zu wecken und zu erhalten durch
Belobung alles dessen, was uns zu Deutschen macht.
Diese warm geschriebenen Aufsätze sind ein ebenso unmittelbarer Erguss von
Weitzels Fühlen und Denken in dieser Zeit, als sie seine politische Grundidee von
der Volkssouvcränität zum Ausdruck bringen. Neben dem Kosmopolitismus, mit dem
er das politische Leben bisher ausschliesslich betrachtet hatte, kommt bei ihm jetzt
die nationale Gesinnung zum Durchbruch. Klingt der erste Aufsatz an Fichtes Reden
an die deutsche Nation au, so sind seine Gedanken über die deutsche Verfassung
mit der Forderung einer Zentralgewalt offenbar durch die 1814 erschienene
Schrift „Esquisse de Constitution" des von Weitzel öfter in seinen Schriften er-
wähnten und geschätzten französischen Publizisten Benjamin Constant beinflusst.
Das meiste Aufsehen erregte Weitzels ebenfalls in dieser Zeit verfasste,
anonym erschienene „Denkschrift von Napoleon Buonaparte", von der in kurzer
Zeit zwei Auflagen vergriffen waren. In ihr lässt er Napoleon sich in Bericliten
von Bord des Northumberland über sich und die damalige Weltlage aussprechen.
Der Imperator rechtfertigt sich vor der Welt, indem er die Anklage derer, die
160
ilin villi Hass und Gemeinheit jetzt in den Staub zögen, ^väll^eud sie ihm
vorher geschmeichelt hätten, zurückweist und sich auf die Nachwelt beruft, die
erst das wahre Verdienst erkenne. Wenn man jetzt auf dem Wiener Kuugress
auf das Alte zurückkomme, das schon einmal hätte untergehen müssen, und
ein aus Gräbern beschworenes Gespenst für den rettenden Geist gehalten werde,
so sehe er voraus, dass die Natur sich zu helfen suchen werde. Das Gewitter
der Revolution, das über Frankreich aufgestiegen sei, werde sich über ganz
Europa lagern, und erst wenn die Natur sich au brennbarem Stoffe erschöpft
habe, werde der Donner aufhören und ein heiterer Tag erscheinen.
Als Ergänzung zu dieser Denkschrift erschien ein Jahr später „Napoleon
Buonai)arte's Ansicht der gegenwärtigen Weltlage aus Berichten von Northumber-
land". Hier lässt Weitzel den gestürzten Machthaber den Nachweis führen,
wie der beständige Krieg für- ihn unter den Verhältnissen, die er vorgefunden
liabe, eine Notwendigkeit gewesen sei. Das Verhältnis der Staaten zu einander
gründe sich nicht so sehr auf das Recht als auf die Macht. Es gebe kein
o
Völkerrecht als das Gewissen der Fürsten oder ihrer Kabinette, und das er-
sehnte Ziel, wo Nationen als gleiche Glieder eines Staatenbundes unter einem
gemeinschaftlichen Gesetz und Richter leben würden, wie die Bürger eines und
desselben Staates, wo die Entscheidung des Rechtes die streitenden Interessen
ausgleichen werde, liege noch in weiter Ferne. Volk stehe gegen Volk be-
waffnet, Staat gegen Staat gerüstet. Stärke sei darum der erste Vorzug, und
PHicht des Herrschers sei es, seinem Volke einen kriegerischen Geist zu geben,
denn Frieden habe nur. wer den Krieg zu führen wisse. Spöttelnd weist er
auf die Versuche seiner Feinde auf dem Wiener Kongresse, die Ordnung her-
zustellen, zumal auf die deutsche Bundesakte, welche, um ein Fass zu machen,
die Dauben künstlich ohne Reif zusammenfügen wolle. Der Gärungsstoff, der
in den Völkern und gerade in denen liege, die in der Kultur am weitesten
vorgeschritten seien, sei eine Wirkung der Unverträglichkeit des Alten mit
d(.'m Neuen. Die Verschmelzung dieser beiden Elemente, von der allein Rettung
zu erwarten sei, sei ein wunderbar grosses Kunststück, das, wie es ihm selbst
nicht gelungen, seine Überwinder umsonst zu vollbringen bemülit wären.
Man merkt, dass es nicht Napoleon, sondern Weitzel selbst ist, der hier
das Wort führt, um in diesen Aufsätzen mit der Verteidigung Napoleons auch
wohl seine eigne politische Vergangenheit zu rechtfertigen, vor allem aber, um
seinem Unmut darüber Luft zu machen, dass die Neugestaltung Deutschlands
sich in ganz anderer Weise vollzog, als er es gehofft und erwartet hatte.
Weitzel wurde von der provisorischen Regierung auch zum Mitglied der
Kniiijiiission für die Aufsicht der Schulen der Stadt Mainz ernannt und erhielt
Ende August 1814 wieder die Stelle eines Lehrers der Geschichte und Geographie
an dem neu errichteten .Mainzer Gymnasium mit einem jährlichen G(!halt von
l.")00 Franken. So wirkte er wie früher, aber in wesentlich kleineren Ver-
hältnissen, da die Stadt Mainz fortan nicht mehr die Hauptstadt eines grösseren
Gebietes bildete.
C.l
4. Die Rheinischen Blätter.
Inzwisclicn war im l[orzof^tiiin Nassau, das (liiicli die Zutcilun^j^ des Rlioiii-
^i>-auos Weitzcls llcimailaml i^cwdiMlcii war. die I'rossfrL'iliiMr cin-'-cfülirr. und di(!
Einrii'lituii^' cincf auf kniisiiniiinncllfii (h'uiulsäi/.cn Ihm iilicndcn ^\u■f'assuur'• vcr-
küiidi<;'t wdidcii. W'cii/.cl In achte dci' Heimat und di-m Jjandcsf'ürstcn. di'm
ILm'zog Fi'icdi'icli .Vug'ust, sowie seiner lie^ieiam^' l(d)luif't(? Syinpatliieri ontfi^c^-iMi.
denen er in der Eiidcdtun^i;- /u dem im -hdi ISI,') im Uheinisclieii Aicdiiv er-
seliionenen Aufsätze über den Xatienaleluirakter der J)outscl]en Ausdruck f^'iljt.
»Seilen damals scheint er intimere J)e/ieliii!i<4('n zu Wiesbaden, wo seit diesem
.Fahre auch das Ivheinisclie Archiv erschien, ani^(!knüi)f't zu liahen. Das freinid-
schaftlicho Verhältnis, welches, wie uns 1) o r o w erzählt, zwischeu ihm und dem
Kegierungspräsidenten Ibell bestand, wurde vielleicht schon in jener Zeit be-
gründet.
Die nassauische Itegierung harte, nacluhuu bctreits 1H(.K5 dvv Anti(|iiar
und Advokat Jean (jiijorg Pöckelsheim zu Offenbach um dit; Konzession zu
einer politischen Zeitung für Nassau nachgesucht hatte"), in den folgenden
Jahren mit dem Pfarrer Handel und Buchhändler Schellenberg über die Heraus-
gabc einer allgemeinen Landeszeitung verhandelt. Weim man bei Begründung
des Verordnungs- und Intelligenzblattes im Jahre 1800 den Plan einstweilen
wieder fallen gelassen hatte, so war dies geschehen, weil es an einer geeigneten
Persönlichkeit zur Herausgabe einer solchen Zeitung fehlte. Der Mangel eines
einheimischen Blattes nmsste sich jetzt, v:o man daran ging, die Verfassung
einzuführen, mehr als früher geltend machen. G(dang es einen Publizisten von
der Vergangenheit und dem Ansehen Weitzels für ein solches Unternehmen zu
gewinnen, so konnte die nassauische Regierung sich nur dazu beglückwünsciien.
Andrerseits musste bei den bekannten liberalen Tendenzen der Regierung Weitzel
die Begründung einer Zeitung in (unem Lande, das die ilim so verhassten
Zensurmassregeln aufgtdioben hatte, verlockend genug erscheinen. Die Unter-
drückung von Görres' Rheinischem Merkur zu Anfang des Jahres 1816 durch die
preussische Regierung eröffnete ausserdem einer neuen Zeitung bezüglich ihrer
Verbreitung am ^Mittelrludn günstige Aussichten.
Unter diesen Umständen entschloss sich Weitzel seine ihm überdies nicht
mehr in der früheren Weise zusagende Stellung in ^lainz aufzugeben'^) und
mit dem Charakter eines Revisionsrates und dem Titel Hofrat. sowie (Mnem
Jahresgehalt von 1200 dulden in nassauische Dienste zu treten. Er siedelte
nach "Wiesbaden über, um hier mit dem 2. Juli 1810 eine viermal wöchentlieh
erscheinende Zeitung, die Rheinischen Blätter, herauszugeben. Nassau, das
bisher nur khrine unpolitische Amtsblätter erzeugt hatte''^), kam dadurch mir
einem Schlage in den 13ositz einer dank iler gcnvandten Feder ihres Rcnlakteurs
bald EinHuss und Ausehen gewinnenden politiseheu Zeitung. Die Jiegioruug
-') A''erji;l. Sauer, Diis Herzogtum Nassau, S. lü.s, Anin. 1.
") yer{,d. darübor Hric'fc vom Rhein, S. 180 f.
^*) Siehe lueiuen Aufsat/: .,I)ie Iiitelligonzlilätter lier nassaui^cheii FürsteiitiiiinT." Ann.
IJ.l. XXIX, 8. 9;5-114.
11
162
leistete dem üljrigeus auf AVeitzels eigene Reoliiumg und Gefahr begründeten
Unternelinien möglichst Vcrsi-hub: alle IJehürden, weklie bisher auf Kosteu des
Staats oder der Kirche die Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung zu halten be-
rechtigt gewesen waren, wurden angewiesen von jetzt ab die Rheinischen Blätter
zu halten, sowie alle Ediktalladungen und sonstigen öffentlichen Bekannt-
machungen, welche abgesehen von dem Jlerzoglichen Intelligenzblatt bisher
noch in die Frankfurter Ober-l*ostamts-Zeitung eingerückt worden waren, in
der inländischen Zeitung bekannt zu machen. Dem Herzoglichen Stadtdirektt>r
zu Wiesbaden wurde aufgegeben, jedenfalls für sich selbst aus dem ihm dafür
ausgesetzten Betrag diese Zeitung gleich dejn Verordnungs- und Intelligenzblatt
anzuschaffen und für seine Amtsnachfolger gleich anderen öffentlichen Urkunden
aufzubewahren, zugleich aber auch darauf hinzuwirken, dass in den Städten
von den Stadtschuhheissen und in den grösseren Gemeinden ven dem Ober-
schultheissen ein Exemplar der ]{heinischcn Blätter für Rechnung der Gemeindc-
kasse angeschafft werde.
Selbsts'crstäudlich erfolgte diese wirksame Unterstützung des Unternehmens
nicht umsonst. Es liegt kein Vertrag vor, der zwischen der Regierung und
dem Herausgeber der Rheinischen Blätter abgeschlossen wäre, und es ist auch
niclit wahrscheinlich, dass ein solcher überhaupt abgeschlossen ist, vielmehr
verstand es sich bei der Stellung Weitzels zur nassauischen Regierung von
selbst, dass das Blatt den Intentionen der Regierung in der öffentlichen Meinung
die Wege bahnte. Überall, sei es, dass es sich um die Vertretung des Stand-
punktes der Regierung dem eignen Lande gegenüber handelt, sei es, dass es
gilt Augriffe in der auswärtigen Presse zurückzuweisen, sehen wir Wcitzel als
Anwalt der nassauischeu Regierung auf dem Plan. Es ist gewiss richtig, wenn
Sauer meint, AVeitzel habe sich der bedeutenderen Persönlichkeit Ibells unter-
geordnet, und ebenso mag der geistige Urheber mancher aus Weitzels Feder
geflossenen Aufsätze der nassauische Regierungspräsident sein. Bei alledem steht
es aber auch ebenso fest, dass Weitzel keinen Satz gegen seine Überzeugung
geschrieben hat. Das freundschaftliche Verhältnis Ibells und Weitzels zu
einander bürgt uns dafür, dass der eine nicht die blosse Kreatur des anderen
war. Der Einklang i>olitischer Ansichten und Interessen verband beide Männer,
und wie die von Ibell geschaffene Verwaltungsorganisation des Herzogtums
Nassau Beachtung und Anerkennung gefunden hat, so kann Weitzel die allzeit
schlagfertige Gewandtheit und die besonnene Mässigung, mit der er der Regierung
den vielfachen Anfeindungen und Verdächtigungen gegenüber unter Nicht-
aclitung persönlicher Verketzerung in überzeuguugsvoller Hingebung zur Seite
stand, nur ziu- Ehre gereichen.
Übrigens hätte der Umfang des Herzogtums Nassau zu einer Zeit, wo
das politische Interesse im Volke selbst noch wenig regsam war, der Zeitung
kein genügendes Absatzgebiet geboten. Weitzel fühlte sich auch nicht so sehr
als Nassauer, wie als Rheinländer. AVie schon aus dem Namen des Blattes
hervorgeht, liatte er mit demselben in erster Linie ein öffentliches Organ für
die Rheinlande zu schaffen beabsichtigt. Und in der That fasste das Blatt
besonders am Mittelrhein bahl Fuss und spiegelt am unmittelbarsten die politische
Stimmung in don Rheinlandon zu einer Zeit, wo es für Proussen galt, dies neu
erworbene Gebiet mit seiner von den Ijcwolnicrn der ultpreussischen Stimmdundc
so wesentlich verschiedenen Bevölkerung sei nein übrigen Stuatskürpcr zu einem
organisehen Ganzen einzugliedern.
Weitzel war seiner ganzen Natur nach w(!it davon entfernt tler preussischen
]v,(;gierung grundsätzlicli ojjjjositioncdl gegenüber zu treten, alier andrc^rseits war
er jederzeit bereut, für die ^^'a]lI•ung der Kigenrüiiilicld<eit(!n der Rheinländer
sowohl selbst eine Lanze zu bicn-lien als auch l)ei'(!chtigten Wünschen und
^Vusstellungen seiner LandsUuite die SpaltiMi seines J*datt(^s zui- Verfügung zu
stellen. Die durch die Missstimnumg in (h^i- neu erworbeneji i'ruvinz emplind-
lich bfu'ührte j)reussische Regierung hätte (hnu fi'eimütigen Sprecher gern den
Mund geschlossen, wie sie es zuvor mit Görres und seinem Hlatte gethan
hatte. Der Oberpräsident Staatsminister von Ingersleben zu Kcjblenz ver-
langte weg(m zweier im Januar 1817 in Nr. 15 und 16 der Jxheinischen
Blätter veröffentlichten Artikel, in denen die Organisation der in den Uhein-
provinzen errichteten Regierungen einer scharfen Kritik unterzogen wurde,
den Namen des Verfassers dieser Artikel, eventuell die Cbersenduns: des
Manuskripts, um duich Vergleichung der Handschrift den Einsender aus-
zuinittciln. Weitzel wies beid(\s mit Entscdiiedenheit zurück und erklärte seiner
Regierung, dass er keine Namen nennen würde, es sei denn, dass ihm nach-
gewiesen würde, dass jene Artikel erlogene Angaben entliieUen. Der darauf er-
folgenden Zumutung des Oberpräsidenten im Administratiouswege gegen den
widerstrebenden Redakteur vorzugehen, begegnete der Staatsminister von
Marschall mit der Erklärung, dass die Laiidesgesetze ihm im vorlieg(?nden Falle
nicht erlaubten, weitere Schritte zu thun. Ein in der Nummer vom 21. Juni 1817
erschienener Artikel, der die damals in den Rheinlanden herrscliende Teuerung
zum Gegenstande hatte und gegen die preussische Regierung den Vorwurf erhob,
nicht mit der erforderlichen Umsicht und Schnelligkeit der Not gesteuert zu
haben, veranlasste dtm preussischen Staatskanzler Fürsten Hardenberg selbst,
den Ministerresidenteu von Mettingh in Wiesbaden zu beauftragen über die
Zügellosigkeit des Redakteurs der Rheinistdieu Blätter dringende Beschwerde zu
führen. In dem Mettingh gewordenen Auftrag heisst es: Seine Majestät er-
warten die Ausmittlung des Einsenders jenes Aufsatzes, und dass man denselben
zur gebührenden Strafe ziehen werde, zughdch ersuche ich Sie darauf anzutragen,
dass der Redakteur zum AViderruf und zui' Berichtigung der nach dem ab-
schriftlich anliegenden Berichte des Staatsministers von Ingersleben falsclien
Thatsachen angelialten und für die Folge einer strengeren Censur unterworfen
werde. Weitzel, dem Marschall die Beschwerdeakte zustellte, lehnte wiedeium
die Namensnennung ab, da dvv betreff'cmde Artikel mir Thatsachen enthalte.
„Es ist schmerzlich"', schliesst er seine Rechtfertigung, „bei den reinsten Ab-
sichten und dem aufrichtigsten Bestreben nützlich zu sein, solche Vorwürfe zu
liören, die tief demütigen müssten, wenn sie verdient wären. Ich werde gern
alles anstössig(i vermeiden, die Erzählung von Thatsachen aber liegt in meinem
Beruf.'' Wenn Marschall auch dem BxM'liner Kabinet s(>in Bedauern über den
Vorfall ausdrückte, so begnügte er sich doch von Mettingh die nassauische
11*
1(34
Verorclniino; über Prcssfreiheit zu üljorsondcn mir der blossen Versiclierung, dass
AVeitzel aller Veranlassung zu weiteren Besclnverdcn aus dem AVeg-e gehen
werde. Als Mettingli seinen Auftrag jetzt mit mehr Xaclulruck wiederholte,
beschwerte sicli Marschall seinerseits über das anmassende Benehmen des
preussischen ^linisterresidenten und hatte die Gimugthnung. dass der jireussische
Minister des Auswärtigen Jordan ilim dureh den nassauischen .Miuistcrrt'sidenteu
Generalmajor von L'p]stocq erkläri'u li«'ss, dass von Mettinglis Zudriiiglichl^eir
und seine Zunuitung. den Redakteur der Kheinischen Blätter zur Nennung seines
Korrespondeiuen zu zwingen, in Berlin (hu'chaus missbilligt werde.
^^'ie NN'eitzel in dieser Weise, durcli kiüne Rücksicliren IxMi-rr. der
allgeujeineu Stimnuiiig in den Kheinlanden Ausdruck gab, so wuriU' er andrer-
seits durcli nachdrückliche Vertretung" seiner politischen Überzeugungen wied(!rum
auch ein Bundesgenosse der preussischen Regierung. Bekanntlich wurde dem
8taatskanzl(>r Ilardeuberg gelegentlich seiner Rheinreise, die er unternalnn, um
die Stimmung der neuen Provinzen aus eigner Anschauung kenneu zu lernen, in
Engers auch vnn Abgesandten des rheinischen Adels die Denksclirit't, die Ver-
fassungsverhältnisse der Lande Jülicli, Cleve, Berg und Mark betreffend, überreicht,
in der die Berufung der alten Landstände verlaugt und gegen die „allverwirrende
(rleichheit der französischen Revolution"' Protest erhoben wurde. Noch weiter s-inff
die V(in Görres verfasste Koblenzer Adresse an den Staatskanzler in ihren
Forderungen zu Gunsten des Adels, der katholischen Kirche und der Wieder-
herstellung des Feudalsystems. Mit beiden setzte sich Weitzel alsbald in den
Rheinischen Blättern auseinander, um gegenüber dem Jleaktionären in diesen
Kundgebungen die soziale Gleichheit und kirchliche Parität mit aller ihm zu Ge-
bote stehenden Beredsamkeit als zeit- und volksgemäss zu verteidigen. Der liberale
preussische Staatsminister verkannte den Einfluss nicht, den die Rheinischen
Blätter sich in den Rheinlanden erworben hatten und trachtete alsbald danach,
diesen Herold der öffentlichen Meinung dauernd in das preussische Lager hinüber
zu ziehen. Durch seineu Günstling Dorow, der sich seit Mitte August .1817
zur Stärkung seiner (Gesundheit, sowie zum Zweck von Ausgrabungen in Wies-
Ijaden aufhielt und hier vielleicht zunächst nach höherer Weisung Weitzel nebst
den Präsidenten Rjell und von Dalwigk persönlich näher getreten war, Hess er
mit ersterem Verhandlungen anknüpfen, um ihn mit seinen Rheinischen Blättern
zum rberzug nach Bonn zu bewegen. Gelegentlich von llardenborgs Durch-
reise durch Wiesbaden Ende 1818 wurden dann durch den GeJieimen Ober-
Regierungsrat Koreff di(! Grundzüge von Weitzels Übersiedlung festgestellt.
Rjoli und Weitzel hatten, wie Dorow meldet, damals beide den Wunsch, in
preussisclie Dienste zu tret(!)i. ., Weitzel. den Deutschland durch seine Schriften
und den Anfang seiiiei Selbstbiographien kennt", heisst es bei Dorow '-"), „er-
schien besonders als v'in gidsser Gewinn, denn seine Stimme hatte guten Klang
in den liheinprovinzeii."
Damals Hess W^eitzel dem Staatskanzler durch Dorow di(! von Ititzterem
ihrem Wortlaut nach mitgeteilte" j Denkschrift „liheinprcusseji im Dezember LSIS"
'^«) Erlebtes I, S. ITo.
-') a. n. 0. n, S. l.Jl — 16«.
lO,")
überreichen. In ilicscr scliickt Weitzel der Darlegung der Ur.saelicii. wanini lsl4
in den Rheinlaiiden der AViiiisdi allgemein gewesen sei, der preussisclien Mdnarchie
einverleibt v.n werden, während die Stiinnning jetzt eine durchaus preussen-
f'eindliidie geworden, als einen wesentlichen Artikel seintw politischen Glaubens-
bekenntnisses eine Ausfülu'uiig über den Einfluss des Volkes und der öffentlichen
Meinung im Prozess(! des Staatslebens voraus. „Die Stimmung der Zeit", heisst
es, „ist wesentlich demokratisch, in den aufgeklärten LändiMU ist sie es be-
sonders und somit auch am Klu'in. Freiheit und Cleicliheit, dieser so ver-
schrieene Ruf. an den sich schmähliche und furchtbare Erinnerungeji knüpfen.
ist das Jjosungswoi't der (Jegenwart: Freiheit, die Befugnis, nur dem Gcisetz
zu gehorchen, (lieichheit. die allgemeine Verpflichtung, einem und demselben
Gesetze unterthan zu sein. In fünfzig Jahren ist in der schönsten Hälfte von
Europa der Sieg dieses Wahlspruches ents(;hieden. Diese Freiheit und diese
Gleichheit werden dann ihre Jlorrschaft begründet haben, ob auf eine blutige
oder unblutige Weise, das hängt von uns ab.^*) Dieser demokratische Geist
ist wesentlich monarchisch. Ohne erbliche Monarchie weder Freiheit noch
Sicherheit, darüber sind alle Verständige unter uns einig, aber auch darüber,
dass diese Freiheit und Sicherheit, wie die Festigkeit des Thrones selbst,
iln-o Bürgschaft in einer Verfassung finden." Abgesehen davon, dass die
allgemeine Erwartung der Einführung der letzteren bis jetzt getäuscht sei,
habe man die Rheinländer noch durch mannigfache ^lissgriffe der preussi-
sclien Verwaltung besonders gekränkt. Das wirksamste ^Mittel, die begangenen
Versehen wieder gut zu machen, sei eine sorgfältige Auswahl der höchsten
Provinzialbeamten. Die Beamten müssteu ebenso sehr das Vertrauen des
Volkes wie das des Königs haben. „Die letzte Bedingung ist am Rhein
besonders wichtig, weil es hier eine öffentliche Meinung unter aufgeklärten
Menschen gibt." Das Volk verstelle nicht Jeden und werde nicht von Jedem
verstanden, wenn sie auch dieselbe Sprache sprächen. Darum sei es klug und
billig, einem Lande Vorgesetzte zu geben, die seinen Menschen, ihren Begriffen,
Sitten und Gewohnheiten nicht fremd seien. Man muss Treitschke") Recht
geben, dass aus dieser Denkschrift das naive Selbstgefühl des Rheinländers
spricht, der damals auf die Altpreussen als hinter ihm in der Kultur zurück-
geblieben herabsah, im übrigen fordert Weitzel aber nicht, wie Treitschkc
sagt, dass Jeder von Seinesgleichen gerichtet werde, sondern, wie aus dem
Zusammenhang klar hervorgeht, dass keine mit den Verhältnissen des Landes
und der Bewohner unbekannte Beamte ernannt würden, eine um se billigere
und gerechtfertigtere Forderung, als die preussische Regierung sich in der
Wahl ilirer Beamten für die Rheinlandc thatsächlich arger Missgriffe schuldi";
gemacht hatte.
*") Mit Reclit kdiiiite Knrl Briiuii im Jaliro 1S48 in der von iliiii iierausgcgebenen
„Nassauischen Zeiung" (No. 70) auf diese AVorte himveison, um den Nassauern zu zeigen, wie
einer ilirer Landsleuto mit proplietischom Blick den kiniftiijon Gang der staatlichen Entwickelung
Deutschlands vorausgesagt habe.
^^ Deutsche Geschichte, Teil 2, 3 AuH., S 270 f.
106
Unror lU-in 'J(j. Februar lt>19 ging Woitzol ein Schreiben Hardenbergs
zu, in welchem ihm unter der Voraussetzung, dass er in seiner Zeitung das
Interesse des preussischen Staats zum Ilaujitaugenniork nelnnen und solche im
Geiste der Mässiguug, besonuenen IJilligkeit und leidenschaftslosen Prüfung
redigieren und überhaupt das seinen lEänden anvertraute Organ der Öffentlich-
keit mit Umsicht und Klugheit gebrauchen werde, damit der Geist der ncnuMi
Provinzen mit dem der älteren vertraut gemacht und freundlich verbunden, und
ein wuhlthätiger EinHuss auf die Stimmung dieser Länder ausgeübt werde, die
Autiorderung zuging, softirt seinen Wolinsitz in den preussischen Hheinprovinzcn,
wo es ihm beliebe, zu nehmen. Es wurde ihm für die JUieinischen Blätter,
jedoch nur unter seiner liedaktion, die Befreiung von der Zensur zugesichert,
ferner, um ihn einigermassen von der Abhängigkeit frei zu machen, in welcher
jeder Redakteur mehr oder weniger von der Zahl seiner Abonnenten sich be-
finde, ein vom 1. Januar 1819 ab zahlbares Jahrgehalt von 1000 Thalern mir
der Aussicht einer künftigen Erhöhung dieser Summe, ausserdem öOO Thaler
Umzugsgelder und der Titel eines Geheimen Kofratos.^") Weitzel konnte sich
aber nicht sofort entscheiden. Er betojir iu dem Antwortschreiben vom
12. März^'). dass er die öffentliche Meinung für sich haben müsse, um den
auf ihn gesetzten Erwartungen zu entsprechen. Sein ganzes öffentliclies Sein
sei ein Geschenk der öffentlichen Meinung. Durch jeden raschen Wechsel setze
er sie aber auf's Spiel. Man würde nicht unterlassen ihn als einen Partei-
gänger darzustellen, dessen Grundsätze und Dienste käuHich seien. Aus diesem
Grunde will er seine gegenwärtigen Verhältnisse nur ablösen, nicht abbrechen
und bittet deshalb sein Berufungspatent noc^h hinausschieben zu wollen. Der
Befreiung von der Zensur wünscht er eine so ausdrückliche Sanktion gegeben,
dass er nur dem Könige, dem Staatskanzler und seinem Gewissen verantwortlich
Ijleibe, gegen untergeordnete Stellen und Lokalbehördeu sich aber nie zu recht-
fertigenden Erörterungen veri)flichtet sehe. Dem Könige und dem Vaterland sich
nützlich zu machen, bezeichnet er als einen der grössten Wünsche seines Lebens,
denn, schlicsst er. „in meiner Seele steht die Überzeugung unerschütterlich fest,
dass Deutschland nur durch und mit Preussen zu retten ist.'' Unter dem
11. Juni 1810 weist Weitzel in eincni zweiten Schreiben an Hardenberg .darauf
hin. dass er seinerseits die öff'entliche Meinung jetzt wohl ziemlich vorbereitet
finden dürfe, dass sich die Stimmung in den Rheinlanden aber nur noch ver-
schlimmert habe. Gehe er unter dies(!n Verhältnissen nach der ihm zugeduchten
Bostimnmng ab. daini komme er in die liTichst schmerzliche Lage, mit der
öffentlichen Meinung zu brechen, oder oft in einer der Regierung missfälligen
Lage zu erscheinen. Kv möchte deshalb nicht eher abgerufen werden, bis etwas
Entscheidendes füi- das Land, sei es durch Errichtung von Ständen, oder auf
irgend eine anden^ Weise geschehen sei. Weitzel hatte schon zu Godesberg
bei Bonn durch Dorow eine Wohnung für sich besorgen lassen. Er erklärt
sich in einejii S(;hreiijen vom l'.i. Juni Hardenberg gegenüber auch bereit
seinen Lljerzug nach I5o)in im September vorzunehmen.
o'-o"
^'') Siehe Schwann a. a. O. iiiid den Anlinn''.
*') Diesen und die folgenden JJricle s. JJoiow, Erlebtes II, S. 105—150.
i(;7
Inzwisclu;]! waren infolge ilcr Jli'inoidiui'^- Jvot/.i^ljues /u Maiinhciin ajii
2o. März 1810 durch Sand und Lünin^s Mordanschlag auf Ibcll am 1. Juli
desselben Jahres durch die Karlsbader lic^schlüsse für die gesamte Presse Deutsch-
lands scharfe Zensurmassrcgeln eingeführt. Weitzel hatte dadurch, dass er für
das Lüning'sclie Verbrechen die demagogischen Umtriebe verantwortlich machte,
die liberale Presse Doutsclilands gegen sich aufgehetzt. Unt(!r Hinweis darauf,
dass das bosliaft(^ G(M'ücht, er schreibe im Dienste; dei- Jlegierung eine Ilof-
zeituiig. ihn ausser Stand setze weiter für das Land zu wirken, hatte er untcu*
dem lö. Juli 1819 dem Minister von Marschall seine Absicht, von der Redaktion
der ivheiuischen Blätter zurückzutreten, augezeigt. ^'^) Es fällt auf, dass Weitzel
in dicsein Schreiben die ilim seitens Preussen gemachten Anerbietungen, die
er doch im Prinzip bereits angenommen hatte, gar nicht erwähnt, sondern sein
Yorhaben, die Redaktion niederzulegen, nur als eine infolge; dei- ungünstigen
einheimischen Verhältnisse notwendig gewordene Massrogel hinstellt. Wenn er
auf Verleumdungen, heimliche Neckereien und verborgene Kränkungen liinweist,
denen er ausgesetzt sei, so mag es dahin gestellt bleiben, ob bei Übertriebcnlieit
dieser Angaben ihre Richtigstellung, wie Sauer meint, leicht gewesen wäre,
jedenfalls waren diese Verdriesslichkeiten, unter denen er, worauf auch das
Schreiben hinweist, ein Jahr vorher gelegentlich der sogenannten Dillenburger
Petition ^^) ebenso zu leiden gehabt hatte, nicht das Hauptmotiv für Weitzel.
Und wenn er dem Zureden Marschalls nachgebend sich jetzt ontschloss, weit<.'r
auszuharren, so war dafür wohl in erster Linie bestimmend, dass er das er-
wartete preussische Berufungspateut noch nicht in der Tasche hatte. Diese
Berufung aber zog sich hinaus. Die Karlsbader Beschlüsse veranlassten Harden-
berg vielmehr unter dem 4. September Weitzel mitzuteilen, dass Verhältnisse,
welche die letzten Vorfälle auf eine ganz unerwartete Weise herbeigeführt
hätten und die mit allgemeinen Massregeln im Zusammenhang ständen, es iliiii
unmöglich machten, ihm die verlangten Papiere in diesem Augenblick zu ül)er-
senden. Jedoch liege in diesen Verhältnissen durchaus nichts, was seiner An-
stellung und den dabei ausgesprochenen Bedingungen bis auf einige, vielleicht
durch allgemeine Bestimmungen eintretende Modifikationen den geringsten Ein-
trag thun könnte. Er hoffe ihn von diesen Modifikationen in wenigen Wochen
in Kenntnis setzen zu können und ersuche ihn bis dahin die Ankündigung der
Verlegung seiner Zeitung auszusetzen.
Die Bundestagsbeschlüsse vom 20. September wurden inzwischen im
Nassauischen Vorordnungsblatte unter dem 5. Oktober 1819 publiziert, uml
damit die Zensur wieder im Herzogtum eingeführt. Jetzt erklärte AVeitzel
der Redaktion dvv Rheinischen Blätter, so lange diese Verliältnisse wälu'ten.
entsagen zu müssen. ^Marschall gewährte ihm unter dem 12. Oktober 1819
einen Urlaub auf unbestimmte Zeit, und Weitzel zog sich, während der
Konrektor Fischer bezüglich der Rheinischen Blätter — ■ sie gingen am
1. Oktober 1820 ein, von da bis zum Jahre 1848 erschien in Nassau
^^) Sauer, Diis Herzogtum ^■(lss^ul, S. 141 teilt das Sclireiben im Auszuge mit.
^*) Saue r a. a. 0. S. 55 ff.
168
kein politisches Blatt — seine Vertretung übernuliiii. imcli Juhaunisberg-
zurück. Avo er ein kleines Lantlgut erworben hatte. Wenn gleich darauf in
der deutschen und ausländischen Presse das Gerücht auftauchte, dass er endlich
dem unwiderstehliclien Anerbieten Prcussens nacligogeben und seine "Wohnung
in Bonn gentunmen halie. wo er eine Pension von 1500 Thalern genicsse,
so konnten die Kheinischen Blätter^') dies Gerücht als unrichtig zurück-
weisen. „Abenteuerlich"'^) aber war es gewiss nicht, und wenn man auch,
Weitzels em})tindliche Xatur berücksichtigend, mit liecht sag(m kann, dass die
Zensurmassregeln die bestimmende Veranlassung für ihn waren, die Ivedaktiou
aus den Händen zu geben '*). die Absicht nach Preussen zu gehen, hatte er
nicht aufgegeben. Kin Schreiben an Dorow vom 26. November 1819 zeigt,
wie er mit Ungeduld auf eine Entscheidung aus Berlin w'artet, wenn auch
seine allgemeinen politischen Hoffnungen, die er auf Preussen gesetzt hat,
untergegangen sind. L'nter dem 10. Dezember 1819 erklärt er seinem Freunde:
„AVenn es nur meine Finanzen ertragen, dann verlasse ich schwcrli(.'h den
Johanuisberg mehr! Es lohnt sich wahrhaftig der Mühe nicht, dass mau mit
dem Leben, der AVeit und den Menschen so viele Umstände maclit. Um es
gut hier zu haben, muss man ein Narr oder ein Spitzbube sein, und ich bin
für jede Schule und fremde Lehren verdorben und zu alt. " Doch resigniert er
nicht gänzlich: „hätte ich'% schreibt er den 6. April 1820. ..nie ein öffentliches
Leben gehabt, dann wäre ich mit meinen kleinen Wünschen wohl leichter zu
befriedigen ; aber da denke ich mir ein Vaterland, eine Nation, Natioualehre
und Nationalglück und gehe in dem verwaisten Hause durch die hohlen Gänge,
wo Misstrauen und böser Anschlag im Verborgenen lauern und höchstens einige
alte Kinder und kindische Alte Vaterlandchens spielen, um das Grosse in der
Brust des Menschen und der Geschichte zu parodieren. "
Weitzel sah sich indessen gezwungen, der nassauischen Regierung
eine bestimmte Erklärung zu geben, ob er in Nassau zu bleiben gesonnen sei
oder nicht. Im ersteren Falle wurde ihm sein bisheriger Gehalt von 1200 Gulden
als Pensicm zugesichert. Auf Dorows Rat hatte er Ende Fcsbruai' nochmals an
Hardenberg geschrieben und unter Schilderung seiner misslichen Lage um Be-
schleunigung der Entscheidung seines Schicksales gebeten. Nach monatelangem,
vergeblichem Warten nahm Weitzel das nassauische Anerbieten au. Durch die Gunst
des Herzogs und seines ersten Beamten erhielt er am 20. Dezember 1820 die Stelle
des Bibliothekars der öffentlichen Bibliothek zu Wiesbaden. Am 18. Juni 1820
schreibt er an Dorow: ..Ich musste mich zu einer Kapitulation entschliesscn,
die nicht glänzend ausfallen konnte, weil ich eine schlechte Stellung hatte.
Das Achtzehnnionatskind ist also unzeitig und ohne Leben abffoffaniren. Fahre
auch Du hin, wie so jnancher werte Entwurf in diesem Leben! Ich habe in
•") Jnhrg. 1819, No. 1(57. Wie verbreitet die Rheinischen Blätter übrigens damals waren,
lüsst sich daraus f-clilicsson, dass dein Yorwurt'o drn- IJcstccliung ontgcgengolmltcn wird, Weitzel
li.'ibe mit den Kheinischen Blättern wohl mehr als l.jO0 Tlialer aufjjeireben.
") Sauer a. a. O. S. 1.51, Anm 1.
^'') Schwartz, .\nnttlen XXIV, S. 46 behält deshalb doch gegen Snnora. n. 0. 8. 141,
.\iiMi. 2, Kocht.
UV.)
der langoii Scliwaiigerschaft PreussiMi viel f^copfcit. Am TJlioin gelästert, V(tn
iriindertcn verkannt, in manolien Interessen gekränkt, oft gezwnngen mit liestcr
Absieht nnd entscliiculenem Willen in zweid(Hitig(Mn Sinne zu orselieincn. habe
ich nur einen falschen SeJiritt — wenn ich ihn wirklich getlianV in jeder Hin-
sicht y.n t(Mu>r bezahlt/'
J)()ro\v teilte die ihm iiiicrwartcit gekoiuinene Entscheidung s('in(\s Freundes
Hardenberg sofort mit. um womöglich noch eine Änderung in denn Schick-
sale Weitzels herbeizuführen. Der Staatskanzler aber nahm (Wr, Entscbliessunir
des letzteren zur wiilkoraniencn IFandhabe, um die VtM-handlungen mir ilim.
wenn aucli in höflichster Form, abzubrechen. Xachdeni infolge den* Karls-
bader l>eschlüsse den llegierungen Mittel in die Iiänd(3 gegeben waren, jede
laut werdende Stimme der Unzufriedenheit durch die Zensur schon von vorji-
herein zum Schweigen zu bringen, und es nicht mehr erforderlich schien,
den Massnahmen der Jlegierung in der ()ffentlichen Meinung gegen Angriffe
und Yerdächtigungen das Wort zu reden, war der eigentliche Zweck von
Weitzels Berufung nach Preussen hinfällig geworden. Unangenehm aber wai-
es, bei den einmal gemachten Zusicherungen den Rückzug anzutreten. Von der
Zwangslage Weitzels in Berlin genau unterrichtet, hatte man diese Entscheidung
gewiss nur herbeigewünscht, um dann, wie es in dem Auftrage Hardenbergs
von dem Geheimen Oberfinanzrat Schaumann an Weitzel unter dem 24. August
1820 gerichteten Schreiben geschieht, sein scheinbares Bedauern über dieselbe
aussprechen zu können. W^eitzel durchschaute die Sachlage nicht, wenn (>r in
seiner Erwiderung vom 1. September den Vorwurf, als trage er selbst di(^
Schuld an der erfolgten Entscheidung durch Darstellung des ganzen Verlaufs
der Angelegenheit, zurückweisen zu müssen glaubt. Hardenberg antwortete
darauf unter dem 18. September eigenhändig. Er kleidet sein Bedauern, der
Aussicht ihn zu besitzen, entsagen zu müssen, in die verbindlichsten AVorte
und bittet ihn zugleich um Angabe der Entschädigung, welche er verlange.
Welchen Eindruck das Schreiben auf Weitzel machte, ersieht man aus folgender
Stelle von dessen Brief vom 2o. Oktober 1820 au Dorow: „Dass ich den so
hoch verehrten Fürsten eine Zeche machen soll, das lieber Dorow, nuithen Sie
mir nicht zu. So etwas verträgt sich weder mit meiner Achtung gegen den
Staatskanzler, noch — erlauben Sie mir den Stolz ! — mit meiner Achtung vor
mir selbst. Ich habe nichts verlangt, verlange nichts und werde nichts ver-
langen. Der Fürst soll nicht übel von mir denken, darin besteht meine ganze
Forderung. Ich will die gute Meinung verdienen, die er von mir hat. Man
soll mich allenthalben entbehren können, das lasse ich mir gefallen, aber an
keinem Orte soll man mich verächtlich finden, das ist meine Sorge. Dem
Fürsten hätte ich für den Ausdruck seiner gütigen Gesinnung schon gedankt,
wären Sie nicht dagegen." Nur für die von ihm schon in Godcsberg gemietete
Wohnung nahm Weitzel die Entschädigung an.
Erst allmählich wurde ihm die ganze Situation klar. Die veränderte
Stimnmng klingt durch in dem ]5rief an Dorow vom 13. Dezember in den
Worten: „Man hat doch etwas zu arg mit mir gespielt." Dorow versuchte
auch jetzt noch beim Staatskanzler für seinen Freund zu wirken. Er schrieb
170
zu diesem Zweck au den Geheimen ( )ben'egieruugsriit Scholl, der inzwischen
an KorefFs Stelle getreten war. und dem er späterhin, offenbar tdine Grund, die
Schuld an der Xichrberufung AVeitzels nach Preussen giebt.'") Aus dem von
Hardenberg selbst darauf erfolgten Antwortschreiben vom 4. Januar 1821 geht
hervor, dass Dorow für den Fall, dass "NVeitzels Überzug in der ursprünglich
beabsichtigten Form nicht angängig sei, ihn für eine akadennsche Lehrstelle
empfohlen hatte. Sicherlich erfolgten diese Bemühungen, denen Plardenberg
nut dem Hinweis begegnete, dass für dergleichen Anstellungen der Kultus-
minister die einzig zuständige Instanz sei. hinter Weitzels Kücken.^*)
Während Dorow erst jetzt die Vergeblichkeit weiterer Versuche einsah,
kennzeichnet Weitzel in einem lirief vom 2. Februar den ganzen Verlauf der
Sachlage richtig nnt den ^^'orten : „Das Spiel war eine lustige Posse, in der
ich als ehrlicher Hanswurst Prüircl bekam. Einmal ist es den Herren Ernst
gewesen, da die Ivheinischen Blätter nocli im Gange waren. Diesen hat es
gegolten; sie sollten gewonnen werden, da sie nicht unterdrückt werden konnten.
Kaum hatten die Karlsbader Konferenzen der Sache ein anständiges Ende ge-
macht, als man auch eine andere Sprache führte. Es hatte ja zu regnen auf-
gehört, warum sollte mau den lästigen Schirm nicht in eine Ecke stellen? So
ist's; und ich beklage mich nicht dariU^cr. Ich liiu nur eiufältig. zutraulich,
aus lauter Achtung und Ergebenheit furchtsam gewesen. Was mir in allen
Verhältnissen des Lebens geblieben ist, blieb mir auch hier, das Bewusstscin
aufrichtiger Gesinnung und gerader Handlungsweise.'''
Diese Verhältnisse sind eingehender geschildert worden, weil die Be-
deutung, die die Rheinischen Blätter erlangt hatten, daraus am klarsten hervor-
tritt, und weil die durch dii; Karlsbader Beschlüsse herbeigeführte ungünstige
Wendung für Weitzel, dessen Charakter in den ^vähr(md dieser Verhandlungen
an Dorow gerichteten Briefen offen vor uns liegt und sicli als iu jeder Be-
ziehung ehrenwert bewährt, einen wichtigt'U Abschnitt bedeutet.
5. Publizistische Arbeiten in der Zeit der Reaktion.
Wir haben Weitzels Natur und Fähigkeiten genügend kennen gelernt,
um zu verstehen, wie dieser jähe Abbruch seiner politischen Wirksaudceit für
ihn verhängnisvoll werden musstc. Dorow fand Weitzel, als er ihn IS2d in
Wiesbaden wiedersah, sehr verändert. Wenn er sagt"*®) : „Weitzel war der Mann
für einen grossen Staat ; sein weitstrebender Geist und seine grossartigen Welt-
ansichten gingen unter in den Mühen und in (Im kliüncii Vcrhältuissen und
Intriguen eines so eng begränzten bürgerlichen Lebens", so hört uuin aus
diesem Urteil Weitzels eigene Klage heraus, iliin war das Arbeitsfeld ge-
nonmien, auf dem er im Kampf der Parteien mitten innestehend in harter
Tagesarbeit vermöge seiner Schlagfertigkeit und Mässigung sich eine beachtens-
") Dorow, lürleijtes II, S. 109.
'*) Sauers Meinung (Annalen XXVII, S. 203), uls habe ssicli Weitzel um eine Profetsaur
in Bonn bemüht, ist irrig.
") Krlebtes, Teil 3, S. 351.
171
werte Stellung' gescliuffcn liatte. Es fehlte ihm fcnKn-liin dlv. uninittelbaie He-
lühnm"' mit dem öffentlicheu Loben und damit gleichsam di(^ Scliuh! der Praxis,
'O
d'w. für seine allzu gefühlsselige Natur ein uniintbehrliches Korrektiv liildete.
Die systematische Unterdrückung aller freiJKiitlichen Jleguugen, an die er so
grosse lloff'nungcm und Erwartungen für die zukünftige Gestaltung Deutschlands,
sowie ganz Europas geknüi)ft hatte, wurden von ihm schwer empfunden, fhm
war CS gewiss, dass das alte Staatssystem abgewirtschaftet hatte und eine iwnn
Zeit heraufgekomnuiu war, die in den Kulturstaaten Europas das Volk zur Mit-
wirkung an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten und am weiteren
Ausbau des Staates berief. Diese richtige Überzeugung war aber bei ihm nicht
zugleich von der Einsicht getragen, dass der Staat ein organisches Gebilde ist, dessen
Entwickelung mau nicht auf Grund theoretischer Erwägungen vorgreifen darf.
Erst einer jüngeren Generation ist diese tiefere Erkenntnis aufgegangen.
Weitzel sieht das einzige Hindernis für die Einführung konstitutioneller Ver-
fassungen in der Abneigung der Regierungen, sich ihre bisherigen Machtbefug-
nisse kürzen zu lassen. Sein politischer Instinkt fühlt, dass fernerhin Preussens
Entwickelung für Deutschlands Entwickelung massgebend sein wird. Und nun
ist es gerade dieser Staat, der durch sein Beharren in dem alten Geleise nach
Weitzels Meinung dem angebahnten und unabweisbaren Fortschritt entgegentrat.
Auch in dem engeren nassauischen Vaterland, dessen Verwaltung Weitzel in
den Jlheinischen Blättern so überzeugt und beredt gepriesen hatte, trat unter
dem Druck von aussen und unter dem Eindruck der Gefahr seitens der un-
gezügelten liberalen Strömungen ein gänzlicher Umschlag der Verhältnisse ein,
den Weitzel selbst in dem Aufsatz „Nassau und der Minister von Marschall'' *")
in geistvoller AVeise charakterisiert hat. p]s ist unter diesen Umständen, zumal
wenn wir Weitzels Naturell berücksichtigen, begreiflich, wie in den späteren
Schriften des nach wie vor rastlos thätigen Publizisten eine unfruchtbare
Nörgelei an den bestehenden Verhältnissen, die ihn die Welt und die Menschen
allzu oft mit getrübter Brille betrachten lässt, mehr und mehr Platz greift.
Auch noch in einer anderen Beziehung wirkte das Aufgeben seiner unmittelbar
praktischen politischen Thätigkeit ungünstig ein. Weitzel stand gerade auf der
Höhe seines Wirkens; als namhafter Publizist hatte er sich eine Gemeinde
geschaffen, zu der zu sprechen ihm Bedürfnis geworden war. ][infort der
Tagespolitik entzogen, die für ihn der eigentliche Lebensnerv gewesen, greift
er nicht sislten auf frühere Zeiten zurück, um aus dem Vorrat seiner älteren
Schriften das darin noch Verwertbare seinem nunmehrigen grösseren Leserkreise
als neue Gabe darzureichen. Durch diese Umstände erleidet insonderheit für den.
der Weitzels Schriften im Zusammenhange liest, das Literesse an den späteren Er-
zeugnissen seiner Feder eine beträclitliche Einbusse.
Zunächst gehört freilich die Schrift : ,JIat Deutschland eine Revolution zu
fürchten?", die Weitzel unter dem unmittelbaren P^iudruck von Lönings Mord-
anfall auf Ibell im Juli 1819 verfasste, und die in kurzer Zeit in zwei Auf-
lagen hintereinander bei Schelleuberg in Wiesbaden erschien, noch der früheren
") AUjjemeine Zeitung 1834, Aufserordontliclie Boil. Xo. 114—117/118.
172
Periode aii. Die biTeitsi erwähnte Denk-^e-lnitt ülier lilieiii|)reu»si'ü tinder sich
hier, abgesehen von den ausschliesslich die Jiheinlande betreffenden Bemerkungen,
verarbeitet. In Tendenz und Ausführung das gerade Gegenteil von Görres'
im August desselben .lahres erschienener Flugschrift ,,DeutschIand und die
Ivevolutiou" tritt diese Schrift unter Hinweis auf die Notwendigkeit, die vor-
handene (lärung zu beseitigen, für Ideen ein. die in Bezug auf Schatt'ung einer
Zentralgewalt und Keiiräsentativverfassung Deutschlands bei gleichzeitiger mög-
lichster Schonung der Selbständigkeit der einzelnen Staaten die (»edanken
seiner 1814 veifassten und oben besprochenen Aufsätze Aviederholen und weiter
ausführen. Entgegen Görres' Ideal von der Wiederbelebung des alten Kaiser-
staats unter Österreichs Führung weist Weitzel darauf hin. dass Preussen schon
seiner geographischen Lage sowie <lein Geist seiner Bevölkerung, seiner Kultur
und seinen Sitten nach das Land sei, auf das Deutschlands Zukunft sich auf-
bauen müsse. .,Mit gestrecktem Körper dehnt es sich von einer äusserstcu
(frenze Deutschlands bis zur anderen aus; seine Sicherheit ist ein Theil der
unsrigen, sein Wohlstand ein Theil des unsrigen, jede Gefahr für es ist auch
Gefahr für uns. und durch die vielseitige nahe Berührung theilt sich wechsel-
seitig fast jeder Schmerz und jedes Leiden sympathetisch mit. Preussen und
Deutsehland stehen in verwandter Wechselwirkung; ihr Schicksal ist an dasselbe
liad der umkreisenden Zeit geflochten, das in seinem Hollen die Bande nur
immer mehr zusammenziehen und verschlingen kann."") Wie er hier die
Bedeutung Preussens für die Zukunft Deutschlands mit klarem Blick erkennt,
so zeichnet er auch richtig die Vorteile und Xachteile, die sich aus der selbst-
ständigen P]utwickelung so vieler kleiner Staaten, wie sie Deutschland besitze,
ergeben hätten, um ebenso wojil die Zweckmässigkeit eines einheitlichen Mittel-
juinktes wie einer foederativen, die einzelnen Staaten in ihrer individuellen
Entwickelung möglichst wenig hindernden Verfassung darzuthun. Diese trotz
der aufgeregten Zeit sine ira et studio verfasste Schrift steht an Gehalt und
politischem Urteil unter den publizistischen AVcrken Weitzcls jedenfalls oben an.
Die Xusse auf seinem Landsitz in Johannisberg benutzte Weitzel dazu
einen Teil seiner früheren Schriften als „Vermischte Schriften" in drei Bänden
1820 bis 1821 ebenfalls bei Schelhmber"- in Wiesbaden neu herauszugeben.
Der erste Band enthält eine teilweise Umarbeitung seines 1795 erschienenen
politischen Bomans „Lindau oder der heilige Bund" unter dem Titel „Der heilige
Bund". Die romanartige Einkleidung der politischen Grundideen des Buches ist
in dieser Neubearbeitung besser durchgeführt unter Weglassung der in „Lindau"
vorhandenen Anspielungen auf Napoleon. Auch die den Kernpunkt der Schrift
ausmachende Idee der Verbesserung der Menschheit und der Staaten durch eine
Verbindung der rechtschaff'enen und aufgeklärten Menschen zu einem heiligen
Bunde ist bezüglich des Wirkungskreises den veränderten Verhältnissen und
Ansichten des Verfassers entsjtrechend geändert. Das Buch bildet so ein
merkwürdiges Gemisch jugendlicher Cberschwenglichkciten, die schon der
etwas schwülstige Stil als aus der ersten Auflage stammend kennzeichnet, und
') 2. Aufl., S. 78 f.
(•I
Godankon gorciftcM- [((»litisclicr Einsicht und Mouschcnkonntnis. Scliwcrlicli
fand es violo Tjcsgi', wie sich schon daraus (Mitnclinum lüssf, dass der Vorh^gcr
lS2.'i eine neue Titolauflago vovanstalteto, \y'\o or es 1820 ebenfalls mit Wcitzels
Jtoman „August und Wilhelniino" gctlian hatte Den zweiten Jiaiid bilden die
«Tösstcnteils bereits im Ivlicinischen Archiv vcn'tfCcntlichten, im allgemeinen
nur wcmig v(!ränderteu Aufsätzen „J)(!r lieiz d(;r Neuheit," „Der T(jd d(!s
Pvthageras", „lloland und Uildegarde". „Panthea od(;r die Treue", „Briefe aus
der Stadt", „Briefe vom Lande" und „Emil und Theod(n-". Im letzteren unter-
sucht Weitzel in der Form des Dialogs allgemeine menschliche Fragen, wie ilif
über die Bestimmung des Menschen, die wie seine Ajdagcm dreifacher Art s(m,
körperli(;h, moralisch, intelUsktuell und sich in seinem Leben vollende, weil dies
nicht als Teil nüt eiiiem grösseren Ganzen zusammenhänge, sondern für sich
bestehe und vou seinem Anfange bis zum Ende, von der Wiege bis zum Grabe;
ein geschlossenes Ganze bilde. Der dritte JJand enthält neben dem Wieder-
abdruck der Schrift „Hat Deutschland eine Itevolutiou zu fürcliten?", die
„Denkschrift über Napoleon", historische, gh'ichfalls im Rheinischen Archiv
zuerst veröffentlichte „Parallelen" und die 1820 verfasste Denkschrift „l'ber
den gegenwärtigen Zustand von Euro})a'\
Dieser gedenkt Weitzel in einem Bericht an Dorow vom l,'». ^fai 1820
mit den AVorten: „Die Denkschrift wollen wir noch ein wenig ruiien und
reifen lassen. Sie ist mein Manifest, mit dem ich wieder aufzutreten gedenke,
wenn es Krieg giebt und zwar als litteiarischer Potentat. So toll auch die
Kirchweihmusik sein mag, ein gutes Pfarrkind übernimmt dabei eine Stimme,
wenn sie auch selten gehört wird." So ist auch diese Schrift in der llott-
nung auf eine baldige Berufung nach Preussen und eine publizistische
Wirksamkeit grösseren Stils abgefasst. Hervorgerufen ist sie zunächst durch
die Görres'sche Flugschrift „Teutschland und die Revolution", gegen die
sie in stiller Polemik nachzuweisen sucht, dass die Behauptungen über das
Vorhandensein eines revolutionären Geistes in Deutschland nicht so viel zu
bedeuten hätten, wie überspannte Schriftsteller und Fanatiker glauben machen
möchten. Die Deutschen seien besser als ihre politischen Institutionen,
die Regierungen hätten den besten Willen. Die Gefahr sei, wie die Dinge
jetzt in Europa ständen, keineswegs bedenklich, wenn man ihr zu begegnen
wisse. Die Mittel, die er dazu vorschlägt, sind die bekannten: Gesetze und
Institutionen, die dem fortgeschrittenen Zustande der Völker, ihrer geistigen
Ausbildung und der Entwicklung ihria- Industrie, ihres Handels, ihres häuslichen
und öffentlichen Lebens angemessen seien. Weseutlicli erweitert durch eine
Zeitgeschichte der einzelnen europäischen Staaten liess Weitzel diese Schrift
1824 auch selbständig bei Ritter in Wiesbaden erscheinen. In den „Briefen
vom Rhein"-") erzählt uns Weitzel, dass ein angesehener Staatsmann — ge-
meint ist ohne Zweifel vou Marschall — ihm in Bezug auf dies Buch gesagt habe,
um die AVeit und ihre Angelegenheiten zu übersehen, müsse man über ihnen
stehen, ein insofern treffendes Urteil, als es dem A'erfasser nie einfällt bei
»2) S. 345.
174
seinen Reformvorschlägeu die Macht und den Wert der bestehenden Yerhültuisse
in IJetracht zu ziehen.
Diese Sannnluug seiner Schriften ergänzte AVeitzel durcli eine Selbst-
biographie. 1821 erschien bei Brockhaus in Leipzig davon der erste Teil unter
dem Titel: -Das Merkwürdiirste aus meinem Leben und aus meiner Zeit." Das
Buch Itietet eine zwar etwas selbstgefällige, aber mit ebenso grosser Offenheit wie
Aus(diaulichkeit geschriebene Erzählung seiner Jugendentwickeluug. Freilich sind
einzelne Züge mit einer Breite dargestellt, die zu ihrer Bedeutung in keinem
Verhältnis steht. Ausserdem stören allzu oft eingelegte allgemeine Betrachtungen
den Gang der Erzählung. Auch das lange, den Schluss des ersten Bandes
bildende Kapitel über seine ersten schriftstellerischen Versuche ist nicht ge-
eignet, das Interesse des Lesers zu steigern. Hat aber dieser erste Band im
Ganzen und Grossen den Beiz eines Memoirenwerkes, so ist der zweite, 1823
erschienene Teil, in dem "Weitzel an der Hand der Darstellung der Ursachen und
des Verlaufs sowie der Ergebnisse der französischen Revolution und der Ver-
gleichung dieser Epoche mit der Zeitgeschichte die Richtigkeit der Grundsätze
des von ihm früher und damals vertretenen Rationalismus zu erweisen sucht,
jeglichen derartigen Interesses bar. Indem er auf Ereignisse zu sprechen
kommt, die von der Epoche seines Lebens, mit der sich der erste Band be-
schäftigt, durch mehrere Jahrzehnte getrennt sind, verliert er vollständig den
Faden der Erzählung, und es ist sehr begreiflich, dass die Teilnahme, die dieser
Fortsetzung seitens des Publikums entgegengebracht wurde, ihn nicht zur
Vollendung des Werkes ernmtigte.
Auch die nächste Schrift Weitzels, seine„Rheinreise", von der ein erster Band
1825 bei Ritter in Wiesbaden erschien, blieb ein Bruchstück. In ihr dient
die eigentliche Reisebeschreibung dem übrigen Inhalt nur zur Folie. Dennoch
ist gerade dieser Teil des Buches heute allein noch von Interesse. Wiesbaden
und sein damaliges Kurleben sind ebenso wie die Orte des Rheingaues bis
Rüdeslieim mit dem gegenüberliegenden Ufer zum Teil sehr anschaulich ge-
schildert, wobei Weitzel sich allerdings für gewisse Partien selbst ausschreibt,
indem er die in seinem Roman „Eugen" enthaltene Reisebeschreibung in dies
Werk beinahe unverändert herüber genommen hat. Den wesentlichsten Teil des
Inhalts bilden aber die Gespräche, die Weitzel mit seinem Reisebegleiter und
unterwegs angeknüpften Bekanntschaften über Gegenstände der verschiedensten
Art führt. Darunter sind viele treffende Bemerkungen, abei- derjenige, der
Weitzels frühere Schriften kennt, findet wenig Neues darin. Sein Vergleich
der d(!Utschen und französischen Litteratur, der, wenn er auch au der Oberfläche
haften bleibt, docli eignes Urteil und Kenntnis des Stoffes zur Grundlage hat,
ist uns in der Hauptsache schon im „Rheinischen xVrchiv" begegnet und seine
Ausführungen über die Macht und den EinHuss der Mode frischen ebenfalls
nur einige Kapitel seines Romans „Eugen" wieder auf. Auch das, was sich
aus d(!m Imnt gemischten Inhalt schon dem Umfang nach am deutlichsten
abhebt, seine Betrachtungen über das Menschenleben, vor allem über die Motive
der Handlungen des Menschen, über ihre Vorurteile und Fehler, ist grösstenteils
nur eine Wiederholung von früher Gesagtem in nur krasserer und einseitigerer
1
I.)
Beleuchtung, wie denn der Pessimismus dos Verfassers sich sclion in dem stüneni
Werke vorangestellten Motto aus Tassos befreitem Jcn-usalein von vornherein
zu erkennen gibt.
Wir haben bereits aus früheren Schriften Weitzels gesehen, dass er der
Erziehungsfrage als der Nvichtigsten Vorbedingung einer gesunden Staats-
entwicklung ein grosses Interesse entg(!genbringt. Seine Anschauungen und
Erfalirungen, wie er sie während seiner Mainzer ]iehrthätigkeit gemacht hatte,
hat er auch in einem besonderen Duclie, das 1828 bei Jjrockhaus in Leipzig
unter dem Titel „Was soll man leruenV oder Zweck des Unterrichts" lun-aus-
kam, in eingehenderer Weise niedergelegt. Abgesehen von den schon früher
mitgeteilten allgemeinen Grundsätzen vertritt er hier die Ansicht, dass Erziehung
und Unterricht durchaus nach eine; ]u Plan und in einem Geiste von Personen
besorgt werden müsse, deren Fähigkeit dazu hinlänglich (u-probt sei. Zu diesem
Zweck wünscht er eine Körperschaft von Tiehrern, welche sich selbst ergänzt,
um sich in ihrer Stärke und Reinheit zu bewahren. Das erforderliche Mass
von Begeisterung für den hohen Beruf des Erziehers lässt es iliiii sogar
rätlich erscheinen, dass die Glieder dieser Körperschaft keine Familie haben.
Dass er im übrigen die Methoden, die man beim Unterricht befolgen solle,
nicht für so wichtig hält, als Erzieher und Lehrer vom Fach glauben machen
möchten, vielmehr mit Rousseau den Gang der Natur als die' einzig richtige
Methode preist, ist bei seinem rationalistischen Standpunkte selbstverständlich.
In den früheren Schriften ist uns auch das Interesse, das Weitzd an
Napoleon, seiner Persönlichkeit und seinem Schicksal nahm, genugsam entgegen-
getreten. Augenscheinlich gab ihm das 1823 veröffentlichte gleichbetitcdte Buch
des Franzosen Massias Veranlassung zu seiner Schrift „Napoleon durch sicli
selbst gerichtet", die 1829 bei Sauerländer in Frankfurt a. M. erschien. Urteile
und Aussprüche Napoleons über sich selbst, durch eigne mehrfach aus persön-
lichen Erinnerungen und Beobachtungen der Mainzer Zeit geschöpfte Zusätze
vermehrt, stellt Weitzel hier zu einem eigenartig individuellen Bilde des Lnpe-
rators zusammen, das freilich in seinen verschiedenen Elementen schon in den
vorher erschienenen Schriften nachweisbar ist.
In dem 1830 in gleichem Verlage erschienenen, zum grössten Teil noch
vor der Juli-Revolution niedergeschriebenen Buche „Scherz und Ernst; zur
Charakteristik unserer Zeit" bietet Weitzel in acht verschiedenen, von einander
unabhängigen Aufsätzen Parodien und Satiren auf die Zustände der Zeit in
politischer, religiöser und litterarischer Beziehung. In dem „prophctisclien
Almanach auf alle Jahre" wird die auf Saint-Pierre zurückgehende, in Deutsch-
land durch Kant und Fichte vertretene Idee des ewigen Friedens parodiert,
indem Weitzel für ein bestimmtes Jahr der fernen Zukunft und alle späteren
folgende, hier natürlich nur angedeutete Prognose st(^llt : Die Wahrheit wird die
erste Ilofstelle bekleiden und sich dem Throne beherzt und gefahrlos nähern,
das anständige Wort wird frei sein, der Überfluss wird die Dürftigkeit zu
Gast bitten, die Beamten werden glauben, die Diener des Gesetzes, nicht aber
. die Herren des Volkes zu sein, Verdienst und Tugend werden an die Stelle
treten, die früher Gunst und Vetterschaft eingenommen, und die politischen
ITC)
Blätter svcnlon inolir an die Iloiligkoit clor Walirlieit und dos Rechts als an
die Zahl ihrer Abnehmer denken. In dem zweiten Aufsatze „An die verehrliche
und verehrte Redaktion der Cik-iiia'' (einer Zeitschrift für di(> nuisikalische Welt)
benutzt Weitzel eine an ihn erganijeni' Einladung zur Mitarbeit, uiii sich über
solche lustig zu mat-hen. die von Dingen reden, die sie nicht verstehen und
zugleich um untt-r Hinweis auf bestimmte Falk' ilie zu vers^jotten, die im
llandunulri'hen mit sich eine Metamorphose vornehmen und sogar ihre religi«isen
l'berzeugungeu itKitzlii-h ins Gegenteil ändern können. Tn dem ,,]jolitisfhen
Ulaubensbokenntnis eines Mannes ohne AVclf* glossiert er den Standpunkt der
Regierungen und Parteien vornehmlich in Deutschland auf politischem und
kirchlichem Crebiet. ISemerkenswert ist darunter seine Verurteilung der von
den Regierungen ergriffenen Massregeln gegen die vermeintlich revolutionäre
Gefahr, die darauf liinauslaufe, dass einige Studenten und Kaufmannsdiener
sich mit Weltreformen in den Feierstunden die Zeit vertreiben. Ausserdem
seien seine Ansicht(Mi über die Jesuiten erwähnt, die mau nach seiner Meinung
gewähren lassen soll, da jeder Streit, der Religion, Glauben und Meinen be-
trifft, nur gefähilich werde, wenn die Regierungen sich in ihn mischen, in
der „Dorfchronik von Dorfheim'', in der das Philister- und Spiessbürgertum ge-
geisselt wird, hält sich Weitzel an ältere, wenn auch eigne, Vorlagen. Die
folgenden Aufsätze „Deutschland"" und „Stimmen über die Reformation und die
Revolution" besprechen Erscheinungen der zeitgenössischen Litteratur. In dem
ersteren bekennt sich Weitzel fast durchweg zustimmend zu dem anonym er-
schienenen, bekannten Werke Karl Weber's „Deutschland, oder Briefe eines
in Deutschland reisenden Deutschen"', in dem anderen weist er Marheinekes
Kritik von ^lenzel's Geschichte der Reformation und die Kritik der allgemeinen
Litteraturzeitung von Mignets Geschichte der französischen Revolution zurück.
„Herr Martin'" bietet dem Leser allerlei politische Klughoits- und Lebensregeln.
Dem mosaikartigen Ganzen wird durch Beifügung einer Sammlung von „Anek-
doten, Gedanken und Maximen" ein passender Schluss gegeben. Darunter sind
zwar manche, nur wieder aufgefrischte Gemeinplätze, aber auch viele Be-
merkungen, die ebenso individuell wie geistreich die grosse Belesenheit des
Verfassers, sein lebendiges Interesse an allen das geistige Leben berührenden
Fragen und die eigne selbständige, von philosophischem Geiste getragene Auf-
fassung bezeugen. Hier am Schlüsse, der unter dem Eindruck der Juli-Revolution
geschrieben ist, w(üclit auch der Pessimismus des Verfassers einem frohen
Ausblick in die Zukunft in den für ileii Publizisten charakteristischen Worten:
„Richtet sich inrin IMick ;iuf das aulblüluaide Geschlecht, dann sage ich mit
einer innigen, mächtigen l'berzeugung: (Glücklich die, so nach uns kommen!
Alles verkündet für sie (un grosses Jahrhundert. Der Strom ist über seinen
schäumenden Fall gekommen, die Gewässer beruhigen sich, der menschliche
Geist geht frei und stark auf einer breiten Bahn. Eine reine Absicht leitet
ihn; ein glühendei- Durst nach Vollkommenheit, nach Sittlichkeit und Wahrheit
verzehrt ihn: ein neuer Sinn, ein heilsamer oder verderblicher Sinn ward ihm
gegeben, um ihn zu stillen. ])ieser Sinn ist die Presse; dieses neue Ver-
mögen, das sich nicht kennt, erschrickt nncli vor sich selbst. Aber die Zeit.
< I
seine ei,o-nen Verivrnni>-en. dir« cin/io-o unfclilliarc Probe der rieHetzf,'ebun^n'n
werden den (iebraudi desselben (n-ilncii. o|in(> seine Vurtbfilr /u ciii/iclicii.
und welches aueli dei' fiii'cbtliaiT Zweifel scvii iwivj;, mir dem die; Prosst; selbst
di(! Beherztesten quält, so kann ieii dorji unniö;^li(di j-laubcn. dass \vir einer
^facht, mit der die Vorsehun««', die edelmütiger und scharfsichtiger ist, als wir,
den Gedanken des Mous(dien berei(diert hat, tiuchen, eine ilii'er .srhihisti'u (laben
versclimähen und ilire Widdtliat abweisen sollen."
In den 18^54 verött'entlicliten „Ibiefc vom Rhein" lierrscht liingegen eine um
so gedrücktere Stimmung. Weitzcd warnt die deutsclien Kegierungen, sicli, nach-
dem der Sturm der Juli-Revolution vorübcn-gerauscht sei, dem Gefühl der Siclierheir
hinzugeben. Sclion lange glimme aucli in Deutschhmd das Feuer unter dei' Asche.
J)io Revornuindung der A^'Hker durcli die Fürsten auf dem Wiener Kongresse und
die Karlsbader JJesclilüsse liätten das Pulver im Stillen ausgestreut und angehäuft.
Indem er auf die Einfülirung konstitutioneller Verfassungen dringt, gesteht er
der absoluten Monarchie höchstens für einen kleineu Staat, in dem der Unterthan
in dem Fürsten das Haupt einer grossen Familie ehre und liebe, eine gewisse
JJerechtigung zu.
Wenn er W'citerhin auf die Nachteile kleiner Staaten zu sprechen
kommt, die allzugern zu lächerlichen Kopien von grossen würden, indem
sie wie diese eine auswärtige Politik hätten, das kostspielige Soldaten-
spiel mitspielten und einen glänzenden Hof hielten, indem die Beamten leicht
aus Dienern des Staates zu Dienern des Herrn würden, und die Fiskalität sich
im persönlichen Interesse des Fürsten mit dem gemeinen Eigennutz in einen
Wettkampf einlasse und die Gewinnsucht niedriger Spekulation überbiete, um
der fürstlichen Kasse einen Vorteil zuzuwenden, den Bürger oder Gemeinden
zu beanspruchen sich berechtigt glaubten, so zielen diese Bemerkungen augen-
scheinlich auf die damaligen nassauischen Zustände. Die seit 1830 zwischen
Regierung und Landständen hier entstandene Spannung, vor allem der unerquick-
liche Domänenstreit, hatte in der Bevölkerung eine lebhafte Gärung erzeugt,
untei' deren Rückwirkung selbst das Wiesbadener Badeleben zu leiden hatte,
wie dies Weitzel, der die neue Einrichtung der Dampfschiffe benutzend den Rhein
hinauffährt, im vierzehnten, vom 24. August 1832 datierten Brief zur An-
schauung bringt. Die Vorwürfe, die Weitzel hier dem v. MarschaH'schen
Regierungssystem macht, klingen auch in dem bereits erwähnten Nachruf auf
den am 22. Januar 1834 seiner Wirksamkeit durch den Tod entrisseneu Minister
durch, wenn Wtdtzel dort im übrigen auch gerade die gutem Seiten dieses
Systems betont und die Gefühle persönlicher Achtung und Verehrung gegen
den Verstorbenen warm zum Ausdruck bringt. Der nassauische Domänenstreit
veranlasst ihn, gegen die von Savigny begründete Rechtsschule ins Feld zu ziehen,
welche, um Streitigkeiten über Staats- und TIausdomänen zu entscheiden, sich in
die dunkle Vorzeit verliere. Weitzels Ausführungen zu Gunsten des Naturrechts.
so verfehlt sie auch an sich sind, kennzeichnen doch treffend die damals beliebten
l'bertreibungen der historischen Schule. Gegenüber der kurhessischen Ver-
12
178
fassung von 1831"), der er vor jeder anderen in Europa den Vorzug giebt, und
in der er „einen bedeutenden Fortschritt auf der konstitutionellen Bahn" sieht,
tadelt er den durchaus tiniokratischen Charakter der nassauischen Verfassung.
Sie jnaehe die Wahl der Abgeordneten, bei der es doch darauf ankomme,
Männer von Einsicht und Verdienst zur Beratung der Regierung zu berufen,
von dafür ganz gleichgiltigen Bedingungen abhängig.
Im dreiundzwauzigsten und in den folgenden Briefen setzt sich Weitzel
mit den Stimmfüln-ern der liberalen Bewegung in den deutschen Kleinstaaten
auseinander. Er wiederholt hier seinen Aufsatz aus den Pölitz'schen Jahr-
büchern") : „Was würde ich thun, wenn ich jetzt Abgeordneter zu einer land-
stäudischen Vi'rsammlung in Teutschland wäre?'' Weitzel bekennt zwar im
allo-emeinen seine Cbereinstimmung mit Männern wie Jordan und Kotteck,
aber er weist auf die Gefahren hin, die entstehen müssten. wenn mau
den Grundsatz der Volkssouveränität dahin verkehre, dass man der trägen,
seelenlosen Masse schmeichle und Hass zwischen Regierung und Volk säe.
..Von dem Volke", ruft er aus, „bin ich, und für das Volk, und ich
bin es fast unbedingt, weil das Volk fast immer und allenthalben im Nachtheile
ist", aber eine demokratische Regierung bezeichnet er nach dem Gange, der
die Entwickelung und Ausbildung des gesellschaftlichen Lebens genommen habe,
als ein Unding. Auch republikanisch könne sie nicht sein, nur die konstitutio-
nelle Monarchie, in der Regierung und Volksvertretung sich aber nicht befehden,
sondern in der Sorge für das Staatsw^ohl miteinander wetteifern müssten, ent-
spreche den Anforderungen der Zeit. So unbestritten Weitzel hier das Richtige
trifft, so entwirft er von den herrschenden Zuständen, na(!h denen das Volk den
Regierenden eine fremde Welt sei, die nur durch Steuern, Leistungen, Befehl und
Gehttrsam mit der ihrigen zusammenfalle, ein übertriebenes und unwahres Bild.
In ebenso trübem Lichte, wie die politischen Verhältnisse der Zeit,
erscheinen W^eitzel auch die litterarischen. Namentlich über die Litteratur-
zeitungen und unter ihnen besonders über die Leipziger giesst er die volle
Schale seines Ingrimms aus. Erinnert man sich der Kritik, die letztere, wie
wii- gleich sehen werden, kurz zuvor seinem eigentlichen Lebenswerke hatte
zu Teil werden lassen, so kann man sich des Gedankens nicht erwehren, dass
weniger heiliger Zorn, wie es den Anschein hat, über thatsächlicho Missständo
als jiersünliche Empfindlichkeit ihm hier die Fedei- führen.
Es ist dies die letzte publizistische Schrift Weitzels, die wenigstens als
seli)ständiges Buch erschien. Am 10. Januar 18o7 rafft(! ihn der Tod nach
kurzem Krankenlager dahin.
Neben diesen nach der Reihenfolge ihres Erscheinens aufgezählten und
kurz skizzierten Werken liefcir(! Weitzel, wenn er auch die Redaktion einer
Zeirsclirifr oder Zeitung jiicJu wieder übernahm, doch eine grosse Anzahl von
Aufsätzen, besonders für (Wv. Allgemeine Zeitung, die Pölitz'schen Jahrbücher
*^) Siehe seinen Aufsatz ^Üi)!'!' dir cliurhessisclie Verfassung- von 1831." rülitz' Julir-
häcli.T ilcr Gescliiclito uinl Staatskunst" 1S31, I. S. 385—411.
") Jahrg. 1S33 I. S. 21— .^.2.
179
der Geschichto und Sfaatskimat, 'Rottocks allgonieinc! politische Annali-n,
Weicks Aunuleu für Gescliichte und Politik und dio Frankfurter Didaskalia
auf die näher einzugcdieu wir sclion um deswillen verzichten können, weil diese
Aufsätze grösstenteils wieder in seinen seihständigen Werken aufifeiK.ninien
oder wenigstens verarbeitet sind.
6. Sonstige litterarische und amtliche Wirksamkeit.
Die publizistischen Schriften Weitzels verdanken mehr oder weniger der
Müsse des Augenblicks ihre Entstehung. In seiner Selbstbiographie sagt er,
dass seine Schriften gewöhnlich dadurch entstanden seien, dass er das, was er
auf Si)aziergängen gedacht, mit Bleifeder aufgezeichnet habe.'^) Er rechnet
sie in diesem Sinne zu seinem Müssiggang. Anders verhält es sich mit seiner
„Geschichte der Staats wissen sc haf t", deren erster und zweiter Band,
die Darstellung von der ältesten Zeit bis zur Wiedereinsetzung d(!r Bourboncin
führend, 18;>2 und 18-38 bei Cotta in Stuttgart herauskamen. Sie beruht auf
langjährigem Studium. Weitzel meint dies Werk, wenn er in der Vorrede seines
1815 veröffentlichten Romans „August und Wilhelmiue" sagt: „Schon lange
arbeite ich an einem grösseren historischen Werke, das ich aber, wenn es
meiner Erwartung entsprechen soll, unter den günstigsten Verhältnissen in
mehreren Jahren erst vollenden werde. Bleibt eine Erinnerung an mein Daseyn,
dann ist es, hoffe ich, dieses AVerk."
Dasselbe bekundet das grosse Interesse Weitzels an den Staatswissen-
schaften, das in Göttingen durch Schlözor geweckt ilin nie verlassen hatte,
es bekundet aber auch zugleich das Unvermögen des Verfassers, seiner
Aufgabe gerecht zu werden. Dazu mangelte es ihm an wahrem geschicht-
lichen Verständnis. Wie Weitzel als Publizist den Staat nach abstrakten
Ideen ohne Rücksicht auf d\o im Staatsleben waltenden Kräfte gemodelt
wissen wollte, so verkennt er, dass die Geschichte der Staatswissenschaft
die verschiedenen Staatsformen und Systeme nach ihrem Geist und Wesen
aus den jeweiligen Zeitverhältnissen heraus zu erkennen und zu beurteilen hat.
Abgesehen von diesem Grundfehler, dem zufolge „alle Erscheinungen vcmi
Standpunkte des gemässigten neuzeitigen Liberalismus aufgefasst sind" und nur
diesem eine innere Berechtigung zugemessen wird^"), ist die Darstellung be-
sonders bezüglich des Altertums und Mittelalters auch recht oberflächlich. Das
Buch, auf das Weitzel so grosse Hoffnungen gesetzt, fand zwar begeisterte
Lübredner, wie in den Pölitz'schen Jahrbüchern, die besonnene Kritik aber
wies es ab, die Leipziger Litteratur-Zcitung '") n.iit der „schmerzlichen Be-
trachtung, dass hier ein berühmter Name und eine glänzende Darstellungsgabe
verwendet seyen, um den flachen und doch so unheilvollen Alltagsmeinungen
einc^ neue Stütze zu leihen." Statt einer Geschichte der Staatswissenschaften
wird dem Leser vielmehr ein zusammenhängendes politisches Raisonnement über
") T. S 327.
■**) V. Mühl, Die Geschieht!' inul l^iitenitiir der Staatswisseaschiifteii I. S. 62.
*') Jfthi-f,'. 1833, 8. 398.
12*
180
(las JStautsk'ben der Yergangenbeit und die staatsvvissenschaftliclie Litteratur in
dersolbon AVoiso und von demselben Standpunkt, wie es Weitzels publizistische
Schriften bezüglich iler Gegenwart sind, in diesem Werk geboten. Der dritte
Band, der dasselbe zum Absehluss bringen sollte, ist nicht erschienen.
Werfen wir jetzt noch einen Blick auf Weitzels bibliothekarische
Wirksamkeit und seine damit im Zusammenhang stehenden Bemühungen um die
nassauische Landesgeschichtc so ist von vornherein anzunelimeu, dass er dem Amt,
in das er sich so jibitzlich aus dcan Himmel liott'uuugsfroher journalistischer Er-
wartungen heraus versetzt sah, keine besondere Neigung, geschweige denn die
wünschenswerte Vorbildung, entgegenbrachte. Weitzel spricht dies auch in dem
Briefe an Dori>w V(im K'^. 31ärz 1S21 deutlich aus. Es kann aucli iiiclit be-
haujjtet werden, dass dem Institut die ihm von Weitzel gewidmete Thätigkeit
zum besonderen Segen gereicht liätte. Der beissenden Kritik gegenüber, die
van der Linde*') an der bibliothekarischen Wirksamkeit Weitzels geübt hat,
ist es indessen Pflicht anzuerkennen, dass Weitzel seinem Beruf mir bestem
Willen und Eifer obgelegen hat. Der unter ihm begonnene Druck der Kataloge
hat, soweit auch ihre ganze Anlage und Ausführung hinter modernen An-
forderungen zurückbleibt, seiner Zeit die Benutzung der Bibliothek unzweifel-
haft sehr gefördert. Auch lassen manche Fächer der Bibliothek in ihren älteren
Beständen seine sorgsame und einsichtsvolle! Pflege erkennen. Am unheilvollsten
hat Weitzel gewirkt als wissenschaftlicher Berater der Regierung in Fragen,
wo es sich um die Erhaltung oder Erwerbung alter Bücher und Handschriften
handelte. An sich kann man es dem ausgesprochenen Bationalisten ja nicht
verdenken, dass er für die Beurteilung des Wertes solcher Gegenstände ebenso-
wenig A'erständnis wie für antiquarische Forschungen überhaupt ^^) besass.
Tief bedauerlich bleibt es, dass unter den Bibliothekaren Hundeshagen
und Weitzel die litterarischen Klosterschätze Nassaus, denen bereits in den
Kevolutionskriegen allzu übel mitgespielt worden war. zum grossen Teil so zu
sagen systematisch zerstreut und verschleudert sind, auch dass die für eine
geringe Summe mögliche Erwerbung des hochwichtigen Bodmanu'sehen Nach-
lasses unterlassen wurde.
Weitzels Thätigkeitsdrang wurde durch das Amt des Leiters der Landes-
bibliothek und des Beraters der Regierung in litterarischen Angelegenheiten
auch auf eine Bahn gelenkt, auf der für ihn noch weniger Lorbeeren zu ernten
waren, als in dem damals überhaupt noch nicht von vorgebildeten Fachleuten
ausgeübten bibliothekarischen Berufe. Er fasste den Plan, eine nassauische
L a n d e s g e s c h i c h t e zu schreiben.*") Der besondere Auftrag, den er sich dazu
erbat, ward ihm zunächst nur mündlich zu Teil. Im Dezember 1824 stellte
er anlässlich dieser Arbeit bei dem Staatsministerium den Antrag, man möge die
historischen Urkunden von den Akten in den Archiven scheiden und im Lokale
*^) Centralblatt für Jiibliuthekswesen I. S. 50 ff.
*^ Siehe Kheinreise, S. 87.
'"') Sauer'« Darstellunfij dieser Episode aus Weitzels Loben in der Lebensskizze Yoj^els
(Aiiiialeii XXVII, S. 203 ff.) enthält, abgesehen von ihrer geringeren Ausführlichkeit, mehrere
rngenauigkeiien und bezüglich llabids 'rh}itiij:keit in Idstein auch eine falsche Berichtigung.
IHI
dor ütt'ontlicluMi liibliothek aufbewalii'un, (liiiiiit sie zu Zwecken der Landesj^eseliichte
leichter benutzbar seien. Vom ^linisteriiini aufgefordert, nälu-re Yurist-hläge
über die Art und Weise der Ausführung diestss Projektes zu machen, unt(!rliess
er es zunächst, wie er vorgieht, wegen d(U' finanzieUen Lagi; dc.v Bibliothek.
Erst in einem Bericht vom "2V). Juni l.Si^T HH^ldete (m- dem Ministerium, dass
er, nachdem er die EinUntung zu einer (ajschichte des Hauses Nassau, welche
eine Übersicht der Geschichte Deutschlands, seiner ])()litisohen und kirchlichen
Verfassung und seiner Kulturentwicklung vem Ende des achten bis zum Anfang
des dreizehntem Jahrhunderts (uithalti;, bereits v(»Ilendet habe, nunuKihr in die
Lage komme, von dem Archivmaterial Oebrauch zu machen. Mau könne siidi
nicht auf die Sachkenntnis und den guten Willen der Archivare verlassen,
sondern es sei nötig, dass ein Mann, der sich darauf verstehe, an Ort und
Stelle die brauchbaren Materialien auswähle. Er selbst könne es nicht, weil
eine längere Abwesenheit sich nicht mit seinem Dienste vertrage und besonders,
weil er im IJrkundenlesen wenig Fertigkeit besitze, und der Zustand seiner
Augen es ilim sehr beschwerlich mache.^') Das Ministerium beauftragte jetzt
den besten Kenner der nassauischeu Geschichte, Pfarrer Vogel zu Schönbach,
mit der Durchforschung der Urkunden und zw^ar auf Kosten des Archivs.
Vogel begann seine Arbeit im Idsteiner Archiv in den ersten Tagen des August,
zunächst, an die wenigen Dienststunden gebunden, in langsamerem Tempo, von
September ab jedoch in dem gewünschten Umfang von z(din Stunden täglich.
Anfang Oktober musste er die Arbeit aufgeben, da ilim im Archiv kein heizbares
Zimmer angewiesen werden konnte, und dort auch kein Licht gebrannt w^erden
durfte. Er hatte seine Arbeit soweit gefördert, dass er bis 1400 die historischeu
Urkunden nach ihrem Hauptinhalt ausgezogen, von da ab sie aber nur summarisch
verzeichnet hatte. Weitzel war damit nicht zufrieden, sondern verlangte, dass er
auch aus diesen wie aus den früheren Urkunden in entsprechender Weise Auszüge
machen solle. Er setzte es auch durch, dass Vogel das Material zu diesem
Zwecke nach Schönbach entliehen w^urde, so dass letzterer während des Winters
die Arbeit zu Hause fortsetzen konnte.
Weitzel Hess unterdessen die erwähnte Einleitung als die Frucht seiner
bisherigen geschichtlichen Studien im Druck erscheinen. Zunächst veröffent-
lichte er daraus 1828'') in den Brockhaus'schen Blättern für litterarische Unter-
haltung den Aufsatz „Der Kampf der weltlichen und der geistlichen Macht
im Mittelalter. (Aus der noch uugedruckten Geschichte des Hauses Nassau von
Joseph Weitzel. ") '') Bald darauf gab er das Ganze als selbständiges Werk heraus
unter dem Titel: „Betrachtungen über Deutschland. Von der letzten Hälfte
des achten bis zur ersten des dreizehnten Jahrhunderts, oder von Karl dem
Grossen bis auf Friedrich H." Das Buch, das ebenfalls bei Brockliaus in
Leipzig erschien, steht kaum auf der Höhe der damaligen Geschichtsforschung,
beruht auch nicht auf selbständigem (Quellenstudium, sondern auf den Forschungen
^') Professor Baiser in Gielsen bewahrte ihn durch eine geschickte Operation vor
Erblindung.
^•^) Jahrg. 1828, Iso. 145 ff.
^^) Über den Vuriiunien s. oben Aniii. 7.
182
Anderer. Das Selbständige daran sind mein- nder weniger geistreiche Eäsonne-
ments. Mau sieht nieht ein. was diese Betrachtungen mit der nassauischen
Geschichte zu thun halu-n und mit vcdleni Rechte verlangte Luden in der
Jenaischen Allgemeinen Litteratur-Zeitung") statt diesiM- HiMiothekstoppeln von
dem Verfasser eine (ireschichte Nassaus.
Hierzu nahiu Weitzel jetzt einen vielversprechenden Anlauf. In einem
ausführlichen Berichte vom IT. Januar 1828 setzte er dem Ministerium aus-
einander, dass, wenn die von ihm in Angriff genommene Geschichte einen
oftiziellen Charakter haben solle, alle Archive, die eine Ausbeute versprächen,
auch die auswärtigen, zu Rate gezogen, ausserdem aber auch die bedeutenderen
Denkmäler, die sich im Lande befänden, mitgeteilt uiul zu diesem Zwecke
aufgenommen werden müssten. Zur Bearbeitung einzelner Teile, die ihm ferner
läo-en. könne man A'ogel, Habel und den Bibliotheksekretär Zimmermann
heranziehen. Auf diese Weise werde eine Geschichte von bleibendem Wert
geschaffen werden. Wenige Tage später erfolgte eine Kabinetsordre, welche
die Ausarbeitung der Landesgeschichte in der von Weitzel angegebenen Weise
anordnete. Infolge dessen wurden die Lokalbehörden im ganzen Lande zu
Mitteilungen über die in ihrem Gebiet vorhandenen Denkmäler aufgefordert,^*)
Weitzel selbst unterhandelte mit Vogel über die Bedingungen, unter denen
dieser sich zur Mitwirkung bei der Bearbeitung der nassauischen Geschichte
verstehen wolle. Vogel versprach seine ganze Kraft für die Sache einzusetzen,
wenn er eine baare Zulage von 200 Gulden erhalte bis zu seiner Versetzung
auf eine um mindestens diesen Betrag einträglichere Pfarre, und wenn ihm aus-
wärtige Kommissarien nach den gesetzlichen Bestimnmngen honoriert würden.
Er stellte zugleich seine seit zwanzig Jahren gesammelten handschriftlichen
Kollektaneen zur Disposition des Staates, ohne besondere Vergütung dafür zu
beanspruchen, und erklärte seinerseits der beabsichtigten Herausgabe einer
nassauischen Gescliichte entsagen zu wollen. Auf Weitzels Empfehlung ging die
Regierung auf das allerdings sehr annehmbare Anerbieten Vogels ein. Dieser
übersandte jetzt ein Verzeichnis seiner handschriftlichen Materialien zur nassau-
ischen Geschichte und erbot sich zugleich aus seiner Bibliothek diejenigen auf
die vaterländische Geschichte bezüglichen Werke, welche der öffentlichen
Bibliothek noch fehlten, letzterer zum Geschenk zu machen, eine Freigebig-
keit, durch welche dieselbe in den Besitz einer beträchtlichen Zahl meist seltnerer
Xassoica kam.
Weitzel. der gar nicht daran dachte, von deJi von Vogel hergestellten
l'rkundenregesten, noch von dessen Kollektaneen ernstlichen Gebrauch zu
macheu. beantragte gleichwohl bei der Regierung, dass die für die nassauische
Geschichte in Betracht kommenden Urkunden, um si(! sofort bei der Hand zu
haben, zu einem besonderen Archive in Wiesbaden vereinigt würden, wie er
es bereits im Jahre 1824 vorgeschlagen habe. Wahrscheinlich wollte er dadurch
in den Stand gesetzt werden, die ihm so lästige, aber unvermeidliche urkund-
'"*) Jahrjj. 1828, Xu. 21.").
'"'') iJio betrotiendoii iiiiifiingroiohoii Akten Ix^tiiidcii sich jetzt im Arcliiv dos Vereins.
183
liehe Unterlage für seine GeschicJite (lurcli den JJibliotlieksekn.'tär Ziniiiicniiann
fertig- stellen /ai lassen. Sein Vorschlag, Jlabel von Schierstein mit jener Arbeit
zu beauftragen und diesem zugleich unter Oberaufsi(dit des Bibliothekars die Ver-
waltung der Altertümer, Gemälde, ]\lünzen und Kupferstiche mit einem Gehalt
von 800 Gulden zu übertragen, wurde gencdimigt. Ilabel ward mit dem
Jahre 1829 angestellt.
Nachdem ei' in den Wintermonaten die Altertüiiici und Kiinstgegenstände
geordnet liatte, ging er im April nach Idstein. AVähreud des Sommers schied er
hier .'JOOO Urkunden aus und U>gte zugleich ein Repertoriiim darüber an. Es
waren Urkunden des Stifts Limburg, des Jungfrauenklosters Bethl(;liem zu Limburg,
des Stifts Dietkirchcn, der Klöster Eupertsberg und Eibingen, sowie des Klosters
Marienhausen. Im November wurden diese Urkunden nach Wiesbaden transportiert.
Da Ilabel von Weitzel den Auftrag hatte, nur das Historische mit gänzlicher Über-
gehung aller topographischen Nachrichtim zu berücksichtigen, so war die Ausbeute
in diesen Klosterurkunden sehr unbedeutend. Der gründliche Forscher durchging
deshalb auf eigne Faust auch die in älteren Werken und Deduktionen im Druck
erschienenen Urkunden zur nassauischeu Geschichte und liess aus diesem
Grunde auch viele Bände besonders der Medicus'schen Deduktionssammlung nach
Wiesbaden befördern. Im März und April arbeitete er von Neuem in Idstein,
wo er über 1000 weitere Urkunden der Klöster Gottesthal, Diett'enthal und
Marienstatt ausschied und verzeichnete.
Weitzel, dem diese höchst umständliche Arbeit viel zu lange dauerte,
arbeitete inzwischen ohne das urkundliche Material an seiner Geschichte. Ende
September 1829 teilte er dem Ministerium mit, dass er bis zum nächsten Sommer
auf die Vollendung der Arbeit in zwei massigen Bänden, die hofteutlich der
Erwartung des gebildeten Publikums entsprechen würden, rechnen dürfe. Drei
der angesehensten deutschen Buchhandlungen hätten sich schon um den Verlag
beworben. Später, wenn das historische Archiv erst eingerichtet sei, gedenke er
dieselbe Geschichte nach einem grösseren Plane unter Benutzung der ürkuiulen
umzuarbeiten. Der vorläufigen Herausgabe des Werkes trat man indessen höheren
Orts entgegen und forderte vielmehr Bericht darüber ein, welche Hindernisse einer
schnelleren Ausscheidung und Benutzbarkeit der Urkunden im Wege ständen.
Weitzel beklagte sich jetzt über Habel, indem er ihn direkt der Dienstvernach-
lässigung zieh. Vom Ministerium zur Verantwortung aufgefordert, hatte Habel
zwar die Genugthuung, dass ihm die beruhigendsten Zusicherungen hinsichtlich der
Beurteilung seiner bisherigen Dienstthätigkcit gemacht wurden, allein ein
förderliches Zusammenarbeiten beider Männer war fortan ausgeschlossen.
Der einzige, der mit Erfolg an der Landesgeschichte arbeitete, war Vogel.
Ende 1832 liess er sein Manuskript, die nassauische Geschichte von 496 — \'2')')
umfassend, dem Ministerium durch Weitzel zur Begutachtung vorlegen. Letzterer
erbat sich zugleich für den Fall, dass die Vogel'sche Darstellung nicht ge-
nüge, sondern eine Umarbeitung gewünscht werde, einen Urlaub von drei
Wochen und zweihundert Gulden Keisegeld, um das ihm noch unbekannte
nassauische Stammland kennen zu lernen, die wichtigsten Orte desselben be-
suchen und Sagen und Überlieferungen im Lande nachspüren zu können! Der
184
Herzog uud sein Minister erkannten jetzt wuJil, elass man Weitzel mit einer
Aufgabe betraut habe, tleren Schwierigkeiten oy nicht einmal ahnte, geschweige
(lass er ihnen gewachsen gewesen wäre. Man liess seinen Bericht unbeant-
wortet. Yogel erhielt sein Manuskript erst im Jahre 1838 zurück. Nach
Weitzels Tode wurde das Filialarchiv in Wiesbaden, dem die drei damals dem
Altertumsmuseum überwiesenen Zimmer des Museumsgebäiides links vom Haupt-
eingange vorbehalten gewesen waren, wieder aufgelöst, die Urkunden wurden
auf Kosten der Bibliothekskasse an das Idsteiner Archiv zurückbefördert.
Diesem wurden auch zusammen mit der Regierungsregistratur die für die Auf-
bewahrung der Urkunden zu Wiesbaden seiner Zeit für über 559 Gulden an-
gefertigten elf Schränke zugewiesen. •
Wenn auch die verursachten ^[ühen und Kost(.'n nicht ganz umsonst
waren, sondern durch das von Weitzel angeregte Unternehmen Vogels landes-
gesehichtliche Forschungen bedeutenden Vorschub erhielten und bezüglich der
historischen Denkmäler ein umfangreiches Material gesammelt wurde, so spielt
Weitzel hierbei doch eine nichts wenis-cr als glänzende Rolle. Dass er seine
'o'
Kräfte so überschätzen konnte, hängt mit seiner Auffassung der Geschichts-
schreibung eng zusammen. Auch hier vertritt er den rationalistischen Stand-
])unkt. der über (^ufHenstudium erhaben und die Kathederweisheit verspottend
als die einzige Schule des Geschichtsschreibers das öffentliche Leben und das
Wirken in demselben ansieht. Dabei glaubt er angesichts seiner publizistischen
Thäfigkeif. die doch nichts weniger als die Summe der Erfahrungen eines
politischen Praktikers darstellt, den Namen eines Geschichtsschreibers eher
beanspruchen zu können, als ein schulmässig gebildeter Historiker, den er mit
einem potenzierten Thorschreiber vergleicht, der nur niederschreibe, was und
wer passiert sei.") In diesem Sinne bezeichnet er auch in dem dem Minister
von Marschall gewidmeten Nachruf*') alles, was man bisher für eine Geschichte
Nassaus geboten habe, als höchstens rohen Stoff, der ihr dienen könne, wenn
er geläutert und geordnet werde. Übrigens kann Weitzel weder als Bibliothekar
noch als Historiker ernstlich unser Interesse beanspruchen. AVir haben es,
wenn ich auch diese Seiten seiner Wirksamkeit nicht mir Stillschweigen über-
gehen zu sollen glaubte, vielmehr mit ihm als Publizisten zu thun.
Rückblick.
Vergegenwärtigen wir uns auf Grund der gewonnenen Kenntnis von Weitzels
Schriften das Bild des Publizisten, wie es sich darin wiederspiegelt, seinen Haupt-
zügen nach, so sehen wii. dass er zunächst ganz unter dem EinHuss des Mannes
steht, der seiner Zeit als der Verkündiger einer neuen Weltordnung erschien.
Wie bei s(» vielen ^lännern jener Zeit bildeten die Rousseau'schen Schriften
die Lieblingslektüre des heranwachsenden Weitzels, dem in Mainz der Kontrast
des Zeitalters der Aufklärung und dos Beharrens in mittehilterüchcm orthodoxen
Anschauungen in seiner ganzen Schärfe entgegentrat. Weitzels Naturanlage
*") Briefe vom Khein, S. 289 ff.
") Allgemeine Zeitung 18:34, xVulsorüril. Beil, ^'u. 117/118, S. 466.
185
war dorjeiiigon Rousseaus oii^- verwandt. lim helKüTSL-lit diesiilbc ritor-
sch\ven«^lichkeit des Gefühls, die Rousseau charakterisiert und ihn die un-
umstüssliclion IJedinj^'ungen und Gesetze des Gescdieheus so oft nicht anerkennen
lassen will. Das, was Ilettner in seiner Litteraturgcschichte des acht/cdinten
Jahrhundtn-ts'*'') als den Grundtnn der ^"esaniten damaligen Ztiitstiminung bezeichnet,
„jenes tiefe grüblerische AVeli über den tragischen AVidersjiruch zwischen Ideal
und Wirklichk(Mt, zwischcm den Furdi'rungen des über(|uellenden warmen
Herzens und der undiirchbrechbaren Eng(j und Kälte der widerstrebenden \N'elt-
verhältjiisse" war aucdi für Weitzcd d(M' Grundton seines innersten Denkens und
Empfindens. Wie dies seine Schriften so vielfacli bezeugen, so heisst es auch
in seiner Selbstbiographie''^): „Ich hatt«; in einer schweren, verhängnissvollen
Zeit so viel Herrliches und Gemeines, so viel Edles und Schlecht(!s sich in
Hüchtiger Eile verdrängen, ein gleiches Schicksal teilen, entstehen und unter-
gehen gesehen, dass mir das menschliche Streben recht eitel und fruchtlos vor-
kam, und ich das Dauernde und Begründete nur in unserem Innern suchte.
Diese unglückliche Stimmung drängte mich in allen entscheidenden Momenten
meines Lebens von der Aussenwelt in mich selbst zurück, und die Herrlichkeiten
des öffentlichen Lebens voll Schein und Trug Hessen mich so gleichgültig wie
seine Armseligkeiten und sein Jammer. "
Der Umstand, dass die Rousseau'schen Ideen in der französischen
Revolution praktische Bedeutung (erlangten in dem Augenblicke, wo Weitzel
den Knabenschuhen entwachsen war, wirkte bestimmend auf sein ganzes Leben
ein. Für ihn, den gefühlsseligen Jüngling, galt es jetzt im Dienste des von
Rousseau verkündigten Evangeliums einer neuen Zeit thätig zu sein. Als
Vierundzwanzigjährigcr tritt er, wenn auch ohne seineu Namen zu nennen, zum
ersten Male als Publizist auf, um nach einem missglückten Versuche, sich einer
praktisch politischen Laufbahn zu widmen, als solcher in einem langen Leben
bis zum Ende unermüdlich wirksam zu sein. Wie Rousseau kein Mann der
That und kein eigentlich politischer Kopf war, so kann man dies auch nicht
von Weitzol behaupten. AVeitzel ist auch kein originaler Geist. Er geht nicht
darauf aus, selbständig ein neues politisches System aufzustellen, sondern er
sieht, erfüllt von humaner Gesinnung und begeistert für edle Gedanken, seine
Aufgabe darin, die von Andern übernommenen Ideen durch die Schrift zu ver-
breiten und ihnen zum Siege zu verhelfen. Dabei ist er aber ein selbständiger,
aufmerksamer Beobachter, der weit davon entfernt ist, sich einem blinden
Autoritätsglauben hinzugeben.
So machen denn auch seine politischen Anschauungen, wenn sie auch nie den
Boden verleugnen, aus dem sie hervorgegangen sind, doch unter dem Eindrucke
seiner Erlebnisse verschiedene Wandlungen und Läuterungen durch. Während sein
Enthusiasmus für die republikanische Staatsform ihn in seiner Erstlingsschrift ein-
dringlich vor der Gefahr eines das Ruder des Staatsschiffes ergreifenden Caesars
oder Cromwells warneu lässt, erlischt bald darauf infolge der im praktischen
"") III. 3, 2, 1870, S. 392.
"^) Bd. I. S. 327.
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Leben geinacliten Erfahrungen die Begeisterung für die licpublik bei ilini für
immer. Die Grussartigkeit der durch Xapdleon hergestellten Strafi'heit der Gesetz-
gebung und Verwaltung lässt den für alles Grosse so Empfänglichen in dem
Usurpator geradezu den Mann der Vorsehung verehren, den eigne Tüchtigkeit aus
dem Volke heraus an die Spitze des Staats gebracht hat, um die Hoffnungen und
AVünsche seiner Zeit zu orfüUen. Freilich kann der Jünger ßousseaus der
zwar die Errungenschaften der Revolution zum Teil anerkennenden, im übrisen
aber in Despotismus ausartenden Militärherrschaft Napoleons auf die Dauer
nicht sympathisch gegenüberstehen. Schon in „Lindau" sucht sich der idealistische
Schwärmer über die Kluft, die zwischen s(ünen politischen Ideah'n und der
Wirklichkeit besteht, mit frommen Wünschen hinwegzuträumen.
Nach dem Sturze Napoleons schliesst sich AVeitzel den Vertretern des
konstitutionellen Liberalisnnis au, der von Frankreich ausgehend zwischen der
absoluten monarchischen Staatsform und der in der Revolution begründeten
bürgerlichen Freiheit zu vermitteln suchte und auch in Deutschland eine immer
grösser werdende Zahl von Anhängern fand.*^") Sein iiopulärster Vertreter ist
hier bekanntlich in den zwanziger und dreissiger Jahren unseres Jahrhunderts
der JJadenser Karl von Rotteck. Während aber Rotteck und die Mehr-
zahl seiner Gesinnungsgenossen ihr Ideal in der Republik sahen und sich mit
der konstitutionellen Staatsform nur als mit der ihrem Ideal am nächsten kom-
menden befreundeten, ist "NVeitzel ein überzeugter Anhänger der Monarchie.
Fast mehr noch als den Absolutismus fürchtet er, gemahnt durch die Erfahrungen
seiner Jugend, die Majorisierung der Minderheit durch die Massen,
Diesen verschiedenen, wenn auch nicht bedeutenden, docli immerhin be-
merkenswerten politischen Wandlungen gegenüber bleibt Weitzel sich in \ einem
Punkte immer gleich, in der Betonung der Wichtigkeit des moralischen
Momentes im Staate. Hier wirkt zunächst die Rousseau'sche Tügendherr-
schaft nach, ebenso wie die Vorliebe Weitzels für die Plutaich entnommenen
Idealgestalten der Antike, die er seinen Lesern mit wirklich ermüdender Aus-
dauer immer wieder vorführt, auf Rousseau zurückgeht. Aber dies ethische
Moment tritt bei Weitzel viel stärker hervor, und wenn irgendwo, so ist er in
seinen spekulativen Versuchen, dies Moment zum beherrschenden Prinzip des
Staatslebens zu gestalten, originell, wie dies besonders in seinem Aufsatze
,,Betrachtungen über die Ursachen grosser Staatsrevolutionen" der Fall ist.
Anfangs, wo er noch ganz im Sinne Rousseaus republikanischen Ideen huldigt,
dringt er auf die Heranbildung aller Bürger zu sittlich tüchtigen Menschen.
Entsprechend dem Gesellschaftsvertrag Rousseaus, der den Staat in eine
Summe von Individuen auflost, glaubt er die Kraft des Staates auf die moralische
Tüchtigkeit des Einzelnen begründen zu müssen. In „Lindau", wo ihm die
Einsicht geworden ist, dass die antike Demokratie Rousseaus sich nicht mit
den komplizierten Verhältnissen eines grossen modernen Staates verträgt, ver-
langt er einen Bund der Weisesten und Besten aller Staaten, der den einzelnen
Regierungen in der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten an die Jlaud gehen
") Bluii tschl i, Gescliiclitc des allgemeinen Staatsrechts und der Politik. 18G4. S. 519.
187
soll. So phantastisch diese Idee auch ist, und so wenig Weitzel über ihre Durch-
führbarkeit aucli nur nachgedacht zu haben scheint, gegenüber der Forderung,
dass die Bürger in ihrer Gesamtheit zu Tugendhelden erzt)gen werden sollen,
bedeutet sie ininierliiii einen Fortschritt. Der Kern dieser Idee verwächst auch
mit den weiter von ihm vertretenen gereifteren politischen Anschauungcüi. Hei
der konstitutionellen Verfassung legt er den grösstisn AVert auf die Bestimmungen
über die Wahl der Abgeordneten. Diese Wahl nmss seiner Meinung nach in
jeder Beziehung, im passiven und aktiven Sinne, frei sein, sie darf vor allem
nicht an Keichtum und Grundbesitz gebunden werden. Dc^nn nur dann können,
worauf es doch ankommt, die moralisch und intellektuell Tüchtigsten, die
Aristokratie des Geistes, zu Abgeordneten und Vertretern des Volkes berufen
werden.
Dies, seine politischen Anschauungen durchdringende, ethische Moment hat
es auch zur Folge, dass die Erzicdumgsfrage in Weitzels Schriften einen so
breiten Raum einnimmt. Hängt doch die Verwirklichung seines Ideals wesent-
lich von ihr ab. Auch hier ist er bei Rousseau in die Schule gegangen.
Aber die Absurditäten des „Emil" bei Seite lassend, hat er sich die wertvollen
Bestandteile der Rousseau'schen Erziehungslehre zu eigen gemacht. Nicht
so sehr die Erwerbung von Kenntnissen ist Aufgabe der Erziehung und des
Unterrichts, als die Erweckung selbstthätigen Nachdenkens und Urteilens, be-
sonders aber die Pflege idealen Sinnes und sittliclier Tüchtigkeit. Die Aufgabe
des Erziehers sieht AVeitzel als eine so hohe und schwierige an, dass ihm, dem
sonst nur die Freiheit der Entwickelung die Gewähr für die Gesundheit aller
Institutionen bietet, der Lehrerstand, um sich in seiner Reinheit und Tüchtig-
keit zu erhalten, einer gewissen Abgeschlossenheit zu bedürfen scheint. Die
Erziehung ist eine nationale Aufgabe. Durch sie soll begeisterte Vaterlands-
liebe gepflegt werden, ohne die eine Nation nicht bestehen kann.
Bezeichnend ist gerade diese Forderung für Weitzel, der von liaus aus
als Sohn des Zeitalters der Aufklärung und als Bürger eines deutschen Klein-
staates Kosmopolit war und dies auch in gewissem Sinne immer geblieben ist.
Die grosse Zeit des deutschen Freiheitskampfes ist aber nicht spurlos an ihm
vorübergegangen und mit dem wiedergewonnenen Glauben an die deutsche
Nation ist ihm wie anderen Männern seiner Zeit zugleich das Verständnis für
nationale Kraft und Eigenart aufgegangen. In dem Staat, der in nationaler
Begeisterung den anderen deutschon Staaten im Kampf gegen die Fremdherr-
schaft vorangegangen war, erkennt er deshalb auch prophetischen Blickes den
Grundstein, auf dem sich die Zukunft Deutschlands aufbauen muss.
Wenn Dorow") sieben Jahre nach Weitzels Tode meint, dass Weitzel
als Publizist und belletristischer Schriftsteller stets eine sehr bedeutende Stellung
einnehmen werde, so erscheint dies Urteil heute, wo Weitzels Schriften auch
in seiner engeren Heimat kaum noch Leser finden, als sonderbare Hyperbel.
Als Belletrist kommt Weitzel überhaupt keinerlei Bedeutung zu. Seine Romane
sind als solche ohne besonderen Wort, das dichterisch freie Empfinden
51) Erlebtes IL S. 107.
188
tritt in ihiiL'U vur (k-m nächsten, tlcni belebroudeu Zweck zurück. AVohl
zeichnen Leichtigkeit und Glätte des Stils seine belletristischen \vi<> pul)]!-
zistischen Schriften au^;. und geNviss soll nicht geleugnet wiu'den, dass
manche des AuHesens werte Goldkörner interessanter Beobachtungen und Lebens-
erfahrungen sich in ihnen finden, aber der Kern ihres Lihalts zitdit uns nicht
mehr an. I^ennoch ist nicht zu verkennen, dass sicli Weitzel seiner Zeit be-
sonders als Herausgeber des „Rheinischen Archivs'' um das geistige Leben am
Mittclrht'in mtschicdi^ne Verdienste (>rworben hat.
In erster Linie ist Weitzel ein politischer Tagesschriftsteller. Fast zwei
.lahrzehnt(» hindurch ist er als Redakteur zweier, ihrer Zeit angesehenen Blätter
hintereinander thätig gewesen. Als solcher ist er in seinem eigensten Element.
Die öffentliche Meinung, diese mit der französischen Revolution ins Leben
gerufene neue Macht, zu vertreten, nach oben wie nach unten, darin erkennt
er seinen eigentlichen Beruf. Hatte ihm die ^'apoleonischc Zensur schliesslich
dvn Mund geschlossen, so stellt er nach dem Sturz d(!s Luperators seine ganze
Kraft alsbald wieder in den Dienst dieser Macht, durch deren Nichtbeachtung
seiner Ueberzeugung nach auch der gewaltige Machthaber zu Fall gekommen
war. Sein ganzes Sein und Wirken bezeichnet er geradezu als ein Geschenk
der ()ffentlichen Meinung. Als Herausgeber der „Rheinischen Blätter" hat
Weitzel in den Jahren 181G — 1819 für Nassau eine wichtige Rolle gespielt.
Die Bedeutung seines Blattes greift auch nach Preussen über, so dass der
preussische Staatskanzler sich schon des geAvandten Publizisten zu vergewissern
sucht. Die Karlsbader Beschlüsse aber bereiten dieser bedeutungsvollen Wirk-
samkeit ein vorzeitiges Ende.
Der Grundzug von Weitzels politischen Anschauungen, der politische
Rationalismus, ist, seitdem Niebuhr und Savigny die Einsicht in die geschicht-
lichen Grundbedingungen des Staatslebens und des Rechts geöffnet haben, und
seitdem das Jahr 1848 jnit seinen herben Erfahrungen „die Einen die Geschichte
als ein ew^iges Werden begreifen Hess und die Anderen erkennen lehrte, dass
im Staatsleben nur das historisch Begründete vernünftig ist"''^), einer richtigeren
Erkenntnis gewichen. Es ist nicht unsere Aufgabe zu untersuchen, welcher Wert
jenem in der französischen Revolution und ihren litterarischen Vorboten wurzelnden
Rationalisnms in der Geschichte des Staatslebens zukommt. Das aber ist sicher,
dass jene Ijchre, die sich nicht mit den Geheimnissen des geschichtlichen
Werdens beschwerte, sondern in der Vernunft und der Idee des Rechtes die
einzig massgebenden Faktoren für die Beurteilung staatlicher Verhältnisse sah,
jedenfalls dazu beigetragen hat, das in der Kleinstaaterei und dem Kabinets-
regiment b(!grabene ])(ilitische Bewusstsein unseres Volkes wieder zu wecken
und erstark(!n zu lassen. Sie dicuite der in Fatalismus auszuarten di'oliendiMi
neuen historischen Auffassung des Staats- und Rechtslcbeus gegenüber zugleich
als heilsamer Gegensatz. Nur im Kampf der Gegensätze konnte auf der lang-
sam fortschreitenden Bahn der Entwicklung eine tiefere politische Bildung
Platz greifen, und darum darf das Verdienst der Männer, die befangen in den
'^) TreitBchke, Deutsche Geschichte. Bd. 2. 3. Aufl., S. 63.
1H9
Auscliiuumgcn, wio n'w die französische JI(!V()lution zur Folge hatte, dem Natur-
recht ]uihli,i;t(>ii und dasselbe /uin Au.sgaii<^si>uiikte ihrer [ntlitiselien Bestrebuu'M'n
maclit(ni, nicht verkannt und geschnnilert werden."*)
Weitzol nimmt unrei' üincii, weini er auch ni(;lit als jn-aktischor Politiker
gewirkt und nicht die l'opulurität eines llottcud-: oder Jordan erlangt hat.
doch (iine beachtenswerte Stellung ein. Als (lin Sohn seiner Zeit, in ihren
Anscliauung(m und Ideen fussend, ist er vom besten AVillen beseelt und von
ehrliclier Überzeugung geleitet, in nie rastender Thätigkeit bestrebt gewesen,
an der politischen Erziehung des Volkes und, was bei seinem kosmopolitischen
Stand})unkt ein und dasselbe war, an der Erziehung der Menschheit zu Humanität
uiul SittlichkiTit mitzuarbeiten. Seine Zeit hat ihn geehrt und gefeiert, und
wenn er ihr auch den Vorwurf macht, dass sie die Preis- und Ehrenmünzen
allzu freigebig auspräge®*), so können wir, die wir zwar über ihn und seine
Zeit hinausgewachsen sind, doch in die Anerkennung seiner Zeitgenossen"*)
einstimmen.
A n h a n g.
Zur Ergänzung der bei Dorow (Erlebtes II, 109 — ^1.50) mitgeteilten
Briefe seien drei von dem Staatskanzler Fürsten von Hardenberg teils selbst,
teils in seinem Auftrag an Weitzel in Sachen der llheinischen Blätter gerichtete
Schreiben, die bisher nur in der Vossischen Zeitung a. a. 0. veröffentlicht
worden sind, nach den mir gütigst von Herrn Dr. G. Alefeld, einem Urenkel
Weitzels, übersandten Originalen mitgeteilt.
I.
Da aus den bereits gepfiogeneu Unterhandlungen mit Ew. Wohlgeboren und
aus den mündlichen Verabredungen mit dem Hofrath Dorow und dem Geheimen
Ober-Regierungsrath Korcff hervorging, dass Sie geneigt wären, unter den mir von
diesen, durch mich Beauftragten, mitgetheilten Bedingungen Ihre Zeitung: die
Rheinischen Blätter betitelt, in den Preuss. Rhein-Provinzen künftig er-
scheinen zu lassen und in diesen Ländern Ihren Aufenthalt zu wählen, so habe
ich Seiner Majestät dem König Vortrag davon gemacht und bin autorisirt. Ihnen
die Bestätigung Ihrer vorgeschlagenen Bedingungen in der Voraussetzung zuzusichern,
dass Sie in Ihrer Zeitung: die Rheinischen Blätter, das Interesse des jtreus-
'^^) Weit gerechter als Treitschke urteilt über diese Publizisten liberaler Richtung Georg
Kaufmann in seiner soeben erschienenen Politischen Geschichte Deutschlands im neunzehnten
Jahrhundert, S. 231 ff.
«*) Scherz und Ernst, 8. 49.
°^) Nicht ohne Interesse ist das Gedicht, welches der Rektor Muili zu Hadamar in
seiner „Nassovia, Vaterländische Gedichte", S. 125—128 sechs Jahre nach AVeitzels Tode diesem
gewidmet hat.
190
sischen Staats zum Haupt-Augenmerk nehmen und solche im Geiste der Mässigung.
besonnenen Billigkeit und leidensehaftlosen Prüfung verfassen und redigiren. und
dass Sie aus allen Kräften dazu beytragen werden, die liberalen Gesinnungen und
wühlthätigen Absichten der Preussischen Regierung in ihrem gebührenden Lichte
darzustellen, dass Sie die Handlungsweise dieser Regierung gegen Verunglimpfung
und Verläumdung muthig vertheidigen, Irrthümer berichtigen, die Bosheit entlarven,
mit einem Worte, nach Ptiicht und Gewissen im Sinne eines redlichen Preussischen
Staatsbürgers handeln und das Ihren Händen anvertraute Organ der Öffentlichkeit
mit Umsicht und Klugheit gebrauchen werden, damit der Geist dieser neuen Pro-
vinzen mit dem der älteren vertraut gemacht und tVeundlich ver])unden werde,
und so ein wohlthätiger Einfluss auf die Stimmung dieser Länder ausgeübt und
die Gemüther für König und Vaterland gewonnen werden.
In dieser Voraussetzung erhalten Sie,
1. die Aufforderung, sofort Ihren Wohnsitz in den Preussischen Rheinprovinzen.
wo es Ihrer Conveuienz zusagt, zu nehmen und für Ihre Zeitung: die Rheini-
schen Blätter, jedoch nur unter Ihrer Redaction allein, die Befreyung von
der Censur.
2. Um Ew. Wohlgeboren zugleich einigermaassen von der Abhängigkeit frey
zu machen, in welcher jeder Redacteur eines Zeitblatts mehr oder weniger von
der Zahl seiner Abonnenten sich befindet und Ihr Wirken dadurch freyer und
rücksichtsloser zu machen, einen Jahrgehalt von 1000 Preuss. Tlialern, vom
1, Januar 1819 an zahlbar, mit dem Versprechen, diese Summe in der Zukunft
zu erhöhen, wenn Ihr Blatt, wie es sich gar nicht anders erwarten lässt, den Hoff-
nungen, Wünschen und Absichten der Regierung genügend entsprechen wird.
3. Zur Entschädigung für die Kosten, welche die Aenderung Ihres Aufenthalts
Ihnen verursachen wird, soll Ihnen die Summe von 500 Thalern ausgezahlt werden.
4. Der getroffenen Verabredung gemäss, soll Ihrem Wunsche, den Titel eines
Geheimen-Hofraths zu führen, gewillfahrt und das darüber auszufertigende Patent
Ihnen zugesendet werden.
Ich bitte Sie, mir nun die Annahme dieser Bedingungen baldmöglichst be-
kannt zu machen und werde mich freuen, wenn ich Gelegenheit finde, Ihnen fernere
Beweise meiner aufrichtigen Hochachtung zu geben,
Berlin, den 26sten Februar 1819,
r, F. V. Hardenberg.
An
den Herrn Hofrath Weitzel
Redacteur der Rheinischen Blätter
in
Wiesbaden.
IL
Wohlgeborener
Ilochzuverehrender Herr Hofrath!
Ew, Wohlgeboren ist es ohne Zweifel bekannt, dass Se, Durchlaucht der
Herr StaatsKanzler Fürst v. Hardenberg sich hierher begeben, um die Brunnen-
kur zu gebrauch n. Kurz nach der Ankunft hierselbst wurden mir von dem Herrn
Fürstin mehrere X'erhandjunfren übergeben, welche sich auf die Wirksamkeit be-
zogen, die nach der bestandenen Absicht Ew, Wohlgeboren in den diesseitigen
Staaten erhalten sollten. Diese Angelegenheit ist, mit Ausnahme einer unter dem
2G. Februar v. .1. von Sr. Durchlaucht Ihnen gemachten ansfübrlchen Eröffnung,
191
nicht auf offiziellem Wege, sondern durch rrivat-Corrospondonz mit dem Tl. Geh.
Ob. Reg. Kath Korctt" und dem H. IlotVatli Dorow betrieben worden. Hierin mag
wohl der Grund zu suchen seyn. dass die mir vorliegenden Verhandlungen unvoll-
ständig und ohne allen inneren Zusammenhang erscheinen. Der Erstere würde
gewiss im Stande seyn, mir die nötigen Aufklärungen zu geben. Da aber der-
selbe nicht hier anwesend, auch nicht einmalil in Berlin ist, sondern sich gegen-
wärtig auf einer ihm von dem Herrn Fürsten besonders aufgetragenen Geschäfts-
Reise befindet, so würde durch jede Rückfrage an ihn ein neuer Zeitverlust her-
beigeführt werden, welcher bey dieser ohnehin schon verzögerten Angelegenheit
billig vermieden werden muss. Von Sr, Durchlaucht mit deren Bearbeitung jetzt
beauftragt, erlaube ich mir daher, mich unmittelbar an Ew. Wohlgeboren zu
wenden, indem ich mir im Voraus Glück wünsche, mit einem Manne in nähere
Beziehung zu treten, dessen Talente und persönlicher Charakter mich stets mit
der innigsten Achtung erfüllte.
Die Bedingungen, unter denen Ew. Wohlgeboren sich bereit erklärt, eine
Wirksamkeit im prcuss. Staate zu übernehmen, sind in dem oben erwähnten
Schreiben vom 2(). Febr, v. J. enthalten. — In einem Schreiben vom 12. März v. J.
zeigten Ew. Wohlgeboren dem Herrn Fürsten die Giünde an, weshalb Sie dem
erhaltenen Rufe nicht so schnell zu folgen vermöchten, als es gewünscht würde.
Noch erheblichere Gründe in dieser Beziehung, waren in Ihrem Schreiben vom
11*- Juny V. J. aufgestellt. Sie äusserten darin den Wunsch, zu Ihrer Bestimmung
nicht eher abgerufen zu werden, bis etwas Entscheidendes für das Land, sey es
durch Errichtung von Ständen oder auf irgend eine andere [Weise] geschehen sey.
Späterhin zeigten Ew. AVohlgeboren Sr. Durchlaucht an, dass Sie entschlossen
wären, im Septbr. v. J. Ihren Ueberzug nach Bonn vorzunehmen, und bemerkten
dabey, dass Sie für die von Ihnen redigirten rheinischen Blätter auf die Censur-
Freiheit rechneten. Ohne Zweifel sind Ew. Wohlgeboren in dieser Hinsicht von
Seiten des Herrn Geh. Ob. Reg. Raths Koreff Eröffnungen zugekommen, die in-
zwischen jenen Punkt nicht beseitigt zu haben scheinen. Wenigstens steht die
von dem Herrn p. Koreff noch vor kurzem mündlich gemachte Aeusserung, „dass
Ew. Wohlgeboren sich schwerlich der Censur unterwerfen würden", mit der
Aeusserung des H. Hofraths Dorow in einem neuerdings an Se. Durchlaucht ge-
richteten Schreiben, wonach „Ew. Wohlgeboren keinen Anstand nehmen würden,
sich einer nicht plagenden und chikanirenden Censur zu unterwerfen'', in Wider-
spruch.
Auf diese Verhältnisse scheint es jetzt übrigens nicht weiter anzukommen,
und ich erwähne selbige nur beyläufig, um die Haupt-Momente der Sache, so wie
sie zeither zu meiner Kenntniss gekommen sind, zu bezeichnen
Für überwiegend und entscheidend dürfte dagegen der Umstand zu erachten
seyn, dass Ew. Wohlgeboren neuerdings wieder Unterliandlungen mit der Nassau-
ischen Regierung angeknüpft und ein Ihnen von derselben angebotenes bleibendes
Verhältniss angenommen haben. Ich kenne die Gründe nicht, durch welche Ew.
Wohlgeboren mögen veranlasst worden seyn, diesen Schritt zu tliun. ohne zuvor
Se. Durchlaucht davon in Kenntniss zu setzen. Doch wird jeder, der die Ehre
hat, Sie persönlich zu kennen, im Voraus diesen Gründen Gerechtigkeit widerfahren
lassen und die nächste Veranla.ssung dazu in den unglücklichen Misveiständnisseu
suchen müssen, welche sich in dieser ganzen Angelege heit gekreutzt und sie, ohne
zum Ziel zu führen, bisher verzögert haben. Mir würde, selbst für den Fall, dass
auch Ew. Wohlgeboren die Unterhandlungen mit Ihnen als abgebrochen betrachten,
doch immer noch das angenehme Geschäft b eiben, Sie zu überzeugen, dass der
Herr Fürst auch nicht den entferntesten Antheil an dem Ausgange, den die Sache
so unerwartet genommen, habe, dass die hohe Achtung, die Er Ihnen widmet,
unverändert fortdauert, dass die Absicht, Ihnen im preuss. Staat eine Wirksamkeit
192
zu geben, zwar günstigeren Verhältnissen vorbehalten werden könne, aber nie auf-
gegeben worden ist. Dass endlich Se. Durchlaucht mit Vergnügen Ihnen für die
Opfer, welche Sie dem Ihnen zugedachten Verhältnisse bereits gebracht haben
sollten, einen Ersatz gewähren werden.
Ew. Wohlgeboren werden, wie ich mir schmeichle, den Mittheilungen, welche
ich Ihnen hier im Auftrage Sr. Durchlaucht zu machen die Ehre gehabt, eine
freundliche Aufnahme schenken. Haben Sie die Güte mir jetzt auf das ausführ-
lichste und mit derjenigen (»rtenheit, welche ich Ihnen gezeigt. Ihre Ansichten ver-
traulich zu eröt!uen. Nicht besser kann ich dem Vertrauen des verehrtesten Fürsten
entsitrechen, als wenn ich die Sache baldigst zu einem Sie befriedigenden Ziele
führe. Dies ist alier nur möglich, wenn auch Sie mir Ihr gütiges Vertrauen
schenken und, bis ich Ihnen Heweise davon zu geben vermag, von der Re Uheit
meiner Go«innun.iren gegen Sie im Voraus überzeugt sind. Bis zum 14'' k. M.
hotfe ich hier zu bleiben, sollte es Ew. Wohlgeboren nicht möglich s yn. mir bis
dahin Ihre Antwort hier zukommen zu lassen, so bitte ich solche nach Berlin
zu senden.
Ich bin mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ew. Wohlgeboren
ganz ergebenster Diener
Schauraann, Geh. Finanz Rath
im Bureau des H. StaatsKanzlers Durcbl.
Pyrmont. 24. Aug. 1820.
III.
Pyrmont, den 13ten Sept. 1820.
Wohlgebohrener Herr
Hochgeehrtester Herr Revisions Rath,
Ich ergreife selbst die Feder, um Ew. Wohlgeb. Schreiben an den Herrn
Geheimen Finanz Rath Schaumann zu beantworten. Je aufrichtiger meine Achtung
für Sie ist, um desto mehr war es auch mein Wunsch. Sie für den preussischen
Staat zu erwerben, um desto lebhafter ist mein Bedauern, dass zufällige Umstände
uns im Wege standen, dass sie meine Antworten verzögerten und Ew. Wohlgeboren
bewogen, anderweitige Verbindungen mit dem Nassauischen Hofe einzugehn. Es
thut mir wahrlich sehr leid, dass ich für jetzt der Aussicht entsagen muss, Sie
zu besitzen. Sie von der übrigens durchaus nicht lästigen und drückenden Censur
zu entbinden, steht nicht in meiner Macht.
Findet sich in der Folge eine Gelegenheit, Sie mit uns in Verbindung zu
setzen, so schmeichle ich mir, dass Sie immer noch geneigt seyn werden, zu
uns über zu gehn und ich werde die erste Gelegenheit mit Vergnügen ergreifen,
Ihnen die Bahn zu eröfnen. Jetzt ist es nur eine Angelegenheit für mich, Sie
zu bitten mir oflfen und freymütliig zu eröfnen, welche Entschädigung Sie verlangen.
Sie soll Ihnen alsbald werden. Erhalten Sie mir ihr gütiges Andenken und seyn
Sie von der vorzüglichen Hochachtung versichert, mit der ich beharre
Ew. Wuhlgeb.
ergebenster Diener
(". V. V. 11 ard r 11 her .^,^
Ein Gesamtfund römischer Kleinerze aus
der Zeit Diocletians.
Von
E. Ritterling»
Die Kenntnis dieses Fundes verdanken wir einer Bemerkuus: Kabel 's
o
in seinem um 28. Mai 1841 in der Generalversaminlun"- des Vereins für
o
nassaiiische Altertumskunde und (Tesehiclitsforschung vorgetragenen Jalires-
berichte (Annal. III. 2, S. 218). Unter den für das Museum angekauften
Gegenständen nennt er: „eine Anzahl von 160 Stück besonders wohl cilialtener
römischer Kupfermünzen von den Kaisern Valerian (so! soll heissen Aurelian),
Probus, Diocletian, Maximinian (so!), Constantius Chlorus etc. mit mannig-
faltigen Rückseiten. Diese waren in der Moselgegend, angeblich
nebst mehr als 2000 andern von demselben Metall in einem
irdenen G e f ä s s , zum Teil r o 1 1 e n w e i s e zusammengelegt,
von einem L a n d m a n u gefunden worden und in die Hand eines
Binger Israeliten gekommen, bei dem ich sie aussuchte. Das hiervon gefertigte
Verzeichnis beschreibt die einzelnen, mitunter seltenen Münzen". Es hat sich
ein von H a b e Ts Hand beschriebener Zettel erhalten, welcher uns die Anzahl
der Münzen, mit der die einzelnen Kaiser vertreten waren, kenneu lehrt:
,,1841. 25ten Febr. zu Bingen gekaufte römische Münzen:
„ , „ ,, , , Ju Summa
Versen. Reverti Doubl. stüfk
Aurelian 1 — 1
Probus 26 6 32
Diocletian 24 31 55
Val. Maximinian. (so !) Herc. . 23 35 58
Constantius Chlorus .... 5 3 8
Galerius Maximinian (so !) . . 5 1 6
Darunter steht: ^^ '^^ ^^^
„Ferner d. Uten Juni 41 zu Wiesbaden":
Probus 9 1 10
Val. Maximinianus Ilerc. . . 3 4 7
Magnentius 1 — 1
Diocletian 2 3 5
99 84 183
13
194
Daraus ergiebt sich, dass zu den oben erwähnten 160 Stück später noch
23 Stück hinzugekauft wurden, die demselben Funde entstammten bezw. ent-
stammen sollten. 15ei der summarischen Aufnahme der Münzsannnlung des
Museums, welche iS'rJ und in den folgenden Jahren durch K i li m vorgenommen
wurde (s. Annaleu XXYIII. S. 193 f.), fanden sich diese 183 Stück noch zu-
sammenliegend vor. Dass dieselben in Kihm's „X. Verzeichnisse römischer
Münzen", welclies am Kopf den Vermerk „von Bingen" trägt (s. Annal. XXYIII.
193 Anm. 34) entiialteu sind, zeigt eine Zusammenstellung mit den nach
llabel dem Funde angehörigeu Stücken.
X.Verzeichnis Hiibel
Aurelian 1 1
Probus 43 42
Diodetian 59 60
Val. Maximinianus (so!) Herc. ... 66 65
Constantius Chlorus 8 8
Galerius Maximinianus (so!) . . • 6 6
^lagnentius j 1 1
184 183
Die Differenzen bei Probus, Diocletian und Maximian um je 1 Stück er-
klären sich wolil am einfachsten aus Versehen Kihm's (doch vgl. Anm. 5).
Der Fund ist dann, wahrsclieinlich von Kihm selbst, in die Samndung
zerstreut worden. Doch hat sich ein von HabeTs Hand auf 12 Oktavblättern
aus grauem Schreibpapier geschriebenes Verzeichnis erhalten, welches dieselbe
Anzahl Münzen derselben Kaiser, welche aus dem fraglichen Funde für das
Museum erworben wurden, unter genauer Angabe der verschiedenen Keverse,
der Marken in Feld und Abschnitt, sowie zum Teil auch der Aversbilder und
Umschriften beschreibt: es ist ohne Zweifel dasselbe Verzeichnis, welches der
Generalversammlung vorgelegen hat, da die erst nach derselben hinzugekauften
Stücke zum Teil noch als nachträglich eingetragene (so bei Probus und Maximian)
erkennbar sind. Obwohl dieses Verzeichnis im einzelneu nicht ganz frei von
Lesefehlern und Versehen ist, wurde es mit seiner Hilfe doch möglich, den
dem Münzkabinet des Museums einverleibten Teil des Fundes fast lückenlos
wieder zusammenzusetzen. Es ergab sich dabei die bemerkenswerte Thatsache,
dass die überwiegende Mehrzahl der in der Münzsamndung überhaupt vor-
handenen Münzen der in Betracht kommenden Kaiser eben diesem Funde ent-
stammt ; dadurch findet die wiederholt gemachte Beobachtung, dass die Münzen
aus den letzten Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts im rechtsrheinischen Grenzlaude
und daher auch in den entsprechenden Lokalsammlungen vergleichsweise selten
begegnen, eine Beobachtung, welcher der Bestand im hiesigen Münzkabinet bis-
her zu widersprechen sdiicii. (Mue weitere Bestätigung.
Ein weiterer Bestandteil desselben Müuzfundes ist iji die Münzsammlung
des Kaufniannes Pli i*. L ii^c ii h ü !i 1 in Wiesbaden (inzwischen durch Schenk-
ung des Herrn Ferd. jj uge n 1) ii li 1 dem Museum überwiesen) gekommen, in
welcher die einzelnen Stücke den Herkunftsvermerk „Bingen" oder „bei Bingen"
tragen. Wie sich durch mündliche Erkundigung feststellen Hess, sind dieselben von
195
einem Handelsmann aus Bingen nach Wiesbaden gebracht') und aus einer grösseren
Zalil älmlicher Münzen von dem Samnder ausgesucht und erworben worden.
Dieser Umstand, weiter ihr villiig gleichartiger Erhaltungszustand und die llur-
einstimmung, welche die von ihnen vertretene Kaiserreihe mit der der Museums-
münzen, in wclcluM' sie luii' einig(! Lücken ausfüllen, aufweist, lassen keinen
Zweifel darüber, dass sie aus demselben Gesamtfunde stammen, wie die IH'A von
IIab(^l beschriebenen Stücke. Sämtliche dem Funde jetzt noch zuzuweiscüidcn
Münzen sind Weisskupferstücke di-itter Grösse mit dem strahlengekrönten Kopf
des Kaisers; der Silbersud, btü mehreren noch vorzüglich erhalten, scheint
bei einer grossen Anzahl erst durch einen mit ihnen vorgenommenen chcunisclien
Reinigungsprozess verloren gegangen zu sein. Die Prägung ist durchweg noch
frisch; stellenweise schlecht lesbare Umschriften bezw. Prägevermerke sind nicht
auf Abnutzung, sondern auf mangelhafte Ausprägung zurückzuführen.
]Jei der Einzelbeschreibung der jetzt noch mit Sicherheit nachweisbaren
Münzen des Fundes sind die Stücke des Hab el' sehen Verzeichnisses von
den Lugen b ühl ' sehen nicht getrennt; zu letzteren gehören alle Münzen der
Kaiser Tacitus, Carus, Carinus und Numerian; hierin wie in der verhältnis-
mässig geringen Anzahl von Dubletten zeigt sich die sorgfältigere zur Ergänzung
vorhandener Lücken getroffene Auswahl des Privatsammlers gegenüber den
vielfach in grosser Zahl vertretenen Dubletten (so des Diocletian mit Jovi Augg..
Maximian mit Pax Augg.) der Museumsmünzeu. Yen einem Abdruck des
Habel'schen Verzeichnisses durfte abgesehen werden, da die in ihm be-
schriebenen Münzen ja fast ausnahmslos noch zu identifizieren sind; die iiiehr-
fachen aus der Untersuchung der Münzen selbst sich ergebenden kleineren
Abweichungen von Habel's Beschreibung' sind in den Anmerkungreu notiert.
No.
Zugehörig-
keit
Ö
Ä
O
o
Revers
Feld
Abschnitt
Stück-
zahl
Gesamt-
zahl
1
Aurelian
60 var.
[conjoordia militum
Äv. Kopf mit Strahlen,
nicht mit Lorbeerkranz
TXXI
1
2
»
105
Jovi conser.
—
P
3
n
113
Jovi conservatori
—
P
4
V
140
Oriens Aug.
—
Q
5
v
153
Oriens Aug. mit zwei
gefesselten Gefangenen
—
QXXT
6
y>
154
n
—
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7
Tacitus
183
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providen. deor.
felicit. tenip.
SXXI
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8
7
9
n
90 var.
provide (nicht provid.) Aug.
—
Q
10
V
100
Providentia Aug.
"
XXI A
;{
*) Offenbar demselben, von welchem Habel am 11. Juni 1S41 zu Wiesbaden den zweiten
Posten von 23 Stück des Fundes füi- das Museum ankaufte.
13*
196
No.
Zugehörig-
keit
Cohen
Revers
Feld
Abschnitt
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Stück-
zahl
Gesarat-
zahl
11
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Probus
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n
y)
C rechts '
—
ir
59
n
477
provident. Aug.
—
BXXI
1
60
n.
498
Providentia Aug.
—
XXIA
1
61
j)
515 ff.
restitutor orbis^)
—
PC (?)
1
62—64
V
528
Romae aeter.
—
R fulmen A
1
1
•7
n
—
R V A cn
;r
n
r>
>»
—
undeutlich
65
n
642 :
Soli invicto
—
R fulmen f
1
66
n
643
1
tj
R fulmen f
1
56
'^) Hu bei hat statt dessen auf den beiden in seinem Verzeichnisse enthaltenen .Stücken
irrtümlich L gc'lesen.
') Dieses Stück des Habel'schen Verzeichnisses fehlt jetzt; eine genauere Hcstimmung
ist daher uimiöglich; die Buchstaben im Absdinitt .scheinen verlesen zu sein.
1
1117
No.
Zugehörig-
keit
67
68
69
70
71—73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85 86
87 88
89- 97
98-102
103
104
105-21
122 22a
123-25
126-28
Probus
Carus
Numerian
Carinus
»
Diocletian
a
0)
Ä
o
u
644
650
n
726
727
n
n
729
766
n
816
819
840
18
49
18
97
120
147
11
11
153
w
154
fehlt
169
n
n
171
n
183
Revers
Soli iiivicto
teinpor. felicit.
teniporuiii felicitus
Victoria Uerm.
Virtus Aug.
consecratio
pax Augg.
[Mars] Victor
priiicipi iuuentutis
saeculi felicitas
Jovi Augg., stellender Jup.
Ac. Brustbild im Mantel
n
Jovi Augg.
Av. Brustbild im Panzer
Jovi Augg., stehender Jup.
»
'1
Av. imp. C. Diocletianus
p. f. Aug. Büste mit
Strahlen und Mantel n. r.
Jovi Augg., sitzender Jup.
Av. Brustbild im Mantel
11
Jovi Augg., sitzender Jup.
Av. Brustbild im Panzer
Jovi Augg., sitzender Jup.
1)
Jovi Conser. Augg.^
Feld
Abschnitt ^ -^
c/a
N
B links
B links
D rechts
A ri'ckts
B links
I :h
R fiilinen f 1 1
undeutlich 1 '
II (-■) 1
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QXX
P
A
A
P
A
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verwischt
A
A
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R fuiiiicn A , 1 '
QXXT
XXI Z
'> )
3 17
2'
2
■ I
69
45
') Bei diesen und den nächstfolgenden Reversen ist das IlabeTsche Verzeichnis am
wonigsten genau; nicht nur, dafs er keinen Unterschied in den verschiedenen Abkürzungen
198
Abschnitt ^ ■%
SS
129. 30
131
132
133-38
139
140
141-45
146
147
148. 49
150
151
152
153
154
155. 56
157. 58
159
n
V
n
n
1»
n
71
fehlt
297
362
362 lar.
366
n
374
441
442
444
448
453
453 Tar.
455 Tar,
Jovi conservat//////////
Jovi conservatori
Ac. inip. C. Val. Diücletianus jD links
p. f. Aug. Büste mit
Strahlen und Panzer n. r.
Jovi tutatori Augg.
Pax Augg.
., aber Av.
imp. Diocletianus p. Aug.
Pax Augg.'"), mit Victoria
„ mit Zweig
Salus Augg.
aber Av. Kopf mit Strahlen
Salus Augg.
TXXIT
SXXIT
XXI B
XXI (?i
45
'1
2 6
1 '
saecurit. perp.®)
securit perp.
B rtchls
P
II ü'ler A
B
III
B
A
T
C
p oder A
P
A
76
des Wortes conser oder conservat macht, auch ausser Acht lässt, ob conservatori allein oder
conservat Augg. steht, er hat auch drei Münzen mit der Umschrift Jovi tutatori Augg. dem
Revers Jovi conservatori Augg. zugeschrieben. Von dem Revers Jovi tutatori Augg. ver-
zeichnet er nur ein Stück mit dem .\bschnittsvormeik A' während in "Wahrheit 4 Stück vor-
handen sind, mit p im Abschnitt; die drei in seinem Verzeichnisse scheinbar fehlenden sind
offenbar die gleiche Zahl an 14. Stelle eingetragenen, mit Revers Jovi Conservatori Augg., im
Abschnitt ß.
^) Habel hat noch ein Stück mit Pax Augg. im Abschnitt S. 1'" ein solches jetzt
fehlt, auch dieser Absclinittsvermerk bei den Diocletian-Münzen sonst nicht wiederkehrt, liegt
wolil eine falsche P.intragung vor, indem das Stück dem 3Iaximian gehörte, auf dessen PAX
AVGG. -^l''"'^ß'i S häufig ist. Aus der richtigen Zuweisung dieser Münze an Maximian
durch Kihm wird sich auch die Differenz zwischen seiner und Habel's Gesamtzahl der Dio-
cletian- und Maximian-Münzen erklären: Kilnu 59 Diocletian-, 66 Maximian-Münzen, Habel
60 Diocletian-, 65 Maximian-Münzen.
*) Habel hat irrtümlich die Umschrift „saecurit publ.", welche bei Diocletian über-
haupt nicht begegnet.
199
No.
Zugehörig- «
keit
160
161. 62
163
164
165.66
167-69
170
171
172
173-75
176-78
179-84
185
186
187-89
190
191—
222
223-25
226-29
230
231
232-35
236
237-41
242
243
244
245
246
247. 48
249
250.51
Maximian
Revers
Abschnitt
435 var,
438
452
454
456
480
516
517
523
531 var
555
567
642
647
650
aequitas A[ugg.]
conios Augg.
concürdiii Augg.
felicit. publ.
t'olicitas saoc.
Tlcrculi invicto Augg.')
•n
Herculi pacifero
Jovi Augg., stehender Jup.
„ sitzender „
Jovi Conservat. Augg.
pax Augg., Minerva
»
Pax Augg., Pax in. Zweig
Ao. Büste niclit mit Helm,
sondern Stralilenlcranz
Pax Augg., mit Yictoria
provident. deor.
Salus Augg.
saecurit. perp.
virtus Augg., Vii-tus
„ Hercules
virtuti Augg., Hercules
den Löwen würgend
links
-FC--)
links
B links
B
C
undeutiicli
II
B
B
S
SML
SML
A
A
A
X/////
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B
B
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III
B
C
B
S
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II
C
C
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III
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1
1
1
1
1
2
1
2
(1) N
0 Habel hat nur Ilcrcuii invicto, welche Umschrift bei 3Iaximian nicht vorkommt.
200
No.
Zugehörig-
keit
Cohen
Revers
Feld
Abschnitt
Stück-
zahl
Gesamt-
zahl
252
Constantius
Caesar
8 «r.
claritas Augg.
—
—
1
253
.*
12
comes Augg.
—
B
1
254. 55
..
15
coucordia Augg.
—
li
;^
*t
n
III (?)
256. 57
n
237
provident deor , stehende
Provideiuiii
—
A
fulnien
;i^
258-64
n
238
„ „ sitz.Piuvid.
—
II
:i'
n
n
~-~
B
13
265
Galerius
Caesar
11
claritas Augg.
—
PTR
1
266.67
T)
19
concordia Augg.
—
B
0
268
">
29
Hdes milit.
D (?)
PTR
1
269
^
161 Tiir.
pax Augg., Pax m. Zweig
—
A
1
270
fi
162
„ „ 111. Victoria
—
III
1
271.72
V
182
provident. deor.
—
II
2
273
n
194
securit. Augg.
B
1
9
S.S. 274
Die Münze dos Magnontius (Ruvor.s: Mouugramm Christi), wek-lic zu-
sammen mit 22 der oben beschriebenen Stücke von IIa bei zu Wiesbaden
angekauft war (s. oben S. 193) und deragemäss sowohl in Hab el ' s detailliertem
Verzeichnis, wie in K i h m's Übersicht erscheint, kann dorn Funde keinesfalls
zugehört haben. ^) Nicht nur das Fehlen der ^Münzen sämtlicher Nachfolger
Diocletian's bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts, sondern vor allem auch die
durchgängig sehr geringe Abnutzung der erhaltenen Münzen, die unmöglich
lange im Verkehr gewesen sein können, schlicsst die Möglichkeit, dass der
Schatz erst nach der Mitte des 4. Jahrhunderts in die Erde gekommen sei,
unbedingt aus. Andererseits ist daraus, dass Constantius und Galerius, welche
im Mai d. J. 305 zu Augusti erhoben wurden, auf den Münzen unseres Fundes
*) Auch nocli drei andere Münzen, wolclie, in der Lugenbührschen Sammluna: befind-
lich, den Fundvernierk „Bingen" tragen, werden schwcrlicli dein Bestände des Fundes zu-
gerechnet wenlcn dürfen. Es sind: 1. Biilon-Antoninian des Herennius Etruscus, Rev. prin-
cipi iuventutis (Cohen 26), 2. Weisskupferstück des Claudius, Rev. fides exerci (Cohen 87),
3. Weisskupfer)«tiick des Quintillus, Rev. conco exo[rci] im Abschnitt T (Cohen 8). Schon
die geringe Ziiiii dieser vor der aurelianisciien Münzret'orni geprägten Stücke, sowie die aus-
drückliche Angabe Habers, der einen grossen Teil des Schatzes noch beisammen gesehen
hatte, dass die Münzreihe mit Aurelian (Valerian in der üIumi angeführten Stelle der Annalen
kann nur ein Schreib- oder Druckfehler sein) beginne, schliessen diese drei Stücke von der
Zugehörigkeit aus. Dazu kommt, dass die Hilluii-.Vntoiiiniane von den weisskupforiien Antoniiiianen,
weil verschieden gevvertet, in den Schatzfunden der späteren Zeit getrennt aufbewahrt worden
zu sein scheinen, und dass namentlich das Stück des Claudius im Verhältnis zu den nur wenig
jüngeren des Aurelian autrailend abgcschlilfen ist.
201
ausnahmslos noch den Caesartitol f'üliicn, keineswegs mit Sicherheit zu schliesseu,
dass der Münzscliatz v o r jenem .Jahre vergraben sein müsse. Denn weiss-
kupf'ernc! Antoniuiane mit der Strahlenkronc, aus welch<!n der Sehatz, so weit
er uns b(^kannt ist, ausscldiesslicli bestciht, liab(!n beide Kaiser als Augusti
überluiu})t niclit mchi- geselllagen, sdiidern nur nach dem von Dioeletian um
oOO eing(^f'ührten ncmen System gemünzt. Haben zu dem Sciuitze noch andere
Münzsorten gehört, die, wie ül)li(li, von den Wcusskupferstücken getrennt ver-
packt und darum vieHeicht nicht aufgefunden worden sind, so können diese,
etwa Denare des diocletianischen Fusses, z(Mtlich noch etwas weiter herabgereicht
haben. Die jüngsten der uns erhaltenen Stücke scheinen dagegen nicht nach dem
Jahre ;500 geprägt zu sein : die beiden in der Trierer Offizin geschlagenen
Stücke des Galerius mit „claritas Augg/' und „Fides milit. " gehören nach
Hettner's Aufstellung (Westd. Zeitschr. VI. 143 f.) der fünften, etwa 299
beginnenden Emission dieser Münzstätte an. Auch die auf den i\[ünzen Diocletians
und seiner Mitregenten in unserem Funde vorkommenden Keversumschriften sind
offenbar der überwiegenden Mehrzahl nach nur vor der Einführung des neuen
Münzsystems im Gebrauch gewesen, da sie nur auf nach gallieniscliem System
geschlagenen Stücken begegnen; die Umschriften Jovi Conservat und Jovi
Conscrvat Augg. bei Dioeletian, Herculi pacifero, Jovi conservat Augg., pax
Augg., Virtus bez. Virtuti Augg. bei Maximian erscheinen dagegen auch noch
auf Stücken der zwischen 296 und 301 eingeführten diocletianischen Währung.
Was das Gewicht der ^fünzen anlangt, so wiegen 41 Stücke des Probus
durchschnittlich 3,8 g, 140 Stücke Diocletians und seiner Mitregenten durch-
schnittlich 3,74 g; am schwersten sind einige des Probus mit 4,6 g, eines
des Dioeletian (Collen 366) mit 4,9 g, eines des Galerius mit 4,8 g. Unter
3 g sinkt nur das einzige auf das Gewicht untersuchte Stück Aurelian's mit 2,8 g.
Graf Ludwig von Arnstein und die Neubegründung
des Klosters Münsterdreisen.
Von
S, Schaus*
Das Privileg, mit doiu Kourad 111. im daliv 1145 die Errichtung der
Abtei Arnstein bestätigt hat'), ist wohl die erste Künigsurkunde, die das Kloster
empfangen und in seinem Archiv verwahrt hat, aber nicht die erste, die sich
mit ihm befasst. Yiehnehr hat derselbe Konrad III. der Stiftung des frommen
Grafen Ludwig, schon ehe er sie von Jloichswegen anerkannte, eine grosse
Auszeichnung widerfahren lassen, indem er sie auf Ersuchen seines Bruders
Friedrich damit betraute, eine alte aber in Verfall geratene geistliche Anstalt
wiederher/Aistellen.
Das Kloster, das so in die früheste Arnsteiner Geschichte mitverflochten
wurde, ist Münster zu Dreisen am Donnersberg ; und da die Urkunde, die also
auch in die nassauische Geschichte einschlägt, nur in entlegenen Werken ge-
druckt vorliegt, so rechtfertigt es sich wohl, dass die in Betracht kommende
Stelle hier zur genaueren Kenntnis mitgeteilt wird.)
König Konrad sagt in seinem Diplom, das zu Bamberg im Jahre 1144
ausgefertigt ist^) :
— vir illustris Fridericus noster germamis dux Suevie et Ahacie nostram
celsitudinem adiens petilt, quatenus ecclesiam quandam a Nanfhario
quondam dnce et uxore ipsius Chiinigtint in Jionorem dei et domini
*) Siehe Stumpf, Verzeichnis der Kaiserurkunden ^'o. 3490. An der zeitlichen An-
setzung Stumpfs darf man vorläufig wohl festhalten, wenn mich Bernhard!, Jahrbücher
Konrad's III., S. 384 die Urkunde in das Jahr 1144 rücken möchte. Er vermutet, die Zahl
MCXLVI sei vielleiciit aus MCXLIV verschrieben worden. Im Original ist die Jahresangabe
aber wörtlich ausgeschrieben.
-) Die Angaben von KöUner, Geschichte der Herrschaft Kirchheim-Boland und Stauf
(Wiesbaden 1854), 361 sind vielfach unrichtig.
^) St. 34H8. Das wohlerhaltene Original wird jetzt im königl. iillgcnieiiien lieiclis-
archiv zu München aufbewahrt. Der Druck in den Acta academiae Tlieodoi'o-l'alatinao I
(Mannh. 1706) 297 ist wiederholt in den Acta Sanctorum Octob. XI 744 und in ihrer Sonder-
ausgabe der Vita 1>. Ludovici comitis de Arnstein von V. de Bück, Bruxellis 1864, 105. Für
die "Wiedergabe des Textes konnte ich durcli die gütige hiermit dankl)ar hervorgehobene
Vermittelung des Herrn Professors Dr. Scheffer-Boichorst in JJerlin eine Abschrift
Böhmer 's nach dem damals in Darmstadt befindlichen Original vergleichen.
203
nostri Jesu Christi ei sancfi Saüirnini martiris edißcatani congruisque*)
sanctimonialhim et deo devotarum feminarum disciplinis ordinatam sed
iam lomjis retro temporihus ah omni cultu divino et deo servientium
frequenfia destitiitam tandemque ad sue dominationis provintialisque
comitis Theoderici potestatcm devohdunv') in pristinum sue digniiatia H
religionis rohitr ;;er nostrani regiain auctoritatem revocaremus. Ifaque
ex eins jjetitioue et consensu eandem ecclesiam sancti Saturnini in pago
Wormaciensi tunc in episcopatii Moguntino sitam nunc commisimus
regendam et ordinandam Ludeivico comiti de Arnestein etfratribus apud
Ärnestein, qui sub canonica heati Augustini regida et ordinc Fremon-
stratensi congregati sunt^ ea ratione td deinceps in omni ciira et ordine
prefato loco absque ullius persone contradictione provideant.
Im Folgenden werden die Güter und Rechte des Klosters aufgezählt.
Im Arnsteiner Archiv findet sich, soviel man sieht, keine Abschrift dieser
Urkunde, obwohl sie ein ehrenvolles Zeugnis für die Abtei darstellt. Jedoch
war man hier natürlich nicht ohne Kunde von der rühmlichen Thatsache, dass
der Stifter einst zum Wiedercrwecker jener abgestorbenen geistlichen Pflanzung
berufen worden war, sondern man besass eine lebendig ausgemalte Überlieferung,
die der Verfasser der Vita Ludovici aufgezeichnet hat.') Nach seiner Erzählung
kam Graf Ludwig einmal im Gefolge des Herzogs Friedrich von SchAvaben,
mit dem er verwandt und sehr befreundet war, zu dem Kloster Münster an
der Pfrimm. Da fand der Herzog die ehemals von Nonnen, dann von Regular-
kanonikern bewohnte Stätte jedes göttlichen Dienstes ledig und sah mit tiefer
Bewegung, dass Jagdhunde im geweihten Altarraum der Kirche herumliefen.
In frommem Eifer entbrennend übertrug er den Ort mit allen seinen Gütern
dem Grafen, der zugleich Laienbruder von Arnstein war (dilecto comiti et
converso) und bat ihn die klösterliche Zucht wiederherzustellen. Das nahm
Ludwig mit freudiger Dankbarkeit an; er erwählte sechs erprobte Kanoniker
aus dem Kloster Gottesgnaden, gab ihnen andere geeignete Personen, die
Abt Gotfrid von Arnstein aussuchte, bei und setzte an ihre Spitze seinen
früheren Kaplan und Notar Markwart, der auch ins Kloster Arnstein eingetreten
war. Im Jahr 1145 zog dieser als der erste Abt mit den Seinen in Münster-
dreisen ein.
Vergleicht man den Bericht der Arnsteiner Quelle mit der Urkunde
Konrads, so ergiebt sich völlige Übereiustimnmng in allem Wesentlichen. Der
Biograph Ludwigs ist nicht so unterrichtend über die Vorgeschichte und die
rechtliche Grundlage der Stiftung wie die Urkunde, er sagt nichts von der
Bestätigung durch den König; allein er bietet dafür das anschauliche Bild
von dem verfallenen Kloster und den Männern davor, die bereit sind, der Zer-
störung abzuhelfen — eine Sceue, die nichts eigentlich Unwahrscheinliches hat.
^) que fehlt in Böhmer' s Abschrift.
^) Dieser Heimfull uii die weltlichen Obrigkeiten ist verfixssungsgcschichtiich nicht ganz
ohne Interesse; vergl. Waitz, Yerfassnngsgesohichte 7, 131. Über das Herzogtum und die
Landgrafschaft vom Elsafs s. ebenda 60 u. 104.
^} Ann. d. Vereins f. nass. Altertumskunde XYIII, 258.
204
AVertvoll ist es weiter, iius der Vita zu erfahren, dass Amstein den Abt. sein
Mutterklüster Gottesgnaden aber den Hauptstamm der Insassen für Münster-
dreisen geliefert hat. Aber einen der AVirklichkeit fremden Zug hat anscheinend
der Amsteiner eingefügt, da nämlich, wo es heisst. dass nach den Xonnen
schon regulierte Chorherren in Münster gesessen hätten, auch sie. ohne die
klösterliche Zucht aufrecht erhalten zu können. Davon sa^t die Urkunde
Konrads nichts, und wenn nicht aus anderen, bisher übersehenen Quellenstelien
irgend eine Stütze dafür beigebracht wird, so darf man wohl annehmen, dass
die Klosterüberlieferung hier eine übrigens harmlose Verbesserung der Geschichte
vorgenommen hat : der Euhm der Söhne Norberts strahlte um so heller, wenn sie
eine Aufgabe lösten, an der andere Ordensmänner sich vergeblich versucht hatten.
Damit ist wohl erschöpft, was der Gegenstand für die engere nassauische
Geschichte bietet. Es sei jedoch gestattet, noch kurz auf einzelne Angaben
der Urkunde Konrads für Münsterdreisen hinzuweisen, die in sonstiger Hinsieht
beachtenswert, aber, wie es scheint, nicht genügend beachtet sind.
Da ist zunächst ein kleiner, freilich sehr wenig aufschlussreicher Ueiirag
zur Mainzer Kirchengeschichte zu erwähnen. Unter den Gütern, die der König
dem Kloster bestätigt, wird auch genannt: et moim<terium, quod in ciritate
Mogontia et cum omnibtis suis appendiciis que snhscripta sunt, maust XXII
et rinee od carratas rini XXX.
Was für eine Kirche oder kirchliche Anstalt unter diesem monasierium
zu verstehen sei. lässt sich bei dem Fehlen ieder näheren Bestimmung nicht sa«ren.
Eine andere Stelle in der Güterbestätigung zieht in höherem Grade die
Aufmerksamkeit auf sich. Sie lautet:
Ea etiam bona que Beatrix et MahtikUs marciomsse Tu.<cie pro
animahus suis et mariiorum suorum Gotefridi et JBoni/acii admonente
comite Friderico nepote nostro atque preposifo prefate ecchsie Anshelmo
ad idem monasterium contulerunt, nos quoque petiiione et consensu
sepedidi ducis ad eundem locum restituimus et cotißrmamus, omnia
videlicet que p/refate nobilissime jemine possederunt in loco qui dicitur
Steten — — — et ea omnia que habuenoit in loco Walesicilre.
Dass die grosse Gräfin Mathilde von Tuscien. die Freundin Gregors VIL,
Besitzungen im rheinischen Lande hatte, ist bekannt; aber die hier genannten')
werden in der Geschichte ihres Gutes, die wir Overmann verdanken, nicht auf-
geführt.*) Zugleich berichtigt unsere Stelle den Satz dieses Autors, dass
Mathilde keine einzige Schenkung für das Seelenheil ihres Gemahls gemacht
habe.') Sie hat diese EhrenpHicht durch die Stiftung für das rheinische
Xonnenkioster vermutlich gleich nach dem Tode ihres Gemahls erfüllt, im
') Steten ist Stettcn nordöstlich von Münsterdrei<en bei Kirchbeimbolanden. AVales-
wilre vielleicht Weläweüer bei Waltniohr ini Zweibrücki«-chen, 8 v. d. Nahnier, Enrwicke-
lang der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des
Rheins (Frankfurt 1832), 325.
*) Siehe A. Orermann, Gräfin Mathilde von Tuscien. Ihre Besitzungen. Geschichte
ihres Gutes von 1125—1230 und ihre Kegesten (Innsbruck 1895), 38.
*) Overmann, 244.
205
Frühjahr 107(5. Denn Herzog Gottfrioil der Bucklige von Lothringen wurde
am 26. Februar 1070 ermordet und schon im April desselben Jahres starb die
^[utter der Mathilde, Beatrix, die. wie es scheint, die Tradition für Münster-
dreisen noch zusammen mit iiirer Tochter vollzogen hat.'*) Beatrix hatte für
das Andenken zweier Gatten zu sorgen, des 1032 ermordeten Markgrafen
Bonifacius von Tuscien und des 1069 verstorbenen Herzogs Gottfried des
Bärtigen von Lothringen." i Der Schreiber Kourads HL. der bei der Ab-
fassung des Privilegs die Schenkungsurkunde der Markgrätinnen zweifellos
benutzte, hat anscheinend einen der Gottfriede ausgelassen. Dafür ist er seiner
Vorlage um so sklavischer gefolgt, wenn er schreibt, dass Beatrix und Mathilde
die Schenkung gemacht hätten admonenfe cotnite Friderno nepote nostro.
Ein Neffe oder gar Enkel Konrads HL kann natürlich nicht im Jahre 1076
die Markgrätinnen von Tuscien beraten haben.'") Die Worte sind gedankenlos
abgeschrieben, und gemeint ist Graf Friedrich von Mömpelgard. der 1073 als
Neffe der Beatrix genannt wird.'^)
In eine noch früliere Zeit, in das 9. Jahrhundert führt die letzte zu be-
sprechende Bemerkung in der Urkunde Konrads zurück. Gegen Schluss heisst
es darin: Vf aiitem hcc patfina jirma — pcimaufof, quam in.rta tctwreni priri-
leiiii Ludcirici recjis secundi, gui femporihus Nantharii ducis in orientali
Francin XXXIIoiu-'i ouuis reguaverat, conscrild maiidav'nnus, sigilli nostri im-
pressione com i)isig)iiri iussinuis.
Daraus geht hervor, dass im Jahr 1144 noch das Privileg erhalten war.
mit dem König Ludwig der Deutsche die Stiftung des Nonnenklosters zu
Münsterdreisen durch den Herzog Nantharius bestätigt hat. Der Urknnde seines
karolingischen Vorgängers hat der Staufer vornehmlich wohl den Hauptteil der
Güterbeschreibung, darunter die schon behandelte Anführung des tnamisttriiim
in Mainz entnehmen lassen. Lidern dann auch die Regierungsjalire aus der
Vorurkunde mitgeteilt werden, ist die Möglichkeit geboten, die Zeit der ersten
Gründung von Münsterdreisen ungefähr zu bestimmen. Das o2. Köniffsialir
Ludwigs des Deutschen wurde in seiner Kanzlei, übrigens unrichtig um ein
Jahr zu früli. vom September 863 bis September 864 gezählt.'*) Dazu stimmt
es wohl, dass 863 ein Graf Nantharius als Gesandter des Königs Lothiu" IL
von Lothringen genannt wird.'')
Doch mit der nassauischen Geschichte haben alle diese Dinge nichts zu
thun. und mehr als dieser Hinweis ist hier nicht am Platz.
''') Siehe Overmann, 137.
") Siehe Overmann, r2o u. l'Jö.
'^ So liest man aber bei Remling, l rkundliche Gesohiohte der Abteien und Klö*ter
in Rheinbayern, II. (Neustadt a. d. Haardt IS36V lO.'v
'*) Siehe Overmann. 1-JT. Die Erklärung der Stelle duroh das: Einwirken der Yorurkunde
verdanke ich Professor Seh et'ter-Boiohorst.
'*) Siehe Böhmer-Mühlbacher, Kegosta iiuperii I. No. 1410 — 1412, vgl. p. L\\l\.
'*) Siehe daselbst No. 1263 b. Die unrichtige Angabe ST2 tÜr d»is Oründungsjahr bei
Remling II. 163, ver.,'1 Hernhardi. Konrad III. 375, beruht wohl darauf, da^s die Regierung
Ludwigs des Deutschen vom Tode seines Vaters Ludwigs des Frvunmen (f S40) ab gez.HhU wurde.
Die Auflösung
der nassauischen Klosterbibliotheken.
G. Zedier*
^lir wie -svcnig Verständnis und Pietät die Bestände der infolge des
Reichsdcputationslniuptsohlusses im Jalire 1803 an Nassau gefallenen Kloster-
liibliütheken behandelt worden sind, das hat bereits van der Linde') au
einigen Beispielen nachgewiesen. Roth') hat seine Angaben in mehrfacher
Beziehung noch ergänzt und ausserdem auf Grund der in der Wiesbadener
Landesbibliothek und in der bischöflichen Priestersemiuarbibliothek vorhandenen
llandscliriften und Bücher, sowie der Einsicht in die auf der Landesbibliothek
befindlichen Akten eine „Geschichte der Klosterbibliotheken Nassaus" zusammen-
gestellt. Diese Geschichte besteht allerdings nur aus sehr dürftigen Nachrichten,
die auch die vorhandenen, unmittelbar vorliegenden Quellen keineswegs erschöpfen.
Für manche dieser Klosterbibliotheken wie Arnstein, Deutz, Eberbach, Marien-
statt, lionnnersdorf und Sayn liegen die bei Aufhebung dieser Klöster ange-
fertigten, freilich manches zu wünschen übrig lassenden, Bücherverzeichnisse
auf dem Staatsarchiv zu Wiesbaden, welches unter seineu Akten auch sonst
noch wertvolle Nachrichten dieser Art über andere nassauische Klöster verwahrt,
Akten, die von dem, der eine wirkliche Geschichte dieser Klosterbibliotheken
zu schreiben sich unterfangen wollte, in erster Linie heranzuziehen wären. Es
ist klar, dass eine solche Geschichte, die die Erfassung und Darstellung des
geistigen Lebens, das innerhalb der Mauern der einzelnen Klöster sich entfaltet
hat, so wie der geistigen Beziehungen dieser Klöster untereinander oder zu
anderen ausserhalb des nassauischen Gebietes liegenden Klöstern und somit die
Geschichte des gcüstigen Leljens vcsrgangener Jahrhunderte zumal auf einem
historisch so denkwürdigen Boden, wie es der Rheingau ist, zum Ziel setzt,
ihren Wert und ihre Bedeutung hat. Allein wie sich materielle und geistige
') Die Küniyliclio liUiideHhihliutlu'U in Wicshadon. Centrallil. f. Hil)liotlieks\vescn, Bd. 1,
1884, S. 46-55.
*) Geschichte und Beschreibung der Küiiigl Landesbibliothek in Wiesbaden. Xebst einer
Geschichte der Klosterbibliothelien Nassaus. Frani<furt a. iL 1886. 31 S. 8°.
207
Kultur ong- b(M'ühi'on und letztoro dio erstere zur Voraussetzung luit, so kann
eine solche Geschichte, die zugleich umfangroiche iitterarische Quellenstudien
bedingt, mit Ei-fnlg auch erst unternonmien werden, nachdem die äussere
Geschichte jener Klöster, für dio das Staatsarchiv zu Wiesbaden ein reiches
bisher wenig beachtetes Material auf'bewalirt, eine intensivere Erforschun"- er-
fahren hat, als dies bisher der Fall gewesen ist.
Ich liabo mir hier ein ungleich bescheideneres Ziel gesteckt, nämlich einnial
einen Überblick über den ungefähren Umfang jener Bibliotheken zur Zeit d(;r Auf-
hebung dv.Y Klöster zu geben und sodann den Prozess ihrer allmählichen Vernich-
tung im Zusammenhange darzustellen, soweit dies an derlland der noch vorhande-
nen, dafür in Betracht kommenden Quellen möglich ist. Van der Li n de und
R 0 1 ]i geben darüber nur einzelne abgerissene Notizen, aus denen wir weder
ein irgendwie vollständiges Bild dieses so beklagenswerten Vernichtungsprozesses
gewinnen, noch eine richtige Vorstellung erhalten von dem, was damals auch
nur dem äusseren Umfang nacli an litterarischen Schätzen zu Grunde gegangen
ist. ]linzu kommt, dass ihre Angaben mehrfach der Berichtigung bedürfen.
Freilich ist es auch mir nicht gelungen, aus dem Mosaik der in den Akten ent-
haltenen Einzelnachrichten, sowie aus dem in den erhaltenen Bücherverzeich-
nissen und in den Büchern selbst vorliegenden Material ein Bild zu entwerfen,
das nicht Lücken aufwiese und überall deutliche Konturen böte, aber ich glaube
doch alles erreichbare Material herangezogen und verwertet zu haben.
Der nassauischen Regierung stand 1803, als sie in den Besitz zahlreicher
demnächst aufgehobener Klöster und ihrer Bibliotheken kam, keine öffentliche
Bibliothek zur Verfügung, in der die Bücher derselben hätten untergebracht werden
können, wie dies anderswo der Fall war. Die seit 1730 zuerst in Usingen, dann in
Wiesbaden bestehende Regieruugsbibliothek war damals noch eine unbedeutende
Büchersammlung-, welche aber trotz ihres geringen Umfanges kaum selbst an
ihrem Aufenthaltsorte Platz hatte. ^) Schwerwiegender war es noch, dass in
Nassau auch kein Bibliothekar vorhanden war, der die jetzt infolge Aufhebung
jener Klöster frei werdenden Büchermassen mit Sachkenntnis hätte prüfen und
sichten können. Der Regierungsbibliothekar, der damalige Regierungsaccessist
Lange war mit Regierungsarbeiten, sowie später mit der Uutcu'bringung der
Klosterarchive so beschäftigt, dass seine Fürsorge für die Bücher nicht über
den guten Willen hinauskam, und der 180(5 nach ihm zum Regierungsbiblio-
thekar ernanute Hofrat Brodreich war ein jovialer alter Herr, der das bisher
mühelose Amt nur übernahm, weil er die mit dieser Sinekure verbundenen,
wenn auch sehr geringen, Emolumeute gut gebrauchen konnte.
Man trug sich damals mit dem Plan, in Idstein im Anschluss an das dort be-
stehende protestantische Gymnasium und SclmlUüu'erseminar einen für die liöhere
Bildung der protestantischen und katholischen Jugend gemeinscliaftlichen Mittel-
punkt der durch den katholischen Rheingau erweiterten nassau-usingischen Lande
zu schaffen, und wie man im Idsteiner Schloss eine besondere Kapelle zur Aus-
übung des katholischen Gottesdienstes eingerichtet und einen katholischen Pfarrer
') Siehe meinen Aufsatz: „Zur Vorgeschiclite der Landesbibliothek zu Wiesbaden'" in
den Mitteilungen 1898/99, Sp. 84—90 u. 112—117.
208
dahin berufen hatte, so -wollte man hier auch aus jenen Klosterbibliotheken
eine geistlich katholische Bibliothek begründen.*) Zu diesem Zweck vereinigte
man hier in den Jahren 1804 bis 1806 mit nicht geringen Transportkosten
Bücher aus dem Antouiterliause zu Höchst, sowie den Klöstern Sayn. Rommers-
dorf, Deutz und Eberbach, d. h. man häufte sie in den Zimmern des dritten
Stockes im sogenannten Saarbrücker Bau des Idsteiner Schlosses wüst aufeinander
und überliess sie den zahlreich dort vorhandenen Ratten und Mäusen, Be-
kanntlich zog sich die Organisation des Schulwesens in Nassau noch eine Reihe
von Jahren hin. Die nassau-usingischen und nassau-weilburgischen Lande
einigten sich 1806 im Herzogtum Nassau und die Bildung eines besonderen
katholischen Priesterseminars zu Limburg wurde schon damals in Aussicht ge-
nommen. Diese Umstände führten zumal bei der Unruhe der Zeiten in der
begonnenen Auflösung der Klosterbibliotheken bald wieder einen Stillstand herbei.
Machen auch wir hier einen Augenblick Halt, um zu sehen, wie viel
Bände in jenen Jahren nach Idstein kamen, und wie gross der Umfang dieser
damals aufgehobenen Klosterbibliotheken anzusetzen ist.
Die bedeutendste dieser Bibliotheken war die Eberbacher. Sie zählte
gegen 8000 Bände. Der Transport einer so umfangreichen Büchersammlung
Hess sich nicht auf einmal bewerkstelligen, wie das bei deu anderen möglich
war. und zog sich in die Länge. Ein beträchtlicher Teil — nach dem noch
vorhandenen Verzeichnis 1100 Werke") in über 2000 Bänden — verblieb sogar
damals im Kloster, weil der Transport bei den infolge der ungünstigen Witterung
nicht fahrbaren Wegen mittels der Kellereifuhrwerke unmöglich war, und die
Regierung die vorgeschlagene Beförderung zu Wasser nach Biebrich v.egen der
Kosten nicht genehmigte.*) Der um die Regierungsbibliothek verdiente da-
malige Regieruugsassessor und Referent in Bibliotheksaugelegenheiten vonUngern-
Sternberg gibt uns in einem Bericht an die Regierung aus dem Jahre 1805
nicht uninteressante Nachrichten über die Bibliothek der ehrwürdigen und be-
rühmten Abtei. Er sagt, die Bibliothek sei geteilt in eine alte und neue. Die
erstere, in welcher ohne Zweifel aus Platzmangel die selten oder gar nicht mehr
gebrauchten Bücher zusammengestellt waren, sei in drei kleineren Zimmern
untergebracht'), die letztere in einem 70 Schuh langen und 25 Schuh breiten
Saale. In diesem seien vierzehn Schränke in den Wänden befestigt, über diese
*) Siehe Firnhaber, C. G., Die Xassauischc Simultaiivolksscliiile, Bd. 1, S. 204.
^) Hier wie weiterhin sind die in Samnielbänden enthalteneu Werke nicht gerechnet,
da die ungenauen YerzeichniSfje auf diese höclist selten Rücksicht nehmen.
") van der Linde a. a. 0., S. 51 will glauben machen, man habe den Transport mit
solcher Sorglosigkeit ausgeführt, dass dieser mehrei-e tausend Bände umfassende Teil der
Bibliothek überhaupt ganz übersehen sei. So schlimm war es doch nicht, wie dies die Akten
ausdrücklich bezeugen. Da die Bibliotheksfrage gleich darauf überhaupt für einige Jahre ins
Stocken geriet, verlor man allerdings den in der Abtei zurückgebliebenen Büchervon-at gänz-
lich aus dem Auge.
^) Aller Wahrscheinlichkeit nach war es diese Bibliothek, welche 1806 im Kloster
zurückgelassen wurde; es wäre sonst merkwürdig, dass AVerke aus allen Fächern der Bibliothek
in diesem Reste vorhanden waren, wie dies aus dem Verzeichnis ersichtlich ist.
201)
Schräuko huifc eint' liroift' (iiillcric, die iiiun mittels cinci 'IVciipc; erstinyo.
Auf dieser Gallorio seien die einzelnen Repositurien mit folgenden, in vergoldeten
Buchstaben angebrachten, t'berschriften versehen : A. Sacra Biblia Sancti Patres
Concilia et Scribtores*) Ecclcsiastici, B. Theologi Scholastici Morales et Polemici,
C. Cath(^gistae, Canoucs et Rituales, D. Ascetae et Spirituales, Concionatores
et Miscellanei, E. Juris Civilis Comment. et Consulti, F. Pliilosophi Ethici Medici
Mathematici et Technici, G. Historici Geographi Cronol. et Philologi, IT. lluma-
niores. Nach diesem System seien die Bücher der Bibliothek übisrhaupt g(!-
ordnet und meist mit Buchstaben Ixv.cuclnK^t. Die auf dem Bücherrücken bo
hndlichen Buchstaben A bis II in besonders grosser Kapitalschrift sind auch
heute das beste, manchmal freilich verschwundene, äussere Erkennungszeichen
der Eberbachcr Bücher.') Diese Beschreibung lehrt uns, was wir unter dem
bei Roth'") vorkommenden custos inferioris bibliothecae zu verstehen habim.
Wir greifen auch wohl nicht fehl, wenn wir in der oberen, in offcuicn Jic-
posituren aufgestellten IJibliothek die wahrscheinlich am Treppenaufgang ver-
schliossbare Eberbacher Abtsbibliothek vermuten, deren besondere Existenz sich,
wie schon Roth bemerkt hat, aus den Inschriften der Bücher ergibt, sodass
die untere in verschlossenen Schränken aufgestellte Bibliothek für den (icsbrauch
der Kouventualen bestimmt gewesen wäre. Eine besondere Abteilung bildeten
die verbotenen Bücher in drei verschlossenen Schränken, die damals allerdings
ihres wesentlichen Inhalts bereits beraubt waren. Das wohlgeordnc^te, umfang-
reiclie Klosterarchiv war in einem besonderen Zimmer in zwei Schränken ver-
wahrt. Hier, niclit in der Bibliothek, befand sich damals auch dvv Oculus
nicmoriae, das berühmte zwei Bände umfassende Eberbacher Kopiälbuch nebst
achtzelm alten, grösstenteils auf Pergament geschriebenen und mit schwerem
Messing beschlagenen Chorbüchern. Für letztere bezeugt dies von Ungern-
S 1 0 r n b e r g in seinem Bericht, für den Oculus memoriae ergibt sich dies daraus,
dass, als im Jahre 1804 der Präsident des Departements Donnersberg denselben
für Hodmann auf zwanzig Tage von der nassau-usingischen Regierung leih-
weise erbittet und die letztere zurückmeldet, dass das Buch trotz eifrigster
Nachforschungen in der Eberbacher Bibliothek und dem bereits nach Idstein
gebrachten Teil derselben nicht habe aufgefunden werden können, Bodmann
der nassauischen Regierung mitteilen lässt, dass das Buch sich nicht in der
Bibliothek, sondern im Archiv des Klosters befinde. Die Sache ist deshalb
nicht gleichgiltig, weil mau daraus (M-sieht, dass auch bezüglich der Erhaltung
*) V. Uiigerji-Stornbüi'g vermerkt uusdrücklich diesen Lapsus.
°) Roth (a. a. ()., S. 21) giebt die roten, Idtiueii oder grünen Signaturen als untcr-
sclicidende Merkmale an, an denen man die Eberbaoher J3ücher weithin in der AViesbadener
und Limburger Bibliothek erkenne, als ob niclit mehr oder minder jede alte Klüsterbii)liothek
sich solcher farbiger J$üchcrsignaturen bedient hätte, wie dies denn auch bei einer ganzen Keiiie
nassauischer Klöster zutriil't. Nach Roth (a. a. 0 , S. 23) besitzt die Landesbibliothek keine
60 Eberbacher Bücher mehr, und doch kamen schon 1804 aus Eberbach mehrere Imndert
juristische und historische Werke in die Regierungsbibliothek, die grösstenteils wenigstens in
den Akten namhaft gemacht werden, und diese Werke sind samt vielen anderen auch iieute
noch im Besitz der Landesbibliothek.
'"j Ueschichtsquellen aus Nassau, T. 4, S. 159.
14
210
der Klosterarchive keine besondere Sorgfalt obgewaltet bat. Denn der Oeulus
raemoriae hat bekanntlicli ein eigentümliches Schicksal gehabt.") Man hat
seinen AVert trotz B o d m a n n , der eine Beschreibung der Handschrift bei-
fügte, nicht erkannt, und dieselbe ist -wahrscheinlich zugleich mir jenen alten,
ebenfalls wertvollen pergamentnen Chorbüchern, die im Jahre 1820 von Idstein
nach Wiesbaden abgeliefert wurden, dorthin gekommen und hier, wie wir dies
wissen. 1821 nach seinem Pergamentwert verkauft. Gleich anfangs im Jahre
1864 wurden nun ausser den nach Wiesbaden in die Kegierungsbibliothek
gelangenden mehnn-en hundert juristischen und historisch(>n Werken die Ab-
teilungen A und B. die bei weitem grossten der Bibliothek, nach Idstein
geschafft. Es wird dies ziemlich die ganze eine Hälfte der im grossen
Bibliothekssaal aufgestellten Bücher gewesen sein, also etwa 3000 Bände.
Dann wurde, wie schon gesagt, die Fortschaffung der Bücher unterbrochen.
Die Verschlage wurden zum Transport der zu Schiff nach Biebrich beförderten
Sayner, Kommorsdorfer und Deutzer Bibliotheken gebraucht, und als man endlich
im Frühjahr 1806 die andere Hälfte der Eberbacher Bücher aus dem Biblio-
thekssaal abholte, kamen die Fuhrwerke bei den aufgeweichten Wegen ver-
mutlich mir knapper Not nur bis Wiesbaden, und man sah sich gezwungen,
die zweiten oOOO Bände, in 60 Kisten verpackt, hier einstweilen im Kontrollhof
unterzubringen, um für den Weitertransport nach Idstein eine günstigere Jahres-
zeit abzuwarten. Da aber beim Eintritt derselben die Bibliotheksfrage in den
Hintergrund getreten war, wurden sie vergessen und standen dort noch bis zum
Jahre 1821, wo man sich ihrer endlich erbarmte, freilich um ihnen, wie wir
weiter unten sehen werden, nach dieser langen Gefangenschaft zum grossen
Teil vollends den Garaus zu machen.
Bezüglich der Bibliothek des Antoniterhauses zu Höchst erfahren wir nur,
dass sie unter der Plünderung, der alle diese Klosterbibliotheken in den Kriegs-
zeiten der neunziger Jahre des achtzehnten Jahrhunderts nachweislich ausgesetzt
gewesen sind, und bei der auch die damals im Gebrauch befindlichen Kataloge
sämtlich verloren gingen, ganz besonders arg gelitten habe, sodass der gegen
3000 Bände betragende Bestand nur noch „wertlosen Plunder, höchstens drei
oder vier ueuoro Bücher von Wert" enthalte.
l'ber Sayn, Bommersdorf und Deutz liegen die bei Aufhebung dieser
Klöster verfertigten Bücherverzeichnisse vor. '^) Der Umfang der beiden unteren
Bibliotheken war nur gering. Die Rommersdorfer Bibliothek, die früher die
in jenen Kriegszeiten nach Bendorf geflüchtete Sayner an Zahl und Wert der
Bü(;her übertroffen hatte, zählte kaum noch 300 Werke, darunter sechs Hand-
schriften und 41 Inkunabeln. Mehr als doppelt so stark war die Sayner Bibliothek,
die bescmders reich an neueren juristischen Schriften war — die dort vorhandene
") Darüber s. Ilabel in den Ann. lil, 3, S. 2üö und vun der liiiide a. a. O., S. 52,
Anm. 1.
*") Diese Klöster, sowie die zu Ehrcnbreitstein und Linz fielen im Jahre 1815 infolge
(jebietsaustauschcs zwisr-lion Preussen und Nassau an ersteren Staat. Sie waren damals aber
bereits von der nassauischen Regierung aufgelöst und über das Schicksal der in ihnen ent-
halten gewesenen Bibliotheken schon entschieden.
211
Dinhiktioiishibliothek o-dano-to damals direkt nach Wiesbaden in ilie ücüieruiiirs-
bibliotliek — danobon aber aucli cune lleilie wertvoller theologischer SaimiKil-
werkc besass, wie die Acta Sanctoruin, welche die jetzige Landesbibliothek
erst vor einigen Jahrzehnton für ttuires Geld und noch dazu in einem unvoll-
ständigen Exemplar erwarb. Die Zahl der in beidiMi IJil)li()theken voriuind(;n(!n
Bücher betrug kaum mehr als 2000 Bände;.
Charakteristisch und gewiss typisch für die Verhältnisse, die diese Kloster-
bibliotheken in den letzten zwei Jahrzehntcm durchgemacht hatten, ist, was der
Abt Godefridus und der lichrer Schmitz, der frühere Bibliothekar, über die
Dcutzer Bibliothek an die Regierungs-Kommissaro berichten. Nachdem sie
zunäclist des Verlustes gedacht, den die Bibliothek dadurch erfahren, dass die
Abtei b(ü der Errichtung der kurfürstlichen Universität zu Jjonn Bücher aus
verschiedenen Fächern und von vorzüglichem Werte — das im Staatsarchiv zu
Wiesbaden vorhandene Verzeichnis weist 35 Werke in 116 Bänden, darunter
Baronius und andere grosse theologische Sammelwerke auf — dahin habe ab-
geben müssen, erzählen sie, dass während des letzten Kriegs schrecklic-li in der
Abtei gehaust sei, alle Zimmer seien erbroclien und durchsucht, ein grosser Teil
der Bücher sei verdorben, andere seien weggeschleppt. Dies habe sich öfter
bei den Vor- und Rückmärschen wiederholt. Unter anderem habe di^r fran-
zösische General Desjardins, der dreizehn Wochen mit seinem Hauptquartier
in der Abtei gelegen, sich ein Lieblingsgeschäft daraus gemacht, täglich in die
Bibliotliek zu gehen. Er habe nach und nach Einsicht von allen Werken ge-
nommen und manche Stücke, besonders die in Bänden aufbewahrt gewesenen
Landkarten, an sich genommen. Damals sei auch der Katalog abhanden ge-
kommen. Für die Bibliothek habe schon seit langer Zeit nichts augeschafft
werden können. Dem Herkommen gemäss hätte zwar jeder Konventual bei
Ablegung seiner Ordensprofession zehn Reichstiialer zum Besten der Bibliothek
gezahlt, in den letzten achtzehn Jahren seien aber nur neun Konventuale zur
Profession gelangt, und diese wenigen Gelder habe man bei den auf allen Seiten
herrschenden Bedürfnissen wie auch schon vordem zur Haushaltung verwenden
müssen. Li früheren Zeiten war dagegen die Deutzer Klosterbibliothek sehr
gepflegt worden, wie man dies jetzt noch aus den grösstenteils gut erhalteniMi
und mit teilweise schön ausgestatteten Einbänden versehenen Büchern ersieht.
Die zwei auf dem Staatsarchiv zu Wiesbaden befindlichen, sich ergänzenden
Verzeichnisse führen gegen 2400 Werke, darunter 34 Handscln-iften in etwa
4500 Bänden auf. Von diesen kam eine Anzahl juristischer Bücher ebenfalls
gleich damals in die Wiesbadener Regierungsbibliothek.
Alles in Allem enthielten die fünf Klöster Eberbach, Höchst, Rommers-
dorf, Sayn und Deutz zusammen über 18 000 Bände und damit stimmt es,
wenn sich bei der im Jahre 1818 erfolgenden Verzeichnung der nach Idstein
geschafften Bücher, zu denen 1817 noch 750 Bände aus dem Franziskaner-
kloster zu Limburg kamen, dort 2530 Folianten, gegen 2400 Quartanten und
etwa 8000 Oktavbände, also zusammen 12 939 Bände, vorfanden. Denn von
der Summe von 18 000 Bänden sind die in Eberbach zurückbleibenden 2000,
ferner die 1806 im Kontrollhofe zu Wiesbaden deponierten 3000 Bände, sowie
■J\'2
tlio mohrereu liumlort Werke, welche aus Ebevbach. Deutz und Sayn in die
Regierungsbibliothek zu \ViesI)adeu gelaugten, in Abzug zu bringen.
Es ist daraus ersichrlieh. dass man i» diesen Jahren noch keine Büclier-
versteigerungen vurnahni. wenigstens nicht grösseren Unifangs. In den Akten
werden solche auch nicht erwähnt. Nur Rössel in seiner Ausgabe der
Diplomatischen (ieschicbte der Abtei Eberbach von Hermann Bär '3) weiss von
o-rossen Versteigerungen der Bibliothek dieser Abtei zu berichten. Er sagt.
dass die Eberbacher Bücher, mehrere Wagen voll, 1806 nach Wiesbaden ge-
fahren und hier auf der Hofkammer pfundweise versteigert worden seien.
Buchbinder und andere Geschäftsleute liätten das alte Pai)ier gekauft. Vor
allem gedenkt er des Fragmentes eines 1853 von ihm für den nassauischen
Altertumsverein erworbenen, mit schönen Miniaturen und Initialen ausgestatteten
riK.ralbuches aus dem vierzehnten Jahrhundert im grössten Folio, das von dem
Inhaber einer Wiesbadener Pianofortefabrik nebst anderen kleineren Büchern
damals gesteigert und dessen feines Pergament von diesem verschnitten sei, um
die Ilämmerchen seiner Instrumente zu verledern. Nach allem, was wir über
den Umfang jener Bibliotheken erfahren, muss in Rücksicht auf den später in
Idstein vorhandenen Büchervorrat eine solche Versteigerung, nocli dazu in dieser
Ausdehnung, im .Jahre 1806 aber als völlig unwahrscheinlich bezeichnet werden.
Zudem scheint daraus, dass bei der Aufhebung der Abtei achtzehn, grössten-
teils auf Pergament geschriebene, alte Chorbüchcr vorhanden waren, 1820 aber
von Idstein vierzehn „Alte Chor- oder Wechselgesänge auf schönes Pergament
geschrieben^ nach Wiesbaden abgeliefert wurden, doch geschlossen werden zu
müssen, dass die Versteigerung jener pergamentnen Chorbücher nicht schon
1806, sondern frühestens 1820 stattgefunden hat. Schliesslich begriffe man auch
nicht, warum, wenn man einmal mittels Versteigerungen mit den alten Büchern
aufräumte, die in dem Wiesbadener Kontrollhofe stehenden Kisten unberührt
davon j?ebliebeu wären. Nach allem scheint es als sicher angesehen werden
zu müssen, dass Rössel sich hier eines Anachronismus schuldig gemacht hat,
indem er die Thatsache der Versteigerung ohne weiteres in das Jahr setzte,
in welchejn die Eberbacher Bibliothek aus der Abtei entfernt worden war.
Erst mit dem Jahre 1813 trat die Bibliotheksfrage in ein neues Stadium.
In diesem Jahre wurde die bisherige Regierungsbibliothek zu Wiesbaden als
Central-Regieruugs-Bibliothek durch Erlass vom 12. Oktober zu einer öffent-
lichen Bibliothek umgewandelt. Die Bezeichnung „öffentliche Bibliothek",
die sich schoii von vornherein (einbürgerte und auch bereits vorher amtlich
gebraucht wurde, wurde durch Erlass vom 3. Mai 1817 zur offiziellen. Schon
am 2>^. Februar 1813 war der Hofgerichtsadvokat Dr. Bernhard Hundeshagen
in nassauischc; Dienste übernommen worden, „um sich bei der Aufsicht der
Regierungsbibliothek gebrauchen zu lassen." Man hatte gelegentlich der Auf-
lösung jener oben erwähnten fünf Klosterbibliotheken die Entdeckung gemacht,
dass in dies(!n I5ücliersammlung(!n doch mehr enthalten sei. als was zu einer
L'eistlich katholischen Bibliothek erfcn-derlich oder für eine solche auch nur
13
') H(l. 1, S. 553.
2ia
wünschenswert war, und Imtte beschlossen, jetzt in erster Linie für die erweiterte
liihliothek der nauptstadt den Rahm aus jenen Kh)sterbibli()tliekon abschöpfen
zu lassen. Für diese Aufgabe glaubte man jetzt in irundeshagon den richtigen
Mann gefunden zu liabiui.
Dieser war entschieden ein talentvoller Mann mit viels(;itigen Interessen
und Kenntnissen, aber litterarisch doch nicht durchgebikhit, dazu unlji'ständig
und ohne inneren Halt. Ein guter Mathematiker und geschickter Zeichner,
war ein Architekt an ihm verloren gegangen. Das erste, was cn für die
Bibliothek that, war ein Entwurf für den Umbau der ungenügenden Lokalität,
in der dieselbe untergebracht war. Aber auch die städtischen liauten inte-
ressierten ihn mehr als seine Bücher, und wie für einzelne (iebäude und Plätze
der Stadt, so entwarf er auch einen Plan für den Ausbau Wiesbadens selbst.
Im Jahre 1814 wurde er sogar zu militärisch-topographischen Arbeiten amtlich
verwendet und seinem bibliothekarischen IJerufe auf längere Zeit entzogen.
End<> 1817 wurde er wegen seines illoyalen Benehmens seines Amtes entsetzt
und entlassen. Abgesehen von der grenzenlosen Unordnung, die seine Verwaltung
ausgezeichnet hatte und durch die mehrere damals angefertigte Verzeicli-
nisse von Klosterbibliotheken spurlos verloren gingen, hatten sich auch wieder-
holt sonstige Unregebnässigkeiteii in der Geschäftsführung ergeben. Dass
eine solche Persönlichkeit, der es an dem ersten aller bibliothekarischen Er-
fordernisse, dem Sinn für Ordnung, gebrach, nicht gerade zum Leiter einer
Bibliothek berufen war, versteht sich von selbst.
Aber auch der uns hier interessirenden, ihm zugefallenen Aufgabe der
Sichtung der Klosterbibliotheken war er nicht gewachsen, und er hat sich durch
die Art und Weise, wie er sich derselben entledigt hat, ein keineswegs rühm-
liches Denkmal gesetzt.
Am 13. Juni 1813 zum Bibliothekar ernannt, hatte er schon in den
Monaten März, April und Mai nacheinander die Klöster Notgottes, Ehrenbreit -
stein, Linz, Montabaur, Limburg und Bornhofen besucht und die für die Wies-
badener Bibliothek ihm geeignet erscheinenden Werke ausgeschieden, das andere
aber allemal an Ort und Stelle versteigern lassen. Nur in Notgottes, das er
zuerst aufsuchte, nahm er sich die Zeit, die Handschriften, nur 8 an Zahl,
die Inkunabeln über 100 und weiter ungefähr 20 andere bemerkenswerte,
meist jnathematische, ihn besonders interessierende, Bücher aufzuzeichnen.
Die ganze Bibliothek umfasstc über 4000 Bände, von denen noch nicht
der vierte Teil für die Wiesbadener Bibliothek bestimmt wurde. Die
Bibliothek der Kapuziner zu Thal Ehrenbreitstein war von ziemlich gleicher
Stärke, aber die aus ihr von Hundeshagen getroffene Auswahl war ge-
ringer, zumal dem Stadtpfarrer zu Ehrenbreitstein, geistlichen Bat Hommel,
erlaubt wurde, die merkwürdigsten Bücher für die dortige Pfarrbibliothek zurück-
zidialten. Aus der 1593 Bände umfassenden Bibliothek der Kapuziner zu Linz
wählte Hundeshagen nur 235 Bände aus, aus Montabaur, wo die Bibliothek
allerdings noch kleiner als die zu Linz war, sogar nur 60 Bände. Die Biblio-
thek der Franziskaner zu Limburg, unter deren Resten sich Bücher aus Gronau
214
und aus der alten Franziskanerbibliotliek zu Marburg'*) finden, schlägt
Hundeshagen zu 10 000 Bänden an. von denen aber nur 750 mit besonderer Rück-
sicht auf das Priesterseniinar zu Limburg ausgesonderte Bände erhalten blieben.
Auch in Bornlu.fen fand er unter 24:)0 Bänden nur 50 der Erhaltung und Ein-
reihuno- in die AViesbadener Bibliothek wert. Im Ganzen wählte er aus diesen
über 2.") 000 Bände enthaltenden sechs Klosterbibliotheken nur 4345 Bände,
Handschriften. Inkunabeln und im übrigtni vorwiegend theologische und histo-
rische AVerke aus. Hess dieselben in Kisten verpacken und bis auf die 750
Limburger Bände, die im dortigen Kloster verblieben, bis sie 1 Hl 7 nach Idstein
transportiert wurden, nach Wiesbaden abgehen, wo sie bis Mitte Juni sämtlich
eingetroffen waren. Die übrigen 20 000 und mehr Bände wurden versteigert,
zum «'rössten Teil als Makulatur verkauft. Auf das oberflächliche Ermessen
eines für diesen Zweck durchaus nicht mit den nötigen litterarischen Kennt-
nissen ausgerüsteten Mannes hin wurden neben gewiss vielen Dubletten, die
festzustellen Hundeshagen übrigens gar nicht in der Lage war, weil er keine
Kataloge in Händen hatte, unersetzliche litterarische Schätze verschleudert und
der Vernichtung preisgegeben. AVenn nicht noch alte Kataloge dieser Biblio-
theken auftauchen, ist — hinsichtlich Notgottes, das auch die alte Johannisberger
Bibliothek in sich enthielt, und Limburg ist auch nach den kleinen erhalten
gebliebenen Resten auf einstige höchst wertvolle Büchersammlungen zu schliessen
— jede Möglichkeit genommen, uns von diesen Bibliotheken ein Bild und von
diesem aus Rückschlüsse auf die ehemalige geistige Regsamkeit und Bedeutung
dieser Klöster zu machen.
Auch aus dem Kloster Marienthal auf dem Westerw^ald wählte Hundes-
hagen 1814 an der Hand zweier über diese Bibliothek ihm übersandten Ver-
zeichnisse^^), welche sich gegenseitig ergänzen und im ganzen nahezu 600 Werke
aufweisen, nur zwölf Werke, darunter sechs mathematische, aus. Kaum so
viele Werke, darunter freilich die beiden grössten Kostbarkeiten der Bibliothek,
die Hildegard-Handschriften, kamen in demselben Jahre aus Eibingen nach
Wiesbaden.
Wie schon erwähnt, wurde Hundeshagens bibliothekarische Thätigkeit
alsdann eine Zeit lang unterbrochen. Hernach beschäftigte ihn die Aufstellung
'*J Daher stammt wahrscheinlich auch die wertvolle Pergamenthandschrift 41, Tiieodorichs
Leben der hl. Elisaljcth. Landgräfin von Hessen, enthaltend, die llundeshagon noch in
Limburg vorfand, dem im Übrigen auch hier mitgeteilt wurde, dass ein feindlicher (französischer)
Kommissar die Bibliothek besonders bezüglich der Handschriften geplündert habe.
'■^j van der Linde (a. a. O., S. 52) erwähnt diese Verzeichnisse, sagt aber nicht, dass
hier das Marienthal auf dem Westerwald zu verstehen sei. Deshalb bezweifelt Roth die
Richtigkeit seiner Angabe, da das ihm, wie es scheint, allein bekannte Marienthal im Rhein-
gau damals längst aufgehoben gewesen sei. Dass aber die Verzeichnisse sich auf das auf dem
Westerwald bei Breitscheid (Kreis Altenkirchen) gelegene Marienthal beziehen, ergiebt sich
daraus, dass das eine Verzeichnis unterzeichnet ist: Christianus Liborius Helfrich p. t. Pi'arr-
verwalter zu Marionthal 181.3, 19. Juni Der Staats- und Adress-Calendor des Herzogthums
Nassau für du.« Jalir IHK:! S. 107 führt diesen als Pfarrer von Marienthal im Landkapitcl
Cunostein-Engers auf. v. d. Linde giebt den N'amen falsch an, weil er die nicht grade sehr
deutliche Hand nicht richtig gelesen hat.
215
dci' iius dun Kl()st('in Iicrbcigescliafftün Büc-hcr. S(!ino Entlassiino- voran-
lasstc abermals eine längorc Pause in (h-r Entscheidung^ iibcjr das Schicksal
der Klosterbibliotheken. ])(Min sein Nachfolger, Professor Pagenstecher aus
Herboin, starb kurz, nachdem er sein neues Amt angetreten hatte. Der IJiblio-
thekssekrotär Bette aber, der alsdann interimistisch die Jiibliothek verwaltete
— unt(!r dieser Verwaltung wurde endlicli auf Anregung des Direktors des in
der ehenuiligen Abtei inzwischen eingerichteten Korrektionshauses der längst in
Vergessenheit geratene Hest der Eberbacher Bibliothek nach Wiesbaden in die
r)ffentli(;he Bibliothek abgeliefert — war v.\n kranker hypochondrischer, jeder
Initiative entbehrender Mann.
Erst am 20. Dezember 1820 erhielt die Bibliothek einen neuen Vorsteher
in der Person des Publizisten Johannes Weitzel. Inwiefern diese Wahl ein Miss-
griff' war, dafür darf ich auf meinen Aufsatz in diesem Annalenbande'^) verweisen.
Weitzel war in gewisser Weise das Gegenstück zu Ilundeshagen. Erachtete
dieser vermöge eines gewissen antiquarischen und persönlichen Interesses vor-
nelnnlich Handschriften und Inkunabeln, sowie im übrigen mathematische Werke
und Seltenheiten in dem Bücherchaos der Klosterbibliotheken als erhaltungswürdig,
so sah der allen antiquarischen Neigungen abholde Weitzel seine Aufgabe
darin, möglichst die neueren Werke aus diesen Bibliotheken auszulesen, da-
gegen das Übrige und zumal die ältere theologische Litteratur, falls sie nicht
von ganz besonderer Bedeutung war, mehr oder weniger als unnützen Ballast
abzustossen. So hat er Ilundeshagen, der doch einen, wenn auch weniger
auf litterarischer und historischer Durchbildung beruhenden, sondern mehr aus
individueller Neigung hervorgehenden Trieb hatte, die älteren und selteneren
Werke zu retten, in der Vernichtung der Klosterbibliotheken in qualitativer
Hinsicht noch übertroffen.
Sein Mitarbeiter, der 1823 Bette ersetzende Bibliothekssekretär Zimmer-
mann hat ihn dabei nur unterstützt. Ohne die Verdienste dieses jNEanues um die
Bibliothek — die unter der Weitzel'schen Verwaltung durchgeführten Ordnungs-
arbeiten und die Herstellung der im Druck erschienenen Kataloge wäre ohne die
gewissenhafte, Peissige und hingebende Arbeit Zimmermanns nicht m()glich ge-
wesen — schmälern zu wollen, findet man, wenn man den Spuren seiner Thätig-
keit nachgeht, das Urteil seines späteren Vorgesetzten, des Geheimen Kegierungs-
rats Dr. Koch'^), dass es ihm trotz eifrigsten Bemühens und trotz ausgedehnten
encyklopädischen Wissens nicht gelungen sei, den Mangeleines höheren Bildungs-
ganges auszugleichen, durchaus bestätigt. Dies zeigt insbesondere die Art und
AV(!ise, wie Zimmermann die Handschriften und Inkunabeln mit äusserlich
allerdings sehr sauber ausgestatteten Inhaltsverzeichnissen versehen hat, die
meist unvollständig, mehrfach falsch sind und häufig höchst triviale, die L'onie
van der L i n d e ' s mit Recht herausfordernde Bemerkungen enthalten.
'") Siehe besonders S. 180.
^'} Siehe Der Wanderer, Beiblatt zur Xassauischen Allgemeinen Zeitung 1850, Xo. 137:
„IMiilipi) Zimmermann, eine Erinnerung." Veranlasst wurde dieser Artikel durch den Zimmcr-
mann's Verdienste überschätzenden Nekrolog in No. 228 und 229 desselben Jahrgangs der
Nass. Allgeni. Zeitung.
216
"NVeitzel nuhiii sich der Einziehung der noch überall im Lande zerstreuten
Klosterbibliotheken oder ihrer Reste sofort nach seinem Amtsantritt mit allem
Eifer an. Zunächst war ein geräumigeres Lokal für die öffentliche Bibliothek
eine seit Jahren bestehende Forderung der 2sotwendigkeit, die jetzt infolge des zu
erwartenden Zuwachses dringender denn je wurde und im Jahre 1821 endlich
dadurch ihre Erledigung fand, dass der Bibliothek die Räume im Erdgeschoss
des neuen Palais, des jetzigen Museumsgebäudes, rechts vom Eingang, ein-
geräumt wurden.
Schon im Jahre 1818 hatte die Oberschulbehörde, die noch immer über
die in Idstein für die ehemals geplante geistliche Bibliothek angehäuften Bücher-
massen die Aufsicht führte, nach dem inzwischen höchst mangelhaft hergestellten
und noch unvollständigen Verzeichnis dieser Bücher 17 Werke für das Päda-
gogium zu Dillenburg. 25 für das theologische Seminar zu Herboru. 83 für
das Gymnasium zu W'eilburg und 70 für die öffentliche Bibliothek zu Wies-
baden ausgesucht. Der Obersclmlrat Schellenberg schlug vor, dass alle für
das zukünftige katholische Seminar in Limburg dienlichen Werke in Idstein
bleiben, die übrigen aber nach Gewicht verkauft werden sollten. Nur die
Schriften des fünfzehnten Jahrhunderts solle man zurückbehalten, bis man sich
durch genaue Autopsie von ihrer Untauglichkcit überzeugt habe. Dem pensio-
nierten Amtsassessor Selenka wurde aufgegeben, das von dem Kandidaten Jeckel
begonnene Verzeichnis zu vollenden, um über die noch nicht darin aufgenommenen
Bücher in gleicher Weise verfügen zu können. Man nahm auf Anregung
Schellenbergs auch in Aussicht, dies Verzeichnis zu gleichem Zweck auf die
1819 aus Eberbach in die öffentliche Bibliothek zu Wiesbaden gelangenden
2000 Bände, sowie auf die im dortigen Kontrollhofo noch stehenden 60 Kisten
voll Bücher auszudehnen.
Mit der Ernennung Weitzels zum Bibliothekar der öffentlichen Bibliothek
wurde diesem nach Massgabe der von der Oberschulbehörde gemachten Vor-
schläge die Fürsorge über die in Idstein, sowie über alle sonstigen, noch in
Klöstern lagernden Büchermassen übertragen. Jetzt wurden die im Kontrollhofe
zu Wiesbaden so lange verwahrten Reste der Eberbacher Klosterbibliothek
aus ihrer unwürdigen Lage endlich befreit. Die Bücher wurden noclimals ge-
sichtet und gelichtet, das bei dieser zweiten Musterung für Wiesbaden oder
Weilburg, Herborn und Limburg überliaupt tauglich Befundene wurde heraus-
gesucht und verteilt. Der an Wiesbaden fallende Teil wurde alsdann mit dem
vorhandenen Bestände der Bibliothek verglichen und die Dubletten oder die
vermeintlichen Dubletten — eine Berücksichtigung der Sammelbände und eine
genaue Vcrgleicliung der Ausgaben fand natürlich nicht statt — wurden mit
allem, was von vornherein unbeachtet geblieben war, zur Veräusserung
bestimmt.
Dasselbe Verfahren wurde mit den damals noch in ihren Klöstern rulienden
und jetzt allmählich nach Wiesbaden geschafften Büchersamndungen befolgt.
Zunächst kam die noch an Ort und Stelle befindliche Franziskanerbibliothek
zu Iladamar an die Reihe. Die Regierung hatte 1816 bestimmt, dass die In-
kunabeln und die des Aufbewahrens werten Bücher der Landesbibliothek zufallen.
lMT
alles Übrige aber zu ihrem Verteile verkauft werdcüi solle. lnf()lf>(! dessen hattn
schon damals Professor Pistor in Jladamar (lr(n Fünftel ihn- JJibliothck ver-
zeichnet. Jlundeshagen, dem im ^Fai 1817 dieser Katalog- zugestellt war. um
danach die Auswahl zu treffen, hatte ihn aber verschlep])t. Der Rektor Frorath
zu Hadamar wurde dalier mit der Anfertigung eines neuen Verzeichnisses be-
auftragt. I)i(^ in z(^]in, wenn auch mit Gitterthüren verwahrten Schränken
aufgestellte, dennoch arg mitgenommcme und gt^piündertc^ liibliothek umfasstc;
noch etwas mehr als 700 Werken in etwa 2000 Bänden. Davon wurde; der
theologische Teil ganz für Limburg aufbewahrt, 27 Werke kamen nach Weil-
burg, 20 nach Wiesbaden, das tlbrige wurde bis auf 18 von Frovatli für
lladamar erbetene als Makulatur v(>rsteigert.
Ebenso wurde jetzt dm Bibliothek der Abtei Schönau, die Weitzel zu
diesem Zweck besuchte, im März 1821 aufgelöst. Das 1809 bereits auf Ver-
anlassung der nassau-weilburgischen Regierung augefertigte Verzeichnis hat sich
leider nicht im Staatsarchive zu Wiesbaden erhalten. Der Umfang dieser alten
Ivlosterbibliothek, die jetzt nach Wiesbaden überführt wurde, wird dem der
Bibliotheken zu Notgottos und Arnstein gleich gekommen sein und kann mit
Wahrscheinlichkeit auf etwa 4000 Bände angenommen werden. Die neuere
Litteratur war weniger vertreten, dafür umso mehr die ältere, "von der auch
eiu wertvoller, äusserli(!h leicht erkennbarer Rest in Wiesbaden, Limburg,
Weilburg und Herborn erhalten ist.
Bei der Bibliothek der Abtei Marienstatt dagegen sparte man die Trans^xn-t-
kosten. Gegenüber dem vom Kirchenrat Schröder zu Hacheuburg leidlich ver-
fertigten Verzeichnis dieser ehemals gleichfalls bedeutenden Büchersammlung^^),
die noch immer unter rund 2000 Bänden mehr als 40 Inkunabeln — darunter
eine Reihe von Sammelbänden — besass, beobachtete man die grösste Zurück-
haltung, sodass jetzt nur noch eine Handvoll von dorther stammenden Drucken
des fünfzehnten Jahrhunderts in Wiesbaden und den drei anderen Orten auf-
zutreiben ist. Die Landesbibliothok ist allerdings 1822 durch die Marienstatter
Bibliothek in den glücklichen Besitz des Gutenberg'schen Catholicons gelangt.
Leider unterblieb die 1822 erwogene Einverleibung der IJibliothek der
1817 aufgelösten Hohen Schule zu Herborn in die Landesbibliothek. Durch
sie hätte letztere einen besonders auf dem Gebiet der Reformationslitteratur
höchst wortvollen Zuwachs erhalten. ]\lan beschränkte sich von Seiten der
Landesbibliothek vielmehr darauf, eine Reihe brauchbarer Bücher, soweit sie
für das theologische Seminar zu Herborn nicht weiter in Frage kamen, aus
der nahezu 10 000 l>ändo'") umfassenden Bibliothek auszusuchen.
^*j Über die Verwahrlosung derselben s. v. d. Tiindo n. a. 0., S. 53.
"J Der damals als veraltet ausgeschiedene und auf dem Speicher eines jetzt abgerissenen
Anbaues der Hcrborner Stadtkircho untergebrachte Teil der Hohen Schulbibliothok — darunter
vornehmlich der grösste Teil der mehrere tausend Bünde umfassenden liibliotheca l'auseniana
— blieb sich hier sechs Jahrzehnte hindurch selbst überlassen. In den achtziger Jahren des
neunzehnten Jahrhunderts wurde sie unter der Hand au die Königliche Bibliothek zu Berlin
zu Gunsten der theologischen Seminarbibliothek verkauft.
21f^
Auch iiii (las CJyinnasiimi zu Weilburg wurdou ^später. im -laliro I80I.
400 AVorko von Ilerborn ubgogebcn. Im .hilirc 1883 erhielt dagegen die dortige
Seniinarbibliothek seehszehn CeutniM- IJücher. denen weircrliin iiorli zu ver-
schiedenen Malen weitere Sendungen folgten, aus der Landesbibliothek, sodass
jene Bibliothek in ilu-er älteren, jetzt in der ehemaligen feuchten Küche des
Herborner Schlosses untergebrachten Hälfte einen verhältnismässig respektablen
Rest aus nassauischen Klosterbibliotheken aufweist.
Es ist nicht zu verwundern, dass bei der strengen Musterung, der die
von allen Seiten zuströmenden Büchermassen von Weitzel unterworfen wurden,
sich ein gewaltiger Haufe sogenannter Makulatur sclmeil ansammelte. Unter
dem 1^1'. -lanuar 1823 bittet AVeitzel das Staatsministerium, sich der Mengen
von „alten Predigten unbekannter Mönche, finster asketisclie und dogmatische
Ausgeburten obskurer Theologen" durch eine Versteigerung entäussern zu dürfen.
Die Erlaubnis dazu wurde ihm anstandslos erteilt.
Im September 1823 wurde die ehemalige Regieruugsbibliothek zu Plachen-
burg. 7.") Centner, nach Wiesbaden geschafft. Mit dieser Bibliothek, die früher
schon unter der nassau-weilburgischen Verwaltung zum Transport nach Ehrcn-
breitstein bestimmt gewesen, deren Auslieferung damals aber verweigert worden
war, weil die Bibliothek ein Fideikommiss sei, ist besonders für die Abteilung
der Xassoica eine wertvolle Grundlage gelegt.
Auch aus Idstein Hess jetzt Weitzel alles, was von den in den Jahren
1803 bis 1806 und 1817 dorthin geschafften Klosterbibliotheken noch vorhanden
war, herbeiholen. Es waren noch 350 Centner. Die Kosten des Transportes,
150 Gulden, wurden durch den Verkauf von 100 Centnern weiterer Makulatur
gedeckt. Zugleich wurden mehrere tausend angebliche Dubletten versteigert.
Das Staatsministerium billigte Weitzels Verfahren durchaus und benachrichtigte
ihn unter dem 11. August 1824, dass „das befriedigende Resultat der Ver-
äusserung der iJoubletten gerne ersehen worden".
In Weilburg lagerte noch immer die schon zwanzig .Jahre früher dahin
gebrachte Bibliothek der alten Prämonstratenser-Abtei Arnstein zusammen mit
der gleichfalls längst ausser Gebrauch gesetzten ehemaligen nassau-weilburgischen
R(!gierungs- und Hofkammerbibliothek. Ihrer erbarmte man sich jetzt. Um
Transportkosten zu sparen, wurde Zimmermann nach Weilburg geschickt mit
dem Auftrage, das Unbrauchbare auszuscheiden und an Ort und Stelle zu ver-
kaufen. 23'/i! Centuer Bücher stiess man als Makulatur auf diese Weise schon
in AVeilburg al). 73 Ccntner kamen nach Wiesbaden. Die Arnsteincr Bibliothek
lieferte nach Weitzels lieiidit fast nur Makulatur, die Rogierungsbibliothek
dagegen bot (üne gute Ausbeute, ^*^) Und doch weist das freilich jeder Kritik
spottende Verzeichnis dieser alten Abteibibliothek, die durch Verkauf schon
im achtzehnten Jahrhundert grosser Kostbarkeiten entäussert worden war, unter
-") In ihr hofiindeii «ich unter niulerem niülirere hundert Exemplare von Krenier's
goneiilo},'ischer (jeschiclite des alten ardennisiilien (leHchlechtes, die zu (iunsten der Bibliotheks-
kasse 1S'J9 un Kaut'iiiaiin Klciiisclmiidt zu Idstein als Makulatur für 114 H. 42 kr. verkauft
wurden.
219
den etwii 1^^00 Werken in viertluilbhiuseud Bänden ausser einer j^anzen Reilie
rcrgamonthandscliriften-'-) beinalie 100 Bände mit Inkunabeln auf.
In Erniaugelun<^ anderer Nachrichten über das, was an Handschriften und
Druckwerken damals verst(;igert worden ist, ist es ganz instruktiv, einen Blick
in di(! alten Rechnung-s-Journale dor Landesbiblioth(>k /u werfen. Jlier finden
wir unt(;r Kapitel VI, wo die unvorhergesehenen Einnahmen aufgeführt sind,
folgende Posten:
1820 aus versteigerten BibUothels-EJ'eUen 240 ß. 52 kr.
und 123 „ 46 „
182o atis alten, für Mahilatiir versteigerten Büchern . . 102 ,, 45 „
1824 aus dem Verkauf des teihveise veräusserten Doubletfen-
Vorrats im II. Qtl. 1824 . 7i „ — „
aus versteigerter Makulatur und unbrauchbarem Per-
gament 262 „ 14 „
ans den am 24. — 28. Jtüy versteigerten Biicher-
Doubktten 333 ,, 48 „
aus dem Verkaufe der Beste der Douhletten-Bibliothek 451 „ — „
aus der £u Weilbnrg verkauften^ aus der Arnsteiner
Klosterbibliothek abgesonderten Makulatur . . 57 „ — ,,
(Die wertvolle Bibliothek ging also pro Centner
für etwas mehr als 2 fl. ab !)
Ferner werden noch verschiedene Sorten von
Dubletten-Yerkäufen an Private aufgeführt; im
Ganzen betrug das Ergebnis der Veräusserungcn
in diesem Jahre 1374 ß. 14 kr.
1825 aus der Versteigerung von Doubletten 189 „ 8 ,,
1826 für Makulatur und Bücher- Doubletten von der Herr-
mann'scheu Buchhandlung in Frankfurt .... 160 „ — .,
1827 Desgl " ^40 ., - „
1833 für eine Parthie Doubletten und als Makulatur aus-
geschiedener Bücher von der Herrmann' sehen Buch-
handlung 300 „ — „
Unter solchen Umständen war es ein Glück, dass die Seminarbibliothek
zu llerborn, die Gymnasialbibliothek zu Weilburg und vor allen Dingen das
1829 begründete, aber längst vorher in Aussicht genommene, katholische Seminar
in Limburg Abzugskanäle für die Landesbibliothek bezüglich der in dieser zu-
sammenkommenden Büchermassen bildeten. Dadurch ist einer noch weiter-
gehenden Verschleuderung und Vernichtung jener wertvollen litterarischen
Schätze, die zum Teil, wi(( die Handschriften, auf nassauischem Boden ent-
standen sind, in ilirer Gesamtheit aber die Jlauptrepräsentanten des geistigen
Lebens, das in vergangenen Jahrhunderten sich innerhalb der Grenzen des
Nassauerlandes entfaltet hat, darstellen, und denen darum naturgemässer Weise
^') Im Verzeichnis steht meist nur „altes Manuscript auf Pergament", was uns ja freilich
für den vorliegenden Zweck genug sagt.
?1
51
'1
11
220
aiu'h in der iiassauischen Landosbibiiuiiiok zu W'iosbaJeii (nn IHirenplatz hätte
augcwiesen werden sollen. Avenigstons in etwas entgegengewirkt worden.
Übersehen wir noch -^inmal. wtis wir über den äusseren Umfang der
nassauisehen Klosterbibiiotlieken zur Zeit ihrer AuHösung--) haben feststellen
können und stellen wir die einzelnen Klosterbibliotheken nach ihrer Grösse
zusauinien. nändieh
Limburg mit etwa 10000 IJänden
Eberbach SOOO
Deutz 4 500
2sotgottes 4000
Sehöuau ,, „ 4000
Arnstein , ., 'M){)0
Ehrenbreitsteiu „ .'»500
Uöchst -5000
Bornhof en „ ., 2500
Marieustatt „ „ 2000
Hadamar „ „ 2000
Savn „ 1800
Linz IGOO
Montabaur „ .. 1200
Rommersdorf .... „ „ 700 „
Marienthal , „ 600 „
Eibingen ,. .. 600
so ergibt sieh dic^ Gesamtsumme der in ihnen entJialten geweseneu iJüclier auf
rund 55 000 Bände, Hiervon ist leider nicht mehr der fünfte Teil in der Landes-
bibliothek zu Wiesbaden, sowie in der bischöfliclion Priesterseminarbibliothek
zu Limburg, der evangelischen Seminarbibliothek zu lierborn und den Gym-
nasialbibliothekeu zu Weilburg, Wiesbaden und Iladamar erhalten. Als Mass-
stab dafür, wie die erhaltenen Beste sich auf diese sechs Bibliotheken verteilen,
sei bemerkt, dass die Anzahl der Inkunabeln, wie sie sicli mir gelegentlich ihrer
Verzeichnung in diesem Jahre ergab, in der Landesbibliothek zu Wiesbaden oo9,
in der Seminarbibliothek zu Limburg 317, in der Gymnasialbibliothek zu Weil-
burg 7L in der Seminarbibliothek zu ][erborn 60, in der Gynmasialbibliothek
zu Wiesbaden 10 und in der Gynmasialbibliothek zu Hadamar o beträgt.
Darunter befinden sich allerdings 79 aus der Hohen Schulbibliothek zu Herborn,
15 aus der ehemaligen Gymnasialbibliothek zu Idstein und einzelne anderswoher
stammende Werke. Die Zahl aller in diesen Bibliotheken enthaltenen Drucke des
fünfzehnten Jahrhunderts beläuft sich nach Ausschluss der Dubletten auf nur 741.
^'0 Rücksichtlich fast aller dieser Bibliotheken muss uiftii iiiimor im Auge behalten, dass
feindliche Hände, aber auch und nicht zum wenigsten sachverständige Konventualen sie vor
der Aufliebung der Klöster bereits des A'"orzüglichsten beraubt hatten, wie denn in ganz Süd-
deutschluiid die holländischen und englischen Ausgaben lateinischer und griechischer Klassiker
nie 80 wohlteil gewesen sein sollen wie im Juhrc 1802.
Annal. d. Vereins f. Nass. Altert, u. Gesch. Bd XXX.
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'ÜX^C-^
ANNALEN DES VERELNS
FÜR
NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
EINUNDDREISSIGSTER BAND-
ERSTES HEFT.
• 1900.
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WIESBADEN.
VERLAG VON RUD. BECHTOLD & COMP.
1900.
DIE INKUNABELN
NASSAUISCHER BIBLIOTHEKEN.
VERZEICHNET
VON
DR. GOTTFRIED ZEDLER
BIBLIOTHEKAK AN DEB LANDESBIBLIOTHEK ZU WIESBADEN.
FESTSCHRIFT
ZUR
FÜNFH UNDERTJÄHRIGEN GEDÄCHTNISFEIER
JOHANN GUTENBERGS
HERAUSGEGEBEN
VOM
VEREIN FÜR NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND GESCHICHTSFORSCHUNG.
.»>H— «-^
WIESBADEN.
VERLAG VON RUD. BECHTOLD & COMP.
1900.
Die Ergebnisse der ebenso methodisch wie sorgfältig durchgeführten
Typenvergleichung der Inkunabeln des British Museum und der Oxford Library,
wie sie in Proctors Index vorliegen, haben die Inkunabelnforschung geradezu
aui eine neue Basis gestellt. Ihr nächstes weiteres Ziel wird die Feststellung
der ihren Drucken nach zwar unterschiedenen, ihrem Namen nach aber noch
unbekannten Drucker sein müssen. Die Lösung dieser Aufgabe wird wesent-
lich Sache einer von der Lokalforschung ausgehenden monographischen Behand-
lung der einzelnen Drucker und Druckorte sein. Die Vorbedingung für solche
Einzelforschungen bleibt aber immer die Verzeichnung und Nachweisung des
überall zerstreuten Inkunabelnmaterials, Dass dies in Deutschland in derselben
einheitlichen Weise geschehen wird, wie jetzt in Frankreich durch den Pelle-
chetschen Katalog, ist mindestens zweifelhaft. Denn abgesehen von den
grösseren Schwierigkeiten, welche einem solchen Unternehmen bei uns aus ver-
schiedenen unschwer zu erkennenden Gründen entgegenstehen, scheint gegen-
wärtig die Meinung, dass man das letzte Ziel der Inkunabelnforschung,
die Herstellung eines Gesamtkatalogs aller Drucke des fünfzehnten Jahr-
hunderts, direkt erstreben müsse und könne, in den interessierten Kreisen die
vorherrschende zu sein. Meines Erachtens sollte man freilich in Deutschland
sowie in den anderen beteiligten Ländern das Beispiel Frankreichs nachahmen.
Es wäre dies eine erreichbare Aufgabe, welche dadurch, dass sie der Spezial-
forschung das Material an die Hand gäbe, um die für einen Gesamtkatalog
erforderlichen Vorarbeiten erfolgreicher und in grösserem Massstabe als bisher
in Angritf nehmen zu können, die Herstellung des letzteren am sichersten in
die Wege leiten würde. Denn ein neuer Hain, welcher in der Verzeichnung
der einzelnen Drucke in mancher Hinsicht gewiss kürzer und präziser als die
oft allzu umständhche Beschreibungen erfordernden Inkunabelnkataloge von
heutzutage sein könnte, müsste doch nicht allein über die noch unbekannten
Drucke, sondern auch über die noch unbekannten Drucker die nötige Aus-
kunft geben. Dass dies aber bei dem heutigen Stande der lukunabelnforschung
in befriedigender Weise geschehen könne, wird man nicht behaupten wollen.
Wie dem aber auch sei, einstweilen, solange nicht ein allgemeiner inter-
nationaler Inkunabelnkatalog oder doch ein Gesamtkatalog der in den deutschen
Bibliotheken vorhandenen Inkunabeln unternommen wird, kann die Veröffent-
lichung von Verzeichnissen einzelner Sammlungen zweifellos nur dienlich sein.
Ist das vorliegende auch nur sehr bescheidenen Umfangs, so giebt es doch
Auskunft über die Inkunabelnbestände eines grösseren Gebietes, insofern als
— VI —
samtliche Wiegendrucke der im Gebiet des vormali^'en Herzogtums Nassau
bestehenden, für diese Litteratur im wesentlichen wohl einzig in Beti-acht
kommt^nden Bibliutheken darin verzeichnet sind. Mit wenigen Ausnahmen
stammen die liier aufgeführten Drucke aus den im Jahre 18<)3 durch den
Reichsdeputatioushauptschluss an Nassau gefallenen und damals aufgehobenen
zahlreichen Klosterbibliotheken sowie aus der Bibhothek der Hohen Schule zu
Herbom. Im vorhergehenden Bande dieser Zeitschrift ist von mir des
Näheren nachgewiesen, wie pietätlos nicht nur mit den Beständen jener Bibho-
theken umgegangen worden ist, sondern wie auch infolge ungünstiger Umstände
und durch tlie Schuld unberufener Bibliothekare diese zu spärlichen Resten
zusammengeschmolzenen Bücherschätze nicht einmal in der nassauischeu
Landesbibliothek vereinigt, sondern obendrein möglichst im Lande zerstreut
worden sind.
Die hier verzeichneten Inkunabeln verteilen sich ausser auf die Landes-
bibliothek und die Bibliothek des Vereins für Nassauische Altertumskunde
und Geschichtsforschung zu Wiesbaden, auf die bischöfliche Seminarbibhothek
zu Limburg a. d. Lahn, die evangelische Seminarbibliothek zu Herborn sowie
auf die Gymnasialbibliotheken zu Weilburg, Wiesbaden und Hadamar. Über
die Art der Verteilung giebt das Register B am Ende eine Übersicht, ebenso
wie man im Reirister C zusammengestellt tindet, was sich über die Zugehörig-
keit dieser Drucke zu einer jener ehemahgen Klosterbibliotheken oder zur
Hohen Schulhibliothek ermitteln liess. Wo dafür in den Büchern selbst die
Indizien fehlen oder durch Herausreissen von Blättern oder durch Entfernung
der inneren Deckelbeläge verloren gegangen sind, ist es allerdings nur ganz
vereinzelt möghch gewesen an der Hand der bei der Auflösung der Kloster-
bibliotheken verfertigten, höchst ungenauen Verzeichnisse die einstige Heimat
zu bestimmen.
Mit welcher Gleichgültigkeit trotz angeblicher Sorgfalt die Bücher, nach-
dem aus den der Aufbewahrung überhaupt für wert erachteten die wirklichen
oder vermeintlichen Dubletten ausgesondert und veräussert worden waren, an
die verschiedenen Bibliotheken verteilt worden sind, dafür liefert auch dieser
Katalog die sprechendsten Belege. Man vergleiche nur No 21, wo von den
vier Bänden der Summa universae theologiae des Alexander de Ales, welche
aus der Franziskanerbibliothek zu Limburg stammen, der 1., 3. und 4. Band
jetzt in der Landesbibliothek zu Wiesbaden, der 2. dagegen in der Bibliothek zu
Limburg betindlich sind, oder No 54, wo von den vier ebenfalls aus dem
Franziskanerkloster stammenden Teilen der Summa theologica des Antoninus
Florentinus Teil 1. 2, 4 und die er^te Hälfte des 3. Teiles der Gymnasial-
bibliothek zu Weilburg, die zweite Hälfte dieses Teiles dagegen der Landes-
bibliothek zu Wiesbaden zugeteilt worden sind, oder No 120, wo von ein und
demselben Exemplar des Dictionarius des Petrus Berchorius jetzt Teil 1 in
Weilburg, Teil 3 in Limburg, Teil 2 überhaupt nicht mehr vorhanden ist, wo-
mit freilich nicht gesagt sein soll, dass die grosse Masse der jetzt nur noch
unvollständig erhaltenen Exemplare auf Rechnung der mit der Aufhebung der
Klosterbibliotheken betrauten Bibliothekare zu setzen sei. Es führte aber
viel zu weit, wenn man die Sorglosigkeit und Unachtsamkeit, welche bei der Ver-
— \^I —
teilung stattgefunden hat, hier noch weiter illustrieren wollte. Ohnehin
kann jeder, der sich dafür interessiert, mit leichter Mühe dies Sündenregister
aus dem Katalog selbst vervollständigen.
Die Landesbihliothek besass bisher kein weiteres Verzeichnis ihrer Inku-
nabeln als das im Jahre 1823 im ersten Hefte des „Cataloges der ütfentHchen
Bibliothek zu Wiesbaden" verötl'entlichte. Damals war die Auflösung der
Klosterbibliotheken noch nicht beendigt und vor allem war über das Schicksal der
Bücher noch nicht endgültig entschieden worden. So kommt es, dass von den dort
verzeichneten nahezu hundert Wiegendrucken jetzt verschiedene nicht mehr
nachweisbar sind. Ihrer hat man sich wohl bei den im Laufe der nächsten
Jahre wiederholt stattfindenden grossen Makulatur- und Dublettenversteige-
rungen entledigt, wie denn auch eine ganze Reihe anderer wertvoller Bücher,
ja selbst Handschriften spurlos verschwunden sind. Auch die Gymnasialbiblio-
thek zu Weilburg ist im Besitze eines Verzeichnisses ihrer Inkunabeln und
alten Drucke bis zum Jahre 1550*, welches, wenn es auch nicht ganz voll-
ständig und genau ist, doch bei Feststellung des dortigen Bestandes von mir
mit Dank benutzt werden konnte, ebenso wie die in dem Wiesbadener
Clymnasialprogramm von 1882 enthaltene Mitteilung Wedewers über die in
der Bibliothek dieses Gymnasiums vorhandenen Inkunabeln.
Tjpenvergleiche in grösserem Umfange vorzunehmen, dem stand meist
die räumliche Trennung der Bestände im Wege. Wo sich mir die Gelegen-
heit dazu bot, habe ich sie nicht verabsäumt und bei späterer Einsicht des
Proctorschen Index meine Beobachtungen meist bestätigt gefunden. Wo
Proctors Autorität fehlt, muss ich bei dem Mangel ausreichenden Materials,
zumal mir auch Burgers Monumenta leider nicht zugänglich waren, die Rich-
tigkeit meiner Beobachtungen dahingestellt sein lassen. Proctors Bestim-
mungen bin ich ü1)erall, auch wo sie von den Angaben anderer, sonst zuverlässiger
Kataloge abweichen, ohne Bedenken gefolgt, ebenso wie ich mich durchweg
seiner Bezeichnungen für die ihrem Namen nach noch unbekannten Drucker
bedient habe.
In der Hauptsache handelte es sich für mich nur um die Feststellung
und eventuelle Beschreibung der in den genannten Bibliotheken vorhandenen
Bestände, eine Arbeit, die mühevoller war, als es der vorliegende Katalog
vermuten lässt, da ich nur den allernotwendigsten bibliographischen Apparat
mit mir führen konnte und deshalb gezwungen war, manche überflüssige Be-
schreibung vorzunehmen. Was die von mir bei der Beschreibung befolgte
Methode betrifft, so bin ich dabei von der Überzeugung ausgegangen, dass
auch ein noch so minutiöses Verfahren unter Umständen nicht genügen wird,
um zwei verschiedene, aber einander sehr ähnliche Drucke richtig auseinander-
zuhalten. Dazu würde in jedem Falle nur die photographische Nachbildung
ausreichen, und in solchen Fällen kann nur eine genaue Vergleicbung der
Drucke die charakteristischen Unterschiede an die Hand geben. Im ül)rigen
ist zwar eine peinliche Akribie bei Beschreibung von Inkunabeln erfordt- rlich,
aber zugleich doch auch die Beschränkung auf das Notwendige und Zweck-
* Dies von dem damaligen Direktor des Gymnasiums E. Bernhardt verfasste Verzeichnis
findet sich im Programm des Gymnasiums für 1877/78.
— m:ii —
massige geboten. Ich sehe keinen Grund ein. ■warum die an sich schon so
zeitraubende Arbeit z. B. durch die Unterscheidung von i und r oder von
f und s erschwert werden soll, und pflichte unbedingt der im Campbellschen
und Pellechetschen Katalog zur Anwendung gekommenen Praxis bei, welche
dergleichen als ..Hyperakribie" getrost bei Seite lässt. Die Mode die ver-
schiedenen Typeuarten des (Originals durch Anwendung der gotischen oder
römischen T\"pe bei der Beschreibung zur Darstellung zu bringen, ist eben-
falls zum mindesten überflüssig, in vielen Fällen, wenn nicht die Typenart
ausserdem noch besonders charakterisiert wird, sogar irreführend. Dagegen
haben die in den älteren Katalogen sich vortindenden vielfachen DiÖerenzen
in der Blattzählung es auch mir notwendig erscheinen lassen, die Signaturen
und Blattlagen genau zu beachten und anzugeben, was sich ohnehin aus
sonstigen, schon von anderer Seite hervorgehobenen Gründen empfiehlt.
Dass durch dies Verzeichnis für die in Nassau vorhandenen Wiegendrucke,
welche naturgemäss in der Laudesbibliothek hätten vereinigt bleiben sollen,
wenigstens wieder eine ideale Einheit hergestellt werden konnte, das ist in
erster Linie das Verdienst der Vorstände der beteiligten Institute und ihrer
Bibliothekare, bei denen ich überall das grösste Entgegenkommen gefunden
habe. Dafür sei auch an dieser Stelle Sr. Gnaden dem Herrn Bischof DoiiiNicüS
sowie den Herren Domkapitular Dr. Höhlee und Subregens Goebel zu Lim-
burg, Bibliotheksdirektor Professor Dr. Lieseuaxg, Gymnasialdirektor Dr.
Fischer und Professor Dr. Spiess zu Wiesbaden. Gymnasialdirektor Dr. Padxus
und Oberlehrer Dr. GrsDLAcn zu Weilburg. Professor Knodt zu Herborn und
Oberlehrer Dr. Otto zu Hadamar. dessen freundliche Bemühungen mich des
Nachforschens an Ort und Stelle überhoben, herzlich gedankt. Bei der
Arbeit selbst haben mich ferner die Herren Bürger in Leipzig und Velke
in Mainz unterstützt. Ersterem verdanke ich den Nachweis zu No 249,
letzterem den zu No 620. Auch die Buchhandlung Joseph Baer & Co. in
Frankfurt am Main, die mir den Pellechetschen und Proctorschen Katalog
sowie andere bibliographische Hilfsmittel mit bekannter Liberalität zur Ver-
fügung stellte, hat mich zu Dank verpflichtet, dem bücherk-undigen Prokuristen
dieser Firma Herrn Sondheim schulde ich für mehrfache freundliche Mit-
teilungen besonderen Dank. Vor allem aber sei dem Vorstande des
Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, der den
Druck dieser Arbeit ermöglichte, mein Dank gesagt. Kann sie leider nicht
Ausk-unft geben über das, was Gutenbergs Kunst auf nassauischem Boden im
fünfzehnten Jahrhundert in Eltville und Marienthal geleistet hat, so wird sie
doch hofientlich mit dazu anregen, dass über die noch an so vielen Orten
aufbewahrten unbekannten Inkunabelnbestände Kataloge veröffentlicht werden
aus denen die Forschung wie anderswo so auch bezüglich der nassauischen
Wiegendrucke neue Impulse empfangen und zweifellos auch weitere Resultate
gewinnen wird.
1 Accursius, Franciscus: Casus in terminis super novem libris Justi-
niani codicis. [Argentinae, t)'pogr. vitarum patnim] s. a. 2^.
Hain-Copinger *6g. PelUchet 41. Praetor 430.
Der Rubrikator hat am Ende die yahreszahl 148g vermerkt.
Wiesbaden LB. {Aus Schonau.)
2 Acta et decreta Concilii Constantiensis. Hagenoae, Henricus Gran,
1500. 40.
Hain-Copinger ^6og.
Limburg. {Aus L/adamar.)
3 AdrianusCarthusiensis: Liber deremediisutriusquefortunae. [Coloniae,
Ulricus Zell] s. a. 4«.
//airt *gj. Pellechet SS- Praetor 858.
Limburg.
4 Aegidius, Franciscus: Verba aurea de gratia dei, virtutibus et vitiis.
[Coloniae, Ulricus Zell] s. a, 4o.
Hain-Copinger */OS- Pellechet 66. Praetor 884.
Limburg. [Aus Limburg.)
5 Aegidius Suchtelensis : Elegantiarum viginti praecepta. Daventriae,
Rieh. Pafraet, 1490. 4o.
Hain-Copinger 6 ££8. Campbell Suppl. J, 6/2.
Wiesbaden LB.
6 Aeneas Sylvius: Historia Bohemica. [Basileae, Johannes de Amer-
bach, 1489?] 4".
Hain *2£4. Pellechet i/6. Praetor ^626.
Wiesbaden LB. [Aus Natgottes, vorher in yohannisberg.)
7 Aesopus: Fabulae, deutsch, o. 0. Dr. u. J.? 2o.
Bl za leer. Bl ib: Holzschnitt: „ESOPVS" umgeben von allerlei Tieren darst. Bl 2a Z i :
C Vita Esopi fabulatoris clarissimi e greco latina per | Rimicium facta ad reuerendissimum
patre? dominum Anthonium Tituli sancti Chrisogoni prespiterü Car dinalem T)[H!zschniii-
initia/e]A3 leben des hochberümten fabeldichters Esopi. auß kriech-l ischer zungen in latejm/
durch |, Rimiciü gemachet/ an de hoch wirdigen vater herren antho- nium des titeis sancti
Chrisogol ni priestern Cardinalen. Vnd ; fürbaß da? selb leben Esopi mit j seinen fabeln/
die ettwo romu- ;Iu3 von athenis seine sun Thiberino auß kriechischer zungen in latein/
gepracht hat gesendet/ vü mer etlich ' d' fabel Auiani. auch doligami. Aldefonsy. vü schimpf ||
reden poggij vnnd anderer, yegklich mit jrem titel ob \ verzeichnet, auß latein. von doctore
heinrico 3teinhö-|iwel schlecht vü verstentlich geteütscht. nitt wort auB ' wort, sunder syn
z
o
auB syn lie Bl J^a Z 15: G Hie hat ein end das leben esopi Fl 112 'das Ixxvij plat] b Z 18:
C Ein ennde habent die fabeln Esopi die vö de hoch- gelerten meyster Rimicio newlich
auß kriechischer zungen in latein gepracht. welche fabeln vö Romu lo in seinen vier
büchem nit begriffen werden- Bl iil ^das Ixxviij platj b Z i: C Die fabeln Auiani Bl 12g
[das Ixxxxiiij plat] b Z : : C Gesamelt fabeln Bl rS5 [das cxx plat] b Z 31 : C Hienach volget
das Register über die gemeinen punckten der materi diß püchlins. Bl 160b Z 16: C Hie
hat ein ende das Register der gemeinen punkten vnd materi diß büchlins Es folgen dann
ohne Anfang und Ende vier Blätter aus der Hystoria sigismundi: der tochter des fürsten tancredi
von salemia vnd des iünglings gwisgardi.
//o'.-'J Bl ohne Sign 1/ Layjm i—i 6,5 //smf, Bl 3^—^55 »umerteri I—CXX, 36 Zeüen,
goth. Schrxß, mit ca 200 Holzschnitten.
Bl 161 — 163 und 168—1/0 fehlen.
Wiesbaden LB.
8 Aesopus moralisatus cum bonö commento. [Coloniae, Henricus
Quentell], 1489 4".
Hain-Copinger *304. Pellechet 212. Praetor 12g 2.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes, vorher in fohannisberg.)
9 Alanus ab Insulis: Doctrinale altum seu liber parabolarum metrice
conscriptus cum expositione. [Coloniae, Henricus Quentell] s. a. 40.
Bl la Titel: Doctrinale altum seu li-| ber parabolarum Alani metrice descriptus cü
sententijs jj et metrorum expositionibuu [!] vtilis valde ad bonorü mo |rum instructionem
Darunter der Holzschnitt: ein Lehrer mit z-un Schülern, im Spruchbande die Inschrift: Accipies tanti etc.
f Bl mit Sign [AA—CC3, das Weitere fehlt], 4^ Zeilen (Bl 2 a), goth. Schrift, drei Schriftgrössen.
Wiesbaden G. [M 48). {Aus Idstein, Gymn. Bibl.)
10 Alanus ab Insulis: Doctrinale altum seu liber parabolarum metrice
conscriptus cum expositione. Coloniae, Henricus Quentell, 1497. 4®.
Bl la Titel: Doctrinale altü | seu über parabolarü Alani me| trice descriptus cum
sententijs ; metrorü expositöibo. vtilis | valde. ad bonorum morum : virtutum que via sunt
ad bea titudinemi instructionem. Bl 2Sb Z 34: C Doctrinale altü parabolaii Alani cum
glosa finit feliciter C Impssum Colonie p Henricum Quentell. Anno domini .] Millesimo
quadringentesimo nonagesimo septimo Bl 26 leer.
26 Bl mit Sign [AA,^ BB—DDl\ Bl 2 a 45 Z, sonst verschieden, goth. Schrifl, vier Schrißgrdssen.
Hain 382.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
11 Albertanus Brixiensis: De arte loquendi et tacendi. Coloniae,
[Henr. Quentell], 1487. 4".
Bl la Titel: Tractatus de arte '| loquendi t tacedi. Bl ib: Compendiosus tractatus
de arte loquendi : tace, di multum vtils [!] \\ ( iVoniä indicendo :| multi erant nee est aliqs
qui linguä sua? ad | etc. Bl Sb am Ende: Explicit liber de doctrina loquendi et tacendi
ab Albertano causidico brixiensi ad instructione filiorum suoy compositus. || Impressus ac
finitus Colonie Anno dTii M". cccc. Ixxxvij.
8 Bl [Bl 3 ist signtrt: AAüj\, 3g u. 40 Zeilen, goth. Schrift, drei Schriftgrössen.
Hain-Copinger 40 3. Praetor 1288.
Limburg. {Aus Limburg^)
12 Albertus Magnus: Commentum in libros physicorunL Venetiis,
Johannes et Gregorius de Gregoriis, 1488.
Pellechet 334. Hain-Copinger 518.
Sign: a 3, b — «4, jr3.
Herbom 1/6/. {Aus Deutt.)
— 3 —
13 Albertus ]\ragnus: Compendium theologicae veritatis. [Coloniae],
N[icol.] G[oetz], s. a. 2«>.
Hain *433.
Limburg.
14 Albertus Magnus: Compendium theologicae veritatis cum tabula
Thomae Dorniberg de Memmingen. [Coloniae? Daventriae?] s. a. 2^.
Hain *434. PelUchet 2^4.
Limburg. [Aus Limburg.)
15 Albertus Magnus: De adhaerendo vero deo. [Ulmae, Job. Zainer,
1473.] 20.
Hain *42g. Praetor 2^ Ol.
Limburg. (Aus Limburg.)
16 Albertus Magnus: De secretis mulierum et virorum [Eustadii,
Reyser?] s. a. 4o.
Hain *S49- L>as S am Anfang grosse Holzschnittinitiale.
Wiesbaden LB. {Aus Eberbach.)
17 Albertus Magnus: Liber aggregationis seu de virtutibus herbarum
seu secreta secretorum. Quaestiones naturales philosophorum. Antverpiae,
Godfridus Bac, 1499. 4».
Campbell Suppl. 2 No 84a. Pellecket j6j.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstaä.)
18 Albertus Magnus: Postilla in evangelium Johannis. [Coloniae,
Johannes Guldenschatf, c. 1478]. 2^.
Hain-Copinger *4Sg. Pellecket 2g£. Praetor I2i£.
Wiesbaden LB. [Aus Sckönau.)
19 Albertus Magnus: Scriptum in «^uattuor libros sententiarum.
[Lugduni, Job. Syber?], s. a. 2^.
Pellecket 385.
Limburg. [Aus Deutz.)
20 Albertus Trottus de Ferrariis: Tractatus de horis canonicis.
[Lugduni, Nicolaus Pistoris et Marcus Reinhardus de Argentina, c. 1478].
Hain-Copinger *£g6. Pellecket 40 J.
Wiesbaden LB. [Aus Arnstetn.)
21 Alexander de Ales: Summa universae theologiae. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1481—1482. 4 Bde 2».
Hain-Ci>pinger *64J. Pellecket 431.
Wiesbaden LB : Bd i, 3, 4. \
Umburg: Bd 2. ] (^''"^ Limburg.)
22 Alexander de Ales: Summa universae theologiae. Papiae, Johannes
de Birretis et Franciscus de Girardenghis, 1489. 4 Bde 4".
Hain-Copinger ^644. Pellecket 432.
Limburg. Nur Bd i, 3 u. 4. [Aus Deutz.)
- 4 -
23 Alexander Anglicus: Destructorium vitiorum. Coloniae, [Ludovicus
de Renchen], 1485. 2'\
Hain-Copmger *6£o. PdUchtl 4j^. Prcct^v 13/6.
Limburg. [Aus Eberbcuh.)
24 Alexander de Villadei: Doctrinale cum commento Ludovici de
Guaschis, Basileae. [Johannes de Amerbach], 1486. 2<>.
Hain-Copngfr V-^/- Praetor /S/O.
IValburg. [Aus Limburg.)
25 Alexander de Villadei: Doctrinale seu grammatica latina, metrice.
Coloniae, Henricus Quentell, 1492. 4".
Bd I: Bl la: Prima pars doctrinaUs Alexandri cum sententijs. notabilibus, et vo-
cabuloru? lu cida expositione. nönulliscj annexis argumentis cum eo/ ]rundem replicis ad
nouellorum in grammatica incipienti,|Um profectum. cum quibusdam alijs additis pro in
seien- ;tijs aliqualiter prouectis Darttttter der Hokschnät mit dem Magister und zwei Schülern ; auf
dem Spruchband aie Inschrift: Accipies tanti etc. Bl 124a Z j6 : . . . Explicit feli 'citer Impressa
in felici Colonia circa summü p Henricum Quentell \\ Anno a natiuitate Xpi. M. cccc. xcij.
qnto Kalendas Septembris — Bd II: Bl la: Glosa notabilis secunde | ptis Alexandri cum
interlinialibusexpositionibo textus eiusde in planissimis sentetijs. subiüctis ppulchre ordina |tis
questionibo atcj argumetis cü replicis cötra eoninde? ;' etc. Darunter derselbe Holzschnitt zvu in
Bd I. Bl 114 a Z 40: C Explicit feliciter scda ps Alexädri cum glosis metroy interlinealibo |(
planissimisqi eorüde subiüctis sentetijs fam rectü sniandi modü. multis || cü . . . || . . . || . . .
Im-; pressa in sancta Colonia p Henricü Quentell circa summum Anno in- Jcamationis
dominice M. CCCC. XCij. quarto ydus Octobris. Bl 114b leer.
Bd I 224 Bl [al—sl, /4, t/4],
Bd II 114 Bl \ai—pi, q^s^\
46 Zeilen, goth. Schrift, 5 Schriftgrossen.
Limburg.
Alexander Magnus s. Liber Alexandri de praeliis.
Alliaco 3. Petrus de Alliaco.
26 Alphonsusa Spina: Fortalitium fidei contra fidei christianae hostes.
Xorimbergae, Anton Koberger. 1485. 2o.
Hain- Cef inger *8f3. Pellechet ß6j.
Zu Beginn des Textes ist die Initiale U eine schöne Federzeichnung.
Wiesbaden LB. [Aus Schdnau.)
27 Ambrosius Mediolanensis Opera. Basileae, Johannes de Amerbach,
1492. 3 Bde 2o.
Hain-Cofinger *Sg6. Pellecket S79-
Limburg. {Aus Höchst.)
28 Ambrosius Mediolanensis: De officis libri III. [Coloniae, Ulr. Zell],
s. a. 40.
Hain-Copinger *g05. Pellechet £88. Praetor 86o.
Limburg. {Aus Limburg, vorher in der Kirche zu Königstein.)
29 Ambrosius Mediolanensis: De officiis. Acc. Senecae libellus de
quattuor virtutibus. [Parisiis. ülr. Gering, 1472.] 4o.
Hain-Copinger go/. Pellechet £gi.
Limburg. (Aus Ehrenbrettstein.)
— 5 —
30 Ambrosius deSpira: Quadragesiinale de floribus sapientiae. Venetiis,
Antonius de Valentia, Jacobus Britannicus sociique, 1481. 2'^.
Hairt'Ci-'pinger *g20. PelUchet 6oo.
6o u. 6l Zeilen.
Limburg. [Aus Limburg.)
31 Amici: Sermones Amici dicti. Basileae, Nicolaus Kesler, 1495. 40.
Hain-Copinger g24. Pellechet 604.
Das voräegende Exemplar ist nur von Bl LXXXI ab erhalten. Der Druck stimmt mit dem
bei Hain angeführten am Schlüsse überein.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
Ancona s. Augustinus de Ancona.
32 Andreae, Johannes: Additiones ad speculum iudiciale Durantis.
[Argentinae, G. Hussner, ca 1470.] 2^.
Hain *ioSj. Pellechet 6^0.
Limburg. (^Aus Rommersdorf^
33 Andreae, Johannes: Lectura super arboribus consanguinitatis,
affinitatis et cognationis spiritualis. Norimbergae, Fridericus Creussner, 1477. 2».
Hain *i02g.
Herbom 1525. (Aus Herbom HSch.)
34 Angelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Argentinae, Martinus Flach, 1489. 20.
Hain-Copinger *5388.
Limburg. (Aus Eberbach.)
35 Angelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Argentinae, Martinus Flach, 1495. 2».
Hain-Copinger *£jg/.
Limburg. (Aus Hadamar.)
36 Angelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Argentinae, Martinus Flach, 1498. 2o.
Hain-Copinger *S399-
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes)
37 Angelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Norimbergae, Antonius Koberger, 1488. 2'>.
Hain-Copinger "5385.
Wiesbaden LB. (Aus Linz.)
38 Angelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Norimbergae, Antonius Koberger, 1492. 2^.
Hain-Copinger *5395.
Limburg.
39 Angelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Venetiis, Georgius Arrivabenus, 1487. 4*^.
Hain-Copinger *£384.
1. Herbom S IV 3/0. (Aus Limburg.)
2. Limburg.
40 Angelus Je Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae
Venetiis. Georgius Arrivabenus, 1489. 4".
Bl I leer. Bl 3a \Sign 2]: C Epla. F. Hieronymi tomieli Icctoria Ad. fv. p. F. Angelü
de clauasio fsentis operis Auctorem: in qua orat eius Reuerentiam : vt ipsum opus im-
primi faciat: ppter talem et tantam dicti operis excellentiam et vtilitatem. Pluribu3 retro
actis temporibus. Reuerende ac mi cordialissime pater. Ad lecturam ca suum etc. Bl ja
[3"z,-n j : In nomine domini nostri iesu christi. Amen. | C Incipit prologus in summa An-
gelica: de casibus conscientie: per fratrem Angelum de clauasio: or dinis minorum: eic.
Z j/ : C Explicit prologus incipit tabula dcclaratoria ordinis: contentorum in predicta
summa. Bl / a St^: j, numer.j a: Incipit summa angelica: |! ( > Bbas debet esse pre sbyter
c. i. de ' rf<r. Bl ^840. numer. j-Sa Zjo: C Explicit summa Angelica de casib9 ascie p ||
fratre Angelü d' clauasio cöpilata; maxima cü \ diligetia reuisa: : ßdeli studio emendata
sicut I ip? op9 p se sati' attestabit': Venetijs ipressa per Georgiü de Riuabenis Mätuanü:
Als Pa retem. Anno dhi. M. cccclxxxix. 7 Idus Octo bris. jS4a^ /olgi Jas Registrum und das
Dru.keT^ewken.
jg4 Bl mit Sign [li, a — s, r, d, y, A—V^, Xi, 75] und Numerierung \Bl ^ — 384 = 1 — 3/8\,
2 Spalten ausgenommen die ersten Seiten, £i Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Copinger II, i, 1662.
IVUsbaden LB. [Aus Herbom HSck.)
41 Ansjelus de Clavasio: Summa angelica de casibus conscientiae.
Venetiis, Paganinus de Paganinis Brixiensis, 1499. kl. 8o.
Hain-Coptn^er ^^401.
Limburg. [Aus Hadamar.)
42 Angelus de Ubaldis de Perusio: Repetitio legis Si insulam ff. de
verbo obl. Acc. repetitiones aliae. Brixiae, Boninus de Boninis de Ragusio,
1491. 2'^
Bl la \Sign CJ a.- C Repetitio legis Si insulam. ff. de vbo. obli. p claris. d. | Angelum
de vbaldis de Perusio iuris vtriuscj doctore. \ Bl 40.^ Z i^ : (c)Iuitas mutui datione diu: qz
lex ista cu^ sua mä vtilis nöbilis : practicabilis e: hac{jrcne eä repetedä elegi. Bl 6aa
Z 41: C Repetitio. S- Si duobus vehiculum. in. 1. Si vt certo' .ff. commodati. Bl ga^ Z ^
V. u.: C hanc lege repetiit petrus t iö Ci. in eius repetitiöe de lectans dixit eä sümo digito
attingedä sie et nos faciamus altiori ü. stilo vt. j. patebit resecatis supfluis. j (s) I certis
änis. etc. Bl /2aß Z 26: C Elegantissimas has Repetitiones Impressit Boni [nus de Boni-
nis de Ragusio BrTxie anno domini. M CCCCXCi die. XI. Marcii. FINIS, Bl 12b leer.
Bl ija Sgn £] a: G Lex Falsus procurator. C. de Furtis Repetita per ' clarissimum
Dominum Angelum de Perusio. Bl /5jß Z 26 : C Repetitio Excelletissimi domini Saldi de
Perusio ' super. 1. edicto diui. C. de edicto diui adri. tollendo. Bl i/b^ ZI ^6 : (e) Milius.
ff. de minoribus etc. Bl 2iba ZI g : C L. Si filius qui patri. ff. de vul. : pu. Bl 24ba ZI jg :
C Composita : repetita anno domini M. CCCLXIIII. de | mense octobris in die beate vrsuline
per me arsendinü do mini Rainerii etc. Bl 24ba ZI 4g: Lex in eos. ff. de custodia reorum
per dominü Albri |cu5 de rosato de pergamo. Bl 246^ ZI 66: C Albricus de rosato de Per-
gamo dixit suprascripta , omnia :c.
24 Bl mU Sign \CDEFi), 2 Spalten, 64—6/ ZI, goth. Schrift, eine Schriftgrdsse.
Der erste Teil ist = Hain 15883. Auch dies ist augenscheinlich (j. die Sign.) nur ein Teil
eines grösseren Ganzen.
WUsbaden LB. (Aus Herborn HSch.)
43 Angelus de Ubaldis de Perusio. Repetitio 1. qui se patris. C. unde
liberL [Perusii] s. t. et a. 2o.
Bl z a [Si^n a'\ a: Solemnis repetitio. 1. qui se patris. C. unde libe!]ri nuperime [!] reperta
subtili ingenio que non reperi tur in lecturis nee alibi imprcssa. Famosissimi. J. U. ||
monarce. d. Angeli magistri Fräeisci de Perusio non minus vtilis q. nccessaria eurantibus
habere I' materiä successionu? cü alleget' per aJiquos docto-'res i pauci habeant. In qua
cösistit virtus vtilitas ac intelligentia ipsius. 1. ;6. Fl ^,;ß ZI 33: Finis alteriua solemnis
repetitionis. 1. qui se pa tris. C. vnde übe. edita ab eximio : famosissimo. J. U. monarcha.
d. Angelo magistri Fräcisci de Pe nasio nunc^ impresse. in qua consistit virtus : vtili- taa
ipsius legis. [ FINIS.
4 Bl mit Sign [aj], 2 Spalt fn, 64 ZI, i^oth. Schrift, eint SchH/tgrdsse.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
44 Angelusde Ubaldis de Perusio: Repetitio l. si vacantia C de bonis
vacantibus etc. s. 1. t. a. 2''.
Hain *is88i.
Wusbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
45 Anna, S., Gebete an — . Reutlingae, [Michael GreyffV, 1494.] kl. S".
El la: Zu Reutlingen in sant ,| Niciaus capellen da beschächen vil \f wunderbarlicher
zaichen von blinde wartzechte leuten stumen. jungen vn | alten von mengerley kranck-
heit vnd stand hernach fast zway gute gebet | vö sant Anna vn jrem geschlächt. Da-
runter ein Holzschnitt: die hl. Anna mit Marta u. Jesus. Bl i h: O ^Holzschnitt] Du aller hailigoste ' vn
vsserwölte hoch gelopte vnnd gnad' reiche frow Sant ; anna. Ein müter ma rie der muter
gottes ! Unnd ain groszmuter vnsers herren | Jhesu christi etc. Bl 3b ZI n : C Babst
Alexander d. vj. hat geben ablasz vn hat di sen ablasz bestätigt auff den Oster-
tag II als man zalt M. cccc. Ixxxxiiij. Jar. Bl 4a ZI 21: ryche. Amen. Getruck [!] zu
reütlingen. Bl 40: Das Reutlinger Stadtwappen.
4 Bl ohne Sign, 20 Zeilen, goth. Schrift, eine Schrift^rösse.
Diesen dem Büchlein von der Liebe Gottes [Hain ^4063) beigebundenen Druck kennt Steiff, Zur
Geschichte des Reutlinger Buchdrucks, {Reutlinger Geschichtsblätter Jahrg 1/2 i8go u. 18 gl No 4—J,
Jahrg 3 1892 S 8— II u. Jahrg 7 i8g6 S 16—20) nicht.
Herbom PVJ g6 an. {Aus Herbom HSch.)
46 Anselmus Cantuariensis: Opera et tractatus. Norimbergae, Caspar
Hochfeder, 1491. 3 Bde 2'\
Hain-Copinger *II34. Pellechet /p/.
Limburg: 2 Exemplare. {Aus Amstein und aus Schönau.)
Herborn HX 3. {Aus Limburg)
47 Antoninus Florentinus: Chronicon sive Opus historiaiiim. Basileae,
Nicolaus Kessler, 1491. 2o.
Hain-Copinger *ii6i. Pellechet 815.
Limburg: Bd i. {Am Rommersdorf.)
Wiesbaden LB : Bd 3.
48 Antoninus Florentinus: Chronicon sive Opus historiarum. Xorim-
bergae, Antonius Koberger, 1484. 2o.
Hain-Copinger *ii^g. Pellechet 813.
Herbom I/32 : nur Bd 2 und 3 vorhanden. {Aus Limburg.)
49 Antoninus Florentinus: Confessionale. Argentinae, Martinus Flach,
1492. 4°.
Hain-Copinger *I200.
Weüburg. {Aus Höchst).
50 Antoninus Florentinus: Summa theologica. Argentinae, Johannes
Grüninger, 1490. 4 Bde 2'\
Hain-Copinger ^1248. Pellechet 882. *
Limburg: Bd i, 3, 4 {aus Eberbach) und Bd 3 u. 4 {aus Rommersdorf.)
Wiesbaden LB : Bd 3 und 4. {Aus Schönau.)
— 8 —
51 Antoninus Florentinus: Summa theologica. Argentinae, Johannes
Griininger. 1496. -4 Bde 2«.
Hain-Cofinger *l24g. FeiUcket 884.
Limburg: Bd I — 4. {Aus Sayn), ferner Bd i u. J.
WU:baden LB : Bd 4.
52 Antoninus Florentinus: Summa theologica. Norimbergae. Antonius
Koberger, 1477— U79. 4 Bde 2'\
Hcun-Copin^er '1242. Pellechet 8//.
Herbom 1/31. [Aus RcTnmersdorf.)
53 Antoninus Florentinus: Summa theologica. Norimbergae, Antonius
Koberger. 1486—1847. 4 Bde 20.
Hain *I246. PeUechet 883.
Limburg: Bd j. {Aus Schönau.)
IVUsbaden LB : Bd 1—4. {Aus Deutx.)
54 Antoninus Florentinus: Summa theologica. Venetiis, NicoL Jenson,
1477-1480. 4 Bde 2o.
Hain-Ccfinger *1242. Pellechet 8/8.
Weilburg: Bd i, 2, j, j. 4. {Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. : Bd J, 2. {Aus Limburg.)
55 Antoninus Florentinus: Johannis Molitoris tabula sive repertorium
super totam JSummam Antonini. [Coloniae, Henricus Quentell], 1490. 2^.
Hain-Cofinger '1261. Praetor 1301. Pellechet 8gi: {Basileae?)
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
56 Antoninus Florentinus: Tractatus de instructione simplicium con-
fessorum. [Daventriae, Rieh. Pafraet]. s. a. 4^.
Bl I leer. Bl 2a: (iNcipiüt Rubrice super Tractatü de instructio'jne seu directöe
simpliciü confessoria. Et primo De ptäte fl, cöfessoris in audiedo ofessiones j : absoluendo.
Capitulü primü. itc. Bl ja Sign at\: Prologus super Tractatü de instructione |! seu direc-
tione simplicium confessorum. Editü i| a domino Anthonino archiepö florentino. Bl ij^b
am Ende: Explicit Summa ofessionü. seu Interroga toriü pro simplicibus Cöfessoribus.
Editü I ab Archepo Florentino, videlicet fratre Anthonino ordinis predicatorum •:•
Bl 136 leer.
136 Bl [a—h, k—q^, i, ri] 28 Zeüeti, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Hain-Copinger ii/ic. Campbell 164.
Limburg. {Aus Umburg.)
57 Antonius de Bitonto: Sermones dominicales per totum annum.
Argentinae, Johannes Griininger, 1496. kh 8.
Hain *3220.
Limburg.
58 Antonius de Butrio: Speculum de confessione. Acc. Speculum
aureum animae peccatricis, Hugonis speculum ecclesiae, Rodorici Zamorensis
et Galagaritani Hispani speculum vitae humanae, Dionysii de Leuwis alias
Rikel speculum conversionis. Lovanii, Johannes de Westphalia. s. a. [nicht
vor 1483.] 2'>.
Haut-Copmger '418^.
Bl 44 — 5J den tractatus artis bene moriendi enthaltend fehlen in dem vorliegenden Exemplar.
Limburg,
— 9 —
59 Apoll onius, Petrus: Libellus maiorum fastorum. Mediolani,
Philippus de Mantegatiis, 1492. 4».
Hain-Copinger i2go. Pdlechet gii.
Wüsbadin LB. [Aus Herbom HSck)
60 Apuleius Madaurensis: Opera. Venetiis, Philippus Pincius Mantua-
nus, 1493. 2'>.
Hain *I3I^. PelUchet g2^.
IVfilburg^, [Aus Rimimersdorf.')
Aquila s. Petrus de Aquila.
Aquino s. Thomas de Aquino.
Argentina s. Thomas de Argentina.
61 Aristophanes: Comoediae novem, graece. Venetiis, Aldus Ma-
nutius, 1498. 2o.
Hain-Copinger *i6£6. PelUchet 11/ 4.
Wiesbaden LB. {Aus Herborn HSch.)
62 Aristoteles: Copulata super veterem artem. [Coloniae, Henricus
Quentell], 1490. 2o.
Hain *i6/3.
Limburg. {Aus Limburg.)
63 Aristoteles: De anima cum commentariis secundum doctrinam
Alberti Magni. Coloniae, Henr. Quentell, 1497. 2».
Hain-Copinger i/ii. Pellechei 12 lO.
Weilburg. [Aus Herbom HSch.)
64 Aristoteles: De meteoris libri IV cum commentariis Jacobi de
Amstbrdia. Coloniae, Henricus Quentell, 1497. 2^.
Pellechet 1204. Copinger II, /, 616.
Sign: A—Nl, O—P'.
Weilburg. [Aus Herbom HSch.)
65 Aristoteles: De physico auditu libri octo cum commentariis
Joannis Harderwyck iuxta doctrinam Alberti Magni. Coloniae, Henricus
Quentell, 1497. 2o.
Voullieme g^. Hain-Copinger 16044.
Limburg. (Aus Limburg^
66 Aristoteles: Parva naturalia cum commentariis Johannis de Mech-
linia secundum Alberti Magui. Coloniae, Henricus Quentell, 1498. 2o.
Pellechet 1215. Hain i;;i8.
Das vorliegende Exemplar hat 106 Bl \A—Q\ R^, Sz].
Weilburg. [Auz Herborn HSch.)
67 Aristoteles: Problemata, latine, Theodoro Gaza interprete cum
vita Aristotelis. [Coloniae, Henricus Quentell. 1496?] 4*>.
Bl la Titel: Probleumata Arestote lis determinätia multas questiones de varijs cor-
poru; I| humanoy dispositionibD valde audientibD suaues. cum i eiusde Aresto. vita : morte
metrice descripta. subiüctis metroy cü interlineali glosa sententialibo expositionibD. Bl ib
leer. Bl 2a {Sign atj']: [JMnes homines naturaliter scire desi- derät. vt scribit Arestoteies
_ 10 —
pnceps phi' losophorum pmo metaphisice. Cui9 ' BI jj {Sign fuj] .i ZI 2^: x semper p in-
finita seculoi« secula. AMEN. i^> 33^: Incipit über de vita ; morte Arestotelis omniü
philosopho^ principis. Bl ^o ^i ZI 2i: vbi statum : religione ipsoy intueri valent seipsos
iudicaturi Explicit liber de vita i morte Arestotelis.
^O Bl mii Sign Iß^gl, -44], 36 Zfuen, goth. Schrift.
Copinger II, /, 623 ist nicht ganz genau. Praetor I3g3.
Wiesbaden G. {M 48.^ [Aus Idstein Gymn. Bibl.)
88 Aristoteles: Problemata lat.. Theod. Gaza interprete cum vita
Aristotelis. [Coloniae, Henr. Quentell], s. a. 40.
Hain 'i/2i. Froctar 1410.
Weüburg. {Aus Höchst.)
69 Aristoteles: Problemata lat., Theodoro Gaza interprete cum vita
Aristotelis. s. l. t a. 40.
Hain 1^23 genügt.
Fl 4.'?a Z! /.• nobis concedat deus in secula benedictus AMEN \\ 3-5^ Concludendo
ergo finaliter ; cum veritate dico. q, Arestoteies p dei misericordiam etc. ZI 30: Ibi eni
statum ; religione suam intueri valent seipsos iudicaturi. Bl 48b leer.
48 Bl [Sign a — hi\, 36 und 44 Zeilen, goth. Schrift, drei Schriftgrössen.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
70 Astesanus: Summa de casibus conscientiae. [Argentinae, Job.
Mentelin, c. 1472.] 20.
Hain- Copinger *l8Sg. Praetor 2II.
Limburg. {Aus Limburg, vorher in Griinberg.)
71 Astesanus: Summa de casibus conscientiae. Coloniae, Henricus
Quentell. 1479. 2 Bde 2».
Hain-Copinger *i8g4. Pellechet 1406.
Limburg. (Aus Sayn.)
72 Astesanus: Summa de casibus conscientiae. Coloniae, Henricus
Quentell, 1479. 2 Bde 2o.
Hain-Copinger *l8g£. Pellechet 140/.
Limburg. (Aus Limburg.)
73 Auetori tates Aristotelis. Daventriae, [Eich. Pafraet], 1489. 40.
Campbell ig2. Pellechet I4ßl. Hain-Copinger ig33.
Wiesbaden LB.
74 Augustinus de Ancona: Summa de ecclesiastica potestate.
[Xorimbergae, Petrus Wagner?; Lugduui, Petrus Ungarns?], s. a. 2o.
Hain-Copinger g^g.
Bl 3 a(x ZI 2 steht summa und nickt summa.
Wiesbaden LB. [Aus Höchst.)
75 Augustinus, S. Aurelius: Canones iuxta triplicem quam edidit
regulam. Argentinae. Martinus Schott, 1490. 2o.
Hain *2076. Pellechet 1568.
148 Bl \a b dfh k t zA, c e g il mn 0 p q r s A Bl\; dU Tabula umfasst Bl I—I2, Bl 13S «• 13^ ^"r.
Wiesbaden LB.: 3 Exemplare (aus Schönau ohne Tabula und Höchst.)
Limburg.
— 11 —
76 Augustinus, S. Aurelius : De caritate. [Coloniae, typo^r
Dictyos, 1471—75.] -l«. ^^l^^ö'-
^//«.- Incipit Tractatus bti Augustini de caritate. Bl 2b ZI 22 : Explicit bmo bti
Augustini epi de caritate.
2 Bl okn<; Sign, 2/ Zeilen, goth. Schrift, eine Schrijtgrösse.
Hain-Capinger 208g. Praetor p/p.
Limburg.
11 Augustinus, S. Aurelius: De civitate dei cum commento Thomae
Valois et Nicolai Triveth. Basileae, Johannes de Amerbach, 1489.
Pellechet 155g. Hain-Copinger 2064.
Wiesbaden LB. [Aus Schunau.)
Her bor n 1/4/. [Aus Rommersdorf.)
78 Augustinus, S. Aurelius: De civitate dei cum commento Thomae
Valois et Nicolai Triveth. Basileae, Johannes de Amerbach, 1490. 2o.
Hain-Copinger *2o66. Pdlecket l^6l.
Limburg. [Aus Hadamar.)
79 Augustinus: De civitate dei cum commento Thomae Valois et
Nicolai Triveth. Friburgi, [Kilianus Piscator], 1494. 2».
Hain-Copinger *2o68. Pellechet 1562.
Herborn 804. [Aus Herbom HSch.)
Limburg. [Aus Limburg.)
80 Augustinus, S. Aurelius: De civitate dei cum commento Thomae
Valois et Nicolai Triveth. Moguntiae, Petrus Schöfier, 1473. 2".
Pergamentexemplar , aus dem leider Bl i u. 2 sowie 46 weitere Blätter herausgeschnitten sind.
Hain-Copinger *20S/. Pellechet IS55-
Wiesbaden LB.
81 Augustinus, S. Aurelius: De sancta virginitate. [Coloniae, Gulden-
schatf? ter Hoernen? G. ten Raem?, c. 1480?]
Hain-Copinger *20/8. Praetor i^ig. Pellechet 156g.
Roth, Die Druckerei zu Eltville S. 7, Anm, 4 zueist den Druck Gutenberg, Klemm No. 4 der
Eltviller Presse zu.
Wiesbaden LB. [Aus Arnstein.)
82 Augustinus, S. Aurelius: De trinitate dei. Basileae, Johannes
de Amerbach, 1489. 2'>.
Pellechet 1541. Hain 203/.
Die Beschreibung Copingers zu dieser No. trifft nicht zu, passt vielmehr zu H. *203g.
Herbom 1/4/. (Aus Rommersdorf.)
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
83 Augustinus, S. Aurelius: De trinitate dei. Basileae, Johannes de
Amerbach, 1490. 2».
Hain-Copinger *20jg. Pellechet 1542.
Limburg: 2 Exemplare. [Aus Schönau und Hadamar.)
84 Augustinus, S. Aurelius: De trinitate dei. [Friburgi, Kilianus
Piscator], 1494. 2o.
Hain-Copinger *2040. Pellechet 154$.
Herbom 804. [Aus Herborn HSch.)
Limburg. [Aus Limburg.)
— 12 —
85 Augustinus, S. Aurelius: Epistolae. [Argentinae. Joh. Mentelin,
1468 (?).] 2*>.
Hatn *ig66. PilUchet 1481. Bl ^Oa leer, Bl /ob nur Sp. ß van 4§ Zfilen.
Wusbaden LB.
86 Augustinus. S. Aurelius: Epistolae. Basiliae, Johannes de Amer-
bach, 1493. 2'>.
Ham-Copnger *ig6g. PeUechet 1483.
Herbem I/4g. \Aus EJirenbreüsletn.)
Limburg: 2 Exemplare. [Aus Limburg und Schönau.)
87 Augustinus, S. Aurelius: Psalmorum explanatio. Basileae, Joh.
de Amerbach, 1489. 2«.
Hain-Copmger ig/Z. VouUiime 128. PeUechet 1485.
Limburg. {Aus SchMau.)
Wusbaden LB.
88 Augustinus, S. Aurelius: Psalmorum explanatio. Basileae. Johannes
de Amerbach, 1497. 2».
Hain-Q^pinger *ig/j. PeUechet 148/.
Limburg. yAus Limburg.)
89 Augustinus. S. Aurelius: Psalmorum explanatio. Venetiis, Ber-
nardinus Benalius, 1493. 2^.
//ain *ig/J. PeUechet i486.
Limburg. {Aus Deutz.)
90 Augustinus, S. Aurelius : Homiliae et primo de eo quod psalmista
ait: Quis est homo etc. [Coloniae, L'lr. Zell, c. 1467.] 4o.
Hain-Ccpinger *ig84. PeUechet 14g/.
Limburg.
91 Augustinus, S. Aurelius: Liber prolocutionis et meditationis.
[Argentinae, typogr. Henrici Ariminensis] s. a.
Hain *2I02. Praetor J02. PeUechet 158/: H. Eggesteyn c. 14/2.
Limburg. \Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
92 Augustinus, S. Aurelius: Sermonum opera plura et diversa.
Basileae, Johannes de Amerbach, 1494 — 1495. 2«.
Umburg.
Wiesbaden LB. Dies Exemplar endet mU Bl 248, der Titel ist demgemäss handschr. geändert.
93 Augustinus, S. Aurelius: Sermo de verbis evangelicis <f/t:. [Coloniae,
Arnoldus ter Hoemen], s. a, 4'^.
PeUechet I4gg.
Limburg.
94 Aureolus, Petrus: Tractatus de conceptione virginis Mariae.
[Moguntiae, Petrus Schoetfer], s. a. 4'^.
Hain-Copinger "2142. PeUechet 1614.
Limburg. {Aus Amstein.)
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes, vorher in Johannuberg.')
— 13 —
95 Aurifaber, Aegidius: Speculum exemplorum. Argentinae, [typogr.
Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1490. 2').
Hain-Copinger *i4gi8.
Am Ende feklfn einigt Blätter.
Limburg. {Aus Sayn.)
96 B albus, Johannes, de Janua: Catholicon. [Argentinae, typogr.
singularis R, c. 1470.] 2o.
//ain *23^I. Proctor 246. Pellechet 16 gg.
Weilburg. (Aus PammersJor/.)
97 Baibus, Johannes, de Janua: Catholicon. Moguntiae, [Joh. Guten-
berg], 1460. 20.
Hain-Copinger ^2254. Pellechet I/02. Proctor 146: Printer of Catholicon.
Ueber die beiden Zeichnungen am Schlüsse dieses Papierexemplars s. van der Linde, Gutenberg,
Stuttgart 18/8. S.^J. Anm. u. Centralblatt Jür Bibliothekswesen /. S.^4. Anm. sowie Roth, F. W E.,
Geschichte und Beschreibung der Königl. Landesbibliothek in Wiesbaden. Frankfurt a. M. 1886.
S. 2/. Sicherer als hierdurch ist übrigens die Herkunft durch das noch vorhandene l^erseichnis der
nach Wiesbaden aus Marienstatt gelangten Bücher bezeugt.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
98 Baibus, Johannes, de Janua: Catholicon. Venetiis, Hermannus
Liechtenstein, 1483. 2».
Hain-Copinger *23J/. Pellechet 1/05.
Weilburg. [Aus Notgottes.)
99 Bai düng, Hieronymus: Aphorismi compunctionis theologicales.
Argentinae, Joh. Gruninger, 1497. 4^.
Hain-Copinger *22/0. Pellechet I/20.
Die Überschriften in goth., das Übrige in röm. Schrift. Dies Exemplar hat in der letzten Zeile:
MCCCCXCVII.
Limburg: 2 Exemplare [deren eines aus Limburg).
100 Baptista Mantuanus: Bucolica. s. 1. t. a.? 4o.
Elia Titel: Baptiste Mantuani !j Bucolica seu adolescentia \\ in decem eglo 'gas diuisa:
Ab Jodoco Badio Ascen |sio familiariter exposita: cum '| indice dictionum. i EHalogus cius-
dem de vita beata: || Carmen eiusdem de sancto Joanne Baptista. [ Hermanni Buschij oda
de contemnendo mun|jdo & amanda sola virtute & scientia. ]| In eglogas Mantuani Decato-
sticon ;| omniü earü argumeta complectens \\ Joannis Gallinarij Budorini. || Es J eigen 5 Distichen.
El 4b: Baptista Mantuanus Carmelita :| Paridi Ceresario. S. P. Ti.\\etc. Dat.: Kalendis
Septembris Anno domini MCCCCXCVIII. Bl ggb ZI 32 : Murice vestes. Bl 100 [leer?] fehlt.
100 Bl mit Sign [ABDEGHKLNOQRS2, CFIMPT4] und Blattzählung, 26 und jg Zeüen,
röm. Schrift, nur die beiden ersten Worte des Titels in goth. Schrift, drei Schrißgrössen.
Weüburg. [Herbom HSch.)
101 Baptista Mantuanus: De patientia. Basileae, Johannes Bergmann
de Olpe, 1499. 4«.
Pellechet iSlJ. Hain-Copinger 2 40/.
Limburg. [Aus Deutz.)
102 Baptista de Salis s. Trovamala: Summa casuum conscientiae
dicta Rosella seu Baptistiaua. Norimbergae, Antonius Koberger, 1488. 2".
Hain-Copinger *i4i8i.
Limburg, [Aus Hadamar.)
— 14 —
103 Baptista de vSalis s. Trovamala: Summa casuiim conscientiae dicta
Rosella seu Baptistiana. Spirae. [Petrus Drachj. 1488. 2"J.
Hj-irfCcpinger ^14180. Pro<ti}r 2J/4. »
Limburg. (Aus HadamarA
104 Baptista de Salis s. Trovamala: Summa casuum conscientiae dicta
Rosella seu Baptistiana. Venetiis, Georgius Arrivabenus, 1495. 80.
Haifi'Copin^fr ^1418^.
Limburg. [Aus Rcmmersdorf^
Wiesbaden LB. [Aus Marimstatt^
105 Barbatia, Andreas: Repetitio Rubricae de fide instrumentorum
Mediolani. [Philippus de Lavagnia], 1490. 2^.
Bl la \Sign a.\ a ZI i : Repetitio Solemnis Rubrice. De fide instrumen torum. Edita
per excellentissimum virü. : iuris vtriuscj Monarcham. diuum dnm Andream Barbaciä
Sei culum '!' Messanensem. Bl i6a^ ^^39- Clarissimi iuris vtriusc^ Monarce ac Sere-
nissimi Regis Aragonum. :c Nobilis cösiliarii D. Andres barbacie Siculi de fide instru.
solenis Repeticio Ml i est impressa die V Mensis Nouebris Mcccclxxxx. Bl i6b leer.
l6 Bl mii Sign \a b^\ und SpallenzäAlung, 6j Zeilen, goth. Schrift, eine Schrißgrösse, mit Margin.
Copinger 11, I, No 86g.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
106 Barbatia, Andreas: Repetitio legis cum acutissimi C. de fidei-
commissis. Bononiae, Hugo Rugerius, 1492. 2"^.
Bl la leer. Bl ib ZI i : C Reuerendissimo in xpo pri ac dno domino Aloysio Capre
Mediolaneii. epo pisauren. dignissi mo Reuerendissimi legati :c. Bononie locütenenti bene-
merito iurecösultissimo i dno suo vnico j Ugo Rugerius Bononien. impressor debita cömen-
datöe premissa. S. P. D. (c) Ogitanti mihi etc. ZI IJ: Datum Bononie ex edibus nostris die.
xxij. ianuarij. Mcccclxxxxiij. diuo Johanne Bentiuolo || feliciter regente pacemtp totius patrie
nostre iam iam longissimo tempe nutriente. Bl 2a [Sign aijj a; C Repetitio egregia ac pere-
grina legis cu? acu- tissimi. C. de fideicömissis edita per excellentis- simum virü i iuris-
vtriuscj monarcham dominü i Andream barbatiam siculum messanensem mili- tem nobilissi-
mum. Bl ß4a^ ZI i^ : C Impressa Bononie impensis acuratissimi Ugo- nis de Rugerijs.
Anno salutis. Mcccclxxxxij. die \\ vero octana [!] Martij. Am Ende das Druckerzeichen.
S4 Bl mit Sign [a4 b c dl e/^], 2 Spalten, 66 Zeilen, goth. Schrift, zwei Schriftgrössen.
Wusbaden LB. (Aus Herbom HSch)
107 Barthol omaeus de Chaimis: Interroaatorium seu confessionale.
Moguntiae, Petrus Schöffer de Gemsheim, 1478. 4".
Hain-Copinger *248j.
Wiesbaden LB. [Aus Amstein.)
108 Bartholomaeus de Chaimis: Interrogatorium seu confessionale.
8. 1. t. a. 40.
Hain-Copinger *24/g.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes, zorher in fohannisberg)
109 Bartholomaeus de Glanvilla: De propietatibus rerum. Argentinae,
[typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483J, 1485. 2'\
Hain "2506. Proctor £g2.
Wiesbaden LB. {Aus Deutt.)
— 15 —
HO Bartholomaeus de Glanvilla: De proprietatibus remm. Coloniae,
Johann Koelhoff de Lübeck, 1-483. 2o.
Hiün "2^04.
Das vorlie:retide Exemplar ist am Anfang und Ende verstümmelt.
Herbcnn V VI ii. [Aus Limburg^
111 Bartholomaeus Pisanus: Summa de casibus conscientiae. [Spirae,
Petrus Brach, 1480?] 2o.
Hain-Copinger ^2^24.
VVUsbaden LB.
112 Bartholomaeus de Usingen: Parvulus logicae. Lipsiae, Wolfgang
Steckel 1499. 4o.
Bl la Titel: Paruulus Loyce. Commentarij figurales loyce Compendiu? vbertim '|
aperientes In famatissima Erffurdiensi achademia ;j per Bartholomeü de Usingen liberaliü
disciplinarü | interpretem elucubrati. Qui non protrita nee peniten da docent sed dyalec-
tice documenta multiiuga erudi[|tione conspicua reddunt. Necnon loyce totius prima fun-
damenta ordinatissime tradunt. ßl ib leer. Bl ja [Sign aij]; Plrca initium Paruuli , loyce
ante textus exordiu? quedam pambularia inj^totä loycam ett:. Bl 140a ZI 4: profuturos in-
cepi ac ad finem vs(j perduxi. Die Schlussschrift ist herausgeschnitten,
140 Bl mit Sign \a, — r, e—f, h — /, /, m, 0 — s, v—z, r2i, d, g, k, n, t^] 41 Zeilen, goth. Schrift,
j Schriftgrössen.
Hain 2^j6.
Die Typen sind dieselben wie in Hain *2£24.
Wiesbaden LB.
113 Bartholomaeus de Usingen: Parvulus philosophiae naturalis.
Lipsiae. Wolfgang Steckel, 1499. 4^.
Harn *2534.
Wiesbaden LB.
114 Bartolus de Saxoferrato: Lectura super L et IL parte Codicis.
Venetiis, Andreas Torresanus de Asula, 1488. 2".
Hain ^25 46. Pellechet igo^.
In dem vorliegenden Exemplar Bl la [vielmehr 2a, Sign AA2] a Z I steht: Ubrica ista statt
wie bei Hain und Pellechet Ubrica illa.
Wiesbaden LB: Nur Pars I vorhanden. {Aus Ehrenbreitstein.)
115 Bartolus de Saxoferrato: Lectura super I et LE parte digesti
veteris. Yenetiis, Petrus Maufer, Johannes de Forlivio et Hercules de Buscha,
1480—1481. 20.
Hain *2S/2. Pellechet ig22.
Wiesbaden LB : Nur P. J vorhanden. [Aus Ehrenbreitstein.)
Baysio, s. Guido de Baysio.
116 Beda: Repertorium sive tabula auctoritatum xlristotelis cum com-
mento. Coloniae, Henr. Quentell, 1495. 40.
Hain-Copinger *2/J4.
Weilburg. {Aus Höchst.)
117 Beda: Repertorium sive tabula auctoritatum Aristotelis cum com-
mento. ^'orimbergae, Petrus Wagner, [1490?] 4».
Hain-Copinger *2/JJ.
Auf Bl 2 ist das A eine Holzschnitiinitiale.
Wiesbaden G. {M 4S.) {Aus Idstein Gymn. Bibl)
— 16 —
118 Beichtbüchlein [Magdeburgi, Simon Koch. c. i486]. 4o.
Bl la: 0 Eyne schone geystlike lere vn vnderwijsinge van der bychte. wo eyn
mjmsche bychten schal. Ock wo he sine penitentie holden vn gode offeren schal. Dci7"unter
nn H.\t::hniit fznfn Bfuhtvaier und drei Beühtmdf dar;teilend. Bl ib: C Eyne lere wo de mynssche
syne penitentie J gode offeiren vn beruwen schal. Bl lob ZI 24: len. De glorie vn vroude
des hemels.
10 Bl mit Sign [33, 3»], JO Zfilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Im dem zerlegenden Exemplare ist Bl 4 herausgerissen, vgl. Falk im Centralblatt f. Bibliotheks-
-ivaen Jahrg. /, i8go. S. ^44.
Limhdrg.
119 Berber ius Johannes: Viatorium utriusque iuris. [Argentinae,
Joh. Pryss]. s. a. 8».
Hain-Cepinger *2/g3. Praetor 5/2.
IViesöaden LB. [Aus Amslein.)
120 Berchorius, Petrus: Dictionarius seu Repertorium morale. Norim-
bergae, Antonius Koberger. 1489. 3 Bde 2o.
Hain-C^ypinger 2801. Pellechet 2060.
Weüburg: Bd i {Aus Limburg.)
Limburg: Bd J. (Aus Limburg.)
121 Berchorius, Petnis: Liber bibliae moralis s. Moralisationes bibliae.
[Coloniae], Bartholomaeus de Unckel, 1477. 2».
Hain-Copinger *2/gy. Pellechet 20S9-
Limiurg. (Aus Deuts.)
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
122 Bernardinus de Busti: Rosarium sermonum praedicabilium.
Hagenoae, Henricus Gran, 1500. 2 Bde 2o.
Hain ^4164, 16 nicht nummerierte Bl, Bl 16 leer.
Limburg. {Aus Limburg.)
123 Bernardinus Senensis: Sermones de evangelio aeterno. Basileae,
Nicolaus Kessler, s. a. 2^
Hain '2828. Bl jooa Z 26 steht in dem vorliegenden Exemplar: Semones[!] de charitate.
siue de euägelio eter/ \\
Limburg. {Aus Deutt.)
124 Bernardinus Senensis: Sermones de festivitatibus virginis gloriosae.
Norimbergae, Fridericus Creussner, 1493. 40.
Hain-Copinger "2832.
Wiesbaden LB. {Aus Höchst.)
125 Bernardus Claraevallensis: Epistolae cum aliis eiusdem tractatibus.
Basileae, [Nie. Kessler], 1494. 2o.
Hain-Copinger *28/2. Pellechet 2106.
Limburg. [Aus Herbom HSch.)
126 Bernardus Claraevallensis: Epistolae cum aliis eiusdem tractatibus.
Parisiis, [Ulricus Gering], 1494. 4".
Hain-Copinger 28/4. Praetor 82gg. Pellechet 2108.
Limburg. {Aus Limburg.)
— 17 —
127 ßernardus Claraevallensis: Flores de diversis sermonibus. Coloniae,
Johannes Koelhoff de Lübeck, 1482. 2".
Hain-Capinger 2g26. Voulliime /gg. Pfüechet 2/81.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
128 Bernardus Claraevallensis: Floretus. [Coloniae, Hearicus Quentell,
c. 1490.] 40.
Hain-Copinger *2gi2. Pellechel 2166.
Klemm und Pellechet halten diese Ausg. für die Editio princefs. Copinger setzt sie /^OO an.
IViesbaden LB.
129 Bernardus Claraevallensis: Sermones super cantica canticorum.
Acc. Gilberti sermones super cantica canticorum. Argentinae, Martinus Flach,
1497. 20.
Halft- Copinger *28£g. Pellecket 20gS.
Limburg: 2 Exemplare [deren eines aus Herbom HSch.)
130 Bernardus Claraevallensis: Sermones super Cantica Canticorum.
Parisiis, [ülricus Gering], 1494. 4'^,
Hain-Copinger 28^8. Pellechet 20g/. vgl. Proäor 82g g.
Bl / Z j: tiue q.-
Limburg. {Aus Limburg.)
131 Bernardus Claraevallensis: Sermones super Cantica Canticorum.
Rostock, fratres communis vitae ad S. Michaelem, 1481. 2o.
Bl I fehlt. Bl 2aa rot: Repertoriü notabiliü sentenciarü in omelias mel|1iflui doctoris
bernhardi super cantica canticorü. |j schwarz (jbel alacri Cayn contracto vultu obtulit ; etc.
Bl 4b^ rot: Quisquis videris hoc repertorium si ad vnguem in j! puncto nö inueneria quod
queris leges paulisper vel superiora vel inferiora et non fraudaberis. Memen to etc. Bl ^a
rot: Incipiunt sermones egregij atc^ melliflui doctoris beati ;| bernhardi Clareuallensis abbatis
Sup cantica canticorü ,1 schwarz: ()Obis fratres alia q.de selb: aut cer- |te aliter dicenda sunt.
Ulis siquide lac || etc. Bl 20/ a ZI i rot: Ad laudem et gloriam omnipotentis deL gloriose
virginis i marie. et omnium sanctoy. Finiunt feliciter elegantissimi at? (!) pulcherrimi ser-
mones beati. Bernardi clareuallesis abbatis doctoris melliflui super Cantica canticorum
suma cü diligen cia correcti atcj impressi in Ro?stock per fratres Cois vite. ad sanctü
Michaelem. Anno a natiuitate domini. Millesimo 'j quadringentesimo octuagesimopmo
qnto kaledas Augusti. Darunter das Druckerzeiihen rot. Bl 208 fehlt.
208 Bl ohne Signaturen, J/ Zeilen, die Tabula 60 Zeilen, goth. Schrift.
Hain-Copinger 2856. Pellechet 20g5.
Pellechet weicht etwas ab.
Herbom 833 b.
132. Bernardus Claraevallensis: Sermones de tempore et de sanctis.
[Parisiis, ülricus Gering, c. 1494,] 40.
Hain-Copinger "2843. PMechet 2086. vgl. Praetor 82gg.
Limburg. {Aus Limburg.)
133 Bernardus de Parentinis: Expositio officii missae. [Spirae. JoIl
et Conr. Hist?], s. a. 2«.
Hain-Copinger *i24l6.
IViesbaden LB. {Aus Eierbach.)
— 18 —
134 Bernardus Parmensis: Casus longi super quinque libros decre-
talium. Argentinae, [Job. Pryss]. 1498. 2'\
Hain-Copmgtr *2g^8.
Limburg. {Aus Uml>urg.)
135 Bernardus Parmensis: Casus longi super ijuinque libros decre-
talium. Argentinae, s. t, 1493. 2o.
Hain *2pj6.
WiescaJfft LB.
Bertorius s. Bercborius.
136 Betrübnisse Marias. Magdeburg. Johannes Grashover, 1486, 4".
Bl la [Signz'i]: Hijr beghynnet dat bock van der bedroj ffenisse vnde herteleyde der
hogheloue ; den konnigynnen der alderleueste mo der cristi marien C Dat erste capittel. ,|
sprickt Wu dat maria to bethleem ghynck vnd wu ; se ore kynt ghebar vnde van oreme
groten armoyde. Darurtier Holzschnitt: Maria und Josef das "Jesuskind anbetend. Bl ~4b ZI l6 :
C Loff vnde ere sy der benedygeden moder mari 'en de dusse materien dem dichter in syn
herte heft gegheue welke materie is ghemaket nach der ge bord cristi vnses heren ver-
teynhundert dar na in dem vyfTundeachtentighesten iare Unde den dar na in den ses?-
undeachtentighesten iare dorch Jo ;hannem grashoue borgher to magdeborch is ghe prentet
worde Des de almechtighe god maria syn |1 benedigede moder myt allem hymmelschen
here to \ ewyghen tyden ghelouet syn. Bl ~ß a Holzschniit Maria mU Jünf Schwertern, die durch
ihr Herz gehn, darstellend. Bl /jb: C Hijr beghynnet de vyff betroffenisse marien i| der leuen
soten moder cristi. Bl /8b ZI 28 : scheyde myt den armen dyner barmherticheyt amen
Di£ letzten Blätter fehlen. Vorhanden sind i8 Bl mit Sign [a — /4, ki], 28 Zeilen, goth. Schrift, eine
Schriftgrösse mit eingedruckten Initialen und vielen Holzschnitten, vgl. Falk, Der Magdeburger Drucker
Johann Graschoff i486 in Centralblatt f. Bibliothekswesen Jahrg. /, l8go, S. 246 — 248 und 344.
Limburg.
137 Biblia latina. [Argentinae, Job. Grüninger], 1483. 2o.
Hain-Cjpinger 3088. Praetor 43/. Pellechet 2^15.
Limburg: nur von Bl JO^ [Hain J04] ab vorhanden.
138 Biblia latina. Basileae, Jobannes Froben, 1491. 8'^.
Hain-Copinger *3ZO/. Pellechet 232g.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
139 Biblia latina. Basileae, Johannes Froben, 1495, 8o.
Hain-Copinger *3Il8. Pellechet 2JJ^.
Herbem ig 3. (Aus Herbom HSch.)
Limburg [unvollständig).
140 Biblia latina. [Basileae, Johannes de Amerbach], 1481. 2«.
Hain-Copinger *3o8l. Praetor /S^'^- P'U^chei 2 30 8.
Herbom 1/6. [Aus Eberbach.)
Limburg. [Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. [Aus Rammersdorf.)
141 Biblia latina. [Basileae, Johannes de Amerbach], 1482. 2o.
Hain-Copinger *3o86. Praetor /^ÖJ.
Limburg. [Aus Sayn.)
142 Biblia latina. [Basileae, Bernh. Richel], 1475. 2".
Hain-Copinger "3053. Praetor /S24. Pellechet 22/ pr.
Wiesbaden LB. Nur Bl 228—4^5 vorhanden.
— 19 —
143 Biblia latina. Coloniae, Conradus de Homborch, 1479. 2^
Hain-Copinger *jo/i. Pellechet 2JOO.
IJmburg. {^Aus Sayn.)
144 Biblia latina. [Coloniae, Nicolaus Goetz. c. 1472.J 2 Bde. 2**.
Bd /: Bl I \Uer?\ fehlt. Bl 2'aa: Incipit epla sancti. leronimi ad !| paulinü psbitey
de omnibD diuine !| historie libris. Ca. I. [| ()Rater ambrosi9 ] tua michi munus:,cula pferes,
detu- |lit simul et suauis simas Iräs. que a pncipio amicicia- rü. fidem pbate ^U. Bl £a^
ZI j6: Explicit plogus in penthateucon i| moysi. Incipit über bresich quem [ nos genesim
dicimus •:• || Capitulum primum. i; Bl 5jß.* ()N pncipio creauit deus ce lum et terram. Terra
aute li eat inanis : vacua: : tene||bre erat sup faciem abisai: || x spüs dni ferebat super
a||quas. eic. ßl Jj6a^ ZI 40: Spiritus laudet dnm. Explicit psalterium •:• Bl 3^6 b leer.
Bl I: 336 Bl ohne Sign [35 Lagen: i^n, 16—20, 22—2;; 2g, 3^5, 13—15, 21, 28, 30,
32—34, 36*> 3^i]-
Im Übrigen s. Pellechet 2268. Copinger II, I, 1020 ■
Limburg und IViesbaden LB.
145 Biblia latina. [Coloniae, Nie. Goetz, c. 1473.] 2 Bde 2o.
Hain-Copinger ^3042. Praetor iii/. Pellechet 22/2.
Limburg: 2 unvollständige Exemplare , das eine mit dem Buche Tobiae beginnend und mit dem
Evangelium fohannis endigend {aus Deutz), das andere die libri Regum, Paraäpomenon, Esdrae, und
das Psalterium enthaltend {aus Sayn).
Wiesbaden LB : nur Bd 2, in dem aber das Druckerzeichen am Ende fehlt. (Aus Rommersdorf.)
146 Biblia latina. [Coloniae, Nie. Goetz, c. 1475.] 2 Bde 2o.
Hain-Copinger ^3046. Praetor 1118. Pellechet 226g.
Limburg: nur der IL Teil vorhanden.
147 Biblia latina. Coloniae, [Nicolaus Goetz], 1480. 2 Bde 2o.
Copinger II, i, IO25. VaullUme 223.
Wiesbaden LB: nur Bd i vorhanden. [Aus Limburg.)
Es ist dies die Bibel, auf die sich v. d. Lindes Kritik des alten Inkunabelverzeichnisses der Wies-
badener Landesbibliothek (Centralblatt für Bibliothekswesen I, S. £4) bezieht.
148 Biblia latina. Moguntiae, Petrus Schöifer. 1462. 2 Bde 2o.
Schön rubricirtes Exemplar auf Pergament, das Bl laa ZI i \roi\: Incip epla sei iheronimi
ad paulinü psbite-||rü: de oinibD diuine historie libris; Ca. pmü. || ( jRater ambrosius beginnt,
vgl. Pellechet. Bl 2o6 u. 20/ haben gefehlt, sind aber von H. Klemm in Dresden im fahre 18S3
sehr kunstvoll nachgebildet worden.
Hain-Copinger *3050. Pellechet 228z.
Wiesbaden LB: nur Bd i.
149 Biblia latina. Norimbergae, Antonius Koberger, 1478. 2o.
Hain-Copinger *3o68. Pellechet 22 g6.
Nach handschriftlicher Notiz auf dem. letzten Blatte kostete diese Bibel im Jahre I4gi 5 Gulden,
das Rubriciren 12 Albus.
Wiesbaden LB.
150 Biblia latina. [Spirae, Petrus Drach], 1489. 2o.
Hain-Copinger "^3105. Praetor 23/8. Pellechet 232/.
Hadamar. (Aus Hadamar.)
Wiesbaden LB. (Aus Sayn.)
151 Biblia latina. Yenetiis, Nicolaus Jenson, 1479. 2".
Hain-Copinger *30/3. Pellechet 2302.
Im vorliegenden Exemplar fehlen die beiden ersten Bl.
Wiesbaden LB.
— 20 —
152 Biblia latina. Venetiis. Franciscus Renner, 1480. 4«.
Hain-Opnger 'jO/S. PelUchet 2^0$ •
Um'ourg.
153 Biblia latina cum Concordantiis. Argentinae. [Johannes Grüninger]
1497. 20.
Hain-Capinger *JI22. Prcctor 4^g.
Limburg. (Aus Hadamar.)
154 Biblia latina cum postillis Hugonis de Sancto Caro. Basileae,
Johannes de Aiuerbach. 1498—1502. 7 Bde 2o.
Hain-Copinger 31/ 5. Pd'.echet 23^4.
Limburg. [Aus Eöerbach.)
155 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. Argentinae. [Job.
Grüninger]. 1492. 4 Bde 2'\
Hain-Copinger "J/Ög. Praetor 462. Pellechet 2348.
Limburg: 2 vollständige Exemplare [aus Sayn und Notgottes\ ein 3. Ex., nur P. II, {aus Deute).
156 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. [Lugduni], Johannes
Syber. [1496?] 4 Bde 2".
Hain-Copinger ^3163. Proctor 8542. Pellechet 2342.
Limburg. [Aus Limburg.)
157 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. Norimbergae, Anton.
Koberger. 1485. 4 Bde 2'^.
Hain-Copinger *3/66, Pellechet 234^.
IViesbaden LB : nur Bd 4 vorhanden. [Aus Höchst.)
158 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1487. 4 Bde 2^.
Hain-Copinger *3l6/. Pellechet 2346.
Limburg: ein Exemplar [aus Deutz), ein 2. Ex. nur Bd i, 2 und 4 [aus Rommersdorf), ein 3. Ex.
nur Bd I [aus Deutz) u. Bd 4 laus Hadamar).
159 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. Norimbergae, Anton.
Koberger, 1497. 4 Bde 2'^.
Hain-Copinger "'31/I. Pellechet 23£0.
Limburg: nur Bd i u. 3. [Aus Deutz).
160 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. Venetiis, Franciscus
Renner, 1482. 3 Bde 2«.
Hain-Copinger *3l6£. Pellechet 2344.
Limburg: Bd I. [Aus Rommersdorf.)
161 Biblia latina cum postillis Nicolai de Lyra. Venetiis, Octavianus
Scotus, 1489. 4 Bde 2o.
Hain-Copinger *3i68.
Limburg: nur Bd i u. 2.
162 Biblia latina cum glossa ordinaria Walafridi Strabonis et inter-
lineari Anselmi Laudunensis. [Argentorati, Adolphus Rusch, 1480.] 4 Bde 2'\
Pars II Bl la abweichend von Hain und Pellechet: ()Iginti et j duas litteras es 'se apud
hebre- os etc.
Hain-Copinger *3l/3. Proctor 2g g. Pellechet 2352.
Limburg: Bd I u. 4. IViesbaden LB.: Bd 2 u. 3. [Aus Deutz.)
— 21 —
163 Biblia germanica. Argentinae, [Job. Grüninger], 1485. 2 Bde 2o,
DU Holzschnitte sind kolorirt, der 2. Band ist mit vielen schönen Initialen versehen.
Hain-Ccrpinger "^3138. Praetor 443. Pellechet 23/6.
IViesboilen LB. {Aus Hadamar.)
164 Biblia germanica. [Norimbergae, Andreas Frisner et Job. Sensen-
schmid, c. 1472.] 2o,
Hain '3132. Praetor 2204. Pellechet 23/I.
Wiesbaden LB. (Aus Sayn.)
165 Biel, Gabriel: Expositio sacri canonis missae. Reutlingae, Johannes
Otmar, 1488. 2o.
Hain-Copinger *3i/8.
Limburg. (Aus Xotgottes.)
166 Biel, Gabriel: Expositio sacri canonis missae. Tubingae, [Jobannes
Otmar], 1499. 2o.
Hain-Copinger *3i^g.
Wiesbaden LB.
167 Biel, Gabriel: Expositio sacri canonis missae. Tubingae, [Johannes
Otmar], 1499. 4».
Hain-Copinger *3i8l,
Herbom 341,
168 Biel, Gabriel: Sermones de festivitatibus Christi et virginis Mariae
atque de sanctis, [Tubingae, Johannes Otmar], 1499. 4o.
Hain-Copinger ^3184. Praetor 3234.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes, vorher in yohannisberg.)
Bitonto s. Antonius de Bitonto.
Blony 8. Nicolaus de Blony.
169 Boethius: De consolatione philosophiae c. comm. Acc. Job. Gerson:
De consolatione theologiae. Coloniae, Johannes Koelhoff de Lübeck, 1488. 2'\
Hain-Copinger *338o
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
170 Boethius: De consolatione philosophiae cum commento. Daven-
triae, Jac. de Breda, 1490. 4»
Hain-Copinger 3381. Campbell 312.
Wiesbaden LB.
171 Boethius: De consolatione philosophiae cum commento. Hagenoae,
[Henricus Gran], 1491. 40.
Hain *3383. Proctor 31/2.
Wiesbaden LB.
172 Boethius: De consolatione et de uisciplina scholarum. Venetiis,
Johannes et Gregorius de Gregoriis, 1497. 2o.
Copinger //, /, 1118.
Der Titel ist nicht in Kapitalschrifi.
Weüburg. {Aus Herbom HS eh.)
— 22 —
173 Boethius: De Jisciplina schoUirium cum commento. Coloniae,
Henricus Quentell. 1489. 4ö.
Hain-Ccfinger 24^9-
WUibaden LB.
Boloj]'ninus s. Ludovicus Bolocminus.
174 Bonaventura: Biblia pauperum. [Argentiuae, Johann Pryss],
1490. 4.
Hain-Capinger *J^03. ZI J des TiUh steht omniius, wie VouWJme 26 1 angiebt.
Herbem S l' £. {Aus Herborn HSch.)
175 Bonaventura: Breviloi^uium. Acced. Biblia pauperum. Yenetiis,
Johannes de Colonia et Johannes Manthen de Gherretzem, 1477.
Hain '34/3.
Limburs;: Nur die Biblia pauperum vorhanden. {Aus Amstein.)
176 Bonaventura: Liber protectuum religiosorum. [Daventriae.
Richardus Pafraet. 14ö3— 1484.] 4').
Hain-Copin^er 3£lO. Campbell 1442. Proctor 8g 6/.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
177 Bonaventura: Libri et tractatus varii. Argentinae, Martinus
Flach, 1489. 2«.
Hain-Ccpinger "346^-
Limburg.
178 Bonaventura: Libri et tractatus varii. [Coloniae, Bartholomaeus
de Unckel], 14S4. 2'\
Bl la Titel: Tractatus sancti Bonauenture ,' Breuiloquium | Itinerarius mentis in deum ||
Paruum bonum Regimen conscientie Föns vite Soliloquium siue De quattuor exer-
citijs deuotorü Lignum vite , Centiloquium Apologia pauperum Epistola eiusdem eli-
minans errorem [ cuiusdä magistii circa regulam beati Francisci , Epistole plures '' Epis-
tola eiusdem dans regulä oibus in christo viuere volentibus Uiginti passus de virtutib9
bonorum religiosorum De reductöe artium ad theologiä De tribus ternarijs infamibus J
Expositio orationis dominice De Septem gradibus contemplatöis Laudismus de sancta
cruce 11 Laudisonus de sancta cruce. Bl ib leer. Bl ^4 ist leer. Hain F. /J ist also Bl ^5.
Bl 83 [Hain 81] ist dagegen nicht leer, ist vielmehr Hain 82\ Von Blatt ig^ ab ist der Schrift-
charakter ein anderer, dennoch ist, wie der Titel zeigt, Jas Werk so, wie es Hain anführt, ein rinheit-
liches. Der zuletzt im Titel angeführte Laudisonus de sancta cruce ist identisch mit Laudismus
de Santa cruce. Das Werk hat im Ganzen 2^8 Bl mit Sign [a—fi, g — h3, aa*, bbi, A — C4,
D—Gl, H—P',, Qs, a—i*, ks].
Im Cbri^en s. Hain-Copinger *3463. Procter I143. Vgl. Voullieme Nachtr. S. 262.
Wiesbaden LB. {Aus Limburg.)
179 Bonaventura: Opuscula parva. Argentinae, [typogr. Jordani de
Quedlinburg, a. 1483]. 1495. 2^.
Hain-Copinger ^346 8. Proctor 63g.
Limburg: Pars //. [Aus Limburg.)
180 Bonaventura: Perlustratio in quattuor libros sententianim«
Friburgi, Kilianus Piscator, s. a. 4 Bde 2o.
Hatn '354t.
Beigebunden ist aie Tabula Bl i — /£ [75^ w/ überklebt] der Kobergerschen Ausgabe v. T^OO
= Hain "3543-
Limburg: Bd i u. 2. [Aus Limburg.)
23 —
181 Bonaventura: Perlustratio in quattuor libros sententiarum. Norim-
bergae, Antonius Koberger, [1491]. 5 Bde. 2«.
Du Tabula -jjeicht von Hain ab.
Bl la Titel: Tabula super libros sententiay ' cum Bonauentura. Bl tb leer. Dl 2a
{Sign ai\ a; Johannis bekenhaub moguntini in scripta diui j bonauenture cum textu senten-
tiarum tabula, quam , siquis etc. Bl g8b^: Tabule sup textü sententia^ cü Bonauentura
fi||nis. In qua sparsim viciola quedä adnotaui in Bo nauentura et lombardo suis locis
em8danda. Vere ;or -r/r. Bl ggaa: Sequuntur värij irticu li erronci omnium pene facul-
tatum. in anglia et pa.i;risius studiose : auctoritatiue condenati cum reuoca tionibus eorun-
dem. II rf^. Bl 112 leer. Bl iija [Si^ ggj a.' Ordo questionum di,,ui Bonauenture etc.
Bl 1x8 a<^ ZI 10: nolle debeamus. d. Bl 118 b leer. 118 Bl {Sign a^, b-ql, 13, -4, ggi]. Das
Übrige wie Hain.
Hain-Copinger *3540. Praetor 2068.
Herbom 814 b: Bd i u. 2 mit der Tabula. (Aus Herbom HSch.)
Limburg: Bd 1—5 [mit der Tabula Bl i—g8) und ein 2. Ex. von Bd 2. {Aus Limburg.)
Wiesbaden LB: Bd J u. 4. [Aus Marienstatt.)
182 Bonaventura: Perlustratio in quattuor libros sententiai-um.
Norimbergae, Antonius Koberger, 1500. 2o.
Hain-Copinger ^3543.
Limburg: Nur die Tabula Bl 1—75 vorhanden. (Aus Limburg.)
183 Bonaventura: Sermones de tempore et sanctis. Reutlingae,
[Johannes Otmar], 1485. 2o.
Hain *3S!/- Praetor 270;^.
Wiesbaden LB.
184 Bonaventura: Sermones mediocres de tempore. Argentinae,
[typograph. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1496. 4o.
Hain-Copinger *3523. Praetor 668.
Limburg.
185 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium cum Clementinis.
Basileae, Johannes Proben, 1494. 4».
Hain-Copinger *36/g.
Nach einer handschrifil. Notiz wurde das Buch zu Mainz 1494 für 18 Albus gekauft.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSeh.)
186 Bonifacius YIII: Liber sextus decretalium cum Clementinis.
Basileae, Johannes de Amerbach et Johannes Proben. 1500. 4».
Hain-Copinger ^3626.
Wiesbaden LB. {Aus Ehrenbreüstein.)
187 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium cum Clementinis.
[Basileae, Nicolaus Kessler, 1495?] 2*>.
Hain-Copinger *3585. Praetor 76g 7.
In dem Exemplar aus Deutz steht Bl 5 a Text rot: Incipit sextus liber decre. Im Öhrigen
stimmt alles mit Hain überein.
Limburg: 2 Exemplare. {Aus Deutz und Rommersdarf.)
188 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium. Basileae, Michael
Wenssler, 1477. 2o.
Hain *359S.
Limburg.
— 24 —
189 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium. Lugduni, Johannes
Syber, 1482. 2o.
Du z-ier ersten Bl \die Rubricae enth.?\ fehlen. Bl §a [Sign a. v." Text ß rot: Incipit
sextus liber decre talium. |l Dann schwan ( ONIFACIUSa Epüs»> | Kommentar a: qiUia pre-
posterus est ordo prius humana subsidia pe tere ut illis deficientibus diuini fauoris gratia
postu- letur de cöse. di. i. omnis christianus in fi. Iccirco ego Johänes andree etc.
Bl i4£a^: Liber sextus decretalium una cum apparatu dompni [! iohänis andree. diligen-
tissime emendatus. feliciter explicit. Impressus j impendio magistri Johänis syber almani.
Anno salutis do- minice. Mcccclxxxii. pridie kalendas may. Bl 146 [^^/j fehlt.
146 Bl mit Sign [a5, b — j4] 2 Spalten. Text in grösserer Schrift vom Kommentar umgeben.
Kommentar 68 — 6g Zeilen, goth. Schriß,
Hain j6oi.
Limburg,
190 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium. Lugduni, Michael
Wenssler, 1494. 2o.
Copinger II, i, I308.
Limburg.
191 Bonifacius VIII:
Antonius Koberger, 1486. 2o.
Hain-Copinger *^6lJ.
Wiesbaden LB.
Liber sextus decretalium, Norimbergae,
192 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium cum Clementinis.
Venetiis, Baptista de Tortis, 1496. 2«^.
Bl I rot oben: Cum priuilegio weiter unten: Sextus et clemejjtine de tortis.
Hain-Copinger *^622.
Limburg. [Aus Limburg.)
193 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium cum apparatu Joannis
Andreae. Venetiis, Bartholomaeus [de Blavis] de Alexandria, Andreas [de
Torresanis] de Asula, Maphaeus [de Paterbonis] de Salodio socii, 1482. 40,
Hain *j6o4.
Limburg. (Aus Hadamar.)
194 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium. Venetiis, Joannes et
Gregorius de Gregoriis, 1489. 2^
Hain *j6i4.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSck.)
195 Bonifacius VIII: Liber sextus decretalium. Venetiis, Thomas de
Blavis de Alexandria, 1489. 4».
Bl T leer. Bl 2 a {Sign a3-\ a ()Irca lecturaj arboris diuersis olim || diuersuro moduj
tenentibus : Jo. de deo hispanus post illos lecture ipsi9 ;| arboris nouü modü assumens per \\
etc. Bl ßa Text rot: Incipit sextg liber decretaliü j| schwarz ()ONIFACIUSa Episco-|j Kommen-
tar: f)Uia pposterus e ordo pus humana subsidia ' petere: vt illis deficietib9 diuini fauoris
gra postulet: etc. Bl r^^a^ rot: Liber sextus decretaliü vna cum apparatu donmini. [!]
Joannis andree accuratissime castigans feliciter explicit. Uene tijs impressus opera at<y
impensa Tbome de Blauis. de Ale /xädria Anno salutis Christiane M. cccc. Ixxxix. die. xiiij.
aug. Bl rßßb Regutrum und Jas Drucktrzeiehen. Bl 156 fehlt.
Iß6 Bl mit Sign [a—s^, /6j. 2 Spalten, Text in grösserer Schrift vom Kommentar umgeben,
letzterer 6j Zeilen, goth. Schrift.
Hain 3615.
Wiesbaden LB.
— 25 —
Bonum universale de proprietatibus apum s. Thomas Cantiprateusis.
196 Brack, Wenceslaus: Vocabularius rerum. [Argentinae, typogr
Jordani de Quedlinburg a. 1483J, 1491. 40.
Hain ^J/O/. Praetor 663.
Limburg. [Aus Limburg.)
197 Brack, Wenceslaus: Vocabularius rerum. [Spirae, Conr Histi
1496. 40. Lt.. 3tj,
Hain *3/lO. Praetor 2432.
Limburg: 2 Exemplare. (Aus Limburg und aus Arnstein.)
198 Brant, Sebastian: In laudem virginis Mariae multonimque San-
ctoinim, et varii generis carmina. [Basileae, Johannes Bergmann de Olpe
c. 1494.] 40. o P ,
Hain *j/jj.
Limburg.
Brant, Sebastian, s. KlagspiegeL
199 Brant, Sebastian: Narrenscliiff, latine interprete Jacobo Locher
Philomuso. Argentinae, Johannes Grüninger, 1497. 40.
Hain *J/4g. vgl. Voulliime 284.
Limburg: 2 Exemplare.
200 Brant, Sebastianus: Varia carmina. Basileae, Johannes Bergmann
de Olpe, 1498. 4o.
Hain-Copinger *3/Sl.
Limburg.
201 Bruno Herbipolensis : Psalterium ex doctonim dictis collectum.
[Eustadii, Michael Reyser, i486.]
Hain-Copinger *40II. Praetor JI2J.
IViesbaden LB. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
202 Bruno Herbipolensis: Psalterium ex doctorum dictis collectum.
Norimbergae, Antonius Koberger, 1497. 40.
Hain-Copinger ^4013.
Limburg. [Aus Arnstein.)
203 Büchlein von der Liebe Gottes samt dem Spiegel der kranken
und Sterbenben Menschen. Augsburg, Hans Froschauer, 1494. 8«^.
Hain *4o6j.
140 Bl; Bl 140 ist leer. Bl 13g Z g: im vorliegenden Ex. criisti [!J geburt. M. cccc. xcJij,
Herborn PVd g6. {Aus Herbom HSck.)
Busti s. ßernardinus de Busti.
Butrio s. Antonius de Butrio.
Caccialupis s. Johannes ßaptista de Caccialupis.
— 26 —
204 Caesar. C. Jul.: Commentarii Je bello Gallico et (ie hello civili.
Venetiis. Theodonis de Ragazonibus, 1490. 2'^.
Hain- Cef mger ^42 ig.
Wiesbaden LB. [Aus Herbem HSck.)
205 CalJerinus, Johannes: Repertorium iuris. [Basileae. Michael
WensslerJ 1474. 2o.
Hain-Copinger *4248. Proctor /461.
.Auf Bl I .\[iniatur einen Rechts gelehrten darstellend, ebenfalls das A zu Anfang gemalte Initiale.
Wiesbaden LB. (Aus Rommersdcrrf.)
206 Campanus, Johannes Antonius: Oratio in conventu Ratisponensi
dicta ad exhortandos principes Germanorum contra Turcos et de laudibus
eorum. [Romae, Stephanus Planck], s. a. 4".
Hain *42gO. Proctor 3/32.
Wiesbaden LB. [Aus Eierbach.)
Canones poenitentiales s. Petrus episcopus Civitatensis.
207 Caracciolus Robertus: Opus quadragesimale quod de poenitentia
dictum est. Argentinae, Martinus Schott, 1485. 2^.
Hain-Copinger ^4436. Proctor 3g5.
Limburg.
208 Caracciolus, Robertus: Sermones de laudibus sanctorum. Spirae,
Petrus Drach. 1490. 2".
Hain-Copinger *4484.
Limburg. [Aus Limburg.)
209 Caracciolus, Robertus: Sermones de laudibus sanctorum. Venetiis,
Bernardinus BenaHus, 1490. 4o.
Hain *44S2.
Limburg.
210 Caracciolus, Robertus: Tractatus de divina caritate. s. 1. t. a. 2o.
Bl la: Incipit tractatus de diuina caritate opilatus per Reue- Irendü sacre Theologie
doctore magistrü Robertum de Li tio ordinis minorum in quo ostenditur cü omni ueritate
sa-| cre sancte scripture: qualiter deua benedictus quätum in se |) est omnibus peccatoribus
offert indulgentiam & remissio nem peccatorü neminem excludes a salutis uia. Bl 48a
ZI ig: per gratiam & in futuro per gloriam. Amen. Bl 48b leer.
vgl. im übrigen Copinger //, /. I4S4-
Limburg. [Aus NotgoUes, vorher in Johannisberg.)
Carchano s. Michael de Carchano Mediolanensis.
Cassia s. Simon de Cassia.
211 Cassianus, Johannes: De institutis Coenobiorum, de origine causis
et remefliis vitiorum, de collationibus patrum. Basileae, [Job. de Amerbach],
1485. 20.
Hain-Copinger ^4562 Proctor ^^56^.
Limburg. [Aus Notgottes.)
— 27 —
212 Cassianus, Johannes: De institutis Coenobiorum, de origine causis
et remediis vitiorum. de collationibus patrum. Basileae, Johannes de Amer-
bach, 1497. 2«.
Institutis ce-
Bl la Titel Joannes . nobiorum.
;., . de _ . -
Cassianus Origie: causis
et remedijs
vitiorum.
Collatiöibus
patrum
Bl ib: Auctor quis ac qualis fuerit: quos libros: ad quos: : de quibQ ' scripserit:
cömedaticia breuisqi expositio. j] etc. Bl 2 a \Stgn 2\: Notabilium dictorü iu- xta alphabeticum
ordine? I librorum Joannis Cassia-!(ni: annotatio jj rfr. Bl 220a^ ZI ;^o : Expliciüt viginti-
quattuor ;} collationes sanctoy patrum i| conscripte ab Johanne eremi- ta qui et Cassiing
dicit: Im- presse Basilee per magistrü , Joannem Amerbach : Anno domini M. CCCC.
Ixxxxvij. j Deo gratias. Bl 220 b leer.
Hain-Copinger 4564. Die Blattzahl u. das Übrige richtig bei Copinger.
Herbom 1/8/. [Aus Herbom HSch.)
213 Casus in terminis super Institutis, [Argentinae, Joh. Prj'ss,
1498—99]. 20.
Hain- Copinger *4666.
Limburg. [Am Limburg.)
214 Casus papales, episcopales et abbatiales. s. 1. t. a. 4'^.
Bl la ZI i: C Casus Papales. Episcopales. et Abbatiales. || ()Rimus casus Papalis e
in illo qui percutit enor;,miter clericü. Bl 4a ZI jj: Finiüt casus Papales Epäles & abba-
tiales. Bl 4b leer.
4 Bl ohne Sign, 34 Zeilen, röm. Type.
Wiesbaden LB. [.4us Eberbach.)
215 Cato cum glossa et moralisatione. Argentinae [Martinus Flach],
1487. 40.
Hain-Copinger *4/2i. Praetor 6/2.
Limburg.
216 Cato cum glossa et moralisatione. Basileae, Nicolaus Kessler,
1486. 40.
Hain *4/i8.
Limburg. [Aus Ehrenbreitstein.)
217 Cepolla, Bartholomaeus: Cautelae. [Argentinae, Johannes Pr)-ss],
1490. 40.
Hain *486ß. Praetor 54/.
Wiesbaden LB. [Aus Amstein.)
Chronica s. Rudimentum novitiorum.
218 Chrysostomus, Johannes: De compunctione cordis. [Daventriae.
Richard Pafraet, 1491]. 8o.
Hain-Copinger *^046. Campbell 424.
Wiesbaden LB.
— 28 —
219 Chrysostomus. Johannes: Liber dialogorum de dignitate sacerdotii.
[Coloniae. ülr. Zell. U72]. -t^.
Hain-Copm^er "'£048. Prodor 8S7-
Limburg.
220 Chrysostomus, Johannes: Homiliae LXX in evangelium S.
Matthaei. Georgio Trapezuntio interprete. Coloniae. Johannes Kuelhoff de
Lübeck 1487. 2«.
Hain '5OJ5.
iVie:badfn LB. [Aus Afarürtsiati.)
221 Chrysostomus. Johannes: Sermo super Psalmum: Miserere mei
deus. [Coloniae. Ulr. Zell, 1466—67]. 4^.
Hain-Cofingtr 'SOJI- Prodor 8og.
Signaturen hat dies Exemplar nicht.
Limburg.
222 Chrysostomus, Johannes: Sermones de patientia lob. Coloniae,
JoL Koelhoff de Lübeck, 1487. 2*>.
Hain-Ccpinger *502/.
Das Werk hat 6o Bl {Sign /4, a— <rS/,/3,] in der Blatinumerierung sind die Zahlen XXIII
und XXV übersprungen.
Wiesbaden LB. [Aus SchSnau.)
223 Chrysostomus, Johannes: Sermones de patientia lob. [Coloniae,
Ulr. ZeU. 1467}
Bl I leer. Bl 2 a Säctissimo et Clemetissimo dno. | dno Nicoiao diuiä puidetia pape
qui- to sce Romane ac vniusalis eccie sümo pontifici. Lilij Tifernatis vltimi suorü |
seruorü prologus in sermones sancti Johannis Crisostomi. Bl 47b am Ende: Expliciüt
sermoes Sancti Joli. Criso- Storni In iustü et beatü lob de pacia. Bl 48 leer.
48 Bl ohne Sign mit 2/ Zeilen, goth. Schrift. Die 6 Anfangszeilen in grösserer Schrift.
Hain-Copinger 5024. Praetor 808.
Limburg.
224 Chrysostomus, Johannes: Sermones XXV e graeco latine versi
a Christophoro Persona. [Coloniae, Joh. Koelhoff de Lübeck, 1487]. 4o.
Hain-Copinger *^040. Prodor 10/8.
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
225 Cicero, Marcus Tullius: De officiis. Venetiis, Jacobus de Paganinis,
1491. 2'^.
Hain-Copinger *52/7.
Weilburg. [Aus Idstein Gymn. Bibl.)
226 Cicero, Marcus Tullius: Epistolae ad familiäres cum commentario
Hubertmi Clerici Crescentinatis. Venetiis, [Andr. de Paltascichis?]. 1480. 2o.
Hain-Copinger *5l87. Prodor £662.
Weüburg. Die ersten drei Blätter fehlen. {Aus Herbom HSch.)
227 Cicero, Marcus Tullius: Orationes. Venetiis, Bartholomaeus de
Zanis de Portesio, 1499. 20.
Hain "5128.
Wusbaden LB.
— 29 —
228 Cicero, Marcus Tullius: Synonyma s. de proprietatibus terminorum.
[Moguntiae, Petrus Schöffer. c. 1476]. 4o.
Hain- Ccfinger *5346.
WeÜburg.
229 Cicero, Marcus Tullius: Tusculanarum quaestionum libri cum
commentario. Venetiis, Johannes de Tridino, 1494. 2o.
Bl la Titel: MARCI TVLII [!] CICERONIS TVSCV LANARVMQVAESTIONVM.
Bl ib Iftr. Bl2a [-%« aiij Text: MARCI TVLII [!] CICERONIS TVSCVLANARVM QVAES-
TIONVM LIBER PRIMVS. Kommentar: CVm defensionum. Temporibus quibus Cesar
rerum potiebatur: & multum Cice-|ironi etc. Bl £8a unter dem Text: Marc» Tulii [!] Cice-
ronis Tuscula^ [!] quaestionü finis. || Impressarü Venetiis per Joanne de Tridino maxima cum
di-|jligemia. M. cccc. Ixxxxiiii. die tertia Februarii. Darauf: Registrum huius operis.
ßS Bl {a—i\ k-^\, 44 und 6o Zeilen, röm. Schriß, drei Schri/tgrössen, mit eingedruckten Initialen.
Hain 531g.
Weilburg. [Aus Idstein Gymn. Bibl.)
230 Claudianus, De raptu Proserpinae. s. 1. t. a. 4*^.
Bl la: Vorausgehen 6 Distichen, dann: Claudiani proserpina incipit ; ( Nferni raptoris
equos afflatacy curru jl Bl 22 a: Claudiani proserpina finit feliciter. Bl 22b leer.
22 Bl ohne Sign \j Lagen: i—2^, p], 28 Zeilen, röm. Schriß.
Wiesbaden LB. [Aus Eierbach.)
Clavasio s. Angelus de Clavasio.
231 Clemens V: Constitutiones cum apparatu Joh. Andreae. Basileae,
Michael Wenssler, 1476. 2».
Hain-Copinger *^4i8.
Limburg.
232 Clemens V: Constitutiones cum apparatu Johannis Andreae.
Lugduni, Michael Wenssler 1495. 2*^.
Copinger II, I. Nr. l6/j.
Limburg.
233 Clemens V: Constitutiones cum apparatu Joannis Andreae.
Norimbergae, Antonius Koberger, 1486. 2o.
Hain-Copinger *5435-
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
234 Clemens V: Constitutions cum apparatu Joannis Andreae. Venetiis,
Bartholomaeus [de Blavis] de Alexandria, Andreas [de Torresanis] de Asula.
Maphaeus de Paterbonis de Salodio socii, 1482. 4*>.
Hain ^5428.
Limburg. [Aus Hadamar.)
235 Clemens V: Constitutiones cum apparatu Joh. Andreaa Venetiis,
Johannes et Gregorius de Gregoriis, 1489. 2^.
Hain ^£442.
Wiesbaden LB. [Aus Herbem HSch.)
— 30 —
236 C 1 e m e n s V : Constitutiones cum apparatu Joannis Andreae. Venetiis,
Thomas de Blavis de Alexandria. 1489. 4o.
ßl I fehlt. Bl 2a \Si^ A^\ a Text rot: Incipiüt cöstitutiöes clemen tis pape quinti
vna cü appa- ratu domini Joänis andree. |1 ^fAt^jars ; OANNESa epi scopus seruus ser- uoruj
dei Dilectis ttc. Kiymmentar: ( -Oannes. gratiosum hoc nomen per interpre' tationes etc.
Bl -6a a rot; Opus clemetinarü Ipensa atcp idustria thome de bla uis de alexädria. Uenetijs
impressü feliciter finit: vna cum apparatu domini Joannis Andree anno salutis ,. dnce. M.
CCCCLXXXUIIII. die primo lunij. Laus deo. Bl /6b leer. Bl //a [Si^ k] a rot: Incipiunt
decretales extrauagates que ema- narunt post sextum. |i etc. Bl 840,0. ZI ^4: nostri anno
secüdo. Bl 8411^ Registrum und darunter das Druckerzeichen rot.
84 Bl mit S:^ [A — //*, 7°, A'4], Text in grösserer Schrift vom Kommentar umgeben; letzterer
63 Zeilen, die Extravagantes £4 Zeilen, goth. Schrift.
Hain 5441.
WUsbaden LB.
Co einer, Johannes, de Vanckel s. Koelner.
Columna s. Guido de Columna.
Comestor s. Petrus Comestor.
237 Compendium de reformatione Canonissarum. s. 1. t. a. 8^.
WUsbaden LB. [Aus Notgottes.)
238 Compendium octo partium orationis. Argentinae, s. t. et a. 4".
Copinger II, i, I/I^ = VouUieme 354.
Limburg. [.Aus Limburg^
239 Computus Nurenbergensis. [Lipsiae, Martinus Landsperg, c.
1490]. 4^
Bl la Titel: Computus nirenbergensis. Bl ib: ()mia cü inferiora motib9 corpm supioy
gubemä tur ideo de ipsoy motuü inuetiöe piter i cognitöe nö tn 01m s^ tm solis : lune
gnoräcia qb9 circa diuinü officiü etc. Bl na [Sign b^] ZI 11: Sequitur scdüs über. Bl zoa
ZI ^: Finis. Contenta primi libri Computi nyrenbergensis. ZI 22: Contenta scd'i libri Com-
puti nyrenbergensis. ZI 2g: De oppositione media.
20 Bl mü Sign [a, b*, c^], // Zeilen, [Bl 20 : 2g Zeilen), goth. Schrift.
Limburg. [Aus Hadafnar.)
Concilium Constantiense s. Acta et decreta.
240 Conradus de Bnmdelsheim: Sermones de tempore. Argentinae,
Joh. Grüninger, 1484. 2\
Hain-Copinger * 14826.
Herbom : nur 77 /. (Aus Limburg.)
Cordiale quattuor novissimorum s. Gerardus de Vliederhoven.
241 Corona beatae virginis Mariae. [Argentinae, typogr. Vitarum patriun
a. 1483], s. a. 2".
Hain *S747- Praetor 426.
Limburg. [Aus Limburg.)
Correctio fratema s. Tractatus de traterna correctione.
Cracovia s. Mattliaeus de Cracovia.
— 31 —
Cursus librorum philosophiae naturalis secundum nam doctoris subtilis
Scoti s. Xicolaus de Orbellis.
242 Cursus optimarum quaestionum cum textualibus expositionibus
Porphyhi etc. [Coloniae, Henr. Quentell, c. 1490]. 2".
Hain *SS6S.
Limburg. [Aus Limburg.)
243 Cursus optimorum quaestionum cum textualibus expositionibus
novae logicae Aristotelis etc. [Coloniae, Henr. (Quentell, c. 1490]. 2**,
Harn *S866.
Limburg. (Aus Limburg.)
244 Curtius Rufus, Q.: De rebus gestis Alexandri Magni cum commen-
tario Bartholomaei Merulae. Venetiis, Johannes [de Cereto de Monteterrato]
de Tridino alias Tacuinus, 1494. 2°.
Hain-Copinger *5885.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
Dan s. Jordanus de Quedlinburg.
245 Danhusen, Petrus: Relatio de obsidione urbis Rhodiae ad Frideri-
cum Imperatorem. [Argentinae, Henricus Knoblochtzer, 1480]. 4*^.
Hain *5g22. Praetor j/8.
In der Schlussschriß steht in dem vorliegenden Exemplar: Danbussen.
Wiesbaden: JVass. Altertumsverein.
246 De defectibus in missa occurrentibus. s. 1. t. a. 4".
ßl la De defectibus occurretibus in missa | ()Egula dirigens missarum celebratores
vt II caueät a defectibus periculis et disturbüs [\ etc. Bl gb ZI lo: tercia parte summe. ||
Digna bona laude semper Wormacia gaude. Bl lO Uer.
lO Bl ohne Signaturen, 2/ — 2g Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Limburg. [Aus Arnstein.)
Declaratio modi et formae venditionis s. Gerardus de Elten.
Dialogus inter clericum et militem s. Guilelmus de Ockam.
247 Dialogus inter Salomonem et Marcolphum. [Argentinae, Georg.
Husner], s. a. 4^
Hain-Copinger * 142 46. Praetor 384.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
248 Dialogus inter Salomonem et Marcolphum. [Spirae, JoL et Conr.
Hist, 1480]. 4".
Hain-Copinger * 142 48. Praetor 2 40/.
Wiesbaden LB. {Aus Eberbach.)
Disputatio inter clericum et militem s. Dialogus.
249 Donatus, Aelius: De octo partibus orationis. [Utrecht?] 4°.
Fragment von 2 Bl au/ Pergament, ohne Sign, 2/ Zeilen, dieselbe goth. Schrift zvie Holtrop
Monuments typogr. Taf. 2g(j3). Das Holtropsche Facsimile giebt auch eine Seite des Textes unseres
Fragmentes wieder, dock ist es ein anderer Druck; das vorliegende Exemplar, welches ich auf der
Innenseüe des Deckels von Na. i8i [Wiesbaden LB.) fand, lautet ZI I : I acci t vti quod declina-
bitur sie [Njtö hie : hec t hoc M legens gtö huius legentis dtö huic legcnti accö hüe i i|
häc legente x hoc leges vtö o leges ablatö ab H : ab 1, . . . ZI 2^—2/ stimmen genau mU dem
Fragment bei Holtrop über ein.
Wiesbaden LB. {Aus Marienstati.)
— 32 —
Dorbellus, Nicolaus s. Nicolaus de Orbellis.
Dorniberg. Thomas, de Memmingen: Tabula in Compendium theologicae
veritatis s. Albertus Magnus.
250 Dorp. Johannes: Commentum super summulas Johannis Buridani.
[Taui-ini?]. Johannes Fabri. 1490. 4°.
Bl la Titel: Cömentü magistri Johänis dorp | super textu summularum magistri |1 lo-
hannis Buridani. Bl if> ZI i Q Etsi liberaliü arliü [qs zenocrates calcedoni9 platonis auditor
admicula dicebat phi losophiel etc. Bl2a [i'/f« aij] a Zlr: ()yaletica est ars artiü sei ;entia
sciarü ad oiu? me- thodoy pricipia viam habens ( )Ste est traiCtatus sümulay magri Joliis
Buridani q i se | Dtinet nouem tractatus , ptiales. etc. Bl 2^jd^ ZI 8: C Et sie finit totus
sumularum liber eruditissimi magistri loh. dorp veri nominaliü opinionü recitatoris interptis
et expositoris textus Buridani per lohannem fabri dilige tissimü impressorem impressus.
Anno dni MCCCC. XC. die vero. xvij. Der Monatsname fehlt. Bl 2^4 leer.
2S4 Bl \a — 74, rj, A — A] 2 Spalten, £0 Zeilen, goth. Schrift, J Schriftgrössen.
Hain 6400.
Limburg. {^Atis Limlmrg.)
251 Duns Scotus. Johannes: Scriptum in quattuor libros sententianim.
Venetiis. Johannes de Colonia et Johannes Manthen de Gerretzem, 1477 — 78.
4 Bde. 2°.
Hain- Geringer '"6416.
Wiesbaden LB : Nur Bd i vorhanden, Bl 245 bis 261 fehlen. {Aus Eberbach.)
252 Duranti, Guilelmus: Rationale divinorum officiorum. [Argentinae,
Georg. Husner], s. a. 2°.
Hain-Cofinger *646s. [mit dem bei Hain angeg. Druckfehler). Praetor j6/.
Limburg. {Aus Limburg.)
253 Duranti, Guilelmus: Rationale divinorum officiorum. Argentinae.
[typogr. Jordani de QuetUinburg a. 1483], 1493. 2^
Hain- Cjpinger '6 4g 6. Proctor 626.
Limburg. [Aus Hadamar.)
254 Duranti, Guilelmus: Rationale divinorum officiorum. Basileae,
Nicolaus Kesler, 1488. 2".
Hain-Cofinger ''64g^.
Wiesbaden LB. [Aus Höchst.)
255 D u r a n t i , Guilelmus : Rationale divinorum officiorum. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1481. 2°.
Hain *64<9_S-
Wiesbaden LB. (Aus Manenstatt.)
256 Duranti, Guilebnus: Rationale divinorum officiorum. s. 1. t. a. 2°.
Hain "646^.
360 Bl, das erste Bl leer.
Herbom 16/2: 2 Exemplare. (Aus Rommersdorf und Herbom HSch.)
'1^1 Duranti, Guilelmus; Speculum iudiciale. Argentinae, Georgius
Husner et Johannes Bekenhub, 1473. 2°.
Hain *6^o6.
Am Ende fehä ein Blatt.
IVeilburg. {Aus Rommersdorf.)
— 33 —
258 Ebrardus, ülricus: Modus latinitatis. s. 1., t., a. 4^
Hain *6S3S.
Limburg. [Aus Limburg.)
Elegantiarum viginti praecepta s. Aegidius Suchtelensis.
259 Elimandus: Gesta Romanoruin. [Argentinae, Johannes GrÜDin-^erl
1488. 2\ " ■■'
Hain-Copingfr *//4S- Praetor 450.
Weüburg. [Aus Rommersdcr/.)
260 Elimandus: Gesta Romanorum. s. 1., t, a. 2".
Copinger 11, i, 2/i/. Vouliieme 40/.
Bl CIX ist handschr. ergänzt.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes.)
261 Ephrem Syrus: De compunctione cordis, de iudicio dei et resur-
rectione. [Basileae, Jacobus WolÖ], s. a. 2°.
Bain- Copinger *6ßg/. Praetor //IT.
Weüburg. [Aus Deutz.)
262 Eucherius: Libellus de contemptu mundi cultuque dei. [ZwoUis,
Tymannus Petri de Os, c. 1497]. 4".
Campbell /Og. Hain- Copinger 66 g2?
Der Titelholzschnitt stellt einen Bischof, der Holzschnitt auf Bl ib Christus dar, auf dem Spruch-
band des letzteren: salvator mundi salua nos.
Limburg. [Aus Limburg.)
263 Eusebius: De praeparatione evangelica Georgio Trapezuntio inter-
prete. Tarvisii. Äüchael Manzolinus, 1480. 2*^.
Hain-Copinger *6/02.
Limburg. [Aus Notgottes.)
264 Eusebius: Epistola ad Damasum de morte Hieronymi etc. [Coloniae,
Ulricus Zell], s. a. 4°.
Hain-Copinger *6/ig. Praetor 868 u. 862.
Limburg.
265 Eusebius: Historia ecclesiastica latine interprete Ruffino. [Argen-
tinae, Henr. EggesteynJ, s. a. 2".
Hain *6/o8. Praetor 28g.
Limburg. [Aus Höchst.)
266 Evangelien und Episteln. Strassburg, Hans Grüninger, 1500. 2°.
Hain *6/4/.
Limburg. [Aus Hadamar.)
267 Exhortatio de celebratione missae per modum dialogi inter pouti-
ficem et sacerdotem. [Esslingae, Conradus Fyner], 1473. 4*^.
Hain-Copinger *6//3. Praetor 245/.
Das erste und die zwei letzten Bl fehlest, sind handschriftlich ergänzt.
Limburg. [Aus Natgottes, vorher in Johannisberg)
— 34 —
268 Exhortationes novitiorum, colloquium Jesu cum puero editum
a Dionysiü Carthusiensi. colloquium Jesu et senis. de iudicio mortis et variis
eius casibus. Daventriae. Richardus Patraet, 1491. 4^
Hain-Copinger 5///. Campbdi /Tg.
In Campbells Beschreibung muss es statt F i6 heissen F ib, femer steht Bl J4b Z 2 dyonisio
und nicht dijonisio. Dit ru.>ei letzten Blätter fehlen in diesem Exemplar.
Limburg. [Aus Limburg.)
Expositio hymnorum s. Hymnarius.
269 Farinator, Matthias: Lumen animae s. über moralitatum. [Argen-
tinae. typogr. Legendae aureae a. 1481], 1482. 2°.
Hain-Cypingtr *lOS33- Proäor 413.
Limburg.
Earrago s. Hegius, A.
Fasciculus temporum s. Rolevinck, Werner.
270 Felicianus: Tractatus de divina Providentia. [Spirae, Johanneset
Conradus Hist], s. a. 4°.
Hain "ög^l. Praetor 2416.
WeÜburg.
Ferrariis s. Johannes Petrus de Ferrariis.
Ferrerius s. Vincentius Ferrerius.
271 Fi ein US, Marsilius: De -sita triplice. [Basileae, Johannes de
Amerbach], s. a. 4".
Hain-Copinger */o6j. Praetor 76^0.
Weilburg. {Notgottes, vorher in Johannesberg.)
F 0 r m u 1 a vivendi canonicorum s. Rolevinck, Werner.
Friburgensis s. Johannes Frihurgensis.
272 Fusigna, Jacobus: Libellus artis praedicationis. Acced. über de
arte bene moriendi et canones poenitentiales. [Coloniae, Bartholomaeus de
Unckel, c. 1476.] 2\
Bl laa: Incipit libellus artis pdica' cionis opositus a fratre iacobo || fusingnam ordinis
frat? pdi- catorum. ; etc. Bl 22 a^ ZI 2g: Et sie est finis libelli J de arte pdicandi |! <r/r.
Bl 220(1 Incipit pherniü de arte be Jne moriendi !| etc. Bl 320^ ZI 30: Explicit liber de ar-||te
bene moriendi. , Et sie est finis. Bl 32ba: ()T saeerdos cauci9 ,] in speciali circa peni| tecias
arbitret No 'tädi süt casus in q-Ubs p canöes certe pe|]ne etc. Bl 36 aa ZI 22: Expliciüt
canones pniales.
36 Bl ohne Sign, 2 Spalten, 38 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Hain /3gg.
Limburg.
Gallensis s. Johannes Gallensis.
273 G a 1 1 u s abbas Cisterciensis : Dialogus Malogranatum dictus. [Coloniae,
Ludovicus de Renchen?], 1487. 2''.
Bl J/ — 40 fehUn, di^ benachbarten Blätter sind durch Brand beschädigt.
Hain-Copinger */4£i. Praetor 12/ g.
Wiesbaden LB. (.4us Limburg, vorher in Gronau)
— 35 —
Geminiano s. Johannes de S. Geminiano.
Gemma vocabulorum s. Yocabularius.
274 Georgius de Ungaria: Tractatus de moribus Turcorum. [Urachi,
Conradus Fyner, c. 1480.] 4P.
Bl 2 a grosse Hohschnittinitiale I.
Hain-Copinger *l^6/2. Procior 2822.
Wiesbaden LB. {Aus Notgoties, vorher in yohannisberg.)
275 Gerardus deElten: Declaratio modi et formae venditionis ac emtionis
redituum perpetuorum et vitalium. [Coloniae, Arnoldus terHoeruen, c. 1475.] 2*^.
Das Zeilenzeichen in der vorletzten Zeile am Ende zwischen quorücüc^ und saniorü ist bei Hain
irrtümlich gesetzt.
Hain-Copinger *6o66. Praetor g6£.
Limburg.
276 Gerardus de Yliederhoven: Cordiale quattuor novissimorum.
Coloniae, Henr. Quentell, 1492. 4o.
Hain-Copinger *£/o/.
Bl I fehU.
Limburg.
^11 Gerardus de Vliederhoven: Cordiale quattuor novissimorum.
Daventriae, Jacobus de Breda, [c. 1491.] 4^.
Hain-Copinger 36g/. Campbell IJ06.
Limburg. [Aus Amstein.)
278 Gerardus de Vliederhoven: Cordiale quattuor novissimorum.
Daventriae, Richardus Pafraet, 1494. 4o.
Hain-Copinger *£/o8.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
279 Gerardus de Zutphania: Tractatus de spiritualibus ascensionibus.
Acc. Meditationes de vita et beneficiis Jesu Christi cum gratiarum actione. —
Horologium devotionis circa vitam Christi. [Argentinae, Johannes Pryss, 1495].
kl. 80.
Hain-Copinger * 162g 4 ist nur ein Teil des Druckes. Es gehören dazu ferner die bei Copinger //
/, 3g54 und Hain *8g2g aufgeführten Drucke.
Copinger zu Hain *i62g4 irrt, wenn er sagt, dass Bl I leer sei. Es sind 104 Bh davon ent-
hält das erste Bl den TUel , wie es Hain richtig angiebt. Alsdann setzt si^h der Druck folgender-
massen fort:
BlioSa Tüel: De vita t beneficijs \\ saluatoris Jesu chrillsti deuotissime medi tationes
cum gratialirum actione. Bl 105b leer. Bl io6a [Sign Ö,].- Prefatio. (I desideras pfecte
munda'yia vitijs/ si nobiliter dita-; ri in vtutibus/ si altissime il luminari in jcptur / si
gl'io jse triüphare de inimic] si co piose asolari in aduerb: etc. Bl 216a ZI 15 : cü ipo resurgas
in gloria. Amen [, Laus deo. Bl 216b leer. — Dann folgt: Bl 21;^ a TUel: Horologium deuoti||
onis circa vitam xpi vgl. Hain *8g2g. Bl J04 leer.
304 Bl [Sign A—Z, Aa—Pp^\, 23 und 24 Zeilen, goth. Schrifl, Titel in grosserer Schrift.
Wiesbaden LB.
3*
— 36 —
280 Gerson, Johannes: Opera. Argentinae, Martinas Flach, 1494.
3 ßde 20.
Hain-Ccpinger *^62£,
Herbem 2442I244J: Bd 1 mit Imtntarium u. Bd J. {Aus Herbom HSch.)
281 Gerson, Johannes: Opera. [Argentinae, Joh. Pryss], 1488. 3 Bde 2o.
Hiim-Cofinger ^^622. Prcxtor £24 — 53^-
Limburg: Bd i.
IViesbadtm LB: Bd 2 und J. {Aus Schänau)
282 Gerson, Johannes: Opera. Coloniae, Johannes Koelhoff de Lübeck,
1483. 4 Bde 2^
Hjin-Cjpinger /621.
Limburg: nur Bd 2. {Aus Hadamar,')
283 Gerson, Johannes: Opera. [Norimbergae. Georg. Stuchs de Sulz-
bach], 1489. 40.
Hain-Copinger "^62^. Praetor 226J.
IViesbadtn LB : Bd 1 mit Inventarium. {Aus Schönau.)
284 Gerson, Johannes: Conclusiones de diversis materiis moralibus.
[Coloniae, Ulr. Zell], s. a. 4».
Hain */6jg. Proctor 86g.
WUsbaden LB.
285 Gerson, Johannes: De cognitione castitatis et pollutionibus diurnis.
[Coloniae, Ulr. Zell], s. a. 4».
Hain ^/6go. Prodor 80/ .
IVUsbaäin LB.
286 Gerson, Johannes: De custodia linguae. [Coloniae, Ulr. Zell],
s. a. 40.
Bl la ZI I steht in diesem Exemplar: Incipit Nöbilis questio de Custodia ligue [!]
Hain */683, nicht */682. Proctor 834.
IVUsbaden LB.
287 Gerson, Johannes: De efficacia orationis ^/^. [Coloniae, Ulr. Zell],
s. a. 40.
Hain */68/. Proctor 8j£.
Wiesbaden LB.
288 Gerson, .Johannes: De laude scriptorum. [Coloniae, typogr.
Augustiui de tide], s. a. 4^.
Hain-Copinger */688. Proctor lOg/.
WUsbaden LB.
289 Gerson, Johannes: De mendicitate spirituali. [Coloniae, Ulr. Zell],
s. a. 40.
Hain */6/S. Proctor 855.
Herbom in 2443''. {Aus Herbom HSch.)
290 Gerson, Johannes: De passionibus animae. [Coloniae, Ulr. Zell],
s. a. 40.
Bl t leer. Bl 2a: Incipit tractatus nobilis de passioni 'bus ale. venerabil' mgri J0I3.
gerson. !()Assionü feruore effectü etc. Bl 2^a: Explicit tractatus notabil' de pa8sionij|bu8
— 37 —
aTe. Ed:t9 a mgro Johäne Gerson H Cäcellario parisiensi necn5 professore ! sacre theologie
eximio. Bl j/b: de male rndendo caueant. Malos rumores ' fU. ist verdruckt ist Bl --Qb
Bl 28a: Incipit tractatulus bon9 eiusde de modo viuendi omniü fideliü | etc. Bljrb: Expli-
ciunt regule pulchre eiusdem de (] modo viuendi omnium fidelium. Bl j3 Ucr.
32 Bl ohne Signaturen, 27 Zeilen, goth. Schrift, cwei Schri/tgrössen.
Herbom 12443 b. [Aus Herbom HS eh.)
291 Gerson, Johannes: De passionibus animae. [Coloniae, ülr. Zell],
s. a. 40.
Hain ^6/8 genügt, nur steht Bl i [vielmehr 2] a ZI i passioibj und nicht passiöib9. 33 Bl,
Bl I und 32 sind leer.
Praetor 805.
Wiesbaden LB.
292 Gerson, Johannes: De pollutione nocturna, an impediat celebrantem
vel non. [Coloniae. Ulr. Zell], s. a. 4o.
Hain *^6g6. In diesem Exemplar steht Bl la Z 2: JoÄ. Praetor 83/.
Wiesbaden LB.
293 Gerson, Johannes: De remediis contra pusillanimitatem. [Coloniae,
Ulr. Zell], s. a. 4o.
Hain *//05. Praetor 838.
Wiesbaden LB.
294 Gerson, Johannes: De remediis contra pusillanimitatem. [Coloniae,
tjpogr. Daretis], s. a. 4<^.
Hain-Copinger *//o6. Praetor gg6.
Herborn in 2443b. {Aus Herborn HSch.) •
295 Gerson, Johannes: De simonia etc. [Coloniae, typogr. Daretis],
s. a. 40.
Hain-Copinger '^/;ro8. Prodor gg/.
Herbom in 2443 b. {Aus Herbom HSch.)
296 Gerson, Johannes: De simplificatione, stabilitione et mundificatione
cordis. [Coloniae, Ulr, Zell], s. a. 4o.
Hain-Copinger */68l. Praetor 8^3.
Herbom 2443b. (Aus Herborn HSch.)
297 Gerson, Johannes: De sollicitudine ecclesiasticorum. [Coloniae,
Ulr. ZeD], s. a. 4o.
Hain-Copinger */668. Praetor 8/4.
Wiesbaden LB.
Gerson, Johannes: Imitatio Christi s. Thomas a Kempis.
298 Gerson, Johannes: Opus tripartitum de praeceptis decalogi, de
confessione et de arte moriendi. [Coloniae, Ulr. Zell], 1467. 4».
Hain-Copinger /'S 53. Die Beschreibung Hains genügt. Praetor 804.
Wusbaden LB.
Gesta Romanorum s. Ehmandus.
— 38 —
299 Gouda, Guilelmus: Expositio mysteriorum missae et verus modus
rite celebrandi. Coloniae, Heuricus QueutelL [l-tQOj. -i^.
Hain-Ciypinger */836.
IVustadtm LB. {Aus Nottgottes, vorher in Jchannisberg^
300 Gouda. Guilelmus: Expositio mysteriorum missae et verus modus
rite celebrandi. Coloniae, [Henricus Quentell], s. a. 4°.
Hain *-^828. Praetor 1384.
irürsiaJfTt LB. [Aus Nctgottes.)
301 Gratianus: Decretum cum apparatu. Argentinae, Johannes
Grüninger, 1484. 20.
Hatn-Cofinger */goi.
Der Kaufpreis des Buches sammt Martini Margarita betrug nach handschriftlicher (75. J.) Notiz
auf dem inneren Vorderdeckel 3 ß. u. 6 Allnts.
Wiesbaden LB. {Aus Eberbach.)
302 Gratianus: Decretum cum apparatu. Argentinae, [Jobannes
Grüninger], 1489. 2o.
Hain-Copinger *790/. Praetor 452.
Unünirg: 3 Exemplare.
303 Gratianus: Decretum cum apparatu. Argentinae, [Johannes
Grüninger], 1490. 2».
Hain-Copinger* ;^gog. Hain: quadringentesitno (jtr) j(7^/4<!Tfj<wqnadringentesimo. Praetor 45^.
Wiesbaden LB : 2 Exemplare, davon eines aus Linz.
304 Gratianus: Decretum cum apparatu. Basileae, Michael Wenssler,
1481. 20.
Hain */8gS-
Herbom P VI I02.
305 Gratianus: Decretum cum apparatu. Basileae, IMichael Wenssler,
1482. 20.
Hain-Copinger */8g6.
Limburg und Wiesbaden LB.
306 Gratianus: Decretum cum apparatu. Venetiis, Baptista de Tortis,
1496. 20.
Hain *pgi5.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes)
307 Gratianus: Decretum cum apparatu. Venetiis, Nicolaus Jenson,
1477. 20.
Hain-Copinger /8gO.
Auf Bl 2 {Sign at\ über den Anfang des Textes schöne Miniatur, die Überreichung der Dekretalen-
Sammlung durch Gratian an den Papst Eugen darstellend; ausserdem schone gemalte Initiale H.
Wiesbaden LB. {Aus Deutt.)
308 Gratianus: Decretum cum apparatu. Venetiis, Petnis [de Piasiis]
Cremonensis dictus Veronensis, 1483. 4o.
Hain-Copinger *^goO.
Limburg. {Aus Hadamar.)
— 39 —
.'509 Gregorius Magnus: Commentum super cantica canticorum.
[Coloniae, ülr. Zell, c. 1473]. 2o.
Hain-Ciypingtr */g3/. VoidlUme ^/p. Praetor 8g 4.
Limburg.
310 Gregorius Magnus: Dialogorum libri quattuor. [Argentinae,
Jacobus Eber], s. a. 4».
Hain-Copinger */gS9- Praetor ^Og.
Herbem NX J. (Aus Limburg.)
311 Gregorius Magnus: Dialogorum libri quattuor. Coloniae, ßartho-
lomaeus de Unckel, [1480.] 4o.
Hain-Copinger */g62.
Limburg. (Aus Sayn.)
Wiesbaden LB. {Aus Notgoties.')
312 Gregorius Magnus: Dialogorum libri quattuor. [Coloniae, Ulr.
Zell, c. 1473].
Bl laa: ()stoy libro^ ctuor dyalolgoy beati gregorij pape | in hoc cösistit efrect9
compedio ;se cöscriptus q. pm9 j tertig de jdiuersis virtutibj : miracuf scö rü tractant etc.
ßl 2aa: ()Vadam die dum ni |mis quorüdam secu jlariü tumultibus de pssus etc. Bl 8iba Z ij:
Explicit liber quartus dya||logoruin gregorij.
8l Bl ohne Signaturen, 2 Spalten, J/ Zeilen, goth. Schrift, eine Schrift grosse.
Limburg. [Aus Notgottes.)
313 Gregorius Magnus: Dialogorum libri quattuor. Parisiis, Udalricus
Gering et Bertholdus Rembolt, 1494. 4o.
Hain-Copinger */g64.
Herbom 1/8/. [Aus Herbom HSch.)
314 Gregorius Magnus: Explanatio in Septem psalmos poenitentiales.
Moguntiae, Jacobus Meydenbach, 1495. 4».
Hain-Copinger */g4i.
Limburg: 2 Exemplare, das eine aus Limburg. Im anderen Ex. fehlt Bl i.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes.)
315 Gregorius Magnus: Moralia s. expositio in Jobum. Basileae,
Nicolaus Kesler, 1496. 2».
Hain-Copinger */gS4.
Wiesbaden LB : 2 Exemplare, davon das eine aus NotgotUs.
316 Gregorius" Magnus: Moralia s. expositio in Jobum. [Coloniae,
Conradus Winters de Homburg, 1475]. 2o.
Hain-Copinger */g2/. Praetor 11//.
Limburg. (Aus Deutz.)
317 Gregorius Magnus: Pastorale s. Regula pastoralis. [Coloniae,
Ulr. Zell, 1472]. 4o.
Hain-Copinger */g8l. Praetor 851.
Limburg: 2 Exemplare.
— 40 —
318 Gregorius Magnus: Pastorale s. regula pastoralis. Venetiis,
Hieronymus de Paganinis Brixiensis, 1492. 4".
Hain-Cofingfr *-g86.
Limburg. [Aus NoigoCtes.)
319 Gregorius IX: Decretalium libri quinque cum glossa. Norim-
bergae, Antonius Koberger, 1482. 2".
Hiiin-C.'finger *8oi4.
Umburg: 2 Exemplare, davon das eine aus Deutz.
Wiesbaden LB.
320 Gregorius IX: Decretalium libri (juinque cum glossa. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1493. 2^.
Hdin-Copinger *8ojO-
Limburg: 2 Exemplare. [Aus Rommersdorf und Sayn.)
321 Gregorius IX: DecretaHum libri quinque cum glossa. Spirae,
Petrus Drach, 1492. 2«.
Hain-Copinger *8028. 2^4 Bl, Bl 2/4 leer.
Limburg.
322 Gregorius: Decretalium libri quinque cum glossa. Venetiis,
Bartholomaeus de Blavis de Alexandria, Andreas de Torresanis de Asula,
Maphaeus de Paterbonis de Salodio socii, 1482. 4o.
Hain-Copinger *8oi^.
Limburg. [Aus J/adamar.)
Wiesbaden LB. {Aus Montabaur.)
323 Gregorius IX: Decretalium libri quinque cum glossa. Venetiis,
Baptista de Tortis, 1491. 2«.
Hain *8o26.
Das Exemplar ist dadurrh verstümmelt, dass Blätter zu Anfang jedes Buches und am Ende ohne
Zweifel -jjegen der auf ihnen enthaltenen Initialen herausgerissen sind.
Wiesbaden LB.
324 Gregorius IX: Decretalium libri quinque cum glossa. Venetiis,
Baptista de Tortis, 1500. 2o.
Hain *Sosg.
Wusbaden LB.
325 Gregorius IX: Decretalium libri quinque cum glossa. Venetiis,
Johannes Herbort, 1481. 2o.
Bl 21 ist auf Pergament handschriftlich ergänzt.
Hain-Copinger *8oiI.
Wiesbaden LB.
326 Gregorius IX: Decretalium libri quinque cum glossa. Venetiis,
Paganinus de Paganinis Brixiensis, 1489. 2'>.
Hain *8o24.
Limburg. [Aus Deutz.)
327 Gritsch, Johannes: Quadragesimale. Coloniae, Henricus Quentell,
1481. 20.
Hcun-Copinger *8o68.
Wiesbaden LB.
— 41 —
328 Gritsch, Johannes: Quadragesimale. Norimbergae, Antonius
Koberger, 1479. S«.
Hain "So 66.
Herbom ig 6 8. {Aus Umburg.)
329 Guido de ßajsio: Rosarium decretonim. Venetiis, Johannes
Herbort, 1481. 2o.
Hain *2/T/. Pellechet 2014.
Umburg. (Aus Limburg.)
330 Guido de Columna: Historia Troiana. [Argentinae, typogr. ritarum
patriun a. 1483], s. a. 20.
Hain *S503. Praetor 42g.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes.)
331 Guido de Monte Rochen: Manipulus cui-atonira. Argentinae,
[Martinus Flach], 1487. 4».
Bl la Tüel: Manipulus curatorü. || officia sacerdotuj scd'm ;| ordine septe sacrametoy |;
perbreuiter oplect^s. Bl ib leer. Bl 2a [Sign a^j beginnt die Tabula; die Bl jb endigt. Bl 4
[Sign a4] Adoris epistola. Bl 5 b beginnt der Text: Tractatus primus de ,, sacramentis in
generali. Et habj tria capitula. || etc. Bl 121a Z 24: Hec circa officiü curatorü breuiter
a me pstricta sunt || etc... Hec in- sup exarata sunt in famosa ciuitate Argentinensiü.
Anino diii. M. cccc. Ixxxvij. x. die mensis Maij. Bl 121b: De conditöibus requi aitis in
sumente eucharistie sacramentü. Das Werk endigt auf dieser Seite mit Z jj: Pontificem sup
hijs semp dicendis adibis. Bl 122 leer.
J22 Bl mU Sign [d— <?4, /Sj, J7 Zeüen, goth. Schriß, zwei Schriftgrössen.
Hain-Copinger 8 ig 4. Praetor 6;ri.
Herborn P i^ 36. (Aus Herbom HSck.)
332 Guido de Monte Rochen: Manipulus curatonim. Argentinae,
s. t., 1493. 40.
Bl la TU.: Manipulus curatoy offi|;cia sacerdotum bm ordijnem Septem sacramento-!|
rum perbreuiter comple:|ctens. Bl ib leer. Bl 2 u. 3 enthält die Tabula. Bl 4 {Sign a 4]:
Incipit feliciter doctissimi \\ ac famosissimi viri dni Guidonis de möte Rotherij liber. \ Mani-
PUI9 curatoy vulgarit' appellat. in q p necessaria of ficia eoy q'bo cura animay omissa est
bm septe^sacramentoy j] ordine breuiter ptractant' Actoris epistola | \x) Euerendo in christo \
pri ac dno dfio Richarde diuia prouiden jtia etc. Bl iiob Z 34: pces ad deü fidelit' fundat.
Hec insup exarata süt in famosa !| ciuitate Argen. Anno dni. M. cccc. xciij. Bl iiia: De
cöditionibus requisitis |! in sumente eucharistie sacrm Z 24: Casus episcopales patent in
his versiba. Es folgen 6 versus. Bl iiib u. 112 leer.
112 Bl mU Sign [a—c egi In p ^^, fkkmo^, dri] 55 Zeiün, goth. Sehriß, 2 Schriftgrössen,
Copinger II, i, 2845.
Limburg. (Aus Hadamar.)
333 Guido de Monte Rochen: Manipulus curatorum. Argentinae,
8. t., 1493. 40.
Hain-Copinger ^8205.
Weüburg (Aus Höchst.)
334 Guido de Monte Rochen: Manipulus curatorum. Coloniae, Barthol.
de Unckel, 1476. 2o.
Bl laa: [JEuerendo in xpo \\ patri ac dno dno ' raymüdo diuina puidentia sancte 'I
valentie sedis epi,scopo Suo^ deuotoy mim9 guido d' möte rotherij cü deuota : humili
recömedatione sc totü i| suis obseqis mäcipatü- etc. Bl lafi Z 35: Incipit prologus in librum
q i|dicitur manipulus curatorum \\ Bl 2aa Z 21: Incipit libellus q d'r manipu-J lus curatoy
— 42 —
qui hx tres ptes et<r. Fi go6^ Z 2^: Explicit manipulus curatorü libellus vtilis ac sacer-
dotibD p necessarius impssus aute colo nie p bartholomeü de vnckel. ad laude dei : ad
vtilitatem ec clesie sue sancte i Anno dni millesimo qdringen tesimoseptuagesimo sexto in
vi gilia palmaif Bl lOOaa: Incipit tabula siue registrü | manipuli curato^^ ßl loob^ am
Ende: Explicit tabula Et sie est finis , Deo gracias •:•
JOO ßl ohne Signaturin, 2 Spa'.Un, ^8 Znien, goth. Schrift, eine Sckri/tgrösse.
Hain-Qypinger 81/ £.
Limburg.
335 Guido de Monte Rochen: Manipulus curatorum. Coloniae, Hen-
ricus Quentell, s. a. 2'\
ßl ra [Si^ a i] Z i: [leuerendo in xpo patri ac domi no: dno Raymundo diuina pui-
dentia sce valentie sedis episcopo Suorum deuotoy j minimus guido de monte rotherij cuj
deuo ta et humili recommendatione se totü suis |1 obsequijs mancipatum. e/c Bl 2a \Sign
a2\ Z 10: Explicit : plog9. Incipit libell9 q d'r maipulg curatoy q h^ tres ptes ' eU. Bl /j6a
Z 22: Hie curatorum manipulus: p ecclesie curä et regimen presertim gerentibus humili
8ti lo compilatus: per Hinricum quentel Colo,|nie impressus. Admissus ab alma vniuersi-H
täte Colonien. et aflibatus : finit feliciter.
136 Bl mit Stgn [a—mi, «4, ^4], 38 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schrißgrössen.
Hain 8l6g ?
Limburg. [Aus Hadamar.)
336 Guido de Monte Rochen: Manipulus curatorum. Acc. Jacobus
Fusigna, libellus artis praedicatiouis. — De arte bene moriendi. s. l., t., a. 2"\
Hain '8162.
Bl 1055^ Z 36: humili stilo compilat9. Et modus siue !| 106 Bl [Bl 106 leer.)
Limburg. [Aus Amstein.)
337 Guilelmus de Gouda: Tractatus de expositione missae. Daven-
triae, Richardus Pafraet, s. a. 4".
Bl 2gb Z 24 steht richtig obseruätia und nicht wie bei Campbell obseruätie.
Hain-Copinger ^821. Campbell 888.
Limburg. [Amstein.)
338 Guilelmus de Ockam: Dialogus inter clericum et militem super
dignitate papali et regia. [Coloniae, Gosw. Gopsj, 1475. 4''.
Bl la: Disputacio Iter clericum et milite sup potesta||te prelatis ecclesie atcy prin-
cipib} terrae com missa sub forma dyalogi incipit feliciter. Bl 13b Z 10: Et sie est finis.
ßl 14a: Cöpendium de vita anticristi incipit feliciter | Bl 16 b Z 23: Explicit opendiü de
vi|,ta anticristi sub Anno ]^ni. M. cccc. Ixxv.
Im Übrigen s. Hain-Copinger 6jl/. Praetor I135.
Limburg. [Aus Limburg.)
339 Guilelmus de Ockam: Dialogus inter clericum et militem super
dignitate papali et regia. Coloniae, Henricus Quentell, [149 .j. 4'\
Hain-Copinger *6ll£.
IViesbaden LB. [Aus Amstein.)
340 Guilelmus de Ockam: Dialogus inter clericum et militem super
dignitate päpaü et regia. [Daventriae, Richard Pafraet], 1491. 40.
Hain-Copinger *6iig.
Limburg, [Aus Nothgottes, vorher in Johannisberg.)
— 43 —
341 Guilelraus de Ockam: Quaestiones et decisiones in .[uattuor libros
sententiarum cum centilogio theologico. Lugduni, Johannes Trechsel, 1495. 2«.
Hain- Copinger *iig42.
Limburg. {Aus Ebfrbach.)
342 Guilelmus de Ockam: Quodlibeta septera. Argentinae, [typogr.
Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1491. 2».
Hain- Copinger *iig4i. Praetor 66 1.
Limburg. {Aus Eberbach.')
343 Gui Herrn US : Postilla super epistolas et evangelia. Argentinae,
[typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1485. 2».
Hain *S262. Praetor ^g4.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
344 Guillermus: Postilla super epistolas et evangelia. Argentinae,
[typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1490. 2».
Hain *82/2. Praetor 6^/.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes.)
345 Guillermus: Postilla super epistolas et evangelia. Coloniae s t
1482. 20.
Blia leer. Bliba Z i: [jltam bona et exitü beatü !| Ego frat' gwillerm9 sacre the ologie
pfessor etc. Bl ibß Z jj; Epistola^^ i euägelio^« de te^Ipore et aanctis über incipit. Bl 123a
\n. CXXijJ ß: Postille sup Epistolas et EuägeHlia dScales etc. collecte p religiosü patrem
fratrem |i Gwillermü theologü eximiü: magiijstrum Parisiensem. nouissime imps [se äno salutis
millesimo quadringelltesimo octuagesimo secundo: decimo-, septimo kal'. Augusti: finiüt
felicit' II in sancta Colonia: Es folgt du Tabula, Bl 125b {n. CXXv] ß Z jp; ExpUcit tabula euan-Ü
geliorum et | Epistolarum.
125 Bl numenrt und mit Sign, 2 Spalten, 4g Zeilen, got/i. Schrift, j Sehriftgrössen.
Ln der Blattzählung zwei Fehler: LXiüj statt L Vi und XCVH statt Ciü. Bl 84 und 85 sind
handschriftlieh ergänzt.
Limburg. {Aus Limburg.)
346 Guillermus: Postilla super epistolas et evangelia. Coloniae,
Henricus Quentell, 1494. 4o.
Hain-Copinger *8285.
Limburg: 2 Exemplare. {Aus Amstein und Hadamar.)
347 Guillermus: Postilla super epistolas et evangelia. [Spirae, Petrus
Drach], s. a. 2o.
Copinger LI, i, 2862. Voullieme £03.
Bl ib endigt die erste Zeile hinter Gvuillerinus.
Herbom in 16/2. {Aus Rommersdorf.)
348 Guillermus: Postilla super epistolas et evangelia. s. 1., t.. a. 2".
ßl la leer. Bl ib: Eximij doctissimicj viri fratris Guillermi. N. Sacre theologie \ p-
fessoris parisiesis Dignissimi In exposicöe. Epl'ay atcy euä- ]geliorum p circulum anni tä
de tpe quam d Sanctis occurren jcium Prologus feliciter incipit. |, [jltä bona i exitü beatü.
Ego frater. Guillermus. sacre j| theologie pfessor mim9 pisi9 educat9 Sacroy cuägelio rum
etc. Bl 6a: EHgnissimi supramemorati doctoris. In epistolas : Euägelia q |l p. Anni cir-
culum in sancta dei ecclesia occurrunt: Exposicio ad | laudem dei feliciter Incipit. Bl jgsb
Z II : Explicit postilla sup Euägelia dnicalia ; sup euägelia de säctis: etc. Z jj; Vin.
i. vinceci9 Raban9. Et sie de alijs:
igz Bl ohne Signat., j6 Zeilen, goth. Schrift, eine Sehrifigrösse.
[Jmburg.
— 44 —
[Guillermus: Postilla super epistolas et evangelia de tempore et de
sanctis et pro defiinctis. s. 1.. t., a. 4'1]
Hain-Ccfingtr ''8241. Ist nach Praetor kein Druck des 1$. Jahrhunderts.
Limburg. {Aus Hadamar.)
349 Guillermus Parisiensis: De Septem sacramentis. [Moguntiae,
Jac. Meydenbach. c. 1495]. 4*^.
Hain-Copinger *8siO. Procter 164.
Wiesbaden LB: 2 Exemplare. {Aus .Votgottes.)
350 Guillermus Parisiensis: Rhetorica divina. [Basileae, Joh. Amer-
bach, 1490.] 2o.
Hain-Copinger *8203. Prjctor /62J.
WeiUmrg. {Aus Deutt.)
Guillermus Textor de Aquisgrano s. Textor.
351 Haemmerlein, Thomas: Hortulus rosarum de valle lacrimarum.
Basileae, Johannes Bergmann de Olpe, 1499. 8'\
Bl la Tuet: Hortulus rosarü ;| de valle lachryma- rum continens egregias : deuotas ||
sentecias I /.j(99. , Nihil sine causa, j] Olpe, jj Ode. S. Braut. [!] Ji In cömendatione Hortuli
Rosarü Es fy^gen 6 Strophen, die erste auf derselben Seite, die anderen auf Bl ib. Bl 2a {Sign
a ii\: Incipit Ortulus rosay de valle la-'!crimarum. Es folgen die Kapitelüberschriften. Bl 3a
{Sign a /»] beginnt Kap. i: [c] Vm sancto sanct9 || eris: j cü peruerso ,j peruerteris. Atten||
de diligenter frater ;| etc. Bl ii^a Z 8: rectionem \\ Hugonis de säcto victore opus-jcula de
studio orädi: & de tribus ' dietis: Basilee opera & expensis ;| Johannis Bergman de Olpe
im- pressa finiunt feliciter Bl 115b: Ad gloriosam vir'lgine mariä: ex ver-(|bis Apuleii
Precatio. S. Brant. Bl ii/b: In laude virginis \\ gloriose ex vbis beati Bernardi cla-||
reuallcnsis: Salutatio S. Brant: Bl 118 b Z 13: pfundum j| queat inuestigare? || 149g. |j Nihil
sine causa: Olpe. Bl iig und 120 leer.
120 Bl mit Sign [a— p 4J ig Zeilen, römische und goth. Schrifl, 2 Schriftgrössen.
Hain-Copinger 8g 3g.
Wiesbaden LB. {Aus iVotgottes.)
Harentalis s. Petrus de Harentalis.
Hassia s. Henricus de Hassia.
352 Hegius, A.: Farrago. Daventriae, [Rieh. Pafraet], 1495. 4'>.
Campbell /42.
Wiesbaden LB.
353 Henricus de Hassia: De arte praedicandi. Argentinae, Martinus
Flach, s. a. 4o.
Hain *83g8. Proctor ^25.
Wiesbaden LB.
354 Henricus Hostiensis de Segusio: Summa in quinc^ue libros decre-
talium. [Argentinae, typogr. Henrici Ariminensis], 1478 — 1479. 2 Bde 2".
Ham-Copinger *8g62. Bl la Z 3 steht vulgariore statt vulgari.
Wiesbaden LB. {Aus Schlau.)
Limburg. {Aus Rommersdorf.)
— 45 —
355 Herben, Matthaeus: De constructione substantivorum in simili casu.
s. 1., t., a. 4**.
Bl I \leer?\ fehlt. Bl 2a: De constructione substantiuorum in simili casu ; ()Eu8 pater.
dei pris: deo patri. deü prej. :c. | ( lEus filius. dei filij. deo filio. dcum filium. et cetera. |
(jEus spiritussanctus. dei spüssäcti- deo spirituisctö. |1 Papa Innocentius. pape innocetij.
pape innocetio || etc. Bl 2jb Z 12: Dyasinthetica per Matheü herben. Rectorem scholariu?
beati Seruatij ex eruditissimis Grämatice pfessoribus Gua-, rino at<j Nicoiao perotto Archie-
piscopo Sipontino domino j| suo extracta desint feliciter. Bl 24 [leer i;\ fehlt.
24 Bl mit Sigyt [a b ^4] ^g Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Limburg. [Aus Limburg!)
356 Hermannus de Schildis: Speculum sacerdotum. Moguntiae, s. t,
[c. 1480]. 40.
Hcun-Copinger *l4£ig.
Limburg. [Aus Limburg.)
357 Hermannus Torrentinus: Opusculum de generibus nominura, de
heteroclitis, de patron\Tnicis, de nominum signiticationibus. s. 1., t., a. 4^
Bl la Titel: Hermäni Torrentini opu sculum perutiie. [| De Generibus nominum De
Heteroclitis | De Patronymicis [j De Nominü significatöibus Darunter Holzschnitt [die Buchstaben :
ihs umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten.) Bl ib: C Hermänus Torrentinus docto
t religioso vi-j'ro Joanni vinsemio. S. Bl 2 a [Sign AijJ.- C De generibus nominü. Caput
pmum. |] {)Enera noim unt [!] sex. masculinü. femininü. neutrü. cöm-j|ne. epicenum : omne. etc.
Bl 24a Z 18 : Zi^ania grece lolium latine herba nocens frumento. || C Et sie est finis.
24 Bl mit Sign [A^ B^ C4 DA, jg Zeilen. Goth. Schrift. Drei Schriftgrössen.
LJmburg. [Aus Limburg.)
358 Herodotus: Historiarum libri IX interprete Laurentio Valla.
Venetiis, Johannes et Gregorius de Gregoriis, 1494. 2^.
Hain-Copmger *84/2.
Wiesbaden LB. [Aus Herbarn HSch.)
359 Herolt, Johannes: Liber de eruditione Christi fidelium. [Argen-
tinae, Georgius Husnerj, s. a. 2«.
Hain *8SI/- Proctor ^£/.
Limburg. [Aus Notgottes, vorher in yohannisberg.)
360 Herolt, Johannes: Sermones super epistolas dominicales. [Argen-
tinae, Georg. Husner], s. a. 2^.
Hain *8SlO. Proctor SS 8.
Limburg. [Aus Hadamar.)
361 Herolt, Johannes: Sermones de sanctis. s. 1., t, a. [nicht nach
1489]. 2^
Bl I leer. Bl 2a [Sign a^] a; Incipit Registrum || breue hui9 operis bm ordine? al pha-
beti. effect9 spealiores cuiusli-| bet sermonis breuissime indicäs. || ()Ndreas noue habet
puilegia. bmöe |j etc. Bl 6a leer. Bl fa {Sign b i\: Incipiüt sermones discipuli de sanctis
per an |ni circulü In quorü quolib^ tria deducunt' mebra , Sequitur Prologus In eosdem ,
OAudate dominü \ sanctis eius psal. cl. |! etc. Bl ii2b Z 31: nunc? vel raro audiuit integram
missam vel sermonem. hoc qre in pm-jlptuario. xlvi. m. Expliciüt Sermöes discipuli de
scis p äni circulü.
112 Bl [Sign ai, d—i\ k~l5, m—n',, ol], J/ und 38 Zeilen, goth. Schrift, zwei Schriftgrössen.
Der Rubrikator hat am Ende die Jahreszahl 148g vermerkt.
Wiesbaden LB. {.Aus Sc/ionau.)
— 46 —
362 Herolt, Johannes: Sermones de tempore. [Coloniae, Ulr. Zell],
1478. 20.
Hain-Ciypinger 84/g.
Limburg: 2 Exemplare. {Aus Rammersdorff und aus HaJamar.) Das R. Exemplar ist defekt,
es fehlt Bl i und der Schiuss.
363 Herolt, Johannes: Sermones de tempore et sanctiscum promptuario
exemplorum. Norimbergae, Antonius Koberger, 1480. 2^.
Hjin *S4Sl.
Limburg. [Aus Umiurg.)
364 Herpf. Henricus: Speculum aureum decem praeceptorum dei.
Moguntiae, Petrus Schöffer, 1474. 2^.
Hain-Copinger "852^.
Wiesbaden LB. [Aus Limburg.)
365 Herpf, Henricus: Speculum aureum decem praeceptorum dei.
Norimbergae. Antonius Koberger, 1481. 2o.
Hain *8S24,
LinUntrg.
366 Herveus: Quattuor quodlibeta. Venetiis, Raynaldus de Noyimagio,
1486. 20.
Hain-Copinger ^8530.
Herbom 808. {Aus Herhom HSch.)
Limburg: am Ende defekt. {Aus Eberbach.)
367 Heylin. Johannes, de Lapide: Resolutorium dubiorum circa cele-
brationem missarum occurrentiunL Argentinae, Martinus Flach, 1494. 40.
Hain-Copinger *ggog.
Wiesbaden LB. {Notgottes, vorher in Johannisberg.)
368 Heylin, Johannes, a Lapide: Resolutorium dubiorum circa cele-
brationem missarum occurrentium. Coloniae, Henricus Quentell, 1493. 4o.
Copinger //, / 34g £. Voulliime ^48.
Limburg. {Am Notgottes, vorher in johannisberg^
369 Hieronymus: Aureola ex floribus S. Hieronymi contexta. [Spirae,
typogr. Gestorum Christi], s. a. 2o.
Hain-Copinger *8586. Proctor 2322.
Limburg. {Aus Limburg.)
370 Hieronymus: Commentaria in biblia. Yenetiis, Johannes et
Gregorius de Gregoriis, 1497—1498. 2 Bde 2o.
Hain "8581.
Die Initialen sind eingedruckt.
Bl g Titel Z 2 steht queationes und nicht wie bei Hain quaestiones.
Limburg. {Aus Deutz.)
371 Hieronymus: Epistolae et tractatus. Basileae, Nicolaus Kesler,
1492. 2 Bde 2o.
Hain '8^6/.
Limburg: nur Bd 2. {Aus Hadamar.)
Wiesbaden LB. {Aus EhrenbreUstetn.)
— 47 —
372 Hieronymus: Epistolae et tractatus. Basileae, Nicolaus Kesler
1497. 3 Bde 2».
Haift-Copingfr ^SsS^.
Limburg: Bd i u. 2. {Aus Eberbach.)
373 Hieronymus: Epistolae et tractatu8. Moguntiae, Petrus Schöffer,
1470. 20.
Hatn *8554. Das vorliegende Exemplar stimmt genau mit Hains Beschreibung überein.
Wiesbaden LB.
374 Hieronymus: Epistolae et tractatus. Venetiis, Johannes Rubeus
Vercellensis 1496. 2».
Hain-Copinger ^8^6^.
Limburg. [Aus Höchst.)
375 Hieronymus: Expositio symboli contra Jovinianum haereticum.
[Coloniae, Ulr. Zell, c. 1470]. 4".
Hain-Copinger *(?5/<5'. Praetor 8//.
Limburg.
376 Hieronymus: Liber contra Helvidium Je virginitate Mariae.
[Coloniae, typogr. Dictyos, 1471 — 75]. 4o.
Bl la: Incipit liber beati Jheronimi cötra helindiü [!] || de virginitate sancte dei geni-
tricis Marie \\ Bi 1$ a Z lo : Explicit liber beati Jeronimi contra Helindiü [!j ;; de virginitate
sancte dei genitricis Marie: . Bl i^b: Incipit epistola sei Jeronimi ad Gaudecium, de inst-
tucione [!j filie: |j Bl i8b Z 26: Explicit epistola bti Jeronimi ad gau. ut sup Bl iga:
Incipit Epistula beati Jheronimi ad panmajxhium et Occeanum. || Bl 21b Z 14: Explicit
eplä bti Jeronimi ad pämachiü et oc:
21 Bl ohne Sign, 27 Zeüen, goth. Schrift, eine Schrißgrösse.
Hain-Copinger 85/5. Proctor g86.
Umburg.
377 Hieronymus: Vitae sanctorum patrum. [Argentinae, typogr. vitarum
patrum a. 1483], 1485. 2o.
Hain-Copinger *86oo. Praetor 422.
Wiesbaden LB.
WeUburg. [Aus Rommersdorf.)
378 Hieronymus: Vitae sanctorum patrum. [Coloniae, Arnold, ter
Hoernen, ca. 1470].
Hain *8S93- Proctor ^/j.
Umburg.
379 Hieronymus: Yitae sanctorum patrum. [Coloniae, Conrad. Winters,
c. 1476?]
Bl laa Z i: Incipit plogus in vi||tas Säctoy patrum. || ()Enedictus deus q vult || omes
homines saluos j fieri t ad agnicöem ve|]ritati3 venire: qui etiaj \\etc. Bl ^ßa^ Z21: Liber
de vitis sanctoy Paty Heremitay atg Möchoy se cüd9 finit foeliciter •:• •:• Bl 36aa Z i:
Incipit plog9 Palladij epi in liby tertiü de vitis patrü. ßl 116 aa Z 24- Pars quarti üb",
xiij. de hospi' talitate explicit foeliciter. ;| DEO GRATIAS. Bl Ii6b u. 11/ leer. Bl j6oa^
Z J^: Explicit liber quintus de vi' tis sanctorum patrum •:• ! DEO GRATIAS.
160 Bl, 2 Spalten, 41 Zeilen. Goth. Schritt.
Hain-Copinger 8^86?
Limburg. [Aus Hadamar.)
— 48 —
380 Hieronymus: Vitae sanctorum patrum, deutsch. [Herbipoli,
Georg. Reyser, 1480?]. 2o.
Hain-Cofvtgfr *S6oj. Prociijr 32 £l zveiss nicht, wekhem Druckort dies fr Druck angehört.
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
Hispanus s. Petrus Hispanus.
381 Holkot, Robertus: Opus super sapientiam Salomonis. [Coloniae,
Conrad. Winters, c. 1479]. 20
Hain- Geringer *S/S3. Proctar Il88.
Umburg. {^Aus Deuiz.)
382 Hollen, Gotschalcus: Praeceptorium divinae legis. Coloniae,
Johannes Guldenschaff, 1481. 2'^.
H^tn-Copinger S/66.
Wiesbaden LB. [Aus .Marienstatt.)
383 Homiliarius doctorum a Paulo Diacono collectus. Spirae, Petrus
Drach, 1482. 2^.
Hain-Cofinger *S/gO.
Herbom 20£6. (Aus Herbom HSch.)
Limburg. (Aus Limburg.)
384 Honorius: Expositio super cantica canticorum. [Coloniae, Joh.
Guldenschaff, c. 1480]. 4».
Hain-Copinger *88o2. Praetor 12^0.
Limburg. (^Aus Amstein.)
385 Horatius: Opera cum annotationibus Jac, Locher Philomusi.
Argentorati, Johannes Grüninger, 1498. 2*^.
Hain- Coptnger *88g8.
Hadamar G.
Horologium aeternae sapientiae s. Suso, Henricus.
386 Hortulus animae. l.?, t.?, a.? kl. 8o.
Bl la Titel rot: Ortulus anime. Bl ib beginnt das Kalendarium. Bl 20 {Sign rr4] rot:
Sequit registrü prtis libelli Bl 24b Z 21: Uigilie mortuorü, ccviij. cuj plu|]ribus collectis in
fine annexis. Finis. Der Druck ist zum grossen Teil durch handschriftlichen Text ersetzt, daher
eine genaue Beschreibung nicht möglich, zumal Anfang und Ende des eigentlichen Textes sowie die
Schlussschrift überhaupt nicht mehr vorhanden sind. Blattzählung, Signaturen sind vorhanden, 22 Zeilen,
Rot- und Sch-juarzdruck, goth. Schriß, der Titel in grösserer Schrift, zahlreiche Holzschnitte.
Wiesbaden LB. [Aus NotgotUs.)
Hortulus rosarum in valle lacrimarum s. Haemmerlein, Thomas.
Hort US sanitatis s. Johannes de Cuba.
Hostiensis s. Henricus Hostiensis de Segusio.
387 Hugo de S. Caro: Postilla super psalterium. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1498. 2«.
Hain-Copinger *8g/3.
Limburg. [Aus Deutz.)
— 49 —
388 Hugo de S.Victore: De sacramentis christianae fidei. Argentinae,
[typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1485. 2^.
Hain-Copinger *go2^. Praetor Sg/.
Limburg.
389 Humbertus: De praedicatione sanctae crucis. [Norimbergae,
Fridoricus Creusner], s. a. 4o.
Hain-Copinger *g02g. Praetor 2igj.
Limburg. [.Aus Dfuiz.)
390 Hymnarius s. Expositio hymnomm. Coloniae, Henricus Quentell,
1492. 4".
Hain *6^84-
Limburg. [Aus Amstfin.)
391 Hymnarius s. Expositio hymnorum. Coloniae, Henricus Quentell,
1494. 40.
Hain *6;-86.
Herborn P IV ^rg. {Aus Herhom HSch.)
Jacobus Januensis s. Jacobus de Voragine.
392 Jacobus de Theramo: Consolatio peccatorum s. Belial. [Argen-
tinae, Henr. Knoblocbtzer], 1484. 2o.
Bl I fehlt. Bl 2a [Sign a ij] a: Reuerendi patris domini Jacobi |j de Theramo Com-
pendium pbreue [j Consolatio peccatorum nuncupatü. |: Et apud nonnullos Belial vocitatü j|
ad papä. Vrbanum sextum conscrip-||tum. Incipit feliciter. Bi gja^ Z, ^i: seculorum.
AMEN. II Explicit über belial nücupat9 al's |[ peccatoy consolatio. , Anno dni M«. ||
cccclxxxiiij. Bl g^b und g4 leer.
g4 Bl mit Sign [a b e g i l m n^, c if k ki\ 2 Spalten, 42 Zeilen, gath. Schrift, eine Schriftgrösse.
Praetor J/J.
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
393 Jacobus de Voragine: Legeuda sanctorum seu historia Lombardica.
[Argentinae, Georg. Husner, ca 1475]. 20.
Bl la leer. Bl iba: De festiuitatibus que occur-ürunt infra tpus renouationis | ete.
Ende der Tabula auf Bl 2b^ Z 32. Bl 3 [num. /] Z /: Incipit prologus sup legendaj san-
ctoy qua cöpilauit frater || iacobus natione lanuesis ordinis fratrü pdicatoy. || ()Niversü temp9
pntis vite i qttuor distinguit' jj sc^ 1 tep9 deuiatiöis. renouatiöis siue reuocati|'onis. recöncili-
ationis. et peregrinatöis. Temp9 |! deuiatiöis e/e. Bl jg4 [num. CCCXCII\ a Z ig: Explicit
legenda lombardica iacoi|bi de voragine etc. Bl 3g4b: De decem milibo martirum.
Bl 422 [num. CCCCXX\ a Z 2g : et odoris fragrantia vsqt in octauä diem ibi manebat.
Marti-||ri lucie ideo oiücta fuit. <j ipsa odilia duobus modis martir || fuit voluntate et carnis
maceratione. Bl 422b leer.
422 Bl [2 nicht num., I—CCCCXX] ohne Sign, 38 Zeilen, goih. Schrift, i Schriftgrösse.
Limburg.
394 Jacobus de Voragine: Legenda sanctorum seu historia Lombardica.
Argentinae, [Georg. Husner], 1479. 2°.
Bl I fehlt. Bl 2aa: Incipit tabula super legen das sanctorum secundum or dincm
alphabeti collecta. et | primo premittitur prolog9 i qui ostendit modum reperi- endi materias
contentaa in j; diuersis locis huius volumifnis. ' PROLOGVS , (IVoniam sicut die ysidor9 , etc.
Der Prologus schliesst Bl 2a^ Z 3g : uersis. Bl x6aa am Ende: Finit tabula feliciter. Bl l6b
und il^a leer. Bl i^b folgt der prologus super legendas sanctorum. Bl l8a Z 8: Explicit
prologus. Incipiunt capitula. Bl 20a: Incipit legenda sanctoru; que lombardica nomir.atur
4
— so-
hl- storia Et primo de festiuitatibus que occurrunt infra tem-j^pus renouationis quod re-
presentat ecclesia ab aduentu vscj ad natiuitate? domini. Bl 412a am Ende: Hoc opus
historie lombardice. deo opitulan te. cum legendis in fine annexis. est impres- sum Argentine.
Anno domini Millesinco- quadringentesimo septuagesimo nono. Bl 412 b her.
412 Bl ohne Sign [j/ Lagen, davon i, 2, 4 — 8, 1O—14, l^, V> '9—-3< -^5. -Ö". 2S—SO,
32-3^. 3^-40, 4^-47' 49\ 3. 9, '5. ^/> 37' jO, 5/5. r8, 24. 31, 41, 48 <\ 39-40 Zeüev,
goth. Schrift, 2 Schrijigrössen.
Prodor 3S9-
Wtesl.iden LB. [Aus Noigoties.)
395 Jacobus Je Voragine: Legeiida aurea s. historia Lombardica.
Argentinae. [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1483, 2'^.
Fl I fehlt. Bl 2aa: Incipit tabula su 'per legendas sanctorum secundu? J ordinem
alphabeti collecta. et pri-, mo premiltitur prologus qui GSte| dit modum reperiedi materias
c5 tentas in diuersis locis huius vo- luminis Prologus. j ()Voniam sicut || dicit ysidorus
in libro de sum' mo bono e.'c. Bl ijaa: Incipit legenda sanctorum que | lombardica no-
mlatur historia. Et primo de festiuitatibus que occur runt infra tempus renouatöis qd' ||
representat ecclesia ab aduetu vscj ad natiuitatem domini ;j Legenda Prima A j De aduentu
domini i Duent9 domi ni per quattu or septimanas agit' ad signi ficandü etc. Bl 2430^
Z 5; US p omnia secula seculorü. amen ;| Explicit legenda lomi.bardica Jacobi de voragine
ordinis predi catorum episcopi ianuensis. Bl 24jba: Sequuntur quedä ;' legende a quibusda?
alijs superad- dite. Et primo de decej milibg mar],tyrum Bl 2//ti^ Z 26: bent q. corpus
Christi est ; sanguis eius I Expliciunt quo |rüdam sanctorum legende adiuncte post Lom-
bardicam hi- storiam. Impresse Argentine. Anno dni M. cccccxxxiij. Bl 2;^8 leer,
2/8 Bl ohne Sign [3g Lagen: i, 3—5, 7, g, IT, 13, 15, 17, 19, 21, 23, 25, 2/, 2P. JA JJ.
15, 39*, 2f ^, •^, ^0> ^-, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36, 381, J75], 2 Spalten,
4/ Zeilen, goth. Schrift, 3 Schriftqrössen.
Wiesbaden Lß- [Aus Eberbach.)
396 Jacob US de Voragine: Legenda sanctorum seu historia Lombardica.
Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1485. 2'J.
Bl la Titel: Lombardica historia || que a pleriscj Aurea | legenda säctorum ap-||pellatur.
Bl ib leer. Bl 2a {Sign i\ o.: Incipit tabula super \\ legendas sctö^t scdm ordine alphabeti
collecta. et primo premittitur p! logus qui ostendit modü reperiedi j materias contentas in
diuersis lo eis huius voluminis. Die Tabula endigt Bl I2b^. Bl I3aa: Incipit prologus su-j;per
legendas sanctoy quas collegit j in vnum frater iacobus natione ia- nuensis ordinis fratrum
predicato- rum. Ä /jjß; Explicit prologus. .5'/7j<5a.- Incipiunt capitula. Bl i^ a [Sign a] a:
incipit legenda sctö^ que lombar: dica noiatur historia Et primo de fe ]stiuitatib9 que occurrüt
infra temp9 renouatöis qd' representat eccl'ia ab |i aduetu vscj ad natiuitate domini. Bl 233/)^:
Explicit legenda lom bardica lacobi d' voragine ordinis pdica, torum episcopi ianuesis.
Impressa Argen tine. Anno domini. M. cccc. Ixxxv. Finita i || die sancti Floriani
martiris. Cuius legeda |1 repitur in additionibus huius voluminis |I in legenda. CXCV. ||
Sequuntur additiones. Bl 234 leer. Bl 26g b^ am Ende: Expliciüt quorü/]!dam sanctoy legende
adiücte post ; Lombardicam historia?. Impresse ,, Argetine Anno dni. M. cccclxxxv |1
Finite in die sancti Floriani marty;|ris. Bl 2^0 {jedenfalls leer) fehlt.
2/0 Bl [/4, 23, a4, bi, c\ di, <f4, /3, gA, hi, /4, ki, l\ ml, «4, oi, /4, ql, r4, sZ, /4, vi,
x4, yl, 24, AI, Ba, C), Z?4, Ei, F\ Gl, HS, Ii, K\, Li, .1/4, N^\, 2 Spalten, 47 ^"^^»^
goth. Schrift, 3 Schrftgrössen.
Proctor 600.
Weilburg. [Aus RommersdorJ.)
397 Jacob U3 de Voragine: Legenda sanctorum seu liistoria Lombardica.
Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1489. 2*>.
ni la Titel: Lombardica historia j que a pleriscp Aurea ; legenda säctorum ap; pellatur
Bl ib Uer. Bl 2a {Sgn i\ (x: Incipit tabula super |; legendas sctöy scdm ordine alphabeti.
— 51 —
Colle-I|cta et primo premittitur prologus qui oste-' dlt modü reperiendi materias contentas
i diuersis locis huius voluminis; j' Prologus | [ jVoniam sicut |] dicit ysidor9 in libro de
sümo i| etc. Bl i2aa: Incipit prologus su- per legcndas sanctoy quas collegit in vr.ü frater
Jacobus natione ianuensis ordinis \\ fratrum predicatorum Bl ißa [Sign a\ a: Incipit legcnda
sctöy que lombardica ]| noiat hystoria. Et pmo de festiuitatibus q | occurrüt infra tepus
renouatöis qd' repre-!!sentat ecclesia ab aduentu vscy ad natiuita tem domini. Bl 22g a^ ^ '5'
seculoif amen. || Explicit legenda lomiibardica Jacobi de voragine ordinis predi catoy cpi
Januensis. Impressa Argetine || äno dni. Mccccixxxiz. Finita altera die j* sancti Mathie
apostoli. II Sequuntur additiones. Bl 26^b^: Expliciüt quorüdam j| sanctoy legede adiücte
post Lombardicaj |i historiä Impresse Argetine Anno doini-{{ni. Mcccclxxxix. Finite in
vigilia scti Ma||thie apostoli. Bl 268 leer.
268 Bl mü Sign [/4, 2i, a cegilnprtxz, B D FHN^, bdfhkmoqsvy A C EG I KL
Ml\ 2 Spalten, 46 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schri/tgrössen.
Praetor 618.
IViesbaden GL 48. {Aus Idstein, Gymn, Bibl.)
398 Jacobus de Voragine: Legenda aurea s. historiä Lombardica.
Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1-190. 20.
Bl la Titel: Lombardica historiä |j que a pleris(j Aurea j| legenda säctorum ap pellatur.
Bl ib leer. Bl 2a [Sign j] a: Incipit tabula super ;, legendas sctöy scdm ordine alphabeti
colle-||cta. et primo premittitur prologus q ostcnj|dit modü reperiendi materias contentas
i II diuersis locis huius voluminis. || Prologus. !| (JVoniam sicut jj dicit ysidor9 in libro de
sümo jl bono etc. Bl T2b^ am Ende: Finit tabula feliciter. Bl i^aa: Incipit prologus su-| per
legendas sanctov quas collegit in vnuj || frater lacobus natione ianuensis ordinis fratnim
• predicatorum. || ()Niuersü tem|[pus pntis vite in qtuor di jstinguit. etc. Bl ijba: Incipiunt
capitula. Bl 14 a [Sign a\ (x: Incipit legenda sctöy que lombardica || noiat' hystoria. Et pino
de festiuitatibus q || occurrüt infra tepus renouatöis qd' repre-' sentat ecclesia ab aduentu
vscp ad natiuita||tem domini. || Legenda I. A || De aduentu domini. || ()Duent9 dni per
quatu-||or septimanas agit' ad || etc. Bl 22g a^ Z i£ : seculoy amen, i] Explicit legenda
lom||bardica lacobi de voragine ordinis predi-'^catoy epi Ianuensis. Impressa Argetine ||
äno dni. Mccccxc. || Sequuntur additiones. Bl 26jb^ Z jr: corp9 xpi est z sanguis
eius. II Expliciüt quorüdam j| sanctoy legede adiücte post Lombardicaj [[ historiä. Impresse
Argetine Anno domi-||ni Mccccxc. Finite altera die assumptiöis ] Marie. Bl 264 leer.
264 Bl mit Sign [/4, 2 3, a cegilnprtxzBD Gl iVa, b dfh kmoqsvyACEFH
K L Mi\ 2 Spalten, 46 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
. Praetor 622.
IViesbaden LB. {Aus Notgottes.)
399 Jacobus de Voragine: Legenda sanctorum seu historiä Lombardica.
Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1496. 2o.
Bl z a Titel: Lombardica historiä que a plerisc^ || Aurea legenda sanctorü appellatur.
Bl ib leer. Bl 2a [Sign t] a." Incipit tabula super !| legendas sanctorum bm ordinem alpha-
be||ti collecta. Et pmo pmittitur prologus qui || ostedit modum reperiendi materias aten tas
in diuersis locis hui9 voluminis || Prologus | ()Voniam sicut dicit l3idor9 in libro de sum- mo etc.
Bl 14a [Sign a] a: Incipit legenda sctöy que lombardica , noiat' hystoria. Et pmo de festiui-
tatibus q II occurrüt infra tps renouationis qd' repre- isentat eccl'ia ab aduentu vsqi ad
natiuitate || domini etc. Bl 26jbfi Z 2g: Expliciüt quorundä sanctoy legede ad iuncte post
Lombardica historiä. Impresi|se Argentine Anno dni. Mccccxcvi. Fini |te circa festü
ascensionis dni, Bl 264 [wohl leer] fehlt.
268 Bl {Sign 74, 23, ai, bi, c^, di, e^,fi, -4, hi, ii, i 3, h, mi, «4, /J, o^, /J, r*, sl,
ti, vi, x4, yi, 2 4, Ai, B^, Ci, D\, Ei, Fi, C4, Hi, /4, A'— .1/3, .V4] 2 Spalten, 46 Zeilen,
goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Proctor 630.
Herbom i£26.
4'
— ö-J —
400 Jacobus de Voragine: Legenda sanctonim seu historia Lombardica.
Basileae, ^icolaus Kesler, 1486. 4°.
Bl za Tuel: Legenda sanctorum als , Lombardica historia. Bl ib Uer. Bl 2aa: Incipit
tabula sup legendas sanctoni? eU. Bl 13a [Sign <r] a: Incipit legenda sanctoy que lom-
bardi ca noiatur historia. Et primo de festiuita- 'tibus que occurrüt infra tempus renoua-||
tionis qd' representat ecclesia ab aduentu vscp ad natiuitatem domini. etc. Bl 2^/b^ am
Sch.'usje: Legenda sancto^ als Lombardica hy storia nücupata Impressa Basilee i felici' ter
asummata p Nicolaü kesler. Sub an-, no dni Millesimo quadringetesimo octo gesimosexto.
die vero. xxv. menb Junij. Darunter das Druck frzeicken. Blatt 258 [jedenfalls leer) fehlt.
2SS Bl\Siin \a—bl\ r4, dl, e\, fi, .f— /4 ^, »3, X-4, /3, fw4, «3, o^, p3, q>i, rl, s~v^, xl,y\,
*j, AI, B\ Ci, Z?4, Ei, Fi, Gl, H*, /3, A'4, Li, il/4, Ni, Ol], 3 Spalten, SS teilen, goth.
Schriß, zwei Schrifigrossen.
Herbcrm IS^5- {Aus Herbom HSch.)
401 Jacobus de Voragine: Legenda sanctorum seu historia Lombardica.
Coloniae, Conradus de Homborch, 1478, 2o.
Bl i fehlt. Bl 2aa: Prefatio sup legendas scoy per | anni circuitü venientiü quas 3pi-||
lauit frater iacob9 de voragine orj dinis predicato^ quondä epus j ianuensis incipit feliciter.
Bl sba Z i£ : Incipit tabula legendarum de j sanctis per annum. Bl 2b^ Z 26: Aliä tabulam
qre in fine libri. Incipit legenda scö^ aurea que ; alio noie dr historia longobardi ca.
Et primo de aduentu dni. Bl 3232^ Z 2£: seculorü AMEN | Explicit legenda aurea.
Bl 323b Uer. Bl 324aa: Item hystorie sequentes \\ addite sunt ad hystoriä lombardica. i. j| etc.
Bl 3/Sa: Ad laudem : gloriam dei ac virginis gloriose matris eius necnö ad vtilita tem
xpristi fideliü impressa est hec preclara : multis profutura historia lort: gobardica additis
tn multoy sanctoy ac sanctarum legendis pulcris ac raris vt patet tabulam sub alphabeti .
ordine editam intuenti. t ad fine? | vscj deducta est p me conradum de Hoemburch Anno
dni millesimo qua dringetesimo septuagesimo octauo ipö die sei bemardi doctoris melliflui
i,,alma vniuersitate Coloniensi de quo sit deus gloriosus benedict9 in secula. Bl 3/3 leer.
Bl 3/6 fehlt.
376 Bl ohne Sign [40 Lagen: 1—5, 10-28, 30—31^ 34, 3^^ 40i, 6—9, 2g, 33, 35, 4, 32,
37' 39 •5» 3^% -2 Spalten, 3g Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Wiesbaden LB. [Aus Schonau.)
402 Jacobus de Voragine: Legenda sanctorum seu historia Lombardica.
Norimbergae, Anton. Koberger, 1481. 2'».
Bl la Uer. ib enthält die Tabula. Bl 2 a \mtmer. Fo.J.] a: Incipit prologus in legendas
sanctorü quas coUegit in vnu? frater Jacobus ianuensis de | ordine predicatorum. [] Niuersü
tempus pre- sentis vite in quatuor distinguit. etc. Bl 184 af, Z ^o : vsg hodie seruant. ||
Finit lombardica historia p mädata Anthonij ;' Koburger Nurenberge impressa Anno salutis ||
;c. Ixxxj. ydus vo Aprilis tercio. Bl 184b leer.
184 numer. Blätter ohne Sign, [26 Lagen: zu. 23 S, 2, 4, 5, 8, IZ — Z4, z8—2z, 25, 26 1, 3, 6,
7, g, zo, zS — 17, 22, 2./4,] 2 Spalten, £6 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Wiesbaden LB.
403 Jacobus de Voragine: Legenda sanctorum seu historia Lombardica.
Norimbergae, Anton. Koberger, 1482. 2°.
Voullieme 5g6.
Limburg. [Aus Sayn.)
404 Jacobus de Voragine: Sermones de tempore et de sanctis. s. 1. et t,
1484. 2".
Bl za Titel: Registrum In sermones Ja- Jcobi de voragine de tempore. Bl zb Uer.
Bl 2aa Z z: Incipit Registrü in Sermo- nes de tepore preclarissimi do-'ctoris. magistri
Jacobi de vora- gine ftc. Bl Z4b^ Z z8 : Explicit tabula alphabetica. ßl z^a Titel: Sermones
Jacobi de vora- gine de tempore i de sanctis. Bl z£b Uer. Bl z6a [Sign c^j a Z z: Sermones
— 53 —
aurei : pulcherrimi | varijs scripturarü doctrinis re- [ferti de tempore per totü annu? ' editi
a solennissimo theologie|| doctore magiatro Jacobo de vo ragine ordinis predicato» quo, dam
episcopo Januesi ff Heiter ;[ incipiunt. Bl /j^a^ Z 4/: Finia. Bl 124b Urr'. Bl 123 a: [Titel]
Sermonea de Sanctis || Jacobi de Voragine. Bl i2Sb Z i: Tabula sermonQ de sanctis in
hoc vo|]lumine cötentoy. etc. Bl 126a [Sign a. ;>] a Z i : Sermonea pulcherrimi varija scrip |
turav doctrinis referti de aanctis per anni H totius circulum acurrentibus. editi a ve nerabili
viro Jacobo voraginis etc. Bl j/^a^ Z 36 : Finiunt scrmones eximij sacre thcolo gie pro-
feasoria Jacobi voraginis de sanc tis per circulum anni. impressi : exactlsai- ma diligentia
corecti [!] Anno domini. M.jjCCCC Ixxxiüj. xix. kaj. Augusti de quo ,, sit deus benedictus in
secula. Bl 375 b und 3/6 leer.
3/6 Bl mit Si^^ [a-ei,/3,g^, ^i, i-r,f, s-y, aa, bb\ cd, a-k\ lm\n-q^, xs\ rt/4,
■^—2. A—Cl, DE^, FGi, HI\ KL\ J/4 + 14 Bl am Anfang ohne Sign], 2 Stalten, im i Tl 4;,
im 2. 44 Zeilen, goth. Schrift^ 3 Schrijtgrössen.
Wiesbaden LB.
405 Jacob US de Voragine: Sermones de sanctis per anni circulum
s. sanctuarium, s. 1., t, a. 2".
Bl I [leer?] fehlt. Bl 2aa Z i: Incipit registrum in Sermo||nes de sanctis per circulü
anni || preclarissimi doctoria. magistri ;| Jacobi de voragine scdm ordi( nem alphabeti täges
materiaa || generales in singulis sermoni-j bus contentas. j] (jGer triplexj e. bmöe. clxxxiiij.
circa medi. |l etc. Bl 6b^ Z 4^: Explicit Tabula Bl ^ a [Sign A] a Z i: Sermones pulcerrimi
varijs || scripturarü doctrinis referti d' I| säctis p äni toti9 circulü cöcur- rentibg: editi a
venerabili viro ; Jacobo voraginis ordinis pPdicatoy quondä epo Januesi | Incipiunt feliciter. |)
Sermo primus de jj sancto Andrea. ()Estigia || ei9 secu-i tus e pes meg. viä | eig custodiui
et nö II declinaui etc. Bl 242 a^ Z 26: Finiütur bmones eximij sacre || theologie professoris
Jacobi II de voragine de sanctis p circu-||lum anni feliciter. Bl 242b leer.
242 Bl mit Sign [A-B\ Ci, D-H, Mi, iV-P^, q\ R— T, U, X-Z, i—6i, /5; du Blätter,
die die Tabula enthalten, sind ohne Sign] 2 Spalten, 4/ Zeilen, gothische Schrift, 3 Schriftgrössen.
Limburg. [Aus Limburg.)
Janua s. Baibus, Johannes, de Janua.
406 Jason de Mayno: Commentum super notabili autentica res (\\iq
ex §. quam ob rem in autentico de restitut. elc. s. L, t., a. 2".
Hain * 10967. 6 Bl, das letzte leer, 61 und 63 Z.
Wiesbaden LB. (Aus Herborn HSch.)
Imitatio Christi s. Thomas a Kempis.
Imola s. Johannes de Imola.
Innocentius III s. Lotharius.
407 Innocentius IV: Apparatus super quinque libros decretalium.
Venetiis, Johannes Hamman de Landoia, 1491. 2".
Hain-Copinger *gig3.
Wiesbaden LB. [Aus Her bor n Seh.)
408 Innocentius VIII: Regula revocatoria circa beueticia ecclesiastica.
s. L, t., a. 40.
a Z i: Sanctissim^ in xpo pr & dns nr dns Innocetius '| diuia puidetia papa viii.
urgetib9 nönull' ratij|onabilib9 cäis öes & singl'as eccl'iaFt monasteri |orü dignita. & bnficiorü
eccle. quorülibj späles | reseruatiöes vniöes änex. icorpor. vniedi quocp \\ annecti & icorporädi
mädata perpetua uel ad '\ etc. Z i/ : Lecta t publicata fuit auprascripta regula i Ca ccllaria
apostolica äno a natiuitate dni. m. cccc. Ixxxvi. die martis decimanöa mensis Septebris
pötificat9 eiusdej dni nri pape Anno tertio.
I Bl a 24, b 20 Zeilen, röm. Schrift, eine Schrifigrösse.
Wiesbaden LB. {Aus Eberbach.)
— 54 —
Institor, Henr.: Malleus inaleticarum: s. Sprenger, lac. u. Henr. Krämer.
409 Johannes Baptista de Caccialupis: Repetitio legis in titulo ff. de
iureiurando. Bononiae. Johannes Walbeck, s. a. 2o.
Bl I Iffr. Bl 2a [S:^ "^ '.']■' Utilis : aurea ; quotidiana repetitio legis ad monedi site
in titulo. ff. de iureiurando. Senis re- petita. Anno domini. M. cccc. Ixvi. p clarissimum ||
vtriusg cesure doctore t oiu^ nostri temporis iuris || asultof vertice Dominü Joannem baptista
caccia lupu) de sancto seuerino suum hie fiunt exordium. Bl 2i><jß ^ 39-' Impressum
Bononie per Johannem valbeck. Es folgt das rtpertorium das auf Bl ^ob endet.
JO Bl mU Sign [j f 9 j 3 'J'/*], 2 Spalten, 62 ZeiUn, goth. Schrift, I Schriftgrösse.
Hain 41g/.
IVUsbaden LB. [Aus Herbom HSch.)
410 Johannes de Cuba: Hortus sanitatis, deutsch, o. 0., Dr. u. J. 2o.
Hain 'Sg46. Bl 2aa Z 8 steht in diesem Exemplar: d' natue [!] wye.
Wiesbaden LB. {^Aus Amstein.)
411 Johannes Franciscus de Pavinis: Relatio circa canonisationem
Bonaventurae cum aliis. [Coloniae, J. Koelhoff, 1490]. 4°.
Hain-Ccpin^er * 12^31. Praetor 108g.
IVeubur^.
412 Johannes Friburgensis: Summa confessorum, deutsch. Augsburg,
Johannes Baemler, 1472. 2o.
Hain ''/36/. 2;-/ Bl. Bl i und 2^/ leer. In diesem Exemplar steht Bl 2 a Z // verkünde
u. Z 12 künden. Das Register schliesst Bl 14b Z 22. Der die Jungfrau Maria darstellende Holz-
srhnitt fehlt. Der Text beginnt Bl 15 a: \{eingedrucktes rotes Randümament^\{ nomie domini Amen
Hie hebt sich an der prolog9 j etc. Bl 2/6a Z i steht: ()weyfelt ein mensch oder es hatt etc.
Herbom P Ib g. {Aus Herbom HSch.)
413 Johannes Friburgensis: Summa confessorum. Ulm, Konrad
Dinckmut. 1484. 2'^.
Hain */J/i (statt buch muss es überall buch heissen.) Bl ig8 [CLXXXV) fehlt.
Limburg.
414 Johannes Gallensis: Communiloquium s. Summa collationum ad
omne genus horainum. Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinbui-g a. 1483],
1489. 20.
Hain'Copinger *^444. Praetor 64g.
Herborn : 2 Exemplare P Ha 1^4 u. E VH 44. {Aus Herborn HSch.)
415 Johannes de S. Geminiano: Summa de exemplis et similitudinibus
renim. Basileae, Johannes Petri de Langendorff et Johannes Proben de
Hammelburg, 1499. 4o.
Hain *^^46. Voullieme 643.
Limburg. [Aus Hadamar.)
Wiesbaden LB. {Aus .Amstein.)
416 Johannes de Imola: Opus in Clementinas. Venetiis, Johannes de
Colonia et Johannes Manthen de Gerretzem, 1480. 2^.
Hain- Copinger *gi44.
Wiesbaden LB. {Aus Deutt.)
— 55 —
417 Johannes de Imola: Super tertio decretalium. Venetiis. s. t., 1489. 2'>.
Hain *gi40. In der Schlussschrift steht nicht: M. cccclxxxxviüj, wie Hain angiebt, sondern:
M. cccclxxxviiij.
WUsbaden LB. [Aus Herbom HSch.)
418 Johannes de Lamsheym: De fraternitate et rosario beatae Mariae
virginis. Moguntiae, Petrus Friedberg, 1495, 4o.
Hain-Copinger *g84/,
Wiesbaden LB.
419 Johannes de Lapide: Resolutorium dubiorum circa celebrationem
missarum occurrentium. Basileae, Johannes Froben de Hammelburg, 1492. 8o.
Hain-Copinger *9go5-
Wiesbaden LB. {Aus Notgoties.)
420 Johannes de Lapide: Resolutorium dubiorum circa celebrationem
missarum occurrentium. Coloniae, Henr. Quentell, 1493. 4^.
Der Druck ist verschieden von Hain *ggo6.
El la Titel: Resolutoriü dubioy circa || celebrationem missay oc-;|Currentiutn. per
venerabilem patrem dominum Johänetn jj de lapide doctorem Theologum parisiensej. ordinis
Carjltusiensis. ex sacrorum canonum probatorumcj doctorum Ij sententijs diligenter collectum
Darunter ein Holzschnitt luie bei Hain, ebenso das Summarium. El ßb: Incipit tractatus dubios
ac difficultatü circa officium misse i ea que || ad debitam eiusde celebratione exiguntur
freqntius occurrentiü. iuxta sa [croy canonü ostitutiones. pbatorücj docto^ firmiores atcj tutiores
sen-||tentias resolutorius. El 24a Z 44: Explicit resolutoriü dubio^i circa celebratione missay
occurrentiü || Impssum Colonie p Henricü Quentell. Anno dni M. cccc. xciij. El 24b leer.
24 El mit Sign \a—di\, 45 Zälen, goth. Schrift, drei Schrißgrössen.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes)
421 Johannes Nivicellensis: Concordantiae bibliorum et canonum.
[Basileae, Nie. Kesler], s. a. 2o,
Hain-Copinger *g4i2. Proäor //Ol.
Limburg. [Aus Herbom HSch.)
422 Johannes Petrus de Ferrariis: Practica nova judicialis. [Mo-
guntiae?], s. t., [ante 1474.] 2*^.
Hain *6g84.
Auf El 10 gemalte Initialen und Randverzieritng. Dem Dntck ist handschriftlich ein ausführlicher
2g Blätter umfassender Index beigegeben, der folgender massen schliesst : Et sie est finis anno domini
millesimo quadringentesimo septuagesimo tercio indictione sexta die decima nona mensis
Septembris.
Wiesbaden LB.
423 Johannes Presbyter: De ritu et moribus Indorum. [Spirae, Joh.
et Conr. Hist], s. a. 4"^.
Hain *g428. Praetor 2 40 4.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
424 Johannes de Turrecremata: De efficacia aquae benedictae. [Au-
gustae, Anton Sorg] s. a. 2o.
Hain-Copinger * 15/38. Praetor 166 J.
Herbom 1525. [Aus Herbom HSch.)
— 56 —
[Johannes de Turrecremata: De efficacia aquae benedictae. Norimbergae,
Johannes Stuchs, s. a. 4o.]
Hain-Cofinger * IS743- ^^l "'^^'^ Praetor kein Druck des l£. Jahrh.
Wiesbaden LB.
425 Johannes de Turrecremata: Expositio super toto Psalterio.
Moguntiae. Petrus Schöffer, 147-i. 2o.
Hain 'ißögS.
Limiurg: Am Ende handschrißlkh [i£. y.): Librü hüc dedit petrus de gernsjhei impssor
maguntie sancto florino in sconaw. o. b. t. d. Über die Beziehungen Adrians, Abis von Schönau,
zur Peter Schiffer' sehen Druckerei s. Falk im Centralblatt f. Bibliothyw. l6, iSgg S. 233—23/. {Aus
Schönau.)
IV-esbaden LB : Am Schlüsse die handschrifiliche [i£. J.) iVotiz, dass das Buch 2 ß gekostet habe.
[Aus .\farienstatt.)
426 Johannes de Turrecremata: Expositio super toto Psalterio.
Moguntiae. Petrus Schötier, 1476. 2*>.
HaiH'Copinger */j6gg.
Herbom E VII 44. {Aus Herborn HSch.)
427 Johannes de Turrecremata: Expositio super toto Psalterio.
Moguntiae, Petrus Schöffer, 1478. 2«.
Hain *i£/OT. ig/ Bl, das letzte leer.
Wiesbaden LB.
428 .Johannes de Turrecremata: Meditationes seu Contemplationes.
[Moguntiae], Johannes Numeister, 1479. 2o.
Hain-Copinger * 1^/26.
Herbom in l£2ß. [Aus Herborn HSch.)
429 Johannes de Turrecremata: Quaestiones evangeliorum de tempore
et de sanctis. Coloniae, [typogr. Johannis de Turrecremata quaest. evang. a.
1478], 1478. 20.
Hain-Copinger 13 /lO. Proctor 1233.
Wiesbaden LB.
430 Johannes de Turrecremata: Quaestiones evangeliorum tarn de
tempore quam de sanctis. Daventriae, Richardus Pafraet, 1484. 2*^.
Hain-Copinger iß/l/. Campbell i6g4.
Zum grossen Teil handschriftlich ergänzt.
Limburg. [Ans Deulz.)
431 Johannes de Vanckel: Summarium textuale et conclusiones sexti
Decretalium et Clementinarum. Coloniae, Johannes Koelhoff de Lübeck, 1488. 2o.
Hain *9/8/.
Limburg. [Aus Hadamar.)
432 Johannes de Vordena: Sermones dormi secure de tempore et de
sanctis. Hagenoae, [Henricus Gran], 1492. 4*'.
Ifain * 13964. Praetor 31/6.
Limbuig: nur die Sermones de satutis. [Aus Hadamar.)
— 57 —
433 Johannes de VerJena: Sermones dorrai secure de tempore,
s. 1., t, a. 20.
//ain *i5g68. Die erste Zeilentrennung am Anfang ist bei Hain nicht angegeben, Sermones
dominicales cum expo, sitionibus etc.
Il6 Bl mU Sign [a—e, g h k—p\ /ii\. Bl i und n6 leer. An/angsteUen in grösserer Schrift.
Limburg. {^.4us Hadamar.)
434 Jordanus de Quedlinburg: Sermones de sanctis. Argentinae,
Johannes Grüninger, 1484. 2«^.
Hain • Copinger *g440.
Limburg. [Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
435 Jordanus de Quedlinburg: Sermones de tempore. Argentinae,
[typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1483. 2o.
Hain-Copinger *g4^8. Praetor £84.
Limburg. [Aus Hadamar.)
Wiesbaden LB: 2 Exemplare, das eine aus Limburg, das andere, in dem die vier ersten
Blätter fehlen, aus Marienstatt.
436 Josephus, FL: De Antiquitatibus et de hello Judaico. Venetiis,
Albertinus [Eubeus] Vercellensis, 1499. 2o.
Hain-Copingtr *g455-
Limburg. Codex monasterii sancti Mathie ApPi.
437 Isidorus: Etymologiarum libri XX et de summo bono libri Ol.
Venetiis, Bonetus Locatellus, 1493. 2o.
Hain *g28o.
Weilburg. [Aus Deutz.)
438 lustinianus: Codex cum glossa. Basileae, Michael Wenssler,
1478. 20.
Hain-Copinger g6o8.
Wiesbaden LB. (Aus Deutz.)
439 lustinianus: Codex cum glossa. Norimbergae, Antonius Koberger,
1488. 20.
Hain-Copinger *g6og.
Wiesbaden LB. [Aus Lins.)
440 lustinianus: Codex cum glossa. Venetiis, Baptista de Tortis,
1496. 20.
Hain *g6ig.
Wiesbaden LB: 2 Exemplare, das eine aus Ltnz.
441 lustinianus : Codex cum glossa. Venetiis, Jacobus Rubeus,
1478. 20.
Hain-Copinger *g6oi.
Wiesbaden LB. (Aus Nbtgottes.)
442 lustinianus: Digestum infortiatum cum glossa. Romae, [typogr.
apud S. Marcum], 1475. 2o.
Harn *gs6j. Proctor 3533.
Es fehlt Bl 2.
Wiesbaden LB. [Aus Ehrenbreitstein.)
— 58 —
443 lustinianus: Digestum novum cum glossa. Xorimbergae, Anton.
Koberger. 14S3. 2".
Ha:n-Ccpngfr "9385.
Auf Bl I in baden Exemplaren schön gemalte Initiale.
IViesbaaen LB: 2 Exemplare, das eine aus Eberbach, das andere aus Linz.
444 lustinianus: Digestum novum cum glossa. Yenetiis, Baptista
de Tortis, 1494. 2».
Bl I [Uer] fehlt. Bl 2 [Signaij] aa Text [rotl: Domini lustiniani sacratissimi [I pncipis
perpetui: semper augusti: | iuris enucleati: ex omni veteri iure | coUecti: digestoru^ seu
pandecta^ Explicit über, xxxviij. Glosse [rot]: C De operis noui nunciatione. Rubrica. '\
C [schwarz] Sed cum septe; sint partes digestoy: t. vi. incipit. i. de bo. pos. vij. i; Bl 308b
{am Schlüsse): Uenetijs per Baptistam de tor-ijtis M. cccclxxxxiiij. die xxiij. decembris.
Bl 30ga Rubricae. Bl $ogb Registrum. Darunter das Druckerzeichen. Bl ßio leer.
310 Bl mit Sign [a—z, l, o, f, A—M\ .Vi], Blattzählung I—308, 2 Spalten, Text in
grösserer goth. Schrift von dem Kommentar in kleinerer umgeben, letzterer 82 Zeilen.
Hain 9544.
Wiesbaden LB.
445 lustinianus: Digestum novum cum glossa. Venetiis, Nicolaus
Jenson, 1477. 2'\
Hain *958i.
Zu Beginn der einzelnen Bücher schön gemalte Initialen. Die drei ersten Blätter sind herausgerissen.
Wiesbaden LB. {Aus Ehrenbreüstein.)
446 lustinianus: Digestum vetus cum glossa. Venetiis, Nicolaus
Jenson, s. a. 2"^.
Hain-Copinger ^9^44.
Wiesbaden LB: 2 Exemplare, das eine, in welchem zu Beginn der einzelnen Bücher schön gemalte
Initialen, aus Ehrenbreitstein, das andere aus Notgottes.
447 lustinianus: Digestum vetus cum glossa s. 1., t., a.
90
Bl I leer. Bl 2 a {Sign a i f, numer. if] Text {rot\: In nomine a dni Jesu xpi Im- |perator
lustiangb: cesarc. flauigd; | alamanic9 : gothicus: francus: ger- maniC9: attic9: afric9: van-
dalicus: piius«: felix f: inclituss: victorh; ac triü- phator^^: sp august9': Theophilo : ||
dorotheo viris illustrib9 : ancesso; rib9l' Salute^l. || [schwarz] [o) Mne totius reipu blice nostre
sanctio ne^^ a nobis iam es se purgatäa etc. Kommentar : (jN noie dni ame. impator dicit
q: impat subditis. | etc. Bl 3/8 [numer. CCCLXX viif] ^ Z 12 Text: Finis. ff. veteris cü casib9.
Kommentar: Z 12 sam. accursius. Darauf Tabula titulorum seu rubricarum. ff. veteris in
quo folio seu charta contineätur. Dieselbe endigt Bl 3f8b Z 21: sionibus : mora. cccxlv.
Dann folgt das Registrum. Bl 3/9 und 380 leer.
380 Bl [a4, 3s ci, e\ fi, g—l\mS, «— :?4, rS s—z^, :S, 0 4, <H, As, B—H\ /5, K—Mi,
N':, 0 3, F— 7'4, Vi, numer. Bl 2 —3/8], 2 Spalten, Text in grösserer Schrift vom Kommentar umgeben,
letzterer / 4' Zeilen, goth. Schrift.
Weilburg. {Aus Limburg.)
448 lustinianus: Institutiones cum glossa [Basileae, NicoL Kesler],
s. a. 2'>.
Hain '948/. Proctor ^699.
Limburg.
— 59 —
449 lustiuianus: Institutiones cum glossa. Basileae, Michael Wenssler
1486. 20.
Hain *g5l^.
Limburg. (Aus Sayn.)
Wiesbaden LB. [Aus Lint.)
450 lustinianus: Institutiones cum glossa. Venetiis, Baptista de
Tortis, 1495. 2o.
Hain *9534.
Limburg: In diesem Exemplar passt die Beschreibung Hains nur auf Bl /ß «■ /ö^, Bl i und
3 Stimmt vielmehr mii Hain *9S3J> ««'"« L)ruei des Bemardinus \Stagninus\ iie Tridino de Monie-
ferrato v. 1494, überein. (Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. (Aus Arnstein.)
451 lustinianus: Institutiones cum glossa. Venetiis, Jacobus Rubeus
1478. 2^
Hain-Copinger *9ßOß.
Mit schönen Initialen tu Anfang des 2. 3. und 4. Buches; Bl 2 ist herausgerissen, wahrscheinluh
aus diesem Grunde.
Wiesbaden LB. {Aus Ehrenbreiistein.)
452 lustinianus: Institutiones cum glossa. Venetiis, Bernardinus [Stag-
ninus] de Tridino de Monteferrato, 1494. 2°.
Hain *9533.
Wiesbaden LB.
453 lustinianus: Novellae cum glossa. Basileae, Michael Wenssler,
1478. 20.
Hain *g625.
Wiesbaden LB. (Aus Deutz)
454 lustinianus: Novellae cum glossa. Venetiis, Jacobus Rubeus^
1477. 2<>.
Hain-Copinger ^9624.
Buch lo — 12 voran gebunden; am Anfang der einzelnen Bücher schön gemalte Initialen; von
Buch 10 ab ist das erste Blatt wohl aus diesem Grunde herausgerissen.
Wiesbaden, (Aus Ehrenbreiistein.)
455 lustinianus: Novellae cum glossa. Venetiis, Bernardinus [Stag-
ninus] de Tridino de Monteferrato, 1494. 2o.
Wiesbaden LB.
456 lustinus: Epitome historiarum Trogi Pompei. Acc. Flori gestorum
romanorum epitome. [Venetiis, Johannes Rubeus, c. 1475.]
Hain-Copinger *g6£4. Praetor ß/39.
Wiesbaden LB.
457 luvenalis: Satirae cum commentariis Domitii Calderini, Antonii
Mancinelli, Georgii Vallae. Venetiis, Johannes de Cereto de Tridino, 1494. 2'\
Hain-Copinger *9//0.
Weüburg.
Kempis s. Thomas a Kempis,
— 60 —
468 Klagspiegel oder Xeu geteutscht Rechtbuch, [Moguntiae, s. t.,
c. 1480]. 20.
Hain- Cc'finger *^/r/. Procter i£0 : Printtr of Darmstadt prognostication.
Bl ib Z 2 stehi: st (et statt statt, zvU Hain angiebt.
Wiesbaden LB. (Aus Herbem HSch.)
Koelner s. Johannes de V^anckel.
459 Lactantius. Lucius Coelius Firraianus: Opera. Yenetiis, Vincentius
Benalius, 1493. 2«.
Hain-Copinger *g8l6.
Limburg. {^Aus Limburg.)
460 Lactantius, Lucius Coelius Firmianus: Opera. Yenetiis, Simon
Bevilaqua Papiensis, 1497. 2".
Hain-Copinger *g8l8.
Wiesbaden LB.
Laerius, Wernenis, cognomento Rolevinck s. Rolevinck, Werner.
461 La et US, Pomponius: Compendium historiae Romanae. Yenetiis,
Bernardinus [de Yitalibus] Yenetus, 1499. 4*.
Hain-Copinger *gSjO.
Wiesbaden LB. [Aus Herborn HSch)
462 Lambertus de Monte: Copulata super tres libros Aristotelis de
anima. [Coloniae, Henricus Quentell, c. 1486 j. 2'\
Hain-Copinger *ii§8S- ~^gl- VouilUme ///. Proctor 1385.
Umburg. (Aus Limburg.)
Lamsheym s. Johannes de Lamsheym.
463 Land rechtbuch oder Schwabenspiegel, s. 1., t., a. 2".
Hain *g8/l.
Die das Register enth. 8 ersten Blätter sind im vorliegenden Exemplar ans Ende gebunden. Das
Werk enthält auf Bl 2, 48, 4g, 5/, Sg, 6g, /2, ^6, lOJ, lO^ und auf dem ersten der nicht
numerierten Blätter eingedruckte Holzschnittinitialen.
Wiesbaden LB.
464 Langius, Rudolphus: Carmina. Monasterii Westfaliae, Johannes
Limburgus, 1486. 4^.
Bl la Titel: Rhodolphi Langii. Ca. Monasterienfa '| Carmina Bl ib ()NcIyto Roperto
Baioarie duci et sancte Coloni- enb ecciesie decano. Sc corr.mendat et felicitatem \\ dicit.
Rhodolphus Langius Canonicus Monaste rienb : etc. Datiert ist der Brief: Ex Monasterio. M".
cccc". vjo. et Ixxxo. Bl 2b: ö Auetor ad librum 8 Verse. Bl ja: C Ad illustrissimum
principem I Reuerendissimü patre? ',' Dnm Hermannü. Sancte Coloniensis ecclesia Archi-||
antistitem. Rerum a se fortissime gestarum Rhodolphi |j langij Canonici Monasterienb
deditiasimi sibi clientis ' Panegyricon. Carmine lyrico | Sapphico : Adonio; Bl fb: C Ad
preclarissimü luuenem Johannem Listhigum Ro |mam e patria sua repetentem Rhodolphi
Langij amici sui | pro fausto felicicj itinere Comprecatio; || Metro dactylico Asclepiadeo
Endecasyllabo \\ Quarto Gliconico; Bl 8b C Ad peram eidem Jo. liathigo dono datam j|
Distichon; Bl ga: (;Hodolphus Langius Salutem. P. D. Conrado || Polman viro docto atcy
prestantissimo. etc. Z 2i : C Metrum Sapphicum endecasyllabum quarto (sententi 'am explente)
dimetro Adonio; Bl loa Z i^ ^ Diuo Paulo electionia vasi: ecciesie. Urbis Dicionis ||
nostre presidi optimo. Sanctissimocj patrono. Endecasylla borum Phaleuciorum Hymnus;
Bl 14b folgt (in Geauht an Aaolphus Kiuhius, Bl ißb an Hinricus Sivartzburgensis, Bl 16 a an
— 61 —
Johannti Listhigm, Bl T/ban Lubbertus Zedelerus u, s. w. Bl 36 a Z j : ([ Rho. Lan. Ca. Monaaterienb.
Carmina |1 Finiunt; || C Johannes Limburgus. Monasterij wesfalie impressit feliciter Mo.
cccc". Ixxxvio. II Julij. xxix. !| Regnante gloriosissimo Maximiliano pio felice Augusto; ||
C Eiusdem Rhodolphi Langij In arte? imprimendi et im pressoris laudem epigramma: quo
hec cunctis et sculpto ribus et pictoribus ars: longe anteferenda censetur; C Tinxerai hec
formis. sculptores arte Johannes l| Limburgus superans: nee polyclete ncgas; ,| Hoc
sibi pellei iuuenis tribuisset apelles [ Pictor: et ex auro qui dedit ora ducis; j| Laus tibi
et gloria Jjsu christe bndicte. optime. maxime;, G Registrum huius Ubclli : e/c. BljöbUer.
j5 Bl ohne Signaturen \i — 2\, J 3, 4^, £i\, 18 Zeilen, goth. Schnjt, eine Schriftgrösse.
Hain g8g4.
Über diesen seltenen und für die Geschichte des Münsterischen Humanismus wichtigen Druck
vgl. Nordhoff, I. B., Denkwürdigkeiten aus dem Münsterischen Humanismus. Münster 1S/4. S. l8ff.
Wusbaden LB.
Lapide s. Heylin, Johannes, de Lapide.
Laude s. Oldradus de Laude.
465 Laudivius: Vita Hieronymi. [Romae, Johannes Schureuer], s. a. 4«.
Die Beschreibung Hains gg43 genügt. Proctor 25^^-
Wiesbaden LB. {Aus Eberbac/i.)
Lavacrum conscientiae s. Jacobus de Gruytrode.
466 Leo Magnus: Sennones. [Basileae, Mich. Wenssler], s. a. 2".
Hain *I00I4. Praetor ^470.
l£4 Bl, das erste und letzte leer.
Herborn HX J. {Aus Limburg^
467 Leo Magnus: Sermones. [Coloniae, Bartholomaeus de Unckel,
1475]. 20.
Bl r—j, die Widmung des Herausgebers y. Andreas und das Inhaltsverzeichnis enthaltend, fehlen.
Bl 4aa: Liber sermonü sancti leonis || primi pape doctoris floridissi mi ac eloquen-
tissimi incipit fe| Heiter: Sermo primus de || ordinatione sua i pontifice: \[ etc. Bl I2ib^ am
Ende: Expliciüt bmoes leonis pape.
124 Bl ohne Sign, 2 Spalten, ^8 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Copinger H, I, 3543 == Hain /g4/ II? Proctor J138.
Limburg.
468 Leonardus de Utino: Sermones aurei de sanctis per totum annum.
[Coloniae, Ulricus Zell], 1473. 2°.
Hain-Copinger *i6i28. Voullieme /28. Proctor 88i.
Herbom. {Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. {Aus Schimau.)
469 Leonardus de Utino: Sermones quadragesimales de legibus.
Vincentiae, Stephan Koblinger de Vienna, 1479. 2o.
Hain-Copinger 16121.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
Libellus de modo confitendi s. Modus confitendi.
470 Liber Alexandri de proelüs. [Coloniae, Arnoldus ter Hoemen,
1473]. 40.
Scheint übereinzustimmen mit dem von Copinger zu Hain //8 erwähnten Exemplar der König-
lichen Bibliothek zu Berlin. Pellechet 445.
Limburg. [Aus Hadamar.)
Liebe Gottes s. Büchlein von der Liebe Gottes.
— 62 —
471 Lindelbach. Michael: Praecepta latinitatis. s. 1.. t, a. 4o.
Bl la Tuel : Precepta latinitatis ex .diuems oratorü atg poe- tarü codicibus tracta.
Bl ib bepnnt dU Taiula, zi-dcke Bl 6b endi^. Bl /a leer. Bl yb: Precepta latinitatis ex diuer-
sis oratorum atcj poetarum codicibo tracta. , p magistrun> Michaelem lindeelbach ex ochsen-||
fürt in vnum iuxta donati ordinem collecta In- cipiunt foeliciter. Bl 8a \Sign a ij] (jVpientes
studio sissime Andrea tuis adquiescere " Bl ga [Si^ a i ij] Z i8: Primü preceptü de parti-
bus orationis BlSoa am Ende: Finiunt tricenta triginta octo latinitatis pcepta Edita p.
mgrm. michaele lindelbach ex ochsefurt , conregente pro tue in almo vniuersitatis studio ||
Tubingensi. Bl Aob leer.
So Bl mit Sifn f/j, 3 4, 6 — cj, d*, ^— /3, ^4, A — i3, y64, /j] jo Zeilen goth. Schrift, zwei
Sckrißgrössen.
IVeilburg. [Aus Eherbach.)
472 Livius, Titus: Historiae romaiiae decades. Venetiis, Philippus
Pincius Mantuanus. 1495. 2*^.
Hain-Copinger *t0I4I.
IVeilburg. {Aus Hadamar.)
Lombardus s. Petrus Lombardus.
473 Lotharius, postea Innocentius III: Liber de miseria huraanae
conditionis seu de contemptu mundi. [Coloniae, typogr. Aiigustini de fide,
c. 1475]. 4''.
Hain-Copinger *I02II. Praetor lOgg.
Limburg.
474 Lucianus: Dialogus, quomodo solus nudus per Acheronta transvebi
potest. Acc. Isidori synonyma. [Coloniae, Henricus Quentell], s. a. 4".
Hain-Copinger *102/^. Praetor 1404.
Wiesbaden LB. [Aus Amstein.)
475 Ludolphus de Saxonia: Expositio Psalmorum. [Spirae, Petrus
Drach, 1491]. 2».
Hain-Copittger *I0J04. Praetor 2^8 1. Das erste Blatt fehlt.
Limburg. [Aus Amstein.)
476 Ludovicus Bologninus. Repetitio ad text 1. naturaliter § nihil
commune ff. de acquir. possessione. Bononiae, Plato de Benedictis, 1494. 40.
Bl la leer. Bl ib: Sanctissimo : Dno Dno. N. Alex. vj. Pontifici Max. bn merito Ludo-
uicus Bolognin9 Minimus inter alios. v. iuris doctor : x eques: Sacri palacij apostoUci
aduocatus Consisto- rialis: x Cristianissimi Francorum Regis consiliarius: iura duilia or-
dinarie legis in vetustis simo inclyte ciuitatis patrie sue Bononie studio : premisso ex corde
ad sacros eiusdem pedes I| osculo. x humili commendatione. S. P. D. Bl 2 a \Sign aa.f] a rot:
C Repetitio solemnis: totacp aurea ad singu-' larem tex. .1. naturaliter. S- nihil comune. [!] ff.
de acquir. posses. in materia petitorij: : possessorij \\ x cumulationis eorundem cum suis
pertinenti- bus : cöncxis: Et cum nouo intellectu ad istum j| text. x quäplures alios per . . .
Z II : D. Ludouicum Bolo- gninum. Anno domini. M. cccc.lxxxxiiiij. Ka-j lendis Nouembribus.
Bl IIa [Sign bbitj] a Z £/: C Explicit repetitio solemnis : tota aurea ad || text. . . . Z 66:
studio Dominü Ludouicü de Bologninis Bo noniensem. Anno Dfii M. cccclxxxxiüj. Bl iia^
folgt die Tabula. Bl nb^: C Sequütur apostille illustris domini Alexan dri de imola in dicto.
S- nihil cömune : cum ali-;|quibus additionibus etiam ad eas per dictum || dnm Ludouicü
Bologninü etc. Bl J3b^ Z ii: in. xiiij. col. de causa posse. ; proprieta. i| FINIS. Darunter
das Druckerzeichen. Bl 14 [leer] fehlt.
14 Bl mit Sign [aa^ bbi], 2 Spalten, 80 Zeilen, goth. Schrift, J Schrißgrdssen.
Hain 3449.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
— 63 —
477 Ludovicus, Pontanus: De relictis ad pia3 causas etc. Papiae,
Christophorus de Canibus, 1489. 2».
Hain *I32S3, doch steht Bl iSa^ Z 46 in diesem Ex. richtig posuU, 60—65 Zeilen.
Wiesbaden LB. {Aus Herborn HSch.)
478 Ludovicus de Prussia: Trilogiura aniraae. Norimbergae, Antonius
Koberger, 1498. 4o.
Hain-Copinger * 10315.
Limburg. (Aus Limburg.)
Lumen animae s. Farinator, Matthias.
479 Magister, Johannes: Dicta s, glossulae circa summulas Petri Hispaui.
(Heidelbergae), Fridericus Misch, (1490). 2«.
ßl la Titel: DIcta circa sümulas || magistri pe. his. inge>[ niosissimi viri rngri Jo-!|
hannis mgri; introducto ria in doctrinä doctoris ! subtili3. Bi ib Z i : Frater pauloa scrip-
toris ordis minoy Friderico Misch impressorie artis sagacissimo arti fici. Salutem plurimam
dicit etc. Z 38 : ... Uale optime heros. curacj «j P-;!niü tradere qd* tä auide remorat. Date
Moguntie ipso festo circücisiöis dni. Anno 1490. Bl 2a [Sign Aj] a Z i : Dicta circa sümulas
magistri petri hijspa ni igeniosissimi viri magistri Johänis ma gistri sacre theologie bacca-
laurei formati: |j ac vtriuscp iuris doctoris consultissimi: n^ nö Serenissimi francoy regia in
sua süma curia || parlamenti consiliarii sapientissimi. Bl J4 u. 51 leer. Bl I22b^ Z 35:
Et hc d exponibilibus dicta sufficiant.
123 Bl mit Sign [Titelbl., Ai, B—F, A—Ri\, 2 Spalten, $4 Zeilen, goth. Schrift. Die Anfangs-
teilen in grösserer Schrft.
Bl 88 bis gs fehlen.
vgl. Hain 10 456.
Limburg. (Aus Limburg.)
480 Magui, Jacobus, de Parisiis: Sophologium. [Argentinae, typogr.
singularis R], s. a. 2*^.
Hain-Copinger *I0 4/I. Praetor 2 40.
Wiesbaden LB. [Aus Ehrenbreitstein.)
481 Mahomet II: Magni Turci epistolae. Daventriae, Rieh. Pafraet,
1490. 40.
Hain-Copinger 10508. Campbell iigi.
Wiesbaden LB.
482 Maldura, Petrus Ludovicus: In vitam S. Rochi. [Moguntiae,
Petrus de Friedberg, 1495]. 4o.
Hain-Copinger *I054^- Praetor ig2.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes, vorher in Johannisberg)
Mammotrectrus s. Marchesini, Joh.
483 Maneken, Carolus: Epistolarum formulae. [Argentinae, Martinus
Schott], 1490. 40.
Hain-Copinger *lo6/4. Praetor 402.
Das Werk hat im Ganzen 90 El, 6 nicht numerierte und 84 [/-A', Xn-LXXXV\ numenerle
Blätter.
Wiesbaden LB. {Aus Marienstali.)
— 64 —
484: Maneken, Carolus: Epistolarura formulae. Lovanii, Johannes de
Westfalia, s. a. 4'^.
El I enthält fine rctgidruckte W.U. Bl 2a \Sign j^] Continet iste libellus epistolares
quasdä formulas J iudicio cöponetis pueroy captui n5 absimiles/ Quas correctoria vocät/
Easdemq; extractas ex maioy litte' rarü missiuay collectorio/ scolarib9 louanii in pedago gio
lilii lectarü etc. Bl ga \Sign b\ Z i: curia nutrit/ : satis nosti äf müdas manus gestare de ||
eti. Bl III3. am Ende: Expliciunt quedä epistole quas correctoria vocant lecte Louanii i
pedagogio lilii per Magistrum karolü , Viruli Impressecf ibide per me Joanne de westfalia.
Bl III b u. 112 leer
112 Bl mit Sipt \a — tM], jr Zeilen, gcth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Hain lO 6§g ? Jedenfalls ist der ~jon Campbell Suppl. 4 No 1204 beschriebene und von Ci}pinger
mit dem bei Hain identificierte Druck ein anderer.
Weüburg. {Aus Amstein.)
485 Marchesini, Job.: Mammotrectus super bibliam. [Argentinae,
Georg. Husner, c. 1473?]
Hain-Copinger *iO^£l.
Limburg. [Aus Schönau.)
Wiesbden LB. {Aus Notgoties, vorher in yokannisberg.)
486 Marchesini. Joh.: Mammotrectus super bibliam. Coloniae, Johann.
Koelhoff de Lübeck. 1479. 2\
Bl I leer. Bl 2a \Sign a^\ a.: Incipit prefatio in mammetractü. 1] ijMnium scriptonim ||
veterü vsc^ in nos celebris est et nota j traductio vt suis c-[ ditionibp qsdam p logos seu
prefatio- nes pmitteret, qb9 lecto^ suoy ani imos etc. Bl 2b und jaa enthält den ordo libri.
Bl $a [Sign J 3] ß beginnt das Prooemium Bl /aa Z jj der Text: Super genesim ;{ f)N principio
creauit deus celum et '] terra etc. Bl 20oaa: Liber dictg Mammetractus reli jgiosi pris
fratris Murachismi de sa cro ordine minorü deuotissimi Per | me Johanne Koelhoff ciuem
Co- lonie diljgenter correctü ac impres sum feliciter explicit. Anno dni M.| cccclxxix. in
vigilia sancti Seuerini j archipresulis Coloniensis.
200 Bl mit Sign \a—z, r o 4], 2 Spalten, jg Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Hain 10560.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
487 Marchesini, Job.: Mammotrectus super bibliam. s. 1., t., a. 4o.
Bl I leer. Bl 2a \Sign A'»\ a Z i: Incipit vocabularius in Ma motrectü scd'5 ordine
alphabeti ' etc. Bl 26 a'^ schliesst der Vocabularius. Bl 26b leer. Bl 2^a {Sign a] a Z i:
Prologus autor/ i mamotrectü. || (Mpatiens proprie ;| imperitie ac ruditati jl cöpatiens
pauperü i| etc. Bl 2£/a^ Z 30: Expliciüt expositiöes : correcti-i ones vocabuloy libri qui
dicit' II Mamotrect9 tä biblie 9 aliorü \\ plurimoy libroy. Bl 2£/ba Z i: Incipit tabula libro<<
: alioi« quoy expositiöes et correctiöes (| vocabuloi« i psenti libro otinet. Bl 258 a% Z 36 :
Explicicit tabula.
258 Bl mit Sign [A, B\, Cl, a—s, t, v, x, y, l—/^] 2 Spalten, 3/ Zeilen, goth. Schrift,
3 Schrißgrössen.
Bl 2§8b ist bedruckt. Diese Seite, -velche beginnt: maturitate venire matr] scindüt bis
participiü. Nisibus. me. cor. id e gehört jedoch in den vorhergehenden Zusammenhang und ist nur
infolge falscher Anordnung des Satzes ans Ende gekommen.
Limburg. {Aus Limburg.)
Maria s. Paulus de S. Maria.
488 Martialis: Epigrammata cum coramentariis Domitii Calderini et
Georgii Merulae. Venetiis, [Christophorus de Pensis], 1495. 2o,
Hain-Copinger *io824. Praetor 5233.
Weilburg.
— 05 —
489 Martinas Polonus: Serraones de tempore et de sanctis. Argen-
tinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1484. 2".
Hain * 10854. Praetor 5g [.
Im vorliegenden Exemplar fehlt Bl i.
Wiesbaden LB.
490 Martinas Polonus: Margarita decreti sea tabula Martiniana.
Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1489. 2*^.
Hain-Copinger * 10845. Praetor 650.
Limburg. [Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. [Aus Deutz.)
491 Martinas Polonus: Margarita decreti seu tabula Martiniana.
[Spirae, Petras Drach], s. a. 2^.
Hain-Copinger ^10838. Praetor 2358.
Wiesbaden LB: 2 Exemplare, das eine aus Eberback, das andere aus Linz.
492 Martyrologium, Viola Sanctoraminscriptura. Argentinae, Johannes
Pryss, 1487. 4».
Hain- Copinger * lO 8/0.
Weilburg.
493 Matheolus Perusinus: Tractatus de memoria. [Argent., Henr.
Knoblochtzer, 1475].
Copinger //, /, 3912. Praetor 385.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
494 Matthaeus de Cracovia: Tractatus rationis et conscientiae de
frequenti usu Communionis. [Moguntiae, Job. Gutenberg], s. a. 4^.
Hain *58oj. Praetor 14/: Printer 0/ Catholicon.
Limburg. [Aus Limburg.)
Mayno, Jason de s. Jason.
495 M eckenloche r, Fridericus, de Wendelstein: Casus in terminis
sexti decretalium. Argentinae, Martinas Flach, 1490. 2o.
Hain- Copinger *io g8j.
Wiesbaden LB. [Aus Arnstein.)
Mediavilla s. Richardus de Mediavilla.
496 Meffret: Sermones de tempore et de sanctis. [ßasileae, Nicolaus
Kesler, i486].
Hain-Copinger *ioggg. Praetor 7656.
Limburg: Bd i. \ , ^ r-^ \
Wiesbaden LB: Bd 3. ) (^«^ ^^«^^O
497 Meffret: Sermones de tempore et de sanctis. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1487. 3 Bde 2o.
Hain- Copinger *IT 004.
Limburg. [Aus Rommersdorf.)
498 Melber, Johannes, de Geroltzhoffen: Vocabularius praedicantium
s. Yariloriuus. [Argentinae, Henricus Knoblochtzer], 1482. 4^
Hain *ii038. Praetor 3/0.
Limburg. [Aus Sayn.)
— (^S —
499 Melber, Johannes, de Geroltzhoffen: Vocabularius praedicantium
s. Variloquus. Argentinae, Johannes Kuoblouch, s. a. 4*^.
Bi la Titel: UOcabularius 1 Prcdicantium. Darunter Hexastichon ad lectorem.
Bl ib leer. El 2a [Si^ aij] Z /: C Vocabularius dictus Variloquus. qui verbü poliscmon |)
ac sequiuocum lingua Germanica multifariam exponit predicantibus vtilissimus. Per Joannem
Melberium Ger- oltzhoffien. ex sermonibus auditis & scriptis sub Judoco Eychmino [!] de
Kalb egregio doctore/ famigeratissimiqi ver- bi dei pclamatore collectus Heidelbergij.
Sequitur. , A ANTE B. £1 ii6a Z jj; lium animaliü sortitur. | Hunc nuper librum Knob-
louchus rite premebat \ Cuius apud Tribotes calchographia viget.
Il6 Bl mit Sign \a — e, h k m — o, / — /, x — s X^, / i l p v^\ j6 Zeilen, goth. und röm. Schrift,
du An/jn^irJen in grösserer Schrift.
Limburg.
500 Melber, Johannes, de Geroltzhoffen: Vocabularius praedicantium
s. Varilo«iuus. s. 1., t., a. 4^.
Hain *iiOJJ.
Limburg: 3 Exemplare, davcm das eine aus Limburg.
501 Mensa philosophica. [Coloniae, Joh. Guldenschaff, 1485]. 4^
Hain-Copinger "iio/ß. Prodor 122g.
Wttsbcuien LB. [Aus Eberbach.)
Mensch, sterbender s. Sterbebüclilein.
502 Michael de Carchano Mediolanensis: Sermonarium triplicatum per
adventum et per duas quadragesimas. Basileae, Michael Wenssler, 1479. 2*^.
Hain-Ccpinger *4£og.
Limburg. (Aus Limburg^
Wiesbaden LB.
503 Michael de Ungaria: Sermones praedicabiles per totum annum,
licet breves, s. sermones tredecim universales. Argentinae, [typogr. Jordani de
Quedlinburg a. 1483], 1487. 4».
Hain-Copinger *go46. Praetor 6lO.
Limburg. [Aus Hadamar.)
504 Michael de Ungaria: Sermones praedicabiles per totum annum
licet breves s. sermones tredecim universales. Argentinae, [typogr. Jordani de
Quedlinburg a. 1483], 1490. 4».
Hain-Copinger *g04/. Praetor 62J.
Limburg: 2 Exemplare.
505 Milis, Johannes, de Verona: Repertorium utriusque iuris. (Coloniae),
Nicolaus Götz de Sletzstat, 1475. 2o.
Hain-Copinger *ili^J.
Limburg. (Aus Sayn.)
.506 Mirabilia Romae. [Romae, Adamus Rot], s.a. 4".
Bl la Z i: Mirabilia Rome Incipiunt. j Murus ciuitatis Rome habet trecentas Sexa-||
ginta et unam turres. Bl 6b Z 28: Mirabilia Rome finiunt.
6 Bl ohne Sign, JO Zeilen, Antigua,
Hain III/5.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
— 67 —
507 Missae familiäres secunJum usum ordinis Praemonstratensis.
s. l, t., a. 8">.
Bl i>i \Sii;n ä] a; <I {rot) Sequunt' alique misse fa-|;miliares abbreuiate bm vsu; |(
Premonstraten. ordinis. Et !; primo de sctö spü. Introitus. [schwarz) SPiritus dni icple uit
orbem terrarü jj eU. Bl gb Holzschnitt: Jesus am Krtuz. Bl /6b a Z g: minü nostrü iesum xpm,
l6 Bl [Si^ a, e^\ 2 Spalten, J/ Zeilen, goth. Schrift, eine Schri/tgröise. Eingedruckte Initialen.
Limburg. {Aus Limburg.)
508 Missale ordinis sancti BeneJicti. Spirae, Petrus Drach, 1498, 2».
Bl la Titel: [rot] Missale ordinis || sancti Benedicti. /;/ ib leer. Bl 2 a Holzschnitt Jen
h. Benedictus darstellend mit der Inschrift: Sanctus Benedictus. Bl 2b: Emendatores huius libri
missalis (| lectoribus vniuersis salutem. Bl j—8 Calendarium. Bl ga [Sign a u. numer. /]
o.- [rol] Ordo missalis secundum || ritum et consuetudinem orjjdinis diui patris Benedi[ cti. ||
Dnica prima aduetus dni i| A [Holzschnittinitiale rot ; dann schwarz\ D te le- uaui ani mä meä '' üeo
me-||us in te || con| fido non eru||bescam. äc. Bl i£2a [numer. cxliiij\ ß Z 30 \rot\: introitus misse.
Bl i/ja [Sign t, num. cxlv\ a: [rot\ Sequitur ordo missarum |j votiualiü etc. Bl 2gj [num.
cclxiiij] b^: Cösummatü est hoc opus j| missalis sedin morem et cö 'suetudinem ordinis sancti j|
Benedicti per honestü vi-j|rum Petrü drach ciue et se- natore insignis ciuitatis ,[ spirensis.
Anno dni. M. I| ccccxcviij. iij. kl. augusti. ex-' emplari iterum emendato " et in cöpluribus
locis dili- gentissime castigato per so]|lennem virum eiusdem orljdinis. Darunter das Drucker-
zeichen. Bl 2g4 leer. Bl 2g£aa. [rot]: Sequuntur informatiöes ,, et cautele obseruäde psbyte ro
voleti diuina celebrare.
2gS Bl [mit Sign u. Blattzählung {cclvij doppelt gezählt)] 2 Spalten, J2 und 1/ Zeilen, Missaltype,
drei Schriftgrössen.
Hain- Copinger 112/ 4.
Limburg.
509 Modus confitendi et poenitendi. Coloniae, Johannes Koelhoff,
1489. 40.
Copinger II, i, Mo 4303. Voullieme No 800.
Limburg. [Aus Notgottes.)
510 Modus confitendi et poenitendi. Coloniae, Henricus Quentell,
1491. 4".
Hain- Copinger */J/S9-
Wiesbaden LB.
511 Modus confitendi et poenitendi. [Daventriae, Jac. de Breda, c.
1498/99]. 40.
Copinger II, i, 42g8. Campbell 1146.
Unter dem Titel ist der Holzschnitt: i h S umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten.
Bl 2a Z 4: pnia? agas .i. velociter p qn || etc.
Limburg. [Aus Limburg.)
512 Modus legendi abbreviaturas in utroque iure. [Coloniae, Nie. Götz
ca. 1475]. 20.
Bl laa Z 1: Incipit libellus dans modum || legendi abbreuiaturas in vtro qi iure :c.
()Via ppo-, sterus est j ordo pri9 n hüana pe, tere subsi, dia vt il- :lis deficie tib9 diui ni
fauoris gratia postulet. vt d' j| etc. Bl 40a^ ^33' Explicit Registrü ordis siue ;, pcessus
iudiciarij in q facilit' in'luenies quälibet materiam eunde || pcessü ocernente cuj aliquibus \\
formis in marginibo annotatis. Bl 40b leer.
40 Bl ohne Sign, 2 Spalten mit 38 Zeilen, goth. Schrift.
Limburg, [Aus Amstein.)
5'
— 68 —
513 Modus legendi ubbreviaturas in utroque iure. Aco, processus iudi-
ciarius Johaunis de rrbach una cum Domiuici de Viseutia de notariis archiepis-
coporum et episcoporuiu, tractatu praescriptionum a Dyuo de Mugilo, tractatu
de arbitrio a Petro Jacobo Montipessulano, differentiis legum et canouum a
Galuano de Bononia, tractatu de tabellioiiibus Bartoli. Spirae, Petrus Drach,
[c. 1475]. 40 (auch die letzte Lage, die bei Hain als 2t> bezeichnet wird.)
Bl ja Uer. Bl ib Z i: [ ]Ite in expeditü agilem doctücj practice iuridice executore ||
iuvat euadere: etc. Am Schlüsse der Vcrrede : Viue vale lector feliciter. arripe pulcrum. ||
Quod tibi spirensis Drach petrus edit opus. Bl 2aa Z i: Incipit libcllus das ,i modü legedi
abbreui aturaa in vtrocj iure. Bl j/ aa Z i: Incipit processus ,, iudiciarius eximij do- jctoris
iuris canonici | Johannis de vrbach. Bl 950a Z 1: Incipit tractatus , presumptionü
Bl p/JQ Z i: Incipit summa magi stri dominici de ciuita, te visentia qualiter no ,tarij
archiepiscoporü et episcoporum debe jant notarie officiü ex-j ercere. Bl ii4af> Z i : Incipit
tractatus no- tariatus. Bl igoaa Z i : Incipit tractatus pscriptionü || cöpositus p dominü
dynü de mugi- lo legü doctorem. Bl ig^aa Z //.• Tractatus breuis de arbitris et arbitra-
to- ribus incipit. Bl ig/a^ Z 26: Explicit tractatus domini Petri iacobi doctoris legum
montepesse lano. Incipiunt differentie legum z ,| canonü dni Galnani [!j de bononia.
Bl 20ia^ Z 11: Incipit trctatus de taj bellionibus per dnm |; bartoluj compilatus. Bl 2o6a^
Z 10: Finit tractatus de tabellionibo.
206 Bl ohne Sign [2j Lagen: i, 11^, 2—10, 12 24^, 2^ i] 2 Spalten, 42 ZrUen, goth. Schrift,
2 Schnftgrössen.
Hain II 462.
Wusbaden LB. (Aus £ier6acA.)
Molitor, Johannes s. Antoninus Florentinus: Summa theologica.
514 Molitor, Ulricus: Tractatus de lamiis et pythonicis mulieribus.
Coloniae, Cornelius de Zürichsee, [149.]. 4*>.
Copinger II, i, 4340-
Bl la u. 23 b enthalten Hohschniite.
Wusbadm LB. {Aus Herbom HSch.)
Monte 8. Lambertus de Monte.
Monte s. Petrus de Monte.
Montepicino, Paulus de, s. Paulus.
515 Mundinus: Anatomia. [Lipsiae, Martinus Landsberg], s.a. 4",
Ilain *ii6s3- ProUor 2gg4.
Bl I fehlt im vorliegenden Exemplar.
Wiesbaden LB.
516 Niavis, Paulus: Dialogus parvuLis scholaribus ad latinum idioma
perutilissimus. s. 1., t., a. 4'*.
Hain *li/02.
Wiesbaden LB.
517 Nico laus de Ausmo: Supplementum sumraae Pisanellae. Acc.
canones poenitentiales fratris Astensis. Coloniae, Conrad, de Homborch, 1479. 2^.
Hain- Copinger 2160. Pellechet 1634.
Herborn V VI 8. {Aus Deutz.)
Limburg. {Aus Sayn.)
Wiesbaden LB: In diesem Exemplar fehlen 2 Bl am Anfang.
— 69 —
518 Nicolaus de Ausmo: Supplementum summae Pisanellae. Norim-
bergae. Georgius Stuchs, 1488. 4»,
Hain-Cijpinger ''2168. Pellecket 1641.
Wiesbaden LB. [Aus Amstein.)
519 Nicolaus de Blony: De sacramentis et de divinis officiis eorumque
administrationibus. Argentinae, [Martinus Flach], 1488.
Hain-Copinger *325S. Procter 6/6.
In Jiesem Exemplar steht Bl i im Titel Sacerdotalis nicht ~vie bei Hain scerdotalis.
Limburg.
520 Nicolaus de Blony: Sermones de tempore et de sanctis, Viri-
darius nuncupati. Argentinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 148:3],
1494-95. 2<\
Hain-Copinger ^3262. Proäor 636.
Wiesbaden LB. [Aus SckÖnau.)
521 Nicolaus de Lyra: Postilla super bibliara cum additionibus Pauli
Burgensis et correctoriis editis a Mattliia Doringk. Argentinae, [typogr.
Henrici Ariminensis], s. a. 3 Bde 2'\
Hain *J036/. Praetor J2^.
Wiesbaden LB : Ein Band Psalierium, Proverbia, Ecclesiastes, Canlica Canticorum, libri sapientiae,
Ecclesiasticus enthaltend. {Aus Schönau.)
Ausserdem Bd 3. [Aus Deutz.)
522 Nicolaus de Lyra: Postilla in universa biblia cum expositionibus
(xuil. Britonis et additionibus Pauli Burgensis et correctoriis editis a Matthia
Doringk. [Coloniae, Ulr. Zell, c. 1485.] 4 Bde 2».
Hain-Copinger ^1036 8. Voullihne 825.
Limburg: nur Bd 2, {Ans Deutz.)
Wiesbaden LB: nur Bd J und Bd 4 von Bl 268 {epist. Pauli) ab bis Schluss.
523 Nicolaus de L}Ta: Postilla super bibliam cum additionibus Pauli
Burgensis et correctoriis editis a Matthia Doringk. Norimbergae, Antonius
Koberger, 1481. 3 Bde 2'>.
Hain */036g.
Am Ende fehlt ein Bl.
Wiesbaden G: nur Bd 2. L 2IO. {Aus Idstein Gymn. Bibl.)
524 Nicolaus de Lyra: Postilla super quattuor evangelistas. s. 1., t.. a. 2".
Bl la Titel: Postilla magistri Nicolai || de Lira ordinis fratrü mi- |nov. super quatuor
euigej;listas. Bl ib leer. Bl 2 a \Sign a ij] a: Postilla mgTi Nicolay de Lira [ ordinis
fratrü minorü sup qua[|tuor Euangelistas incipit. [i [JVatuor facies vni. Ezech. p° Scdm
qd' scribit be. greg. sup ezec^. i| etc. Bl 226 b^ Z 2/: sancto viuita regnat in scl'a sclorum ||
Arne. |] Explicit postilla sup Johane.
226 Bl mit Sign [aS, b—z, ^—£4], 2 Spalten, 33 Zeilen, goth. Schriß, 2 Schri/igrössm.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
525 Nicolaus de Lyra: Postilla super epistolas Pauli, actus Aposto-
lorum, epistolas Canonicales et Apocalipsin. s. 1. 1. a. 2*^.
Bl la [Sign a j\ a: Incipit phemiü fris Nicolay de ly- ira ordis fraty minov i eplas
pauli. |i []Cce descripsi eam ti bi tripliciter. tc. , Prouerbioy. xxij. Qd' , verbü de sapietie
— 70 —
descp tione d'r. etc. PI i66aa: Postilla sup Actus apl'o^f fratris Nicolai de lira ordis minoy
incipit. <r/i-. B/ 20S<^CL Z iß: Incipit postilla sup eplas canoni-I cales etc. Bl 2^4bo. Z 4^:
Postilla fratris Nicolai de lira sup Apocalipsim incipit |! ttc. Bl 2/jd^ am Ende Postilla
venerabilis ; magnifici dni , Nicolai de Lira : ordinis fratrü mino rü sup Apocalipsim finit
feliciter •:• Bl 2^4 fehlt.
2/4 Bl mit Si^ [a — :, A — A'4, Li] 2 Spalten, 5J Zeilen, golh. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Dieselbe Type wie in No 524.
Wiesbaden LB. {Aus Marienstatt.)
526 Nicolaus de Lyra: Praeceptorium seu expositio in decalogum
cum aliis tractatibus. Coloiiiae, Hermannus Bungart de Ketwich, 1497. 8^.
Bl la Täel: Preceptoriü Nicol. de Lyra siue Expositio tripharia brel'uis et putil in
decalogü leg] diuine: C De articulis fidei: De septem peccatis mortalibus. j C De tri-
plici modo peccandi in deü. || De operibus misericordie. j C De decimis dandis : 1| Intro-
gatöes facied' ifirmo morieti. De natiuitate vita ; morte antixpi. \ C De fine müdi Et
extremo iuditio. De passione Jhesu cristi. ; C De planctu beate Marie virginis, j Collo-
quiü pctöris : crucifixi Jhesu. Dyalogus de homine et ratione :c Bl ib | Anthonij liberi
Susatensis in lau dem inclite Colonoy vrbis Epygrä[|ma feliciter incipit. Folgen 10 Distichen.
Bl 2a \Sign A 2] Z /: C Venerabilis fratris Nicolai de Ly ra ordinis seraphici Francisci.
preceptoriü siue ex-' positio tripharia breuis ; vtilis in decalogü legis diuine Incipit
feliciter. Bl 88a Z 25.- C Explicit pceptoriü vene. Nicolay de lira cum alijs qbusdä
certis tractat' putiliba. pdicätibo , necnö ofessioes audietibo ml' tu 3uenies Impssü j Colonie
p me Hermänuj bügart de Ketwych Ibide sup antiquü forü moräte. t;o dem Wilde | mäne
Anno diii. 1497. meb Augusti. Bl 88 b leer. Bl 8g a \Sign P i\ Z i: C Anselmi deuotissimi
de passiöe Je su christi querentis. : gloriosissime |i Marie virginis respondentis dyaloj gus
incipit feliciter. Bl g6a Z 20: C Finis dyalogi beati Anselmi de passione Jesu | Christi
I beate Marie virginis. Bl g6b leer. Bl 97 \^Sign Qi\ Z i: C Tractatus beati Bernardi de
plä ctu beate Marie virginis. Bl 102a: Explicit tractatus beati Bernardi de planctu beate
Marie virginis. Bl 102b Z i: De imagine saluatoris. ^j Folgen drei Distichen. Darauf: C Incipit
colloquiü peccatoris : cru cifixi Jesu Christi. Bl iiob Z 2g: C Explicit dyalogus crucifixi
siue Colloquium | peccatoris : crucifixi Jesu Christi. Bl iiia [Sign S j\ Z i: C Dyalogus
siue sinonima ysidori \\ de homine ; ratione: PI 122a: C Explicit dyalogus ysidori de homine
: r5ne vna cü passione christi. : planctu Marie. Necnö cü colloquio. :c: Impressum
Colonie. supra an- tiquü foy. pprie t;o dem Wildeman. in opposito 1, sancti Martini maioris.
Per Hermannü Bü- gart de Ketwich Anno dni. M. cccc. xcvij. In ; profesto Mathei Euan-
geliste. PI 122 b leer.
132 Bl mit Sign [A-~C^, D^, £4, F^, Gs, H\ /4, A'^, L^, .1/4, A— C)-% P—Q^, R'-, S\
T\\, JO Zeilen, goth. Schrift, j Schriftgrössen.
Hain 10406.
Limburg.
527 Xicolaus de Orbellis: Compendium copulatum ex dictis Scoti.
ßasileae, Michael Furter, U94 4o.
Der erste Teil des Werkes ist Hain-Copinger * 12044, <f'*' -'veite 7ind dritte Teil Hain- Copinger 5864.
Hain *I2044 hat /2 Bl, das letzte leer. Das Werk ist zwar auch in dem vorliegenden Exemplar
infolge des Teiltitels in zwei Bänden gehenden, die Zusammengehörigkeit beider Teile ergiebt sich aber aus
dem Inhalt von Tl 2, s. Bl 14 und 1^8.
PI 7ja Titel: Cursus librorum philosophie natura- lis bm viam doctoris subtilis Scoti.
Bl /4a [Sign aij]a: (jXpedita prima pte. , principali huius tractatus j! scj d scientia mathe-
matica: || videndü e consequenter de , secunda: sc^ de phisica: siue |' de naturali phia ^/r.
Bl iijh^ Schlüssen di<! Phisica. Sequit' primus li- ber de celo et mdb. Bl 118 a^ Z 2g: Finit(y
über de celo et müdo. De ter, tio aule et quarto libris agitur de ele|jmentis: nihil ad pns
d' ipis. satis em dicetur in sequentibus. 1, Sequitur librr de gene- ratione et corruptione.
Bl I2ib^ Z 24: Explicit secundus über de | generatione et corruptöne. | Incipit primus
— 71 —
metherorü. I| etc. Bl /j/aß Z 20: Incipit über de anima. I. || etc. Bl ijSifi: Explicit über
d' anima |; i per cösequens tota '| philosophia naturalis | que est secünda pars hu ius cö-
pendij copulati || ex dictis scoti doc. sub- tilissimi. Bl ijpaa: ()Xpedita secunda 1 parte
istius tractatus q ,| erat de pliica restat nüc ; agere d' tercia pte. 3. me taphisica. etc.
Bl /,?/a^ Z 20: G Finitur ergo cösideratio metaphisica || in deo benedicto cui est bonor
et gloria ] per infinita seculorum secula cöpilatum j; per Reuerendü magistrü fratrem Nico-||
laum de orbello ordinis minorü de ob- ;seruantia bm viam scoti. |j Scquuntur libri ethi-i|
corum bm viä docto-|jris subtilis scoti. Bi 248 a^: Expliciüt libri Ethico rum Basilee im-
pressi :| per Michaela furter. || Anno incarnatiöis do mini. M. ccccxcüij. Bl 248b leer.
Bl 24g a [Sign i\ a Z i: Incipit Mathematica. ,| etc. Bl 251a [Sign itj] a Z 12 : Incipit Geo-
metria. Ca. III. jj etc. Sckluss Bl 2£ja^ Z iS : huius patet in figura.
254 Bl mit Sign [a4, bl, e—g^, k—ki, a-<r4, f-gi, >44, «^ k—y^, z5, /3], 2 S/alten,
48 Zeilen, goth. Schrift, drei Sckrißgrössen.
Wiesbaden LB.
528 Nicolaus Panormitanus: Lectura super quinque libros decretalium.
Basileae, [Johannes de Amerbach], 1481. 6 ßde 2o.
Hain-Copinger *I2JI2.
Limburg: nur Bd 2.
529 Nico laus Panormitanus: Lectura super quinque libros decretalium.
Basileae, Johannes de Amerbach, 1488. 6 Bde 2o.
Hain-Copinger *I2JZ^.
Herbom : nur Bd i. 240/. {Aus Limburg.)
530 Nico laus Panormitanus: Lectura super quinque libros decretalium.
Basileae, [Michael Wenssler], 1477. .5 Bde 2o.
Hain-Copinger */2jog. ^
Wiesbaden LB: nur Bd 1—4. {Aus Deutz.)
531 Nicolaus Panormitanus: Lectura super quinque libros decretalium.
Venetiis, Nicolaus Jenson, 1477. 6 Bde 2».
Hain */2J/0.
Wiesbaden LB. : nur Bd i. 2. 5. und 6. {Aus Ehrenbreiistein.)
532 Nicolaus Panormitanus: Lectura super quinque libros decretalium.
s. 1., t., a. 6 Bde 2».
Nur Bd 5 und 6 vorhanden. Bd 5: Bl i leer. Bl 2 \Sign Aa ij\ a Z /: (o'iMnipotentis
dei II postulato suffragio vt ostendam in volu||mine ordine fuisse suatü otinuäda est p- mo
rubrica ad pcedetia que p doctores || duobus möis continuat. etc. Bl 2//b^ Z J2: Sup tertio
pclara lectura famosissimi doctoris dr7i Ni colai siculi Abbatis panormitani cincta optimis
glo. seu II additiöib9 excelletissimi iuris vtriuscp doctoris dni Bar- tholomei de belle^inis i
alioy prudentiü viroy Duenieti-jbus dictis hie finit cu? casuü. Bemardi interpositione. Dann
folgt das Registrum. Bl 212 leer.
Bd 6: Bl I leer. Bl 2 [Sig AAA ij\a Z z: C Rubrica de sponsalibus : matrimonijs i|
(s)Upra Visum est in precedenti libro de acti-jbus : gestibus spectätibus ad clericos. me-||
rito nunc restat videre de spectantibus ad | laicos etc. Bl 42b^ Z ig : C Super quarto
decretalium Lectura Abbatis siculi | panormitani cum casibus longis Ber. finit fcliciter.
Bl 43, 44 und 4£ leer. Bl 46a [GGGij"\a Z /: De accusationibus : inquisitionibus : denü-
ciationibus. || Bl i/ja^ Z jj : C Ultima pars clarissimi ac famosissimi doctoris do- mini
abbatis Panor. super quarto j quinto decretaliü hie finit cincta optima glosis [I seu addi-
tionibus clarisBi,|mi iuris vtriuscj doctoris do. Bartholomei de belle?i-i nis i alioy insigniü
72
viroY cu? casuü Bemardi interpo- sitione. Et inprimis diligentcr emendata ad laude? dei |j
; cömunem studentiü vtilitatem. Es folgt Jus Kf^Otim. Bl 1/4 Iter.
Bd £: 212 Bl mU Sign {Aa—DJi,, £>3, Ff\—Hh\, Ii\ Kk\-Nn^, Ool, Oo 0.'3, Pp^—Ss^,,
Tts, L'ui, Xx4, }>4, Z»3, AAj^—CCc*,DDdi]. Bd 6: i;4 Bl \AAA—DDD',, EEE—FFFi,
GGG—II/i, KKK—PPP^, QQQ—RRRl, SSS— VYY^], 2 Spalten, /J und ^4 ZeUen, 2 SchriftgrZssm.
Wiesbaden LB. [Aus Hirbom HSch.)
533 Nicolaus Panormitanus: Lectura super IL decretalium. Yenetiis,
Franciscus de Girardengis. 1485. 3 Bde 2o.
Bd I defekt.
Bd 2: Am Anfang fehlen drei Blätter. Bl iJSb^: Exactutn hoc opus \% secunda ps secüdi
decretali um libri Nicolai siculi. Impressa per Franciscum Gi rardengum. M". cccc". Ixxxv^-.
die. XV. Junij. Bl /J4 leer.
Bl j: Bl I leer. Bl 2 \Sign aja^ja Z i: []Iso de iure ^^ : quo muniuntur ut lanceis
seu ; gladijs merito subijcit' ius reo» quo muniütur ut clypeis : lori eis etc. Bl I2gb^: Domini
Abbatis Siculi pars tertia super secundo decre. finitur. Impressa Uenetijs per Franciscum
gy rardengum. M. cccclxxxv. die. xv. Julij. Bl i^o fehlt.
Bd 2: 134 B! mit Sign \aa—qq\, rri\. Bd 3: fJO Bl [aaa—ccci, ddd3, eee—iiH, iiii,
Ul—qqq\, rrrl\; 2 Spalten, 6g— ^2 Zeilen, goth. Schrft, Anfangszeilen in grösserer Schrift. Bd 3 Bl 2
eine Miniatur in Spalte a, Christus am Kreuz darstellend, das Gegenstück in Spalte ß herausgeschnitten.
Hain 12324.
Limburg. i^Aus Limburg.)
534 Xicolaus Panormitanus: Lectura super IIL decretalium. [Venetiis?
PapiaeV], Franciscus de Girardengis, 1486. 2».
Bl I ileerT) fehlt. Bl 2a {Sign AA^] a: QMnipoteni tis dei postulato suffra' gio ut oiidam
in uolumi ne ordine fuisse seruatu? || etc. Bl 2oSa^ Z ^S: rigat p suä ineffabile clemetiä.
Abbas. ; Super tertio dec. lectura dni Abbatis siculi finit. | Impressacp p Fräciscu? gyrar-
dengu?. M. cccclxxxvi. ]| die. xx. Aprilis. Bl 2o8b leer.
208 Bl .Sign AA—TT^, Vl{i, AAA—DDD^, EEEs], 2 Spalten, ;rr Zeilen, goth. Schrift,
2 Schriftgrossen.
Nur der erste Teil von Hain 12328. Mir scheint indessen der Druck in sieh abgeschlossen und
nicht mit den zwei weiteren Teilen super IV. und V. zusammenzugehören, wogegen auch die Schluss-
schrift des dritten Teiles bei Hain nicht spricht.
Herborn 2406. [Aus Limburg.)
535 Nicolaus Panormitanus: Processus iudiciarius seu practica de
modo procedendi in iudiciis. [Argentinae, Johannes Grüniugerj, s. a. 4«.
Hain-Copinger */236o. Proctor 50O.
Limburg.
536 Nid er, Johannes: Consolatorium timoratae conscieniiae. [Coloniae,
Ulr. Zell, c. 1470]. 4o.
Hain-Copinger 11806. Voullieme 835. Proctor 843.
Limburg. {Aus Limburg.)
537 Nider, Johannes: Manuale confessorum. [Coloniae, ßartholomaeus
de Unckel, c. 1481].
Hain-Copinger *^ II 8 36. Proctor 1153.
Limburg. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
538 Nider, Johannes: Praeceptorium legis seu expositio decalogi.
Basileae, [Johannes de Araerbach], 1481. 2".
Hain-Copinger *Ii;;'g3. Praetor p^Ol.
L-mlurg. {Aus Limburg.)
— 73 —
539 Nider, Johannes: Praeceptorium legis s. expositio decalogi.
[Reutlingae, Michael Greyff]. s. a. 20.
Hain-Cciping(r */i-8i. Proclor 3684.
Limburg.
540 Nider, Johannes: Sermones totius anni de tempore et de sanctis
cum quadragesimali. Spirae, Petrus Dracli, 1479. 2o.
Hain *i/Soj.
IViesbadfti LB. [Aus NotgotLs.)
541 Niger, Petrus: Contra perfidos Judaeos de conditionibus veri
Messiae. Esslingae, Conrad. Fyner, 1475. 2".
Hain *u885.
Die Schlussschrift auf El 4jb ist herattsgeschtiitten.
Nach Hain ist dies der erste Druck, in zveUhem hebräische Typen vorkommen.
Wiesbaden LB.
Novissima, Quattuor, s. Gerardus de Vliederhoven.
Ockam s. Guilelmus de Ockam.
542 Oldradus de Laude: Consilia et quaestiones. (Viennae), Eberhard.
Frommolt, 1481. 2o.
Hain-Copinger *ggj^. Praetor 8/3/.
El 2g8 [vielmehr 2gg\ a Z i^ steht in diesem Exemplar richtig: consulentium.
Wiesbaden LB.
543 Oppizonus, Ambrosius: Commentum § Divi Sever. et Antonin. 1.
filius familias. s. 1., t., a. 2".
Bl I leer. Bl 2a \Sign aij\a: Eximij ac prestantissimi Juris vtriuscj doctoris Do- ;mini
Ambrosii oppi^oni papiensis. Jura ciuilia pu-;|blica in gymnasio ticinensi interpretantis.
solemne c5| mentuj perutilis. §. Diui seuerus i antoninus. 1. filius t' familias. ff, de lega. ;
fideicomis. primo. ibidem in auditoriis nouis ornatissimis editum. In quo accumü latissime
eius materiam varijs in locis sparsam repo||suit. äno salutis nostre. i4'39. octauo idus
septembres. Bl joa^ Z ^^ : In hoc solemni comento. % diuL 1. filiusfa. ff. de le. i. tractatur
principaliter an et quando quibus casibus j] res possint alienari. in dotem dari. uel in illis
heres in| stitui aut quouis alio ti. in aliu^ transferri non obstä te prohibitione testatoris
legis, statuti. iudicis arbijtri. aut alterius et contrahenü cü multis aliis simili|jbus : notabilibus
decisionibus. que accurate legenjtibus latius occurent. Bl job leer.
JO Bl mit Sign [a4, b—di, e^], 2 Spalten, 64 — 65 Zeilen, goth. Schrift.
Hain 12016.
Wiesbaden LB. [Aus Herbom HSch.)
Oratio querulosa contra invasores sacerdotum s. Wimpheling, Jacobus.
544 Orosius, Paulus: Historiarum adversus Paganos libri VII.
Venetiis, Christophorus de Pensis, 1499. 2'\
Hain-Copinger *I2I03.
Weäburg. {Aus Limburg.)
545 Orosius, Paulus: Historiarum adversus Paganos libri VII. Venetiis,
Octaviauus Scotus Modoetiensis. 1483. 2^.
Hain-Copinger *I2I02.
Wiesbaden LB.
— 74 —
54*1 O vidi US, Publius: Metamorphoseon libri. Venetiis, Bernardinus
Benalius. 1493. 2o.
Hain *i2i/0.
IVrJburg. [Aus Hfrbom HSch.)
Panormitanus s. Nicolaus Panormitanus.
547 Paraldus. Guilelmus: Summa de virtutibus. Coloniae, Henricus
Quentell, 1479. 2 Bde 2«^.
Hj-in-Copinger *I2$8/.
Limburg: nur Bd i. (Aus Limburg.)
548 Paratus: Sermones de tempore et de sanctis. [Daventriae, Richard.
Pafraet, c. 1463]. 2o.
Vcfullieme No 88l. Campbell Stippl. I 1358a.
Limburg.
549 Paratus: Sermones de tempore et de sanctis. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1496. 2^.
Hain * 12413.
Limburg. [Aus HaJamar.)
550 Paratus: Sermones de tempore et de sanctis. s. 1.. t., a. 2o.
Bl I leer. Bl 2a {Sign a^] a Z i : Paratus de tempore continens euä' geliorum de tpe
expositiones necnon de te- pore epistolaru; sermones. elaboratum opus et correctissimu?
incipit feliciter ■ Aratus e iudicare ,| viuos et mortuos. i. j etc. Bl ipßb<^ Z jg: Paratus
continens sermones de tei pore äni totiua opus perutile elaboratis sime Impressum explicit
feliciter. Bl i/6 und /// leer. Bl i/8a [Sign aaj\ o Z i: Paratus continens sermones de
sä ctis incipit feliciter \\ De sancto Andrea. :| Sermo primus || () Aratus [[ sü et nö i| sü turbat9
vt cu stodiä mandata j tua. Psal. Ista i| etc. Die zivei letzten Bl 2/3 und 2/4 fehlen.
2/4 Bl mit Sign \a — g, g, i—y, aa — mm':], 2 Spalten, 44 Zeilen, goth. Schrift. Anfangszeilen
in grösserer Schnft.
Limburg. [Aus Hadamar.)
[Passio domini Jesu Christi secundum quattuor Evangelia. s. 1., t.. a. 4'^.]
Hain-Copinger *I243/. Nach Praetor kein Druck des 15. Jahrhunderts.
Limburg. [Aus Hadamar.)
551 Paulus n Pontitex Maximus: Bulla de beneficiis afifectis etc.
s. L, t, a. 40.
Bl 1 a Z I : Bulla de beneficijs affectis || ()Aulus Episcopus seruus seruorum dei ad
ppe-|,tuam rei memoria? ad romani pontificis proui-|!dentiam ^/r. Bl 2 a Z 26: Johänis pape.
xxij. constitutio \\ ()Xecrabili8 quorüda; tam religiosoy q? secula |rium ambitiö etc. Bl 4a
Z 28: Benedicti pape. xij. reseruatio ad regimen [| Bl 6a Z i: Bulla contra simonlacos ||
Paulus episcopus etc. Bl 6b Z 30: Bulla de casibus reseruatis [, QAulus Episcopus etc.
Bl pb Z 31: Priuilegium curialium j| (^Ugenius Epüs etc. Bl 8b Z 28: Bulla martiniana ||
(^Artinus Episcopus seruus seruorum dei. Ad p, petuam rei memoriam viam ambitiöse
cupiditatis etc. Bl lOa Z 4: Bulla paulina de alienatöe bonoy ecciasticoy. || Bl lOb Z 25:
Nicolaus I D perpetuam rei memoria Ad sacram Petri se de? etc. Bl 14a Z 20: Sumptum
de Registro camere apostolice collationatü |; per me. G. deUulterris dicti registri magistrum
et con- cordat. Bl 14b leer.
14 Bl ohne Sign [2 Lag'm m. 4 und 3 Bl], 31 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrosse.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
— /o
552 Paulus de S. Maria: Dialof^s qui vocatur scrutinium scripturaiiun.
[Argentinae, Joli. Mentelin, c. 147u]. 2o.
Hain *io/62. Praetor 223 A.
Limburg. {Aus Eberbach,)
553 Paulus <le S. Maria: Dialogus ([ui vocatur scrutinium scripturanim.
Moguntiae, Petrus Schöffer, 1478. 2».
Hain-Copinger IO/66.
Limburg.
Wiesbadm LB : 2 Exemplare, das eine aus Notgottes, das andere aus Schonau.
554 Paulus de Montepicino: Repetitio in quart. ff. ad L. talc. Papiae,
Antonius de Carchano 1493, 2^.
Bl la leer, ib rot: Ad Illustrissimum i excellentissimutn principem '[ Ludouicum
Sfortiam Vicecomitem barri ducem 1 Inuictissimum. Pauli de montepico. J. v. doctoris ]
prefatiuncula. Bl 2a \Sign aij\ a rot: Repetitio subtillis x utilis. 1. In quartä. Pf. ad. 1.
falci. jj nuper edita per accutissimum Juris utriusg Interpte (| d. Paulum de Montepico. ex
Nobilibus de Ruyno ]| Civem Papien. In florentissimo Ticinen. gymnasio Jura Ciuilia de
sero legentem. Anno Salut, dominice |' M. cccclxxxxiij. die. xxj. Augusti Bl 2Sii^ ^- 35-
Impressum Papie. per Magistrum Antoniuj j] de Carchano. Anno Dni. Mcccclxxxxiij. ||
die. iiij. Mensis Nouembr . Es folgen 12 Distichen.
28 Bl mit Sign \a — di, -f^], 2 Spalten, ^4 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Wiesbaden LB. {Aus Herborn HSch.)
555 Paulus de Montepicino: Repetitio subtilis et utiLissima Titia cum
nuberet, alias tinalis famosissime 1. Titia cum testamento ff. de legatis secundo
Titia nominata. Papiae, Antonius de Carchano 1494. 2o.
Bl la leer. Bl ib: Pauli de Montepicho ex Nobilibus de Ruyno Juris || vtriusc? doctoris.
Ad Scholasticos vtriuscp professionis i| In florentissimo Ticinensi Gymnasio prefatiuncula.
Bl 2a [Sign aij\ a Z i rot: Repetitio subtillis : vtilissima. S- Titia cm, nuberet: alias finalis.
famosissime, 1. Titia cum testameto. ff. de le |gatis secundo. Titia nominata. edita nouiter
per accu-j;tissimü Diuini : humani Juris interpretev d. Paulum || de Montepicho . . . || . . , ||
, . . Anno dominice salutis [| M, cccc. Ixxxxij. die. iiij. Junij. Bl 2/b^ Z 66: Explicit sollenis
ac vtilissima rpetitiö . . . Z /o: . . . Impressa vo ' Papie p Magist^ Antonium de carchano
äno dni cu! rente M. cccc. Ixxxxiiij. die. 21. octobris tepore etc. Bl 2S leer.
28 Bl mit Sig?t [a—dZ, e^], 2 Spalten, 74—76 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrosse..
Copinger //, /, 4356.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
Pavinis s. Johannes Franciscus de Pavinis.
556 Pelbartus de Themeswar: Sermones de Sanctis. Hagenoae, Hen-
ricus Gran, 1500.
Hain *I2S56.
Bl 3^6a^ Z 24: Sermones Pomerij de sanctis cöportati p |j fratre etc.
Limburg,
557 Pelbartus de Themeswar: Stellarium coronae Virginis xMariae.
Hagenoae, Henricus Gran, 1498. 2'^.
Hain- Copinger * 125 6 7.
Limburg. {Aus Limiurg.)
— 76 —
558 Persius, Aulus Flaccus: Satirae. Venetiis, Dionysius de Bertochis
et Pelegrinus de Paschalibus, 1484. 2°.
Bl 12 hfr. Fl ib: BARTOLOMEI FONTII PROOEMIVM IN PERSIVM POETAM
AD LAVREN- TIVM MEDICEN. j (;Vanq Laurent! poetae omnes uel ad bene dicendum:
uel ad honeste uiuendum plurimü || etc. Bl 2a [Sign aij] Text: PAULI FLACCI PERSII
POETAE SATIRARVM OPVS. QEC PONTE LABRA PROLVI CA BALLINO. Nee
in bicipiti somniasse parnaso | ftc. Kommmtar: ( Ec fönte labra prolui caballino. Quo
maiore animi libertate alios deinde corrigeret; se ji (tc. Bl J/a T~^xt am Ende: A. Persii.
Flacci Satyrarum Finis. Bl 2/6 : BARTHOLOMEVS Fontius Francsco [!] saxeto Salutem.
ßi 2Sj folgen lUa Fersü und Regutrum. Darunter: Venetiis per Dionysium de bertochis &
Pelegrinü | de paschalibus. Bononienses. MCCCCLXXXIIII. \ die. X. Septembris. Daneben
das Drucket zeuhen. Bl 28h leer,
28 Bl mii Sign [j — dl, e^\, Text vom Kommentar, welcher £0 u. ß2 Zeilen hat, umgeben,
rdm. Schrifl, drei Schriftgrossen.
Hain 12/24.
iVeilburg. [Aus Rommersdtyrf.)
559 Petrarca, Franciscus: Opera. Basileae, Johannes de Amerbach,
1496. 2^.
Hain-Cjfinger 12/ 4g.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
560 Petrus de Alliaco: Quaestiones super libros sententiarum. Argen-
tinae, [typogr. Jordani de Quedlinburg a. 14S3], 1490. 2".
Hain-Cofinger 841. Voullieme goo. Proctor 654. Pellechet £44.
Herdom 808. [Aus Hethom HSch.)
561 Petrus de Aquila: Quaestiones super quattuor libros sententiarum.
Spirae, Petrus Brach, 1480. 2\
Hain *I32£.
Wiesbaden LB.
562 Petrus de Aquila: Quaestiones super quattuor libros sententiarum.
Spirae, Petrus Drach, [1485J. 4°.
Hain-Copinger */j24.
Wiesbaden LB. [Aus Arnstein.)
563 Petrus Civitatensis: Canones poenitentiales. [Romae, Barth.
Guldinbeck], s. a. 4'>.
Hain *433/. {8 Bl, Bl i leer.) Proctor 3$ gg.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach.)
564 Petrus Coraestor: Historia scholastica. Argentinae. Job. Grüninger
et Henricus de Inguiler, 1483. 2^.
Hain-Copinger *5532.
Lmburg: 2 Exemplare, das eine aus Deutz mit der ersten der bei Hain angeführten Schluss-
ichriß en.
565 Petrus Coraestor: Historia scholastica. Argentinae, [typogr.
Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1485. 4«.
Hain *5533. Praetor 5g3.
Weilburg. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
— 77 —
566 Petrus Comestor: Historia scholabtica. Basileae, s. t., 1481. 2"*.
Bl i fehlt. Dl 2 a \Si^n a^\ a.- Incipit prologus epistolaris. ' f]Eueredo ' pri ac do-l]
mino suo guilhelmo. |{ dei gratia ser.esi archi- epo. Petr9 ser9 chri- sti psbytcr trecesis de.
Bl 22gb^ Z 38 : loco magis honorabili. s. in cathacumbis. ,; Explicit Scolastica hisioti*
magistri | Petri comestoris. Impressa Basilee An. || domini. M. cccc. Ixxxvj. Finita post
festum II Katherine. Bl 230 fehlt.
2JO Bl mit Sign \a—c\, Ji, <?4,yj, ^4, h—ii, k^, l i, m^, «3, (74, p—s\ t^, v—xi, yi, i J,
A—ßi, C—Gi, H»,, /, //, A'jj, 2 Spalten, 46 Zeilen, goth. Schrift, drei Schnftgrossen.
Wiesbaden LB.
567 Petrus de Harentalis: Expositio libri psalmorum. Coloniae,
Johannes Koelhotf de Lübeck, 1487. 2".
Hain-Copinger *Sj66.
Am Ende fehlt ein Bl.
Wiesbaden LB. {Aus Marienstatt.)
568 Petrus de Harentalis: Expositio libri psalmorum. Coloniae,
Conradus de Homborch, 1480. 2°.
Hain-Copinger 8364.
Limburg. [Aus Deulz.)
569 Petrus Hispanus : Textus cum copulatis omnium tractatuum parvorum
logicalium. Coloniae, [Henricus QuentellJ, 1499. 4').
Hain *S/03.
Limburg. [Aus Hadamar.)
570 Petrus Lombardus: Sententiarum libri quattuor. [Argentinae,
typogr. Henrici Ariminensis], s. a. 2'>.
Hain *ioi84.
Limburg.
571 Petrus Lombardus: Sententiarum libri quattuor. Basileae, Xicolaus
Kesler, 1486. 2o.
Hain-Copinger *ioigo.
Limburg.
572 Petrus Lombardus: Sententiarum libri quattuor. [Basileae,
Nicolaus Kesler, c. i486?] 2«.
Hain *lOl8^. Praetor ;^6g6.
Herbom 8o6. [Aus Herbom HSch.)
573 Petrus Lombardus: Sententiarum libri quattuor. Basileae, Nicolaus
Kesler, 1487. 2",
Hain-Copinger *iOig4.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
574 Petrus Lombardus: Sententiarum libri quattuor. Basileae, Nicolaus
Kesler, 1489. 2^.
Hain *iOig6.
Limburg: 2 Exemplare.
Wiesbaden LB.
— 78 —
575 Petrus Lombardus: Sententiarum libri (luattuor. [Coloniae, Henricus
Quentell], U64. 2^'.
Hitin- Copm^er ^lOlSg. Procter 12 Sß.
Im fiyrlif^ey.den Exentplare stelU Bl 238 aa Z J/ rühiig famosisäimg und nicht luie Hain
angiebt famosimus.
Wiesbaden LB. {Aus Ehrenireüstein.)
576 Petrus Lombardus: Sententiarum libri (luattuor. Norimbergae,
Anton Koberger 1-idl. 2^.
Hain "lOiSS.
Wiesbaden LB. {Aus Schonau.)
bll Petrus de Monte: Expositio circa Aristotelis libros tres de anima.
Colomae, Henricus Quentell. 1498. 2^
Haiti *iijS5.
Wiesbaden LB.
578 Petrus de Monte: Expositio commentaria in octo libros Aristotelis
de physico auditu. Coloniae, Henricus Quentell, 1498. 2^
Hain-Copinger *ii£8l.
Wiesbaden LB.
.579 Petrus de Monte: Quaestio quid de salvatione Aristotelis dici
possit. [Coloniae, Henricus Quentell, c. 1494]. 2'\
Hain "11586.
Wiesbaden LB.
580 Petrus de Monte: Repertorium utriusque iuris. Norimbergae,
Andreas Frisner et Johannes Sensenschmid, 1476. 3 ßde 2o.
Hain * 115 88.
Wiesbaden LB: nur Bd i und J. {Aus Deuiz.)
581 Petrus de Monte: Repertorium utriusque iuris. Patavii, Johannes
Herbort de Seigenstat, 1480. 2 Bde 2o.
Hain-Copinger *ii£8g.
Wiesbadeen LB. [Aus Limburg.)
582 Petrus de Palude: Sermones quadragesimales thesaurus novus
nuncupati. Argentinae, [typogr. Vitarum patrum a. 1483], 1485. 2».
Bi i \leer?\ fehlt. Bl 2a \Sign a^\ a.: Tabula sermonum ! quadragesimaliü Thesauri
noui indicans ' quomodo quis in pmpto reuoluat bmone [ volitum. i vt sciat qt sint sermones
de vno quO(y die quadragesime. <tc. Bl 3a [Signal] a: Incipiüt sermöes ; quadragesimales
notabiles atc? putiles qui thesaurus nouus intitulant. |1 In die Cinerü. Sermo. 1. de epla.
(cOnuertimi ni ad me i toto corde ve- stro in ieiunio et fletu et || etc. Bl i6/b^ Z 24:
exultauerunt in deum viuum :c. Opus perutile sermonü quadragesima lium Thesaurus
nouus nuncupatü Arge! tine Impressum Anno domini. M. cccc. ,, Ixxxv. Finit feliciter.
Bl 168 leer.
168 Bl [a— /4 4, ii, k—s',, ti, Z/4, x—yi], 2 Spalten, .// Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Praetor 42J.
Herbom P Ha 1^4 {Aus Her bor n HS eh.]
Limburg. {Aus Limburg.)
— 79 —
583 Petrus de Palude: Sermones thesauri novi de sanctis. Basileae,
s. t, 1485, 2».
Bl i u. 2 fihlen. Bl Ja [Si<;n ai] a: Incipiüt sermöes ;| notabiles atcy perutiles de
sanctis per circulü || anni. quibus ab editore suo doctorc i predica tore famosissimo nome
vt Thesaurus nouus (| intituletur inditum est. Bl 2/^ia Z j6: mabus refrigcrium et diabolo
suppliciü. II Opus putile sermonü de sanctis p circulü || anni. Thesaurus nouus nuncupatü:
impres-, sum Basilee Anno dni. M. cccc. Ixxxv. finit | feliciter. B/ 2/6 leer.
2;f6 Bl mUSign {a—J\ gi, h—o^, /5, /— /4, v, xi, y^, zi, A—B*, C—Ds, F—L^, Ms\,
2 Spalten, 46 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Wiesbaden LB. (Aus Marienstatt.)
584 Petrus de Palude: Sermones thesauri novi de sanctis. Norimbergae,
Antonius Koberger, 1487. 2».
Voullieme No g2£.
IJmöurg. [Aus Hadamar)
585 Pfeffer, Johannes, deWydenberg: Directoriumsacerdotale. s.l.,t.,a. 2°.
Bl la leer, ib beginnt die Tabula, -jielche Bl 6b endigt. Bl ^ a \Sign A\ a • Directoriü
sacerdotale pvtile feliciter icipit I] [JIrca lecturam epistulay beati \ apfi pauli Ad thymo-
theum X \\ ad Tytü libuit p maiori eoy || que ibi dicta et diceda sunt de ;claracöne etc.
Bl io4b^ Z j^ : nedictus Amen. \\ Magister iolies pfeffer de wydeberg sacre || theolie [!]
pessor [!] studij vniuersal' Friburgen. || iniciator hec cöcepit : legit registrum com-j pleuit.
Anno dni. M. cccc. Ixxxij. Vigilia !| thome apostoli.
/04 Bl mit Sign [(/3) As, B—F, I—L»,, G, H, MNi\, 2 Spalten, 42 Zeüen, goth. Schrift,
eine Schrißgrösse.
Hain 12862.
Wiesbaden LB: 2 Exemplare, das eine aus Schonau, das andere aus Notgottes, vorher in
Johannisberg.
586 Pfeffer, Johannes, de Wydenberg: Tractatus de materiis indul-
gentiarum. s. 1., t., a. 2o.
Bl la [Si^pt A] a: Tracrat9 iam nouiter opilatus de materijs \\ diuersis indulgenciarum
p doctissimü ac fa-||mosissimü viy dominü. Johäne^ pheffer wi jdenberg Sacre theologieqi
pfessorem exi- ,inium Ac alme vniuersitatis studij friburgejsis ordinarium feliciter incipit.
Bl 2<Saa Z 26 : Sequütur quatuor bulle Jubilei. Bl J2aa Z J4: Incipit tractatus Jubilei
edit9 et Dpilat9 p \\ Reuerendum patrem vtriuscj iuris in orbe |[ monorcham f!] dominü Johanne
de anama || archidia. Bononienb etc. Bl J4aa Z 21: Materiam precedentem indulgenci-
arum II et iubilei distinxi In nouem questiones vo| lens itacj materiam quamcumcj de indul-||
gencijs habere sequentem intret tabulam || abcdariam querens de quo velit et inueniet ||
etc. Die Tabula schliesst Bl j6b^ Z 42: causa et origo idulgeciay questiöe. pma. c
46 Bl mit Sign [A, C, D 3, B, Fi, £4], 2 Spalten, 42 Zeilen, goth. Schrift, eine Schrißgrösse.
Hain 12863.
Der Dntck ist insofern bemerkenswert, als Bl 4a^ Z 12 der Satz abbricht und erst auf Bl 5
sich fortsetzt ; der Bogen B zvar also schon vor A gedruckt. Der Drucker half sich über die am SMuss
des Bogens A durch Verrechnung des Setzers entstandene Zerreissung des Druckes auf die einfachste
Art hinweg, indem er auf Bl 4a^ hinter Z 12 die Worte: Hie non est defect9 druckte.
Wiesbaden LB. 2 Exemplare, das eine aus Schonau, das andere aus Notgottes, vorher in
johannisberg.
587 Pharetra auctoritates et dicta doctorum, philosophorum et poetanim
continens, [xlrgentinae, Johannes Mentelin], s. a. 2'\
Bl lad Z i: (N cöuersionis mee pmordio cü pro metis [[ recreacöe sancto» auctes
legere & legendo varias pcipere corrupcones. Visu est mi-||chi securü & bonü vt ad ipm
fönte origi- inaliü recurrere etc. Z 4^: Incipiüt noia doctoy. Bl 2ao. Z 28: Tabula mate-
— 80 —
riaf in generali. Bl /.ia Z i: . E abbate Qrego-|,rius in registro ad anastasiü abbatem ||
Huius te pcepti se rie omonemus. ut necp mulieres i mo nasterio tuo «?/<. Bl jöiöa Z jg:
Job. Qui affert Stellas pluuie & effundit ymbres ad instar gurgitü.
j6l Bl ohne Si'^'v, 3 S/ir^frn, £o Zeikn, goth. Sihriß, 2 Schrißgrössen.
Hain I2go8. PrOitor 32j.
IVUs baden LB. [Aus Limburg.)
588 Pharetra fidei contra Judaeos. [Argentinae], s. t. et a. 4'^.
Bl 2 a \m. S:gr a ij\ A grosse Hohschnitlinitiale.
Ham-Cofinger *i2gii. Praetor //:?.
Wiesbaden LB. (Aus Xotgoties, vorher in yohannisberg.)
589 Phile Iphus, Frauciscus: Orationes cum quibusdam aliis opusculis.
[Basileae, Johannes de Amerbach, 1491]. ■^^.
Hain-C'pinger *i2g[8. Proctor /64£.
Limburg.
590 Philippus, Jacobus: Reformatorium vitae morumque et honestatis
clericorum. Basileae, Michael Furter, li94. 80.
Hain-Co/inger i^/20. Vouäieme g4g.
Bl gg ßhit im vorliegenden Exemplar.
Wiesbaden LB. (Aus Notgottes.)
591 Picus, Johannes. Mirandulae comes: Aureae epistolae ab Ascensio
recognitae. S[pirae], C[onrad] H[ist], [1495?] 4».
Hain-Copinger T2gg£. Voullieme g^o.
Wiesbaden LB.
Pisis s. Rainerius de Pisis.
592 Plato: Opera, latine a Marsilio Ficino. Venetiis, Bernardus de
Choris de Cremona et Simon de Luere impensis Andreae Torresani de Asula,
1491. 20.
Hain-Copinger */Jo6j.
Wiesbaden LB.
593 Plautus: Comoediae cum interpretatione Petri Vallae et Bernardi
Saraceni. Venetiis, Simon ßevilaqua Papiensis, 1499. 2o.
Hain-Copinger * 1^082.
Weilburg. (Aus Idstein Gymn. Bibl.')
594 Plinius major: Historia naturalis. Venetiis, Bartholomaeus de
Zanis de Portesio, 1496. 2o.
Hain-Copinger *i^iOO.
Am .Anfang fehlen 2 Blätter.
Weilburg.
595 Plutarchus: Apophthegmata latine Francisco Philelpho inter-
prete. Daventriae, Richard. Pafraet, 1499. 4.
Hain-Copinger 13141. Campbell 1424.
Weilburg. (Aus Notgottes, vorher in yohannisberg.)
596 Plutarchus: De liberis educandis latine interprete Guarino
Veronensi. [Coloniae, Ulricus Zell? Arn. ter Hoernen?], s. a.
Bl la rot: Plutarcus de liberis educädis E greco tradu-||ctus per Gnarinum f!] vero-
nensem greca latinaq» \\ facundia eruditissimum et clarissimum virum ad ; angelü Corneliü
— 81 —
ciuem florentini. Et primo ipsios I Gnarini [!j phemium incipit feliciter. 1| schwärt (Aiores
nrös Angele mi suauissime non ]| etc. Bl i6b am Ende: Explicit Plutarcus de , liberis c-
ducandis.
i6 Bl ohne Sigv, :?/ Zeilen, goth. Schrift, eine SchriftgrSsse.
Hain-Cofinger 1^146?
Limburg.
Poeniteas cito s. Modus confitendi.
597 Poncius: Rhetorica. [Argentinae, Johannes Grüninger], 1486. 4«.
Hain-Cüpinger * 13255. Praetor 445.
Am Ende fehlen 6 Blätter.
Weilburg. {Aus Eberbach.)
Pontanus s. Ludovicus Pontanus.
598 Positiones circa libros physicorum et de anima Aristotelis.
[Coloniae, Henricus Quentell], 1494. 2o.
Hain * 13304. Praetor 1322,
Wiesbaden. LB.
599 Praeceptorium perutile in quo decem sermonibus materia praecep-
torum decalogi perstringitur. Lipsiae, Conradus Kacheloten, 1494. 4".
Hain *I33I/.
Limburg. [Aus Notgottes, vorher in yohannisberg.)
600 Principia, subscriptiones et suprascriptiones litterarum raissivarum.
[Romae, Johannes Schurener], s. a. 4^.
Bl la Z I : C Sequunt' principia subscriptiöes et supra' scptiöes Irai^ missiuay ad
oes psonas cuiuscücj j Status gdus cöditiöis aut peminetie fuerint. Bl 6b Z 2g : Reuerendis
parentibus A. et B. precunctis \\ huiusmodi uite mortalibus metuendis.
6 Bl ohne Sign, 30 Zeilen, röm. Schrift.
Die Typen sind dieselben wie in Hain gg43 = Praetor 35ll-
Wiesbaden LB. {Aus Eberbach.)
601 Probus, Valerius: De interpretandis Romanorum litteris. Venetiis,
Joannes de Tridino, 1499. 4o.
Bl la: Valerii probi grämatici de interpretandis romano'lrum litteris opusculum feli-
citer incipit. 'I Romanorü ciuiü noia: pnomia ac cognomina. eo- rumcf magistratuum. ;|
Alie abreuiature ex Valerio probo excepte. j Littere singulares in iure ciuili de legibus &
plebi-j scitis. i] In legibus actionibus hec. In editis perpetuis. | De ponderibus : E>e nu-
meris || Lex ex tabellis diuum de re futuaria. Sacra lex. !| Vt quemadmodum sibilla In
arcu Home sculpife cit uigiti litteras quae per bedam declarate fuerüt ' Epitaphium situ
polensis parasiti I Sämonici Sereni. ex. quinto libro rerü recöditatv. ' Phylisci cösolatoria
marco ciceroni coUoquenti pre stita dum in macedonia exularet per Joannem aurispam
e greco in latinum traducta. Das Übrige gibt Hain richtig an.
20 Bl mit Sign [a— ^2], zum Teil 2 Spalten, 2g Zeilen, rom. Schrift, 2 Schriflgrössen, Stahl-
schnittinitialen.
Hain - Copinger 133/ 8-
Wiesbaden LB. {Aus Herhom HSck.)
602 Promptuarium argumentorum dialogice ordinatorum. [Coloniae,
Henricus Quentell, a. ?] 4o.
Bl la Titel: Promptuarium argume torum dialogice ordinatorum. a Lilio Albertista
et Spi||neo thomista mutuo sibi obuiantibo per atrarias ratiöes / presuppositis DclusiöibD
tan^ sagittariov signaculis dis- putatoy. Quod est dum materia expostulati ctiä probleu-J
— 82 —
maticum. vtile ; necessarJü omnibo. qui volüt rectum impe- |trare argumentädi : soluendi
modü in quacüqi etiä facul- täte in supplementü illoy collectü. qui dum disputant! ar- gu-
menta propter ingenij imbecillitate? excogitare nö pnt Darunter der Holzschnilt mit Jefn Lehrer
und rzi'ei Schülern, auf dem Spruchband dit Inschnjt: Accipies tanti etc. Bl 5ja sind b enthält
das Registrum. Bl 64 leer.
64 Bl mU Sign \a — « J, k 5], 46 Zeilen, goth. Schrift, drei Srhriftgrössen.
Bl 2—£ und 5/ — 63 fehlen, dii genaue Beschreibung ist deshalb unmöglich; jedenfalls ist der
Drucker surhtr.
Wiesbaden G Af4S. (Aus Idstein Gym. Bibl.)
603 Prosper: De vita contemplativa atque actuali, sive de norma
ecclesiasticorum. [Spirae, Petrus Drach], 1487. 4'^.
Hain-Copinger *i24l8.
50 Bl \das letzte leer. Sign a — (-4, ^Z— /3, f 4],
Herbom in P Ib 36. [Aus Herbom HSch.)
604 Ptolemaeus, Claudius: Cosmographia lat, interprete Jac. Angelo.
Ulmae, Johannes Reger. 1486. 2'\
Hain-Copinger *i^£40.
IVeilburg.
Quaestiones duodecim pro S. Theologiae studiosis s. Rolevinck, Werner.
605 Quintilianus: Declamationes et institutiones ex recognitione
Andreae Pontii Brixiaui. Tarvisii, Dionysius Bononiensis et Peregrinus, 1482. 20.
Bl I a her. Bl ib Andreae Pontia Brixiani ad I^dovicum Marcellum epistola. Bl 2 a \Sign
ai\: M. CELIVS FABIVS QVINTILIANVS TRIPHONI BIBLIOPOLE SALVTEM ||
()FFLAGITASTI Quotidiano cöuitio ut libros quos ad Mar cellü meum de institutione ora-
toria scripseram: iam emittere ] inciperem. etc. LI ij/b am Ende: M. FABII QVINTILIANI
oratoriarü institutionum libri duodecimi j & Ultimi. Impraessum [!J taruisii per magistrü
Dionysium Bononien- sem ac Peregrinum eius sociü. Anno. D. M. CCCC. LXXXII. DIE ||
XXII. raensis octobris l| FINIS. Bl 138a Registrum. Bl 138 h leer.
138 Bl mit Sign \a — </ 4, r 5], 4g Zeilen, röm. Schrijt, zwei Schriftgrössen.
Hain-Copinger 13661.
Weilburg. (Aus Deutt.)
606 Rainerius de Pisis: Pantlieologia s. Summa universae theologiae.
Norimbergae, Johannes Sensenschmid et Henr. Kefer de Moguntia, 1473.
2 Bde. 20.
Hain */jO/£.
Limburg: nur Bd l.
607 Rainerius de Pisis: Pantheologia s. Summa universae theologiae.
Venetiis, Hermann Liechtenstein, 1486. 2 Bde 2".
Hain-Copinger * 1301g.
Limburg: 2 Ejcemplare, aus Deutz und aus Limburg,
Wiesbaden LB. (Aus Marienstatt.)
608 Rampigollis, Antonius: Compendium Bibliae, s. aureum Bibliae
repertorium. [Coloniae, Ludovicus de Renchen ?j, s. a. 4'^.
Hain-Copinger *i36/g. Praetor 1281.
Limburg. [Aus Hudamar.)
— 83 —
609 Ray m un d US de Sabunde : Tbeologia naturalis seu über creaturarum.
Argentinae, Martinus Flach, 1496. 20.
Hain-Copinger * 1406g.
Limburg. [Aus Deutt.)
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes.)
Ret'ormatorium vitae s. Pliilippus, Jacobus.
Regimen rusticorum s. Rolevinck, Werner.
610 Regnierus, Helias: Casus longi Sexti et Clementinanim. [Argen-
tinae, Johannes Pryss, 1490.] 2o.
Hain-Copinger *i^8l2. Praetor £40.
Wiesbaden LB.
611 Regnierus, Helias: Casus longi Sexti et Clementinarum. [Argen-
tinae, t}-pogr. Jordani de Quedlinburg a. 1483], 1496. 2«.
Hain-Copinger * 1^816. Praetor 66g.
Limburg. [Aus Limburg.)
[Reisch, Gregorius: Margarita philosophica. 4*^.
Hain 138^2, ist kein Heidelberger Druck van 14g 6, sondern ein datierter Strasshurger Druck
des "Johannes Schott von /^04.]
Wiesbaden G.
612 Repertoriura continens titulos quinque librorum decretalium.
Coloniae, Henricus Quentell, 1495. 4^.
Hain-Copinger 138/4.
Limburg. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
613 Richardus de Mediavilla: Super quarto sententiarum. Yenetiis,
Christophorus Arnoldus, s. a. 2^.
Hain-Copinger * zog 8 4.
Herbom 81/. [Aus Herbom HSch.)
614 Richardus de Media\illa: Super quarto sententiarum. Venetiis,
Bonetus Locatellus, 1498.
Hain-Copinger */og8/.
Limburg. [Aus Hadamar.)
Robertus de Licio s. Caracciolus de Licio, Rob.
615 Rodericus Zamorensis: Epistola super expugnatione insulae
Negropontis. [Coloniae, Ulr. Zell, c. 1473.]
Hain *l3g57- Praetor Additicns goo.
Limburg.
616 Rolevinck, Werner: Fasciculus temporum. Argentinae. Johannes
Pryss, 1487. 2".
Hain-Copinger *6g36.
Wiesbaden LB. [Aus Deutz.)
617 Rolevinck, Werner: Fasciculus temporum. [Argentinae. Johannes
Pr}^ss], s. a.
Hain-Copinger *6gi6. Praetor ^63.
Wiesbaden LB. [Aus Am st ein.)
6*
— 84 —
618 Rolevinck, Werner: Formula vivendi canoniconim. [Coloniae,
Am. ter Hoemen?], s. a. 4o.
Bl la: Incipit tabula formule viuedi canonlcorum. |j Bl 2a Z 2/: Explicit pns tabula
istius sequetis formule. £/ 2b: Formula viuendi canoniconim siue vicariorü secularium
aut eciam deuotorum psbiterorum j ()Ic psalmum dicam noi tuo in seculum ] seculi etc.
Bl 2jb Z /: Explicit formula viuedi canonicoy. ! jEc prescripta formula viuendi edita
dicitur || etc. Schluss Bl 24a Z /.• Nä ; ipi in ea modü viuedi sibi agruü descptü hnt.
24 Bl, ohne Sign, 2/ Zeilen, am Rande die Kapitelnummem \arab.\, goth, Schriß, eine Schrißgrösse.
Limburg. {^Aus Limburg.)
619 Rolevinck, Werner: Libellus de regimine rusticorum. [Coloniae,
Arnoldus ter Hoernen. c. 1472.] 4'^.
Hain-Copinger ij/26. Voullieme 1026a.
Limburg. [Aus Limburg.)
620 Rolevinck, Werner: Quaestiones duodecim pro S. Theologiae
studiosis. [Coloniae, Arnoldus ter Hoernen, 147.5.] 4o.
Bl laa. \rot'\: Questiones duodeci notabiles valde |] et vtiles pro plJris et studentibus
ac [| alijs sacre doctrine insudantibus. \' (scA-warz) (jVeritur primo quib^ |i potissimü credita
süt ' eloquia dei. aut qui | ftf. Bl I4b^ Z jo: culorum. Amen •:• Expliciunt duodeci
questiones pul- cherrime a quodä venerabili et reli gioso patre ordinis carthusien ad , gloriä
eius q solus habet sapieciä et i{ possidet nomen gloriosü honorecp et {| impiü p secula
etema edite •:•
/4 Bl ohne Signaturen, 2 Spalten, jg Zeilen, goth. Schriß, eine Schrißgrösse.
Ennen Katalog der Inkunabeln in der Stadtbtbliothek zu Cöln S. 62 No 1^0. vgl. Centralblatt
f. Bibliothekswesen Bd 6 i88g, S. jgi. Xo 6. Miraeus, Bibliotheca Cartusiana, Coloniae i6og p.
2g^lg6 führt die Schriß als Werk des Wemerus Laerius cognomento Roeleuinck an und zwar mit dem
Zusatt: impressae Coloniae in 40 apud Amcldum Therhoernen anno 14/$.
Herbom 152^. [Aus Herbom HSch.)
Roxiate ]
[ s. Albericus de Rosate.
Rosate J
621 Rudiment um novitiorum. Lubecae, Lucas Brandis. 1475. 20,
Hain *4gg6.
Herbom V I lo. [Aus Herborn HSch.)
622 Rupertus Tuitiensis: De victoria verbi dei. Augustae, Anton
Sorg, 1487. 2\
Hain ^14046.
Wiesbaden LB. {Aus Notgotles.)
Sabunde s. Raymundus de Sabunde.
623 Sachsenspiegel. Augsburg, Hans Schünsperger, 1496, 2o.
Bl la Titel: Hye hebt sich an der sa chssenspiegel mitsampt || den cautelen vnd
addi'|tionibu3 bockstorfT. Bl ib Holzschnitt: der Kaiser Recht sprechend, auf dem Spruchband: ipe
dii et fcta süt ipe mädauit et creata st", ps. 32. Bl 2 a {Sign a ij\ bis Bl 6h Register des ersten
Buches. Bl pa \Sign bj\ a beginnt die Vorrede Z i: N [Ifolzschnittinitiale] W vernept vmb i der
herren gebur-'jte von dem lande zu Sachsen C Der | von anehalte, vn | der von Branden-||
bürg vnd der vö | etc. Bl loa [Sign b iiij] ß Z 40 : mo. |j Also habe wir die uorrede nun !|
Sequit articulus primus. Bl loba: Articulus primus j C [Holzschn-.it] Zwey Schwert He Le
got) auff dem ertrich zu beschier men die cristehey-, te C Dem bapste ; ist gesalzt d?
geyst lieh de Keysen das weltlich etc. Bl 6oaa Z J2: latione tertia sc. | Et sie est
finis huius prmi libri. Bl 60b leer. Bl 6/a [Sign kj.\ bis Bl 65b Register des zweiten Buches.
— 85 —
Bl 66 leer. Bl 6^a \Sign lj\ beginnt Jas zxvdte Buch, schliefst Bl 11/ b. Bl u8 leer, ßl ug \Sign
[j] beginnt das Register des dritten Buches, schliesst Bl 124b. Bl I2£ [Sign tj] beginnt das dritte Buch,
schliesst Bl 20/ a'^ Z 36 : treüw gelübte Didicij tagcworchten. Ij Explicit der sachbenspiegel
den der er-||Wirdig in Got vater und her Theode ;ricus von bockstorff bischoff zu Neüen||
bürge seliger gecorrigieret hat. Bl 20/b leer. Bl 2o8aa: C [Holzschnitt] Autela bin ich
ge||nant. etc. Bl 22g b^ Z 20: recht vt s s li. ij. ar. xij; S- vltimo. Bl 2jo leer. Bl 2$ia
\Sign L i\ beginnt der lateinische Text, schliesst Bl 24/ b. Bl 248 leer. Bl 24ga [Sign Oj\ a: N
[Holzschnitt] V ist zu wissen d? | mä hier nach vin !det alle zusetze ge |nant in de lateine |
additiones die do| hin vfl her in dem aachtiespiegel au(j [wendig des textes vn der glosen
soltet jj geschribe stan. etc. Bl 2^jb^: C Hye endet sich der sachssenpiegel [!j || mit
sampt den cautelen vn additio- bus [!J Bockstorff. Gedruckt vnd selig- klich volendt An vnser
frauwe abet | den man nennet dye verkündunge. in der Keyserlichen statt Augspurg J
durch Hannsen Schönsperger Als |j man zalt nach Cristi vnsers herren j geburt. Tausent-
wierhundert vnd |; jm sechL vnd Neüntzigosten Jar. Bl 2^4 leer.
2S4 Bl mit Sign [a c e g—k m o q / fv y i ; b d flnp txsi; A C E G I LOl, B F H<\
Blattzählung innerhalb der einzelnen Bücher, im lat. Text durchgehend, 4^ Zeilen, latein. Text 61 Zeilen,
goth. Schrift, eingedruckte Holzschnittinitialen, J Schrijtgrössen.
Hain-Copinger 14080.
Wiesbbaden LB.
Saldis, Hermannus de, s. Hermannus de Schildis.
624 Salicetus, Nicolaus: Antidotarius animae. Hagenoae, [Henricus
Gran], 1494. 8o.
Hain-Copinger * 1416 5. Proelor 31/9.
Limburg. [Aus Limburg, vorher in Gronau^
Salis s. Baptista de Sulis.
Salomo s. Dialogus iuter Salomonen! et Marcolphum.
H25 Sallustius, C. Crispus: Opera cum Laurentii Vallae commcntario
in bellum Catilinarium. Venetiis, Theodonis de Ragazonibus, 1492. 2".
Bl la: Hoc in uolumine haec continentur: Pöponii Epistola ad Augustinü Mapheü ]|
C. Crispii Salustii bellü catilinarium cum jl cömento Laurentii ualensis. Portii Latröis
Declamatio cötra. L. catilinä |'. C. Crispi Salustii bellum iugurtinum. ||. C. Crispi Salustii
uariae orationes ex || libris eiusde historiarum excerptae. jl. C. Crispi Salustii uita. |i Romae
per Pomponium emedata: ac \\ Venetiis diligentissime impressa. Bl ib Pomponii epistola,
Bl 2a [Sign aü\ Text: C. CRISPI SALLVSTII LIB, DE CON! IVRATIONE. L. SER. CATI-
LINAE. 1| ( MNIS HOMINES Qui sese j etc. Kommentar: ( MNIS HOMINES: Patritia gente
Crispus Salustius romae natus post re pub. ciuili discor| dia etc. Bl 4^ am Ende: Finis ||
Laus omnipotenti Deo || Impressum Venetiis per magistrum || Theodorum de ragazonibus
de I! asula Anno domini. M. cccc || Ixxxxii die. yiiii. Julii | Deo gratias \\ Amen. , Re-
gistrum Cartarum etc. Bl 46 leer.
46 Bl mit Sign [a—gi, h'], 43 und 61 Zeilen, röm. Schrift, drei Schriftgrössen.
Weilburg. {Aus Idstein, Gymn. Bibl.)
626 Samuelis, Rabbi: Rationes breves ad reprobandos Judaeorum
errores. Coloniae. [Henricus Quentell], 1499. 4o.
Hain-Copinger * 142^1. Proctor 1361.
Wiesbaden LB. {Aus Amstein.)
627 Samuelis, Rabbi: Rationes breves ad reprobandos Judaeorum
errores. Norimbergae, Caspar Hochfeder, 1498. 4*>.
Hain-Copinger * 142/0.
Herborn SV 3. {Aus Herborn HSch.)
— S6 —
628 Schatzbeliälter oder Schrein der wahren Reichthümer des Heils
und ewiger Seligkeit genannt. Nürnberg, Anton Koberger, 1491. 2^.
Hain-Copinger *I4^0/.
Wiesbaden LB. (Aus Schonau.)
H29 Schedel, Hartmannus: Liber Chronicaruni. Augustae, Johannes
SchÖQsperger, 1497. 2^.
Bl la Tue/: REgistrum huius | operis libri cronicay | cum figuris et yma-!;ginibus
ab inicio mü 'di vs(f nüc temporis. Bl ib leer. Bl 2a \Sign 2] a; Tabula operis hui9 de ||
temporibus mundi vt hystoriay rerumcy cete-!| etc. Bl 2^c2^: Finit Registrum. Bl 2ßb u.
26 leer. Bl 2/d: LIber cronicarum cum figuris et yma- ginibus ab inicio müljdi vscp nüc
temporis. Bl J2ia \^Si^ GGi; numer. CC xdüt] ß Z 2(S: COmpleto in famosissima Nurem-
ber- gensi vrbej Operi de hystorijs etatü mü! di. ac descriptione vrbium. felix imponi|jtur
finis. Collectum breui tempore Auxilio do- ctoris Hartmanni Schedel. qua fieri potuit di-||
ligentia. Anno christi Millesimo quadringen- tesimo nonagesimotertio. die quarto mensis
iu nij. :c I Deo igitur optimo. sint laudes | infinite in scla seculorü. Amen. Bl j6^a^
[numer. Folium CCC xxxvia\ am Ende: Finit hie feliciter liber Cronicaru? cum || figuris i
imaginib9 ab initio müdi us (^ nunc teporis Impressum ac finitu) | in vigilia purificatiöis
Marie in imp iali vrbe Augusta a Jobanne Sehen sperger. Anno ab incarnatiöe domini ||
M. cccc. xcvij. Bl j6^b und j66 leer.
j66 Bl \jj, 74 mit falscher Zählung, a3, b—e'^, f—g^, -^ ^ '-3. ^», l-, ni i, «4, o—J>i, q'^,
r—vi, x^, y—zi, A—Zi, AA—MMi, NN^, 00 i; Bl 28—365 numer.], 2 Spalten, 51 Zeilen, goth.
Schrift, drei Schrißgrössen, eingedruckte Initialen und viele Holzschnitte.
Hain-Copinger 1450g.
Wedburg. (Aus Höchst.)
630 Schedel, Hartmann: Liber chronicarum. Norimbergae, Anton.
Koberger, 1-193. 20.
Hain-Copinger *l45o8.
Wiesbaden LB. Die Schlusschriß steht auf Bl J20b [Hain Druckfehler J2b\. Früher im Besitze
Georgs, Burggrafen zu Kirchberg. ( Aus der Hachenburger Bibliothek.)
Schildiz s. Hermannus de Schildiz.
Schwabenspiegel s. Landrechtbuch.
631 Scotus, Michael: Liber Physionomiae. [ßasileae, Johannes de
Amerbach], s. a, 4°.
Hain * 145 45 = ^455^- Praetor ^617.
Wiesbaden LB. [Aus Eberbach )
632 Seneca, L. Annaeus: Opera philosophica et epistolae. Tarvisii,
Bemardus de Colonia, 1478. 2".
Hain-Copinger *i4ßgr.
Am Anfang fehlen // Blätter.
Weilburg.
633 Seneca, L. Annaeus: Proverbia. [NeapoU?], s. t. et a. 4».
Hain * 146 44. 31—30 Zeden.
Wiesbaden LB. {Aus Eberbach.)
634 Seneca, L. Annaeus: De remediis fortuitorum. s. 1., t, a. [nicht
nach 1488.] 4".
Bl la leer. Bl tb Z t : (hiVnc libru? composuit Seneca no-| bilissim9 orator ad
Gallione ami- ,cü suü cötra öes impet9 et machi- jnameta fortune. 4 Zeilen tiefer: Incipit
— 87 —
über senece d remediis fortuito,^. Bl loa Z iS : Annei lucii Sencce d re„medÜ5 forluitorm
über [| pxplicit. Bl lob leer.
lO Bl ohne Sign, 2/ Zeilen, röm. Sckrt/t, eine Schrißgrösse.
Der Rubrikalor hat am Ende dte Jahreszahl 1488 hinzugefügt.
Wiesbaden LB. (Aus Eberbach.)
H35 [Sequentiae:] Textus sequeiitiarum cum commento. [Coloniae.
H. Quentell, 1492.J 4o.
Hain-Copinger ^14682. Praetor 1414.
Herbom P IV /ß. (Aus Herbom HSch.)
Limburg [Jehlt Bl i). [Aus Arnstein.)
636 [Sequentiae:] Textus sequentiarum cum commento. [Hagenoae,
Henr. Gran], 1489. 4".
Hain-Copinger *I468/. Praetor Jl/O.
Wiesbaden LB. [Aus Arnstein.)
Sermones Dormi secure s. Johannes de Verdena.
Sermones tliesauri novi s. Petrus de Palude.
637 Sermones tres de passione Cliristi trium venerabilium doctorum,
quorum primum compilavit sive Guillermus de Aquisgrano sive Gabriel de
Urach, ceterorum nomina ignorantur. Acc: Anselmi de passione Jesu Christi
querentis et Mariae virginis respondentis dialogus. Tractatus beati Bernardi
de planctu beatae Mariae virginis. Argentinae, [Martinus Flach], 1490. 4".
Voullieme 1065. Praetor 686.
Wiesbaden LB. {Aus Nolgottes, vorher in yokannisberg.)
638 Sifridus de Arena: Expositiones seu declarationes titulorum utrius-
que iuris. Coloniae, Johannes Koelhoff de Lübeck, 1491. 2°.
Hain-Copinger */4/2^.
Wiesbaden LB. [Aus Limburg.)
639 Signorolus de Homodeis: Consilia, quaestiones et allegationes.
Mediolani, Udalricus Scinzenzeler, 1497. 2°.
Bl la leer, ib beginnt der Index zur Tabula, er endigt Bl 2b. Bl ^a \Sign aa üj\ a Z /:
C Tabula seu repertorium omnium principalium t inciden tium dictorum: tarn questionum
4 consciliorum [!] famosissimi ;| V. I. monarce: militiscf: ac Comitis dni Segnoroli de
Ho-|!modeis de Mediolano. sub cögruis Iris alphabeti situatum. Ende der Tabula auf Bl 54b.
Bl 55a leer, Bl ^^b Z i: Ludouicus Galeratus. I. V. doctor Mediolanesis. Magnifico Seg-
norolo Homodeo. I. V. |i consumatissimo ac lusticie ordini prefecto. Sal'. Blß6a [Sign A]a
Z I : C Clarissimi vtriuscp iuris monarce nee nö equitis ac comi tis insignis. d. Signoroli
de Homodeis de Mediolano c^ ca| stigatissima iuris responsa: i questiones p eum disputate. ,
Feliciter incipiunt. Bl 241 b^ Z 28 : C Expliciunt Consilia Questiones ; allegationes famo-
sissi-i|mi legum doctoris domini Segnoroli de Homodeis de Me- |diolano Militis ac Comitis .
Palatini dignissimi. Impressa 1} Mediolani per Magistrum Vlderium Scinzenzeler. Anno ||
domini. M. cccclxxxxvii. die. xv. Maij. Darunter das Druckerzeiihen. Bl 242 a folgen Registrü
tabule und Registrü totius operis.
242 Bl mii Sign [aa—äi, a 4, b—z, 1 0 <f, A—Ei], 2 Spalten, /^ ZeiUn, goth, Schrifl,
2 Schriftgrössen.
Hain 8/g^.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
— 88 —
640 Simon de Ca>sia: Expositio super totum corpus evangeliorum,
[Argentinae. Johannes Pryss, 1480.] 2''.
Hdtn-Copmger *4S57- Praetor 528.
Limburg,
641 Sinthis, Johannes: Glossa super quattuor partes Alexandri.
Argentinae. Johannes Pryss, 1499. 2 Bde 8°.
Häin-Cafinger r4/6j.
Die 2 letzten Blätter des 2. BJes fehlen.
Limburg. {Aus Limburg.)
642 S ixt US IV': Bulla extensionis Indulgentiarum pro tuitione tidei
catholicae ac insulae Rhodi contra Turcos. s. 1, et t [1480] 1 Bl. 2o.
Anfang und Ende fehlt, das Bruchstück befindet sich auf der Innenseite des Vorderdeckels von
Nro 42S eingeklebt und besteht aus 4/ Zeilen [28,/ cm lang, 22 Zetlen = io cm Hohe].
Z i: aimo vitä in piculo ponere et sanguin[e] effundi ac tande morte subire n5
dubitassent. Et lic^ipi Magister : fratres ac eorüdem locoy incole. virili aimo. ad resistedum ||
eorüde Thurco^ incursib? parati semp [e xistercnt etc. Z 4/ : sint eis ocedere Hbere et licite
valeät. motu, scietia i auctoritate pdictis ocedimus. Declaramus ^^of reiterätes visitacöne
ecciarü öi dicti Johänis vel alias in cö-jj
goth. Schn/t, eine Schriftgrösse,
vgl. Hain 14803.
Wiesbaden LB. [Aus Marienstatt.)
643 Sixtus IV: Regulae, Ordinationen et constitutiones Cancellariae
apostolicae. s. 1., t., a. 4o.
Hain-Copinger * 148 22.
Wu:bnden LB. (Aus Eberbach.)
Soccus s. Conradus de Brundelsheim.
644 Solilo(iuium peccatoris conversi et compuncti. Norimbergae,
Fridricus Creussner, 1479. 4".
//ain '148/2.
Limburg. [Aus Limburg).
Speculum exemplorum s. Aurifaber, Aegidius.
645 Speculum rosariorum Jesu et Mariae. Lueneburg, Johannes
Lucae, 1493. 8*'.
Voulliime lO/^.
Bl r^ u. 16 sind leer.
Im vorliegenden Ej.emplar fehlt Bl I.
Limburg.
646 Sprenger, Jacob u. Heinr. Krämer: Malleus maleficarum. [Argen-
^torati, Job. Pryss], s. a. 2^.
Hain-Copin^er *g2j8. Prector 526.
Wiesbaden LB. (Aus Schönau.)
647 Sprenger, Jacob und Heinr. Krämer: Malleus maleficarum.
Norimbergae, Antonius Koberger, 1494. 4°.
Hain-Copinger *g24§.
Wiesbaden LB. {Aus Herbom HSch.)
— 89 —
648 Sprenger, Jac. und Heinr. Krümer: Malleus maleficarum. Norira-
hergae, Antonius Koburger, 1496. 4".
Hain *g246.
Wiisbadfn LB: 2 Exemplare, aus Ehrenbreilstein und Herborn HSih. ; m letzterem fehlt Jas
letsU Blatt.
649 Sprenger, Jacob u. Heinr. Krämer: Malleus maleficarum. [Spirae,
Petrus DracbJ, s. a. 2'\
Hain-Copin^er *g2jg. Praetor 2383,
Limburg. [Aus Amstein.)
650 Statuta provincialia antiqua et nova Moguntina. [Argentinae,
Johannes Pryss], s. a. 2o.
Hain * 1^041. Praetor 52g.
Limburg.
Wiesbaden LB. {Aus Sehönau.)
651 Statuta synodalia cum modificationibus ecclesiae Leodiensis.
Coloniae, Lodevicus de Renchen, 1492. 4'\
Bl la Titel: Statuta synodalia cuj || modificatöibus ecclie || Leodien •:• Darunter
Holzschnitt. Bl ib leer. Bl 2a [Sign A ij"\ a Z 1 : Incipiunt statuta Synoda| lia ecclesie
Leodief). []Ohänes dei gra-]|tia Leodien. epis{|copus Uniuersis || Abbatibus ab-! batissis
Pricrib9 \[ete. Bl /£b^: Statuta synodalia diocesis ]| Leodien cü niodificatöib9 j ad, ditöib^
eorunde nedü sacerdo- itibus verüetiä qbuscüc| clericl |! notarijs : oib9 familiarib9 curie |
predce dyocesis summe nccäria [!] || impressa p me Lodeuicü renc-||hen in felici Colonia
Explici-|,unt. anno dni. M. cccc. xcij. se||xta Aprilis. Bl /6 leer.
75 Bl mit Sign [A—Di, £4, F—Li, M^] 2 Spalten, 35 Zeilen, goth. Schrift, Tüel in
grösserer Schrift.
Umburg. [Aus Hadamar.)
652 Stella clericorum. Daventriae, Jac. de Breda, 1498. 4".
Hain-Capinger l£o8o. Campbell 1614.
Limburg. [Aus Limburg.)
653 Stella clericorum. [Coloniae, Henricus Quentell], s. a. 4".
Hain-Copinger * 1^063. Praetor 13g 8.
Limburg.
Weilburg. (Aus Höchst.)
654 Sterbebüchlein. [Magdeburg. Simon Koch], s. a. 4o.
Bl la: Uan dem steruende mynsschen Ij Unde dem gülden seien tröste. Darunter
ein Holzschnitt: ein Sterbender auf seinem Lager, links der Arzt, rechts der PtUster. Bl ib Holt-
schnitt: kleine Kreuzigung. Darunter C Hijr begynnet eyne schone geistlike le- re van dem
steruende minschen dat eyn deil ghejlnome is vth dem boke dat de meyster gcmaket hefft
van der kunst wol to steruende vnde is ein || kunst aller kunste Dat ein iewelick minsche
vä II rechter ordeninge by sik hebben vn mit grotem \ vlyte betrachten schal etc. Bl 15a
[Sign euj] Z 21: C Hijr Begynnet de gülden seien troest/ vn ; alsus bydde vor de armen
sele/ de de rechtuer-ljheyt etc. Bl 18a Z 2g: des segge ik di here lof vn cre nu vn iumer
mer i| C Amen. Bl 18 b leer.
18 Bl nü Sign [Sign a, b, c j], 2g Zeilen, goth. Schrifl, 2 Sehriftgrössm.
Bl 2, 5, 13 fehlen im vorliegenden Ex.
Über diesen Druck s. Falk, Centralblatt /. Biiliotheksivesen 7, l8go, S 24/ und 344.
Limburg.
— 90 —
655 Stoefflcrus, Johannes, et Jacobus Pflaumen: Almanach nova.
LToiae. Johannes Reger. 1499. 4o.
Hain- Ccrfinger "ißn Sß.
Es sind nur ßi i — /o zjrhanden.
IVusbaJfn LB.
656 Suetouius, C., Tramiuillus: Vitae XII Caesanim cum commen-
tario Philippi Beroakli. Bononiae, Benedictus Hectoris. 14'.):). 2".
ßl la Uer. Bl ib: Habes mi lector candide trän. Suetonii tabu- lam uocabulorum
& bistoriarü & loco^r mul- jtorum declaratione nö iniocundä. Et aduerte multa ee uocabula
i ipsa tabula colocata quae :; in margine extracta nö sunt sed intus in cöme tariis reperies
si lectitabis. Vale. Bl 2 a {Sign i\ folgt die Tabula, -velche Bl na endigt. Dann folgt was bei
Hmn als Bl i bezeichnet ist; i8 nicht numer. Bl + J26 numerirte + i nicht numerirtes Bl =■ JV5 ^^•
Hain-Copinger * 1^126.
Wedburg. (Aus Sayn.)
657 Suetonius, C, Trau([uillus: Vitae Xll Caesarum. [Tarvisii,
Johannes RubeusJ. 1480. 2^.
Hain-Copinger */^rig.
IVeüburg. [Aus Marienstatt.) ,
658 Suso. Henricus: Horologium aeternae sapientiae. Coloniae, Johannes
Landen, 1496. 4o.
Bl la Tu.: Incipit horologium |j eterne sapientie. Darunter Holzschnitt. Bt ib leer,
ßl 2a \Sign ai/]: Incipit prologg libri qui in: titulat horologiü eterne sapie || (jEntite
ni domino | in bonitate z in simplicitate cordis querite | illü. etc. ßl 6jb Z j6: C Explicit
horologium eterne sapientie Colonie per me Jo||hannem Landen infra sexdecim domos
omoräte impressu? atcp diligenter correctum. Anno domini. M. CCCC. XCVI. men jsis Sep-
tembris. die vero Nono. ßl 64 [leer/] fehlt.
64 ßi mit Sign [ai, b^, ci, d', <f 3, /», g3, h^, i — mi\, 45 Zeilen, goth. Schrifl, zzuei Schrift-
grossen.
Limburg. [Aus Limburg.)
659 Tacitus: Historiae. Venetiis, Philippus Pincius, 1497. 2'^.
Hain-Copinger * 1^222.
Wiesbaden LB.
600 Tacitus: Vita Agricolae. Venetiis, Philippus Pincius, 1497. 2^'.
Hain-Copinger * 1^222.
Wiesbaden LB.
661 Talmud. [Lipsiae, Landsperg?], o. J. 4o.
Bl la Tit.: Thalmut j| Obiectiones in dicta Thaljjmut seductoris Judeorum. Zu Seiten
des Titels rechts und links je 2 Porträts. Bl ib leer. Bl 2 a. ()Halmut est doctrina. Et diui-
ditur I in quatuor libros quoy quilibet eoy appellatur || Cefer in genere. Et nos oes libros
Moysi voca! mus Bibliä. etc. Bl 8 Z 28: tarn acriter passi sunt, ergo patet q. grande pec-
catum com-j miserunt q> Christum verum regem occiderunt rc.
8 Bl ohne Sign, 34 — j5 Zeilen, goth. Schrift, Titel u. Anfangszeilen des Textes in grösserer Schrift.
Limburg. [Aus Hadamar.)
662 Tauler, Johannes: Predigten. Lipsiae, Conrad, Kccheloven, 1498. 40.
Hain-Copinger *I^J46.
Wiesbaden LB. {Aus Hadamar.)
Auf der Rückseite des Titelblattes handschr. {i6. Jahrh.): Dit boich halt der wirdiche ritter
Her Frederich vam steyn den sustere zo besselich geben im lare XV'\
— 91 —
663 Taxa sacrae Pueuitentiariae. [Roinae, Johannes Besicken], s. a. 4".
Hain *I335/. Praetor 3g 8 4.
Wusbaden LB. (Aus EierdacA.)
664 Taxa Romanae Cancellariae et Poenitentiariae. Romae. [Johannes
BuUej, 1479. 4«.
ßl I fehlt. Dl 2 Z i: De expectatiuis . Expectatiua pro prescnte ad unum bnficium
scdm regulas cani cellarie graciosa etc. Bl i8a Z 22: Finis est laus deo. : Impressum
quidem romae pridie Kalenday Mali, millesimoqua dringentesimoseptuagesimonono. BliSbUer.
18 Bl ohne Sign, [2 Lagen /4, 2 5] j5 ZeUen, goth. Schrijt, eine Schhjtgrösse.
Hain 15349-
WUsbadeyi LB. (Aus Eberbach.)
665 Terentius, Puhlius: Comoediae sex cum directorio vocabulorum,
glossa interlineari et commentariis Donati, Guidonis et Ascensii. Argentinae,
.lohaunes Grüninger, 1499. 2".
Hain-Copinger * 15432.
In diesem Exemplar steht Bl 5 nicht THERINTII ivU Hain, sondern THERFNTII EPITA-
PHIVM, -wie Voullieme 1118 angiebt.
Weilburg. (Aus Notgottes.)
666 Terentius, Puhlius: Comoediae sex c. comm. Aelii Donati et Joh.
Calphurnii in Heautontimorumenon. Venetiis, Simon Bevilaqua, 1495. 2".
Hain ^15420.
Weilburg. (Aus Rommersdorf.)
667 Terentius, Puhlius: Comoediae sex cum comm. Donati, Guidonis,
Calphurnii et Ascensii. Veuetiis. Lazarus de Soardis, 1499. 2o.
Bl la Titel: Terentius cum quattuor com-!|mentis : videlicet Dona- |ti Guidonis Cal-||
phurnii : || Ascen-||sii. Bl ib Holzschnitt den Dichter und seine Kommentalyren darstellend. Bl
2a [Sign aii, numer. ü]: Terentii Vita (pjVBLlVS Terentius Afer Carthagine natus: seruiuit
Romae Terentio Lucano senatori: a || etc. Bl 5 b Holzschnitt mit der Inschrift : COLISEVS
SIVE THEATRVM. Bl 6a [numer. vi] beginnt das argumentum Andriae Terentianae. Bl / a
[Sign b. numer. z-ii] Text: ANDRIAE PROLOGyS. , (p OETA quü primum animum \\ etc.
Kommentar: AELII Donati grammatici: nee non Guidonis luuenalis Cenomani in Sex. Pub.
Terentii Afri. Comoedil|as interpretatio || etc. Bl 236a [numer. ccxxxvt]: Venetiis per La-
zarum de Soardis: qui obtinuit a Dominio Veneto q, nullus possit | imprimere nee imprimi
facere in eorum dominio sub poena ut patet in suis ; priuilegiis. Die. VII. Nouembris.
MCCCCXCIX. Laus Deo. Finis. Darunter 6 Distichen ad lectorem und das Druckerzeichen.
236 Bl mit Sign [a—fi, gi, h—z, A—Qi, R2, numer. ii—ccxxxzi], Text in grosserer Schrift
vom Kommentar umgeben, letzterer 60 Zeilen, Marginalie, römische Schrift mit Ausnahme des Titels,
der in goth. Schrift gedruckt ist.
Wusbaden LB. (Aus Notgottes, vorher in Johannüberg.)
668 Textor, Guillermus, de Aquisgrano: De passione Christi sermo.
Anselmi dialogus de passione Jesu Christi et beatae Mariae virginis. Bernardi
tractatus de planctu heatae Mariae virginis. Basileae, s. t., [c. 1487.] 4«.
Voullieme mg.
Weilburg. (Aus Eberbach.)
Textus sequentiarum s. Sequentiae.
— 92 —
669 Theobaldus Episcopus : Physiologus de naturis duodecim animalium.
Coloniae, Henricus Quentell, [löuO]. 4*'.
l8 Bl, El i8 Utr.
Wusbaden LB. (Aus Afartensia/t.)
670 Theocritus: Idyllia et alia aliorum carmina. graece. Venetiis,
Aldus Manutius. 1495. '2'\
Ham- Ccpin^er '154//.
IViestadm LB. [Aus Herhcm HSch.)
671 Theodulus: Ecloga. Coloniae, Henr. Quentell, 1495. 4".
Hain '15486.
Limburg.
Theramo s. Jacobus de Theramo.
672 Thomas de Aquino: Catena aurea s. Continuum in quattuor Evan-
gelistas. [Augustae, Günther Zainer, 1472.] 2o.
Hain *1328. Pellecket gj2. Procter IS55-
iViesbaJen LB.
673 Thomas de Aquino: Commentaria in omnes epistolas Pauli.
Basileae, Michael Furter, 1495. 2«.
Hain-Ccpinger */JJ9. Pellechet g42.
Herbom ß/8. [Aus Amstein.)
674 Thomas de Aquino: De arte et modo praedicandi. [Daventriae,
Jac. de Breda, c. 1499.] 4'\
Hatn-Copin^er I2S4- Campbell i66/. Pellechet g68.
Bl II ohne arbar.
IVtesbaäen LB.
675 Thomas de A(|uino: De quidditate et efficacia eucharistiae sive
de corpore Christi cum Nicolai de Lyra dictis de sacramento et expositiones
orationis dominicae, [Coloniae, Henricus Quentell], s. a. 4**.
Hain-Copinger *ij/0. Pellechet gSo. Praetor 1445.
Wiesbaden LB. {Aus Notgottes, vorher in Marienthal.)
676 Thomas de Aquino: De veritate catholicae fidei contra errores
infidelium s. Summa cathoHcae tidei. [Argentinae, typogr. Henrici Ariminensis],
s. a. 2*^.
Hain "i^SS. Pellechet g86. Proctor 322.
Wiesbaden LB.
677 Thomas de A(|uino: Opuscula. Venetiis, Hermann Liechtenstein,
1490. 40.
Hain-Copinger *I54T. Pellechet lOgj.
Limburg. [Aus Notgottes.)
678 Thomas de Aquino: Quaestiones de potentia Dei. Coloniae.
Henricus Quentell, 1500. 2".
Hain-Copinger *i4i8. Pellechet loi/.
Limburg.
- 93 -
679 Thomas de Aquino: Summa de articulis fidei et ecclesiae sacra-
mentis. [Moguntiae, Petrus Schüffer], s. a. 4^,
PelUchet 1024.
WusbaJea LB. {Aus Notgottes, zorhrr in Johannisberg.)
680 Thomas de Aijuino: Summa de articulis tidei et ecclesiae sacra-
mentis. [Parisiis, Simon Doliatoris?], s. a.
Coping<r II, 1 No 5 60. Pellecket IO25. Praetor 84/6.
Limburg. {Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
681 Thomas de Aquino: Scriptum super tertio sententiai-um. Venetiis,
Hermann Liechtenstein, 14:90. 2^.
Hain-Copinger *l48o.
Herbom 8lJ. {Aus Herbom HSih.)
682 Thomas de A<iuino: Scriptum super quarto sententiarum. Venetiis,
Bonetus Locatellus, 1497. 2'J.
Hain-Copinger *I485.
Limburg.
683 Thomas de Aquino: Summa theologica. Basileae, [Michael
Wenssler], 1485. 3 Bde 2o.
Hain-Copinger "^1434. Pellechet 1033. Prodor /§o6—/£o8.
Bl ip-o Z 56 : muss es statt quadringetesimoquinto, zvie Hain hat, quadringetesimooctui-
gesimoquinto heissen.
Limburg: nur Bd i u. 3. {Aus HaJamar.)
684 Thomas de Aquino: Summa theologica. Norimbergae, Antonius
Koberger, 1496. 3 Bde 2°.
Hain-Copinger *I436. Pellechet 1035.
IViesbaJen LB.
Limburg: nur Bd i und 2. {Aus Limburg.)
685 Thomas de Aquino: Summae theologicae partis secundae pars prima.
Venetiis, Franciscus Renner et Petrus de Bartua, 1478. 2".
Hain-Cotinger *I448. Pellechet IO41.
Herbom in ißSß. {Aus Sayn.)
686 Thomas de Aquino: Summae theologiae secundae partis pars
secunda. [Moguntiae, Petrus Schöffer de Gernsheim, 1467]. 2o.
Auf Pergament, die bei Hain ^1459 angegebene Schlussschrift fehlt. Rubricirtes, sehr gut
erhaltenes Exemplar.
Pellechet 104g.
Wiesbaden LB.
687 Thomas de Aquino: Summae theologicae pars tertia. Venetiis,
Bernardinus Stagninus de Tridino de Monteferrato, 1486. 2"^.
Hiin-Copinger *I470. Pellechet 1060.
Herborn. {Aus Herborn HSck.)
688 Thomas de Argentina: Scrij^tum super quattuor Ubris senten-
tiarum. Argentinae. Martinus Flach, 1490. 2o.
Pellechet 1164.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau)
— 94 —
689 Thomas Cantipratensis: Bouum universale de proprietatibus apum
[Coloniae. 1470—75], 2'^.
Bl 1 fehlt. Bl 2aa: Incipit liber qui dicit' bonü '| vniüsale de ppetatibus Apum. ||
fEueredo in xpo pa tri frat' hüberto ma gistro ordinis pre dicatorü. ftc. Bl /j6aa Z 21:
Explicit Über apü q dicit bonü vniüsale quia de prelatis et sub ditis tractat de quo sit
deus bn dictua i secula Amen. Bl i^/ba: Principia singulorü capitu:|lov etc. Bl ißgaa:
Tabula psentis libri bm al phabeti ordine kipit feliciter \\ etc. Bl i6£ba Z 30 : Explicit
tabula. Amen. Bl 166 fehlt.
166 Bl ohne Sign [// Lagen: / — /J5, 16 S, 14, i^, 7/4] 2 Spalten, J5 Zeilen, goth. Schrift,
eine Schrift grosse.
Copinger II, I iVo. I2l8.
Wiesbaden LB. [Aus Notgottes, vorher in fohannisberg).
690 [Thomas a Kempis]: Imitatio Christi. Venetiis, Petrus Loeslein,
1483. 4'\
Hain-Copin^er go8£.
Limburg. [Aus Limburg.)
691 Thucydides: Historia belli Peloponesiaci latine a Laurentio
Valla facta. [Tarvisii, Johannes Rubeus, 1485]. 2^.
Hain-Copinger *rߣir. Praetor 6^00.
IViesbaäen LB. {.4us Herbom HSch.)
692 Tinctor, Nicolaus: Dicta super summulas Petri Hispani. Reut-
lingae, Michael Greyff, 1486. 2".
Hain-Copinger *iß^28.
Limburg. [Aus Limburg.)
Torrentinus s. Hermannus Torrentinus.
693 Tractatus de fraterna correctione. [Coloniae. Arnoldus ter Hoer-
nen, 1471].
Hain-Copinger *ß/6o. Praetor g/3.
Limburg. [Aus Notgottes.)
Tractatus de moribus Turcorum s. Georgius de Ungaria.
694 Trittenheim, Johannes : Catalogus illustrium virorum. [Moguntiae,
Petrus de Friedberg, 1495]. 4».
Hiin *l^6l£. Praetor l/g.
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
695 Trittenheim. Johannes: CoUatio de republica ecclesiae. [Mo-
guntiae, Petrus de Friedberg. 1493]. 4*^.
Hain-Copinger */^62g. Praetor l/l.
Wiesbaden LB. [/ius Schönau.)
696 Trittenheini, Johannes: De cura pastorali. Moguntiae. Petrus
de Friedl)erg. [1496.] 4".
Bl la Titel: De cura pastorali. Oratio jo-] annis tritemij Abbatis span- hemensis
habita in selgenstat in prouinciali capitulo. Anno M. cccc. xcvj. Bl ib leer. Bl 2a \^Stgn
Aij\: Oratio de cura pastorali. joan nis tritemij abbatis spanhemensis habita in capitulo
ge Inerali in selgenstat prima die mensis MaSj. Anno diii |] M. cccc. xcvj. Bl ga Z 28:
Finis orationis de cura pastorali Joannis tritemij ab- batis spanhemensis ordinis diui patri3
benedicti : ha- bite p eum in capitulo generali abbatum prouincie ma- guntine et diocesis
— 95 —
bambergensis: jn cenobio Seigen-; statensi. Anno dHi M. cccc. xcvj. prima die menb maij. |]
Impresse maguncie p Petrü de Friedbergk. icl. Bl gb leer. Bl lo JehU.
lO Bl mit Si^n [/f 5], 2^ Zeilen, goth. Schrift, 2 Schrißgrössen.
Hain 1562/.
Limburg. (Aus Limburg^
Wiesbaden LB.: 2 Exemplare, aus Schönau und aus Notgottes [vorher in Johannisberg.)
697 Trittenheim, Johannes: De laude scriptonim. Moguntiae. Petrus
de Friedberg, 1494. 4«.
Hain *i£6r/.
Wiesbaden LB. (Aus Schönau.)
698 Trittenheim, Johannes: De laudibus ordinis fratrum Carmelitarum.
Moguntiae, [Petrus de Friedberg, 1494]. 4".*
Hain* 15628.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
699 Trittenheim, Johannes: De laudibus S. Annae. Moguntiae,
Petrus de Friedberg, 1494. 4».
Hain ^/S^JJ- Titel rot.
Limburg. [Aus Limburg.)
700 Trittenheim. Johannes: De operatione divini amoris. [Moguntiae,
Petrus de Friedberg, 1497J. 4«.
Hain-Copinger * 15636. Praetor 186.
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
701 Trittenheim, Johannes: De proprietate monachorum. Moguntiae.
Petrus de Friedberg, 1495. 4°.
Hain-Copinger *i56ig.
Limburg. [Aus Limburg.)
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
702 Trittenheim. Johannes: De scriptoribus ecclesiasticis. Basileae,
[Johannes de Amerbach], 1494. 2**.
Hain-Copinger *i56ij. Proäor /6oi.
Wiesbaden LB. [Aus Herborn HSch.)
70.3 Tritten heim, Johannes: De statu et ruina monastici ordinis.
[Moguntiae, Petrus de Friedberg, 1493.]
Hain-Copinger * 15 6 2 4. Praetor i6g.
Wiesbaden LB. [Aus Schönau.)
704 Trittenheim, Johannes: De vanitate et miseria vitae humanae.
Moguntiae, Petrus de Friedberg, 1495. 4^
Ha in - Copinger *I5 6j5 •
Wiesbaden LB. (Aus Schönau.)
705 Trittenheim, Johannes: Institutio vitae sacerdotalis. [Moguntiae,
Petrus de Friedberg, c. 1494]. 4».
Hain *i562r. Praetor t;'4.
Wiesbaden LB. (Aus Schönau.)
— 96 —
706 Trittenheim, Johannes: Oratio de duodecim excidiis ubservantiae
regularis. [Moguntiae. Petrus de Friedberg, 1496J.
Hain-Copinger ^J^öj;". Praetor 1S4.
Limburg. (Aus Umintrg.)
IVifsbaJen LB. [Aus SchiJKau.)
Turrecremata s. Johannes de Turrecremata.
Türe US, Magnus: Mahomet IL
Ubaldis, s. xA.ngelus de Ubaldis.
üngaria s. •!
Georgius de üngaria.
Michael de üngaria.
Utino s. Leonardus de Utino.
707 Valerius Maximus: Factorum dictorumque memorabilium libri
novem. Moguntiae, Petrus Schöffer. 1471. 2",
Hain-Copinger *i^//4.
Wiesbaden LB.
708 Valerius Maximus: Factorum dictorumque memorabilium libri no-
vem. Venetiis. Dionysius et Pelegrinus, 1485. 2*.
Hain-Copinger *i^/8/.
IVeiJburg. (Aus Idstein, Gymn. Bibl.)
709 V'egius, Maphaeus, Laudensis: Philalethes. [Argentiuae. Henricus
Knoblochtzer], s. a. 4o.
Hain-Copinger *i£g26. Praetor j68.
14 Bl '2 La^en: n, 2 3], das 'rste Bl leer.
Weilburg. {Aus Amstein.)
Verdena s. Johannes de Verdena.
710 Vergilius: Opera cum Servii, Donati, Landini atque Calderini
commentariis. Venetiis, Lazarus de Soardis de Saviliano, 1491. 2^.
Bl I U.2 enthält du Tabula. Bl Sa: MARONIS VITA [j (v)IRGILIVS MARO parentibus
modicis fuit: & precipue patre Marone: quem qdam j etc. Bl g a \Sign a, numer. /] Text:
Publii Virgilii Maronis Bucolica. aegloga pri- ma. Inter locutores Meliboeus: Sc Tityrus
amici. , ME 1 [jITYRE TV PATVLAE || recubans sub tegmine fagi ij etc. Kommentar:
(t)ITYRE tu patulae : PASTOR inducitur securus : & dare operam cätilenae sub arbore
re- cubans: etc. Bl Jja \Sign d, numer. 25] Text Z 6: P. Virgilii Maronis Georgicorum
liber primuS. || etc. Bl S/a {_Sign l, numer. /g] beginnt das erste Buch der Aeneide. Bl J2J
[numer Ji^] b: Ad Lcctorem. En tibi candidissime Lector Publii Virgilii Maronis opera:
cum Seruii Mauri Honorati grämatici: Aelii \\ Donati: Christophori Landini: Atque Domitii
Cal- ;derini: " Ccmentariis: Impensis atque diligentiori cura Lazari de Sauiliano impressa
Venetiis: Anno natalis domini. M. cccc. Ixxxxi. Tertio Nonas Januarii. ij Dann folgt das
Registntm. Darauf: LAVS OMNI POTENTI DEO. FINIS. ;| Darunter das Druckerzeichen.
Bl 324 leer. Bl 2^5'^ [^i?^ Pt numer. J/6] a: Maphei Veggü Laudensis poetae Clarissimi ||
Liber Tertius decimus Additus Duodecim. , Aeneidos Libris. Am Ende fehlen 5 Bl,
356 Bl mit Sign [/, a—ii, l—z, &, 3, fH, A—.\\ P, Q, 4, k, R, Si, T^\ mU Blatttahlen und
Kustoden, Text 43, Kommentar 62 Zeilen, röm. Schrift, Text in grosserer Schrift vom Kommentar
um^fben.
Hadamar G.
— 97 —
711 Vergilius: Opera cum iiiterpretationibus Christo[)hori Laiidini.
Veiietiis, Liga Boaria, [14'Jl.J 2o.
Praetor 5356.
Das Exemplar ist defekt und nicht mehr ^etiau zu beschreiben.
Limburg.
712 Vergilius: Opera cum commentariis Servii. Venetiis, Thomas de
Blavis de Alexandria, 1484. 2o.
Copinger Incunabula Virgtliana [= Trausaciions of the Bibliographical Society Vcl. II Part II
London i8g£\ No £g.
Weilburg. [Aus iVolgottes.)
713 Versor, Johamies: Quaestiones super libros etliicorum Aristotelis.
Coloniae, Henricus Quentell, 1491. 2''.
Hain *i6ojJ.
Limburg. (Aus Limburg.)
714 Vincentius Bellovacensis: Speculum doctrinale. [Argentinae,
typogr. singularis R, c. 1473.] 2^,
VouUieme 1200. Die Type ist übrigens halbgothisch und nicht römisch, 2 Spalten, 6/ Zeilen.
Proctor 252.
Wiesbaden G. K g4. [Aus Idstein Gymn. Bibl.)
715 Vincentius Bellovacensis: Speculum doctrinale. Norimbergae,
Anton, Koberger, 1486. 2o.
Voul Herne 1201.
Wetlburg. {Aus Deuiz.)
Wiesbaden LB: Es fehlen die 2 ersten Bl.
716 Vincentius Bellovacensis: Speculum historiale. Argentinae, Job.
Mentelin, 1473. 4 Bde 2'\
VouUiime 1202.
Mit gemalten Initialen,
Weilburg.
in Vincentius Bellovacensis: Speculum historiale. [Augustae, in
Monasterio SS. Ülrici et Afrae], 1474. 2'>.
Beschreibung s. Dziatzko, K., Über InkunabelnkataLgisierung in Sammlung biblio'hekswissmsch.
Arbeiten hrsg. v. Karl Dziatzko Heft lO. Leipzig i8g6, S. 128 f. Proctor /6jg.
Wiesbaden LB: nur Bd j. (.tus Marienstatt.)
718 Vincentius Bellovacensis: Speculum historiale. Xorimbergae,
Antonius Koberger, 1483. 2».
VouUieme 12 OJ.
Weilburg: j Exemplare, das eine aus Limburg, die beiden anderen aus Deutz, das eine mit
eingemalten Initialen und dem Vermerk eines Lesers am Ende, dass er von i^iS—lS-3 '^" 'i'f* Werke
gelesen habe.
719 Vincentius Bellovacensis: Speculum morale. Norimbergae, Anton.
Koberger, 1485. 2».
VouUieme 120^.
Weilburg, {Aus Deuiz.)
7
— 98 —
720 Vincentius Bellovacensis: 6peculum morale. Venetiis. Hermann
Liechtenstein, 1493. 2".
Bl la Tiid: Speculum Morale Uincentü. El iba: Tabula Index in opus Spe-|;culü
Bcilic? Morale Uincentü ; etc. Die Talula mdi^-t Bl 3bf,. Bl 4a [S!^n a\ num. 4]a: Speculi
Moralis Vincentii Liber primus incipit feliciter. C De Operü Humanorü Necessitate.
DISTIN, .1. ' [IN omni- bus ope- ribus tuis memora-' re nouissima tua: et j| in eternü non
pecca- bis. rtc. ß/ 26^l>? cm Ende: Opus preclarü Qd' Speculü morale intitulat: ab egregio
doctore Uincentio alme Beluacensis ecclesie presule: ac sancti dnici ordi- nis professore:
editu?: feliciter fir.it. Impensis qi : cura non me diocri Hermäni liechtenstein coloniensis:
emendatior.e diligentis- jsima Impressum Anno Salutis. M. cccc. Ixxxxiij. pridie kal'. octo!;bris
Uenetijs. Laus Christo. Bl 266 fntkäli das Registrum.
266 Bl mU Sign [fl— «, I, 0, f, aa—ff^, ggi] und Blattzahlen [2—266], 2 Spalten, 74 Zeilen,
goth. Schrift, 2 Schrißirössen.
IViesbaden G. K 92. (Aus Idstein Gymn. Bibl.)
721 Vincentius Bellovacensis: Speculum monile, s. 1., t., a. [nicht
später als 1478]. 2".
Bl laa: Sequit' tabula breuis alphabetica | demösträs quoto libro quota Par |te quotacj
distinctione. queqi i hoc volumine principaliter tractata in ueniri debeant || etc. Bl jba
unten: Explicit tabula moraliü vincentij. Bl 4aa: Speculi moralis dni vicentij doctoris
egre 'gij ordinis aüt pdicatof in quo raoraliter : [] pulchre narrantur omni statui cöuenientia ||
liber pmus incipit feliciter. ;N Omnibus operi bus tuis meorare \\ etc. Bl Soiaa Z 55 :
vü secula benedictus deus •:• ;! Speculum Morale Finit.
Der Rubrtkator bemerkt am Schluss: Anno dni Mo, cccco. Ixxviijo.
507 Bl ohne Sign, 2 Spalten, £8 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Weilburg.
722 Vincentius Bellovacensis: Speculum naturale. [Argentinae,
typogr. singularis R, 1473]. 2 Bde 2".
Bd I. Bl lao.: Incipit speculü naturale Vincentij beluaceL. '[ fratris ordinis pdicatorum.
Et primo plogus d' causa suscepti opis et eius materia Primü. \ ( Voniä ml'titudo li|;brorum: ||
Et tempis , breuitas: memorie J etc. Bl j3ß Z 54: ceptönibus incioamus. || .xxj. Continetia
et capitula libri primi |1 etc. Schluss des Registers Bl 20bo. Z 42. Bl 21 aa: .1 De diuersis
müdi acceptionibus. Ex ji libro qui dicitur imago mundi. |l ()Vndi factura quinlcj modis
describi't: letztes Bl J^jb^ enthält den Anfang von Kap. Ixxxij des 18. Buches, das Übrige fehlt.
Bd 2: Bl laa: .xxxix. Continentia libri deciminoni. || (lEcimus nonus liber incipit
age-|!re de opcre sexti dici hoc est de ;; animalibus terrestribus & pri mo de iumentis siue
pecoribus ,| & armentis. Continet autem :[ xcviij. capitula. vt sequi videris. |1 etc. Die
Tabula schlUsst Bl 8b(x Z 25. Bl gaa: .']. De opere sexte diei. Et primo de animajübus.
Guillerinus de conchis. |j (;i3cibu8 itacj et :| auibus effectu i superio^« ex aq '| creatis: vbi
fuit II etc. Bl j2Sba Z 26: perstricta sunt, sed latiore in fine speculi hysto-j rialis. ppates-
cunt. Amen. Bl 326 [leer?] fehlt.
Bd I r Bl. Bd 2 : 326 Bl, 2 Spalten, 66 Zeilen, halbgoth. Schrift, eine Schriftgrösse.
Praetor 255.
Weilburg.
723 Vincentius Bellovacensis: Speculum naturale. [Xorimbergae,
Antonius Koberger, i486.] 2'>.
Voulliime 1206. Praetor 2056.
Wiesbaden LB. {Aus Deutz.)
724 Vincentius Fenrerius: Sermones de tempore et de sanctis.
Argentmae, [s. t.j, 14S8-1489. 3 Bde 2*).
Ham-Copinger "/OOS^
Limburg: nur Bd i und 3.
— 99 —
725 Vincentius Ferrerius: Öermunes de tempore et de bunctis.
Coloniae, s. t, 1485. 3 ßde 2o.
Hain */OOl. Voullume 12 lO.
Limburg: nur BJ I und J.
Wiesbaden LB: nur Bd J. [Aus Sayu.)
726 Vincentius Ferrerius: Tractatus de interiori homine formativus.
Magdeburgi, Mauritius Brandis, 1493. 4o.
Hain-Copinger /024.
El 20 Z J5 steht nicht, wie Coßinger angiebt, catkalogo sondern richtig cafhalogo, es ist dasselbe
dem k sehr ähnliche h wie sonst.
Limburg. [Aus Limburg.)
Viola sanctorum s. Martyrologiura.
727 Vitruvius: De arcliitectura libri X. Acc. Sexti Julii Frontini de
Aquaeductibus, Angeli Policiani Panepistemon, eiusdem Lamia. Florentiae,
[Antonius Francisci], 1496. 2^
Bl la: Hoc in uolumine haec opera continentur. || L. Vitruuii Pollionis de Architectura
libri decem. |j Sexti Julii Frontini de Aquaeductibus über unus. || Angeli policiani opus-
culum: quod Panepistemon inscribitur. i| Angeli Policiani in priora analytica praelectio, ||
Cui titulus est Lamia. Bl ib Index. Bl 2 {Si^ A(i)\: L. VITRVVII POLLIONIS AD
CAESAREM AGVSTVM[I] DE || ARCHITECTURA LIBER PRIMVS. ,[ i;Vum diuina
mens tua: & numen Imperator Caesar imperio po 'tiretur etc. Bl 64a endigt Vitruvius. Am
Ende: Florentiae Impressum anno a natali christiano. M. cccc. Ixxxxyi. Bl 64b und ^4b
leer. Bl 8 sß fehlen.
? Bl mit Sign [Ai, B—/i, K, L^, aai, bb^, ai,b2 , . .], 44 Zeilen, röm. Schrift, eine Schri/tgrösse.
IVeilburg.
728 Vocabularius breviloquus. Argentinae, [typogr. Jordani de Qued-
linburg a. 1483], 1489. 2o.
Bl la Titel: Vocabularius breuiloquus cum arte | diphthögädi. püctandi et accen-
tuandi. Bl ib Z i: Sunt qui sibi iam plurima comparare uo jlumina statuerunt. etc. Bl 2a
ySig Aa 2]a Z i: Gnarin9 [!] Ueronensis Floro suo salute plu|rimam dicit I| (n)On sine
cau|'sa factü esse certo scio q> |! diphthonganda voca- bula scire te velle Intel-! ligo.
quoniam ei rem ; \\ ad ortbographiaj recte |j scribedi formulä ptine re. ; nö puü legedi docu-
mentuj pstare posse ;j cognoris etc. Bl / a [Signa^aZi: Incipit Breuiloquus vocabularius. |(
QA .a. do||mine de[|us ecce nescio loljqui. qi puer ego jj sum. Hiere. pri mo. Licet istud '|
verbü etc. Bl ^2ib^ Z j8: Finit vocabularius Breuiloquus. tri- plici alphabeto diuersis ex
autoribD nec-j non corpe vtriuscp iuris collectus ad lati num sermone capessendü vtinisim9.
Im|!pressus Argentine Anno dni. M. cccc. || Ixxxix. Finitus in die sancti Leonardi. Bl J22
[leer?] fehlt.
322 Bl mit Sign [Aa2, a—d4, ei, f—g% A3, i—ki, l3, m—n^, ol, p'>, q3, r\, sl, t *, v3,
xi, y3, j4, Ai, B\ C—E3, F\ G—Hi, /4, K'—Li, M*, M3, Oi, Fi, Q^, B—S3, Ti, U3, A'4, >'j]
2 Spalten, 5J Zeilen, goth, Schrift, Anfangszeilen in grosserer Schrift.
Praetor 6^3.
Limburg. [Aus Rommersdorf)
729 Vocabularius breviloquus. Argentinae, [typogr. Jordani de Qued-
linburg a. 1483], 1493. 2o.
Bl la Titel: Vocabularip breuiloqu9 cü arte dipthon"gand!. punctandi. et accentuandi.
Bl ib: Sunt qui sibi iam plurima comparare uo lumina statuerunt a quoy profecto lectöe
sepius dictionü auertit ignorantia. fastiditqr !| etc. Z 2g: coniugationis. Et sie de alijs. |'
In psenti libro otinentur ;j Item ars dipthongacdi Guarini Veronensis Item cöpendiosus
dialog9 de arte punctandi. || Item tractatus vtilis de accentu. Item Breuiloquus voca-
— 100 —
bularius. Bl 2 i [Si^ .-/j .'] a; Guarinus Veronensis Floro suo salute plurimam dicit. ||
I On sine cau- sa factü esse certo scio q, di- pthonganda vocabula sei- re etc. Bl /«
\Sign j] a." Incipit Breuiloquus vocabularius. ( A .a. do- mine de9 ecce nescio loq. qa |
etc. Bl J2ili^ ^36: : acuit penl . Finit vocabuIari9 Breuiloqu9 triplici al phabeto diuerb
ex autoriba. necnon corpore vtriuscy iur] colIect9 ad latinü bmone capes sendü vtilissim9.
Impressus Argentine An- no dni. M. cccc. xciii. Finit9 sexta feria post , festum Erhardi
episcopi. Bl J2a leer.
J22 Bl [Aai, a—d*, ei,f—g\, hl, i—k»,, li, m—n^, oi, /4, <jl, r4, sl, /4, vi, x—z^, Ai,
B\, C—£i, f\, G-Hl, /4, K—Ll, M\ N~Pl, Q\, R—Sl, T^, V\ A'4, Ki), 2 Spalten,
^2 Zeüm, goth. Schr-.ß, Anfangszeilen in passerer Schrift.
Limburg. (.4tts RiymmersJorf.')
Weilburg. {Aus Sckönau.)
730 Vocabularius brevilonuus. Basileae, [Johannes de Amerbach],
1482. 2'>.
Voullieme 1218. Praetor /S64.
IVeüburg. yAus Eberbach.)
731 Vocabularius breviloquus. Basileae, Nicolaus Kesler, 1486. 2^.
Voullieme 1220.
Weüburg.
732 Vocabularius breviloquus. [Coloniae, Conradus Winters], s, a. 2«.
Das Exemplar ist am Anfang und Ende verstümmelt und lässt sich nicht genau beschreiben.
Praetor I183.
Weilburg.
733 Vocabularius de partibus indeclinabilibus. [Argentinae, typogr.
Jordani de Quedlinburg a. 1483, 1491.] 4".
Bl la Titel: Vocabularius de par- tibus indeclinabilibus. Bl ib Vorrede, die mit Z j2
endigt: liquit iuditio discuciendum. Vale. Bl 2a [Sign aij\: Vocabularius de partibus )|
indeclinabilibus. C Um tepusculo brumali multe lucubratio- nis nisu vscp ad conticiniü
ferme apponas- sem. in letheum tandfem soporem hirciscj o- perimen receptantib9 artus
perduxL Dücj etc. Bl 2b beginnt der Text: lAiBs et ab ex e die vnum significare. Ab
qq5 vo cales e querunt a c^ sonantes. Unde hec pre positio etc. Bl 63b Z i£ : Vulgariter
id est vulgo id est communiter vbicp. Ij il)stas siquidem indeclinabilium scaturigines sej |cun-
dum veram totius latinitatis normam pro jlatas. ^/ir. Z 24: diuecy virginis gloriam et honorem
Amen. Finis vocabularij. Bl 64 leer.
64 Bl mit Sign [(Z 4, b — ;3, ^4], J2 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen, eingedruckte Initialen.
Praetor 664.
Weilburg.
734 Vocabularius ex quo. [Argentinae, typogr. Henrici Ariminensis],
s. a. 20.
Bl I leer. Bl 2a: ()X quo vocabularij autentici. videlicet Huguicio Katholi-I'con
Breuilogus Papias alijc? Codices sunt I compatöe ' pciosi. in collectöne prolixi. et in intellectu
obscuri/ et in numero multi ita vt pauperes scolares eosdem defacili i p pre cio com-
petenti röne eorum paupertatis habere ac sibi pcurare | non valeant. etc. Bl 150b Z 16:
ms Zosimus .id est viuax vel viuidus \ DEO. GRATIAS. Bl ißi leer.
l£l Bl ohne Signaturen, 40 Zeilen, goth. Schrift, eine Schriftgrösse, das A tu Beginn des Textes
auf Bl la ist eine Holzschnittinitiale.
Praetor 328.
Weilburg, (Aus Limburg.)
735 Vocabularius ex quo. s. L, t., a. 4°.
Bl la: Incipit vocabulari9 que ex^ nücupam9. || QX quo vocabularij varij autetici \\
— 101 —
videlic? huguicö katholicon bre uilogq papias alijcy Codices süt !| in opacöe pciosi : in col-
lectiöe p lixi : itellectione obscuri. : in nuo multi: ita | q. paupes scolares eosdc de facili
I p precio I| cöpeteti ac racöe eoy pauptatis sibi pcurare nö valeät. B/ --5* Z 36:
.n. ////////// cav Cü aliqd capio.
225 ß/ ohm Siptaiurett, 26 Zilien, gotk. Schrift, eine Schriftgrösse.
Das letzte Blatt ist beschädigt.
Limburg.
736 Vocabularius iuris utriusque. Argentinae, [typogr. Jorduni Je
Quedlinburg a. U83], 1490. 2°.
Bl la Titel: Vocabularius utriuqs^ [!] iuris. Bl ib leer. Bl 2a \Sign a^j q 7. i : fq)
Voniaj iu||ri operam |i datuy pri9 nosse opor tet vn nome iuris de-| scedat. ff. de iusti i
iu-|ire etc. Bl I2gb^ iim Schlüsse: Explicit vocabularius iuris Impres- sus Argentine pro
cömuni omniü vtilita' te t faciliori aditu ad vtriusc^ iuris notici,iam. Anno dni. M. cccc. xc.
Finit9 in pro- |festo sancti Michaelis. Bl ijo leer.
IJO Bl mit Sign [a4, bl, ^4, di—ti, v3, xi], 2 Spalten, 52 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Praetor 656.
Wiesbaden LB : J Exemplare, aus Arnstein, Deutz und Marienstatt.
737 Vocabularius iuris utriusque. [Basileae, Michael "Wenssler], s. a.
Bl laa: ()Voniä iuri operam [ datuy prius nosse ! oportet vnde nome \ iuris des-
cedat. ff. i] Bl 66b leer. Bl 102 leer. Bl i^ib leer. Bl i6oa'^ Z iß: Finit vocabularius ;|
iuris vtriuscj. Bl 160 b leer.
160 Bl ohne Signaturen, 2 Spalten, 46 Zeilen, goth. Schrift.
Praetor /4//.?
Wiesbaden LB. (Aus Ehrenbreüstein.)
738 Vocabularius iuris utriusque. [Coloniae, Ludovicus de Renchen],
1483. 20.
Bl I leer. Bl 2a \Sign a if] a Z /: Incipit vocabulari9 iuris vtriuscp ;I |]Uoniam iuri
ope'ram daturum prius nosse oportet vn-pde nomen iuris descendat. ff. de iust. et etc.
Bl ig/b^ Zig: Uocabularius vtriuscj iuris alpha betice ordinatus tercio kalendas Octo bris
explicit felicit' Anno dni m. cccc. || Ixxxiij. impressus. ; Protestatur huius operis director.
al{ legata non vti iurista perlustrasse: sed tä |^ theologie alumn9 ex orthographia : gräma-
tica positiua q: plura emfedasse. |i qua emulorum ora compescere arbitra- tus est. Bl ig2 leer.
ig2 Bl mit Sign [a—t, v — z, I4], 2 Spalten, 42 Zeilen, goth. Schrift, 2 Schriftgrössen.
Praetor 1283.
Limburg. {Aus Limburg.)
739 Vocabularius optimus s. Gemraa vocabulorum. Daventriae,
Richardus Pafraet, 1495. 4°.
Campbell ^8l.
Limburg.
Vo ragine s. Jacobus de Voragine.
740 Wernerus: Liber deflorationum seu excerptorum ex diversis
patribus. Basileae, [Johannes de Amerbach], 1494. 2o.
Hain-Copinger *i6lS8. Praetor /604.
Limburg. {Aus Hadamar.)
[Wimpheling, Jacobus: Oratio querulosa contra invasores sacerdotum.
s. 1., t, a. 4".]
Hain *i6ig2. Nach Praetor kein Druck des i£. Jahrh.
Limburg. [Aus Notgottes, vorher in Johannisberg.)
— 102 —
741 TVolfram von Eschenbach: Titurel. [Strassburg, Joh. Mentelin],
1477. 20.
Ham-Ccpin^er *6683. Froctor 31/.
Am Ende bt schädig.
WUsb^den G. A IL (Aus Idstfin Gymn. Biil.)
742 Wolfram von Eschenbach: Parzival. [Strassburg, Joh. Mentelin],
1477. 20.
Hain-C^pinger *6684. Proct-yr 2l6.
Am Anfang sind die ersten 20 Bl beschädigt.
Wiesbaden G. A 11. {Aus Idstein Gymn. Bibl.)
NACHTRAG. •
743 Antoninus Florentinus: Summa theologica. Spirae, Petrus Drach,
1487—88. 4 Bde 2o.
Hain-Copinger *I24/. Praetor 2^6 g.
WUsbaiün LB : Nur Bd IL {Aus Monlabaur.)
74A Augustinus, S. Aurelius: De doctrina christiana s. de arte prae-
dicandi. Moguntiae, Joh. Fust et Petrus Schöffer, s. a. 2".
Hain */gS/- Praetor 70. Pelleehet 14/3.
Das Fust-Schöffersehe Druckerzeichen ist, obgleich Roth [Studien u. Mitteilungen aus dim Bene-
dictiner- u. Cistercimser- Orden Jahrg. pr Bd I S. 4jy) es behauptet, in dem vorliegenden Exemplar nicht
vorhanden. Beachtenswert ist das Vorwort, in dem es heisst: Feci ergo deo teste magnam pro eius correctione
diligentiam itaque omnia exemplaria, quae in studio Heydelbergensi necnon in Spira et in Wormacia
atque tandem etiam in Argentina in vllis librariis reperire potui, diligenter proinde respexi. Ei cum inter
haec experimento discerem, quod idem liber Augustini raro invenitur, etiam in magnis et preciosis librariis
et adhuc rarius de ullis ex eisdem librariis ad rescribendum poterii haberi atque etiam, quod peius est,
rarissime correctus sive emendatus inibi queat reperiri, idcirco permotus fui ad hoc studiosius laborare, ut
secundum exemplar meum tanto nunc studio et labore quantum saltem potui correctus dictus libellus sie
et taliter in brevi tempore multiplicari passet, ut ad plurimorum usum et ad communem profeetum
eeelesiasticum facUe et scito perveniret. Quapropter cum nuUo alio modo sive media id expeditius fieri
posse iudicarem, discreto viro Johanni Fust incolae Magunlinensi impressoriae artis magistro modis omnibus
persuasi, quatenus ipse assumere dignaretur onus et laborem multiplicandi hunc libellum per vtam
impressionis etc.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
745 Augustinus. S. Aurelius: Sermo in festo praesentationis Mariae
virginis. [Moguntiae], Johannes Fust et Petrus Schöffer, s. a. 2o.
Hain-Copinger iggs {== gg54). Pelleehet 1504. Praetor ijg.
Wiesbaden LB. {Aus Schönau.)
746 Bartholomaeus de Glanvilla: De proprietatibus renim. [Lugduni],
Nicolaus Philippi Pistoris de Bensheym et Marcus Keinhardus, 1480. 2«'.
Hain-Copinger *2^00. Praetor SSJO.
Wiesbaden LB. {Aus Arnstein.)
lAl Correptorium Flamingorum. [Antverpiae, Gerardus Leeu. 1488]. 4".
Hain-Copinger ''^/62. Campbell 4gg. Praetor gjSi.
Nass. Altertumsverein. {Aus Eberbach.)
— 104 —
748 Duns Scotus, Joliannes: QuoJlibeta .|uaestionum. Vonetiis, Johannes
de Colonia et Johannes Manthen de Gerretzem, 1477. 4*^.
Ham-Copinger *6424.
Limburg. (Aus Eberback.)
749 Legenda S. Servatii. Coloniae, Araoklus ter Hoernen, 1472. 4«.
Bl I fehlt. Das Ersatz-Bl ib enthält handschriftlich ein Kalendarium, das, zvie es scheint, einer
gedrt4ckten Verlane nachgebildet ist. Bl 2 a Z r: Vt sacerdotes et clerici rurales : colligiati
nüq! äplip habeät necesse dubitae fintrogare i, die sep tuagesima etc. Bl jb rot: Incipit
de scö buatio legeda minor et valde bö. || schwarz: ()llustrissimi viri sei buacij tungreb
citatis deci epi: stemate inclito nati«: mei'tis sup ethera exaltati. dicem9 vitä : miracula. IJ
tc. Bl sob Z 13: Vetuit id est prohibuit. E.xplicit legeda de sancto seruatio. ;v/.- Explicit
sanctissirai seruacij tügrensis ecclesie presulis et consanguinei xpristi [; legeda de nouo
stilo claro ac eleganti cöpilata Colonie<y Impressa p me Ar'noldü ther Hoyrnen finita.
Anno dni ' mo cccco Ixxij» die mercurij qrta mesis || marcij. Darunter das Druckerteichen.
Praetor g2g.
JO Bl ohne Sign [ J 5 L^gen], 2p Zeilen, gotk. Schrift, eine Schriftgrosse.
JVass. Altertumsverein. (Aus Eberbach.)
[Wirt, Wigandus: Dialogus apologeticus adversus Trithemium de con-
ceptione virginis Mariae. Oppenhemii, Jacobus Coebel, s. a. 4'^.]
Hain-dypinger * 1621g.
DUser Druck gehört nickt dem 15. Jahrhundert an. Vgl. Roth, F. W. E., die Buckdruckerei
des Jacob Köbel in Beiheft 2. Centralbi / Bibl. 4 S. 24/. und Zeüschrift f Bücherfreunde Jg i, Bd 2
S. 444-
Herbom S V S- {Aus Herborn HSck.)
Register.
A.
Druckoi'te und Drucker.
1499. 17.
1488. 747.
Antwerpen.
Gottfried Back.
Gerardus Leeu.
Augsburg.
Hans Bämler.
1472. 412.
Hans Froschauer.
1494. 203.
Hans Schüasperger.
1496. ti23.
1497. ()29,
Anton Sorg.
1474 im Kloster von St. Ulrich u. Afra mit
Typen des Anton Sorg 717.
1487. 622.
o. J. 424.
Günther Zainer.
1472. 672.
Basel.
Johannes de Amerbach.
1481. 140 028 538.
1482. 141 730.
1485. 211.
1486. 24.
1488. 529.
1489. 6? 77 82 87.
1490. 78 83 350.
1491. 589.
1492. 27.
1493. 86.
1494. 702 740.
1494 — 1495 92.
1496. .5.09.
1497. 88 212.
1498-1502. 1.54.
0. J. 271 631.
Johannes de Amerbach und Johannes Froben.
1500. 186.
Johannes Bergmann de Olpe.
1494. 198?
1498. 200.
1499. 101 351.
Johannes Froben.
1491. 138.
1492. 419.
1494. 18B.
1495. 139.
Michael Furter.
1494. 527 590.
1495. 673.
Nicolaus Kesler.
1486. 216 400 496 571 572? 731.
1487. 573.
1488. 254.
1489. 674.
1491. 47.
1492. 371.
1494. 125.
1495. 31 187?
1496. 315.
1497. 372.
0. J. 123 421 448.
Joh. Petri de Langendorff u. Joh. Froben.
1499. 415.
Bemardus Richel.
1475. 142.
106 —
Michael "Wenssler.
1474. 205.
1476 i'31.
1477. l&*i 530.
1478. 43d 4Ö3.
1479. .v>2.
1481. :yi>i.
1482. 305.
1485. t>ö3.
1486. 449.
o. J. 4f)8 737.
0. J. 261.
1481. 566.
1485. 583.
1487. 668?
1494. 476.
1493. 656.
1492. 106.
o. J. 409.
1491. 42.
Jakob Wolfif.
Ohne Drucker.
Bologna.
Plato de Benedictis.
Benedictus Hector.
Hugo de Rugeriis.
Johannes Walbeek.
Brescia.
Boninus de Boninis.
Deventer.
Jacobus de Breda.
1490. 170.
1491. 277?
1498. 511? 652.
1499. 674?
Richard Pafraet.
1483 — 1484. 176 548?
1484. 430.
1489. 73.
1490. 5 481.
1491. 218 268 340.
1494. 278.
1495. 352 739.
1499. 595.
o. J. 56 337.
Ohne Drucker.
0. J. 14.
1486. 201.
0. J. 16?
Eichstndt.
Michael Reyser.
Esslingen.
Konrad Fyner.
1473. 267.
1476. 541.
1496. 727.
Florenz.
Antonio di Francesco.
Freiburg i. B.
Kilian Piscator.
1494. 79 84.
o. J. 180.
Uagenau.
Heinrich Gran.
1489. 636.
1491. 171.
1492. 432.
1494. 624.
1498. 557.
1500. 2 122 556.
1490. 479.
Heidelberg.
Friedrich Misch.
Köln.
Herrn. Bungart de Ketwich.
1497. 526.
Nikolaus Goetz von Schlettstadt.
1472. 144?
1473. 145?
1476 146? 505 512?
1480. 147.
o. J. 13.
Goswin Gops von Euskirchen.
1476. 338.
Johannes Guldenschaff.
1478 18?
1480. 81? 384?
1481. 382.
1486. 501.
Job. Koelhoff von Lübeck.
1479. 486.
1482. 127.
1483. 110 282.
1487. 220 222 224 567.
1488. 169 431.
1489. 5<)9.
1490. 411.
1481. 638.
— 107 —
Johannes Landen.
1470. 375? 536?
1496. 658.
1472. 219 317.
Heinrich QuentelL
1473. 3(j9? 312? 468 615?
1479. 71 72 547.
1478. 362.
1481. 327.
1486. 522?
1484. 675.
0. J. 3 4 28 264 2&4 2&> 286 287 289 290
1486. 462?
291 292 293 296 297 596?
1487. 11.
Corn. de Zyrickzee.
1489. 8 173.
0. J. 514.
1490. 55 62 128? 242? 243? 299 339?
Drucker von Augustinus de fide.
1491. 510 713.
1476. 473?
1492. 25 276 390 635.
o. J. 288.
1493. 368 420.
Drucker von Dares.
1494. 346 391 598 579?
0. J. 294 295.
1496. 116 612 671.
Drucker von Dyctis.
1496. 67?
1471—1476. 76 376.
1497. 10 63 64 65.
Drucker von Johannes de Turrecremata
1498. 66 577 578.
quaest evangeL 1478.
1499. 569 626.
1478. 429.
1500. 669 678.
Ohne Drucker.
0. J. 9 68 300 335 474 602? 653 675.
1470—1476. 689.
Ludwig von Renchen.
1482. 345.
1483. 7b8.
1485. 725.
1485. 23.
0. J. 14.
1487. 273.
1492. 651.
Leipzig.
0. J. 608.
Konrad Kachelofen.
Gerardus ten Raem.
1494. 599.
1480 81?
1498. 662.
Arnoldus ter Hoernen.
Martinus Landsperg.
1470. 378?
1490. 239?
1471. 693.
0. J. 515 661 ?
1472. 619? 749.
Wolfgang Stoeckel.
1473. 470,
1499. 112 113.
1475. 275? 620.
Lö7cen.
1480. 81?
0. J. 93? 696? 618?
Johannes de "Westfalia.
0. J. 58 484.
Bartholomaeus de Unckel.
1475. 467.
Lübeck.
1476. 272? 334.
1477. 121.
Lucas Brandis.
1480. 311.
1476. 621.
1481. 537?
1484. 178.
Lüneburg.
Konrad "Winter de Homborch.
Johannes Lucae.
1476. 316.
1493. 645.
1476. 379?
Lyon.
1478. 401.
1479. 143 381? 517.
Nicolaus Pistoris u. Marcus Reinhard.
1480. 568.
1478. 20?
1480. .568.
1480. 746.
0. J. 732.
Johannes Syber.
Ulrich Zell.
1482. 189.
1466-1467. 221.
1496. 156?
1487. 90? 223 298.
0. J. 19?
108 —
1495. 341.
o. J. 74?
1494. 19<).
1495. 232.
1493. 728.
1486. 136.
1486. US?
o. J. H54.
Johannes Trechsel.
Petrus L'ngarus.
Michael Wen?sler.
Magdeburg.
Mauritius Brandis.
Johannes Grashover.
Simon Koch.
1490. l')5.
1492. 5(<.
Mailand.
Philippus de Lavagnia.
Philippus de Mantegatiis.
Udalricus Soinzenzeler.
1497. 639.
Mainz.
Petrus Je Friedberg.
1493. 695 703.
1494. 697 698 699 705?
1495. 118 482 694 701 704.
1496. 696 706.
1497. 7W.
Joh. Fust u. Peter Schüffer.
0. J. 744 745.
Johannes (iutenberg.
1460. 97.
0. J. 494.
Jakob Meydenbach.
1495. 314 :M9?
Johannes Numeister.
1479. 428.
Peter Schüffer.
1462. 148.
1467. 686,
1470. 373.
1471. 707.
1473. KO.
1474. 364 425.
1476. 228? 426.
1478. 107 427 553.
o. J. 94 679.
Ohne Drucker,
vor 1474. 422?
1480. 356? 458?
1480. 464.
0. J 633.?
^[ünsier i. W.
Johannes Liiuburgus.
Neapel.
Ohne Drucker.
Nürnberg.
Friedrich Creussner.
1477. 33.
1479. 644.
1493. 1l^4.
0. J. 389.
Andreas Frisner u. Joh. Sensenschmid.
1472. 164?
1476. 580.
Kaspar Hochfeder.
1491. 46.
1498. 627.
Anton Koberger.
1477—1479. 62.
1478. 149.
1479. 328.
1480. 363.
1481. 255 365 402 523 576.
1481—1482. 21.
1482. 319 403.
1483. 443 718.
1484. 48.
1485. 26 157 719.
1486. 53 191 233 715 723.
1487. 158 497 584.
1488. 37 102 439.
1489. 120.
1491. 181 628.
1492. 38.
1493. 320 6.30.
1494. 647.
1496. 549 648 684.
1497. 159 202.
1498. 387 478.
1500. 182.
Joh. Sensenschmid et Henr. Kefer.
1473. 606.
Georg Stuchs de Sulzbach.
1488. 518.
1489. 283.
Petrus "Wagner.
1490. 117?
o. J. 74?
Padua.
•Joh. Herbort von Seligenstadt.
1480. 581.
109 —
Paris.
Speier.
0. J. 680?
Simon Doliiitoris.
Peter Drach.
1475. 513?
Ulrich Gering.
1479. .540.
1472. 2!».
1480. 111? 561.
1494. 126
130 132?
1482. 383.
Ulrich Gering u. Berthold Rembolt.
1485. 562.
1494. 313.
1487. 6<)3.
1487 — 1488. 743.
Pavia.
1488. 103.
Job. de Birretis et Franc, de Girardenghis.
1489. 22.
Christophorus de Canibus.
1489. 477.
Antonius de Carchano.
1493. .554.
1489. 150.
1490. 208.
1491. 475.
1492. 321.
1498. .508.
0. J. :i47 491 649.
1494. 555.
Johann u. Konrad Hist.
Fl
1486. 534?
•anciscus de Girardenghis.
1480. 248.
0. J. 133? 270 423.
Konrad Hist.
Perugia.
1495. 591?
1498. 197.
0. J. 43.
Ohne Drucker.
Drucker von Gesta Christi,
0. J. 369.
Peutlingen.
Strasshurg.
1486. 692.
1494. 45?
0. J, 539.
1485. 183.
1488. 165.
Michael GreifiF.
Johannes Otmar.
Jakob Eber.
0. J. 310.
Heinrich Eggesteyn.
0. J. 265.
Martin Flach.
1487. 215 331.
1488. 519.
1489. ;34 177.
Born.
1490. 495 637 688.
0. J. 663.
Johannes de Besicken.
1492. 49.
1494. 280 367.
1479. 664.
Johannes Bulle.
1495. 35.
1496. 609.
Bartholomaeua Guldinbeck.
0. J. 563,
1497. 129.
1498. 36.
0. J. 206. •
Stephanus Planck.
0. J. 353.
Johannes Grüninger.
0. J. 506.
Adam Rot.
1483. 137.
1484. 210 301 434.
Johannes Schurener.
0. J. 465 600.
1485. 163.
1486. .597.
1475. 442.
Apud S. Marcum.
1488. 259.
1489. 3<I2.
1490. 50 303.
Rostock.
1492. 155.
1496. 51 57.
Fratres vitae communis ad S. Michaelem.
1497. 99 153 199.
1481. 131.
1498. 385.
— 110 —
1499. fi65.
1500. 2W.
o. J . 535.
Job. Grüninger et Henr. de Inguiler.
1483. 5e>4.
Georg Husner.
1470. 32.
1475. 393? 485 ?
1479. 394.
0. J. 247 2'j2 3ö9 360.
Georg Husner et Job. Beckenhub.
1473. 257.
Jobannes Knobloucb.
0. J. 499.
Heinrich Knoblochtzer.
1475. 4tt3.
1480. 245.
1482. 498.
1484. 392.
0. J. 709.
Johannes Mentclin.
1468. 85?
1470. 552?
1472. 70?
1473. 716.
1477. 741 742.
0. J. 587.
Jubannes Prüss.
1480. 640.
1487. 492 616.
1488. 281.
1490. 174 217 610.
1495. 279.
1498. 134.-
1498 — 1499. 213.
1499. 641.
0. J. 119 617 646 6.50.
Adolf Rusch.
1480. 162.
Martin Schott.
1485. 207.
1490. 75 483.
Drucker mit dem bizarren R.
1470. 96?
1473. 714? 722.
0. J. 480.
Drucker von Henricus Ariminensis.
1478—1479. 354.
o. J. 91 521 570 676 734.
Drucker vun Jordanus de Quedlinburg 1483.
1483. 395 435.
1484. 489.
1485. 109 343 388 396 565.
1487. 503.
1489. 397 414 490 728.
1490. 95 344 398 504 560 736.
1491. 196 342 733.
1493. 253 729.
1494-1495. .=^20.
1495. 179.
1496. 184 399 611.
Drucker der Legenda aurea 1481.
1482. 269.
Drucker der Vitae patrum 1483.
1485. 377. 582.
0. J. 1 241 330.
Ohne Drucker.
1488 — 1489. 724.
1493. 135 332 333.
o. J. 238.
Treviso.
Dionysius de Bertocbis et Peregrinus
Bononienses.
1482. 605.
Bernardus de Colonia.
1478. 632.
Michael Manzolinus.
1480. 263.
Johannes Rubeus.
1480. 657.
1486. 691.
Tübingen.
Johannes Otmar.
1499. 166 167 168.
Turin.
Johannes Fabri.
1490. 250.
1484. 413.
1486. 604.
1499. 655.
1473. 15.'
1480. 274?
Ulm.
Konrad Dinckmut.
Johannes Reger.
Johannes Zainer.
Urach.
Konrad Fyner.
Utrecht.
Ohne Drucker.
0. J. 249?
111 —
Venedig.
Christopliorus Arnoldus.
0. J. 613.
Georgias Arrivabene Mantuanus,
1487. 39.
1489. 40.
1495. 104.
Bernardinua Becalius.
1490. 209.
1493. 89 546.
Vincentius Benalius.
1493. 459,
Dionysius de Bertochis et Peregrinus
Boaoniensea.
1484. 558.
1486. 708.
Simon Bevilaqua.
1496. 666.
1497. 460.
1499. 593.
Barthol. de Blavis, Andr. de Torresanis,
Maphaeus de Paterbonis.
1482. 193 234 322.
Thomas de Blavia.
1484, 712.
1489. 195 236.
Johannes de Cereto.
1494. 229 244 457.
1499. 601.
Bemardus de Choris et Simon de Luere.
1491. 592.
Joh. de Colonia et Joh. Manthen de
Gherretzem.
1477. 175. 748.
1477-1478. 251.
1480. 416.
Franciscus de Girardenghis.
1486. 533.
1486. 534?
Johannes et Gregorius de Gregoriis.
1488. 12.
1489. 194 235.
1494. 358.
1497. 172.
1497—1498. 370.
Johannes Hamman de Landoia.
1491. 407.
Johannes Herbort de Seigenstat.
1481. 325 329.
Xicolaus Jenson.
1477. 307. 445. 531.
1477—1480. 54.
1479. 151.
0. J. 446.
Lazarus de Isoardis de Saviliano.
1491. 710.
1499. 667.
Herrn. Liechtenstein.
1483. 98.
1488. 607.
1490. 677 681.
1493. 720.
Lig.i Boaria.
1491. 711.
Bonetus Locatellus.
1493. 437.
1497. 682.
"1498. 614.
Petrus Loeslein.
1483. 690.
Aldus Manutius.
1496, 670.
1498. 61.
Petrus Maufer, Joh, de Forlivio et Hercules
de Buscha,
1480 -1481. 115.
Raynaldus de Novimagio.
1486. 366.
Hieronymus de Paganinis.
1492. 318.
Jacobus de Paganinis.
1491, 225.
Paganinus de Paganinis.
1489. 326.
1499. 41.
Andreas de Paltascichis.
1480. 226?
Christophorus de Pensis.
1495. 488.
1499. 544.
Petrus de Piasiis Cremonensis.
1483. 308.
Philippus Pincius ilantuanus.
1493. 60.
1495. 472.
1497. 659 660.
Theodorus de Ragazonibus.
1490. 204.
1492. 625.
Franciscus Renner.
1480. 152.
1482. 160.
Franciscus Renner et Petrus de Bartua.
1478. 685.
Albertinus Rubeus.
1499. 436.
Jacobus Rubeus.
1477. 454.
1478. 441 451.
112 —
Jobaanes Rubeus.
1475. 4ö^?
1496. 374.
Octaviauus Scotus.
1483. Ö4Ö.
1489. l'il.
Beraardinus Stagninus de Tridino.
i486. tjciT.
1494. 452 455.
Antonius de Stancbis et Jacobus Britannicua
3ocii(iue.
1481. 30.
Andreas de Torresanis.
1488. 114.
Baptista de Tortis.
1491. 32.3.
1494. 444.
1495. 450.
1496. IU2 306 UO.
1500. oJi.
Bernardus de Vitalibus.
1499. 4H1.
Bartholomaeus de Zanis.
1496. .">!>4.
1499. iJi'T.
Ohne Drucker.
1489. 417.
1479. 41)9,
1481. 542.
1480. 380?
Viceiiza.
Steph. Kolilinger.
Wien.
Eberhard Frommolt.
Würzhurg.
Georg Reyser.
Zwolle.
Tymaunus Petri de Os.
1497. 2H'J?
<>hne Ort \ind Drucker.
1480. H42.
1484. 404.
0. J. 7 44 H9 100 108 210 214 230 237 246
256 258 260 336 348 355 357 361 386 405
406 408 410 433 447 463 471 4«7 5(XJ 507
516 524 525 5:')2 543 550 551 585 586
588 6:i4 643 721 735.
B.
Von den üben verzeichneten Drucken be-
sitzt
1) die Landsbibliothek zu Wiesbaden 346:
1 5 6 7 H 10 16 17 18 20 21 26 31 36 37 40
42 4:j 4.4 47 50 51 53 54 55 59 61 69 73 74
75 77 80 81 82 85 87 92 94 97 104 105 106 107
108 109 111 112 113 114 115 119 121 124 127
128 133 135 138 140 142 144 145 147 148 149
1.50 151 157 162 163 164 166 168 169 170 171
173 176 178 181 183 185 186 191 194 195 201
2^)4 205 206 214 217 218 220 222 224 227 2:K)
233 235 236 237 244 247 248 24i>2öl 254 255
260 273 274 278 279 281 283 284 285 286 287
288 2".n 292 293 297 298 299 3(X) 301 303 305
:K^ 307 311 314 315 319 322 323 324 325 327
3;iO 339 34:3 :344 ^4!^ 351 352 353 354 358 361
364 367 371 373 377 380 382 386 392 394 395
398 401 4^)2 4<U 406 407 408 409 410 415 416
417 418 419 420 122 423 425 427 429 \:\A 435
438 4J9 44') Ul 442 443 444 445 446 149 450
451 452 453 454 455 456 458 460 461 463 464
465 468 469 474 476 477 480 481 482 483 485
486 489 490 491 493 495 496 501 502 506 510
513 514 515 516 517 518 520 521 522 524 525
527 528 530 531 532 540 541 542 543 545 551
553 554 555 559 561 562 563 566 567 573 574
575 576 577 578 579 580 581 583 585 586 587
588 590 591 592 598 600 601 607 609 610 616
617 622 623 626 628 HTO 631 633 C34 636 637
638 639 642 643 646 647 648 650 655 659 660
662 663 664 667 669 670 672 674 675 676 679
684 686 688 689 691 694 695 696 697 698 700
701 702 703 704 705 706 7o7 715 717 723 725
736 737 743 744 745,
2) der Verein für Xassauische Altertums-
kunde und Geschichtsforschung zu Wies-
baden 3: 245 747 749,
3) die bischiJtliche Seminarbibliothek zu
Liraburg a. d. Lahn 319: 2 3 4 11 13 14 15
19 21 22 23 25 27 28 29 30 32 34 35 38 39
41 46 47 50 51 53 56 57 58 62 65 70 71 72
75 76 78 79 83 84 86 87 88 89 90 91 92 93
94 95 99 101 102 103 104 118 120 121 122
123 125 126 129 130 132 134 136 137 139 140
— 113 —
141 14:5 144 140 116 lö2 l.vJ 154 155 156 158 693 696 699 701 706 711 713 724 725 726 728
159 160 161 162 165 175 177 179 180 IHI 182 729 735 738 739 740 748.
184 187 188 189 190 192 193 196 197 198 199 4i dio Semiuarbibliothek zu Herborn 63:
2(J0 202 207 208 2(J9 210 211 213 215 216 219 12 33 39 45 46 48 52 77 79 82 84 86 110 131
221 223 231 232 234 238 239 241 242 243 246 139 140 167 174 181 203 212 240 256 2H0 ii89
250 252 253 258 262 263 264 265 266 267 268 290 ii94 2! »5 296 :j<)4 310 313 328 331 :i47 366
269 272 275 276 277 282 302 305 308 309 311 383 391 399 400 412 414 424 127 429 466 468
312 314 316 317 318 319 320 321 322 326 329 517 529 534 560 572 582 603 613 620 6:il 627
332 334 335 336 337 338 340 :U1 342 345 346 635 673 681 685 687,
348 354 355 356 359 360 362 363 365 366 368 5j die Gymnaaialbibliothek zu Weilbur^,' 71 :
369 370 371 372 374 375 376 378 379 381 383 24 49 54 60 63 64 66 68 96 98 100 116 120
384 387 388 389 390 393 4^)3 405 413 415 421 172 225 226 228 229 257 259 261 270 271 333
425 430 431 432 433 4;U 435 436 448 449 450 350 377 396 411 437 447 457 471 472 4.^ 488
459 462 467 470 473 475 478 479 485 487 490 492 544 546 55H 565 593 594 595 597 i;04 605
494 496 497 498 499 502 503 504 505 507 508 625 629 632 653 656 657 f;65 (i66 668 708 709
509 511 512 513 517 519 522 526 528 533 535 712 715 716 718 719 721 722 727 729 TV) 731
536 537 538 539 547 548 549 550 552 553 556 732 733 734,
557 564 568 569 570 571 574 582 584 5h9 596 6| dieGymnasialbihliothekzu Wiesbaden 10:
599 606 607 608 609 611 612 614 615 618 619 9 67 117 397 523 602 714 720 741 742.
624 6.38 641 644 645 649 6.50 651 6.52 653 6.54 7) die Gymnaaialbibliothek zu Hadamar 3:
658 661 671 677 678 680 682 683 684 690 692 150 385 710.
C.
Von den oben verzeichneten Drucken ge-
hörten
a) zu nassauischen Klosterbiblio-
theken*
1. Arnstein: 20 46 81 94 107 119 175 197
202 217 246 277 336 337 339 346 384 39(J 410
415 450 474 475 484 495 512 518 562 617 626
635 636 649 673 709 736 746,
2. Deutz: 12 19 22 .53 89 101 109 121 123
145 1.55 158 159 162 187 261 307 316 319 326
350 370 381 387 389 416 430 437 438 453 490
496 517 521 .522 530 5(U 568 580 605 607 609
616 715 718 719 723 736.
3. Eberbach: 16 23 31 34 50 133 140 154
206 214 230 247 248 251 30l 341 342 366 372
395 408 423 434 443 465 471 491 493 501 5(»6
513 551 552 563 597 6(J0 631 633 634 643 663
tj64 668 730 746 748 749,
4. Ehrenbreitstein: 29 86 114 115 186 216
371 442 445 446 451 454 480 531 575 648 737,
5. Hadamar: 2 35 41 78 83 102 103 150
153 158 163 193 234 239 253 266 282 308 322
• Hierzu Tgl. meinen Aufsatz ^Die Auflösung der
nassauischen Kloaterbibliotheken" Xass. Annalen B<1.
30 S. 206—220. Die Unterscheidung von Hadamar,
Herboru und Limburg bezüglich der Register B und C
ist in den betreffenden Angaben bei den einzelnen
Drucken dadurch Bchon gesichert, dass immer, wo
Klosterbibliotheken oder die ehemalige Hohe Schul-
bibliothek zu verstehen sind, der Ortsbenennung ein
„aus" vorangesetzt ist.
332 335 346 360 362 371 379 415 431 432 433
435 470 472 503 549 5.50 569 584 608 614 651
661 683 740,
6. Höchst: 27 49 68 74 75 116 124 157 254
265 333 374 629 653,
7. Limburg: 4 11 14 15 21 24 28 (vorher
in Königstein) 30 39 46 48 54 56 62 65 70
(vorher in Grünberg) 72 79 84 86 88 99 110
120 122 126 130 132 134 140 147 156 178 179
180 181 182 192 196 197 208 213 238 24iJ 241
242 243 250 252 258 262 268 273 (vorher in
Gronau) 310 314 328 329 3.38 345 355 .356 357
363 364 369 383 405 434 435 447 450 459 462
466 468 478 479 487 490 494 5(X) .502 5o7 511
529 533 534 536 538 544 547 557 581 582 587
607 611 618 619 624 (vorher in Gronau) 6:38
H41 644 652 658 684 690 692 696 699 701 706
713 718 726 7^4 738,
8. Linz : 37 303 439 440 443 449 491,
9. Marienstatt (die Zugehörigkeit der ein-
geklammerten Nummern ist nicht direkt be-
zeugt, ist aber nach dem alten Verzeichnis
höchst wahrscheinlich): 10 17 69 97^104) 121
138 (181) 220 (233) (249) (255) 278 (382) 425
(435) (483) (486) (524) (525) (567) 583 (607) (642)
,657) 669 717 (736),
10. Montabaur: 322 743.
11. Xotgottes (die Nummern, denen ein J
hinzugefügt ist, gehörten vorher dem Johannis-
— 114 —
berger Kloster an): 8J 8J 38 OIJ 94J 98
108 J Inö lt>5 lfi8j ITrtJ 201 J 210 J 211 237
260 2H3 267 J 271J 274 J 299 J :40<) :>o6 :U1
314 315 318 330 IMiJ J 343J i44 349 351 359 J
367 J 368 J 386 394 398 419 420 -1-tl 446 4.s2J
485 J 5o9 537 J 540 554 559 J 565 J 5.s5 J 58«) J
588 J 590 595 J 599 J 609 612 J 622 637 J 665
667 J 675 (vorher in Marienthai) 677 679 J
680J 689J 693 696J 712,
12. Rommer^idorf : 32 47 50 52 60 77 82 96
lt>4 140 145 15« 16(t 1m7 205 256 l>57 259 320
347 354 362 377 396 497 558 666 728 729,
13. Sayn: 51 71 95 141 143 145 15(t 1.55
1H4 311 320 4<J3 449 498 .5o5 517 656 685 725,
14. SchÜnau: 1 18 26 46 .50 53 55 75 77
^2 83 86 87 127 lti9 222 224 281 283 354 361
■■•^} 392 401 425 468 469 4^5 520 521 553 573
576 585 586 628 646 650 688 694 695 696 697
698 7(MJ 701 703 7(>4 705 706 729 744 745,
b) zur Bibliothek der Hohen Schule
zu Her bor n: 33 40 42 43 44 45 59 61 63
t;4 W 79 84 KXJ 105 106 125 129 139 172 17 t
IMI 185 194 203 204 212 226 235 244 256 280
2S9 290 294 295 296 313 331 358 366 :i83 391
4(H) 4iHi 4Jt7 41(9 412 414 417 421 424 426 428
458 461 476 477 514 532 543 546 554 555 560
572 5f<2 601 603 613 620 621 627 635 639 (>t7
»U« 670 681 687 691 7<i2.
Druck Toa W. Bruguliii in Leipzig.
ANNALEN DES V El! EINS
FUll
NASSAÜISCHE ALTERTÜM8KUN I ) lo
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
EINUNDDREISSIGSTER BA^D.
1900.
Mit el\1v\[ I'i,a^e.
WIESBADEN.
VERLAG VON RUD. BECHTOLD & COMP.
1901.
KlirCK Vft.V KLT). I'.ECHT(IM) & COMP., WIESBAPEX.
BrCHDIUTCKERKI i- I-ITIIOCK. ANSTALT.
Inlialts-Verzeicliiiis.
A nna len.
Erstes Heft.
Seite
Die Inkunabeln nassauischer Bibliotheken, \orzeichnet von ü. / i- d 1 1- v 1 — 114
Zweites Heft.
1. Die hessische Diözese der Niedergrafschaft Katzenellenbogen. \ du
A. lleldnianii li:.— 171
IL Der Ringwall auf dem Hofheimer Kapellenberg. Mit oin<;iii I'laii.
Von ('. L. Thomas 172-1T'.I
III. Ein Gesamtfund römischer Denare aus Flonheim. Von K. IM tterl i ni; 18U — liJ-J
IV. Namen und Lage von Wiesbadener Örtlichkeiten. Von F. Otto 193— 2U1
\ . Zur Geschichte der Sporkenburg, sowie der ehemaligen Vogtei
Denzerode bei Ems. Von F. :\[icliel 2():i — -JU
VI. Die Zeugnisse für Gutenbergs Aufenthalt in Eltville. Von (i. Zcdl.T -Jl -) — •_>•_'•_'
VII. Beiträge zur Geschichte der Gründung des Vereins für nassauische
Altertumskunde und Geschichtsforschung. Von I'. Wu.-ncr . . . 223— 23:i
Mitteilungen 1900/1901.
Spalte
A'creinsnachricliten von (i. /edler 1-4, 33— li.J, (J5-ti7, {)7--91i
Vorträge 1SU9/1900:
Aus dem Tagebucli eines nassauischen Ofti/.iers von li. K o 1 !> *~'^
Die neuesten Ansiirahuno-en auf dem römischen Forum von V. Lolir . . •>— '
Der Felsendom zu Limburg a. d. L. von 31. llöiiler • '
ri)er das voro-eschichtliche Lraubach von K. Bodewig 11 — 13
Über Johann Krafl't von Ilerboru von (). 31 ei nardus ... __ _'
ri)er den mittelalterliclieu Rheiinveinhandel von 31. Hoffmann 3o— 37
Kismarcks Bezieh uugeu zu Nassau von E. Seh aus
I'.eohtermünze zu Eltville von U. Zedier ■ • • 1^'^' '"-
1900/1901:
Die Presse der ^
Vurrömische Wo-e und Dürfer im westlichen Nassau von IL Itodeui- • • 10'--1
Das Walten der alten deutschen Kaiser in den Ilhei.ilan.len von 31. Iloffmann^ ^^^t'_^,
Verwaltungsbericlit des Altertuuis-31useums von i:. Kitte rl in- . Di- 19, 38-4.>, 10« lU»
Lmide (s. aucli den Verwaltiuigsbericht des Altertu7ns-3luseums):
, . i;t — 21
zu Höchst (3Iünzfund) von E. Su einer ■
4(< — 4 t
zu üraubacli von IL Modewig-
IV
Spalte
ZU Siiimiern bei Klirenbreitsteiii von K. Uddowli: -17
zu Jlüclist (römisches Gefäss) von E. 8uchier 4.— 4V»
zu I>ii(lisenh!iu.sen von R. Bodewig • • •?•— ()8
Miscellen:
Die Aufheimu'' der Ltübeigeusduift in Nassau von l». .NF oi na nl us .... 21
•>i— '>
o
Ülier ein altes M«'r£;\veik bei Naurod von 1'. Wagner '-5 30
Der Name Heil (lleyl) zu "SViesbaden im IG. Jalirli. von F. Otto 3i>— 32
Zur Geschiolite des rümisclien "Wiesbaden von E Kitterlini,'- 49—52
Drangsale eines nassauisclien Geistlichen im 30 jährigen Kriege von V. Kirlit.-r .")2— .59
Der Empfang des Fürsten Wilhelm V. von Na>sau-()ranien zu Heri>urn l,s01
von F. Ott.. ■ 59-62
Die Originalliandschrifc <les Eppsteiu'schen Lehnbut-hes von P. Wagner . . 6S— 70
Die llerufung des waldeckischen UofiiM-dicus .1. Tli. Fritze nach Dillenburg
von 1". Otto 70-74
Die Wiesbadener Kurliste von U. Zedier 74— b*
Nacliträge zu „Goethe in Nassau" von F. Otto • S* — 89
Eine Schünauer Kiosterurdimng des 14. .lahrh. von G. Zedier 110—112
IJeitriio-e zur <renealo<rischen (Jeschichte des Hauses Nassau. I. Else, Tochter
des Graten Philipp II. von Nassau-Saarbrücken von M. v. Domarus . . 112— lls
(.'hronik:
Altertunisverein zu ilerborn, Bericht von J. iL lloftiiiaun 62 — 04
Historischer Verein zu Dillenburg, Bericht von C Dönges 90—91
Altertumsverein zu Höchst, Bericht von E. Suchier 118—121
Eine Hallstattniederlassung bei Nouliäusel nach üericht von W. Soldan . . ".11—96
Nassauische Geschichtslitteratur des Jahres 1900. zusammengestellt von G. Zedier 121—128
Die hessische Diözese
der Niedergrafschaft Katzenellenbogen,
ihre Superintendenten und Inspektoren.
Yon
A« Heldmann*
Die nachfolgenden Zeilen bilden zunächst einen kleinen Beitrag zur kirch-
lichen Geographie einer durch mehr als drei Jahrhunderte mit Hessen verbundenen
Grafschaft. Die kirchliche Geographie überhaupt und Hessens im Besonderen
ist ein noch wenig gebautes Gebiet. Selbst Würdtweins Dioecesis Moguntina
giebt für die ältere kirchliche Geographie der Mainzer Diözese bezw. Hessens
nur ein undeutliches Bild. Sodann aber ist die hessische Diözese der 2sieder-
grafschaft Katzenellenbogen in ihrem Verhältnis zu den übrigen hessischen
Gebieten, ihren Staats- und Kirchenregierungen noch gar nicht gewürdigt worden.
Während fast vollständige Verzeichnisse der Superintendenten und Inspektoren
der althessischen Gebiete und der später zu Hessen gekommenen Graf- und
Herrschaften Schaumburg, Hanau, Schmalkalden und Hersfeld vorhanden sind'),
hat es bis da an einer Reihenfolge der Superintendenten und Inspektoren der
Niedergrafschaft Katzenellenbogen gefehlt. Was darüber veröffentlicht ist-), ist
unvollständig und durch Vermengung der beiden zu St. Goar bestandenen
Diözesan-Vorstände verworren. Ihre Kenntnis ist für die Landes- und Kirchen-
geschichte dieser entlegenen und weit mehr von den kirchlichen K;impfen
bewegten Grafschaft, wie auch Althessens, von Wichtigkeit, Einer der Ilaupt-
wortführer auf den hessischen Geueralsynoden des 16. Jahrhunderts war der
Superintendent Mag. Melchior Schott zu St. Goar, Ebenso nahmen die für
Hessen und den Protestantismus verhängnisvollen sog. Verbesserungspunkte
durch den dasigen Superintendenten Mag, Christian Zindel, Schott's Nach-
folger, ihren Anfang.
'0^*7 lillV^U ii.UXCHJj_,.
') Ledderho.so, He.sclireibung dos Hess. Kirclienslaats, 1780, S. "JO ti"., l")? »»'., '261 tl".
— Bach, Kurze Goschichte der Hes.s. Kirchenverfussuiig, 1832, S. HS H". — Aliiolit. Dor
Kreis Wetzlar, lil. S. 167 ff.
-) Ledderliose a. a. (). S. 295. — Strftiiilier!>:, Rlieiii. Anti(iiiariiis II. 7, S. I «7.
Orebel, (iesehiclito der Stsidt St. Goar, 184S, S. Hu; u. in7.
8
— 116 —
Die Niedergrafödiaft Katzcnellenbogeu liattc im Anfauge des 17. Jahr-
hunderts ungefähr 2000 Hausgesässe. Davon hatten die grösseren Orte St. Goar 133,
St. Goarshausen 39, Nastätteu 108, Langen-Schwalbach 107. Bornig 73, Laufen-
seiden 73, Holzhausen über Aar 54, Holzhausen auf der Heide 37, Bärstadt-') 24.
Doch waren die Einwohner keineswegs alle evangelisch, ein nicht unbeträcht-
licher Teil in einigen Pfarreien und Grenzdürferu war und blieb katholisch und
hielt sich zu benachbarten katholischen Pfarreien.')
Die vom Landgraf Philipp dem Grossmütigen 1528 für die ganze Nieder-
orafschafr errichtete Diözese begriff alle damals bestehenden Pfarreien, von
welchen die des Amts Hohenstein bis da kirchlich zum Erzstifte Mainz, alle
übrigen zum Erzstifte Trier gehört hatten. Beide Erzbischöfe von Mainz und
Trier erkannten im Laufe des 16. Jahrhunderts die vom Landgrafen Philipp vor-
genommene Reformation und kirchlichen Änderungen, insbesondere die von dem
Fürsten an sich genommene Kirchengewalt förmlich an und verzichteten auf ihre
Diözesanrechte bis zur weiteren Entscheidung durch ein allgemeines freies Konzilium,
nämlich Erzbischof Albert H. von Mainz durch den Vertrag von Hitzkirchen
vom 11. Juni 1528, Sebastian durch den Vertrag zu Rödelheim vom 1. Aug. 1552
und Erzbischof Jacob von Trier durch Vertrag vom 10. April 1576.'')
Die Diözese hatte ihren grössten Umfang im Anfang des 17. Jahrhunderts.
Sie begriff damals auch noch die Herrschaft Eppstein, welche unter Landgraf
Philipp dem Grossmütigen und auch noch nach der Teilung Hessens (1568),
obgleich politisch zur Herrschaft Ludwigs IV. von Oberhessen gehörig, zur
Superintendentur der Obergrafschaft Katzenellenbogen zu Darmstadt zugehört
hatte, — doch durfte der Superintendent „ohne Landgraf Ludwig's Vorwissen
im geringsten nichts statuieren oder handeln"") — seit 1605 aber, um auch hier
die sog. Verbesserungspunkte durchzuführen, von der letzteren abgetrennt und
mit der Diözese der Niedergrafschaft durch Landgraf Moritz verbunden worden
war.') Die Gliederung der Diözese schloss sich gleich den übrigen hessischen
Diözesen an die bestehenden weltlichen Ämter an. Sie begriff nach einem
Verzeichnis aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts folgende 49 Pfarreien, von
welchen die drei ersten auf der linken Rheinseite gelegen waren.')
I. Amt Rheinfels:
1. St. Goar: Pfarrei und Diakonat mit Biebernlieim.
2. Pfalzfeld: E. Hungenroth, Niedert, Mühlpfad, Hausbey (metter-
nichisch); F. Badenhard, E. Utzenhain.
•■') Joh. Herni. liui)persbcrg, II(38S. Kircliennacliricliten, S. 115—125. Mskrpt. im
Huperintendentur-Archiv zu Marburg.
'; Landgraf Ernst rechnete es sicli daher als ein Verdienst an, dass er durch seinen
Übertritt zur katholischen Kirche aufh diesen katholischen l'nterthanen die Erbauung von
Kirflinn und Gotteshäusern ermöglicht liabe.
'-) liaoh a. a. 0. S. 42. Hess. Zeitschr. 31, S. 19.
*) Lic. Diehl, Die Alstelder Superintendentur und der Superintendenteusitz Giessen in
den Mitteilungen des Oberhess. Geschichts-Vereins 1900, IX, S. 51 ff.
') Ruppersberg a. a. ü. S. 115—125. — Lic Diohl, Zur Geschichte der Kntwicko-
liMig der ev. Kirche im Grossherzogtum Hessen, S. 2 ff.
*•) E. = Eingoi.farrt, F. = Filial, V. = Vikariat, C. = Collator (Patron).
— 117 —
3. Wcrhiu: E. ßopborger Hof; F. llol/fcld (kurpfülziseli): C. das
St. Castorstift zu Coblenz.
4. St. Goarsliausen mit einigen Mühlen.
5. Patersberg: E. Hof Offcnthal; V. Thal Ueichonberg.
6. Bornig.
II. Amt Reichenberg".
1. Nocheru: E, Hof Molzberg; V. Lierscheid ; E. Auol; ('. die Faiuilio
von Nordeck.
2. Nastätten: E. Buch (vierlierriscli).
3. Ru ppertsliofen: E. Bogel, Casdorf, Eudliclihofeu, Pissighofcu,
Olsberg.
4. Ilinimighofeu mit Gemmerich.^)
5. Nieder-Tiefenbach: E.Roth, LoUscheid, Pold; C. der Abt von
Arusteiu.
III. Amt Hohenstein.
1. N ieder-Meilingen : E. Ober-Meilingen ; V. Zorn; E, Algeuroth.
2. Dick schied: E. Hilgenroth, Nauroth, Schünberger Hof; C. das
Kloster Gronau.
3. Kernel: E Watzelhain, Wisper, Huppert, Erlenhof; F. Springen.
4. Bär Stadt: E.Hausen vor der Höhe, Fischbacli, Langenseifen, Hof
Dornbach, Ramschied, Hettenhain, Wambach, die hessische Schanze;
C. Nassau-Usingen, die Brömser von Rüdesheim (später die Grafen
von Metternich), die Freiherrn von Dem (später die von Wülknitz),
welche wechselweise präsentierten.
5. Langen-Schwalbach: E. Lindscheid und Heimbach. '")
6. Kliugelbach: E. Herold, Ergershausen, Katzenellenbogen, Fisch-
bach ; C. von Katzenellenbogen : das Kloster Bleidenstadt.
7. Hohenstein: E. Schloss Hohenstein, Hof Gieshübcl: Y. Holzhausen
über Aar.
8. Holz hausen auf der Heide.
9. Laufenseiden: E. Stegerhof.
10. Ackerbach: E. Bernderoth, Ober-Fischbach, Höfe Roth und Hasen-
berg; F. Reckenroth.
11. Schönborn: C. die Familie von Schönborn.
12. Diethardf'j: E. Weidenbach, Müncherorh.
13. Kloster Gronau: E. Egenroth, Martenroth, Grebenroth, Lang.schicd,
Mappenhain, Schwalschiedcr Hof, Schäferhof; C. das Kloster Gronau,
später dessen Obervorsteher.
IV. Amt Braubach.
1. Braubach: E. Marxburg.
■') (Jommoricli, seit 10)48 daniistridtisch, wunlo 1007 zu oinor soll.sh"m<ligoii T'l'firroi orliol.on.
'") Dioso beiden Orte waren meist kotlidliscli.
") Diotliavdt, fi-ülier wcsterburg-iscii. wurde 1578 von Hessen erwurlxMi.
8*
- lis —
2. Rhens a. Rh.: E. Alberhof; C. das Revilieustift zu Cöln.'-)
3. Dachsenhausen: C. die Junker von Stein.
V. In der Gemeinschaft (Hessens und Nassau-Katzenellenbogens).
1. Ems mit Kemmenau.
2. Kettenbach.
VI. Vierherrschaft.'')
1. Sinffhofen: C. der Abt von Arnsteiu.
2. Dornholzhausen: E. Geisig.
3. Kördorf: E. Breraberg (nassauisch) und Attenhain (nassauisch),
Guteuacker und die Höfe Kerberloh, Neidhof und zum Ilaus; 0. der
Abt von Arnstein und das Kloster Bleidenstadt.
4. Ober-Tiefen bach: E. Bettendorf und Spriesterbacher Hof; C. der
Abt von Arnstein.'*)
5. Weyer: C. der Erzbischof von Trier; V. Eschbach.
6. Ober-Walmenach: E. Läutert und Rettershain; F. Reitzenhain;
F. Nieder- Walmenach.
7. Auf dem Altenberge (mit dem Kloster Gronau vereinigt).
8. Nieder-Bachheim: E. Ober-Bachheim, Winterwerb, Kehlbach; C.
die Freiherrn von Stein.
9. Marienfels: E. Ilunzel; C. die Freiherrn von Stein.
VII. Herrschaft Eppstein.
1. Igstadt.
2. Weiden bach: E. Wildensachsen.
3. Lorsbach: E. Langenhain.
4. Eppstein im Thal: F. Bremsthal; C. der Erzbischof von Mainz.'^)
5. Ober- und Nieder-Liederbach: C. das Domkapitel zu Mainz (vgl.
Anm. 15).
6. Diedenbergen: C. die von Wallenstein in Hessen.
7. Wallau: C. das Kloster Bleidenstadt."')
8. Breckenheim.
9. Nordenstadt: C. das Domkapitel zu Mainz (vgl. Anm. 15).
10. Delkenheim.
11. Massenheim.
'«) Hess. Zeitsclir. 31, S. 2 tt'.
^^) Hessen und die drei nassauischen Häuser Dillenburg, Saarbrücken und "NViesbaden.
'*) Diese Pfarrei war später bald mit Xioder-Tieteni)afli, bald mit Holzhausen tiuf der
Heide vereinigt.
*^) Erzbischof Joh. Schwoikard von Mainz vertauschte mit Zustimmung des Domkapitels
zu Mainz durch Vertrag vom 30. Okt. 1608 die Collatur über Eppstein, Ober-Liederbach und
Xordenstadt an den Landgrafen Moritz gegen dessen Collatur über die mainzischen Pfarreien
Schröck, Bauor})ach und Himmelsberg bei Marburg. AVürdtwein, Dioec. Mogunt. IX, pag. 262.
'"; In der Folgezeit erkannte die Itegierung und das Konsistorium zu Darmstadt diese
Collatur nicht mehr an und besetzten diese Pfarrei.
— 110 —
In der Folgezeit erfuhr dieser Bestand der Diözese nicht uuhedcutende
Verringerungen und Zersplitterungen. Infolge der FJu- und Durcliführung der
sog. Verbesseruugspuuktc erfolgte, wie anderwärts gezeigt worden ist, durch
den Erzbischof Ferdinand von Cöln im Jahre 1G29 die Lösung der Pfaudschaft
der cölnischen Stadt ßhens a. Rh, und infolge davon die Herstellung des
römisch-katholischen Kirchenwesens daselbst.'")
Die vom Landgraf Ludwig V. am 29. Juli 1617 für die Obergrafschaft
Katzenellenbogen erlassene Definitorialordnung wurde durch einen Beschluss der
von diesem Fürsten eingesetzten darmstädtisclicn Regierung zu Marburg vom
30. März 1024 auch auf die diesem Fürsten durch das kaiserliche Reichshof-
ratserkenutnis eingeräumten, von Landgraf Ludwig IV. besessenen Gebiete aus-
gedehnt und die Herrschaft Eppsteiu damals wieder mit der Superintendentur
zu Darmstadt vereinigt. Ein Konsistorium gab es damals für die darmstüdtischen
Lande nicht. Die Einsetzung eines Konsistoriums zu Marburg für Hcssen-Casscl
durch Landgraf Moritz im Jahre 1610 zwecks Durchführung der sog. Ver-
besserungspunkte zählte zu den Beschwerden Hessen-Darmstadts in dem ober-
hessischen Erbschaftsstreite, durch welche dasselbe die althessische Super-
intendenturverfassung und das Testament Ludwig IV. durch Moritz verletzt und
sich selbst zur AUein-Erbschaft in Ludwigs Landen berechtigt erachtete. Die
Aufhebung dieses mauritianischen Konsistoriums zu Marburg und seine Verlegung
nach Cassel folgte daher der darmstädtischen Besitznahme des Oberfürstentums
1 624 auf dem Fusse nach. Durch das weitere Reichshofratsurteil vom 2 1 . April 1626
und den kurcölnischen Kommissionsbescheid vom 24. Juli 1626, bezw. durch
die darauffolgende Eroberung der Festung Rheinfels und den hessischen Haupt-
vergleich von 1627 kam die ganze Niedergrafschaft für die von Hessen-Cassel
in der Zeit von 1606—1623 aus Landgraf Ludwigs IV, Landen gezogenen
Nutzungen als Pfandschaft an Hessen-Darmstadt,
Schon Ludwigs V. Sohn, Landgraf Georg IL. teilte durch Verordnung
vom Sonntag Palmarum 1628 die Diözese der Obergrafschaft Katzeuellenbogen
in zwei Superintendenturen, zu Darmstadt und Gross-Gerau, Die letztere um-
fasste ausser den Amtern Rüsselsheim, Kelsterbach und Doruberg auch die
Herrschaft Eppstein. In dieser Verordnung gab Georg H. nähere Bestimmungen
über die Bestellung der Superintendenten, welche nach gutachtlicher Äusserung
der theologischen Fakultät zu Marburg und nach Zustimmung der Geistlichen
geschehen sollte, sowie über den von den Superintendenten auszustellenden Lehr-
und Religionsrevers und über die Bestellung der Dehnitoren und Pfarrer.")
Im Jahre 1635 bildete Landgraf Georg II. aus dem Amte Ilohcnsteiu
und der Herrschaft Eppstein eine besondere Diözese, über welche der Pfarrer
Mag. Anton Forst zu Laugen-Schwalbach zum Superintendenten bestellt wurde.
Ferner gab Landgraf Georg II, durch den Vertrag von Laugeu-Schwalbach vom
24. Juli 1643 vorbehaltlich der Hoheitsrechte des regierenden Hauses seinem
Bruder Johannes für dessen jährliche Deputatgelder die Herrschaft Eppstein
'') Hess. Zeitschr. 31, S. 2Jl ff.
") Ruppersberg a. a. O. S. 263-266.
-- 12(» —
erblich ein, sowie für Fonlerungen des Johannes und au Bau- iiud Yer-
bcsserungskosten iu Höhe von 40 0U0 Thalern pfandweise die Stadt, Schloss
und Amt Braubach, Marxburg. Dachsenhausen, Geramerich, den hessischen
Anteil au Ems, das Kirchspiel Katzenellenbogen, Schloss und Flecken und
die Dürfer Katzenellcubogen, Kliugelbach, Schönborn, Allendorf, Ober-»
Mittel- und Xieder-Fischbach, Ebershauseu, Gutenacker. Von diesen 40 000 Thaleru
sollten 24 000 Thaler auf Stadt und Amt Braubach, 16 000 Thaler auf das
Kirchspiel Katzenellenbogen gerechnet, .die Einlösung dieser Gebietsteile bei
Lebzeiten des Johannes ausgeschlossen und dessen Erben zu ihrer Herausgabc
nicht verbunden sein, so lange ihnen nicht der Pfaudschilling bezahlt sein
würde. Infolge des von beiden hessischen Fürstenhäusern Cassel und Darm-
stadt aufgerichteten Rezesses vom 14. April 1G48, durch welchen die Nieder-
grafschaft an Ilessen-Cassel zurückgegeben wurde, sollte Johannes zwar in
seinem Besitz und Pfandschaft verbleiben, jedoch nach seinem und seiner männ-
lichen Erben Abgang dem Hause Hessen-Cassel den ehemaligen casselischen Anteil
gegen Zurückgabe des Empfangenen an sich zu lösen, freistehen. Ebenso war
durch den Nebenrezess vom 20. Februar 1650 dem Hause Hessen-Cassel die
Einlösung des verpfändeten Amtes Braubach und des Kirchspiels Katzenellen-
bogen nach des Johannes Tod von dessen weiblichen Erben vorbehalten.
Johannes starb kinderlos 1. April 1651. Auch nach seinem Tode blieb nach
langen Streitigkeiten, welche erst durch den Vertrag zu Giessen vom 11. Juni 1767
beigelegt wurden, das Amt Braubach und Kirchspiel Katzenellenbogen gegen
eine an Hessen-Cassel zu zahlende Rente von jährlich 500 fl. bei Hessen-
Darrastadt. Dadurch kamen diese Gebiete des Johannes von der übrigen
Diözese ab und an Hessen-Darmstadt, welches aus ihnen zwei kleine kirchliche
Verbände bildete :
I. Die evangelisch-lutherische Diözese Eppstein mit den 11
Pfarreien: Igstadt, Weidenbach mit Wildensachsen, Lorsbach mit
Langenhain, Eppstein mit Bremsthal, Ober- und Nieder-Liederbach,
Diedenbergen, Wallau, Breckenheim, Nordenstadt, Delkenheim,
Massenheim;
U. die evangelisch-lutherische Diözese Braubach-Katzen-
ellenbogen mit den 8 Pfarreien: Braubach, Dachsenhausen, Ems,
Kemmenau, Gemmerich, Klingelbach, Katzeuellenbogeu, Schönborn.
Die Pfarrer der Braubacher Diözese nahmen noch während der Amtszeit
des Superintendenten Dr. Christiani (1658 — 1681) an den Diözesansynoden zu
St. Goar teil.''') Die Vorstände dieser kleinen Diözesen, seit 1668 Metro-
politane, seit 1777 Inspektoren genannt, wurden vom Landgrafen von Ilessen-
Darmstadt frei bestellt und einem theologischen Examen unterzogen. Für diese
Metropolitane oder Inspektoren, deren Amt nicht an ein bestimmtes Pfarramt
gebunden war, erliess Landgraf Ernst Ludwig 1668 eine besondere Instruktion.-")
Diese Diözesen, welche allen Entwickelungen des evangelischen Kirchenwesens
"') Dr. Cliristiuiii, .Afeiiioriale 8. 17, .Alskrpt.
^°) W. Köhler, Die Hess. Kirchenverfassung im Zeitalter der Reformation, 1894, S. 83.
— 121 —
iu Hosscn-Dnrnistadt folgten, stauclcn seit 1668 unter dem Kousisturiiim und
Superintendenten zu Darmstadt und werden als solche in dem hcssen-darni-
städtisclieu Staatskalender in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zur
Abtretung derselben an Nassau (1802) aufgeführt. Damit war die alte Diiizosc
der Niedergrafschaft seit 1648 in drei Teile zerschlagen.
Der grössere Teil derselben, welcher im Jahre 1648 au Ilessen-Cassel
zurückgefallen war, umfasste daher nur noch die drei Ämter Rheinfels, Reichen-
berg, Hohenstein und die Viorherrschaft, d. h. vier Klassen, deren Vorstände,
Deiinitoren genannt, von den Klassenpfarreru gewählt und von dem Superinten-
denten bestätigt wurden. Auch die hessen-casselische Diözese erfuhr eine Ver-
ringerung infolge der Teilung der Vierherrschaft zwischen Hessen und Nassau
durch den Vertrag von Nastätten vom 27, Juni 1774. Da jeder Teil seine
Hoheitsrechte in der Vierherrschaft geltend zu machen suchte, so waren häufige
Differenzen entstanden. Im 16. Jahrhundert wurden in diesem Gebiet jährliche
Oberamtstage gehalten, mit welchen eine Synode verbunden war. Nassau be-
klagte sich 1581, dass die vierherrischen Pfarrer nicht zu den hessischen
Synoden berufen würden. Nach einem Beschlüsse des Oberamtstages zu Miehlcn
vom 12. Januar 1586 sollte am 15. August ein Konvent zu Arnstein und im
Anschluss daran Visitation und eine Synode gehalten werden. Doch kam der
Beschluss nicht zur Ausführung, weil nassauischerseits kein Beigeordneter des
hessischen Superintendenten zu St. Goar bestellt wurde. In der Folgezeit
wurden daher die vierherrischen Pfarrer zu den Synoden nach St. Goar und
Nastätten berufen, jedoch der Besuch der nassauischen Synoden ihnen verboten.
Jede Einziehung von kirchlichen Abgaben, z, B. für den Aufzug des Superin-
tendenten zu St. Goar, stiess bei den nassauischen Regierungen auf Schwierig-
keiten. Es w^aren daher schon im Jahre 1681 von dem hessischen Vizekanzler
von Haxthausen erfolglose Verhandlungen über eine Teilung des Gebiets ge-
führt worden. Durch den gedachten Vertrag von Nastätten fielen die Pfarreien
Siughofen, Doruholzhausen und Marienfels an Nassau. Die Hessen-Cassel zu-
gefallenen Pfarreien 1. Kördorf, 2. Ober-Tiefenbach, 3. Weyer, 4. Ober- und
5. Nieder -Walmenach, 6. Nieder- Bachheim, sowie 7. die mit dem Kloster
Gronau vereinigte Kirche auf dem Altenberge unter dem Namen der Pfarrei
Egenroth (Oegert) wurden durch Reskript des Konsistoriums zu Casscl vom
8. Januar und 6. Februar 1776 den übrigen drei Klassen zugewiesen, sodass
seitdem bis zu Ausgang des 18. Jahrhunderts die hessen-casselische evangelisch-
lutherische Diözese folgende 27 Pfarreien mit den oben genannten Filialen und
eingepfarrten Orten befasste:^^)
I. Klasse Rh ein fei s mit 9 Pfarreien: 1. St. Goar, Pfarrei und
Diakonat mit Biebernheim, 2. Pfalzfeld, 3. Werlau, 4. St. Goars-
hausen, 5. Patersberg, V. Reichenberg, 6. Nochern, V. Licrscheid,
7. Weyer, V. Eschbach, 8. Himmighofen, 9. Bornig.
H. Klasse Reichen berg mit 9 Pfarreien: 1. Nieder- Bachheim,
2. Ruppertshofen, 3. Nastätten, 4. Nicder-Tiefenbach, 5. Kördorf.
^'j Ledderhüsc a. a O. .S. 280-203.
— 122 —
ü. llolzliauöcu auf der Heide, V. Ober-Tietenbaeli, 7. EgoLiroth mit
Kloster Gronau und Altenberg, 8. Ober - Walmenaeh, 9. Nieder-
"Walmenach.-'-')
ili, Klasse Höllenstein mit 9 Pfarreien: 1. Hohenstciu, Y. Holz-
hausen über Aar, 2. Langen-Scliwalbach, 3. Bärstadt, 4. Kernel,
5. Dickschied, 6, Diethardt, 7. Xieder-Meilingen, Y. Zorn, 8. Laufen-
seiden, 9. Ackerbach.
Endlich fielen infolge des von Hessen -Cassel mit der liepublik Frauk-
rcifh am 28. August 1795 geschlossenen Friedens von Basel und des Friedens
von Luneville vom 9. Februar 1801 und der darin festgesetzten Gebietsver-
änderungen die drei auf der linken Rheinseite gelegenen Pfarreien St. Goar
mit Biebernheim, Pfalzfeld und Werlau an Frankreich, so dass die Diözese
seitdem nur noch 24 rechtsrheinische lutherische Pfarreien begriff. Die Klasse
Ilheinfels führte seitdem den Namen St. Goarshausen.
Unter der Regierung des Landgrafen Moritz war die Superintendentur zu
St. Goar auch nach Zindels Tod mit eifrigen Anhängern der sog. Yerbesserungs-
punkte besetzt. Während des hessen-darmstädtischen Pfandbesitzes (1626 — 1648)
stellte Landgraf Georg II. auch in diesem Landesteile das lutherische Kirchon-
wesen her und Hess sich, wie oben bemerkt, bei der Besetzung der höheren
Kirchenämter nicht bloss von seinen Räten, sondern auch von der theologischen
Fakultät beraten. Die von ihm berufenen Superintendenten waren durchweg
gelehrte, würdige und kirchlich tüchtige Männer. Die nach der Entlassung der
mauritianischen Pfarrer in der Niedergrafschaft zur Anstellung gekommenen
Geistlichen stammten meist aus Giessen und Marburg und deren Umgegend.")
Durch den von beiden hessischen Fürstenhäusern Cassel und Darmstadt
über die Beilegung des oberhessischen Erbschaftsstreites am 14. April 1648
geschlossenen und im westfälischen Frieden bestätigten Yertrag war über die
Religionsverhältnisse der damals an Hessen - Cassel zurückgegebenen Gebiete
bestimmt, dass dieselben bei der evangelisch - lutherischen Religionsübung ver-
bleiben und bei Veränderung der Kirchen- und Schuldieuer die Kommunen des
Orts mit Rat und Belieben des Superintendenten der fürstlichen Obrigkeit zwei
der evangelisch-lutherischen Religion zugethane, wohl qualifizierte Subjekte vor-
schlagen sollten, aus welchen dann dieselbe eins elegieren und konfirmieren
solle. Bei Erledigung der Superintendentenstelle sollen alle in die Superinten-
dentur gehörigen Pfarrer zusammenkommen und vermöge der alten hessischen
Kirchenordnung (von 1566) zwei tüchtige, wohl qualifizierte Subjekte nominieren
und die fürstliche Obrigkeit eins davon erwählen, berufen und bestätigen. Die
Examina, Ordinationen und Investituren sollen von dem Ministerium und Super-
intendenten auf des Landesfürsten Verordnung verrichtet werden. „Und da
ferner sich in berührtem hessen-casselischen Teil an einem Orte ein namhafter
-'■) Nie(lcr-^Valmen!lcll wurde 1722 eigene Pfarrei.
-*) Dalün gehört auch iler 160G von l^imdgraf Moritz entlassene Pfarrer Theophil Faber
zu Cappel, welcher 1629 l'farrer zu Ober- Walmenaeh wurde. IJeibeluilten wurde ausser einigen
Prüzeptoren, so viel ersiolitlich, nur der Pfarrer Franz Briaous zu Itoniii; (IC)!.") — 1G26), wel-
cher Pfarrer zu St. Goarsliausen (1020 — l(i35) wurde.
— 12;} —
Cuetus von Personen der refuniiierteu Religiuii ziigetliun Huden niüdite, die
für sieh auf ein Keligionsexercitium dringen würden, so liat Hessen-Casscl ihnen
dasselbe doeli der evangelisch-lutherischen Religionsübung, wie sie selbige in
ihren Kirchen hergebracht, nachzulassen bedingt." Durch einen Nebeurezesa
für die Niedergrafschaft Katzenellenbogeu und die Herrschaft Schmalkaldcn
wurde hinsichtlich des letzten Punktes festgesetzt, dass es mit den evangelisch-
lutherischen Kirchen und Schulen in dem bisherigen Stande verbleiben, jedoch
iu diesem Falle den Reformierten in den Städten, wo zwei Kirchen seien,
nachgelassen und verstattet sein solle, sich der einen zu bedienen, auch die
Intraden der Pfarrei zu teilen, damit beide Konfessions- Verwandte mit einander
in ihrer Gewissensfreiheit unbeeinträchtigt leben möchten. Wäre aber nur eine
Kirche am Orte, so soll beiden Teilen frei stehen, ihren Gottesdienst darin zu
verschiedenen Stunden zu halten, oder falls der eine oder andere Teil hierzu
Bedenken trüge, so kann jeder seinen Gottesdienst an einem anderen bequemen
Ort verrichten, in welchem Falle jedoch derjenige Teil, welcher zur Zeit des
Vertrags die zum Unterhalt der Kirchendiener geordneten Stücke besass, allein
in diesem Besitze bleiben soll.-^) Der Rezess bildete seitdem die Kirchenver-
fassung der Niedergrafschaft.
Diese vertragsmässigen und reichsrechtlichen Beschränkungen der landes-
fürstlichen Kirchengewalt sind dem Casseler Fürstenhause und seiner Bureau-
kratie stets ärgerlich gewesen und von ihm nur mit Widerwillen ertragen worden ;
dasselbe ist, wie die weitere Darstellung zeigen wird, diese Schranken zu durch-
brechen stets bestrebt gewesen.
Nach der Rückgabe der Niedergrafschaft an Hessen-Cassel Hess Landgraf
Ernst, welcher damals noch von demselben Eifer, wie weiland sein Vater
Moritz, für den Calvinismus beseelt war, laut des erwähnten hessischen Rezesses
vom 14. April 1648 nicht bloss in der Schlosskapelle zu Rheinfels, sondern
auch in der Stadtkirche die reformierte Religionsübung und das Simultaneum
einführen (1649). Die seitdem mit der reformierten Predigerstelle zu St. Goar
verbundene reformierte Inspektur hatte anfangs ausser dem reformierten Rektor
oder Diakonus daselbst gar keinen, später die zwei 1685 nach Kemel, bezw.
Langen-Schwalbach und 1712 nach Nastätten bestellten reformierten Prediger
unter sich und bedeutete daher anfangs nur einen leeren Titel. Diese refor-
mierten Inspektoren zu St. Goar, sowie die reformierten Prediger zu Langen-
Schwalbach und Nastätten, welche fast ausnahmslos aus Niederhessen stammten
und vorher oder nachher in niederhessischen Kirchenämtern standen, wurden
auf Vorschlag des Konsistoriums zu Cassel vom Landgrafen frei bestellt, vom
Konsistorium mit Bestallungsschreiben versehen und verj)flichtet und dem
Reservatenkommissar zu St. Goar von der Bestallung Nachricht gegeben, um
dieselbe den beiden anderen Predigern bekannt zu machen und den Bestallten
■*) Ledderliose, Hess. Kirchenstaat, S. 276. — Yilmar, (lescliiolitc des Konfessions-
standes der ev. Kirche in Kurliesseii 1860, 8. 2'Sö tt". Bei Griiiidmiu- der rot". Gemeinde zu
L.-Scliwalbach sind die Pfarrintraden nicht g(>teilt, sondern die i'redi*i:erstollo mit anderen
-Mitteln von Hessen-Cassel dotiert worden.
— 124 —
in die Einkünfte einzuweisen. Eine kirclilichc Einfülirung derselbon hatte
nicht statt.'*)
Infolge des Übertritts des Landgrafen Ernst zur katholischen Kirche 1652
wurde für den casselischeu Teil der Niedergrafschaft laut des zwischen der
regierenden Linie zu Cassel und dem Landgrafen Ernst geschlossenen Regens-
burger Vertrags von 1654 zur Wahrnehmung der hessen-casselischen Hoheits-
rechte und Kirchengewalt das eigentümlich hessische Amt des reformierten
Reservat e n kom m issa rs geschaffen. Dasselbe war anfangs wenig be-
schäftigt und weder bei der Bevölkerung und Geistlichkeit, noch weniger bei
dem eifersüchtigen rheinfelsisch-roteuburgischen Fürstonhause beliebt, da es zu
beiden in einem konfessionellen Gegensatze stand. Einer dieser Reservaten-
kommissare, Reinhard, war so verhasst, dass er vor der ihn bedrohenden
Gegenpartei aus St. Goar die Flucht ergreifen, jedoch auf Befehl des Land-
grafen Karl dahin zurückkehren musste (1718)."'') Seine Hauptaufgabe war die
eines ständigen Kommissariats des reformierten Konsistoriums zu Cassel, welchem
seit Landgraf Ernst's Übertritt nicht bloss das neu begründete reformierte,
sondern auch das hergebrachte lutherische Kirchenwesen der Niedergrafschaft
unterstellt wurde. Die Reservatenkommissare verpflichteten Namens des Kon-
sistoriums zur Ersparung der weiten Reisen nach Cassel die Geistlichen, sowie
auch die Superintendenten und Inspektoren, soweit die letzteren nicht vor ihrem
Amtsantritt bereits vom Konsistorium in Cassel selbst verpflichtet worden waren.
Eifersüchtig auf die althessische Superintendenturgewalt und bemüht, dieselbe
im bureaukratischen Interesse herabzudrücken, wohin auch die chikanöse Ent-
ziehung des seit der Reformation hergebrachten Superinteudententitels seit dem
Jahre 1681 gehört, waren die Reservatenkommissare die eigentlichen Kirchen-
regenten der Niedergrafschaft. Nach ihren Anträgen, auch wenn dieselben mit
dem Willen und Gutachten der Superintendenten und ganzen Geistlichkeit im
Widerspruch standen, wurden in der Regel alle Kirchensachen und Personal-
fragen von dem Konsistorium, welchem die Verhältnisse und Personen meist
fremd und unbekannt waren, entschieden. Die Reservatenkommissare waren
vorher Offiziere, Zollschreiber, Advokaten oder Amtmänner, der obige Reinhard
war Forst- und Jagdsekretär gewesen, und hatten sich bis zu ihrer Bestallung
nach St. Goar mit allem Anderen eher, als mit kirchlichen und theologischen
Dingen befasst. Sie waren daher für die Kirche ein kaltes, herzlos bureau-
kratisches Element, mehr mit dem Charakter eines Polizeibeamten, als eines
Pflegers und Hüters des evangelischen Kirchenwesens, die ihre Aufgabe mehr
in der Beschränkung des letzteren, als nach ihrer ursprünglichen Bestimmung
in der Beschränkung des römischen Kirchenwesens suchten und suchen sollten.
Für das Gemeinwohl war das Amt der Reservatenkommissare, von vornherein
prohibitiv und polizeimässig, ein unfruchtbarer Baum. Die katholische Laudes-
herrschaft Landgraf Ernst's uud seiner Nachfolger hat für das Wohl der Be-
völkerung entschieden Grösseres geleistet, als die Rescrvateukommissare. Nach
") Ledderliose a. a. O. {5 04.
^'^) Aus Akten des Künigl. Staatsarchivs zu Coblenz. Reinlmnl wurde alsbald versetzt.
— 125 —
Volleaduiig der allgemeinen Landesvermessung und der StcuerkatuHter waren
die Reservatenkommissare seit 1768 zugleich die Kataster- und Fortschreibungs-
beamten der Niedergrafschaft. Ihr Amtssitz wurde; nach der Abtretung des
linken Rhcünufers 1795 ebenso, wie die fürstlich rotenburgische Uegierujigs-
kan/lci, von St. Goar nach Langen-Schwalbach verlegt.-')
Die hessischen Reservatenkommissare waren :■*)
1. Joh. Konrad Nordeck, bisher Kapitän, wurde laut des Rcgens-
burger Vertrags am 1. Januar 1055 mit 100 Gulden Gehalt zum
Reservatenkommissar bestellt und ihm und später seinen Nachfolgern
zur Pflicht gemacht, keine weitere Ausdehnung des katholischen
Religionsexercitiums, als im Regensburger Vertrag zugestanden, zuzu-
lassen, über etwaige Versuche aber mit dem lutherischen Superinten-
denten und dem reformierten Pfarrer zu St. Goar Kommunikation zu
pflegen, ungebührliches Verhalten der lutherischen Pfarrer und Schul-
dieuer dem Superintendenten und, wenn dieser säumig sein sollte, dem
Konsistorium zu Cassel anzuzeigen, auch dahin zu sehen, dass die
reformierten Pfarrer und Schuldiener zu St. Goar ihr Amt fleissig ver-
richten. Nordeck f 4. März 1662.
2. Joh, Gottfried von Steprode aus einer niederrheinischen, auch bei
Siegen begüterten Familie, hessischer Rat, wurde am I.Juli 1662 zum
Reservateukommissar mit 180 Kammerguldeu Gehalt und 20 Gulden
Hauszins bestellt.
'S. Joh. 'David Viels, bisheriger Zollschreiber zu St. Goar, wurde am
1. Januar 1671 bestellt, f L Sept. 1679.
4. Dr. Valentin Kanler, früher Prokurator fisci zu Cassel, dann Samt-
zollschreiber zu St. Goar, am 1. Okt. 1679 mit 50 Thalern Gehalt und
Futter für ein Pferd bestellt, f 2. Juli 1691.
5. Lic. jur. Joh. Debel, Oberkriegs- und Landkommissarius zu Cassel,
wurde mit demselben Gehalt am 1. Okt. 1691 zum Reservatenkommissar
und Samtzollschreiber bestellt, f 5. April 1703.
6. Lic. jur. Wolrad Reinhard, Forst- und Jagdsekretär zu Cassel, am
1. Juli 1703 bestellt, 1718 versetzt.
7. Lic. jur. Jost Heinrich Appold, Zollschreiber zu St. Goar, -am
80. Dez. 1718 bestellt. Ihm, wie seinem abziehenden Vorgänger,
wurden 50 Thlr. Umzugskosten bewilhgt (2. Jan. 1719), f 4. Juni 1728.
8. Dr. Joh. Georg Beza aus Cassel, 1728 bestellt, f 1758.
9. Joh. Konr. Gössel, geb. 1714, Auditeurzu Cassel, wurde 1750Dr. Beza's
Adjunkt, 1758 Nachfolger mit dem Titel Raf-^"), f 20. Juli 1770.
10. Joh. Georg Resius war seit 1771 Reservatenkommissar, fl I.März 1778.
") Ihr Siegel zeigte den liessisclien Löwen mit der Umschrift: F. Hess. Keservut. Coiii-
missariat. Sieg. z. St. Goar.
-«) Die Reihenfolge bei Orebel, Geschichte der Stadt St. Goar, 1848, S. 132 und hei
Genth, Kulturgeschichte von L.-Schwalbach, S. 168 ist unvollständiii- und unrichtig.
-") Strieder, Hess. Gel.-Lexikun 7, 455.
— 126 —
11. reter Friedrich Victor, Regioruugs-Prokurator zu Ciissel, 1778
Reservatenkommissar, erhielt 1781 den Titel Rat, f 23. Dez. 1786.'^')
12. (jreorg Schmerfeld, Reservatenkommissar 1788 — 1792.
13. Karl Friedrich Zipf, Kriegsrat, 1792 Reservatenkommissar zu St. Goar,
1795 zu Langen-Schwalbach, am 2. April 1792 auch Katasterbeamter,
1805 versetzt.
14. Karl Arstenius, Oberauditeur bei dem hessischen Gardcregimeut,
17. Dezember 1805 zum Reservatenkommissar mit dem Titel Rat bestellt.
15. Karl Friedrich Koch, Justizbeaniter zu Spaugenberg, 12. Juli 181G
mit 380 Thalern Gehalt und 4 V-' Klafter Holz zum Keservatenkommissar
bestellt, wurde 1818 nassauischcr Beamter zu Nassau.
Die Superintendenten zu St. Goar wurden im IG. und in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts von dem Fürsten frei bestellt, seit dem westfälischen
Frieden zufolge der Bestimmungen des in demselben bestätigten hessischen
Rezesses vom 14. April 1648 von den Definitoren und den übrigen Diözesan-
geistlichen, dem geistlichen evangelischen Ministerium, jedoch in einer weniger
feierlichen ^Yeise, als zu Marburg üblich war, schriftlich durch Stimmzettel in
einem sog. Generalkonvent gewählt, welcher nach vorherigem Befehl des Fürsten
und Konsistoriums zu Cassel auf Ersuchen des Reservatenkommissars von den
Definitoren nach Nastätten, dem ungefähren Mittelpunkte der Diözese, ausge-
schrieben wurde. ") Die „beiden Subjekte", auf welche die Mehrzahl der Stimmen
gefallen, wurden von den Definitoren namens des Ministeriums dem Landgrafen
zu Rheinfels, später dem zu Cassel präsentiert und eins derselben bestätigt.
Der Bestätigte wurde nach Ausstellung eines Reverses, welcher ungefähr dem
der Geistlichen in Niederhessen gleichlautend war, von dem Reservatenkommissar
verpflichtet und dem geistlichen Ministerium vorgestellt und darauf im Beisein
des letzteren durch die Definitoren im öffentlichen Gottesdienste zu St. Goar,
welchem auch Landgraf Ernst, seine Hof- und Regieruugsbeamten, sowie auch
seine katholischen Geistlichen und Jesuiten beizuwohnen pflegten, ins Amt ein-
geführt und der Gemeinde vorgestellt.
In Wirklichkeit war seit und infolge der absolutistischen Regierung des
Landgrafen Karl diese Wahl meist eine leere Formalität. Der wahre Wähler
und Kirchenregent war auch bei den Superinteudentenwahlen der Reservaten-
kommissar und das Konsistorium zu Cassel, welche die Diözesangeistlichen meist
nach ihrem oder des Landgrafen Willen für die höheren Orts gewünschte Persön-
lichkeit zu bestimmen oder dieselbe auch gegen den Ausfall der Wahl aufzu-
nötigen wussten. Auffallend und eigentümlich ist nämlich, dass, während sonst
in Hessen die Staats- und Kirchenämter, abgesehen von den französischen
Rehgionsflüchtlingen, in der Regel mit Landeskiuderu besetzt wurden, bei der
Su[)erintendcntur und Inspektorat zu St. Goar ein anderes Yerfahren eingehalten
wurde. Nach dem Worte, dass ein Prophet nirgends weniger^ als in seinem
•'") Aus liaiidBchriftliflii'H Zusätzen zu SiricdDr muI' der Univ.-IJibliotliek zu (üesseu.
'') Auch die Diözesansynoden zur Krhultuug des Consensus doctriiiao uuter dem Super-
intendenten Schott im HJ. Jnlirhundert wurden meist in Naf^tätten «(ehalten.
1
'jii
Vaterlande gilt, wurden iu der Regel Auswärtige und nur nusiialiinsweise ein
Landeskind aus der Niedergrafschaft berufen. In der Zeit von 1528 bis 17GS
sind nur drei Geistliche aus der Niedergrafschaft, zwei im 10. und einer im
17. Jahrhundert, zu der lutherischen Superintendentur gelangt, von den übrigen
14 stammten 5 aus Niederhessen, 9 aus anderen Gebieten. Von den 13 seit
1649 berufenen eassclischen reformierten Inspektoren stammte kein einziger aus
der Niedergrafscliaft, sie waren ausser drei von aussen berufenen, wie oben
bemerkt, sämtlich aus Niederhessen gesandt. Diese Berufung und Bevorzugung
Auswärtiger war eine Geringschätzung gegen die Diözesangeistliohen. Man
behandelte die Niedergrafschaft wie eine eroberte, unzuverlässige Provinz. Im
16. und 17. Jahrhundert waren gerade die bedeutendsten Männer, welche der
Diözese vorgestanden, Melchior Schott und Anton Forst aus der Niedergrafschaft
hervorgegangen, so dass es keineswegs an geeigneten Persönlichkeiten dort
gefehlt hat. Hingegen waren die unter der Herrschaft der Reservaten-
kommissare und des Konsistoriums zu Cassel von auswärts berufenen lutherischen
Inspektoren mit Ausnahme der aus der Wahl der Geistlichen hervorgegangeneu
Giessener Professoren der Philosophie Dr. David Christiaui und Mag. Philipp
Kasimir Schlosser, sowie des reformierten Inspektors Nikolaus Treviranus
wissenschaftlich und kirchlich meist mittelmässige, zum Teil unbedeutende
Männer.^") Der Grund ihrer Berufung und der Ausschliessung der einheimischen
Geistlichen lag in konfessionellen Vorurteilen und Widerwillen, in der Über-
schätzung der eigenen kirchlichen Weisheit und in der konfessionellen Bevor-
mundung, welche mau seitens des andersgläubigen Konsistoriums, Landesherrn
und Reservatenkommissars gegen die einheimischen, in den kirchlichen Kämpfen
des Landes stehenden Geistlichen am besten durch fremde, wirklich oder ver-
meintlich der Regierung gegenüber unentschiedene und ihr zu Dank verpflichtete
Männer üben zu können glaubte. Es vollzog sich daher auch seit Landgraf
Karls Regierung bis zum Ende der hessischen Herrschaft fast keine einzige
lutherische Inspektorwahl mehr nach den Bestimmungen des hessischen Rezesses
von 1648 ohne Streit des Konsistoriums und ohne hämische Ausfälle und heim-
liche Verdächtigungen der Reservatenkommissare gegen die Wähler und Ge-
wählten hinler deren Rücken, ohne dass diese dagegen sich zu rechtfertigen imstande
waren. Die Bestallungsakten zeigen, dass bei der Besetzung höherer Kirchen-
ämter und für die Frage, ob ein dazu in Aussicht Genommener persona grata
oder ingrata sei, zuweilen niclits weniger, als kirchliche Befähigung und kirch-
liche Interessen, sondern auch Vorurteile, Wohl- oder Übelwollen unterer
Beamten und Günstlinge und selbst blosse Gerüchte ausschlaggebend sind. In
zwei Fällen waren, wie wir wissen, Empfehlungen von in liofguust stehenden
Offizieren für diese auswärtigen Unbekannten erfolgt, zwei andere verdankten
ihre Berufung Badebekanntschaften zu Wildungen. Indessen erfüllten diese
unbedeutenden Importierten zum Teil die in Cassel in sie gesetzten Ilotfuungen
sehr wenig. Zwei derselben wurden wegen schwerer Vergehen abgesetzt, einer
^^) Dass auch die von aussen an die Universität Marburg berufenen Tlieologon meist
unbedeutende Männer waren, darüber s. V'iliuar, Gesell, des Kontessionsstaiides, 18<>o, S. 24.T.
— 128 —
sogar ^YCgen tlcs kirelilichen Vergehens der Simonie. Gegen einen anderen
erhoben nach seinem Abgang die Definitoren schreiende Khigcn wegen seines
landknndigen Nepotismus und erachteten das Wohl der Kirche besser durch
einen Oberhirten aus dem Lande, als durch einen „Extraneus" gewahrt. Gleich-
wohl folgte auf Empfehlung eines Generals ein altersschwacher unbekannter
Fremder. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als die Schärfe der kon-
fessionellen Gegensätze dem Rationalismus und einer grösseren Toleranz gegen
die nicht der Konfession des Laudesherrn angehörigen Unterthanen gewichen
war, fing man au, dem reichsrechtlichen Wahlrechte der Diözesanen gerechter
zu werden. Doch noch am 31. Oktober 1806, dem letzten Tage der kur-
hessischen Herrschaft, als das Unglück bereits an den Thoren Cassels anklopfte,
zankten Regierung und Konsistorium mit der Kirche und Geistlichkeit der Nieder-
»rafschaft über dieses Wahlrecht.
Nach dem Untergange des Kurstaates (1. November 180G) wurde die
Niedergrafschaft mit dem Departement des Douuersbergs vereinigt. Der für
dieselbe bestellte Laudesadministrator, Präfekturrat Pietsch zuLangen-Schwalbach,
gestaltete namens des Präfekteu zu Mainz die Staatsverwaltung nach modernen
Grundsätzen um, übte die Kirchengewalt aus und bestätigte alsbald die in Cassel
bestrittene lutherische Inspektorwahl. Von ihm wurde durch Verordnung vom
12. März 1808 ein eigenes Konsistorium für die Niedergrafschaft aus
dem Reservatenkommissar, Rat J. K. Arstenius und den Inspektoren Joh. Dan.
Hartz zu Diethardt (lutherisch) und Joh. Spieker zu Nastätten (reformiert) bestellt,
welches ganz die Befugnisse des Konsistoriums zu Cassel haben sollte.^^) Doch
würde man irren, wenn man annehmen würde, dass diese Einrichtung im In-
teresse der Niedergrafschaft oder gar ihres Kirchensvesens getroffen worden sei.
Dieselbe geschah vielmehr lediglich auf Antrag und im persönlichen Interesse
des Reservatenkommissars Arstenius, welcher sich durch die politische Umwälzung
in seinem Einfluss und besonders in seinem Einkommen sehr geschmälert sah.
Derselbe hatte nämlich als Konsistorialkommissar in den am Konsistorium an-
hängigen Schwängerungs-, Ehe- und anderen Judizialsachen mancherlei Sportein
zu beziehen. Infolge der französischen Okkupation und der Verteuerung des
Portos nach Cassel bei der französischen Post waren diese Judizialsachen und
damit auch die Sportelu des Reservatenkommissars in merkliche Abnahme
gekommen. Um sich daher diese Einnahmequelle zu sichern und wieder fliessen
zu machen, beantragte Arstenius, ein Provinzialkonsistorium einzurichten und
machte der französischen Administration am 23. Febr. 1808 entsprechende Vor-
schläge, welche auf des Pietsch Bericht der Präfekt des Departements des Don-
nersbergs am 3. März 1808 genehmigte. Dieses „provisorische Konsistorium" wurde
dann durch Verordnung des genannten Administrators vom 12. März 1808 ein-
gerichtet, Arstenius zum Direktor, die beiden Inspektoren Hartz und Spieker
zu dessen Sekretären bestellt. Das Konsistorium sollte an jedem zweiten
Mittwoch im Monat, Morgens 9 Uhr, zu Nastätten und zwar die Geistlichen in
^^) Akten, die Errichtung eines provisorischen Konsistoriiniip hotr. 1808 — 1813. Wios-
hailoner Archiv, Kat/fncllfMiIxiuon X, (i, T^.
— 121) —
kirclilichcr Kleidung, Sitzung halten. Arstenius erhielt seine früheren Spoi-teln,
sowie die Gebühren für Urteile, ausserdem auch Diäten für seine Reisen /u
den Konsistorialsitzungeu, Alle drei Mitglieder erliielten zusammen monatlifh
11 Gulden für Bureaukosten, welche Arstenius gleichmässig teilen sollte. Das
Konsistorium sollte alle Episkopalrechte ausüben, sowie alle protestantischen
Kirchensachen und die Ehesachen, jedoch alles nach Maassgabe des Organisations-
besclilusses vom 1. Dezember 180G. in ihren Privatsachen wurden die Geist-
lichen jetzt den ordentlichen Gerichten überwiesen, und damit eine Quelle vieler
Einmischungen und Zerwürfnisse der kirchlichen Behörden mit den Geistlichen
verstopft. In allen Judizialsachen, — und schliesslich konnten alle Gegen-
stände dazu gemacht werden, — war Arstenius ständiger Referent (referens
perpetuus). Bei Ablegung von Eiden sollte ein geistliches Mitglied dem
Schwörenden zuvor die Heiligkeit des Eides erklären. Die geistlichen Mit-
glieder sollen, und zwar jeder der Inspektoren, in den zu seiner Inspektion
gehcörigen geistlichen Angelegenheiten referieren. In allen wichtigen Fällen soll
an die Landesadministration berichtet werden. Dahin gehören auch die Dis-
pensationen in Ehesachen. Arstenius soll darin berichten, die Administration
resolvieren und Arstenius den geistlichen Mitgliedern davon Mitteilung machen.
Die Disziplinarfälle und die Bestallung der Pfarrer sollen dem Administrator
vorbehalten sein und das Konsistorium unter Vorlage einer Kompetentenliste
und der Bewerbungsgesuche zuvor berichten.^') Die dem Konsistorium obliegende
Pfarrer- und Definitorenbestallung sollte in pleno bewerkstelligt werden.^")
Dass nunmehr auch die lutherische Kirche und Diözese in ihrem Inspektor
wenigstens eine Stimme im Konsistorium hatte, war zwar eine Gerechtigkeit
und ein Fortschritt gegen die althessische Organisation. Doch waren thatsächlich
beide Inspektoren eben nur „Sekretäre" und dem Direktor Arstenius und dem
Administrator Pietsch gegenüber ohne Einfluss. Arstenius spielte das alte
Heimlichkeits&piel der Reservatenkommissare gegen die Kirche der Nieder-
grafschaft weiter. Hatten schon die Casseler Behörden und die Reservaten-
kommissare die dem Superintendenten und der Geistlichkeit aus dem hessischen
Rezess von 1648 zustehenden Befugnisse, ihre Wahl- und Präsentationsrechte
als lästige Beschränkungen des Bureaukratismus empfunden und stets dagegen
augekämpft, so räumte nun der Reservatenkommissar und Direktor Arstenius
unter Beihilfe der französischen Gewalthaber auch noch mit dem letzten Rest
des Rezesses, mit der dem Inspektor vorbehaltenen Präsentation zweier Subjekte
zu den erledigten Pfarrstellen und der Wahl und Bestätigung der Definitoren
auf.^*^) Als der Inspektor Hartz bei Wiederbesetzung der Pfarrei Laufenseiden
dieses herkömmliche Recht der Präsentation in Anspruch nahm, berichtete
Arstenius am 24. August 1808: es sei ehedem vom Konsistorium zu Gasse! (?)
nur der Entfernung (?) wegen dem Inspektor die Präsentation und der Bericht
über die Wiederbesetzung aufgetragen worden, indessen sei das Konsistorium
^*) lustriiktion des Administrators Pietscli, d. d. L.-.Scli\van)!icli, V2. März 180S.
^') Beschl. vom 2. Aug. 1808.
^'') Akten der Keservatenkommissare, die Präsentation und Introduktion dnr (ioistliclion
liotr. Wioslifiilonor Arcliiv, X. -Grafschaft Katzenellenbogon X. d, 8.
- 130 —
uicht an den Bericht des Inspektors gebunden gewesen, in mehreren Fällen
seien die Ptarrstellen an fremde Kandidaten übertragen worden. Die ße^yerber
seien jetzt schuldig"), ihre (Jesuclie bei dem Konsistorium einzureichen und der
frühere Grund der Entfernung von Cassel, dessen wegen man dem lutherischen
Inspektor diese Befugnis eingeräumt, weggefallen, Aveil die Niedergrafschaft jetzt
ein eigenes Konsistorium habe, von welchem die Pfarrstellen zu vergeben und
auch die Detinitorcn zu bestellen seien. Der Landesadministrator genehmigte
diesen Bericht und verfügte dann in diesem Sinne (26. August 1808).
Schon bald nachher wurde auf Antrag genehmigt, dass die Sitzungen in
den Wintermouaten im Pfarrliause zu Kemel abgehalten würden, weil es unschick-
lich sei, die Sitzungen einer geistlichen Behörde in Ermangelung eines geeigneten
Lokals in einem Wirtshause zu Nastätten abzuhalten ; es blieb bei dieser Ein-
richtung auch trotz der Agitation, welche der interessierte Wirt dagegen ins
Werk setzte.''"^) Über die Kompetenz dieses „provisorischeu Konsistoriums"
erhoben sich bald viele Zweifel und Erörterungen. Namentlich zeigten sich die
fürstlich rotenbuvgischen Beamten und Schultheisse wenig geneigt, ihren welt-
lichen Arm zur Vollstreckung konsistorialer Urteile und ihre Gefängnisse zur
Einsperrung von Unterthanen um religiös-kirchlicher Vergehen willen demselben
zur Verfügung zu stellen. Das neue Konsistorium nahm jedoch in jeder Hin-
sicht dieselben Rechte und Befugnisse, wie sie vordem das zu Cassel gehabt,
in Anspruch. Mit Genehmigung des Landgrafen Victor Amadeus stellte daher
auch die rotenburgische Kanzlei endlich ihre Gefängnisse diesem Konsistorium
zur Verfügung, w^ie vormals dem zu Cassel.^^) Auch die Kompetenz in Ehe-
sachen der Katholiken wurde trotz des Widerspruchs des katholischen Pfarrers
Kulimann zu Langen-Schwalbach dem neuen Konsistorium, weil sie auch dem
Casseler zugestanden, gewahrt.'")
Gegen Ende der französischen Herrschaft bewarb sich der wenig be-
schäftigte reformierte Prediger Christian Friedrich Zickendrath zu Langen-
Schwalbach (1803 — 1817), gebürtig aus Hersfeld, ein hypochondrischer Mann,
der 1791 gegen seine Neigung zu Marburg Theologie studiert hatte und lieber
Jurist oder Mediziner geworden wäre"), unter Verzicht auf Diäten und Ver-
gütungen um die Mitgliedschaft an diesem Konsistorium. Auf Befürwortung
des Arstenius wurde dieser Aufdringlichkeit des eitelen Mannes, der gern
regieren und befehlen wollte, von dem französischen Administrator wirklich
willfahrt.'-) Das Konsistorium bestand nunmehr bei 24 lutherischen Pfarreien
und 3 reformierten Gemeinden aus 1 lutherischen und 3 reformierten ]\Iit-
gliedern. Alle 4 Mitglieder überlebten die französische Herrschaft. Wie ab-
tällig der alte Pfarrer Heinr. Ludw. Metz zu Höllenstein über dieses französische
Konsistorium urteilte, wird uns später begegnen.
") Instruktion vom 12. März 1808, § 10.
'*) Kons. -Besohl, vom l:j. .Sept. 1809 und dos .\dministrntors vom \b. Mai 1810.
'») Kuuzleibeschl. vom 3. Nov. 1808.
*") Beschl. vom 19. Juni 1809.
«•) Strieder 17, S. '{46.
) r.fricht lies Arstenius vom TJ. Fclir. und Di^'^clil. dos Adiniiiistrutors vom IR. l'Vlir. ISIH.
41
— i;3i —
Mit der Rückkehr des Kurfürsten traten in den Jahren 1814 bis 1811) die
früheren Beliörden und die Jiechtsverhältnissc zwischen Kurhesson und dorn
Hause Rotenburg und daher auch die Tliütigkeit des Reservatenkommissars
wieder in Kraft. Sofort lebte auch der Streit der Regierung und des Kon-
sistoriums zu Cassel über das rezessmässige Walilrecht der Diözesangoistlichcu
wieder auf und fulir nacli dem damaligen casselischen Grundsatz, dass es eine
sechsjälirige französische Zwischenregierung nicht gegeben, am 2. Februar 1814
genau da in der Bestreitung der lutherischen Inspektorwahl fort, wo er am
31. Oktober 1806 stehen geblieben war, wie später gezeigt werden wird. Nach
der Einverleibung der Grafschaft in das Herzogtum Nassau im Jahre 181(j
hörte laut herzoglichen Edikts, d. d. Weilburg, den 16. Dezember 1816, die
Wirksamkeit des Reservatenkommissars und der Kanzlei zu Langen-Schwalbach
am 31. Dezember 181G auf. Von sämtlichen Geistlichen trat kein Einziger,
selbst nicht die aus Niederhessen stammenden reformierten Prediger zu
Nastätten, Langen- Schwalbach upd St. Goarshausen, noch auch der neue Reser-
vatenkommissar Koch nach Kurhessen zurück.") Waren die Beziehungen und
Neigungen schon früher wenig der Casseler Regierung und dem Konsistorium
zugethan gewesen, so hatte die Zeit der Fremdherrschaft die Gemüter völlig
dem Kurstaate entfremdet, und die Einverleibung in Nassau, welche die un-
befriedigende Verbindung mit Hessen löste, wurde daher von keiner Seite schwer
empfunden.
Bei dem Übergang an Nassau standen folgende Pfarrer im Amte:
I. Klasse St. Goarshausen:
1. St. Goarshausen: Maximilian Christian Glatzau.
2. Bornig: Kour, Christoph Ebenau, Defiuitor.
3. Nieder- Walmenach : Heinrich Karl Wagner.
4. Ober- Walmenach: Jakob Theodor Zinn.
5. Patersberg: Wilh. Eberhard Otto.
6. Weyer: Friedrich Zinn.
7. Nochern: Friedr. Wilh. Ebenau.
8. Himmighofen: Heinr. R. Wagner zu Nieder-Walmenach.
II. Klasse Nastätten:
1. Nastätten: Georg Karl Eben au; Adjunkt: Lor. Christian Eb ena u.
2. Diethardt: Joh. Daniel Hartz, Inspektor; Adjunkt: Phil. Karl
Samuel Hartz.
3. Ruppertshofen: Joh. Theodor Werner, Dehnitor; Adjunkt: Phil.
Heinr. Werne r.
4. Nieder-Bachheim : Joh. Friedr. Karl R ii o d.
5. Nieder-Tiefenbach : Joh. Friedr. Adam Winter.
6. Kördorf: Joh. Heinrich Raidt.
7. Ilolzhausen auf der Heide: Joh. Mich. Glatznu.
8. Nieder-Meilingen: Wilh. Christian Ludowici.
^■■) (Icnrh, Kiilturgosoli. vnn L -Scliwiillnicli, 1858, S. 1C8.
— 132 —
III. Klasse Hohenstein:
1. Hohenstein: lleiur. Ludw. Metz.
2. Langen-Scliwalbach : Aug. Konr. 11 e u s i n g e r.
3. Bürstadt: Joh. Christian Wagner.
4. Kernel: Joh. Anton Wilh. Willielmi.
.5. Dickschied: Ludw. Christian Winter.
6. Egenrotli: Jac. Phil, lleinzemann, Definitor.
7. Laufenseiden: Georg Heinrich Funck.
8. Ackerbach: Phil. Christ. Colon ins.
Die jungen Theologen aus der Niedergrafschaft besuchten meist die höheren
Schulen zu Idstein oder zu Trarbach und studierten dann zu Giessen, einige
auch wohl zu Wittenberg, Jena und Halle. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts
machte die Casseler Regierung für alle lutherischen Theologen den Besuch der
Universität Rinteln obligatorisch.^') Ihre Prüfung pro venia concionandi geschah
durch den Superintendenten, die Prüfung pro ministerio im 16. Jahrhundert
durch den Superintendenten und die Synodalassessoren laut eines Statuts vom
Jahre 1565, später durch die Definitoren.^^)
Zur Versorgung der Pfarrwitwen gründeten auf Veranlassung des Kon-
sistoriums zu Cassel die Geistlichen am 12. Mai 1733 eine Pfarr-Witwen-Kasse,
in welche ausser den Beitrittsgeldern und Jahresbeiträgen der Pfarrer, welche
die letzteren in einem Sack Frucht leisteten, auch jährliche Beiträge der Kirchen-
kassen und die Interkalareiukünfte erledigter Pfarrstellen flössen.
In dem Nachfolgenden geben wir das, was über die Lebensumstände der
Superintendenten und Inspektoren in der Niedergrafschaft und über ihre Be-
rufung aus den Akten und anderen Quellen festzustellen war.
I. Superintendenten und Inspektoren der Gesamt- bezw. evangelisch-
lutherischen Hauptdiözese zu St. Goar. "j
1. Mag. Gerhard Ungefüge (1528 — 1542), mit dem latinisierten
Namen Eugenius aus Homberg in Niederhessen, studierte 1507 zu Erfurt,
**) V. O. vom 13. Ainil 1750. Geh. Min.-lieskr. vom 18. Dez. 1766. — Ledderliose,
Kirchenrecht 1785, § 297 u. 313.
*') Die hl, Die Acta synodica comitatus Cattocubiteusis S. 101 in der Zeitschr. für
prakt. Theologie 1900.
*^) Benutzt .sind: a) Aus dem Küuigl. Staatsarchiv zu Coblenz: Zwei Hefte Casseler
Konsistorialakten, betr. die Bestallung der luther. Inspektoren zu St. Goar 1597 — 1706 und
1740—1815, gez. Rheinfels II, 10 u. 11 und Akten des Landgrafen Ernst und der Reservaten-
komniissare über die ref. und luth. Inspektoren daselbst (1036 — 1786); b) aus dem König!.
Staatsarohiv zu Wiesbaden: Zuverlässige Xaelirichten von den luther. Superintendenten,
Inspektoren und Pfarrern der N. -Grafschaft Katzenellenbogen von Wilh. Helf. Ebenau, In-
spektor und Pfarrer zu Nochern; Akten der Hess. Sequestrationskomniission und der Ober-
rentkammer zu Cassel, die Bestallung und Besoldung des luth. Inspektors zu St. Goar (1802
bis 1806), gez. X.-Grafschaft Katzenellenbogen X, d, 5a; c) aus dem Künigl. Staatsarchiv zu
Marburg: Ecclesiastica der X. -Grafschaft Katzenellenbogen; d) aus dem vormaligen luther.
S uperin tendentur- A rchi ve der X. -Grafschaft, jetzt Pfarrei Xastätten: Memorialo et
designatio anniversaria visitationum et collationum ecclesiarum, scholarum et aerariorum iii-
ferioris comitatus Catimelibocani institutarum IGOO, se»j. von Dr. David Christiani.
— 133 —
und hatte schon vor der Ilonibcrger Synode die evangelische Lehre in Hessen
gepredigt^'), wurde 1. Jan. 1528 der erste evangelische Geistliehe und Super-
intendent zu St. Goar, Er bewohnte, wie seine Nachfolger, die Dechanei des
dasis:en KoUegiatstiftes und führte auch den Titel eines Stiftdekans. Er erliielt
als Gehalt drei Stiftskanonikate, der erste Stadtprediger erhielt deren zwei und
die Vikarie S, Anton, der zweite ebenfalls zwei Kanonikate und die Vikarie
S. Barbara. Dr. M. Luther, mit welchem Eugenius in Briefverkehr stand,
nennt ihn den Bischof von St. Goar. Als Kaiser Karl V. mit dem Erzbischof
Johann III. von Trier und mehreren spanischen Bischöfen am Sonnabend nach
Lichtmess 1532 durch St. Goar durchkam und eine Messe in der dasigen Stifts-
kirche durch einen kaiserlichen Kaplan halten zu lassen verlangte, verweigerte
ihm dieses Eugenius und wollte auch dem Kaiser den Eintritt nicht gestatten.
Der Kaiser achtete die religiösen Bedenken des Superintendenten und fuhr
weiter nach Oberwesel, wo er am Tage Veronika Messe halten Hess.*") Eugenius
versah auch zugleich die Pfarrei Werlau und bezog deren Einkünfte.
2. Georg Ni vergäll (1542 — 1552) war bis 1528 Vikar am Stifte zu
St. Goar, 1529 der erste evangelische Pfarrer zu Bornig und nach des Eugenius
Tod der zweite Superintendent zu St. Goar, f 1552.^')
3. Mag. Melchior Schott (1552 — 1597), ein Bürgerssohn aus St. Goar,
studierte 1535 zu Marburg, wurde 1542 erster Knabenlehrer zu St. Goar und
bezog als solcher die Einkünfte der Vikarie S. Petri, 1546 Pfarrer zu Ems,
1552 Superintendent und Dekan zu St. Goar. Schott ist der bekannteste und
bedeutendste Superintendent, der auf den Diözesan- und hessischen General-
synoden die lutherische Lehre mit Eifer und Erfolg vertrat und gemeinsam mit
den übrigen hessischen Superintendenten die sog. grosse, vom Landgrafen
Philipp am 21. Oktober 1566 publizierte und eingeführte hessische Kirchen-
ordnung, über welche er im Jahre 1563 eine Diözesansynode gehalten hatte,
am Mittwochen nach Trinitatis, 20. Juni 1565 erlieäs.^") Bei dem Regierungs-
antritt Landgraf Phihpps IL in der Niedergrafschaft (1567) wurde Schott noch-
mals in sein Amt eingewiesen. Nur unter viel Widerspruch wurde die Ein-
führung der hessischen Kirchenagende von 1574 durch Landgraf Wilhelm IV.
durchgesetzt. Die Pfarrer Martin Dentatus zu Kemel und Joh. Streit zu Langen-
Schwalbach befahl Landgraf Wilhelm deshalb „als ungehorsame nit Prädicanteu,
sondern Buben" bei Wasser und Brot ins Gefängnis zu sperren und ihnen
keinen Wein und Bier zu reichen (16. Juli 1587). Nach dem Tode seiner
Ehegattin wollte Schott im Jahre 1589 resignieren, blieb aber auf Bitten der
Diözesanen im Amte. Im Jahre 1590 und 1591 war er fast blind, weshalb
die Diüzesansynoden damals ausfielen.'') Schott starb an der Pest 5. Aug. 1597.
*'') La uze, Chronik I, S. 59.
^*) Grebel, Geschichte der Stadt St. Goar, 184S, S. 96.
■»") Grebel a. a. 0. S. 106 u. 391 erwähnt auch Joh. Alberti als .Superintendent. Der-
selbe war Stadtjirediger.
^0) Grebel, S. 391. — Feuerborn, Spezialw. 11, S. 203. — Heppe, Gesch. der
Hess. Generalsynoden 1847.
5') Über" Schotts .synodalische Thätigkeit vorgl. Lic. Dr. W. Diehl, Die Acta synodica
Coiiiitatus Cattocubitonsis des Pfarrers Steph. C'oloinis /u Katzcnellonbogen (l.iGG— l.'>9r.) in der
Zeitschr. f. prakt. Theologie 1900. y*
- 134 -
4. Mag. Christiau Zindel (1597— 1613) aus Allendorf an der Werra,
studierte 1579 zu Marburg, 1586 Pfarrer zu Friede wald, 15. Juli 1589 zu
Sooden an der Werra, gegen Ende des Jahres 1597 Superintendent zu St. Goar.
Er zeit'te 27. Dezember 1597 dem Oberamtmaun Burcliard von Calenberg
seine Ankunft zu St. Goar für den 2. Januar 1598 au und wurde 24. Januar
in Gegenwart der Pfarrer in St. Goar eingeführt.'') Zindel war der radikalste
unter Allen, welche das Superintendentenamt in Hessen bekleidet haben. Schon
bei seinen Visitationen im Jahre 1598 und 1599 ging sein Streben auf einen
vöUio-en Bruch mit der Vergangenheit, er schafi"te die Beichte, sowie die Jacli-
und Nottaufe der Hebammen ab und liess die Chorröcke an die Armen ver-
teilen. Er eiferte gegen die drei Hände Erde, welche den Verstorbenen ins
Grab nachgeworfen wurden und gegen die Leichenmahlzeiten („das Vertrinken
der Leiche"). Aus der Kirche zu Holzhausen über Aar nahm er die nassauische
Kirchenao-endc weg und legte die hessische hinein. In seiner „Relation, was
er in Kircheusachen seiner Inspektion verrichtet 1600" schlug er vor, „die
Bilder und Götzeuwerk", welches in fast allen Kirchen auf den Altären stehe,
weo-zuräumen, weil noch viel grober Missbrauch mit Beten des Ave Maria und
Anrufuno- der Heiligen gefunden werde. Ebenso beantragte er die Sonn- und
Feiertagstänze, Fastnacht- und Kirmessreigen, Lehnausrufen, Eieraufheben,
Johannisfeuer und „andere sündhafte und ärgerliche Leichtfertigkeiten", sowie
die Heiligentage abzuschaffen und den 80jährigen l^farrer Martin Dentatus zu
Kernel, der viele Sträubung gethan und ihm, dem Superintendenten, bei der
Visitation widersprochen, zu emeritieren. Auf dem Amtstag zu Miehlen
(19. Juni 1599) wurde nach seinem Antrag beschlossen, „das Götzenwerk,
Kreuz und Fahnen" aus allen vierherrischen Kirchen „in aller Stille sensim et
absque tumultu" zu eutfernen. Es war der erste Pfarrer der Niedergrafschaft,
welcher nach vorheriger Belehrung in der Frühpredigt des Palmsonntags und
Ostertaa-s am Ostermontag 1603 die Ceremonie des Brotbrechens beim hl. Abend-
mahl zu St. Goar einführte, indem er die runden Hostien brach und darüber
mit dem dasigen, alten seit 1557 im Amte stehenden Pfarrer Job. Greiff, welcher
am Nachmittage dieser Tage gegen Zindel gepredigt und dessen calvinische
Lehre unter Zustimmung und Beglückwünschuug des Volks widerlegt hatte und
sich der Abendmahlsfeier in der Kirche seitdem enthielt, in Streit geriet. Das
Volk war durch die zwieträchtige Lehre so erregt, dass es der Oberamtmann
kaum im Zaum gehalten.") Zindel wurde wegen dieses Eingriffs in das Epis-
kopalrecht des Fürsten, weil er das Brotbrechen ohne der Regierungsräte und
des Oberamtmanns Befehl, Wissen und Willen gethau, und kein Pfarrer in der
Kirchenpolizei etwas anzuscliaffen und zu ändern habe, vom Landgrafen Moritz
suspendiert. Bei Vollzug der Suspension hielt ihm der Oberamtmann Otto
Wilhelm von Berlepsch sein ärgerliches Leben in Zank und Schwelgerei, seine
**) Zindels iiacli St. Goar ^^^obmchter Hausrat im Gewicht vuii 3ü Oentner 87 Pfund war
in 8 Fässern und 2 Kisten verpackt, deren schwerste je 5 Centner wogen. Ausserdem hatte
er 2 eiserne Töpfe und 1 Kessel von zusammen 78 Pfund. Der Überzug kostete 82 i\.
2.S Alb. 3 Jlllr.
*■'') IJericht des .loh. von Itodiiiihauscn voin 12. .Tiili 1004.
— 1 35 —
Belustuug der Kirchenkassen durch übermässige Zechen und Zelirungen bei den
Visitationen und dass er Pfarreien mit untüchtigen Pfarrern besetze, welche
mit leichtfertigen Dirnen behaftet seien, vor/"') Zindels eigenes Leben wider-
sprach demnach seinen rigorosen kirchlichen Anordnungen. Auch der alte
Pfarrer Greiff wurde wegen der von ihm gehaltenen Hauskommunioneu und
conventicula suspendiert und in Untersuchung gezogen. Doch ergab sich nichts
gegen ihn, als dass er auf Verlangen für Kranke im Hause Kommunion ge-
halten. Dem Superintendenten waren in der Einführung des Brotbrechens der
Pfarrer zu Ackerbach am Neujahrstage 1G04 und der Pfarrer Dietr. Kettcnus
zu Pfalzfeld am 5. Februar 1604 nachgefolgt. Joh. Herrchen zu Katzenellcn-
bogeu gebrauchte beiderlei Ritus neben einander, den bisherigen für das Volk,
das Brotbrechen für sich und die Seinigen. Landgraf Moritz sandte den Joh. von
Bodenhausen mit einer besonderen Instruktion zur UntersuchuDg nach St. Goar.
Zindel rechtfertigte die von ihm eingeführte Ceremonie des Brotbrechens mit
vielen Gründen aus der hl. Schrift, unter anderem auch damit, weil es „tröst-
lich sei, das Brechen zu sehen, weil wir sonst von den Teufeln in der Ewig-
keit müssten gebrochen, d. i. gemartert und gepeinigt werden und weil die
Glieder einer Gemeinde, wenn sie von einem gebrochenen Brote essen, in
wahrer Liebe zu einem Leibe verbunden würden". Den Hauptgrund gibt er
zuletzt an, dass „die bäpstische (?) Meinung, dass der Leib Christi in und unter
dem Brote gegeben werde, durch das Brechen am besten aus den Herzen ge-
räumt werde." Der Landgraf ordnete an, dass das Brotbrechen, weil bibhsch,
beibehalten und Zindel, welcher seine Lehre, Thun, Wandel und Leben zu
bessern gelobt hatte, wieder ins Amt eingesetzt werden solle. Auch mit Greiff
sollte dieses geschehen, doch bat dieser um seine Emeritieruag wegen seines
Alters und erhielt 36 Gulden und 6 Malter Korn Jahrgehalt (1. Oktober 1604).
Laut einer Instruktion vom 10. September erfolgte Zindels Restitution durch
den Superintendenten Dr. Greg. Schönfeld zu Cassel am 24. September 1604,
sowie auch die Einführung von Greifs Nachfolger Christoph ][orn.'') Eine im
Anschluss hieran am 25. und 26. September abgehaltene Diözesansynode und
Colloquium nahm im allgemeinen die sog. Verbesserungspunkte an. Doch er-
klärten die Pfarrer Chr. Waldschmidt von Langen-Schwalbach und Nie. Freins-
heim von Nieder-Tiefenbach, dass sie in Betreff der Lehre von der Person
Christi (communicatio idiomatum) noch nicht ganz klar seien. Am 27. Sept.
wurde das Ergebnis vom Superintendenten Schönfeld auf dem Rathause der
Bürgerschaft mitgeteilt.
5. Mag. Christoph Hörn (1613—1616) war 1604 des Joh. Greiff Nach-
folger zu St. Goar, 1007 wohnte er der hessischen Generalsynodc zur Einführung
der Verbesserungspunkte bei''), 1608 erster Pfarrer an der Uuterneustadt zu
Cassel, 1613 Superintendent zu St. Goar.
*^) Back, (iesch. der evaiig. Kirche zwischen Jlhciii, Mosel und ^'ahe 2, 589 u. .j'Jl.
55) Akten, die in der Niedergrafschaft entstandenen Spaltungen betr. ir,()4. Marhurger
St.-Archiv, Ecclesiastica etc. II.
°^) Heppe, Yerbesserungspuukte, !S. 65.
— 136 —
0. Mag. llermanu Ewald (1617 — 1G26) aus Soutra, geb. 1578, studierte
1591» zu Marburg, 1601 Rektor zu Sontra, 1603 Kaplan zu Eschwege, 1-617 Super-
iutendent zu St. Goar, f im März 1626. Er führte 1618 iu der in hessischer
Pfaudschaft stehenden cölnischen Stadt Rhens die Ceremonie des Brotbrechens
und den Gebrauch gemeinen Bäckerbrots bei dem heiligen Abendmahl ein.")
Ewald Hess ausser mehreren Leichenpredigten einen „christlichen Katechismus",
d. h. 52 Predigten über den niederhessischen Katechismus zu Schmalkalden 1612^")
drucken. Seit 1625 war ihm der Diakonus Mag. Reinhard Nordeck zu
St. Goar als Vizesuperintendent beigegeben.
7. Mag. Joh. Reinhard Breidenbach (1626 — 1634) aus Zierenberg,
ein Sohn des Pfarrers Ludw. B., w^ar 1594 — 1596 Subdiakonus an der Pfarr-
kirche zu Marburg, stand um 1610 als Pfarrer zu Igstadt, 1624 zu Eppsteiu,
wurde 24. Sept. 1626 als Pfarrer und Superintendent zu St. Goar eingeführt.
Obgleich Kryptocalvinist, wusste er sich doch unter Landgraf Georg IL im Amte
zu erhalten. Dieser, welchem die Unterthanen der Niedergrafschaft 30. Juli 1626
gehuldigt hatten, erteilte ihm am 4. Oktober 1626 den Befehl, die calvinischen
Pfarrer zu entfernen und durch lutherische zu ersetzen. Im Jahre 1629 wurde
die Stadt Rhens von Kurcöln eingelöst und das römische Kirchenwesen her-
gestellt.""'') Breidenbach f 6. Februar 1634. Eine Tochter desselben war mit
dem Pfarrer Paul Lange zu Werlau, gebürtig aus Giessen, vermählt (1626).
8. Dr. Konrad Greber (1634—1635) aus Alsfeld, geb. 1601, studierte
zu Giessen, wurde 1621 Magister und bei der Restauration des lutherischen
Kirchenwesens im Oberfürstentum 1624 Subdiakonus und Stipendiateumajor zu
Marburg, 1627 auch Professor der Logik und nach der Einnahme der Stadt
Mainz mit der Stelle eines evangelischen Predigers daselbst beauftragt,
1632 Oberprediger zu Darmstadt, 29. März 1633 Doktor der Theologie, im
März 1634 Superintendent zu St. Goar''"), im Oktober 1635 Superintendent zu
Darmstadt, f 28. Dezember 1667, nachdem er infolge eines Schlagflusses 6 Jahre
emeritiert gewesen.^')
9. Dr. Erdwin zur Wohnung (1635 — 1636), eines Kaufmanns Sohn aus
Osnabrück, geb. 1604, studierte seit 1622 zu Rostock, Wittenberg und Mar-
burg, erlangte 16. Dezember 1630 zu Marburg die Magisterwürde, 1632 dritter
Stadtprediger zuDarmstadt, wurde durch denProfessor Joh.Steuber 24. März 1635
in der Kirche zu Giessen zum Doktor der Theologie promoviert, 22. Mai 1635
auch DeHnitor in der Obergrafschaft, 6. Dezember 1635 Superintendent zu
St. Goar, t 5. Mai 1636,*') Er war seit 1633 mit Margaretha, des Professors
und Superintendenten Dr. Balth. Mentzer zu Marburg, bezw. Giessen Tochter,
dos Hofpredigers Martin Ilelvicus zu Butzbach Witwe, vermählt. Bei seinem
") Hess. Zeitschr. 31, S. 24.
6») Strieder, Hess. Gel.-Lex. 4, S. 4.
s») Hess. Zeitschr. 31, 8. 31 if.
^) Er erhielt dorthin 8 Thlr. 3'/:: Köpfst. Eeisekosten.
^') Strieder 5, S. 90. — F. .Justi, Catalogus stud. Marpurg. 1888, S. 41.
*-) Strieder 8, S. 423. Leichenpredigten auf ihn erschienen von Dr. Leisring zu
Darmstadt 1636, und von Joh. Conr. IJachniann zu Marljurg 1636 im Druck.
■ > «
Tüdc wareu seine Aufzugskosten nach St. Goar (149 Tlilr.) noch niclit be-
richtigt.''')
10. Mag. Johannes Renker (1G36— 1G51) aus Friscliborn, studierte
1614 zu Giessen, war dann bis 1G24 Informator des Grafen Otto Sebastian
von Sohns, auf dessen Fürsprache er bei der Restauration des Kirchenwesens
im Oberfürstentuni im Juni 1624 von dem Grafen Phihpp d. A. von Sohns zum
Pfarrer zu jjohra bestellt wurde. JJei der Generalkirchenvisitation im Jahre 1029
klagte er über die betrügerische Hinterziehung des Zehntens und bekannte,
Skrupel in der iichre de communicatione idiomatum zu haben; 1036 Super-
intendent zu St. Goar, y am Schlagfluss 2. Dezember 1G51."') Unter ihm
wurde zufolge des hessischen Rezesses von 1G48 durch den Landgrafen Ernst
das Simultaneum in der Kirche zu St. Goar 1649 eingeführt und eine Stadt-
predigerstelle daselbst 1G50 an einen reformierten Prediger Joh. Werner über-
geben.^'^) Bei der Wiederherstellung der Universität Giessen wurden drei Söhne
Renkers auf einmal bei derselben immatrikuliert.
Unmittelbar nach Reukers Begräbnis am 5. Dezember 1651, zu welchem
alle Pfarrer nach St. Goar beschrieben waren, versammelten die rheinfelsischen
Räte Valentin vonPurgold und Joh. Ilerm. Nordeck diel'farrer im Chore der Kirche
und verlangten, dass sie einige zum Superintendentenamte geeignete Persön-
lichkeiten dem Landgrafen Ernst zur Bestätigung in Vorschlag bringen sollten.
Das Bedenken des Superintendenten und Pfarrers Forst wogen der Gnaden-
bezüge der Witwe Renkers beseitigte der Ilofrat Purgold dadurch, dass er
diese Gnadenbezüge sofort bestätigte, aber nun um so mehr auf alsbaldiger
Denomination bestand. Die Pfarrer verlangten Aufschub bis zum anderen Tage
zur Abgabe ihrer Erklärung. Am Sonnabend den 6. Dezember baten die
Pfarrer Joh. Phil. Colouiae zu Bornig und Joh. Breideubach zu Weyer um
weitere Frist, weil ihnen durch den verstorbenen Superintendenten Renker, wie
auch sonst bekannt sei, dass zwischen der regierenden Linie zu Cassel und der
rheinfelsischen Linie über das Episkopalrecht Streit bestehe, und den Pfarrern
ihre Unterthänigkeit gegen den Landgrafen Ernst von dem regierenden Hause
zu Cassel als Meineid angerechnet worden sei. Purgold belehrte sie jedoch,
dass diese bei Kaiserlicher ^Majestät anhängige Streitsache die Pfarrer und diese
Wahlsache nicht berühre; eine Weigerung, zu wählen, werde Landgraf Ernst
®^) Marsilius Sebastiaui, welclier 1625—1036 Superintendent in St. (iuar gCAveseu sein
Soli (Grrebel S. 38 u. 106), war nur Stadtpfarrer.
^*) Strieder 8, S. 439. — Ledderhose a. a. 0. S. 295. Anderwärts wird als Todes-
tag der 21. Mai 1651 angegeben.
®^) Reukers zwei letzte Lebensjahre waren durcli die Kücicsiehtslosinkeiten des Land-
grafen Ernst und des Predigers \Verner selir verbittert. Er inusste nicht nur die Weingolallo
aus dem Stift mit Werner teilen, sondern die Landgrätin Maria Eleonora, ebenso fanatisch,
wie Ernst, ging sogar so weit, den luth. Pfarrern und Gemeinden den Besuch des reformierten
Gottesdienstes anzubefehlen. Als der Superintendent R. diesem Befehl nicht nachkam, wurde
er in Untersuchung gezogen und seine Berufung auf die durch den westfälischen Frieden
garantierte Gewissensfreiheit verhühnt und verspottet. Umgekehrt durften die Reformierten
zu St. Goar den luth. Gottesdienst niclit besuchen, sondern mussten zu dieser Zeit auf Schloss
Rheinfels dem Gottesdienste des ref. Ilofprodigers Fabricius beiwohnen.
— i:}.s —
aU eine Antuflituug seines Rechtes anselieu müssen. Kaclidoiu sich die l'l'arrer
weiter unterredet, übergaben sie ihre Yortjcliläge schriftlieh dem Landgrafen
Ernst, welcher eben von der Mittagsmahlzeit aufgestanden war. Die Pfarrer
des Amtes Hohenstein, welche in Forst einen Superintendenten hatten, be-
teiligten sich nicht an der Wahl, Aus dieser ging einmütig der Superintendent
Mag. Anton Forst zu Langen-Schwalbach, ausserdem die Pfarrer Mag. Hart-
mann Mog zu Giessen und Job. Ifciur. Heiler zu Patersberg hervor. Landgraf
Ernst bestätigte sofort den Mag. Forst, wünschte ihm Glück zu seinem Amte
und schon am folgenden Sonntag, den 7. Dezember führte ihn der Pfarrer Job.
Georg Wepener zu St. Goarshausen nach der Frühpredigt in Gegenwart der
Pfarrer, des Landgrafen, seiner Hofräte und des Oberschultheissen Cölsgcn in
der Kirche zu St. Goar kirchlich ein. Noch ehe man in Cassel von dem Be-
gräbnis des Superintendenten Renker Nachricht haben konnte, war schon ein
neuer Superintendent ernannt und instituiert.*''^)
11. Mag. Anton Forst (1651 — 1658), geboren zu Nastätten 31. März 1597,
besuchte die Schulen zu Ursel und Idstein, 1613 die Universität Giessen, 1616
Magister der Philosophie und Informator des Job. Herm. von Cronberg, 1619
Lehrer zu Schierstein, vermählte sich 6. Mai 1620 mit Katharina, des Pfarrers
Friedr. Weber zu Mosbach Tochter, 1621 Rektor an der Gelehrtenschule zu
Idstein, 1622 Diakonus daselbst. Bei der Restauration des lutherischen Kirchen-
wesens in der Niedergrafschaft unter Landgraf Georg II. wurde er 2. Nov. 1626
Pfarrer zu Nastätten, 1634 zu Langen-Schwalbach, 1635 Superintendent der
von Landgraf Georg II. aus der Herrschaft Eppstein und dem Amte Hohen-
stein gebildeten Diözese, nach Renkers Tod einmütig zum Superintendenten
gewählt laut der Bestimmung des hessischen Rezesses vom 14. April 1648, am
7. Dezember 1651 eingeführt und am 28. Dezember mit Bestallungsschreiben
von Landgraf Ernst versehen. Mag. Anton Forst f 62 Jahr alt, 22, April 1658.
Der Pfarrer Mag. Job. Heinr. Heiler zu Patersberg hielt ihm die Leichen-
predigt.
Je näher Landgraf Ernst seinem Übertritt zur römischen Kirche kam,
in desto rabiaterer Weise suchte dieser Fürst, der den Eigensinn und Jähzorn
von seinem Vater geerbt hatte, seine Kirchengewalt gegenüber dem Super-
intendenten und der Casseler hessischen Fürstenlinie geltend zu machen. Galten
bisher seine Provocationen der lutherischen Kirche, die er nach dem Rezess zu
erhalten und zu schirmen verpflichtet war, so wendete er dieselbe jetzt gegen
Alle, welche seinem fürstlichen Absolutismus in Kirchensachen entgegenstanden.
Er war damals noch weit davon entfernt, die angemasste Kirchengewalt abzu-
geben.**') Ernst trat am hl. Dreikönigstag, 6. Januar 1652, mit seiner Gemahlin
in Köln zur katholischen Kirche über. Schon am 24. Januar 1652 war der
Superintendent Forst in Ungnade bei ihm gefallen, weil Ernst zu dessen Nach-
folger zu Langen-Schwalbach den Hofprediger Job. Phil. Eibert zu Eppstein
''") Akten, Atteuticrle Ücstelliiiiy des Supcriiiteiideiiteu zu .St. Guar, betr. IC.")!. 31iul).
8t. -Archiv, Ecclesiastica der Nicdergrufscluift Kntzoiiollonliogoii.
"') Wie er den reforiuierten Inspektor Werner absetzen lies-s, wird unten voi kommen.
— mo —
bestellt wisscu wollte uud diesem schon seine fürstliclie „ydirift und ISie"'el'''
darüber gegeben, Forst aber, dem als Superintendent laut des Rezesses die Be-
setzuDg zukam, infolge eines Missverständnisses in einer Unterredung mit Ernst
die „Impertinenz seine fiirstl, Schrift und Siegel zu missachten geliabt", und
einen Pfarrer Gleyberger aus Idstein dahin bestellt hatte. Elbert, der in Epp-
stein keine Entlassung erhielt, verzichtete schliesslich auf die Berufung; weil
aber Gleyberger dem Landgrafen „nicht anständig" war, so wurde der Diakonua
Kic. Schöpf zu St. Goar Forst's Nachfolger zu Langen-Schwalbach. Forst trat
das Amt zu St, Goar zu Ostern 1652 an, Um sich weiter als Kirchenregent
zu gerieren, erteilte Ernst dem Superintendenten Forst am %r^^~^- 1G52
22. NovcnibtT
Auftrag und Genehmigung zur Berufung einer Diözesansynode, welche dann
Forst zur Beseitigung kirchlicher Gebrechen am 17. Februar 1653 auf Dienstag
nach Reminiscere (16. März) berief. Landgraf Ernst suchte ihm auch die
Hälfte der Besoldung, welche der Landgraf zu leisten hatte, wegen der 1648
erfolgten Abtrennung der Herrschaft Eppstein und des Amtes Braubach-
Katzenellenbogen von der Diözese zu kürzen, wogegen Landgraf Wilhelm VI.
sich seiner wiederholt annahm.^^) Landgraf Georg II. schätzte den Mag. Forst
nach Obigem hoch und hatte ihn mit dem höchsten Kirchenamte geehrt. Auch
ein namhaftes Schriftwerk seiner Zeit hat ihm unter den hervorragenden Ge-
lehrten seines Zeitalters eine ehrenvolle Stellung gegeben.'*^) Nach dem Über-
gange des kirchlichen Regimentes in der Niedergrafschaft auf das Konsistorium
zu Cassel durch den Regensburger Vertrag standen jedoch die bureaukratischen
Geister dieser Behörde ihm, dem Lutheraner, sofort feindlich gegenüber, be-
drohten ihn auf Angebereien des Reservatenkommissars mit harten Strafen
und der Ungnade des Fürsten, erlaubten ihm jedoch die Kontroverslehren vor
den Zuhörern zu behandeln.™) Alle Ehesachen sollten von jetzt ab an das
Konsistorium zu Cassel gehören. Dasselbe ordnete an, in Zukunft laut des
Rezesses für die erledigten Pfarrstellen stets „zwei Subjekte" zu präsentieren,
was wegen des Theologenmangels nach dem grossen Kriege nicht immer hatte
geschehen können, und die Präsentierten bei dem Konsistorium, bezw. Detini-
torium zu Marburg prüfen und ordinieren zu lassen, was auf eine Entziehung
der dem Superintendenten der Niedergrafschaft im Rezess von 1648 vorbe-
haltenen Befugnisse hinauslief. "Wenn auch diese letzte Anordnung nicht zur
Ausführung kam, so nahm doch mit diesem schroffen Erlasse das oben erwähutc
Missverhältnis zur Kirche der Niedergrafschaft seinen Anfang. Später meldet
das Konsistorium dem Reservateukommissar Nordeck, dass sich Forst zur
Bildung eines gemeinschaftlichen Presbyteriums zur Aufrechthaltung äusserer
Kirchenzucht bereit erklärt habe und übersandte demselben die casselische Prcs-
byterialordnuug von 1657 (30. März 1658)."')
*'*') Schreiben Lamlgraf NVilliehu.s VI. vom 19. Jaii. uiid 4. ükt. 16.">(i.
^^) Freheri, Theatriiin virorum eruditione clarorum, 1GS8, S. 601.
'"') Schreiben des Konsistoriums zu Cassel vom i Nov. 1654. Ks handelte sich um
den in den Religionsstreitigkeiten des 17. Jahrhunderts üblichen Vorwurf des „.Sclimühens",
der dem Superintendenten l-'orst, dem Priizeptor Joh. Giesse zu St. Goar u. a. gemaciit wird.
") Der Gegenwart wird dieses Vorfahren der C'asseler IJoliürden unverständlich und
— 140 —
Nach Forst's Tod gab das Kousistorium dem Reservateukommissar Nordeck
auf, gemäss des Vertrags von 1G48 „zwei gelehrte, fromme und friedsame
Männer", wie seitdem der behürdUche Ausdruck lautete, von dem evangelisch-
lutherischen Ministerium der Diözese erwählen und präsentieren zu lassen
(15. Mai 1658). Ein besonderer geheimer Zettel an Nordeck sagt, er solle ad
partem berichten, „welche von beiden Personen am friedlichsten und mit welcher
am besten fortzukommen". Nordeck hatte damals einen Pfarrer in Aussicht
genommen uud das Konsistorium gab ihm auf, denselben mit in Vorschlag
bringen zu lassen, um ihn dem Fürsten zu empfehlen.
12. Dr. theol. et phil. David Christian! (1658—1681), geboren zu
Greifenberg in Pommern 25. Dezember 1610, besuchte die Gymnasien zu Col-
berg und Stettin, studierte 1628 zu Greifswald Theologie uud orientalische
Sprachen, 1631 zu Frankfurt a. 0., 1632 zu Rostock, erhielt 1632 zu Greifs-
wald die Magisterwürde, besuchte auf grösseren Reisen 1634 Marburg, 1636
Strassburg, 1638 IJasel, war 1639 wieder in Marburg, wo er nach weiteren
Reisen in Deutschland 1642 Professor der Mathematik, 1647 auch der Bered-
samkeit wurde, 1650 zog er mit der Universität nach Giesscn als Professor der
Mathematik, 1652 auch Professor uud Doktor der Theologie; 1658 zum Super-
intendenten zu St. Goar erwählt und bestellt, trat er das Amt im April 1659
an.'*) Christiani besetzte die infolge des Kriegs und des Theologcnmangcls
durch benachbarte Pfarrer bedienten Pfarreien wieder mit eigenen Geistlichen,
übte Zucht und Ordnung unter Pfarrern uud Lehrern.") Das oben erwähnte
handschriftliche „^Eemoriale et desiguatio anniversaria visitationum et collationum
ecclesiarum, scholarum et aerariorum" 1660, ein Visitationsprotokoll, ist ein
Zeugnis der in seinem Superintendentenamte bewiesenen Treue und Sorgfalt.'*)
Seine Verdienste um die Kirche der Niedergrafschaft, namentlich auch gegenüber
der römischen Kirche werden von dem späteren Inspektor Wilh. Helfr. Ebeuau,
wie auch von Strieder hochgeschätzt uud gerühmt. Nichtsdestoweniger traf
auch ihn, da er ein Lutheraner war und am Rezess von 1648 festhielt, gleich-
wie seinen Vorgänger Forst, die Ungnade des Konsistoriums uud der Regenten
zu Cassel und am 21. April 1681 sogar die Entlassung von seinem Amte,
welche durch den hessischen Kanzler von Haxthauseu vollzogen wurde. Als
Gründe dieser bis da in Hessen unerhörten und harten Massregel wurde die
Unterlassung der Kirchenvisitationen im Vorjahre, seine geringe Widerstands-
widersinnig erscheinen, erst die evangelische Kirche durch Gründung besonderer reformierter
Gemeinden zu zerreissen und dann dieselbe alsbald wieder vereinigen zu wollen.
") Strieder 2, 162 ff. Hess, llebopfer 4, S. 493. — Herzog, Theol. Keal-Encyclo-
Iiüdie 15, 145.
^^ U. a. setzte er im Jahre 1677 den Lehrer zu St. Goarshausen wegen TruiiksucJit
in die Sakristei.
") Dieses Memoriale, velches seine Tochter mit nach Braubach genommen, wurde von
da in das Siip.-Arcliiv zu St. Goar zurückgebraclit. Ich VL'rdaiike dasselbe der gütigen Mit-
teilung des Herrn Pfarrer Klein zu Xastütten. Christiani rühmt in dem Memoriale mehrfach,
dass die Gemeinden ^'^astätten, Kernel, L. -Schwalbach, Hohonstoin, St. Gonrsliausen u. s. w.
bei den Visitationen im Katechismus gut Bescheid gewusst und Alt und .luiig „gut re-
spondieret".
— 141 —
kraft gegen die Ausbreituug der römischen Kirche und dass er dem IMaricr
Joh. Peter Dietz zu Langen-Schwalbach in einer Sache Unrecht gethau und
dieser um 20 Gulden gestraft worden, angegeben. Dass auch ein Superintendent
einen Pfarrer nicht ungestraft beschuldigen durfte, war gerecht, duch eine so
harte Massregel nicht gerechtfertigt. Diese vorgeblichen Gründe waren nur
Nebensachen, Der wirkliche Grund lag tiefer. In einem Schreiben, welciies
Christiani nach seiner Entlassung an die Landgräfin und Regentin von llessen-
Darmstadt richtete, teilt er mit, dass man „schon vor 20 Jahren, bald nach
dem Keligionsgespräch zu Cassel (1. Juli 1G61), mit seiner Entlassung zu
Cassel umgegangen und Ursache gesucht, wie er dessen gewisse Zeugnis habe".
Diese Mitteilung ist vollkommen richtig. Der Keservatenkommissar Nordeck
hatte bereits in einem geheimen Schreiben vom 26. Januar 1660 in Cassel
denunziert, dass sich Christiani der in Cassel beliebten ungetreuen Auslegung
und Anwendung des hessischen Rezesses von 1648 zur Ausbreitung der refor-
mierten Konfession, namentlich der Einführung des reformierten Kultus in der
lutherischen Kirche zu Laufenseiden widersetze. Die Entlassung Christiani's
ist wie die frühere des verdienstvollen Professors der Theologie Joh. Gissenius
zu Rinteln (1651) bisher von den hessischen Geschichtsschreibern mit Schweigen
bedeckt. Ob die Visitationen im Vorjahre krankheits- oder altershalber unter-
blieben sind, ist unbekannt. Jedoch werden in dem „Memoriale" in den
Jahren 1678 bis 1680 eine ganze Reihe von Rechnungsabhörungen an Ort und
Stelle angemerkt, z. B. Himmighofen, Werlau, Bärstadt, Bornig, Lierscheid,
Pfalzfeld, Langen-Schwalbach. Die Visitationen waren also nicht ganz unter-
lassen worden. Am Ende des 18. Jahrhunderts sind acht Jahre lang keine
Visitationen abgehalten worden, ohne dass das Konsistorium nur eine Rüge er-
teilt hat. Zu einem Urteile über den Widerstand gegen die römische Kirche
war bei den völlig anders, als in Niederhessen gearteten Verhältnissen der
rheinischen Diözese am wenigsten das Konsistorium zu Cassel im Staude.'^) Das
Urteil Ebenaus und Strieders, welches auch durch die Akten bestätigt wird,
lautet, wie bemerkt, anders. Die Landgräfin von Hessen-Darmstadt verlaugte
1. August 1681 von Christiani Bericht über die Rehgionsverhältnissc in der
Niedergrafschaft, welchen dieser dahin erstattete, dass der Rezess von 1648 in
Cassel in einer ur getreuen Weise angewandt und ausgeführt werde. Der Rezess
verlange zwar einen „namhaften Coetus von Personen der reformierten
Religion" als Voraussetzung der Einführung der reformierten Religionsübung,
indessen werde letztere auch ohnedies eingeführt, z. B. in Nastätten, wo nur 3,
und zu Langen-Schwalbach, wo nur 2 reformierte Männer seien. So habe man
doch dorten und schon früher zu St. Goarshausen und Biebernheim, wo nui-
eine einzige reformierte Person, den reformierten Gottesdienst einführen lassen,
um auf diese Weise dann laut des Rezesses den Lutherischen die Hälfte des
'''") Selbst der auf den Huperintondouteu sein- eiforsüclitig-e Koiisistorial- und liesenuteii-
kommissar v. Steprode konnte nicht einmal den Übertritt eines Faniiliengliedes, ^Vill^cll^ina
von Seelbach, in seinom Hause zur katli. Kirclic verhindern. Die khig-lifhc K.dle des Reser-
vatenkommissars Kanlcr gegenüber der kath. Kirche zu Khens ist anderwärts dargestellt
worden.
— 142 —
PfarrciokoimneDS iibziinehnieu, weuu auch die Reformierten dort nur alle (3
Wochen predigten."'') Er habe diese Dinge bezüglich Xastättens schon 5. Sep-
tember 1670 dem Landgrafen Georg Ludwig vorgestellt und 21. Oktober jenen
Jahres Resolution erhalten. — Unklar ist das Yerhältuis Christiani's zu dem
Pfarrer Dietz. Abgesehen von mancherlei Klatsch steht hier Zeugnis gegen
Zeugnis. Peter Dietz aus Biedenkopf hatte 167G zu Giessen studiert und war
auf Ansuchen der Gemeinde und unter Befürwortung des Landgrafen Ernst zu
Rheinfels 1678 zum Pfarrer zu Langeu-Schwalbach bestellt worden. Sicher ist,
dass man in Cassel den Pfarrer Dietz gegen den Superintendenten Dr. Christian!
gebraucht hat, um letzteren zu verdrängen. Christiaui klagt über ihn: „Ach
was Ungelegenheit, Ärgernis und Schaden hat er im Lande angestiftet. Gott
räche es an dir falschen und bösen Mann. Amen!"'') Dem steht gegenüber,
dass die hessischen Behörden den Pfarrer Dietz bis zum Jahre 1683 ireschützt
und Landgraf Karl infolge von Dietzens Katholikeuhetze sogar durch eine be-
sondere Verordnung vom 19. Juni 1680 der Ausbreitung der katholischen
Kirche entgegentrat und darin den Dietz gegen alle ihm von dieser, sowie von
seiner eigenen Gemeinde widerfahrenen Unbilden in Schutz nahm.") Christiani
beschuldigt in dem erwähnten Schreiben an die Landgräfin den Dietz, dass er
statt der hergebrachten Lieder ungewöhnliche singen lasse, dass er die casselischc
reformierte Kirchenagende von 1657 auf dem Altar gebrauche, den Gottesdienst
und seine Predigten den hohen reformierten Kurgästen zu Langen-Schwalbach
zu Liebe einrichte, um sich deren Gunst zu verdieneu, dadurch aber Anstoss
errege; er habe durch seine vielen Reisen nach Cassel wiederholte Unter-
suchungen gegen die Katholiken und dadurch viele Eide und Meineide veran-
lasst. Dem gegenüber steht die erwähnte fürstliche Verordnung von 1680, sowie
die Thatsache, dass nachgehends Dietz als Pfarrer zu Viermündon ohne Ver-
hör und Untersuchung auf Befehl Landgraf Karls vom 29. August 1685
wegen „Schmähung der reformierten Religion und der dazu übergetretenen
Unterthanen" (zu Schreufa) abgesetzt und Landes verwiesen worden ist. End-
lich beschuldigt Christiani den Pfarrer Dietz des Ehebruchs mit seines Schul-
meisters Weib, sagt aber selbst, dass, als er dieses habe erweisen sollen, er
sich „darauf nicht einlassen können oder wollen", und habe es Dietzens er-
kaufter und bestochener Prokurator dahin gebracht, dass er entlassen worden,
er sei aber trotzdem noch dreimal nach Cassel citiert und verhört worden. Um
die Person und das Amt des Superintendenten vollends herabzu\vürdigen, be-
schlagnahmte der Reservatenkommissar Dr. Kanler auf Antrag des Dietz zur
Bezahlung der Kotteu die rückständige Besoldung Christiani's. Dieser wollte
seine Sache in Cassel nicht mit fürstl. Gönnern betreiben, sondern sie Gott an-
heimstellen und um seiner Religion willen Schimpf und Schaden leiden.") Am
'"'') Die KonfessionsiVage war also in Cassel wesentlicli eine Geldfrage, um die Pfarr-
iiitrudeii zu teilen.
'^) Menioriale S. *J9. Das AVort f^iilg l^ald in lOrfüllung.
") Die V. O. VOM! 19. Juni 1680 ist abgedruckt: Grebel 8. 544 ft". ; Gentli, Kultur-
gesch. von L.-Sohwalbacli 1858, 8. 23.'j tV.
'") Aus dem Staatsarchive zu Wiesbadon. Diotz wurde infolge eines Kxcesses hessischer
Soldaten in der katholischen Kirche zu L.-8ch\valbach (Abreissung einer päpstlichen Bulle)
— 143 -
14. August 1G81 dankte er der LaudgrüHü für soiuo Wiederanstcllung. Clirigtiani
kehrte 1681 als ordentlidicr Professor der Theologie nach Giessen zurück, wo
er 1G86 wegen Äusserungen der Missbilligung bei einer theol. Doktorproniotion
des Pastor Job. Colner zu Sachscuberg über die Unterdrückung der Lutherischen
in der Mark Brandenburg auf Dringen Kurbrandenburgs entlassen, doch bald
nachher restituiert wurde, f 13. Februar 1088. Er war seit 1644 mit Anna
Elisabeth, des Bürgermeisters Konr. Linckcr zu Grünberg Tochter, seine Tochter
aus dieser Ehe Christine Elisabeth später mit dem Pfarrer und Metropolitan
Job. lleinr. Vietor zu Braubach (1070— 172G) vermählt.
In dem am 22. April 1681 abgehaltenen Geueralkonvente, welchem der
Kauzler llaxthausen beiwohnte, wurde der Pfarrer Mag. Joh. Christo])h
Nasemann zu Marburg, gebürtig aus Kirchhaiu, und auf besondere Empfehlung
von Cassel aus der Pastor prim. Laureutius Hart mann zu Wildungen ge-
wählt und präsentiert. Von jetzt an führten die Diözesanvorstände nicht mehr
den Supcrintendententitel, sondern hiesseu nur Inspektoren.
13. Laurentius Hartmann (1081 — 1088), geboren als Sohn eines
Bürgers und Gastwirts zu Wildungen 26. September 1033, studierte 1650 zu
Giessen, wurde 1652 Lehrer zu Wildungen, 1653 Diakonus zu Corbach, 1668
Pfarrer zu Wildungen, 8. Juni 1681 zum lutherischen Inspektor zu St. Goar
ernannt und berufen, 21. Juni durch den Pfarrer und Defiuitor Mag. Reinhard
Roth zu St. Goarshausen im Beisein des Landgrafen Ernst, seiner Räte,
Jesuiten und ganzen Hofstaats kirchlich eingeführt. Trotz der ihm anfangs von
Cassel aus erwiesenen Gunst gab doch auch Hartmauu Ende Oktober 1688
seine angefochtene Stellung auP) und folgte einer Berufung an die l'farr- und
Superintendentenstelle zu Königsberg in Franken, welche er „mit sonderbarer
Gravität rühmlich und treulich verwaltet," f 11. Juli 1703, begraben in der
dortigen Stadtkirche, Er war zweimal vermählt, 1. mit Anna Katharina, des
Pastor M. Kandels zu Sachsenhausen i. W. Tochter, 2. mit Anna Elisabeth
Reiffenberger und hinterliess sieben Töchter. Sein gleichnamiger Sohn war
Pfarrer zu Patersberg (1686).
Nach Hartmaun's ,, anderweiten Verrückung" war die Pfarr- und luspektor-
stelle zu St. Goar 1 Jahr und 5 Monate erledigt. Vielfach hegte man die Be-
fürchtung, dass in Cassel infolge der dortigen Unduldsamkeit gegen die
Lutheraner eine Wiederbesetzung überhaupt nicht beabsichtigt werde. Die
Verzögerung hatte jedoch teils in den kriegerischen Ereignissen, von welchen
das linke Rheinufer und auch St. Goar betroffen war, teils und hauptsächlich
in dem Übelwollen und Feindschaft des Reservatenkommissars Kanler und in
der Gleichgültigkeit des Konsistoriums ihren Grund. Erst auf Antrag der
Definitoren vom 3. April 1689 fragte endlich letzteres am 19. April bei dem
Landgrafen Karl au, ob man die Definitoren veranlassen solle, nach den Ver-
als Veranlasser 1683 von da abberufen, 1684 Pfarrer zu Vieruiünden bei Frankenberg, l'bcr
seine Absetzung vergl. meine Gesch. des Gerichts Viermünden und seiner Geschleelitor, 111.
Hess. Zeitschr. 1900, S. 299 ff.
*") Bei Ebenau und anderwärts und selbst in den Akten in einem Sohreilien Land-
graf Karls vom 21. April 1697 wird llartnmnii unrichtig als 1CS9 veri?torboM bczoicliiiot.
- 144 —
trägoii zwei Subjekte vorziisclilagen, „doch olinc eiuige MassgebuDg". Die
letzten Worte, von einer anderen Hand dem Konzepte beigefügt, besagen, wie
wenig man sich noch au den Ilezess von 1648 zu binden gewillt Avar. Am
3. Mai 1689 gab das Konsistorium dem Reservatenkommissar Kauler auf, die
Pfarrer auf das Schreiben der Definitoren „zu incaminieren. ein gewisses zu
der Inspcktur tüchtiges Subjekt im Nassau-Idsteinischen", das ihm durch den
Superintendenten zu Cassel bereits uandiaft gemacht, zu erwählen. Es war
dieses der Rektor Mag. Joh. Illfr. Gärtner an der höheren Schule zu Idstein.
Dieser erklärte sich bereit, sofern man in St. Goar eine höhere Schule mit 3
Lehrern gründen würde, da er seine 3 Sohne jetzt an seinem Tische behalten
und zur Universität vorbereiten könne. Da ihm hierzu keine Aussicht gegeben
und ihm die Nachfolge seines Schwiegervaters, des Superintendenten Ebert zu
Idstein zugesichert wurde, so lehnte Gärtner (y 31. Mai 1707) ab. Die Pfarrer
schritten daher im Generalkonvcnt zu Nastätten, 22. Juli 1689, zur Wahl, aus
welcher der von dem vorigen Inspektor Hartmanu empfohlene und verwandte
Pfarrer Mag. Joh. Daniel Artopaeus zu Wolf an der Mosel und der Definitor
Justus Kröckius*') zu Holzhausen auf der Heide hervorgingen. Dem Reser-
vatenkommissar war keiner von beiden genehm. Das Urteil dieses Mannes, der
schon anderwärts als ein ungeschickter Diplomat gegenüber der römischen Kirche
begegnet ist und die reformierten Kirchengüter zu Rhens an dieselbe verloren
hatte^-) und der jetzt unter der Maske der Friedensliebe ratlos und intriguierend
hin- und hertappte, galt gleichwohl in Cassel mehr, als das der Definitoren und
der ganzen Geistlichkeit. Kanler berichtete, Artopaeus sei ihm „unbekannt, doch
höre er, dass derselbe ein junger, unerfahrener^^), streitbarer und sonderlich
gegen unsere reformierte Religion eifernder Mann sei, von welchem das Kon-
sistorium und wir allhier viel Widrigkeit und Verdruss zu gewarten haben
würden, wo wir friedliebende Leute von Nöten haben", Kröckius sei gleichfalls
einer von den Harten und Widrigen und ein wunderlicher Mann, dass mit ihm
nicht fortzukommen. Daher möge das Konsistorium mit Hintansetzung der
Definitoren und des lutherischen Ministeriums ein anderes Subjekt zum In-
spektorat befördern. Um aber dem Ministerium keine Ursache zu Beschwerden
zu geben, möge man den Definitor Reinhard Roth zu St. Goarshausen, der nur
6 Stimmen gehabt, „weilen derselbe doch eben nicht so eifrig gegen uns, noch
zanksüchtig", mit dem Inspektorate, und des Definitor Kröckius Sohn, den
Präzeptor Joh. Andreas Kröckius zu St. Goar und Pfarrer zu Biebernheim, mit
Roths Stelle zu St. Goarshausen beauftragen. Roth war ein alter gebrechlicher
Mann, der, wie Kanler weiter ausführt, „nicht mehr reiten, noch gehen konnte",
*') Just. Kröckius aus Eisenach war 1650 Adjunkt des Pfarrers Joh. Heinr. Borngrebcr
zu Nastiitten, 1654 Pfarrer zu Ilolzliausen, f 1703.
^^) Hess. Zeitsohr. 31, S. (;i H".
"=) Artopaeus hatte 1675 die Majjisterwürde in Giessen erworben. Eine Tochter des-
solbeii war, wie Kanlf«r in seinem JJerichte andeutet, mit des Inspektor Hartmaini gleicli-
namigem Sohn Laur. Hartmann zu l'atorsberg (1686 — 1089) vermählt. Artopaeus war daher
damals ungefähr 45 Jahre alt und der Bericht des Reservaten- und Konsistorialkommissars
Kaidei' nucli hinsiclitlich dor angeblichen Jugend des Artopaeus parteiisch und lügenhaft.
— 145 —
er bekomme aber Futter für ein Pferd, habe auch eigene Wiesen in der Um-
gegend und könne daher aus seinem Eigenen zuschiessen, wenn die Stiftsgefälle
etwa ausblieben, und in einer Kalesclie seine auswärtigen Geschäfte verrichten
(15, August 1689).") Es waren also lauter Gründe, die mit dem Wohle und
Interesse der Diözese keinen Zusammenhang hatten, vage Gerüchte und Be-
fürchtungen über einen Unbekannten und Verdächtigungen gegen einen Be-
kannten. Die vermeintlich bedrohten Interessen der kleinen reformierten Ge-
meinde zu St. Goar sollten den Ausschlag geben, der grossen Stadtgemeinde
und ganzen Grafschaft einen abgelebten Mann vorzusetzen, der „nicht mehr
reiten, noch gehen konnte," Das Konsistorium genehmigte am 20, September 1G89
wirklieh diesen Vorschlag Kanler's, dass Roth die Inspektorstelle interimistisch
und Kröckius' Sohn Ivoth's Stelle versehen solle, „womit das lutherische
Ministerium wohl zufrieden sein werde." Dennoch kamen Kanlers kluge Be-
rechnungen nicht zur Ausführung,
Schon lange herrschte, namentlich unter den älteren Geistlichen, ein tiefer
Groll über die von dem Inspektor Hartmann eingehaltene Weise der Besetzung
der Pfarreien, In dem erwähnten Generalkonvent (22, Juli) gaben die vier
Definitoren Roth, Kröckius, Joh, Heiur, Ebenau zu Marienfels und Joh. Tile-
mann Wilner zu Ruppertshofeu in einer Eingabe an das Konsistorium ihrem
Unwillen einen Ausdruck: sie hätten nun geraume Zeit in Kirchen und Schulen
nach ihrem Vermögen Gott und seiner Gemeinde gedient, sich an den ge-
ringsten Orten und unter fremden, brabantischen und der römisch-katholischen
Religion zugethanen Leuten beholfen, auch mehrmals durch den Krieg ihre
Nahrung verloren, jedoch vordem der guten Hoffnung gelebt, bei den vielen
unter Hartmann vorgekommenen Veränderungen würde auch sie einmal das
Glück begrüssen, es sei aber immer vorübergegangen, andere, viel jüngere
seien dem Konsistorium empfohlen und denselben die besten und bequemsten
Pfarreien übertragen, ihrer aber, weil sie keinen grossen Namen in der Welt,
nicht vom Stamme Levi geboren, noch in denselben eingepfropft, ganz ver-
gessen worden, daher sie geblieben, wie sie von Anfang an gewesen. Zwar
erkenne Kröckius sich wegen seines Alters für einen vornehmen Ort nicht mehr
geeignet, doch hätte er gehofft, bei einer volkreicheren Gemeinde, als seines
Orts, wo kaum 10 evangelische und 2 reformierte Zuhörer seien, weil man
mehr auf die Schafe, als auf die Wolle Absicht haben solle, auch dienen zu
können. Weil sie und Andere ihre Söhne mit Kosten auf Schulen unterhalten
und sie zu ehrlichen Diensten im Lande befördert zu sehen wünschten, aber
befüi'chten müssten, dass mit Beförderung eines Extraneus zur Inspektur die
Landeskiuder das Nachsehen haben würden, so wollten sie bitten, künftig bei
Bestellung der Pfarrdienste auch ihrer Söhne zu gedenken und Beförderung
widerfahren zu lassen. Die Antwort auf diese Eingabe ist nicht bekannt.
Bald nachher am 18, September 1689 richtete auch die grosse lutherische
Stadtgemeinde zu St. Goar an den im Bade Ems weilenden Landgrafen Karl
»^) Mao-, Reinhard Rohdius aus Marburg wurde 2. Dez. 1660 tiU Pfarrer zu Pfal/.fold
eingeführt, 1678 Pfarrer /ii 8t. (ioarshausen und DoHnitor, zog 170'2 um-h Kürdorf, f 12. Juli 1.1...
- 146 -
eine energisclic Beschwerde über Kanlor imd das Konsistorium : ihre Pfarrstelle
sei nun schon ein ganzes Jahr offen und vergeblich hätten sie bei Kauler um
deren Besetzung nachgesucht. Sie seien hirtenlose Schafe, Täglich raffe in-
folge des Kriegs die Seuche so viele Menschen in St. Goar hinweg, dass alle
Tage eine Beerdigung stattfinde und die Kranken und Sterbenden mit Gottes
Wort und Sakrament versehen werden müssten. Schon am folgenden Tage
verfügte der Landgraf an das Konsistorium, die Stelle baldigst zu besetzen.
Der wahrheitsgetreuen Darlegung gegenüber hielten Kanler's Ränke und die
denselben erteilte Genehmigung keinen Stand. Kanler musste selbst bestätigen,
dass die Sterblichkeit so gross sei, dass zuweilen 3 bis 5 Personen an einem
Tage zur Bestattung kämen. Die Gemeinde war aber auch seiner Absicht, ihr
den alten Roth zum Pfarrer zu setzen, wegen dessen Unvermögen und aus
anderen Gründen, welche sie ihm vorerst mitzuteilen weigerte, aber an rechter
Stelle vorzubringen und zu erweisen drohte, entgegengetreten. Kanler hielt
deshalb die konsistoriale Genehmigung seines Antrags vom 20. September 1689,
um den alten Roth „nicht zwischen zwei Stühle zu setzen", zurück. Infolge
der Beschwerde der Gemeinde und weiteren Berichts Kanler's billigte dann
auch das ebenso ratlose Konsistorium am 4. Oktober die Zurückbehaltung
seiner Anordnung vom 20. September und wies den Reservatenkommissar an,
seinen Antrag und dessen konsistoriale Genehmigung geheim zu halten und
namentlich den Pfarrer Roth nichts davon wissen zu lassen. Dem letzteren
hatte Kanler inzwischen den Widerwillen des Ministeriums und der Gemeinde
St. Goar, sowie seine eigene Gebrechlichkeit vorgestellt, worauf Roth von
einer Übernahme der ihm zugedachten Stelle abstand. Der ratlose Kanler
machte jetzt, um sich aus der von ihm verfahrenen Sache herauszuziehen, einen
anderen A^orschlag, die beiden Erwählten, Artopaeus und Kröckius, nach Cassol
vorzuladen und vor dem Konsistorium zu verhören und nach dem Ergebnis
dem Ministerium eine andere Wahl aufzugeben. Er unterliess es auch jetzt
nicht, beiden Präsentierten zwar nicht mehr konfessionellen Eifer, aber anderes
Nachteiliges anzuhängen, dem Kröckius ,,üble Ausrede", dem Artopaeus seine
Jugend und die Furcht vor der Hartmannischen Liga und Verwandtschaft
(20. Oktober]. Inzwischen hatte man in Cassel endlich eine Persönlichkeit ge-
funden, die wieder kein Landeskind, sondern ein Fremder war und von der
Kanler nur zu berichten wusste, dass dieselbe ein ganz unbekannter Mensch
sei, über den er überhaupt noch nichts erfahren, namentlich nicht, ob er sich
energisch gegen die Papisten und freundlich zu den Reformierten stellen werde
(8. November 1689). Nur diese beiden Eigenschaften befähigten demnach nach
der Ansicht des Reservatenkommissars zum Superintendentenamte. Diejenige
Autorität, welche diesen Unbekannten für das Oberhirtenamt der Niedergraf-
schaft empfohlen hatte, war der wegen seines calvinistischen Eifers in den
Casseler Ilofkreisen angesehene General von der Lippe, welchen der Fürst
nach mehrjährigem Streite mit dem deutschen Ritterorden 1683 zur Würde
und den hohen p]inkünften eines Landkomturs der Bailei Hessen befördert hatte.
14. Gustav Adolf Hildebrand (1689 — 1695) aus Stargard in Pommern
war nach seinem Studium am 4. Juni 1650 von Heidelberg her zui- vierten
— 147 —
PfaiTstellc im evaDgelischen Ministerium zu Speier, zur Pfarrei bei den
Augustinern, seit 1. Juni 1673 zur Pfarrei von Ht, Georg und seit 1GG7 auch zum
Inspektor des Gymnasiums daselbst berufen worden, damals 1(389 aucli Senior des
evangelischen Ministcrums zu Speicr.*') Ä-uch er war bereits ein altersschwacher
Mann, der zwar in den Kriegsverhältuissen in der Pfalz und nach dem Brande der
Stadt Speier noch als einer der letzten daselbst ausgeharrt hatte, aber auch endlich
über den Rhein nach Lussheim, Heidelberg und Frankfurt geflohen war und sich
in Frankfurt zur Ruhe gesetzt hatte. Fjr hatte sich mehr durch eine Gymnasial-
reform zu Speier in den Jahren 16G7 und 1679, als im Kirchenamte hervor-
getlian. Seine Wahl und Präsentation durch die Geistlichen der Diözese war
eine blosse Formalität; er wurde am 28. Januar 1690 berufen, „am 14. Februiir
nach Cassel vociret" und 12. Februar dem Reservatenkommissar Kanler die
Zulieferung der Litteralien und dem Definitor Roth die kirchliche Einführung
des Bestellten aufgetragen. Die letztere erfolgte 4. April 1690 in Gegenwart
des ganzen Ministeriums mit Ausnahme des kranken Pfarrers Rodius zu Köi'-
dorf und Klunck zu Langen-Schwalbach, ,,so an Füssen baufällig." Die Ein-
führungsmahlzeit wurde aus dem Yakauzeinkomrnen, an Umzugskosten 60 Thalcr,
welche die lutherischen Gemeinden der Grafschaft aufbringen mussten, gleich-
wie an den Vorgänger, bezahlt. In Hildebrand's Amtszeit fällt die französische
Belagerung der Stadt St, Goar und der Festung Rheinfels und deren ruhmvolle
Entsetzung durch die Hessen. Hildebrand starb schon 22. Juni 1695.*'')
Auf Wunsch des geistlichen Ministeriums und Antrag des Reservaten-
kommissars Debell vom 24. Juni genehmigte das Konsistorium die Ver.sehung
der Stelle des alten Definitors Roth hinsichtlich der Yersehung der Inspektur-
geschäfte in der Erledigungszeit, doch dem Ministerium un vorgreif lieh, durch
den Pfarrer Job. Melchior Schugk zu Bornig (28. Juni). Jetzt bot sich auch
der alte Definitor Roth, der länger als 50 Jahre im Amt und 40 Jahre im
Lande stand und schon vor 6 Jahren „nicht mehr reiten, noch gehen konnte",
aufs neue für die Inspektorstelle an und versicherte, dass „die gnädigste Herr-
schaft und das ganze Land an ihm ein Genügen verspüren" solle (3. Juli). Die
Geistlichen wählten und präsentierten den Professor der Philosophie Mag.
Philipp Kasimir Schlosser zu Giessen und den Stadtpfarrer 3Iag. Heinrich
Theobald Schenck daselbst.-') Dem Landgrafen war keiner von beiden „an-
ständig", und der Widerstand zu Cassel gegen beide grösser, als in früheren
Fällen. Das Konsistorium forderte am 9. August den Reservatenkommissar
Debell und den reformierten Inspektor Konr. Wiskemauu zum Bericht über
die Gewählten auf. Dem letzteren war damit Gelegenheit und Befugnis gewährt.
«") Aus Akten des Königl. llnyr. Kreisarchivs zu Spcier. Stadtarchiv Faso. 46.J, 467, 499.
«6) Hildebrand war zweimal verniülilt, 1. mit Elisabeth Ursula, des Pfarrers Dr. Joh.
Konr. Schragmüller zu Speior Tochter, 2. mit Martha Elisabeth, des Bürgermeisters Joh. Hart-
mann Scheibeier zu Gemünden an der Wohra Tochter, und hatte aus erster Ehe 5, aus zweiter
7 Kinder. Mayerhoffer, Die ältesten Taufbücher der Reichsstadt Spcier, im Pfalz. Museum,
XIII. Jahrg. 1896, S. 10
**') Schenck, g
uitor zu Giessen, f H- M^ril 1727. Strieder 10, S. 10.
"^ Sdienck,' geb. 10. April 1656, war Pfarrer und Stipendiatenmajor, 1690 auch Defi-
10
— 148 --
sich auch in die hitherische Diözese einzumisclicu. Beide Begutachter knunten
natürlich weder den einen, noch den anderen. Sie berichteten, dass „beide
feine und friedliebende Subjekte seien, Sthenck wegen seines sittsamen und
moderaten Gemüts von den Delinitoren und Pastoren vorgezogen werde"
(24. Aug.). Aber auch in Cassel und Marburg hatte man so wenig Fühlung und
Bekanntschaft mit der lutherischen Schwe.steruniversität Giessen, ihren Dozenten
und der lutherischen theologisclien Zeirlitteratur, dass man sogar in einen Betrug
fallen konnte. Schon am 15. August war ein ungnädiger Beschluss des Ge-
heimen Rats zu Cassel ergangen, welcher besagte, dass nach in Marburg ein-
gezogenen Nachrichten und nach den Angaben eines „Herrn von Rochau
Schlosser, als er zu Heidelberg im Ministerio gestanden, sich gegen die dasigen
Reformierten widrig bezeiget, dass zwischen den Lutheranern und Reformierten
fast alle gütliche Conversation aufgehoben ; auch der andere (Schenck) sei nicht
von solcher moderation, dass man sich einer guten Harmonie von ihm versehen
könne". Auch diesmal meiute man in Cassel den dienlichen Mann besser, als
das ganze Ministerium gefunden zu haben, nämlich in dem Pfarrer und Leiningen-
schen Inspektor Joh. Ludw. Wentzel**) zu Grüustadt in der Pfalz. Das
Konsistorium verlangte am 21. Sept. 1695, dass dieser Mann, der dem Land-
grafen wegen seiner grossen Friedfertigkeit gerühmt worden, und weil die beiden
Präsentierten in guten und beständigen Diensten ständen, wegen der französischen
Prozeduren aber der Pfarrer in Grünstadt gar nicht sicher und der ganze
Hunsrück durch den Krieg ruiniert sei, mit in Vorschlag gebracht werde. Der
Landgraf und das Konsistorium waren diesmal, wie bemerkt, in einen Betrug,
sei es des genannten Herrn von Rochau oder eines Anderen, gefallen. Schlosser
hatte zwar 20 Jahre früher in seiner Jugend in Heidelberg Philosophie studiert,
aber noch niemals, weder zu Heidelberg, noch sonst im Ministerio gestanden,
auch bis da noch nicht einmal die Ordination empfangen. Es lagen auch jetzt
Ränke und Verleumdungen konfessioneller Eiferer gegen Schlosser und das
Bemühen eines Gönners des Wentzel zu Grunde, diesen thunlichst bald von
Grünstadt in eine andere Stellung zu bringen. Wentzel hatte allerdings Ursache,
wegen der französischen Kriegshändet eine baldige Versetzung von Grünstadt,
wo seine „Stellung gar nicht sicher" war, zu suchen. In einer Schrift des
Nachfolgers Speners und damaligen Seniors des geistlichen evangelisch-lutherischen
Ministeriums zu Frankfurt a. M. Joh. Dan. Arcularius^^) fand sich die Stelle:
„Wer sollte wohl denken, dass bei diesen betrübten Zeiten ein Prediger sich
möchte beladen mit den französischen Kriegskommissarien, um von ihnen die
Zehnten zu pachten und dadurch seinen eigenen Mitbrüdern die Seufzer zu
erwecken, dass sie um ihr Brot kommen, eine rechte Einflechtung in die Händel
*") Joh. Ludw. AVentzel aus Grünstadt liatt« 1667 zu Giessen studiert, war 1692 — 1726
Pfarrer /u Grünstadt. Die unten erwähnte Ausweisungsalisicht kam niclit zur Ausführung infolge
der allg. Amnestie des Rijswijker Friedens. Gümbel, Gesch. der prot. Kirche der Pfalz, S. 238.
**) .Joh. l)au. Arcularius, Die Einigkeit im Geist, wie sie von S. Paulo Ephesor 4
allen Christen ernstlich anbefohlen, aber jetzt wenig in Acht genommen wird. Frankfurt 1693;
S. 188. Weiteres über die durdi diese Schrift veranlassten diplomatischen Verliandlungon
bei Strieder 1, S, 136. Die Schrift seliist luibe ieh mif keiner lühlidtliek findcMi küniieii.
— 149 —
der Nalnung, die dem Herrn nicht gefallen kann, der uns zum Dienste seiner
Kirclie angenommen". Der Mann, der durch solche Zehntkauf- und Pacjit-
geschäfte mit den französischen Kriegsktjnimissarcn in der Pfalz seine Amts-
brüdor um ihr Brot brachte und ihnen Seufzer erweckte, war, wie man am
Rheine wusste und der Graf von Leiningen selber während einer Badekur zu
Langcn-Sehwalbach dem dortigen Pfarrer Joh. Matth, Lucius bestätigt hatte,
der „friedfertige" Pfarrer zu Grünstadt. Der Graf wünschte, dass sicli Wentzel
baldigst fortmachen möge, andernfalls er ihn nach dem Abzug der Franzosen
ausweisen werde. Mit Rücksicht auf obige Stelle erklärte sich das Ministerium
der Niedergrafschaft vor dem Reservatenkommissar entschieden gegen die Be-
rufuna- Wentzels, der den Mantel nach dem Wind drehe und mehr mit dem
französischen Intendanten de la Goupilliere, als mit seinem Herrn, dem Grafen,
Korrespondenz halte. Es seien daher weder gute Harmonie, noch gute Erbauung
und Früchte zu hoffen. Der Bureaukrat Debell, der für solche biblisch-kirch-
lichen Erwägungen kein Verständnis hatte, zog alles in Zweifel und verlangte
von den Geistlichen das Opfer ihrer Überzeugung und strikten Gehorsam, denn
„nobis obedientiae gloriam relictam esse" (12. Okt.). Die Geistlichen beharrten
jedoch bei ihrer Präsentation, baten um Bestätigung eines von beiden und er-
klärten sich nochmals gegen Weutzel, „der von einem vortrefflichen Theologen
angezapfet und mit dunkelen Farben abgemalt sei". In gleicher Weise protestierte
die Gemeinde St. Goar vor dem Landgrafen gegen Wentzel wegen dessen Ein-
mischung in die weltlichen Händel (11. Okt.).
15. Mag. Philipp Kasimir Schlosser (1696— 1708) aus einer Theologen-
familie zu Darmstadt, als Sohn des Mag. Phil. Schlosser, 19. Okt. 1658 geboren,
hatte 1675 zu Heidelberg, 1676 zu Giessen studiert, 1678 Magister und Lehrer
der Söhne Landgraf Ludwigs VI. zu Darmstadt, 1686 Professor der Logik
und Metaphysik zu Giessen, 1693 Rektor der Universität, kam 1695 nebst
den Professoren Dr. Heinr. Phasianus, Balth. Menzer, Professor der Mathematik,
und Greffor Nitsch, Professor der Ethik, mit der theologischen Fakultät, die
sie mehrfacher Irrtümer beschuldigten, die sie nicht erweisen konnten, in Streit.
Es wurden deshalb Phasianus und Nitsch 5. Nov. für einige Monate suspendiert
und Menzer 3. Jan. 1696 entlassen.'") Schlosser wurde, als dem Herkommen
nach zu der lutherischen Inspektorstelle zu St. Goar präsentiert, durch Be-
rufungsschreiben vom 1. Febr. 1696 auf den 14. Febr. zum Empfling der Be-
stallung vor das Konsistorium zu Cassel vorgeladen und am 18. Febr. dem
Reservatenkommissar Debell und den Definitoren ^vegeu Übergabe der Litteralicn
und Einführung Nachricht gegeben. An demselben Tage stellte er Revers aus,
in welchen infolge der erwähnten Verleumdungen und der heillosen Furcht,
welche man in Cassel vor den Lutheranern hatte, Bestimmungen eingesetzt
wurden, welche weder einem Diözesanvorstand zu St. Goar, noch sonst wo vor-
her oder nachher zugemutet wurden und ihn vielleicht von der Übernah mo
des Amts abschrecken, jedenfalls ihn fest binden sollten."') Schlosser erklärte
«") Hess. Hebopfer 4, 507. :>rarb. Heitrü-je 3, 239.
«^) Alle früheren und späteren Reverse der lutli. und ref. Inspektor-n xvaren -edruckte
Fürmularo, der Revers Schlossers hinicegen i^-anz gcsciirieben.
10*
— 150 —
dem Rate Göddaeus, dass er gegen den Revers uiclits einzuwenden finde
(17. Febr.). Er musste darin versprechen, „dass er sich aller ungebührlichen,
harten Reden und Sclimähworte insgemein, als auch aller anzüglichen Reden
und Schmühworte insonderheit gegen die reformierte Religion enthalten solle,
noch deren Zugethane in ihrem Gottesdienst in einige Wege turbieren oder
behindern, auch dass solches von anderen untergebenen Pfarrern ebensowenig
o-eschehe fleissia: zu sehen und Acht haben.^') Auch hinsichtlich der Kasten-
o-üter u. s. w. sollte Schlosser keine Neuerung machen, sondern alles m dem
Stande wie er es finde, lassen und damit zufrieden sein". Selbst alle äusseren
Kirchensachen erachtete demnach der damalige kirchliche Byzantinismus in
Cassel für vortrefflich und über jede Verbesserung erhaben. Schlosser war
damals 8 Tage in Cassel und bat bei Göddaeus um Schreiben an den Super-
intendenten Mag. Joh. Fenner m Marburg, ihn auf der Rückreise zu ordinieren
(17. Febr.). Nachdem Schlosser 28. Febr. 1696 vom Landgrafen von Darm-
stadt die Entlassung erhalten, wurde er am 30. März durch den Pfarrer Mag.
Joh. Melch. Schugk zu Bornig in Gegenwart des Landgrafen von Rheinfels,
seiner Räte und katholischen Priester ins Amt eingeführt. Schlosser stand in
hohem Ansehen und wurde nach dem am 26. März 1706 erfolgten Tod des
Superintendenten M. Heinr. Orth zu Marburg 18. Mai zu dessen Nachfolger
erwählt und nach erfolgter Bestätigung und Ernennung zum Ekklesiasten der
Pfarrkirche und Konsistorialrat 6. Aug. durch den Metropolitan Ilerm. Wilstach
aus Frankenberg ins Amt eingeführt, f 1. Juli 1712. — Von seinen Söhnen
war Friedr. Phil. Schlosser, geb. 16. Sept. 1701, ein eifriger Anhänger der
Wolff sehen Philosophie, der erste Pfarrer der 1731 konzessionierten lutherischen
Gemeinde zu Cassel, f 1^- ^"ov. 1742; Joh. Ludw\ Schlosser, geb. 11. Nov. 1702,
seit 1739 Hauptpastor an St. Katharinen zu Hamburg, f 7. April 1754.'')
Auch von den beiden im Jahre 1706 Erwählten war keiner in Cassel
genehm, man nahm wieder einen Extraneus, den Pfarrer zu Kleinern bei
Wildungen, Joh. Heinrich Birckenhauer, in Aussicht, für w^elchen schon am
30. Juli 1706 das Bestallungsschreiben entworfen w^ar. Doch fand man es
nachträglich für gut. durch den Reservatenkommissar Lic. Reinhard mit den
Diözesanen auf einem Generalkonveut (9. Sept.) zu verhandeln. Dort habe,
berichtet Reinhard, die Schlosser'sche Partei sich ablehnend erklärt, weil Bircken-
hauer keine Probepredigt gehalten und als Famulus des Professor Dr. Bielefeld
mit Pietisterei infiziert sei.") Der Definitor zu Marienfels habe zu wissen verlangt,
warum Serenissimus die beiden Vorgeschlagenen verworfen habe. Reinhard ver-
langte aber einfache Annahme des Birckenhauer, denn „es sei Alles aufs beste in-
caminiret'-, es habe jedoch die Schlosser'sche Partei so „kontraminiret", dass
auch die, welche sich zu allem erboten, wankend geworden. Reinhard belehrte
die Pfarrer w^eiter, der Fürst werde schon gesorgt und einen Mann erwählt
^^) Durch den Revers sollten die im obigen Berichte Dr. Christianis erwähnten casse-
lischen dolosen Überschreitungen dos Rezesses gesichert werden.
Ȋ) Strieder 13, S. 47 tt'. AUg. Deutsche IJiographie 31, 541, 544.
«*) Über Dr. Joh. Christoph Bielefeld, Professor der Theologie zu Gicssen, vergl.
Strieder 1, 396. Hess. Hebopfer 4, 508.
— l.')!
liabüii, dci' froiMiu uud geschickt wäre und vuu dem luaii sicli Uciiier IMetisterei
zu versehen. Da die Pfarrer bei ihrem Vorschlag beharrten, verlangte Rein-
hard kategorisch ihre Erklärung für Birckenhauer. Hierauf tingen sie an, schreiljt
er, gelindere Saiten aufzuspannen. Sie erklärten darauf bündig: „So sind wir
unterthänigst gehorsamst, sofern Herr Joh. Heinr. Birckenhauer quoad Aug.
Conf. orthodoxus purus, und wollen auch künftig in Kirchen, Schulen und
Häusern für den Fürsten zu beten bereit sein".^*) Da der Designierte wegen
des Widerwillens des Ministeriums vielleicht hätte ablehnen können, so stimmte
der Rat Willi. Vultejus dahin, „es sei demselben nichts weiter zu sagen, als
dass ihm nunmehr das Inspektorat wirklich aufgetragen worden und er dabei,
wie gewöhnlich ermahnt werde". Die Ernennung erfolgte IG. Sept. 1700, das
Datum des obigen Berufungsschreibens vom 30. Juli wurde in den 1. Oktober
geändert uud die durchstricheuen Worte, „nachdem derselbe anstatt derer sonst
von demselben Ministerio vorgeschlagenen zweyer subjectorum anderwärts präsen-
tieret worden", wieder hergestellt.
16. Mag. Joh. Heinrich Birckenhauer (1706—1740), geboren zu Alt-
wildungen 1673, studierte 1692 zu Giessen, 1695 daselbst ^Magister, 1G96 Pfarrer
zu Kleüiern, 16. Sept. 1706 Inspektor zu St. Goar. Er führte in der Diözese
den Spener'schen Katechismus ein. Durch ihn kamen auch weitere Waldecker,
Zinn, Pilgrim, Reysser, in der Niedergrafschaft ins Pfarramt.^*') Er starb am
24. Jan. 1740. Birckenhauer war zw^eimal verheiratet, zuerst mit einer Colonius,
dann mit einer Tochter des Stadtschreibers Kling zu St. Goar.") Seine drei
Söhne standen im Pfarramte: 1. Jeremias, 1721 Diakonus zu St. Goar, wurde
noch in demselben Jahre Inhaber der damals durch eine Strafversetzung er-
ledigten besten Pfarrei der Diözese, zu Bärstadt, f 28. Nov. 1733; 2. Joh.
Heinrich war Pfarrer zu Wehrheim bei Usingen; 3. Gustav bei Hannover;
4. seine Tochter Maria Elisabeth war mit Joh. Chr. Pfeiffer, Pfarrer und Detiuitor
zu Bornig, vermählt.
Von Birckenhauers Tod machte der Definitor Lauber zu Nastätten (24. Jan.)
und der Reservatenkommissar Dr. Beza am 26. Januar dem Konsistorium An-
zeige mit dem Wunsch, dass die Wahl auf ein friedfertiges und unaustössiges
Subjekt fallen möge. Der Wunsch ging nicht in Erfüllung.
17. Peter Becker (1740—1767), geb. zu Herzogenbusch als Sohn des
Hessischen Militärpredigers, später intrudierten Superintendenten Peter Becker
d. A. zu Marburg, 2. Febr. 1701, wurde 1725 Kabinettsprediger der lutherischen
Prinzessin Maximilian zu Cassel, lehnte 1733 einen Ruf als schwedischer Ge-
sandtschaftsprediger zu Wien ab, bewarb sich 3. Febr. 1740 um die Pfarr-
und Inspektorstelle zu St. Goar bei dem Geheimen Rat zu Cassel, welcher das
Gesuch 9. Febr. an das Konsistorium abgab. Da man sich in St. Goar durch
^°) Bericht des Reservatenkoramissars Reinhard, 12. Sopt. 1706.
««) Joh. Heinr. Zinn, ein von Birckenhauer mitgebrachter und erzogener Waisenknabe
aus Wildungen, war 1728 Pfarrer zu X.-Walnienacli, 1734 zu Weyer, f 18. April 1760, wo
ihm sein Sohn Jeremias Zinn, f 8. Sept. 1802 und Knk.d Friedricli Zinn, f 21. 1-Vbr. 1839,
folgten.
'■") Strieder 1, S. 428.
— 152 —
diese Bewerbung eines Ilüfpredigers geehrt fühlte, so baten die Kircheniiliestcn
bei dem Regenten, Prinz Wilhelm, um seine Bestallung, weil „auf das votum
uegativum der Eingepfarrten hierbei wohl wenig regardieret werde". Das Konsi-
storium gab (11. März) dem Reservateukommissar Dr. Beza auf, den Pfarrern
au die Hand zu geben, den Hofprediger Becker iu Consideration zu bringen.
Auf Beza's Antrag wurde die Zusammenberufung der Geistlichen 5. April ge-
nehmigt. In dem Generalkonvent am 17. Mai 1740 wurden der Pfarrer Mag.
IMiil. Friedr. Schlosser an der lutherischen Gemeinde zu Cassel, des früheren
Inspektors Sohn, und der Kabinettsprediger Peter Becker daselbst erwählt
und präsentiert. Die Resolution des Geh. Rats vom 27. Mai lautete: Beim
Consistorio soll zuvorderst nachgesehen werden, ob es mit dem vorgeblichen
Herkommen und jure praesentandi seine Richtigkeit habe. Nach der Bejahung
dieser Frage wurde P. Becker, d. d. Stockholm -^ Juli 1^40 bestätigt, vom
Bestellten 19. Aug. Revers ausgestellt und derselbe 30. Sept. 1740 eingeführt.
Die von dem Landgrafen Karl durch einen Vertragsbruch und Verletzung
des Superintendenturwahlrechts ins Land gebrachte Pietistenfamilie Becker hatte
hier wenig Glück. Landgraf Karl wünschte den Joh. Pet. Becker d. A. ^wegen
seiner Gaben und hohen Geschicklichkeit" nach Schlossers Tod zum Super-
intendenten zu Marburg befördert zu sehen. Die Pfarrer gingen jedoch, weil
er „dem Pietismus zugethan und ein Scheinheiliger sei", auf diese Beschränkung
ihres Wahlrechts nicht ein. Becker wurde dann trotzdem gegen den Ausfall
der Wahl, in welcher er nur 13 Stimmen hatte, und trotz des Protestes der
Pfarrer, dass ihnen ein fremder und unbekannter Mann gesetzt sei, von Land-
graf Karl bestellt und so auch im Oberfürstentum der Rezess von 1648 durch-
brochen: „Becker hat 1713 auf Quasimodogeniti zu Marburg seine Probe-
predigt und 1714 auf Quasimodogeniti seine letzte Predigt gethan, 1713 den
23. April seine Antrittspredigt zu Marburg, morgens 9 Uhr, gehalten, 1714
den 23. April, morgens 9 Uhr, gestorben".*') Sein Sohn, der Inspektor
P. Becker d. J., war in seinem Amte träge und faul, der Diakonus zu St. Goar
und spätere Inspektor Wilhelm Helfrich Ebenau hatte allein in den letzten 10
Jahren Beckers 386 Predigten, alle Betstunden, 131 Taufen, 16 Kopulationen
und 128 Ilauskommunionen für ihn verrichtet. Im Jahre 1767 hatte Beckers
Frau, eine Tochter des Dr. med. Ebert zu Marburg, welche hauptsächlich den
verkommenen Haushalt Beckers verschuldet hatte, mit Einverständnis ihres
Mannes die Schulstelle zu Bärstadt für 50 Gulden verhandelt. Infolge Berichts
des Konsistoriums vom 14. Juli 1767 forderte der Geheimrat das Konsistorium
zu Bericht, ob nicht wegen Beckers bedenklichem und anstössigem Betragen
das Inspektorat einem Anderen zu übertragen sei. Nach weiterem Bericht des
Reservatenkommissars Gössel vom 28. Juli und des Konsistoriums vom 6. Nov.
wurde durch Extrakt Geh. Rats-Protokolls vom 24. Nov. 1767 dem Konsistorium
aufgegeben, den Inspektor Becker wegen Schulkrämerei und anderer ungebühr-
lichen Unternehmungen zu entlassen, ihm die Litteralien abzunehmen und die
"", .Jüli. Herrn. Ruppersberg, Superintendent zu Marburg, Hess. Kirclien-Xachr.
Fol. 411. Mscpt.
ii);; —
Wahl eines audcreu luspcktors der Verfassung gemäss zu veranstalten/^) Das
Konsistorium vollzog diesen Auftrag durch Schreiben an den Reservaten-
kommissar Gössel (30. November).'"") Als dieser am 7. Dezember die I-]ut-
lassung vollzielien und die Litteralien abnehmen wollte, kam Beckers Frau
dazu, fing allerlei Disputationen an, zog den Schlüssel aus der Repositur und
ging damit auf die Festung zum Gouverneur Heinrich Wilhelm von Wutgeuau.
Darüber verging der Yormittag. Der Schlüssel wurde zwar endlich wieder
beigebracht, doch begab sich uachmittags auch Becker zum Gouverneur, Es
konnte daher die Übergabe nicht geschehen. Gössel stellte eine Schildwache
au die J\,ei)ositurkammer. Am 8. Dezember erklärte sich der Inspektor durch
den Diakonus Ebenau und zwei Kirchenälteste zur Übergabe bereit, worauf
die Littcralien in 4 Kisten auf das Stifts- und Hospitalarchiv gebracht, die
Schildwache zurückgezogen wurde und Becker um Verzeihung der gestrigen
ungebülu-lichen Reden bat. Ob die Untersuchung formell richtig geführt worden
ist, ist zweifelhaft. Becker schreibt an den Landgrafen: „Gott ist mein Zeuge,
dass ich mir dergleichen nie habe zu Schulden kommen lassen, gleichwie ich
denn auch zur gebührlichen Justifikation so wenig, als gehörigen Vernehm-
lassung gezogen und resp. vorgefordert"; auch sei ihm eine copia protocolli
gänzlich versagt worden, er zweifele nicht, dass eine Revision seine Unschuld
ergeben werde. Das Konsistorium wurde darüber 22. Dezember 1767 zu Be-
richt gefordert. Nachgehends bekannte Becker (23. Januar 1768) in einem
Schreiben an den Landgrafen seinen Fehltritt, durch den er seine Frau und
Kinder unglücklich gemacht und bat um Restitution oder doch um Berück-
sichtigung bei einer Vakanz. Auch seine Frau bat um Verzeihung, da ihr
Mann erst zwei Tage nachher von ihrem Handel Kenntnis erhalten und am
Tage nach seiner Entsetzung zum Zeugnis seiner Unschuld das hl. Abendmahl
empfangen und bat um Restitution. Sie wurde vom Konsistorium an den
höheren Ort verwiesen (3. Februar 1768). Becker wurde schon im Jahre 1768
wieder angestellt als lutherischer Pfarrer zu Karlshafen, wo er 14 Tage nach
dem Tode seiner Frau am 9. Mai 1772, 71 Jahre alt, starb.
Von seinen Söhnen war Karl Becker, welcher als Feldprediger 1781
mit den Hessen nach Amerika zog, 1774 Pfarrer zu St. Goarshausen, 1785
zu Bornig, f 20. Oktober 1805; Peter Becker 1781 Pfarrer zu St. Goarshausen,
wurde, weil er seine Magd geschwängert und vorgeblich ausser Landes ge-
heiratet, 4. März 1803 kassiert, jedoch von dem französischen Konsistorium 1808
zum Pfarrer zu Langen-Schwalbach bestellt, y 1813.
Um die Inspektorstelle meldete sich der in den Hofkrciscn angesehene
Metropolitan Philipp Leonhard Stausebach zu Frankenberg, früher Feldi)rediger,
mit der Bitte, ihn dem geistlichen Ministerium und Rat Gössel für die ^^ ahl
zu empfehlen (2. Januar 1768). Derselbe kam jedoch nicht in Betracht. Vom
Geheimen Rat wurde am 5. Januar dem Konsistorium und von diesem am 7. Januar
«■■') Nach einer damals zwischen den nassanischeii Kanzleien geführten Verlinndluni:
hatte das Kousistuiiuni die (.iutachtcn von drei Faknltäten eingeholt.
'"") Vilniar, Komotion Hess. Pfarrer 1867, S. 25.
— 1 :)4 —
dem Rat Gössel die Besclileunigung der Wald aufgegeben. Letztere fand
14. Januar statt. Die drei Definitoren Gust. Christoph Lauber, Joh. Dan.
Boller und Joh. Dietr. Wagner brachten die daraus hervorgegangenen „ge-
lehrten, frommen und friedfertigen Subjekte", den Pfarrer und Defiuitor
Konrad Kasimir Werner zu Ruppertshofen und den Pfarrer Mag.
Philipp Konrad Otto zu Nochern, welche „vor auswärtigen subjectis" die
Verhältnisse am besten kannten, in Vorschlag. Werner hatte 19, Otto 15,
Boller und Wagner je 12 Stimmen. Um dem alten Werner den Rang abzu-
laufen, wendete sich Otto an das Konsistorium und versprach „an den ihm
geraachten Auflagen nicht das geringste ermangeln zu lassen, während Werner
schon seit 9 Jahren seinen Sohn als Adjunkt habe und aus Verwandtschafts-
rücksichten gewählt sei" (16. Januar). Gleichzeitig beschwerte und bewarb
sich Birckenhauers Witwe für einen ihrer Söhne, an deren Studium sie ihr Ver-
mögen gehängt, denen aber Becker jüngere Bewerber vorgezogen, um die
Pfarrei Ruppertshofen, wo seit 74 Jahren lauter Werner gewiesen und da
Werner seinen seit 9 Jahren adjungierten Sohn nach St. Goar mitnehmen
werde (21. Januar). Das Konsistorium entschied sich für Otto, der 20 Jahre
im Amt und in seinen besten Jahren, hingegen der emeritus Werner mehr als
40 Jahre im Amte und seit 1759 seinen Sohn als Adjunkt und seit 5 Jahren
cum spe succedendi erhalten habe (23. Januar). Vom Geheimen Rate wairde
Otto, „der mit in ohnmasgeblichen Vorschlag gebracht", am 26. Januar 1768
bestellt und dem Konsistorium wegen anderweiter Plazierung Becker's zu be-
richten aufgegeben.
18. Mag. Philipp Konrad Otto (1768—1802) war als Sohn des
seit 1710 zu Kochern gestandenen und 9. März 1768 verstorbenen Pfarrers
Joh. Christian Otto, 8. April 1727 geboren, besuchte die Schule zu Idstein,
1746_1748 die Universität Wittenberg, wo er Magister wurde, 18. Januar 1749
Gehilfe seines Vaters, 26. Januar 1768 Inspektor, wurde als solcher im Auf-
trag und Namen des Konsistoriums vom Rate Gössel 18. April verpflichtet und
27. April 1768 in Beisein des hessischen Gouverneurs eingeführt. Er war seit
110 Jahren der erste Inspektor, der aus der Niedergrafschaft gebürtig war.
Im Jahre 1799 feierte er sein öOjähriges Jubiläum, wobei ihm die Definitoren
mit einem Gedichte gratulierten, f 11. Mai 1802, alt 75 Jahre 1 M. 3 Tage.
Während seiner Amtszeit wurde 1774 statt des Spener'schen Katechismus
der Jakobische und 1783 statt des alten Marburger Gesangbuchs das verwässerte
Casseler Neue luth. sog. Waisenhaus-Gesangbuch in der Diözese eingeführt.
Infolge der Erneuerung älterer Prozesse des Stifts zu St. Goar wegen des
Eigentums des umfangreichen und wertvollen Stadtwaldes, welche Otto als
Stiftsdekan auf Grund alter Urkunden seit 1781 betrieb, machte er sich so
missliebig, dass ilim die Bürgerschaft die Fenster einwarf und seine Mobilien
zerstörte, und er auf die Festung Rheinfels flüchten musste. Die Klage des
Stifts wurde vom Ober-Appellationsgoricht zu Cassel 12. Dezember 1782 abge-
wiesen.'") Durch die Kriegsstürme der französischen Republik kamen die drei
1"') Grebcl, Ücschiclite der Stadt St. Uour 1848, S. 220.
- 155 -
linksrhcinisclieu l'f'urroien an Fraukrcicli (1705). Otto bcliiclt y.wur dio In-
spektion über den rechtsrhcioischoa Teil der Diözese und die von demselben
fälligen Gefälle, lobte aber infolge des Kriegs, da in den Jahren 17IJ1) — 1801
alle Gefälle seciuestriert waren, in Mangel und Dürftigkeit. Seit 8 Jahren
waren keine Kirchen- und Schulvisitationcn mehr gehalten, auch die Pfarrer
nicht mehr kirchlich eingeführt worden.'"-) Nach Otto's Tod wurden seinen
Erben an rückständiger Besoldung der rechtsrheinischen Gefälle Casselischer
Seits 200 Thaler zuerkannt (2. Juli 1803).
Von Otto's Söhnen war a) Wilh. Eberhard Otto 1784 Adjunkt des
Pfarrers Kobbeus zu Niedcr-Tiefenbach, 1793 Pfarrer zu Patersberg, f 1819;
b) Joh. Christian Otto, 1769 Diakonus zu St. Goar, ging in das republikanische
Lager über und gab, als die Franzosen die fürstlichen Möbel des Schlosses
Rheinfels verkauften, den Ausrufer ab, weshalb Jiessischer Seits seine Rückkehr
nach Hessen verboten wurde, er wurde jedoch auch von der republikanischen
französischen Regierung, „weil er sich etwas weiter gewagt, als Klugheit und
Vorsicht erlaubten" für einige Zeit bis zum Juni 1803 suspendiert'"^), c) Christian
Nicolaus Otto hatte 1783 — 1785 zu Rinteln studiert, wurde 1793 seinem Vater
adjungiert und nach dessen Tod ihm die Rückkehr und Bewerbung in Hessen
freigestellt. Derselbe machte jedoch, soviel ersichtlich, keinen Gebrauch davon.'"')
Nach Otto's Tod beauftragte das Konsistorium den ältesten Definitor Wilh.
Helfrich Ebenau zu Nochern mit den Inspekturgeschäften, welche derselbe
schon 8 Jahre lang diesseits des Rheines besorgt hatte, mit der Auflage, sich
die Akten, Rechnungen und Litteralien aus der Repositur von dem Sohne des
Verstorbenen nach und nach und ohne Aufsehen zu erregen , zuliefern zu
lassen und über den Rhein herüberzuschaffen. Dasselbe gab gleichzeitig dem
obigen Pastor extr. Christian Nicolaus Otto laut einer Anordnung an seinen
Vater vom 12. April 1802 auf, die Akten an Ebenau abzuliefern. Als näm-
lich der Inspektor Otto um die Weiterzahlung seines Gehalts vom rechten
Rheinufer bat, wurde ihm diese zwar zugestanden, jedoch auf Antrag der
Sequestrations-Kommission aufgegeben, das Superintendenturarchiv über den
Rhein nach St. Goarshausen zu schaffen und dasselbe dort unter seinem Ver-
schluss zu halten, weil dasselbe sonst von der französischen Regierung zurück-
behalten und ein Recht zu fernerer Besoldung des ersten lutherischen Pfarrers
zu St. Goar gegen Hessen geltend gemacht werden könnte (12. und 26. April 1802).
Ehe die Anordnung vollzogen war, starb Otto. Ebenau berichtet 29. Mai, dass
er diesem Befehl nachleben und dieses mit vielen Hindernissen und Gefahren
verbundene Geschäft verrichten, und wenn es glücklich vollendet, berichten
werde. Ein Bericht über den Vollzug liegt zwar nicht vor, doch schreibt er
in seinen „Zuverlässigen Nachrichten": „Dieses that er auch", und der obige
Pfarrer Wilhelm Eberhard Otto zu Patersberg berichtet o. Mai 1803, dass sie,
Otto's Kinder, die HerüberschafFung des Archivs meistens veranstaltet hätten.
^"-) ßericlit des Inspektors Ebciifiu, 2'J. .Mai ISUli.
^^^) Aus Ebemius Zuverl. Xnclirieliteii.
104
') Kons.-Bcsclü. 3. Aug. 1802.
— löli —
Es ist darnach kein Zweifel, dass das umfangreiche Arcliiv des lutherischen
Superintendenten, über dessen Verbleib noch ein Dunkel schwebt, 1S02 nach
Nocherii herübergeschafft worden ist."'^)
Im Jahre 1690 enthielt das Archiv 62 Haupteonvolute und 10 Packete
alter Briefe: 2sr. 1 — 3 Perganientbücher über die Pfarreion und Schulen, ihre
Güter, Kollaturen, Tisitationen, Xr. 4 Hartmauns Diarium, Xr. 6 das Stift
St. Goar, Xr. 7 Vorstellung uud Aufzug der Superintendenten, Xr. 8 Amt,
Forum und Strafen der Geistlichen. Jurisdiction des Reservatenkommissars,
Xr. 9—13 Kirchensachen von St. Goar, Xr. 14 Stipendien, Kanonikate, Legate,
Kollekten, Xr. 15 Synoden, Xr. 16 Streitigkeiten der beiden protestantischen
Religionsparteien, Nr. 17 Fürstliehe Verordnungen und Verträge, Nr. 18 — 24
Buss- und r^ettags- und Fürbittenausschreiben für das kaiserliche und fürst-
liche Haus, X'r. 25 — 60 Akten der einzelnen Pfarreien (alphabetisch), darunter
auch die der Darmstädtischeu Diözesen Braubach und Eppstein (54 — 59) und
der Cölnischen Stadt Rhens (60), Nr. 61 Kandidatensachcu, Xr. 62 Ver-
schiedenes."*')
Auf Antrag des Konsistoriums vom 19. Juni und Beschluss des Geheimen
Rats vom 29. Juni 1802 sollten unter den veränderten Umständen die Prediger
nach Langen-Schwalbach berufen und bedeutet ^Yerden, wegen Ausfalls der
Pfarrei St. Goar ihre Wahl auf solche Subjekte zu richten, welche eine Pfarr-
stelle in der Xiedergrafschaft bekleideten. Gleichzeitig erfolgte eine anderweite
Festsetzung des Gehalts. Die Besoldung vom linken Rheinufer wurde ganz
abgetrennt.*"') Das Einkommen der lutherischen Pfarr- und Inspektorstelle zu
St. Goar war im Jahre 1760 zu 440 Thaler 22 Alb. 4 Hlr. veranschlagt.
Davon blieben 1795 auf dem rechten Rheinufer 280 Thaler 20 Alb. 6 Illr.
Die Besoldung des künftigen Inspektors wurde auf 250 Thaler aus den rechts-
rheinischen Stifts- und anderen Casselischen Gefällen festgesetzt'"*) und dieser
Gehalt durch Allerh. Reskript vom 15. März 1803 dem neuen Inspektor von
der Zeit an, wo die Witwenkasse im Bezüge aufhöre, bewilligt. Ausserdem
bezog der Inspektor aus hessen-roteuburgischen Kassen 32\'l> Thaler und 12
Malter Hafer, welche der Rescrvatcukommissar Zipf im März 1805 bei der
Oberrentkammer an obigen 250 Thalern zu kürzen vergeblich beantragte und
damit einen neuen Beweis lieferte, von wie geringem Wohlwollen die Reser-
vatenkommissare gegen die Kirche und ihre Diener, die sie regieren sollten,
erfüllt waren.*"')
'"^) Der frühere Superintendent Hegemaun zu St. Goar teilte mir 1875 mit, dass es ilim
unerklärlicii sei, dass das Archiv zu St. Goar so sehr dürftii^ sei nnd <3;ar keine Akten ü})cr
die Diözese enthalte. Die obige Darstellung klärt diese Dürftigkeit auf, wenn auch meine
weiteren Naclifoi-schungen über den Verbleib dos Archivs, das zunächst bei der Pfarrei oder
dem Dekanate Nastütten zu suchen sein sollte, bis da ohne Erfolg geblieben sind.
'*'*) Aus den obigen liestallungsakten des Staatsarchivs zu Coblenz.
"*^) p:xtr. Geh. R. Prot. 24. Sept. 1802.
'"") E\tT. Geh. K. Prot. 8. Febr. 1803. Akten der hess. Sequestrationskommission und
Ubcrrentkammer zu Cassel, die Bestallung und Mosoldung de^s luther. Kircheninspektors betr.
""*) Die Oberrentkainmer fragte 16 März bei dem Konsistorium und dieses bei dem
Inspektor Ebenau an, welcher berichtete: „dass diese feindselige Denunziation in der Absicht,
-- \'ü —
Am 11. Februar 1803 erhielt Zipf den Auftrag, die Pfarrer zur Walil
nach Langen-Schwalbach zu berufen. Auf Antrag des Definitors Joh. Theodor
Werner wurde jedoch die Wahl, wie frülier, zu Nastätten am HO. März ISO.'i
vorgenommen. Es bewarb sich auch der frühere Mihtärprediger und damalige
Pfarrer zu Ober-Walmenach Joh. Christian Willi. Schwartz, „ein Fremdling in
der JNiedergrafschaft, ohne Weib, Kinder, Bruder uiul daher isoliert von aller
Verwandtschaft, ein redlicher und unbefangener Mann", um die Wahl."") Ge-
wählt wurden der I'farrer Willi. Helfrich Ebenau zu Nochern und der
Defiuitor Willi. Metz zu ifohenstein und der erstere vom Konsistorium zur
Bestätigung empfohlen (14, April 1803).
19. Wilhelm Helfrich Ebenau zu Nochern (1803—1806) aus einer
seit der Mitte des 17. Jahrhunderts im Pfarramte in der Niedergrafschaft
stehenden angesehenen Familie aus Giessen"'), Sohn des Pfarrers Joh. Friedr.
Ebenau zu Ober-Walmenach, geb. 14. Januar 1733, studierte zu Idstein und
Rinteln, seit 21. September 1755 Adjunkt seines Vaters, 9. November 175t')
Diakonus zu St. Goar, wo er bei der grossen Pulverexplosion 21. August 1759,
durch welche 41 Menschen umkamen, 50 Schritte weit weggeschleudert und
betäubt wurde, aber doch wie durch ein Wunder mit dem Leben davon kam,
und auch den grossen Brand 14. April 1761 erlebte, wurde 21. Juli 1769
Pfarrer zu Nochern, 14. Oktober 1785 auch Definitor der rheinfelser Klasse,
19. April 1803 als Inspektor landesherrlich bestätigt. Er wurde ohne kirch-
liche Einführung zufolge Auftrags des Konsistoriums an den Reservaten-
kommissar Zipf von diesem 9. Juni 1803 verpflichtet und 5, Juli zu Nastätten
den Pfarrern vorgestellt. Ebenau war bereits 70 Jahre alt und feierte 1805
sein Jubiläum, f 30. Juli 1806. Seiner Witwe wurde das Stcrb- und Gnaden-
quartal bewilligt. Eine Frucht kirchlicher Arbeit und Treue der Familie Ebenau
ist die von Strieder"-) erwähnte handschriftliche Pfarr-Chronik „Zuverlässige
Nachrichten", welche Johann Friedrich Ebenau begonnen, der Inspektor Willi.
Helf. Ebenau am 12. Juli 1797 vollendet, dann aber dessen Sohn Friedr. Willi.
Ebenau, späterer Kirchenrat zu Nochern, fortgesetzt hat und wovon eine Ab-
schrift sich dermalen im Königl. Staatsarchive zu Wiesbaden befindet.
Nach Ebenaus Tod wurde der alte Definitor Joh. Theodor Werner zu
Ruppertshofen mit dem Inspektorat für die Vakanzzeit am 7. August 1806
beauftragt; er versah dasselbe bis zum 7. Dezember 1806. Auf Antrag des
Konsistoriums und Beschluss des Geh. Rats vom 19. August 1806 wurde die
Wahl nach Langen-Schwalbach, jedoch auf Widerspruch Werner's der Gencral-
deiu Iiispoktor zu schaden, sicli selbst aber durch leere Vorspiegelungen liühero Gunst zu er-
schmeicheln", eine nngegründetc Anzeige sei und die Stifts- und Kotcnburgischon üetallo ganz
getrennte Fonds und olmo Zusammenhang seien (4. Mai 18UJ).
"") Schwartz, gebürtig aus Cassel, war 1792 Feldpredigor der Hessen in Frankreich,
1795 Pfarrer zu Ober-Walmenach, j 21. .Inni 1808.
'") Joli. Heinrich E. wurde als Adjunkt, Nachfolger und Eidam des Pfr, Simon 1-co
zu Marienfels 9. l'ebr. 1660 ordiniert.
"') Strieder 11, S. 80. Die Chronik gründet sicli für das 16. u. 17. Jahrhundort auf
Christianis Memoriale, enthält jedoch auch inancherleiigk Unrichtoiten.
— i:)8
konvent, wie herkümnilich, nach NastüUeu auf den 21. Oktober anberaumt.
Eine geradezu schülerhafte Behandlung hatte der Reservatcukommissar Arstenius
den Geistlichen zugedacht. Derselbe stellte dem Konsistorium vor, die Pfarrer
der Niedergrafschaft seien alle mit einander verwandt und bildeten eine
Familie, es könne daher wohl die Wahl auf einen solchen Mann fallen, der
wegen Leibes- und Geistesschwachheit nicht die nötigen Fähigkeiten habe; er
beantragte daher, ihm aufzutragen, die Stimmen zu sammeln und von jedem
AVähler die Gründe der Wahl zu Protokoll zu nehmen, damit das Konsistorium
entscheiden könne. Das Konsistorium lehnte jedoch eine solche ehrenrührige
Behandlung der Geistlichen ab und beliess es bei dem Herkommen (5. Sept.).
Gewählt wurden der Pfarrer J oh. Daniel Hartz zu Diethard, 62 Jahr alt,
und Ebenaus Sohn, Friedrich Wilhelm Ebenau"') zu Nochern, 40
Jahr alt. Hartz hatte 1 Stimme mehr. Die drei Defiuitoren Joh. Friedr. Karl
Rhod zu Nieder-Bachheim, Heinr. Ludw. Metz zu Hohenstcia und Joh. Chr.
Wagner zu Bärstadt baten in einer gründlichen Darlegung (25. Oktober) bei
dem Konsistorium um Bestätigung Ebenau's, weil diese Stelle wegen der vielen
damit verbundenen Arbeit nicht geeignet sei, als Belohnung vieljähriger Dienste
zu gelten, sondern einen Mann von Geistes- und Körperkräften erfordere, um
sie mit Würde bekleiden zu können. Ebenau sei gut geschult und schon bei
seines Vaters Wahl in Betracht gezogen, gleich weit entfernt von Unerfahren-
lieit, wie von Erschlaffung des Alters und habe solche Geistes- und Körper-
bildung, dass er viel Gutes wirken könne. Sie baten, beide Gewählte vor dem
Konsistorium über ihre Würdigkeit zu prüfen. Auch beide Gewählte bewarben
sich in Cassel um die Bestätigung, Hartz sogar bei dem Kurfürsten selbst:
Ebenau sei jung und durch die Pfarrei Nochern genügend versorgt. Er stellte
seine von den Vaterlaudsfeinden erfahrenen Gewaltthaten, Kontributionen und
Requisitionen auf seiner früheren Stelle Pfalzfeld vor, w^odurch er namenlosen
Schrecken gehabt und sein erspartes Vermögen verloren; durch die Inspektor-
besoldung werde er seine 6 Kinder besser versorgen können. Seinen Patriotis-
mus und seine Verluste durch die Franzosen und etliche zu denselben gefallene
Pfarrkinder Hess er sich durch den hessischen Kanzleirat und Amtmann Wächter
zu St. Goar bescheinigen. Hartz war kein ganz ehrenwerter Charakter.
Ebenau war würdiger und tüchtiger. Dieser erbot sich zu einer Prüfung und
zur Erlangung der Magisterwürde, Hartz sei infolge von Familienverbindung
gewählt, gehöre zu den wohlhabendsten Pfarrern und sei seit seinem 23. Jahre
vom Glücke begünstigt. In Cassel suchte man durch einen Ausweg um die
Entscheidung herumzukommen. Der Ausweg war allerdings geradezu dumm.
Zufolge einer höchsten Order forderte das Konsistorium am 31. Oktober ISOü
den Reservatenkommissar Arstenius auf, die Pfarrer zu vernehmen und zu be-
richten, warum die Defiuitoren bei der Wahl übergangen seien. Jedoch am
1. November 1806 hatte auf Anordnung Napoleons der junge Kurstaat Hessen
"•'j Fr. AVilli. Ebenau, gob. zu Ht. Guar ü. Jan. 17(57, studierte zu Idstein und Rin-
teln, 1793 Gehilfe des l'tr. Ebenau zu Kieder-Mcilingen, IG. Febr. 1794 ordiniert, 1797 Ad-
junkt seines Vaters zu Nochern, 1803 Pfarrer zu St. Goarshausen, 1806 zu Nochern, Jubilierte
16. bezw. 18. Febr. 1844 in der Kirche, wurde Kirchenrat, f 30. Mai 1844.
— 159 -
aufgehört. Sofort bewarb sich Hartz bei den „Vaterlandsfeinden" um seiue
Bestätigung, welche der französische Administrator Pietsch nach Anliöriing des
Reservatenkommissars Arstenius am 4. Dezember 180G bereitwillig erteilte und
dem Konsistorium zu Cassel mitteilte.
20. Joh. Dauielllartz zu Diethard (180G — 1818), Sohn des Pfarrers
Nie. Hartz zu Pfalzfeld, geb. 4. Febr. 1744, besuchte die Schule zu Trarbach,
studierte zu Rinteln unter Schwarz, Plitt und Chrysander, wurde 11. Jan. 17(17
Adjunkt seines Vaters, 1770 dessen Nachfolger, 4. Nov. 1795 Pfarrer zu Diet-
hard, hatte bereits 180G seinen Sohn, später seinen Eidam Kirsch zum Adjunkt,
1817 Kirchenrat, behielt bei der anderweiteu kirchlichen Organisation 1818
seine Würde und Gehalt in seiner Eigenschaft als Dekan des Dekanats
Nastätten, wurde 1833 emeritiert und starb in dem hohen Alter von 90 Jahren
zu Dörsdorf im Jahre 1834.
Nach der Herstellung des Kurstaates bat Hartz 18. Dezember 1813 bei
dem Kurfürsten und Konsistorium zu Cassel um Bestätigung in seinem Amte.
Es sprachen sich zwar alle Räte des Konsistoriums für ihn aus, doch fuhr das-
selbe jetzt genau da fort, wo es am letzten Tage des Kurstaates, 31. Okt. 1806,
stehen geblieben: es sei der vom Reservatenkommissar Arstenius am 31. Okt. 180G
erforderte Bericht noch nicht eingegangen, daher zu erinnern und zu erstatten
(2. Februar 1814), Auch bei Arstenius suchte Hartz am 10. Februar 1814
um Befürwortung seiner Bestätigung nach. Alle im Jahre 1806 im Amte ge-
standenen Pfarrer mussten sich daher wirklich wegen ihres damals ausgeübten
Wahlrechts rechtfertigen und wegen Übergehung der Definitoren entschuldigen.
Es wurde damit die von Arstenius den Geistlichen zugedachte Behandlung
schliesslich vom Konsistorium adoptiert.
Arstenius legte seinem Berichte (4. März) diese Rechtfertigungsberichte
der Pfarrer bei. Diese beriefen sich teils auf ihr freies Wahlrecht, auf das
hohe Alter und ausdrückliche Ablehnung der Definitoren, oder — so Hartz
selbst — dass vor 1803 niemals ein Definitor, 1768 aber sogar ein Adjunkt
gewählt worden. Der Pfarrer Heinr. Ludw. Metz zu Hohenstein berichtet
ausser diesen Gründen: „die Würdigkeit des Hartz, der damals auch schon alt
gewesen und einen Gehilfen gehabt, sei w^eniger, als die der Definitoren zu
verteidigen. Die Wahl desselben gereiche dem geistlichen Ministerium nicht
sonderlich zur Ehre. Die Präsentation desselben sei nicht seine Schuld und
habe er sich nicht fremder Sünden teilhaftig gemacht. Bei einer künftigen
Wahl könne er nicht auf die unter den Auspizien des von der französischen
Administration angestellten Inspektors Hartz kreierten Definitoren stimmen"
(1. März). Der Pfarrer Glatzau zu Holzhausen a. d. H. berichtete, dass er die
Definitoren Werner und Wagner als würdige gewählt; es sei aber die ärger-
liche und den Predigerstand herabwürdigende Gewohnheit eingerissen, dass
Werber ausgeschickt würden, die Stimmen zu sammeln mit dem Yersprecheu
besonderer Vergünstigungen bei Vakanzen. Arstenius berichtete dann, dass
die Pfarrer freies Wahlrecht hätten und die Definitoren zu alt gewesen.
Das Konsistorium war nicht ganz einig. Während der Konsistorialrat Ernst
äusserte, dass „Ebenau jun. nicht im besten Lichte erscheine", meinte der
— 100 —
General-SuperiuteDclent Dr. Rominel dagegen, ,,dass die Sache sich etwas
anders verlialte," Die freimütige Äusserung des Pfarrers Metz aber war für
die hierarchischen Ohren eines Konsistoriah-ats ein sokdier Misston, dass der-
selbe sie für hassenswert erkhirte. Das Konsistorium trug am 15. Mai 1814
auf Bestätigung des Hartz bei dem Kurfürsten au.
Hartz hatte schliesslich noch einen widerhcheu Streit mit dem alten
Definitor Job. Theodor Werner über den diesem für Versehung der Inspektur-
geschäfte während der Vakanz zugebilligten Inspektorgehalt. Laut des Reskripts
an den Inspektor Ebenau vom 15. März 1803 hatte das Konsistorium auch dem
Werner am 11. September 1807 den Gehalt nach Ablauf des Sterb- uud
Gnadenquartals für die Zeit der Vakanz (157 Thaler 24 Alb. 6 Hlr. und
4 Malter Hafer) und ebenso die französische Administration am 21. Februar 1807
zugebilligt. Letztere hatte den Gehalt für 4 Monate au Werner zahlen lassen,
dann aber auf Betreiben des Hartz, weil der älteste Definitor die Inspektur-
geschäfte eo ipso und gratis versehen müsse, am 11. April 1807 die Vergütung
dem Werner abgesprochen und diesen den Betrag zurückzahlen lassen. Das
Konsistorium zu Cassel verfügte, dass von einer unentgeltlichen Versehung
keine Rede sein könne und dass der Nachfolger (Hartz) das Sterb- und Gnaden-
quartal tragen müsse (16. Oktober 1807)."^) Dasselbe wies daher den Hartz
an, nunmehr diese Vergütung an Werner zu leisten (6. Sept. 1814). Hartz
erhob jetzt gegen den alten Werner die schändliche und erlogene Beschuldigung,
dass dieser, um die Ehre und Einkünfte der Inspektur möglichst lange zu ge-
niessen, die Inspektorwahl im Jahre 1806 verzögert habe. Werner wies zwar
den Ungrund dieser Verleumdung nach, indessen leistete Hartz auch auf eine
weitere Konsistorialverfügung keine Zahlung, sondern appellierte an das Ober-
Appellationsgericht und verschwieg und behielt, als dieses diese Klage als ,,un-
qualifizierbar" am 18 Februar 1815 abgewiesen, dieses Resolut mehr als
ö Monate zurück. Auf nochmalige Klage Werner's, der jetzt auch Kosten und
Verzugszinsen verlangte, gab dasKonsistorium wiederum am 9 und 27. Aug. 1815
dem Inspektor Hartz auf, den Werner zu befriedigen, und dem Reservaten-
kommissar, demselben zur Befriedigung zu helfen. Jedoch auch Arstenius ver-
zögerte die Ausführung, liess dem Hartz 4 Wochen Frist, weil noch nicht de-
finitiv entschieden sei, und gab dem Werner am 23. Dezember 1815 auf, ein
documentum desertae appellationis vom Ober-Appellations-Gericht zuvor beizu-
bringen. Das Konsistorium forderte nochmals 9. März 1816 den Reservaten-
kommissar zum Bericht. In demselben Monat starb der 80jährige Definitor
Werner. Diese Sache, mit welcher die hessischen Kirchenregimentsakten der
Niedergiafschaft Katzenellenbogeu schliessen, lässt erkennen, warum die Defini-
toren im Jahre 180G gegen die Würdigkeit des Hartz begründeten, wenn auch
vergeblichen Widerspruch zu erheben für Pflicht erachteten.
"^) Es borulito dieses mit' L(m1 d .« ili ose , Hess. Kirelien-Kei'lit ITS.",, § ;!-19 u. X)9.
161 —
II. Casselische reformierte Inspektoren zu St. Goar seit 1649.
1. Adolf Fabriciuö aus Kotenbiirg, geb. 19. Jan. 1GÜ4, studierte \V)2'}
zu Basel, besuchte 1626 Italien und Genf, wurde Sekretär bei dem Land"iafen
Moritz, studierte darauf noch Thoologie und besuchte 1629 England. Dort Hess
er sich IG. Juli 1033 vom Bischof von Lincoln nach dem Ritus der englischen
Staatskirche ordinieren, ohne dass man in Hessen an dieser Ordination in einer
Kirche des Auslandes damals Anstoss nahm. Fabricius stieg jetzt noch höher
in fürstlichen Gnaden, kirchlichen Ämtern und Ehren. Er wurde 10. März 1634
an dem Collegium Mauritianum zu Cassel immatrikuliert, dann Hofprediger bei
der Landgräfin Juliane, deren Söhne Christian und Ernst er auf Reisen nach
Italien und Frankreich begleitete ; nach 5 Jahren wurde er wieder Hofpredio-er
der Landgräfin Juliane bis zu ihrem Tod 1643. Im Jahre 1646 begleitete er
den Landgraf Friedrich von Eschwege nach Schweden zu dessen Vermählung
mit Eleonore Katharina von Pfalz-Zweibrücken. Als Landgraf Ernst die Nieder-
grafschaft erhielt, wurde Fabricius 1649 Hofprediger desselben zu Rheinfels
und führte den reformierten Gottesdienst am 1. Adventssonntag 1649 in der
Stadtkirche zu St. Goar ein. Nach Landgraf Ernsts Übertritt zur katholischen
Kirche lebte Fabricius zwei Jahre zu Witzenhausen, wurde 1653 Metropolitan
zu Ilomberg und nahm als solcher Teil an der Synode der niederhessischen
Kirche zur Umarbeitung der hessischen Kirchenagende von 1574, f 7. Febr. 1676.
Schriftstellerisch ist Fabricius nur durch Herausgabe mehrerer Leichen- und
anderer Predigten thätig gewesen.''")
2. Johannes Werner aus Homberg, studierte 1639 auf der Akademie
zu Cassel, war gegen Ende des dreissigjährigen Krieges Prediger bei der
hessischen Garnison zu Lippstadt und als solcher mit dem Landgrafen Ernst
bekannt geworden."") Ernst trat am 8. März 1649 mit ihm in Yerhandlnng,
weil ihm „das jus praesentandi zustehe", zwecks Berufung zum reformierten
Prediger zu St. Goar. Weil Lippstadt in hessischen Händen blieb, verzögerte
sich die Bestallung. Landgraf Ernst präsentierte unmittelbar vor seinem Über-
zug nach St. Goar den Werner dem Konsistorium zu Cassel (25. Juni 1649).
Werner versprach bei seiner Bestallung im Revers dem Landgrafen Wilhelm VI.
Treue und Gehorsam und nicht von seinem Kirchendienste abzustehen, er habe
denn ordentlichen Urlaub genommen und sei seines Dienstes von denen ent-
lassen, bei welchen die Entlassung stehe (9. Dez. 1649). Man wusste demnach
damals weder zu Cassel, noch auch Landgraf Ernst selbst etwas von einer
Kirchengewalt des letzteren, sondern nur von einem Präsentationsrecht. Ernst,
damals noch ein Eiferer für den Calvinismus, forderte 14. Dez. 1649 den Werner
auf, schleunigst noch vor dem Christfeste sein Amt anzutreten, „damit den
"^) Striedor, Hess. Gel. -Lex. 4, 34. — IIopi)e, Eiiit'iiliruiiy: dor Vorbe8.<eruiig.<i)miUto
1808, S. 225.
"") Hess. Zeitschr. N. F. 18, 295. Joli. AVornor i.st Ycr.scliiodeii viui dem ijleitdizpitiiroii
und gleichnamigoii Joh. Wernor uns Marburg, wolclior 1634 zu (.'nssol stuiliert und 1(551 Pfarn-r
zu Troysa war, f 1G83.
— 1G2 —
Lutherischen der Mut je mehr und nielir benommen werden möge", Werner
wurde durch Fabrioius ins Amt eingefülirt. Der Streitruf Ernsts gegen die
Kirche, welclie das Fürsteuhaus laut des westfälischen Friedens zu erhalten und
zu schützen verpflichtet war, verhallte jedoch bei Ernst und Werner schnell
in einen kläglichen ^lissklang. Nach Ernsts Übertritt wurde Werner durch
dessen Rat Joh. Ilerm. Nordeck am 7. Juni 1652 abgesetzt, weil er einer
Anordnung zuwider heimliche Schreiben des Konsistoriums zu Cassel, worin er
starke Anmahnungen zu seiner Pflicht erhalten hatte, nicht abgeliefert und
Werner sich als dem Landgrafen Wilhelm verpflichtet bezeichnet hatte laut
seiner Bestalhiuo-, Werner lebte noch ein halbes Jahr im Pfarrhause zu St. Goar
und Ernst bewilligte ihm trotz seiner „vielfältigen Widerspenstigkeit" am
22. Dez. 1652 weitere 3 Monate Frist, Werner, welcher auch durch wieder-
holte sehr unterwürfige Schreiben keine Wiedereinsetzung erlangen konnte,
erhob darauf einen vergeblichen Besoldungsstreit gegen Ernst, von welchem er
für 5 Monate, welche er im Jahre 1649 zu Homberg verweilt, Besoldung ver-
langte."') Auch seitens des Konsistoriums zu Cassel, welches ihn 1649 bestellt
hatte, erhielt Werner keinen Schutz, Er folgte im Jahre 1653 einer Berufung
des Rats der Stadt Bremen an die dasige Ansgarikirche"**), wo er wegen Un-
zucht mit seiner Magd 1657 suspendiert, 1658 abgesetzt und durch Beschluss
des Rats vom 17, März 1658 aus dem Pfarrliause uiid aus der Stadt Bremen
ausgewiesen wurde,"')
Landgraf Ernst erteilte nach Werners Absetzung dem Oberschultheiss
Wilh, Cölsgen Auftrag, für die Versehung des Gottesdienstes Sorge zu tragen
und überliess es der reformierten Gemeinde, welche damals 18 Familien zählte,
einen Prediger zu berufen. Die luterimscura versah der Pfarrer Matthaeus zu
Bacharach. Nach vergeblichen Verhandlungen mit dem Pfarrer Peter Petenius
aus üillenburg wurde berufen
3. Heinrich Werner Candidus (1653 — 1657), ein Sohn des herzogl.
zweibrückischen Superintendenten Samuel Candidus, Derselbe war ein unruhiger
Geist, in Bern zum Predigtamte ordiniert, Feldprediger bei den Schweizern,
1647 Pfarrer zu Mimbach in der Pfalz, von wo er, weil ihm infolge der Kriegs-
nöte seine Pfarrkompetenz nicht ausgerichtet wurde, am 6. Juli 1648 die Ent-
lassung nahm und die ihm vom hessischen General Geisse angebotene Feld-
predigerstelle mit monatlich 21 Rthlr. und freiem Tisch beim Regiments-Oberst
übernahm. Im Jahre 1652 war Candidus Jlofprediger zu Bedburg. Laut Be-
rufung der Gemeinde wurde er mit GeJichmiguug Landgraf Ernsts reformierter
Prediger zu St. Goar und stellte 11. März 1653 Revers aus. Candidus war
ein eifriger Calvinist, der überall in die Pfarreien der Niedergrafschaft ein-
zudringen suchte und daher bei der Bevölkerung als Unruhstifter galt. Auch
er fiel bei Landgraf Ernst in Ungnade, weil er eine Eiidadung zu einem von
"■) Akten: Joli. ^Vernor, IMarrer zu St. Goar, vom [.aiKlyrafoii Ernst seines Dienstes
entsetzt, 1652. Marb. Staats- Arcliiv.
"") Berufungssclireiben vom 22. .Iiili 1G53.
"^) Predigerverzeiclinis der Ansgarikircho, png. 49. Msejit. rostii Clnonicon ad a. lOf)?.
— 163 —
(licsGni vcraiistaltetcii Keligioiisgeöpräch abgclcilint und dazu die andere llällic
des Papiers des fürstlichen Einladungsschreibens bcjuitzt hatte. '■'") P^rnst entzo«'
ihm mehrere Besoldungsstiicke aus der fürstlichen Kammer, als angcdjüch zur
Besoldung des Schlosspredigers zu llheinfels gehörig, \v(dche mit di-m Wegfall
des Dienstes auch wegfallen sollten. Auch trotz wiederholter Yerwendiiuf
Landgraf Wilhelms bei Ernst konnte Candidas diese Bezüge nicdit wieder er-
langen.'-') Die reformierte Gemeinde zu St. Goar, bei welcher er ebenfalls
wenig beliebt war, bat bei dem Konsistorium zu Cassel um seine Versetzuno-,
weil er „wegen seiner leisen Stimme und unvernehmlichen Ausrede im Predigen
bei den Zuhörern wenig Erbauung gestiftet". Das Konsistorium wollte ihn
trotzdem als eifrigen Calvinisten mit einem der besten Pfarrdienste, dem zu
Allendorf an der Werra, belohnen, den er jedoch, als ilim nicht bequem, ab-
lehnte. Im Jahre 1657 wurde er Prediger der reformierten Gemeinde in der
cölnischen Stadt Rhens a. Rh. Einen bei deren Religionsverwandteu zu Hanau
und in den JS'iederlajiden gesammelten Kollekteufond wollte er schliesslich, statt
die Schulden der Gemeinde zu bezahlen, zur Ausbreitung der reformierten Ge-
meinde zu Sr. Goar unter der lutherischen Bevölkerung der Niedergrafschaft
verwenden. Landgraf Wilhelm, allen kirchlichen Gegensätzen abhold, miss-
billigte jedoch dieses Treiben.'"') Candidus wurde 1661 Pfarrer und Lispektor
zu Meisenheim, im Juni 1670 zweiter Pfarrer zu Bergzabern, f ID. August 1670.
Er war vermählt mit Susanna Margarete Hofmann. Von seinen Söhnen war
1. Job. Daniel Candidus reformierter Pfarrer zu Ransweiler, 1678 zu Ann weder,
1682 zu Barbeiroth, 1690 zu Bergzabern, zugleich Inspektor, y 5. Jan. 1719;
2. Georg Friedrich Candidus, Stadtschreiber in Annweiler; o. Friedrich David
Candidus, geb. zu St. Goar 1654, Apotheker zu Weinbeim.''^)
4. Nicolaus Treviranus (1658 — 1666) aus Hirschberg bei Diez, studierte
1620 — 1625 zu Herborn, 1625 Gehilfe seines Vaters im Pfarramt zu Hahn-
stätteu, 1627 Diakouus zu Diez, 1632 reformierter Pfarrer zu Nassau, tauschte
1633 mit dem zweiten Pfarrer Job. Jak. Birlenbach zu Diez, 1635 Inspektor
daselbst und Nachfolger seines Schwiegervaters, Andreas Arcularius. In dieser
Stellung kam er als eifriger und entschiedener Calvinist in Streitigkeiten mit
dem lutherischen Statthalter und damaligen Pfandherrn der Grafschaft Nassau-
Diez, Achatius von Iloheufeld. Der letztere warf ihm Hochmut vor, absolute
zu regieren, sei der einzige Streitgrund. Obgleich durch den Prinzen Adolf
von Nassau-Schaumburg ein Vergleich zustande kam, dass beide in Kirchen-
uud Schulsachen einmütig handeln sollten, so nahm Treviranus, der schon 1648
einen Ruf nach Marburg abgelehnt, zwei Jahre später seine Entlassung und
folgte der Berufung nach St. Goar. In seinem Abschied stand, dass er den.
Fürsten in sein jus episcopale eingegriffen und um mehrerer Kompetenz willen
sein Vaterland verlasse. Die BerufunKsverhandlung mit ihm war dem Reservaten-
'''^") Strambei'g, Ivheiii. Antitjiiarius '_', 4, 777.
'^') Schreiben Landgraf Wilhelms 19. Jan. und 4. (»kt. 1G')G.
1") Hess. Zeitsehr. N. F. 31, S. .j2.
'-^) Th. (iünibel, Gesch. der protost. Kirche der ITulz, S. .".i(4, und .'ins .Mitt«ilun;.'en
des Künigl. i5a\ r. Kreis-Archivs zu Speicr.
11
- 104 —
kummissar Job. Kuur. Nordeck aufgetragen (30. März 1658). Auch zu St. Guar
erwies sich Treviranus als ein energisch-hierarchischer Maon, sodass Landgraf
Wilhelm VI. seine grosse Hitze und dass er zu praecipitanter verfahre, miss-
bilHgte (26. Februar 1659), y 9. Februar 1666. llohenfeld erkannte ihn später
als einen aufrichtigen Mann an, der sich jedoch von seinen stolzen Söhuen
habe regieren und verführen lassen.'-*) Seine Witwe Anna Kunegunde und
mehrere kleine Kioder lebten später in armseligen Yerhältnissen in Speier.
Ausser einer Leichenpredigt auf die Fürstin Sophie Hedwig zu Diez über
Psalm 16 (1642) und auf Landgraf Wilhelm VI. über 2. Könige 20, 2 und 3 (1663)
schrieb er eine Postille „Christliche Andachten über die Sonntagsevangelien ",
welche nach seinem Tode in mehreren Auflagen erschien. '^^) Von seinen Sühnen
war 1. Andreas Heinrich Treviranus 1650 Pfarrer zu St. Peter und Kaplan zu
Diez, 1656 zu Bacharach, 2. Joh. Gottfr. Treviranus zu derselben Zeit Konrektor
zu Bacharach, später Pfarrer zu Bicken bei Dillenburg.'-")
5. Konrad Wiskemann (1666 — 1706), gebürtig aus Witzenhausen, Sohn
des Pfarrers Joh. Wiskemann, geb. 1633, studierte 1650 zu Cassel, wurde
30. März 1666 zum Inspektor zu St. Goar bestellt, y 17. Juni 1706, begraben
in die Kirche zur rechten Seite des Altars. Während seiner Amtszeit zog in-
folge der Austreibung der Reformierten aus Rhens deren Prediger Joh. Bernh.
Delph 1685 „aus Privatinteresse" nach Kemel, führte dort reformierten Gottes-
dienst neben dorn lutherischen ein und begründete eine kleine Gemeinde, deren
Pfarrsitz später nach Langen-Schwalbach verlegt wurde.'")
6. Nicolaus Kürsner (1707 — 1714), der Sohn eines Buchdruckers zu
Marburg, geb. 1661, war Feldprediger, 1694 zweiter reformierter Prediger und
Professor der griechischen Sprache zu Rinteln, 1706 Inspektor zu St. Goar,
trat das Amt erst 6. Nov. 1707 an, 1714 reformierter Inspektor zu Schmalkalden,
24. Febr. 1718 Superintendent zu Cassel, im März auch Oberhofprediger und
Konsistorialrat, -j- 14. Jan. 1734.'-*) Während seiner Amtszeit wurde eine dritte
reformierte Predigerstelle in der Niedergrafschaft, nämlich zu Nastätten, ein-
gerichtet und Joh. Th. Neuber aus Niederhessen zu deren Prediger 1712 bestellt.'-')
Von den von dem Konsistorium zu Cassel am 15. Febr. 1715 zum Inspek-
torat vorgeschlagenen Pfarrern Keppel zu Grenzebach, Joh. Ludw. Klinkerfues
an der Uuterneustadt zu Cassel und Schenkel zu Zierenberg — auch ein Hof-
prediger der Markgräfiu von Bayreuth war in Betracht gezogen — wurde
k^'iuer bestätigt.
7. T i 1 e m u n n S r a h 1 s c Ii ni i d r (1 71.3 — 17P)4) aus Siegen, studierte seit
(lern 5. August 1686 zu Ilorborn, bekleidete am Ende des 17. Jahrhunderts
eine Stellung in der Pfalz, 1701 Oberpfarrer und Wittgensteinischer Inspektor
/u Lasphe, ein bi> da tleissiger und ordnungsliebender Mann, wurde am
'2-*) Steubing, Topograplii.; der Grafschaft Diiv. 1812, S. lO'J ff.
>") Strieder 16, 2.34.
^•^'■■) Steubing S 106 u 113.
'•-") Ledderhose, Hess. Kirchonstaat 1780, S. 298. — Hess. Zeitsflir. >". F. :U, .^0.
''■*") Hacl), Kurze GescIi. d. kui'li. Kirchenverfassung 1832, S. 121.
'■•'^) Lfdderhosc a. a. O. S. :!()(>.
— Kif) —
4. Ai)ril 171.") zum Inspektor nach St. (n.ur Ixirufcn und sein«- Eni(!nmin>;- am
5. A])ril den icformiorton Predigern zu Nastütton und L.-Sclnvalbacli lickannt
zu macliun und den ncstclltoii in <li(' Einkünfte einzuweisen, dem Iteservaten-
komniissar Ilcinluird aut'^-otraucn. LanilgTaf Karl v(irwilli;4t(f dem Bestellt. n
40 T]uil(>r Transportkosten, sowie die Hälfte d(!r Vakanzeinkünfte seiner Stelle? viuii
11. November 1714 ab, während di(^ and<a'(? Hälfte den Vakanz))redii,'ern /ii-
i>-ebillii>t wurde. Stahlsdimidt und der leformierte Diakonus l>ad(?idiausen zu
St. Goar wurden im Jahre 1734 kassiert wegen ihrer zu <)tfentlicliem Äri^n-r-
nis ausgearteten Streitigkeiten. Dass der Inspektor S. (linem gefallenen Mädchen
beim heil. Abendmahl das Brot reichte, wähi'end der Diakonus (hmisidben den
Kelch verweigerte, gab Anlass zu diui heftigsten gegenseitigen Schmähungen
uud Verhnimdungen, die selbst auf die Kanzel gebracht wurden. Obwohl die
dem Inspektor gemachten Bescluildigungen, darunter auch di(; des Khebruchs.
nicht bewiesen werden konnten, so hatte doch der Ruf beider so gelitten, dass
das Konsistorium auf Suspension und spätere Versehung mit einem geringeren
Pfarrdienste antrug. Statt dessen erfolgte jedoch die Kassation (wahrscheinlicdi
im Februar), indem man Stahlsclimidt als belastet ansah.'"";
8. Joh. Konrad Kessler (17o4 — 1747), eines Bäckers Sohn aus
Cassel, geb. i:]. Januai 1682, studierte zu Marburg 1699, war Pfarrer zu
NiederzNvehren bei Cassel, wurde d. d. Stockholm, 24. März 17;U zum Inspektor
ernannt uud dem Reservateukonimissar Dr. Beza 2. Juli davon Nachricht gegeben.
Kessler starb auf seinen Gütern zu Niederzwehren 21. Februar 1747. Der
dasige Pfarrer Grau, welcher Kesslers Tod dem Konsistorium am 22. Februai-
anzeigte, erklärte sich auf Anfrage des Letzteren zur Nachfolge gegen Vergütung
der Umzugskosten uud Beigabe der Garnisonspredigerstelle bereit (20. März).
Auch der Pfarrer Joh. Peter Koppen zu Harnuitsachsen verlangte Umzugskosten.
Der Pfarrer Göbel zu Obersuhl lehnte die Stelle ab. Das Konsistorium schUm-
Grau und Koppen vor (21. April 1747).
9. Joh. He inhold Grau (1747 — 1768) aus Melsungen, geb. 21. A[)ril
1701, besuchte die Schulen zu Cassel, studierte 1718 zu Marburg, dann zu
Heidelberg, Leyden und Utrecht, wurde 17o6 Pfarrer zu Niederzwehren. am
16. Mai 1747 zum Inspektor ernannt, f 19. April 1768. Grau schrieb „die
erfreute Seele in dem Bethause Gottes vorgestellt in dem 2."). rsalm.'"'')
10. Heinrich Wilhelm Eskuche (1768—1776) aus Wulfhagen,
geb. 25. September 1718, studierte 1734 zu Marburg, war seit 2. Juni 1747
reformierter Prediger zu Nastätten, 1762 zu Hümme, 28. .Iiini 1 76S zum
reformierten Inspektor zu St. Goar bestellt uikI ileiu Ifeservatenkommissar Gössel
22. Juli von der Ernennung Nachricht gegeben. Eskuche trat das Amt
12. November an, y H- April 1776.'^-) Eskuche und sein Nadifolger N<dte
waren die ersten reformierten Inspektoren, welche mit den lutherischen rnspekturen
und Geistlichen auf einem erträudich friedlichen Fusse lebten.
^^"} Aus Akten des .Marburger Stiiatsiircliivs. . Sein Suhii Joh. Ludw. Stalilscliiuidt war
1789 Oyiiuiasialprot'essor zu Zweibrüclcon, 1747 ref. Pfarrer zu Cuutrii;- in der l'falz. t 'Ji'.. Apr.
17G2. Güml)el, a. a. O. S. 747. lleintz, Le College de Deux-l'onts 111, S. ."):{.
'^0 Strieder 5, 88.
'^■') Strieder ö, 307,
11*
— UU) —
über die Vakiinzv('rsoliun<i- cntsrand eine errefjto Verliiindlunu-. Der
rt'furmieito l)iak(»nus E. K. ituiiiiiii'l zu Sr. (Jciai'. machte von dein Abloben
^des Inspektors der ref(n-mierten Keli<;i(i]i" dem Konssistorium Anzeige und nannte
sieh selbst dabei „decanus zu Sr. (niar. " Der Superintendent Tvciuli. ("hr.
Unuewitter bekht^te. dass dem litunniel so sehr das Judicium disoretionis mani;eie
und bei der Vakanz kein besseres Subj(!kt die vices diaconi versehe. Um den-
selben ganz bei Seite zu schieben, beantraj^-tc Ungewittei- die Vakanzversüruuni;'
durch den lutherischen Inspektor anordnen zu lassen, bezw. die i-ef'ormierten Ein-
wohner in den lutherischen Gottesdienst gehen zu lassen, da es nicht unerbaulich
sei, so vi(d als m()gHcli im Ausseren eine gewisse Vereinigung zu zeigen
(16, April). Dm weltlichen Mitglieder waren jedoch konfV^ssioneller. als der
Superintendent. Das Konsistorium beauftragte dabei- den Reservatenkoinmissar
Resius eine Vakanzversehung anzuordnen, welche der reformierte Prediger Karl
Theodor Kessler zu Nastätteu und Romniel schliesslich übern(diineu luussten.
11. Johannes Xolte i'lTTß — 1786) aus Oberelsungen, geb. '29. Mai
17:^1', wurde nach seinem Studium zu Oassel und ^larburg Stipondiatenniajor
daselbst. 17r)8 rc^formierter Diakonus und Rektor zu Frankenbers>", 1761 Pfarr-
adjunkt zu Kirchbaiina. 1764 erster Pfarrer an der Unterneustadt zu Cassel,
25. Juni 1776 zum lns})ekror zu St. Goar ernannt, 1786 Su})erintendent zu
Allendorf a. AV.. t 12. April HSO.'^*)
12. Joh. \Villi(«lm IJingel (1786—180:)) aus Cassel, hatte 1759 zu
^Marburg studiert und den Eeldzug der Hessen nach Amerika als Stabsprediger
mitgemacht, Avurde dann Diakonus zu St. Groar, und auf Antrag des Reservaten-
kominissars Vietor vom Konsistorium 21. März 1786 vorgeschlagen und 28. März
von Landgraf Wilhelm IX. zum Inspektor ernannt, 9. Mai von Vietor verpflichtet.
[nfolg(! der Abtretung des linken Rheinufers an Frankicjch sollte vom -lahre
1800 ab (Um jenseitigen Beamten keine Besoldung mehr von Hessen gereielit
werden. Dem Inspektor war di(^ Zahlung des Stiftseinkoinmens von der Rückkehr
auf das rechte Rheinufer abhängig gemacht. Da Bing(!l die Rückkehr ver-
zögerte, war er vom 1. Januar 1800 bis 1. März U^Ol ohne Besoldung und
nahm endlich die durch Versetzung des Pfarrers Joh. IFeinr. Koch nach Iininen-
hausen frei gewoidnu» rcsformierte Predigerstelle zu Nastätteu (9. ^[äi'z 1801)
an, mit welcher seitdem die ref. Ins])ektur verbunden blieb. Eür seine Verluste
erhielt er 7. Juni 1S05 an liickständiger Besoldung von seinem Abzug aus
St. (Toarbis2H. F(!bruar 1805 (üne Xachzahlung von 840 Thaler 18 Albus und von
da an 40 Thahn- 21 Albus aus der Tranksteuer und für alle übrigen weg-
gefallenen Besoldungsstück(! 117 Thaler 'M Albus 10 I [eller.'") — Am 9. Juli
180;) bewarb sich der reformii-rfe Pfarrer rornelius Rausch zu St. Goarshausen,
gebürtig aus Ziegenhain, welche)' 17S7 refoi-mieiter Prediger zu Nastätteu, seit
1797 reformierter Diakoniis zu Sr. (Joar gew(js(m, wegen des Kriegs seine
Stelle verlassen und am ;!. November 1798 nach St. Goarshausen übergezogen
'•■'=') 15a oll ji. (i. (). S. rjT.
'^*) Akten der (Jnsseler Oberreiitkaninier, die Bestallung und den («oliait des rct'uniiierten
Kii'flieiiin.spektors betr. ISO.') u. ISOO, im ICüiiij;!. Staatsarcliiv zu M'ii'shadfn.
— 1(57 —
war. Hill die Nac!]it'()l<;o Jus kräukliclum In.spcktdrs Uinyi'!: das (rcsiicli wiinl»«
j(!duch ab<>(ischla^('u {'2'.). Juli), Uiti^^d y ^ö. Oktober 1805.
lo. Dr. Johann S p i c k c !• •/ u N as t ä 1 1 <■ n (ISOC» -1818). eines Kauf-
manns 8(»lin aus W((lfliagen, geb. 2G. Mäi'/ ITöG, studierlc zu Marburg 1771
bis 1775, seit 1. Dezcfiuber 1770 reformierter l'rediger zu luiuscluMiberg, 2'2. Mai
1800 Stiftsprediger zu Jlersfcid'"j, '22. Aj»ril ISOC» reformierter Prediger und
Inspektor zu Nastätten, trat das Amt 1. Mai an; 1. .lull 1818 erster iM'arrcr.
])ekan und Professor am tlieol. Seminar zu Herborn, wo er \2. .liili das Amt
antrat, y 18. April 1825. Am 18. Oktobtu- 182S wurde ihm in der Kirdie
zu llerborn ein Denkmal errichtet.
III. Darmstädtische Metropolitane und Inspektoren der evangelisch-
lutherischen Diözese Braubach-Katzenelienbogen.
1. Dr. t h e o 1. Balthasar Seh u p ]> i u s (1646 — 1649), geb. zu Giessen
1610, studierte 1625 zu Marburg, dann zu Königsberg und Rostoek, wo er 16ol
Magister wurde, bosuclite die Niederlande, 16o5 Professor der Beredsamkeit
und Geschichte zu Marburg, 1641 liizentiat, 164a auch Pfarrer an St. Elisabetli
daselbst, 1645 Dr. theol., 1646 Hofprediger und Inspektor zu Braubach, nahm
seit A))ril 1648 an den Friedensverhandlungen zu ^lünster und Osnabrück
Teil, nach deren Abschluss er 15. Oktober 1648 zu Münster die Friedenspiedigt
hielt, 1649 Pfarrer an St. Jacobi zu Hamburg, f 26. Oktober 1661. ''«)
2. Joh. Kaspar llorresius (1649—1672) aus .Marburg, seit 1626
Pfarrer zu Braubach, 1649 Metropolitan, y 12. Sept. 1672, alt 75 Jahre. •'')
3. Mag. Johannes Winkh^r (1()72 — 1676), geb. zu Goltzern bei
Grimma 13. Juli 1642, besuchte die Schule zu Grilnma, 1656 die Thomasschule
zu Leipzig, 1659 die dasige Universität, 1661 Privatlehrer zu Grimma. 1664
Magister zu Jena, 1666 Privatgelehrter zu Leipzig, 1668 Informator der Söhne
des Herzogs Phil. Imdwig von Holstein-Sonderbui-g, dessen Sohn Karl Ludwig
er nach Tübingen begleitete, 1672 zweiter Pfarrer zu Homburg v. d. Höhe,
auf Wunsch des Landgrafen Georg Christian 12. Dezember 1672 zum Pfaricr
und Metropolitan zu Braubach bestellt, von der Ablegung eines besonderen
theologischen Examens dispensiert und. weil die Pfarrer der Diözese noch jung
und zur kirchlichen Einführung ungeeignet crschieueu, ohne diese durch ein
fürstl. Schreiben der Gemeinde befohlen, 1676 Hofprediger /u Darmstadr. \\"
er in die pietistischen Streitigkeiten verwickelt wurde, 1678 Pfaner an der
lutherischen Gemeinde zu Mannheim, 1()78 Pfarrer und Superintendent zu
Wertheini, 1684 Hauptpastor zu St. Michaelis zu Hamburg, y 5. April 1705."')
'■''') >Spieker schri(*l) 1801 über Kulipuckcniiiipt'iiiiu-. Strieder IT), 175.
'■"') Strieder 14, 43 ff. — Jiisti, {{iMlicufolge der l'tarror uii der Sf KlisalMilikirclio
zu Marburg- 183ö, S. 39 ff.
'■") AVi Diel Uli, Mitteiluufieu aus der Ciescliicliti' r.iaubadis 1884, S. 30 ff.
'"") Akten, die IM'arrbestellung zu l'.raubncli beir. Wiesbadener .Vrehiv. Strieder
IT, 141 ff.
— 168 —
4. yi a y:. ,1 1. li. J [ I' i II r i c ]i V i c r o r (1676 — 1724) aus GikIoUiu. studierte
1663 zu Giessen. 1676 Pfarrer und Mi^tropolitan zu Bi'aubach. t 1726.
5. Job. Martin Schade aus Gerau (1726 — 1733), studierte 1608 zu
Giessen. 1723 Gehilfe Vietors. 1726 Pfarrer und Metropolitan zu Brauhach,
I 1 iOO.
6. J o h. G e o r g Jose p h W e i s s c n b r u c li (1 733 — 1 764) aus Engelrod
bei Lauterbach, studierte zu Giessen. 1722 Pfarrer der luther. St. Michaelis-
genu'iude zu Diez, 1727 Pfarrer zu Ems. 1733 Pfarrer und Metropolitan zu
Braubacli. auch Garuisonsprediger zu Marxburg, ein wegen seines exemplarischen
Lebens und seiner Amtstreue gerühmter Mann, y 5. November 1764.'^''') Sein
Sühn AVilhelui Justus war ihm seit 11. Jaiuuir 1760 adjuiigierr und nach seinem
Tode Diakouus zu Braubach, der bisherige Diakonus Henr. Martin Hammes
wurde Pfarrer. Hammes, sowie sein Nachfolger im Pfarramte Wilh. Justus
Weisseubruch (1780 — 1792), waren niclit mit der Diözesauinspektion betraut,
sondern der Pfarrer
7. Mag. .loh. Peter Suell (1765 — 171)7) zu Dachsenhausen, geb. zu
Braubacli 25. Januar 1 720. Derselbe war ein Sohn des Pfarrers ^lichael Snell
zu Gemmerich und dessen Frau Johanna Maria, einer Tochter des Metropolitan
Job. Heinr. Yietor zu Braubach, studierte 1741 bis 1745 zu Giessen, 1745
Magister. 1746 Hauslehrer zu Staden, 1747 Privatdozent. 1747 Adjunkt seines
Vaters zu Gemmerich, 1749 Diakonus zu Nassau, 1750 Pfarrer zu Dachsen-
bausen, 1765 Metropolitan, 1777 Inspektor, y ^-n Klingelbach 1. April 1797,
begraben zu Dachsenhausen 5. April.'")
8. Job, Christoph Ilöhling (1797 — 1800) aus Gundernhausen, der
Soliu eines Leinwebers, geb. 27. April 1757. studierte 1778 zu Giessen, Avar
dann Hauslehrer zu Gundernhausen und zu Hering am Otzbcrge, Lehrer am
Waisenhaus zu Frankfurt a. M., 1792 Pfarrer zu Braubach, 1797 Inspektt)r
der Kirchen und Schulen der Diözese Braubach. Er verfasste mein-ere Schriften
naturwissenschaf tli chen Inhalts. '*' )
9. Job. Gott lieb Ammann (1800 — 1810j aus Pirmasens, geboren
17. November 1774, studierte seit 1790 zu Giessen, war 1797 — 1800 Instruktor
der Prinzen zu Darmstadt und Freiprediger an der dasigen Hofkirche, 1800
Pfarrer zu Braubacli und Inspektor der Diözese, 1810 Pfarrer zu Weilburg und
Ephorus der Kirchen und Schulen des Weilburger Konsistoriums, auch Scholarch
des dasigen Crymnasiums, 1818 Dekan und erster Pfarrer mit dem Titel
Kirchenrat, f als designierter nassauischer Landesbischof 27. März lö37.'^-)
^^®) Steubiny, 'rupugrapliic der Gnit'scliarD Dioz ISl'i, S. Iö8. Akten, dio (jolialts-
verbessciuiig des Pfarrers Weishienbrucli hotr. AVichbadeiior Arcliiv.
'*") Strieder 14, 35.
'") Strieder 12, 02.
i'2) Abicht, Der Kreis Wetzlar 111, S. Ibl.
— 160
IV. Darmstädtische Metropolitane und Inspektoren der evangelisch-
lutherischen Diözese Eppstein.
1. r h i 1 1 p |) K ;i s j) a r 1> c c. li t o 1 d / u W a 1 1 u u (1007 — lOOo), geb. zu
tiiosrton 1. Mai 1010, war aiif'iinglicli Pfarrer /u Nieder- Woisbacli, Ki.M zu
DausGiiau, 1002 zu Dclkoiilieim, seit 15. Oktober 160.') zu Wallaii. 1007
Metropolitan, 2:5. -Mai 109:) emeritiert, y 11. Oktober 10'.)0.
2. M a g. .1 o h. K b e r li a r d Zell e i' z u W a 1 1 a u (101):5— 170.") j, gebürtig
aus Stuttgart, iiandgraf Ernst Ludwig beauf'ti\igte d. d. Xidda, 2:5. Mai 109:5
den Hüfprediger Bielefeld, den Zeller, der sich damals in Frankfurt aufhielt,
cum spo succedondi zum Tfarrei' und Metropolitan zu Wallau zu bestellen.
Zeller wai' ein kirehlieli uuerfahrcuier, eigensinniger, jähzorniger, krankhafter
Manu, über welelieu sieh naeh S Jahren die Gemeinde beschwerte, dass sein«'
oft 3 Stunden langen Predigten und seine Kinderleliren dunkel und unverständlich,
dass er die vorgeschriebenen Gebete verlängere und seit 8 Jahren keine Kinder
konfirmiert habe, weil er die Hände aufzulegen J3edenken trage (1. Tim., 5, 22)^
wenn etwa ein Kind gefehlt, so dass viele fast 20 jährige noch nicht konfirmiert
seien, dass er seine Ehefrau misshandle, die Gemeinde ärger als Sklaven b(.'handle
und weder mit der Gemeinde, noch mit dem Gesinde, welches alle 14 Tage
wechsle, auskomme, dass er „seine ohnedem trukene Konstitution mir den
schärfsten Arzneien und Getränken unterstütze und anrege". Da er die ihm
angebotene Emeritieruug (24. April 1099) ablehnte, so verfügte der Landgraf
8. Juni 1701 seine Entlassung. Z. bat jetzt, ihn nicht mit Schimi)f aus dem
Amte zu stosseu und erbot sich unter Beibehaltung des Mctr(»politanats das
Pfarramt abzugeben, ihm aber zu erlauben. zuw(nleu zu predigen. Auf .Bielefelds
Antrag (4. Februar 1702) wurde ihm Wilh. Martin Niess als Adjunkt beigegeben
(14. Februar). Zeller wollte das Amt schliesslich doch nicht abgeben und
bezeichnete Niess als Eindringling (1. Petri 4, 15), weshalb dieser um seine
eigene Enthebung bat (4. Mai 170:3). Zeller wurde darauf vom Pfarramt ganz
enthoben und eventuell mit einer Untersuchung bedroht (29. ^lärz 1704). Zeller
starb schon 2. Oktober 1705 und zwar, wie Henkel berichtet, unter lebendiger
Hoffnung und festem Glauben an den Felsen Jesu und nachdem er die Lenden
rechtschaffen umgürtet. '^^)
:5. Philipp Ger lach H e ]i k e 1 zu Delkenheim (1700—1724)
wurde 1076 Pfarrer zu Breckenlieim, 2:3. November 1694 zu Delkenheim.
4. Nov. 170C) uiii (leiu Mctropolitanat beauftragt, 27. Oktober 1707 wirklicher
Metropolitan, hatte anfangs Differenzen mit den Pfarrern, von welchen er ni.ht
genug Ehre zu empfangen meinte, und dem Landrat Schlaff zu A\ allau. Es
wurde ihm deshalb vom Konsistorium eröff'iu't, dass er friedlich und selnedlicli
sich betragen und das Vergangene vergessen solle (21. Noveniln'i- 1 (09j. und
dem Rate Scldaff", dasn er keiiuMi Aidass zu Lästerungen für die iieuachbarten
"•') Akten, ilio Mcstallung des Mn-. Z'-H'-r /.um l'l'iUT:i<lJiinUt /.ii ^Vall«u K.on iTi:.
Ijctr. Wiesbadener Ai'cliiv.
— ITC —
Auders^läuhigeu geben solle. Henkel, weleliem seit 1723 sein Suhu Samuel
Heinrich H. im Pfarramte adjungiert war, hat die Eppsteinischc Pfarv-Witwen-
Kasse gegründer. v 10. Januar 1724. alt "0 Jahre. '^'j
4. H e i u r i o h Christian M u r u s zu M a s s e u h e i in (1724 — 1 7oo).
«T-ebürtis: aus Xürdenstadt. studierte 1086 /u Giessen. 1692 Pfarrer zu >'orden-
Stadt. 1706 zu Massenheim, wurde 6. November 1724 zum Seniorat der Diözese
Eppsteiu vorgeschlagen und 14. November bestätigt, jedoch auf seine Bitte
wegen Alters und Podagras 1733 davon rnthunden. f 1^- Ajiril 173,"). alt
67 Jahr 3 Monate. '^^)
."). ^V i 1 h e 1 m 31 a r t i n N i e s s z u W a 1 1 a u (1 733— 1 740), gebürtig
aus Giosseu. studierte 1690, war dann Kollaboratoi- am Pädagogium zu Darm-
stadt, „durch Studien, unsträfliches Leben und sanftmütige Stille ausgezeichnet'',
1702 Gehilfe des Mag. Zeller zu Wallau und 1705 dessen Nachfolger, auf
Vorschlag der Definitoren und des Konsistoriums (2. Mai 1733) am 17. August
1733 landesherrlich zum Metropolitan bestellt, f 13. April 1740, fast 70 Jahre
alt. Infolge eines SchlagHusses war ihm sein Sohn Joh. Jak. Niess seit 5. Januar
1742 im Pfarramte adjungiert.
6. Peter Pfeiffer zu Nordenstadt (1745—1776), aus Unter-
liederbach, studierte 1704 zu Giessen, 1715 Pfarrer zu Schönborn. 20. September
1718 als Pfarrer zu Nordenstadt durch den Superintendenten Gebhard eingeführt,
auf Antrag der Definitoren und des Konsistoriums (15. und 24. Januar 1743)
landesherrlich am 13. Februar 1743 mit der Adjunktur im Metropolitanat be-
traut und nach Niess's Tod 3. Juli 1745 zum Metropolitan ernannt, f 11. August
1776, alt 90 Jahre.
Da sich während Pfeiffers Erkrankung der Senior der Diözese, der Pfarrer
Joh, Justus Winter zu Eppstein. das Metropolitanat verbeten hatte, so wurde
der Pfarrer Joh. Jak. Niess zu Wallau mir dessen Versehung beauftragt
(18. Januar 1776). Ihn empfahl nach Pfeiffers Tod auch der Senior Winter,
sowie das Konsistorium für dieses Amt (26. September 1776). Der Geheimerat
von Moser erklärte sich jedoch unter Zustimmung der übrigen ]\rin ister gegen
Niess und für den als Bewerber aufgetretenen Pfarrer
7. Juli. Andreas Keysser zu Massenheim (1776 — 1779).
Kevsser. geb. zu Bischofsheim bei Ptüsselsheim 30. November 1711, besuchte
das Pädagogium zu Darmstadt, studierte 1729 zu Giessen unter Liebknecht und
Uambach, wurde auf Estors Empfehlung von Schenkischer Hauslehrer und.
nachdem er sich einige Zeit als Ifilfsprediger in Darmstadt aufgehalten, 1737
l'farrer zu lieinheim und Bieberau, 1740 zu Bickenbach, 1761 zu Massenheim,
14. Oktober 1776 Metropolitan. Das Staatsmiuisterium erklärte sich trotz der
Bedenken des Konsistoriums für Keysser, weil derselbe die Seelen aufwecke
und „selbst den schlaftrunkenen Superintendenten (Weiz) zu Darmstadt öfters
seines Amtes eriimere. als diesem lieb sei. welches ihm freilich nicht immer
Empfehlung erworben": Niess sei zwar ein braver Mann, der sieh aber, wie
'") Akten, ilie ITiirrbestiilluii«; zu Dolkenlieiiii liotr.
^*'-) Akten, das Metropolitanat «Iit llorrschaft Kppstcin betr. AVicsbadener Archiv.
— 171 —
der clRuriulige Suporiiitoiulont Diez. mclir mit Acla'vbtiu. Viclr/uclit iiinl iJaiiin-
schulon boschiit'tige und doshalb oh wochouliiny tibwcHoiid s(M, als mit der
cura aiiimariun. Niuss wurde ilim auf dciii Ijerieht des Ministeriums mit der
Uoffiumg- auf Nachfolge beigegeben. Iveysser starb schon 9. Juni 1779.'*'')
(S. Juh. (lottlieb TT of mann / n Massenheim (1779 — 1793),
geb. zu Darmstadt 10. Ai»ril 171^9, war 1 7r)G Feldprediger des Knnsregiments
zu Cricssen und nach Beendigung des siebenjährigen Kriegs Pfarrin- zu 13euer-
bach, Inspektor der Diözese Zwiugenberg, 17G3 Pfarrer zu Auc^-bach, erhielt
12. "November 1778 die Anwartschaft auf die Pfarrei Masseuheim, folgte 1779
darin, y 16. Mai 179;5. alt 64 Jalire 1 Monat.
9. Georg l'hilii)p Meyer zu li r e c k e n h e i jn (1793—1794), ein
Sohn dos Stadtpfarrers Meyer zu Darmstadt, besuchte daselbst die Schulen,
dann die Universität Giessen, 1749 Konrektor an der Lateinschule zu llachen-
burä-, 1753 Pfarrer zu Mörfelden, 1759 zu Breckeuheim, wurde 27. Juni 1793
mit der Inspektur der Diözese Eppstein beauftragt und, obwohl er ein alter
Mann war, der die Kanzel nicht mehr betreten konnte und deshalb am Altar
predigte, auf Antrag des Konsistoriums 24. duli 1693 landesherrlich als Inspektor
bestätigt; er starb schon 17. November 1794.
10. Johannes Ludwig Pilger zu Delkenheim (1795—1799)
aus Dortmund, wurde 3. Januar 1773 Pfarrer zu Gemmerich, 24. Oktober 1785
zu Delkenheim, auf Antrag des Konsistoriums vom 19. März 179.) landes-
lierrlich 5. April 1795 zum Inspektor bestellt. Pilg(!r hatte bei Ankunft der
Franzosen in Delkenlieim einen Blutsturz, ging nach mehrfachen Eriiolungs-
und Heilversuchen im .luli 1796 auf längeren Urlaub nach Hanau und bat
7. Juni 1799 um Entbindung von den Inspektionsgeschäften, y 16. August 1799.
alt 55 Jahre.
11. Joh. CMiristian Kärcher zu Hreckenheim (1799 — 1816).
eines Bürgers Sohn aus Darmstadt, geb. 1754, studierte 1774 zu Giessen, wurde
1782 Lehrer an einer neuen Mädchenschule zu Darmstadt, 1784 Subkonrektor.
1790 Konrektor am Gymnasium daselbst, 1794 zum Pfarrer zu liüsselsheim
ernannt, aber noch vor seiner Einführung 1795 zum Pfarrer zu Breckenheim
bestellt. Das Konsistorium schlug mit Übergehung der beiden älteren Pfarrer
Joh. Jak. Niess zu Wallau und Frey zu Igstadt am 13. Juni 1799 die Pfarrer
Kärcher zu Breckenheim und Keim zu Igstadt für die Inspektur vor. Dei-
erstere wurde 4. Juli 1799 ad Interim, und 18. November 1799 definitiv landes-
herrlich zum Inspektor ernannt, 1800 Pfarrer zu Igstadt, t iu t^^r Nacht vom
10. auf den 11. März 1816 bei Diedenbergen, alt 63 Jahre, und begraben
daselbst am 13. ]\lärz.
'"') Akten, die Metropolitane und Inspektoren zu Massenlicini betr. 1777-1781. ^^ les-
bfuloner Archiv. Strieder 7, 33.
Der Ringwall auf dem Hofheimer Kapellenberg.
C* L Thomas*
Mit 1 l'lini.
Als im Frühjahr 180-") auf dem üücken dos das Lorsbachcrthal bei seiner
Münduny in die Mainebene zur linken abschliessenden Berges die zweifellosen,
wenn auch giössteuteils sehr verflachten lleste einer vürgeschichtlichen, sehr
ausgedelmten Jliugburg- durch mich gefunden und aufgenommen waren, hatte
damit die Lösung der in diesen Annalen. Band XX S. 10 angeregten Frage
im wesentlichen stattgefunden.
In der unterm 7. Juli 1895 erschienenen Tagesausgabe des Frankfurter
General-Anzeigers beschrieb ich das erfreuliclie Ergebnis, das durch vielfache
weglose Durchquorungeu der bewaldeten Berghöhe, zuweilen nur tastend im
dichtesten Unterholz möglich, aber mit der durch die Kenntnis der örtlichen
Verhältnisse gefestigten Überzeugung des (relingens herbeigeführt worden war,
und wies auf die Schwierigkeiten hin, die einer früheren Aufhndung hinderlich
waren. Eine Beschreibung der unregelmässigen Grundform des Jlingwalles hatte
den Zweck, jedem Interesseuten die Nachprüfung zu ermöglichen. Im Beginne des
Juni 189G konnte ich gelegentlich einer vom Wiesbadener Verein für Xassauische
Altertumskunde und Geschichtsforschung nach llufheini ausgeführten Exkursion
den verehrlichen Teilnehmern die erste xiufzeichnung im Massstab 1:3000 ver-
legen. Biese findet sich, aber in starker Verkleinerung, in dem Werk über
den Obergermanisch-raetischen Limes Bd. 11 Abt. 15 Nr. 29, Kastell llofheim.
Inzwischen habe ich duicli Erweiterung der damaligen Wahrneliiuuiigen (finzelne
Flüclitigkeiten lichrig stellen und die Karte wesentlich vervollständigen können,
wobei die Thore, auch die Anzahl der bis jetzt ermirtelten schwachen Reste
ehemaliger Wohnplätze und Lagerstätten nach ihici' örtlichen Verteilung Be-
rücksichtigung famleii, eljenso die alten in die Vesie lührenden Wegliuien, die'
abseits im Walde li<'g<'n(l und zugepHanzt. nui' noch zum Teil nachwcjisbar sind,
aber mit ihren cluuakteiistischen (Jahelungen und Wiedervereinigungsstcdlen.
da wi) sie in oft vielfacher Anzahl nebeneinander den Boden durchfurchen,
vf»n dei' Menge des (Ounnaligen Wagenverkehrs Zcnignis ablegen. Durch die
ZuveikeiiiineidH'it des lleiin i'ürn'ernieisters Hess und des llerrji Diener
— 17:-i —
wurde mir dii' Diirclifülirim^' der andaucriidcii Aiifiialniion erlciclircrr ; «owolil
(1(311 Stcidtwaldplaii. als auch Angab(;ii über im Lauf der -lalirc Ixnvii-ktc Andc-
ruiii^H^i au Schiudseii und Wog(Ui danke ich deicn Gefiilliy-keit.
Jodoiii mit (Uir dem Tauiuis südlich vorgehigcrtiüi Kbenc Vurtrautcüi dürfte
der Anblick des bei Hofheim aufsteigenden Ka|)ellenberges mit der zwar sclimuck-
h)scn, jedoch ungemein ansprechenden christlichen Kultiisstätte und seiner weil
umfassenden Aussicht von fern oder durcli den Augenscliein an wauderhistigeu
Tao-GU in uutem Gedächtnis sein. Auch di(^ a,llseitig dort am v(trdereu Ende
des langge/ogenen ILöhenkanimes sclirotf ahfalleudeu Hänge weivh'U l»eim raschen
Aufstoigen /um Standort des Kirchleins gewiss V(m Vi(den als ein nicht ohm;
besondere Anspannung der Atmungsorgan(i zu bewältigendes Hindc^rnis au-
o-eschen. Solcln^ hohen, mühsam zu erklimmenden, meist wasserarmen, dem
weithin übersehbaren besiedelten Vorland sich anschliessenden Berge erscheinen
in vorgeschichtlicher Zeit mit Vorliebe zu liingburganlagen benützt. E> kann
daher nicht Wunder nehmen, den Kapellenberg in gleicJier Weise wie ver-
schiedene der vorderen Taunushöhon mit einei' solchen Wehranlage bekrönt zu
sehen, deren Gesamtheit als eine stolze Reihe mächtiger kulturgeschichtlicher
Denkmale in die Gegenwart hereinragt, und die uns eine Epoche zäher Kämpfe
im Strome der in vorrömischer Zeit v(dlzogeiien Völkerverschiebungen vergegen-
wärtigt, auch Zeugnis ablegt von der Dichtigkeit der ehedem im Umkreis
heimischen Bevölkerung.
Die Gestalt des Kapellenberges, der sich von Hofheim geradlinig in
gleicher Breite nördlich bis zum höheren Lorsbacher Kopf (n-streckt. ist die
einer schmalen Bergzunge von 2 Vi km Länge. Sie wird auf der Westseite
durch das tiefe Schwarzbachthal begrenzt; auf der Ostseite ist ihr das Reb-
gelände der Gemarkung Hofheim als Gebirgsfuss bis zu einer Höhe von
150 Fuss über dem jenseitigen Schwarzbach vorgelegt. Ihr Rücken erhebt sich
in der halben Länge nur um Weniges, wo er auch seine grössto Breite besitzt :
ihre Hänge fallen steil ab.
Der Rücken ist von seinem südlichen Beginne an auf eine Länge von
knapp 1,4 km in einer mittleren Breite von ca. 400 m von einer alten Sehanz-
linie umzogen, wodurch dieser vordere; Teil gegen den weiter nach Korden ver-
laufenden abgetrennt war. Der Ringwall des Kapellenbcrges besteht aus dem
gleichen Material, das die Bergobertläche zeigt, der es auch nach Gepflogenheit
der Ringwallerbauer in jed(mi einzelnen Teile in unmittelbarer Nähe entnommen
ist. Kies und Gerolle herrschen in den heutigen Bestandteilen der Schanzlinie
vor, doch auch vereinzelte Steine, diese bis zu aussergewöhnlicher Grösse, lassen
sich au ihr b(^obachten. Sie stellt sich als Wall mit nach innen meist fast
horizontal, dagegen nach aussen mehrfach stark geneigten Flächen dar. der in
seinein Verlauf die der Verteidigung günstigen natürliclnMi Bodengestaltungen
ausnützt und aus einer Erdmaucr duredi natürliche Einflüsse im Laufe der Jahr-
tausende entstand. Ehemals dürfte auch hier eine geeignete Holzkonstruktion
zur Aufführung und Widerstandsfähigkeit senkre(diter :Nraueraussenfronten das
starre Gerippe" gebildet haben, das wohl vergänglioh. imnuM-hin eine Dauer-
haftio-keit von mehr als einem Jahrzehnt l)ot. Ob die .Mauerfronten durch
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Stuinpackung verstäikt Avaren, lässt sich uliiu; weiteres nitlit erkennen. Der
mittlere Quersoliuitt des Wallzuges ergiebt sieli durch A' ergleich der auf der
Karte angegebenen Profil»'. Diese sind so gewählt, dass sie die wt^sentlichen
Schwankunofen in der Stärke der Erdnuiuer erkennen lassen. Die natürlichen
Abmessungen lassen sich niiftclsr (h's beigefügten Massstabes auf der Karte
ermitteln. Die Profile lassen durch A'ergleioh mit solchen anderer Üingburgen
ausserü:ewöhnlich(! A\a-f1aehunu- erkennen, deren Ursache in der Beschaffenheit
lies Erbauungsmaterials, dem Mangel an schwer durchlässiger erdiger Beimischung
in dem Quarzgerölle und Kies liegt, wodurch auch die wenigen gebliebeneu
Erscheinungen aus der Benutzungszeit schwerer zu erkennen sind, als anderswo.
Selbstverständlich war dio Wchrliuie da am stärksten, wo die natürliche Ge-
staltung- des Berges dna Angriff die wenigsten Hindernisse entgegensetzte.
Die für jenen geeigneteste Stelle befand sich am nördlichen Ende der Ringburg',
W(i sie den nach Norden mit leichtem Gefälle weiterziehenden Bergrücken vor
sich hat. Hier befindet sich in einer Länge, die der Breite des überbauten
Kückens gleichkommt, dii' in ihrem ehemaligen Aufbau und ihien heutigen
Resten widerstandsfähigste Schanzenstrecke, vor der allein ein tiefer, seitlich
sich verflachender, mir dem Beginne der stärkeren Neigung der beiderseitigen
Berghänge ganz vei schwindender Graben ausgehoben ist.
Dieser Teil bis zur ersten grossen Lücke am AVestabhange ist es, der unter
dem Namen „Römerwallweg" durch AVegweiser und Aufschriftstafeln unter dem
Laubdach der Hochstämme des Hofheimer Stadtwaldes gekennzeichnet, seit sehr
langer Zeit als l'i'(»meuadeweg' wohlbekannt ist und seit dem Jahre 1888 in
der wissenschaftlichen Litteratur Erv/ähirnng. auch eine bildliche Darstellung
seiner Ausdehnung gefunden hat. Die Fortsetzung dieses scheinbaren Abschnitt-
walles führt schwer erkennbar südlich dem AVestabhang entlang und trifft nach
ca. 550 m auf das Rinnsal eines kleinen (Quelles, der in einoi- Entfernung von
ca. 100 m östlich ol)on am Berghang austritt. Er ist. wenn auch arm an
AVasser, von altershei- bekannt und trägt im A'^olksnumd den Namen Einsiedler-
born. Es sei hierzu bemerkt, dass cv seiner Kleinheit halber gegenüber der
erforderlichen AVasservcrsoruiinu' der im Verhältnis zur Grösse des Ringwalles
stehenden Alenschen- und IMermengo mir seiner Jjeistungsfähigkoit nicht in
Betracht zu kommen verdient.
Der A'crlauf des Ringwalles ist von der Schlucht ab bis hierher fast
horizontal und blcilir es auch his kurz voi' dem Ki'ouzungspunkt mit (dnem von
Süden aufsteigenden Fahrweg in der Nähe des neuerdings bemalten (juarzfelsens,
von wo ab er in einer aufsteigenden S|)irallinie die Höhe bei der ,,Römerrund-
schanze" gewinnt und umzieht. In nördlichei' ITk lilung zog er von da nach
dem Kai>ellenstandort und in disr gleichen Kichtung. aher ahfalleiul, am Osthang
weiter bis zu)- übei-schreitungsstelle des sogenannten Münsterer AVeges, von
wo er kurz mich einer erst west-. dann wieder nrn'dlichen LImbieguug in die
zuerst genannte Strecke übergeht. Der Kingwall zeigt in seinem A'^erlauf luir
ganz allmählich sich vollziehende Abweichung von der Horizontalen, wogegen
die Lini(;nfiihrung in seitlicher Ilichtung eine ReiJie ständig wechselnder Kurven
darstellt, die allerdings durch die Gestalt der lierghänge in A'erbindung mit der
1 <:) —
Tendenz iiiri,<;'liclisl(M' N'cnucidiini;- xon Scl)\v;inkiin,:;»;ii in tU'i- ll<ilicnl;i;,'c lic-
dingt Avtir.
I)i'(ü 'riiorc, davon 'J inii iliic;ii /ufalii ls\V(';;cn crkniiiliar. sind liir den
liino,\vull anzunehmen. Die ultvn W<!,H(' sfidlcn sich als mehr oder weniger tief
in die]>(n'gliänge oingescdmitlene „Hohlen" dar. <leren dem Jtingwall aljgewendote
weitere Strecken sieJi von den neueren, im Dienste der Wald- oder Feldwirt-
schaft (Mitstand(men Wegen Tifters nidit weiter nntersebeiden lassen, weil auch
sie nun »lern gleitdien 'Awcck dienen müssen und wie diesr^ mir stfdniger
Fahrbahn allmählich vtirsehen wurden, Gräbeji erhieUen u. s. w. oder aber
durch die Bodenkultur, auch Anschüttung vei-schwauden. Die altcui Wege siuil
nicht durcli Pflasterung oder sonstiges FcstiguugsnuT.t(n'ial ansgozei(dinet, waren
es auch nicht iji dei- Zeit ihrer Entstehung und Benutzung, was sich aus den
Erscheinungen der gewaltigen Menge solcher Zufahrtsstrassen, die im Vorder-
taunus nach den Ringwällen führen, mit Sicherheit ableiten lässt. Sie verlieren
sich meist direkt liint(!r ihrem Eintritt in den Kingwall, was seinen Grund
darin haben mag, dass der bis dahin in einzelnen lünnon geleitete Massen-
andrang der Zufluchtsuchendtm sich dann sogleich über die umschlossene Fläche
des Berges verteilen konnte.
Die Thore befinden sich an den durch die Buchstaben h\ /■', 6r gekenn-
zeichneten Stellen. Sie haben auch in nachfolgenden Zeiten kaum (dnem nennens-
werten Verkehr über die Höhen mit Wagen gedient mit Ausnahme des bei G befind-
lichen. Die vorhandenen Thoröffnungen des Kingwalles zeigen keine der be-
sonderen Gestaltungen, w'ie sie sonst vielfach an den liingwällen Südwestdeutsch-
lands wahrgenommen werden kömnen. Weder eine ])arallele Weiterführung der
durch die Thoröffuung geschaffenen Mauercnden in geringer Abweichung von
der Linienführung der Ringmauer- Längsaxe unter sich im Abstände der Weg-
breite auf eine iiäuge von oO — 50 m, noch die rechtwinkelige Ümbieguug der
Mauerenden nach innen zu beiden Seiten des Thorweges, in den gleichen Ali-
messungen, Hess sich in Spuren nachweisen. Beide sind bis zu einer gewissen
Tiefe in den Boden eingeschnittene Unterbrechungen des Wallzuges.
Auf dem Westabhaug des Kapellenberges, bei F schneidet eine lang-
gezogene Schluclit in östlicher Richtung den Berg fast bis zum Kamme. Sie
wird auf halber Höhe des Berges oberhalb des vor ca. 18 Jahren gebauten
Albertweges von der Walllinie gekreuzt, deren Spuren jedoch nicht bis zum
hinteren Teile der einwärts gerichteten Knickung tler Kurve reichen, die sich
ergäbe, wenn der Wall in seinem von Süd nach >^'ord etwas ansteigenden A er-
lauf auch die Schlucht durchz(>g(\ Di(^ Karte veranschaulicht die heutige Ge-
stalt und zeigt den hinteren Teil der Schlucht ohne Mauerrest, dagegen die
vorderen Flanken durch hochgelegene, nach innen gekrümmte Schanzlinien wohl
beherrscht.
Die Sohle der Schlucht, auf d'w vom Kennweg aus, der einst vor Krbauuug
der Landstrasse im Thal die Verbindung zwischen Lorsbaeh und Hofheim Idldete,
ein alter Weg heraufführte, liegt 8 m unterhalb dieser beiden Schanzenenden und
steigt steil aufwärts, noch steiler die beiden Seitenböschungen, so dass hier ein
Ansturm leicht im Schach u-ehalten werden konnte. Es kann keinem Zweif(d unter-
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lieo-oi) (lass die Solilo tlieser .Schlucht im l.aufV dor beiden letzten Jahrtausende
natürliche Auswaschung erfahren hat, doch ist el)enso sicher zu erkennen, dass
dadurch die beiden gokrüniiiiteu AVallenden auf den hohen Br)scliungen des
Beginnes der in die Verteidigung gezogenen Schlucht nicht wesentlich an Jjänge
eingebüsst haben können und hier infolge der für die Aufrichtung eines Mauer-
walles ungeeigneten Schrnlf'heit der St-hluchtwände i'in<' leichtere Sperrwehr,
etwa eine Yerpfählung. die Verbindung der Jxingwallenden mit dem Thore gebildet
haben nuiss. Als höchst interessante Zugabe zur ehemaligen Verteidigungs-
anlao-e an dieser Stelle muss hier noch das Vorhandensein einiger rundlichen
Einebenun"en der Berglehne zu beiden Seiten der Schlucht von 7 bis 1,") m ])urcli-
messer hervorgehoben werden, die möglicherweise als die Lagerstätten vdii zur
Thorbewachung bestinmiten AVaffenfähigen anzusehen sind. Meine Beobachtungen
an anderen Ringwällen der ^laingegend stützen diese Annahme. Ich fand solche
künstlichen Abflachungen der Berglehne im Ringwall verschiedene Male nahe
der Thore. wo auf der übrigen weiten Fläche kaum Spuren anzutreffen waren.
Sei traten dort, wie an den Punkten der Ringburgfläche, von wo beherrschende
Überblicke über die Umgegend oder don Ringvvall selbst vorhanden, besonders
schön angelegt auf. Im Bereich der Goldgrubeu-Ringinauer. nahe einem der Innen-
thore, ergab bei meinen Untersuchungen im ^Vinter 1899 eine solche mit 2'.\ m
Durchmesser den ersten durchschlagenden Erfolg bezüglich Feststellung des
ehemaligen Zweckes dieser dert in sehr grosser Menge auftretenden Erscheinungen,
deren ich dagegen mehrere auf dem weiten Westabhang o Jahre vorher mit
dem Gesamtfundergel)nis von zwei je 0 cm grossen vorgescliiclitlichen Topf-
scheri)en hatte völlig abheben lassen.
Das auf der Ostseite des Berges bei G befindliche Thor unterscheidet sich
von dem eben geschilderten durch den künstlichen Einschnitt des Thorwegs in
den daselbst als flache Terrasse vorspringenden Berghang. Der ehemalige
Mau(!rzug führte am Raud(^ dieser Terrasse etwas schiefwinkelig über die Weg-
lichtung: die Tiefenlage der Thoröffnung und Sohle zur Mauerkrone gewähr-
leistete ausgiebige Widerstandsfähigkeit. Die auf dem Plane bei G ein-
gezeichneten kleinen Kreislinien bezeichnen die Stelle, wo ebenfalls rundliche
Einebenungen im sonst gleichmässig abfallenden Terrain, dessen Oberfläche sehr
zerwühlt ist, oberhalb des Thores wahrzunehmen sind.
Etwas höher, auf dem ein längliches Plateau bildenden J^ergrücken fallen
bt'i sorgfältiger Durchsuchung der mit nicht allzudichtem Unterholz bepflanzten
Waldteile kreisrunde Mulden am Poden auf. deren Durchmesser ca. '.\ m be-
trägt. Sie verdienen ebenfalls besondei'e Beachtung, auch die Untersuchung
mit dem Spaten. Sie unterscheiden sich augenfällig von der grösseren Menge
ähnlii'her vertiefter, «Mnseitig mit (^twas Erdaufwurf auftretendei' länglicher
Vertiefungen, deren Entstehung auf die Beseitigung sogenannter Stöcke (IJaum-
stüm])fe) zurückzufüln'en ist.
Der alte Weg, dei- zur Thorstelle E, \n der Nähe der Kajjelle, führte,
ist sicluM- iiui- noch in seinem unteren Ende in der Waldlisiere zu eil^ennen.
Sein Verlauf bis zum Südthor bei der „Römerrundschanze" ist durch den
Ausbau d. h. die alliäliiliclien Vei'bessei'ungen in nbncher Vreise wie die nördlich
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v(!rl<uit'on(lo llaiiptscliiKäsc vcn'bi^^irci'i. Die 'IVacr lilicli im wcsciirlii-lK'ii dif
;;leichc; eino («abolunj»' dos alten W<'i;'os fülut auf sciiici- lialljen Länj^c iiarli
einer zwoitcn weiter südlich i^elegeiuni Srclli; des AValdsauin(!s und dai'ülx'r hinaus.
Ihre SpurcMi sind nach dem Jjef'uud in die Karte eingetragen.
Der Zug dei- Uinguiauer bis E isi aul' der Zeichnung punktiert angegcdien.
weil (•!• in WirklichkcMt sa)ut dem am Kreuzungspunkt des alten Weges mir
der Walllinie an/.uiiehmenden Thorc^ verschwunden ist. Zeit und Ursache der
Beseitigung ist aus Nachfolgendem zu ersehen.
Nach einer im Jahre 1804 veii Herrn Tfaiicr II ilf in llofheiin verfassten
historischen Skizze war von alterslier der Nanw des Kapellcnberges Rabberg
oder Eäuberberg. Während einer verheerenden l/est 1666 wurden von den Ein-
wohnern Jlofheims die Erbauung einer Kapelle auf der Berghöhe als Dankopfer
beschlossen und schon im Sei)teniber 1667 die aus Fachwerk errichtete, von
20' Breite und 40' Länge zu Ehren der heiligen Jungfrau und der heiligen
Rochus und Sebastianus geweiht. Im Herbst vorher „sah man fast alle Ein-
wohner Hofheims, ^länner. Jüugling(>, Frauen, Greise und Kind(>r. mit Schaufeln,
Hauen und Äxten versehen, den Bei'g hinaufsteigen, um die auserwählte Stätte
von Sträuchern und Bäumen zu reinigen und zu ebenen. " Dabei hat zweifellos
dort die erste vidlige Abtragung des Ringwalles durch Planieruug sich vollzogen,
die später durch den Neubau des Kirchleins, in Stein, mit (Muer Länge von 93'
und Breite von 42'. auch bei dem Ausbau der Haupt- und Margarethenschueise
eine beträchtliche Erweiterung nach Süden, über die Stelle des alten Thores
hinaus, erfahren nuisste. Der breite, schön terrassierte, mit Zufahrtsranipe
ausgestattete Pestplatz vor der Kirche giebt Zeugnis von dem daselbst bewerk-
stelligten Massentransport an abgehobenem Waldbodeu.
Pfarrer Job. Gleidner aus Ilofheim. dessen Unermüdlichkeit die Errichtung
des christlichen Gotteshauses auf dem Berge im Jahre 1666 zu danken ist.
suchte mit dem Aufbau der Kapelle den alten Namen des Berges (Rabberg)
in Carnielberg umzuwandeln, indem er bestrebt war, diesen bei seinen (Jläulirgen
einzubürgern. Die Beschlussfassung der Erbauung war durch feierlichen Bitt-
o-ans: und zwei christliche Gottesdienste unter freiem Himmel auf dem Berge,
an diuien sich auch mehrere Nachbar-Ortschaften lebhaft beteiligt hatten, im
Sommer 1666 vorbereitet worden. Auch bei der Aufbringung dm- erforderlichen
Mittel zum Bau findet man die Nachbargemeinden vertreten und sie bethätigen
ihre alten Beziehungen zur geheiligten Stelle bis in die neueste Zeit. War
doch sogar das fernliegende Königstein noch bis vor kurzem zu den alljährlicdi
stattfindenden christlichen Fest(Mi auf denn Berg(> in geschlossener Gruppe
erschienen.
Aus dieser treuen Anhänglichkeit und ersichtlichen Zugehöiigkeir üijer di.'
nächste Umgebung hinaus giebt sich zu (>rkennen, dass wohl schon uralter
Brauch der Gegend um Hofheim und nicht nur eine Schöpfung aus relativ
später Zeit in dieser alljährlichen christlichen Bergfeier uns ül)erliefert ist.
Es entsteht bei näherer Prüfung der geschilderten (iründungsgeschichte
der Kapelle die Frage: Ist die Wahl des neuen Bergnamens nur in Anlehnung
an die Überlieferung von der Bi^wohnung des heiligen Berges in Syrien durch
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PropliPten und Eiusioclh^r erfolgt, oder abor als direklos Gleichnis /u d»'ni alt-
testanientlichen Borg mit Bezug auf die Wunder des Elias bei Aufrichtuug
des dem wahren Gotte geweihten Altarcs aufzufassen? In letzterem Falle wäre
mit der Errichtung des ersten christlichen Altares dorr nln'u und der gleich-
zeitigen Xamensumwandlung fiii nicht misszuversteheuder Jlinweis auf die vor-
malige Hedeutunu- des Ijery-es. des Kaliberges. als Stätte eines heidnischen
Kultus gegeben, der zu jener Zeit, nach (U'Ui Ende des ;'>0 jährigen Krieges,
noch nicht in allen seinen Ausserlichkeiten beseitigt war.
Das Schriftchen erzählt auch, dass sich neben der Kapelle, unter den
hohen Eichen, eine Erenntage bis zum Jahre der Zerstörung durch französische
Revolutionstruppeu befunden habe. Ihr IMatz fiel möglicherweise zusammen
juir dem kreisrunden, grabeuumzogenen Podium, das ich gelegentlich der Suche
nach den Spuren des ehemaligen Thorwegs fand.
Die Vermutung stützt sich auf den Umstand, dass von der „Einsiedler-
quelle" der .,Einsiedlerpfad" sich bis zu diesem Podium erstreckt.
Es wurde im Jahre 1S97 von Streckenkonmiissar Prof. "NV o 1 f f durchforscht
und die Ergebnisse im Jjimcswerk. Kastell Hofheim, eingehend geschildert:
S, 17 — 19 findet sich die Beschreibung der äusserst sorgfältigen Aufgrabung
auch der etwas kleineren und um 100 m weiter südlich gelegenen ., Römer-
rundschanze*'. Diese gleichfalls runde Plattform ist darnach von do])peltem
Hachem Spitzgraben umgeben, der im Süden eine Unterbrechung aufweist und
dessen dadurch entstandene Doppelenden ..durch Einbiegen der östlichen und
Streckung der westlichen Enden spiralförmig übereinandergriffen und so einen
nach Art mittelalterlicher Anlagen fortifikatorisch gesicherten Eingang bildeten."
Die erstgenannte Anlage ist nur mit 1 m tiefem „Abwässerungsgraben behufs
möglichster Trockenlegung der Plattform'' und dieser wieder von den Spuren
einer mit geringem Abstand konzentrisch verlaufenden Verpfählung umgeben;
in der Mitte befand sich eine bis 90 cm tiefe 3Iulde, in der die gleichen prä-
historischen Scherben gehoben wurden, wie sie in einer vertieften Stelle in der
Ixömerrundschanze auftraten. Diese Einzelheiten sind dem erwähnten Bericht Prof.
Wolff's entnommen, dessen treffende Schlussfolgerungen beide i^lattformen als
ursprünglich vorgeschichtliche Wohnplätze von besonderer Bedeutung kennzeichnet
und wovon die südliche in frührömischer Zeit nochmals Benutzung gefunden habe.
Obgleich das spiralföi-mige Übereinandergreifen der ^^'allenden an den
Thoreu vorgeschichtlicher Kingwälle eine häufige Erscheinung ist, kann — wie
gesagt — doch nicht durch si(! allein auf einen vorrömischeu Ursprung ge-
schlossen werden. Für die Altersbestimmung des Wehrgrabens ist die Eingangs-
form zwar belanglos, dagegen liefert sie in diesem Falle durch die Kichtungs-
linie ihres Thorweges nacli iler nmtmasslichen Stelh^ des Ringwallthores bei K
einen gewichtigen Fingerzeig, wonach dieses samt seinem alten Fahrweg vom
Thale aus auch von den Römern als Zugang im Gcibrauch gewesen sein dürfte.
Da, wo nach der Karte die (angetragene Wegspur mit der aus der Bergform
abgeleiteten Mauerlini«; zusammentrifft, wird der alte Eingang zum Ringwall
sich befunden haben. Bei Prüfung der hier in Betracht zu ziehenden Momente
darf nicht ausser Acht g(!lassen werden, dass der Platz der Weg- und Mau(!r-
— ITit —
knni/un;;' durcli di*^ uniiiitti-lliiuc Xaililiiiischiifi diT hciilrn )i;icli;;(!\vi('sc'n('n
Ijagersfütton ausgozeudiiufr. ci-scliciiii mid sowohl w('«;-cn <li-i' ausserf^owölinliclicn
GrösKd des liiiii^Wiillcs. als dn- knapi» 1 luii licrraj-cndcii lliirfVrniiii^^ seines
Südendo.s liis /um iiäelistcn Tlioi-e liier eine ^leiclie .Vnla,i;-e In'diirl'uis «(('Wüst'n
sein imiss. Durcdi Ausjiiass liciss siidi toststtdlcui, dass dei' |{iii<:;\\all dos lva|iellon-
büi'gi'is ca. 481 000 (|ni lM)donHä('lio ciithälr und eine Wailläiif'-e von ca. IVJOO iii,
.Di(;se Fostst(dlimp,' lässt crkeiiiHHi, dass der erst so s|)iir der ( Jeiiieinscliaft dei-
walig'okröiiten I>(n'<^liäii])t('r des Voi"(lefrauiiiis eiiiiicreilire Jjci'i;- an (Inisse die
'J. Stelle einniinnif und d<!n Altkönii;' liinsiciirlirji dess(Mi st-cnnwalluuisejdcjsscnen
Gebieros. dein der traj)o/fönni,i>o Ainuix (Mng<'i'(!clinof. nin 211 000 (jui. also um
mobr als das Doppelte übeifi'iff't.
Xur wenige Funde aus d(un (Jebiet der grossen liewelirten ZuHurhtsstätte
sind bis jet/i bekannt geworden. Arbeiter fanden vor etwa 17 Jahren 'J schöne
Steinbeile beim Durcdigraben der nordwestliclien "NValistrecke. dur(di Oberst von
(■oh aasen dem 31.useum /u AViesbaden überwies(!n. Unter den Imlien Eiciien
jiördlich der Ka])elle fand um l<S8r) Dr. Z leg 1er ])rä]iistorisc]ie TopfscherbtMi.
die beim Ausgraben von Wurzelst()ckeji zu Tag getreten waren, jetzt im Museum
zu Frankfurt. Ein(^ grössere Menge solcher hob. wie erwähnt". Prof, Woltf in
den beiden runden A\'obnstätteu, jetzt im Wiesbadcmer Muscaim. ()l)glei(|i die
beiden Schcrbenfund«^ eine beträchtliche Stiudvzalil aufweisen und zweifellos der
Benutzungszeit der Kingburg (entstammen, liefern sie wegen <ler Kleinheit ihicr
Stücke, die weder Gefässformen erkcMinen lassen, nocji charakteristische (^rua-
mentierung tragen, keinen Anhalt zur Zeitbestimmung; keines i^r auf der Tiipfer-
scheibe entstanden. Das Yorhandensein (^ner singuläi'en, eine iluridistochene
Haclie Verdickung aufweisenden Gefässscherbe in der grossen Mengt! berechtigt
zu keiner Entscheidung nacb dieser Richtung. Diese Durchstechung der ver-
dickten Gefässwand lässt erkennen, dass sie nicht für eine Aufhängeschnur
bestimmt war. sondern in mehrfaclun- "Wiederholung auf der bauchigen Gefäss-
oberüäche nur dazu gedient liaben kajin. eiiKnu horizontal und reifenartiii" uni-
s))annten Faden festen Halt im Gebrauch zu si(hern.
Die beiden Steinbeile sind geeignet, die Yernnitung auf eine frühe, den
Metallperioden vorausgehende Zeit hinzuleiten, aber es darf ni(dit ausser Acht
gelassen werden, dass solche sehr liäufig unter den Funden an Gebrauchsgegen-
ständen der voilentwickelteu Eisenzeit auftreten, Ihr Vorkommen in dem Wall-
kürper liefert schon deshalb keinerlei Anhalt zur Altersbcstinunung. w«'il sie
sich möglicherweise bereits in dem zur Erbauung benötigten Geröllmaterial
befunden hatten.
Mit der Ausfertigung des beigefügten Planes, der die Einzelheiten de>
Textes, soweit angängig, zur Anschauung zu bringen bestimmr ist, ist minmehr
derjenige Teil der Aufgabe beendet, der dem Schlusskapit(d. der Kingwall-
untcrsuchung mit Hacke und Spaten, auch einer absolut genauen geometrischen
Vermessung in"/ler Kegel vorausgehen soll. Der vorliegenden Aufnalnne dieiue
als Grundlage die gleichsam eine Gruppe von Koordinatenaxen darbietende
Anordnung der Schneisen uml die ])olygone Grenzlinie der Sradrwaldkart«-. dn-
beide die direkte Einmessung des (lu'igen ermöglichten.
r.'
Ein Gesamtfund römischer Denare aus Flonheim.
Von
E* Ritterling,
Der im folgoncleu beschriebeue Gesamtfund ^Y^^llc Ende August d. Js.
von der Tochter des inzwischen verstorbenen Finders, durch freundliche Yer-
mittelung des Herrn Sauitätsrat Florschütz, dem Museum zum Kaufangeboten
und für dasselbe erworben, da die Gefahr bestand, dass der Fund durch Verkauf
an einen Händler zerstreut und damit für die Wissenschaft verloren werde.
Was sich über die Fundumstäude und Schicksale des Fundes noch fest-
stellen liess, ist in Kürze Folgendes. Im Jahre 1896 oder 1897 stiess ein
Landmann aus Flonheim auf seinem Felde bei Anlage einer Rübengrube in
einer Tiefe von etwa 75 cm unter dem Ackerboden auf einen thönernen Topf,
der mit zusammengerosteten und mit Grünspan bedeckten Silbermünzen gefüllt
war. Der Fund wurde, wie das die Regel ist, verheimlicht, so dass eine wissen-
schaftliche Untersuchung der Fundstelle, die sich auch örtlich jetzt nicht mehr
ffcnau ermitteln lässt, nicht stattgefunden hat. Doch ist Mauerwerk allem An-
S'-heine an der Fundstelle nicht vorhanden gewesen, so dass es sich offenbar
um einen dem Boden absichtlich übergebenen, also vergrabenen Schatz handelt.
Obwohl das Thongefäss inzwischen abhanden gekommen ist, auch einzelne
Münzen v<jn dem Finder und später von seinen Erben an Freunde und De-
kannte verschenkt worden sind, ist der Fund seiner Hauptsache nach noch
jetzt ziemlich unversehrt beisammen.
Die Gesamtzahl der Münzen düi'fte nach der Aussage der Verkäuferin
jedenfalls die Zahl 400 nicht überschritten haben; ihre Erhaltung ist im all-
gemeinen eine ihrem verschiedenen Alter entsprechende: sehr verschliffen sind
die Denare der Flavier und Trajans, abgenutzt auch die des lladrian, des
Pius und des Marcus als Caesar, meist sehr gut erhalten die Stücke aus der
Zeit des Marcus, Commodus und Severus, wenn auch kein Stück mehr Stempel-
glanz zeigt.
Wir lassen jetzt die Deschreibung der einzelnen Münzen folgen:
181
9 b
TS ®
4. 5
(>. T
8
9
10
1 1
12
1:5
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15
Iß
17
18
10
•Jo
21
Zugehörig-
keit
! ,a
CS
N
ü
Beschreibung
C o li f • n
2. AuÜ,
Galba I
Vespasian
Titus
Domitian
Nerva
Trajan
Eadrian
IMP SER GALBA AVG Kopf mit l,.,rbüoi- n. i-,
Jls. SPQR
OB III i'iiioiii l]iclu.Mikr(in/,e.
C S
y, SALVS lAVGl Mtz.iido Snlus.
» TR POT X COS Villi ViKori... ,.in Tn.paonm
orricliteiul.
„ TRI POT II COS III PP sitzcinl- Piix .1. 1.
« VICTORIA AVGVSTI Virtoiin n. r. suilion.l,
bekränzt ein Feldzeichen.
Umschriften abgeschliffen, Av. Kopf Yespasian's n. i.
Bs. Miu's mit Trupaeinu auf der Schulter.
Hs. PONTIFTRP COS IUI sitz.MuIc wdbl. Figur
mit Zwej^-.
Umschriften verscliliffen. Äv. Kupf dos 'l'itus mit
Lorbeer u. v. lis. stellende männliche Figur, den
rechten Fuss auf einer Kugel, hält Lanze od. Szepter.
-^'^- IMP XXI COS IXV CENS PPPI stehende
.Minerva mit La?iz(;.
>. PRINCEPS IVVENTVTIS siiznulo v.-ta n. l.
mit Palladium.
. PRINCEPS IVVENTVTIS Altar.
Lykische Silberdraclimc! von der Grösse eines Denars.
^l'"-AY NOCCeBACT....K<'l'tl).ui.itians
mit Lorbeer n. r. l{s. ItTOYC \A i'^ YMIATOY
II z\'^] Zwei Lyren, zwischen ilnicM ein Kerykeiun
(vergl. Mioniiet JII 43U, 2. IJrit. .Mus. Cat. Lycia,
39. 7.).
J''^- FORTVNA PR sitzende Fortuna.
V COSVPPSPQROPTIMOPRINC Üehelmte
Koma n. l. sitzend, mit Victoria und Lanze.
.. im Felde PROVID, Umschrift PM TR P COS
VI PP SPQR l'rovid. n. 1. stohcnd, mirSzci-tor
und Stab, vor ilir Kugel.
V SPQR OPTIMO PRINCIPI <>■ 1. s.l.reitendu
Spes.
« COS IM Virtus 11. r. stehend.
•, HISPANIA -itzend.' Ilispania.
„ im Allschnitt IVSTITIA, rms(dirifi PM TR P
COS DES II (oder COS IM .lustitia.
„ im Felde PIETAS, Fnis, luift PM TR P COS 1 1
l'ietas.
wie I 338,287,
aber Schrift
des KoversoK
in 3 Zeil. Ml.
1 401, 4;il
1 411, .-,.-,•_'
I 412, :>m
fehlt
I 44:;, ICL'
I 494, 267
T 7)03, 37.S
I r)(l4, 307
II 8, 70
II 2fi, t;o
II .-,0. :;i;
II t;4, 4."..-.
II 13G, 3."j3
II 170, 830
1 1 1^(1, 87ii
lodcr X77l
11 101. 1U27
') Für die licstimmung dieser und der unten unter No. 74 :iufgrfülnten .Münze bin icJi
lli'iiii ri-of. l'ick in (Icitlia zu Dank verpilichtet.
12*
— 1S1> —
Zugehörig- 1
keit :H
«->
■f.
Beschreibung
23
24
25
26
27
28
20
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33. 34
35
36
37
38
30
4(»
41
42
4:!. 44
45
40
47/40
50
51
Hadrian
Sabina
Antoninus
Pius
■R*. PM TR P COS III »• 1- stehende Felicitas mit
Füllliorii und Caduceus.
, TRANQVILLITAS AVG, i»' Ai.s.liuiit COS
1 1 1 Traiuiuillitiis.
■n VICTORIA AVG "• '"• stehende Victori.'i mit
iAirbecrzNvt'ig.
- VOTA PVBLICA opfennUn- Kaiser.
~ CONCORDIA AVG sitzende Concordia mit
Scliiili' iiiiil l-'iilllinrn.
- IVNONI REGINAE stehende .luno mit -Szepter
und Schale.
- lAVG PIVS PMI TR P COS DES II Di«"a
mit IM'cil iiml IJog'en.
. AVG PiVS PM TR P COS DES II Ä-iuitas
iiiil W'aa.i;-!! uihI i^'üHlmrii.
. CLEMENTIA AVG »inmMitiu.
^ CONSECRATIO sitzender Adler, Kupf u. 1.
^ew endet.
, CONSECRATIO Sdieiterhanfen.
1 COS IUI Vosta mit SimiMihim und l'iiliadium.
„ „ Aquitas.
„ „ Felicitas.
„ „ Fortuna ii. 1.
_ l'dirinia n. r.
, , Siilus.
Aliimdantia.
., „ Al)nndantia mit ^Modiu^ und Schiff.
.U. mit TR P XVI.
•, COS IUI Ai)uii(laiitia mit :Mo(rnis und Schiff.
.1--. mit TR P XVII.
. COS IUI Abundantia. Ar. ANTONINVS
AVG PIVS P P TR P XVI l^opf ohne Lor-
beer II. r.
« COS II II uiifernder Kaiser.
zwei versclilunffene] lande den riuliicens
haltend.
„ DIVO PIO Altar.
, FELIC SAEC COS Uli l'dieitMs, die rechte
Hand erheb, Mid. .1/-. mit TR P XXIII.
. FELIC SAEC COS IUI IVdi<i.as mit Cadu-
ceus, auf Siiulo ^^ostützt. A>\ niii TR P XX II II.
r, FORTVNA COS IUI l'"iluiia mii Kuder und
l'üllliurn.
c
0 h e n
2
. AuH.
II
201,
1143
II
225,
1437
TT
227,
1454
II
220,
1481
IT
249,
24
II
250,
43
IT
277,
08
II
278,
78
11
2S3,
123
II
287,
154
II 288,
164
II
292,
198
II 296,
240
II
297,
253
11
297,
263
II
298,
271
II
298,
280
II
299,
283
II
299,
290
TI
209,
291
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II
300,
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344
II
306,
357
II
1
306,
359
1
II
3(k;,
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II
:{()8,
383
1 sn
« 5
Zug-ehörig-
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1
1
Beschreibung
C o li 0 11
'2 AiiH.
S y^
X
54
Antoninus
Pius
1
lU.
FORTVNA OBSEQVENS Fortinm mit Rinler
lind l''üllliuni.
II 30b, \:>~.
55
n
1
W
ITALIA sil/i'ndi; Italia.
11 :;n, 46M
ÖG
n
1
n
im lvi,i,.LIBIIII, rMisHuirtTRPOTCOSIIII.
11 318, 491
.")7. 58
11
2
n
PACI AVG COS IUI l'=iN "lil <">lzwei- und
.Szept«!-.
II 327, 573
59
<)
1
n
im Abschnitt PIETAS, rins.-liiift TR ROT
Xllil COS HM.
11 .■;:i'p, r.u;
m
•n
1
jf.
ANTONINVSAVGPIVS PPTRPXXIIII,
Kopf ohno LüiIk'ci- ii. r. 7^. PIETATl AVG
COS IUI l''''t)is /.\vis<-lien zwei KiTidi'rn.
\\ iulI:io'_',t;.Ji,
uliiT Kopf
(1 ii II i; Lorbeer
61
r,
1
7,'s.
ROMA COS IUI -ii/.''iid.' Koniu niii Vi.turJM
lind l>(iii/.e.
II 34U, 696
62
1)
1
n
im Aliscdiiiitt TRANQ, lins(lMift TR POT
Xim COS INI. I' IMP CAES T AEL
HADR ANTONINVS AVG PIVS PP
\\iell:;5l .s-j:..
WDiilierpiVS
in Aver,«uiii-
stlirift t'elilt
63
•n
1
Jr.
IMP CAES T AEL HADR ANTONINVS
AVG PIVS P P '^"1'' '"'"^ iiorli.'or 11. r. V.'.s.
TR POT XI III COS IM! stel.emle weildidic
Fin-iir mit .Szü|(ti'i' iiinl Alircii.
V
04
n
1
iV.S'.
TR POT XIX COS IUI '1 '■• sitzoiule Al.un-
diintiii mit Külllinin.
11 365, 985
65
n
1
n
TR POT XX COS UM Alumduntia n. r. mit
Kind und KiidiM-.
II :{Ü8, KMt;
06
n
1
n
TR POT XX cos III! M'iind.nitiii wie bei 985.
11 ;i68, 1021
67. 68
•n
2
"
TR POT XXI cos IUI '1- 1- stehende Abun-
diuiti;! mit /.\\(m Ahrcii und Ruder.
11 37(1. i(i:;s
69
»
1
n
TR POT XXI COS MM n. r. st. hend.. Abun-
dnntia mit Mudiiis uml Kuder.
11 :;7u, 1U39
70
•n
1
5)
VOTA SOL DEC II, im AbsHmitt COS IUI
Iviiiscr vtir Drcifuss uidVi-nd.
II :;77. Iin-j
71
n
1
ylr.
ANTONINVS AVG PIVS P P TR P XXII
K(.|d' mit J.orboor ii. r. 11^. VOTA SOL
DECENNII, im AbscIniiilCOS IUI
wie
11 ;;tt. IUI
aller in Sillicr
72
n
1
Ac.
ANTONINVS AVG PIVS P P TR P XXI 1.
//*■. VOTA SVSCEPTA DEC IM, i", Ab-
stlinitt COS IUI.
iVliIt
73
•n
1
w'w
vorlicrgcheiid, nur im ,1'-. TR P XXIII.
iVlilt
74 -
•n
1
Silberdnii'liint! voii ('ae.siiri'a in Ciipiiadorin-) von il«r
Grösse ei.M-sD.MiMrs. Jr. AYTOKP ANT V.\H^\
'') Xach Pick: Zeitsclir. f. >'umismatik H, 316 f. \>i es k.dn Stadt-.dd, sondern l'n-
vin/ialgcld unter römischer Autorität, v-1. «u.di Wroth in Brit. .Mus. Cntal. Cappndoeia in-
trod. pag. XXXl.
184 —
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Zugehörig-
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Beschreibung
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Marc Aurel
Faustina I 1 > 7?.i
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102 Marcus 1 -
1 , Ai
1
3
1
1
ifs.
1N0C_CHBACT10C Kopf des Pius n. r.
J^-- YMATOC B ^l'i' ''"^'"t?" A.rgaius, auf seinem
(lipfel eine inännlielie Figur mit Schale, Kugel
und Szepter (vgl, Mionnet IV 416, 62. Hrit. Mus.
("at. Cai)padocia 63, 152).
ANTONINVS AVG PIVS PP COS III K"i'f
des Kaisei> 11. r. i.'>. AVRELIVS CAESAR
AVG PI I F COS l'iiste des Jungen Marcus ii. 1.
/^g;y ^RNITAS ^''i- "■ '• stehend mit IMiünix
Act. 11. I. stehend mit Szepter, i
„ Aet. 11. 1. stehend mit Kugel
und Schleier.
y\^"P£;Rf\Jl"r/\S lliiwii mit Szepter, davor ein
I'tau.
AVGVSTA Venus mit A]if(d und Scliild.
„ Ceres n. r. stehend.
„ Ceres m. Fackel, ihr Gewand haltend.
„ Yesta vor Altar stellend.
„ sitzende A'^esta.
Thron.
„ stellende weibliche Figur n. i. mit
Szepter und '?.
CERES "• ^- stehende Ceres mit Fackel und
2 Ähren,
■ DIV^ FAVSTINA. ii». CERES sitzende Ceres
n. 1. wie Cohen II 423, 141.
CONCORDIAE.
CONSECRATIO "• 1- stehende Vestam. Fackel.
11. r. stehender Adler, den
Kopi" 11. I. gewendet.
VESTA II '• stehende Yesta.
CONCORD AVG TR P XVII, i'" Ai.sdinitt
COS III.
. IMP M ANTONINVS AVG K'M'I' "'"'" i-'"-
iH.r n. r. lis. CONCORD AVG TR P X V 1 1,
im Abschnitt COS III, Victoria sitzend, hat ein
Füllhorn hinter ihrem Sitz.
CONSECRATIO Adler mit Szepter n.r. fliegend.
„ Adler n. r. sit/cnd Jiiif JJlitz.
Adler n.r. sitzend auf Altar.
Scheiterhaufen.
11 110. 24
11 414, 11
II 415, 26
II 415, 32
II 418, 61
II 419, 73
II 420, 84
ir 421, 104
I II 422, 116
I II 422, 119
' II 423, 132
II 423, 136
fehlt
II 425, 158
II 426, Ki.-)
II 426, 166
II 427, ISl
II 436, 291
IT! 7, 37
wie 111 7, 10,
aber Ivopf
oh n e Loil)eer
i III 11, 81
I III 11, 83
III 11, 84
III 12, 97
~ 1 So
0) -^
Zugehörig-
keit
110
111
112
ii:j
111. 115
HG
117
118. 111)
I2ü
121
122
123
124
125
126
127
I2.s/i:j0
i:]l
i;j2
133
134
Marcus
c3
O
Besclireibung
1 Rs. COS 1 1 1 sitzoiidor .Tiii>itoi
Uäiiil>ri'ii(l(' ^liiM'i'Vd II. V.
II. I. stchi-iiilc Diuiiti iiiil l'l'i-il iiml
Büg'eii.
•1 COS III "■ ''■ ><''li'Jiiil(' Salus, üiiic Sclilaiii^o
füttonid.
!) COS 1 1 I P P II- '• sti'liciidc Abuiidiiiitia mit Alireii
und l'iillliciru, vor ilir .Modiiis und S(diitt'sv(irdertoil.
1 , iuiAi.sriniittDEGERM, riiisHii-ii-tTRPXXXI
IMP VIII COS HIPP \VMlf.Mili,'iiir-u.
1 „ FORT REDTR P XXIIIMP V, iiiiAi..s(;lmitt
COS III II- '■ ^itziMide Fortuiifi mit ItiidiM' und
i'üniidfii.
w IMP VI COS III 'I- •• sitzende Ivuimt mit
Victoria, uml Lnnzc, anf ilii'oni S<'liild(' .Mmluseii-
luiupt.
Äv. M ANTONINVS AVG TR P XXVII i'-istc
mit Lorbeer n. r. ]!s. IMP VI COS III
TrojK'Kiuin, an dessen Fuss ein gefesselter (je-
t'an|^-(Mier n. r. sitzend.
1 7i'.s'. cbensu, nur Jr. Kopf mit Lorbeer.
1 „ ebenso, nur mit TR P XXVIII i"i ^>-
1 ., ,, nur sitzt der (iefaiigem' ii. 1.
1 „ IMP VI COS III Ivsiiser n. 1. stehend mit
Sze|it(M' und Zweig.
1 „ IMP VII COS III II- i- eibmder .Mars mit
Lanze und Troiiaeuni.
1 „ IMP VII COS III Victoria ii. L sitzend mit
Schale und Palme
1 Av. M ANTONINVS AVG TR P XXIX. R"-
IMP Vlli COS III 1'='^ 11- '- mit t'Hduceu■^ und
rüilliorn, wie Collen III 33, 331, aber TR P
XXIX ii" -^v.
ii'.v. im .\bscliniU. PAX, Lmsclirift TR P XX IMP
IUI cos III '''i^ Uli'' "li^weii;- und l'ülliiorn.
1 „ PIETAS AVG «»prernu'SM.r u. s. w.
1 „ PIETAS AVG TR P XX COS III n- '•
stellende l'ietas, oiilVrnd.
Ac. M ANTONINVS AVG ARMENIACVS.
V.V P M TR P XIX IMP II COS III II- I.
stehende Tax mit Cadnccus und l'üllhorii, den
rechten Fuss aul' einer Kugel.
AV RELIG AVG IMP VII COS IM >l"'l^"'- "'i'
Cadueeus und Schale, \\i>' <'ohen lll j-l. Ö30,
aber auf Ar. TR P XXVIII ('•'<'l'r XXV 11'.
c
oh<
i II
»
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13,
H.
iil
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III
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I.'jI
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I.j6
III
•>•)
2US
III 2S, 28U
fehlt
III 30, 297
III 80, 2«J8
III .30, 301
III 30, 305
Hl :;2, :;i i
III 33, 325
fehlt
111 15, 435
111 17. 1..I
III !S, IÜ3
fehlt
feiilt
— 186
Zugehörig- g
keit
Ol !
Beschreibung
Cohen
2. Aufl.
135 Marcus 1 Jh. TR POT VII COS II ^«enius des Heeres mit 111 66, 661
l'oldzi'iclifii.
136 y, ' 1 -. TR POT VIII COS II »Senilis clos JloL-ies 111 üT, 673
luic Sfhale uud Lei!;ionsadler, vor ihm brennender
i ! i Altar.
137 „ l - TR POT X COS II Äquitas mit AVaagf« tmd III 69, 702
l-'üliliorii. I
1 ■
138. 139 ^ 2 [' „ TR POT X COS II -^'Jl'litr '"it Parazonium 111 70, 703
uud Lanze.
140 „ 1 - TR POT XI COS II lelicitas mit Caduceus III 70, 709
und Szepter, stützt sich auf eine Säule.
141 „ 1 - TR POT XI COS II 'Securitas (■'). II171,719(?)
1.1_. „ 1 - TR POT XII cos II "• 1- sehreitende Spes. i III 72, 731
U3/1-15 „ 3 haben die Umschrift TR POT . . . COS 1 1, die /ald
I der tribunicisclien Gewalt, sowie die Darstellung i
j nicht sicher zu l)estinimen.
Hü. 147 - 2 i.'>. TR P XX IMP IUI COS IM stohende Yiotona 111 86, 878
mit Tainie und Schild, auf dem die Inschrift
\ vic
! PAR.
148 - I 1 , „ TR P XXI IMP IUI COS III l'iovidentia mit , III 86, 881
I i Stab und Szepter. |
„ ebenso, stellende Äquitas mit Wau'^e und Füllhorn. III 86, 882
^ TR P XXII IMP V COS III sitzende .\quitas. III 89, 899
„ TR P XXIX IMP VIII COS IM Felicitas III Ol, 920
mit Szepter und Caduceus. 1
„ TR P XXX IMP VIII COS III Behelmte fohlt
Jvoma II. 1. .stehend, iiält Victoria und Lanze, Nvie
Cohen in 93, 93."), aber ohne p R. '
- TR P XXXIII IMP X COS IM PP sitzende 11196,968
Salus hält zwei Ähren, vor ihr Altar mit Schlange, i
- VOTA SOL DECENN, im Abschnitt COS I II ' HI 103, 1031
opfernder Kaiser ii. 1., zu seinen Füssen ein Stier.
- VOTA SVSCEP DECENNII, im Abschnitt 1111(14.1036
COS MI <>lifi;iiidi'r Kaiser, aluT ohne Stier.
- AVGVSTI Pll FIL stclien<le Spes mit IJlumc 111 138, 24
- CERES sitzende Ceres. 111 139, 35
•» CONCORDIA sitzende Concordia, unter deren fehlt
Sessel eine Kugel.
- CONSECRATIO 1''="- n. v. 111 142, 71
149
n
151»
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151
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152
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153. 154 n
155 - I
1 56 n j
157/160 Faustinall
161. 162 I „
163 ' ,
164
165
1 1;6
167
168
„ Thron mit l'faii.
.Mtar.
DIANA LVCIF .-tehend.' Diana.
FECVND AVGVSTAE stehende Fecunditas
zwischen 2 Kindern.
III 142, 73
III 142, 75
III 143, 85
in 143, 95
187 —
I ^
3 s
05 —
.4 >=i
Zugehörig- *
keit
Beschreibung
OJ
IC.9. 170 'Faustina II 2
Lucius
Verus
171/174
175
17(i. 177
178/180
ISl. 182
18;}. 184
185
186
187
18.S. 189
lOO. 191
192. 193
194
195
196. 197 Lucilla
198
199
200
201
202
203/205 , Commodus
206
•07
208
209
K*'. FECVNDITAS steheudi- l'ecuiKlitas in. Szuptcr
uikI Kind.
„ HILARITAS st.'luMule llilu.itas.
., LAETITAE (««!), Stempelfehler stiitt LAE"
TITIAE, son8t wie
„ MATRIMAGNAE sitzende Cjbele.
« PVDICITIA optenule Pudicitiii.
Av. FAVSTINAE AVG Pll AVG FIL A'*-
PVDICITIA steluMide Pudicitiii.
■7^- SAECVLI FELICIT 'Hiion, auf dem 2 Kinder.
„ VENVS Venus mit Apfel und Szepter.
„ „ Venus mit Taube und Szepter.
„ ^ stehende Venus n. 1. mit Apfel, ilir
lldfir Ulli der linken Hand ordnend.
r, VESTA sitzende Vesta.
„ GONSEGRATIO sitzender Adler n. 1. schauend.
„ im Abschnitt PAX, Umschrift TR P VI IMP
IUI GOS II stehende l'a.x.
„ TR P NU IMP II GOS II -Mnrs mit Schild
und Ijnii/.e ii. i".
„ TRPVIIIIMPIIIIGOSIII stehende Äquitas.
n IVNONI LVGINAE sitzende Juiiu mit lilume
und Kind.
„ PVDIGITIA sitzende l'udicitia.
„ VENVS stehende Venus mit Apfel und Szepter.
Cohen
2. .\ufl.
' ITT 144, 99
I III 145, 111
111 149, 155
I III 150, 172
III 151, 184
feldt
111 152, 191
, 111 157, 249
III 157, 255
fehlt
II i 1(51, 286
, in 177, 55
III 1s:j, 126
III 192, 2:<n
n »
1)
1) » » " " "
VENVS VIGTRIX Venus mit Victoria und
Schild.
., VESTA Vesta mit Sim|»uliim nnd r;ill!i<liinn,
vor ihr Altar.
„ APOL PAL P MTR P XVI GOS VI »• '•
stehender .Vpollo, die Leyer auf eine Säule
stellend, in der rechten Hand das IMeUtrum.
„ AVGT PIET P M TR P XII IMP VIII
GOS V P P stehende l'ietas.
. GONG GOM P M TR P XVI GOS VI
stehende Concordia mit Srli;tle und S/.ciiter.
„ im Abschnitt GONG MIL, rmschrift P M TR
P XI IMP VII GOS V PP Coucordia zwei
Feldzeichen luiUeiid.
„ FEL AVG P M TR P IXI IMP VIII GOS
Y PP Felicitas mit Szept<;r und ('.•i(lni'eu>. wie
die ü r. III 241, 115.
III 200, 310
III 218, H6
III 220, 62
III 220. 70
111 220, 71
111 222, ".«<•
111 222. '.»2
111 2:50, 25
111 231. 31
111 233, 45
111 234, 5a
tVlilt
188
o ._
_: i^
Zugehörig-
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-4^
Besclireibung
C o li 0 11
2. Auil.
210 Commodus 1 Tis. FELICIT PERPETVAE AVG l'eiicitas uud i 111 242, 120
< 'iiiiuiiuilu> sti'licinl. I
211
214. 21.J
21tj/218
21ü
220
221. 2''"'
223/225
22Ü. 227
228/230
231/233
234
235
230. 237
238. 239
240
211. 242
243
244/246
247
1 ^.'>. FORT FEL P M TR P Xllll COS V PP m 247, 162
I uriiiii.-i II. I. iiiil ( 'inliK'i'io und i'iilllKirti.
' Q
I '>
9 I
-/.'-•• GEN AVG FELIC COS VI stehender (ienius
II. I. mit 8cli!ile uml Fülllioni, vor iliiii Altar.
- HERCVLI ROMANO AVG Ho-.-n, Kö.-li,..-
mal Kciili'.
„ eboiisii. IliTi'ule.s i'iiii;ii llfliri .•iiii" i'iii 'I'i'iijinc'iiiii
st^tziMid.
. HILAR AVG P M TR P XIII IMP Villi
COS V P P ^ti'luMide Hilaritns.
. lOV EXSVP P MTR PXII IMP Vlll COS
V P P .sitzender Jupiter.
. lOVI DEFENS SALVTIS AVG.
. lOVIVVENPMTRPXIIII COSVDESVI.
„ LAETITIAE AVG l-et. n.i. mit Ähren n.Kiidor.
„ LIB AVG P M TR P XV COS VI Lüiertas
II. I. mit .M fitze lind S/epter.
. LIB AVG P M TR P XVII COS VII PP
liiltertas ji. 1. mit 3iüt/e. im j'ejiie ein Stern.
. LIB AVG IUI TR P VI IMP IIII COS III
P P l.iberalitn.'^ n. 1. mit Tesseni und l-'üHliorii.
« ILIB AVGI VI P M TR P XI IMP VII
COS V P P l/iljeralitu.'< n. 1. mit Te.ssiM-a und
l'üllliorn.
. LIBERALITAS AVG VII l-üieralitas n, 1. mit
Te<sei-;i und i''iililiurn.
. MART PAC P M TR P Xllll COS V PP
n. 1. >tehoiider ^lar.'< mit Lanzo und Olzweii;-.
n MIN AVG P M TR P XVI COS VI m. r.
eileiulü Minerva mit Seliild und l.aiize in der
Linken, T.orbcerzwcig- in der liecliten.
. NOBILIT AVG P M TR P XII IMP Vlll
COS V PP stellende Xobilitas mit Szei)ter und ,
kleiner Statue der Pallas. I
■ PACI AETERNAE, im Aiodmiti C V PP
sitzende Fax.
- PAT SENAT P M TR P XII IMP Vlll
COS V P P Kai>er n. 1. .stehend.
. P M TR P Villi IMP VI COS IIII PP
stelir-nde Vieturiu auf einen Seliild schreibend.
III 250, 172
[II 253, 1!»5
III 254, 202
111 25i;, 212
III 2G1, 242
III 261, 245
III 263, 260
III 265, 279
III 266, 282
III 266, 28b
111 269, 307
11! 270, 316
Iir 271, 323
III 273, 350
III 271, 3.58
III 278, 385
III 279, 3S9
111 280, 397
Ili 286, 438
181) -
Laufende
Nummer
i
Zugehörig-
keit
i
1-^
O
Beschreibung
C
>>
0 h c 11
.Uli.
248
Commodus
l
lis. ebenso, Aquitas mit Waai;-p und Fiillliorn, vor ilir
TTT
287, 446
•lü. 250
11
2
Ai: COMM ANT AVG P BRIT. i^. P M TR
vic
Ileicht
P X IMP VII COS IUI PP s-t/..M.der Jupiter
111290, 472 (yi
mit S/eptor und 'f
251
''
1
A'.s. P M TR P X IMP VII COS IUI PP lionm
II. 1. sti-iioiid Miic ^'i(!to^iil und Liiiizc.
[11
292, 4711
252
'1
1
Ac. M COMM ANT P FEL AVG BRIT. J'S.
PMTRPXIIMPVII COS V P P sit/fuder
.hipitei' mit Szepter und Didpliiu (vgl. Coiien
III 293, 486).
fehlt
25a
11
1
h's. P M TR P XI IMP VII COS V P P steheml-
-Vquitns mit Wuaj^'e und l''ülliioiii.
III
295, 49;t
254
1
„ ebenso, sitzender Kaisur liiilt ciiii- Kui;(d.
111
295, 504
255
^
1
,1 P M TR P XII IMP VIII COS V PP
]''elicitas n. I. stellend mit Caduccus und l-'iilllioni.
ill
299, 523
25Ü
51
1
„ P M TR P XIII IMP VIII COS V PP
stehender Genius liiilt Schale und zwei .Miren.
111
301, 532
257
11
1
„ ebenso, Aquitas mit "Waage und Füllhorn.
III
302, 53S
258
'1
1
„ ebenso, Liberias mit Mütze und Szejjter.
III
302, 512
5'J. 260
11
2
„ ebenso, sitzende Salus, eine Schlange fütternd.
III
302, 544
tJl. 262
')
2
:i P M TR P XV IMP VIII COS Vi sitzender
111304,555''''
Kaiser mit Zwei«;- und Szepter.
263
'1
1
„ P M TR P XVII IMP VIII COS VII PP
Pax stehend mit Cadueeus und Füllhorn (Stern
im Felde fehlt).
111
306, 571
64. 265
n
2
„ ebenso, sitzende Pietas mit Szepter, vor ihr ein
Kind.
III
308, 574
'66. 267
11
2
„ ebenso, Fortuna mit Cadueeus und FüHhurn, den
Fuss auf Sehittsvorderteil, im Felde ein Stern.
III
308, 578
268
11
;, ebenso, Fides (oder Coucordia) mit Feldzeichen
und Füllhorn.
TU
308, 583
269
11
,1 PVBLICFELPM TR PXII IMP VIII COS
V P P Felicitas mit Schale und Szepter.
111
315, 646
■JTO
1?
„ ROM FEL P M TR P XVI COS VI sitzende
lloma mit Vieturia und Liinze, unter ihr Schild.
111
316, 655
271
n
„ im Abschnitt ROMA, L'iuschrift P M TR P X
IMP VII COS INI PP.
III
317, 661
272
71
l
11 S AL GEN HVM stehende Salus einen Knieenden
aufhebend.
, i'l
318, 677
J7;!. 274
n
,1 SEC ORB P M TR P Xllll COS V, im
Abschnitt DES VI flitzende Securitas.
III
320, 695
275
1»
n SECVR ORB P M TR P Xllll, i'" Abschnitt
COS V P P sitzende Securitas.
III
320, 697
100
I
/^
Zugehörig- g
keit ä I
I a:
Beschreibung
(' o h 0 II
•_'. AuH.
276 ' Commodus
278
27'J
'JbU
2M
282
283
1
284
n
285
n
28G. 287
n
288 /2yO
Ciispiua
291/293
»
294. 295
r
296
n
297
•n
298
Septimius
Severus
-/''^. TR P III IMP II COS PP sifzpude Salus, eine ' TU 330, 762 (r)
.Sfiilaiigc tutiiTiiil.
, . TR P im iMP III COS II PP >it/.e.ulc ill 331,77:.
^'iotl>l•i,•l mit i'aliiic inid Schalt'.
- TR P VI IMP IUI cos NIPP ^iuende ; m 3:^4, 8U3
Ivoiiia mit Victuria und Laii/.e.
ebenso, stehende l*a.\ mit* aduceus und Fiiilliuiii. 1 1 .'534, 800
- TR P VII IMP V COS NIPP l'ruvidentia Hl 338, 840
mit Stal) und Sy.epter.
- TR P VIII IMP V COS IUI PP i'iuvideutia 111 339, 8:.9
mit Stall und Szepter.
- TR P VIII IMP VI COS INI PP sitzende III 343, 888
Koma mit N'iiitofia uuii Lanze.
„ ebenso, Providentia mit Stab und Szepter,
ebenso, l'ax mit C'aduceus und l'iillhorn.
III 345, 905
111 345, 906
299
300
301
302
- TR P Villi IMP VI COS INI PP i'io- 111348,934
vi(h'ntia. (?)
2 - VIRTVT AVG P M TR P XII IMP VIII Ul 352, 966
COS V P P >^teli. Virtiis n. I. mit Victoria u. Schild
:'■ •• CERES stehende Ceie.s hält zwei .Vhren und 111 3S2, 1
eine Fackel. |
3 i " CONCORDIA >tc]iciide Concoiilia hält Schale | III 382, 5
und doppeltes Füllhorn.
2 ,, elienso, zwei verschlungene Hände. | III 383, 9
1 n IVNO stehende Juno n. 1. mit Schale und Sz('i)ler, 111 384, 21 {'')
zu ihren Füssen ein l'l'au. Cr") 1
.. VENVS Venus n. 1. stehend mit .\pfel. j III 385, 35
- FIDEI LEG TR P COS steheiule Fides mit IV l'.t, 1 in
Victoria und Feldzeichen.
•• LEG II ITAL, iin Ab.-clniilt TR P COS Adler IV 31, 261
von zwei Feldzeichen umnclicn. j
- LIBERO PATRI l'i'"'i' "•'• ^tciii'ud mitThvrsus- iV 34, 301
.Stab, zu seinen Füssen ein l'anther. j
- P M TR IP IUI COSI M PP sitzende l'a.x IV 46, 42;»
mit Szepter und Olzwcio-, i
VICTORIAE AVGG FEL Hiegende Victoria
n. 1. mit iliadcm, vur ihr cim' Kun'el.
IV 75, 71<.t
— l'.ll —
lJbcr.si(',htli(!]i verteileu sicli clanac]i die nocli jetzt iiachwciHbureu Müir/eii
(los Fluides auf die verscliiedeiicii Kaiser und Kaiserinneu folgeiidermasson :
Galba 1 Stück 1 AiitoniuusPius u. Marc Aurcl 1 Stück
Vespasian "^ r, Faustina I 2G „
Titas 2
Domitian (darunter eine
»
Marcus
Faustina II :y.\
•'•' 7,
n
griecliisclie) 4 „ Lucius Verus (5 ^
Nerva 1 « Lucilla 7 „
Trajan ^ n (yoniniodus 85 „
TIadrian 8 „ Crispina 10 ^
Sabina 2 „ Septiniius Severus . . . 5 ^
Antoninus Pius (darunter eine j i„ ßumma . . 302 Stück
j^riechische) 4G „
Numismatische Seltenheiten scheint der Fund nicht enthalten zu haben,
dagegen eine ganze Anzahl von Stücken, die von den Coheu'schen Beschreibungen
mehr oder minder abweichen. So scheint der Victoriatypus der beiden Denare
Vespasians (No. G und 7) bei Cohen auffallendervveise ganz zu fehlen (die von
ihm No. 618 beschriebene Darstellung ist offenbar eine andere), dürfte aber
der Keversdarstellung der unter Titus F 459, 380 beschriebenen Mittol-
bronze mindestens sehr ähnlich sein. Öfter entsprechen Münzen unseres Fundes
von Cohen beschriebenen Gold- oder Bronzemünzen genau, sind ihm aber
als Silberdenare unbekannt: so ist unsere No. 71 des Pius wohl gleich der
Goldmünze Cohen IF 377, 1111, No. 72/73 entsprechen die Darstellung und
Reversuraschrift ganz den Bronzen Cohen IP 378, 1120 — 112G, unsere No. 133
des Marcus ist gleich der Goldmünze Cohen IIP 49, 480; No. 163, 181/82,
187 der Faustina II. gleich den Bronzemünzeu Cohen IIP, 56 ff.; 179/80 und
265; No. 209 des Commodus ist wie das Grosserz Cohen IIP 241, 115. Ab-
weichungen in den Umschriften auf dem Avers zeigen die Münzen des Pius
No. 62, der Faustina I. No. 96, des Marcus No. 127, auf den Reversen die
des Galba No. 1 und des Marcus .No. 152. Endlich haben die beiden Münzen
des Pius No. 45 und des Marcus No. 103 abw^eichend von Cohen nicht den
belorbeerten, sondern den ungeschmückteu Kaiserkopf auf dem Avers.
Die verschiedenen Kaiser sind in den Denaren unseres Fundes an Zahl
sehr ungleich vertreten, und lassen sich in dieser Hinsicht deutlich zwei Gruppen
scheiden : von den flavischcn Kaisern, sowie Trajan und Hadrian sind verhältnis-
mässig nur sehr wenige, zusammen nur 28 Stück vorhanden, während die über-
wiegende Masse der Denare aus der Zeit des Pius, Marcus und Commodus
stammt"), eine Erscheinung, die bei vielen Münzfunden dieser Zeit wiederkehrt
•') In dem iiocli vollständigen Fuiido kiinn dies Verhältnis kein anden-s -ewescn,
iiiiiss violmelii* noch schärfer hervorgetreten sein als jetzt: dem Schicksale des Verschenkt-
werdens sind ottenbar die späteren Denare mit noch gut erhaltener Prügung und rmsrlM-ift
ungleich stärker ausgesetzt gewesen, als die verschlittenen und lialli nnkenntli<'hen Dennre der
tVüliorou Zeit; vielleicht erklärt sich auch hieraus die aurtalloiHi geringe Zahl der Jetzt nocii
vdriiandciii'M Stücrkc mit ilem Kopfe des Severus.
— n)2 ■ -
rsiehe Mommsen, Rom. Müuzwesen, 774), Bemerkenswert ist das Vorkommen
zweier griechischeu provinzicUeu Silbermüuzeu, einer Ivkischen (No. 14) und
einer cappadokisclien (No, 74) unter dem übrigen lieichsgeld unseres Fundes.
Doch haben sich Stücke lykisclier Prägung auch sonst mit Kaiserdenaren ge-
mischt im AVesten des Reiches gefunden (sielie Mommsen, Rom. Münzwesen,
S. 710, Anmerk. 155); ein Gleiches ist mir von den Draclmien cappadokischer
Prägung nicht bekannt, aber zweifellos haben auch sie, in Grösse und Gewicht
dem gleichzeitigen Reichsdenar ziemlich entsprechend, ihm auch ausserhalb
ihres ursprünglichen engen Umlaufgebietes an Wert gleicligestanden.
Was endlich die Vergrabungszcit unseres Schatzes anlangt, so ist dieselbe
aus der zeitlich jüngsten Münze (No. 3ü2 aus den Jahren 198/201) nicht ohne
weiteres zu erschliessen. da ja unlor den jetzt abhanden gekommenen spätere
Stücke gewesen sein können (vgl. die A.nmerk. 3). Die Möglichkeit, die sonst
bei Funden, die bis zum Anfang der Regierung des Severus reichen, vorhanden ist,
dass sie nämlich auch um ein, selbst zwei Jahrhunderte später vergraben sein
können (Mommsen, Rom. Münzwesen, 775), dürfte bei unserem Funde aus-
geschlossen sein mit Rücksicht auf die meist sehr gute Erhaltung der Denare
des Severus, Commodus und Marcus. Wahrscheinlich wird der Schatz also im
Anfang des 3, Jahrhunderts der Erde übergeben worden sein.
Namen und Lage von Wiesbadener Örtlichkeiten.
Von
F, Otto.
I. Ansiedelungen in der Umgegend von Wiesbaden.
Es ist nicht unsere Absicht liier nochmals auf die rijuüschen Ansiedelungen
in der Umgegend von Wiesbaden zurückzukommen, von denen wir durch die
Blosleguiig von Mauerresten und Fundstücke aller Art eine sicher bezeugte
Kunde erhalten haben, wenn auch schriftliche Zeugnisse fehlen; dieselben hat
K. Reuter in den Annal. V, 3, 1876 ausführlich nach den Fundberichten dar-
gestellt und mit Abbildungen versehen. Wir wollen hier die Ansiedelungen des
Mittelalters in der Umgegend von Wiesbaden einer genaueren Betrachtung
unterziehen, da diese einer solchen zu bedürfen scheinen; denn die verschiedenen
Darstellungen derselben sind zum Teil ohne genauere Kenntnis der vorliegenden
Quellen niedergeschrieben oder ermangeln einer kritischen Prüfung.
1. Ufhoben oder Ofhoben (Uffhoben, Offhoben, Ufhoven).
Bereits Sehen ck in der Geschicht-Beschreibung der Stadt Wissbaden 17r»S
S. 406 berichtet, aber ohne Angabe einer Quelle und ohne Jahreszahl, im An-
schluss an die Rodung der Geisshecke (nach 1349), es hätten unweit der Geiss-
heck, die Graf Gerlach mit Zustimmung der Mitmärker dem Kloster Clarenth;d
im Jahre 1347 geschenkt und die anzureden zwei Jahre später Graf Adolf dem-
selben erlaubt habe, einige Hofraithen nebst dazu gehörigen Raumgärten und
anderen Feldstücken gestanden, welche dem Kloster ebenfalls zugehört hätten.
Sie und die ganze daselbstige Gegend hätten Über = Uffhoben geheissen, hcnt-
zutao-e Überhoben genannt. Schenck schliesst sich Schlicphake IV, 52 im
Wesentlichen an, nur gibt er den Namen der Niederlassung: Uft'hoben oder
Offhoben richtig an, statt Über = Uft'hoben, ein Name, der mehr einem Versuch
der Erklärung des Namens gleicht, als eine urkundliche Bestätigung gefunden hat.
An beiden Darstellungen ist zweierlei auszusetzen: 1. Dass die Ansiedelung
auf dem Eigentum des Klosters entstanden sei. 2. Dass sie mit der IJrbar-
machun"- der Geissheck in Verbindung gebracht wird.
— 104 —
Schon vor Sclilie])hako i^l87öj hatte Vogel in den Anual. IIl, 2, 92
(1842) und in der Beschreibung des Herzogtums Nassau S. 535 (1843) einige
urkundliche Belege über die Zeit Uff'hobens veröffentlicht, die Schliephake
nicht erwähnt: Roth endlich in seiner Geschichte der Stadt Wiesbaden S. 556 f.
(1883) vereinigt die verschiedenen Angaben Schenck's und Vogels zu einem
Ganzen, ohne Neues beizubringen.
Wir verzeichnen nunmehr die Stellen, aus denen das Bestehen eines
Dörfchens Ott- oder Uff hoben hervorgeht; zuvor bemerken wir, dass mit ihm
ähnlicher Bildung, aber verschiedener Bedeutung der Name Überhoben oder Ober-
hoben ist, wie sich weiter unten zeigen soll; beide Namen berühren sich, wie
Förstemann, Die deutschen Ortsnamen 1863, S. 127 sagt, mit „hoch", wie
„unter und nieder" mit ,,tief" ; denn die Lage beider Ortlichkeiten ist auf
oder am Abhang einer Anhöhe. Beispiele siebe in dessen Namenbuch II, 1444.
1. In einem Güterverzeicimis des Klosters Eberbach von ca. 1300 heisst
es (in No. 59): „It. habemus ibidem (in Wiesbader Gemarkung) curiam sitam
zu Ufhoben." Ob dieses dieselbe curia ist, in der (in No. 8^ genannt wird
,,Hertwin in curia monachorum" und (No. 16) ,,supra Hertwinum in curia
monachorum", lassen wir uner<)rtert; denn bald darauf haben die Mönche auch
einen Hof in der Stadt, den sie an Graf Adolf vertauschen (1365). Uns genügt,
dass ein Hof des Klosters zu Uffhoben bezeugt ist und zwar zu einer Zeit, als
Ciarenthal in seinen Anfängen stand, 50 Jahre vor der Schenkung der Geissheck,
und ehe das Kloster Clarenthal hier Grund und Boden l)esass. Daher ist die
oben beanstandete Äusserung Schenck's und Schliephake's über die Lage
Ufholiens auf Clareuthalor Eigentum schon aus dieser Stelle begründet. Der
Hof der Eberbacher bestand sicher schon vor Ciarenthals Gründung.
2. In der Urkunde vom 23. xVugust 1317, nach welcher Kunrat Scolme
Ritter von Bergen und seine Frau Hedwig dem Kloster Clarenthal ein Gut
verkaufen, wird die Grenze desselben u. a. so bestimmt: ,,es geht die bach
abe l)i der mulin, do Lenfrit ctwanne saz, bit an di wissen, die nu der frawen
zu Clarendal ist und et wanne was He inen zu Ufhoven und sinre geswister
de Guntramis Kindere zu Ufhoben."
3. Da nach No. 4 und 5 eine Hofstätte zu Ufhoben au der Kaldcnbach
gelegen war, so wird man nicht fehl gehen, wenn man auch die Kaldebach in
der Urkunde vom 16. Oktober (ipsa die Gelli abb.) 1341 hierher zieht, durch
welche Schultheiss und Schöffen zu Wiesbaden bekunden, dass Betlia, Dietrich
Huds (von Sonnenberg) sei. Hausfrau, dem Kloster Tiefenthal \A.' Mark Pfennige,
die Else, Dietrichs erste Frau auf den Hof und das Gut brachte zu
Herrn Dietrich (der Hof war gelegen auf der Kaltin bach). bewiset auf Haus
und Hobestad an den Graben. Urkunde im Staatsarchiv zu Wiesbaden, ab-
gedruckt bei Roth, Fontes II, 79, Auszug bei Vogel, Ann. III, 2, 93.
4. Am 30. November (Andreae) 1351 thut der Pfarrer Wernher zu Wies-
baden kund, dass er dem Kloster Tiefenthal Meysen Plobestad an der
Kaldenl)ach von Uff hüben (Vogel schreibt Uffhäben) für 8 Schill, und
5 KHppen jj'ilirliclier Rente geliehen hat. Urkunde im Staatsarchiv zu Wiesbaden,
— 195 —
abgedruckt bei Roth, Fontes II, 95, Auszug bei Vogel a. a. O. (Uttiiäbeu wohl
nur ein Schreibfehler; vgl. No. 5).
5. Am 11. Januar (teria quarta post Epiplian.) 1352 bestätigt der Komtliiir
des deutschen Ordens /u Mainz diese Leihe von Meysen Hobestad zu Of'f-
]) offen an der Kaldenbach. Urkunde im Staatsarchiv zu Wiesbaden, abge-
druckt bei Roth, Fontes II, 97, Auszug bei Vogel ii. a. 0.
Aus diesen Urkunden geht hervor, dass bei Uffhoben ein Bach, wohl nur
der Abfluss der Gewässer des Ortes, vorüberfloss, dass demnach der Ort selbst
nicht auf der Höhe des ganzen Bezirks Überhoben lag, sondern am Abhang
desselben nach dem westlich davon fliessenden Druderbach und der in No. 2
genannten AViese zu.
6. Zum letzten Male im 14. Jahrhundert wird OfFhoben genannt nach dem
Jahre 1380 im Merkerbuch: Jungfrau Elschin zu Offhoben und ihr Sohn
Conrad, ein Priester, geben Güter auf zu St. Michel zu der Frühmesse (in der
S. Michaels Capelle). Merkerbuch S. 33.
Diese sechs Stellen sind nun die einzigen, in denen Häuser und Bewohner
zu Uffhoben genannt werden. Nach längerer Pause wird der Name wieder
genannt in einem Güterverzeichnisse der Karthäuser von etwa 1430, das ver-
fasst ist, als die Gräfin Margarethe die vormundschaftliche Regierung für ihren
Sohn Johann führte, von 1426 bis etwa 1441 (Menzel, Geschichte von Nassau I,
257) und die Söhne des Grafen Philipp von N.-Weilburg und Saarbrücken
(y 1429) noch unmündig waren, die 1442 ihr väterliches Erbe teilten (Menzel
a. a. 0. S. 113, 147). Es ist freilich nicht ausgeschlossen, dass damals Uffhoben
noch bestand, aber dies ist mindestens höchst zweifelhaft, da bald darauf der
Name wie in der Folgezeit unzweifelhaft keine Niederlassung mehr bezeichnet
und nur noch bei Beschreibung der Grundstücke von Bewohnern der Stadt
verwendet wird, die bei dem ehemals bewohnten Orte gelegen waren. Es sind
folgende Stellen:
1. Karthäuser Gut von c. 1430 am Ende (No. 109): „eine Wies von 2 Morgen
hinder Uffhoben."
2. In einem Zinsregister der Mauritiuskirche vom Jahre c. 1485 kommt vor:
Anthes uff dem Bade und Kleinhentzgyn (Bürger zu Wiesbaden) geben drei
Kappen von einem Garten zu Uffhoben und ebenso ihre Nachfolger in den
Jahren 1523, 1524 und 1525.
3. Ebenda; Die Abbatissa in Tiefenthal gibt 17 Turnose sub pignore
die Tiefenthaler Garten zu Offhoben.
4. In einem Zinsregister des Hospitals vom Jahre 1531 wird genannt der
Bürger Schritt Jakob mit einem zweiteil Ackers zu Uffhoben und
5. Treher Schreiner mit einer Wiese zu Uffhoben.
Weitere Beispiele aus dem Herdschillingsbuch von 1664 u. s. w. anzu-
füliren ist überflüssig.
Dagegen wird im 14. Jahrhundert der Name Überhoben von Uff-
hoben streng auseinandergehalten; jener bezeichnet eine Flur des grösseren
Distriktes llengert, zu dem Überhoben nach seiner Anrodung gerechnet wurde,
obgleich es weit von ihm getrennt war.
13
— 19() —
1. iü dem .,secuudus campus of ilcn Ileiigartlieu" wird in dorn Ebcrbaclior
Gütervcrzeicbuis von ca. 1300 genannt (No. 7o) : ,.Item Oberhobeu ii iug.
ober dem Wec." und (No. 20).
2. , .Versus IJlideustat id. h. au dorn alten Bleidenstadter Weg uacli
Clarenthal uu'l L.-Scbwalbach) item uuum iug. cuin dimidio Oberhoben in
den Wingarten." Daran scddiesst sich sofort ein Grundstück von zwei Morgen
„offen I lengarten ".
ij. (No. Gl:) „Item liabenuis ibidem (zu Ufliobcn) II iug. vinearum sita
Oberhoben, "
4. In einer Urkunde vom 15. -hini 1324 wird genannt ,,uuum cum di-
midio iug. Ober hoben'*.
An diesen vier Stellen und ebenso an den folgenden No. 5, *.) und 1 0 ist
der Umstand auffallend, dass bei dem Namen der Flur die Präposition in oder
auf. die oben bei Heugartheu und sonst steht, nicht gesetzt ist. Daraus scheint
hervorzugehen, dass die Präposition „über" noch nicht zu einem Worte mit
„hoben" zusammengewachsen ist, ferner dass das Feld hoben = Hof heisst,
da eine llerleitung dieses Wortes von Ouwe, etwa au, bei seiner Lage auf und
an einer Höhe nicht angezeigt ist. Wir vermuten daher, dass hier gedacht
werden muss Überhoben = über (Uff)hobeu, d. h. das Feld, das über der
Ansiedelung Uff'hoben liegt. Dabei gewinnen wir eine Bestätigung der obigen
Annahme, dass Uffhaben am Abhänge der Anhöhe, nahe der genannten Wiese
gelegen zu denken ist. Wollte man Uffhobeu weiter auf die Höhe von Über-
hoben verlegen, so wäre der Zug der Grenze des Burgfriedens von 1367 un-
erklärlich ; er würde hier eine Zickzacklinie beschreiben, (üff)hoben — Seroben.
(Vgl. No. 5 und weiter unten die Abbildung der Lage der Fluren nach der
Karte von ca. 1826.)
5. Li dem „Burgfrieden" vom 7. Dezember 1867') wird die Grenze des-
selben also angegeben : „er soll augeheu an den fünf Kratzen bei dem Kalk-
born |iiii Distrikt HengertJ und hinter den Zuneu uff hin bis über Hoben mit
an Burn, der da heisset Serhobeu und von dannen über ßied und von dannen
an Rode burn und vuii danneu über den Leuberberg an Ruschelburn" u. s. w'.
Auch hier wird über Hoben nicht als ein Wort zu betrachten sein, sondern
man darf wieder ergänzen ein Uff vor hoben, so dass es heisst über Uffhobeu.
0. Im ersten Teil des Verzeichnisses der Güter der Karthäuser von ca. 1370
heisst es zwar bei dem zweiten Teil des Heyngarthe: „dies Feld heisset Obir-
hofen", aber gleich darauf
7. „Item zwei Morgen an dem Pfade, der da gehet über Hoven" und
8. „Item ein Morgen undir Obir]ioven\ aber in dem zweiten Teil dieser
Beschreibung
0. „das Feld inne Ileingartcn und darzu gehören die Acker Ubirhoben",
und gleich darauf
10. „zwei Morgen, die stosseii in Junker Saneck Ubirhoben."
') In dem Abdruck der Urkunde Aniial. X, 71 steht fälschlich l'Sii" und ebenso Lenbcr-
IxM't; und Nusdielburn, wie eine zweite spätere l\0])io wirklich zu hfilion scheint, während eine
andere die richtiui' l.i'sart bietet.
— 197 -
Weitere Nacliweistingen sind überliüsHig; wir f'iljL,M;ii nur noch eine ver-
kleinerte Darötelhiug der Lage aus einer Karte von ca. 1820 (vor der Kon-
solidation der Gemarkung) iiin/u und einige Auszüge aus dem Ilerdschillings-
buch zur Ergänzung derselben. Danach lag Überhoben links von der Blei<len-
stadter Strasse und zerfiel in die Abteilungen „auf dem Gleiclien, vor der Ooiss-
lieck und auf der [DruderjBach", berührte den kleinen Distrikt Geissheek un<l
„bei Seroben", sowie „in der Au".
In de r A u
(Alter ^ Bleideufitadter Wefj
Überhoben 1
auf dem Gleichen vor der Geissheclc
Geisii-
hecl;')
auf der Dnidcrhach
Wiesen bei der Druderhach
Wellritz
miihle.
2. Seeroben.
Wie in OfFhoben (Uffhoben) und Überhoben noch deutlich das Wort Hof
steckt, so führt Seeroben ebendahin; zeigt doch die erste und dem 14. Jalu--
hundert angehörende Erwähnung des Wortes noch den Buchstaben h uacli dem
r in Serhoben, im Burgfrieden von 1367, s. oben in No. 5 auf S. 196. Die
Lage zeigt deutlich das Kärtchen; danach grenzte der Distrikt Seerhobcn an
Überhoben und lag etwa da, wo die Lahn- und Aarstrasse sich trennen. Der
Name ist erhalten in der neuen Seerobenstrasse, vor ihm lagen die Wiesen am
gegenüberliegenden Dendelbach an der Emserstrasse.
Lii 10. und den folgenden Jahrhunderten hiess der Distrikt Serobeu, See-
roben, Sehroffen, Sieroffen, Syroben, Syruben, Sehrobenbove; man sieht, dass
die ursprüngliche Form und Bedeutung, die durch die älteste Form genugsam
bezeugt ist, nicht mehr verstanden wurde; für uns sind höchstens die Formen
mit ff und vornehmlich die durch das eingeschobene h oder die Verdoppelung
des e angedeutete Dehnung des e von Wichtigkeit, da sie die Ableitung des
ersten Teiles des Namens bestätigen.
Die Deutung des Wortes Seeroben macht keine Schwierigkeit. Die Volks-
etymologie, wonach Seeroben ■= sehr oben sein soll, ist natürlich unhaltbar,
da sie der Lage widerspriciit. Oben, ursprünglich Höfen, ist ein Dativ l'lur.
des Wortes Hof, mhd. hof, hoves, dessen v vielfach in b übergegangen ist ;
wir schliessen daraus, dass hier eine Niederlassung von mehreren, vielleicht nur
wenigen Höfen, Baurnhofgereiteu, gestanden hat. Eine Andeutung davon ist
■-) Dieser Distrikt sclioint in älterer Zeit einen grüssoren Uiiifimg «rolmbt zu linhoii.
13*
— 198 —
es, weun später hier wie bei dem bereits ausgegaugeiieu OfFhubcu (um lölU)
noch Gärten vurkommeu : denn diese lagen gcwölmiicli nicht weit von den
Wolmungeu der Menschen, nnr getrennt durch die Befestigungen, mögen es
nun Mauern oder Umzäunungen gewesen sein. Zur Zeit der ersten Erwähnung
(1367) bestand die Niederlassung nicht mehr, sondern nur noch der Born ver-
riet ihr ehemaliges Dasein : die Bewolmer mochten nach dem gesünderen Off-
hoben oder der Stadt Wiesbaden verzogen sein.
Der erste Teil des Namens Seeroben ist olme Zweifel = Saher, ahd.
Suhar. Sumpfgras, Schilf. Lexer II, 573, Grimm, Deutsches Wörterb. VIII,
1G62. Eine zusammengezogene Form Sahr, eine umgelautete Süher siehe bei
Schmeller-Frommann II, 244; vgl. Lexer a. a. 0. Die Zusammenziehung
ist bei unserem AVorte noch an der Dehnung Seer oder Sehr zu erkennen.
Danach ist Seeroben = Schilfhofen, ein für die Lage des Orts in einem Tliale
des Dendelbachs mit Schilf passender Name.
Namen mit Seher und Seer kommen in Nassau bei Flurbenennungen noch
mehrfach vor. Vgl. Kehreins Namenbuch S. 550 (321): Seerbach, Serbach
in Langenaubach. auf der Seher zu Langeudernbach (550) u. s, w.
II.
Ein drittes Dörfchen glauben einige in dem Distrikt „auf den Rödern"
gefunden zu haben, und Roth hat ein Dörfchen Rode in seiner Geschichte von
"Wiesbaden S. 556 aufgenommen, das im Jahre 1284 (bei Roth verschrieben
1248) erwähnt werde. „Uff den Rödern" heisst im Ilerdschillingsbuch von
1564 ein Acker oder Weingarten am „Atzelberg, am Rugberk, an der Wolken-
brust, am Weiersweg, vor dem Wald", wodurch die Lage an der Platter Strasse
genugsam beschrieben ist. Der Name zeigt deutlich an, dass die Gegend später
als die anderen Felder angerodot worden ist.
In einer Urkunde vom 6. Dezember 1284 bekunden j\lainzer Richter, dass
Marquard von Frauenstein und Marquard Mulich von Wiesbaden „tres agros
terre campestris sitos uffe den Roden iufra terminos ville Wisebaden" zu
Erbleihe von dem Dekan und Kapitel St. Peter zu Mainz gegen eine jährliche
Abgabe von einem Solidus erhalten haben. Eine Abschrift der Urkunde aus
der II ab el' sehen Sammlung, aus der Bodmann S. 310 einen Auszug mitteilt,
fügen wir unten bei.
Wenn in dieser ersten und einzigen Stelle der Distrikt Offe den Roden
heisst, so haben wir in diesem „Roden" den Dativ Plur. von Rod, uovale zu
erkennen, der damals noch neben Röder im Gebrauch gewesen sein muss. Bald
darauf, im Eberbacher Güterverzeichnis, ca. 1300, finden wir „an den Röderen",
ebenso im Merkerbudi R<idern, Roddern und mehrfach in rheiugräflichen Ur-
kunden von 1374 Rüdern, Rödern, 1431 Rodder u. s. w. nach Auszügen aus den
betreffenden Urkunden in der Hab el' sehen Sammlung. Es ist also gar kein
Grund bei der Form uf den Rödern an Leute zu denken, die dort gewohnt hätten,
sondern sie ist dasselbe wie offe den Reden, und darunter eine Flurbezeichnung
— 100 —
zu vcrstolieu. Wir köimon demnach nicht aunehniea, dass hier eine Niodcr-
hissung, ein „Dörfchen" gestanden habe und streichen es aus der Zahl der
Ansiedelungen in der Umgegend von Wiesbaden.
Da die Urkunde vom (i. Dezember 1284 nofli niclit bekannt ist ausser
dorn kurzen Auszug bei ßodmann, so teilen wir sie hier nach einer Abschrift
des Herrn Pfarrers Courndy aus der Haber sclien Sammlung vollständig mit:
„Judices sancte Mogunt. sedis : Notum esse cupimus presentium
inspectoribus univcrsis, quod in nostra constituti prescntia Marquardus
dictus de Frauwcnstein et Marquardus dictus Mulich de Wisobadeu
recognoverunt se recepisse a Decano et Capitulo ecclesie sancti Petri
Mogunt. tres agros terre campestris sitos offe den Hoden infra termi-
nos ville Wiscbaden iure hereditario perpetuo possidendos, de quibus
singulis annis in censu solidum denar. colon. solvere teuebuntur sub
hac forma, quod senior heres utriuscjue agros huiusmodi possidebit
et remanebunt penitus indivisi; hoc quoque adiectum est, quod (|U0-
cunque anno infra festum beati Martini et natales Domiui in solutiono
census huiusmodi fuerint uegligentcs, cadeut e possesaione sua et agri
predicti ad ecclesiam sancti Petri prcdicti libere revertentur. In cuius
rei evidentiam et testimonium premissorum preseutes literas fecimus
sigilli nostri munimine roborari. Dat. A. MCCLXXXIV in die beati
Nicolai."
III. Der Michelsberg zu Wiesbaden.
Der Name Michelsberg kommt als Benennung einer Strasse erst spät in
den Aufzeichnungen der Stadt vor; es ist der Inspektor Hellmund, der in seiner
Thermographia paraeuetica, die im Jahre 1731 erschien (das Büchlein hat keine
Jahreszahl, aber die Vorrede ist datiert „den 1. Martii 1731"), den. Namen
überliefert hat. Wo er die „Gassen" aufzählt, S, 50 heisst es: „die Ober-
Thor-Gasse oder sonsten der sogenannte Micliels-Berg" und fügt in der An-
merkung zu: „Da das ansehnlichste Haus zum Engel Michael heisst, und den-
selben im Schilde führt." Man kann an dieser Notiz mancherlei aussetzen:
ein Ober-Thor wird unseres Wissens nirgends genannt, sondern das Thor am
Michelsberg heisst sonst immer das stumpfe Thor; der dem Oberthor ent-
sprechende Name Oberstadt kommt gleichfalls sonst nicht vor ausser bei Goethe,
der im Jahre 1815 seines Besuches der „Oberen Vorstadt" am 29. Mai Er-
wäimung thut.') Auch dass llellmund offenbar den Namen Michelsberg von
dem Schilde des ansehnlichsten Hauses mit dem Schilde des Engels Michael in
Verbindung bringt und daher abzuleiten scheint, onts])richt nicht der Wahrheit,
wie wir zeigen werden. Richtig ist nur, dass der Erzengel Miciiael der Strast-e
den Namen gegeben hat, aber aus einem ganz anderen Grunde. Die Bemerkung
von dem Schilde ist uns nielit minder bedenklich. Die Häuser der Stadt führ-
3) Aunal, XX VII, 75.
— 200 —
ten uur danu Namen von ScliiUleD, wenn sie Bad- oder Gasthäuser Nvareu, sonst,
wie es scheint, nicht, und zwar seit etwa der Mitte des 15. Jahrhunderts, wo
im Jahre 1455 die erste dieser Bezeichnungen erscheint.') Ein Wirts- oder
Badehaus aber gab es mit dem Namen und dem SehiKle des Engels Michael
nicht, und sicherlich hätte in ihm Hellmund eine Sammelbüchse für sein Waisen-
haus augebracht; doch danach suchen wir in seinen Waisenhausnachrichten
vergeblich. Die Phantasie des Inspektors war gross und lebendig; er mag
etwas dort gesehen haben, was er seiner Art nach sich deutete, wie er es
wünschte: wie er denn auch der Erfinder des Namens Neroberg') unstreitig
gewesen ist. Er kennt S. 145 den richtigen Namen, den er Ehrs-Berg schreibt,
und bemerkt dazu: „oder Neersberg, wie es die mehresten aussprechen, mag
wohl vor Alters Neros-Berg nach dem Kaiser Nero geheissen, auch etwas da-
selbst gestanden haben, oder geschehen seyn, das diesen Kaiser angegangen
hat, als dessen Leute sich in hiesiger Gegend auffgehalten und dessen alte
Kupferne Münzen auch noch öffters hie gefunden werden." Wir wissen aber
bestimmt, dass keiner dieser Träume Ilellmunds der Wahrheit entspricht.
Der St. Michaelsaltar und die St. Michaelskapelle wird zuerst genannt im
Jahre 1330 und 1338, in dem die Witwe des Theodorich Hud von Sonuen-
berg Bilhildis den Altar mit 5G Morgen Ackerland und 2 Wiesen zu Erben-
heim und einem Hof zu Obererbenheim (in superiori Erbenheim) begiftete und
eine ewige Messe am frühen Morgen stiftete für Fremde und Notleidende (pere-
grinantibus et laborantibus) ; sie behält sich dabei vor, dass die Verleihung des
Altars jedesmal dem Ältesten ihres Geschlechts zustehe. Die Schenkung be-
stätigten der Graf Gerlach, der Konvent des deutschen Hauses zu Mainz und
die Äbtissin zu Tiefenthal; denn die beiden letzten hatten abwechselnd das
Patronat der Pfarrkirche, auf dessen Kirchhofe die Kapelle lag, auszuüben.
Endlich stellen der Official der Propstei St. Peter zu Mainz im Jahre 1334 und
der Erzbischof Heinrich von Mainz im Jahre 1338 ihre Genehmigung der Stift-
ung aus. In der Urkunde des Erzbischofs wird die Lage der Kapelle genauer
„in cimiterio" der Pfarrkirche angegeben.")
Im Jahre 1380 gaben Jungfrau Elschin zu Offhoben und ihr Sohn Conrad,
ein Priester, zu St. Michael zu der Frühmesse Güter, die nach ihrem Tode der
genannten Kapelle sein sollen.^) Nach dem Aussterben der Hud von Sounen-
berg (1475) ging das Patronat der Kapelle an deren Verwandte'') Vetzer von
Geispitzheim über. Eberhard Vetzer von Geispitzheim überliess 1505 „den
Altar oder die Kapeil uff dem Kirchhoff saut Michels Altar gnant" dem Grafen
Adolf gegen einen anderen Altar. Doch schon vorher war der Gottesdienst
daselbst so schlecht besucht, dass der Erzbischof Berthold im Jahre 1504 die
'j .Merkerbuch S. 48.
*) Der Berg heisst in d'ii ältesten Aufzcichnuiig-eii Jlersbery und ^'crsborg, diinn seit
etwa 1550 lange meist Ersberg, neben Jenen Xumcn.
ö) Die drei Urkunden s. bei AV ii rd t wi'i n , Dioec. Mog. IT, 115(3. Vgl. ^!u!^sel, Kirclil.
Altertümer 8. 16.
') Annal. 11, '.i, 2'J.
'') Merkerbuch S. .38.
— 201 -
yottcsdicnstllclien Verrichtungeu an demselben in die Pfarrkirche verlegte mit
Ausnahme der besonderen Festtage des Erzengels Mieliael.'"') So bestand er
weiter und wird noch im Jahre 1524 in einer Bürgermeister-Rechnung und
1582 in einem Zinsregistor des Hospitals also genannt. Schenck S. 345 er-
wähnt zweier Altaristen, 1400 Conrad Armbrnster und 1470 Ileinricii Leyber,
und von einem dritten Johann Cerdonis ist die Ernennungsurkunde von 1512
im Staatsarchive erlialteu. Doch irrt Seilende, wcim er sagt, es seien immer
je zwei Altaristen dort thätig gewesen ; denn die Urkunde des Erzbischofs
spricht blos von einem Priester und auch das Zinsregistor des Hospitals nennt
den Altaristen: jenes sagt, proviso quod per pro eiusdem altaris beneticio tanta
dos fuerit assignata, de qua unus sacerdos sustentationem habere valeat con-
uruentem, dieses: der Altarist zu sanct Miclial 5 Schill. Ebenso ist die An-
gäbe S. 352, dass die St. Michacls-Kapelle Santo Michel geheissen habe, wenig-
stens nach den uns vorliegenden Aufzeichnungen nicht zutreffend.
Im Jahre 1546, nachdem die lieformation Eingang gefunden hatte, scheint
die Kapelle in andere Hände übergegangen und verkauft worden zu sein; die
Bürgermeister-Rechnung des Jahres bemerkt nämlich bei der Ussbete : „Noch
von Cuntzelu Ketter wegen, nemlich von husz und Hofe, welche er verkauft
und Sankt Michels altar husz dagegen khauft hat."
Der Name Michelsberg bezeichnete ursprünglich nicht eine Strasse, wie
heute, sondern eine Gegend rechts vor der stumpfen Pforte, welche die Strasse
abschloss. Vor ihr wird bereits 1524 ein Weinberg genannt ohne einen weiteren
Zusatz; zuerst erscheint im Herdschilliugsbuch von 15G4 ein Weingarten am
Michelsberg oder hinter demselben, d. h. vor der Pforte. Deutlich aber ist
die Beziehung auf den Michaelsaltar ausgesprochen im Jahre 1568, als die „un-
geadelten" Güter des Junkers Walther von Nichtschwitz verzeichnet wurden,
wohl weil dieser sich vielfach den bürgerlichen Leistungen, denen diese unter-
worfen waren, entziehen wollte; hier wird unter den „Geistlichen" Gütern ge-
nannt: „Item 1 Morgen Wingarts uf dem Michelsberg, hört in S. Michaels-
altar". Die geisthchen Güter waren zwar eingezogen, aber wurden noch immer
unter den alten Namen verwaltet. Nichtschwitz muss diesen Morgen an sich
gebracht haben und musste dafür die betr. Abgabe an den vormaligen Michaels-
altar liefern. Im Jahre 1670 ferner wurden die Wege der Pelder begangen,
besichtigt und, wo die Grenzsteine durch die Verwüstung des grossen Krieges
unkenntlich oder entfernt waren, durch neue ersetzt; dabei heisst es u.a.: „ein
Fussweg zieht über den Michelsberg hinaus hinter H. Obriss Köth (.Acker),
ist mit sechs Steinen besetzt."
Genauere Angaben über die Lage des Michelsberges haben wir endlich
aus dem 18. Jahrhundert:
1. Eine Beschreibung der Güter des H. v. Schütz, Besitzers des Schützeu-
hofes, vom Jahre 1723 nennt unter den Weinbergen einen „aufm Michelsberg
genant, stösst an die Stadtmauer mit dem Eiskeller'") hinterm Schützenhof, ge-
^) Sclieufk, üesehicht-lJesclu-eibuiii;- S. 345.
»«) Von diesem Eiskeller ist bis jetzt wenig bekannt gewurdcn. Sielio weiter unten.
— 202 —
f'orclit (J. h. neben) hinten an Conrad Bager"), vor dem gemeinen stumpfen
Thor."
2. Im Jahre 1737 beschweren sich die Besitzer von Weinbergen auf dem
Michelsberg nächst dem Eiskeller darüber, dass, weil angrenzende „Stücherchen
Ackerland vorn offen stehen", Leute, so nach dem Kirchhofe gehen wollen,
durch ihre ^yeiuberge eindringen und ihnen nicht geringen Schaden zufügen ;
sie bitten, dass dem Einhalt geschehe.
3. Über die Eigentumsverhältnisse des Michelsberges sind wir zwar nicht
genau unterrichtet; aber als im Jahre 1778 der gleich am Eiskeller gelegene
Weinberg, der Eiskeller oder Michelsberg, versteigert werden sollte, erhalten
wir eine Darstellung desselben durch ein Kärtchen, welches eine Beschreibung
der Lage und der Grösse desselben genau angibt. Es sind im Ganzen sechs
Parzellen, jede wenige Ruten enthaltend, zusammen drei Morgen, 2 Ruten und
einige Schuh, Die Grenze ist nach der einen Seite Schützen Ilofgarten und
die Stadtmauer, nach der anderen der Weg vor dem stumpfen Thor; auf der
dritten Seite ist ein kleiner Raum eingezeichnet und als Eiskeller benannt.
liier sehen wir deutlich, dass der Michelsberg vor der Stadt und dem
stumpfen Thor lag.
Aber wie kommt die Strasse der Stadt zu dem Namen Michelsberg? Es
scheint sich leicht zu ergeben, dass statt der älteren Bezeichnung „uff der
Dendelbach", wie sie im Herdschillingsbuch von 1564 und sonst genannt wird
nach der offen vorbeiströmenden Dendelbach, seit der Stadterweiterung des
Fürsten Georg August von 1692, die sich zunächst dieser Gegend der Stadt
zuwandte, der Name „am oder bei dem Michelsberg" üblich wurde, der dann
bald nachher ohne die Präpositionen „bei oder an" sich einbürgerte.
'\) Dieser Couracl Bager liatte im Jahre 1705 und 1707 ein kleines und dann ein grosses
Haus ^i)hh^ der PfafFenmülile" infolge der Stadterweiterung des Fürsten Georg August erbaut.
Zur Geschichte der Sporkenburg,
sowie der ehemaligen Vogtei Denzerode bei Ems.
Von
F. MicheL
In unmittelbarer Nähe der von Ems nadi Arzbacli führenden Landstrassc
erheben sich auf einem nadi Westen durch ein Waldbächlein und nach Osten
durch das Emsbachthal eingeschlosseneu, steil ansteigenden Bergrücken die
Trümmer der Sporkenburg.
Dieselbe führt ihren Namen nach dem ehemals dem Erzstifte Trier ge-
hörigen Bannforste Sporkenberg.') Die Grenzen desselben, sowie die Rechte,
welche dem Erzbischofe von Trier daselbst zustanden, sind in dem über annal.
archiep. et eccles. Trevir ") genau angegeben. Hiernach verlief erstere von
Niederlahnstein lahnaufwärts bis zur Mündung des Eisbaches, diesen hinauf über
Meudt nach Ilelferskirchen, von dort über Sayn nach dem Rheine und wieder
nach Niederlahnstein. Dieser Wald bildete den südwestlichen Teil des Engers-
gaues und stiess im Osten an den Niederlahngau, während er im Süden durch
die Lahn vom Einrieb geschieden war/^) Wie und wann dieser Baunforst an
Trier gekommen, lässt sich nur vermuten. In der Bestätigungsurkunde für die
Pfarrei Humbach vom Jahre 959*), 13. Februar, wird deren Stifter, Herzog
Hermann (I) von Schwaben als Besitzer der Burg Humbach uud des dazu-
gehörigen Bannes genannt, der ja den grössten Teil des Waldes Spurkenberg
einnahm. Hermann starb mit Hinterlassung einer Tochter Ida, Gemahlin Herzog
Ludolfs von Schwaben. Nach VogeT) kam nun in Besitz dieses Prädiums
König Otto, der im Jahre 958 zu Ingelheim der Matrone Regiuhild — nach
Wilmans wahrscheinlich die Wittwe des Herzogs Hermann von Schwaben") —
') Der erste Hestaiulteil dieses ^S'aiiieiis ist das altlid. spurclui — Waclibolderstrimcli
(Föi'stenuinu , Altdcursclies Xamenbucli, \2\)2).
-) Mittelrliein. rrkiiiuloiibucli 2, 424 ti'.
=*) Ebd. II, XXV.
^) Kbd. I, 264, veii^l. auch AVirtz, Zur (iesoliiolite des JOngersgaues l)is zum .laltro
1070 (Jalircsbericlit der hüliereii Stadtscliulo zu Alivweüci' 1893/94), pag. 24.
^) Archiv I, 57 f.
°) Kaiserurkunden I, 451 — 4r)2.
— 204 —
aeiu Eigeutum zu Wirges schenkte/) Möglich, dass mm bisweilen von ihrem
Hufe zu Nassau aus') die Könige im Spurkenberger Walde dem edlen Waid-
werke oblagen, woi'üv besonders der im liber anualium angeführte Umstand
spricht, dass in späterer Zeit, so oft der Erzbischof von Trier nach Ehrenbreit-
stein kam und zu diesem Zwecke nach Iseuburg oder nach Nassowe schickte,
alle dort anwesenden Jäger und Hunde ihm zugesandt werden mussten. Diese
Verpflichtung der Dynasten zu Isenburg und Nassau — denn nur diese können
darunter verstanden werden — leitet sich am zwanglosesten aus der Zeit her,
wo sie ihrem Herrn, dem Köu'g, bei dessen Anwesenheit im IJannforste mit
ihren Diensten gewärtig oder in seiner Abwesenheit mit der Ausübung der
Jagd daselbst betraut waren. Seit Ende des XL Jahrhunderts erscheinen das
Erzstift Trier, sowie das Florinsstift'') zu Koblenz im Besitze dieses Teiles des
Eugersgaues, uud zu Anfang des XHI. ersteres auch in dem des Wildbanncs
im Walde Spurkenberg. Ausser dem Erzbischofe von Trier, dem in letzterem
allein die Jagd- und Fischereigerechtigkeit zustand'"), ist in dem mehrfach er-
wähnten liber annal. noch von einem „aduocatus ville" an einigen Stellen von
„aduocati" des Erzbischofes die Rede, die in diesem Baunforste einige Sonder-
rechte genossen, dort jagen durften, ein Drittel der Rügen bezogen uud Erlaubnis
zur Jagd und Fischerei erteilen konnten. Unter ihnen sind wohl die Vögte der
in jenem Bezirk gelegenen erzbischöflicheu Frohnhöfe zu verstehen, von denen
einige namentlich aufgeführt werden, wie Niderberg"), Deuzinrode u. s. w. In
der Folgezeit werden die Herren von Isenburg mit dem „Wiltban in dem Walde
Spurkenberg'^ vom Erzbischofe belehnt, so 1338 Gerlach von Isenburg-Ahrcn-
fels"), 1355 sein Schwiegersohn Wilhelm"), der den Namen eine» Grafen von
Wied annahm, ebenso später dessen Nachkommen, wie Graf Wilhelm von Wied
1371'*) und 1560 Johann, Graf zu Wied.'"") Auch die Grafen von Nassau waren
nach Vogel mit einem Teile dieses Wildbannes belehnt.") In der Bestätigungs-
urkunde Karls IV. für Erzbischof Cuno von Trier vom 31. Mai 1376 werden
unter den Besitzungen der Trierer Kirche u. a. auch: conductus et forestae
in Spurkenburg prope Montabaur" genannt.") Im Jahre 1476 erhob sich ein
Streit zwischen dem Erz])ischofe und den Grafen Philipj) von Katzenelnbogen
■ — - ~ «
^) Go.M-z, .Mittel rh. Keg. 1, 274, No. 968.
") Vergl. darüber Kremer, Gesch. des rlieiii. Krunzieiis, 124; sowie Vogel, IJe-
scluelbuiig 657.
») Dasselbe war durch eine Schenkung des genannten Herzogs Hermann in den besitz
der Kirche zu Montabaur samt aller Zehnten in dem zugehörigen Bann gekommen.
'") Diese Jagdgereciitigkeit begritf nur die sogenannte hohe Jagd, die niedere stand den
einzelnen Markgenossenscliaften zu und wurde von diesen gehandhabt.
") So heisst es im liber annal. (.Mittelrh. Urkundenbuch 2, 417) vuii dcMu Kammerforst
des Erzbischofes in iS'idcremberc: „in quo aduocatus nichil juris habef*, docii von dem Kammer-
forst Cruceberg vor dem lOrenbrechtistein : „qui attinet curie niderenberc".
'-) Günther, Co.l. <lii)l. ;j, Al)teil. 1, 304.
'^) Ebd. Abteil. 2, 61. j.
") Fischer, Gesclilochtsregister der Häuser Isenburg, ^\■i'■(l, Kunkel 2, 122.
'^) Ebd. 2, 27:5.
"^) Beschreibung, 276.
'^j Hüutheim, Hist. Trev. 11, 207.
— 205 —
und Dietz, suwio Joluiiin zu Nassau uud Dir3tii „des wildfaiigliL's und i^c-
jeclies wcghen der marken mit uamen in nycderlausteyuer marck und in
horchg'cmer marck" — • die ja eigentlich zu diesem Baunforste gehörten. Die
von den Gemeinden Nieveru und Fachbach entsandten fünf ältesten Männer
erklärten hierauf, dass die beiden Grafen allein in besagten Marken jagdberechtigt
seien.") In einer weiteren, undatierten Urkunde werden sodann die „Wiltbende
und hecken, so die grauen vonn Nassaue und Dietze von alters allwege mit
Jagen gepraucht hant", namentlich aufgeführt.''^)
Inmitten dieses Banuforstes Spurkenberg lag der Huf Denzinrode, licuu;
]Jenzerhaide. Erzbischof Egelbert von Trier (1079—1101) schenkte dem Kloster
des heiligen Eucharius bei Trier „uillam nostram dominicalem Gencenrode ultra
Renum sitam in comitatu Metfridi in pago qui dicitur Engeresgowe" samt
allem Zubehör, der Kirche in Berge, einer Mühle etc.'") unter der Bedingung,
dass „nullius unquam episcopi, comitis uel alicuius secularie potestatis legatus
uel exactor potestatem uel licentiam aliquid inde exigere uel aliquid ibi preci-
pere habeat." Am G.Februar 1147 bestätigt Papst Eugen III. derselben Abtei
ihre Besitzungen, u. a. einen Hof zu Degnizinrode mit Zubehör und die Kirche
zu Niderberg samt Zehnten-') und 1155, April 29, nennt Papst Adrian IV. unter
den Besitztümern desselben Klosters eine Kirche zu Nideremberg und Genzenrode'-')
^^) Schöttenweistum vom 3. Juii. 1476. Orig. imt' Pergament im Künigl. Staatsarchiv
zu Wiesbaden.
'«) „Item die bruntliecke, Die Leymhecko gelegen by Muendortl, die .Malberges hecke,
die Äugst hecke, Eyn hecke oben an Spurckenbergh am berge, Ein hecke an Fachbacher
pade als man gehet nf die werkatzn, Ein hecke als man gehet von Xiebern den berch utl" zu
Horchheymer slage zun unnd vortan über die sucht zu Horcheim unnd zu Xieddernlaensteiii
zun unnd dae die hecke wendet gehet .... an die Eychen Eusze herabe zuu Moinhcym
züii. Auch die stelzenbach, das mosenroet, die seele unnd den walt oben Sporckenberch, vurt
vonn Horchlieimer wingarten herusz durcli das gewelde bisz zu den obgedachten hecken. Dair
zuu noch ein hecke die Seltzer Strasse usz bisz uff Padenbercher heyde." (Urig. auf J'apier,
Königl. Staatsarchiv Wiesbaden). Die Lage der hier .•lutgeführtcn Hecken deckt siel) sonder-
barerweise zum Teil mit der in der Urkunde vom .lahre Döit angegebenen südwestlichen Cirenze
der ehemaligen Pfarrei Jlumbach (gedr. Mittelrli. rrkundeni)ueh 1, -'G4; vgl. darül)er AVirtz,
Zur Geschiclite des Engersgaues bis zum Jahre 107(», Jahresbericht der hüheren Stadtscliule
zu Ahrweiler 1893/94). Die „brantliecke" habe ich nicht ermitteln l<;innen. Unter „^'uen-
dorlY" ist Welschneudorf zu verstehen. Die 3l!ill)ergesiiecke existiert als Molbeerhecke lieute
noch (vgl. Grimm, Weistümer 1, .095 u. ()02). Sie gehört zum Arzbacher üemeindewald,
liegt an dem von Welschneudorf nacii .\rzbach führenden Wege und wird von dem von Arz-
bach zwischen den Arzbacher Köpfen nach Kemmenau führenden AVege in iiirem südlidien
Teile durchschnitten. Die Augsthecke ist der heutige Distrikt „Weisser Stein" und gehört
zum Augster Pfarrwald. Die folgende Hecke lag zwischen Kitelborn nml der Emsbach. Die
Hecke „an Eachbachor pade^' ist zwischen Alüllenbacher Hof und Jägerhaus zu sudien, auf
dem Wege von Eachbacii nach der „Mecrkatz". Die Eage der folgenden Hecke ist nicht
recht zu verstehen. Sic ist in der (iegend des Horchlieimer Schafstalles zu suchen. Der Waid
Steltzenbach ist Jetzt Königl. Staatswald, zwischen Hübinger und Windener Üemeindewald.
Das „inosenroef-, jetzt Masseroth, ist ebenfalls ein Königl. Staatswaid, östlich Arzi.ach. Die
„seele" habe icli nicht ermitteln können, ebenso wenig die .radonl>ercher heyde".
-") IMittelrlnün. Urknndenbuch 1, 453.
•-') Ebd. 1, ß04.
") Ebd. 1, 647.
— L^OG —
— kein Zweifel also, dass Deguizinrode imd Geuzeurode ideutisch siud, ebeuso
dass mit der Kirche iu Berge die zu Niderberg gemeint ist. Der Abtei S. Matthias
gestattet am 15. Dezember 1227 Erzbischof Tlieoderich ein Beholzigungsrecht
im Walde Ximhusen für ihreu Hof Berneroth gegen Überlassimg des Waldes
Asinrod ia der Aust bei Montabaur, in welchem er den Klosterleuten zu Deuzin-
rode unter demselben Datum ein ebensolches Recht einräumt.-') Anscheinend
hat nun die Abtei S. Mathias auch dou Hof verkauft, denn gegen Ende des
XIII. Jahrhunderts'') werden als „lenherin" dieses Gutes samt allem Zubehör
die Gebrüder Emmerich von Andirnache und Heynrich von Laeynslein genannt"),
währeml die Yogtei hierüber damals den Grafen von Nassau zustand'-"), von
denen sie die v. d. Arken zu Koblenz und nach diesen Heinrich vom Stein,
sowie dessen Sohn zu Lehen tru2:en.
Nach der von sieben geschworenen ,,hubeneren" bestätigten Aussage der
Schöffen, von denen ebenfalls sieben auf dem Hofe sein sollten, besass der
Vogt mannigfache Rechte daselbst. Er besetzte die ihm gehörige Budilhube-')
mit einem Amtmann, der iu seinem Namen den Lehensherrn und den Hufnern
bei Streitigkeiten Recht zu sprechen hatte. War dem Lehensherrn ein Unrecht
geschehen, so musste er es dem Yogte klagen und sich dessen Rechtsspruch unter-
^^J Ebd. 3, 259, Xo. 32H. Orii;-. im Küui-1. Staatsarchiv zu Koblenz.
■■*) Diese und die folgenden Angaben sind einer Urkunde entnommen, deren Original
sich im Küuigl. Staatsarchiv zu Düsseldorf befindet. Sie behandelt den Schiedsspruch des
Sifrit von nie Steyne, sowie des Eberolt und Marquart von Kurenburch, Katleute iu der Zwei-
ung zwischen dem Erzbisehofe von Trier und seinem Amtniannc» Heynriche von Helfinsteyn
einer- und den Grafen Heynriche, Gerlache, Emeehen und Juluuuic von Xassowe anderseits
wegen der Vogtei Denzinrode und des inmitten derselben begriffenen I5urgbaues. Das Original
ist gut erhalten, die beiden schildförmigen Siegel von weissem Waehs sind nur wenig be-
schädigt. Das eine zeigt ausser der Steinscheu Rose noch einen kleinen Stern in der oberen
linken Ecke und führt die Legende: S. SIFKIDI DICTI DE .... E [:§j, das zweite hat im
"Wappenschilde 2 Kleeblätter, getrennt durch einen rechten Schrägbalken und die Legende:
S. EBEKOLDI DE LYKIXBVR MILITIS [^ — Gedruckt ist die Urkunde bei L. F. Hoefer,
Auswahl der ältesten Urkunden in deutscher Sprache, S. 81 f., doch lese ich S. 83, Zeile 1
statt Dinitman — Amtman und Zeile 16 statt Cumeze — Eumeze (Ems!j Die Urkunde führt
als Datum 1309. Wenn man jedoch, wie Goerz, Reg. der Erzb. von Trier, die später auf-
geführte Urkunde von Donm-rstag nach St. Agnesentag 1309 dem Stil. Treverens. zufolge mit
1310, Jan. 22, datiert, so n)uss man für die vorliegende Urkunde gleichfalls den Stil. Trev.
zu Grunde legen, da sie zeitlich jener folgt. Ihre Abfassung fiele demnach iu das Jahr 1310,
zwischen den 22. Januar und 2.3. -März. Ü^ber die Urkunde vgl. auch Schliephake, Ge-
scbiciite Von Nassau IV, 131 und Colombcl, Annalfn des Vereins für Xass Altertumskunde
und Geschiclitsforschung 7, 2, 193.
"J V. Lodebur, Rhenus, Jahrg. 1, G nennt 1270 einen „Embriclio de Loynsteiii, miles
de Andernaco"; ein Heinrich von Laynstein zu Andernach kommt 1291 vor, s. Mittelrheiu.
Reg. 4, 432.
'■"^) Nach der genannten Sflieukungsurkuudo Erzbischof Egclberts ist zwar die IJestim-
mung getroffen, dass niemandem auf dem Hofgute irgend welche Gewalt eingeräumt werden
solle, doch iiat .sich anscheinend das Kloster St. Lucharii genötigt gesehen, die Vogtei ihren
mächtigen Xachbarn, den Grafen von Nassau, zu übertragen, odi-r vielleielit ihm (irafen von
Arnstein, von denen sie dann die Grufcn von Nassau erbten. '
-') Jjudil = IJüttel. Im Laune Niedereuberc wird gleiclifalls eine liudelliubc im libei-
annal. erwähnt. Mittelrhein. Urkundenbuch 2, 416.
— 207 —
werfen „uud grifo dir leuher danibir an, daz niustc lio virltuzeu denie vu'^de
alse eyn vrcinedc man.-' Wenn der Vog-t mit dem Lolienslicrrn reiten - „inic
reclitis zu lielfene" — und das Pferd des ersteren ein Eisen verlieren sollte
so war der Lelienslierr gehalten, ihm dasselbe wieder anzuschlagen, sowie alle
Unkosten für Bewirtung etc. zu tragen, falls diese nicht durch die erhobenen
Bussgelder gedeckt werden konnten. Auch besassen die Grafen von Nassau
in der Vogtei den Wildbann und die Fischerei.
Inmitten dieser Vogtei lag der Berg, auf dem die Sporkenburg erbaut
wurde.-") Zur Zeit als Wilhelm von dir Arche die Vogtei Denzinrode von den
Grafen von Nassau zu Lehen trug, hatten Emmriche von Andirnache und Ilevnrich
von Laynsteiu daselbst einen „burchlichen bu begriffen", doch Graf Otto von
Nassau hatte auf die Klage seines Lehensmannes hin denselben gebrochen.
Infolge dessen entstanden fortan allerlei Zwistigkeiten zwischen Lehensherrn und
Vögten. Als einst die beiden Ritter von Laynstein in dem zur Vogtei gehörio-en
Walde Pfähle hauen Hessen, verbrannten ihnen Johann und Hermann von der
Arken dieselben und auf ihre Klage erhielten sie den Bescheid, die von der
Arken hätten im Rechte gehandelt, da der Lehonsherr nicht befugt sei, ohne
Erlaubnis des Vogtes in der Vogtei zu holzen. Später kam es aus ähnlichen
Gründen zu einer Fehde zwischen Ileynrich von Lansteyn und Heynrich von
me Steyne, der nach Hermann von der Arken mit der Vogtei belehnt war,
weil nämlich ersterer in der Vogtei hatte ,, roden und hauwen" wollen, woran
ihn der letztere zu hindern suchte. Sie wandten sich schliesslich an ein Schieds-
gericht und der „Obirmaun'' gab seine Meinung dahin ab, dass dem Lehensherr
dieses Recht auch ohne des Vogtes Willen zustehe.
Aber trotz des Widerstandes der Grafen von Nassau kam der Burgbau
zu Stande. Denzenrode war nämlich zu jener Zeit in den Besitz des in der
Nähe des Ehrenbreitstein mächtig angesessenen Geschlechtes derer von Ilelfen-
stein gelangt, die mit diesem Erwerb ihrem in den letzten Jahren deutlich aus-
gesprochenen Bestreben nach Vergrüsscrung ihres Grundbesitzes in dem Winkel
zwischen Rhein und Lahn gerecht wurden. So hatte 1293 Hermann von
Helfeustein der Jüngere das Gericht zu Nyderberch erworben''°). Heinrich von
Helfenstein am 13. Jan. 1300 die Güter des Grafen Heinrich von Wylinawe
^®) V. St faiiil) ei'i;- (llliein. Aiitiquarius 2, iJ, 74) schreibt, dass dieselbe 1198 schon vor-
handen gewesen nnd von Erzbischof Joliann I. von Trier einem Conrad von Hrolil zu Lohen
ftegeben -worden sei. Docli ist dies urkundlich nicht nachzuweisen und berulit vielleicht auf
einer Verweclislung mit der Stelle in den Ciesta Trev. (cd. Wyttciibach 1, 302), die lautet:
„idem coniiiarauit arch. Johannes donuiin fortem apud Laynstein, ([uae sita est suprn Lonnni,
quam Wernero de Brole ab ecclosia Treverensi in feodo tenendam concessit" — womit nach
Eltester (Mittelrh. tTrkundeiibuch 2, CXX) ein 18.j,5 abgerissenes ronmnisches Oebäude zu
Xiederlahnstcin gemeint ist. Damit stimmt auch der Umstand übercin, dass die v. Hrohl in
der Folge häufig als Grundeigentümer zu ^s'iederlahnstein auftreten.
^^) Günther nennt um die Mitte des XIIL Öaek. wiederholt einen Wilhelm v. d. Arken
(siehe Cod. dipl. 2), ebenso v. Eltester in den Jahren 1238—59 ( Mittelrheinisches Urkunden-
buch 3, 1130).
^'') Kopie im Balduineum — Kesselstadt, Trier, vgl. Goerz, Mittelrliein. Koi:. i\. »7«
und He-', d. Erzb. 58.
— 208 -
zu Arzlieym 'i und den 23. Aug. 1302 wurden die Gebrüder Hermann und lleiurioli
von Ilelplieustcin vom Grafen (Jcrard von Dyeze mit der Yogtoi zu lloricheym
belehnt.'-') Der letztgenannte Ritter Heinrich von Helfensteiu errichtete nun auf
den Trümmern der zerstörten Spurkenberg einen neuen festen Bau, der fortan seinen
Nachkommen als "SVohnsitz dienen sollte, während sein Hrudcr Hermann, der
als der ältere zugleich das Trierer Erbmarschallamt bekleidete, das Haus Mulen-
bach bewohnte.""') Beiden gemeinsam war die Stammburg Helfenstein. Um
jedoch sich und seinen Nachkommen den Bestand seiner neuen Erwerbung zu
sichern, trug Heinrich am 22. Januar 1310 dem Erzbischofe Balduin von Trier
seine Burg Sporckemberg mit allen Hoheitsrechten und Zubehör als Eigentum
auP) und erhielt sie von diesem — mit Ausnahme der hohen Gerichtsbarkeit,
welche sich der Erzbischof vorbehielt — als offenes Ijohen wieder zurück und
zwar mit der Bestimmung, dass das Lehen nur in männlicher Linie nach dem
Hechte der Erstgeburt vererbbar sei und nie geteilt werden dürfe. Seien keine
männlichen Leibeserben vorhanden, so solle der nächstälteste Bruder des Ver-
storbenen nachfolgen und mangels jeglicher männlicher Blutsverwandtschaft
väterlicherseits solle das Lehen wieder au das Stift zurückfallen. Durch diesen
Lehensauftrag hoffte Heinrich von HelfFenstein seine neu erbaute Burg am
besten gegen die Augriffe der Nassauer Grafen zu schützen, während anderseits
der Erzbischof dadurch eine neue Grenzveste gewann.
i'ber den Bau der Burg sowohl, wie über den Lehnsauftrag oder Ver-
kauf, wie es in der diesbezüglichen Urkunde heisst, erhoben nun aber die Grafen
von Nassau gegen den Erzbiscliof und seinen Amtmann Beschwerde und die
Schiedsrichter, der Erzbischof von Köln, sowie der Graf von Spanheym erhielten
von den dazu bestellten drei nassauischen Ratsleuten, den Rittern Sifrit von
deme Steyne, Eberolt und Marquart von Lurenburch, den Bescheid, dass den
Grafen von Nassau Unrecht gescliehen sei, da der A^erkäufer nach allgemein
üblichem Brauche das Gut zunächst dem Vogte und, falls der es nicht kaufen
wollte, denen, von welchen die Vogtei zu Lehen rühre, hätte zum Kaufe an-
bieten müssen, und dass man von Rechtswegen die ueuerbaute Burg niederreissen
müsse. Vor allem aber sprachen sich die Ratsleute dahin aus, dass die neu-
erbaute Burg in der Vogtei Denzinrode liege und mithin auch zum Gorichts-
bezirke des Vogtes gehöre, dem Erzbischofe oder seinem Leheusmanue also
keinerlei richterliche Befugnisse dort zuständen.
^') Original auf Pergament im l'.ozirksnrt'liiv ]jOtlirini;eii, Archives de Clervaux. Die
Siegel der (jebr. von Helfenstein fehlen, die der (iebriider Johann und Engilbert von Brnns-
perg, der Mitsiegler, sind stark beschädigt. Krsteres zeigt im Schilde 2 (Querbalken. Vgl.
Publications de Luxembouri;- 36 (14), 65.
"*) Original auf Pergament ebendaselbst. Das Siegel des Grafen Gerard ist abgerissen,
von dem seiner Gemahlin Klyzabet ist nur noch ein kleines Bruchstück vorhanden.
•'^) Siehe Güterteilung zwischen llerninnn von Helfinstein und seiner Mutter .Mcchtilt
einer- und Agnes von Miilinbach, der Witwe weil. Hermanns von Helfinstein anderseits vom
22. Juli 1318. Original auf Pergament el)endaselbst.
^*) Honthoim, llist. 'j'rov. 2, ;{7. Kopie im Temporale perpetuale Balduini No. 22."),
Köni'rl. Staatsarcliiv zu ('(»l)leiiz.
— 209 —
Nach laugcni Streiten einigten sidi aber am 27. April 1311') boidc
Parteien, die Gcbrihler Eniciie, Heinrich und Johann, Grafen zu Nassowe und
Hevnrich von lleifcnstoin (Uiliin, dass crsterc versprachen, Ileynridi und seine
Nachkommen im Jiesitzc der neuerbauten iUirg nicht zu stören und i;eincrlei
Anforderungen deswegen an sie zu steUon, sowie ohne Erhiubnis derselben resp.
ihres Lehenslicrrn, des Erzbiscliofes von Trier weder in dem Amte Montabaur ")
noch in dem Ilelfensteinisidien Gericlite — gemeint ist hier wohl das zu Nieder-
berg -- „ein güd zu goklen".''") Umgekehrt gelobte lleynrich, die Yogteirechte
des Grafen anzuerkennen und nicht zu verletzen.
Die Burg blieb fortan bestehen und erbte sich nach dem Rechte der Erst-
o-eburt auf Ileiuriclis von lleltFenstcin Nachkommen fort, welche; sicli danach
zum Unterschiede von der durch Heinrichs Druder Hermann begründeten sogen.
Müllenbacher Linie von Helfenstein zu Sporkenburg nannten. Auch ihre An-
sprüche auf die Yogteirechte zu Denzinrode vermochten die Grafen von Nassau
dem mächtigen Nachbar gegenüber niclit aufrecht zu erhalten. Am 22. Mai 1332
wurde Heinrichs ältester Sohn Hermann von Helfenstein von Erzbischof Balduin
von Trier mit Spurkenberg und Zubelnu- belehnt.''') Seine Wittwc Adelheid
von Bruushorn, welcher die Hälfte der Burg als Wittum verschrieben war, er-
richtete am 25. Januar 1357 mit ihrem ältesten Sohne Heinrich von Helfen-
steiu einen Burgfrieden daselbst.''') Die Grenzen desselben werden folgender-
massen beschrieben: „Zu deme ersten bis ahn die drencke unnd von der drenck
die ulenbaclO ihn bis uff denn weinwcgh*') dy dy aütze uff ghet unnd von dem
weinwege uff bis ahnn das creutz unnd vonn dem creutz fort uff denn berg aus bis
ahnn den eussersten grabenn unnd vonn dem eusserstenn grabcnn uff denn wingarten
hin bis do der wingart wendit unnd da vort widder ihn die drenncke". Innerhalb
dieses Bannes solle „unser keiner noch iemand von unsertwegen an dos anderen Leib
und ffut nicht "reifen in keinerlei Weise mit Argelist." Für etwaige Streitigkeiten
ernennen beide den Burggrafen Ludwig von Hammersteiu, sowie den Kitter Ditherr
^■^) Siehe die Beilage.
^'^) Heiuricli von Helfeii^toin war Anitniauii zu Montabaur. >'acli seinem Tode kam
Johann von Ilelfenstein in Besitz dieses Amtes und 1319 Heinricdis Sohn Tiermann. Original-
Urkunden vom 14. Juli 1312, resp. 27. Dez. 1319 im T.ezirksarohiv Lothringen.
3') Gelden hat liier den l'.egritf von „kaufen'', vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch IV,
1, 2, 3074.
ä*) Gedruckt Günther, Cod. dipl. 8, iS.^. Original im iv^inigl. Staatsarchiv zu Coblenz,
Abschrift im Balduineum S. 235 ebd.
•'^) Kopie im Künigl. Staatsarchiv zu iMünstor, Kindliiigors Mise. 2, 9Ü, 171.
*") Die rienbach ist — nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Lehrer Kber-
ling zu Ems — identisch mit der heutigen Deulenbach, die südüstlich an der Mur-,' vorbei-
fliesst und in die Emsbach mündet.
-") Der Name Weinweg existiert heute noch. Er führt v..n iler >purkonburg als Fahr-
weg zuerst etwas abwärts, sodann mitten durch den Weinberghang ansteigend bis zum Felde
und von dort weiter nach dem Dorfe Eitelborn (nach einer freundlichen Auskunft von seiton
des Herrn Försters Ilummerich in Ems). Eitelborn lag im Kirchspiel Äugst; die Grenze ver-
lief also unten von der Deulenbach, diese hinauf bis zu dem nach Eitelborn führenden Weg,
dann zurück über die Höhe nach der Burg und längs der dieselbe früher umgebenden Woin-
boro'o nach dor am Fusse des IJeryes an der Deulenbach /u su.'lien<ien .Drencke".
— 210 -
von Ercnbergstein^-) zu Scliieclsricliteru. Dieselbe Adellieid stellte am 15. Nov.
1357 dem Erzbischof Boemimd von Trier einen Revers aus über den Empfang
der ihr von ihrem verstorbeuon Gatten zum "Wittum angesetzten trierisoheu
Lehensgütern, u. a. des llalbteiles der „vesten zu Spurckinburg.^^)" Heinrichs
von Jlelfenstein Enkel Johann versprach in seiner Hillichberedung mit Johann
von Eynenberch, Herrn zu Lantzkrone, dessen Tochter Hilla — seine künftige
Gattin — „up Spurekenberg halff ind up syne hoeue ind gueder zo Nederen-
laensteyn" zu bewittumen.") Derselbe reversierte sich 1442, Februar 26, gegen
Erzbischof Jakob von Trier über den Empfang seiner Leheusgüter, u. a. auck
der Burg Spurckemberg m. a. Z.. ausgenommen eine Wiese in der Aucz, unter-
halb Arzbach gelegen.'*) Am 25. März 1446 schloss er mit Dietherich Mul von
der Newerburgh einen Ehevertrag zwischen seinem Sohne Johann und Diethers
Enkelin Katharina, der 14 jährigen Tochter des verstorbenen Johann von Gymnich,
Herrn zu Weinssperg.^'') In diesem Hillichbriefe bewittumt er seine künftige
Schwiegertochter u. a, auch mit der Hälfte des Schlosses Spurckembergh samt
Zubehör, die vordem seiner verstorbenen Gemahlin Plille von Eynembergh als
Wittum gehört hatte. Unterm 26. März genehmigte der Erzbischof von Trier
diesen Vertrag unter der Bedingung, dass die als Wittum angesetzten Stücke
nach Katharinas Tod wieder zurückfallen sollten ,,an die ende, dar is von rechte
hyn gehöret."*') Derselbe Johann von Helfenstein, sowie sein Sohn Johann,
der Gemahl Katharinas von Gymnich und dessen Sohn, auch Johann genannt,
wurden in der Folge mit der ,,veste Spurckemberg" von Seiten des Kurfürsten
von Trier belehnt und zwar durch Lehnbriefe vom 20. Mai 1457^'), 13. Dezember
1460"), 27. August 1475^") u. a. Gegen letzteren erhob Frank von Cronenberg
als Sohn der Merge von Helfenstein, einer Tochter Johannes und der Anna
Walpode von Ulmen Ansprüche auf Herausgabe verschiedener Güter, insbesondere
auch der Hälfte des Schlosses Spurekenberg mit Zubehör, die Johann von
Helfenstein ihrer beiden Ahufrau Anna Walpode zur Ehesteuer verschrieben
*■) Derselbe gehörte dem Geschleclite von Pfattendorf an.
") Original auf Pergament i;n Königl. Staatsarchiv zu Coblenz, Kur-Trier. Staatsarchiv.
Ks siegeln Adellieid v. II., Conrad vcm Schonecko und l'ridoricli von Kaeno, Scluiltliciss zu
Coblenz. Siegel gut erlialten.
**) Urkunde vom 31. Aug. 1423, gedruckt bei Strange, lieitWige zur Ucnealogio der
adeligen Geschlechter 2, 124.
") Original auf Pergament im Könitjl. Staatsarchiv zu Coblenz. Gedruckt Günther,
Cod. dipl. 4, 412, ^"o. 192. v. Straniberg führt ciiu'u gleichen Revers vom Jahre 1468 an.
*'^) Original auf F'ergament im Königl. Staatsarchiv zu Colilenz. Siegel Johanns und
Dietherichs, ferner fierharts von Kyncmberg, Herrn zu Landerone, und der (iebrüder Goiss-
wiii, i'njbst zu Sc. Simeon, und iloinrich muyl von der Xcuerburg erhalten.
*') Original auf Pergament im ivüiiigl. Staatsarchiv zu Coblenz, vgl. (ioorz, Heg. d.
Erzb. 183.
■•*) Original auf i'crgament im Köniul. Staatsarchiv zu Coblenz, vgl. fJoerz, iliid. 206;
Günther, Cod. dipl. 4, 4ln, Aimi. 1.
*') Orig. ibid. vgl. (fuorz, lieg. d. Krzl). 241; i'iildi(uition,s de Luxciiiboufg 34 (12),
149, Xo. 632.
"") Orig. iliid. vgl. (mmji-z, Kcu'. d. Mizb. 212.
— 211 —
hatte.^') Doch die Schicdsricliter iu diesem Streite. ( )tto von Hreyttbach, Trübst
am S. Martiusstift zu Worms, Joliann von Brcyttbacli, Uitter und Yitztum im
ßinghawe, Heinrioli Holt/apffel, Marschall des Erzbischofes von Trier. Diederich
von Staffel, Jorge von der Leyeii, Peter von Elz, Henne Gyle geu. Woberhenn.;
und Ulrich von Mulhoffen, Reutmeister zu Mainz, brachten einen Vergleich zu
Stande, wonach Johann von Ilelfenstein sich für sich und seine Erben verpHichtoto
dem Frank von Cronenberg eine jährliche Rente von 26 fl. ablösbar mit OöO fl.,
zu zahlen. In den Lehensbriefen, welche die Erzbischöfe Jakob und Richard
von Trier unterm 9. Oktober 1503^') resp. 15. Juli 1512''') für diesen Johann
von Ilelfenstein ausstellten, wird natürlich auch die Veste Spurckemberg
genannt. Doch am 20. Oktober 1518 verkaufte der Erbmarschall Johann von
Ilelfenstein Schloss und Herrschaft Spurckemberg nebst dem Dorfe Dcntzenrod
den Gebrüdern Quyrin und Johann von Nassau und zwar um 1200 Goldgulden.")
Damals w^ar — wie es in der diesbezüglichen Urkunde heisst, das Haus „vast
buwefellig", weswegen der Erzbischof denen von Nassau gestattete, dass auch
ihre Töchter nach dem Rechte der Erstgeburt erbberechtigt sein sollten.'') Am
7. Mai 1524 bewittumte Johann von Nassau mit Genehmigung- des Lehensherrn,
des Erzbischofes Richard von Trier, seine künftige Gemahlin, Margaretha von
Schoneck, mit Spurckenberg-, Dentzenrod und Zubehijr.'") Nach ihrem neuen
Besitze nannten sich fortan die von Nassau auch v. N. zu Spurekenberg, in
der Bruderteilung zwischen Johann und Quirin fielen ersterem die Burg und
Dentzeroidt zu, und er wurde am 18. Juli 1532 vom Erzbischöfe Johann damit
belehnt, mit der Bestimmung, dass, im Falle der Mannesstamm aussterbe, seine
älteste Tochter und, wenn auch keine Töchter vorhanden seien, die Nachkommen-
schaft seines Bruders Quirin lehensLerechtigt sein sollten.'') Johann starb c. 1546.''')
Seine Wittwe Margret von Schoneck übernahm nun die Verwaltung der Güter,
geriet jedoch gleich mit der Gemeinde Niederberg in einen Streit wegen des
Weidganges in der Nähe der Spurkenberg. Sie beanspruchte nämlich als Rechts-
nachfolgerin Johanns von Helfenstein das Vorrecht, in Niederberger Gemarkung
„ein Sweym" Schafe, d. h. 300 Stück, treiben zu dürfen, welches ihr aber von
der Gemeinde bestritten wurde, da nach Ausweis eines alten Weistumes''') nur
den Herren von Helfenstein als Vögten des Kirchspiels Niederberg dieses Recht
zustehe. Da sie aber eine geborene von Schoeneck und nicht von Ilelfenstein sei,
^') Original auf Pergament im Künigl. Staatsarchiv zu Cobleu/.
°-) Orig. ebd. Gedruckt Günther, Cod. dipl. 5, 114, No. 1^.
''^) Orig. ebd. Revers darüber vom selben Datum im Perpotuale Richardi, Xü. 4.')0 obd.
5^) Orig. ebd.
•^^) Lehnsrevers der Gebrüder Johann und Quyrin von Nassau we vom 28. Oktober 1510
im Perpotuale Richardi de Greifenklau-A'ollrats, Künigl. Staatsarchiv zu ("ublonz: vgl. andi
ebd., Kurfürstentum Trier, Lehensbof.
^*') Kopie im Temporale Archiep. Richardi S. 424 ebd.
^') Auszug nach Kindlinger 11, 98, 237 im König]. Staatsarchiv zu Coblenz.
""j Nicht, Avie bei Ilumpracht, 1547, da ja 154(5 Margaret von Schüneck schon als
AVittwe erscheint.
■'") Dasselbe befindet sicli im Original im Künigl. Staatsarehiv zu t'oblonz, Kur-Trier,
Xiodcrberg, und ist um U. Jan. 14G4 aufgenommen. Gedruckt l)pi Cirimm, "Weistümer 1, G0;{.
14
•>|0
so liabe sie keinerlei Aurec-lite liiiTauf, Der Streit wurde besonders lieltig, als
ein Diener der Wittwe den Niederberger Hirten so geschlagen hatte, dass der-
selbe nach einigen Tagen starb. Die Niederberger sagten nun einen Tag an,
den die streitbare Frau jedoch nicht ,,gestain" wollte. Da wandte sich die
Gemeinde an den Kurfürsten von Trier, der anscheinend die Streitsache zu ihren
Gunsten entschied."*') Audi sonst war diese Dame in mancherlei Händel ver-
wickelt. So hatte sie einst mit Hilfe des jungen Anthou Walpott von Bassenheim.
sowie des Johann Kemmerer von Worms, genannt von Dalberg, eine ünterthanin
des Kurfürsten von Trier nächilicherweile von Mülheim im Thall nach Spurcken-
burg entführt und nur auf Fürbitte des Pfalzgrafen Georg bei Rhein sicherte
ihr der Kurfürst unterm 14. Juli 1568 für „solch ir verbrechung und was sie
sampt und sondern gegen uns und unser Ertzstift gesundigt", Straflosigkeit zu.''')
Xach dem Tode Mar£rareteus von Sclioeneck 1572 schlössen ihre drei Töchter
Anna, Dorothea und Margareta mit Quirins Söhnen Heinrich und Philipp am
27. September zu Wittlich einen Vertrag''-), wonach Philipp von Nassau alle
Mannleheu des Hauses Nassau, darunter auch die Burg Spurckemberg gegen
eine Entschädigung von 4500 fl. bekommen sollte. Auch sollten die Schwestern
den Hof zu Frucht erhalten, während über das Haus Tonnenburg und die Vogtei
Creucht noch nähere Bestimmungen getroffen werden sollten. Philipp von Nassau
hatte nur einen Sohn, Heinrich, der letzte männliche Sprosse seines Stammes,
Archidiakon zu St. Lubentius, Senior zu Trier und Maiuz.''^) Nach dessen Tode
etwa 1601 kam die Herrschaft Spurekenberg an die Herrn von Metternich zu
Winneburg und Beilstein"^) — wahrscheinlich durch Erbschaft, da die Ahnmutter
Wilhelms von Metternich, des Sohnes Hans Dietrichs, „die eldeste vom Stamme
Nassawisch" war.*"") Doch die von Metternich gerieten mit dem Nachfolger ihres
Verwandten Lothar, dem Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern, aus persön-
lichen und politischen Gründen in die heftigste Feindschaft, und es wiu-de ihnen
1630 die Spurekenburg als verfallenes trierisches Lehen entzogen.*'') Ja, am
22. Oktober 1683 erklärte der Kurfürst den Domscholaster Emrich von Metternich,
den Chorbischof Karl von Metternich und den Ritler Wilhelm von Metternich
samt ihren Brüdern, Anhang und Complices wegen Rebellion gegen Kirche und
Staat aller ihrer Würden, Stellungen und ihres gesamten Vermögens für ver-
lustig."') Die Spurkenburg wurde wahrscheinlich — ebenso wie Ehrenbreitstein —
von französischen, oder doch trierischen Truppen besetzt. Anfangs Dezember
1631 erschien aber Bernhard v. Weimar mit schwedischen Truppen und eroberte
''") Acta, b(3tr. Irriiii^cii /.wisciieu den ]5esitzerii «los IImusos Spurkcmborg und dor (ie-
iiieinde des Kirchspiels >;iedorberg weg-en des strittigen Weidganges, l.')46, Canieralia, Kllr.
Klirenl>reitstein, No. 132; Königl. Staatsarclüv zu Coblenz.
®') Gedr. bei Hontheini, Jlist. Trev. Ifl, \:>.
**) Nassauer liucli, S. 9,"). Königl. Staatsarchiv zu Coblenz, v. Xassau-Sparkenburg.
"=») Ilonthoini, Prodrom. 1149.
'■') Vogel, lieschrt'iliung, 67G.
^*) Ann. des Vereins für Nass. Altertumskunde u. Geschichtsforsch. XXIX, 2, 207.
°^) I'. Hur, IMiilijip von Sütcrii. Kurfürst von Trior und ^cino Politik wälirciid dos .^0-
jährigon Krieges, H. 384.
'■•') liontlH'iin. II ist. Trov. III, 39.
— 21 ;j —
dci' llcilio nacli fast sämiliclic ti'iürisflic I'iinkfc auf der nM-litrn UliL'iu.sL'iic
(lai'uiitor auch die Spurkcnburg.''")
Doch schon im folgciulen Jalirc nahmen spanisclio Trupfjon — von der
Familie von Metternich mit Rat und That unterstützt - die verlorenen. Plätze
wieder ein und bei dieser Gelegenheit wird den Gebrüdern von Metternich vom
Kurfürsten der Vorwurf gemacht, sie hätten „Niederlahnstein, Engers, Ilammcr-
stein, Mouthabaur, Spurckemburg überfallen, besetzt, gebrandt und geplündert.'"')
Das schwankende Kriegsglück brachte in den folgenden Jahren in buntem
Wechsel schwedische, spanische, kaiserliche und hessische Tru[)peuteile in die
Gegend der Spurkenburg. Erst 1641 achreibt das Trierer Domkapitel, das Stift
sei ohne Kriegsvölker. Der Spurkenburg geschieht seit dem Einfalle der Spanier
1032 nirgends mehr Erwähnung, während von dem nahe gelegenen Monthabaur
des öfteren die Rede ist, sodass die Vermutung nahe liegt, dass das Schloss
damals von den spanischen Truppen zerstört worden ist."") Nachdem so der
Eriede im Erzstift wieder hergestellt war, erliess der Kurfürst auch für die Ge-
brüder von Metternich am 27, April 1G44 eine General- Amnestie, wodurch den-
selben die ihnen entzogenen Güter — also auch die Spnrkenburg — wieder
zurückgestellt wurden.")
Die von Metternich verkauften später die Ruine samt den zugehih'igen
Waldungen, und sie ist jetzt im Besitze des Herrn Landrates Heydweiler zu
Altena i. W., der sie von den Erben des zu Cochem verstorbenen Landrates
und Geh. Reg. -Rates Jäger käuflich erworben hat. Ihr gewaltiges Mauerwerk
ist noch verhältnismässig gut erhalten.'')
B e i 1 a g e.")
Wir Emche, Heinrich, Johan'') gcbruder t^rcbcn und liorrcn zo Xassowc dun
kunt allen den, die dusen geinwertigen brief an sint oder hörcnt lesen, dat wir asc
0") r.aur, 222.
«») Hont heim, Hist. Trev. III, 373 f.
'") S t runiber^-, Tllieiu. Aiiti(]iiarius 2, 3, 75 boliiUii)tet, sie sei 103") von den Franzosen
zorstürt worden. Dies Ivönnte nur so zu erkliireu sein, dass die scInsediscli-tVanzösiscIie Hc-
siitzung- des Ehrenbreitstein beim Ilernnnalieii der kaiserlichen Heere die Buri; gcbroclien
hiitton, um so den Feind eines eventuellen Stützpunktes zu berauben.
■') llontheim, Hist. Trev. IIl, 480.
'') VVme genaue ßeschreibuiiL;- der ]?urgruine findet sich bei Lo tz - S c h n e i d e r , l>ie
üaudenkiniller im lieg-ierungsbezirko AViesbaden (1880), 409 f.
") Die Abschrift dieser Urkunde verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Arcliiv-
dii-ektors Dr. Wagner, dem ich, ebenso Avie dm Herren Archivdirektor Dr. Meckcr und
Königl. Archivar Dr. v. Petersdorff zu Coblenz, aucli an dieser Stelle für ilir tVeiindlirlics
Hntiregenkonimen meinen verbindlichsten Dank übermitteln möchte.
") Mit dem (hafcn (ierlach, der in der Urkunde vom Jahre 1310 (s. Anni. 24) auch
aufgeführt wird, scheint als dem Vertreter der walramischeu Linie eine besondere Abmnoliuni,'
getroffen worden zu sein, da die vorliegende nur die Gebrüder des ottonischen Astes nennt.
Ks wird also wohl die Vogtei Denzinrode, ebenso wie die Unter zu Nassau, Miclilen und <loin
i;inrich, im geincinsanKMi TJesitz (b'r bcldi-n Linien gewesen sein.
14'
— 214 —
van clage und uflauf, dye iuzusschen uns einsite und hörn Heynriche van Ilolfenstein
andersite uas ase van der burc, dye da lieizzet Spurkenberg, dye her Heinridi van
nuwens be.L^ritfen und gcbuet hat. liat wir des vor uns und aHo unser Frunde und
unser erben bit demselben Heynriche van llelfenstein und unserm horren van Triere.
der sin heiter was. genzlich und gar gescheyden und gesonet sin und geloben au
dusem geynwertigen vor uns und vor unser erben, dat wir liern Ileynrich van Helfen-
stein und sin erben noch sine frunt umme denselben Im noch unime dye burch
nimmer ane gesiu-echen sulu noch hindern bit, werten noch bit werken, want dat her
Heinrich van Helfenstein und sin erbin in der burch und in dem gude, dat darzü
gehöret geraftit und gerowit sullen sitzen sunder unser hindernisse und allerleyge
widerspräche. ^Vir suln auch kein gud golden in der phlegc, dye zu :\Iontabur
huret, noch in dem gerichte. dat heru Heinriche van Helfenstein unde sin erben ane
liorent, sunder urlauf unsers horren van Tryere und hcrrn Heynriches. de hie vor
genant ist. und ich Heinridi van Helfenstein ver.yin an dusem geinwertigeu brife
und dun kunt und geloben vor mich und min erben, dat icli dye vorgesprochen
herren und greben van Xassowe und ir erben in allem gude in allen den cren und
in allen deme rechte, da de (mIII man, grebe Otte van Xassowe, ir vader, inne saz
und si biz her gesezzon haut, sal lazeu sitzen ungcenget und ungedrenget. geraftit
und gerowit. und geloben me. dat ich kein gut in derselben herren gerichte gelden
sal sunder ir urlauf. ,.Und wir Emche. Heinrich und [Jojhan gebrudere vorgenant
vor uns und unser erben, und ich Heinrich van Helfenstein vor mich und min erben,
geloben mit guden truwen stede zu haldcn und unzeworren allez, dat hyevor geredet
und gesprochen ist, sunder allerleyge argelisto. Dat dit war, stede und vaste si,
so hau wir gebedon di edel lüde hcrn Gysen den herren van Molsperc, hern Johannen
van Brunspcrc und hcrn Lüttere herren van Isenburch, dat si ir ingsigel zu einer
stedigkeit bit unsern ingsigeln, die hye ane sint, herane gehangen haut; und wir
Gyse Johann und Luttcr vorgenant gin an diisemc geinw(>rtigen bribe, dat wir durch
bede willen hern Emchen, hern Heinrichs und hcra Johans der vorgenanten greben
und hören Heynriches van Hclfensteyn unser ingsigel herane gehangen han zii eime
urkundt und stedigkeit allez, des hye vor geredit ist. Dit geschach mittes over dye
crsamon lüde hern Heinriche van AValdecke, lierrn Cunradt van Schoenecke, hern
Johanne ßutschartc, hern Johanne van Grensauwe, hern Sifrid van Hadmor, hörn
Didrich van Stocheym, hcrn Heinrich van Xassowe, hern Sifrid vam Steine, hern
Eberolde van Lurenburch. hcrn Heinriche van Statte! und hcrn Fridriclie Buchere
den deinen van Lurcnburc und andere biderbe lüde, dye darzu wurden gerufen.
Des dinstages noch sande Markes dage nach godes geburtte druzehen hundert jar
unde in dem eiliftcn jare.
Orig. Pergament. Von den sieben Siegeln sind erhalten: Xo. 1, Siegel des Ileinricli
V. Helfenstein, stark beschädigt: Xo. 3, Siegel eines Graten v. Xassau, stark beschädigt; Xo. ö,
Siegel des Johann v. Kraunberi,', ebenfalls besdiädigt. So. 2, 4, « und 7 ab. Jetzt Staats-
archiv Wiesbaden.
Die Zeugnisse für Gutenbergs Aufenthalt in Eltville.
Von
G» Zedier.
Ohne auf die schwierige Frage der Bezieliuageu Gutenbergs zur l'rühi'ii
Eltviller Presse eingehen zu wollen, was ich später bei mehi- Müsse zu thun
gedenke, möchte ich es liier unternehmen, die historischen Zeugnisse, aus
denen gefolgert werden muss, dass der Erfinder der ]>uchdruckerkunst eine
Zeitlang zu Eltville auf nassauischem Boden gelebt hat, um ein weiteres zu
vermehren.
Ein unmittelbares Zeugnis für den Eltviller Aufenthalt CJutenbergs be-
sitzen wir bekanntlich in dem IJriefe des Pariser Theologen Eichet an Robert
Gaguin vom Jahre 1472, demzufolge nicht weit von Mainz ein gewisser Johannes
mit dem Beinamen Gutenberg gelebt, der zuerst die Druckkunst ersonnen habe.
Bereits früher, ehe dieses wichtige Dokument durch den Oberbiblio-
thekar Professor Dr. Sieb er in der Basler Universitätsbibliothek aufgefunden
wurde'), nahm man auf Grund des Dekrets des Mainzer Kurfürsten Adolf von
Nassau vom 17. Januar 14G5 allgemein an, dass Gutenberg, der darin unter
das Hofgesinde dieses zu Eltville residierenden Erzbischofs aufgenommen wird,
seine letzten Lebensjahre in Eltville zugebracht habe.
Aus dem Fichetschen Briefe folgt nicht, dass Gutenberg grade die Zeit
von seiner Ernennung zum llofnumn bis zu seinem Tode in Eltville gewesen
ist. Der Wortlaut der Bestallungsurkunde verbietet es aber meines Erachtens
daran zu denken, dass Gutenberg erst durch diesen Gnadenakt des Kurfürsten
veranlasst worden sei, seinen Wohnsitz .Mainz mit Eltville zu vertauschen. Im
Gegenteil, ich glaube, dass wir, wenu wir die Fichetsche Nachricht mit der
Bestallungsurkunde zusammenhalten, genötigt sind, den Aufenthalt Guteubcrgs
in Eltville in die Zeit vor 1465 zu setzen. Nach jener Urkunde') erhält Guten-
berg vom Kurfürsten ausser der Kleiduug in jedem Jahre 20 Malter Korn und
2 Fuder Wein zum Gebrauch in seiner Behausung zollfrei in die Stadt Mainz
geliefert mit der ausdrücklichen Bestimmung, dass er dieselben nicht verkaufen
\) Centralbl. f. Jübliuthekswesen, IUI. 2, S. 87.
-) Siehe .Scliorbacli, Die urkim<lliclieii Nacliriehteu über .luliaiiii (.naeiiuer- n. «ler
Mainzer Festschrift 1900, 8. 220.
— 21() —
noch versclienkon dürfe. Ausserdem wird er auf Lebenszeit von allen, den
Mainzer Bürgern auHiegenden Lasten und Steuern befreit. Diese Guadeuerweise
haben als solche doch nur einen Sinn, wenn Gutenberg in Mainz und nicht in
Eltville zu wohnen beschlossen hatte. Aus dem Revers des Dr. Ilumery vom
2G. Februar 1468'), in welchem sich dieser dem Kurfürsten gegenüber ver-
pflichtet, das ihm gehörige, im Nachlasse Gutenbergs befindliche Druckgerät
nirgend anders als zu Mainz zu gebrauchen oder im Falle des Verkaufes dem
Mainzer Bürger gegenüber jedem Fremden die Vorhand zu lassen, geht zur
Genüge hervor, welch grosses Interesse Adolf von Nassau an der neuen Kunst
nahm und wie er ihre Bedeutung zu würdigen wusste. Er hätte gewiss den
genialen Erfinder gern an seinen Hof in seine unmittelbare Umgebung gezogen,
aber Gutenberg, so scheint es doch, verzichtete auf ein glänzendes Ilofleben
und bat sich statt dessen vielmehr vom Kurfürsten die Gnade aus, ihm zu er-
möglichen, das Ende seiner Tage in seiner Vaterstadt in ruhiger Zurückgezogenheit
zu erwarten.
Schorbach') schliesst sich zwar denen, die ohne weiteres aus der Er-
nennung Gutenbergs zum Ilofmann den Schluss ziehen, dass dieser infolge dessen
nach Eltville an den kurfürstlichen Hof übergesiedelt sei, nicht an. Er meint,
da Gutenberg nicht zum täglichen Hofgesinde gehört habe und ihm als ge-
altertem Manne offenbar keine Dienstpflichten zugemutet worden seien, so sei
es ihm wohl auch freigestellt gewesen, dem Hoflager nach Eltville zu folgen
oder seinen Wohnsitz in Mainz beizubehalten. Daher habe er den Rest seiner
Tage wohl abwechselnd in seiner Vaterstadt, wohin ihm sein Bedarf an Frucht
und Wein abgabenfrei geliefert worden sei, und während der besseren Jahres-
zeit in dem stillen (?) Eltville verbracht. Allein dem Pariser Theologen Flehet,
dessen Gewährsmänner Mainzer Buchdrucker waren, kann nur erzählt worden
sein, dass der Erfinder zu ihrer Zeit zu Eltville gelebt, d. h. dort seinen dauern-
den Wohnsitz gehabt habe; wenn Gutenberg sich nur vorübergehend in Eltville
aufgehalten hätte, würden jene Buchdrucker dies als nebensächlich wohl ganz
mit Stillschweigen übergangen haben ; auf jeden Fall würde die Fichetsche
Nachricht anders lauten müssen.
Dass Gutenberg nicht in Eltville, sondern in Mainz, und zwar in der dor-
tigen Franziskanerkirche begraben worden ist, das steht der wissenschaftlichen
Forschung längst fest und die Versuche, die dafür in Betracht kommende (Quelle
zu verdächtigen, müssen heute als verfehlt angesehen werden. Gegenwärtig
ist nur noch der Eltviller Lokalpatriotismus bemüht^ der dortigen Pfarrkirche
die Ehre der Grabstätte des grossen Mannes zu vindizieren und das entgegen-
stehende Zeugnis zu entkräften.^) Die Ironie des Schicksals will es, dass es
gerade ein Eltviller, wenn nicht, wie es alle Wahrscheinlichkeit für sich hat,
3) Sclioibiicli fi. a. (). S. 227.
*) Sohurbacli a. a. (). S. 222.
*) Siehe den Aufsatz „üiitenbergs Gra'n und dii' .Vii.sprüclie der Stadt Eltville auf die
Grabstätte Gutcnbergs in ihrer Moreditiguni,''* vom .1. L. in \'.. iJlieingauer JUirjjerfrcund
1900. Xo. G7.
— 217 —
oiii gcboroucr, so doch ein dort eingesessener Mann ist, dem wir jene iiiivor-
vvcrfiiclie Nachricht verdanken.
So viel aucli über die Insclirit't des Adam (leltlius schon geschrieben und
gesagt worden ist, in zweifacher Hinsicht scheint mir docli noch nicht das letzte
Wort über dieses wichtige Dokument zum Leben Gutenbergs gesprochen zu
sein. Einmal hat man bis jetzt noch nicht erklärt, wie es kommt, dass diese
Inschrift uns in einem scheinbar ganz fremdartigen Zusammenhang überliefert
ist und ferner fragt es sich, wo das Original jener Inschrift, wenn ein solches
vorhanden gewesen ist, sicli befunden hat.
In der kleinen Schrift (Hain 10781, ein undatierter Mainzer Druck Peter
Friedbergs von 1499), die die Tendenz hat, dem Pfalzgrafen Philipp und seinen
Söhnen die nominalistische Richtung der l'niversität Heidelberg zu empfehlen
und zu diesem Zweck den Nominalisten Marsilius von Inghen, der die Uni-
versität eingerichtet hatte, verherrlicht, wird, um nur den Hauptinhalt anzu-
geben, Marsilius redend eingeführt, alsdann folgt eine Fülle von Epigran)men
zu Ehren des Marsilius, und zum Schluss eine diesem ebenfalls gehaltene Leichen-
rede. Daran schliesst sich scheinbar ganz unvermittelt noch Folgendes an:
1)1 viordaces clarissimi MarsüiJ cinulos Joannls
Fausti Tantalidis.
Laiulibas: indocto que oUatnis (jutturc d'iai
Marsüij Cornix inuida: ahesto prociil
Nil tibi cum nitidis cygnormn (aut cantihusj alid:
Sed Uta su/ßciaf foetida praeda tibi.
In foelicem artis impresorie inuentorem
D(eo) O(plimo) M(aximo) S(acrum)
Joanni yenszfleisch artis iinpressorie repertori de omni
naiione et limjua opAime merito in nominis sui memoriam irniiior-
tcdem Adam GeUhus posiiit ossa eins in ccclesia diui Francisci
Maguntina foeliciter cuhant.
Jaco. UiinpfelingiJ Sletstattini in cundem EpUjramma.
Foelix ansicare per te germania foelix
Omnibus in terris premia laudis habet
Urbe Moguntina diuino fidte Joannes
Ingenio : prinms imprimis ere notas
Midtum relligio : mnltum tibi grcca sophia
Et midtum dcbet lingiia latina tibi.
Finif.
Warum kommt, fragt man unwillkürlich, das Epigramm tlcs doannes Faustus
zu Ehren des Marsilius, weit von den übrigen Epigrammen gleicher Tendenz
getrennt, so hinten nachgehinkt y Die Bemerkung Conrads*'), dass dies Epigramm
'^) Die Adam üelthussche Inschrit't zu Kliicu Johann Gutonlicr.irs in «aninilung biblio-
thekswissenschaftlicher Arbeiten, lisy-. von K. Dziatzko. Heft l:!. 1900. S. '-"-'.
— 218 —
wulil erst nach Beendigung des Druckes der übrigen Epigramme eingelaufen
und, da mau es wegen der bedeutenden Stellung seines Verfassers nicht habe
auslassen wollen, noch am Schlüsse hinzugefügt sei, ist eine Xoterklärung, die
noch dazu über die Veranlassung des weitereu, dann auf einmal von Marsilius
auf Guteuberg abspringenden Schlusses nichts besagt. Ausserdem füllen die
Epigramme noch die ersten drei Seiten des Schlussbogens. Conrad scheint also an-
zunehmen, dass auch dieser Druck in Kleinquartformat Seite für Seite nach
Art der alten Foliodrucke gedruckt worden sei. Das ist natürlich ausgeschlossen.
Die beiden ersten Seiten des Schlussbogens sind vielmehr mit der Schlussseite
des Textes, die das Faustsche Epigramm enthält, gleichzeitig gedruckt, sodass
das Einrücken des letzteren an die richtige Stelle, auch wenn es sich verspätet
hätte, dem Setzer keine Schwierigkeit bereitet haben würde.')
Mir scheint der ganze aus dem Zusammenha ug fallende Schluss der Schrift,
soweit ich ihn oben angeführt habe, nur den Sinn haben zu können, den ^Mainzer
Domherrn Johaun Fust besonders hervortreten zu lassen. Seine Beteihguug
und die Unterstützung, die er damit der durch diese Schrift vertretenen Sache
lieh, war bei seinem Ansehen und seiner einflussreichen Stellung*) den beiden
an der Redaktion zumeist beteiligten Männern Jakob Merstetter und Jakob
WimpheÜDg — den Vertretern der Mainzer und der Heidelberger Universität —
hochwillkommen. Sein Beitrag wurde deshalb zur besonderen Hervorhebung
ans Ende gerückt, und nicht genug damit, man Hess die Schrift, um ihm zu-
gleich eine feinsinnige Ehrung zu erweisen, ausklingen in Worte, welche die
unsterblichen Verdienste des Erfinders der Buchdruckerkuust feiern. Denn
damals hatte die Kritik Gutenbergs alleiniges Verdienst um die Erfindung noch
nicht im Gegensatz zu Fust und Schöffer geklärt und der Abglanz des Guten-
bergschen Ruhmes umstrahlte auch seine Mitarbeiter und deren Nachkommen,
zumal keine direkten Erben des Gutenbergschen Namens vorhanden waren. Ich
brauche nur an die bekannten Verse in Schlussschriften von Drucken Peter SchöfFers
Qhos yenuit amhos urhs maguntina Johannes
Lihrorum insignes prothocaragmaticos
zu erinnern. In diesem Sinne ist auch der Johann Fust hier gegebene, sonst
nicht nachweisbare Beiname des Tantaliden zu verstehen. Er wird dadurch von
"NVimpheling oder wer nur immer dies Epitheton ornans erfunden hat, in der-
selben Weise gefeiert, wie Fusts Enkel, Peter Schöfl'ers Sohn, Johann sich in
der Schlussschrift des Mercurius Trismegistus von 1503 als faustissima eorum
propagine satus, qui divinam forme calcographie artem propitiis fatis inuenerunt,
selbst verherrlicht. Das in den folgenden, Guteubergs Ruhm feiernden Versen
Wimphelings dem Erfinder zweimal beigelegte Attribut foelix scheint auch ab-
sichtlich mit Bezug auf die lateinische Form des Fustscheu Namens gewählt
zu sein, eine Namensform, die wiederum hier zum ersten Male begegnet. Denn
wie Schaab®) schon bemerkt, kommt der Name des Druckers und Verlegers
') Sielie A (lol f Seil in i dts Uiitersuc]iuiig(Mi über die liiiclulruekertecliiiik des 15. Jalir-
huiiderts im CeiitralVjl. f. I'.ibliotliekswe.sen, Bd. 14, .S. 57 tt".
") Hiebe über ihn Schaab, Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst, Bd. 2, S. 60.
^) Schaab a. a. O. Bd. 2, S. :>1.
— 210 —
Fust audi in latciuischen Schlussschriftcn und audercn Urkunden nitlit als
Faustus, sondern stets als Fust vor. Wenn Schaab aber sagt, dass Fusts
Enkel Jobaun Schöffer der erste gewesen, welcber im Jahre 1505 in der Vor-
rede des Drucks der deutschen Übersetzung des Livius seinen CJrosbvater
nicht Johann Fust, sondern Joliann l-'aust genannt und dass von dieser Zeit au
sich fast alle Glieder der Familie nicht mehr Fust, sondern {'aust geschrieben
hätten, so bedarf diese Bemerkung mit Rücksicht auf die hier behandelte Stelle
der Einschränkung. Auch das faustissima in joucr eben erwähnten Schluss-
schrift von 1503 beweist, dass damals schon die hitinisierte Form des Fustschen
Namens üblich war. Vielleicht hatte unsere Schrift die Veranlassung dazu gegeben.
Weuden wir uns jetzt der anderen Frage zu, wo das Original der Adam
Gclthusschen Inschrift sich befunden haben mag, so müssen wir zunächst die
Vorfrage entscheiden: Ist diese Inschrift überliaupt mehr als ein litterarisches
Erzeugnis? Ihre Beweiskraft würde, auch wenn diese Frage verneint werden
müsste, an nichts einbüssen. Schaab schon und viele andere nach ihm sind
der Überzeugung, dass dies für Gutenberg bestimmte Monument nie errichtet
worden sei, wie es die zwei letzten Zeilen der Grabschrift bewiesen. Wiihrend
aber der genannte Forscher dem Zweifel doch noch Raum lässt und es nur
für wahrscheinlich hält, dass diese Grabschrift auf dem Papier geblieben sei'"),
nennt sie van der Linde'') in seiner Weise geradezu ein „papiernes Andenken
an Gutenberg." Heidenheimer'-') meint, dass Adam Gelthus seine Gedenk-
schrift auf Gutenberg der neun Seiten vorhergehenden formal gleichartigen
Heidelberger auf Marsilius nachgebildet habe. An die Epigramme in Versen
zu Ehren des Marsilius reiht sich dort folgendes Epigramma solutum :
Marsilio philosopho ac thcologo Heydelhergensis
(jymnasij inst i tut ori: voluminihus et luciibrationibus da
nostra repub. optime mevito heneficiorum memor posteri-
tas ad perpetiiam eins gloriam posuit.
Obijt anno christi. M.CCC.LXXXXVI. die. XX. mcn-
sis Augusti.
Eine gewisse formale Gleichartigkeit will in dieser Hinsicht nichts besagen.
Sie ist für alle solche Inschriften, mögen sie nun in Holz, Stein oder Metall
wirklich ausgeführt oder nur litterarischer Natur sein, von vornherein voraus-
zusetzen. Vergleicht man aber dies Epigranmia solutum mit der*" Inschrift zu
Ehren Gutenbergs, so kann nicht zweifelhaft sein, dass jene vier ersten Zeilen
zu Ehren des Marsilius vielmehr den vier späteren Zeilen zu Ehren Gutenbergs
nachgebildet worden sind. Statt der allerdings nur auf einem Papierdenknuil
möglichen posteritas begegnet uns in der Gedenkschrift für Gutenberg als Ur-
heber ein individueller Name. Wie käme aber Adam Gelthus dazu, zu dieser
Heidelberger Universitätsschrift mit ganz anderem Programm eine Gedcnk-
>") Scliiiiili .'i. :i. (). ll.l. 1, S. 4(J(;.
'') vaii der Linde, üeschiclite der Erfindung der Ijuchdruckerkunst, IUI. 3, fS. 738.
1-) Vom Ruhme Gutenbergs. Mainz lOOo. S. 13 f.
- •220 —
sclirift auf Guteuberg beizusteuern'? Dies bleibt bei der Heidenheimersflieu
Anuahnie güuzlicli unerklärt. Diese Frage ist aber wohl gerechtfertigt und die
einzige Möglichkeit, sie befriedigend zu beantworten, liegt in der Annahme,
da^s wir in der Adam Gelthusschen Inschrift nicht eine bloso litterarische
Spielerei, sondern ein wirkliches, irgendwo befindlich gewesenes Denkmal zu
Ehren Gutenbergs vor uns habeo.
Es beruht nur auf Unkenntnis des epigraphischen Stils, wenn Conrad'^)
meint, dass der erste der beiden Sätze, aus denen der Text der Inschrift be-
steht, fragmentarisch sei. (fanz unverständlich ist es aber, wenn er uns die
starke Kürzung des ursprünglichen Wortlauts durch den Hinweis wahrscheinlich
machen will, dass auf der letzten gedruckten Seite auch nicht eine Zeile mehr
zur Verfügung gestanden habe. Wo die gänzlich leere Rückseite Platz genug
bot, konnten der Redakteur uud der Drucker sich denn doch nicht in die
allerdings auch im anderen Fall nicht zwingende Notwendigkeit versetzt sehen,
den Text der Inschrift so zu kürzen, dass ihr erster Teil ein nach Form uud
Inhalt unverständliches Satzgefüge bot.
Nach Schorbach") versteht es sich von selbst, dass diese Grabschrift
nicht in solcher Fassung auf einem Denkstein gestanden habe. Nehme mau
jedoch aus obigem litterarischen Epitaphium den Passus DOM S — posuit heraus,
so bilde dieser eine Inschrift, welche sehr wohl nach dem Brauche damaliger
Zeit auf einer Sterbetafel (von Holz, Pergament oder Papier) angebracht ge-
wesen sein könne, wie mau sie an den Grabstätten aufzuhäugeu pflegte. Aber
mau muss sich doch zunächst an den überlieferten Text halten. Für eine
Hinzufüguug der Worte ossa — cubant zum Text der Grabschrift lag in diesem
Zusammenhange doch nicht die geringste Veranlassung vor. Nimmt mau nun
aber den ganzen Text der Inschrift, wie er vorliegt, so scheint schon, da sich
zwischen posuit und ossa keinerlei Interpunktion befindet, die Form der Wieder-
gabe zu bezeugen, dass wir es hier mit der getreuen Kopie einer wirklichen,
auf einer Holztafel oder einem Steindeukmal angebracht gewesenen Inschrift
zu thun haben; freilich nicht mit einer Grabschrift — daran zu denken verbietet
eben der zweite Teil der Inschrift, wohl aber mit einer Gutenberg zu Ehren
von Adam Gelthus irgendwo errichteten Gcdenkschrift.
Fragen wir jetzt nach dem Standort der Inschrift, so kann dies die
Franziskauerkirche allerdings nicht gewesen sein. Es läge nun die Annahme
nahe, dass die Inschrift im Hofe Guteuberg, in welchem der Erfinder geboren
war und welcher nachweislich zu Anfang des 16. Jahrhunderts, wahrscheinlich
aber schon bei Begründung der Mainzer Universität im Jahre 1477 letzterer
übergeben und der Juristen-Fakultät eingeräumt war'^), ihren Platz gehabt
habe, da der Stifter des Denkmals Lizentiat der Rechte war.'*^) Eine solche
Annahme würde es erklären, wie Wimpheling l)oi seinen im Übrigen höchst
'^) a ii. (). S. 24.
") u. a. U. S. 2'iG.
•'"') Siehe .Sclianlj ii. .-i. o. I!il. 2, 8. IJU 11'. und Sdiciik zu Sc li \ve i ii slicirg, Geiiea-
lui^ie des Maiuzer Geschlechts (iäiLsfleiscli in der Mainzer Festsclirilt S. 111.
-"o
°) Scliaah, I5d. 1, S. 40^.
221
verworrcneu Augabou über (iiitenberg" uud tue Ei-liuiluug- der Duchdruckcikuiist
iu seiner Sclirift ,,Argentinensiuin episcoporum catalogus" von 1508 die Naeii-
richt, dass im llof Giitcuberg das Juristonkolleg- sei, richtig überliefert hat.
Allein so wenig es ausgeschlossen sein mag, dass in der That in jenem Gebäude
eine Inschrift daran erinnerte, dass in ihm Johann Gutenberg das Liclit der
Welt erblickt habe, die vorliegende Inschrift ist es sicherlich nicht gewesen.
Der Zusatz Maguntina zu ecclesia diui Francisci wäre sonst vollkommen über-
flüssig und sonderbar. Das Original der Inschrift niuss ausscrhallj Mainz be-
iindlicli gewesen sein und die Person ihres Stifters führt uns von selbst nach
Eltvillc.
Adam Geltluis gehört einem mit den Gensfleisch nahe verwandten a<leügen
Geschlecht an. Ein Angehöriger desselben, Arnold Gelthus, nahm, wie wir
wissen, 1448 eine Anleihe zu Gunsten Gutenbergs auf. Unser (leltlnis hatte
zwar die Rechte iu Mainz studiert, aber er widmete sich später dem geistlichen
Stande. Er kommt als Altarist des St. Niclas-Altars in der St. Quintinskirche
zu Mainz vor, welcher durch die (Jensfleischsche Familie gestiftet worden
war.'") Den grössten Teil seines Lebens aber hat er zu Eltville zugebracht.
Er war der Sohn des Adam Gelthus zum jungen Aben, der 1457 eine Grede
von Fürstenberg heiratete, und 1468 einen Frozess mit dem St. Claren-Kloster
zu Mainz hatte. '^j Dass die Familie in Eltvillc begütert war, zeigt eine Ur-
kunde''^) vom 20. Februar 1461, in der ein Peter Gelthus, als in Eltville an-
gesessen, vorkommt. Bereits 1498 begegnet uns Adam Gelthus in Eltville.
Am 3. Mai dieses Jahres macht er, der sich in der betrefl'enden Urkunde
„venerabilis et spectabilis vir dominus Adam Gelthus von der jungen Aben L. L.
Licentiatus" nennt, mit Peter von Fürsteuberg eine nicht unbedeutende Stiftung
an die Kirche zu Eltville.-'") 1504 erscheint er als Altarist der dortigen Kirche
und 1513 stiftet er, Lizentiat der Rechte und Kaplan der Niclaskapellc zu
Eltville, dort das tägliche 1 1 Uhr-Lauten des Vormittags mit der Messglocke.-')
Er erscheint auch sonst noch öfter in Eltviller Urkunden, zuletzt 1517, in
welchem Jahre er die für das 11 Uhr-Läuten gestifteten 10 Goldgulden auszahlt.'-'-')
Was liegt unter diesen Umständen näher als anzunehmen, dass Adam
Gelthus den Gedenkstein zu Ehren seines berühm teu Verwandten in P'ltville
und zwar — darauf weisen die Worte Deo Optimo Maxime Sacrum -— in der
dortigen Pfarrkirche errichtet habe?
Das Eltviller Pfarrarchiv verwahrte das Manuskript des Frühmessers Kremer
in Eltville, der nach Roth"'') eine verlorene Eltviller Chronik und das Kirchen-
kopiar benutzte und anderes aus eigener Beobachtung hinzufügte. Er unter-
suchte auch die Grabsteine der Eltviller Pfarrkirche. Unter den von ihm auf-
'') Scliaali, IUI. 1, S. 463.
'*) Kboiuhi.
'^) im Küiii-1. StaidsiircliiN zu Wiuslnulcn. I\. lviir-.'\liiinz. .">. Ulifiiigau, Kltville.
■-") Sohaab, Bd. 1, S. 46:5 und Kctli. (ieschiclitsquelliMi aus iSVssnu I S. 26S.
-') Hbonda Schuiili. S. 464 und Korli, 8 'JTO.
-2) Kotli, S. 270.
^^i) a. u. (). I. S. XXI.
22"^
gczeiclmeteu Grabdeukmäleru. \\ovon aber uur uucli Einzelnes lesbar Nvar, ist
neben anderen, auch anderweitig beglaubigten, auch das Grabmal von Johann
Genstleisch, j 1468."-'*) Es fällt auf, dass hier nicht, wie bei den anderen, der
Todestag hinzugefügt ist; das Todesjahr wird auch wohl Kremers Zuthat sein,
der den Namen noch lesen konnte und daraus ohne weiteres auf den Ertinder
der Buehdruckerkunst schloss und dessen vermutliches Todesjahr aus anderer
Quelle beifügte.
Jedenfalls wurde diese Notiz der Ausfrangsiiunkt für die EU viller Lokal-
C Ol
tradirion von Gutenbergs Grabstätte in Eltville, die dann in früheren Reise-
handbüchern vielfach weiter verbreitet wurde. Es wäre keineswegs unmöglich,
dass der Kreraer vorliegende Stein sieh wirklich auf den Erfinder der Buch-
druckerkunst bezogen hätte, dann aber müsste er das von Adam Gelthus ge-
stiftete Denkmal sein. leii erwähne dies indessen nicht, um meine Yermutung
durch jenes unsichere Zeugnis des übrigens über jeden Verdacht einer Fälschung
erhabenen Kremers zu stützen, ich hoffe, ihre hohe Wahrscheiuliclikeit aus
inneren Gründen genügend nachgewiesen zuhaben — ich möchte vielmehr das
Gesagte nur als einen Versuch aufgefasst wissen, die Kremersche Nachricht,
auf die sich Eltviller Lokalforscher schon mehrfach berufen haben, aufzuklären.
Hatte nun, um zu unserer Inschrift zurückzukehrou, Adam Gelthus damals
Johann Gutenberg ein Denkmal iu der Eltviller Pfarrkirche gesetzt, auf dem
der überlieferte Text der Inschrift zu lesen war, so schwinden meines Erachtens
alle Bedenken, die gegen denselben laut geworden sind. An gi-heiligter Stätte
sollte diese Inschrift nach Art einer Grabschrift das Andenken Guteubergs ehren;
da aber die Gebeine des Erfinders an anderer Stätte gebettet waren, so ergab
sich ein darauf hinweisender Zusatz von selbst.
Natürlich konnte als Standort dieser Gedenkschrift von ihrem Stifter die
Eltviller Pfarrkirche nur gewählt werden, wenn (futenberg an diesem Orte
einige Zeit — zum mindesten gelebt hatte.
Bei dem Interesse, das damals in den Ilumanistenkreisen der in ihrer
unendlichen Tragweite immer mehr zum Bewusstsein der Gebildeten kommenden
Druckkunst entgegengebracht wurde, ist es leicht begreiflich, wie das gewiss
kurz zuvor erst errichtete Monument aus den oben schon dargelegten Gründen
in dieser kleinen Schrift Verwertung finden konnte. Merstetter, ein Kollege
des Adam Gelthus, kannte die Inschrift und beeilte sich, sie zur Ehrung Johann
Fusts in dieser Schrift zu verwenden. Dieser Artigkeit gegen jenen hoch-
stehenden Gönner suchte es Wimpheling, von dem auch noch ein weiteres
Epigramm auf Gutenberg erhalten ist, dann gleichzuthun.
=") Roth a. a. ü. S. 237 f. — Icli hätte gern das Original eingcselien, leider ist aber,
wie mir Herr Pfarrer Schilo mitteilte, das Kremer.sche Manuskript aus dem Eltviller l'farr-
arehiv verschwunden. Es sclieint einmal ausgeliehen worden zu sein, ohne dass man jetzt
weiss, an wen. Es wäre sehr zu wünschen, dass diese für die Eltviller Lokalgeschichte, wie
es scheint, keineswegs unwichtige Quelle wieder zum Vorschein käme.
Beiträge
zur
Gescliicliti> der Gründung des Vereins für nassauisclie
Altertumskunde und Gesdüchtsforscliung.
Von
P. Wagner»
Im XL Baude der Aunaleu hat Oberschulrat Dr. Schwartz aus Anlass
der Feier des füufzigjährigen Bestehens des Vereins für nassauische Altertums-
kunde und Geschichtsforschung Beiträge zu dessen Geschichte verüffentliclit, die
sehr dankenswert sind, namentlich wegen des schätzbaren Materials, das sie
zur Geschichte derjenigen Männer enthalten, die sich um die Gründung des
Vereins verdient gemacht haben. Nicht sehr eingehend hat er darin aber die
Vorgeschichte behandelt, d. h. jene Versuche, die in dem Jahrzehnt vor 1821
gemacht wurden, einen Verein zu Stande zu bringen. Sie scheineu für ilin
keinen besonderen Reiz gehabt zu haben, und dies um so weniger, als er zwischen
ihnen und der späteren Vereinsgründung keinen unmittelbaren Zusammenhang
wahrnahm. Widerspricht er doch sehr bestimmt der früher geltenden Ansicht,
dass als Gründungsjahr des Vereins 1812 anzusehen ist.')
Nun kann man darin mit ihm ganz einverstanden sein, kann aber gleich-
wohl auch den älteren Versuchen ein grösseres Interesse entgegenbringen, als
Schwartz, wenn anders dieser nicht lediglich durch den Mangel an Quellen veran-
lasst worden ist, sich kürzer zu fassen, als es ihm lieb war. Denn zu selieu wie
eine gute Idee in den Köpfen verständiger Männer Gestalt und Form gewinnt,
ehe sie in den Bereich der Wirklichkeit eintritt, ist immer lehrreich und reiz-
voll. Da überdies die kurzen Mitteilungen von Schwartz nicht ganz frei von
Irrtümern sind, so ist es vielleicht kein überflüssiges und für den Vercm
unnützes Unternehmen, einige berichtigende Nachträge zu der Schwartz'schen
Darstellung zu liefern.
Die Möglichkeit hierzu bietet ein Aktenstück mit amtlichen Korrespon-
denzen, das neuerdings in die Verwahrung des Staatsarchivs zu Wiesbaden
') Aimiik'ii X.I, 7.
224
gelangt ist uuil ilcn scIirit'tliclK'ii Verkelir der Ycreiusgrüiulcr und dos Vereins
mit den nassauischeu Bclicirden. dem Staatsministerium und der Landesregierung,
enthält.*} Freilich empfindet man das Unzureichende einer solchen amtlichen
Quelle besonders lebliaft bei einer Angelegenheit, die, wie diese, lediglich aus
privater Anregung und in privaten Kreisen erwachsen ist, die auf privater
Thätigkeit beruht. Von der Liebe zur Sache, der Fülle der Gedanken und der
Stärke und Beredsamkeit der Überzeugungen, die in den Einzelnen mächtig
war, ist in diese nüchternen Akten fast nichts geraten. Ein Paar Briefe, die
darin vorkommen, machen die.scn Mangel nur um so fühlbarer. Aus den Akten
gewinnt mau niclit viel mehr als das dürre Gerippe der Thatsachen. Aber
auf deren Feststellung kommt es mir im Folgenden allein au; eine aus dem
Vollen schöpfende Darstellung, die vor allem den etwa erhaltenen Briefwechsel
der Vereinsgründer, namentlich den der beiden Habel, Vater und Sohn, ein-
gehend berücksichtigen müsste, ist nicht beabsichtigt.
Ich stelle zunächst das Wesentliche aus der Schwartz'scheu Darstellung
von der Vorgeschichte des Vereins zusammen.^)
Die erste Anregung zur Stiftung eines Altertumsvereius in Nassau, erzählt
Schwartz, habe Pfarrer Luja in Altenkirchen bei Weilburg in zwei Artikeln
gegeben, die in dem Jahrgang 1811 des Litelh'genzblattes für das Herzogtum
Nassau erschienen. Doch was Luja zu gründen beabsichtigte, sei kein Verein
gewesen , der das Altertum und die Geschichte Nassaus im allgemeinen zu
pflegen gehabt hätte, sondern zunächst nur ein Verein zur Erforschung des
Pfahlgrabens, der bekanntlich quer durch das Land hindurchzieht, also ledig-
lich archäologischen Charakters. Luja habe liicrbei im Einvernehmen
mit dem alten Hof kammerrate Habel in Schierstein gehandelt, und beide seien
dann mit dem bekannten Frankfurter Altertumsfreunde Geheimrat v. Gerning
in Verbindung getreten. Auch der junge Habel, der Sohn des Hofkammer-
rates und spätere Archivar, habe sich dem Unternehmen gewidmet und nament-
lich die zahlreiche Korrespondenz mit den Behörden, sowie den in- und aus-
ländischen Gelehrten besorgt. Diese vier Männer müsse man als die eigent-
lichen Stifter des Vereins betrachten. Sie hätten Statuten entworfen, die vom
damaligen Herzoge von Nassau, Friedrich August, genehmigt worden seien
„und so würde der Verein schon im Jahre 1812 ins Leben getreten sein und
ohne Zweifel seine Wirksamkeit auch über den nächsten Zweck seiner ursprüng-
lichen Bestimmung hinaus auf das ganze Gebiet der Altertums- und Geschichts-
forschung ausgedehnt haben, wenn nicht die politischen Verhältnisse . . . die
mächtigen Hindernisse bereitet hätten". Soweit Schwartz.
Es ist zutreffend, dass die erste Anregung zur Vereinsgründung von Luja
im Jahre 1811 durch seine beiden Aufrufe im nassauischen Intclligenzblatf*)
*) Acta betr. die Bilduiif;- einer Gesellscliat't für iiassauische Altertuniskuiidf; und fio-
sr-lüclitsforschung, 1812 tt'. Dem Aktoristück sind die J?oilni>en zu obiji-ein Aiifsiit/i! mid die
Korrespondenzen, auf die im l'olgendi'ii liezus;- genojnmcn ist, t'iitnoinmon.
«) Annalfu Xl, 5.
'j Wii'diT abn-edrucki A niiiili'H Xl, S'J u. 8.").
- 22;")
gegeben wurde, n\u\ weiter, (la^s.s Liija IcdiglK'!) an einen Verein zur Erlorseliuiig
des Limes und der damit in Zusammenhang stellenden Altertümer gedacht hat.
Sehr bezeichnend für seine .riäiie sind di(! Vorschläge.', die er in seinem zweiten
Artikel für die Organisation des Vereins und den Betrieb dci' Untersuchungen
am Limes machte. Unter anderem wünscdite er, dass „gegen den Mittelpunict
des Pfahlgrabens hin, den icli auf des Feldbergs bezaubernden Hüben suche'*,
ein Lokal ausfindig gemacht würde, „wo man in dieses Fach einschlagende
Bücher, Charten, Plane und gefundene Merkwürdigkeiten aufbewahrt", und er
hielt als Orte, die dafür in Betracht kommen würden, AVcilbnrg, Idstein odci'
Usingen besonders geeignet. Liest man dies, so wird mau auffallend an Pläne
erinnert, deren Verwirklichung erst unserer Gegenwart vorbehalten blieb.
In demselben Aufsatze machte Luja auch gleich bestimmte Vorschläge iiin-
sichtlich der Person des künftigen Vereinsleiters. Er hatte dazu den lldf-
kammerrat Ilabol in Schierstein ausersehen, der sieh als Freund der Alter-
tumskunde und als Forscher auf diesem Gebiete einen Namen gemacht hatte
und mit Kenntnissen auch Ansehen und Würde verband.') Habel war gern
bereit, sich diesen Bestrebungen zur Verfügung zu stellen''), ohne jedoch den
Luja'schen Plan eines Limes-Vereins zu seinem eigenen zu machen. Ihm
schwebte vielmehr von Anfang an ein Verein mit allgemeineren Zwecken, eine
„Societät der uassauischen Altertumskunde" vor, d. h. eine Gesellschaft zur
Erforschung der Altertümer im ganzen Herzogtum^), und er hat, wie unten
noch bemerkt werden wird, diesen seinen Plan später noch bedeutend erweitert.
Dass eine solche gelehrte Gesellschaft ihre Aufgaben nicht ohne Unterstützung
der Landesbehörden würde erfüllen können, sah er wohl ein ; doch ging er
nicht so weit, von der herzoglichen Regierung eine Geldunterstützung zu er-
warten, sondern hoffte, die erforderlichen Mittel anderweitig aufzubringen. Was
er vom Staate wollte, war zunächst nur im allgemeinen Schutz und Teilnahme
für die zu gründende Gesellschaft und allenfalls ein Lokal zur Unterbringung einer
Altertümer-Sammlung und einer Bibliothek, sowie zur Abhaltung von Sitzungen.
Er wandte sich zu diesem Zweck an den nassauischen Staatsminister v. Marschall,
den er als Freund der Wissenschaften, namentlich auch der Altertumskunde,
kannte und stellte ihm vor, dass der Staat ein lebhaftes Interesse habe, derartige
wissenschaftliche Bestrebungen zu unterstützen, „denn nichts befördert den
Ruhm und das wahre Wohl der Länder mehr als die reellen Wissenschaften.
Die Geschichte ist als das erste Fundament derselben anzusehen, und diese
gründet sich auf die Altertumskunde". Er wies darauf hin, dass in anderen
Ländern schon weit mehr für die Erforschung des Altertums geschehen sei.
dass man aus Nassau sich anderwärts habe hinwenden müssen, um Forschungen
über das Land zu veröffentlichen, dass man aber doch nur unvollkommen über
das Altertum unterrichtet, und dass auch das Wenige, was zum Teil Fremde
geschrieben, vielfach zu Ungunsten Nassaus entstellt sei.') Wie der Minir^ter
*) Siehe die Biograpliie Ualx'ls von Schwurtz, Aimaioii M, 91 tV.
'■) JJericht Lujas vom 24. Januar 1820.
') Habel an den .Minister itarsciiall. lieilage I.
**) llaliel Uli .Minister v. Marschall; 12. IVhni.ir 1S12. l{eilai,'o I.
-- 220 —
sich zu diesen Mitteiluugeu, die zunächst nichts anderes bezweckten, als seinen
Schutz für die geplante Soeietär zu erbitten, verluilteu hat, und ^Yarum länger
als ein lialbes Jahr in dieser Sache nichts erfolgte, vermag ich nicht anzugeben.
Ilabel wird wohl aber die Zeit benutzt haben, um im Lande und in den be-
freundeten, gelehrten Kreisen für seineu Plan Anhänger zu werben. Als er
dann im Herbste 1812 noch keinen amtlichen Bescheid erhalten hatte, richtete
er eine neue Eingabe, diesmal an das Staatsmiuisterium, und nun steckt
er darin der geplanten Societät schon etwas weitere Ziele. Er spricht vou
einer Gesellschaft, „welche Erläuterung, Aufklärung und Berichtigung der alten
und mittleren Geschichte und Altertümer, die vorzüglich das Herzogtum
Nassau betreffen, zum Ziele hat", und erbat dafür den landesherrlichen Schutz,
sowie ein oder zwei Zimmer im Schlosse zu Idstein „zum Behuf der Zusammen-
künfte, der Aufbewahrung von Büchern und Altertümern", wie solche früher
schon einem bekannten Altertumsforscher in Idstein, dem Inspektor Kraus")
eingeräumt worden waren. Von einer Bitte um Gelduuterstützung sah Ilabel
ab, ^da die Freunde, welche durch eine solche Verbindung gemeinnützlich zu
werden wünschen, nicht den Vorwurf der Uubescheidenheit auf sich laden
wollen".'") Nunmehr kam die Sache in Fluss. Habel wurde aufgefordert, die
Statuten der Gesellschaft einzureichen"), und zugleich erhielt die Hofkammer
in Wiesbaden den Auftrag, Erkundigungen einzuziehen, ob geeignete Zimmer
im Idsteiner Schlosse zur Verfügung ständen. Da das nicht der Fall zu sein
schien, so erbot sich Habel, der ein Haus in Idstein besass'-), in diesem für
die Zeit seines Lebens ein Zimmer einzuräumen, falls die Gesellschaft dort
ihren Sitz nehmen sollte. Wollte diese sich aber an keinen bestimmten Ort
binden, vorerst jedoch in Wiesbaden oder einem in der Nähe gelegeneu Orte
sich zusammenfinden, so erklärte er sich bereit, um nur den Fiskus in keiner
Weise zu belästigen, ein möblirtes Zimmer in seinem Hause zu Schierstein,
sowie seine Bibliothek und seine Altertümer-Sammlung zur Verfügung zu
stellen.") Man sieht, welchen Wert er auf das Zustandekommen der Gesell-
schaft legte, für die er gern auch allerlei persönliche Opfer zu bringen bereit war.
Inzwischen hatte er auch die Statuten ausgearbeitet und dem Ministerium
eingereicht.'*) Sie sind bisher unbekannt geblieben, verdienen aber veröffent-
licht zu werden, nicht nur weil sie zeigen, in wie umfassendem Sinne Habel
die nassauische Altertumsgesellschaft geplant hatte, sondern weil auch manche
ihrer Bestimmungen in die Statuten des späteren Vereins übergegangen sind.
Als Zweck der Gesellschaft bezeichnete er die wechselseitige Mitteilung und
Belehrung, sowie die Belebung des lange vernachlässigten Studiums der Alter-
tumskunde und der alten, mittleren und neueren Geschichte, sowie der
') Liier Kraus siclio l^uju, Aiiiuileii I, 123 unil Schwurt/, Aiinalen XI, lüü.
'") Habel an das StaatsiiiiiiiHtoriiiin ; 1. Oktober 1812.
") Erlass an Kabel; 9. (Jktober 1812.
'-) Schwartz in den Aniialcn XI, 99.
'^) Ilabel an die llonviunnior in Wiesbaden; 3. Dezember 1812.
'*) Siehe Beila.<:;e II. Sie sind datiert vom 2. November und wurden cint;orci(;iit am
J4. November 1812.
— 227 -
Geographie „dieser classisclien Gegend", \veitcr die Untersudmng der liier
finsässigcn Völkordcliaffeii, ilirer Staatsverfassimg, Sitten und Ciebräiidie die
Erläuioriiiig dunkler Stellen der griecliisclien und röinisi^iien Sidiriftateller die
Erklärung der Urkunden nnd Autoren der s')äteren Zeit, forncr die Erlialtunf
der noch vorliandenen sowohl beweglichen, als unbewegliclien, und die Ent-
deckung der noch verborgenen Denkmale der alten Deutschen und Wüwwv am
Jiliein, Main und der Lahn, ilire Bewahrung vor Zerstörung und die ötlcntlicjic
Bekanntmachung der vorzüglichsten Gegenstände, , damit auch dadurch der
vaterländische Sinn für das Grosse, Gute und Schöne geweckt und der teutsche
National-Ruhm erhöhet werde". Man sieht, jede Beschränkung auf enge und
begrenzte Zwecke hatte 1 Label fallen gelassen. Was er wollte, war ein Verein,
«lor seine Aufgabe finden sollte in der Erforschung der Yergangenheit des
Jiandes von den ältesten Zeiten bis herab auf die neueren, und zwar in jioli-
tischer, kulturgeschichtlicher, archäologischer und geographischer Beziehung
und weiter in der Pflege der Denkmäler, ihrer JJeschreibung und Veröffent-
lichung, gewiss ein Plan, der seinem Urheber alle Ehre macht. Sicher und
liestimmt hat Ilabel hier zuerst und, wie ich annehmen muss, aus sich allein
diese Ziele festgestellt, die ein nassauischer Altertumsverein sich stecken muss,
und wenn der später im Jahre 1821 begründete und noch jetzt blühende Verein
die Ziele za den seinen gemacht liat, so gebührt dem alten TTofkammerrat das
Verdienst, sie zuerst ausgesprochen zu haben, und zwar zu einer Zeit, in der
andere verständige und von gleichem Eifer erfüllte Leute, wie Luja, ihre Pläne
sehr viel bescheidener und enger gehalten haben. Auch die Motive, die Habel
hatte, als er der neuen Gründung jene Ziele setzte, scheinen mir höchst be-
achtenswert. Li einer Zeit, in der Kapoleous Eiseufaust noch brutal auf ganz
Deutschland lastete, und der Herzog von Nassau, Habels Landesherr, Mitglied
des Pvheiubundes war, sprach dieser greise Altertumsfreund mutig davon, dass
der vaterländische Sinn für das Grosse, Gute und Schöne geweckt, und
der teutsche Nationalruhm erhöht werden solle. Dieses Betonen nationaler
Motive neben ethischen und ästhetischen ist bezeichnend und sollte Habel
nicht vergessen werden. Nicht erst die Begeisterung der Jahre 1813 bis
1815 liess das nationale Moment in den historischeu Wissenschaften zum Durch-
bruch kommen.
Was die Organisation des neuen Vereins anbelangt, so war sie von Habel
zwar etwas schwerfällig und grossartig, aber nicht unpassend und unpraktisch
gedacht. Der Verein sollte aus fünf Arten vou Mitgliedern bestehen, nämlich
Gönnern, unter denen Regenten und andere fürstliche Personen zu verstehen
sind, die der Gesellschaft Ansehen verleihen und Schutz und Forderung ge-
währen sollten, aus Ehrenmitgliedern, die sich diese Auszeichnung durch l»e-
sondere wissenschaftliche Verdienste, auch Sammlung vou Altertümern zu er-
werben hätten, aus arbeitenden oder aktiven Mitgliedern, d. h. thätigon Gelehrten
und Forschern, aus korrespondierenden Mitgliedern ausserhalb Nassaus und
endlich aus achtbaren Korrespondenten, die die Vereinszwecke förderten, ohne
selbst eine gelehrte Thätigkeit auszuüben. Die wichtigste Klasse waren in
diesem Organismus die arbeitenden oder aktiven Mitglieder. Sie sollten die
— '2'2S —
Mitirlicder der übrle:eu Klassen, sowie die beiden Seliretäre des Vereins wählen,
und aus ihnen wurden die beiden Vereinsdirektoreu ernannt, in deren Händen
die Leitung des Vereins lag. Zwei sollten es sein, ein nassauiselier und ein
ausserhalb Nassaus wohnender. Ersferer sollte den Vorsitz in den Versamui-
luno-en haben, letzterer sein Stellvertreter sein, Beitle hatten alle ausgehenden
Schriftstücke zu unterzeichnen, beide handelten gemeinsam ; ohne ihre Zustimmung
durften keine Versanindungen berufen, keiue Mitglieder ernannt werden. Ge-
wiss, uns mutet dieses Duumvirat heute seltsam an ; aber es ist dies doch eine
Einrichtung, die auch in dem späteren Verein bestanden hat. Thatsächlich war
hier neben dem inländischen eine Zeit lang auch ein ausländischer Direktor
vorhanden, ist dessen Wahl im Jahre 1821 auf den Wunsch der uassauischen
Regierung zurückzuführen und als eine Aufmerksamkeit gegen den Ciewählten,
den Geheimrat v. Gerning, anzusehen, so mochte Jlabel wohl von der Auf-
fassung ausgehen, dass es in der Nachbarschaft des damaligen Herzogtums gelehrte
Männer gäbe, die sich auch um die iiassauische Geschichte Verdienste erworben
hätten, und deren Mitwirkung für den Verein um so nützlicher sein musste, als
die Zahl der einheimischen Gelehrten nicht so sehr gross sein konnte. Vielleicht
gedachte er auch, den etwa ausserhalb Nassaus ansässigen Mitgliedern eine
Vertretung im Verein zu verschaffen. Jedenfalls wäre diese Einrichtung eine
äusserst schwerfällige geworden und würde sich auf die Dauer wohl kaum
bewährt haben. J)as Direktorium Gernings in dem Verein von 1821 wurde
schliesslich ein blosses Ehrenamt, das nach dem Tode seines Inhabers auch
nicht wieder besetzt worden ist.
Neben den beiden Direktoren hatte Habel nocli <lie Stelle eines Präsi-
denten vorgesehen, der, falls man eines solchen bedurfte, auf Antrag des ersten
Direktors gewählt und stets ein Mann von Würde und vielumfassender Gelehr-
samkeit sein sollte.
Versammlungen sollten in jedem Jahre zwei, die eine am 20. Mai, die
andere am 20. August, abgehalten und in ihnen selbständige Abhandlungen der
Mitglieder vorgetragen werden. Die aktiven Mitglieder hatten zwar nicht die
satzungsgemässe, aber doch die moralische Verpflichtung, jährlich irgend einen
Gegenstand aus der Gesciiichie zu bearbeiten oder Entdeckungen, die sie
gemacht, der Gesellschaft mitzuteilen; von den übrigen Mitgliedern wurden
Beiträge wenigstens erwartet. Geeignete Vorträge oder Abhandlungen aus dem
Gebiete der nassauischen Geschichte sollten gedruckt werden und der Erlös daraus
der Gesellschaft zuHiessen, die im übrigen ihre Bedürfnisse aus Beiträgen der Mit-
glieder bestreiten würde, worüber die Sekretäre Rechnung zu führen hatten.
In Bezug auf die Bibliothek und die Sammlung der Altertümer erhoffte man
vornehmlich Schenkungen.
Das etwa sind die Grundzüge der von 1 Label entworfenen Statuten. Ohne
Zweifel war sein Vorhab. n ziendich grossartig und anspruchsvoll, die Gesell-
schaft nahm fast den Charakter einer Akademie an. Aber war es zu gross-
artig geplant und darum unduix-hführbary Luja. der diese Statuten niemals ge-
sehen hat, der nur brieflicii oder mündlich davon gehört hatte, urteilte später,
dass Habel die Sache zu gross angefangen habe; sie erregte aus diesem Giundo
— 221) —
soiu Mibsfulleu.'') Nim salieu wir ja, wie klein sie Luja selbst iiuf'any;('ii wollte.
Andere scheinen davon anders gedacht zu haben; wenigstens schreibt llabcd'"),
er habe seine Statuten mehreren gelehrten und aclitungswerten Männern zur
Prüfung vorgelegt, und sie hätten deren Beifall gefunden. Es kommt hinzu,
dass Habe! niclit nur auf die Ueteiligung der Bewoliner des Ilcrzogtunis
Nassau, souLlern auch auf die der Nachbarschaft rcclmote; und nicht ohne (frund,
de:iu gerade von ausserhalb hatte er mehrfache Zusagen erhalten. Vergleicht
man überdies seinen Plan mit der späteren Vereinsgründung, an der Luja nicht
unbeteiligt war, so wird iiiai! finden, dass diese in ihren Zielen und in ihrer
Organisation von jener nicht so sehr verschieden war. Warum sollte sich also,
was 1821 möglich war, nicht auch 1812 liaben ermöglichen lassen? Jedenfalls
nahm der .Minister v, Marschall keinen Anstand, die Ilaberschen Statuten dem
Laudesherru zur Bestätigung vorzulegen und ihre (renehmigung zu beantragen.
Herzog Friedricli Wilhelm von Weilburg verfügte auch ohne weiteres die Aus-
fertigung der Bestätigungsurkunde nach einem ihm vorgelegten Entwurf.'';
Indem I Label die Benachrichtigung von der erfolgten Genehmigung seiner
Statuten erhielt, wurde er aufgefordert, noch einige unwesentliche redaktionelle Än-
derungen vorzunelimen und dann die Unterschriften der die Gesellsciiaft bil-
denden Mitglieder einzuholen.'**) Zu diesem Zweck setzte er sie in Umlauf.
Die Namen derer, an die er sich wandte, sind nicht erhalten; man erfährt nur,
dass er Luja in das Verzeichnis der aktiven Mitglieder aufnahm'''), obwohl er
ihm von den Statuten keine Kenntnis gab, und aus dem Umstände, dass Ger-
ning später eine Reihe von Mitgliedern noch namhaft machen konnte, ist zu
folgern, was a priori schon anzunehmen wäre, dass aucli dieser dabei beteiligt
gewesen ist.
Soweit war das Unternehmen bereits gediehen, als es stecken blieb.
Denn inzwischen war Deutschlands grosse Zeit angebrochen, der Ileldenkampf
gegen den französischen Unterdrücker durchzitterte die Nation, und für eine
Weile mussten alle Friedensinteressen schweigen. Eben aber hatten die deutsclien
Heere auf der Verfolgung des Franzosenkaisers den Rhein passiert, da starb
Christian Friedrich Habel am 20. Februar 1814, und mit ihm wurde der erste
Versuch, einen nassauischen Altertumsverein zu gründen, begraben; — aller-
dings nur sein Versuch, der Gedanke blieb lebendig, und ich behalte mir vor,
demnächst zu berichten, durch wen und in welcher Weise er wieder aufgenommen
w^orden ist.
'^) laijds Bmiclit vom 24. Juiuiiii- 182U.
"■•) llul)ol uu (las iiasstuüscho Htaatsiiiinistfriinu ; '2L November löl2.
") llesülutio Serenissimi vuui 29. 3I;ii'z 1813.
^^) Ei-lass V. Marschalls an Habol, 5. April l«liJ.
'") Habel an Luia, 12. Mai 1813.
15*
230 —
Beilagen.
I.
Ilo/kannn errat Ilahrl an den Staatsnihiister v. Marschall.
Wiesbaden im llindsfuss d. :21. Februar 181:2.
Schon lange nähme mir vor, E. Excellen/ meine unterthänigste persönliche
Klufurcht während meines hiesigen nothwendig gewordenen Aufenthalts zu bezeugen;
allein die Besorgniss, Hochdieselben in dringenden und wichtigen Geschäften zu stören,
und meine körperliche Unpässlichkeit verhinderten mich daran.
E.Excellenz führen das herzoglich nassauische Staatsruder, sindFruund der Wissen-
schaften und gelehrten Bemühungen, nicht allein selbst Gelehrter und Schriftsteller,
sondern auch selbst Forscher, wie Sie bei Aufdeckung von Tumeln gezeigt haben,
erleichtern und befördern auch gerne das Studium derselben.
Die herzoglich nassauischen Länder liegen Ilochdenselben, wie ... zu erachten,
besonders am Herzen, da sie in Hinsicht der gelehrten . . . ausser den Schul-
wissens! haften weniger Kultur fanden, als sie verdienen. Nichts befördert den
Ruhm und das wahre Wohl der Länder mehr, als die reellen Wissenschaften. Die
Geschichte ist als das erste Fundament derselben anzusehen, und diese gründet sich
wieder auf die Alterthumskunde. Die Xachbarn des schönen Herzogthums Xassau be-
arbeiteten dieselbe mit Fleiss und gutem Fortgang, Die Hessen hatten einen Cluver,
Wlnckelmann, Bernhardt, Neuhof, Wenck, die Mainzer einen Reuter, Bahr, Fuchs.
Kindling, ScLunck, Bodmann, die Akademie von ^Mannheim Lamey, Kreraer, der
König von Frankreich Schöpflin in Strassburg, der selbst nach Idstein wegen der
Altertümer reiste, um die von der linken Rheinseite klarer darzustellen, und die Be-
lehrung von Nassauern verlangte; der erste französische Kaiser setzte einen Professor
der Alterthümer nach Mainz, nämlich den Professor Lehne.
Nassau hatte, wenn man Krcmer blos als Geschichtsforscher des mittlem und
ntuern Zeitalters und den Arnoldi, Textor und Hagelgans ausschliesst. wenige Alter-
thumsforscher, da sich Schenck als Insi)| ector] von Rödelheim nur hier niederlicss und
in seinen Denkwürdigkeiten von Wiesbaden ein Geschenk machte. Kraus von Idstein
gab seine mühsamen Untersuchungen vom Limite Romano nach Göttingen an Gattercr,
ins Hanauische Magazin und selbst nebst einer Karte vom Pfahlgraben nach Biberich.
ersuchte mich noch zuletzt der Bearbeitung der vaterländischen Alterthumskunde vor-
zunehmen, da es ihn schmerzte, dass besonders die hessischen Schriftsteller die hiesigen
von den Römer[n] selbst anerkannten Urväter als Bastarde von den Katten angaben,
dass sie alle Grossthaten unserer Stammväter in ihr Gebiet und Land hinrissen, die
wahre Geschichte verunstalteten und über die dunklen Stellen der Classiker noch mehr
Dunkelheit verbreiteten, statt sie zu erhellen. Die Berliner Akademie der Wissen-
schaften hatte Preise auf die beste Beantwortung ausgesetzt, wie weit die Römer in
Deutschland vorgedrungen wären, und keine Abhandlung wurde ganz befriedigend ge-
funden, wobei der Nassauischen Länder in etlichen Abhandlungen kaum gedacht wurde.
Ilclmund, Schenck und Kraus waren nicht ganz von Irrtümer[n] frei geblieben, da
sie sich auch täuschen Hessen. Der Professor Miiiola in Coblenz wiederholte noch-
mals als schwacher Abschreiber, was Schenck und Ritter gesagt, und ich widerlegt
hatte, Hess sein Büchelchen an einem Nassauischen Orte drucken und eignete seine
Compilation einem Nassauischen souveränen Fürsten zu, wurde von dem gemeinen
Haufen günstig aufgenommen. Der grosse Archaeolog Böttiger in Dresden erklärte
Herrn Geheimenrath v, Gerning dasselbe als ein elendes Gewäsch, wünschte, dass
— 231 —
aiciiiu Widerlegung gaii/ abgedruckt würde. Ich iiboiliess diese und eiuige andere
Arbeiten von hiesiger Gegend dem Herrn G. U. v. G|erning], welcher dann verschiedene
in verschiedene Journale und die gemeinnützige liliitter von Frankfurt gab, /,. 15. vom
l''iuss Obriega des l'tolemäus, vom Uebernang des .lulius Caesar /wischen Hiebrich
und Gaste), die Krbauer der er.sten steinernen P.rücke bei Main/, von dem eigent-
lichen Ubierlande.
Durch das hiesige Intelligenzblatt, welches unmittelbar unter ileiii Staatsministeriu
steht, wurde der von vielen schon persönlich geäusserte Wunsch zu einer nassauischen
Alteitunis-llntersuchung öffentlich, und da ich namentlich darzu aufirefordert wurde,
so habe mich für verptlichtet erachtet, so viel meine Kräfte erlauben, zu dem ge-
meinschaftlichen vaterländischen Wunsch das Meinige nach meinen vicljührigen be-
sonderen Pjemühungen beizutragen und den Grund mit zu einer Ehren . . . Societät
der nassauischen Altertumskunde legen zu helfen, welche auf soliden Fundamenten,
und nicht auf Plagiaten und Kompilationen beruhete. Viele merkwürdige Denkmäler
sind noch in den neuesten Zeiten unwiederbringlich verloren worden, allein vieles kann
auch noch gerettet, hervorgezogen, ins Klare gebracht und sowohl von den deutschen,
als den römischen Denkwürdigkeiten gerettet werden.
Ich sehe aber voraus, dass blosse Privathemühungen und Wünsche ohne höhere
Protection wenig oder nichts fruchten, weiss, dass ohne einen Mäccn die Wissen-
schaften verwaist dastehen, weil [sie] nicht immer einen autfallenden klaren Vortheil
in die Hände lic[fcrnj.
Da nun E, Excellenz selbst Gelehrter sind, die Wissenschaften gerne und [mit]
Freude unterstützen, Hochdenenselben nichts ange[neh]mers sein kann, als dass dieses
vorzüglich im Ilerzogthum Nassau (welches zu Zeiten der ersten R(")mer alle andern
Deutschen an Kenntni.ssen und Kultur übertraf, die schon feste Wohnsitze und Oppida
hatten und einige [Künste] ausübten) bewirket werde, weil E. Excellenz um dessen
Flor so eifrig besorgt sind, so habe für mich und für diejenigen, welche am Obriega-
und RheinHuss wohnen und thätigen Antheil an einer solchen nassauischen oder jtatrio-
tischen Societät zu nehmen Willens sind, E. Excellenz um Theilnahme und Ilochdcro
alles vermögenden Patrocinium unterthänig bitten wollen, indem nach meinem Wunsch.
bei auf alle Geldunterstützungen gerne Verzicht geleistet wird und zur
Bestreitung der nothwendigen Kosten andere Fonds ausgemittelt werden können.
Da sicli die jetzige Geschichte wieder an die älteste römische Geschichte an-
kettet, das Mainzer Gouvernement sogar die Altertümer, die l)ei öffentlichen Arbeiten
gefunden werden, als Staatseigenthum erkläret inul sammelt, zugleich von Privat-
personen acquiriert, da eine in dem Ilerzogthum Nassau mediatisierte Fürstin in ihrem
eigenthümlichen Bezirk das nämliche, und zwar mit grossen Kosten that, die Ge-
lehrten dasiger Gegend, wie ich noch vor wenigen Tagen ohnvernuithet geschrieben
bekam, mit hiesiger Gegend verbunden und in eins zusammengebracht zu werden
wünschen, so wird es E. Excellenz auf der recliten und linken Piheinseite zur Ehre
gereichen, wenn Floclidieselben als gütiger Patron und ^Nlaecen die nassauische Alter-
thumskunde in Ihren Schutz zu nehmen geruhen und dadurch den Naclibarn von allen
Seiten (iffentlich zeigen wollten, dass das Ilerzoütlium Nassau mehr als mehrere be-
nachbarte Lande zugleich an alten Merkwürdigkeiten aufweisen und die Klassiker
erhellen kfhnite. Ohne Hoffnung hierzu würde es Frevel sein, an eine Societät zu
denken oder die ersten Grundlagen dar/u vor.schlagen zu wollen, indem keine Privat-
gesellschaft ohne höchste Genehmigung und besonderen Schuf/ bi'sfehen kann.
Vaterlandsliebe und Interesse dafür leitete meine bisherige Bemühungen selbst mit
mancher Aufopferung.
Ich bitte den Wunsch eines alten Mannes und seine Weitläufigkeit nicht übel
zu nehmen, empfehle mich zu gnädigem Wohlwollen und Protection und beharre in
vollkommenster Devolion E. tVeihcrrlichen Excellenz, meines gnä<ligen Herrn Ministers
unterthäniger Diener Christian Friedrich Habel.
Original.
o
232
II.
(J lu 11 dg ese tze
der Alterthuins-Gesellricliaft für das Herzogtlium Nassau und die angräuzeudeu
Länder.
1. Der Zweck dieser Gesellschaft ist: wechselseitige Mittheilung und Ijclehrung,
Ijelebuiiü: des lantje vernachlässigten Studiums der Alterthumskunde sowohl, als der
älteren, mittleren und neueren Geschichte und Geoiiraidiie dieser classischen Gegend,
Untersuchungen über ihre Völkerschaften, deren Staatsverfassungen, Sitten und (ie-
bräuche, Ergänzungen mancher Lücken in vcr.-chicdencn Perioden, Aufhellung dunkler
Stelleu der griechischen und römisclien Schriftsteller, Erklärung der Urkunden und
Autoren späterer Zeit. Erhaltung der noch vorhandenen bewegliclien sowohl als un-
beweglichen und Entdeckung verborgener Denkmale der alten Teutschen und Ilömer
am Khcin. ]\lain und der Lahn ji]),. Bewahrung derselben vor Zerstörung und öffent-
liche Bekanntmachung der vorzüglichsteu Gegenstände, damit auch dadurch der vater-
ländische Siuu für das Grosse, Gute und Schöne geweckt luid der teutsche National-
Kulnn erhöhet Averde.
2. Dieser A'erein umfasst drei Classeu von Mitgliedern in fünf Abtheilungen :
a) Kegenten und andere erlauchte Personen als erhabene Gönner. Beschützer
und Beschützerinnen der Wissenschaften,
b) Ehrenmitglieder, die durch Verdieuste, Kenntnisse und antiquarische
Sammlungen sich auszeichnen.
c) Arbeitende oder active Mitglieder, aus achtungswürdigen Gelehrten be-
stehend, welche besonders in den vorerwähnten Fächern geschrieben haben
oder zu schreiben vermögen,
d) Cor respou dir ende, die Schriftsteller und praktische Gelehrte sind
und in der Ferne wohnen.
e) Achtbare Correspondenten, welche das Wohl der Gesellschaft befördern
können, ohne Gelehrte zu sein.
Alle werden von den stimmberechtigten wirkliclicn Mitgliedern der dritten
Abtlieilung vorgeschlagen und gewählt.
3. Die Gesellschaft ernennt jährlich zu \orstehern zwei aus der arbeitenden
Classe nach Mehrheit der Stimmen erwählte Directoren, einen nussauischen und einen
auswärtigen. Jener hat den Vortrag, und dieser kann im erforderlichen Falle sein
Stellvertreter sein. Nichts Kann ohne ihre Unterschrift entschieden, ausgefertigt oder
in Umlauf gesetzt, auch ohne ihre Zustimmung keine Versammlung gehalten und
kein Mitglied aufgenommen werden.
4. Ebenso wählt die active Classe zwei Secretäre. wovon der eine im Xassau-
ischen und der andere an einem benachbarten Orte nicht ferne vom auswärtigen
Director Avohnt. Unter Anleitung und Mitwirkung der beiden Vorsteher fuhren sie
das Protocoll und die Corres])ondenz. besorgen das Oekonomische und legen alljährlich
Kcchnung ab vom Gesammt-Ei.Ltenthuin der Gesellschaft.
5. Die Directoren und Secretäre bekleiden ihr Amt l)is zur vollständigen Ein-
richtung des Ganzen, wenigstens zwei Jahre lang, auch können sie wohl einmal, aber
nicht zweimal hinter einander aufs neue gewählt werden. Bei Abwesenheit, Krankheit
oder sonstiger N'crhindernng kann jeder in seinen Verrirlitung(;n einen Sui>pleantcn
ernennen.
Im Fall auch diese Gesellschaft eines Präsidenten bedürfte, wird auf Antrag
des ersten Directors ein Mann von Würde und vieluinfassender Gelehrsamkeit aus
dem Herzogthum Nassau nach Mehrheit der Stimmen dazu gewählt.
C^. Der Ilaujitsitz für alle Mitglieder dieser Gesellschaft ist im Xassauischen.
Die ersten Versamndungen kaini man einstweilen halten, wo sich ein schickliches
•>'.>r>
T.ocalo (lu/u Hiidet. Auch kann der erste Uireclur die (iesell^cliat't an einen ainleien
benachbarten Ort zusaniincn berufen, be.sonilors bei vurkoniinenden antii[uarischen
Untersudiuntien in der N;ilie desselben.
7. Die /u>aninicnkiinl'tc sullcu am 2(i. Mai und 20. August stattiinden, und
letztere die Gcneral-Yersainndun;^- sein. l''i('l die Versaniniluni,^ auf eiiu'u Sonntag',
so wird der fol.liondc Tag lUixu bestimmt.
M. .Jedem activcn ^litgliedo soll dabei von selbst (d)liegen, jidirlich irgend einen
Lieblings-Gcgenstand ohne weiteren Khreusold zu bearbeiten, oder gemaclitc Ent-
deckungen der Gesellschaft mitzuthcilcn, sowie auch die andeiii Mitglieder wold et-
was für den gonunnschaftlichen Zweck beizutragen sich beeifern mögtcn.
ü. Niemand soll jedoch verbunden oder gehalten sein zu geben. Selbst-
geschriebene Abhandlungen und sonstige Werke der Mitglieder werden dankbar an-
genommen und in den Verhandlungen bekannt gemacht. Aus dergleichen und andern
freiwilligen Kiirengeschenken sollen dann eine Uibliothek sowohl, als eine Samndung
von Alterthümern gegründet und baare Ikiträgc zu nothwendigen Ausgaben oder zum
Behufe der Gesellschaft nützlich verwendet werden.
10. Was auf solche Weise dieser liberalen und unabhängigen Gesellschaft zu-
fliesst. bleibt ihr als ein Privatcigenthum, worüber nur die active Classe der Mit-
glieder verfügen kann.
11. Was von den Vorträgen dazu geeignet ist, soll gedruckt, und der Ta-lös
zum Nutzen der Gesellschaft verwendet werden, llinschalten könnte'") man dabei
nur. mit neuen Ansichten vermehren oder l)criehtigen : zerstreute Abhandlungen anti-
quarischen und historischen Inhalts über vaterl indische Gegenstände, welche vor-
züglich das Ilerzogthum Nassau mit seinen Umgebungen betretl'en.
12. -Einem-') hohen Beschlüsse des herzoglichen Staatsministeriums zufolge sintl
die vorliegenden Buncte der weiteren höchsten landesväterlichen Genehmigung Seiner
Durchlaucht des Herzogs unterthänigst anheimgestellt, und sie könnten dann mit Vor-
behalt nöthiger Abänderung vorläufig als Statuten der Gesellschaft von den dazu bereit-
willigen activen Mitgliedern hier unterzeichnet werden. .
Schier s t ein, den 2. November 1812.
Christi a n Friedrich Hab e 1.
Abschrift.
-") ,,ilnrf'' hcltist es in den (jenehmujlen Statuten.
-') Der Paragraph sollte in den genehmigten Statuten lauten : ., Vorliegende Punkte werdon
mit aenehmigung Ihrer lierzoglicheii Durcldaiieht und mit; Vorbehalt nöthiger Abiiiideruiiiron
vorläufig als Statuten der Gesellsoliaft von (1(mi dazu beroitwdligen activen .Mitgliedern Ider
unterzeichnet.
Schierstein, .1 2. Nov. 1812, Ciiristian Friclricli llal.el
Uerzogl. Nass. Hofkannnerratli und «TwäldtcM- Hin-ctir."
iluimcii
des
Vereins für Xassaiilsdie Alteitiiiiiskimde
und Geschiclitsforscliiing
an .soino
Mitglieder.
Jahrgano; 1900 1901.
AVieshaden.
VorloL;' von Und. P.rciifMl.l i^c r'<i)ii|>
1 iiol.
Inhalts-Verzeichnis.
Spalt*
Vereinsnaclirichten von (i. Zell er 1—4, :<;> — :)5, G5 — GT. 1^7 0".t
Vorträ:;e 1S99/1'.>0<1:
Alis dem Tagebuch i-iiies nii>-.iiiisrlieu Offiziers von K. KdII» 4 — .")
nie neuesten Ausi^rabtingoii auf <leni rijnuf?eheii Forum von 1". f. olir . . .') — 7
her l'VI<enil<tni zu Linilturg ;i. il. 1.. v.m M. 11 ü Ii 1 1- r 7-11
i'l>er iln^ vonro^äelnclitüflie |!rnuii.i''li v..ii U. IJdilowii.' 11 — 13
Iber Joli.uui Knitl't vun llciln.rn vin 1 1. M •; i n ;( r dus ... 13— IG
l'lier den niittelnlterliclnMi llheinweinlittmlel vun M. 11 o f i'ui a n ii 35 — 37
iJisinfireks Bozieliunü:en zu Xasstui v.m K. •'^ e li a ii s ... 37— :-l8
1000/1901:
Die Presise der Ileoliterniiinze zu Kitville von <r. Zedier lOO — in2
\ .«rriimi^elie Weiro und Dürfer im westlichen Nassau von R. üodewi;^ . . 102 — 104
Das Walten der alten dt^utschen Kaiser in ilen Ilheinlanden von M. lloffinaiin 104 -10t;
V.'rwiiltumj'berieht dos Altertunis-Mu.«eums von K. Ritterlini;- . Iß — l'.t, 38 - 4.'», 107— llit
l'uiido (s. auch den Verwnliungsberiidit des .Vlteituius-Mu.seums):
zu Höchst (Münzfuudi von E. Snchier
zu Brnubaih von R. IJorlewis;
zu Simm«'rn l>ei Khrenbreitstein vun IJ. Ilodewi^
zu H<)ch>t (rr>mi.sehe-i (refiiss) von E. >uc liier
zu Daclisenhausi-n von 11. I'. <• d o wiir
Mi.scellen:
Die .Vnfhebiin? der [.cibei^en.schart in Nassau von < >. .Meiner dus ....
L'ber ein altes Uergwerk bei Naurnd von P. Wag' n er
Der .\aTne Heil (Heyli zu Wiesbaden im IG. .raiirh. Vdii F'. Otto
Zur »iesrhichte des nlmischon "Wie.sbftden \on K l\ it t e r 1 i n l;-
Drftnijsale eines nnssauischen (Geistlichen im 30 jährigen Kriege von I'. Richter
Der Empfang des Fürsten Wilhelm V. von Nassau-« )r;inien zu Heriiorn 1801
von F. Otto
Die Originalhnndsolnifc des Eppsteius( lu-n Lelinluiohes von V. Wa^Mier . .
Die rierufiing des waldeckischen Hofmedicus .1. Tli. Fritze nach Dilleuburg
von F. Otto 70—74
Die Wiesbadener Kurliste von (i. Zedier 74 — 87
NaclitWige zu ,, Goethe in Na.ssau" von F. Otto m7 — 89
Eine Schöuauer Klosterordnung des 14. .lahrh. von (r. Zedier 110-Il'J
lieiträtre zur genealoirischen (Jeschichte des Hauses Nassau [. Elsf, Tochter
des ("Ti-nfen IMiilipii II. von Nassun-Saarbrücken von M. v. r>omarus . . 112 — 118
( luonik:
.Vltertunisveiiin /u H^'rl'orn, Ücriiht von .1. II. Iloft'iiiuuu G2 — G4
Historischfr Vi.'rein zu Dillenl)ury:, Hcriclit v.m f. Dönges . . W- '.U
.Vltertumsverein zu H<i«dvst, ßeri(dit von K Snc liier 118-121
Eine Hallstattniederlassuni: l»ei Neuliäussel nacli Bericht von W. Soldan 91 — 9G
Na-sauiscjie (ieschichtslitreratur de.s dalires 1900. zusammengestellt von ü. Zedier 121 — 128
19-
-21
4G-
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47
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G7-
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-G2
68-
-70
Mitteilungen
des
Vereins für Nassauische Altertumskuiule
und Geschichtsforsehuiig
an seine >X i t g 1 i e cl e i*.
l'K)0 HM)1.
1. April
>(). 1
Vereiiisiiacliricliteii.
(Vom 1. .fiiiiiuir l>is ^1. .Miirz lltOO. l
In den Vorstandssitzuniren tlieseb (^)uartals
lüldeten naturucmiiss die ^lassnahmen, welche
der Vdrstaud aus Anlass der nunmehr ein-
tretenden L'eliertrauun;? der in dem könig-
lichen !Museum untergcdjrachten .Sanunlungen
in den Besitz der Stadt Wiesbaden im [
Interesse des Vereins für zweckmässig und ;
notwendig erachtete , den wesentlichsten i
(legeubtand iler Beratung. Der Vorstand i
iibt'rroichte der königlichen Regierung und '
dem ^Magistrat der Stadt Wiesbaden eine
Denkschrift, in welcher die bisherige Für-
sorge der Staatsregierung für den Verein
und das Altcrtumsnmseum, sowie das Ver-
hältnis des Vereins zu letzterem des Näheren
ilarLrelegt und an beide, Behörden die Bitte
gerichtet wurde, darauf Bedacht zu nehmen,
d;iss auch in Zukunft dem Altertnmsniuseum
sidn Charakter als Landesmuseum bewahrt
bleibe, sowie dass die Selbständigkeit des
Vereins und seine bisherige Mitwirkung bei
der Verwaltung des Museums keine Ein-
schränkung erfahre.
Der Herr Oberbürgermeister, welcher die
Vertreter der am ^luscum beteiliixten Vereine
zu einer vorläutigen Besprechung für den
12. ]\Iärz auf das Rathaus gebeten hatte,
teilte diestMi untur IJezugnahme auf die VAn-
gabe unseres Vereins mit, dass die städtische
Verwaltung zur Zeit nicht daran denke, den
Vereinen ihre bisherige Mitwirkung an der
\'erwaltung di'r Sammlungen abzunehmen
und den Charakter des Museums als eines
Landesinstituts zu ändern. Mit dem Ueber-
gang des Musenii;s an die Stadt wird nach
einer Mitteilung der Kgl. Regieruntr das Recht
der Benutzung des Aversstempels erlöschen.
Die regelmässig alle vierzehn Tage im
Tivoli (am 14. Februar und 31. März im
Museumssaale) wiederkehrenden Vortrau's-
abeudc waren durchweg recht gut besucht.
Es wurden fok'ende Vorträge gehalten:
am 17. Januar von Herrn Major Kolb
über das Tagebuch eines nassauischen
Offiziers, der an den Feldzügen in
Spanien 1808 — 13 teilgenommen hat,
am 31. .Januar von Herrn Professor Dr.
L 0 h r über die neuesten Ausgrabungen
auf dem römischen Forum,
am 14. Februar von Herrn Domkapitular
Dr. Höhler aus Limburg über den
Dom zu Limburg a d. L.. mit Licht-
bildern von Herrn Dr. W i t k o w s k i ,
am 3. März von Herrn Oberlelirer Dr.
Bodewig aus Oberlahnstein über das
vorgeschichtliche Braubach,
am 1.5. März von Herrn Archivrat Dr.
Meinard US über den Schulmeister
und Chronisten Johann Kratft von
Ilerborn und von Herrn Professor Dr.
Ho ff mann über den mittelalterlichen
Rheinweinhandel im Hansagebiet,
am 31. März von Herrn Archivassistent
Dr. Seh aus über Bismarcks Be-
ziehungen zu Nassau.
An den meisten Abenden schlössen sich
an diese Vorträge noch kleinere ^HtteilunL'en.
indem zu verschiedenen Malen Herr Museums-
vorsteher Dr. Ritterling besonders inte-
ressante Gegenstände des Museums erläuterte.
Herr Professor Dr. Hoff m a n n . der lang-
jährige Sekretär des Hansischen fleschichts-
vereins, über diesen und seine wissenschait-
lichen Unternehmungen berichtete. Herr
Professor Otto, einen 'len Empfaui: des
Prinzen von (»ranien l'^oi in Herborn
1
— :}
schilderntlen Brief vorlas und der Vert-ins-
sekretär die der Bildi-rsaniinlunu' des Vereins
besonders von Herrn Kru^t Zais gemachten
Zuwendun;j:en vorzeigte.
In der antliropolojL'ischen Sektion im
Roten Haus sprach :
ara 10. Januar Herr Dr. Schmitt-
henne r über Cramers Geschichte
der Alamannen als Gaugeschichtc,
am 24. Januar Herr E. Schieren-
ber? über die Persönlichkeit und das
Leben des AlaniannenkOnigs Makrian,
am 7. Februar Herr Sanitatsrat Dr.
Florschütz über Schädel messung
mit einer Demonstration des typischen
alemannisch-fränkischen Schädels,
am 21, März Herr E. Schierenberg
über die Säulen aus der Gruft Karls
des Grossen in Aachen und Herr
Sanitätsrat Dr. Florschütz über
die römischen Säulen vom Felsberg
im (Odenwald.
Im Mitirliederbestande traten folgende
Aenderungen ein : es traten aus die Herren
Gymnasialoberlehrer Ileidsieck (Weilbarg),
Architekt Langrod (Wiesbaden'i, Krois-
physikus Dr. med. Lautz (Diezj. Kaufmann
Jos. Cathrein (Nastätten), v. Reinach i Frank-
furt a. M.), Amtsgerichtsrat Weber( Hadamar),
Geh. Regierungsrat von Bertouch (Wies-
baden), der Ausschuss für Volksvorträge in
Königstein und Oberleutnant Obergethmann
(Fulda) ; eintraten die Herren Rechtsanwalt
Dr. jur. Gessert, Justizrat Dr. Brück. Ober-
lehrer Aug. Schedtler, Oberlehrer Schlidt
(Wiesbaden), Kd. Oberfiirster Linck (Wall-
merod), Dr. S^yberth (Höchst a. M.), Vikar
H. Schlosser (Kirdorf i. T.). Die Mitglieder-
zahi beträgt 447.
Der Bibliothek des Vereins gintren von
'den Herren Rud. Hauck ^Frankfurt a. M.),
Prof. F. Kenner (Wieni, E. Zais (München).
Sanitätsrat Dr. Florschütz und Dr. Ritter-
ling (Wiesbaden) sehr dankenswerte Ge-
schenke zu. Fiir weitere wertvolle und um-
fangreiche Bereicherungen unser Bildersamm-
lung sind wir Herrn Ernst Zais (München)
zu Lrrossem Dank vcrpHichtet. Auch die
Herren Polizei rat a. D. Huhn und Dr. Wit-
kowski (Wiesbaden) machten sich um die
BildersammlunL', Herr Postverwalter Benner
(Wallmerod) um das Vereinsarchiv venlient.
Der Tauschverkehr ist durch Hinzutritt
der holländischen heraldischen Gesellschaft.
,,De XederlandsclicLeeuw'", die ihren Sitz im
Haag hat, erweitert worden.
Der diesjähriire .Vnnalenband winl in zwei
Heften ausge'/eben werden. Von diesen ist das
erstere, welches ein Verzeichnis der grössten-
teils aus nassauischen Khistern stammenden
Inkunabeln nassauischer Bibliotheken, näm-
lich tler Landesbibliothek zu Wiesbaden, der
bischöflichen Priesterseminarbibliothek zu
Limburg, der evanirelischenSeniinarbibliothek
zuHerborn. sowie der Gymnasiallnbliotheken
zu Weilburg, Wiesbaden und Hadamar bringen
wird, bereits im Druck und wird demnächst
als Festschrift des Vereins zur Gutenberg-
feier erscheinen.
Bericht Über die im Winter 1899/1900
gehaltenen Vorträge.
(F
ortsetzung.
Herr Major a. D. Kolb:
Aus dem Tagebuch eines nassauischen
Offiziers über seine Teilnahme an dem
Feldzug in Spanien 1808—1813.
Der Vortragende erwähnte einleitend die
wichtigsten neueren Veröüentlichungen über
die Kämpfe joner Jahre auf der iberischen
Halbinsel, die Nachrichten, und zwar ebenso
interessante wie ehrenvolle, über die nassau-
ischen Truppen in Spanien bringen : das
von v. Weech 1S92 unter dem Titel
,, Badische Truppen in Spanien" veröffent-
lichte Kriegstagebuch des weiland badischen
Oberstleutnants Rückert, welcher als Leut-
nant einer badischen Batterie angehörte
und speziell die zwei Geschütze komman-
dierte, welche zwei Jahre hindurch der
mobilen Kolonne des Obersten von Kruse
zugeteilt waren, das 1893 herausgegebene
Tagebuch eines Offiziers der polnischen Di-
vision Stanislaus von Broeckeren, Guil-
larme Bernays' ,, Schicksale des Grossher-
zogthums Frankfurt und seiner Truppen"
1887, welches in den Tagebüchern des
Grossmajors v. Fritsch Material über die
Nassauischen reitenden Jäger enthält, eben-
so wie Les Souvenirs du capitaine Parquin
(1892 erschienen).
Diesen schliosst sich das Tagebuch des
ehemaliijen Nassauischen Obersten Keim an,
der als Leutnant im Herzo,ü;lich nassauischen
zweiten Regiment in ilen Jahren 1808 — 1813
an dem Feldzug in Spanien teilnahm. Keims
Schilderung seiner Erlebnisse ist schlicht '
und einfach, aber höchst anschaulich. Dem
Ilergenhahn'schen Werke iiher d n Anteil
der nassauischcn Truiipen am spanischen \
Kriege hat dies Tagebuch als (Quelle gedient,
teilweise deckt sich die Darstellung sogar
buchstäblich mit den von Keim hinterlassenen
Aufzeichnungen. Das Schweigen llergenhahns
über diese (^)uelle erklärt sich aus der Be-
scheidenheit Keims, der nicht genannt sein
wollte. An der Hand einer selbst ge-
zeichneten Karte gab Herr Major K o 1 b
einen Ueberblick über den durch zahlreiche
Gefechte und Schlachten gekennzeichneten
Weg des zweiten Regiments unter dem
Kommando seines Obersten v. Kruse. Bei
Fuente dueüa wurde Keim im Jahre 1^09
vom Feinde überrascht und infolge der Ueber-
macht nach tapferer Gegenwehr gefangen ge-
nommen Das Tagebuch schildert die Leiden
der Gefangenschaft, die rücksichtslose und
kränkende Behandlung seitens des Feindes,
die schlechte Ernährung, die strenge, jede
Bewegung ausschliessende Haft und die
auch Keim nicht verschonende Seuche des
gelben Fiebers. Im Jahre 1812 gelang es
ihm zu entfliehen und schliesslich zu seinem
Regiment zurückzukehren. Ende 1813 schloss
sich Kruse mit dem 2. Regiment der eng-
lischen Armee an und bewirkte eifrigst die
Zurückberufung der Truppen in die Heimat,
um nicht genötigt zu sein, üCgen seine bis-
herigen Watt'engenossen zu kämpfen. Bei
dem Transport erlitt das Schitf, auf welchem
sich Keim befand, an der holländischen
Küste Schiffbruch. Das Tagebuch, aus
welchem in den Annalen demnächst Weiteres
mitgeteilt werden wird, schliesst mit der
Landung in Holland.
Keim machte 1814 als Hauptmann das
Treffen von Quatrebras und die Schlacht
von Waterloo und 1848 als Oberst und
Kommandeur des 1. Infanterie-Regiments den
Feldzug nach Baden mit. Am l(i, Okt. 1849
schied er aus dem Dienst und am 1. August
1863 ist er zu Wiesbaden gestorben,
Herr Professor Dr. L o h r :
Die neuesten Ausgrabungen auf dem
römischen Forum.
Nachdem die Ausgrabungen auf dem
Forum 1803 unter Leitung Carlo Feas be-
gonnen hatten, wuiden sie seit dem Jahre
L^Tl eucririscher betrieben, bis 1887 ein
Stillstand eintrat. Im November 1898 sind
die Ausgrabungsarbeiten auf Veranlassung
des derzeitigen italienischen Unterrichts-
ministers Baccelli unter der Leitung des
Ingenieurs Boni wieder in grösserem Cm-
fange aufgenommen und haben, wie sicli
erwarten Hess, bereits eine Fiille interessanter
Funde ans Licht gefördert, zugleieh aber
die archäologische Forschung vor die Liisung
manch neuen Problems gestellt.
Der Vortragende unternahm zunächst
an der Hand einer selbstgezeichneten Skizze
einen Orientierunusgang über das antike
Forum. Die jetzigen Ausgrabungen haben
sich in erster Linie auf die Nordseite des
Forums erstreckt, da die Südseite schon
durch die früheren Ausgrabuniren aufgehellt
worden ist. Man hat die mit schwarzen
Basaltsteinen gepflasterte Nordstrasse des
Forums fast in ihrer vollen Breite freige-
legt. Bei der Weiterverfolgung dieser
Strasse nach Westen wurde Mitte Januar
1899 etwa 20 Meter vom Severusbouen
ein beinahe einen Meter unter dem Basalt-
pflaster der Strasse befindlicher, nahezu
quadratischer Platz aufgedeckt, der mit
einer Schwelle aus Travertin eingefas>t
war. Der Raum innerhalb der Travertin-
schwellen ist mit schwarzem Marmor ge-
pflastert. Indem man nun mit diesem
Funde einige bei alten Autoren wie Festus,
Dionys von Harlikarnass, Porphyrio in
seinem Kommentar zu Horaz Episteln vor-
kommende Angaben in Beziehung brachte,
glaubte man damit das Grab des Romulus
gefunden zu haben. .Jenen Quellen zufolire
soll nämlich vor der Rednerbühne ein
schwarzer Stein, auf dem ein bezw. zwei
steinerne Löwen betindlich gewesen seien,
dieses Grab bezeichnet haben. Nun han-
delte es sich aber, abgesehen von tojjo-
graphischen Bedenken, garnicht um einen
schwarzen Stein, sondern um einen mit
schwarzen Steinen gepflasterten Platz.
Ausserdem fand man von den oder dem
Löwen keine Spur, nicht einmal den Platz
für diese Postamente. Muss man deshalb
die von italienischen Archäologen mit
grossem Enthusiasmus vorgenommene Iden-
tifizierung dieses Platzes mit dem Grabe
des Romulus fallen lassen, so hat mau
andererseits noch keine sichere Erklärung
dafür gefunden. I'm dem Problem auf die
r
Spur /.n koinuien, ontsoblos> man sich
schliesslich tiefer zu graben. Da stiess
mau (1.40 Meter) auf eine interessante
Ttruitpe, nämlich auf /wi-i rechteckiijfö
Postamente von Turt^uadern uml daneben
auf einen viereckigen Cippus in Form einer
abi:estumpften P\raniide. Das interessan-
teste an dein Funde war dif auf letzterem
befindliche römische Inschrift in der
I>ustrophedon, die der Wende des 7. /um
♦5. Jahrhundert anzuirehüren scheint und
damit die älteste nimische Inschrift ist.
die bis jetzt aufgefunden worden ist. Der
Text ist freilich nur sehr lückenhaft er-
halten, so dass über den Inhalt im ein-
zelnen nichts .Sicheres feststeht. Man kann
mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass
diese Inschrift sakralen Inhalts gewesen
und dass in ihr dem Kiiniire das Recht
gewährleistet worden ist. auf das Forum
zu fahren. Jedenfalls bietet diese Inschrift
nicht die geringste Veranlassung, die Xie-
buhr-^Iommsen'schen Anschauuniren iiber
die römische Könii-'szeit durch diesen Fund
als widerlegt anzusehen, wie es die Meinung
italienischer Altertüniler gewesen ist. Es
ist fra'_dich. was die Gruppe bedeutet. Bei '
tler Beschreibung, die der deutsche Archäo-
loge Duhn auf der im vorigen September
zu Bremen abgehaltenen Philologenversamm-
lunj; davon gegeben hat, kam dem Vor- ,
traLTcnden der Gedanke, dass es eine Feuer-
stätte gewesen sei. Duhn selbst vermutet
darin ein Heroon. Auch über die sonstigen
Ausgrabungen an der regia, am Vesta-
tcmpel. am Tenipel des Divus Julius, sowie
über die neu entdeckte Inschrift des
Maxentius auf dem Cuniitium berichtete
der Vortra.'ende in eingehender Weise.
Der Vortrag wurde durch eine Reihe von
bildlichen Darstellungen unterstützt. \
Herr Domkapitular Dr. Iliihler: i
Der Felsendom zu Limburg a. d. L, i
Im Sommer 1"?7() sah der Vortrai^ende
beim Besuche einer kirchlichen Kunstaus-
>?tellung in Rom ein überaus schönes Aquarell
des verstorbenen Malers Diefenbach zu
Iladamar. welches den Limbnrger Dom von
der I, ahnbrücke aus gesehen darstellte. Im
Vordergrunde die schimmernden Fluten des
Flus'^es mit dem Spiegelbilde des herrlichen
homs. am Ufer der >teile Felsen, umrahmt
vom frischen Grün der Bäume und hoch
oben das vieltürmige Gotteshaus in mattem
Sonnenlichte, ein Bild so einzig schön, dass
selbst die lebhafte Einbildungskraft des
Südländers es nicht fassen konnte, dass ein
solcher Bau in Wirklichkeit existiere.
Der jetzige Bau ist nicht der erste,
sondern der dritte auf ileni Platze. Die
erste Kirche, die auf dem Felsen, auf
welchem >ich jetzt Burg und Dom erheben,
erbaut wurde, ist die von dem Erzbischof
llatttj voll Trier in der ersten Hälfte des
neunten Jahrhundorts geweihte. Von dieser
sind nur noch ein kleines, in der Südmauer
eingefügtes ruiulbogiges Doppelfenster und
die Deckplatten der niedrigen Steinbank
im südlichen Tt.'ile des Cliorumganixes im
Innern, sowie zwei zu beiden Seiten des
P^ieilhofthores eingemauerte Statuen er-
halten. Schon im folgenden Jahrhundert
musste dieser erste Bau einer grösseren
Stiftskirebe weichen.
Der Gaugraf Konrad Kurzibold erbaute
vor 91!) eine Kirche zu Ehren des hl.
Märtyrers Georgius und grümlete an ihr
ein Kollegiatstift. Dieser Bau wich nach
einem Zeitraum von drei Jahrhunderten
wieder dem jetzigen Dom. Derselbe ist im
Auftrage des Grafen Heinrich von Isenburg
als Herrn von Limburg in der ersten Hälfte
des dreizehnten Jahrhunderts, jedenfalls vor
1235, erbaut worden.
Die Geschichte des Baues ist interessant.
Da das Stift den Chor für seinen Gottes-
dienst notwendig hatte, so Hess man den
alten kleinen Chor der Konradini^chen
Basilika stehen, brach zunäclist nur deren
Schitf ab und begann den Neubau dem
Herkommen entgegen an der Westseite.
Es mag dies in dem letzten Jahrzehnt des
zwölften Jahrhunderts geschehen sein.
Später beirann man dann mit dem neuen
Chor, der mit dem ihm vorgelagerten (Juer-
schiffe den alten tTirmlich umschloss. Dabei
ergab sich die Schwierigkeit, die Ent-
fernung der Vierungspfeiler der neuen
Kirche in deren Länirsachse richtiir al)zu-
messen, weil eben der alte Bau dazwischen
stand, und in der That sind die beiden
i'istlichen Pfeiler um mehr als 1 m weiter
von dem .südlichen abgesteckt worden, als
deren Entfernung von einander betrug. Die
Breite der beiden Seitenteile des Quer-
schittes wurde, ganz dem romanischen Stile
Hl —
ciitsiircchciKl, genau üer Di'L'ite des Chores
an^'epasst, tind erst als alles bis auf die
westlichen Abschlusswiinde der (^Uierschirt'e
vollendet war, der alte Chor abt:eleu't. Jetzt
aber entdeckte num den Fehler. Diese
westlichen Abscblusswände des Transeptcs
konntt'U. wenn sie rechtwinklig aul'getidirt
wiirdi'n, nicht auf die westlichen Vierunirs-
lit'eiler stossen ; um dies zu erreichen,
iniissteu sie schriig, d. h. in einem stumpfen
Winkel zu den südlichen und nördlichen |
Wiinden des <^uerschitfes und der Seiten-
schiffe aufgeinauert werden, was denn auch
geschah. So zei^t denn der Dom die bei
seiner sonstigen so überaus regelmässi^'cn j
romanischen Anlage auffällige Eigentüm-
lichkeit, dass die Vierung kein Quadrat,
sondern ein Rechteck, die SeiteuHüirel des
<v>uerschirt'es aber verschobene Rechtecke
bililen. Aus diesem Grunde musste auch ,
die Vc bindungsmauer, welche bereits be-
gonnen war, mit einem Mauervorsprung
verbreitert werden, um den Anschluss an
das Lanirliaus zu gewinnen. Im- Uebrigen
zeigen sich in dem Langschitt' einfachere
und strengere Formen als im Cborbau, die
dar.'iuf hindeuten, dass Chor und Querschiff
etwas jünireren Datums sind als das Lang-
haus. Zuletzt wurde der nördliche Front-
turm von dem Erbauer ausgeführt. Er
zeigt in seinen oberen Geschossen weit
reichere Details als der südliche. Die
beiden südlichen Seitentürmchen aber wur-
den erst 1863 ausgebaut.
Die ^'anze bauliche AnInge der Kirche
charakterisiert sich als ein vollendetes
Muster des soirenannten L'ebergangsstiles
vom romanischen zum gotischen. Der
Vortragende fcdirte dies im Einzelnen ge-
nauer aus. dabei unterstützt von wohlge-
luugenen Lichtbildern, die Herr Dr. med.
Witkowski zur Darstellung; brachte. Zu
keiner Zeit machen sich Reichtum und
Pracht der ganzen Anlage erirreifender
geltend als des Abends, wenn nur hier und
da noch ein einsames Licht Hackert und
die wenigi-n Mauertiächen in matter l>e-
leuchtung zei.L;t, durchbroclien von dem
Dunkel der vielen Gewölberäume.
Alsdann ging der Vortrag auf die
Schilderung^ der Schicksale des herrlichen
Baues über.
Der Dom hat im Laufe der J-ihrhun-
derte viele Stürme über sich ergeiien lassen
müssen. (jefiihrlicher noch als Kriegs-
horden und die zerstörende Wirkung der
Elemente, wurden ihm die zu Ende des
vorigen Jahrhunderts ohne jedes Kunst-
\erständnis vorgenommenen Restaurations-
arbeiten, die 1840 ihren Höhepunkt da-
durch erreichten, dass die kostbare, frei-
lich defect gewordene Remalunu' im Innern
mit weisser Tünche wie mit einem Leichen-
tuche zugedeckt wurdi'. Xaclidi m -chou
der Bischof Peter Josef Rlinu die gniud-
liche Restauration in Aussicht genomnieQ
und die zwei, bisher fehlenden Türme hatte
ausbauen lassen, erging am Ende der
sechziger Jahre von der preussischen Re-
gierung der Auftrag, das ehrwürdige Denk-
mal deutscher Baukunst, die herrliche Er-
innerung an eine der glorreichsten Zeit-
perioden Deutschlands, wiederherzustellen.
Der Herr Dondcapitular lässt den unbe-
kannten Baumeister, dessen DiM sich je-
doch zur linken Seite des Hauptportals
gegenüber dem Bilde des Stifters betindet,
an jenem Reichstage Friedrich Barbarossas
im Jahre 1184 zu Mainz, wo des deutschen
Reiches Macht und Herrlichkeit in nie ge-
sehenem Glänze zur Entfaltung kam, teil-
nehmen und lässt ihn in dem grossartig
monumentalen Bauwerk des Limburger Domes
mit seinen sieben Türmen das damalige
deutsche Reich mit dem Kaiser und den
ihn umgebenden sechs Fürsten verewigen.
Wohl liege die Symbolik, welche in
den sieben Türmen die sieben Sakramente
der Kirche erblickt, zuerst nahe. Allein
die andere sei gleichfalls nahe. In letzterer
gewinne der hehre Bau für jedes deutsche
Herz, welches sich an der Grösse des
Vaterlandes erwärme und erfreue, eine
ganz neue und wahrhaft ehrwürdige Be-
deutuuLT, die Bedeutung eines begeisternden
Sinnbildes von des deutschen Reiches und
Volkes unvergänglichen Kraft und Herr-
lichkeit.
Zum Schluss erwähnte der Vortragende,
dass CS dem zwanzigsten Jahrhundert vor-
behalten geblit'ben sei. dem Gotteshaus
einen würdigen Zugang zu verschaffen. Es
Hesse sich leicht eine breite schöne Fahr-
strasse aus dem Herzen der Stadt zu ihm
anlegen. Seit schon Jahresfrist seien ein-
leitende Schritte gesdiehen, um diesi's
Projekt auf dem einzii: möglichen Wege,
dem einer Lotterie, zu verwirklichen. Seine
— 11
^Majestät ilcr Kaiser un<l Könii: uiul tUo
Pruvinzial- und Bezirksregioruugen brächten
den liierauf :,'erichteten Bestrebungen das
lebhafteste Interesse entgegen und es sei
zu hurteu, ilass dai schöne Werk gelinge.
Herr (»berlelirer Dr. Bodewig:
Über das vorgeschichtliche Braubach,
Im Braubaciier Walddistrikt Ililberstiel
lieu'en eine Reihe vun Grabhimeln. dir nach
der Form dir darin gefundenen Bronze-
ge',;enstjnde. der Verzierung der Gefässe
durch breite eingestrichene Gurtlinien am
Halse in die jünixere Ilallstatt-Perimle, also
etwa in die Mitte des ersten vorchristlichen
Jaiirtausends gehören. In dt-r Nähe dieses
Begräbnisidatzes erkennt man auch noch
die langgestreckten Ackoriiarzellen des ein-
stiscn Dorfes. Ein zweites Gräberfeld liegt
im Distrikt Xeuweg. Die hier -'cfundenen
Scherben und die Form der Gräber weisen
t-benfalls auf die Ilallstatt-Periode. und zwar
niuss man daraus, dass eine Anzahl Gräber
Steinkammern enthält, also in ihnen Leichen
beigesetzt waren, schliessen, dass das (irab-
leld aus der älteren Ilallstatt-Zeit stammt,
in der man die Sitte der Verbrennung der
Toten nicht kannte, während sie bei der
jüngeren das gewöhnliche ist. Das Dorf,
dessen Bewohner hier gebettet worden sind,
hat also vor dem zuerst genannten bestan-
den ; wir dürfen seine Anla^'C in die Zeit
1000 bis 500 V. ('hr. Geburt setzen. Für
die Zeit um 500 finden wir auch im Thale
an dt.'r Stelle des heuti'-Tn Braubach Spuren
reicher Besiedlung. Beim Bahnbau 1^-60
durchschnitt man 7oo m unterhalb Brau-
bach ein Gräberfeld. Die ilarin gefundenen
geknöitfelten Armringe weisen dasselbe «1er
ersten Hälfte der La Tene-Periode zu. die
in das 5. und 4. vorchristliche Jahrhundert
zu setzen ist. Auch die Gräber am Kerkcrts-
wege gehören dieser Zeit an. Die Gefässe
dieser Periode sind von denen der früheren
scharf unterschieden. Krüge mit hohem,
schlankem Halse in gelber Farbe oder mit
dunkelbraunem glänzendem Ueberzuge, Teller
mit in der Mitte nach oben eingedrücktem
Boden sind für sie charakteristisch. Die
Leichen ruhen in Steinkammern oder sind
einfach in den Saml ;,'ebettet. die Ver-
brennung der Leichen hat aufgehört.
Das wichtigste Gräberfeld liegt an der
Emserstrasse. Hier finden wir in Stein-
kammern statt der Leiche die Aschenurne
nebst verschiedenen Beigaben beigesetzt.
Dies deutet auf eine jüngere Zeit hin, denn
im dritten Jahrhundert vor Christi Geburt
wurde die Leichenverbrennung wieder üblich
und blieb von da an Jahrhunderte lang im
Gebrauch. Auch die in den Gräbern ge-
fundenen Gegenstände gehören der jüngeren
oder der mittleren La Tene-Periode an.
Es kommen auch römische Scherben aus
der frühesten Kaiserzeit vor, woraus her-
vorgeht, dass das Grabfeld bis um den
Anfang des ersten Jahrhunderts n. Chr. Ge-
burt benutzt worden ist. La Tene-Sachen
fand man auch am Fusse des Hügels, auf
dem die !Mar\buru' erbaut ist. Aber auch
sonst um Braubach herum finden wir Gräber
der La Tene-Periode, Daraus ergiebt sich,
dass das ehemalige Dorf, dem die liier Be-
grabenen angehiirten, auf der Stelle des
heutigen Braubach lag. Bei dem Bau der
niMien Post fand man 1,30 m tief Mauer-
reste von 90 cm Stärke mit einer IMenge
La Tene-Scherben vor und auch an anderen
Stellen stossen wir auf massive Gebäude,
die <lie dabei befindlichen Gegenstände in
die La Tine-Zeit weisen. Ohne Zwedfel
ist es der Bergbau gewesen, der eine so
ausgedehnte Ansiedlung an dieser schmalen,
nur wenit: Raum für Ackerbau bietenden
Stelle veranlasst hat. Aus den (Gräbern
an der Emserstrasse sind neben La Tene-
Gefässen auch viele Erzstücke zum Vor-
schein gekommen, und es ist zweifellos,
dass schon vor Christi Geburt die blei- und
silberreichen Abhänge des Taunus Beachtung
gefunden haben. Allem Anschein nach ist es
der Ickerstiel, das Terrain zwischen Emser-
strasse und Kerkertsweg, wo der älteste
Bergbau Braubachs stattfand.
Die Bewohner, die hier so früh eine
rührige Thätigkeit entfaltet haben, sind
Kelten und gehörten sicherlich dem am
anderen Ufer angt^sessencn Stamme der
Trevirer an. Die Anlage der Gräber lUi den
Verkehrswegen zeigt uns die Richtung der
Strassen an. Ein Weg führte demnach durchs
Thal nach der Lahnmündung, wo sich eben-
falls eine keltische Ansiedlung bef.uul. Tun
anderer Weg führte über die Höhe nach
Ems, wo gleichfalls Kelten sich nieder-
jjelas.^cn hatten. Auf die Höhe führen noch
— 1 .{ -
— 14 —
zwei weitere Wege, derm Riolitniii: buh aus
den oben angegebenen Griiberfunden ergibt.
In der römischen Periode l)li('b die Be-
völkerung im ganzen dieselbe. Aber infolge
der fortwährenden Berührung mit den vielen
römischen Standlagern in der Nähe vollzog
sich ein rmschwuiig in Kultur und Sitten.
Die einheimischen Gefässe weichen den besser
geformten römischen. Die meisten römischen
Funde werden nicht im Thale, sondern auf
der Höhe gemacht. lutolge des sich lebhaft
entwickelnden Verkehrs nach den römischen
Kastellen Eins und ^larienfels wurde <ler
anbaufähige Boden auf der Höhe bearbeitet
und neben den Ackerfeldern entstanden
überall Bauernhäuser. Die Körner haben
die llöhenwege so, wie sie dieselben \or-
fauden, benutzt, dagegen haben sie im Thale
die Strasse in einen festeren Zustand zu
I)ringen gesuclit. Aus den römischen Münz-
funden geht hervor, dass der Verkehr auch
nach dem Aufhören der Römeriierrschaft
auf dem rechten Rheinufer mit dem links-
rheinischen römischen Ufer fortdauerte.
Auch die Franken der Merowingerzeit
begegnen uns auf dem Boden Braubachs.
Beim ßahnbau wurde der fränkische Toten-
hof durchschnitten. Die erste geschriebene
Urkunde, die Aufschluss über das Vor-
handensein einer menschlichen Ansiedlung
an dieser uralten Kulturstätte giebt, stammt
erst aus dem Jahre 88(5. An der Hand
der geraachten Funde können wir die Ge- |
schichte Braubachs dagegen über ein und
ein halbes Jahrtausend weiter zurück ver-
folgen.
Herr Archivrat Dr. Meinard us:
Mitteilungen über Johann Krafft, den
Schulmeister und Chronisten von Herborn.
Ueber Leben und Schriften Kratffs hat
S t e u b i n g in seiner Topographie von Her-
born schon allerlei zusammengestellt. Die
Kr. sind eine alte angesehene Herborner
Familie und lassen sich bis ins 16. Jahr-
hundert zurück verfolgen. Kratft war ge-
boren zu Herborn 165(), nicht 1658, wie
Steubing sagt, vielleicht als der Sohn
eines Schlossermeisters, und genoss, nachdem
er zunächst die Herborner Stadtschule be-
sucht hatte, den Unterricht auf dem dortigen
Pädagogium, eine unserem heutigen Gym-
nasium gleich zu stellende Anstalt. Kaum
fünfzehn Jahre alt, trieb es ihn hinaus in
die Welt. Ohne Vorwissen seiner Eltern
machte er sich mit einem Jugendfreunde
aut üb.-r ^larlmrg nach Kassel. Hier ging
das Reisegeld aus und damit seinem Ge-
fährten zugleich die Wanderlust. Dieser
kehrte nach Herborn zurück, während Kratft
selbst sich über Giessen nach Frankfurt
und von da nach Süddeutschland wandte.
In Heidelberg gtdang es ihm, eine Schreiber-
stelle zu erhalten, in welcher er etwa zwei
Jahre hindurch verblieb. Alsdann (1673)
trat er in ein kurptälzisches Freikorps,
welches gegen die Franzosen kämpfen s(jllte.
geriet jedoch in Gefangenschaft und sollte
erschossen werden. Sein gewecktes Wesen
getiel aber dem kommandierenden feindlichen
Offizier so, dass er ilm rettete und als
Diener bei sich anstellte. Nur kurze Zeit
hielt es Kratft in dieser Stellung aus, nach
sieben Wochen ergrilf er wieder den Wander-
stab und lernte im Gasthaus zum schwarzen
Adler in Heilbronn zwei Studenten kennen,
mit denen er mehrere Monate lang das
lustige Leben eines fahrenden Schülers
führte und Süddeutschland, die Schweiz.
Tirol, Bayern, Sachsen, dann Xorddeutsch-
land, Dänemark und Holland durchstreifte.
Von den Streichen dieses kecken Trifoliums
gab der Vortragende nach Kratft's eigenen
Aufzeichnungen einige zum Besten. Auf der
Rückkehr wurde er mit seinen Genossen
zu Vechta zum zweiten Male als Soldat
angeworben. Als solcher ward er mehr-
mals verwundet. Endlich nach dem Frieden
zu Ximwegen kehrte er 1679 nach den
wechselvollsten Schicksalen in seine Heimat
zurück. Wunderbarerweise bekam dieser
fahrende Ritter sogleich in Sechshelden die
Stelle des Schulmeisters, die er schon im
Jahre darauf mit der zu Haiger vertauschte.
Jetzt heiratete er und wurde endlich sess-
haft. Nur vorübergehend reiste er 1686
in die Pfalz, um für die restaurierte Kirche
zu Haiger zu kollektieren. 1703 musste
er jedoch infolge pietistischer Strömungen
Haiger verlassen. Er erhielt jetzt die Stelle
eines Kantors und Praeceptors in Wetzlar,
bis ihn 1709 seine Vaterstadt Herborn als
ersten Praeceptor an die lateinische Stadt-
schule berief. In dieser Stellung, die eben-
falls die des Kantors in sich schloss. wirkte
er bis 1731. Er starb 1734.
— i:i
— if.
Kiart't ist tili Mann, ilcr niclit nur \iol
v"in (kr Welt ^'oschen und viel orKbt.
suiiilern mit Ver>tanil und Kenntiiisseo aus-
gerüstet, auch u'ut beobachtet hat. Wir
haben verschiedene gedruckte Werke von
ihm, ein Momurabile hodoeiioricum, da> uns
auf J4 Seiten seine Reisen grösstenteils in
Versen schildert, denen er /um Sehluss
austührliehe prosaische Berichte über seine
Krlel)nis?e anfügt, und ein Centifüliuiii Xassa-
i)illenburgioum. welches 1712 in llerborn
ersciiien. In diesem Werke besingt er das
Land und Herrscherhaus von Nassau-Di llen-
burg. seine Schönheiten und Kigentünilich-
keiten, ilie Merkw ürdigkeiten der Städte und
des Westerwaldes, ein eigentümliches Ge-
misch vun allerlei Nachrichten, die jedoch,
soweit sie sich auf die lokalen Verhältnisse
beziehen, seliätzeiiswert sind. Gewidmet ist
das Buch im 2. Teile den Zünften in
llerboni. Die Verse sind die gebräucli-
liehsten seiner Zeit, nämlich .VIexandriner:
ohne höhere dichterische Bedeutung /eigen
diese jioetischeu Versuche doch unbestreit-
bar ein gewisses kleines Talent, Ein drittes
jioctisches Werk von Kratft ist nur hand-
>chriftlich im Stadtarchiv zu Herborn er-
halten, wo es Herr Fabrikant Hoff mann
fand und mit Erlaul)nis des Magistrats von
llerborn in liebenswiirdigster Weise dem
Vortragenden zur Verfügunir stellte. Es
ist eine ..Bronnen- Ehre" von Herboru,
eine Beschreibung des neuen Stadtbrunnens
zu Herborn, der mit allen dem Verfasser
bekannten Brunnen der alten und neuen
Zeit verglichen und besungen wird. Das
interessanteste Werk Krattt"s ist seine hand-
schriftlich hiiiterlassene Chmnik, die, leider
nur unvollständig, im Staatsarchiv zu Wies-
baden aufbewahrt wird. Im Stil der Anna-
listen hat er in dieser die ihm bemerkens-
werten Ereignisse v(jn 1708 bis zu seinem
Tode verzeichnet, ilabei manchmal auf
frühere Zeiten zurückgreifend. Es ergiebt
sich aus Notizen, dass er auch Ereignisse
albT Art aus früheren Jahren seines Lebens
in idinlicher Weise behandelt hat; vielleicht
findet sich dies Manuskript noch einmal
wieder. Er nennt sein Werk einmal ..Chro-
nik"', ein andermal ..Annaleii'". Jedenfalls
soll es keine nassauisehe (Jhronik -ein: er
will die Weltl'egeb<iiheiteii seiner Zeit
schildern, soweit sio ihm bemerkenswert er-
schienen. Alles ist mit grösster (Genauig-
keit Verzeichnet. Aber auch fur ilie Dilleii-
i burgische Geschichte rindet sich \'ieles.
Es sei hier nur darauf hingewiesen, dass
er zum Bcisiiiel alle die Persönlichkeiten.
; mit denen er in seinem Leben m thun ge-
habt hat, soweit sie im ött'entlicheii Leben
, stehen, anfülirt. die Pfarrer. Lehrer.
] Schultheissen. geistlichen Inspektoren, Amt-
männt^r. ^Mitglieder des Fürstenhauses : bei
allen giebt er mit grtisster Sorgfalt iiire
Lebenszeit und sunstige Merkwürdigkeiten an.
Ausserdem tinden sich bei ihm eingehende
Wetternotizen. Nachrichten über Brände,
Kirchen- und Iläuserbauten. Festlichkeiten
der Hohen Schule, Studentenulke, Todesfälle,
Bäubergeschichten , w underbare Ilimmels-
erscheinungen, derbe Schwanke u. dergl.
Liegen ihm auch die grossen politischen
Aktionen fern und ist auch manches abstrus,
das Ganze macht einen originellen Ein-
druck und enthält ebenso wie die Textor'sche
Chronik viele kulturliistirisch wertvolle
Lokalnaciirichten, tür welche wir um so
dankbarer sein müssen, als in dieser Be-
ziehung die (i)uelleii für jene Zeit sehr spär-
lich Hi essen.
(Forisetzung des Cericlils fol^'t.)
Ter>valtuiiiis-Beriilit
des Altertums-Museums.
(Vom 1. Januar bis 31. März l'JOO.j
Erwerbungen.
A. Römische Periode.
Die Fortfülirung der Ausschachtungen
auf dem Gruiid-tücke ,, Grüner Wald'' zu
Wiesbaden (vgl. Mitteilungen 1899. Sp. 115)
lieferte noch eine Reihe weiterer Funde
(15125 bis 15144), namentlich grosse
Scherbenmassen römischer Thongefässe, unter
denen zu nennen sind: Sigillatabruchstückc
mit Stempeln: Bellus |fec(it)| (mit umge-
kehrten L) auf Teller der Forin Drag. 32
(15125), jDojccius f(ecit) auf Tellerbodeii
(15127,1, ,.Nasso" auf Tassenboden (15129).
sowie 2 runde Spielsteine, die aus Thon-
sclierben. der eine aus dem Rande einer
dicken Sigillataschale.zurechtgeschnittensind
(Iu\. 15131 1. Im Uebrigen fand sich <lic
schon im Deccmber gemachte Beobachtuni:,
IS _
(hiiiS diu niiuisclicMi Funde nur auf den \vi'.st-
liclion und siidliclifn I'oilcn der IJaustcIlc,
iiauientliih nach <ler Mauerga^se /u ange-
tiort'en wurden, in den östlichen aber fehlten,
auch jetzt bestätigt.
Tun der im Sonuner If^DO vorgenomnKMien
Ausschaiditung auf llochstätte 22 (vgl. Mit-
teilungen l^'JO. S. 78) wurden nachtriig-
lieli erworben: ein lialbermit scluinem Relief-
schmuck verzierter Sigillatp.napf der Form
Drag. 29 (15123), sowie ein Tässclicnboden
mit d(^m Steniiiol 'M()Htan(i) (15124). Von
Mauritiu.sstra<.-e 5 stammen ein 58 mm langer,
wohl an Lederzeug angebracliter Beschlag
von Uronzc (15145), sowie ausser einer An-
zahl römischer Scherben ein Sigillatatassen-
boden mit dem Stempel OF MOM. Ueber^
die bei den namentlicli an fridiröm' sehen
Scherben ergiebigeren Grundarbeiten Mau-
ritiusstrasse (>. gemachten Funde wird erst
nach deren Abschluss berichtet werden.
An römischen ^Münzen wurden erworben:
ein Kleinerz des Crispus, Revers Lorbeer-
kranz, in dem ^^"'". mit der Umschrift
CAESARVM NOSTRORVM, gef. in Wies-
baden (M.-Inv. 725), sowie ein schlecht er-
haltenes Kleinerz des 4. Jahrh . gef. Wiesb.
beim Neubau der Altkatliol. Kirche in der
Luisenstrasse (M.-Inv. 724).
B. Mittelalter und Neuzeit.
Die Baustelle ,, Grüner Wald"' enthielt
auch aus dem Mittelalter zahlreiche Kultur-
reste, namentlich Scherben von Thongefässen;
erwähnt seien Bruchstücke mehrerer der be-
kannten warzengeschmückten Glasbecher mit
kegelförmig in das Innere getriebenem Boden
(15139), sowie mehrere sehr rohe Töpfe
aus rotem Thon. grau überfärbt (15141 bis
15143) von 16 cm Höhe. Ein eiserner
Armbrustliolzen nebst einem Thonwirtel und
mittelalterlichen Scherben (15147) fand sich
in der Herderstrasse; ein eiserner 13 cm
langer Schlüssel aus dem Mittelalter bei
Wasserleitungsanlagen vor Rhein^-trasse 32
(15146). gcsch. von Herrn Emmel. Ein
id)cr eiuLU Bleikern gegossenes (V) eisernes
Figürchen einer Nixe, gef. beiRambach 1880
(15120), wohl Rest eines Grirt'es (V). wurde
vom naturliistorisclien Vereine dem Museum
überwiesen.
Die Sammlung von Westerwälder Stein-
zeug verdankt Herrn Zais in München
wieder dankenswerte /uwenduniren : drei
grosse Gaitenvasen, eine in Form einer ge-
panzerten männlichen leiste (15113), die
zweite in Form einer sitzenden I{ul!do''''c
(15114), die dritte als Flascheidvühler ge-
bildet (15115); ein hoher einhenkliger Kru-:,
di'ssen Bauch mit dem dreimal uiedcriiolten
Reichsadler und der Jalireszahl 1697 u'e-
schmückr ist (15116), ein Schreibzeug in
Gestalt eines Krokodils von 29 cm Liingi-
(15117). endlich ein blau und braunviolett
bemalter reliefgeschmückter Krug aus grauem
Steinzeug (15118). Eine beim Anfertigen
des Steinzeugs verwendete Form aus rotem
Thon (darstellend ein menschliches Gesicht)
(15119), stammt aus Zorn im l'ntertaunus-
kreis.
Einen Helm der ehemaligen nassauischen
Artillerie (15148) schenktg Herr Dr. med.
Althausse, das Amtsschild eines uassau-
ischen Gerichtsvollziehers (15121) Herr
Polizeirat Höhn.
Besondere Aufmerksamkeit wurde ge-
richtet auf die Vermehrung der Sammlung
nassauischer Münzen und Medaillen, welche
einen Zuwachs von über 100 Stück, darunter
mancher Seltenheiten, zu verzeichnen hat.
und sich wiederholter Zuwendungen nament-
lich seitens der Herren Polizeirat II ö h n
und Rentner Gaab in Wiesbaden, sowie
R. Hauch in Frankfurt a. M. zu erfreuen
hatte. Von einzelneu Stücken seien hier
genannt : Hohlpfennig Adolfs von Nassau-
Holzappel (M.-Inv. 622), abgebildet Isenb.
Tat". IX, No. 259, Medaille Carls von
Nassau- Weilburg auf den Brückenbau über
die Lahn 1772 i^M.-Inv. 663i, abgel). Isenb.
Taf. VII, No. 148, eine Anzahl Medaillen
v(m Willielm IV. und Wilhelm V. von
Nassau-Diez (M.-Inv. 717 — 723). Konven-
tionsthaler des Fürsten Friedrich Wilhelm zu
Nassau aus dem Jahre 181.5 (M.-Inv. 621),
wie Isenb. No. 88, aber Kopf wie No. 85,
eine grosse Anzahl verschiedene '/i-Kreuzer-.
1-Kreuzer-, 3-Kreuzer- und 6-Kreuzerstücke
aus der Zeit von 1810 — 1836, der seltene
Doppelthaler Adolph's v. J. 1844 (M.-Inv.
662), = Isenb. ISO a. Medaillen für den
landwirtschaftlichen Verein (M.-Inv. 632
und 716), = Isenb. 249 b und c. Eine
grössere Anzahl Denkmünzen und Jetons
auf verschiedene .Jui)iläums- und Einweihun^'s-
festlichkeiten in nascauischen Orten, nament-
lich in Wiesbaden. M.-Inv. t;6J — 674)
r.i
<t —
schenkte Herr Pulizeirat H o h n : sehr schön
ausgeführte Präniienmedailleu verschiedener
Gewerbeausstellun^en etc. Herr Rentner
Gaab 'M.-Inv. 706 — 712). Erwähnt sei end-
lich noch eine aut den Bischof K. Klein von
Limburg i. J. 188G geschlagene Denk-
münze (M.-Inv. 705).
Funde.
Beim Umroden eines von der Gross-
gärtuerei Goos u. Koenemaun zu Nieder-
walluf neu gepachteten Ackers im Distrikt
Sauerborn der Gemarkung Niederwalluf
nördlich der Bahn, etwa 200 Schritt west-
lich der Schiersteinergrenze, wurden im
Januar d. J. romische Brandgräber ange-
trotien. Eines derselben enthielt eine grosse
Urne, um welche 3 der gewöhnlichen
Wasserkrüglein standen; andere bestanden
nur aus Krüglein, neben denen die Knochen-
aschc, wohl ursprünglich in kleinen IIolz-
kästchen, lag; auch Hache Teller, sowie
halbkugelige reliefverzierte Xäpfe aus
Sidllata begegneten. Beim Besuche der
Fundstelle zeij,'te sich dieselbe mit Kohle
und Knochenasche, sowie mit Scherben von
zertrümmerten Gefässeu bedeckt. Die Gräber
gehören nach den Formen der Gefässe in
die 2. Hälfte des 2. bez. in das beginnende
'6. Jahrhundert. Seitens der Besitzer ist
die Ueberlassung der für die Zeitbestim-
mung in Betracht kommenden Fundstücke
an das Museum in entgegenkommender
Weise zugesagt. E. Ritterling.
Münzfund. Im Herbst vergangenen
Jahres wurden hier zwei römische Münzen
gefunden. Die eine, über deren Fund-
umstände ich nichts mehr in Erfahrung
bringen konnte, ist eine kleine Silbermünze von
Au-ustus: Avers CAESAR AVGVSTV3,
Kopf n. 1., Revers im Felde 1. u. r. lOV •
TON-, Jupiter ein Scepter 1. und tiuen Blitz
r. haltend, steht n. 1, in einem Tempel mit
sechs Säulen. Cohen- I, b« No. 180.—
Die andere ist eine vorzüglich erhaltene,
schön patinierte Mittelbronze: Avers IMP-
DIVI • F -, Kopf des Augustus (n. r.; und des
Airrippa mit Schiifskronc (n. 1.), Revers
COLNEM-, Krokodil <n. r.), an einen
Palmbaura angekettet, darunter zwei Palmen.
Der Avers zeigt auf dem Kopfe des Augustus
eine bei diesen Münzen häutige Kontremarke
in Form eines vierspeichigen Rädchens.
Cohen* I, 179 Xo. 7. Diese zweite Münze
wurde bei Garteuarbeit auf dem Grundstück
des Herrn Braselmann in geringer Tiefe
gefunden und ist die fünfte gleichartige, die
im Laufe der Jahre bei Höchst zu Tage
1,'efördert wurde. Die übrigen vier ver-
zeichnet Q u i 1 11 n g in seinem Aufsatze ,,Die
in Höchst, Nied und Umgebung gefundenen
antiken Münzen'* (Archiv für Frankfurts Ge-
schichte und Kunst, 3. Folge, Bd. 4, S. 351);
zwei von diesen haben die Kontremarke
IMP(No. 13 u. 14 des Verzeichnisses No. 1).
Alle fünf gehören dem östlich der Hom-
burger Strasse liegenden, etwa 200 m langen
Teile unserer Stadt an, und die Fundstellen
begleiten nördlich bezw. südlich die im
Jahre 1893 von Professor G. Wolff nach-
gewiesene römische Strasse, die von Nied
kommend, bei der hiesigen Steinraühle den
Sulzbach überschritt und in spitzem Winkel
nördlich der jetzigen Chaussee Höchst-Frank-
furt nach W^esten verlief. Es liegt vielleicht
nahe, die Münzen für Grabbeigaben zu
halten, und der Umstand, dass in gleicher
Höhe nördlich der Strasse, aber etwa 100 m
weiter nach Westen, beim Bau der Volks-
schule im Jahre 1884, ein römisches Grab
gefunden wurde, macht es mir wahrschein-
lich. Herr Baurat Hahn in Berlin, der
als Regieruugsbaumeister den Bau leitete,
machte mir^ freundlichst briefliche Mit-
teilung über seinen Befund. Beim Ausheben
der Fundamente fand er einen grossen Erd-
ring von 1 ra Durchmesser, welcher den
Eindruck eines zugeschütteten Brunnens
machte, und bei weiterem Graben 3 m
unterhalb der Fundamentsohle, also 5 m
unter dem Strassenniveau, ein römisches Grab,
das als Beigaben zwei der bekannten kugeligen
Thongefässe (eins in Scherben), ein Thon-
lämpchen mit sog. Thondiamanten, eine
schlecht erhaltene Mittelbronze von Antoninus
Pius und ausser Stücken eines zerbrochenen
Sigillatagefässes nur noch Scherben eines
flachen Trinkgefässes aus Thon enthielt.
Das Gefäss aus Si^illata war mit kunst-
losen, aber nicht unsch<>n wirkenden, er-
habenen Verzierungen (Tiergestalten »lurcli
den Wald springend, darunter LaubgL'winde)
geschmückt. Der vcrstorbeut' Oberst von
Co hausen besichtigte damals auf Benach-
11 —
:-iohtiguiiL: durch Herrn Hahn die Fund-
stelle, bezeichnete die Sij,'illatasclierben als
ivertvuU und nahm den jjrusseren Teil der-
selben für das Museum in Wiesbaden mit.
Die iibri.u'en Fundstücke verblieben Herrn
Hahn, in dessen Besitz sie heute wohl noch
sind. Fine genaue Einmessung der Fundstelle
ist damals von Herrn Hahn vorgenommen und
nach Wiesbaden gesandt worden, wo sie sich
noch bei dem Kartenmaterial des Museums
tind(Mi dürfte,') Sind auch die genannten
Fundstückc für römische Griiber charak-
teristisch, so ist die Möglichkeit immerhin
nicht ausgeschlossen, dass wir hier nicht
ein Grab, sondern einen im Laufe der Zeit
vorschütteten Brunnen vor uns haben, was
ja auch der erste Eindruck des Herrn Hahn
war, und worauf Itesonders auch die grosse
Tiefe der Fundstelle hinweist.
Höchst a. M. E. S u c h i r r.
Miscelleii.
Die Aufhebung" der Leibeigenschaft
in Nassau (1. Januar 1808).
Der neue Geist, welcher seit dem Aus-
bruch der französischen Revolution wie ein
scharfer, schneidender Wind durch die Lande
wehte, wirkte zerstörend auf den morschen
Bau des alten römischen Reiches deutscher
Nation ein. In demselben Jahre, als sich
die Bande lösten, welche die einzelnen Glieder
desselben bisher umschlangen, im Jahre 1806,
schlössen sich 16 deutsche Kleinstaaten zu
dem Rheinbunde zusammen, hingeneigt zu
Frankreich und abhängig von dem neuen
Imperator, vor dem sich deutsche Fürsten
tief demütiLren mussten. So beklagenswert
dies Ereignis gewesen ist, es wäre ein Un-
recht, wenn man nicht anerkennen wollte,
dass es unter den Rheinbundsfürsten einige
gab, welche die neue Zeit zu verstehen und
den Schwingen des neuen Geistes zu folgen
versuchten. Zu ihnen sind Friedrich August
von Nassau-Usingen und Friedrich Wilhelm
von Xassau-Weilburg zu rechnen, die Herr-
scher des neuen Herzogtums Nassau. Ein
^j Eine Bleistiftskizze des ilainaligen Bau-
führers Halin v(»m 18. Dez. is^4 befindet sich
bei den Akten des Konservators. Die Red.
eigenartiges Gebilde, dies Herzogtum in
seini-m ersten Jahrzehnt von 1806 — 1816 1
Eine grosse Anzahl kleiner weltlicher und
geistlicher Staaten und Landesteile mit ver-
schiedenem Rocht und verschiedenen .Sitten
wurde hier zusammengeschweisst und sollte
eine ijemeinsame Verfassung und Verwaltung
erhalten. Das konnte nur langsam und Schritt
vor Schritt geschehen. Es wurde zwar 1806
ein Herzogtum geschaften, aber den Titel
eines souveränen Herzogs nahm nur der Fürst
von Usingen an ; Friedrich Wilhelm von
Weilburg nannte sich immer nur souveräner
Fürst. Also nach wie vor waren die Weil-
burger Beamten eigentlich fürstliche ; nach
wie vor besorgten die Regierungen in Wies-
baden, Weilbur.ir und Ehrenbreitstein —
letztere für die neu erworbenen trierischen
u. a. Landesteile — die innere Verwaltung
ihrer Länder; wirklich herzoglich für das
Ganze wurde das Militär, herzoglich die ge-
meinsame Staatskasse, herzoglich das für
beide Teile zuständige Ministerium; auch die
Gesetze waren gültig für das ganze Herzog-
tum Nassau. Aus den buntscheckigen Ele-
menten dieses Staatengebildes, dessen terri-
torialer Bestand nach den Befreiungskriegen
abermalige Veränderungen erlitt, ein ein-
heitliches Ganze allmählich geschaffen zu
haben, das ist das Verdienst der beiden
Staatsminisler Gagern und Marschall gewesen.
Nach dem Verlaufe des ersten Existenzjahres
des neuen Herzogtums haben sie auf den
Wunsch der beiden Herrscher über ihre
reformierende Thätigkeit in einer sehr inte-
ressanten Denkschrift, welche Menzel im
7. Bande der Nassauischen Geschichte ab-
gedruckt hat, Rechenschaft abgelegt. Wer
sie liest, wird erkennen, dass überall noch
unfertige Zustände herrschten: in Verwaltung
und Justiz sind neue, tüchtige Männer be-
rufen, aber einheitliche Grundsätze, nach
denen sie ihr Amt ausüben sollen, hat man
erst angefangen aufzustellen ; tief darnieder
liegt die Landeskultur und schwer bedrüikt
Gemeinden und Private eine '-'ewaltige
Schuldenlast ; die Finanzen sind überall zer-
rüttet, und schlimmer fast als zuvor'belasten
alte Abgaben verschiedenster Art den Säckel
des Bürgers und Landmanns. Nur an einer
Stelle der Denkschrift wird eine dem neuen
Zeitgeiste dargebrachte radikale Veränderung
angeführt, wo es nämlich heisst : ,. Am Schluss
des vorigen Jahrs wurde von Euren Durch-
— 24
lauchteu tlic Lfibcigcnschaft aufgehubcii. die
dem Xaniöii nach vi>rhasst. bei uns seit
Jahrhunderten schon gelind und nur noch
bei dem Besthaupt in ihrer hässlichen Ge-
stalt zu sehen war".
Eine Reform im Geiste «U'r Neuzeit
konnte nur autdem Grunde ..liberaler Ideen"
ertolgeu. Aut" diesem Gebiete ist Gag«>rn
das treibende Element gewesen : er sau't
selbst in einer VertüLruni.' an das Ober-
apiiellatiousgericht in Die/ aus dem .Jahre
l'^14: .,Als ich aut'lujrte unter ihnen im
besondern zu würken. widmete ich mich
unserm gemeinsamen i^rossen Vaterland, und
war einer der Wortführer und der angeführte
Wortführer für Energie, Freyheit und Ge-
rechtigkeit'', Wenn er auch hiermit iu der
ilim eigenen Sprache seine Thiitigkeit für
Deutschlands Befreiuntr kennzeichnet, so
wissen wir doch ^'ut genug von ihm, wie er
Freiheit und Gerechtigkeit verstand : Gagern
war es. der auf dem Wiener Kungress die
Fürsten an das Versprechen mahnte, das sie
ihren Völkern gegeben : die Einführung land-
ständischer Verfassungen. Von grossem Inte-
resse ist es, dass die oben erwähnte Denk-
schrift auch auf diesen Punkt schon zu
sprechen kommt. Es heisst in dem folgenden
Absätze : ..Was nun die Zukunft und eine
ständische Verfassung betrifft, so beobachten
wir die Komposition unserer Staatsmaschine,
den Geist der Zeit und 'las Beispiel anderer
mächtiger Staaten. Euere Durchlaucliten
werden dann gewiss mit liberalen Ideen und
mit Klugheit folgen''. Bei der Ausführung
der Reformen, die zunächst in den Gesetzen
von 1812, dem Kulturedikt, welches alle
Hindernisse für eine freie Benutzung und
Ausbeutung des landwirtschaftlichen Grund
und Bodens beseitigte, der Aufhebung aller
alten Abgabi;n, der P'.inführung irleicher Staats-
abgaben und der Begründung eines «lirekten
Steuersystems gii)feltcn. trat Marschall Gaireru
fördernd zur Seite und führte sie nach des
letzteren freiwilligen Rücktritt vom nassau-
ischen Staatsdienst (1811) allein weiter.
Beide Fürsten haben die Schritte ihrer
Minister verständnisvoll '-'ebilligt.
Nach allen diesen Ausführunircn könnte
es scheinen, als hätten Vernunft, Einsieht
und praktische Ueberzeugung einzig und
allein die leitenden Männer in Nassau auf
diese reformi(!rentle Thätigkeit hingewiesen.
Dies ist keineswegs der Fall ; hinircdrängt
>ind sie vielmehr \\(jrden auf diesen Weg,
cezwungtMi durch den Trieb der Selbst-
erhaltung und die Rücksicht auf den liberalen
Geist der französischen Staatsverwaltung'.
Am 30. December 1807 legte Gagern
beiden Fürsten die Gründe dar, warum
die Leibeigenschaft im Hei'zogtum abzu-
schaffen sei.') Erstens liabe sie in den
rheinischen Gegenden seit undenkliclien
Jahren das Meiste von ihrer Härte srhon
verloren; zweitens vertrage sich der Name
nicht mehr mit dem Grade der Kultur unter
den Völkern ; drittens rufe sie durch Best-
haupt und andere Prästationen eine Un-
gleichheit unter den Unterthanen hervor.
..Ein Hauptmotiv", so fährt er fort, .,ist
indessen darin (in dem Fdikt. welches die
irenannten drei Gründe enthält und das er
l)eile!4te) nicht erwähnt und konnte es seiner
Natur nach nicht sein. Die Vernünftigen
unter uns kennen unsere Lage, die Analogie
der französischen pjnrichtungen und die
Tendenz des Kaisers und Protektors, nun
auch auf Deutschland anzuwenden, was er
in Frankreich gut trefunden hat. Wenn ich
etwas in Frankreich, an der Weichsel und
im Königreich Westphalen ausgeführt sehe,
so schwebt es schon gewaltsam über unserm
Haupte. Alsdann, besonders wenn die Sache
an sich gut und empfehlenswert ist, wie hier
der Fall eintritt, geht mein Antrag dahin,
nach eigenem Zuschnitt und gleichsam
freiwillig zuvorzukommen. Wenn es in
das Statut fundamental (xler die neue Ver-
fassung (des Rheinbundes) eingewebt würde,
so ist es schon Zwang und Befehl, Die
Untertliancn — da es ohne allen Zweifel
eine Wohlthat ist — verdanken sie einem
andern Herrn, nicht ihrem angestamm-
ten Fürsten. Sie ziclicn daraus Kon-
seijuenzen, Hoffnungen, Ansi)rüchc, die wir
nicht so verstehen. Zur Erinnerung fidire
ich noch an, dass im Badischen unlängst da-
mit vorangegangen ist".
Die Sorge um ihre p]\istenz, um die
Aufrechterhaltung ihrer fürstlichen Würde
und Aut(jrität im eigenen Lande, um ihre
Dynastie hat also wesentlich die nassauisclien
Fürsten auf die Bahn liberaler Reformen
hingeleitet. I'm i\en;n Wohlthaten zu er-
kennen, brauchten nämlich die W^cilburger
') Akte im S^t.-A. zu Wiosbnileii.
ist gedr. im lihein Bund V, Xiö.
Dus Kdikt
•26 —
und L'biiigcr nicht weit zu blicken. Seit 1M06
wart'u die Nassau-Dillcnliurgisohen Lande, [
die alten orauischcn Stammlande, dem Gross-
luTzogtuni Berf,' als Sii-g-Departenient ein-
verleibt worden ; hier rasierte die neue Herr-
schaft wie mit Einem kühnen Schnitte den
pjanzen Wust des alten Staatswesens hinweg:
Leibeigenschaft, Frohnden, Dienste und Ab-
gaben aller Art ; das Lehnswesen : alle bis-
her im Lehnsnexus stehenden Territorial-
st ucke gingen in das freie Eigentum der
ehemaligen Vasallen über; alle Zölle und
Hindernisse des innern Handels und Verkehrs,
eiti Teil der Domänen und säkularisierten
geistlichen (rüter wurde \erkautt; es gab
bald einheitliche Münze und einheitliche
Justiz; kurz alles Veränderungen auf den ver-
schiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens,
die wahrhaft befreiend wirken raussten und
die französische Staatsverwaltung in diesen
ersten Jahren als nur segensreich erscheinen
Hessen.
Man kann sagen : so lauge dieser Druck
währte, ist in Nassau reformiert worden.
Seit 1819 zeigte sich Marschall als einen
der ergebensten und eifrigsten Anhänger des
Metternichschen Systems. Damals schrieb
ihm Gagern seinen bekannten Absagebrief;
der alte Reichsfreiherr hielt fest an seiner
L'eberzeugung und an den Idealen, zu denen
er sich auf Grund der })raktischen Erfahrungen
seines staatsmännischen Lebens emporge-
siiiwungen hatte. Bekanntlich wurde 1807
auch in Preussen die P>bunterthänigkeit auf-
gehoben : lässt sich die Frage beantworten,
ob und inwieweit etwa auch der Freiherr
von Stein, der Freund Gagerns. -mit von
ähnlichen Motiven beeintlusst worden ist,
als dieser V M e i n a r d u s.
und es liat nicht an allerhand Vcrmutungin
gefehlt, die freilich die besonnene Forschung
bisher noch sämtlich abgelehnt hat : die
Stelle ist bis heute unbekannt.
Im V(jrigen Jahrhundert glaubte sie der
nassauische Hotlvammerrat Habel zu Wies-
l)aden bestimmt in der L'mgegend von Xau-
rod (LandkreisWiesbaden) gefunden zu haben.
Dort gab es nämlich am Fusse des Kellers-
kopfes einen Distrikt, der <len Namen ., Römer-
stein'" führte, und darin eine Stelle, die
der Volksmund , .Goldgrube" nannte. Es
ging die Sage, dass in uralten Zeiten liier
ein Bergwerk bestantlen habe. Habe!, di r
bei Gelegenheit einer amtlichen Besieh ti^'unL'
der Gegend, auf die ich später noch zurück-
komme, zuerst davon Kenntnis erhiidt, er-
innerte sich sofort der Erzählung des
Tacitus und sprach es schon in einem bei
jener Besichtigunir am 1!). Nov. 1785 auf-
genommenen Protokoll'; aus, dass hier wohl
das Bergwerk des Rufus zu suchen sei. Seine
Vermutung ist dann auch in die gedruckte
Litteratur übergegangen'), hat ab(T, wie be-
merkt, vor der strengen Forschung, die in
erster Linie Fundstücke sehen will, nicht
Bestand gehabt.
In Nanrod und Umgegend weiss man
aber noch heutigen Tages, wie im vorigen
Jahrhundert, von einem uralten Bergwerk
zu erzählen. Es ist das nicht nur Volks-
sage, sondern es ist wirklich etwas Wahres
daran. i>enn als Unternehmer im Jahre
Über ein altes Bergrwerk bei Naurod.
In seinen Annalen (XL 20) berichtet
uns Tacitus, dass der römische Statthalter
von (^bergermanien, Curtius Rufus, im ager
^Mattiacus Silberminen erschlossen habe ;
leider muss er hinzufügen : unde tenuis fruc-
tus nee in longum fuit. Die Erträw waren
keine glänzenden, und der Betrieb dauerte
nicht lange:
Man hat sich redlich bemüht, jene Stelle
im ager Mattiacus ausrindig zu machen, an
der das römische Bergwerk gelegen war.
17
779
also mehr als ein Jahi'zehnt, bevor
Habel seine Wahrnehmungen machte, im
Distrikt Römerstein auf Erze schürften,
fanden sie einen alten Stollen, den sie nach
seinen Strukturen für ein Werk aus Römer-
zeit hielten. Da sie aber schwerlich in der
Lage gewesen sein werden, römische Arbeit
von nichtröraischer zu unterscheiden, so wird
') Das Protokoll int, wie alle obigen Mit-
teilungen über das Nauroder Bergwerk, in einem
Aktenstück des Staat^arciiiv.s zu \Vie>liaden:
Acta caraeralia. Die dem Gottlieb Haumann zu
Wiesbaden und Geori,' T()hia>< Bauniann zu Idstein
und Cunsorten auf das Kui.fer- und Silber-
Mergwerck zu Xaurotii, Oberanits Wie>,baden, er-
theilte Erbbelehnung. — Fürstenthum l'-iin;,'en,
Herrschaft Wiesbaden, (Jener. XX, 3.
^ F. D.Engels, Ueber den Bergbau der Alten
in den Ländern des Rheins, der Lahn und ib-r
Sieg. Sie:,a'n, ISDS; vgl. auch Dosclireibuni: der
Bergreviere Wiesbaden und Diez. Bonn l>93,
S. i.-.ß.
— 28 —
man. zugleich u'estiitzt auf jene Volksiiber-
lielerung. nur so viel folgern künnen, dass
schon vor Menschengedenken an dieser Stelle
nach Erzen gegraben worden ist. Die Zeit zu
bestimmen, wann «las «Icr Fall war. wbricht
es an jeglicher Nachricht, wohl aber sind
wir über die Vorsuche jeuer oben erwähnten
Unternehmer ziemlich genau unterrichtet,
und es ist gewiss für die Lokalgeschichte, wie
für die Wirtschaftsgeschichte nicht ohne Inte-
resse, einige Mitteilungen darüber zu machen.
Vielleicht durch jene Volkssage von dem
alten Bergwerk, vielleicht auch durch ge-
legentliche Erzfunde bestimmt, trat im Jahre
1771 ein Konsortium oder eine Gewerkschaft
zusammen, ilie sich zur Aufgabe stellte, im
Xauroder Hag (in iler ,.Naurother Ilög'" i am
Fasse des Kellerskopfes auf Metalle und
andere Mineralien zu schürfen. Ks gehorte
da/u ein Bürizer aus dem damals noch
nassauischen Kirchheim -Rolanden namens
rhilipp Gottlieb Raumann, dann der Ober-
schultheiss und Amtsaktuar Andreae aus
dem damals ebenfalls noch nassauischen
Jugenheim, ferner der Rlaufiirber Georg
Tobias Raumann aus Idstein und einige
andere. Wie weit die übrigen Teilnehmer
von Rergwerkssachen etwas verstanden, wissen
wir nicht, tler Rlaufiirber Georg Tobias
glaubte aber bestimmt, darin bewandert zu
sein, weil er auf Kupfer- und Rleibergwerken
in Sachsen und Ungarn ..gereist" sei. Die
Gewerkschaft bewarb sich bei der Hof-
karamer zu Wiesbaden, zu deren Gescliäfts-
kreis die AnirelcLrenheit gehörte, um die
Erlaubnis, im Xauroder Ilug schürfen zu
dürfen, und erhielt auch einen Schurfscheiu
für die Dauer von seclis Monaten, der dann
auf weitere sechs M(jnate verlängert wurde.
Anfänglich schii ii die Sache den Reteiligten
sehr aussichtsvoll ; man stiess zwischen Naurod
und Kloppenheim auf einen alten Kujjfer-
und Silbergang, ,, wobei zu vermuthen". wie
es in einer Eingabe der Gesellschaft heisst,
..dass schon die alten Ri'imer daselbsten
nujgen i^ebauet haben, indem sich noch
würkliche Structuren von den Alten daselbsten
vorfinden". p]s wurde ein Schacht abgesenkt,
wobei im zweiten Lachter die Erze 1 '/2 Schuh
stark, im dritten, vierten und fünften Lachter
aber 4^/2 Schuh mächtige Pocherze. Kupfer
und Silber, zu Tage gefordert wurden. In
grösserer Tiefe v(>rmutete man uoih inä« h-
tigere Erzlager.
So wenigstens berichtete die Gewerk-
schaft an die Hofkammer, als es ihr daraut
ankam, die Zahl der Gewerken zu ver-
mehren, am liebsten die fürstliche Itegie-
rung zur Reteiliguni: an dem Werke zu
gewinnen. Allein diese brachte dem l'nter-
nehmen durchaus kein Vertrauen entgegen,
seit der im Rergfach erfahrene Geheime
Rat Kremer von der Wiesbadener Regierung
nach einer an Ort und Stelle vortrenom-
menen L'ntersuchung berichtet hatte, dass
wenig Hottnung vorhanden sei, einen Gang
zu linden, der sich zum Abbau verlohne.
Das Gestein enthalte nur wenig, und noch
ilazu stark kieshaltige Kupferfunken, der
Silbergehalt sei gering; die Kosten würden
sich, weil das Gestein sehr fest, also viel
gesprengt werden müsste. hoch belaufen,
während der Ertrag nur unbedeutend aus-
fallen könnte. Im übrigen aber, meinte
Kremer sehr menschenfreundlich, solle man
den Inter(\?senten nicht verwehren, das
Rergwerk zu betreiben, da es lediglich ihre
Sache sei, ob sie auf eine ungewisse Ilotf-
nung hin Geld in das Unternehmen stecken
wollten. Die Hofkammer lehnte daher jede
Reteiligung ab. war aber bereit, die Ge-
werkschaft sonst in jeder Reziehung zu
unterstützen. Als diese daher um eine
Erbbelehnung mit dem Rergwerksbetrieb
bei Naurod einkam, erhielt sie diese mittelst
Urkunde vom 3. November 1772. und
damit das ausschliessliche Recht, in einem
bestimmten Rezirk, nämlich von dem bereits
angefangenen Luftschachte bis an die (Ort-
schaften Naurod, Niedernhausen, Auringen,
Hessloch, Linderhof und Rambacli, sowie
bis an die Hiihe nach p]rzen, ausser Gold,
Eisen und Steinkohlen graben zu dürfen.
An der rechtlichen Grundlage für das
Unternehmen fehlte es der Gewerkschaft
somit nicht, um so mehr dagegen an der
materiellen. Sie war viel zu wenig kapital-
kräftig, um den Retrieb in grösserem Um-
fange aufnehmen zu können. Zwar Hess
sie in den ersten Jahren arbeiten, doch
nur mit 4 Mann, die sich dann allmälig
bis auf einen verringerten. Der angelegte
Schacht, in dem man Kupfer- und Silber-
erze gefunden hafte, bekam Wasser und
ersoff; es sollte ein tieferer Stollen angelegt
werden, der das Wasser ableitete. Aber
zu alledem gehörte Geld und immer wieder
Geld, das jedoch die Gewerken rntweder
•_",) -
:!ij —
nicht liatton. orlcr iiiolit inolir hergeben
wollten. Manche von ihnen zogen sich
daher von «lern rnternehmen zurück und
Hessen ihre Anteile fallen: nur der biedere
Blaufürber hielt stand. Da aber auf solche
Weise die Mittel immer geringer wurden,
so hiirte die Arbeit am Bergwerk etwa
seit 1779 ganz auf. Der Versuch, den
1776 der Bergsteiger Conrad ^Müller in
Naurod machte, und den in den folgendiMi
Jahren Georg Tobias Baumann mehrfach
wiederholte, das Werk der fürstlichen
Regierung zum Kauf anzubieten, nur um
etwas von seinem Gelde zu retten, dieser
Versuch scheiterte jedesmal. Die Ilof-
kamnier lehnte es entschieden ab, auf die
Anerbieten sich einzulassen. Im Jahre 1778
sollte ein wohlhabender ,,Particulier'' als
Käufer gewonnen worden sein, aber auch
ihn scheint es nicht gelüstet zu haben,
seine Gelder ohne die geringste Aussicht
auf Gewinn für diesen Zweck zu opfern,
und so hörte der Betrieb ganz auf; man
sah schliesslich die dem Consortium erteilte
Erbbelehnung als verfallen an.
Indessen die Ilotfnung, hier Schätze zu
tinden, wollte doch aus gewissen Köpfen
nicht schwinden. Im Jahre 1782 kam ein
in Idstein lebender Hessen-Darmstädtischer
Kriegsrat Schmidt um eine neue Erbbe-
lehnung für ein anderes, aus Frankfurtern
bestehendes Consortium ein. Statt ihrer
erhielt er nur einen Schurfschein, auf Grund
dessen er 1784 die Arbeiten mit 4 Mann
von neuem aufnahm. Er bat zwei Jahre
darauf nochmals um eine Erbbelehnung,
um dadurch Interessenten zu gewinnen, und
da diese wieder abgelehnt wurde, wenigstens
um Anweisung eines bestimmten Bezirks,
in dem er ausschliesslich seine Schürfungen
vornehmen konnte. Mit der Anweisung
wurde der oben schon genannte Ilofkammer-
rat Habel betraut, der eben bei dieser Ge-
legenheit die Lokalität besichtigte und Er-
hebungen bei den Ortseinwohnern vornahm,
auf Grund deren er dann seine Hypothese
von dem römischen Bergwerk des Rufus
aufstellte. Aber freilich die Hoffnung
Schraidt's, dessen Schurfschein bis 1791
in jedem Jahr erneuert wurde, wollte
sich so wenig verwirklichen, wie die seiner
Vorgänger. Bis zum Jahre 1786 hatte er
schon 1600 Gulden in das Unternehmen
vergeblich hineingesteckt. Ob er und seine
Mitgewcrkcn davon je auch nur liuen
Heller wiedergesehen haben V In den un-
ruhigen Zeiten nach 1791 hat schwer-
lieh jemand den Mut gefunden. Kapital
auf das Bergwerk zu verw.-nden, und so
blieb es als eine verkrachte Gründung liegen,
vermutlich für immer.
Fürwahr, wäre der tenuis fructus das
einzige Kriterium zur Feststellung iler Oert-
lichkeit der Silberminen des Rufu<, so
könnte das Xauroder Bergwerk am Ende
doch den Anspruch erheben, von diesem
Römer herzustammen. Lei<ler verlangen
die Altertumsforscher mehr.
P. W a g n c r.
Der Name Heil (Heyl) zu Wiesbaden
im 16. Jahrhundert.
Bisher wusste man, dass ein Christo-
phorus Heyl aus Wiesbaden medizinische
Bücher geschrieben und zu Leipzig als Pro-
fessor der Medizin um das Jahr 1534 gelebt
hat. Von jenen werden genannt de arti-
Hciali medicatione, Mainz 1534, 4*^ und eine
Uebersetzung von Galen, de cognoseendis
et curantis affectibus.*) Es wird auch nach
der damaligen Sitte der Latinisierung der
Namen Soterius genannt. Nach Ncbes Ver-
mutung''') ist er derselbe, welcher am 14.
März 1525 zu Basel ein Dankschreiben an
Zwingli richtet, in welchem er diesen einen
Studiosus promotor in rebus meis nennt;
worauf sich diese Verdienste Zwingli's er-
streckten, ist nicht angegeben ; auch der
Name Heyl ist nicht fest: er soll Grill
oder Geil Wiesbadensis heissen ; doch ist
er wohl richtiger Heil zu lesen, da er
gleichzeitig an den Arzt Christoph Causer
einen Brief schrieb und Zwingli um dessen
Abgabe bat, wodurch sein Charakter als
Arzt hinlänglich beglaubigt und Nebes .\n-
nahme genugsam gerechtfertiirt wird.
In neuer Zeit sind noch mehrere Glieder
dieser Familie oder wenigstens Personen
gleichen Namens zu Tage getreten. Wir
') Gesneri bibliothoca universalis l.")4.').
Linden, renov. S. 177, Schonck, biblioth. med ,
8. 48.
*) Nobe in dtM-Denksrhrift des tlieoloffi.^clien
Seminars zu Herborn. 1866, S. 6. Der Br.ef
steht in Schuler's u. Schultheiss" Ausgabe
der Werke ZwinL'li'*. VIT, .idl).
— :{l —
— ;v_> —
iioniiiMi /liierst einou lleilnlim, trater laicus
des Klosters Clarenthal, der unter dem
11. Juni 1503, soini'in Todestage, in das
X'-krolo'/ium iles Klosters ein^retrain ii ist.
Freilich bleibt dii^ Annaliini\ dass »t aus
Wie.-baden srainuite. nur Vi-rniutunu:. wird
aber in Verbindung mit den andern Per-
sonen des Namens höchst wahrscheinlich,
/umal da Laienbrüder des KlDSters einem
Orte in dessen Nähe anu'ohörten. Heilnhen
aber ist soviel als .Foliann Heil.
Kin dritter Heil erscheint in den Resten
einer Bürgermeister-Rechnung des Jahres
l.')09 : hier h<'isst der jüngere Bürgermeister
Heyl snider. Nach der nicht viel spater
nachweisbaren Sitte wurde das Lrenannte
Amt dem zuletzt erwählten (Gemeinde-)
Vorgänger oder Vorsteher /u Teil.^) der
dann, wenn die SteUe eines Schürt'en frei
war und ihn die Reihe traf, in «las Kol-
legium der Scliijtfen einrückte. Diese Ver-
trauensstellung setzte ein gewisses Ansehen
in der (Gemeinde und einiges Vermögen
voraus. Das U'tztere erinöglichte es dem
Schneiden- Heil, -meinem Sohne eine wissen-
sehatTliciie .\usbildung zu geben, und so
tinden wir im Sommer des Jahres 1508
einen vierten Heil in der Matrikel der
Universität Leipzig eingetragen : Job. Hayl
Sartoris (= Sohn des Schneiders) de Wis-
pad, otrenbar der Sohn des Bürgermeisters
von 1509,
Endlich glauben wir noch zwei Xamen
der Bürgermeister-Rechnung des Jahres 1524
^ Die beiden jährlich wechselnden Bürger-
lueieter. von denen der ältere aus den Sehütfen,
der andere aus den Vorgängern ijenonimen wurde,
waren die Rechner der 8tiidt.
hierher rechnen zu dürten. Vmaus schicken
wir die Bemerkung, dass der Bui hstabe H
am Anfang eines Wortes vielfach wegfiel
oder auch einem Anfani,'sv(dcale \(irgesetzt
wurde. Als Beispiele führen wir von
nassauischen Ortsnamen an Asmannshausen*).
noch 1608 Hasmannshausen. Aumenau, 1155
Humenowe, Ambach = Hambach im 15. Jahr-
hundert, Eimershausen (Emmershausen) =
Heyniershausen, wie der Name des bekannten
Geschlechts meist lautete. In ähnlicher
Weise konnte Heil zu Eil (Heyl — Eyl) werden
und dieser Xanie tritt uns in der genannten
Bürirermeister-Rechnunir Itei zwei verschie-
denen Persiiuen, wie es scheint, entgegen.
Ein Antzen E\ Iche verschenkte im kleinen
Weinungelt*) 1'/. ohm (fol. 8*) und zahlte,
jetzt Antzen Eyl genannt, 4 Alb. an
das Kloster Clarenthal (Kloster-Thornes"),
fol. 19^'k Ein andrer Eylche ist der Be-
zeichnung nach der Buddel Eylche (fol, IS*"),
von dessen Hans und andern Gütern 12 Alb,
Bede entfielen.
Was für ein Zusammenhang zwischen
diesen Eyl und Heil bestand und ob der
zuerst genannte Christoiihorus Heil auch ein
Sohn des Sniders Heyl war. entzieht sich
unserer Kenntnis, Die Familie scheint frühe
ausgestorben zu sein, da der Xame alsbald
nicht mehr vorkommt. F. (jtto.
*) Vgl. Kell rein unter A^mannshausen und
Aumenau im nassauischen Xameuiiuohe: Andjaeh
findet sieh in demiiiiterverzeichnisderKartliiiuser,
Eyniershausen in Urkunden, z. ß. 1369 bei
Sauer, Cod. Xa.s3. I, 3, Xo. 3308.
^) Ceber das Weinuni^elt s. Annal. XIX, SO.
*') Ceber den Kloster- Thornos s. Annal.
XIX, 87.
Die „Mitteilungen" sind in erster Linie zur Versendung an die Vereinsmit-
glieder bestimmt. Joder Jahrgang (4 Hefte) ist ein selbständiges Ganze mit Titel
und Inhaltsverzeichnis. Sie bilden aber zugleich einen integrierenden Bestandteil der
Annalen. deren Inhaltsverzeichnis auch das der Mitteilunicen aufninmit. ^Anfragen
u. Manuskr. sind an das Vereinssekretariat, Wiesbaden, Friedrichstr. 1', zu schick'^n.)
Von Nichtmitgüedern kann auf die ^^litteilungen'^ beim Vereinssekretariat
abonniert werden (Jahresabonnement 1 M., für ^litglieder der Geschichts- und
Altertumsvereine im Vereinsgebiete 50 Pf.).
Vereinssekretariat: Sprechstunden Montags und Donnerstags nachmittags von .'» — 7 Uhr.
Altertumsmuseum: Im Sommer an Wochentagen, ausser Samstag, von 11 — 1 Uhr und 3 — '> Ulir,
'^oniitags von 10 -1 Uhr unentgeltlich geöffnet.
Im Auftrage «Je» Vorstandes heraungesfehen \nn .ler Uedaktioa^-Ivonimidsioo. Druck von Ruil. I!eclUi)ld A Comf., W'ip-lj:ideii.
Mitteilungen
des
Vereins für Nassaiiiselie Altertuiuskuiule
und Geschichtsforscliuiiii:
an seine >I itglieder*.
11)00/ UH)1.
1. Juli
Mo. 2.
Veroinsiiiichricliteii.
(Vum 1. April Ins 30. Juni 1900.)
Am 14. Mai ist mit dem Muscums-
gebüiide und den anderen in demselben be-
tindlicluMi Samndun,u;en das Museum unseres
Vereins in das Eiü;entum der Stadt Wies-
baden übergegangen. Auf Grund des zwischen
Staat und Stadt geschlossenen Vertrages hat
ersterer alle ihm an den im Museumsgebäude
untergebrachten Sammlungen sowie am
jetzigen INIuseumsgrundstück zustehenden
Rechte an die Stadt abgetreten, ihr dieses
Grundstück sowie die beiden östlich der
Marktstrasse gelegenen justizHskalischen
Grundstücke (das frühere Land- und Amts-
gericht) übereignet und sich verptiichtet, der
Stadt eine fortlaufende Vergütung von jähr-
lich 50 000 M. zu zahlen. Die Stadt hat
dagegen die zweckmässige Verwaltung und
Nutzbarmachung der Sammlungen über-
nommen. Der Bau eines dazu erforderlichen,
von der Stadt mit einem Kostenbetrage von
1 12r> 000 M. herzustellenden Gebäudes muss
spätestens am 1. April 1906 begonnen
werden. Vom Zeitpunkt der vollendeten
Ueberführung der Sammlungen in das neue
Gebäuile erhöht sich der Staatszuschuss ^uf
jährlich 60 000 M. Ausserdem hat auch
der Kommunal-Verband des Regierungsbe-
zirks Wiesbaden der Stadt einen jährlichen
Zuschuss von 10 000 M. auf die Dauer von
dreissig Jahren von gleichem Termin ab
zugesichert.
F]ntscheidend war. wie es in den Er-
läuterungen zu Kap. 122, Tit. 30, desStaats-
haushaltsetats für 1900 1901 heisst, für die
Ueberweisung der Sammlungen an die Stadt
,,die Erwägung, dass die Bethätigung eines
regeren Interesses an den SamniluiigL'ii /u
erwarten sein würde, wenn dieselben einem
lokalen Verbände überlassen würden."
Zweifellos ist dieser Wechsel des Eigen-
tümers für unser Museum sowie für unsern
Verein von grösster Bedeutung. Möge beiden
zugleich mit den anderen am Museum be-
teiligten Sammlungen und Vereinen unter
der Obhut der mächtig emporstrebenden
Hauptstadt des Xassauerlandes eine segens-
reiche Zukunft beschieden sein !
Am 19. April fand auf Veranlassung
des Vereins für Geschichte und Altertums-
kunde zu Frankfurt a. M. eine Versammlung
mehrerer west- und südileutscher historischer
Vereine in Frankfurt statt. Auf dieser Ver-
sammlung, bei welcher unser Verein durch
Herrn Museumsvorsteher Dr. Ritterling
vertreten war, sind jene Vereine zu einem
,, Verband west- und süddeutsc her Vereine für
römisch - germanische Altertumsforschung"
zusammengetreten. Zweck dieses Verbandes
ist die Förderung und Zusammenfassung der
römisch - germanischen Altertumsforschung
und der damit verbundenen jirähistorischen
und fränkiscli-allemanischen Furschung. .\lle
interessierten Vereine sollen zum Beitritt
aufgefordert werden.
Der Tauschverkehr des Vereins wird
künftig durch Austausch unserer Annalen
gegen das Bulletin historii|ue du diocise de
Lyon vermehrt werden.
Das erste Heft des einunddreissigsten
Bandes der Annalen ist als Festschrift zur
(iutenbergfeier erschienen und wini den
Mitgliedern zugUidi mit tlieser Nummer
der Mitteilungen zugehen.
Dem Verein sind folgende Herren als
Mitglieder beigetreten: Assistent am Kgl.
2
— 35 —
— 36 —
Staatsarchiv Dr. von Doraarus, Architekt
P. Eichholz, Professor Dr. Thonui (Wies-
haden). Amtsgericlitsrat Lieber und Bau-
lehrcr Inj^enieur Egon Müller (Idstein i. Aus-
getreten sind die Herren Landrat Schmidt
(Montabaur), Excellcnz von Brandt (Weimar).
Landwirt Grossniann (Kloppenhcim), stud.
geod. Bauer (Pojtpelsdort '}, Baron v. Bistrain
I Wiesbaden). Gestorben sind die Herren
J. Bahr (Fraueusteinj und Amtsgerichtsrat
J, Wissniann (^Wiesbaden). Die Mitglieder-
zahl beträgt augenblicklich 445.
L'nserer Bibliotliek ging das Werk des
Herrn Kgl. Baurats Jacobi über das Kömer-
kastell Saalburg als Geschenk Sr. Majestät
des Kaisers durch die Königl. Regierung.'
zu. Ferner haben wir den Herren Polizeirat
Hohn (Wiesbaden), Dr. A. v. Pre m er-
st e i n I Wien) und dem städtischen historischen
Museum zu Frankfurt a. M. für die Ueber-
senduui; wertvoller Schriften zu danken.
Am 20. .luni unternahm der Verein
einen Austlui: nach Epstein zur Besich-
tigung der dortigen evangelischen Pfarrkirche
uutl der P.urgruine. Die an dem Austiug
beteiligten Wiesbadener Mitglieder hatten
die Freude, dass sich ihnen unterwegs in
Xiedcrnhausen zwei Vereinsmitgliedcr aus
Idstein, die Herren Dekan Dörr und Kechts-
anwalt Hamm acher anschlössen. Die
Herren Lehrer Brumm und Burgwart
Mauer verpflichteten die Besucher an Ort
un<l Stelle durch ilire sachkundige Führung
zu lebhaftem Dank.
Bericht über die im Winter 1899/1900
gehaltenen Vorträge.
(,S(;blu.SS. I
Herr Prof. Dr. Max Hoff mann:
Mitteilungen über den mittelalterlichen
Rheinweinhandel im Hansagebiet.
Dem Bestreben der Rhcinlamle, für ihr
wertvollstes Prijdukt ein weites Absatzgebiet
in nördlicheren Ländern zu finden, kam die
Gninduii'-' des Hansabundos, die sich im
1.3, Jahrhunilert allmählich vollzog, aufs
günstigste entireu'en. Die niederrheinischen
Städte, welche Mitglieder des Bundes wur-
den, namentlich Köln, traten in den See-
verkehr ein. der «lamals in der Hand der
D<'Utschen war. Kulns Wejidiaiidel iiaeh
Eiigl.md, sehon im 12. Jahi hundert dunh
ein Privileg
König
Heinridis
n. bezeugt,
entfaltete sich in grösserem Maasse, als
das ursprünglich den Ki'ilnern allein ge-
hörige Kaufhaus in London sich zum han-
sischen Stalhof erweiterte; zu diesem ge-
hörte auch eine rheinische Weinstube, deren
Name und Abzeichen sich noch bis in
unsere Zeit erhalten hat. Zu Brüi^ge in
Flandern war der grosse europäische Markt,
wo die Kaurieute der Hansa mit denen aus
Frankreich, Spanien. Italien ihre Waren
tauschten: die flandrischen Privilegien der
Hansa von ISTjO enthalten einen eigenen
Abschnitt über den Weinhandel, und die
Verordnung für die Weinschröter von 1392
nennt unter den Weinsorten, die in Brügge
zu ^larkt kamen, neben den besonders für
Feinschmecker bestimmten griechischen Wei-
nen (Malvasier und Rumeney) die franzö-
sischen Weine, zumal aus Poitou, und den
Rheinwein.') Von Brügge führten hansische
Kautleute den Wein nach Livland und Buss-
land; 1406 verordnen die Altermänner der
deutschen Kaufmannschaft zu Brügge auf
Grund der von dort eingeL'angenen Klagen,
dass die Fässer richtige Grösse haben sollen,
bei Strafe von einer Mark Goldes.') Die
Kölner Kaufleute verkehrten aber auch jter-
sönlich im ganzen Hansagebiet; 1399 be-
schwert sich der Rat von Köln beim Hocli-
meister des deutschen Ordens darüber, dass
der Ordenskomthur von Koblenz Weinschank
in Köln betreibe, und bittet zugleich, seine
in Preussen verkehrenden Bürger bei ihrem
alten Recht schützen zu wollen; der Hoch-
meister antwortet, er habe erwartet, dass
man dem Komthur den Weinschank ge-
statten würde: der Rat möge seine Bürger
dazu anhalten, dass sie den Wein in Preussen
nur in Fässern verkaufen, Weinschank sei
ihnen nun auch verboten.^) 1413 schreibt
der Kölner Rat an die hansischen Vögte
in Schonen, sie möchten darauf halten, dass
die dort mit Wein und anderen Waren
verkehrenden Kolner nicht mit neuen Auf-
lagen beschwert würden;^) 1454 ersucht er
den Rat von Ltibeck, die bestehende Vor-
schrift, dass zu Schifte ankommende Weine
in den Ratskeller gebracht werden müssen,
auf die Kölner nicht anzuwenden.*) Im
Lübecker Ratskeller war Rheinwein am
i ') Hiinsisflies Uik.-Buch 5, 83. — ") Eben-
.hi 1-22. — ^) Kljemlu :i7:{. - *) F-'.hembi II04.
, — '^) Eljoiida 8, ;'.2.'j.
-- 37 —
38 -
stärksten vertreten; die aus dem Jahre 1372
erhaltene Abrerhniing orgiebt, dass nielir
als die Ilälttc der Flinnalinie von dem ver-
zai)fton Rheinwein stammte.") Wenn fremde
Fürsten, z. B. der König von Dänemark,
nach Lübeck kamen, wurde Rheinwein unti
Malvasier als Ehrengabe gesandt: den Her-
zögen von ^Mecklenburg überbrachte alljähr-
lich zu Martini ein Abgesandter des Rats,
der sogenannte Martinsmann, ein Fass Rhein-
wein zum Zeichen nachbarlicher Freund-
schaft; zum letzten Mal geschah dies 1^01.
Als zur Zeit des Sinkens der Hansa, 1Ü03,
eine hansische Gesandtschaft nach Moskau
reiste, um beim Zaren die Herstellung der
früheren Privilegien und des Kaufhofs zu
Nowgorod zu erwirken, wurden die Ge-
sandten unterwegs in Wismar, Stettin,
üanzig, Königsberg mit Rheinwein bewill-
kommt, in Moskau mit Ruir.eney, Malvasier,
Alicant und Rheinwein.') So ist in han-
sischer Zeit dem Rheinwein ein grosses
Gebiet erschlossen und zu eigen gemacht
worden; als im 17. Jahrhundert Frank-
reichs EinHuss übermächtig wurde, hat er
es mit dem französischen Wein teilen müssen.
Herr Archivassistent Dr. Seh aus:
Bismarcks Beziehungen zu Nassau.*)
Bismarck hat auf der Universität in
Göttingen Forderungen mit zwei nassauischen
Studenten gehabt und ist als Referendar
im Sommer 1830 zu Wiesbaden Radegast
gewesen. Aber seine näheren Beziehungen
zu Nassau fallen in die Zeit seiner Bundes-
gesandschait in Frankfurt von 1851 — 1859.
Auf Ausflügen und als Jäger kam er öfters
in das Land ; auch den Fürsten Metternich
hat er auf dem Johannisberg besucht. Sein
Verhältnis zum nassauischen Hof und zur
Regierung war persönlich freundlich, wird
aber beherrscht durch den Wettstreit zwischen
Oesterreicli und Preussen um den vorwalten-
den Einfluss. Ueber den Ministerwechsel
1851 52, die Zollvereinskrisis 1852 und
den Kirchenkonflikt 1853 54 sind seine Be-
richte besonders ausfidirlich. In die Zeit
der Annäherung nach der Wiederherstellung
des Zollvereins fallen Bismarcks Beziehungen
zum nassaui.-chrn Altertumsvercin. Das
Schreiben an den Direktor Ebenau mit seinem
Dank für die Verleihung der Ehrenmitglied-
scliaft vom 2. Dez. 1852 wird mitgeteilt.
Die Annexion im Jahre ISdi; war nach
Bismarcks Aeusserungen ndu ihm weniger
gewollt, als durch iiolitische Notwendii:keiten
geboteu. Den Schluss der Beziehungen Bis-
marcks zu Nassau bildet der Empfang iler
Herren vom Wiesbadener Denkmalskomite
am 2ti. April 1890 in Friedrichsruhe. Der
Vortragende bat, die mündlichen und >elirift-
lichen Ueberlieferungen, die über das Ver-
hältnis Bismarcks zu Nassau im Lande ver-
mutlich noch erhalten sind, nicht verloren
gehen zu lassen, sondern bekannt zu machen.
^) Lübecker Urkuiidenbuch 4, 181,
') Hans, (jo.sehichtsbliitter 1888, S. 33 tf., 46.
*) Der Vurtrag ist inzwisuheii unter dem
Titel: , Bismarck und Nad-iau" im Verlag vou
J. F. Bertjmann zu Wieabaden erschioneu.
Verwaltun^s-Bericlit
des Altertums-Museums.
(Vom 1. April bis 30. .Juiu 1900. j
Erwerbungen,
A. Vorrömische Periode.
Ein Steinhammer mit grossem rumlem
Stielloch in der Mitte (Inv. 15240). ge-
funden bei Grenzhausen nahe dem Pfahl-
graben, geschenkt von Herrn E. Zais. Ein
Flachkelt aus Bronze (15261), aus dem
Rhein gebaggert bei Schierstein; ebendaher
ein grosser 1 2 cm langer Angel- (oder Fleisch- V )
haken aus Bronze (15262), ganz ähnlich
den in den Schweizer Pfahlbauten so zahl-
reich auftretenden Haken.
B. Römische Periode.
Die Mehrzahl der Funde aus dieser Zeit
stammt von ilen Baustellen in der Mauritiu'-
strasse. Aus Thon: Ziegelbruchstücke mit
Stempelnder LEG XXI R (15171 , LXXiicv
(15172), wie sie rechtsrheinisch sonst nur
in Flörsheim vorkommen und wahrschein-
lich in die Zeit Nero"s gehören (siehe
Annalen 27, S. 49 f.), ein, wie es scheint,
bisher unbekannter Rundstempel (s. Fig. 1) der
LEGXXll PRPF (15173). Ferner aus äl-
teren Beständen : gefunden am Koeiibrunnen
l>^^9. L- XliTlG (15254) = W.dtf Fig 4 3
LEG XX II PRI PF ( 15257) = Wultl" Fig.ino.
LEG XXII PRI PI in D.lphinform I1525M) =
Woltf lig 12 L endlich ein sehr •schwach
— 39 —
40 —
f\i
Fig. 1 uM. 1 : 2).
lesbarer, wahrscbeinlioh der leg I atliutrix
zuir»''bürigor Steinitel ( lo25ö). Ein uTossi-n-
reils erhaltenes fein ornamentiertes
Becken aus Sigillata (Form Drag. 29) mit
•lem Stempel qF AQVITAN (l^J^^O),
Teile anderer Becken iiluiliolier Form
(15 IS 1 — 15184), darunter eines, welches
im Altertum mit llleiklamnieru an den
Kundern und am Boden irefliokt worden war
(15181); ein tlaches Schäleben mit Barbotine-
schmuck (Koenen XIV, 7), auf dem Boden
ein Kad cingestempelt (151><6(; auf dem
Bauch findet sich die Zahl VI eingeritzt,
dieselbe sehr sorgfältig eingeschnitten auf
der Standfläche des Fusses; man darf viel-
leicht vermuten, dass dieselbe, ähnlich wie
bei manchen Stücken des Ilildesheimer Silber-
fundes. BezuLT hat auf die Anzahl der zu
dem vollständigen Tafel treschirr gehörigen
gleichartigen Gefässe ; denn auch auf an-
deren Füssen von Sigillatagefässen stehen
wohl als Zahlen aufzufassende Zeichen
II. III u. a. m. I-]in gleiches Schälchen
(15187), nur weniger fein und ohne
Stempel. Kine gnjsse tlache Platte aus
feiner Terra nigra (15139), leider nur
etwa zu ^\ erhalten: um den ausgebroche-
nen Stempel läuft ein 4 cm breiter, rauh
gelassener Kranz, in welchen senkrechte
Milien, sowie 4 Kreuze eingeglättet sind.
Durchmesser 35 cm; drei niedrii,'e Schäl-
chen mit verschiedener Verzierung (15191 bis
15193) aus weissem Thon mit stumptfarbigem
Ueberzug (der Form Koenen XII, 18 — 21).
Ein kleines Schmelztiegelchen aus grobem
schwarzem Thon. von 5 cm oberem Durch-
messer und spitzem Boden (15194), vergl,
die im Kastell auf dem Ileidenberg ge-
fundenen, teilweise ganz ähnlichen 1 1 Tiegel
(Annalen V, 2 S. 53, Tat. VIT, Fig. 8 — 14).
Mehrere Spinn('-')wirt('l aus 'schwarzem Thon
(15195), aus Zicgclmasse geschnittene rumle
Amphorcndeckel il519ti. 152r)5). ein Thiir-
gewicht aus grauem Tliou U52f)4) wiegt
etwas über G50 Gramm: ein Lämpchen,
gelbbraun überfärbt, auf dem P>oden den
sehr verwaschenen Stemjiel EVCARPI
(152t)3). Von Ampborenhenkelnmit Stempeln
Sinti zu nennen: QCRi 15174). derselbe
auch in Italien und Südfrankreich (C. J. L.
V 8112, 21, XV 2703). sowie häutig in
Gallien und am Rhein: Q-AN^TRVG- ^^'^''^
= (^. Ant(oni) Rug(ae) (15175), der auch
in. Südfrankreich vorkommt (C.XII 5683, 20);
C • I ■ ALB ( 1 5 176). Unter den massenhaften
Sigillatascherben verdienen diejenigen mit
Töpferstemitid (Inv. 15177) Erwähnung:
Tellerboden OFABITI. Beckenboden Drag.
30 OFACVTJ, Beckenboden Drag. 29
[MiVAL.ALBAN. Tellerboden Drag. 18
[0 FA L B I. nich profilierter halb erhaltener
Teller OFAQVI. Tellerbodensplitter OF
AQVITANI- Beckenbo.len Drag. 29 BAS'
entweder I>as[sus] oder Bas[si], Tellerböden
OF BASSI. OF BASSI. und OE BASSI,
Tellerbodcn GiF CJALVi. iiidit sehr feiner
Beckenboden Drag. 29 COSI RLVFIi, ein
Tellerboden mit feingestricheltem Kranz
um den Stempel OF. CRESTIO: halb-
erhaltener Teller Drag. 18 DÄMON VS'
Tellerbodensplitter FELICIONS und FE|-
LICISMÄN Tässchenboden FELIX SEV,
,irelbli;^hroter Tassenbodeii von altein Typus
OF FIRMO- balber feinprotilierter Teller
OF • L^'BE. derselbeStemiiel nochmals. Teller-
bodensplitter OF LVCCEI, schwerer Tas-
seiiboilen MART. F. später Tellerboden
[M EDDICKI. mehrere Stempel OF MO oder
OF MOD; grosser Tassenboden Drag. 27
OFMOM. rellerbodrnsplitter MOM. Teller-
boden Dra^'. 18 MVRRAN (zweimal),
Tellersplitter QF • MVRRA» Tässchenboden
Drag. 27 [N EQVRES (15267), sehr feiner
Tellerboden NOT VSF, halber Teller derForm
zwischen Drag. 18 u. 31 PATRICI, fein
profilierter Tellerboden OF PRiM, Becken-
boden DraiT. 29 10]F RVFIN, Tellerboden
OFSARRVTb '6i"t;r Tässchenboden OF*
SEV , Tassenbodenstück VICTO ottenbar =
Victo[rinus|, Tellerböden OF VIRIL (2m.al).
Auf der Unterseite eines feinen Tässchens
aus Terra nigra der Stempel lIXOBNIV
= B]xobniu(s), auf der Aussenseite eines relief-
geschmückten Kumpens der späteren Form
in vertieft»-n Buchstaben FIRMVS (15266).
Interessant ist der B(jden t'ines relief-
geschmiickten Beckens aus dem letzten
Diitf»! des 1. .Jahrhunderts, welcher aussen
— 41
4'J -
unter einem tlic OniaintMite niiti'n al)-
schliessendon Laulikranzc in erhabenen
kursiven Buchstaben die Inschrift trägt
amOMIIM = Mcmoris (Inv. 15232); otten-
bar ist dieselbe in die nocl» weiclie Form-
schüssel kursiv einv'eritzt gewesen, niusste
daher auf dem fertigen (lefäss in erhaber.en
Buchstaben und linkslüutig zum Abdruck ge-
langen. Eine Sigillatatasse der Form
Drag. 33, gef. am (rrüncn Wald zu Wies-
baden, hat den Stempel DRAPPVSF (Inv.
ir)2r)3). Aus den Mitt. 1900 Nr. 1 S. 19
erwiihnten Gräbern bei Niederwalluf kamen
als Geschenk der Herren Goos und Koene-
mann ein runder Hacher Napf aus grauem
schwarzüberfärbtem Thon, ein einfarbiges
einhenkliges Krüglein der gewöhnlichen
Form des 2. und 3. Jahrhunderts, Teil
einer Sigillataschale (Drag. 37) mit ne-
pressten Reliefs, sowie andere Gefässscherben
in das Museum (15259. 1 — 6). Aus Bronze:
an Münzen Mittelerz des Divus Augustus.
Cohen 228 (M.-Inv. 726), Grosserz des Cali-
gula, Rs. ADLOCVT COH (M.-Inv. 749),
Mittelerz des Nero. Rs. .Janustempel mit
der Umschrift PAGE PR VBIQ PARTA
lANVM CLVSIT (M.-Inv. 728), desselben
Rs. VICTORIA AVGVSTI (M.-Inv. 727),
Mittelerz des Vespasian, sehr beschädigt,
gefunden Wiesbaden Langgasse 43, Winter
1898 (M.-Inv. 7 30). Grosserz des Trajan,
Rs. [SPQR OPTIMO PRINCIPI unter
einer lagernden Figur mit Rad und Zweig
VIA TRAIANA (M.-Inv. 731), gefunden
bei Biebrich am Rheinufer; Kleinerz des
ClaudiusIlsehrschlechterhalten(M.-Inv.729).
Ferner eine ziemlich unversehrt erhaltene
Pfanne, Durchmesser 17 cm, mit durch ein-
geschlagene Kreise verziertem Gritf. auf diesem
der Stempel C-APP-FVSCI (Inv. 15166),
acht Stück Fibeln verschiedener Form (Inv,
15149 bis 15156), eine Bogenscharniertibel,
aus Schutt,
der i. Jahre
1880 vom
Terrain des
Badhauses
,,zum Adler'*
abgefahren
worden ist
(15252),
bis 15158),
Fig.
Teilt
von
2 (M. l :
Sonden
1).
(15157
Nadeln (15159, 15160), kleines Beschlag
auf Leder (15161) (s. Fig. 2), Scheiben
('15162, 15163). ein gegossenes durchbrochen
gearbeitetes Beschlag (1.". 164) (s. lig. 3).
oben mit drei eisernen Nii-teii, von denen
noch zwei erhalten siml, auf Leder (»der
Holz befestigt. — Aus f^-y
Eisen : Ein leicht ge- (y^ '*^'^ /^
bogenes messerartiges ^'^^
Instrument, 24 cm lang.
mit sehr breitem Rücken
I (1 5167), einstarker Bol-
! zen, 16 cm lang (1 51 1!« .
I sowie Nägel u. s. w. Aus
! Bein : 1 sog. Filetnadel.
I 15 cm lang (15227), '"'f^- ^ '^^ ^■'^^
i mehrere Haarnadeln (15228), ein runder
] Spielstein, auf dessen beiden flachen S(Mten
I Einritzungen (15199). Andere Spielsteine
! (oder Knopfe V) aus Glastluss und Knochen
(15200); zwei Glasperlen, eine schwarz, die
j andere blau mit eingeschmolzenen weissen
Zickzackbändern ('15225). — Aus Stein:
Stücke von Schleifsteinen, sowie zwei wohl
zusammengehörige Teile einer Ilandmühle
^'^^,,^.
;VJ-^^\
■ ife»*^
Fig. 4 (M. 1 : 10).
(s. Fig. 4) aus sehr grobem, mit Kieseln stark
durchsetztem (VilbelerV) Sandstein (15230.
15231). ländlich von Holz mehrere kleinere
Gegenstände, die sich in dem schwarzen
Moorboden wohl erhalten hatten : ein kleines
Röllchen, in seiner Längsachse durchbohrt,
ein Ptlock mit dreieckig zugeschnittenem Kopf,
flache Scheibchen aus Eichenholz (15234).
C. Fränkische Periode.
Urne aus rauhem, grauem riion. mit
ganz senkrechten Wänden, welche mit hori-
zontalen Rillen verziert sind, Höhe 12 cm.
Durchm. 17 cm (15238), gef. iu der Rhein-
strasse 59 bei Grundausschachtun^ren für
ein Hintergebäude. Die Urne i:ehörte zu
einem Skelettgrabe, welches aber ausser den
Knochen nur noch ein eiserne? Messer ent-
halten zu haben scheint. Von einem anderen
dicht dabei gelegenen, bereits zerstörteu
— 43 —
— n —
Gral)e riilircn Tiili" eines zweiten, seiir ähn-
lichen Topfes her.
Bei Weitertührung der Grnmlarbeiten
um die Kirche vnn nberwalluf fanden sich
noch i'inige meist stark verrostete und un-
kenntlich gew ordene Eisenteile aus fränkischen
Griibern. einige Schnallen undGiirtelbeschlage
mit Bron/eknöpfen, sowie Bruchstücke eines
Glasbechers.
D. Mittelalter und Neuzeit.
Verzierte und unverziertc Fussboden-
pliittchen aus gelblichem Thon (etwa 14.
J.ihrh.) (15235. 15236), aus Kiedrich. ge-
schenkt von Maler ilartin in Wiesbaden;
eine Anzahl KrüLre, Kannen und Büchsen
aus Westerwiilder Steinzeug, zum Ti-il reich
verziert (15242 — 15249), geschenkt von j
Herrn Zais in München, ein Frechcner sog.
Bartmiinncheskrug (15268), '^ei. in Kernel,
geschenkt von Herrn Dr. Lehn er. Eine
kleine Backform aus rötlichem Thon (15241)
für Herstellung von Verzierungen auf Stein-
zeug, eine Blume mit zwei Zweigen dar-
stellend, stammt aus dem Hause des Haf-
ners Pfung in der EUenbogen^asse zu Wies-
baden 1875, Geschenk des Herrn Zais.
Eine kleine Goldwaage mit (unvollständig
vorhandenen) Gewichten (15251), nach einer
auf dem Deckel des Kästchens angebrach-
ten Notiz von dem ..churpfäl/ischen Icht-
Machcr Johann Peter Aeckenberg". 1773
hergestellt, Geschenk des Kaufmanns M.
Schüler in Wiesbaden.
Die Sammlung nassauischer Münzen und
Medaillen erfuhr auch in diesen Monaten
wieder manchen Zuwachs : zu nennen sind
52 Stück ^2 Batzen des Grafen Johann
Ludwig von Nassau-Idstein aus den Jahren
151)1 bis 1595 (M.-lnv. 757), 58 Stück
' .' Batzen der Grafen Albert und Ludwig
von Xassau-Weilburg und Saarbrücken aus
den Jahren 1588 bis 1595 (M,-Inv. 758 u.
759). Medaille auf denbeabsichtiL.'ten Besuch
der Eliri'nbreitsteiner Münze tlurch Herzog
Friedrich August = Isenbeck 72 d (M.-Inv.
735), Münzbesuchthaler Herzog Adolph's
von 1863 = Isenbeck 220, Neuprägung mit
dem jetzt unbrauchbar gemachten Original-
stemjiel 'M.-Inv. 760). eine Anzahl ' i. '/i-
1 und 3 Kreuzerstücke des Herzogtums Nassau,
Medaille auf den Sieg bei P^ckernförde = Isen-
beck 240 in gelber Bronze (M.-Inv. 739),
Medaille für die nassauisdien Truppen 1866,
wie Lenbeck 250. aber von nur 14 mm
Durchmesser (M.-Inv. 750). Eine Anzahl
Wiesbadener Medaillen und Erinnerungs-
zeichen: so von dem 25 jährigen Jubiläum
des Bürirerschützen-Corps 1868 (M.-Inv. 751),
vom mittelrheinischen Schützenfest 1863
(M.-Inv. 752), kuiiferne u. silberne Prämien-
medaille des Wiesb, Getiügelzuchtvereins
(M -Inv. 741 und 754) u. a. m. Eine An-
zahl älten'r nassauischer Münzen schenkte
auch diesmal Herr Polizeirat Höhn, einige
Jetons, auf verschiedene Daten aus dem
Leben der deutsclun Kaiser Wilhelm L,
Friedrich III. und Wilhelm II. geschlagen
(M.-Inv. 743 — 747), sowie auf die Brief-
taubenpost während der Belagerung von
Paris 1870/71 (M.-Inv. 742) Herr Hauch
in Frankfurt a. M.
Funde.
1. In p]ltviller Gemarkung, Distrikt
,, Dicknet", stiessen Arbeiter beim Roden auf
eine ziemlich wohlerhaltene Urne der Hall-
stattzeit, zahlreiche Scherben lagen dabei,
wurden aber unbeachtet weggeworfen, während
die Urne von Herrn Kunstgärtner Burg in
Eltville, in dessen Besitz sie sich noch be-
findet, gerettet wurde. offenbar handelt
es sich um einen zerstörten, schon vorher
verschleiften Grabhügel: Bronze.->achen scheint
er nicht enthalten zu haben.
2. Bei den Grundarbeiten für den }seubau
der Oberwallufer Kirche kamen ausser deu
einzelnen verstreuten Gegenständen aus
fränkischen (iräbern (siehe oben Sp. 43) auch
zwei unberührte Gräber zum Vorschein, ilic
aber einer späteren Zeit angehören dürf-
ten. Am 5. Juni d. Jahres fand sich im
Längsschiff der Kirche, reichlich 50 cm
tiefer als deren jetziger Boden, aber in
seiner Längsachse, eine aus Ziegeln, die
durch Lehm verbunden waren, hergestellte
Grabkammer: die Ziegel hatten die Masse
44x31x7 cm und zeicrten auf der einen
Schmalseite einen Fasen von 5 cm Aulauf.
In dem (irabe, das im Lichten 70 cm lang,
50 cm breit und 55 cm tief war, befand
sich ein Skelett ohne jede Beigabe, mit Aus-
nahme eines eisernen (?) Fingerringes mit
kleiner Platte, auf der aber eingegrabene
Schrift bezw. Darstellungen bis jetzt sich
nicht haben erkennen lassen. Die Decke
des Grabes bildeten zwei mächtige, je 70 cm
— 45
— tt) —
breite und DO cm lange FMatten ans rotem
Sandstein ohne jede \'er/irrung bez.v. In-
schrift, roh zugehanen. — Das zweite Gral),
am 13. Juni aufgedeckt, lag ebenfalls in
der Kirchenachse, aber auf ihm ruhte, durch
eine etwa 30 cm dicke Bodenschicht ge-
trennt, die Siidmauer des Kirchenschities,
wahrend es mit der einen Schmalseite gegen
den bedeutend tiefer fundamentierten Pfeiler
des Chores stiess. Es w.ir gebildet aus
aufrecht stehenden, mit Letten verbundenen
starken Schieferplatton, deren je drei von
etwa 85 cm Länge die Seitenwände, je eine
die Kopf- und Fussseite bildeten ; auch die
Sohle und Decke des Gral>es bestanden aus
('emselben Material. In diesem Sarg von
2,10 m lichter Länge und 60 cm lichter
Breite lag ein wohlerhaltenes männliches
Skelett, ebenfalls ohne jede Beigabe. Offen-
bar stammen beide Gräber aus christlicher
Zeit, und zwar dürften die Leichen inner-
halb einer älteren, vor der jetzt abgebrochenen
Kirche jedenfalls vorhanden gewesenen (wie
Fussbodenplättchen aus dem 14. Jahrhundert,
die in den jetzigen Kirchenwänden einue-
mauert sich vorfanden, bestätigen) Kirche
beigesetzt gewesen sein. Die Art der Bei-
setzung in aus Ziegeln bezw, aus Schiefer-
platten zusammengesetzten Särgen lässt viel-
leicht auf das frühere Mittelalter schliessen.
3, Beim Bau des neuen Schulhauses in
Ilillscheid (Unterwesterwaldkreis) stiess man
auf eine grössere Anzahl zerbrochener alter
Steinzeuggeschirre, von denen wenigstens
ein, wie es scheint, freilich nur geringer
Teil durch Vermittlung des Herrn Bürger-
meisters Saal dem Landesmuseum überwiesen
wurde. Offenbar handelt es sich um den
Ausschuss aus einer in der Nähe befind-
lichen Kannenbäckerei aus der zweiten Hälfte
bezw. dem Ende des 17. Jahrhunderts. Die
Scherben gehören z. T. zu grossen hohen
Töpfen, z. T. zu halbkugeligen Krügen, z. T,
zu flachen, auf dem breiten Rande sehr ge-
schmackvoll verzierten grossen Tellern oder
Platten. Mehrfach vorhandene, in Relief
aufgesetzte Bilder tragen die Umschriften:
DER • CVNNICH • AVS • SCHWETEN •
HOCHGE- BVR • ER lG-53 nach rechts ge-
wendete Reitcrtigur, bzw. FIVATPRINTZ-
VON • ORANIGEN • 16(^7. Brustbild en
face. E. Ritterling.
Braubaih. Im Laufe dieses p-rühjahrs
lies.-j Herr Gärtner Wiegrl in Braubach einen
Weinberg von etwa 20 Ruten rigolen. Derselbe
liegt 1 km von Braubach auf Oberlahnstcin
zu. 100 m südlich des zweiten L'eberu'anges
der Bahn über die Landstrasse. Das Terrain
ist abschüssig und steigt bis zu einer srhrotf
abfallenden Felswand im Bergabhan txe.
Schon bei Gelegenheit des Bahnbaues siml
100 m weiter aufwärts zahlreiche Gräber
gefunden worden, die nach den beschriebenen
Fundstücken der älteren La Tone- Periode
angehörten. Jetzt wurden in dem Berg-
abhange wieder Grabstätten gefunden. Sie
zeigten die Bestattung der Leiche in Kisten
aus grossen Schiefersteinen, wie sie in der
Umgebung brechen. In dem schieferigen
Boden waren die Skelette schlecht erhalten.
Nur ein grösseres Stück eines Schädels
konnte herausgenommen werden. Ein Grab
zeigte Leichenbrand; es fand sich als Bei-
gabe in diesem nur ein Ohrring aas Bronze-
draht. In einem Skelettgrabe lagen Scherben
eines grossen G(>fässes von rohem Thon
und eine lederfarbige Urne mit niedrigem
Fuss und hohem Halse. Der Bauch setzt
von diesem scharf ab. (Achnlich Koenen.
Gefässkunde, Tat". VII, IIb). Unter dem
Halse ist ein breiter Streifen mit einem
Stäbchen gitterförmig verziert. Dabei war
ein Ohrring aus Bronzedraht und ein dünner
offener Bronzearmring mit verstärkten Köpf-
chen am Ende. Sowohl auf der Aussen-
wie auf der Innenseite befindet sich eine
starke Mittelrippe, sodass der (^»uerdurch-
schnitt fast viereckig erscheint. In einem
Grabe fanden sich zwei stark verrostete
kleine Eisenringe, die wohl zu einer Gürtel-
schnalle gehören. Ein weiteres enthielt
eine zum grö.sseren Teile erhaltene kleine
lederfarbige Urne von 10 cm Höhe. Unter
dem Halse ist ein breiter Streifen durch
tief eingerissene konvergierende Linien
verziert. Sie hat einen niedrigen Stand-
ring. Für sich allein im Boden lag ein
massiver Bronzearmring mit pctschaftförmig
verdickten Enden. Die eine Seite ist durch
eingedrückte Linien verziert. Der Befund
der Gräber, sowie die Fundstücke weisen
die Grabstätte der Zeit des Ucberganges
von der älteren zur jüngeren La Tene-
Periode zu. Interessant ist. dass auch hier
wieder eine Anzahl klein geschlagener Erz-
stücke in den Gräbern sich fanden, die
47 —
— 4.S
ilen kcltisfliLnI)ergl)au au den Abliiinj:-!! des
Taunus bereits bis in das /weite vorchrist-
liche Jahrhundert hinaut'zurüeken »cheinen.
Herr Wie gel unterzog sich mit Sorirt'alt
der Beubachtung der Gräber und liberLrab
die wenig /ahlreichen Fundstücke dem Unter-
zeichneten für die Lahnsteiner Samndung.
Simmern bei Khrenbreitstein. Ein
Kilometer östlich von Simmern. 200 m von
der Strasse Simmern-Xeuhäusel im Distrikt
..am See*", wurde vor zwei Jahren eine
Waldtiäche umgorodet und dabei ein Grab-
t'eld der jüngeren Hallstattzeit angeschnitten.
Jetzt wurden auch in Simmern selbst beim
IJau der Sakristei Griiber gefunden. Der
Hoden eines lederfarbigen Gefässes, der in
der Mitte nach innen erhaben ist, einen
« »mphalos bildend, weist sie in die La Tcne-
Zeit. Die Gräber in ihrer Gesamtheit
deuten auf den Zug einer alten Verkehrs-
strasse, die vielleicht aus dem Thale von
Vallcndar zur Höhe ging. Die Simmerner
Scherben befinden sich im Besitze des
Pfarrers in N'euhäuscl.
(Jbcrlahustein. Bodewig.
Römisches Gefäss. Als ich aus Aulass
kürzlich gemachter fränkischer Funde Herrn
Dr. <^uilling"s Abhandlung ., Fränkisches
Gräberfeld in Sindlingen a. M." (Band 29,
S. .5 tf.. der Anualen für Xass. Altertums-
kunde und Geschichtsforschung) wieder zur
Hand nahm, tiel mir eine Anmerkung auf
S. ö2 auf. die
von Fundstü-
cken spricht,
die im Jahre
1^92 auf dem
Gebiet der hie-
sigen Farb-
werke (vorm.
Meistrr. Lucius
und Brüning)
geinacht wur-
den. Darunter
befand sich,
nach Angabe
desHerrn<jber-
stabsarztes Dr.
Kuthe, dem Ib rr hr. <Juilling folgt, ein
Gefäss von gelblichem Thon (siehe Fig. .5)
gut gebrannt, mit Spuren einer rotlichen
Bemalung, fast intakt, das sich damals
in dem Laboratorium des 189.5 verstor-
benen Chemikers Herrn Dr. (troll befand.
Dieses Gefäss ist nun glücklicherweise nicht
verschollen, wiu Herr Dr. (^uilling s. Z.
hier gehört hat, und es beilurfte auch meiner-
seits keinerlei Nachforschungen, um seinen
Verbleib festzustellen : es befindet sich seit
1894 in der Sammlung des hiesigen Alter-
tumsvereins (Katalog No. 20) und wurde
bei deren Gründung im gleichen Jahre mit
anderen Fundstückeu von der Direktion der
Farbwerke als Grundstock überwiesen. Es
ist bei Erbauung der Säurefabrik, nördlich
der Restaurati(jn der Farbwerke, gefunden.
Dort befand sich eine Flur, die im Volks-
munde die ,,alte Kirche" hiess. und wie
mir erzählt wurde, konnte man an dem
schlechteren Stande des Getreides den Um-
fang eines Gebäudes deutlich erkennen, das
ehemals hier gestanden hatte und auf dessen
Grundmauern der PHug oft gestossen war.
Es ist wohl anzunehmen, dass wir es hier
mit einer römischen Anlage zu thun haben ;
jetzt ist auch die ..alte Kirche'" mit Fabrik-
gebäuden bedeckt, und Nachforschungen nach
ihrer Herkunft sind nicht mehr möglich.
Wegen Mitteilung näherer Umstände bei
Auffindung des erwähnten Gefässes hatte
ich s. Z. bei Aufstellung des Kataloges unserer
Sammlung an Herrn Dr. Groll geschrieben,
doch hatte sich sein Leiden damals schcm
so verschlimmert, dass ich keine Antwort
mehr erhielt. Das Gefäss, ein doppelhenk-
liger, dickbauchiger Krug, ist ganz unver-
sehrt; es hat eine Höhe von 30,7 cm,
grösste Weite von 24 cm; sein Boden misst
7 cm im Durchmesser. Es zeigt nament-
lich noch auf dem oberen Teile gelbrote
Bemalung ; nach C. Koenen. Gefässkunde,
gehört es in die mittlere Kaiserzeit. —
Im Anschluss liieran sei noch einer An-
merkung auf S. 34 der irenannten Abhand-
lung des Herrn Dr. Quilliug '.gedacht, die
eine Notiz über fränkische Funde in Sind-
lingen in den ..Frankfurter Nachrichten''
vom 12. 2. 97 wiedergiebt. Vermutlich
war diese Notiz dem hiesigen Kreisblatt ent-
nommen und ridirte von dem Sindlinger Be-
richterstatter N desselben her. der
in seiner Mitteilung einen tief unter den
Frankengräbern gefundenen Knochen einem
Mammut zuschreibt, während Herr Dr.
'^uilling ihn a. a. <». einem Ochsen zuweisen
49 —
— .'jlj —
mik'htc. Doch ist besagter Knodicii «Icr
proximale Teil des linken Radius vom
Hliinofcros antiiiuitufis, wie mir Herr Prof.
Dr. Kinkelin-F'rankt'urt freundlichst mitteilte,
dem ich (las Fundstück zur Bestimmung
übcrsandt hatte. Es betindet ^ich in der
Sammlung des hiesigen Altertumsvereins.
Ilüchst a. M. E. S u c h i e r.
Miscelleii.
Zur Geschichte des römischen
Wiesbaden.
Zur Eriränzung des in den Annalen,
Band 29, S. 115 tt'., gegebenen Berichtes
über die Spuren der ältesten römischen
Niederlassung auf dem Boden Wiesbadens
mögen hier die Fundthatsachen, welche bei
Gelegenheit von Grundaasschachtungen auf
der Baustelle Mauritiusstrasse 0, sowie einem
Teile der rückwärts anstossenden Kleine
Schwalbach erstrasse 5 (vgl. den Situations-
plan Annalen 29, Taf. Ilf) im März und
April d. Js. beobachtet wurden, kurz zu-
sammengestellt werden. Wie zu erwarten,
traf man auch an dieser Stelle in ihrer
ganzen Ausdehnung auf römische Kulturreste
in verhältnismässig geringer Tiefe unter dem
jetzigen Niveau. Die unmittelbar auf dem
gewachsenen Kies lagernde feuchte Letten-
und Schlammschicht hatte hier eine durch-
schnittliche Stärke von reichlich Im; in
ihr standen wieder in ziemlirh regelmässigen
Abständen von 1 bezw. 1,50 m starke Eichen-
holzpfosten unmittelbar auf dem Kies, zwischen
denen zahlreiche Reste horizontal gelagerter
Hölzer (vielfach angekohlt) zu erkennen
waren. In dem südwestlichen Winkel der
Baustelle zog sich in annähernd westöstlicher
Richtung eine Art Zaun hin, gebildet von
in den Kies eingetriebenen, aufrecht stehen
den, etwa noch 1 m langen, dünnen Pflöcken
aus Weichhol/ (von Birke oder Weide?),
die durch Zweiggetlecht miteinander ver-
bunden waren. Wie die ungestört über
ihm liegenden höheren Schichten erwiesen,
gehört dieser Zaun sicher der Zeit der
römischen Besiedelung an, wenn sich seine
ehemalige Bestimmung auch nicht mehr be-
zeichnen lässt. Dasselbe gilt von einer in
dem oberen Teile der Schlammschicht hori-
zontal lagernden Holzrinne, welche aus einem
Stamm ausgehöhlt war und jetzt noch eine
Länge von 2.40 m besitzt. An einiiren
Stellen fehlte der alte Holzrost vollkouiuirn,
so namentlich in dem nordöstlichen Teile
der Baustelle, etwa da, wo der auf dem
Situationsplane mit /' bezeichnete, die Mau-
ritiusstrasse durchquerende, goptlastcrte Weg
sie durchschnitt. Dieser L'mstand zeigt,
dass die Holzpfosten in der That nur tla
standen, wo sich Häuser befanden.
Ueber dieser schwarzen mo(jrigen Schicht
zog sich mit Ausnalime weniger Stillen wieder
der aus Kies, Sand und Lehm, bisweiliii
auch aus grösseren Steinen bestehende Estrich
hin, welcher im Ganzen die spätere römische
Kulturschicht von der älteren scheidet. Da>s
diese ältere Kulturschicht ausschliesslich
Antikaglien enthielt, die sicher oder wahr-
scheinlich der Zeit vor Vespasian anirehören,
fand sich auch hier wieder bestätigt. Für
Beurteilung der Zeit, in welcher die älteste
Ansiedlung bereits ihr Ende, wie früher
ausgeführt, wahrscheinlich »lurch Feuer ge-
funden hat, ist interessant der Umstand,
dass ein Randziegelstück mit dem Stempel
der XXI. Legion (ähnlich Wolff. Nieder
Ziegeleien. Taf. III, Fig. 16 c), welche
zwischen 82 und 89 am Mittelrhein lag,
über der schwarzen Schicht, nur wenig
tiefer als der an dieser Stelle übrigens
fehlende (später durchbrochene yj Plstrich
angetroffen wurde. Die in dem früheren
Berichte begründete Vermutung, da.ss die
ältere Ansiedlung im Jahre 70 durch die
Chatten und Mattiaker zerstört sei (.\nnalen
2!), S. 130 f.), gewinnt auch hierdurch eine
gewisse Stütze, ebenso wie durch die übrigen
in der Moorschicht zu Tage gekommenen
Gegenstände, lauter denselben ist besonders
wieder hervorzuheben die Liste der Tiipfer-'
Stempel auf Sigillata, welche meist Fabriken
enthält, deren Waren auf dem rechten Khein-
ufer mehr oder weniger ganz fehlen. Stark
vertreten sind in ihr wieder die Nameu
des Aquitanus (omal, in der friihercn Liste a
4 mal) und des Bassus (4 mal. früher 9 mal),
die in der Zeit der claudischen Kaiser am
meisten fabriziert haben dürften. Die Ver-
wandtschaft mit der jedenfalls sehr früh-
zeitigen Kultur^chicht in den Selsschcn
Ziegeleien bei Neuss wird durch eine Reihe
in Wiesbaden bisher nicht vertretener
Fabriken noch enirer. so .,of Abiti" (Inv.
15177. I) = dem Neusser Habitus, ,.of.\cuti'"
— 51 —
o:: —
(15177. -S'. ..fM] Val^M-ii) AlLanOV" (15177.
3), ..DamuiiUs" 'luv. 15177. 13), wnlcheni
auch iler Aunalen 2"J, Tat". VIII. 84 ab-
gebildete , vorn veistümnK'lte Stempel
[Üajmoni ürobören ilürt'te (Vermutung Oxe"s),
sowie ..Murranus*' in drei Exemplaren
(15177. 2'.» — SD. Wie die in iler Moor-
sohicbt zu Tai:c trekommonon Münzen Mittel-
erz des Augustus mit Münzmeisternamen
(nicht erworben). Mittelerz desdivus Augustus
(M.-Inv. 726), Grosserz des Caliijula (M.-Inv.
749), 2 Mittolerze des Nero (M.-Inv. 727,
728) scheinen auch die Fibeln nicht unter
die Zeit des Nero hinabzureichen. Unter
den acht Stück, welche erworben werden
! die ganze Kaiserzeit hindurch in Gebrauch
; gewesen i^t. Uebrigens scheint diese älteste
j Ansiedelung aus dem Anfang und der
j Mitte des 1. Jahrlumdcrts nicht aut die
I Gegend des Mauritiusplatzes beschrankt,
i sondern sich auch nordlich und üstlich
i weiter ausgedehnt zu haben : darauf deuten
wenigstens neuere Beobachtungen, dass auf
dem Terrain des ,. Adler"', sowie in der
' Neugasse dieselben frühzeitigen Gefässrestc,
wenn auch nicht so zahlreich, zu Tage ge-
komuKMi sind; selbst ein Bad dürfte schon
in dieser Zeit in der Nähe des Kochbrunnens
j bestanden haben, wo. ebenso wie am Mau-
ritiusplatze Ziegel der 22, Legion aus der
Zeit ihres ersten Aufenthaltes in Mainz
(42 — 69 n. Chr.) gefunden worden sind,
E. Ritterlinir.
Fig, 6 (M. 1:1).
konnten, sind zunächst drei des Typus mit .
Entenschnabelfuss und eingestempeltem Drei-
eck (eine abgebildet Fig. 6, vgl. Annal. 29,
S. 135, Fig. 5), sowie eine von der diesen
nahestehenden Form (Ann. 29, S, 135, Fig, 4).
Zu diesen kommen zwei Boi:cnscharnicrtibeln
(eine abgebildet Fig, 7). die im Gegensatz zu
den bisher erwähnten, aus La Tine-Fibeln ent-
wickelten Typen italische Vorbilder gehabt
Fig, 7 (M. 1:1}.
haben dürften uml ebenfalls schon sehr früh- ;
zeitig in den Kheiolanden begegnen; so (
sind Fibeln fast ausschliesslich dieses Typus !
vor allem in ib'n romischen, aus der Zeit
des Augustus stammenden Anlagen bei \
Haltern an der Lippe gefunden worden. Die
am wenigsten charakti'ristischen Stücke sind i
endlich zwei aus Bronzedraht herg<>stellte |
Fibeln (Inv. 15155. 15156) der einfachsten :
und leichtesten Form (vgl. .Jae'obi, Saal-
burg, Taf. 48, Fig. 12 u. 13), die wohl ,
Drangfsale eines nassauischen Geist-
lichen im dreissig'jähpigen Kriege
(1622).
In seinem Buche .,Die Drangsale des
nassauischen Volkes und der angrenzemlen
Nachbarländer" (Gotha, 1854) hat Keller,
damals Pfarrer zu Idstein, im Hinblick auf
seine engere Heimat die Geschichte des
dreissigjährigen Krieges mit seinem fürchter-
lichen Elend geschildert. Wer noch mehr
in die traurigen Einzelheiten jener Epoche
sich versenken wollte, würde noch manchen
lehrreichen Beitrag in den Archiven finden,
noch manches ergreifende Schicksal er-
zählen können. Solch ein Schicksal, nur
eines unter vielen, soll dem Leser hier
vorgeführt werden; eine ziemlich gewöhn-
liche Soldaten- und Käubergeschichte, aber
sie tritt uns persönlicher und lebendiger
vor die Augen, als es meist wohl geschieht,
und durch die örtlichen Beziehungen, in
denen sie sich bewegt, mag sie für den Freund
der heimischen Geschichte einen höhereu
Reiz erhalten. Eine Geschichte aus einer
Zeit, da Soldaten- und Räuberleben Deutsch-
land erfüllte, Soldaten- und Räuberpolitik
seine Geschicke bestimmte.
Die Schlacht am weissen Berge war
geschlagen (1, November 1620). durch sie
der Kriegsschaui)latz in Böhmen für Habs-
burg gewonnen, der zum böhmischen König
gewählte Kurfürst Friedrich von der Pfalz
landtiüchtig geworden : die Entscheidung
gegen ihn musstc in seinen Stammlanden
- 53
— 54 —
uiiil in den Gebieten der mit ihm vcr-
l)im(lctcn Fürsten nnd Städte im Westen
tallini. Schon seit IGl!» hatte es den
Mliciu entlang nnd durch die anliegenden
Länder l'ruppenmärsche, Einquartierungen
und Feindseligkeiten gegeben. hauiit.>ächlich
durch die Snanier unter Spinola veranlasst,
dem die Truppen der lu-otestantischen L'nion
nur schwächlich gegenübertraten. Unter-
nehmungen grösseren Stils und entscheidende
Schläge brachte aber das Frühjahr lfi22.
Der Kurfürst von der Pfalz und seine Helfer
brachten neue Ileeresmassen auf, und die
Kriegsschrocken vermehrten sich. Zuerst
kamen sie vom Oberrhein in die Neckar-
gegenden, wo die Schlachten bei Wiesloch
und Wimpfen geschlagen wurden im April
und Mai ; dann brachen sie vom Norden
durch die Wetterau herein. Hier zog der
junge Christian von ßraunsohweig, halb
Schwärmer halb Abenteurer, südwärts, wie
er es schon im Vorjahre versucht hatte.
Diesmal gelangte er mit seinem Heere bis
an den ^Nlain bei Frankfurt und Höchst,
erwartete hier den Anmarsch der ligistisch-
bairischen Armee unter Tilly und der spani-
schen unter Cordova und wurde bei Höchst
gänzlich geschlagen, sein Kriegsvolk in
oder über den Main getrieben, am 20. Juni.
Die Landschaft nördlich vom Main lag
otieii für Freund und Feind, am meisten ge-
fährdet aber waren die eliemals Epsteinischen
Gebietsteile, die dem Landgrafen Moritz
von Hessen-Cassel geliörten. Dieser war
ein gelehrter und glaubenseifriger Herr,
hatte in seinem Lande seit 160.5 eine Kirchen-
reform mehr nach der calvinistischen Lehre
durchgeführt und noch jüngst, Frühjahr 1621.
seinen mannhaften Charakter bewährt, als
er bd den Verhandlungen zu Mainz und
Hingen, welche der Auflösung der protestan-
tischen Union voraufgingen, den Lockungen
der ligistischen und spanischen Unterhändler
hartnäckigen, wenn auch vergeblichen Wider-
stand entgegensetzte. Da durfte seine Neu-
tralität nicht auf allzuviel Beachtung bei
ilen Generälen der habsburgisch-spanischen
Partei rechnen ; hier stand er sehr in Arg-
wohn. Ausserdem hatte er in dem Erzbischof
/u ^NL'iinz einen keineswegs wohlwollenden
Xaclibar, nicht blos weil beide in verschiedenen
l>olitischen Lagern standen ; wegen Burg
und Stadt Epstein, das beiden halb gehörte,
gab es fortwährende Streitigkeiten. Für
S(tlche schwierigen Zeitläufte war der Landes-
schutz nicht ausreichend : in) Epstcinischeii
und der nit'dern Grafschaft (Jat/enclnbugcu
standen nicht mehr als liiOO Mann und 120
Pferde, wohl hauptsächlich als Besatzungen
der Burgen uml Schlösser fvgl. Rommel.
Gesch. v. Hessen B<1. 7. S. 89 f. 426 f.).
Ein Uebereinkommen, das damals. Mai 1622,
zwischen nassauischen untl luain/isclicn Räten
getrotien wurde, vergegenwärtigt aufs deut-
lichste, wie unsicher und gefahrvoll der
Verkehr an Pihein. Main und Lahn \sar:
die Flusszugänge und Fährten, die PiLssc
und Strassen sollen streng bewacht und ge-
sichert, der Middcdienst im ganzen Lande
sorgfältig gehandhabt, gegen streifende
Rotten und Gesellen unnachsichtig vorge-
gangen werden (vgl. S c h 1 i e p h a k e - M e n z e 1 ,
Gesch. von Nassau, Bd. 6, S. 447 f).
Jetzt aber möge Johannes Hofmeisterus,
der reformierte Pfarrer von Massenheim,
uns selbst erzählen, wie es ihm damals er-
gangen. Er thut es in einer an den Land-
grafen Moritz gerichteten Eingabe vom
3. September 1622 und in dem übermässig
klassischen Gelehi^cnlatein seiner Zeit, das
einer deutschen Uebersetzung eigentlich nicht
zugänglich ist. Er erzählt :
.,AIs der Kampf zwischen dem Herzog
von Braunschweig und den Baiern -tatttand
und die Schlacht sich entscheiden sollte
und ein schreckliches Gerücht sich ver-
breitete, das Heer des Herzogs von Braun-
schweig sei zum grössten Teil geschlagen
und zerstreut, da betiel uns alsbald die
Furcht, man würde von den siegestrunkenen
Baiern irgend ein Uebel, da das Uebel ja
so nahe, erleiden müssen ; so geschah es,
dass sehr viele ihre Dörfer verliessen und
ihr Heil in der Flucht suchten. Weil wir
aber von vertrauenswürdigen Boten, die wir
nach Kundschaft ausgesandt hatten, erfuhren,
dass uns von den Baiern, da sie zurück-
gingen, keine Gefahr drohe, so Hessen wir
die Furcht fahren und halten uns zu Hause.
Während wir einstweilen in Sicherheit zu
sein glauben, siehe! da werden wir wider
alles Horten und Erwarten von Main/er
Soldaten, unter deren Sdiutz die benach-
barten Dorfschaften >tanden. in raschem
Angriff auf unser Dorf überfallen, und nach-
dem alle hinausgetrieben und in die Flucht
gejagt waren, da entweihten, plünderten,
zerstörten sie geheiligte und unheilige Ge-
— 00 —
— o6 —
bäude in verbrecherischer Froihlieit uud
Tompolichaiuhiiiiz : Speisen und (ictriinke
M'bart'teii sie fort, Zugvieh und Kleimieh
trieben sit; weg und Hessen ausser den
Häusern nichts übrig. Ja, wenige Tage
später haben sie gar viele Dinge nebst dem
Pfarrhause in Flammen gesti'ckt und in
Asche gelegt und mich, der ich mit anderen
tloh — allein jedoch auf dem Wege nach
dem Dorfe Nordenstadt — , haben sie er-
griffen, von da nach Wallau zurückgeschleppt
und unter furchtbaren Drohungen und rohen
Schlägen genötigt. das> iih mich zur Zahlung
von 200 Imperialen ^Reichstlialern) ver-
pflichtete, um die Freiheit zurückzuerlangen.
die mir teurer war als das Leben selbst.
Nachdem ich es versprochen, führen sie
mich sofort hier und da im Nassauischen
umher, um das Lösegeld zusammen zu
scharen. Aber als sie merken, ilass nie-
mand mir als einem Unbekannten eine solche
(rcldsumme leihen und ich völlig unfähig
zur Zahlung sein würde, so erklären sie sich
mit 50 Imperialen zufrieden, durch viele
Thränen und Bitten dazu von mir bewogen ;
führen mich — nicht ohne Beschimpfung —
nach Mainz, in das geistliche Sodom und
Gomorrha. in die Herberge, die sie das
rote Haus nennen, behalten mich da, was
der Wirt lächelnd geschehen lässt, bis am
andern Tage meine Ehefrau, die an den
Bätlern Wiesbaden's in der Fremde lebte,
keinem bekannt und der Entbindung ganz
nahe, diese Geldsumme, die nur mit der
grössten Schwierigkeit aufgetrieben war, in
die üben bezeichnett; Herberge übersandte.
Als der Preis für meine Loslassung ge-
, zahlt war, hoffte ich meiner alten Freiheit
wiedergegeben zu werden; aber die schlimmen
L'ebelthäter brachen die Treue und forderten
von mir ihre Schulden, die sie durch Prassen
und Saufen hier am Orte gemacht, ungefähr
10 Imperialen, noch dazu ein. Da solche
aber mir weder zur Hand waren, noch irgend
eine Hoffnung, sie von einem zu leihen mir
aufleuchtete, so machte ich mich heimlich
von ihnen davon. Indem ich dann den
Wctr zu meiner Gattin, die in Wiesbaden
sich auHiielt und in schwerem Kummer
hinschwand, antrete und imr wenig aus
Mainz hinausgekommen bin, da verfolgen
mi<h zwei Bürger, der eine ein Metzger,
der andere ein Müller, mit gezogenen
Schwertern, fallen mich von neuem an und
drohen, sie würden mich in die Gewalt der
Soldaten zunickbringen, deren Händen ich
entwichen war — jedoch nicht ohne «Quittung
über das bezahlte Geld') — . wenn ich nicht
auch ihnen etliche Imperialen auszahlte ;
schliesslich aber nötigten sie mich, nachdem
sie mir irrossen Schrecken eingejagt hatten,
dass ich mit Eidesleistung versprach, da
ich allen Geldes entblösst wäre, würde ich
8 Imperialen aus der Stadt Wiesbaden
schicken. Dann aber, da sie argwöhnten,
dass ich das Versprechen in Wirklichkeit
wohl kaum anerkennen würde, so zogen sie
mir die Kleider aus, gaben vor, dass sie
sie als Pfand bewahren würden und ent-
liessen mich, angetban mit dem hässlichen
und schmutzigen Gewand eines Schafhirten,
nach Wiesbaden, wo ich tief in der Nacht
nach Oeffnung der Thore aufgenommen
wurde und so lange fest sass, bis es mir
vergönnt war, durch feindliche Gewalithat
und Beleidigung hindurch zu meinem früheren
Kirchendienst zurückzukehren, und meinen
Zuhörern [erg. : vergönnt war], daselbst in
Sicherheit zu leben, nachdem von Eurer Herr-
lichkeit Truppen in das P^psteinische Land ge-
schickt waren, um die Einfälle und Ver-
wüstungen der raubenden und plündernden
Feinde abzuwehren.')
Aber auch hier ist noch kein Ende
meiner Leiden, da ich auch an mir die
Wahrheit des Sprüchworts erfahren habe,
dass kein Unglück allein ist ; der ich nicht
nur aller Güter und Hülfsmittcl. des Viehes
und Hausgeräts, der Bücher und allen Ver-
mögens beraubt war, sondern auch bald
darnach von der gefährlichsten Dysenterie
ergriffen wurde, die mich so herunter brachte,
dass ich beständig an meiner Rettung ver-
zweifelte. Aber der gnädigste Gott, der
seine geliebtesten Söhne durch mannigfache
Schickungen und Unglücksfälle zu prüfen
und durch das Feuer des Kreuzes ihren
Glauben, ihre Hoffnung und Geduld zu er-
forschen pflegt, hat mich, da er mich aus
sechs Gefahren errettet hat, in der siebenten
nicht verlassen nach seiner väterlichen Güte
und Barmherzigkeit ; und wenn ich auch
jetzt noch von der so heftigen Krankheit
matt bin und meine Kräfte geschwächt sind,
') Die Quittung befindet sieh als IJeilage bei
iIppi Srhroihon in \kton des Staatsnr''hivs zu
Wiesbaden: Herrsch. I\})stein.< Jener. VIIc, No. 2a.
») Wahrscheinl. unter V. Riedcsel; vgl. unten.
.08 -
<;o hat or mir doch eine mässii^e Gosund-
lieit wiedergegeben.
Dies sind meine üherstandenen Drang-
sale, dies sind dir Getahren und Schicksale,
denen ich in den letzt verflossenen Monaten
ausgesetzt gewesen bin "
Der Schreiber entschuldigt sich, wenn
er mit der Erzählung zu ausführlich ge-
worden ist, hort"t aber sehr, zu einem Dienst
in einem angemessenen Orte befördert zu
werden, der seinen Studien und seinen Gaben
mehr entspricht, als Ersatz für den er-
littenen Verlust, als erwünschte Tröstung
für die ausgestandenen Eeiden. Dafür ver-
spricht er ein dauerndes Andenken zu be-
wahren und tieht in einem Schlussgebet den
Segen des Höchsten auf den erlauchten
Herrn herab. ,, Geschrieben zu Cassel in
der Herberge, mit zitternder Hand, schwach
an Kt'irper. betrübten Geistes, im Begriff
nach meiner Vaterstadt Bremen zu gehen,
mit Bewilligung der Oberen und auf An-
raten der Aerzte, wegen des Luftwechsels und
zur Kräftigung der Gesundlieit und um dort
meinen Vater, einen Geistlichen, der hoclibe-
tagt ist und den einen Fuss bereits im Grabe
hat, zu begrüssen. Im Jahre u. s, w."
Die beigefügte Quittung ist in Mainz
vom 25, Juni 1022 datiert und trägt IJnter-
scliriften, die uns zeigen, welch inter-
nationales Gesindel es sich damals auf
deutschem Boden wohl sein Hess, herbei-
gerufen vom Hause Habsburg und der katho-
lischen Liga. Die Namen lauten: Guan
del Valio, Robles (?) de Lingen. Franscois
Digartt. Jan E\ ha. Diese würdigen Männer
geben in schlechtem Deutsch eine Erklärung
ah, die der Wirt vom roten Haus ihnen
aufgesetzt liaben mag. Danach haben sie
als ihren Feind , .bekommen und gefangen''
den Pfarrherrn von Masseuheim. der .,für
sich und seine Gemeinde zu Relaxierung
seines Gefängnisses" ihnen als Lösegeld
Gefängnisses"
.50 Reichsthaler gegeben hat: sie
sagen
also ,,ihn und vnrgemelte Nachbauren hierüber
(juitt und los, ilass sie also vor uns frei
und frank mögen passieren und ihren Sachen
nachgehen". Eine Abschrift dieser Quittung
— so erfahren wir aus einer Nachschrift
Hofmeisters an den Landgrafen — hatte
er schon im Juli (h?m hessischen Oberbefehls-
haber der Truppen in der Herrschaft Epstein,
dem edlen Herrn von Riedesel, auf Betehl
überreicht, neb>,t einer Bittschrift, in der
er seine trauri^'e uml elende Lai,'e dargt'k'i.'t
hatte: Riedesel hatte versprochen, beides
dem Erzbischof von Mainz /uzustellon, Hof-
meister ist aber ohne Antw(»rt geblieben,
obgleirli jener von seiner .Vbreise weiss.
Die Absicht dieser Bittschriften ist natür-
lich Schadenersatz und besonders Rüeker-
stattung des abgepressten liösegeldes für den
misshandelfen und ausgeplünderten Pfarrer
gewesen. Ob er in dieser Beziehung etwas
erreicht hat, wissen wir nicht. Doeh ver-
fügte Landgraf Moritz auf seine Eingabe
am 4. September: ,,Soll «lern consistorio
ihn seiner i[ualitication nach zu piomoviren
recommandirt werden" ; mit welchem Erfolg
ist nicht zu sagen. Nach Massenbeim ist
Hofmeister jedenfalls nicht zurückgekehrt.
Im Frühjahr 1024 fand eine Pfarrvisitation
in der Herrschaft P^pstein statt: diese war
infolge der mit den religiösen und i)olitischen
Wirren verbundenen dynastischen und
Familien-Streitigkeiten an die hessen-darm-
städtische Linie gekommen, und nun sollte
hier wieder durch lutherische Geistliche
statt der calvinistischcn das Wort Guttc;
verkündigt werden. Damals war Massenhi-im
verwaist; der alte lutherische Geistliche,
der durch den calvinistischcn Hofmeister
abgeh'tst sein wird, lebte erblindet in Ep-
stein, ein junger Substitut war des Landes
verwiesen. Jetzt wurde für Mas.-;enlieim
und Diedenbergen zusammen ein Pfarrer
bestellt und damit eine langdauernde kin-h-
liche Gemeinschaft begründet. — Das Regi-
ment des Landgrafen Moritz hatte in diesen
kriegerischen und gewaltthätiiren Zeiten
fortgesetzt mit den grössten Schwierigkeiten
zu kämpfen und sein Land bot am wenigsten
eine sichere ZuHucht. Daher hat Hof-
meister es vielleicht vorgezogen, in seiner
Vaterstadt Bremen zu bleiben oder von hier
aus eine friedlichere Stätte für seine Wirk-
samkeit sich zu suchen. Dass er gerade
aus Bremen ins Nassauische gekommen war,
ist übrigens nicht zufällig. Hing doch ilie
Han^-astadt der calvinistischen Lehre an
und fand ein steter Austausch geistiger
Kräfte zwischen den reliiriös gleich gesinnten
Teilen Deutschlands statt. Die Geschichte
der hohen Schule zu Ilerborn bietet für
diesen Austausch gerade mit Bremen be-
sonders lehrreiche Beispiele. —
Es mag noch bemerkt wenlen. dass die
Herberge zum roten Haus schon im Mittel-
— :>9 —
— 60 —
alter bestand und während der grossen
Fehde der Erzbischüfe im .lalire 14»)2 hohen
Herren, und nicht den ärmsten als Wohnung
diente, dem Pfalzgraten Friedrieh und dem
11 raten Philipp von Catzenelnbogen.
Wir nehmen von dem Pfarrer Hof-
meister und Seinem Geschiek Abschied
und erinnern uns nur noch, dass die ge-
schilderten Erlebnisse ganz dem Anfang des
grossen deutschen Krieges angehiiren : wie
verrohten mit seiner Dauer aber die mensch-
lichen Empfindungen und Sitten mehr und
mehr und steigerte sich damit das rngliick
und Feiend im deutschen Volke ins Masslose I
Es ist nur wie ein Vorspiel hierzu, was
der Pfarrer \<m Masseiiheim uns erzählt.
Richte r.
Der Empfang des
Fürsten v.Nassau-Oranien Wilhelm V.,
früheren Erbstatthalters der Nieder-
lande bei seiner Rückkehr in seine
Erblande zu Herborn im Jahre 1801.
Wilhelm V., der Sohn Wilhelms IV..
der durch das .\ussterben der beiden Linien
des ot tonischen Zweiges des Hauses Nassau.
Xassau-Dillenburg und Nassau-Siegen (1739
und 1743) alle Lande dieses Zweiges wieder
vereinigt hatte, war seinem Vater am
21. Oktober 1751 nachirefolgt. Seine
segensreiche und gerühmte Regierung^; fand
im Jahre 1795 infolge der Eroberung der
Niederlande durch die Franzosen ein rasches
Ende : er verlor seine niederländischen Be-
sitzungen und Würden: nachdem er einige
Jahre in England zugebracht, kehrte er im
Jahre 1801 in seine P» »lande zurück, lebte
von da an meist zu Oranienstein und starb
am 9. April 1806 zu Braunschweig. Die
Entschädigung, die er durch den Reichsdepu-
tationshaujitschluss erhalten hatte, nahm er
für sich nicht an. somlern überliess sie seinem
Sohne Wilhelm Friedrich, der sie freilich
mit seinen F>blanden bald nach des Vaters Tod
infoltre der Stiftung des Rheinbundes und des
Krieges von ISOti wieder einljüs.ste.-)
Wilhelm V. war also mit seinem Sohne,
dem Erbprinzen, im Jahre 1801 in sein
Fürstentum Nassau-Dillenburg zurückgekehrt
') V;^l. Strieder, IlesH. Cielelirten-Ge-
schichtp XV H, i'JT.
-| Vi(l. Aust'eld in iI-mi Aiinuleii XIX,
139 tr.
und überall mit Jubel empfangen worden.^)
Ueber den Empfang, den die Stadt Herborn
ilem Fürsten bereitete, besitzen wir einen
gleichzeitigen Bericht in einem mir von
privater Seite freundlichst zugestellten Briefe
der Henriette Rittershausen vom 27. Januar
1802, in dem sie ihrem Bruder Wilhelm
die Feierlichkeiten, welche bei dieser fie-
legenheit stattfanden, ausführlich beschreibt ;
er zeigt uns anschaulich, was alles die gute
Stadt Herborn aufbot, um den Fürsten zu
erfreuen. Von der Schreiberin erfahren
wir, dass sie ihre Vaterstadt innig liebte:
,.cs sollte mir leid sein, sagt sie u. a..
wenn Du eine andere Stadt unserm geliebten
Herborn vorzögest. '• Auch das mag erwähnt
werden, <lass sie den Bruder bittet, er möge
ja den Zopf sich nicht abschneiden lassen:
die Tituskopfe seien gar nicht mehr Mode,
und alle, welche solche hatten, Hessen sich
falsche Zöpfe anbinden.
]\Ian hatte den Fürsten am 9. Dezember
1801 zu Dillenburg erwartet, wo er auf
dem gewöhnlichen Wege von Marburi: aus
eintreffen sollte. Aber,, wegen des schmutzigen
Wetters'" fuhr er über Giessen und Wetzlar
und kam so zuerst nach Herborn, ..wo man
noch keine Ehrenpforten und nichts fertig
hatte. Die Stadt Hess geschwind ein Früh-
stück machen, die Bürger traten unter Ge-
wehr, und so wurde er auf den Rathaus-
saal geführt, welcher prächtig ausm(d)liert
und gemalt war. und etwas frühstückte, wo
es ihm ausnehmend gut gefiel, und sogar
in Dillenburg an der Tafel gesagt hat, dass
ihm Herborn am besten gefallen hätte.''
Wie freudig mair ihr Herz bei dieser Mit-
teilung geschlagen haben, dass ihr geliebtes
IIerb(jrn <ler Nachbarstadt Dillenburg den
Rang abgelaufen hatte.
.,Ein paar Tage nachher", so fährt unsere
Briefschreiberin fort, .,als er in Dillenburg
war, wurde er dann förmlich von der Hohen
Schule invitiert. Jetzt [es war am 14. De-
zember] ging erst der wahre Jubel an. Die
Hohe Schule hatte ein Frühstück znrecht
machen lassen, welches 800 Gulden gekostet
hat, denn es war fast alles in Frankfurt
und Wetzlar gemacht worden."
,,ües Morgens um 10 Uhr sollte der
alte und jun*(> Prinz nebst mehreren Räten
") Vgl. die Dillenburgf'c Ititelligeiiz-Nach-
richtfti von IMOl, Sp. (193.
— 61 -
— r,2 —
schon hier sein. Du kannst Dir also leicht
vorstellen, ilass alles früh in Allarm war.
Sobald er auf die Herborner Cfren/e kam,
gingen die Kanonen los, die (Hocken tin^'en
an /u läuten, bis er in der Stadt war. In
dem Kamjif wurde er von den ersten ller-
bornern empfangen, die Bürgerssöhne hatten
daselbst eine Ehrenpforte gebaut und vor
derselben eine Compagnie zu Grenadier
gekleidet, welche sich bei ihm die Gnade
ausbaten, die Ehrenwache auszumachen,
welches er auch begnadigte. Sodann folgten
die übrigen Bürgerssühne in Reih und Glied,
nachdem schlössen sich die Bürgerstöchter
an, welche ihm zuerst ein sehr sclKines
Kissen mit einem Karmen [N. 1 ] über-
reichten. Am Thore war auch eine Ehren-
pforte gebaut, wobei die Ratsherrn standen
und ihm einen silbernen Präsentierteller
mit einem Karmen [N. 2] überreichten,
und sich dann die Biirgerstöchter schlössen ;
so ging der Zug durch die Stadt, wo die
Bürger in Gewehr auf beiden Seiten der
Strasse standen und an denselben sich die
Schulknaben, welche auch ihr Gewehr hatten,
anschlössen ; zuletzt kamen die Schul mädchen.
Nun ging der Zug nach dem Schulhof, wo
dann so viele Menschen waren, dass man
fast nicht durch konnte kommen. Sobald
er in den Schulhof kam, gingen die Pauken
und Trompeten an, der Prorektor') über-
reichte ihm die beiden Scepter und hielt
sogleich eine kleine Rede an ihn. In dem
Schulhof standen alle diejenigen, welche zur
Hohen Schule gehörten, worunter auch unser
Vater war, und machten ihr Kompliment.
Nun wurde er zuerst auf die Senatsstube
geführt, wo auf demselben Gang eine Ge-
sellschaft kleiner Mädchen von G — 10
Jahren ihn unvermuthet überraschten und
ihm ein Blumenkörbchen, formiert wie eine
Urne, mit einem Karmen [N. 3 I] über-
reichten. Dann ging der Zug in das Audi-
torium, wo Herr Prof. Beier'') und Böttcher**)
*) Prorektor war von Herbst ISOO bis dabin
1802 der Professor der Theologie Geor;^ Wiüj.
Lursbach, ein berühmter Orientalist (1752
bis lS16j, der seit 1791 der Hohen Schule an-
gehörte, aber im Jahre 1812 einem Kufe nach
Jena folgte. Vgl. (.'uno in Annal. XIII, 19 tl'.
') Job. Franz Beyer (1767—1814) gehörte
vom Jalire 1794 als l'rotes:>or der (.ieschichte
und liercJsamkeit der lluhen Schule an.
") Heinr. LuJw. Christ. Böttger (1771 bis
181,j) war von dt-m Jahre 179G bis ISOti Pro-
eine Rede hielten. Jetzt wunb- in das
Haus des Herrn v. Almendingen'j gegangen,
wo gefrühstückt wurde; aus dem .Vuditorium
bis dahin war wieder eine Reihe Mädchen,
welche ilnii einen Blumeiikran/ überreiihtcii.
Fr hielt sich daselbst ungefähr 1 Stunde
auf, während dem noch alle Züge vorbei
raussten passieren! Da fuhr er von allen
wieder begleitet fort '*
..Den Abend hatten wir in dem .Audi-
torium einen Ball, wo is,3 Personen waren,
denn aus der ganzen Gegend von hier waren
Leute drauf, man konnte fast nicht tan/en
vor lauter Menschen, wir haben uns aber
doch recht lustig gemacht. Das Jubeln der
Leute dauerte ungefähr 3 — 4 Tage, da war
alles vorbei." Soweit unser Bericht, in
welchem noch die freudige Erregung der
Schreiberin über das Erlebte nachklingt.
Am 14. besuchte der Fürst Haiger und
reiste am If^. über Diez nach Oranien-.tein.
F. Otto,
Chronik.
Altertums-Verein zu Herborn.
Der Altertums-Verein zählte am Jahres-
schluss (31. März 1900) SO Miti^dieder.
Die Sammlungen des Vereins umfa^Nsen
3894 Gegenstände und zwar:
Bücher 610 Bände, darunter 94 Her-
borner Drucke, aus dem It!. bis 18. Jahr-
hundert; sonstige Schriftstücke, Urkunden.
Einblattdrucke 1050 Stück; (Ölgemälde,
Bilder, Landkarten etc. 327, Ritter-
rüstungen, Watten, Fahnen und Geräte
aller Art 920 Stück, Münzen und Medaillen
957, Zunftsiegel undSiegtdabdrücke 30 Stück.
Der Zugang im abgelaufenen Jahre be-
trug über 900 Stück, Eine Aufzählung
fessor der Rechte und trat ini Jahre 1806 in
den praktischen Dienst über. Kr war es, der
die Rede hielt und zwar de iurisprudentia
Horatii, die nachher im Druck erschien, 20 S.
in 4".
') Lud w. Harscher von A 1 m o n d i n g e n
(176t) — 1827 ), ein bedeutender Jurist, war von
1794—1803 Professor der Rechte in Herborn,
später in verschiedonen Stellungen praktisch
thiitig. In seiner Heimat war er bekannt w.'i^en
seiner ausserordentlichen Zerstreutheit, die Faih-
geiiossen srhätztcn seine zahlreichen Si-hriften
hoch, in dein'n er eine tipfere Autrai-sunsf der
Kfchtsordnun-fen \ ertrat un<l neue .Vnachuuungen
und liet'ormeM aiiiialmte.
- 63 —
— G4 —
der GeL'enstünde uml der Geber lusst der
im Blatte vertii^diare Kaum nicht /u. —
Vtin den im Museum hetindlichen Gegen-
stunden seien hier einii,'e der wertvolleren
erwähnt : ein vorgeschichtlicher und ein
fränkischer Grabfund (grosse goldene Fibula,
Perlen und bronzene Gegenstände); die Ein-
lailun^' zum Reichstag nach Augsburg (1530)
mit Stemiielunterschrift K. Karls V. uml
der Geijenzeichnung Alexanders von Schweiss,
eines geborenen Hcrborners. Von diesem
Einladungsschreiben sollen nach Mitteilung
des Herrn Prof. De issmann in Heidelberg
nur nooh 2 weitere Exemplare vorhanden sein.
Ferner sin<l erworben geiren 200 Stück Feuer-
steinwatfen und Werkzeuge aus der älteren
und Jüngeren Steinzeit ; Funde aus den Kalk-
steinhöhlen bei Erdbacli und der Liittau
bei Herborn (Scherben von Thongefässen
und Knochen): die eigenhändige Nieder-
schrift der Komposition ..Die Wacht am
Rhein'*. Auf der Rückseite des betrefi'en-
Blattes befindet sich die Komposition für
das Lied: ,,Die ewige Grenzsperre"
vun Hotfmann von P'allerslebcn. Beide
Lieder wurden nach dabei befindlicher An-
merkung Wilhelms im März 1851- von ihm
komponiert. Die ..Wacht am Rhein"
trägt unter der Anmerkung die eigenbändige
rnterschrift des Komponisten. Das Blatt
kam als Geschenk an den ihm befreundeten
Direktor der hiesigen Präparanden-Anstalt.
Herrn Hopf, einen geborenen Schmal-
kaldener. Weiter sei erwähnt eine gefalzte
und eine geät/te Rüstung, sowie Waflen
aus dem Krieij^e 1870/71, ein Planeta-
rium und Himmelsglobus (von der ehe-
maligen hohen Schule). — Zu tlen im
FVühjahr an den Wänden des sogenannten
Rittersaales angebrachten Wappenschildern
der hiesigen Burgmänner, sowie des hier i
und in der Umgegi'nd von Herborn an- .
.sässigen Adels (44 Stück), kamen im Februar
d. .1. noch gegen 40 Wappen hiesiger i
Bürgerfainilien. aus dem 17. und 18. ,Lahr-
liunilert ; diesflben wurden nach Siegel-
abdrücken. Holzschnitzereien vom Rathaus, '
sowie nach Grabdenkmälern von mir an-
gefeitigt und im ..Corpus Inscriptionum
Herbornr-nsium"' in kleincrem Massstabe ab-
gebildet. V(jn der Museunisverwalfung in
Wiesbaden wurden mir 10 Stück hier ge- ,
prägter nassuuischrr Münzen aus ilen Jahren '
l(i8.3 — 1690 leihweise freundlichst zum
Nachbilden in Zinn überlassen. Die i,'ut
ausgefallenen Abgüsse wurden der Münz-
sammlung einverleibt. Letztere umfasst
ausserdem keltische und römische Mimzen,
sowie solche aus der deutschen Kaiserzeit,
fürstliche, bischöfliche und Städfemünzen
etc. — Die Chroiiik wurde von dem /weiten
Vorsitzenden Herrn Hopf weitergeführt und
die Inschriftensammlung von Gebäuden etc.
weiter vervollständigt.
Für den »3. August v. J. erging von
uns eine Einladuna: an den historischen
Verein zu Dillenburg zur Besichtigung
unserer Sammlungen, welcher eine grössere
Anzahl ^litglieder und deren Familien-
angehörige entsprachen. An den Besuch
des Museums reihte sich eine gesellige
Zusammenkunft im Ritter, wo bei einem
guten Trünke. Reden. Toasten die Stunden
bis zum Aufbruch unserer Gäste schnell
dahin schwanden. —
Die Eintragung des Vereins ins Vereins-
register wurde von der General versamjulung
beschlossen. Die bisherigen Satzungen des
Vereins waren vorher von Herrn Gerichts-
rat Raab durchgesehen und einige von dem-
selben vorgeschlagene Aenderungen fanden
einstimmige Annahme.
Zu den monatlichen Vorstandssitzungen
soll künftig den Vereinsmitglicdern ilie
Teilnahme ermi'iglicht werden und die Ein-
ladung im hiesigen Tagblatt dazu erfolgen ;
hoffentlich wird seitens derselben eine rege
Teilnahme an den Versammlungen statt-
finden und dadurch fördernd auf das Vereins-
leben eingewirkt werden.
Ein Verzeichnis aller austrestellten Gegen-
stände und der Büchersammlung wird in
aller Kürze erscheinen. — Seit Bestehen
des Vereins wurden verausgabt für Zimmer-
miete und Herrichten der Ausstellungs-
räume 612 M. 85 Pf, für Bücher 348 M.
80 Pf., für Herborner Drucke 101 M. 05 Pf.,
für Kuiistsachen 77 M. 90 Pf., für Aus-
grabungen und Funde 87 M. 22 Pf., für
Münzen 20 M. 23 Pf., für Hausgeräte und
Waffen 31 M. 60 Pf.
Das Vereinsjahr be;;innt künftig mit
dem 1. Januar. Der bisherige Vorstand
wurile wiedergewählt.
J. IL II offmann.
Im Auflrage des VursUnilrs li«rau'');e^el)ea von <Jer RetlakUoDt-Kuniniiaaiou. Diuck vou Kud. Becbtulil A Cümp., Wiesbaden.
Mitteilungen
des
Vereins für Nassaiiisclie Altertumskunde
und Geschiclitsforsehuim'
an seine >I i t s 1 i e d
e i*.
l'MM) VMn.
I. Oktober
No. 3.
Vereiiisiiacliricliten.
(Vom 1. Juli liis 30. September 1900.1
Im IMitglietlerbestand sind folgende Ver-
änderungen eingetreten: Neu aufgenommen
sind die Herren städtischer Baudirektor
Frobenius, praktischer Arzt Dr. med. Karl
Winckler, Rentner Adolf Ilartmaun, prak-
tischer Arzt Dr. med, Jul. Müller, Ober-
regierungsrat Hempting, Architekt Val, Woll-
stadt, Oberst z. D. Vanselow, Architekt
Karl Dormann, Direktor Dr. Schneider
(Wiesbaden), Oberförster Lieber, praktischer
Arzt Dr. med. Fritz Klein, Regiorungs-
bauführer Heinrich Braune (Idstein). Haus-
vater Aug. Korf iOberursel', Pfarrer Müller
(Liebenscheid) und das Museum der Stadt
Metz; gestorben sind die Herren Pfarrer
Deissraann (Erbach), ein langjähriges, um
die nassauische Geschichtsforschung sehr ver-
dientes Mitglied. Sanitätsrat Dr. med. Müller
(Wiesbaden), Hauptmann a. D. Kroeck
(Charlottenburg), Se, Durchlaucht Graf
Friedrich zu Solms-Laubach ; ihren Aus-
tritt haben angezeigt Herr Karl Ebhardt
(Wiesbaden) und der Verein für Anthro-
pologie und Landeskunde zu Koburg. Die
Mitgliederzald beträgt 454.
Der Bibliothek des Vereins ging das
Album des Wilhelnisturmos zu Dillenburg
als Geschenk des dortigen Historischen
Vereins zu, ausserdem hat der Verein Herrn
Piopenbring zu Königstein und Herrn Dr.
jur. Ale.xander Tietz zu Frankfurt a. M.
für die Uebersendung ihrer Schriften zu
danken.
Auf der vom 21. bis 28. September
in Dresden tagenden Generalversamndung
des Gesamtvereins der deutschen Gcschichts-
U\\-
und Altertumsvereine vertrat llt.n- .\ii
direktor Dr. Wagner unseren Verein,
Bei den beiden in diesem Quartal unter-
nommenen Ausflügen war die Thcilnalinn-
der Mitglieder erfreulicher Weise eine sehr
rege. An dem Austiug nach Mainz am
11. Juli zur Besichtigung der Gutenberg-
Ausstellung und des römisch-germanischen
Museums sowie der römischen Wasserleitung
bei Zahlbach nahmen über CtO Personen
Teil. Die Gutenberg-AusstellunL' hatte eine
besondere Anziehungskraft, zumal Herr Stadt-
bibliothekar Professor Dr. Velke sich bereit
erklärt hatte, die Führung zu übernehmen,
und es dadurch den Teilnehmern ermög-
licht wurde, trotz des in Anbetracht des Ge-
botenen viel zu kurz bemessenen Besuches
einen Ueberblick über das Ganze und einen
genaueren Einblick in die interessante-
sten Teile der Ausstellung zu gewinnen.
Auch der Ausflug nach der Burg Reichen-
berg bei St. Goarshausen am 20. Juli ver-
einigte über 30 Mitglieder und Gäste des
Vereins. Ausser aus Wiesbaden halten sich
Mitglieder aus Idstein, Rüdesheim und
St. Goarshausen eingefunden. - Die herrliche
Rheinfahrt, das fröhliche Zusammensein in
St. Goarshausen und die gastliche Aufnahme
auf der Burg seitens des Besitzers Herrn
Professors Dr. v. Oettingen und seie.er
Familie wirkten zusammen, um den Tag für
jedes empfängliche Gemüt zu einem wirk-
lich genussreiihen zu machen. Die ein-
gehende Besichtigung der Burg unter
Führung des Besitzers, eingeleitet durch
einen auf gründlichster Sachkenntnis be-
ruhenden, von tlen bisherigen Ansichten in
wesentlichen Punkten abweichenden Ueber-
blick über die Baugeschiclite, war von hohem
3
— 67 -
— 68 —
Interesse. Den um diese Ausflüge verdienten
Herren Velke. Kürber und v. Oettingen.
sowie des letzteren lielu-nswürdiger Frau
Gemahlin sei auch an dieser ^ftelle der
herzlioiiste Dank für ihre Bemühungen
gesagt.
Terwaltiniffs-Bericlit
des Altertums-Museums.
(Vom l. Juli bis 30. Sept. 190O.j
Der Verwaltungsberieht des Museums
erscheint wegen Abwesenheit des Herrn
Museumsdirektors in der nächsten Nummer.
Funde.
Etwa 750 m südöstlich von Dachseii-
hausen. im Bachlieimer Walde, wurde
bei Anlage der neuen Kleinbahn ein tiefer
Einschnitt in das Terrain gemacht. Hierbei
fand sich ein Grab, dessen Inhalt teilweise
durch die Aufm.erksamkeit des Herrn Lehrers
Gerhardt gerettet wurde. Die Grabstätte
bildet eine in den gewachsenen Boden leicht
eingeschnittene Mulde, deren tiefster Punkt
etwa 1 m unter dem Waldterrain liegt.
Weder Steine noch ein Erdhügel sind an
der Stelle bemerkbar. Verschiedene ähn-
lich in den gewachsenen Boden leicht ein-
geschnittene Senkungen, die sich in den
frischen Böschungen zeigen, deuten an, dass
noch weitere Grabstätten in gleicher Weise
dort angelegt sein müssen.
Das Grab ist ein Brand trrab. Nach der
Beschreibung war ein grosses Gefäss mit
Erde und Knochenresten angefüllt und mit
einem Deckel versehen. Die überlieferten
Scherben gehören zwei Gelassen an. Das
eine Hess sich mit den erhaltenen Scherben
zusammensetzen: es fehlen jedoch grössere
Teile. Es ist eine 22 cm hohe Schüssel
mit flachem, 15 cm weitem Boden und 36 cm
weiter oberer Oeft'nung. Es ist auf der
Aussenseite rauh, unten rötlich, oben dunkler
und ohne Verzierung. Da wo der Boden
ansetzt, zeigen sich Fin'-'creindrücke. Die
Innenseite ist schlecht geglättet und hat
gleichfalls zum Teil rötliche, zum Teil
dunklere Farbe. Unter dem Rande ist das
Gefüss leicht nach innen eingebaucht : der
Rand ladet nur wenig au? und ist leicht
hiliräg abgestrichen. Der Brand ist schwarz
; unTl sehr hart, wenig mit Qnarzit vermischt.
Die Scherben des anderen Gefässes sind
dickwandiger mit starkem Zusatz von (^)uarzit,
auf der Innenseite geglättet und geschwärzt.
Der Befund des Grabes, sowie die Form
der hüben Schüssel weisen auf die Bronze-
zeit. Ein sehr ähnliches Gefäss ist ge-
zeichnet in den Veröffentlichungen der Karls-
ruher Samndung 1899, II. Heft. Tafel VI, 4
aus einer steinzeitlichen Niederlassung. In
der Umgebung der Grabstätte liegt ein aus-
gedehntes Grabfeld mit nur unberührten
Grabhügeln, das von Herrn Pfarrer Bender
zuerst beobachtet wurde. Der Dreiecks-
stein 1406 im Distrikt ..Hohewald- steht
auf einem mächtigen Hügel. In der Nähe
desselben liegt eine kreisrunde Tenne, die
sich etwa 20 cm über dem Boden erhebt
I mit 25 m Durchmesser, auch zeichnet sich
daneben ein Viereck ab, das wohl von einer
i Hütte herrührt. Das Dorf lag hier in der
i Nähe der von Braubach zum Wisperthale
\ führenden Hochstrasse.
Oberlahnstein. R. Bodewig.
Miscelleii.
Die Originalhandschrift des
Eppstein* sehen Lehnbuches aus dem
Ende des 13. Jahrhunderts.
Die Freunde der Geschichte nicht nur
Nassaus, sondern der Rhein- und Mainlande
überhaupt wird es interessieren, zu erfahren,
dass die Originalhandschrift des Eppstein-
scben Lehnregisters, die lange Zeit verschollen
war, neuerdings wieder ans Tageslicht ge-
treten und durch die Königliche Archiv-
verwaltung für das Staatsarchiv in Wies-
baden erworben worden ist. Sie ist ein
Pergamentband in Oktavformat mit 43
Blättern, darunter 42 beschriebenen, denen
nachträglich eine Lage Papier mit einem
von einer Hand des 16. Jahrhunderts ge-
schriebenen Ortsregister vorgeheftet wurde.
Ein brauner gepresster Lederband mit Holz-
deckeln schliesst die Blätter ein und konnte
ehemals durch zwei geflochtene messing-
beschlagene Ilanfbänder zusammengehalten
werden, von denen jetzt nur eins noch vor-
hai;den ist.
Das Register ist von einer Hand ge-
.schrieben, und die Schrift ist die des aus-
gehenden 13. Jahrhunderts; nur am Schlu.ss
— 6!)
.(I —
findet sicli ein Zusatz von einer wenig
jiinwren Hand, und die Kintragung auf iler
letzten Seite, sowie eine solche auf S. 40
gehören dem 15. Jahrhundert an.
Auf der ersten Seite der I'apierlage
findet sich von einer Hand aus dem An-
fange des 16. Jahrhunderts die Aufschrift:
1200 Epsteinisch DncJilin über die Ep-
steinischen Rcnt und tehen; darunter von
jüngerer, aber gleichfalls noch dem It).
Jahrhundort angehörenden Hand die Worte:
Dieses Bilcldins Inhalt r/leich ist noch
ein Lateinisches furhanden, so dem Ad-
vocaten D. C. K. zugescJiicl-ht.
Die Handschrift enthält, abgesehen von
einigen eingestreuten l^rkunden, ein Register
der Passiv- und Aktivlehen der Herrn
v. Eppstein, oder, um mich genauer aus-
zudrücken, Gottfrieds IV. vonEppstein; denn
am Ende der Regierungszeit dieses Dynasten,
und von ihm veranlasst, ist das Register
angelegt worden. Da er um 1294 irestorben
ist und in der Handschrift das Jahr 1290
erwähnt wird, so ist die Abfassung in die
Zwischenzeit zu verlegen.
Der Lehnsbesitz der Eppsteiner lag am
Mittelrhein und am unteren Main. Er war
ausserordentlich bedeutend und bestand in
Gütern und Nutzungen verschiedener Art.
Da nun das Register die Lehnstücke und
die Xamen der Belehnten einzeln autführt,
so ist ersichtlich, welchen Wert es für die
Familien- und Ortsgeschichte der Rhein-
und Maingegenden haben muss, ganz abge-
sehen von der allgemeinen Bedeutung, die
ihm in rechts- und wirtschaftsgeschichtlicher
Hinsicht zukommt. Seinem vollen Werte
nach ist es noch niemals gewürdigt worden,
auch benutzt ist es nur sehr wenig. Die
erste Erwähnung, die ich bisher habe fest-
stellen k()niien, erfolgte in einer von kur-
mainzischer Seite ausgegangenen Rechts-
deduction gegen die An-prüche der Grafen
Stolberg auf die Grafschaft Künigstein. Sie
erschien ohne Jahresangabe, gehört aber in
das Jahr 17 30 und führt den Titel: An die
hm. Kayserl . . . Majestät Allcninter-
thäniqste Exceptiones ... In anmasz-
lichen K/af/-Sachen Deren sainhtlTclien
Grafen zu Stolberg Contra Sr. Chur-
Jürsll. Dnrchleiicht zu Magntz. Die dem
Hohen Ertz- Stift Magnfz anderthalb
Sarcnla hindurch i}icorporirte Graß'schajft
KiJnigstein betreffend. Hier wird (Beilagen
Nr. 31 S. 95) unter der Uebcrschrift :
Extract einr.s alten Ei/steinisrhen Per-
gamenen Lager-lUirhlrins, norin Wn/laiid
Godefridus Herr zu Epstein seiner Ilcrr-
srJiajft soicohl Actio (ds Pas>ir-L,hcn
beschrieben . . . eine Stelle des Lelinbuchcs
mitgeteilt, die dann W'enck in seiner Hessi-
schen Landesgeschichtc HI, S. .015) be-
nutzt hat, während er weder in diesem
Werke, noch in seiner Schrift : Dijibnnd-
tische Nachrichten von den ausgrstijrltiDe.n
Dgnasten von Eppenstein, Darm^tadt 1775,
das Register kennt. Wenn Bodmann
{Rheingaidsche AHertüinei\ S. 600) das
..uralte eppsteinische Lehubüchlein (Saec.
XII)'' erwähnt und eine Stelle daraus mit-
teilt, .so will er offenbar den Glauben er-
wecken, als ob er die Handschrift selbst
eingesehen hat. Doch ist dies unrichtig,
worauf schon die falsche Altersbestimmung
hinweist; er kennt die angeführte Stelle
lediglich aus Wencks Hess. Landesgesch.
Was in neuerer Zeit aus dem Lehnbuche
bekannt geworden ist, wurde nicht der in
lateinischer Sprache ixeschriebenen Urschrift
entnommen, sondern einer im 15. Jahrhundert
angefertigten deutschen Uebersetzung, die
sich im gräfiich Stolberg'schen Archiv ehe-
mals zu Ortenberg in der Wetterau be-
findet (vgl. Annalen XIX. S. 55),
Bei der Wichtigkeit des Registers wird
es gewi:-s auf all;remeine Zustimmung zu
rechnen haben, dass eine Veröffentlichung
nach der Originalhandschrift in Angriff ge-
nommen ist,
Wiesbaden. P, Wagner.
Die Berufung- des waldeckischen
Hofraedicus Joh. Theod. Fritze nach
Dillenburg".
Als im Jahre 17G3 die Stelle eines
Medicus und Landphysicus zu Dilienburg
und ebenso durch den Abgang Schröders nach
Groningen (1761) die eines Profes-ors der
Rechte an der hohen Schule zu Ilerburn neu
besetzt werden musste, war es die Aufgabe
des damaligen Regierungsrates von Meuse-
bach zu Dillenburg. Vorschläge \on geeig-
neten Personen für beide Stellen zu machen.
Da er selbst zu wenig Kenntnis auf diesem
Gebiete hatte, wandte er sich an den ihm
befreundeten Leibmedicus des Herzogs von
Sachsen-Eisenach. Dr. JJi. Aui:ii-.fin Stöilcr
— 71 —
ZU Eisenacli. dem er grössere Bekanntschaft
mit i'assenden rersünlichkeiton zutraute, um
Auskunft. Uns liegen drei Schreiben Meuse-
bachs in dieser Sache vor, die wir der
Freundlichkeit des verstorbenen Majors
Freiherrn von Wangenheim verdanken ; sie
erscheinen uns interessant genug, um daraus
einiges auszuheben, einmal weil sie zur Be-
rufung eines Fritze nach Nassau führten.
wo diese Familie nachher zu hohem An-
sehen und Ehren gelangte [wir nennen blos
den Professor der Medicin zu Herborn
Friedrich August Fritze (1754 — 182G) und
den als Geheimen Rat im Jahre 1880 ver-
storbenen früheren Leibarzt des Herzogs
von Nassau Wilhelm Fritze], sodann weil
sie uns über die damaligen Verhältnisse im
Dillenburgischen unterrichten, endlich weil
sie ein lebendiixes Zeugnis der Eigenart des
originellen Regierungsrates von Meusebach
in Sprache und Schrift ablegen
Ueber das Leben und die Sonderbar-
keiten dieses Gottlob Georg von Meusebach
(er selbst unterschreibt sich in seinen Briefen
G. G. J. Meussbach oder Meusbach) haben
wir in der Lebensbeschreibung seines Neffen
Karl Hartwig Gregor v. M. in den Annalen
XXr (1889) S. 54 f. einiges beigebracht;
wir wiederholen hier nur, dass er im Jahre
1733 zu Vockstad in Thüringen geboren,
im Jahre 1756 in die Justizkanzlei zu
Dillenburg eintrat, 1761 zum wirklichen
Regicrungsrat ernannt wurde und im Jahre
1804 als Geheimer Rat starb.
Der erste Brief ^leusebachs ist an seinen
Freund StöUer zu Eisenach, der zugleich
der Schwiegervater des oben genannten wal-
dcikischcn Hofmedicus Joli. Theod. Fritze
war. gerichtet ; wir setzen ihn vollständig
nach seinem Wortlaut hierher:
,,Wohlgebohrner Herr!
Insondres Hochgeehrtester Herr Rat I
Lange nichts von Ew. Wohlgeb. ge-
hurt oder gesehen. Wie befinden Sie
sich mit Dero ganzen hochwerthesten
Familie V Ich und mein Bruder sind, Gott
sey davor Dank gesagt, vollkommen wohl.
I ie gütige Vorsehung des Höchsten hat
mich bey der seit Ostern ganz über-
häuften Arbeit, da weder der gewöhn-
lichen Motion noch Brunnenkur, noch
Aderlässen'), noch sonstiger einiger Stür-
') Jährlich odor in ijestimmtoii Fristen zur
kung oder Erleichterungs Medicin mich
bedient, bei fast beständigem sitzen und
Actenlesen und scb reiben so gesund er-
halten als nur wünschen können. Ich
hatte und habe zum Theil mit in Ord-
nnuLTbringung der seit vielen Jahren
derangirten Academie zu Herborn ■) meine
emsigste Beschäftigung. Es muss bey
solchen Sachen ein besonderer Weg seyn.
Jetzt fehlt uns noch ein Professor iuris
auf ersagter Academie und hier in Dillen-
burg ein Medicus und Landphysicus. Euer
Wohlgeb. haben viele Kenntniss in der
gelehrten Welt, ich bin also so frey Die-
selben hierdurch ghst zu befragen, ob
Ihnen nicht zu beyden oder wenigstens
einer der besagten Stellen ein tüchtiges
Subjectum bekannt sey. Der Jurist muss
durch specimina, die man zuvor zu er-
langen und durchzusehen wünscht, sich
bekannt gemacht und der Medicus und
Landphysicus seinen Gottesacker bereits
voll haben, mithin nicht erst an uns die
Probe maclien \Yollen, i. e. er muss
peritissimus seyn. Von beyden, in specie
dem ersten, wird erfordert, dass sie sich
zur reformirten Religion bekennen. Wegen
des ersteren erfordert solches die Fun-
dation der Academie zu Herborn. Wegen
des letzteren kommt es doch so gar sehr
nicht darauf an, der kann auch luthe-
risch, aber nicht catholisch seyn."
Dem Briefe waren zwei Einlagen bei-
gefügt; in Betreff des einen bemerkt Meuse-
bach: ,,Der Brief nach Weissenfeis ist
franco partout, weil der Mann nicht viel
Geld hat, an den er gerichtet ist. Ich bin
also so frey Dero Einsicht zu überlassen,
wie er ohnentgeltlich an Ort und Stelle
zu bringen. Er hat keine Eile." Eine
zweite Nachschrift besagt: ,, Puncto Salarii
aliornuKiue Emolumentorum kann die er-
fordert werdende Nachricht sogleich erfolgen,
als man nur weiss, dass einer oder der
andere den Westerwald zu beziehen Lust
hat.^'
In Betreff der ersten Frage wusste, wie
Ader zu lassen, war bekanntlich damals eine
Massregei zur Erhaltung der Gesundheit.
'^) Ihr officieller Name war Holio .Schule, da
sie die Rechte einer Universität nicht erlaiicrt
und iler (iraf Juliann sich nicht s. Zeit um sie
beworben hatte. Ihren „derangierten'' Zustand
näher zu beleuchten ijehört niclit hierher.
— 7.J —
74 —
fs scheint, Stöller keinen Rat zu erteilen ;
feie wurde erst si)ätor, im Jahre 17(5»), er-
ledigt durch das Aufrücken des zweiten Pro-
fessors Wülrad Burchardi (1734 — 1793)
in die erste Professur und des Lectors Job.
Ileinr. Eberhard aus dem Ilanauischen in
dessen Stelle. Für das Amt des ]\Iedicus
und Landphysicus fasste er seinen Schwieger-
sohn Fritze zu Arolsen ins Auge, über-
schickte ihm den Brief Meusebachs und
überliess ihm, sich persönlich zu melden
und mit Meusebach zu verhandeln. Darauf-
■ hin gab dieser am 1. November 1763 seine
Bereitwilligkeit auf den Vorschlag einzu-
gehen, wenn ,,er dadurch sich nicht ver-
schlimmere"', zu erkennen und stellte fünf
,,SpezialfraLren'' zu seiner Orientierung, die
uns aber nicht vorlagen und die Meusebach
in einer, uns gleichfalls nicht erhaltenen Bei-
lage zu seiner Antwort vom 29. November
beantwortete ; zugleich erbot sich dieser zu
weiteren schriftlichen oder mündlichen Auf-
schlüssen über einzelne Punkte. In einer
Nachschrift fügt er hinzu : ,, Sollten wir so
unglücklich hier seyn, dass Ew. Hoch Edel-
gebohren die in der Anlage beschriebenen
Umstände nicht so getielen, dass Sie da-
durch bewogen würden anhero zu kommen,
so beschwere ich Sie bey der Freundschaft
Ihres Herrn Schwiegervaters, unseres so
wohlmeynenden rechtschaffensten gemein-
schaftlichen Freundes (welch ein heiliger
Nähme ist das!) uns doch wenigstens die
Gefälligkeit zu erzeigen und entweder allein
oder mit Beyhülffe Ihres Herrn Schwieger-
vaters darauf zu dencken, dass ein ander-
weites in Verdiensten und Geschicklichkeit
Ihnen gleich kommendes Subjectum zu der
dahier erledigten Stelle baldigst vorge-
schlagen werde."
Nachdem darauf Fritze persönlich zu
Dillenburg sich besprochen, teilt ihm Meuse-
bach am 2. Februar 1704 mit, dass des
,, regierenden Herzogs, ihres gnädigsten Herrn
Durchl." die vorgeschlagene Wiederbe-
setzung des Landphysicats genehmigt habe.
„Ich gratulire uns, fügt er zu, dass wir
llofnung haben, Ew. Wohlgeb. werden
diesem Ruff folgen und uns mit Dero höchst-
angenehmer Gegenwart baldm.')glichst be-
ehren'' und am Ende des Briefes: ..Eilen
Sie nur zu uns zu kommen. Wir schicken
deswegen diesen dahier von uns ausgelohnt
werdeudun Expressen. Der Herr von Rau-
schard') ist sehr krank . . . Mi bin husscr
Stand zu beschreiben, was von allen inge-
mein dahier Ihnen gutes ge'jimnt und ge-
hofft wird. Der Can/ley-Director Spanknabc
(80 Jahre altj*) ist würklich auch etliche
Wochen krank und sehnt sich sehr nach
Ihnen . . . Der Herr von Erath'") ist reellc-
raent krank und viele andi're.'" Dann
schliesst er mit der Aufforderung, er solle
vorerst allein kommen, gerade bei ihm ein-
reiten und von ihm Anweisung für eine
Herberge ail Interim erwarten u. s. w. Am
10. Februar endlich erhielt Fritze den er-
betenen Abschied aus waldeckischen Diensten.
F. (Jtto.
Die Wiesbadener Kurliste.
Was wir über das Badclebcn Wiesbadens
in der Vergangenheit wissen, ist gering und
reicht nicht aus, ein irgendwie zusammen-
hängendes und anschauliches B;ld des Kur-
lebens in früheren Zeiten zu gewinnen. Es
hat dies seinen Grund darin, dass die heute
so mächtig sich entfaltende Stadt noch bis
in das neunzehnte Jahrhundert hinein ein
unbedeutendes Städtchen geblieben war.
Die an sich seit dem siebzehnten Jahr-
hundert nicht eben spärlichen, mit rühm-
lichen Ausnahmen sich gegenseitig aus-
schreibenden älteren Badeschriften über
Wiesbaden werfen nur hier und da einige
Streitlichter auf das eigentliche Badeleben
und erst das neunzehnte Jahrhundert weist
eine, wenn auch keineswegs reichhaltige,
Litteratur auf. die das Leben und Treiben
der Kurstadt als solches zu schildern unter-
nimmt.
Mit der von Jahr zu Jahr wachsenden
Bedeutung Wiesbadens als Weltkurstadt
gewinnt aber auch das hiesige Badeleben
früherer Zeiten an Interesse und alles, was
als Quelle dafür dienen kann, sollte sorg-
sam gehütet und vor der Vergessenheit und
Vernichtung bewahrt werden. Die folgcu-
^) Karl Heinr. v. Rauschard starb als Geh.
Rat und Archivdirektor zu Dillenburg am
11. Mai 1T9Ö, alt 55 Jahre und 10 Monate.
' I Johann Kcard S].iinknabe starb als Rc-
gierun;T:s(lirektor und Geh. Justizrat am 4. Januar
1777, alt 85 Jahre und cJ Monate, war also 1764
bedeutend jünger, ala M. meint.
^1 Antun Ulrich von Krath, bedeutender Ge-
schichtsfoi-joher, geb. 1701*, starb als Geh. Jusliz-
rat im Jahre 1773 am 2ö. August.
— I J
— <K —
dcu Ucm.rkuiigon über ilio aliiiiäliliohe Ent-
wiiklung iler Wiesbadener Kurliste möchten,
so geringt'iigiger Art der bebaudelto Goiren-
staud auch zu sein scheint, doch vielleiclit
iu der angeilouteten Richtung für die Kur-
geschichte Wiesbadens von Nutzen sein.
Die Wiesbadener Kurli^te hat sich aus
dem Wiesbadener Woclienblatt oder, wie
der Titel dieses Blattes ursi>rüDglich lautete,
aus dem ..Uoch Fürstiich Xassau-Saarbriick-
Usingischen privileirirteu gemeinnützigen
Wiosbader Nachrichten und Anzeige", wie
sie der erste Wiesbadener Drucker Johannes
Schirmer seit dem Jahre 1770 erscheinen
licss, cntwi.kelt. In diesem unter amtlicher
Kontrolle bteheuden Blatte war auch von
vornherein der Abdruck der Liste der an-
gekommenen, durch- und abgereisten Passa-
giere und Kurgäste mit Angabe des Tages
ihrer Ankunft und Abreise, sowie ihres Ab-
steigo<[uartieres vorgesehen. Diese Rubrik
bildete wenigstens im Sommer auch den
umfangreichsten Bestandteil des freilich
äusserst mageren Blattes und trug dadurch,
dass sie die Kun.'äste zum Kaufen von
Einzelnummern veranlasste, wesentlich dazu
bei, dass der Drucker bei der sehr ge-
ringen Abonnentenzahl auf seine Kosten
kam. Die Kurgäs'e wurden nach den Bad-
häusern, in welchen sie abgestiegen waren,
und diese unter sich aljdiabetisch aufge-
fiihrt, nur das Ilospitalbad folgte an letzter
Stelle und hinter diesem die jüdischen Bad-
häuser .,Im h.ilben Mund" und ..Zum Reb-
huhn'*. In gleicher Weise wurden die in
den Gasthäusern eingetrotfenen ..Passagiers"
verzeichnet. Dies blieb so, bis im Jahre
1805) Israel Säbel, der Besitzer des Bad-
hauses ,,Im halben Mond", darauf antrug.
dass sein Badhaus alphabetisch mit in die
Reihe der übrigen Badhäuser aufgenommen
werde, da er durch das bi-herige Verfahren
in seinem Geschäfte geschädijjrt wenlc und
der Unlei schied zwischen Chri-ten und Juden
in dieser Beziehung doch nicht mehr am
Platze sei. Die Landesregierung verfüutc
demgeiüäss unter dem 4. August 1809.
dass die beiden jüdi-chcn Badhäuser zwar
in die übrigen eingereiht, jetloch als jüdische
bezeichnet werden sollten. Damit war Sabcl
aber nicht gedient und in wiederholten Ein-
gaben ilrant: er darauf, dass ebenso, wie
die übrigen nicht als Christeubadhäuscr be-
zeichnet würden, sein Badhaus unter dem
einfachen Namen aufgeführt werde. Schliess-
lidi unter dem 1(5. Juni 1810 wurde die
Weglassung der besonderen jüdischen Be-
zeichnung ..als dem dennaliuren genio Seculi
nicht mehr angemessen" genehmigt.
Abgesehen von den Namen der Kur-
gäste tinden sich auch sonst mancherlei in-
teressante, auf das Kurleben bezügliche
Nachrichten in dem Wochenblatt, wie z. B.
in Nr. 1 des Jahrgangs 1602 die
Angabe, dass im Jahre ISOl die Zahl
der
Kurgäste
sich auf 10 417
die der
Durchreisenden auf 2039 und der im
Hospital Aufgenommenen auf 359. die Ge-
samtzahl aller Fremden also auf 12 815
Personen belaufen habe, ferner dass die
höchste Woclienfre([uenz 1700 Gäste be-
tragen und dass vom 1, Januar 1782 bis
Ende 1801 die Ges:imtzahl der Gäste durch-
schnittlich 5013 gewesen sei, sodass W'ies-
baden in diesem Zeitraum von mehr als
100 000 Personen zum Kurgebrauch besucht
worden sei.
Bis zum Jahre 1803 war die Liste der
Kurgäste zusammen mit dem Verzeichnis
der durchreisenden Passagiere ein integrieren-
der Bestandteil des Wochenblattes. Die erste
beson ere Wiesbadener Kurliste erschien
im Sommer des Jahres 1804 von Mitte
Mai bis Mitte August und zwar in zwei-
maliger wöchentlicher Ausgabe : die eine
Mouta.iTS zusammen mit dem Wochenblatt,
die andere Donnerstags. Jede dieser Listen
brachte die Namen der Gäste, welche in
der verflossenen halben Woche angekommen
waren. Die neue Einrichtung hatte aber
vorläufig nur kurzen Bestand. Der Absatz
der Kurliste, die den Abonnenten des Wochen-
blattes überdies unentgeltlich zugestellt wer-
den musste. deckte die entstandenen Mehr-
kosten nicht unil zudem verlangte die Fürst-
liche Polizei-Dei»utation. dass nicht nur die
niu angekommenen, sondern sämtliche an-
wesenden Kurgäste jedesmal mit Namen
aufgeführt \v erden sollten. Schon im nächsten
Jahre wurde die Kurliste auch für die
Sommermonate dem Wochenblatt wieder
einverleibt. Aber auch siȊter. als ilie Sonder-
ausgabe der Kurliste eine dauernde Ein-
richtung wurde, blieb diese mit dem Wochen-
blatt doch so eng verbunden, dass wir ihre
Entwicklung nicht verfolgen können, ohne
auf die Schicksale des letzteren Rücksicht
zu nehmen. Das Folgende bietet somit
— 77 -
(■> —
zuirlcidi oiiio Krgäuzun.ir zu dem zweiten
Ahschiiitt meines friilieren Aufsatzes: ,.L)ie
Iiitelligenzbiiitter der uassauischen Fürsten-
tümer''.')
JMit dem Jahre 1808 ging das nassau-
usingisehc Iiitelligeiizblatt, zuletzt Wies-
bader Wochenblatt genannt, ein. Das Iler-
zoglicii Nassauiselic allgemeine Intelligenz-
blatt, das mit dem Verordnungsbbitt als
Beilage im Jahre 1S09 als Amtsblatt für
den ganzen Umfang des Herzogtums be-
gründet wurde , nahm das Wiesbader
Woehenblatt mitsamt der Kurlistc in sich
auf. so jedoch, dass letztere in der Zeit
vom 1, I\Iai bis 1. Oktober besonders ge-
druckt und als Beilage zum Intelligenzblatt
wöchentlich einmal ausgegeben wurde. Nur
ein Jahr blieb diese Einrichtung bestehen,
yian sah ein, dass das Intelligenzblatt als
herzogliches Reg'erungsblatt für das ganze
Land unzweckmässiger Weise mit einem
Ballast spcciell Wiesbadener Lokalnach-
richten beschwert wurde und sein erweiterter
Umfang es zugleich weniger geeignet machte,
den Lokalinteressen Wiesbadens so zu dienen,
wie es das Wiesbader Wochenblatt auch
in seiner bisherigen Eigenschaft als In-
telligonzblatt für das Fürstentum Nassau-
Usingen doch immer in erster Linie ;;e-
than hatte. Deshalb wurde mit dem Jahre
1810 das Intelligenzblatt seinen verschieden-
artigen Bestandteilen nach in vier sclbst-
ständige Blätter zerlegt und zwar 1) in das
Verordnungsblatt, welchem die Bekannt-
machung landesherrlicher Edikte, die Ver-
ordnungen und Mitteilungen der höheren
Landesbehörden, Nachrichten über die Hof-
und Staatsdienerschaft, sowie die Frucht-
preisc der hauptsächlichsten Märkte des
Herzogtums, sowie der Nachbarländer vor-
behalten würden, 2) in das Intelligenzblatt,
welches bestimmt war, Veröffentlichungen
über Versteigerungen, Verpachtungen und
ähnliche Anzeigen der herzoglichen Aemter,
Renteien und anderen öffentlichen Stellen,
Ediktalcitationen, öffentliche Warnungen,
Steckbriefe, Verordnungen und Bekannt-
machungen auswärtiger Staatsbehörden und
Privatanzeigen, soweit letztere von mehr
als lokalem Interesse waren, aufzunehmen,
3) in das Wiesbader Wochenblatt, welches
die Viktualien- und 3Iarktpreisc der Stadt
•j Ann. 29, S. 93—11 \.
\\ iesbaden, die angekommenen und abge-
reisten Freniile;). Auszüge aus dem Civil-
standsregister und die BekanntmachuiiL'en
der Lokalbchördo zur öffentlichen Kenntnis
zu bringen hatte. 4; in die Kurlistc, die
in der Zeit vom l. Mai I)is 1. Oktober
vom Wochenblatt getrennt als besonderes
Blatt lierausgegel)en wurde.
Die Redaktion des Verordnungs- un<l
Intel ligenzblattcs wurde einem direkt dem
Staatsministerium unterstehenden Regie lungs-
beamten, die des Wochenblattes und der
Kurliste der Polizei-Deputation unter Auf-
sicht der Landesregierung übertragen. Man
widmete der Kurliste jedoch bald besondere
Aufmerksamkeit und legte ihre Redaktion
deshalb nach kurzer Zeit auch in die Hände
des das \ erordnungs- und In'elligenzblatt
redigierenden Regierungsboamt n.
Demnächst wurden mehrfache Verbcsse-
rungen mit der Liste vorgenommen. Für
die Zeit vom 1. Oktober bis zum 1 Mai
wurde bei Angabe der Fremden im Wochen-
blatt die Aufführung der Badehäuser als
solcher fallen gelassen, da in dieser Zeit
nur äusserst selten wirklich ; Kurg ste darin
anwesend sei n. Behufs grösserer Zuver-
lässigkeit der Kurlisten und besser r Hand-
habung der Fremdenpolizei wurde auge-
ordnet, dass jeder Bad- um! Gastwirt ein
Fremdenbuch halten solle, in welches sich
jeder Gast sofort bei seiner Ankunft ein-
zuschreiben habe oder, falls er des Schreibens
unfähig, vom Wirt einzuschreiben sei. Auf
Grund dieser unter unmittelbarer Aufsicht
der Polizei-Deputation stehenden Fremden-
bücher mussten die Wirte am Samstag
Abend Ilauptmeldezettel aller in der Woche
angekommenen und abgereisten Fremden,
an den anderen Tagen kleine Ab- und Zu-
gangslisten einreichen. Ein Wirt, der schon
abgereiste Gäste als noch anwesend angab,
riskierte eine Geldstrafe von 10 Reichs-
thalern. Ausser den in den Bad- und Gast-
häusern eingekehrten KurLrästen wurden seit
18 1() auch die in Privathäusern abgestiegenen
P'remden mit in die Liste aufgenommen.
Alle wurden unter laufender Nummer auf-
geführt, sodass man aus den Kurlistcn der
nächsten Jahre, soweit sie erhalten sind,
die Zahl der jedesmal im Sommer vorhan-
denen Fremden sofort ersehen kann. Sie
beträgt für die Sommermonate Mai bis
Oktoberim Jahre 1S14 5936, 1^16 9117.
— Sit —
ISIS 10 42'J, l^rj llb03, IsÜU 11170.
1821 12420.
Kursfüate Durchgereiste im Gaiuca
1^22 . 6U56 6900 13 856
1S23 . 7078 r.208 13 286
1S25 . 6223 6763 12 986
1826 . 6277 8145 14422
1827 . 6430 8752 15 182
1828 . 6948 8455 15 403
1846 . 14030 20487 34 517
u. s. \v. Ms /um Jahre 1857, wu die Zäh-
lung der Kuriräste mit laufender Nummer
in der Kurliste aufhört.
Das einmal wöchentliche Erscheinen der
Liste erwies sich bei dem steigenden Frem-
denverkehr als unzulänglich. Deshalb be-
antragte der Buchdrucker Enders, an den
im Jahre 1819 der Verlag des Wochen-
blattes und der Kurliste überging — nach
Schirmers Tod hatte Johann Heinrich Frey
seit 1781 und nach dessen Tod am 19.
Oktober 1812 Freys Wittwe das Wochen-
blatt mit der Kurliste gedruckt — dass
ihm gestattet werde, den Preis von 1 H.
15 Kr. für das Wochenblatt zu belassen,
die Kurliste aber besonders zu berechnen
und dafür öfter ersclieinen zu lassen. Die
Landesregierung ging auf seinen Vorschlag
ein. Für 1820 wurde in Folge dessen die
Kurlisto im Mai, September und Oktober
wöchentlich zweimal, im Juni, Juli und
August wöchentlich dreimal herausgegeben
zugleich mit der Neuerung, dass in jeder Liste
auch die inzwischen abgereisten Badegäste
und Fremden, wenn auch nicht mit Namen, so
doch nach ihrer Nummer aufgeführt wurden.
Während der Verkaufspreis der Einzel-
nummern von bisher 4 auf 3 Kr. ermässigt
wurde, wurde jetzt ein besonderes Abonne-
ment zum Preise von 30 Kr. auf die Kur-
liste erörtnet. Mit dem Jahre 1822 trat
wieder eine gänzliche Aenderung in der
Einrichtung der Kurliste ein. Um eine
grössere Uebersichtlichkeit zu erzielen,
wurde das Blatt jetzt in vier Kolumnen
'geteilt, in denen der Name des Gast-,
Bade- oder Privathauses und daneben
die gerade anwesenden Kurgäste, die Durch-
reisenden und die Abgereisten ihrem Namen.
Charakter und Wohnort nach gemeldet
wurden. Die fortlaufende Nummerierunir
tiel fort, statt dessen wurde am Ende jeder
Liste die Znhl der anwesenden und abge-
reisten Kurgäste, sowie der durchgereisten
Fieindcn anircgebLU. Zugleich wurde die
Ausgabe der Liste auch fiir die 3Ionate
Juni, Juli und August auf eine zweimal
wöchentliche beschränkt. Bei dieser neuen
I^inrichtung ging sehr viel Papier verloren,
soda^s der Umfang, aber auch die Kosten
ganz erheblich zunahmen. Aus diesem
Grunde hatte der bisherige Drucker Enders
dieser von der Landesregierung angeord-
neten Neuerung auch Schwierigkeiten ent-
gegengesetzt. Statt seiner übernahm jetzt
der Hofbuchhändler L. Schellenberg den
Druck der Kurliste für 1822, indem man
ihm zugleich die Uebertragung des Wochen-
blattdruckes für das nächste Jahr in Aus-
sicht stellte. Schellenberg hatte bei 317
Abonnenten auf die Liste zu 30 Kr. und
dem Verkauf von Einzelnummern zu 3 Kr.
in Höhe von 1^ fl. 27 Kr. thatsüchlich
einen Verlust von 470 t\. 13 Kr. zu ver-
zeichnen. Als Entschädigung erhielt er im
nächsten Jahre, obschon bei der Vergebung
des Wochenblatts und der Kurliste von den
drei Druckern Enders, Riedel und Schellcn-
berg. ersterer der Mindestfordernde war,
den Druck und Verlag beider Blätter. Der
Preis für das Wochenblatt wurde auf 1 ti.
und für die Kurliste auf 40 Kr. festgesetzt,
während die Preisbestimmung von Einzel-
nummern der Kurliste der Willkür des
Druckers überlassen wurde. Die 1822
fallen gelassene Bezeichnung der Kurgäste
mit fortlaufender Nummer wurde bereits
1823 wieder eingeführt. In der Liste
wurden seitdem unter A. die eigentlichen
Kurgäste unter laufender Nummer und hinter
diesen unter B. die durchgereisten Fremden
ohne Nummern, aber mit jedesmaliger An-
gabe ihrer Gesammtzahl, verzeichnet. Dies
blieb so bis zum Jahre 1852. Seit dieser
Zeit wurde die Unterscheidung \on Kur-
gästen und blos Durchreisenden aufgegeben
und unter A. alle in Bad- und Gasthäusern,
unter B. alle in Privathäusern abgestiegenen
Fremden aufgeführt.
Im Jahre 1824 vergab die Landesregie-
rung Druck und Verlag des Wochenblattes
und der Kurliste an den Buchdrucker Riedel,
der sich verpflichten musste, Wochenblatt
und Kurlisto für 1 H. und die Kurliste
allein für 40 Kr. zu liefern. INIan bcschloss
jetzt, bei der Vergebung des Wochenblattes
und seiner Beilage einen zweijährigen
Wechsel unter den Wiesbadener Druckern
— >1 —
— 82 —
i'iiitrctcn zu lassen. Für 1S25 und lrt2(i
erhielt dcninaeh Enders wieder beide Blätter
und nach ihm kamen in zwcijäJiri.irem Tuinus
Selielleuberg, Riedel und alsdann wieder
Knders an die Reihe. Vom Jahre 1833
ab wurde neben der zweimal wi'ichentlich
erseheinenden Kur- und Fremdenliste in
Quartform für die Monate Juni, Juli und
August eine tägliche Fremdenliste in Klcin-
oktavl'ürmat, in der alle Fremden nach den
Bad-, Gast- und Privath;ii;sern verzeichnet
wurden, ausgegeben. Enders, in dessen
Händen damals der Wochenblattverlag lag,
bat, ihm den Druck dieser Liste, die durch
die darin erfolgenden Anzeigen besonders
rentabel war, dauernd zu übertragen. Die
Regierung aber erkl.'irte. die Kurliste nicht
vom Wochenblatt trennen zu können und
so blieb es bei dem üblichen Wechsel.
Schon im September 1827 war der Wirt
Johann Andreas Stein um die Konzession
zur Errichtung einer Druckerei bei der
Landesregierung eingekommen und hatte
gleichzeitig unter Hinweis darauf, dass
Schellenberg den Landcskalender, Riedel
das landwirtschaftliche Wo. henblatt, Enders
das Intelligenzblatt drucke, gebeten ihn
mit dem ständigen Druck des Wochen-
blattes zu betrauen. Er hatte die Kon-
zession erhalten und bezüglich seines be-
sonderen Wunsches war ihm die Gleich-
stellung mit den drei anderen Buchdruckern
zugesichert worden. Da er die Konzession
wesentlich in der Hoffnung auf die Erlangung
jenes Privilegs nachgesucht hatte, so zögerte
er mehrere Jahre mit der Begründung der
Druckerei, bis ihm deutlich gemacht wurde,
dass von einer erfolgreichen Bewerbung um
den Druck und Verlag des Wochenblattes
erst nach Begründung seiner Druckerei die
Rede sein könne. Für 1834 und 1835
trat er nun in die Reihe der Wochenblatt-
drucker ein.
Mit Rücksicht auf die Franzosen und
Engländer wurden seit 1836 zu der täg-
lichen Liste lateinische Lettern verwandt,
während die zweimal tä^Mich erscheinende
noch wie bisher mit deutschen Lettern
weitergedruckt wurde. Seit 1840 erschien
diese letztere auf Antrag tles Geh. Hof-
rats Dr. Peez vom 1. Mai bis P^nde Ok-
tober und brachte in ihrer ersten Nummer
die Namen aller Fremden, welche sich den
Winter über in Wiesbaden aufgehalten hatten.
Der Druck und Verlag der beiden
Blätter, der inzwischen von zwei zu zwei
Jahren wieder an Schellenberg, Fuders und
für 1842 und 1843 abermals an J. A. Stein
vergeben worden war, wurde bei dem mehr
und mehr zunehmenden Fremdenverkehr, der
vermehrten Abonnentenzahl und vor allem
in Folge des sich von Jahr zu Jahr ver-
grössernden Anzeigenteils zu einer .sehr er-
giebigen Einnahmeiiuelle für den jeweiligen
Drucker. Dies veranlasste die H-rzo^Miche
Rechnungskammer der Landesregierung vor-
zuschlagen, dem Drucker eine zu Gunsten
der städtischen Armenkasse zu zahlende
Abgabe aufzuerlegen. Die Regierung war
anfangs nicht geneigt auf diesen Vorschlag
einzugehen, sondern suchte vielmehr eine
Herabsetzung des Abonneraentspreises zu
erwirken. Zu diesem Zwecke Hess sie im
Oktober 1842 sämtliche Buchdrucker —
seit 1839 war Anton Scholz noch als fünfter
hinzugekommen — in diesem Sinne zur
Eingabe ihrer Angebote für den Druck
der Blätter autl'ordern. Die Drucker, die
durch eine Preisherabsetzung alle gleich-
massig geschä<ligt wurden, vereinigten sich
und weigerten sich auf andere Bedingungen
wie die seitherigen einzugehen. Die Re-
gierung liess unter diesen Umständen durch
den Amtmann den Buchdrucker Knefeli zu
Biebrich fragen, ob er, falls ihm der Ueber-
zug nach Wiesbaden gestattet werde, den
Druck der fraglichen Blätter zu niedrigerem
Preise übernehmen wolle. Kneteli verlegte
sofort, noch ehe er sich mit der Regierung
geeinigt hatte, sein Geschäft nach Wies-
baden, verstand sich aber nur zu einer
unbedeutenden Preisermässigung für das
Wochenblatt, 48 Kr. statt 1 tl. So liess
die Regierung einstweilen dem Drucker
Stein das Blatt, das ihm seit Anfang 1842
übertragen war, auch für das folgende Jahr.
Gegen Ende des Jahres 1843 erklärte sich
Knefeli bereit, 2.50 tl. zur Armenkasse zu
zahlen, falls ihm der Druck der Blätter zu
den bisherigen Bedingungen übertragen
würde. Dieses Angebot wurde durch das
des Druckers Scholz weit überholt, der 700
bis 800 fl. jährlich an die Stadtkasse zu
zahlen versprach, wenn ihm d;is Wochen-
blatt auf eine längere
überlassen würde. Der
mann lud
das Blatt
Reihe von Jahren
Wiesbadener Amt-
jetzt alle Buchdrucker vor, un».
vorbehaltlich der Genehmi-zunu^
8.3 —
84
der Regierung ik-ni Moistbiett-iKleii /u gelten.
Sehol/ war damals grade krank, die anderen
Duilidrucker. ScUellenberg. Riedel. Enders
und die Wittwe Stein, einigten sich unter-
einander da!. in, dass sich keiner von ihnen
zu einer Abgabe verstehen solle. Im übrigen
erklärten sie sieb mit den vom Amtmann
gestellten Bedingungen einverstanden. Diese
waren: l) der Preis für das Wochenblatt
solle wie bisher 1 H. betragen, der für die
Sommer- und Winterkurliste, welche auf
Veranlaöbung des um die Forderung Wies-
badens als ^\ mterkurort sehr bemühten
Dr. Pecz für 184-4 mit einmal wöchent-
lichem Erscheinen vorgesehen war, gleich-
falls 1 ü., für die Winterkurliste allein
24 Kr., der für das täglich im Sommer
erscheinende Fremdenblatt 1 tl., 2) zur
Versendung an auswärtige Behörden und für
das Wiesbadener Polizeiamt sollen vom
Wochenblatt 8. von der Kurlistc 14 und
vom Fremdcnblatt 4 Freiexennilare ij:eliefert
werden, 3) alle Inserate des Polizeiamts.
des Stadtschultheissen, der Herzoglichen
Stadt-Armcn-Kunimission und des Hospitals
sollen unentgeltlich aufgenommen und 4) für
die Vergebung des Verlags auf die Dauer
von zehn Jahren solle eine Kaution von
1800 ri. hinterlegt werden. Die Landes-
regierung, die inzwischen von ihrem früheren
Standpunkt zurückgekommen war, wollte
indessen durchaus eine der Kurani:ialt zu
gut kommende Einnahme aus der Vergebung
des Verlags erzielen und Hess daher im
Mai 1844 eine abermalige Versteigerung
des Verlags ausschreiben. Unterdessen waren
die Drucker Scholz und Kneieli auch von
ihren Kollegen gewonnen worden, sodass
auch bei dieser Versteigerung nichts heraus-
kam. Die Regierung wartete jetzt ruhig
ab. Als sie nun im Juni desselben Jahres
die sämtlichen Drucker von Neuem zur Ein-
reicliung von Otferten autforderte, war bereits
au(.ii die von ihr vorausgesehene Uneinigkeit
unter den Interessenten eingetreten. Schellen-
berg trennte sich von den and ren in der
frülieren Obstruktion virharrcndcn Buch-
druckern Scholz, Riedel, Enders und Knefeli.
Er erbot sich jetzt jährlich 990 H. für die
pachtweise Ueberlassung des Verlags beider
Blätter für zehn Jahre zu zahlen. Nach
Abrundung der Summe auf 1000 ü. wurde
dt?r zwisihen dem II(?rzogliclien Polizeiamt
und Schellenbcrg zustande gekommene Ver-
trag von der Regierung genehmigt, die das
Pachtgeld zum Besten der Kuranstalt be-
stimmte. Vergebens suchte der Buchdrucker
Scholz nachträglich durch eine Eingabe an
das Staatsministerium, in welcher er sich zur
Zahlung von jährlich 1 100 tl. Pacht bereit er-
klärte, den Abschluss des Vertrages zu hindern.
Ebenso wurden die früher am Wochenblatt
beteiligt gewesenen Buchdrucker Enders,
Riedel und Scholz mit ihrem Gesuch, den
bisherigen zweijährigen Wechsel bestehen,
im Uebrigen aber die neuen Pachtbediugungen
eintreten zu lassen, vom Staatsministerium
abschlägig beschieden. Erst das Jahr
1848 i)rachte den mit Schellenberg ver-
einbarten Vertrag ins Wanken, indem das
Gesetz vom 4. März dieses Jahres über die
Pressfreiheit die Voraussetzungen, unter
denen derselbe abgeschlossen war, wesent-
lich änderte. Unter dem 10. März 1848
verlangte der damalige Inhaber der Schellen-
bcrg'schen Firma, der Ilofbuchdrucker und
Ilofbuchhändler August Schellenberg, von
der Landesregierung unter Einsendung von
Nr. 6 der Freien Zeitung vom 8. März,
in welcher zwei, bisher in das Wochenblatt
gehörige Anzeig n veröffentlicht waren, dass
man den mit ihm bestehr nden Vertrag ent-
weder schützen, oder aber, falls das wegen
der inzwischen gesetzlich eingeführten Press-
freiheit nicht angängig sei. ihn von der
Verbindlichkeit der Zahlung der jährlichen
Pachtsumme künftig befreien solle. Die
Landesregierung half sich über die Schwieiig-
keit der so entstandenen Lage dadurch hin-
weg, dass sie den seither unter ihrer Ver-
waltung stehenden, aber den Interessen der
Stadt zu gut kommenden Wochenblattfonds
an die Stadt abtrat und dieser alle aus
dem Vertrage gegen Schellenberg abzuleiten-
den Rechte und Verptlichtungen übertrug.
Natürlich wollte die Stadt nicht auf den
Vorteil der nicht unbedeutenden festen jähr-
lichen Einnahme ohne weiteres verzichten
und beschloss, da sich Schellenberg weigerte,
die ihm durch d n Vertrag autliegenden
Verpflichtungen zu erfüllen, Druck und Ver-
lag des Wochenblattes, der Kurliste und
der Frcmdenli>5te im Wege der Versteige-
rung anderweitig zu regeln. Sie kam bei
der Landesregierung darum ein. dass die
Herzoglichen Behörden angewiesen werden
möchten, ihre Inserate wie bisher dem Wochen-
blatt zuzuwenden, sodass dieses den Charakter
— S."> —
— ^H
eines ()fti/i(.'Il<Mi ()i-i:aiis beliaUe. Die Rc-
^'icruiiLT erklärte sich damit einverstanden,
falls der Uünttij^e Verleger diese Bekannt-
machungen kostenlus aufnelmie. Die Stadt
setzte jetzt einen Termin zur Ver-teigerung
des Woelienblattverlau's an. Dieser dn)lien-
den Konkurrenz begegnete der bisherige
Verleger Sehellenberg damit, dass er unter
dem 28. Mai 1849 den Lesern des Wochen-
blattes bekannt machte, dass das von ihm
bisher herausgegebene Blatt nach wie vor
in seinem Verlag weiter erscheinen und
alle üttentlichen Bekanntmachungen, Privat-
inserate, die Preise der Lebensmittel und
den Auszug aus dem Civilstandsregister
genau so wie früher enthalten werde, auch
die städtischen und polizeilichen Bekannt-
machungen, diedes Kreisgericl.ts, der Armen-
kommission tind des Hospitals werde er wie
früher unentgeltlich zum Abdruck bringen,
sodass Niemand zum Abonnement auf das
anderweitig vergebene Wochenblatt ge-
zwungen sei. Zugleich setzte er die Inser-
tionsgebühr von 4 Kr. auf 2 Kr. für die
Zeile herab, um indessen schon unter dem
1 1 . Juni, da das neu geplante Wochenblatt
dagegen nicht aufkommen konnte, diese Ver-
günstigung des sich des Wochenblattes zu
Anzeigen bedienenden Publikums zurückzu-
nehmen. Bald darauf kam zwischen ihm
und der Stadt ein neuer Vertrag zu Stande,
in welchem die jährliche Pachtsumme auf
400 t\. ermässigt wurde. Das Wochenblatt,
in dem seit Alters her von den Wiesbadener
Bürgern inseriert wurde und das aus seinem
Anzeigenteil einen ganz unvergleichlich
grösseren Gewinn erzielte, als alle anderen
seit 1848 in Wiesbaden aufgekommenen
Blätter — seit dem 16. September 1850
wurden auch die Beschlüsse des Gemeinde-
rates auszugsweise darin veröft'entlicht —
schien samt der Kurliste damit auf lange
Jahre nicht nur dem Verleger, sondern
auch der Stadt gesichert. Schellenberg ver-
stand es jedoch, sich bald in den alleinigen
Genuss dieser Geld([uelle zu setzen, indem er
dem ofiiciellen städtischen Organ du-ch das
mit dem I. Oktober 1852 gleichfalls in
seinem Verlage täglich erscheinende Wies-
badener Tagblatt Konkurrenz maclite. welche
das seitherige nur einmal wöchentlich zur
Ausgabe gelangende Wochenblatt nicht
länger als etwas über Jahresfrist aushielt.
Mit Ende des Jahres 1853 ging es ein.
ohne da^)S die Stadt in Anbetracht des aU
städtischen Insertionsorgans sciiui 11 beliebt t.'c-
worilenen Tagblattos, das zugleich «lurch
einen Unterhaltungsteil das Publikum anzu-
locken wusste, in der Lage gewesen wJre,
durch anderweitige Vergebung des Blattes
sich die ihr daraus getioSsene Linnahme zu
erhalten.
Die Wiesbadener Kur- und Fremdcnliate
erschien nach wie vor im Schellenberg'schen
Verlage weiter, im Winter vom Oktober
bis Ende April einmal wöchentlich, in der
übrigen Jahreszeit täglich und ausserdem
an jedem Montag ein alphabetisches Ver-
zeichnis sämtlicher anwesenden Fremih-n.
Mit dem Anfang des Jahres 1807 ging der
Druck und Verlag der Liste von Schellen-
berg an Karl Ritter über. Auf Veranlassung
Ferdinand Hey'ls übernahm am 1. Mai
1867 den Verlag des Blattes der Kurvereiu,
von dem er am 1. Juli 18!)8 an die atädtiache
Kurverwaltung überging.
So lange die Kurliste ein Bestandteil des
Wiesbadener Wochenblattes war, ist sie in
diesem erhalten. Leider aber sind manche,
besonders die ältesten Jahrgänge des Wochen-
blattes spurlos, wie es scheint, verloren ge-
gangen. Was davon bis 1808 noch vor-
handen ist, habe ich an anderer Stelle*) be-
reits angegeben. Für die Zeit von 181»»
bis 1853, der zweiten Periode des Wochen-
blatts, in der es ein ausschliesslich städti-
sches Blatt war. lässt sich aus den Be-
ständen der Laudesbibliothek und des
städtischen Archivs noch ein vollständiges
Exemplar zusammenstellen. Die besonders
erschienene Kurliste ist dagegen, abgesehen
von dem auf der Landesbibliothek erhal-
tenen Jahrgang 1804, seit 1809. von welchem
Jahre ab sie zunächst für den Sommer dauernd
selbständig erschien, nur bruchstückweise er-
halten. Die Landesbibliothek besitzt die
teilweise auch noch unvollständigen Listen
der Jahre 1814. 1816. 1818 bis 1822,
1857 und 1858, das Stadtarchiv ilie des
Jahres 1823. Diese verdanken ihre Er-
haltung fast ausschliesslich dem l'm>tande,
dass sie den betreffenden Jahrgängen des
Wochenblattes beigebunden sind. Au^^cr-
d<>m besitzt Herr Hofbuchdrucker Sehellen-
berg die Jahrträiige 1825 bis 1828 und
1846 bis 1866, die einzusehen er mir
-) 11. .1. U. s. 1 10 .Vmii.
88 —
güticrst i:estattetc. Für die t'uluomJe Zeit
hat die städtische Kurverwaltuni: und seit
kurzem auch die Landesbildiuthek ein Exem-
plar dieses für die Geschichte des Kur- und
Badelebens Wiesbadens doch in erster Linie
in Betraclit kommenden Blattes ordnungs-
massii; u'esammelt und aufgehoben.
Wie ich schon andeutete, wäre es ein
nicht zu unterschätzender Gewinn dieses
kltinen Aufsatzes, wenn er die Veranlassung
würde, dass etwa noch an unbekannten
Orten vorhandene ältere Jahrgänge der Kur-
liste, sowie die noch fehlenden Jahrgänge
des Wiesbader Wochenblattes zum Vor-
schein kämen und an der dazu berufenen
Stätte, auf der Landesbibliothek, ein schützen-
des Obdach fänden. G. Zedier.
Nachträge zu dem
Aufsatz über „Goethe in Nassau" in
den Annal. XXVII, 53 ff. (1895).
1. Die in Wiesbaden angeknüpften Be-
ziehungen brach Goethe nicht sofort ab,
sondern unterhielt brieflichen Verkehr mit
mehreren Personen noch längere Zeit,
namentlich mit dem Bibliothekar B. Ilundes-
hagen (vgl. das Goethe- Jahrl)uch VL 125 tf.
vom Jahre 1885) und dem von ihm hoch-
geschätzten Oberbergrat Cramer. Wir
haben schon a. a. 0, S. 113 zwei Briefe aus
dem Jahre 1822 angeführt. Inzwischen sind
die Fortsetzungen der Tagebücher Goethes
erschienen, die noch mehrere Schreiben beider
3Iänner aus den früheren Jahren angeben,
freilich ohne den genaueren Inhalt namhaft
zu machen ; andere mögen vielleicht nicht
erwähnt oder unter einer allgemeinen Be-
zeichnung versteckt sein. Goethe schrieb
an Cramer am 24. Juni 1819 und am
19. !März 1820, er erhielt einen Brief
Cramers am 5. Januar 1821 und antwortete
am 7. Januar 1821 ,,mit einer Kiste ]Mi-
neralien"'. Nach dem Jahre 1822 scheint die
Korrespfjndenz ins Stocken gekommen zu sein.
2. Im Jahre 1823 gab der herzoglich
nassauische Medizinalrat A. H. Peez zu
Wiesbaden (1786 — 1847) ein Schriftchen
über die Heilquellen V(m Wiesliaden heraus,
welches den Titel hat: Wiesbadens Ileil-
'luellen dargestellt von Dr. A. II. Peez.
Giessen bey G. F. lleyer (1823); es be-
handelt in 22 Kapiteln (267 Seiten) nach
einer Besprechung der Lage der Stadt
am Tauhus, ihrer Gc<undlieit?verhältui>se,
Umgebung und Altertümer in vier Kapiteln
(38 Seiten) alles für Kurgäste Wichtige
über die <'^uellen und ihre Wirkungen auf
die verschiedenen Krankheiten. Das Buch
erlebte mehrere Autlagen und wur<lc in
mehrere Sprachen, wie in die französische
und englische, übersetzt; der Verfasser aber
erntete durch es und verschiedene Aufsätze
in Zeitschriften eine wohlverdiente Aner-
kennung und ausgedehnte Praxis. Auch
Goethe bekam die Schrift zu Gesicht; ob
sie ihm vom Verfasser ., verehrt"' wurde,
ist höchst zweifelhaft, da sie in der ..Bücher-
vermehrungsliste" des Tagebuchs III, 9,
322 ff. der Weimarer Ausgabe von Goethes
Werken unter den Geschenken der Jahre
1823 und 1824 nicht aufgeführt ist und
der Dichter bei seinem Aufenthalt zu Wies-
baden im Jahre 1814 und 1815 die Be-
kanntschaft des damals noch jungen Arztes
nicht gemacht zu haben scheint, sondern
den Geh. Rat Lehr konsultiert hatte.
(Annal. XXVII, 108.)
Nachdem Goethe die Schrift von Peez
gelesen, trug er am ß. August 1824 in das
Tagebuch (III, 9, S. 253) sein Urteil über
dasselbe mit den Worten ein :
,,Dr. Peez über Wiesbaden, ein vorzüg-
lich gut geschriebenes Werk."
Es ist natürlich, dass die heutige
Wissenschaft über manche Finzelheiti n, die
Peez berichtet, besser unterrichtet ist, als
es diesem sorgfältigen Beobachter vergönnt
war, z. B. über die Altertümer und Ge-
schichte der Stadt, über chemische Analysen
u. a.; aber da er mitten aus der Praxis
heraus schrieb und seine Ausfiihrungen viel-
fach durch eigene Erfahrungen belegt, so
werden seine verständigen Winke und Rat-
schläge immer ihren Wert behalten.
3. Herr Dr. C. Spielmann hat in
Nr. 18 der von ihm herausgegebenen Zeit-
schrift ..Nassovia"' (vom IG. September 1900)
einen Erlass der nassauischen Landesregierung
vom l»7.0kt. 1825 betr. das Verbot des Nach-
drucks von Goethes beal)sichtigter neuen Aus-
gabe seiner Werke, die denn auch von dem
Jahre 1827 au erschien, veröffentlicht. Diese
^littcilung veranlasst mich zu folgender
Ergäii/nuLr und zugleich zu genauerer Dar-
stellung meiner eigenen Erzählun;,^ der Sache
in den Ann.XXVH, 182 auf Grund der mitt-
lerweile erschienenen Tagebücher Goethes.
— S9 —
— 90 —
Der Dicliter hatte im Sommer des
Jahres 1825 eine neue Ausgabe seiner
Werke mit seinem Verleger verabredet und
war in Folge dessen bei vielen deutschen
Regierungen um die Gewährung eines Privi-
legiums dieser Aupi,'abe für sich und seine
Erben aut' fünfzig Jahre cingekommen. Das
Tagebuch verzeichnet im August desselben
Jahres viele Schreiben, die darauf abzielen,
wenn auch der Inhalt nicht immer ange-
geben ist und die Briefe nicht an die Re-
gierungen oder Fürsten selbst gerichtet sind,
sondern an Personen, welche auf die Er-
ledigung seines Gesuches von Eintluss waren.
3Ian kam allenthalben dem Wunsche gerne
entgegen und vom Oktober an meldet das Tage-
buch mehrfach den Eingang solcher Privilegia.
Der Herzog von Nassau war, wie es
scheint, einer der ersten Fürsten, die das
Gesuch nach Wunsch erledigten. Dies geht
daraus hervor, dass schon am 3. Oktober
1825 das nassauische Privilegium in Goethes
Händen war ; denn an diesem Tage findet sich
in dessen Tagebuch (HI, 10, S. 109) der Ein-
trag : ,, Herrn Freyherrn von Marschall nach
Wiesbaden. Dank für das eingesendete Privi-
legium". Wir dürfen darnach, da die Beförde-
rung von Postsendungen in jener Zeit langsamer
als heute von statten ging, auch wenn Goethe,
wie vorauszusetzen ist, alsbald nach Empfang
der Sendung sein Dankschreiben abgehen
Hess, getrost annehmen, dass das Privilegium
am Ende des September ausgefertigt und
mit einem Begleitschreiben des nassauischen
Staatsministers v. Marschall von Wiesbaden
abgegangen war. Diesen hatte Goethe bei
seinem Aufenthalt in Wiesbaden im Jahre
1814 und 1815 persönlich kennen gelernt und
öfter mit ihm verkehrt. (Annal. XXYH, 106.)
Wenige Tage nach dem genannten Datum
erging an die Landesregierung die Weisung,
den Inhalt des verliehenen Privilegiums
zur Nachachtung für die Buchhändler und
Buchdrucker des Herzogtums zu veröffent-
lichen, was denn auch durch den Erlass
vom 16. Oktober geschah.
Zehn Jahre später hatte man Ver-
anlassung darauf zurückzukommen, als in
Paris ein Nachdruck von Goethes Werken
erschienen war. In Folge davon verbot die
nassauische Regierung den Vertrieb dieser
Ausgabe am 2. April 1835 im Bereiche
des Herzogtums. F. Otto.
Cliioiiik.
Historischer Verein zu Dillenburg.
In den beiden letzten Jahren stand im
Vordergrund der Thätiu'keit des Vereins
die Ausschmückung des Wilhelmsturms und
die damit notwendig gewordenen Transloka-
tionen in demselben. Durch die Gemälde
des Herrn Hofmalers Kleyn van Brandes
und die Ausmalung sämtlicher Räume ist
jetzt der Turm, 25 Jahre nach seiner Ein-
weihung, auch im Innern so eingerichtet
und ausgeschmückt, wie man ihn sich bei
seiner Erbauung gedacht hatte. Zum 29.
Juni d. J., als dem 25. Gedenktage seiner
Weihe, gab der Historische Verein im Ver-
lage von Moritz Weidenbach ein Album des
Wilhelmsturmes heraus. Dasselbe enthält
ein Vorwort von dem unterzeichneten Schrift-
führer des Vereins, in welchem ein kurzer
Abriss der Geschichte des Fürstenhauses,
des Schlosses, seiner Zerstörung, der Denk-
malsidee und seiner Verwirklichung, nebst
der Erklärung der Kleyn'schen Gemälde
gegeben ist. Es enthält die Abbildungen
der Büste des Hotmalers Kleyn und des
Nassau-Oranischen Wappens. Hierauf foliren
12 Photographieen: der Wilhelmsturm. An-
sicht der Stadt, das Schloss im 17. Jahr-
hundert nach Merian. die Wilhelmslinde,
Wilhelm der Verschwiegene nach einem
Oelgemälde von Miereveit, und die Nach-
bildungen der in diesem Blatte schon auf-
geführten Gemälde (siehe 1897 98, Heft 3 u.
4, S. 126). Als Geschenke wurden ver-
sandt je 1 Exemplar in Prachtband an
Se. Majestät den Kaiser. Ihre [Majestät die
Königin von Holland, Se. Kgl. Hoheit den
Prinzen Albrecht von Preussen und Se.
Kgl. Hoheit den Grossherzog von Luxem-
burg, und ferner an die Herren Oberpräsi-
denten Graf Zedlitz-Trützschler, Regierungs-
präsident Wentzel, Fabrikant Landfried uml
die Vereine zu Wiesbaden und llerborn.
Am 29. Juni fand im Wilhelmsturm eine
Feier statt durch eine entsprechende An-
sprache des Herrn Professors Kegel. In der
Jahresversammlung hielt letztgenannter Herr
einen Vortrag über Wilhelm den Reichen,
den Vater des Verschwiegenen. Dem in
dieser Versammlung erstatteten Jahresbericht
entnehmen wir: Die MitLrliederzahl stieg
von 7 7 auf 84 und sank wieder um 4.
'.11
— 92
S(Mlass der Verein SO Mitu'lioder /älilt. Einer
Aufforderung des Laudratsnmtes zur Anirabe
von Werken vou historischer Be<leutung
und des Wertes der Sammlung des Vereins
wurde entsprochen und auf den letzten Teil
der Anfrage die Summe von 33 000 M. an-
gogehcn. An Eintrittsgeldern in den Wil-
hermsturm wurden über 500 Mark verein-
nahmt. In der ..Zeitung für das Dillthal'*
erscheinen allwöchentlich längere Abhand-
lungen: ..Aus Dillenburgs Voigangenheit"
von dem Unterzeichneten. Ein Album der
bis jetzt erschienenen Ansichtskarten der
Stadt zählt deren 52. Die Sammlung der
Gegenstände und die Bibliothek wurden durch
Geschenke und Ankäufe vermehrt; es um-
fassen dieselben circa l.")00 Nummern. Herr
Zeichenlehrer a. D. Prcsber wurde zum Ehren-
mitglied ernannt; dem Vorstände gehören
ferner an die Herren Beigeordneter Seel,
Professor Kegel, Kaufmann W. Richter und
der Unterzeichnete.
C.
Dunges.
Eine Hallstattniederlassun^
bei Neuhäusel im Westerwald.
Einen sehr interessanten Eund inner-
halb unseres Vereinsgebiotcs hat Herr Mi-
nisterialrat W. S 0 1 d a n aus Darm^ta<lt ge-
macht. Er hat unweit Xeuhäusel im Wester-
wald eine der Hallstattzeit angehnrige, :^ehr
bedeutende Niederla.'^sung ent<leckt. Den
Bericht Soblans in der Köln. Zeitung vom
2n. Juli, der auch in das Korres]>on.lenz-
blatt der Westdeutschen Zeitschrift, Jahr-
L'ang 1^> Xr. 7 r.H lo, übergegangen ist,
wollen wir bei der Wichtigkeit des Gegen-
standes unseren ^üt<rliedern in extenso')
mitteilen :
..Im Sommer v. .U. nahm ich im Auf-
trage der Rfichs-Liincsk'ommissidu auf der
I.imesstrecke Höhr-?2ms l'ntersuchun^'en vor.
deren Hauptzweck war. über das Vorhanden-
sein oder Nichtvorhandensein iler ältesten
zu dieser Grenzsperre gehörigen .\nlagen
hier Klarheit zu bringen. Beim Suchen nach
•^oblici) fiel mir unweit des 8 km östlich von
Ehrenbreitstein an der Strasse (oblenz-
Mnntabaur-I.imburir trelegencn Dorfes Neu-
häu-el. dicht am Pfahlirraben ein kleiner
flacher, auf einer Seite von einer seichten
'l Xuriloi :>!<liluss iätans Raiiniiiiftiigol j:okürzt.
(Irabenmulde umgebener Hügel auf. Ich
vermutete, dass er die Reste einer iler
hölzernen Warttürme berge, welche den
ältesten Limesanlatren eigentümlich sind,
und machte de>«halb einiixe Einschnitte.
Die>elbej» fi>nlerten eine kleine vierseitige
Plattform mit aus Thon und Steinchen her-
gestelltem Estrichboden zu Tage. Am West-
rande derselben zeigten sich drei, am Süd-
rande zwei senkrechte in den gewachsenen
Buden vertiefte Löcher. Mqdererde und
Kohlen Hessen vermuten, dass in ihnen einst
Holzpfosten gesessen hatten. Der Ostrand
der Plattform war durch Abflössen zerstört,
der Nordrand konnte weiren eines darüber
sitzenden Baumes nicht untersucht werden.
Die sonstigen spärlii-hen Funde bestanden
in Kohlen und Thonscherben. Die .\.nlage
zeigte eine entfernte Aehnliclikeit mit den
Barackenre>ten. wie sie in den letzten
Jahren bei den Limesunter>uchungen viel-
fach ausgegraben worden sind ; aber tlie
sorgfältig gesammelten Scherben machten
ihren rtmiischen Ursprunu durchaus un-
wahrscheinlich. Sie wiesen vielmehr auf
die frühere Eisenzeit hin, die man auch
die Hallstattzeit nennt. Die Auffindung
dieser Harackenreste gewann dadurch ein
gewisses Interesse, dass für Kenntnis der
Ilallstatt-Wohnstätten. insbesondere dies-
seits der .Vlpen. zur Zeit nur unvollständiges
Material vorliegt.
Eine nun vorgenommene Absuchunu:
des Waldes in der nächsten Umuebung
Hess sofort, auf einer Fläche von etwa
4 ha zerstreut, mindestens loo Hügel der-
selben Art erkennen, sodass das Vorhanden-
sein einer grösseren Niederlassung ver-
mutet werden durfte. Rs wurden nun
ilrei weitere, nnVulichst weit von einander
entfernt gelegene Hügel aufgedeckt. Das
Eruri^bnis war immer dasselbe. Stets fand
sich eine erhöhte und dadurch trocken ge-
legte, mit rohem Estrichboden versehene
Plattform, die von acht ein Viereck bil-
denden Pfosteiihk'hern umstellt war. In
die Plattform war immer eine Feuerstelle
eingeschnitten. Die Hüüel zei-rten sich
vorzui,'sweise am Rand und den Hänixen
eines kleinen Plateaus, das von einem
kleinen Bache umflossen wird. Die Mitte
dieses Plateaus, also gerade die schönste
Stelle, ist auffallenderweisc fa-t tranz von
Hiil:c1m frei. Eine L'enauere UMfcrsu<hniiL'
— 'Xi
— 94 —
l)raflitc die AulkliinuiL'. ()I)uloicli mdir-
t'acli uTössere lüimiie liiiulcriul im WeiiC
staiulcn, irolanir e^; docli, Iiior elf zu oiiieiii
grösseren Hau trt'ltiiritio rfo.stenltkhor und
Stücke ciiKM' Tonue iiaeli/uweisen. Dieser
Dau bildete ein ^'iere(■k von 8 ni Soiten-
län.u'e. Die Sclierhonfunde sprachen auch
bei diesen weiteren (irabun^fen dafür, das.«
die Niederlassung; (I«r Ilallstattzeit ange-
hört. Durch die Kihsorge des Kaisorlichen
Archäologischen In>titnts in Berlin mit
^Mitteln versehen und im Einver>t;iinlnis
und Benehmen mit ilcm NOrstande des
Vereins für Altertumskunde und Geschichts-
forschung in Wiesbaden, nahm ich nun-
mehr im .Mai dieses Jahres eine weitere
Untersuchung in vergnissertem l'mfange
vor, die rasch zu meikwürdigen Krgeb-
nissen fidu'te. Wir haben es nicht mit
einer kleineren (irujipe von Wohnstätten,
sondern mit einer der Ilallstattzeit ange-
hr»rigcn Niederlassung von sehr beträcht-
lichem Umfang zu thun,
Spuren einer alten Besiedlung sind auf
jener gegen den Rhein vorgeschobenen
Terrasse des Westerwaldes, auf der Neu-
liäusel liegt, schon früher bekannt gewor-
den. Hs wird auch angenommen, dass die
Staatsstrasse Coblenz-Montabaur-Limburg,
die über jene Terrasse zieht, ihrer Rich-
tung nach mit einer Strasse zusammen-
fällt, die wohl schon bestanden hat, ehe
die Römer die Gegend besetzten. An
dieser Strasse ist S km östlich von Ehren-
breitstein, auf der Wasserscheide zwischen
Rhein und Lahn, das Dorf Neuhäusel ge-
legen. ^'on Neuhäusel steigt man nach
der Südkuppe der Montabaurer Höhe
hinauf. Rechts, nach Süden, fällt das
Gelände in die tiefe Thalmulde des Emser
Baches ab. Links, nach Norden, senkt
sich der bewaldete Hang, nach unten
immer steiler werdend, zum Kalten Bach
hinab, dessen Wasser bei Vallendar in den
Rhein tiiesst. Auf dieser Seite erhebt
sich l'/4 km nordöstlich von Neuhäusel ein
kleiner mit Fichten bewachsener Kegel,
der Eitelborner Steinrausch. Ihm ist nach
Norden jenes oben erwähnte kleine Plateau
vorgelegt, dessen steile Hantle nach Nord-
westen und Norden vom Kalten Bach,
weiter nach Norden und nach Nordosten
hin vom Platzer Bach umtiossen werden.
FolL't man von Neuhäusel der irenannten
Strasse, so trifft man nadi weniu'en Minuten
den Waldrand. Hier tinden sich die er-ten
Spuren der Niederla>-unu'. Die kleinen,
, riarlim lluL'i'l unter den hohen Buchen ge-
hören ilem Gräberfeld an. Etwa :-{.')(l Schritte
weiter macht die Strasse eine unbedeutende
Wemlung. Sie winl hier von der von Kaden-
bach nach Hillscheid führenden Strasse
geschnitten. An dieser Stelle zwei^rt Meli
ein in der seitherii:en Stra.sseiirichtung
weiterziehender Waldweg ab. Foi'^t man
ihm, so stösst man sof(trt auch auf Wnlm-
stütten. Bire Reste sind in flachen Hügeln
geborgen, die von tk'w Grabhügeln sich
dadurch unterscheiden, dass auf der BcrL;-
seite die überbnickonde Btisehung fehlt.
Sie ähneln den alten KohleiuHeiler-tätten,
die man in den benachbarten Waldungen
vielfach tindet, sind aber vi(d kleiner als
diese. Der Waldweg führt an der Berg-
lehne hin, an einem alten Steinbnnh und
einer Bimssandgi-ube vorbei und umzieht
den Nordhang des Eitelborner Stein-
rausches. Ueberall tindet nmn zu l)eiden
Seiten dieses Weges jene Hügel : aber
man begegnet ihnen auch allenthalben,
wenn man nach Süden bergauf oder nach
Norden bergab steigt. Am dichtesten ge-
drängt zeigen sie sich an ilem vom Stein-
rausch n('»rdlich vdrspriiigenden Plateau. Hier
scheint der Kern der Niederlassung zu sein.
In der Mitte dieses Plateaus liegt auch der
im vorigen Herbste bereits aufgefundene
grössere Bau. Die weiteren Ausgrabungen
ergaben, dass das damals naclnrewit>sene ^'ier-
eck von 8 m Seitenlänge im Iiniern eines
grösseren Vierecks von durchschnittlich
17,00 m Seitenlänge gelegen i>t. Der
Ausgrabungsbefund spricht dafür, da.ss die
24 Pfosten, welche dasselbe umstellten, einst
nicht ein einziges grosses Dach trugen —
was ja sehr begreitiich ist — , sondern dass
innerhalb dieser Umfassung und an sie an-
lehnend mehrere Gebäude standen. Im Süd-
westen und Nordosten tinden sich uTiissere
Reste des Fussbodens von M)lchen. Er
ist aus gestampftem Thon un«! Sand her-
gestellt, das Material ist aus der nächsten
Umirebung genonmien, wo unter der meist
dünnen Bimssandschicht ein weiss-grauer
Thon liegt. Den Rändern der Tenne, ins-
besondere an den Pfostenlöchern, hat man
durch ein Gemenge von Thon unrl Steinen
eine grössere Festigkeit gesjteben. .Vuf der
— 9.i
06
Xordfront >(hlio>st sich oinc ziemliih trut
antrole^'to Listcrno an, Ihre aus dunh-
lä.s>iirem Riin--antl hostclKMitle uurdlii-he
Wand i>t durch eine liandhocli aufgotra-
frene Schidit von ■xosclihiironem Tlion
\vn>serdicht gemacht. Auf der O^tseitc
erkennt man nodi die Stelle, wo wahr-
sclieinlich aus einem Kanal das Wasser
eintlo'^s. Die genauere Untersuchunir ilie-
ser ganzen baulidien Anlaire wird durch
grössere Iläume sehr erschwert und ist
deshalb noch niciit abgcschlo>sen. Aehn-
lich verhält es ^ich mit ihrer rmgebuiig,
wo unter doiu NValillMid.n die Reste wei-
terer Gebäude von grösserem und kleinerem
rmfanire verborL'en zu liegen scheinen.
Die Zahl der Ilüüel, die die Reste der
gewöhnlichen W.thnstätten bergen, beläuft
sich auf viele Hunderte. Die ganze Nie-
derlassung bedeckt einschliesslich der
Gräber einen Flächenraum von etwa
llöo m Länge un<l 700 m Breite. Mau
wird sie. da die Wohnstütten meist dicht
beisammen liegen und ihre Ausdehnung
so bedeutend ist, eine prähistorische Stadt
nennen müssen. Dass die Wohnstätten
nach Wegen gruppiert sind, lä>st sich
vermuten, aber es konnte bis jetzt noch
nicht nachgewiesen werden. Rei Auf-
deckung der betreffenden Hügel kam bis
jetzt immer eine viereckige Plattform zum
Vorschein, die von L(»chern umueben war,
in denen einst senkrecht gestellte Pfosten
sa-ssen. Die Plattform i>t immer so hodi
aufgeschüttet, als erforderlich war, um sie
trocken zu erhalten, und an der Ober-
fläche genau so hergerichtet, wie die P'uss-
b.iilen in dem aufgefundenen grösseren Ge-
bäude. Einen aus Steinen aufiresetzten
erhöhten Herd habe ich auf ihr bis jetzt
noch nicht gefunden, somlern immer als
Feuer>telle eine in die Plattform einge-
schnittene Grube. Von den Wänden der
Hütten sind vielfach Reste gefunden wor-
den. Es sind Thonklumpen mit Abdrücken
eines Kei>iggetlechts , wie nmn >ie in
trleieher Art -chon häutig bei l'ntersuchung
prähistorischer Anlagen zu Tage gefördert
hat. (ranz besonders schön fanden sie
sich in den Resten einer Hütte neben dem
•xrovsen Bau, die durch Feuer ihren l'nter-
irang L'efunden hatte. Der durcli den
Brand in eine ziegelartige Ma.sse v.rwan-
delte Wandbewnrf zeii,'t hier auf der einen
Seite immer den Abdruck ile.s Reisig-
geflechts, «las die einzelnen Pfosten mit-
einander verband, und auf der andern die
sauber ab^eLdichene Wandtläche. Etwas
Neues lieferte die Untersuchung einer
l«iO in südwestlich des grossen Baues ge-
legenen Wohnstätte. Hier fand sich unter
der Hütte eine ältere Wohngrnbe. Sie
hat in der einen F2cke eine Feuerstelle
und in der gegenüberliegenden Ecke einen
Eingang in Gestalt einer mit Steinchen
festgemachten schiefen Ebene. Von dem
Dache, welches diese Grube einst über-
deckte, haben sich dieselben Thoid)rocken
mit Reisiggetlechtabdrücken erhalten, wie
sie von den Wänden der über dem Boden
erhöht errichteten Hütten gefunden wer-
den. Die (rrube der Erdwohnung ist
l,sOm hoch mit Erde ausgefüllt worden,
um die I'lattform der späteren Hoch-
wohnung herzurichten. Leider war grade bei
diesem rnt(n'suchungsobjekt die Scherben-
ausbeute eine sehr massige ; aber das
wenige, was gefunden wurde, reichte doch
aus, die Vermutung zuzulassen, «Ulss beide
Wohnstätten, die ältere Erdwohnung und
die jüng(n-e Hoclnvohnung, derselben Kul-
turperiode, nämlich der Hallstattzeit, an-
gehören. Es ist zu vermuten, dass neben
den Wohnstätten auch Pferche oder Stätten
für Haustiere gelegen haben. Bei dem
Gräberfelde konnte ich erst am letzten
Tage meiner Grabungen einen Einschnitt
machen, wobei ich sofort eine Hallstatturne
mit eingeritztem geometrischem Ornament
von grosser Sclninheit zu Tage förderte,
Ueber eine eventuell vorhandene Befestigung
der grossen Niederlassung sind noch keine
Untersuchungen angestellt worden, aber es
fehlen doch Amleutungen nicht, welche zu
solchen auffordern.
Was die Einzelfunde betrifft, so sind
in den baulichen Anlagen, von einem ein-
zelnen Falle abgesehen, nur Bruchstücke
zu Tage gefördert worden. Die Metallfunde
beschränken sich zur Zeit noch auf einige
kleine formlose Stückchen Eisenrost und
eine Hallstatttibel. Bemerkenswert ist, dass
römische Scherben fehlen. Die Blütezeit
der Niederlassung dürfte etwa in ilie Zeit
zwischen dem 7. und 4. Jahrhundert vor
Chr. (reburt fallen. •'
Im Aiifriaif.. de» VoP<tHi..J<.H hcra.isge(,'cl.en vun .lor Re<lakuou-K..m,.,iäsioD. Druck von Uu<i. licchtoM A Cump., Wiesbiule.i.
Mitteilungen
•les
Vereins für Nassaiiisehe Altertuiiislviindi^
und Geschichtsforsehuiift'
an seine >I it^liecler.
IIHX) 1«M)1.
1. Januar
>(). +.
Aereiiisiuiclirichteii.
iVoni 1. (»ktuiior his 31. Dezember 1900.1
Wi'ihrend des verHossenen Vierteljahros
l)Oi;(;hätti?,''te vor allem die Statuti'nt'rav:c den
Vor.-tand. Der rel)er,u;ang des Museums in das
Eigentum der Stadt Wiesbaden hat zur Folge
gehabt, dass die durch die Einführung des
Piürgerlichen Gesetzbuches geforderten Aen-
derungcn und Zusätze zu den Vereins-
statuten, wie sie der vorjährigen General-
versammlung vorgelegt und von ihr ge-
nehmigt wurden (s. Mitteilungen 1899/1900,
Sp. 99 f.), inzwischen einer völligen Neu-
bearbeitung der Statuten zum < )i)fer gefallen
sind. Die mit dem Entwurf einer den
veränderten Verhältnissen entsprechenden
Satzung vom Vorstande beauftragte Kom-
mission setzte sich zusammen aus dem Vereins-
direktor, dem Museumsdirektor, dem Vereins-
sekretär und dem Herrn Rechtsanwalt Gutt-
mann. Der neue Entwurf gelangte zwar
in Gesamtsitzungen des Vorstandes zur Be-
ratung und Annahme, es war aber leider
nicht mehr nKJglich, ihn der diesjährigen
ordentlichen Generalversammlung zu unter-
breiten.
Die Vorträge in den winterlichen Vereins-
abenden begannen am 2 4. Oktober mit dem
Bericht des Herrn Arcliivrats Dr. Wagner
über die diesjährige (jeneralversammlung
des Gesamtvereins der deutschen Geschichts-
und Altertumsvereine zu Dresden, Diesem
folgte am 7. November der Vortrag des
Herrn Bibliothekars Dr. Zedier über die
Presse iler Bechtermünze zu Eltville im
Lichte der neuesten Gutenbergforschung,
am 2 f. November sprach Herr Oberlehrer
Dr. r>i)dewiL' aus Olierlaliiistejn iibor
Strassen und Diirfer der vorrümischen Zeit
in Nassau und am 12. Dezember in der
Generalversammlung Herr Professor Di-.
lloffmann über das Walten der alten
ileutschen Kaiser in den Rheinlanden. Ausser-
dem zeigte am 24. November Herr Museums-
direktor Dr. Ritterling den im Besitze
des Vereinsmuseums befindlichen (roldfund
von Wolfsheim vor, dessen neuerdings vor-
genommene Untersuchung seiner Zusammen-
setzung die Angaben von Cohausens im
Wesentlichen bestätigt liat. Auch machte
er einige Mitteilungen über das letzte
Resultat seiner Ausirrabungen in Nieder-
bieber und liess einige sehr wertvolle Fund-
gegenstände zirkulieren.
Die anthropolo'jrische Sektion err.tlnctc
ihre ^'ortragsabende am 14, November.
Herr Sanitätsrat Dr. Florscliütz sprach an
diesem .\bend über die slavischen Bauern-
burgen in Mitteldeutschland. Am 28. No-
vember sprach Herr E. Schierenberg
über Tabak und Pfeife bei den amerikanischen
Indianern, am 19. Dezember Herr Sfab>;-
arzt Dr. Stern über die Einbalsamierung
bei den alten Aegyptern.
Die ordentliche Generalversammlung fand
am 12. Dezember im I\Iuseumssaale statt. Auch
in diesem .Jahre waren die Neuerwerbungen
des Museums, darunter auch zahlreiche Ge-
schenke, und Butler nassauischer Profan-
bauten, vor allem eine sclutne Sammlung
westerwälder Bauernhäuser, die der Verein
seinem ehemaligen Direktor, dem ver-
storbenen Amtsgerichtsrat Diissell. verdankt,
ausgestellt. ^litglicdor und Freunde iles
Vereins waren zahlreich erschienen und
nahmen sichtliches Interes-;e an den an —
4
— '.>!» —
100 —
gestellten Gcgenstäiulen. Xacli «lou üblichen
Jahresberichten lunl dem scIkmi erwähnten
Vortraij traten ilie Mitirlieder /iisanmien,
um zunächst eine Krg;inzuim>\vahl des Vor-
standes vorzunclunen. Die statutengemüss
ausscheidenden Herren Dr. med. Alirens,
IleLTierungs- u. Baurat Angehvjth und Rentner
Gaab wurden wieder^ew.ildt. Sudiuin bc-
ricliti'te Ikrr Dr. med. Lngeid)idil im Xamm
der Rechnungsi»rüt"ungskümmission und teilte
mit, dass die Vereinsreclinung des Jahres
imjS i>?'j»i der K<immissi(>n /u Aufstellungen
weiter keinen Anlass gäbe. N'acli Schluss
des offiziellen Teils fand im Tivoli ein ge-
meinsames Abendessen statt, an dem sieh
zahlreiche Mitglieder beteiligten.
Der diesjährige Annalenband. von dem
im Sommer gelegentlich des (iutenbergfestes
das erste Heft erschien, wird durch ein
weiteres, zugleieli mit diesen 3Iitteilnngca
zur Au-gabe gelangendes Heft vollständig.
Dem Tauschverkehr ist die Redaktion
der ...Monatsberichte über Kunstwissenschaft
und Kun>tliandel" (Herausgeber Hugo Hcl-
bing. ^München) beigetreten.
Für einige Rereicherunixen unserer lül-
der-ammliinL' ist der Verein seinem Vor-
stand<miti:liede. Herrn ]\Iajnr a. D. Kolb.
zu Dank veriiflichtet.
Der Vereinsbibliothek machte Herr Ge-
werbeschuldirektor a. D. Fischbaeh seine
Schrift ., Ursprung' ihr I'.uchstaben Guten-
bergs" zum Geschenk.
Dem Verein sind als onlentliche Mit-
glieder beigetreten bezw. wieder beigetreten
die Herren: Rentner Willi, v. Born, Aloys
Mayer, Professor Harfi". .Vrchitekt \V. Werz,
Gewerbeschuldirektor a. D. Fr. Fischbach
und Professor Dr. jur. Grimm zu Wiesbaden.
Verloren hat der Verein ilnrch den Tod
Graf Karl zu Kitz (Fltville). Ausiritreten sind
)neist infolj,'e Wegzugs die Herren Kaufmann
W. ()siu<, Dr. Üredemann. Redakteur Fritz
W"ichmann. Rauuntcrnehmer II. Fckerlin
(Wiesbaden), Kgl. Gewerberat (r. Stumide
(Stralsund; , l'farrer Wahl (Rndesheim),
Seminar- Direktor Dr. Lewin (Usingen),
Postmeister Batton (Nassau), Lehrer (J.
Holzhauer (Wolfenhausen I. Die Mifglie<ler-
zabl beträirt i'>().
Bericht über die im Winter 1900/1901
gehaltenen Vorträge,
l'eber ilie Generalversammlung des Ge-
samtvereins in L)re^den am 2 i. bis 2S. Sep-
tember 1900, über die der Vercinsdircktor,
Herr Archivrat Dr. Wagner, am ersten
Vereinsabend in dii'^em Winter berichtete,
bat inzwischen das Korresiiondenzblatt iles
Gesamtvereins der deut>chen (reschichts-
und Altertumsvereine in Xo. 10/11, 1900
einen ausfidirlichen Bericht gebracht. In-
dem wir die ^Mitglieder auf diesen auf-
merksam machen — das irenannte Blatt
-teilt auf dem Sekretariat i Friedrichstr. 1)
jedem Mitglied zur Verfügung — wollen
wir nicht unterlassen, zugleich darauf hin-
zuweisen, dass der Preis des Blattes, das
einzeln 5 Mark kostet, bei Abnahme von
fünf Iv\em[ilaren sich auf je 3 ]\h\rk, bei
Abnahme von dreissig Exemplaren auf je
2 Mark crmässigt.
Herr Bibliothekar Dr. Zedier:
Die Presse der Bechtermüuze zu Eltville
im Lichte der neuesten Gutenbergforschung.
Dir Vortragende fidirte aus. dass man,
wenn auch schon Wich-rsprüche gegen diese
Ansicht laut geworden seien, bisher an-
genommen habe, dass Gutenberg nach Ver-
lust seines Druckaiij^arates infolire des
l'rozesscs mit Fust vom Sv ndikus der Stadt
Mainz Dr. Konrad Humery zur Gründung
einer nenen l'resse Geld erhalten und mit
dieser das Catholicon und einige kleinere
undatierte Drucke hergestellt habe. Her-
nach habe er die Bechtermünze in Eltville, zu
denen er in verwandtschaftliche Beziehungen
getreten war, im Drucken unterrichtet und
ihnen zum Druck des Vocabularius ex ([Uo.
dessen erste Auflage 14H7 aus der Druckerei
der Bechtermünze zu Eltville hervorging,
die mit dem Gelde Humerys geschaffenen
Typen überlassen.
Diese Annahme habe nur insofern eine
feste (irundlaj,'e, als Humery vom Erzbischof
Adolf von Mainz ..eftliche formen, buchstaben,
instrument, gezauwe und anderes zu dem
truckwerck gehörende"', das Gutenberg
hinterlassen und ihm (Humery) zu eigen
sei, laut eiues Reverses vom 26. Februar 146«
zurückerhalte, und ferner der Eltviller Voca-
— 101 —
— 10:
l)iil;uiiis in sciiicii ersten Iteidou Aiil'lajxon '
mit ilen Typen »los Ciitholicons .u'odrucUt sei. \
r.odiglicli K(Mn])iiiatii)n sei es, wenn man
;,'laul)e. ilass der in jenem Kevers I)i'zeicliiii'ti'
Druckapiiarat licr des Catholicons sei. und
zwar eine Kombination, die schon aus äusseren
Gründen keineswegs iiliiM"zou;4cnd sei. Denn
mit Recht liabe man I)etont. dass die reichen
r.eciitermünze sich zu ihren Drucken nicht
geliehener Typen bedient haben würden.
Velke habe nun in der Mainzer Fest-
schrift /um Gntcnbergtcst den Versncli ge-
macht, die Annahme, dass Gutenberg tler
Drucker des Catholicons sei, neu zu stützen.
Nach Velke handele es sich in jenem Revers
von 1468 nicht um den grossen Apparat
des Catholicons. sondern um einen nur
unbedeutenden Typensat/, den Humery seiner
Zeit von der Firma Fust und Schotter käut-
lich erworben habe, um mittels desselben
durch Gutenberg das ^Manifest Diethers
von Isenburg und dessen Brief an den
Papst vom Jahre 1462 diucken zu lassen.
Der Vortragende kann die Gründe, mit
denen Velke diese Vermutung wahrscheinlich
zu machen sucht, nicht als einwandsfrei
gelten lassen. Nach seiner Ansicht ist es,
wie aus anderen Gründen so an sich schon
höchst unwahrscheinlich, dass ein so geringes
Typenmaterial dem Kurfürsten Anlass ge-
geben haben soll, Humery durch jenen
Revers, wie dies der Fall ist, zu verpflichten.
CS nur in Mainz zu gebrauchen, oder bei
einem Verkauf einem Mainzer Bürger die
Vorhand zu lassen. Hatte es sich um
einen Apparat gehandelt, wie ihn Velke
annehme, so wäre davon nicht so viel Auf-
hebens gemacht worden. Auch darin könne
er Velke nicht beistimmen, dass bei den
älteren ^Mainzer Druckern das Wort eon-
summare die ganz spezifische Bedeutung habe,
die Velke ihm beilege, sodass es in den
Schlussschriften beweisen solle, dass die
Typen, sowie der ganze Verlag und Druck
TOigentum dessen sei, der sich in der Unter-
schrift als Drucker nenne. Richtig sei es,
dass die älteren Mainzer Buclidrucker es
vermieden, sich als Drucker zu bezeichnen,
wo sie nicht mit eigenen Typen druckten.
Die Bechtermünze und Wigand von Orten-
berg, die in der Schlussschrift des Eltviller
Voeabularius von 1467 als Drucker genannt
winden, seien selbstverständlich als Verleger
und auch Eigentümer der /.n diesem Druck
veruandten Typen nnzu-ehen. aber da- Wort
consummarc sei dafür ohne Belang. Es
werde stets nur s\nonym nnt eonticere ge-
braucht, sowohl in den Sthbi-s-chritten der
älteren Mainzer wie aller späteren Drucke.
Paul Schwenke habe in seinen Unter-
suchungen zur Gcschiehte des ersten Buch-
drucks') die Urheberschaft Gutenlier'-'s rück-
sichtlich des (.'atholicons und damit die Be-
zieliungen der Eltviller Presse zum Ertindcr
der Druck kunst überhaupt verworfen.
Jedenfalls bedürfe die letztere Frage
einer weiteren eingehenden Untersudiuni.'.
Denn wenn auch gegen Vidkes Versuch,
diese Beziehungen klar zu stellen, sich Be-
denken erhöben, so bliebe, wenn man mit
Schwenke das Catholicon aus den Gutenberg-
drucken ausscheide, doch eine Reihe von
That.-achen übrig, für die man alsdann naili
einer Erklärung suchen müsse.
Der Vortragende vermied es, auf diese
verwickelten Einzel fragen näher einzugehen.
Er versuchte vielmehr, mit der Behandlung
seines Gegenstandes, der ja eine Kernfrage
des ältesten Mainzer Buchdrucks bildet, zu-
gleich ein Bild der Gutenbergforschung der
Gegenwart seit van der Linde zu geben
und ging deshalb auch auf die Schwenkesche
Schrift und ihre Bedeutung für dieälteste Buch-
druckgeschichte und auf die Untersuchungen
Dziatzkos, die der GutenbergforscJiung erst
eine feste Ba^is gegel)en haben, näher ein.
Herr Oberlehrer Dr. Bodewig:
Vorrömische Wege und Dörfer im west-
lichen Nassau.
Die Kennzeichen eines vorrömischen We-
ges sind die an demselben sich erhebenden
Grabhügel, die Spuren von Dörfern und
Einzelgehöften und die von den Römern an
den alten Wegen getrott'enen Veranstaltungen
zur Ueberwachung des Grenzverkehrs.
So lassen sich zalilreiche Wege l)C<tb-
acliten, die in vorrömischer Zeit den Ver-
kehr vom Rheine bis zur Hohe des Westcr-
waldes und des Taunus vermittelten. Ein
solcher Ausgangspunkt vorrömisclier Wege
war Vallendar. Dieselben sind hier durch
Grabhügel oder Dörfer bezeichnet. So sieht
man am Westabhange zweier kleiner Bäche.
M Fe;^tsehrift zur (iiitoiiberi,'feicr, iioraiisjre-
i:i'l)en von «Ipf KtPiiiul. FJil)li()t]i<'k zu n<'rlin tmi
•-'4. Jin.i r.Mio, S. 71 f.
4*
103 —
— 104 —
<lio in iJen Ft-lirbacli cinniiiiitlen. ilic Si'un u
zaIilroichtM- IIntt(Mii>lät/e, <Iie sich wit; Ulciiif
KohlenuK'iler an <lou lieigaViliang anschinio-
u'cn, und danebou öfter uicilriiio rii-aliliiigel.
Dasselbe ist auf der Südseite <les Ilillscht-icbT
Baches der Fall. Ein Miinzfund. der beim
Daugern im Rheine gemacht wurde, weist
auf eine Ueberfahrts>telle von Vallendar
zum linken Klieinufer. Mine wichtiL'e Ver-
kelirsstrasse gir.g ferner von Khrenbreitstcin
über Xeuhänsel, wo ein grosses vin'riünischcs
Dorf aufgedeckt wurde, narh Montaliaur
und weiter zur Lahn. (Heichfalls durch
Münzfundc nachgewiesen ist eine L'eborfahrts-
^telle in Ilorcldieiin zwischen einem hier
liegenden v()rr«')niischen Dtjrfe uiul einem an-
dern im Cublenzer Stadtwalde. Von IJiau-
l»ach fuhren wieder mehrere alte Wege zur
Höhe. Au dem llügelnicken, auf dem die
Marksburg sich i'rhebt. wunlon in jüngster
Zeit die Fundamente vurntmischcr Hütten
mit reichen Kulturresten gefunden.
Andere vornmiisclic Wege gehen aus
von Filsen, dem keltischen Daudobriga gegen-
über, von St. Goarshausen, Lorch, Küdes-
lieim. Kltville. Nieder-Walluf. Sehierstein
und ^losbach. — Vom Lahnthale aus fülirten
vornimische Wege von Ems nach Kemmenau
und von Friedrichssegen über Frucht und
Seliweiirhausen ins Thal des IMühlliaelis.
Von besonderer Wichtit,'keit waren zwei
von Norden nach Süden über die llniie hin-
ziehende Verkehrsstrassen. Die eine ging
von IJraubach aus rd)cr Dogel und Hansel
zum Wisperthale bei Lnrcli : die andere
vtm Nassau über Ilolzhausen und Kernel nach
Wiesbaden und Mainz, die sogen. Bäder-
strasse. Beide weisen eine Anzahl Grab-
felder und Spuren von Wdlinstiitten auf.
Alle vorrömischen Wege, soweit sie das be-
sprochene Gebiet betrett'en. waren Erdwege.
Kunststrassen in unserem Sinne gab es nicht.
Die auf der Wasserscheide hinziehenden
Wege boten auch meist ein trockenes Ter-
rain und gestatteten ein Ausweiclien zur
Seite, wenn eine Stelle selnver passierbar
wurde. Die Homer haben an iIlmh vor-
handenen Wegenetze wenig geändert und
nur sehr selten aus militärischen Gründen
einen neuen Weg angelegt. Nur in der
Nahe der Kastelle haben sie auch Strassen
gestickt oder Kieswege angelegt. Wohl
aber finden sicli an vielen alten Wegen
riünisehc Steinbauten, und die Eimeskastelle
■^ind mit Rücksicht auf frühe Verkeln->tras.-en
angelegt, so bei Kemel. Holzhauson, .Marien-
fels, Xiederberg, Hcdde^dorf und Xieder-
bieber.
Als die nimische Herrschaft auf dem
rechten Rheinufer aufborte und die Franken
das Gebiet in Besitz nalimen, bewohnten
iliesc hauptsächlich das Rhein- und Lahn-
thal, wo ihre Friedlnife sich fast an jedem
(»rte linden. In der Karolingerzeit erfolgten
wieder reichliche Rodungen auf der Höhe,
und die alten Stras-en kamen wieder mehr
in Gebrauch. So zog denn auch im Jahre
842 König Karlmann mit Bayern und
Schwaben über dii^ alte Bäderstrasse von
3Lainz nach f'oblenz. Im Mittelalter be-
wegte sich der Verkehr >tärker auf den
alten Strassen, und die meisten werden
heute noch wie vor mehreren tausend Jahren
benutzt.
Herr Prof. Dr. Hoff mann:
Das Walten der alten deutschen Kaiser
in den Rheinlanden.
Während die früheren fränkischen Könige
meist in dem westlichen Teile ihres Reiches,
in Xeustrien, residierten, ersah Karl der
Grosse die Rheinlande zum bevorzugten
Schauplatz seines persiinlichtm Waltens. X''ach
-einen Pfalzen Aachen, Ximwegen, Ingel-
heim. Frankfurt, Worms berief er oftmals
die Reichsversamndungen ; von hier aus
unternahm er seine Züge nach Sachsen und
Italien, hier tVirderte er persönlich den
Acker- und Gartenbau zum Vorbild für an-
dere Reichsteile. Ein Königshof mit könig-
lichem Wohnhause (Saalbau) war auch Wies-
baden, im Kunigcsundra-Gau gelegen, zu-
erst erwähnt von Einhard im Jahre ■'^29.
Das nahe Kloster Bleidenstadt ist in Karls
des Grossen Zeit wstiftet, von I-']rzbischof
Lullus von ]\Iainz, einem bei König Karl
iiochangesehenen Geistlichen; man kann wohl
annehmen, wenn auch ilie ausdrücklichen
Xachrichten darüber schweigen, dass Karl
bisweilen dieses Kloster und ilen K(inigshof
besuchte, wenn er zum Jagen in die Taunus-
wälder zog. In seinen si>äteren Jahren, als
römischer Kaiser, nahm er zumeist in .\achen
Aufenthalt, ebenso Ludwig der Fromme,
unter dem aber auch die anderen rheinischen
Pfalzen genannt werden; auf einer Rhein-
— Ki:
— Iim; —
iiist'l Iü''L'llii;iiii
jogeiiüber
^tarl
.uawig,
!)C(lr;iugt von seinen aui'stündischcn Sühnen.
Im Vertiage zu Verdun wurden die
Klieinhuide geteilt; erst 870 kamen Kisass
und Lothringen, letzteres aucli den L'rüssteu
Teil der jetzigen Xicderlande uiiit'assend.
an das ostt'ränkische oder deutsclie Tieieh.
Zeitweilig brachten dann die westfränkischen
Könige Lutliringen an sich ; Ileiiiricli I. ge-
wann CS zurück, indem er dreimal über den
Kliein zu Felde zog. Otto I. bestand am
Rhein i\i.!n Kampf um die Anerkennung des
Königtums durch die IIi'rz()ge : im Herzog-
tum Fraidcen am ^litteli-hein setzte er keinen
Herzog wieder ein, sondern verwaltete es
selbst als königliclies Land : auf der Ver-
einigung von Sachsen und IMieinlaud unter
demselben Herrscher beruhte fortan die
Einheit ties Iteiclns. Oft \erweilte Otto
am Rhein, namentlich wenn er von seinen
italienischen Zügen zurückkehrte; Ostern
965 hielt er einen Fürstentag zu Ingelheim
und wohnte dann einige Tage auf dem
Königshof zu Wiesbaden, was durch zwei
hier ausgestellte Urkunden bezeugt wird.
Er vereinte mit dem deutsclien Königtum
den Glanz des römischen Kaisertums, wel-
cher auf seine Nachfolger überging.
Unter diesen ist Konrad H. als gebo-
rener Rheinländer hervorzuheben; seine
Stammgüter lagen in der Gegend von Speier.
Sein gerechtes Walten zum Schutze des
Landfriedens förderte den Wohlstand des
Volkes; Rauwerke aus seiner Zeit sind
Kloster Limburg an der Haardt, der Dom
zu Speier, der westliche Chor des Doms zu
^lainz. Auf dem Fürstentag zu Ingelheim
1030 ächtete er seinen ungehorsamen Stief-
sohn Ernst von Schwaben : von Strassburg
aus unternahm er 1033 die Eroberung Rur-
gunds; in Norwegen feierte er 103f) die
Vermählung seines Sohnes mit der Königs-
tochter von Dänemark.
Gegen seinen Enkel Heinrich IV. er-
hüben sieh die dem Kaisertum feindlichen
Mächte : in Tribur traf ihn der Spruch
der Fürsten, dass er sich binnen .Jahres-
frist vom Ranne lösen müsse, zu 3Iainz
verkündete er uacli langen Kämpfen den
Landfrieden, zu Ingelheim zwang ihn der
abtrünnige Sohn abzudanken ; er wider-
rief bald die Abtlankung, starb aber zu
Lüttidi und wurde erst nach fünf .lahren
im Dom zu Speier bestattet. Heiurirh V.
Ijceudete duicli das zu Worms geschlossene
Konkordat <len Kampf mit dem Papsttum,
der allerdings später aufs neue entbrannte,
aber erst in der letzten Wendung unter
Friedrich IL dem deutschen lleiche un-
widerbringlichen Sciiaden zufügte. Da-
zwischen liegt die glänzen<le Zeit Friedrich
Harbarossas, der in seinen I'falzon zu Ila-
geuau. Kaiserslautirn. Inirelheim. Gi-lnliauseu
stattlich hofhielt und auf der Rheiuel)ene
bei Mainz 1184 jenes gro.sse Fest feierte,
welches die ritterlichen Dichter in ihren
Gesängen verherrlicht liaben.
Fiiedrich IL. in Italien gebin-en. kam
nur für kürzere Zeit eini.Lremal nach Deutscli-
land ; zu Worms feierte er 1235 seine Hoch-
zeit mit einer englischen Königstochter, zu
Mainz verkündete er gleich danach ein Land-
friedeusgesetz. .Vber während er dann in
Italien gegen die Päpste und die Guelfon-
partei känii)ft(% erhob sich in Deutschland
das Landesfürstentum mit Erfolg gegen die
kaiserliche Macht. In ilen hierdurch ent-
standenen T'nruhen wurde 1242 die kaiser-
liche Stadt Wiesbaden zerstört ; in den
folgenden .lahren hatten die Rheinlande
durch Krieg schwer zu leiden, bis der 1254
gestittete Rheinische Rund den Frieden
einigermassen wieder herstellte. Die Fürsten
missbrauchten das Recht der Königswahl,
um sich durch Geld und Privilegien zu be-
reichern; Richard von Cornwallis, der 1258
als erwählter König das Rheinland durch-
zog, fand nur so lange Anhang, als er Gc-
.schenke austeilte. Die alten Königsgüter
gingen in landesfürstlichen Besitz über, so
auch Wiesbaden : allmählich befestigten sich
grössere weltliche Fürstentümer zwischen
den geistlichen, reichsstädtischen und ritter-
schaftlichen Gebieten im Rheinland. Es
entwickelte sich hier ein vielgestaltiges
Leben in Kleinstaaten, während das not-
dürftig liergestellt(> Kaisertum seinen Sitz
nach dem Osten des Reiches verlegte. Aber
31acht und Einheit des Reiches waren da-
hin; in späteren Leidenszeiteu haben die
Rheinlande vieles erduldet, bis im l'J. Jahr-
hundert Deutschland sich zu neuer Rliite
erhob.
(Fortietzung des l'.erichts fol?t.)
MIT —
()■< —
V(4>valtmiürs-Heri(ht
des Altertums-Museums.
(Vom 1. Juli bis ol. Dez. l'JÜO.)
Erwerbungen.
A. Vorrömi3che Periode.
Aus (Jen Moabarher Samlirruben stammen
niclirore bescbädigti' Näpte der I.a Ti-nL-
Zrit( 15o24 2ri).iiber\vir;cn vom nassauiscbeu
Verein für Xaturkundf. Kint' grosse, riaolie
und zwei kleinere Scbüsseln , sowie ein
schwarzer Becher (Form Knenen VI. 8d)
aus den Gräbern bei Bilkheini i 1528() s8.
ältere Funde), ein kleiner schwar/lirauner
IJecher mit Striclnerzierun;,' auf iler Schulter
I15J73) aus Langenscheid liei Diez ; eine
beschädigte Hache Schale au> bräunlichem
Tlmn. gefunden bei Ilesslocli L^l8 (löJTO),
ein roher Kumi) der La Tme-Ztit (Durch-
messer 17^ i cm), darin Knochenüberreste
und eine kleine zerbrochene Thonkugol
(15275) aus den Gräbern bei Ilochheim
(vgl. Mitteil. an die Mitglieder des nass.
Altertums-Vereins 18G1, Xo. 1, S. 11 f.)
F.in kleines, jetzt noch 10 cm langes, zu-
u'espitztes Instrument aus Kieselschiefer, ge-
funden im Kastell auf dem lleidenberg,
k<innte auch in nniiischcr Zeit dort ver-
loren worden sein.
B. Römische Periode.
Die Mehrzahl der Funde aus dieser
Ziit stammt von verschiedenen Baustellen ,
in der Stadt Wiesbaden. Von dem alten
Aecibeamt in der Neugasse ein Backstein-
>tuck mit dem Stempel der XXII. Legion
und De]i>hin( = .Jacobi.Saalbur',', Tat". LXXV,
i:]). ferner die Silligatastempel : ANIS/XTV
Diccv/ = Bi..suiii]. CINTVC '/' rv =
(intu-rnaltu's). kVCVPEC,MICCIO FEG,
viMPVSF -■' : ein Xapf aus SiLrillata i hoch
ö'/i cm. oberer DurcJimesser 15'/^ cm) von [
der si)ätzeitig<'n Form Drag. Fig. 4!», mit
ringekerbt<_'m Verzii-rungsstreifen ; auf dem j
Rand eingeritzt CA, ^luf 'bni Fuss mit
l)reiten Strichen 1 1 1 (vgl. diese Mitteil. l'.)00,
Sp. 30) : Tasse der Form Drag. 31) = Koenen
XVI, 3(J : Xapf aus rauhem grauem Thon,
'-'eschwär/t (Form K<ienen XVII, (>), kleines
kreisrundes Lämpchencjhne Deejcel aus grauem
Tlion (löiiOO — 15:i()n), Vr.u einem aus
Bronzedralit geHochteneu Kettchen (15304)
ist der nuiiiseiie L'rsprung nicht gesiclun-t.
Von der Ilochstätte eine kleine Bronzetibel
der Form Almgren Fig. 20 (15307), die,
wie der Mangel einer Patinierung zeigt, aus
der hier schon früher angetrottenen Mot»r-
schicht istaiiimt. An Stempeln auf Sigillata
noch : GENIALia (15300 Goldgasse) und auf
der Aussenseite von relief verzierten Sclierben
in vertieften Buchstaben q SVNI7N3F10J1
(= Florentinus f(ecit) 15283), sowie
NjinOTOIV (= Victorin[us f| (15284).
Von der Metzgergasse 36 ein Sigillata-
nai)f (wie Koenen XVIIL 1!») mit Ein-
ritzungen auf Rand und Bauch (15327),
aus der dort ausgebrocheneu Stelle der
Ileidenmauer ein Backsteinstück (2^x-2öx7
cm) mit dem Stempel C L XII II G /W _l
(15320), geschenkt von Herrn Hofbucli-
drucker Schellenberg. Aus älteren Gräber-
funden im H(»te des Museums ein gelbbraun
gefärbtes Th(jnlämpchen '15310). sowie ein
zweites mit demStcmpel SATTONIS (15320)
und ein Bronzering, überwiesen vom nassau-
ischen Verein für X'aturkunde ; von der
Artillerieka.serne ein 185!) gefundenes Grab,
bestehend in einer Urne aus Terra nigra
(Form ähnlich Koenen X, 23), einer ge-
rippten Perle aus blauem Fritt, d(^m Stück
einer Bronzesclieibe (Spiegel V), sowie einem
31ittclcrz des Trajan vom Jalire !)8, Ks.
TR POT COS II PP riiegeude Victoria
(152(5!)): der Fund ist aus dem Grunde
interessant, weil er wieder einen Beleg dafür
giebt. dass Gefässe aus Terra nigra noch
in dieser Zeit in Gebrauch waren. Kleiner
Frnendeckel aus grauem Thon, gefunden
im Kastell Ileidenber!.' 18G0 (15278). Die
galvanoplastische Xachbildung eines reich
l.rofilierteu Sigillatatellers in Metall (15328)
wird Herrn Prof. Pallat, Berlin verdankt.
L'nter den Funden aus den Ausgrabungen
aufderBentmauer (s. diese Mitt. 1899/1900,
Sp.77 f.) sind noch zu erwähnen: ein verzierter
Fimerhenkol aus Bronzedraht (15309), ein
1 lebesrhlüssel aus Eisen. G \ '-i cm lang ( 1 5 3 1 1)),
eine Bronzetibel, mit Weissmetall verziert und
auf dem Bügel z. T. vergoldet, Form wie
OKL Osterburken. Taf. VI, 22 (15311),
ein eigentümlich gestaltetes Bleibescliläg.
Von St(Mndenkmälern fanden sich mehrfach
leider -elir kleine Driichstüeke : von einer
In.schrift auf Drnhler Tutt'stein sind nur
1'/:.' Buchstaben erhalten, aus gleichem
— KCl —
— lin —
Matüii.il lii'^telii'ii iiic'lirL're profilierte iJrucli-
btücko (15314); Teil einer sechsseitigen (?)
Ikisis aus Sandstein (15315). sowie Kck-
stiick eines Sandsteinsockels ( 1531(5 1. aucli
von der Kultstatnettc tU's !\Icrknr kämm
noch einige kleine Teile ziim Vdrschein.
An ^liinzen ergaben sicii ebenda noch ein
Denar des Trajan i.M.-Inv. 783), ein Mittel-
crz des liadrian (.M.-Inv. 820). Dniiondius
des Antoninus l'ins (■Nl.-Inv. 808 i, (rrosserz
des Marcus (^M.-Inv. 8 11») mid Denar des
Severus (M.-Inv. 807).
Drei niniisclie Miin/cn (1 Klcinerz Con-
stantins, ein desgl. des Constantiiis, sowie
ein unkenntliches !Mittelerz des 2. .Tahrh.),
net'unden in Wiesbaden an der Kinirstrasse
(M.-Inv. 777) stammen wohl aus einem
fränkischen Grabe. F.in Schatzt'und von 302
Denaren aus l-'lonheim (M.-Inv. 80!»), die von
Galba bis Scverns reichen, ist in dem Annalen-
heftc 31. S. 180 tf. anst'iilu lieh beschrieben.
C. Fränkische Periode.
Aus älteren Beständen stammen zwei
jetzt inventarisierte fränkische Urnen aus
Laubenheim und Flonlieim (15282, 15285).
D. Mittelalter und Neuzeit.
Vor alU'm ist hier zu nennen die Samm-
lung nassauischer ^liinzen und 3Iedaillen,
die sowohl durch Geschenke der Herren
Gaab und Polizeirat Höhn, sowie des
Gentralverbandes des Gewerbovereins für
Nassau, wie durcli Ankauf eine stattliche
Vermehrung erfuhr.
Eine Anzahl XV-Kreuzerstiicke Heinrichs
von Nassau - Dillenburg aus den Jahren
1()8C.— 1HU2 (M.-Inv. 814—818), 1 Albus
von Nassau-IIolzappel = Isenbeck 274 i'M.-
Inv. 773). Konventionsthaler des Herzogs
Friedrich August von 18(»f) = Isenbeck »i2a
und isio = Isenbeck ()(>. eine 48 mm im
Durchmesser haltende silberne einseitige
INIedaille mit dem Koiife Friedrich Augusts,
die Medaille auf den Desuch der Khren-
breitsteiner ]\Iünze, wie Isenbeck S'J, aber
in Zinn (IM. -luv. 788), Kronenthaler Fried-
rich Wilhelms von ISO*», 1810 und 1825
(M.-Inv. 786. 787, 812). 2(i-Kreuzerstiick
von 1809 = Isenbeck If.d (M.-Inv. 810).
Die seltene Meilaille Herzoir Adoljibs für
Rettung aus Lebensgefahr = Isenbeck 2 33 (M.-
Inv. 813). Ferner eine grosse Anzahl von
Festmedaillen und Erinnerung-zeichen an
\ ereinsfeste. Ausstellnniren und Nri-sanmi-
luiiL'en. namentlich in NN'ie-baden (M.-Inv.
7i)0 — S04). die schone Främienniedaille der
kf'raniischen .\usstellunir /uGrenzhan>en (M.-
Inv. 785i, die in Silber gcpräirtc Medaille
auf das IV. Gaufest des Schützenverbandes
Hessen-Nassau /u Weilburg 1891 (M.-Inv.
•^(•5) u. a. m. Ferner auf die Schlacht liei
Fckernförde geschlatrene private Medaillen,
•lie von den bei Isenbeck lieschriebenen ab-
weichen (M.-Inv. 7G3/764).
F. Ilitterlinir.
3IisC('II(ML
Eine Schönauer Klosterordnung des
14. Jahrhunderts.
In Nr. t) der Handschriften der Landes-
bibliothek zu Wiesbaden (Evangelienkon-
kordanz aus Schiinau) befindet sich auf der
Innenseite des Rückcndecdcels ein Perganient-
streifen eingeklebt, welcher eine vom Abt
Gerhard im Jahre 1328 erlassene Kloster-
ordnung enthält. Sch(inau war bekanntlich
ein Doppelkloster, d. h. Miinchs- und Nonnen-
kloster der Ordnung des hl. Den 'dictus.
Die hier folgende, das 3Ir)nchskloster be-
treffende Ordnung läs.st darauf schliessen,
dass \(ni dem zu Anfang des vierzehnten
Jahrhunderts überall hervortretenden Verfall
der Ordenszucht aucii Schünau bereits nicht
mehr verselmut geblieben war.
Allem Anschein nach haben wir das viel-
leicht von dei' Hand iles Abtes herrührende
Konzept der Klosterordnung vor uns. Darauf
deuten die im Texte an mehreren Stelleu
vorgenommenen Änderungen des Ausdrucks
hin, welche überall von erster Hand sind.
Auf der Tiückseite des Pergamentstreifens
finilen sich von irleidicr Hand noch folgende
Worte : Ifiiii r/iorcds o.icrrentpff. item cum
nionhtli pecciodf^. hc viitlieres uKlKraiitio-
(1(1 doniiitorium^ Ueta nefiligeutiaa clrcd
tlhiiHK üucniiiioifit, co)isi>i>'a((jres, item
ut ohedidtis rc'^fro priijri, ifcin icstcs
colore uel iiicisioiif- iiK.'un.'^ueta.'^. de roUectis
in r/inro foiiaUfer pfniiiiicidtidis. Diese
Worte sin<l von einer Hand des fünfzehnten
.lalirhunderts in <len Text auf der ^'order-
seite ohne llück-icht auf den Zusammenhang
da, wo es der Raum ge.^-tattote. einL;esch(»ben
worden, wie denn der betrett'ende Schreiber,
— 111
— 112 —
ih i- ilcii rciganicutstreiteii in «lic llaiidschrit't
( inklt'bte, am Schlüsse des Einschiebsels auch
bemerkt: haec in dlio htttre scripta
ttiutt ilr eadem )nauu. AuLrensclieiulicli
gehören sie aber nicht in den Text, denn
teils finden sich diese Vorschriften schon
mit eben denselben uder ähnlichen Worten
in der Urschrit't auf der Vorderseite wiedir,
teils sind sie wenigstens dem Sinne nach
dort vertreten. Wir haben in ihnen vitd-
niehr den Rest eines ersten Entwurfes, bei
dem zunächst nur der Inhalt der zu er-
lassenden Klosteronlnuni,' kurz skizziert
wurde, vor uns. Es ist nicht ohne Interesse
zu sehen, dass man solche besonderes Aer;,fernis
erregenden Verstösse <^egen die Zucht und
Sitte, wie sie in dem Entwurf durch item cum
)iioui(iIi peccaitfes und nf »lulitre)^ indn-
cantüf ad dormitorium mit klaren Worten
bezeichnet werden, bei der auf (nund dieses
Entwurfes erfolgenden Schlussredaktion lieber
nur andeutungsweise zu verbieten vorzog.
Der Wortlaut der Klosterordnuug ist
fol;.'ender :
Iiihibemus in nomine domini et in virtute
sancte obediencie et sub pena excom-
niunicationis et subpensionis ofticiorum
\estrurum
Ne «luis doniinorum nostrorum post com-
pletorium exeat limites mouasterii sine
licencia prioris uel senioris et ex ligi-
tima causa.
Item ne «luis intret tabernas causa bibendi
ludendi uel comedemli.
Item ne (juis comedatuel bibatin dormitorio.
Item ne 4uis frequentet claustrum moni-
alium ante prandium et jxjst vesperas
causa truplianili.
Item ue quis habeat vcstes alterius coloris
• [uam nigri uel bruncti et nigri et
religioni et ordini non aptas.')
Item ne qui sint conspiratores.
Item ne ([uis faciat nouas structuras uel
nova editicia inaliquo locohuius claustri
sine licencia sui superioris.
Item inhibemus negociatores'). lusorcs
tesserum pro pccunia.
Item nequis habens septimanam eat extra,
nisi procuraverit fam.
Item ut iiullu- iutrct vilhiiii •-ine ligi-
tima causa et honesta et cum licencia
prioris uel senioris.
Item ne «juis conuertat res mouasterii. si
(pias habet cum licencia, in malos usus.
Item ut quisque teneat silencium in dor-
mitorio post completorium.
Item ne i[uis habeat cquum sine licencia.
Item ut ullus eontiteatur aliqut; saccr-
doti. nisi Sit de ista congregatione.
Item ut quisque teneat disciplinam in
chorn. in refectorio et in dormitorio
et Silentium ibidem iuxta prcceptum
nostre regule.
Item ne quis inccdat sine habitu reli-
gionis in ali([Uo loco.
Item |ne (luis^] yortet clenodia auro ar-
gento uel serica tiuctura ornata uel
fal)ricata.
Item ne «[uis exerceat choreas uel ducat
eas.
Item ne foramina camcrarum obstru-
entur [I]
In contrarium facientcs innodamus pe-
ius ex sentencijs supradictis.
Datum et actum anno domini MCCCXXVIII"
in vigiliis ultimatis domini nostri Jesu
Christi i>er Gerhardum abbatem in Schoy-
nauwe ordinis sancti IJenedicti.
G. Zedier.
Beiträge zur g-enealog-ischen
Geschichte des Hauses Nassau.
I. Else, Tochter des Grafen Philipp II.
von Nassau-Saarbrücken,
In der Nassovia vom 1, April 1900 hat
W. Sauer zum ersten 3Iale von einer in
der Litteratur bis dahin unbekannten Tochter
Else des Grafen Philipp II. von Nassau-
Saarbrücken') Nachricht gegeben und ver-
sucht, sie der Stammtafel des Hauses Nassau
als legitime Sprossin einzuverleiben. Seine
(^»uelle war eine Lehnsurkunde des Grafen
Philipp, in welcher auch von der beabsich-
tigten Heirat der Else die Rede ist. Die
von Sauer ins Eeld geführten Gründe für
') Di«.' Worte uiierius — nigri et muA vkii
•■rater Hund iMng''S<di()l'en nml dafiir__nftcli jqitiis
die Worte in i'olore gestriclien.
"I Hinter negofiatures sind 41«' Worti' villo
") Die eingeklammerten Wurte linbe ich
erg;inzt
1
<'nr?-nres gestrifluMi.
) Pliiliiq) liatti' liekfinntlicli in der Teilung
Mini -JT. F.'liniHr 1442 liie Iforrscliat't NVoilhurg
erlirtlten, nuTiiit« >icli iiiier -t^ts nur (iriif zu
>'ii^siiii uml SM;nl)iii(;kf'n.
— 1 1 -i —
I u —
die AWUuiit't dir VA-i- ;iiis l•cchtllläs^iJ,'Cl•
Khc dürften über scliwerlieb all^a-nieiuc Za-
^tiiiiinuiii,' gefunden liahen : er meint, wenn
Else eine natnrliche Tochter des TJraf'en
l'hilipp gewesen wiire, so Initce dieser in
der Urkunde w(dd einen jeden Zweifel über
ihre Abstaniniung aussohliessenden Zusatz
gebrauebt und die Klieberedung wäre nicht
in so feierlicher Form vollzogen worden.
Was zunächst die letztere Ansicht betrittt.
so haben wir es nicht mit einer feierlichen
Eheberedung zu thun, sondern mit einem
Lehnsrevers des Georg von Sulzbach und
seines Sohnes Philipp vom 22, Januar 1453,
in welchem eine Urkunde des Grafen Philipp
vom gleichen Tage über die Belehnung
der genannten mit dem Schlosse Hausen
inseriert ist. In erster Linie ist hier von
der Delehnung die Hede, erst in zweiter
wird der beschlossenen Verheiratung der
Else mit Philip]) von Sulzbach gedacht.')
Das dürfte also für die Eheberedung einer
Grafentochter aus legitimer Ehe kein be-
sonders feierliches Dokument sein, und feier-
liche Eheverträge aus jener Zeit — es giebt
deren eine grosse Anzahl — sehen denn
auch anders aus. Ueber dieses Bodenken
jedoch hilft sich Sauer durch eine feinsinnige
Deutung hinweg; dadurch, dass erst an zweiter
Stelle der Heirat Erwähnung geschähe, solle
.,das Hinabsteigen der Else in eine Stellung,
die ihrem bisherigen Stande nicht entsprach'',
maskiert werden.
Else kann nach Sauer auch deshalb
keine filia naturalis sein, weil sonst, wie
das öfters vorkomme, ein passender Zusatz
sie als solche bezeichnet haben würde. Es
wäre nicht ohne Literesse gewesen, solche
Stellen, vielleicht aus Eheverträgen ille-
gitimer Sprossen, kennen zu lernen. Da
Sauer aber die Else für ein legitimes Kind
hält, so sind vor allem die Eheberedungen
aus dem 15. Jahrhundert, welche legitime
Nachkommen besonders der Grafen von
Nassau betreuen, einer näheren Durchsieht
zu unterziehen. Das Ergebnis ist, dass
durchweg in den betreffenden Verträgen'')
kein Zweifel über die legitime Herkunft
der Kinder gelassen wird. Entweder stehen
bei den Namen ausdrücklich Zusätze wie
-) Die Urkimde boruht im Kifl. StHatsarcliiv
zu Wiosbarloti, l'rkunden: Ilf. Adol. v. SulzVuich.
•*) \"t;'l. die Khelier<Mlmig des Vaters der Klse,
des (ir.-itV'ii Pliilip[), iiiic Maigurete von Loeii vuiii
,. ehelicher Sohn,' ..elielii he Tochter." oder
es werden beide Eltern mit Namen und
Stanil aufgefidirt; etwa seit Mitte des 15.
Jalirhunde:ts wird auch den Kindern von
hohem Adel der durch ihre Geburt be-
dingte Titel lieii/elegt. Graf Philipp, der
Vater der Else, nahm es in dieser Beziehung
selbst sehr genau, wie wir das doutlirh au^
der Eliel)eredung*) seines [natürlichen] Sohnes
Philii)p mit Anna von Clettenber^' ersehen;
während er hier von seinem legitimen Sohne
Johann als dem Junggrafen zu Nassau und
Saarbrücken spricht, mit dessen Willen
und Wissen der Heiratsvertrag erfolgt sei.
nennt er seinen [natürlichen) Sohn Philipp
einfach nur ..unsern, Graf Philipps, Sohn."
Ebenso heisst es in der oben erwähnten
Lchnsurkunde Philipps nur ..unse Dochter
Elsen", nicht Gräfin oder Junggrätin von
Nassau und Saarbrücken, und in gleicher
Weise siiricht Graf Philipp von seiner Tochter
Else noch in einer anderen Urkunde.
Sauers Vermutung nämlich, das Genea-
logienbuch der Linie Nassau-Weilburg von
Johann Andrea^) wisse nichts von der Else,
weil Hagelgans''), der sorgfältige Genealoge
des walramischen Stammes des Hauses Nassau,
sie nicht aufführe, ist eine irrige. Andrea
kannt(! Philipps Tochter sehr wohl, nahm sie
aber in die von ihm aufgestellten Stamm-
bäume') nicht auf, offenbar weil er sie für
T.Jan. 1438. Staatsarchiv in Wiesbaden, (."opial-
bucli A 05 1, Folio 105 ff. — Khepakten zwischen
Jüliaiuia von lleinsl>erg und Graf Juhann von
Xassau-Saarbrückon vom 30. Nov. 1450. .V. a. <>.,
Folio 112 tt". — Fhepakteii zwischen Wilhelm,
Jungherzog von Jülicli, und Klisabeth, Jung-
grätin von Nassau, vom 22. Juni 1463. A. a. <>..
Folio 125 ff. und 31 ff. — Khojiakten zwischen dem
.Markgrafen Alljrecht von Baden und Johanna.
der Tochter iles li raten Joliann vuu Nassau-
Saarbrücken, vom 31. Aug. 1409. A. a. O., Folio
134 ff. — Die IJeispiele lassen sich ohne Mühe
vermehren, ich bcJcliränke ndch nur auf das
15. Jahrliundert. Auch in den Wittumsver-
schreibungeu wird die lci,dtinie Abkunft herror-
gehoben; vgl. z. B. ilie Wittumsurkuiide Ger-
hards, Herrn zu Kudeniachern, für seine Ge-
mahlin Margarete von Nassau vom 25. Jan. 146.!.
A. a. ()., F'olio 26 ff.
^1 Original im Ilausanduv zu W'-ilburg, Urk.
Nr. 70. Al)schritt im Staatsarchiv zu Wiesbaden.
Cop. A 55, Folio 22 v. f.
^) Johann Andrea war grätlicli na^sau-saar-
luückischt'r Kanzlcirciri^trator von 1596 — 1642.
'') J. U. Hage lg ans, Nass. (iesrhlcohtstaf«'l
lies walr. Stammes. Frankfurt u. I.«'i|>zi;: 1753.
') Jo hann .ALiidreä. {»as erst.- Genealogien-
buch ül>er die Na.ssau-W«'ilburg'T Linie, S. luit
— IL")
— 1 1 r, —
lim- natiiiiiebe Tochter «les Grafen hielt,
und -eini'ui Beisiiiole t'ol.irte Johann Georg
llagolgans. Amlrea scheint /war keine Kennt-
nis von <ler oben ,i,'LMiannton Lt'hnsurkundo
vom 22. Januar 14.33 gcliabt zu haben.
in seinem Gencabigienbuch gicbt er aber
l'üU'ende Notiz") über Else von Siilzbach:
...Vnno 1487 hat Graft" Phillipss von Xassau-
Sariiriicken auch eine leiii^e Tocliter ge-
habt. Kl>s. so an I']iillii>ii>.sen von Sol/bach
vcrheuratet gewesen, so auss einer Ver-
schreibung de anno 14>!7 m sehen.'" Das
Original dieser Ver5ihreil)ung ist bisher
nicht an das rageslicht gekommen, ilagegen
habe ich eine beglaubigte Absclirift der-
selben vom l(t. L)e/eml)er l.'ili> (F'reitag
nach conceptionis ^lariae) in einem Coiiial-
buch gefunden, weidies die auf die Graf-
schaft Xeuweilnau aufgenommenen Scliuld-
verschreibuniren der Grafen von Nassau-
Saarbrücken entliält und voll .loliaiiii Andrea
/.usanimengestellt ist.'*; In dieser l'rkunde,
einer am 2H. Dezember (.St. Steidian) 1487
ausgestellten Scliuldverschreibuiig, giebt Graf
l'hiliitii"^) seine Zustiiiiinung zu der Uidier-
tragung einer ..unser dochter Elsen. Philiiis
von Soltzbach seeligen Ilausfrauwcn" sdiul-
digen und auf Oberrosbacli für 100 Gulden
versehriebenen Jahresrente von 5 Gulden,
welche ..ilie eoLreiiaiit Elssa mir unserm
willen und wissen irer dochter Heylickenn
zu einer Zugabe zun"j W entzein von Ross-
bach. der i:emelron Ileylicken eelichoii Ilauss-
wirth. gegeben haitli" ; die Teii'-ion war
am II. No\ember jeden Jahres zaiilbar und
am 23. April (St. Georg) laiiulbar.
Diese interessante Urkunde giebt zum
ersten Mal den sicheren Beweis, dass die
Ehe zwischen Else und Phiiiiiii ^'on Sulz-
bach, die laut oben erwähnter L'rkunde bis
zum 11. November 14ö3 geschlossen werden
u. 129. Miiiiu-kript im Köiiiv'i. Stautsaivliiv zu
\Vi»'8l>(i(leii, Narlihis-e, .Vinlre;i Xr. 1.
'j «. 1-J4.
■') Staatsurcliiv /u Wie.sbiidi'H, ( (»j). A .j.j,
Fol. :i2. Itie Abschrift ist durch Unterschrift
iiiul .Siegel Pliilipijs von Dü<l''isliiiiii, woilaiid
Meui,'es^8ohii, i)eglaubigt. l>io L'rkiiiido selbst
\var ausser ilein ürafeii IMiiiipi» auch vou Kber-
liai'd Voll .Mf^renlferii'. :,'cii!niiit Kiibe'^inji, uml
Ijierliard 1 V. ^tuincl, ilcii Mitviiriiiiiinlerii des
(irateuLudwi;;vüii Nassau-iSaarbnickeii, hesieijeit.
'") Zugleich als ViiriiMiiiil seiues KukoU, des
Grafen Ludwi:.'' von Nass.-tii-SnarbriicIci'n.
"( Das Woit ist hier ülierHiissii;, oder ilcr
.VMsi;lireil;er iiat et\sas aus'^chissen.
sollte'"), auch wirklich vollzogen \>t. Ferner
ist nunmehr sicher, dass ausser der eben
genannten Tochter Heilike auch die bereits
Von Sauer aus einer Urkunde vom 1(5. !Mar/
lö2(i'"') genannten Gebrüder (reorg und
i'hilii'ii von Sulzbach Kinder der Else und
des IMiiliiij) von Sulzbach sind. Wann diese
Kinder gclxiren und gestorben sind, lässt sich
mit Sicherlie'it ebensowenig bestimmen wie
ilas Geburts- und Sterbejahr der Else selbst.
Von Interesse dürften noch einige weitere
Mitteilungen über die I]eziehungen der
Grafen von Nassau mit ilen von Sulzbaeh
sein. Wenige Monate nach der Heirat der
Else nahm Graf Philipp schon die Hilfe
des Schwiegervaters seiner Tocliter in An-
spruch: am 1. ^larz 1454 nämlich lieh
Georg von Siilzbach dem (irafen die statt-
liehe Summe von 850 rheinischen Gulden
und erhielt dafiir eine jährliche Kente von
51 Gulden unter Vm-behalt vierteljährlicher
Kündigung.'*! Später stellte Graf Philipp,
wi(^ aus einer Schuldversehreibung seines
Enkels, des Grafen Ludwig von Nassau-
Saarbrücken, vom 24. August 1502'*) her-
vorgeht, dem Georg von Sulzbach und dessen
[vor dem 2f). Dezember 1487 verstorbeneu)
S(din Philijip zwei andere Schuldurkunden auf
!)00 und 71 Gulden aus. Die Pensionen
wunlen jedoch lange Zeit nicht gezahlt ;
am 24. August 1502 Hessen die Söhne
Philipps von Sulzbach, die Gebrüder Philipp
und Georg, ihre Ansprüche auf diese rück-
^■^) Es lieis.st dort, dass „Philips Jörgen soii
unse düchter Klsen zu der heiigen ee haben und
nenien sal und ilen byslaitf thun zusehen hie
und sant Martins Tag nehist konipt".
'■') Philipp der Ältere und Philipp der Jüimero
von Sulzbach, genannt Hasen, Vettern, verkau-
fen an deu (irafen Philipj) HI. von Xassau-
S.iMrbrficken das Schloss Hnsen, mit welchem
ihr üruder und Vater weiland (ieorg von Sulz-
baeh von dem (irafen Philipp II. belehnt war.
Orig. im Staatsarchiv zu Wiesbaden, rrkunden,
III. Adel, V. Snlzltaidi, mit dtni Siegeln des Of-
ticials von Worms und der beiden .Vussteller.
") Abschrift vom is. (Jkt. Iju2, beulaubigt
durch Dechanten und Kapitel des \Valpuri,'is-
stiftes zu Weiliiuri.', im Staatsarchiv zu Wies-
baden, L'op. .V ."jj, l'(dio :i tf. Ausser dem (Jrafen
i'hilipp sieu'elten nocii 8 angesehene iUirgen.
'') Staatsarchiv zu Wiesbaden a. a. O. Pol.
.■■)9 tf. Die l'rkunde ist von besondi;rem Inter-
es.-je, weil unter den 4 Hür'^en auch ein Krdvel
di'S Grafen I'hilipp II. und Solm seines |natür-
licdienj Sohnes I'hilipp uenaniit wird: si(! i;iel)t
auch zntii ersten Mal Kunde M'n den bcMilen
Sühnen iler Plse.
117 —
— 11^-
stüiiiligen Zinsen fallen uml erhielten cliitiir
eine neue Vcrbchreibiin,!,' von lOOO Gnldcn
mit einer jährlielieii llente von 50 (hiklen
auf die Kellerei Gleib^rj,', Einen Tri! dieser
Pension verkauften sie unter /ustimniung
des Grafen Ludwig' und seines Kurators,
des Grafen Johann Ludwig von Nassau-
Saarbrücken, am 28. !Mai 1513 an «las
Liebfrauenstift zu Wetzlar unter Vorbehalt
des Rückkaufes."') Die Ablösung des Kapitals
erfol.iite durch Graf i'liiliiipIIL im Jahre 1527 ;
die Originali[uittun,!^- l'hilii)i)S von Sulzbach
vom 22, Xov. 1527 ist noch erhalten.'')
Der jüngere Sohn der Else, Georg von
Sulzbach, trat laut Erkunde vom 18. Juni
15()6'") mit der Vurpriichtiinir zur Stellung von
zwei Pferden in die Dienste des Grafen Ludwig
von Nassau-Saarbrücken und erhielt für sich
und seine Ehefrau Walpurgis auf Lebens-
zeit Ludwigs Teil an dem Schlosse und der Burg
zu Cleen nebst Zubehc'ir und ein Drittel des
Hofes dortselbst'"') ; falls alier das Schloss
wieder an Nassau überginge, sollten die Ehe-
leute eine jährliche Reute von 20 Gulden er-
lialten. Drei Jahre später finden wir ihn
als Amtmann des Grafen Johann Ludwig
von Nassau-Saarln'ücken zu Stauf. Georgs
älterer Bruder war als Besitzer des Schlosses
Hausen mit dem Grafen Bernhard zu Solms,
Herrn zu ]\nnzenberg. in Eehde geraten,
hatte aber 1500. wie aus Lchnsakten dieser
Zeit hervorgeht, keinen Anteil mehr an
dem Lehen ; Graf Ludwig hatte den
jüngeren Georg mit dem Schlosse belehnt.
Allein auch Georg konnte sich seines Be-
sitzes nicht ungestört freuen, da Graf Bern-
hard Anspruch auf Hausen erhob und auf
Teilung des Lehens antrug ; deshalb ver-
wandten sich Johann Kesscler und Johann
von Wehen, Rentmeister zu Gleiberg, zu
Gunsten Geori^s von Sulzbach, ihres ..Eidams
und Schwagers'" in einem Schreiben vom
11. Juli 1509 an Statthalter und Räte zu
Weilburg,-'") Da Graf Johann Ludwig gegen
eine Teilung des Lehens war. so wird Georg
das Schloss Hausen l)is zu seinem vor 152(5
erfolgten Tode besessen haben ; durch seinen
'") Staatsarchiv Wiesbaden, a. ,t.()., Fol. 66 tt.
'') Fuemla, Erk. HI. .^del, wn Sulzijacli.
i"*) Ebeuila, ('op. A .■).'), Folio 44 tt".
'■'j Die (iüter wan-n durcli «I'Mi Tud Kii:,'el-
IjrocliLs von Si-lhaiMi frei ^;ew()rdeii.
-") Stantsari'liiv in WieNiiadeii, Loliiisaieluv,
von Sulzbacli.
Soliu Philipp und seinen Bruder Philipp
kam Hau-en, wie bekannt, an das llaus
Na->au zurück. ■■')
Wiesbaden. 3L v. Dumarus.
Chronik.
Altertumsverein zu Höchst a. M.
Im Vereinsjahre 1900 fanden It Vor-
standssitzungen statt und zwar monatlich an
Jedem zweiten Dienstag, mit Ausnahme der
Monate April, Mai und September.
Die Generalversammlung wurde am
IG, Januar im Vereinshjkal ,.Zur schönen
Aussicht" abgehalten; in Behinderun-,,' des
ersten Vorsitzenden. Herrn Dr. v. Bnining.
führte dessen Stellvertreter. Herr Po^t-
direktor Zeisberg, den Vorsitz. Der-
selbe gedachte zunächst in warmen Worten
der beiden 31itglieder. die der Tod dem
Verein entrissen, der Herrn Amtsgerichti-
rat G i r s h a u s e n und Rektor Müller,
und forderte zum ehrenden Gedächtnis der
Entschlafenen die Anwesenden auf. sich
von ihren Sitzen zu erheben. Sodann er-
stattete der Protokollführer. Herr Hassler.
den Jahresbericht, der ein er.''reuliches Bild
von der Weiterentwickelung des Vereins
bot. Dem Bericht folgte die Rechnunirs-
ablage und die Neuwahl des Vorstandes.
Zum 1. Vorsitzenden wurde Herr Dr. v.
B rüni n g wiedergewählt, auch die übrigen
Mitglieder verblieben im Vorstande, nur
trat an St(dle des Ostern nach Wiesbaden
verzogenen Herrn Amtsgerichtsrats Stifft,
Herr Landrat Dr. St ein meist er in den
Vorstand ein, leider nur für kurze Zeit,
da er im Laufe des Sommers als Polizei-
direktor nach Cassel berufen wurde. Mit
ihm verloren wir einen treuen Ereuml ;
sein warmes Eintreten für die Interessen
des Vereins \\ird ihm stets unvergessen
bleiben ! Zum letzten Punkt der Tages-
ordnung — Aenderung der Statuten wegen
Eintragung iles Vereins in das Vcreiu'^-
register — nahm Herr Rechtsanwalt
Langen das Wort und erläuterte in licht-
voller Weise die ältere und neuere Vereius-
geset/gebuni: und lud) die Aendcrungen
hervor, welche ilas neue Gesetz für die
•^'l Vgl. oben .\inii. 1:5.
- ll'.t —
12n —
.Sat;^ungou der Vifoiiic iiötiir macht, «lio in '
ila= ^'e^L•iIl5regi5tcr eiugetiagou zu werdcii
wünschen. Mau Iteschloss ilie Eintragung
boim Kiiuigl. Amtsgericht zu beantragen,
zuvor aber t-im-n ueuon Entwurf der
Satzungen durch den Vm-stand unter
giitiger Mitwirkung der Herrn Rechts-
anwalt Langen und l'hil. Kramer
ausarbeiten zu lassen. Dieser Entwurf
wurde von einer auf den 15. Februar ein-
berufenen zweiten Generalversammlung ge-
nehmigt; zugleich wurde auf Autrag des
Vorstandes beschlossen, die in der Samm-
lung des Vereins leihweise ausgestellten
Gegenstände gegen Feuer- und Diebsgefahr
zu versichern. Dies ist bei der Gesell-
schaft .,Phöni\"" mittlerweile geschehen.
Zwei Austiüge wurden unternommen :
am S. Juli nach Limburg, wo der Dom
und der Domschatz, sowie das Pallottiner-
Kloster besichtiLTt wurden; am 29. Juli
nach D a r m s t a d t , wo der Besuch dem
3Iuseum und der im Entstehen begriffenen
Kiinstlerkolonie galt.
In den Wintermonaten fanden folgende
Vortrüge statt :
1. Am It). .Januar sprach Herr Piechts-
anwalt Langen über ältere und
neuere Vereinsgesetzgebung (s. o.).
'2. Am 15. Februar Herr Dr, Ritter-
ling-Wiesbaden über die Besetzung
des unteren Mainthals durch die Rtuner.
3. Am l'J. Februar Einladung iles Kauf-
männiselien Vereins zu deniLichtbilder-
vortrau' des Herrn Dr. Schmid- Aachen
..Wanderung duirh das alte Venedig".
4. Am d. Miirz Herr Pfarrer R. Schmitt
über Begräbnisformen in alter und
neuer Zeit.
5. Am 30. März Herr Dr. Kobelt-
Schwanheim ..Die Viilker Euroiias und
ihre Abstammung'" (2. Teil).
(5. Am 17. Oktober Herr Dr. J. Hülsen-
Frankfurt ..Das Bolongaro-Schloss zu
Höchst a. 'Sl." mit Lichtbildern. —
Im Anschluss an den Vortrag fand
am Sunntag tlcn 11, N<nember unter
Führung des Herrn Redners nach-
mittags eine Bcsichtigun;: des ge-
nannten Gebäudes itatt.
7. Am 20. November Herr Direktor
Dr. B 1 ü m 1 o i n - 1 lombur^' v. d. II.
...\iis dem Lvbeii rin'-r holländischen
Kleiustadf.
S. Am 2i). November Einladung des
Kaufmännischen Vereins zu «lern Vor-
trag des Herrn Direktor Gall
,, Deutsches Mädchenleben im Mittel-
alter".
i). Am 11. Dezember Herr Dr. med.
H a u 1» t - Soden ., Bemerkenswerte Zeit-
läufte in der Geschichte des ehemaligen
freien deutschen Reichsdorfes Soden".
Am 11. Oktober nahm der Vorstand an
Acv Feier der Grundsteinlegung zum Prä-
torium auf der Saalburg teil.
Mit den Nachbarvereineu Wiesbaden und
Frankfurt wurden freundschaftliche Be-
ziehungen weitergeptlegt und ihren Ein-
ladungen zu Vorträgen gern Folge geleistet.
Ausser den schon genannten Herrn ver-
lor der Verein im Laufe des Jahres noch
die Herrn Fabrikbesitzer H. Gregory
und W. Alb ach durch den Tod. — Neu
traten dem Verein auch in diesem Jahre
22 Herren bei; die Mitgliederzahl ist jetzt
auf 178 gestiegen.
Der Besuch der Samndung war gegen
das Vorjahr weit reger, wozu namentlich
auch die l'nterbringung im neuen Lokale,
dem Zollturm am Schlossplatz, wesentlich
beigetragen hat. Die Sammlung wurde
durch Ankäufe und gelegentliche Funde,
niclit minder auch durch freundliche Ge-
schenke erheblich vermehrt. Es wurden
u. a. gekauft eine alte Haubenschachtel
mit bunter ßemalung, drei Abgüsse von
Lebkuchenformen, zwei Zinnleuchter, 14
photograiiliisehe Aufnahmen des Bolongaro-
schlosses. — Für die Büchersammlung wurde
angekauft : Roth, Nassaus Kunden und
Sagen; Keller, Nassaus Drangsale im
30jährigen Kriege; sowie die Zeitschrift
Nassovia; ausserdem wurden, und zwar
zum grössten Teil von Herrn Amtsgerichtsrat
Stifft, jetzt in Wiesbaden, etwa 80
Bände, meist nassauische Geschichte be-
treffend, dem Vereine zum Geschenk ge-
macht, — Von Fundstücken, die der Verein
erhielt, seien u. a. erwähnt: aus vorrömi-
scher Zi'it : 7 Steinbeile, 1 Spinnwirtel.
1 Totenurne, 1 Bronzekelt, 1 Lanzenspitze
aus Feuerstein; — aus römischer Zeit:
1-t ]\Iünzen. sowie eine Anzahl Zietrel mit
Legionsstempeln und mehrere Gcfässe; aus
fränkischer Zeit : u.a. ein zierlicher, wohl-
erhaltener Krug.
— 1-21 —
- \±2 —
Von weiteren Gaben, die ilcm Vficin
zugingen, sei hier zweier liervorragemler
Krzencrniss(> nnsi.'rcr Por/ellant'aliriU gedaelit.
(He Herr Kentncr I. n t z sehonkte: ein
Fayencekriig mit ZinmlecUel und i-in Salat-
kunipen aus Pdr/eilan. lieide mit reieliem
P.lnmensclimuck; sie bilden eine 7ierdi>
unserer Sammlung.
Die nassanisclie Grenzsäule, deren wir
im vorjährigen Cerielit i^edachten, ist durch
Herrn Paunntornehmcr J. Wiegand nun-
mehr in das Gärtclien am ZoUturni fiber-
fülirt worden und hat dort naeh langer
Wanderung vom llebstock lier ein dauern-
des Ruhci)lätzclu'n gefunden : dort sind auch
zwei niedliche Sandsteintiguren aus dem
Garten des Bolongaroschlosses. musizierende
Kinder darstellend, als Geschenk des Herrn
Dr. L ö f f 1 e r , aufgestellt.
E. S u c h i e r.
Nassauische Geschichtslitteratur des
Jahres 1900.
ZusammengestelU von G. Zedier.
A = Annalen d. Ver. f. Nass. Altert, u. Oesrh M = Mit-
teilungen desselben. X = Nassovia. RK = Uheiniächer
Kurier WT = Wiesbadener Ta^blatt. AN = Alt-Nassau,
Freibeil. d. W. T.
I. Prähistorische und römische Zeit.
1 1 a 1 1 s t ii c t - F u u d e :
Eltville, initget. v. K. liitterling = M 1900/1,
Sp. 44. 1
Xeuli äusel, mitget. v. \V. Soldan = Kölnisc.-he
Zeitung vom 26. Juli 1900. (Korrespoiulenzbl.
d. Westd. Zeitschr. .Jg. 19 1900, Sp. 129
bis i:^5: M 1900/1, Sp. 91 — 96.) 2
Simmern bei Elirenbreitstein, uiitget. v. R.
ß.Klewiu- = M 1900/1, Sp. 47. o
La T e n e - F u n d e :
Braubacli, initi^et. v. R. IJodewig = M 1900/1,
Sp. 46 f. 4
Dachsen hausen, mitij^et. v. K. Bodewig =
M 1900/1, Sp. 67 f. ö
K.
1-2
y
Bo<lewig, R., Ueber das vorgeschichtliche Brau-
bach =M 1900/1, Sp. 11 — 13. fi
Bodewig, R., Vorrüniische Wohnstätten am .Vb-
hange (lerMurksburj; liei J> raubach = Burg-
wart 2, S. 42. ~<
Beuner, .!., Die Gerinanengräber auf der Lieb-
Ungsheide b. W a 11 m e r o d = N 1, 8. 20-24. S
Römische Funde:
''Küchst, mitget. v. H. Suchier = M 1900/1.
Sp. 19—21, 47-49. '••
/ X i p d e r w a 1 1 u f , mitget. v. K. Ritterling = M
1900/1, Sp. 19. \^
/s a a l b u r ^-.Vusgrabungen = Korrespondenzld. d.
Wcstd.V.oitschr. Jg. 18 1S99, Sp, 197 f. U
\\' i c>lj aden, .,(irüni'r Waid'', initi^ct v
UiCtotün'.,' = M lS!)9,r.»0M, Sp. U.') f.
Ritterling, !!., Zur ('O-cliiclite de» röniimlHMi
Wiesbaden = M 1900/1, Sp. 49—52. F»
Kitterling, K.. Kin (Jesanjtfund rüinischtT Kiein-
erze aus der Zeit Diuch'tiaiis := .V :J0, .s.
r.»;{ — 201. 14
('ramer, Franz, Insclirifteu auf (düseru de»
römischen Rlieinland«. .\nhang. Reste
röm. Fensterscheiben in rhein. .Museen =
Beiträge z. (iesch. •!. Niederrheins. Bd. 14.
1900, S. 138—172. I.')
II. Mittelalter und Neuzeit.
Funde:
Alteburu: bei llerselibach, mitget. v. K. Ritter-
ling = .M 1S99/1900, Sp. 116. IC
Kltville, mitget. V. K.Ritterlinif = Mls99/i9(to,
Sp. 116 f. 17
01)er\valluf, mitiret. v. K. Kitterlinir = M
1900/1, S).. 44 f. IS
Thomas, Ch. L., Der Burggrafen zu Ksch-
born. M. 1 Tat". = .Archiv t". Hess. Gesch.
u. Altert. N.F. 2(1899), S. 413-431. 1!» /
Landes- und Provinzialgeschichte. .Vnh. der in
R. Voigtländers Verl in Leipzig erschienenen
geschichtlichen Lehrbücher. 10 B. (iüth. .K.,
Nassau. S. Autl. 1900. 16 S. S". 2(»
Schrohe, H., Die politis( hen Bestrebungen Erz-
bischof Siegfrieds von Köln. Ein Beitrag
zur Gesch. d. Reiches unter den Königen
Rudolf und .Vdolf = Annalen de3 histor.
Ver. f. <l. Niederrh., lieft 67 1899, S. 1 — lOS,
besonders S. 73 — 87 die Wahlverliandlungen
und die schliessliche Eriiebung .Vdolfs von
Nassau zum römischen Könige. *2na
Wagner, P., Die Originalhandschritt des Epp-
I stein' sehen Lehnbnches aus dem Ende des
i 13. Jahrhunderts = M 1900/1, Sp.6S— 70. 21 '^
j Schaus, E., Feber Stadt rech tsurkunden für
! nass. Orte = M 1899 190O, Sp. 107 f. 22
j Lennarz, Albert, Der Territorialstaat des Erz-
! bischofs von Trier um 1220 nach dem Liber
annalium iurium archiepiscopi et ecclesie
I Trevirensis = Annalen d. liistor. Vereins f.
i d. Niederrhein, Ilft. 69, 1900, S. 1-90. 23
Spielmann, C, Der Werdegang des Herzoi^tums
] Nassau =N 1, S. 2—4, 18-19, 30-31,
42-44,58—60,70-72,82-83,91-96. 24
III. Ortsgeschichte.
1 Rlieinische Burgen nach Handzeichnungen
' Ddichs(1607|. Hrsg. v. T. Michaelis. Berlin,
F. Ebhardt u. Co. 1900. 77 S. 2". Enth.'dt
i von nnssauischen Burgen Höllenstein, die
I Marksbur^'. Katz und Reichenbersj auf Grund
der vortretf liehen, auf der Land.'-luldiothpk zu
Kassel verwahrten Dilichsehen Haudzeich-
nuniien, vgl. M 1899 1900, Sp. 31. 2.')
, Ebhardt, B., Die (irundla^en der Erhidtuns: un<l
Wiederherstellung deutscher Bürge n. IJerlin
1901. 24 S. 2». Darin Dillenbur», Gut»^nfels.
Hohlenfels und Marksburg bespr. 2G
Alteburg b. Herschbacli s. 16.
Ar 11 stein s. 82, 83. _
Brau'nacli s. 4, 6. 7.
— l-.>:] —
l'_>4 —
am
•29-
Tiiumis
31.
als
•2«>
Juii:,', K., Aus der (iesiliiclue i\e< eliomiils kur-
pfiilz. L'iitcraiuts Ca ab = N l, S. tjj-tjj. '21
<.'aul) s. auch 10.">.
Cläre II tluil s. S4.
Dach senh aus t'u s. •').
Dön^o3, (.'., Aus D i 11 en hurirs Verofauirenheit
= Zeituui: f. il. Dilltiial l'.iOO, \o. 38 ff. 2S
Kberbach s. 89.
Kltville s. 1, 17, itT.
IJurg Kppstein s. 51.
Kschborn s. 19.
y ><'hüler, Th., Fal kons toi u
Kinzel Staat = .VN 1900, S.
?' rauon stein s. lÜO.
Itoth, F. W. E., Aus >ler Ivultur^'escliichte von
Gel senh eim = N 1, S. 34 — 36. HO
(leisenhoini s. auch 00.
Paul, H., Kegiment und Onlnuns: '1*^1' ^tiiJt
Hrtchenburg d. J. 1470 = .\ h >. -271— '274,
284—286. 81
Otto, F., Der Kmpfang des Fürsten von Xassau-
l)ranion, Wilhelm V.. l)ei seiner Rückkehr
in seine Krblande zu Herborn i. J. 18(tl
= M 1900;i, Sp. 59—62. :{2
Ilillsoheid s. 124.
/Trog, C. Der Viktoriaber:; bei Hoch he im =
N 1, S. 114 — 116. 3:5
Höchst s. 9, 94, 100, 117.
/ürumni, J., Die Hofhcinier Kapelle = X 1,
:S. 75 f. :u
F'^ber das Schloss zu Idstein, mit (Jrundriss
= IJurgwart 2, S. 7)2 i'. )>.')
^{ttth. F. W. K., Kulturgeschichtliches aus der
Herrschaft Kü n igst ein , besonders der Stadt
Uberursel i. 16. J. Olierursel, J. Abt, 1900.
37 8. 8". :*/)
Schädel, Bernhard, Die Künigsstühle bei Mainz
und die Wahl König Kuurads II. ^ Zeit-
schrift d. Vereins z. Erforsch, d. rhein. (iesch.
u. Altertümer i;i .Mainz. Rd. 4, Hft. 2/3, 8.
117—152, 1900.
.Schädel versucht nachzuweisen, dass nicht
der Königs tuhl in der Königsliundert
zwischen Hochheim oben, Kostheim unten
und dem Meclitildsiiäuserhof bei der Wahl
Koura<ls IL, sondern vielmehr das Plateau
von Lörzweiler, auf dem linken Rheinufer,
als Versammluni,'splatz gedient habe. 'M
Limburg s. 91.
Lipporn s. 138.
Friedmann. H., Schuljunkerschaft und Junker-
-chule zu Lorch = N 1, S. 182 — 184. :18
(iieson, E., Die Lützelau bei Winkel = N 1,
S. 250-252. 260-26:
Seh i u rs toin s. i;i9. 140.
T(rog), ('., DieZ>iciiokko-.Mühle bei Sf h luiigen-
l)ad = N 1, S. 26. 42
Seh önuu s. 85, 96.
S i m m e r n s. 3.
T a u n US s. 122.
W a 1 1 m e rod s. 8.
Weilirebiet s. 116, 133.
Weäterwald s. 92, 123, 124, 134, 135, 136.
Otto, F., Die AVellritz (bei Wiesbaden), ihr
Name und ihre Benutzung durch Bürger und
Adel im 16. Jahrh. = .V30, S. 131-142. 4:}
/'Spielmann, C., Die Befreiung der Wiesbadener
vom Milizdienste = AN 1900, 8. 22—23. 44
^ Spielmaiin, C, Die Wies b a d e n e r Lundstrassen
I im 18. u. 19. Jahrh. = A 30, S. 109 — 130, 4ö
/Spiehnann. 0., Die Eiserne Hand bei Wies-
baden = AN 190O, S. 43 f. 40
I Zedier, U., Die Wiesbadener Kurliste = M
1900/1, Sp. 74—87. 47
Schüler, Th., Wiesbadener Kurverhältnisse
vor 70 Jahren = AX 1900. 8. 37 f. 4K
Spielmann, C, W^ie man im alten Wiesbaden
Häuser baute = RK 1900, Xo. .337. 4!>
Spiehnann, (/., Die ETitwickelunir W i esbadens
; im 19. Jahrh. = AVT 19(tO, Xo. 606, 1901,
: Xo. 2, 4. .')0
i Wiesl)a.len s. auch 12, 13, 81, 86, 87, 93, 141.
IV. Biographische Schriften.
/Schenk zu Schweinsberg, Uel)er die Burg und
das (ieschlecht der Herren von p]ppstein
j ■.=^ Quartalblätter d. histor. Vereins f. d.
; Grossh. Hessen. Bd. II, S. 585/6, 1899. .')1
y Lewin, H., Werner von Eppstein, Erzbischof
■ von Mainz 1259-1284 = X 1, 8. 192—195,
204—201
;)2
:{•>
Lurlei s. 137.
Marie nthal s. 9s.
Xaurod s. 115.
X e u h ä u s e 1 s. 2.
Schüler, Th., Der Märker- oder Uitterrat zu
Xiederlahnstein = AX 1900, S. 2. 40
Spielniann, ('., Der .Mineralbrunnen zu Xieder-
solters in früh. Zeit = AX 19()(i. S. :j-4. 41
X i oder wal 1 uf s. lu.
(»berursei 9. 36, 99.
Ol.erwalluf s. 18.
Rüdesheim s. 142.
.S a a 1 b w r LC s. 11.
/S(auer), W., Eine E p pe n s t e i n e r in ^= X 1,
! 8. 119. 53
Adolf von Nassau s. 20a, 88.
I Sauorlaiid, H. V., Der Trierer Erzbisohof Dieter
\ von Xassau in seinen Beziehungen zur
jjäpstlichen Kurie =^ Aunalen d. histor.
j Vereins f. d. Xiederrhein Hft. 68, 1899,
j 8. 1 — 53. r)4
Kolb, R., Prinz Moritz von X'as.=5au. Ein (ie-
I denkblatt z. 50. Jahrestage seines Todes =
! N 1, S. 74 f. .').')
1 Goebel, Ernst, Juliann der .Weitere, (iraf zu
Xassau-Dillenburg 1559-1606 = X 1,
8. 110 f., 8. 122 — 12.5, 134-136, 150—152,
I 162-164. .')6
' Hevmach, F., Graf Ludwig von Xassau-
'D i 1 1 e D b u r g = M 1899/ 1900, Sp.UO-l 1 2. öl
■ Xippold, W. K. A., Wilhelm III., Prinz von
(Jranien, i^rbstattlialter von Holland, König
j von England (1650-1702), Berlin, V. A.
'^ Schwetschke u. Sohn 1900. 274 8. 81 .')8
/ Meinardus, O., Das politische Testament des
I Grafen Joliaiines von Ids te in - W i es -
baden = .V 30, 8. 55—108. .')•.»
Ein Tagebuch über die Zusammenkunft des
Kurfürsten Karl Friedrich von Baden mit
Xapoleon I. in Mainz (Sppt. 1804). Mitgeteilt
von Karl Obser =- Zeitschrift f. d. Gesch.
d. Oberrheins. X". F. 15d. 14, 1«99. 8.()05 — 634.
.\n ilen damaligen Festen nahmen auch
die l'iirsten von X a ^sau - F s in ge ii und
— IJ.') -
- !'_>« —
\V (! i 1 1) II r^- tt'il. I>as 'I'h^'cIjucIi i'iitliält dciii-
^i'aiii.ss iiiicli \ t;rsclne<|(Mii' iJii'>(; liiTülirciid«'
N!iclui<'lit('ii. i!(l
.\[itteiliiiiL;tMi des llistorixdiiMi N'orciiis für die
S;iarü:i'i;«Mid. Ilot't 7. i{i'iträi;(> ziir ( ic-
scliifdito der Sujirijei^-end II. Zu<aiiiiiiori-
gt'stoUt von An^-. Kroliii. Stmrbi-iirki'u lOOO, 8".
Kiitlij'ilt die mit den ^i jis sa u - 1' s i iin'i -
scJifMi und Wei Ibu Tijis (' ho 11 llidon jre-
fülirte Ivorrospuiidcri/ di'S Saiirliriii-kcr II(d"<'s
liotr. die l^lio <l('s l'ürsteii Liidwli; mit der
Gnitiu Ivatluiriiia vuii Ottweiler S. 207 — 223,
auch eiiiiue andere Nassau betr. .N'achricditeii
S. 147, S. 3J2 rt". CA
Sauer, W., Klse, Tochter des (inifeii Philipp 11.
von N a a s a u - W e i 1 b u r <j; 1 4,").{ = N 1 ,
S. 86 -SS. ()2
lliniTiielreicli, F., (iraf Joluuin II. von SolinS'
Burn'solnis, nonuuut Springsleben
S. 312-314.
N 1,
= AX
1900,
Adrian v. S(diönau s. '.)(>.
Flick, F., Wilhelm Albrecht
8. 41 4.!, S. 4.->-47.
Schaus, F., Ilismarck und Xassau. Wiesbaden,
J. F. Heigmann 1900. 40 S. S". G5
IJrumm, .)., TheodorF li e<l ner , ein nassauisoher
Volkswoliltliüter = N 1, S. 20-22. ('»(i
(»tto. F., Die Berufung des waldeckischen llof-
nieilicus Joh. Theod. Fritze nach Dilleii-
burg = M 1!H)0/1, Sp. 70-74. Cü
Adam (iel th iis s. 9,').
(•tto. F., Nachträge zu dein Aufsatz über
„(Joethe in Nassau" in .V 27 = ^I
1900/1, Sp. 87-89. 08
/'lloth,F. "W. E., Ludwig von lioernigk, ein Nassauer
Brunnenarzt = llK 1900, N 270. fi!)
Schmidt, M., I.udw.Knaus = Nl, S. 247-2.30. 70
.fohann K rafft s. 103, 104.
Ilgen, Th , Peter Melander, lleichsgraf zu
Holzappel = .N 1, S. 44—47, 60-63, 72—74,
84—86. 71
Jung, K., Nikolaus August Otto, der Krfinder
der Gasmaschine = N 1, 8. 195—196. 72
Kolb, R., Freiherr Friedrich v. Preen, herzog-
lioli nassauischer Oeneralleutnant = N 1,
S. 126-12S. 7.')
Otto, F., Friedrieh v. Reiffenberg auf der
Universität Wittenberg = M 1899/1900, Sp.
117 f. ^ ^ 74
Spies, M., Erinnerungen an Herniine Spies =
N 1, S. 164-l(i7, 180—182. 75
Gesky, Th., Adelheid von Stol terfoth = N 1,
S. 222 — 224, 231—233. 7()
Roth, F. W. E., Adelheid von Stol terfoth
= ^y^ 1900, No. .379, vgl. 1901, no. g. 77
Conrad Swevnheim s. 97.
Trog, C, Daniel Willi elm Triller = .\ 1, S.
167-169. 7S
Zedier, G., Der nassauische Publizist Johannes
Weitzel= A 30, S. 143 — 192. 7J)
Brummer, F., Eduard Wissmann = Hiogr.
Jahrb. 4, S. 238 f. HO
V. Rechtsgeschiclite.
/Das älteste Gerichtsbuch der Stadt Wies-
baden, hrsg. V. F. Otto = Verötlentlichungen
d. Ilistor. Ivommission für Nassau. II. Wies-
liailen. .1. F. ÜiMgiimnn, l'.Mid, lltj S. s".
Kec. Jlistur. /eitsciirift M!, S. 1,>7; l.jterar.
C.-Bl. l;iOit. S. 2l(i7. sl
VI. Kirchengeschichte.
Schaus, i;., (iraf Ludwig von .\.rnst<'in uuil
die Neuliegründung des Klosters .Münstor-
dreisen = .V 30, S. 202— 2(t."). .S2
/'S(diupp, Ottokar, Kloster A rn s tei n — N 1, s!
17s- ISO, 19(1—192,202 — 203. SH
^<Uto, F., Clarenthaler .'Studien (Fort«) —
A 30, S. l--)4. si
Schmidt, IL, Klo-ter Schön au idnst und jetzt
= X 1, S. 98-101. ' S;->
/Spielmann, ('., Die frühere Mauritiuskirche zu
Wiesbaden — AN 190(J, S. ;n. S(|
/Spielmann, C, Der Freil)rief der katholischen
(iemeinde zu Wiesbaden = WT l'iOO
No. 172. S7
VII. Kunstgeschichte.
-Alarabini, F., Die kunst- und kulturgeschicht-
lichen Denkmale des deutschen Kaisers
Adolf von Nassau. Frinneningsschrift an
den 600. Jahrestag seines Heldentodes. Illustr.
V. Ferdinand Freiherrn von Reitzenstein-
Schwarzenstein. München, Selbstverlag, lh99
191 S. 4". HS
Riehl, Berthold, Zur Geschichte der früh-mittel-
alterlichen Basilika in Deutschland. Sitzun"-s-
lierichte d. philos.-phihd. u. histor. Cl. d.
k. b. Akad. d. W. lj^99. Bd. 1, S. 295—378.
Darin über die Kirchenbauten der Cistercienser,
namentlich Eberbach S. 357. S!l
Roth, F. W. F., Zur (iescliichte der Freiherrlich
von (ilas-
a. Rh. = RK
1900, No. 312. 1(0
Hohler, Der Felsendoni zu Limburg a. d. L.
= M 1900/1, Sp. 7—11. «Jl
Zimmermann. E., Feber die künstlerische Not-
lage der Westerwäldr>r S te i nz eui;- Industrio
= Kunst- u. Handwerk 1900, Hft. 3; vgl.
RK 1900, No, 124 tf. H2
Oertling, .T., Die ersten Autführuugeu von Richard
Wagners ,,Tannhäuser- und .,Lohengrin'' in
^^' i e s b a den = A X 1 900, S. i; f. <»;;
von Zwierlein'schen Sammlung
nialereien zu Geisenheim
VIII. Litteratur-
u.
Gelehrtengeschichte.
„■■ S(auer), W., .loliaiin von KoUick und Goswin
von Orsoy, Präzeptoren des Antoniterhauses
zu Hr.chst = X 1, s. HS f. !i4
Roth, F. W. F., .Vdam Gelthus zur juugen Aben
und dessen Gedenkschrift auf Johann Guten -
berg = RK 1900, Xo. 114. !l.')
Roth, F. W. E., Abt Adrian von Schönuu, der
angebliche Korrektur der Muchdruckertirma
Fust-Sch<;rterz. Mainz — RK 1900, No, 347. !K]
Velke, W., Zur frühesten Verbreitung der Dmck-
kunst. I. Von .Mainz nach E 1 1 v i ile. Mainzer
Festschrift zur Gutenbergfeier 1900, S. 323
bis 341. — Derselbe über Conrad Sweynlieini
aus Schwanheim bei Frankfurt a. .M. Ebil.
S. 343.
!t<
Falk, F, Zu den Marien thaler Drucken
= Centrallilatt f. Büdiothekwescn. Jahr?. 17
(1900), S. 481 — 483. ^ '.IS
— r
— l'JS —
/notli. F. W. K., Zur tMxclii.lito der Uu.li-
«1 riicken-i eil /ii Oherur'^ol läjT — li;'23 =•
RK lyoo, Nu. -.»'.U. !l!»
/lloth, K. \V. K, Zur (Je-i-lii.'lite <l.r lliieli-
•1 ruck»' rt'i eil zu Hr,<li-.c ;i. M. ^= KK r.too,
Xo. J33. 100
/Zeiller, H., l>ie Auflüsuii^ der na>.s. Kloster-
i)ihliotheken=A 30, S. 20t;— 2-20. lol
/Zedier, (t., Die Inkunabeln nassauisclier I? i b 1 i ü -
theken = A 31, S. 1 — lU. 102
Moinardus, (>., Miueilunjjen über Johann K rafft,
den Schulinei-ter und ('hroni>ten v.m Tforboni
= M r.»00 1, Sp. 13-16. 10:5
>ichüler, Th., .Iut;cnderlebnis.se eines nii.*sauischen
Lehrers (Johannes K rafft) i. 1". Jahrli. =
AN 1900~, S. IT f. 104
Kiohter, P., Ueber das Voikssiiiel: ,Die Sohirt'er
zu Ca üb od. l'elierj^an^ der Preu^sen ül>. den
Rhein" = M 18!)9/rJOO, Sp. 10;?-- 110. 10.')
Knod^ Gustav C, Hlieinländisclie StudiMÜeii
im 16. u. IT. Jalirh. auf d. l'nivorsität Fudua
= Aniialen d. histor. Vereins f. d. >'ieder-
rhein. llft. 6s; il890), S. 133-189. Darunter
verschiedene nassauischer Herkunft. 100
Schüler, Th., Studierende ]S"as3auer auf der
Landes -L'niversität riüttlnifen = .\X 1900,
S. 33-36. 107
Spielmann, C, W'ilhelnius van Xassouwe =
X 1, S. '294—296, 3O6-30S. lOS
/
IX. Kultur- und Wirtschaftsgeschichte.
Roth. F. W. E., Kulturhi.'-tdrisclics aus der
Frauensteiner üomeinderechnunic des
Jahres 1731 = AN 1900, S. 47. 101»
.Schüler, Th , Vors'-hla;; zu einer Ehestands-
und G e a i n d e - ( ) r d n u n ;; von 1 T.30 = A N
1900, 8. .")-6. 110
Richter, P., Dranf,'sale eines nassaiiischen Gcist-
lich<»n im dreissii^jährii,'en Krie^'e = .M
1900/1, Sp. 52— .09. "^ 111
Schüler, Th., Kleinstaatliche Reibereien und
L"c>ier;,'ritTe an der Lahn in der Reformations-
zeit = AN 1900, S. 9 f., 13 -IJ. ll'i
Meinardus, O., Die Aufhebun«,' der Le ibc igen-
schaft in Nassau ^ M 1900/1, Sp. 21-2.Ö.
u:}
Verordnuni; für die Metzger des Oiieraints
Wiesbaden vom 23. Dezember 1T47 = AN
1900, S. 27. 114
Wagner, P., l'eber ein altes J3ergwerk bei
Nauro.l = M 19001, Sp. 2.5—30. 11.')
Seüjert. F., Die E is enin <lus trie im Weilgebiet
in früh. Zeit = N 1, S. 29;^ f. 308-310. llfi
Mensch, K., Die Höchster Farbwerke = N 1,
.S. 12.) f., 136—138, l.V2--l.-)4. 117
P.t'nner, J., Das Postweseii in Nas-au =
XI, 8. 234 f, 24.5—247. llS
/Hotfinann, M., Mitteilungen über den mittelalter-
lichen R li e i nwe i ii h an d el im iiansagebiet
= M 1900/1, S|.. 3.5-37. ^ 11!)
.Müller, Karl, Weinlese uml Weinbereitung am
Rhein = N 1900, S. 274-277. 120
Eekert, ehr, R he i ii sc li i ffa h rt im 19. Jahrh.
Lei[izig, Duncker u. Humblot 190O = .Staats- u.
Sdzialwisseiisch. l-'m-schmigon. Hrsq;. v. (i.
Sohmoller, l'.d. Is, Hft. .5. 121
/ .Seilicrt, F., Die alten Tan n u ss t ra ss c n ^=
N 1, s. -it; '.ts, s. 111 — 114. 122
Heiiiicr, .).. 15 rau 11 k o hl e 11 f u 11 d e auf dein
WesterNsalde in früh. Zeit = N 1, S. 142 f. 12:{
Funde von Stoinzeug d. 17. Jahrh. in Hill-
scheid I L'nterwesterwaldkreis ) mitget. v. E.
Ritterling = M 1900/1, Sp. 4.5 f. 124
X. Militärgeschichte.
Fraiikciibtich, V. J , Das Heiv.ogl. Nass. Reitende
Jnger-Curps --= AN 1900, S. 1. 125
Kolb, R., Die nass. reitenden Jäger 1804 bis
1 8 1 4 = N 1 , S. 207 -- 209, S. 21 9— 222. 126
Kolb, R., «iescliichtc der Heiz. Nass. Artillerie
= N 1, S. 4 — :>, 19—20, 32—33. 127
Wagner, P., Di(.' Fahnen des nassauischen Land-
sturms vom .fahre 1814 = M 1899/1900,
Sp. 104-107. 12S
Kulb, |{., Aus dem Tagel)uch eines iiassauischen
Offiziers über seine Teilnahme an dem
Feldzug in Spanien 1*^08 — 1813 = .M 190O/1,
Sp. 4 f. 12!«
Kolb, R, Nassauischer Ehrensaal (enth. Liste
der im Felde gesturbencn Offiziere) = N 1,
s. 314 f. i:;o
i XI. Sprachliches.
j/ C'ronberger, B., Berg- und Flurnamen im Taunus
j = AN 1900. 8.7 f. l:>l
I XII. Volkskunde und Sagen.
j Schütz - Woterfeld, W., Nassauer Pfiiigst-
briiuche = N 1, S. 141-142. 1:52
Spielmann, C, ,W o i 1 b u rger"* = N 1, 8.
138—140. i:{;5
Führer durch den unteren Westerwald. Hrsg.
v. dem Verschiineruiigs- Verein f. den unteren
Westerwald. 2. AuH. Neuwied, Meincko u.
Gutzkow 1900. 71 S. m 1 Karte. 8". 1:54
Weste r w a 1 d fü h re r. Hrsg. v. Westerw.-( lub.
M. e. den ganzen Westerw. umfass. Karte u.
4 Spezialkärtchen. ,3. AuH. Coburg, Dictz'sche
Hofbuchdr. 1900. \XVI, 170 S.' 8». Ki')
Der Westerwald und Sitten und Gebräuche
seiner Uewohiicr. Von K. B. = .VN 1900,
8. 18-20. Ksr.
Ammann, A., Die Sage und das Lied von der
Lurlei = AN 1900, S. 38 f. 1:57
Seiltert, F., Drutwin von Lipporn oder die
nassauische Stammsage. Wiesbaden, Selbst-
verlag 1900. 30 S. 8". 1:58
XIII. Familien-, Wappen- und Siegelkunde.
S(pielinaiini, C.. Familie 15 i ■; ma r k - Scliiei-
. stein = N 1, S. 12 f. 1:5!»
Kolb, R., Noch einmal die Familie v<in B i .- -
mark = N 1, S. 38 f. 140
Otto, F., Der Name Heil i Heyl) zu Wiesbaden
im 16. Jahrh. = M 1900'!, Sp. :{0-32 141
S| auerj, W., Die Familie K üdes h ei in in KTilii
= N 1, 8. ti7. 142
Hauptniaiin, Zejm in i ttel rh e i nisc he Wapiieii-
gnippen ^ Jalirbueh d. k. k. horablisclieii
(iesell.xchaft .\dler N. F. lo. S. 1 40 14:5
/
Im \ii{lT:i£<- lies Vor»liiiiili>.i lieraui'Ke;;? I>en von Hpr Uc<1iikti<)n>-KiiinniisHion. Driii:k von Ku>1. licRJitoM .V Coriip., Wii'sli.nleii.
DIE INKUNABELN
^^ASSAUISCHER BIBLIOTHEKEN.
VERZEICHNET
VON
DR. GOTTFRIED ZKDLER
lUBLIOTUEFvAR AN DER LANDESBIBLKjTHEK ZU WIESBADEN.
FESTSCIIPJFT
ZUR
FÜNFHÜNDERTJÄHRIGEN GEDÄCHTNISFEIER
JOHANN GÜTENBERGS
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VEREIN FÜR NASSAÜISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND GESCHICHTSFORSCHUNG.
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VERLA(t von RUD. EECHTuLD & COilP.
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NASSAÜISCHE ALTERTUMSKUNDE
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riESCIllCnTSFORSCHUNG.
EINUNDDREISSIGSTER BAND.
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WIESBADEN.
VERLAG VON RÜD. BECUTOLD .<: COMP.
1901.
/Air Bcachtnn(f.
Das Ahei'tiintsitinsi'inn ist im Sommer an alhn WochrnfoffCH xKsser
Srimsttn/ü von 11—1 Uhr 'oid ron 7- ö l'liv, :^o)uda(js ron 10— 1 Uhr, im
Wiufcr Mi/firoclis foul So)nifaf]S ron 11-1 Uhr uuoifj/cltlirli (j(i'>XJ'iu:t. — Ihhitfs
Iirsirhtignnff dir Sammhaif/m zu einer anden-n Zeit — :'ii) P/;/. Eintrdtstjdd —
wende man sich an den Mufienmsunf sehe r Kocnirj ( Frirdrichstr. 1. eine Stiefje,
oder Fri'drichstr. 0. Seifenhau, eine Stiege).
r
Das Sckrctitthtt ist Moida(js und Donnerstags nachmittags von 4—6 Uh
(fiijjfnet. Die BihJ ioflnl: id mit Ausnahme einer Hanflhihl iothel: an die
Königliche LandesJjihlinthd- ahgegehen, in deren Lesezimmern die Zeitschriften
für Jedcrman)i zur Einsicht amliegcn. Die Vereinsmitglieder haben bezüglich
der Vereinsbibliothek ein Iknutzunysvorrecht.
Drur/.-sarheH und ZusrJ^riftcn beliebe man an das Sekretariat
(Friedrirhstr. IJ, (UhlscUiUnujcn an Ilnrn Regiernngssel-retär Bergmann
(lialinJiofstr. 15) zu adressieren.
Das l*i'ct.srerr:rich H i.-i der noch vorhandenen früheroi Annalenbände und
sonstigen Ver('>ffentlichungen des Vereins befindet sich auf der dritten und letzten
Umschlagsseife des vorliegenden Jahrganges. Bestellungen auf die Vereins-
Publilcationen werden sowohl vom Sehretariat , wie auch von der Firma
Itud. Bechtold & Comp, in \Vir.<haden entgegengenommen.
Diesem Hefte ist ein Verlagsverzeichnis der Firma Chr. Herm.
Tauchnitz in Leipzig, das eine grosse Reihe wertvoller geschichtlicher Werke
zu herabgesetzten Preisen enthält, beigegeben.
Preis -Verzeichnis
der
auf Lager befindlichen Vereins- Annalen, Sonderabdrücke und
sonstigen Veröffentlichungen
des
Vereins für Nasssiuische Allertuiiüskuiide und (lesehichtsforscliiin^'.
(Mitfjlieder des Vereins zahlc7i die Hälfte, hei Ahnahme einer grösseren Serie lO^I^ liabatt.J
Mark
Annalen, I. Bd.; 1. Heft, vergrififen.
I.
2. u. 3. Heft, vergr.
II.
II.
II.
III.
III.
III.
IV.
IV,
IV.
V.
V.
V.
V.
VI.
VI.
VI.
VII.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI,
XII.
XIII.
XIV.
1.
2.
3.
1.
2.
3.
1.
2.
3.
I.
2.
3.
4.
1.
2.
3.
1.
o
Heft
vergriffen.
vergriffen,
vergriffen,
vergriffen,
vergriffen.
1.20
1.—
1 20
1..50
1.—
vergriffen.
1. Heft
1.—
1.—
1.—
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2.
3.—.
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■3.—
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2.
3.—
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7)
.\nna]. XIV. Bd. 2. Heft
XV.
XVI
XVII
XVIII. „ 1. Heft
XVIII.
, XIX.
XX. , 1. Heft
, XX.
, XXI.
, XXII.
, XXIII.
, XXIV.
, XXV.
, XXVI.
, XXVII.
, XXVIII.
, XXIX.
, wix. . •-'. -
, XXX. „ . . .
, XXXI. ,1. Heft
n
7)
(erliöliier Preisj
1 n
1. Heft .
Mark
3.—
6.—
3.—
3.50
1.50
2
2.50
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1.—
4.—
4.—
4.—
6.—
4.—
4.—
10.50
4.—
I . —
7.—
6.—
4.—
^ XXXI.
Mitteilungen lS."il u. 1S.')2 1 jede No. —.10
Period. Blätter 1853 — 61 | (einzelne Nummern
Mitteilungen IbGl— 1867 )
„ 1897/08, Xo. 1-4 bis 1900/01
Xo. 1—4, jode >'o. 2.1 Pfv'.
Bär's Geschichte von Eberbach, herausgegebcü von Dr. Rössel. 1. Ixiu.l,
Heft 2-4 (IKft 1 VLM-grit^'en) ; II. Baud, Heft I u. 2, zusammen Mk. .5.
Urkunden von Eberbach, herausgegeben vuu Ih: Rössel. I. Bau.], Heft 1-3;
II. Band, 1. Abteil., Heft l u. 2 un.l 2. Abteil, zusammen Mk. 4.
Deiikmfilt^r aus Nassau, T. Heft vergriifon.
Dio kiroliliohen Altertümpr von Wiesbaden, von Dr. K. Rössel, mit 4 Tafoln.
Die Heilij:!;rab-Kapolle zu Wcillmr:^ a. d. Lahn, von R. Oörz, mit 1 Tafel.
Pas Grauo Haus zu Winkel im Rljoiiii^au. von R. Gürz, mit 1 Tafel.
, IL Heft Mk. —.75
Die Abtei Eberbaoh: Das Refectorium, von Dr. K. Rosael, mit 7 Tafeln.
— — , III. Hefe „ — .75
Die Abtei Eberbach: Die Kirche, von Dr. K.Ro8ä ei, mit 6 Taf. u. llllolzschn.
, IV. Ifeft „ 2.-
Die Abtoikirche zu Marienstatt l)ei Flachenbwr^, v. Oberbaurat R. Görz, mit
II Tafeln.
Gesch. iler Herrschaft Kirchheiin-Bolanden uml Staiif, von A. K<illnor „ 3. —
Mithras, von N. Müller „ --.30
Rlieiiiübergang Blüchers, von Schuliuspektor Röder, vergriffen.
Nassauische Territorien, von Weideubach „ 1.50
Zu hedenteml ertnässuftetn Preise werden an unsere Mitglieder folgende
Puhlilationen ahgcgehen :
1. Limburger Chronik Mk. —.30
2. Reuter, Das Römer-Kastell bei Wiesbaden, mit Plan ... ., — .30
3. „ Römische Ansiedelungen in der Umgebung von Wies-
baden, mit Plan „ — .30
4. „ Römische Wasserleitungen in Wiesbaden, mit 7 Tafeln
und 1 Plan „ —.30
5. V. Cuhausen, Rom. Schmelzschrauck, mit 2 Tafeln .... „ — .50
♦j. Band XI., Gesch. des nassauischen Altertums-Yereins und bio-
graphische Mitteilungen über dessen Gründer und Förderer,
von Dr. Schwartz „ 2. —
7. Dr. Schwartz, Lebensnachrichten über den Regierungspräsi-
denten Karl von Ibell „ —.30
8. Urkunden von Eberbach I '. . . . „ 0.75
9. Geschichte des Bencdictiner-Klosters Walsdorf, von Pfarrer
A. Deissmann „ — .30
10. J. G. Lehmann, Geschichte und Genealogie der Dynasten von
Westerburg " „ — .30
11. Schmid, Wahl des (.trafen Adolf von Nassau zum römischen
König 1292 „ -.30
12. Münzsammlung des Vereins, von Dr. Schalk „ —.20
DECCK VON W. DEL'GUT.IX IN LEIPZIG.
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAUISCHE ALTERTÜMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
ZWEIUNDDREISSIGSTER BAND.
1901.
JMiT ZEHN Textfiguren ükd preizeiix LiTHOGi;.vi'iiii:i;ri:N Tafeln.
WIESBADEN.
VERLAG VON RÜD. BECHTOLD & COMP.
11»02.
N
DRÜCK VON EDD. BECHTOLD & COMP., WIKSBADES,
BUCnonccKEREi & UTnoon. asstai-t.
Inhalts-Verzeichnis.
A n n a 1 e n.
>'ile
I. Zur Geschichte der römischen Okkupation in der Wetterau und im
Maingebiete. Mh 1 Skizze im Text und einem Plan (Tafel I). Von G. \Vu 1 IT l 2.')
*II. Die Erwerbung der Herborner Mark durch die Grafen von Nassau.
Von P. Wagner 2«— 44
III. Ein Herborner Bederegister aus dem Jahre 1398. Von A. Eggers 4")— 59
IV. Die Herborner Zünfte und ihre Verfassungen. Von .M. v. Domarus GO — 97
V. Eine Altenberger Urkunde von 1324 mit Herborner Namen. Von
!•:. Srliuus 98— lÜU
VI. Der Ringwall auf dem Bleibiskopf. Mit einem Plan (Tale! 11). Von
C. L. Thomas 101-1U4
Vll. Verzeichnis der Güter des Klosters Eberbach i. Rhg. in der Feldmark
von AViesbadeu im Anfang des 14. Jahrli. Von F. Otto 105—121
VIII. Schulgeschichtliche Beiträge aus den ältesten Visitationsakten der
Niedergrafschaft. Von W. Diehl 1_".'— 144
IX. Niederlassung aus der Hallstattzeit bei Neuhäusel im Westerwald.
Mit 4 Tafeln (III bis VI) und 9 Textti.nuren Von ^V. Soldau .... 145-189
X. Schloss Sonnenberg, Burg und Thal. Mit 7 Tafeln (Vll bis Xlllj.
Von K. Bonte 190-208
XI. Beiträge zur Geschichte der Gründung des Vereins für nassauische
Altertumskunde und Geschichtsforschung. Von P. Wagner . . . 'Jon -'21»
* Die Ausätze II bis V sind unter dem Titel: „Beiträge zur Gesdiichfe der Stadt Herbnni. Festschrift zur
Feier der 650. Wiederkehr des Tages der Stadtrechtsverleihtmg gewidmet von dem Verein für Xass. Altevtiimslumlt
und Geschichtsforschung, Wiesbaden 1901 {IV, 75 Seiten) auch gesondert erschienen.
Mitteilungen 1901/1902.
SpnltP
Voreinsnuchriciitun von li. Zedier 1 — 4, o3— 04, li.")- «7, 97-100
Vorträge 1900/1901:
Die Hehnbänder der beiden nass. Infanterie-Kegimentcr von K. Kolii . . 4-11
Eine nassauische Dorfgemeinde in der Zeit nach dem 30j. Kriege (Uiebiicii-
Mosbach) von M. Heyne 34—36
Der schriftliche Nachlass des Prof. J. Piscator zu Ilcrliuni von 11. Schlosser 3G— 38
1901/1902:
Die erste römi.sche Befestigungsanlage in Niederdeutschland von K. Kitte rliiig 100-102
Verwaltungsbericht des Altertums-Museums von F. Ritte il i ng 11 — IG, 3S-42, (u- (i9, 1(>2— 107
IV
Spalto
Funde, niitireteilt vöu K. Hitterliiiir, K. iiodowii,' und L. Tli um a s: Altweilnaii
Sp. 71, Biebrich-Mosbach Sp. 107, Bievstadt Sp. lOS, Braubacli Sp. 44 — 40,
108, Flörsheim Sp. 43, 70, 107, auf einem Thonfeld von Friedrichssegen Sp, 110,
Ringwall Goldgrube Sp. lO— 20, Igstadt Sp. 107, Oberjosbacli Sp. 110, Marien-
thal Sp. 43, "Wiesbaden /w. Kurop. Hof und Rose Sp. 42, Ebd. Kranzplatz Sp. 69.
Miscellen :
Ein Münzfund aus der Zeit Consstantins d. Gr. zu Wiesbaden von K. RittiMÜng 20 — 24
Die GrenzbeH-än-re der Stadt Wiesbaden von F. Otto 24— 20
Höchst a. M., ein römischer Ilauptwaffenplatz zur Zeit des Augustus von
E. Ritterling 45-53
Ein phänisches Amulett von E. Suchier 53 — 56
Römischer ^Mühlstein mit Inschrift von E. Ritterling .")6 — 57
Zur Ihv.iehung des Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg am
Dillenburger Hof von G. Zedier 57 — 60
Stammbuchverse schweizerischer Pilgerfahrer von F. Otto 00—62
Zum Empfange Wilhelms Y. von Xassau-Oranien zu Herborn 1801 von
J. II. Ho ff mann 63—64
Rheingauer AVohlthätigkeit im Mittelalter von I'. Wagner 71 — 77
Gräfin Margarethe von Xassau-Idsteiii und die Stadt Wiesbaden von F. Otto . 77—81
Beiträge zur genealogischen Geschichte des Hauses Nassau II. von M. v. D o m a r u s 81 — 93, 128
Die Heimat Konrad Sweynheims von G. Zedier . 93 — 96
Papsturkunden für Kloster Clarenthal von P. Wagner 111—114
Ansprüche Hartmuds von Cronberg an das Erl)e der Brüder Heinrich und
Philii)p von Isenburg von L. Wirtz 114 — 117
Der grosse Brand in Höchst a. M am 24. Sept. 1778 von Küster .... 117—119
Chronik:
Altertnmsverein zu Herborn, Moricht von J. H. Hoffmann 30—32
Historisciier Verein zu Dilienburg, Bericht von C. Dönges 119 — 120
Verein für Geschichte und Altertumskunde zu Höchst, Bericht von F. Suchier 120 — 123
Xassauische Geschichtslitteratur des Jahres 1901, zusammengestellt von G. Zedier 123 — 128
Zur Geschichte der römischen Okkupation in der
Wetterau und im Maingebiete.
Von
Prof. Dr. G. WolfL
Mit oinor Skizze im Text und einem l'lan.
1. Römische Scherben als Geschichtsurkunden.
Till 10:"). lieft der Uonner Jaiii'büclioi" iiut J'rolossdr v. ]l('rzni>- vcr-
sucht'), auf Grund alior uns zu Gebote stehenden Ililfsniittel die verscliiedeneii
Perioden dov Anlage des Limes und der Okkupation des reclitsrlieinisclit-ii
Germanien zu bestimmen. Bezüglich der Wetterau und des ^laingebietes
weiclit er insofern von der von mir aufgestellten und wiederholt Ix'gründcton
Ansiclit") ab, als er das nordmainisclie Gebiet niclit nur bis zur Jjinic llnlJH'im-
1 lochst, sondern im wesentlichen bis zu der späteren J^imeslinie SaaJliuig-
Jjutzbach-Grünin2:en-]\Iarköbel-Grosskrotzenburg bereits in der ersten Hälfte des
1. Jalirlninderts n. Chr. okkupiert und, noch ohne eigentliche Grenzabsperrung ■).
durch (M'ne Reihe von Erdschanzen und Blockhäusern gedeckt sein lässt, wclcJie
nicht nui' den Feind abweliren, sondern auch die einlieimisclie Bevölkerung
innerhalb dieser Grenzen bewachen sollen. „Kömische Niederlassungen'', fährt
vv foit, „scheinen in der Wetterau nocli nicht gewesen zu sein.'*')
') E. Herzog, Kritische Bemerkuni^eii zur riironologie dos Limes. Bonner .lalirii. 10r>,
1900, S. 50-77.
-) Am eingellendsten in der Sclirift: „Das römische Lager zu Kcsselstadt liei llanjni'-
(Mitteilungen dos Hanauer Bezirksvereins für Hessische Geschichte und Laudeskunde, Ko. i:!,
1S90, S. SO IT.). Wenn ich die dort vor den Arbeiten der Reiclis-Limes-Ktimmissiou aus-
gesprochenen Vermutungen auch nicht in allen einzelnen Punkten aufrecht erhalte, so ist doch
durch die Krgoijnisse der Jleichsforschungen meine Ansicht iil>er die Ueseliichte der Okku-
pation und die Chronologie der Grenzanlagen im grossen und ganzen vollkommen liestritif,'t
W'jrden. Den gegeuwilrtigen Stand der Forschung bezüglich der vorliegenden Fragen halu-
icli dargelegt in einem Vortrage, der sich ali»edruckt findet in den Verhandlungen ii<T
23. Hauptversammlung des Vereins von Lehrern au den höheren Unterriciilsaustalten der
Provinz Ho3sen->.'a8sau und des Fürstentums Waldeck 1S9S. (Von Herzog' zitiert: Verhand-
lungen des Vereins von imssauischen Lehrern ) Vgl. Nass. Annalen, IM. XWll. IS95, 8.49 11'.
•■') Die Anleffuntr der ältesten eigentliihen (irenziinie setzt auch Herzog in Doniitians
Zeit. Vgl. a. a. O. S. f.8.
■*) A. a. O. S. ß7.
Deinuach waren für die Anlage dieser Befestigiingslinie rein inilitärisclic
Gesichtspunkte massgebend gewesen, eine Aunaliine. welche wegen der in mili-
tärischer Ilinsiclir so schwer erklärlichen Gestalt dieser ausspringenden ]?ügen-
linie gerade von militärischen Forschern wiederholt liekämpf't worden ist. Sie
wird dadurch nicht annehmbarer, dass lliirztig die Lager von lleKK'nbergen
und Kesselstadt, sowie die .,Etai)penkastelle'"' der Wettcrau — er meint damit,
wie di'r Zusammenhang z(dgt, die grossen Kastelle der Ebene: ]Iedd(>rnlieiiii.
Okarben. Friedberg, und withl auch die Steinkastelle von llof'heim und Wies-
baden — mit uns als Domitianische Aulagen betrachtet, während doch jene
Linie von vorgeschol)enen Erdschanzen nur durch ihre Beziehung auf die grossen
Kastelle der Ebene verständlich wii'd.
Nun wird der 1 Kmiitianische Ursprung der letzteren und der gleichzeitig
mit ihnen erbauten liäder — abgeselien von einer Reihe von anderen Momenten
— durcli die Auffindung grosser ^Mengen von Bauziegeln uiit vollkommen
identischen Stemi)eln der Truijpenteile des im Chattenkriege verwendeten Jleeres
so unzweifelhaft bewiesen, dass man in ihrer Auffindung und den dieselbe be-
ffleitendeu Umständen neues erwünschtes Beweismaterial für die von M o m m s e n
ausgesprochene"') und gleichzeitig durch eine Reihe w(n'tvoller Monographien'') im
einzelnen begründete Ansicht erblickt hat, dass die Wetterau durch den Chatten-
krieg Domitiaus zum erstenmal seit der Zurückziehung der römischen Legionen
über den Rhein (im Jahre 16 n. Chr.) wieder dauernd besetzt worden sei.
Dieser Ansicht entsprach es, wenn man für das Gebiet südlich vom Main auf
Grund des gesamten in Betracht kommenden Quellennuiterials den ersten Grenz-
abschluss ebenfalls in flavische Zeit verlegte, wenn auch die Okkupation dort
im einzelnen sich in etwas abweichender Weise vollzogen haben dürfte.
Unter den Hilfsmitteln für diese chronologischen Untersuchungen sind nun
in den letzten Jahren in steigendem Masse die Erzeugnisse civiler Keramik
herangezogen worden, von welchen gerade die Fuiulstücke aus den ältesten
Kulturschichten, die infolge der Weiterbenutzung der Fundstätten für s})ätere
römische Anlagen weit seltener als die Reste der letzteren und meist nur als
Scheilien zu Ta<>-e o-efördert werden und die daher in früherer Zeit selten bc-
achtet worden sind, den grössten Wert haben. Bei der Neuheit dieser „Scherben-
wissenschaft" oder vielmehr ihrer systematischen Anwendung bei der römisch-
germanischen Altertumsforschung ist es erklärlich, dass in manchen Delail-
frae-en iiocli veischiedene Ansichten herrschen. Man wird es daher verstehen,
wenn der Historiker, der, wie Herzog (S. 58) bemerkt, in der Beurteilung
der Scherben und Fibeln von dem abhängig ist. was von archäologischer Seite
ihm geboten wird, mit eiiusr gcjwissen Reserve an die Verwertung dieses spröden
^Materials herantritt. Si. linden wir denn auch in dem (^wähnten Aufsatze
manche beachtenswerte Bemerkung bezüglich der Gefahr einer zu einseitigen
Wertschätzung dieses neuen (iuellenmaterials. ') Wenn aber gesagt wird: „Den
•'•) Römisdio GoHcliiclito, H.l. V, S. l:i(i 11".
") Hospioclien im Rom. liajjor zu Kos.solstftdt, S. 81.
') IJosomlors 8, .j8 u. .'i'.).
3
Vertretern der historischen Kraft der Scherhen/ciionissc! ist zii;,'("r(.|„.n. ,la,ss clit«
Wetterau ein hosundcrs (huikl)arer Boden \'i\r dicsos Heweisiiiittcl ist. freilich
nicht fiii' sich allein, sdiidcni in \'ci'liin(liuij^- mii dcni gun/.cii iiiomiim'ntalcii
Bestand und in Eri>-än/,ung des Schriftstelh'rzciignisses"*), so ist diese Beschränkiiii.i;
so selbstverständlicli, dass ihre JJetoninii;- im Zusaiiniienhan«;o nüt |M.l('iiiis<-hcn
Aiisfüliruni-cn nur dann ciklärlicli ist, wenn dci' Verfasser dem Vertreter (h'r
hekäiiipftcM Ansieht m anfiel hafte Beniitzuni;- (h'i- nwähnten Jlilfsnnttcl vorwerfen
will oder selbst neues litterarisches oder iiiniiiiincntalcs Material liciliriii«,^')! kann.
ßeziiii'lich der Litteratiir wird Her /(><;• kciiis von hcidcn licl)au|)tcn. Dii-
Schriftstellerzeuo-nisse. die man auf unsere Frage hezidicn nuiss oder aufh nur
kann, darf man als zum Büstzeuge eines jeden, der sirli mit diesen Dingen
beschäftigt, gehörig ansehen.-') A^on den von Herzog angezogencMi Stellen
aber ist keine für eine Besetzung der Wetterau östlich von Höchst beweisend.'")
Dass dasselbe der Fall ist bezüglich der epigraphischen und plastischen Denk-
mäler, ist von mir wiederholt betont'') und gerade dadurch die grosse B>edeutung
begründet worden, welche den Erzeugnissen der Keramik für das in j-'rage
kommende Gebiet zukommt.^-)
Thatsächlich stützt denn Herzog auch seine Ansicht bezüglich der
Chronologie der wetterauischen Anlagen, wo sie von der nieinigen aliweidit.
ausschliesslich auf keramische Funde und besonders auf gewisse Sorten von
Terra nigra-Scherben und Krughälsen, die S o 1 d a n in den von ihm als die ältesten
römischen Jiefestigungsaulagen der Wetterau bezeichneten Krdschanzen und
Blockhäusern am oberhessischen und am Taunuslimes gefunden hat. ])arunter
sind nach Angabe des Finders Stücke, die in den an denselben Stellen auf-
gedeckten Holztürmen des Limes und in den verschiedenen Grenzgräbchen nicht
vorkommen und „nach dem Urteil der Archäologen der ersten Hälfte des eisim
«) A. a. 0. S. 67 u. 68.
^) Zumal seit A. Eiese in seinem „Rheinischen Germanien in (l(>i' antiken Litteratur**
das Material zusammengetragen und seine P>enut/ung- durch gute Register orieiditert Imt.
'") Von Tacitus' Ann. XII, 27 u. 2S hal.e icli dies in den Nass. Aiinalen (XXVll, 1S9.".,
S. öl) nachgewiesen, wenn ich auch den Zug der einen der beiden Abteilungen des INiniitunius
im Jahre 51) n. Chr. ebenso wie Herzog durcli die AVetterau gehen lasse. Dass die S. 07
und Anin. 1 angezogenen Stellen dos Tacitus und Seneca nicht die Besetzung schnmier Ufer-
stcllen nach dem Jahre 16 n. Chr. ausschliessen, halie ich unter Verweisung auf Mumnison
(R. G. V, 1.81 f. u. 115J vorausgesetzt. Dies scheint aucli II. Delbrück in dem jüngst er-
schienenen 2. Teil seiner Geschichte der Kriegskunst, I. Hälfte, Römer und Germanen, S. 151
anzunehmen, wenn er aucli in der gegen Herzogs Meinung, „dass die Wetterau im .lahro
16 n. Chr. nicht aufgegeben sei", polemisieroMdon Annierkung zwischen der Wetterau und der
Gegend von Wiesl)aden, welche weder in geographischer, noch in historiselicr Hinsieht zu
jener gehört, nicht klar unterscheidet, rbrigens würden die angeführten Stellen iles Tacitus
und Seneca, wenn man sie mit Delbrück buchstäblich fasst und aueii auf Obergornianien
bezieht, auch die Besetzung jenes Landstriches ausschliessen. Die Verweisung auf Tacitus'
Agricola kann nur exemiilifikatorische Bedeutung haben uml ist von mir in iliesor Beschränkung
öfters für meine Ansicht verwertet worden.
") So Nass. Annalen a. a. 0. S. 49 und VerliniidluiigeM iler 2:f. Hau|ttversanindung
des Vereins von Lehrern hrduM-er Unterrichtsanstalten a. a. (>.
'-) Vgl. Wo.'ttd. Zeitschr. f. (icsch. u. Kunst, XVIII, S. S. 212.
1*
Jaluhundorts angehören können.'"'') Auch inüsscnV Ich habe vor kurzem diese
Scherben gemeinsam mit ^Ministeriah-at S o hl a n einer eingehenden Besichtigung
unterworfen und dabei unter llimveisuug auf die früher ebenfalls gemeinsam
untersuchten Gefässe und Scherben von lleldenbergon, Okarben und Ileddern-
heim konstatiert, dass unter jenen keine Typen vorhanden sind, die nicht auch
in diesen Kastellen vertreten ^Yaren. die ja Herzog selbst als Domitianische
Anlagen betrachtet.
Herzog fährt fort: „Der Einwurf, welchen Wolff (Westd. Zeitschr.
18, 218) auf Grund vereinzelter Funde erhoben hat, dass gewisse Urnen, die
man bisher für vordomitianisch hielt, in der rechtsrheinischen Keramik noch
l)is in die trajanische Zeit gefertigt worden seien, trittt hier nicht zu. AVenn
nuin im Frankfurter Museum eine Urne dieser Art hat, in welcher eine Münze
des Traiau gefunden wurde, so ist dies doch eine wesentlich andere Sache, als
wenn in einer Niederlassung ein ganzes Nest von Scherben als Niederschlag
einer ganzen Gebrauchsperiode daliegt." Nun habe ich aber in dem von Herzog
angeführten Aufsatze^^) meine Ansicht keineswegs auf jenes nur in der Ein-
leitung mit Rücksicht auf eine Bemerkung K o e n e n's beiläufig erwähnte Eund-
stück gestützt, sondern auf das massenhafte Vorkommen der Terra nigra-Ware in
mehreren von mir in Heldenbergen und Heddernheim aufgefundenen Töpfereien
zusammen mit Gefässtypen, dic^ allgeniein ins zweite Jahrhundert n. Chr. gesetzt
werden^""), sowie auf die Thatsache, dass dieselben Gefässe und terranigra-
artige Scherben der verschiedensten Art in Menge sich in den durch die Stempel
der 14., 21., 1. und 8. Legion charakterisierten Schuttschichten der grossen
Kastelle, welche Herzog selbst auf Domitianische Gründung zurückführt, ganz
vereinzelt aber auch in den jüngeren Kastellen der vorderen Linie, bezw. ihren
Gräberfeldern, und in denjenigen Teilen der Heddernlieimer Stadtaulage finden,
die ebenfalls aus Hadrianischer Zeit stammen. Bezüglich der ältesten Typen,
besonders der feineren, der linksrheinischen Terra nigra verwandten Scherben,
ist das Gegenteil von Herzog's Angaben der Fall: sie kommen in den ge-
nannten Kastellen ziemlich häufig, unter Soldan's Funden aus den Limes-
schanzen nur vereinzelt vor, ohne dass ich daraus chronologische Folgerungen
im entgegengesetzten Sinne ziehen möchte. Von den für die ältesten Schichten
der Domitianischen Kastelle der Wetterau charakteristischen gefleckten sigillata-
*^) A. a. 0. S. 66. Es wäre -wünschenswert, dass diese Archäologen namentlich an-
geführt und ilir Urteil etwas hestimniter formuliert wäre.
1^) llömisclie Töpfereien in der \Yettcrau. Westd. Zeitschr. XVIII, 3, 1899, S. 211 bis
240. Mit 2 Tafeln. Inzwischen ist derselbe Gegenstand im Limeswerke behandelt worden:
O. R. L. Bd. II, 15. 2."), Die Erdbefestigungen von Ileldenbergen. Mit 3 Tafeln.
'^) Es ist dalior ein Irrtum, wenn v. Sarwey (Rüniisclie Strassen im Limesgebiet,
Westd. Zeitschr. Will, 1, 1899, S. 1 ff.) sagt: .,Wolff schreibt sämtliche Fundstücke Ilelden-
Ijorgcns der Domitianischen Zeit y.u.^ Der Zusatz: „Von anderer Seite werden zahlreiche
Scherben für älter gehalten", sowie die Worte (S. 20): „Nach Ministerialrat Soldan weisen
zahlreiche Scherbenfunde in Heldenbergen, sowie in den Erdkastcllen an der Grenze, welche
Wolff für Domitianische Anlagen erklärt, auf eine frühere Zeit hin", erledigen sich durch
die vor.steliondon Ausführungen. Man vgl. besonders „Kümisclie Töpfereien in der AVettorau",
S. 2:}3 und (). R. L Iloldonl.orgen, S. 12 u. 13.
o
älinlich(!n Ocfässcüi konnte Vdiii Limes nur eine aus «1er älteslen Sdian/i' hei
Butzbach stcinimondc Hclierbe vorgezeigt werden. Audi in I leidenbergen waren
die ältesten Typen weniger zahlreich vertreten als z. Ji. in ( )Uarben, was sich
beim Erdkastell und seinem J.agerdorfe aus der gcsringeren Ausdehnung. Iieim
grossen Erdlager aus der Kürze; seines Bestehens erklärt.
Wenn ferner Heiz dg gegenüber den chronologischen An.serzungi-n
Schumachers für das südiiiainisclie l)(!kuniat(!nland bemerkt, dass brauch-
bares Material für solche Untersuchungen, abgesehen von Tö[)f(;rstätten, in erster
Linie solche (Iräberfelder und Niederlassungen bieten, in wedchen die verschiedenen
Perioden nacheinander und in ununterbrochener Aufeinanderfolge sich beten
(8. GO u. Gl), so ist dagegen nichts einzuwenden. Wenn er aber fortfährt:
„Für das Limesgebiet liegt ein ähnlicher günstiger Umstand vor. an Orten,
welche Zerstörung erlitten und wieder aufgebaut wurden, wie Wiesbaden, und
in der schon besprochenen zeitlichen Aufeiuandcu'folge von Erd- und Steinkastell,
Erd- und Steinturm an derselben Stelle", so hätte mau aucli hier wiederum eine
Erwähnung der übrigen Domitianischen Kastelle erwarten dürfen, insbesondere
Ileddernheims, wo ebenfalls mehrere Schuttperioden nachweisbar sind, deren
zeitliches Yerhältnis zu einander durch die gleichmässig wiederkehrenden Eund-
umstände sich bereits klar' erkennen lässt. •") Gerade diese günstigen Verhält-
nisse in Heddernheim und analoge Erscheiimngen bei den älteren Kastellen,
besonders Hofheim, Okarben, J lochst und Eriedberg haben die Grundlage «Ge-
boten für meine chronologische Bestimnumg (Un- keramisclien Funde im rechts-
rheinischen Gebiete.
Aber w^ie dem auch sei: Die Frage bezüglich der llerstellungszeit der von
Soldan in den ältesten Erdwerken der Nordwetterau gefundenen Scherben
lässt sich aus inneren Gründen und wegen ihrer Übereinstimmung mit den
gleichartigen Fundstücken aus den grossen Kastellen der Wetterau nicht trennen
von der nach der Entstchungszeit der letzteren, Diese aber in vordomitianische
Zeit zu versetzen, haben wir keine Veranlassung, solange die Fundstatistik in
so erfreulichem Einklänge steht mit dem, w'as eine vorurteilsfreie Benutzung
der litterarischen Quellen uns anzunelimen zwingt. Dabei kommt aber alles
auf die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Fundstatistik an. IJeweisend für
die Zeit der Kastelle können nur solche Gegenstände sein, deren Zusammen-
gehörigkeit mit denselben sicher beglaubigt ist. ^^)
Bei allen von mir untersuchten Lagern und Kastellen dieser Art: Kessel-
stadt, Ileldeubergen (Erdlager und Erdkastell), Heddernheim (Kastell), Hofheim
'") Vgl. u. Ji. Westd. Zeitschr. XVIII, 3, S. 227, Aiini. ;>!, u. 'J.i4, und .Mittuilun-cii
über römische Funde in Heddornheim, II. S. 55, 57 fl'., besonders Westd. Korrespundcnzblntt
lüül, 1 u. 2, No. 13, S. 26.
^') Selbst wenn unter diesen Kastollen sich öi)urcii älterer lOrdwerke fänden, so wäro
dadurch zunächst nur die Ersetzung einer provisorischen Anlage durch eine definitive bewiesen.
Einen grösseren Abstand zwischen den Erbauungszeiten beider anzunelinien, würden wir erst
dann genötigt sein, wenn sich erhebliche Unterschiede zwischen den in ihren Orälien oder an
anderen zweifellos zu den Kastellen gehörigen .Stellen gefundenen Uegenständen ergäben, wie
es bis jetzt nur bei den westlich der Linie Ilofheini-IIöchst gelegenen .Vulngen der Kall i.st.
(StoinkastcU) und < )k;irl)('n ist dor Bofiind ein vullkonnucn gkMchcr und von
dem der älteren Ankijuen. dem Ilefhtnmer Erdkiger, dem iröehster Erdkiistell
und der Schunzo auf dem llot'lieimei- Kapenenlj(!rgc vcrsehic^dener gewesen.
Dieser Thatsache gegenüber beweist der Umstand nichts, dass im Crebiete
der ausgedehnten römisehcm Xiederlassungeu von Friedberg und Ileddta-nlieim
Gegenstände aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts, so in Fi'iedberg
besonders eine Sigillatascherbe mir dem Stempel des Ateius^^) und die bekannte
Verzierung einer Sehwertseheide aus der Fabrik des Gemellianus^'') gefunden
sind. Es geht daraus nui' lu'ivdi-. ilass diese Gegenstände an der Stelle jener
Kastelle oder in ihrer Umgebung einmal benutzt worden sind, nicht aber dass
dies zur Zeit des Bestehens der Kastelle der Fall gewesen ist.
II. Römische Niederlassungen in vorflavischer Zeit.
Dass in Jleddernheim, Friedberg und auch an anderen Orten der Wetterau
bereits in vorflavischer Zeit einmal römische Aulagen militärischen oder civilen
Charakters vorhanden gewesen sein können, soll ja keineswegs bestritten werden.
Noch ist der Platz des von D i o erwähnten cp[vO'')f/'.ov sv Xättoic Traf/ aorw tco 'JV]v(o
so wenig wie der des praesidium in monte Tauno, über dessen Resten Germanicus
ein Kastell erbaute, ermittelt worden. Mag man nun beide Lokalitäten als
identisch betrachten, wie in Westfalen die Stellen der aus augusteischer Zeit
erwähnten Kastelle, so ist hier so w'cnig wie dort das Vorhandensein noch
anderer militärischer Anlagen in der langen Zeit zwischen 11 v. Chr. und
16 n. Chr. ausgeschlossen, in welcher die Römer wie das Lippegebiet, so auch
die "Wetterau als abhängiges Land ansahen und mehr als einmal durchzogen.
Was in der Ergänzung der Lücke bei D i o 56, 22, 2 durch Z o n a r a s für
Westfalen ausdrücklich gesagt wird, dass ausser Aliso es noch zahlreiche andere
befestigte Plätze gab, ist auch in der Wetterau mit Sicherheit anzunehmen.
Wo aber hat man diese Befestigungen mit grösserer Wahrscheinlichkeit zu
suchen als an der uraltem A'ölkerstrasse vom Rhein zur Weser, die, in ihrer
Trace im Laufe der Zeiten oft verlegt und vervielfacht, doch im ganzen stets
auf dem 4 — 6 km breiten Landstreifen zwischen dem Taunus und dem Main,
bezw. der Nidda verlaufen ist.-") In dieser Richtung würden die durch die
*®) Ygl. Xass. Aiinalen XXVIl, .S. 48 (1895). Die Arbeit erscliieii gleiclizcitig mit dem
grundlegenden Aufsätze Dragendorff s über Terra sigillata (Bonner Jahrb. XCVI, 18'J5,
S. 18 ff.), der nicht mehr benutzt werden Iconnte. Inzwischen hat sich der damals verschollene
Stempel nach einer Mitteilung von Anthcs in der Dicftenbach'schon Sammlung des Darni-
stildter Museums wiedergefunden.
''■'j Vgl. Westd. Kurrespondenzblatt VIII (1880), S. 65 und XIX (TJOU), .S. 5G. Cl)rigcns
ist bei einem so dauerhaften und wertvollen Metaligegonstande ein in die zweite Hiilfto des
Jahrhunderts hineinreichender Gebrauch nicht ausgeschlossen. In geringcrem Grade gilt dies
von der Thonware, wenn auch ihre Verwendung in einer der Periode des Chattonkrieges be-
reits näher kommenden Zeit durch die Auffindung zahlreicher Ateiusstempol in den Trümmern
von Pompei und das Vorkommen eines Kxemplar.s in Britannien wahrsclieinlieh gemacht wird.
^") Wenn II. Delbrück, Gesch. der Kriegskunst II, 1. S. 10.5 den Germanicus im
Jahre 15 n. Chr. über den Saalburgpa.s8 ins Lahnthal ziehen und eine Abteilung des Heeres
mit dem für die ganze Armee nötigen Proviant unter Benutzung der Wasserstrasse durch das
Niitiir bo/oicliii(!ton IMätzc. wie das lldclifcld lici I loflR'iiii. das .Maiiikiiic 1)(M
Jlüclist und di(^ lUii'gluJlic von FrunllKü-g in erster Jjinic ins Auge, zu fassen
sein, wenn aiu-ii keim; Spuren dtut ncfiindon worden wären. Dies gilf, wenn
auch in yeringerein Grade, von i\rv liaclK'ii l'^rliiiliung am rciclitcjn Niddaufer.
auf der später das Kastidl und dii^ Stadt lledderniuMn» lagen, während die
Erbauung des ])üniitianischen Kastells < )karben mir durch ihre lieziehung /,u
dem gleichzeitig angelegten Limes erklärlich ist. Dort ist denn auch nichts
gefund(Mi, was auf eine vortiavische Aidagc^ hinwiese.-')
Hier dürfte es an i\vv Zeit sein, mit einigem Worten auf die Frage fin-
zugeh(in, an welchem d(!r genannten Orte das vielbesprochene Drususpräsidium
mit der grössten Wahrscheiidichkeit zu suchen sei. Ich habe, so oft gerade
meine Untersucliungen mich auf diese Frage hiiiwiesen, bish(!r geflissentlich
vermieden, eine bestimmte Antwort daiauf /,u geben, da ich es für erspriess-
licher hielt, nocli weiteres Material für ihre Lösung zu beschaffen, als den ver-
schiedenen Vermutungen, die meist nur in der übertriebenen Bedeutung, welche
die Forscher dem gerade von ilmen bcuirbeiteteu Gegenstande beilegten, ihren
Grund hatten, noch eine neue hinzuzufügen. Auch heute noch, obgleicli wir
ganz anders ausgerüstet au solche Fragen herantreten, als es uocli xov 10 Jahren
der Fall war, lässt uns der Stand der Fuudstatistik die Wahl zwischen einer
ganzen Reihe von Plätzen. Einer — und zwar der früher am häutigsten
genannte — ist vollkommen ausgescldossen: Die Saalburg. Ich würde; es für
überflüssig gehalten haben, dies besonders zu bemerken, wenn man nicht in
der Tageslitteratur immer wieder dem Bestrebeu begegnete, dem vielbesprochenen
Limeskastell, welches ja freilicli ebenso gut in monte Tauno liegt, wie seine
Schwesterkastelle: Capersburg, Zugmautel, Alteburg-Üeftrich u. a. durch Ab-
leitung von dem „Drususkastell" eine falsche Ahnenreihe anzudichten.--)
untere Lalinthal marschieren lässt, so setzt er sich mit dieser Ansicht iu Widerspruch zu den
sonst von ihm mit Vorliebe auch in Fragen der Lokalforscliun^' heriingezo?encn militärischen
Schriftstellern. General v. Sarwey erwähnt in seinem Aufsatze über die rüniischon Strassen
im Limesgebiete (S. 28) unter den alten Völkerwegen, auf welche die Römer am .Vnfang
unserer Zeitrechnung angewiesen waren, den über die Saalburg so wenig, wie den die Lahn
entlang. Oberstleutnant Dahm, der das untere l.ahnthal im Auftrage der Reichs-Limcs-
Kommission aufs eingehendste untersucht und das zur Sperrung dieses scliluchtartigen und
viel gewundenen Einschnittes angelegte LimeskastcU bei Ems aufgedeckt hat, erklärt in einer
brieflichen Zusclirift die von Delbrück angenommene Operation für militäriscli undenkbar.
'") Das wird die Veröffentlichung der Funde im Limeswerke, die unmittelbar bevorsieht,
deutlich erkennen lassen.
22) Es müssten demnach auf der Saalburg aufeinander gefolgt sein: das praesidium des
Drusus, das castellum des Germanicus, das ErdkastcU am Domitianischen Limes, das Stein-
kastell des 2. Jahrhunderts, abgesehen von dessen späteren baulichen Veränderungen. Alle
seit der flavischen Zeit vorauszusetzenden Anlagen sind luichgewiesen; dass das Erdkastell ni
die Reihe der ältesten Linieskastelle gehört, ergiebt sich aus seiner völligen ('bcroinstimmuiig
mit den gleichartigen Anlagen an anderen Stellen der Grenze, auf die ich später zurückkonnne.
Für das Vorhandensein älterer IJefestigungen ist, obgleich die Saalburg so lange und so eifrig
durchsucht ist wie kein anderer Platz, nicht die geringste Spur gefunden. Hei dem ausser-
ordentlichen Reichtum an Funden fällt sogar die geringe Zahl der Gegenstände auf, die sich
ins erste Jahrhundert datieren lassen; vorflavischc Gegenstände — abgesehen von den wenigen
nichts beweisenden Münzen — fehlen ganz.
Die Bezcicliniin,:; in immte Taiino würde zweifellos auf Wiesbaden und
llofiieiui"^) mir ilireu Krdkastellen und ihren zaldreicheu Fundstüeken aus
augusteischer Zeit i;ut passen, aber aueli der Lai;e von Friedbery-') und
Ileddernhoiui nicht widersprechen, wenn man den Ausdruck, wie bei Tacitus
gestattet ist, nicht topographisch genau fasst. Das letztere ist wohl auch D i o's
Bezeichnung ^,oo')f/.ov iv Xarto-.; r7f/ ä')T(;) tö) 'Prjvo) gegenüber erlaubt, schon
deswegen, weil die Chatten wohl auch in Drusus Zeit den Khein nirgends un-
mittelbar berührten. (Jb nian aber auch diesen Ausdruck auf Friedberg untl
lleddernheim anwenden könnte, ist mir zweifelhaft.
Was die Funde beiritlr. so würde von allen erwähnten Orten ausser
Wiesbaden. Höchst mit seinen frühzeitigen Münzen, seinen Ateiusstempeln"--')
und den im (fraben seines Erdkastells gefundenen Gefässscherben aus dem
Anfange unserer Zeitrechnung in erster Linie in Betracht kommen, wenn man
-') Für llofheiin hat sich neuerdings Aiitlios iiut' der Generalversammlung des Uesanit-
vercina der deutschen Gcschichts- und Altertumsvereine zu Dresden, 25.-27. Sept. 1900 aus-
gesprochen. Doch vor/.iclitct aucii er auf eine detinitive Entscheidung (vgl. Protokoll der
Vers. S. 65 ft'.). Bestimmter vertritt die Identitiit des Präsidiums mit dem von mir aufge-
fundenen Hofheimer Erdlager Dahm im Arehäol. Anzeiger 1900, 2, S. 103. Gegen Dahm's
Bemerkung, dass das Hofheimer Erdlager „den Fundstücken luicli der frühesten Kaiserzeit
angehöre" (S. 103) und mit der Kundschauze auf dem Kapellenbcrge und de n Wiesbadener
Erdkastell einen Bestandteil des von Drusus für das untere Mainthal angelegten .,Bofestigungb-
systems" gebildet habe (S. 104), bemerkt Ritterling (Mitteil, des Vereins für Xass. Alter-
tumskunde u. Geschichtsforschung 1901/02, Xo. 2, S. 46, Anm. 2), dass die Bestimmung der
Grenze nicht für die Zeit des Drusus, „sondern nur für die Zeit nach Germanicus' Abberufung
bis auf Vespasian zutreffend sei." Auch ich habe ein defensives Befestigungssystem in der
angegebenen Itichtung erst für die Zeit nach der Varusschlacht angenommen (Xass. Annalen
XXVII, 1895, S. 51) und die Frage, ob das Hofheimer Erdkastell und die Rundscbanze schon
unter Augustus oder erst um die Mitte des ersten Jahrhunderts errichtet wurden, mit Rück-
sicht auf die für eine so genaue Diiferonzierung nicht genügenden Funde unentschieden ge-
lassen (R. (). L. II, B. 29, Ilofheim S. 20 unten und S. 32 D. u. 33 E.). Übrigens sei bei
dieser Gelegenheit bemerkt, dass die Grabungen am Erdlagcr, welches bei den Nacl)-
forschungen nach dem Domitianischen Steinkastell und seinen Bildern entdeckt wurde, sich
mit Rücksicht auf die Beschränktheit der nur für diese Aufgaben bewilligten 3Iittel im
Jahre 1894 auf das Notwendigste, die Feststellung der Form und Grösse der Gesamtanlage
bescliränken mussten. Eine eingehendere Untersuchung des Inneren, der Thore, der Palissa-
dierung u. s. w. habe icii mit Ritterling seit Jaiiren verabredet, aber bisher wegen dringen-
der Arbeiten für die Reichs-Limes-Kommission immer wieder verschieben müssen, Sie wird
nach dem Ergebnis der bisherigen Grabungen, für die im ganzen nur 40 bis 50 M. veraus-
gabt wurden, abgesehen von den zu erwartenden Aufklärungen über teclinische Fragen, zweifel-
los eine nicht unbedeutende Ausbeute an chronologisch wertvollen Fuiidstücken ergeben.
'^') Vgl. H. Delbrück a. a. O. S. 105, 112 11". Oxe sieht (IJonner Jahrb. 101, S. 4)
den Friedberger Ateiusstempol und andere Fundstücke als Beweis dafür an, dass die Römer
„wie in Wiesbaden und Höchst, so auch in Friedberg und Heddernheim schon lange vor 70
n. Chr. sich aufgehalten, um nicht zu sagen festgesetzt haben." Für Friedberg dürfte auch der
Umstand in IJetracht kommen, dass die in oder l)ei den La Tcne-Gräbern des l)ena(!hi)arten Nau-
heim gefundenen Münzen sich nicht über die Augusteische Zeit herab erstrecken, l'brigens
ist eine Veröffentlichung des gesamten in B'riedberg gefundenen Materials ein dringendes Be-
dürfnis, Sie dürfte für manche der von uns lierührten Fragen Aufklärung oder wenigstens
Anregung zu erneuter Untersuchung bringen.
'') Vgl. Na.ss. Annalen XXVII, S. 15.
9
die Bezeichnung in iikhUc Tiuiiid aiK^li .iiii" einen vein Fusse des Gebin'es
freilich nur ö km entfernten, aber durch seine Lage am Main, nahe desnen
Mündung, midir charakterisierten PUitz anwenden dürfte. Gerade dieser Umstand
würde andererseits aber die Nebeneinandersti^lhmg des cf)(>o')f/ov an der Mündun"
des MO^'latov in deu AöOTufac; und des anderen im (Hiattenhinde erklärlicli nuiclien.
wobei die Worte ;rap' aorö» zii) '\\h<) durcJi di(! geringere Entfernung (h-s Tlutzes
vom Rhein gegenüber Aliso, W(dclies wir nach (hin Ergebnissen der jüngsten
Jjippeforscliung doch wohl in Haltern suchen und als mit dem obengenannten
Kastell identisch ansehen dürfen, sicli erklären würden.^")
Es wird sich nach dem Gesagten empfehlen, bei Nachforschungen nach
dem Drusus-Germanicus-Kastell in erster Linie Höchst und Friedbers: ins Aul'o
ZU fassen, aber auch die andern erwähnten Plätze nicht aus den Augen zu ver-
lieren, vor allem aber bei gelegentlichen Funden und planmässigen Ausgrabungen
an allen genannten Orten auch die unscheinbarsten Gegenstände genau nach
Fundstelle und Fundumständen zu notieren.
Für unsere Frage aber ist es gleichgiltig. au welcher der bezeichneten
Stellen, ja, ob überhaupt an einer von ihnen wir das vielbesprochene Kastell
suchen, wenn nur die oben ausgesprochene Ansicht richtig ist, dass in den
o Jahrzehnten vor und nach Christi Geburt eine Keihe von festen Plätzen der
Kömer in der Wetterau und im !Maingebietc bestanden haben, und dass dieselben
wenigstens teilweise an deu Punkten angelegt waren, welche vermöge ihrer
Lage auch bei der späteren Besetzung der Landschaft in erster Linie für die
Erbauung von Kastellen gewählt wurden. Ist dies richtig, dann beweisen
einzelne an diesen und anderen Orten gefundene Gegenstände aus dem Anfange
des ersten Jahrhunderts nicht, dass dieselben nach dem Jahre 16 und vor dem
Jahre 83 n. Chr. besetzt waren.
Aber auch die Auffindung von einzelnen Gegenständen, die nachweisbar
jünger als die Zeit der ersten Okkupation, aber erheblich älter als die der
zweiten wären, wie das Herzog von manchen Scherben der Wetterau anzu-
nehmen scheint, würde an sich noch kein Beweis für die dauernde Besetzung
unserer Gegend durch die Römer sein. Denn wie die in neuester Zeit bei
Giessen in Gräbern und bei Fulda in Pfahlbauten, hier in denselben Schichten
mit La Teue-Resten gefundenen römischen Scherben'-') nicht beweisen, dass im
'^^) Vgl. Ritterling-, Höclist a. M., ein römischer Hauptwnflenpliitz zur Zeit des
Augustus. Mitteil, des Vereins für Nass. Altertumskunde u. Geschichtsforschung lltOl/02, No. 2,
S. 45 ff. Bezüglich Aliso's hat gegenüber der mehr oder weniger bestimmt ausgespruchenen
Überzeugung aller an der Untersuchung Halterns beteiligten Forscher neuerdings Delbrück
(a. a. 0. S. 135) in einer Spezialuntersuchung über die Lage von Aliso nachzuweisen gesuclit,
dass CS, wie ja auch früher vielfach angenommen wurde, nahe der Lippe(iuolle gelegen iiubc.
") Man vgl. über die letzteren den vortrefflichon Bericht von Josejih Vonderuu,
Pfahlbauten im Fuldathale. Mit 2 Plänen und 7 Tafeln, i'ubla l^Oi». Die auf Taf. VI, 35
u. 43 abgebildeten Scherben scheinen von doppelhenkeligen Krügen zu stammen, wie sie in
der Ileldenbergener Töpferei aus Iladrians Zeit gebrannt wurden. Dasselbe Ornament nur in
längeren gezogenen Formen (nicht römische Zahlen, wie Vonderau vergleiehcml bemerkti,
scheint auf der Scherbe No. 44 vorzuliegen. Hs ist von mir beschrieben : "Westd. Zeitschr.
XVIII, III, 1899, S. 239 C. I, a zu Taf. III, G. Vgl. über die ganze Gefässgattung Limes-
blatt No. 281, 181, S. 788 und Xo. 321, 19fi, S. 864. Die bei Fulda gefundenen Sigillnta-
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zweiten Jahilumdert n. Chr. die militärische Grenze des römischen Reiches über
jene Gegendea hinaus vurgeschubeu war, sundern mir, was an sich fast selbst-
verständlich ist, dass die überlegene Technik der Kömer. zumal auf keramischem
Gebiete, sich besontlers in den benachbarten Landstrichen jenseits der Grenze geltend
machte, was wiederum Verkehr und EinHuss auch auf anderen Gebieten voraus-
setzt; so sind ähnliche Verhältnisse, zumal zu beideu Seiten der alten Verkehrs-
strassc vom Khein nach der Weser, aucli in der langen, trotz mancher Chatten-
cinfälle im u:anzen friedlichen Periode vor und mich der Mitte des ersten Jahr-
hunderts anzunehmen. Dann mochten die Bewohner der fruchtbaren Ebene
zu den römischen Nachbarn einerseits und ihren in dem ärmeren hessischen
IJerg- und Ilügellande — mit Eiuschluss des Vogelsberges und der Lahnberge
— wohnenden Stammesgenossen andererseits in ein ähnliches Verhältnis kommen,
wie einst die samnitischen Bewohner Kampaniens zu den Kömeru und den Gebirgs-
samniten. Ein die spätere Einverleibung vorbereitendes Schutzverhältnis ist
ebenso wahrscheinlich, wie die militärische Besetzung und Abgrenzung des Ge-
bietes ausgeschlossen ist.^**)
in. Der Feldzug des Pomponius (50 n. Chr.).
Betrachten wir unter diesun Voraussetzungen die einzige grössere Operation
feo'en die Chatten, über die uns aus dieser Periode ausführlicher berichtet wird,
die des Pomponius vom Jahre 50 n. Chr., so ergiebt sich aus einer vorurteils-
losen Erklärung des Taciteischen Berichtes-^) für das von den Chatten geplünderte
Gebiet ebenso ungezwungen das untere Mainlaud, wohl einschliesslich der
südlichen Wetterau, wie für die ilauptoperationslinie der Römer die oft erwähnte
Verkehrsstrasse vom Rhein nach der Weser, bezw. ins llerz des Chatteulaudes.
Eben dahin konnte man auf einem längeren bei llofheim abzweigenden Wege
durch die Xiedernhauser Senke und das obere Lahntlial gelangen. Ich liabe an
anderer Stelle"'^) die Vermutung ausgesprochen, dass Pomponius, während er
die beiden Abteilungen der llülfstruppen auf diesen beiden Wegen gegen die
Feinde vorschickte, bei liofhoim mit seiner aus den Legionen bestehenden
Reservearmee Aufstellung nahm. Denn es scheint dem Wortlaute der Stelle am
meisten zu entsprechen, wenn man annimmt, dass der Oberbefehlsliaber an der
sclierbcn Taf. VI, 4.j u. 46 würden, soweit sie die Form der Uefiisse erkennen lassen, dieser
zeitlichen Uestimmung nicht widersprechen.
^'*) Für die Art, wie unter den Flaviern eine zielbewusste Sicherung und Vorschiebung
der Grenzen im Frieden vorbereitet und dann durch militärischo üporatioiicn und an diesolbon
sich anschliessende fortitikatorischc Anlagen verwirklicht wurde, bietet uns die Darstellung
der Eroberung der westlichen Gebirgslandschaften Britanniens in Tacitus' Agricola c. 2U ein
lehrreiches Beispiel. Besonders charakteristisch sind die "Worte: „(juibus rebus (durch den
Wechsel kriegerischer und friedlicher Massregi-ln i multae civitates quao in i 1 1 ii m d i o iii ex
aequo cgerant, datis obsidibus iram pusuerunt et pracsidiis castellisciue circunulatac taiita
ratione curaquo, ut nulla ante Britanniao pars Ipariterj illacessita transierit." Hiuen
Unterschied zwischen der Krstrockung des politischen Einflusses und der militärischen Grenze
nimmt Momrasen R. G. V. 137 u. 138 auch für die spätere Zeit an.
2'-') Annal. XII, 27.
^0) Nass. Annalen XXVII, 51.
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(liimali^cn (rrciizc uiifcr dein Sclmtzc der (rninzljorcsHgmij^cn stellen blieli. ;in
einer .Stelle, wo er beide Abtinlungen am leichtesten aiifnelniien und je Hiidi
liedürf'nis unterstützen kennte.") iJeides triff't liei lluf'heini zw.
Nun hat in (h'ii IJenner .lahrliiicheiir'-) < )l)ersileutnant Dahin eine ainh-re
])arstelhm,i;- den- Ojxu-ationen «gegeben, welche bei dem «hippejim Charakter des
Autors als .Militär und verdi(!nst\(iller Jjokalt'orsidier zweileljes eine eino-ehende
Würdig'unjj verdient. Va- lässt den Angriff der (JJiatten auf (Uis (rebicjt zwischen
der unti'ren jNFesel und dem Vinxtbachc; ^i^-erichtet sein und das Gros derselben
den Strom überschreiten. Von den beiden Dcitaclnunents des Poniponius lässt
er das eine (von Mainz) auf dem linken Jiheinufer g'egen die l'lünderer ziehen,
das anthu'e bei Mainz den Strom überschreiten und über Wiesbaden auf dem
kürzesten Wege zur Lahn nuirschieren, während die beiden Legionen „am JJcsrge
Taunus als Jieserve aufgestellt wurden, selbstverständlich in der zwischen Taunus
und Main gelegenen Ebene" (S. loo), also etwa da, wo aucli ich ilie Aul-
stellung des Pomponius angenommen hatte.
D ah m's Ansicht stützt sich auf zwei durch die allein massgebende Dar-
stellung des Tacitus keineswegs gebotene Voraussetzungen, nämlich: 1. (hiss die
Chatten den Rhein überschritten hätten und 2. dass es sicli nicht um einen der
üblichen Jiaubzügc, sondern um einen grossen Krieg mit dejii gesamten Chatten-
volke handelte. Das letztere kann man zugeben, ohne dass dadurch dem Ein-
falle der Chatten der durch den Ausdruck latrocinia agitantium gekennzeichnete
Charakter eines Raubzuges und dem Vorgehen des Pomponius der einer Züchtigung
ohne weitergehende Konsequenzen genommen wird. An einen Rheinübergang
der Chatten aber ist gegenüber dem Schweigen der hier immerhin sogar auf das
Technische der Operationen eingehenden Darstellung des Tacitus über ein in der
damaligen Zeit, als die Rheingronze bereits von Kastellen dicht besetzt war,
unerhörtes Ereignis nicht zu denken. Was Dahm selbst gegen die ^Riglich-
keit eines Überganges in der Nähe von Mainz sagt, lässt sich mit fast gleichem
Rechte auch für die von ihm für dieses Ereignis ins Auge gefasste Gegend
bemerken. Eine solche Annahme würde auch der Angabe, dass durch den
Raubzug der Chatten Obergermanien beunruhigt wurde und der Thatsache. dass
der Statthalter von Obergermanien allein gegen die Friedensverletzung einschritt,
widersprechen. Hätten die Chatten zwischen Mosel und Viiixtbach (S. li>l)
den Rhein überschritten, so hätte Untergermanien mindestens ebenso grosse
Veranlassung zur Beunruhigung gehabt als die Germania sup(;rior. Endlich
würde die Verwendung der auxiliares Vangiones et Nemetes neben den equites
alarii, auch wenn man den Ausdruck durch „die in dem benachbarten (V)
Gebiete der Nemeter und Vangionen garnisonierenden IIülfstrui)pen''' übersetzen
wollte, für unsere Annahme sprechen, dass das heimgesuchte Gebiet am unteren
Main lag und der Zug des Pomponius, abgesehen von der zur rmgeluing ver-
wendeten Abteilung sich in derselben Richtung bewegte, wie ein Menschenalter
später der Domitians.
^') A. a. 0. c. 28: „ad monteiu riiunum rovertuntur, ubi l'omponius cum legionibus
opperiebatur, si Chatti cupidine ulcisceiuli casum pugnac praeberent.**
^') Bd. CI, 1897, S. 128 ff.
12
IV. Domitians Chattenkrieg.
Auch der Chatronkrieg der Jahre 83/84 war ja nach F r o n t i n durch Plünde-
rungen des kriegshistigen Volkes veranlasst-'''), wenn er auch dadurch zum
\.n<n'iffskrieffe seitens der Römer wurde'"), dass der Kaiser beschloss, den
lästigen Räubereien ein- für allemal (>in Ende zu machen. Das Ergebnis des
Krieges war die Anlegung des ältesten Limes im Nerdtaunus. der Nordwetterau
und am Fasse des Vogelsberges bis zum Main und die Erbauung der grossen
Kastelle in der wetterauischen Ebene. F r o n t i u lässt den Kaiser in diesem
Kriege im Gebiete der C'ubier Kastelle baueu und für den Ertrag des Bodens,
den er dafür in Anspruch nahm, eine Entschädigung zahlen. =^^) Durch diesen
Reweis von Gcreclitigkeit habe er die Treue aller in wunderbarer Weise ver-
mehrt. Man hat mit dieser Stelle wenig anzufangen gewusst und zunächst den
Xamen der Völkerschaft verändert."*') Am wenigsten wird gewonnen durch die
Konjektur cattorum."^) Denn fasst man die Worte so, dass die Rauten in dem
den Chatten soeben im Kriege entrissenen Gebiete — die Deutung „an den
Grenzen des römischen Gebietes gegen die Chatten" ist aus sprachlichen und
sachlichen Gründen zu verwerfen — vorgenommen wurden, so wäre es doch
eine fast sentimentale Gerechtigkeit gewesen, das nötige Areal auf dem Wege
der Expropriation zu erwerben. Dagegen verliert die Sache alles Auffallende,
wenn es sich um ein Gebiet handelte, dessen Rewohner bereits vor dem Kriege
mit den Römern meist in freundschaftlichem Verkehr standen und jetzt hall)
«rezwungen. halb freiwilli"' in das Reich einverleibt wurden. Für eine solche
A^ölkerschaft würde der Ausdruck dubii. der für sämtliche in dem Kapitel an-
geführten Beispiele gebraucht ist, ebenso gut passen, wie z. R. für die Thraker
in ihrem Verhältnis zu Alexander dem Grossen, als derselbe im Regriffe war.
nach Asien zu ziehen. Die Änderung dubiorum im Texte wäre dabei nicht
nötig, da die Rezichung auf den Chattenkrieg und das in ihm gewonnene Gebiet
ohnehin durch den Wortlaut^**) der Stelle und ihre Vergleichung mit den übrigen
Erwähnungen dieses Krieges unzweifelhaft ist. Dass sich aber die Anordnung
nicht auf die zunächst wenig umfangreichen Greuzkastelle bezog'^^), sondern auf
die in den fruchtbarsten Teilen des Landes, an den Ufern seiner Hauptflüsse
gelegenen grossen Lager und Kastelle, macht die Schonung der Einverleibten
umso erklärlicher: Hier konnte man von einem fructus locorum sprechen, mochte
derselbe nun in dem Erlös bebauten Landes oder in dem Werte der Heimstätten
") Das geht aus der Vergleichung von «trat. I. 1,8, I. 3, 10 und 11. 3, 23 horvor.
■'*) Mommseii, R. G. V, 136, No. 1.
^*) Strat. II, 11, 7: pro fructibus locuruni, (luue vallo conipreliundcbat, pretiuni solvi iussit.
^*) Neuerdings hat Koepi). Boiintr Jalirlj. CVI über die iStelle gehandelt und die Vor-
besserungsvcrsuche zusamniengcstoUt. Kr Hclilägt mit Kücl^siclit auf die Überschrift des
Kaiiitels: „de dubiorum aiiiriiis in tide continendis" vor, „dubiorum" zu schreiben.
^') So schreibt iJederich in seiner Ausgabe des Krontin.
'*) p]o hello quo victis liostiitus oognomen Üermanici meruit.
'") Dann hätte man erwarten sollen, dass statt des Areals der Kastelle oder wenigstens
neben ihm der doch auch dem Privatbesitz entzogene breite Grenzstreifen, der Limes, er-
wähnt worden wäre.
bestellen, die von ihren Bewohnern geräumt werden niussten. Denn dass die
Stellen der Kastelle von Okiirben, Kesselstadt, Friedijer{; u. a. vor der Besitz-
ergreifung durch die Könier nicht nui- bcibaut, sondern auch bewohnt waren,
ist an sich nut Rücksicht auf" die Lage kaum /u bezweifeln, bei den meisten
aber au(^h durch l'iinde zu l»eweiseii. In viel gcM-ingereni (Jrade war dies der
Fall bei dem Kamm des Taunus und deu - wohl auch damals meist von
Wäldern bedeckten — Strichen der Nordwc^tterau. in welchen der liimes mit seinen
Erdschanzen angelegt wurde.
Im Zusammenhang mit diesem Gegensätze der fruchtbaren und daher von
einer wohlhabenden Bev()lk(!rung bewohnten Ebene zu den ärmerc^n (Jebirgs-
gegenden, die sie umgaben, dürfte auch die eigentündich(> Gestalt des wetterauischen
Limes stehen, w^dche man vergeblich durch militärische Uücksicht(m zu erklären
versucht hat. Viel einleuchtender ist es, dass die fruchtbare und zur Besiedelung
einladende Ebene mit ihren von den Römern nachweislich benutzton warm<'n
Quellen und Mincralbrunnen besetzt, die weniger lockenden Gebirgslandschaften
des Taunus und Vogelsberg ausserhalb der Grenze gelassen wurden. Noch weit
erklärlicher würde dieses Verfahren s(Mn, wenn wir annehmen dürften, dass bei
der Absteckung der Grenzlinien man im wesentlichen alten Völkerschaftsgrenzen
folgte; dies dürfte besonders im Nordosten der Eall gewesen sein, wo man am
wenigsten in der Lage ist, die Lage der Grenze durch natürliche Verhältnisse
oder militärische Rücksichten zu erklären, während im Taunus wohl behufs Ge-
winnung einer besseren Verteidigungslinie über die ursprünglichen Grenzen
hinausgegangen wurde. Darauf dürfte die Frontinusstelle hinweisen'"), wo es
heisst, dass Domitian, da die Germanen immer aufs neue aus \Valdg(diirgen
und dunklen Verstecken angriffen und dann sicheren Rückzug in die Tiefen
ihrer Wälder hatten, durch Anlegung des 120 Million langen Limes nicht allein
die Kriegslage veränderte, sondern auch die Feinde, deren Zufluchtsorte er frei-
gelegt hatte, seiner Herrschaft unterwarf. Der Ausdruck refugia nudaverat
passt vorzüglich zu der von mir an anderer Stelle betonten Thatsaidie. dass der
damals angelegte Limes die zusammenhängende Kette von llingwällen. die den
Ilauptkamm des Taunus begleitet und deren Benutzung in jener Zeit die neuesten
Funde von Gefässresten aus der späten La Tene-Zeit und der rönnschen Periode
in den Wohn- und Unterkunftsräumen derselben beweist'*), gerade noch in den
Bereich des römischen Gebietes einbezieht. '2) Hier griff die Grenze zweifellos
"") Strat.I, 3, 10. Wenn es gestattet ist, statt der unhaltbaren Lesart der Handschriften „niili-
tibus" mit den meisten neueren Erklärern der Stelle „limitibus" zu lesen Y,i,'l. auch Strat. II, :{, 2:<.
") Vgl. den vorläufigen Bericht von Thoraas, Mitteilunsjen dos Vereins f. Nassauisohc
Altertumskunde u. Geschichtsforschung 1901/2, No.l, S. 16 ff. und den ileriehf über den orstoii
Verbandstag der west- und süddeutschen Vereine für römisch-gernianische Altertumsforschung
zu Trier. Westd. Zeitschr , Ergänzungsheft X, 1901, S. 15 ff.
"J Delbrück schlägt a. a.O. S. 159 vor, die limites — so liest auch er — hier nicht als Gren-
zen, sondern als Wege aufzufassen, da bei der ersteren Auffassung das vestigia nudaverat schwer
zu erklären sei. Er übersetzt die Stelle so: .,Die Chatten waren in den Schlupfwinkeln ihrer
Wälder schwer zu fassen; da legte Domitian durch ihr Gebiet 120 (180 km) Strassen an und
veränderte dadurch nicht nur den status belli, sondern unterwarf auch die Feinde, deren
Schlupfwinkel er zugänglich gemacht hatte, seiner Herrschaft." Nun hoisst nu.larp nicht zu-
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über das Gebiet der seither zu den Römern in einem unsicheren Freundse-hafts-
verhälrnis stehendcu Yölkerschafteu hinaus. Dass das den Chatten im Kriege
entrissene Land von geringer Ausdeliuung war. (hif'iir s})riclit der Umstand, dass
ausser Front in fast alle Schriftsteller, darunter diejenigen, welche, -wie Statins
und Martial höhe Wdirc für den Sieg des Kaisers linden, von Eroberungen
schweigen. ^lir rincr blossen (rrenzregulierung dagegen wüi'de sich die Stelle
bei Statins withl vcreinigim. an der er von „victis parcentia foedera (^hattis"
spricht.''') Auch würden die offenbar absichtlich verkleinernden Bemerkungen
anderer Schriftsteller nicht in so schroffem Gegensatze zur Wahrlieit stehen, wie
es der Fall wäre, wenn ein so wertvolles Gebiet wie die ganze Wc^ttcrau untl
das untere Mainland den Feinden mit Gewalt entrissen wäre.
In welchem Verhältnis die germanischen Jiowoliner der Wetterau zu den
Chatten standen, ob sie. wie die Mattiaker, ein dem Hauptvolke durch Anlehnung
an die Römer und veränderte Lebensverhältnisse entfrem(b'ter Zweig derselben^^)
oder eine bosondere Völkerschaft'") waren, mag dahingestellt bleiben. Im
2. und 3. Jahrhundert u. Chr. umfasst der südliche Teil des Gebietes die
civitas Taunensium mit dem Vororte Ileddernheim ; dass in demselben Verhältnis
Friedberg zu einer der nördlichen Hälfte der römischen Wetterau entsprechenden
Civität stand, ist durch die Auffindung eines Inschriftfragments an dem ge-
nannten Orte im Jahre 1899'*^) noch wahrscheinlicher geworden, als es bereits
gänglich iiiaclien und der angehängte Relativsatz ^quorum refugia nudaverat" kann, aber brauf^lit
nicht in so naliem Kausalzusammenhange mit subiecit ditioni suae hostes (als blosse erkb'irende
Umschreibung zu limitibus actis) zu stellen, wie wenn etwa dastände „cum refugia imdasset."
A'^ielmehr enthält derselbe, seinem Tempus und Modus entsprechend, wohl eine nachträgliche
Bemerkung über das Ergebnis des Krieges selbst, in dem die Refugien der Feinde, besonders
die Ringwälle, aufgedeckt und besetzt worden waren, während die vorhergehenden Worte
sich auf die nach dem Kampfe getroffeneu Massregeln beziehen, die Anlegung (Miier liinter
jenen Refugien — so dass diese ins Reich einbezogen wurden — mit Kastellen und Sclianzon
zur Unterbringung von Truppen ausgestatteten Grenzlinie, wodurch für alle weiteren Kriege
der Status belli zu Gunsten der Römer verändert wurde. Dass dies, wie der Zweck, so für
lange Zeit auch der Erfolg jener Einriclitungen gewesen ist, das zeigt die Entwickolung der
Verhältnisse, wie sie uns die Litteratur und die bei den Arbeiten am Limes gemachten IJo-
obachtungcn erkennen lassen. Wie sich Delbrück seine 120 „Millien Strassen" denkt, ist
nicht recht klar. Ist es eine über die Grenze hinaus ins Herz des Feindeslandes gezogene,
sind es mehrere die Grenze kreuzende Strassen? Dann würde die genaue Massantjalie auf-
fallen. Eine in der Richtung der Grenze vorlaufende — dann doch wohl mit Militürstatiunon,
ohne die das nudaro rofugia sehr zweifelhaft wäre, ausgestattete — Strasse würde auf oinnii
Grenzweg in unserem Sinne hinauskommen.
") Silvae III, 3, 168.
■**) Vgl. Mommsen R. G. V, 135. Die Identität der civitas Mattiacorum und der
civitas Taunensium ist gegenüber der durch neue epigra|)hische Funde in und bei Mainz fest-
gestellten Existenz zweier vcrachiedcner Civitaten iiiit den Vororten Wiesltaden und Ileddern-
heim Jiicht aufrecht zu erhalten. Dagegen wäre es deiikliur, dass der .Name Mattiakor nchen
der engeren administrativen Redeutung, wie sie im zweiten und <lrittoii Jahrhundert vorkommt,
auch eine weitere ethnographische gehabt habe und in diesom Sinne z. R. bei Tacitus in
der Germania cap. 80 gebraucht wäre.
*'") Mommsen R. G. V., 13G, lässt um die Zeit Vespasians die Usiper östlich von den
Mattiakeni an der Einzig oder im Fuldischen wohnen.
*'"') Helmkc, WcHtd. Korrospondenzbl. 1899, No. 66.
In
vorher mit Rücksicht auf die Bedeutung der Friedherger Ansiedelung war.
Hätte nicht ein neckiscilier Zufall, wie so oft in-i .solchen Funden, uns gerade
den wichtigsten Teil des Textes mit dem Namen der Civität vorenthalten, so
hätten wir vielleiclif (hircli sie die Jjösung der Frag<! ühcr den Namen liei
F r o n t i n ei halten.
Durch die vorstehendifii Ausführungen glauhe ich oinc gewisse, mehr
wirtschaftliche als politische Abhängigkeit der Bewohner der Wetterau von dm
Jiöm(u-n im 1. Jahrhundert n. Chr. wenigstens wahrscheinlich und dadurch da»
vereinzelte Vorkonnnen frühzeitiger Sclierben in diesem Ge1)iete — auch ali-
geselien von den noch nicht sicher ermittelten, aber zwcäfellos vorhandenen
Militärstationeu aus den beeiden ersten Jahrzehnten unserer Zeitrechnuntr —
erklärlich gemacht zu haben. Auf eine militärische Besetzung der Landschaft
vor dem (Miattenkriego gestatten, wie bereits hervorgehoben wurde, solche Funde
nicht zu schliessen, so lange die Zusammengehörigkeit dersell)en mit den etwa
an oder in der Nähe der Fundorte vorhandenen Befestigungen ni('lit nach-
gewiesen ist.
V. Chronologie der Grenzanlagen.
Dass die Funde aus den Grenzanlagen ebenso wenig auf eine vorflavische
Entstelumg der letzteren hinweisen, als die aus den grossen, allgemein auf
Domitian zurückgeführten Kastelleu der Ebene, ist ol)en dargethan worden. '*)
*') Im letzten Sommer hat Sold an bei der abschliessenden Untersuchung des Kastell-
bades neben der Capcrsburg unter zahlreichen gestempelten Deck- und Pfeilerplatten der 22.
Logion aus den Nieder Ziegeleien auch eine gefunden, deren Stempel in Form einer Fusssohlo
nur die Nummer der Legion ohne Beinamen enthält. Es wäre verkehrt, daraus schliessen zu
wollen, dass auf der Capersburg bereits während des ersten Aufenthalts der Legion in Obei--
germanien, vor dem Jahre 70 n. Chr., Heizanlagen angelegt worden seien. Wenn auch liio
meisten Stempel der Legion aus Nied alle Beiimmen, meist in der Form PRPF zeigen, so
fehlen doch auch oft einzelne Bestandteile, sodass die Stempel nach der Zahl nur die Zeichen
PRP oder PP oder PF oder gar nur ein p enthalten, welches zweifelhaft lässt, ob es primi-
genia oder pia bedeutet. Man erkennt oft deutlich, dass die grössere oder geringere Bo-
schi'änkung in dieser Hinsicht nur durch die Rücksicht auf den für das Einsclineiden der
Zeichen auf dem bereits fertigen Holzstempel verfügbaren Raum bedingt ist. Da konnte denn
leicht auch einmal der letzte Rest der Beinamen wegbleiben, wie ja bekanntlich bei den
Stempeln der 14. Legion aus Nied die Zahl sehr oft ohne den Beinamen vorkommt, ol)gloich
hier jeder Gedanke an eine Herstellung der Ziegel vor der Zeit des britannischen Aufenthaltes
ausgeschlossen ist. (Vgl. u. a. Wolff, Nied, S. 267.) In unserem Falle wird die chrono-
logische Zugehörigkeit des Stempels zu den übrigen mit ihm zusammen gefundenen Exemplaren,
welche nach ihren Formen der Periode lebhafter Bauthätigkeit unter Hadrian oder Pins an-
gehören (vgl. Mitteilungen über Heddernheim II, 1898, S. 64), zunächst durch Farbe und Be-
schaffenheit des Thons bewiesen, der ebenso völlig mit den Produkten der Nieder Ziegeloien
übereinstimmt, wie er charakteristische Verschiedenheit zeigt von den westlich von Hi.nieim
und in Wiesbaden gefundenen Ziegeln aus früherer Zeit. Zu demselben Schlüsse nötigt der
Umstand, dass die fast vollständig erhaltene Platte, wie ihre .Mnasse und der an ihr noch haf-
tende Mörtel zeigen, zu den Sockelplatten eines der Hypokausten des Hadrianischen Hades
gehörte, nicht aber ein verlorener Rest aus einem älteren Bade war, wie dies möglicherweise
bei den beiden im Bade gefundenen Brocken mit Stempeln der Legio VIH Augusta der Fall
ist, welche in Farbe und Material von den übrigen Platten clinrakteristisch abweichen. Sie
16
Was nun das zeitliche Verhältnis der vcrschiodenon Erdwerko und Gvenz-
grübchen zu einander hcrrift't. so hat es etwas Bestechendes, das Zaungräbchen
(vineae) auf den Doniitianischen Limes, das Palissadengräbchen auf die von
Spartiau erwähnte Palissadengrenze Hadrians zu bezieheu und jenes zu den
ältesten Erdsehanzcn und Ilolztürnien. dieses zu den jüngeren Holztürnieu und
den später an ihre Stelle tretenden Steintüriuen in IJeziehung zu bringen.
Xaeh der oft zitierten Stelle der iiiograjdiie Hess Iladrian an vielen Stelleu.
wo die Barbaren nieht durch Flüsse, sondern durch Limites vom römisci)en
Reiche getrennt waren, eine künstliche Al)sj)errung durch mauerartig unter-
einander verbundene, in den Boden eingelassene Pfähle herstellen. Man wii-d
die Anorilnung. auch wenn sie nicht eine allgemein gehaltene Konstitution w;ü',
unbedenklich auch auf die germanische Grenze beziehen dürfen, ja nach dem
Zusammenhang auf diese in erster Linie beziehen müssen. ^^) Nach ihren)
Wortlaute könnte sie in vorhadrianischer Zeit das Vorhandensein irgend welcher
,,mauerartiger''" Absperrungsanlagen auszuschliessen scheinen. Doch wenn wir
derselben auch keine Beweiskraft in negativer Richtung beilegen wollen, spricht
nichts, am wenigsten die Bedeutung des Wortes limes. dafür, dass bereits die
nach Frontin nach dem Chattenkriege angelegten limites, bezw. der nach
Tacitus am Ende des L Jahrhunderts vorhandene Limes irgend welche derartige
Anlagen gehabt haben.
Wenn Delbrück^^) sagt: „Dieser erste Limes (der Domitianische) war
ein Flechtwerk (vineae)", so ist dieser Satz um so auffallender, da dieser
Forscher vorher (S. 133) eine im wesentlichen jnit der durch ^lommsen's
o-rundlegende Ausführungen '''j herrschend gewordene Ansicht übereinstimmende
Erklärung des Wortes giebt und u. a. sagt: „Die Vorstellung, dass der Limes
mit einer Befestigung verbunden oder überhaupt Grenzbefestigung sei, ist erst
viel jünger, wohl gar erst modernen Ursprungs und nunmehr durch die Limes-
forschung selbst allmählich wieder aufgelöst". So ist es: Weder dei- erste.
noch überhaupt irgend ein Limes ist „ein Plechtwerk gewesen", vielmehr sind
die Vineae ebenso wie die jüngeren Palissaden und der noch jüngere Grenzwall,
bezw. die Grenzmauer überall nur Befestigungs- oder Absperrungsanlageu am
Limes gewesen, deren Herstellung mit der Anlegung des letzteren nicht gleich-
zeitig gewesen zu sein braucht, teilweise nicht gleichzeitig gewesen sein kann.
Was nun speziell das von S o 1 d a n in der Vorderwetterau gefundene älteste
Gräbchen betrifft, so nötigen die wenigen in ihm gefundenen Scherben nicht
dazu, seine Anlegung als gleichzeitig mit den ältesten Erdschanzen anzusehen
dürften von dem nn derselben Stelle von Soldan vermuteten älteren Bnde des Erdknstells
lierrüliren. Krwilhnt darf juich werden, dass der Stempel der 22. Loffion die volle Torrn
LEG zeigt, während auf den voriier erwähnten älteren Stempeln L oder LG '" 1 ''froin-
stimmuiig mit derselben Erscheinung auf den ältesten Stempeln anderer Legionen gelesen wird
Vgl. Nied, S. 340 und Nass. Annaion XXYII, 1895, S, 49 ff.
■*') Vgl. Herzog a. !i. O. S '>i\, wo der Zusammenhang der Worte mit dorn Vorher-
gehenden erörtert wird.
*") A. a. O. S. l.-)3.
'>") Th. Mommson, Der Hogrilf dos Limes. Westd. Zeitschr. XIII, 2, S. 134 tV. nml
H. (J. V, S. 111, Nr. 1.
f 17
oder gar es in vordomitianischc Zeit zu vorlc<,M>n. JS'acli den Funden ist es solu'
Avohl möglich, dass der Grenzzaun (vincacO Jonen .Schanzon, naclideni sie längere
oder kürzere Zeit bestanden luitten, vorgelegt Avurde. Ehe das Zaunf,'räi)chen
gefunden wurde, iiaben \\\v uns ^Xvn Doinitianisclien Ijinies als einen verschrifts-
nuissig abgesteckten (rrenziain ' j mit Strasse; und Wachtstatiojien ^^-ediicht. und
nach seiner Auftiudung luiben wir keine Veranlassung zu einer Änderung dieser
Ansicht. Alles, was über die Fundumstände l)isher ver«"»ffentHcht worden ist. lässt
in ihm eine provisorische Anlage — vielleicht nur lokalen Charakters — erkennen,
die möglicherweise sehr bald durc^h den s(ilidei'(;n Palissadenzaun ersc^tzt wurde.
I)ali(!r darl' ilas Fehleu des Zaungrälx-lieiis l)ei solchen Anhiiroii. die nach
ilu'or Lage und B(>schaff'enheit als Grenzwehren angesehen und naeli den in
ihnen gefundenen Gegenständen dem ersten Jahrluindert n. ('In-, zugeschrieben
werden müssen, nicht als Beweis gegen ihre Zugehörigkeit zum Domitianischen
Limes betrachtet werden, wenn andere Umstände für diese Annahme sprechen.
Solche Anlagern aber glaube ich in der vom ostwetterauischen Limes durch-
schnittlich 6^ — ^7 km (entferntem Linie Kesselstadt-(ITanau-)lIeldenbergen-01)er-
florstadt gefunden zu haben. Da meine Hypothese in jüngster Zeit mehrfach
— freilich ohne Eingehen auf die von mii- vorgebrachten Gründe — bestritten
worden ist, halte ich es für angebracht, die letzteren hier zum Schlüsse noch
einmal zusammenzustellen, um so den Mitforschern das Urteil über ihre Stich-
haltiffkeit zu erleichtern.
'tn'
VL Die ältere Grenzlinie Kesselstadt-Oberflorstadt.
Die Gründe, welche mich bereits vor 18 Jahren veranlasst haben, die
Vermutung auszusprechen '-), dass der Main in der ersten Zeit nach der dauernden
Besetzung der Wetterau bis zu der fast rechtwinkeligen Biegung bei Hanau
die Grenze gebildet habe, waren zunächst fast ausschliesslich innere. Abgesehen
von der ins Auge fallenden ('bereinstimmung der von Miltenberg aus nach
Süden, von Grosskrotzenburg aus nach Norden an die nasse Grenze sich aji-
schliessenden Limesabscdmitte in technischer Hinsicht, fiel mir der Umstand auf,
dass, wie bei Wörth, wo bereits damals der Anschluss der Odenwaldlinie an den
Main angenommen wurde''"), so auch bei Grosskrotzenburg, wo der wetterauisehe
Limes den Strom verlicss, die sonst auf diesem Grenzabschnitte hei'vortretende
Begelmässigkeit der Intervalle (8 km) zwischen je zwei llauptkastellen in
auffallenden- Weise unterbrochen ist, sodass Wörth vom nächstem Kast(;ll
Trennfurt nur 2\/i' km entfernt ist""), während der Abstand Grosskrotzenburgs
^') Vgl. Mommsen a. a. ()., /u den folgenden Bemerkungen aucli Fnli ric i ii s. Jftlirlili.
des archäol. Instituts 1901, 2, S. 81 ff., besonders S. 85.
*^ Zuerst in einem im Hanauer Geschichtsverein gehaltenen Vortrag. Bericht in der
Didaskalia von 1884, ]S"o. 171, S. 682 ff.
•''■'•) JJie liichtigkcit dieser Annahme ist in den letzten AVochen durch die Grabungen
der Keichs-Limes-Kommission unter Leitung von Prof. Anthes erwiesen worden.
") Dieser Umstand dürfte auch i-ine vfillig ausreichende Erklärung für die geringen
Maasse des Trenufurtor Kastells bieten, welches nach Lage, Form und Fuudstüi'kcn zweifellos der
jüngeren Limesanlage Miltenberg-Wörth-Obernburg angehört (vgl. D. K. L. III, U. MT, S. 7i
18
von Seligonstadt, wo ein llauptkastell zwar uoch nicht nachgewiesen ist, aber
wegen des dort aufgefundenen ^[iiitärbades allgemein angenommen wird, kaum
4 km beträgt. Wie nun die Anomalie bei AV()rth sieh am leichtesten dadurch
erklärte, dass hier das Anschlusskastell der Odenwaldlinie nach der >'euo:estaltuns:
der Grenzanlagen in der ersten Hälfte des '2. Jahrhunderts beibehalten wurde,
so bei Grosskrotzenburg dadurch, dass der nach dem Prinzip der Geradlinigkeit
angelegte neue Limesabschnitt, durch den inan die untere Einzig ins Reich
einbezog:, hier auf den Strom und die ältere Flusso^r(>nze W(irrh-]Iaiiau. die
Fortsetzung der Neckar-Odenwaldlinie, traf.
In dieser Annahme konnte es mich nur bestärken, wenn Conrady bei
Obernburü;. also auf der Strecke, die nach meiner Ansicht dem älteren und
jüngeren Mainlimes gemeinsam war, ein Wachthaus fand, welches in seiner
Konstrukticm mit den Anlagen des Odenwaldes übereinstimmte, von denen der
jüngeren Strecke; Miltenberg-^V()rth dagegen abwich,'"'') In höherem Grade aber
Avar dies der Fall bezüglich der Beobachtungen, welche schon vorher Kofier
am uordwetterauischen Limes gemacht hatte. Die von ihm festgestellte Linie
des Pfahles divergierte von Rungen aus nach Süden von der Reihe der llaupt-
kastelle Inheiden-Echzell-Oberflorstadt allmählich so, dass beim letzteren Orte
die Entfernung des Kastells vom Limes 2500 m betrug.'*') Dazu kommt, dass
zwischen den Kastellen und dem Limes der genaue südnördlich gerichtete Ab-
schnitt der Horloff liegt, die hier, meist in mehrere Arme geteilt, ein bruchiges
Wiesenthal durchfliesst, über welches der Yerkehr zwischen den Kastellen und
dem Pfahl in der feuchten Jahreszeit oft unterbrochen sein musste. Dieser
Umstand hatte dazu genötigt, dicht am Linies in kürzeren Zwischenräumen eine
Reihe kleinerer Kasteile anzulegen'^), eine Thatsache, die sich wiederum am
einfachsten daraus erklärte, dass von Oberflorstadt aus die bereits vor der Grenz-
regulierung Hadrians bestehenden Kastelle mit ihren Lagerdörfern der neuen
Linie so nahe lagen, dass man sie nach zeitgemässen baulichen Yeränderungen'**)
Denn dass "Würth in diese Anlage einliezogen und nicht bei ihrer Anlage aufgegeben wurde,
ist ebenso unzweifelhaft, als dass es bereits vorher als Anschlusskastell der Odenwaldlinie
bestand. Vgl. U.R. L. III, B. 36, bes. S. 20. So sind wohl Conrady 's Worte zu verstehen.
Denn das Fortbestehen des Kastells, bezw. sein Umbau zum Steinkastell in der Periode der
jüngeren Limesanlagen wird — ganz abgesehen von den Funden — schon durch die Be-
schaffenheit seines Prätoriums bewiesen. Wenn wirklich das Trennfurter Kastell kein Prätorium
gehabt haben sollte, so würde auch dieser Umstand für die Zusammengehiirigkeit beider An-
lagen in der späteren Periode sprechen.
^•') Vgl. Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1890, No. 252.
'^) Die genannten drei Kastelle sind durch eine fast genau südöstlich verlaufende Strasse
verbunden, deren Verlän<,'erung, wie der des Horloffabsohnittes selbst, auf Kesselstadt und jen-
seits desselben auf die das linke Mainufer begleitende Strasse führt. Es liegt nahe, hier wie
dort in dieser Strasse den alten durch den Fluss, bezw. den Strom, gedeckten Grenzweg zu sehen.
^') Vgl. F. Kofi er in den Quartalblättern des Historischen Vereins für das Gross-
herzogtum Hessen. 1884, Xo. 1—4, S. 44 ff.. 1886, No. 1, S. 9 ff., 1887, 'So. 2, S. 63 ü.,
No. 3, S. 121 ff,
^'') In Echzell wurden zwei Steinkastelle von verschiedener Grösse festgestellt. Welches
das ältere war, konnte bisher nicht bestimmt werden. Vgl. Archäol. Anzeiger vom Jahre 1898.
Bericht über die Thiitigkeit der Reichs-Limes-Kommission von Kiide November 1896 bis Ende
U)
boibchiolt, wälivond niun docli mit Iviicksicht auf die dbcii ^'('schilderten \cv-
liältnisso kknnero Abtoilungon di'i- Besatzung- in besonderen Kastelieiien un-
mittelbar am Limes selbst unterbriiclite. Eine l'rebe auf die liielititrkeit dieser
Vermutung kimnte dadurch gemaclit werden, dass durcli eingehench-re l'nter-
suchungen festgest(dlt wünh', eh die Domitianisclien Erdkastcdlc. dir. ^\•i(• im
Taunus, so sicheriiiOi auch hier vorhanden gewesen siu(k iiinter uder vor der
ilorloff — im erstereu FaUe woJd, wi(^ auf der Saalburg, der CJapcn-sburg um!
am Zugmantel, untei- den grossen Steinkastcllen — liegen. Bis jetzt sind weder
hier noch dort Spuren von ihnen naclig(!wieseu worden; alles aber, was über
Funde von den vordcu'cn Kastellen b(d<annt geworden ist, spricht so wenig wie
bei dem Abschnitte Altenstadt-Grosskrotzimburg für eine vt)rhadrianische Ent-
stehungszeit. Freilicli fehlt es bis jetzt noch an eingehenderen Berichten iiiier
die Ergebnisse der vor und nach dem B(^ginne der Reichsarheiten hier unter-
nommenen Ausgrabungen. An sich aber würde man eine uiircr militärischen
Gesichtspunkten angelegte Urenzlinii^ eher hinter als v<ir (Ur llorloffniederung
— diese im Rücken ■ — sucluni. Die Berücksichtigung dei- natura loci ist aber
für die Domitianischen Anlagen — z. B. dic^ Neckar- und Odenwaldlinie —
ebenso charakteristisch, wie die scheinban» Vernachlässigung militärischer Rück-
sichten für die jüngeren Limesabschnitte. Dort überall Benutzung gegebener
Linien, der Gebirgszüge und Flüsse, hier — z. B. beijn schwäbischen Limes
— lange gerade Linien. Nun führt die Verlängerung des Horlott'abschnittes
genau auf das Mainkuie bei Hanau-Kesselstadt. In diescM- Richtung wäre also
a prit)ri die Fortsetzung jener Grenzlinie zu suchen, und zwai' um so mehr, da
hier die oflfene Grenze noch zweimal — • durch einen Abschnitt der Nidder
zwischen Eichen und Heldenborgen und durch die bruchige Niederung des
Krebsbachs zwischen Bruchköbel und Hanau — verkürzt wurde.
Dies waren die allgemeinen Gründe, welche mich teils Ixm der Aufstellung der
Hypothese leiteten, teils später bestimmten, daran fest zu halten. ''•') Was die Be-
schaffenheit des ältesten Limes betrifft,- so dachte ich mir denselben von Anfang an
als „eine aus einer Strasse mit Kastellen und Türmen bestehende Grenzlinie"
olme Wall und Graben. ''") War diese Annahme richtig, so musste der Grenz-
wog an der Kinzigmündung den Main verlassen und dort, 10 km nördlich von
Seligenstadt, das Erdkastell des älteren nordjuainischen Limes gesucht werden.
Es ist an anderer Stelle berichtet worden, wie ich iu und neben dem Dorfe
Dezember 1897, S. 23. üb ein 15,50 cm vor der Aussenkante der Kastellmauer (des grösseren
Kastells) verlaufendes, 2 m breites, 45 cm tiefes Grübchen der erhaltene unterste Teil des
Wallü-rabens eines Erdkastells ist, welches auch liier wolil zweifellos als älteste Anlage ange-
nommen werden muss, ist nach den bisiierigcn Berichten nicht zu entscheiden.
ä») Bei ihrer ersten Aufstellung dachte ich mir die Verbindung zwischen den natürlichen
Grenzen, Taunus und Main, noch kürzer, in der Richtung Kesselstadt-Friedberg, doch
führten mich die oben dargelegten Beobachtungen sehr bald zur Annahme der Linie Kessel-
stadt-Oberflorstadt als erster abgesteckter Grenzlinie. Vgl. Das römische Lager zu Kesselstadt,
S. 90 u. 91.
8") Vgl. Römisches Lager zu Kesselstadt, S. 3, Anni. 1. Das Palissadengräbchen war
damals bereits von uns in der lluhm entdeckt, aber als ein mit dem Grenzwall gleichzeitig
entstandenes Annäherungshindernis erklärt worden,
2*
20
Kosselstadr im Jahre 18S6 die Reste eines aussorgewöhnlicli grossen Steinkastells
und eine vom Maiuknie nacli Friedberg führende Strasse, sowie die zu ihr
srehüriore römische Brücke gefunden habe.'"') Es ist erkhirlich, dass ich in der
ersten Freude der Entdeckung iui Kastcdl die Grenzbefestigung, in «Un- Strasse
den gesuchten Grenzweg entdeckt zu haben ghiubre. Ich sehe jetzt im erstoren
in rbereinstimmuns: mit General v. Sarwey"-) ein unmittelbar nach dem
Chattenkriege an einem der wichtigsten Punkte des germanischeu Kriegstheaters
erbautes ständiges Lager, welches die Möglichkeit bot, hier am Ausgangspunkte
„der wichtigen Operationslinie durch das Kinzigthal" bei drohender Kriegsgefahr
vorübersehend einen sehr starken Heeresteil bereit zu halten.*'') Die Grenz-
befestigung dürfte 300 m vor der Front dieses Lagers dicht oberhalb der Kinzig-
mündung. auf ..dem Salisberge" gelegen haben, wo Scherben aus flavischer
Zeit frülie Bebauung und die zerstreut gefundenen Ziegel der Coh. L Civ. Rom.,
und der Leg. XXII pr. pf. militärische Aulagen vermuten lassen."*) Sie wird
aus einem Erdkastell, vielleicht mit Militärbad bestanden haben. Die Hoffnung,
sie noch nachzuweisen, ist gering, da der beherrschende Punkt dieser flachen
Bodenerhebung durch die ausgedehnten Baulichkeiten eines Felsenkellers mit
Biergarten seit langer Zeit unzugänglich, das Terrain zwischen diesen und der
Kinzigmündung bereits in römischer Zeit durch eine bürgerliche Ansiedelung-
bedeckt wurde, die ihre Entstehung der günstigen Lage an der Strasse, nahe
der Mainl)rücke, verdankte. Für unsere Frage ist aber das Vorhandensein aus-
gedehnter militärischer Anlagen aus der ersten Zeit der Okkupation an der
Kinzigmündung gegenüber dem Fehlen von Resten aus dieser Periode zwischen
Kesselstadt und dem Limes bei Rückingeu von Bedeutung.
Weit wichtiger aber ist es, dass sich fast genau in der Mitte zwischen
Kesselstadt und Oberflorstadt, da wo. 11 km von ersterem, 10 km von letzterem,
die Verbindungslinie zwischen beiden von der Xidder durchkreuzt wird, in
1 leidenbergen ein rechteckiges Erdkastell von den Dimensionen der Domitianischen
Grenzkastelle gefunden hat''''), die im Taunus seit einigen Jahren und in den
"') A. a. u. S. 4.
**) Vgl. V. Sarwey, Römische Strassen im Maingebiet. Westd, Zeitsclir. XVIII, 1, S. 24.
•*') Dass die Strasse Kesselstadt-Friedberg nicht die älteste vom ersterenOrte nach Friedberg
führende Grenzstrasse, sondern eine wohl in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts an-
gelegte Heerstrasse sei, habe ich bereits vor 6 Jahren bei der Untersuchung ihres Körpers
und der an ihr liegenden Hauwerke geschlossen. Vgl. Limesblatt No. 18, 12S, S. 49M. Dazu
stimmen die Folgerungen, welche sich aus der Bcschatfenheit der bei der Hanauer iMainbrückc
gefundenen Gegenstände ergeben. Vgl. den vorläufigen Bericht in der Zeitschrift Hessenland,
Cassel 1894, ^'o. 16, S. 206 ff.
^') Dass die auf dem Salisberge gefundenen gestempelten Ziegel auf eine vor der
bürgerlichen Ansiedelung hier bestandene Militärstation hinweisen, habe ich in Übereinstimmung
mit Suchier (Festschrift zur XXI. (Jeneralversammlung des Gesamtvereins der Deutschen
Geschichts- und Altertumsvereine, S. 26 ff.) schon in der Arbeit über Kesselstadt (1890) S. 70
hervorgehoben. Bezüglich der ältesten Anlage dieser Art lasson die erst später gefundenen
Scherben jetzt eine frühere Fntstehungszeit als die der Brücke und der Strasse vermuten.
**) Das dem Kesselstadter Kastell an P'lächeninhalt etwa gleichkommende grosse Erd-
lager, welches ausserdem gefunden wurde, kommt für die Grenzfrage nur insofern in Betracht,
tiis es wie jenes dafür spricht, dass der Platz im Chattenkriege — vielleiclit um dem gegen
21
letzten Wochen aiicli im Odenwalds nacligowieson worden sind. Hier lint Prcjf.
Anthes bei Seckniauern, '2^2 km voi» Kastell Wörrli. da. wo der l'alis.sadi'ii-
o-raben eine (Mitschiedene Wendunp; hinab zum l'Uissc macht, ein l'rdkahfcll
•»•efunden, welclies in seinen Maassen in auffallender Weise mit unserem il('i(h'n-
bergener Erdkastell einerseits und den ältesten Taunuskastellen andercn-seits
übereinstimmt.*"') Da nun dassellx' bezii,<;li<li der Dimcmsionen auch bei den
Steinkastellen des Odenwaldes der Fall ist'''), so dürfte Kof ler's auf bestimmte
Funde gestützte Vermutung, dass die letzteren an Stelle älterer Erdkast(dle vell-
kommen gleicher Grösse und Form getreten seien^^), nunmehr über jeden Zweifel
erhab(m sein. AVir hatten demnach im Odcnwalde genau wie im Taunus und
sicherlicii auch in der Nord- und Ostwctterau eine geschlossene Reihe von
Domitianischeu Erdkastellen, welche sich hier wie dort zu den grossen Stein-
kastellen der Ebene als ständige Vorpostenstellungen verhielten.''^) Dass das
Seckmauerer Kastell nicht wie die übrigen später in Stein umgebaut worden
ist, erklärt sich aus der Nähe des Erdkastells Wörth. Die völlige Räumung
dieser Station, während die übrigen eine geringe Besatzung auch in nacli-
hadrianischer Zeit behalten haben, ergiebt sich aus der Thatsache, dass das
Palissad(;ngräbchen — ein Zaungräbchen ist im Odenwald nicht gefunden word(;n
— das Erdkastell durchschneidet; es ist also jünger als jenes.'"') Auch hier
ergiebt sich als ältester Zustand eine Strassengrenze mit Erdkastellen ohne
irgend welche Absperrung. Dass auch das Heklenbergener Erdkastell ein dauernd
besetztes Grenzkastell war, dafür spricht, abgesehen von der fast völligen C'ber-
einstimmung des Flächeninhalts mit den genannten Anlagen, der Umstand, dass
sich an das Kastell ein an den zu ihm führenden Strassen regelrecht erbautes
Lagerdorf und, wie es scheint, auch ein Bad angeschlossen hat''), vor allem
die Xordwetterau vorgehenden Hauptheere Seitendeckung gegen Angriffe vom Vogelsberge her
zu gewähren — von einer grösseren Abteilung besetzt war.
««) Es misst nach Mitteilung des Entdeckers 90 : 80 m (von den Aussenrändern des
Grabens gemessen) bei 2,5 m Grabentiefe. Das Heklenbergener Kastell hat bei gleich tiefem,
aber weniger breitem Graben 94 : 75 m Seitenlange, das auf dem Zugmaiitel 96 : 82 m, das
der Saalburg 86 : 84,70 m, die 3 letzteren auf der grossen Grabensohle gemessen. Auch das
Erdkastell der Capersburg misst nach einer Mitteilung Soldan's etwa 90:80 m.
'^') Dieselben haben von Grabensohle zu Grabensohle: Eulbach 87:80 m, Würzbc^rg
89:82 m, Hesselbach 89:81 m, Schloasau 87:79 m S'gl. 0. K. L. V, IJ. 48, 49, 50 u 51.
— Das Steinkastell Wörth ist etwas grösser (96 : 85 m von den Aussenkanten der Mauern,
ca. 100 : 90 m der Grabensohle gemessen). Dies kann mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der
Lage auch bereits beim Erdkastell der Fall gewesen sein.
ß») Vgl. Limesblatt No. 19, 138, S. 527 ff.
63) Tgl. Berliner pliilol. Wochonsclirift, 17. Jahrg. 1897, Xo. 30, S. 950.
'") Dagegen ist es vor den in Stein umgebauton Kastellen Wiebelsbacli, Eull»ach et«-,
entlang gezogen, was dafür spricht, dass es gleichzeitig mit der Umwandlung oder später an-
gelegt ist.
^') Vgl. O. R. L. II, B. 25 (Heldenbergen) S. 2 u. 9. Dass die Doniitianischen Erd-
kastclle bereits mit Bädern versehen waren, wofür die Orientierung des innerhalb des Stein-
kastells auf der Saalburg gelegenen kleinen Steingebäudes sprach (vgl. Jacob i, Saalburg,
Taf. IV, Fig. 7 und Text S. 66 u. 90), gebt auch aus dem Vorhandensein eines kleinen Ge-
bäudes neben dem Kastell Seckniauern hervor, von dessen vier Räumen drei mit Hypokausten
versehen waren. Auch das Erdkastell Heidekringen hatte sein primitives Badegebäude. (Vgl.
Limesblatt No. 30, 184, S. 812.)
22
aV)er dio Thatsaelie. dass Kastoll und Lagerdorf' in der ersten Hälfte des zAvciten
Jahrhunderts, in der Zeit, in welche man jetzt allgemein die Erbauung der
steinernen Limeskastelle und die Räunuing der grossen Steinkastelle der
wotterauisehen Ebene verlegt, verlassen worden sind, ohne dass irgend welche
Spuren einer gewaltsamen Zerstörung vorhanden wären. ^-) Die Abstände Helden-
bero-ens von Oberflorstadt einerseits, Kesselstadt andererseits, sind so bedeutend,
dass eine nochmalige Teilung durch weitere Erdkastelle zwar nicht unbedingt
notwendig, aber doch denkbar ist. Xun sind genau in der Mitte zwischen
Oberflorstadt und Heldenbergen auf der das Vorland beherrschenden Hrdie, auf
der bis vor 20 Jahren die ..Erbstadter Warte" stand. Sparen einer römischen
Niederlassung gefunden, deren Charakter bis jetzt nicht bestimmt werden konnte ;
in der Mitte zwischen Heldenbergen und Kesselstadt aber liegt das Dorf Büttel-
buchen, in dessen unmittelbarer Umgebung bis an die äussersten Häuser heran
in jüngster Zeit so viele römische Gebäudereste und Wasserleitungen gefunden
worden sind, wie es sonst in der Wetterau bisher nur an solchen Stellen be-
obachtet worden ist. an welchen eine Befestigung den Kern der Anlage gebildet
hat. Eine solche würde an der Stelle der hochgelegenen Kirche zu suchen
sein, in deren Nähe sich, wie an der Erbstadter Warte zwei römische Strassen
gekreuzt haben müssen.
Ausserdem aber habe ich bei den Nachforschungen nach ürenzanlagen
in der Linie Kesselstadt-Oberflorstadt während der letzten Jahre zwar diese selbst
nicht gefunden, wohl aber an verschiedenen Stellen Reste und Spuren einer die
o-enannten Orte verbindenden römischen Strasse und — teils genau in der an-
o-eo-ebenen Linie, teils in einem höchstens 1 Kilometer breiten Streifen zu beiden
Seiten derselben — abgesehen von den genannten Lagern und grösseren Nieder-
lassungen noch über ein Dutzend einzelner Gebäude und Gehöfte gefunden, von
welchen letzteren mehrere der späteren Zeit der römischen Herrschaft angehören
dürften, eine grössere Anzahl, besonders der Einzelwohnungen, aber durch die
in ihren Trümmern gefundenen Gegenstände zweifellos der ersten Zeit der
Okkupation zugewiesen werden. Dazu kommt, dass die zwischen Heldenbergen
und Oberflorstadt gefundenen Trümmerstätten ebenso wie einige der südlichen
an Stellen liegen, die seit dem frühen Mittelalter von Wald bedeckt sind, eine
Erscheinung, die sich am Limes bekanntlich sehr häufig findet, bei den Resten
ländlicher Gehöft(! ausser in Gebirgsgegenden, wie Taunus und r),l('nwald,
seltener cntgegenti-itt. Endlich aber — und das ist das wichtigste — weichen
die in den Wäldern von Erbstadt und Florstadt sich fast genau linear an-
einander reihenden Bauwerke; in ihrer BeschaflenhiMt entschieden ab von den
Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ländlicher Gehöfte, die in der letzten Ztnt
zahlreich in dei- Wetterau gefunden sind. Es sind teils isoliert stehende
]läuschen mit 1—2 Ziuunern, die sich wohl als Wohnung für Strassenwärter
oder auch als Schenken, nicht aber als Heimstätten ländlicher Ansiedler denken
lassen, teils weisen sie, wo sie von grösserer Ausdehnung sind, durch ihre ausser-
gewöhnlich starken Mauern und ihre Raumdispositioncm. wenn nicht auf mili-
•■') A'gl. 0. K, h. lleldenberffen ii. a, S, ]<i u. 11.
23
tärische Zwecke, so dodi siclicrlidi :iuC eine V'ertei(]igungsfälii;2,krit hin. wie
sie bei den Wolinliäusern der späteren Zeit friedlichen Verkehrs mit den lic-
niichbarten Barbaren nicht gefunden wird. Bei einem dieser Gebäude, (h-iu
sog. Raubscldosse im Erbstadter Domaniahvakle, wurde dieser Eindruck noch
dadurch (;rhüht, dass this 15 m hinge, 8,50 m breite Gebäude mit 1,20 in
starken Aussenmauern, welclies im Erdgeschoss durch zwei Querwänch- i» zwei
fast gleicligrosse Gehxsse und einen 1,80 m breiten Korridor geteilt war. v<in
einer Umfassungsmauer umgeben war, die sich in (üncnn xVbstaud von durch-
schnittlich nur 6 m den Aussenseiten so anschloss, dass vor den Ecken durch
mehrfache Einknickung der im übrigen den Seiten parallellaufenden Mauern ein«'
Art von Eckabrundung hergestellt war, die den Grundriss der Aussenmauern
dem kleinen Kastelle ähnlich erscheinen liess. ^^)
Biunnen
Das Baiihscldoss (röm. Gebäude) im Erbstadter Domanialtvalde.
M. 1 : 500.
Man kann nun einwenden, dass alle diese Anlagen durch die erwähnte
Strasse Oberflorstadt-Kesselstadt erklärt werden könnten, ohne dass man in ihrer
Richtung eine ältere Grenze anzunehmen brauche. Aber eben diese Strasse
würde, wenn man ihre Anlage sich gleichzeitig mit dem äusseren Limes oder
später denkt, nicht recht verständlich sein. Ihre Beziehung zu den Befestigungen
von Oberflorstadt, Heldenbergen und Kesselstadt würde ihnm militärischen
Charakter beweisen. Nun ist der militärische Grenzweg unmittelbar hinter dem
Limes nördlich von Grosskrotzenburg nachgewiesen, ebenso eine dem Limes in
einem Abstände von durchschnittlich 10 km meist parallel laufende Jlaupt-
Heerstrasse vom Mainkuie bei llanau-Kesselstadt nach Friedberg. AVelchen
Zweck sollte da eine diese Zone diagonal kreuzende Strasse Kesselstadt-Olicr-
fiorstadt haben? Überdies fehlt es nicht an Anzeichen dafür, dass diese Strasse,
") Vgl. Liniesblatt 30, Nu. 186. Zu giiiiz <;-leichen Erwägungen kam Mrof. Aiithes
bei der Untersuchung des nördlich vom Raubschlosse in derselben Linie Ileldenbergen-Ober-
florstadt gelegenen „Steinernen Hauses." Vgl. Limesblatt No. 2ß, 173, S. 736 u. 739. Über
die Zeit der Fundstücke vgl. No. 25, S. 702, 3.
24
(loron unschcinbaror K(»rper iintorVdraussctzuni? niilifärischoii Zweckes schon an sic^li
iuif frühe Entstehuügszeit hinweist^"*), in einzehieu Absclinitten bereits in
römischer Zeit, verödete. Darauf weist der Umstand liin. dass die Fundstücke
aus dem Raubschlüsse und den benachbarten Anlagen, sowie von einzelnen
Fundstellen bei ^Vindecken und Mittolbuchen, soweit sie chronologisch bestimmbar
sind, der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts angehören, während man bei Yoraus-
setzung längeren Bestehens ausschliesslich oder wenigstens vorwiegend Gegen-
stände aus der letzten Zeit, dem 3. Jahrhundert, zu finden erwarttm sollte.
Das ist denn auch der Fall am äusseren Linu's, wo die Fundstücke aus Hadrians
Z,.ir abgesehen von den Münzen — zu den Seltenheiten gehören, und in der
Zone zwischen ihm und unserer Linie. Auf diesen Punkt wird von denjenigen
Forschern, welche das Vorhandensein einer älteren Grenzlinie Oberflorstadt-
Kesselstadt bezweifeln, zu wenig Gewicht gelegt, obgleich doch jetzt die Yer-
öffentlichung zweier einander entsprechenden Positionen an der äusseren und
inneren Linie — Marköbel und Heidonbergen — mit ihrem Fundinventar im
Limeswerko die Möglichkeit bietet, die Richtigkeit der ausgesprochenen Be-
hauptung zu prüfen. In höherem Grade wird dies möglich sein, wenn einmal
das o-esamte — nicht nur in den Kastellen, sondern auch an) Limes und im
Hinterlande — bei den Reichsgrabungeu erhobene Material vergleichbar vor-
liegt. Nach dem, was ich bisher davon gesehen, besonders aber mit Rücksicht
auf die bei meinen eigenen Grabungen gemachten Beobachtungen stehe ich
nicht au. die Überzeugung auszusprechen, dass, wie am Taunus, so auch in
der Xordwetterau, wo die jüngeren und älteren Aulagen teils dicht neben-
einander, teils übereinander liegen, Fundstücke aus allen Perioden der Röm(;r-
herrschaft mit erklärlichem Überwiegen der jüngeren zu Tage kommen, dass
dagegen südlich von Oberflorstadt die militärischen Anlagen der hinteren Linie
Ijezüglich der Funde mit den grossen Kastellen der offenen Wetterau überein-
stimmen, während das Inventar der vorderen Linie zum weitaus grössten Teile
auf das '.\. Jahrhundert und die zweite Hälfte des 2. hinweist, Gegenstände
aus älterer Zeit, rückwärts bis zu Hadrians Regierung, nur vereinzelt und zwar
fast ausschliesslich in den ältesten Limesanlagen und Gräbern gefunden werden.
Für die Strecke Hungen-(Iniu'iden-)Oberflorstadt würde sich ein entsprechender,
wenn auch mit Rücksicht auf die fortdauernde Verwendung der Kastelle nicht so
durchgreifender Unterschied zwischen den Funden aus den Kastellen und vom
Limes ergeben müssen, wenn die Limes-Kommission sich entschliessen Avollte.
für (äne besonders auch auf Fundstücke gerichtete eingehende Untersuchung
der für unsere Frage hervorragend wichtigen Kastelle Echzell und Oberflorstadt
vor Thorschluss eine grössere Summe als die bisher verwendeten zu bewilligen.
Ich muss es einer hoffentlich nicht allzu fernen Zukunft überlassen, nuäne
Voraussage zu bestätig(!n oder zu widerlegen. Bis dahin sehe ich keine Ver-
anlassung, meine ohne äussere Beweise aus inneren Gründen entstandene
Hypothese aufzugeben, naeluhnn in der angenommenen Linie eine Reihe von
militärischen Anlagen aus der frühesten Zeit der Okkupation, darunter ein mit
"j Vgl. Wcstd. Zeitsclirift .WI, ]. ^. 'J4.
25
den ältostoii rriMuizkastollen des Tnunus in Form. rTrö^sc utid Trclmik gciiiiii
übfrcinötiiiiiii('nd(!s Erdknstcll gefunden worden ist'''), wälirend in ih'v vnrd»'rcn
Linie Altcnstadt,-ürosskrotzenl)ur<;- die /wiufellos frühesten (jinMizanlugen -- da.ss
ich dazu das Grenzgrülxlicn niclit rechne, habe ich olx'u gesagt — lli^ y'ty.t
fclih'n.
Aber mag nun die Entsclieidung ausfaUen wie sie will: \)'\v Frag(! über
die räumliche Ycn'schiebung i\ov ostwetterauischen Grenze. b(!SHer gesagt dir
Grenzregulierung, ist (une nebensächliche, entsprechend (h-ni unbedcuti'iidcn
Terrainabschnitte, um den es sich handelt. Unabhängig von ihr sind dir in
d(!n llau])tt(Mlen dieser Untersuchung aufgewoifenen Probleme allgemein- und
kidturgeschichtli(dier Art. Sie sind ohne Kücksicht auf den letzten Exkurs
ausschliesslich nach dem Gewichte der vorgebrachten Grünih^ zu beurteilcMi.
'^) Dass es iiui- eins ist, halte man nicht entgegen. Sind docli die entspi-echomlcii
Erdkastelle des Taunus eine Entdeckung der ailerjiingsten Zeit, die überdies trotz der dort
besonders günstigen Vorhältnisse vielloiclit nie gemacht wäre, wenn sie auch dort niclit unter
den ausgiebig durchsuchten Trümmern der Steinkastelle, sondern nur wenige Schritte entfernt
im Walde lägen, ohne dass irgend welche äussere Anzeichen auf sie hinwiesen.
Bemerkung zu Tafel I: Als Grundlage für die Hersteilung des Kärtchens ist die Karten-
skizze benutzt worden, welche Genoral von Sarwey nachineinen Kartiorungen für seinen
Aufsatz über „Römische Strassen im Limesgebiet" (Westd. Zeitschr. XVIII, Taf. 1 1 hergestellt
hat. Die Kingwälle sind nach A. Hammeran (Die Burgen und AVehrbauten im Taunus und
im unteren Lahngebiete, Frankfurt a. M. 1898) eingetragen
B e m c r k u n g zu S. 1 5, Anm. 47 :
Wie mir nach Fertigstellung des Druckes llittcrling mitteilt, zeigen die im Kastell
Niedcrbieber gefundeneu Stempel der 22. Legion fast ausnahmslos die blosse Legionsnummcr
ohne irgend einen Beinamen ; darunter befindet sich auch ein in zahlreichen Kxemplaren ver-
tretener, ebenfalls in Fusssohle stehender und von dem besprochenen Stempel aus der Capers-
burg nur wenig abweichender. Alle Niederbieberer Stempel gehören, wie sich aus anderen
Thatsachen ergiebt, erst der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts, wahrscheinlich dessen Aus-
gang, an; dasselbe wird daher auch für den ( 'apersburger Stempel, der danach keinesfalls
einem älteren Badegebäude eutstaninien kann, anzunehmen sein.
Die Erwerbung der Herborner Mark durch die
Grafen von Nassau.
Von
P« Wagner»
Das älteste Siegel der Stadt Herborn zeigt im Siegelfelde unter einer
Architektur den heiligen Petrus auf einem Sessel sitzend mit scepterartig ge-
haltenem Schlüssel in der Rechten, einem Buche in seiner Linken und neben
ihm in langen faltigen Gewändern die jugendlichen Gestalten der beiden nassau-
ischen Grafen Walrara und Otto in bittender Stellung.^) Letztere waren von
1247 bis zur Teilung ihrer Länder im Jahre 1255 die gemeinsamen Besitzer
der Stadt, während man in St. Peter wohl den Heiligen zu erkennen haben
wird, dem die Herborner Kirche geweiht war, wenigstens zu der Zeit, als das
Siegel entworfen wurde, d. h. bald nach der Verleihung des Stadtrechtes im
Jahre 1251.-) Das Siegel stellt also die beiden Landesherrn dar, wie sie zu dem
Patron der Stadt um das Wohl und Gedeihen des neuen städtischen Gemein-
wesens flehen, gewiss eine sinnige Erfindung des Siegelstechers oder der Stadt,
wem immer das Verdienst an der dargestellten Scene zuzuweisen ist.
St. Peter hat augenscheinlich die Bitte der beiden Grafen nicht unbe-
rücksichtigt gelassen, denn die Stadt nahm zeitweise einen erfreulichen Auf-
schwung und erlangte weit über die Grenzen Nassaus hinaus Ruf und Ansehen,
wenngleich sie niemals mehr, denn eine nassauischc Landstadt, gewesen ist.
Das Verdienst an ihrem Emporkommen gebührt, wenn man vom heiligen Petrus
einmal absehen will, in erster Linie den Laudesherrn. Jene zuvor genannten
beiden Grafen waren es, deren Bitten beim deutschen Könige Wilhelm Herborn
seine Erhebung zur Stadt verdankte; sie oder ihre Nachfolger erbauten hier
ein festes Schloss, unter dessen Schutze im 15. und 16. Jahrhundert Handel
und Gewerbe zu einer bemerkenswerten Blüte gedieh, und einer der bedeutendsten
Herrscher aus dem Hause Nassau-Oranien, Graf Johann VL von Dillcuburg,
stiftete hier jene hohe Schule, die eine Bildungsstätte für das Land wurde, die
') Ö. unten Beilage II.
'') Später hat der doutsclio Orden, der dii^ Kirche 1231 yeselienkt erliielt, und dessen
Priester seitdom hier den l'farrdieiiHt versahen, seine eigene Schutzpatronin, die Jungfrau Maria,
an die Stelle des Petrus gesetzt. Vgl. St eu hing, Topographie der Stadt llerborn, S. 30.
27
den Namen Ilerborns in ganz Deutscliland bekannt machte, deren theologische
Fakultät zeitweilig sich hohen Auschens in der relbrmierlen Kirclic erfreute.
Vergegenwärtigt man sich nun, dass die Wiege des Hauses Nassau weit
ab von dieser Stadt, au der unteren Lahn, steht, und dass keine bestimmten
Ereignisse namhaft gemacht werden können, die den nassauischen Grafen den
Besitz Herborns und des Gebietes, in dem die Stadt liegt, verschafften, so kann
es kein müssiges Unterfangen sein, die Frage zu erörtern, wie denn Nassau in
den Besitz Herborns gelangte und darauf hin das vorhandene, leider überaus
dürftige Quellenmaterial einer Prüfung zu unterziehen.
Es wäre freilich seltsam, wenn sich nicht auch schon die älteren Forscher
damit beschäftigt hätten; eine selbständige Ansicht hat indessen nur C. D. Vogel
aufgestellt-'), und jede Untersuchung auf diesem Gebiete wird zunächst mit ihr
sich zu befassen haben.
Herborn bildete im frühesten Mittelalter, wovon später noch die Rede
sein wird, den wirtschaftlichen, kirchlichen und politischen Mittelpunkt eines
grösseren Gebietes, das unter dem Namen der Herborner Mark in den Quellen
erscheint. Die Mark macht den östlichen Teil des heutigen Kreises Dillenburg
aus und erstreckt sich von einer Linie Heiligeuborn-Fleissbach im Südwesten,
anfangs stark ausbauchend, dann sich wieder verjüngend, bis zu einer Linie
Eiershausen-Hirzenhain-Wallenfels im Nordosten. Gegen Osten fällt ihre Grenze
ziemlich genau mit der des Kreises Dillenburg zusammen. Ihre Ausdehnung
beträgt etwa 24 bis 25 Kilometer in der Länge und etwa 12 Kilometer an der
breitesten Stelle. In ihr lagen von den Dorfschaften abgesehen ausser dem
uralten Herborn auch die im 13. Jahrhundert angelegten Festen Dillenburg und
Tringenstein, beides Gründungen der Grafen von Nassau, die dann später die
Mittelpunkte eigener, aus der Mark ausgeschiedener Ämter geworden sind.
Herborn und Herborner Mark gehören untrennbar zusammen, beide haben die-
selben Schicksale gehabt, beide sind zusammen an Nassau gefallen. Die Frage,
die uns hier beschäftigen soll, lautet also, wie ist die Herborner Mark au die
Grafen von Nassau gekommen.
Vogels Ansicht ist die folgende.') Die Herborner Mark gehörte zum
alten Gau Erdehe. In demselben lag die Burg Gleiberg, au deren Besitz die
Landeshoheit über den Gau geknüpft war. Da aber im Bereich dieses Gaues
in ältester Zeit kein anderes Grafengeschlecht nachweisbar ist, als das, in dessen
Händen die Burg Gleiberg war. so sind die Grafen von Gleiberg die alten
Gaugrafen gewesen. Aus den gaugräflichen Rechten müssen Besitzrechte an
dem Gau, oder an einzelnen Teilen desselben abgeleitet werden, — also sind
die Grafen von Gleiberg die Besitzer der Herborner Mark gewesen. Ihr Ge-
schlecht hat sich im 12. Jahrhundert in zwei Linien gespalten, die beide in
der zweiten Hälfte im Mannstamme ausstarben. Der letzte Spross der einen
hier in Betracht kommenden Linie war ein Graf Wilhelm; er kommt bis 1102
urkundlich vor und hinterliess drei Töchter, deren eine in erster Ehe Graf
3) Was Schliepliake, Geschichte von Nassau 1, 348, davon zu erzählen weiss, ist
lediglich eine Wiederiiolung- der VogeFschen Hypothese.
*) Vogel, Beschreibung des Herzogtums Nassau, S. I.'j0, 21'-*.
28
Ruprecht vou Laiireubui'g, der älteste unter diesem Namen bekannte Graf aus
dem Hause Laureuburg-Naasau, geheiratet zu liaben „scheint''. Sie ist es ge-
wesen, die ihrem Gatten aus dem Erbe ihres Geschlechtes die Ilerborner Mark und
die Herrschaft zum Westerwalde zubrachte. Eine zweite Tochter war mit
Anselm III. von Molsberg vermählt, eine dritte endlich, Salome, mit einem
schwäbischen adligen Herrn, angeblich einem Herrn von Eberstein, durch den
sie ihr Erbteil, die Herrschaft Giesseu, an die Pfalzgrafen von Tübingen ver-
erbte. Positive Thatsachen ül)er diese Töchter, ihre Verheiratung und ihr Erbe
liegen zwar nicht vor, aber Vogel glaubt sich zu ihrer Annahme berechtigt,
indem er, darin Wenck folgend'), sich auf eine viel besprochene Urkunde vom
Jahre 1206 stützt, in der Erzbischof Johann von Trier eine Schenkung der
Ganerben von Metternich (bei Coblenz) an das Kloster Himmerode, die etwa
um 1185 erfolgt sein dürfte^), und deren Bestätigung durch die Erben der
Geschenkgeber bekundet.') Als Geschenkgeber nennt diese Urkunde einen
Grafen Heinrich von Sayu, den Grafen Robert von Nassau nebst seinem Neffen
Walram. ferner Anselm von Molsberg und eine Salome mit ihrer Tochter
Mathilde, sowie ihrem Schwiegersohne, dem Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen.
Vogel leitet diese Ganerbschaft aus einer Verwandtschaft der genannten Familien
ab, die durch Verheiratung männlicher Angehörigen mit den Erbtöchteru eines
Geschlechts entstanden ist, und glaubt, dass dieses Geschlecht in den Grafen
von Gleiberg zu suchen wäre.
Nach Vogel ist also, kurz wiederholt, die Herborner Mark allodialer
Besitz gewesen und auf dem Wege des Erbganges an Nassau gelangt. Prüfen
wir seine Schlussfolgerung w^enigstens iu ihren Hauptpunkten.
Zunächst muss ich es als einen unbewiesenen Satz bezeichnen, wenn Vogel
und nach ihm andere behaupten*'), dass die Herborner Mark zum Erdehegaue
gehörte. Man kennt diesen kleinen Gau lediglich aus den Lorscher Traditionen
des 8. und 9. Jahrhunderts'-'), später wird er meines Wissens überhaupt nicht
mehr genannt; er erscheint dort als ein Untergau des Unterlahngaues. Betrachtet
man die Orte, die als in ihm liegend genannt werden und heute noch nachweisbar
sind, so ergiebt sich, dass auch kein einziger von ihnen innerhalb der Herborner
Mark Hegt'"), sondern dass alle entweder östlich oder südöstlich davon im Kreise
Wetzlar, zu beiden Seiten der Lahn, gelegen sind.") Ganz richtig hat daher
auch der Zeichner der Karte, die dem Siegener Urkundenbuche beigegeben ist,
den Erdehegau südöstlich von der Herborner Mark, diese nicht mehr mit ein-
'") Wenck, Hessische Lundesgescliichte III, 235.
**J Wyss, Hessisches Urkuiidenbuch (ÜB. der Dcutschordens-Balloi Hessen) HI, S. 168.
'') Mittolrheinischcs ÜB. II, 228, S. 2(52.
") Vgl. Höttg-er, Diücesaii- und Gaugreiizen I, ()5.
") Ebenda, S. 144—151.
") Böttger, a. u. O. Eltester, ^littelrheinisches ÜB., S. XIX.
") Der einzige Ort, den Böttger, a. a. <). S. 149, aus dem Erdehegau namhaft macht,
der nach seiner Ansicht zum Amte Herborn und damit zur Herborner Mark gcIiTirt hal)cn
soll, nämlich Oberndori" (. . . in Ardeher viarca in Oberendorph . . . Cod. Lauresham. HI,
252) ist nicht (Jberndorf im Amte Herborn, Kirchspiels Eisemroth, sondern Oberndorf im Kreise
Wetzlar; vgl, Eltester, a. a. O.
29
schliessond, angeloben. ^-) Die Frage, zu welchem anderen Gau die Mark "-e-
hört hat, wird später noch zu erörtern sein ; liier genügt es, zu betonen, dass
sie nicht zum Erdehegau gehörte. Ist dies aber der Fall, so wird allein schon
hierdurch der Yo g ersehen Hypothese der Boden entzogen; von einem Besitz-
recht der Grafen von Gleiberg, das aus gaugräflichen Rechten über den Erd-
ehegau erwachsen sein soll, kann nun nicht mehr die Hede sein, — Aber auch
ein anderer Vordersatz in der VogeFschen Schlussfolgerung ist jetzt unhaltbar
geworden, nämlich die Verwandtschaft der Grafen von Laurenburg-Nassau mit
den Grafen von Gleiberg. Zunächst ist es eine durch nichts gestützte Annahme,
dass Graf Ruprecht I. von Laurenburg, der 1124 — 1152 urkundlich vorkommt,
von dem wir wissen, dass er mit Beatrix, der Tochter des Grafen Walram von
Limburg, vermählt war, und dass aus dieser Ehe seine das Geschlecht der
Nassauer fortsetzenden Söhne hervorgegangen sind, zuvor schon mit einer
Gleibergerin verheiratet gewesen sein soll. Dann ist neuerdings nachgewiesen,
oder doch überaus glaubhaft gemacht worden, dass die Verwandtschaft der in
der Urkunde von 1206 erwähnten Ganerben von Metternich, die Wenck und
Vogel auf Vermählungen mit Erbtöchtern aus dem Hause Gleiberg zurück-
führen'"'), vielmehr durch Ehen mit Töchtern aus dem Hause der Grafen von
Arnstein entstanden ist.'') Also könnte, selbst wenn die Herboruer Mark
Gleibergischer Besitz gewesen wäre, von einem Anfall an Nassau auf dem Wege
der Vererbung in keinem Fall die Rede sein.
Wenn nun damit die Vogel'sche Annahme nicht weiter aufrecht erhalten
werden kann, so fragt es sich, auf welchem anderen Wege diese Mark an das
Haus Nassau gelangt ist. Eine völlig unanfechtbare Antwort hierauf ist bei
der Dürftigkeit der Quellen allerdings nicht zu erwarten, wohl aber eine, die
mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat, als die von Vogel.
Ehe dazu übergegangen wird, möchte ich einem Gedanken begegnen, zu
dem man geführt werden könnte, wenn man den Besitz der Grafen von Nassau
an der Sieg, der Dill und im Westerwalde betrachtet und erwägt, dass über
die Art der Erwerbung des Siegerlandes' '), der Haigerer Mark, des Wester-
waldes ebensoviele Ungewissheit herrscht, wie über die der llerborner Mark.
Man könnte dann geneigt sein, in diesen Erwerbungen einen Zusammenhang
zu suchen und sie auf eine gemeinsame Veranlassung zurückzuführen. Allein was
die Herboruer Mark anbelangt, so wird die folgende Untersuchung lehren, dass
ihre Erwerbung aller Wahrscheinlichkeit nach völlig unabhängig davon erfolgt ist.
Die Herboruer Mark erwähnt zum ersten Male eine Urkunde vom 28. April
1048.'«'') Sie betrifft die Weihe der dem Walpurgiskloster in Weilburg ge-
schenkten Kirche in Haiger, sow^ie die Begrenzung ihres Kirchcusprengels. Die
Grenze begann inter JDoneshach et Haigere, nhi termmotnr Ilcrbore marca ei
^'^) Dr. M. Schenck, Karte zuni Siej^ener Urkundenl)ucli, l'oi Pliilipp i, Sie?,'. L'J{.
^•'J S. oben S. 3.
i*j Wyss, a. a. 0. III, 461 tf.
>=') S. Philippi, Siegener ÜB., Einleitung S. XXVFII.
»«) Zuletzt gedruckt von Philippi, Siegener TP.., ^■o. 2, wo im.li die älteren Drucke
angegeben sind.
30
2)re(lii(m liheroriim rironim. Diese Greüzbeschreibung ist aber, wie aus dem
Wortlaut der Urkunde folgt*'), eine wörtliche Wiederholung der bei Gelegen-
heit der Schenkung der Ilaigerer Kirche an das Wcilburger Kloster vorgenom-
menen Grenzbestimmung.'''*) Und da diese Schenkung im Jahre 914 erfolgte,
so kann man wohl unbedenklich die erste Erwähnung der Herborner Mark in
das Jahr 914 setzen. Der Ort irerborn hat damals ohne Zweifel bereits
bestanden, denn nach ihm wird die Mark, nicht umgekehrt der Ort nach
der Mark benannt worden sein. Man kann also das Bestehen des ersteren
mit ziemlicher Gewissheit wenigstens schon im 9. Jahrhundert annehmen. Er
muss damals Mittelpunkt eines ziemlich umfangreichen Wirtschaftsbezirks ge-
wesen sein, wie sich aus der Bezeichnung des Bezirks als „Mark^^ unzweideutig
abnehmen lässt. Von Ilerborn, dem Mutterorte, aus wird der Ausbau der Mark
und ihre Besiedelung erfolgt sein.^'-') Zwar ist mir aus späterer Zeit von einem
wirtschaftlichen Zusammenhange der in ihr gelegenen Ortschaften in Bezug auf
Wald und Weide bis jetzt nichts bekannt geworden, aber es braucht dies nicht
auftalleud zu sein, da die Mark zu gross w^ar, als dass sich bei zunehmender
Besiedelung dieser wirtschaftliche Zusammenhang aufrecht erhalten Hess. Wie
auch anderwärts, ist hier die eine Mark in eine Reihe kleiner Dorfmarken auf-
gelöst worden.^"^) Dass die Gemeinden aber später ihren administrativen Mittel-
punkt in Herborn hatten, zeigt das ursprüngliche Verhältnis noch klar.
Auch der kirchliche Zusammenhang der Gemeinden in der Mark beweist
es. Diese bildete nämlich ein einziges Kirchspiel, dessen Pfarrkirche in Herborn
lag, während in allen übrigen Gemeinden anfänglich nur Kapellen vorhanden
waren, von denen sich dann erst seit dem 14. Jahrhundert eine Reihe zu
selbständigen Pfarreien entwickelten.-*) Noch bis ins 16. Jahrhundert und später
äusserte sicli die frühere Abhängigkeit von der Mutterkirche in Herborn in be-
stimmten an diese zu entrichtenden Abgaben, den sogenannten Obedienzen.
Der Ursprung dieses Verhältnisses muss in die früheste Zeit der Ausbreitung
des Christentums und der Besiedelung der Mark, also etwa in das 8. Jahr-
'") Eodem vero die prefatus archiepiscoptts Eberhardiis eiusdem ecclesie terminationem
Sita episcopali jjotestate publice conftrmavit sicut eandem terminattonem siinul cum ecclesia
Cuonradiis rex ad altare sancte Walburgis virginis in Willanaburg constructum rcgali potestate,
sicut infra scriptum continet exemplum, antea iradiderat. Hec est enim terrninatio
ecclesie in Heigerin u. s. w.
'«) Ebenso Sohenck im Sieo-ener l'B., S. XII, Anm., und T li i 1 i p p i , ebenda, S. 3.
**) S. V. Maurer, Geschichte der Markenverfassung in Deutschland, S. 2.
-°) V. Maurer, a. a. O., .S. 6. Das Bestehen gesonderter Dorfmarken in der Herborner
Mark beweist z. B. eine Urkunde von 1349, Februar 22, über einen Vergleich zwischen dem
Kaplan und der Gemeinde in Breitscheid. Es heisst darin, der Kaphm und seine Nachfolger
sollen das geschworene Märkerrecht halten, „sie sollen uns rügen, wir sollen sie wieder rügen
und sallent gleich uns bussen, und wir gleich ime; und als ander unser hnltzmercker aus-
deilen, so sollen wir is ien g ein gleich den besten; und tvoe des mynner hieben sonder ar gelist,
dez selten wir sie erstaten aus unser gemeinen marck''. Staatsarchiv Wiesbaden, Sammlung
nassau-oranischer Urkundenabschriften.
'^') Für Ilerbornselbach regelt eine Urkunde von 1294, Mai 20, das Verhältnis der
dortigen Kapelle zur l'farrei Ilerborn (Staatsarchiv Wiesbaden, A. üillonburgor Archiv, H 1082),
für Breitscheid eine Urkunde von 1.309 (Wyss, V\'>. 11, 153).
:;i
hundert hiuaufrcichen uutl erklärt sich nur so, dass in dem wirtschuftliclien
Mittelpunkte llerborn, der als solcher vermutlich schon voriuinden war, ehe
das Christentum eingeführt wurde, die J'furrei angelegt worden ist. Von hier
aus werden dann, je weiter die Besiedelung der Mark fortschritt, je dichter die
Bevölkerung wurde, zu ihrer Pastoricrung Kapellen angelegt worden sein, deren
Geistliche wohl Gottesdienst abhalten, aber pfarrherrliche Befugnisse, wie Taufen
u. s. w., nicht vornehmen durften. Das Kirchspiel llerborn gehörte, wie hier
bemerkt werden mag, zum Dekanat Ilaiger--) und zum Archidiakonat Dictkirchen
der Erzdiözese Trier.'--')
Die bisher erörterten Verhältnisse der Ilerborner Mark entsprechen genau
denen der Haigerer Mark und des Siegerlaudes. Auch hier findet sich die Ein-
heit von Wirtschaftsgebiet und Kirchensprengel.-') Hier aber kommt dann noch
eine dritte Einheit hinzu. Mark und Kirchensprengel decken sich auch mit dem
administrativen Bezirke, dem Gau. Die Urkunden erwähnen ausdrücklich einen
jmgns Heigera und einen comitatus in Heigeromarca.^") Für das Siegerland
nimmt man einen comitatus in Sigenomarca ebenfalls an, wenngleich er urkund-
lich nicht nachzuweisen ist.-'') Die Vermutung ist also wohl nicht unberechtigt,
dass auch die Herborner Mark einen besonderen pagus oder comitatus gebildet
hat, der, wie der pagus Heigera, ein Untergau des Unterlahngaues gewesen sein
muss. Abgesehen von den völlig gleichartigen Verhältnissen in den benach-
barten Marken spricht dafür noch ein besonderer Umstand. In der mehrfach
erwähnten Urkunde von 1048 heisst es in der Zeugenreihe: Isti sunt judices
comitatus in Heregeremarcun ibidem assistentes: Wicselin, Guntrani, L'uo-
hraht et alii quam plures. Isti sunt ex familia de Herboremarca : Ebo, HiJt-
win, Lanzecho, RadelaJic, Euogger, Egibraht, Hiltuin, Ädelbraht, Meginuart.
"Wenn die hier genannten Zeugen aus der Ilerborner Mark auch nicht aus-
drücklich als judices bezeichnet werden, so zeigt doch ihre parallele Stellung
zu den judices comitatus in Heregeremarcun, dass auch sie als Judices aufzufassen
sein werden. Wer ausserdem würde als Zeuge bei der Grenzbestimmung not-
wendiger gewesen sein, als die offiziellen Vertreter des angrenzenden Bezirkes?
Sind die genannten Personen aber die judices der Ilerborner Mark, so sind sie
wie die judices comitatus in Heregeremarcun ebenfalls judices comitatus in
Herboremarca. Die Bedeutung des Gaues liegt bekanntlich ausser in anderen
Dingen auch darin, dass er einen Bezirk für die Rechtsprechung bildet. Nun
ist die Herborner Mark später ein eigener Jurisdictionsbezirk; sie wird geradezu
als jurisdictio Herbermarke-'') oder als gericht Herbermark'^) bezeichnet. Auch
'^^) S. Eltester im Mittelrheinischen UE., Einleitung S. CX.
'^^) Warum Schenck auf der Karte, die dem Siegener ÜB. beigegeben ist, die Her-
borner Mark zum Archidiakonate St. Peter in Trier rechnet, dessen Bezirk um Trivr la?. ist
mir unertindlicli.
-^) Philip pi, Siegener ÜB., Einleitung S. XI f. XIV.
2^) S. die Urkunde von 1048, April 28, bei Pliiüiipi, Sieg. TB., Xo. 2.
26) Philippi, a. a. 0., S. XII und Schenck, ebenda, Anm.
") S. Wyss, ÜB. II, Xo. 295. Philippi, Sieg. FB., Xo. 86.
2") rrknnde von 1313, Septemb(>r 80, Staatsarchiv Wiesbaden, Dilloni.. .\rrliiv.
32
hieraus wird man also auf das Yorhandensein eines pagus oder comitatns in
Rerhorcmarca schliessen können.
Leider haben sicli so gut wie gar keine Nachrichten über die ältere Ver-
fassung dieser Untergaue erhalten. Das einzige, was wir darüber erfahren,
bietet die Urkunde von 1048. Sie nennt (\\e judices comitatns, offenbar Schul-
theissen oder Centenarien.-^) Die s[)ätere Verfassung der Mark nach ihrem
Übergang an das Haus Nassau interessiert hier nicht ■weiter; nur sei erwähnt,
dass sich ihr Ilalsgericht in Ilerborn befand und wohl immer hier befunden
hat."'^) Was Vogel von einer Gerichtsstätte für den Erdehegau in Rucheslo,
augeblich bei dem Orte llürbacli in der Nähe von Herboru, und der Verlegung
derselben nach Ilerborn zu erzählen weiss"'^), ist an sich schon überaus anfechtbar,
wird aber dadurch völlig hinfällig, dass die Herborner Mark mit dem Erdehegau
nichts zu thun hat.
Auffallend ist, dass kein einziger Gaubeamter, kein Graf als Vorsteher
des Gaues genannt wird, so wenig für die Herborner Mark, wie für den Haiger-
gau oder das Siegerland. Besonders fällt dieses Fehlen in der Urkunde von
1048 auf, wo wohl judices, aber kein comes oder sonstiger Beamter genannt
wird, obwohl die Anwesenheit des letzteren bei einer den ganzen Gau doch
stark interessierenden Angelegenheit erwartet werden muss; waren doch auf
Seiten des Trierer Erzbischofs, der die Urkunde ausstellt, die Weihe der Kirche
in Anwesenheit des Bischofs von Worms vorgenommen hat und ihren Sprengel
umschreibt, eine Reihe hoher Geistlicher anwesend. Es führt dies auf die Ver-
mutung, dass ein Grafschaftsbeamter, ein Gaugraf, für die einzelnen Marken über-
haupt nicht vorhanden gewesen ist. Sie gehörten zum Unterlahngau, vermutlich
hat also bis zum 11. Jahrhundert der Graf dieses Gaues oder sein Stellvertreter
die gaugräflichen Rechte in der Mark ausgeübt. Wem sie nach dem Ver-
schwinden dieser Grafen im Anfang des 12. Jahrhunderts zugestanden haben,
ist unbekannt.
Sehr wahrscheinlich scheint mir, dass die Herborner Mark, bevor sie
einen Landesherrn erhielt, Königsgut gewesen ist. Die Frage kann unerörtert
bleiben, woher das Königsgut in diesen Gegenden stammte; dass aber könig-
licher Besitz hier vorhanden gewesen ist, beweist die Schenkung Konrads \.
vom 24. April 914. Der König verlieh damals die Kirche und seinen Hof in
Haiger mit allen zu beiden gehörigen Zehnten, ferner den Markt und ein Drittel
der Einnahmen vom Königsscheffel im Haigergau an das Kloster in Weilburg.-^^)
Nun war auch die Kirche in Herborn mit ihrem System von Kapellen noch zu
Anfang des 13, Jahrhunderts königliches Gut, nur vom Könige zu Lehen
gegeben, während von* einer curtis regia nichts erwähnt wird/'-') Woher stammte
dieser Besitz, wenn er nicht ein Rest alten königlichen Gutes war? Und wenn
er das war, wird er schwerlich auf das Eigentum an der Herborner Kirche
'■'^ Waitz, D. Verfassungsgesfhichte VII, 36.
3") S. unten S. 11, Anni. 47.
•■") Vogel, Die Malstättc dos Eidehegaus, Aniialoii II, 2, S. Kto. IJeschreibung S. 164.
■^') IMi i 1 i p p i , Siegener ÜB., No. 1 .
ä») S. uuteu S. l.'i, Aniii. ."^4.
• (■1
l)eschrünkt gewesen seiü, sondern, wie der König im Ilaigergau ausser der
Kirche in Haiger einen Hof mit Zehnton und den Künig8S(hoff('l in der Mark
besass, so zweifele icli nicht, dass ihm auch in der Herborner Mark ausser
dem Eigentum an der Kirche nocli Hechte zugestanden haben werden, die diese
Mark als Königsgut qualifizieren.
Zwei Thatsachen bestärken namentlich in dieser Vermutung. Bei der
Teilung der nassauischen Länder zwischen den Brüdern Walrani und Otto von
Nassau wurde unter anderem ausgemacht, dass, wenn der Streit der Grafen
mit iliron Gegnern, den adligen Geschlechtern von Dernbach niid Wilnsdorf.
von denen die ersteren in der Herborner Mark einheimisch waren, unter Mit-
wirkung des Königs oder sonst durch freundschaftliche Übereinkunft lieseitigt
würde, Graf Walram seinem Bruder Otto bei der IJckämpfung der Gegner
hilfreiche Hand leisten solle.-'"') Warum hier, wo es sich um den Streit mit
einigen für den König und das Reich doch gewiss nicht sehr bedeutenden
Adligen handelt, an ein Eingreifen des Königs gedacht werden konnte, ist an
sich unverständlich und wird nur dann eiuigermaassen erklärlich, wenn der
König ein gewisses Interesse an dem Gegenstande des Streites nahm. Nun wird
sich später zeigen, dass der Gegenstand des Streites Hoheitsrechte in der
Herborner Mark betraf.''^) Wenn nun diese Mark im Jahre 1255 auch bereits
im Besitz der Grafen von Nassau war, so wird sich ebenfalls spätoi' noch
ergeben, dass der König, trotzdem er sich ihrer entledigt hatte, noch immer
ein entferntes Anrecht daran besass, das ein Eingreifen ermöglichen konnte. •""'')
W"eiter ist die Thatsache bemerkenswert, dass es in der Mark bis in das
13. Jahrhundert keine einzige feste Burg gegeben hat. Herborn, Dillenburg.
Tringenstein sind sämtlich erst von den Grafen von Nassau angelegt worden.
Wann die Burgen der eingesessenen Geschlechter von Dernbach und Bicken
erbaut worden sind, ist unbekannt. Im 13, Jahrhundert ist die des ersteren
sicher und die des zweiten sehr wahrscheinlich schon vorhanden gewesen, wovon
sogleich noch die Rede sein wird. Bedeutung für die Mark aber haben beide
keinesfalls gehabt. W^äre diese schon im 11. oder 12. Jahrhundert au ein
Dynastengeschlecht übergegangen, oder hätte ein solches hier Fuss gefasst, so
hätte es für dasselbe nahe gelegen, sich einen festen Stützpunkt zu schaffen,
wie es im 13. Jahrhundert die Grafen von Nassau ziemlich bald gethan liaben.
Aus dem Umstände, dass dies nicht der Eall gewesen ist, dass überhaupt von
fremdem Besitz an und in der Mark nichts bekannt ist, möchte ich folgern,
dass an dem früheren Zustande wenigstens bis ins 12. oder den Anfang des
13. Jahrhunderts nichts geändert, die Mark Königsgut geblieben ist.
^*) Item si discordia que jnm dudiim fuerit inter dominos nostros et illos de Dnrhihnhc
et de Willandisdorf auxilio domini regis vel altera amicahili cnnipnsicione mrdinntf
non fuerit sopita^ ad hoc eeiam advocaio domino WoUrnnw cnmite dninitins Wallraiiius fralri
suo in expensis et quibiiscumque aliis (frnrnminilnif vianiim porrigrt adiulricetii. Pliilipiii,
Siegenor ÜB., No. 19, S. 16.
^^) S. unten S. 34, 35.
•'") S. unU'u S. 38.
34
Auch die Betrachtung der Rechtsverhältnisse, iu deneu sich die Bevölkerung
befunden haben muss, lässt die Vermutung wahrscheinlich erscheinen.
Philip pi har in Bezug auf das nahe gelegene Siegerland die Überzeugung
gewonnen, dass die Bevölkerung in überwiegender Zahl eine freie gewesen ist.
Bei der Ähnlichkeit der Yerhältnisse im früheren Mittelalter glaube ich dasselbe
auch für die Herborner Mark annehmen zu dürfen. Leider verhindert aber der
Mangel an urkundlichen Nachrichten bis in das 13. Jahrhundert einen genaueren
Einblick iu die Dinge, den man sich nur notdürftig durch Rückschlüsse aus
den A^'erhältuissen der späteren Zeit, für die reichlichere Quellen vorliegen,
verschaffen kann.
AVir finden im 13. und 14. Jalirhundert, wie schon bemerkt, einige adlige
Familien in der Mark, die von Dernbach und die von Bicken. Sie sind durch
Besitz und Stellung von Wichtigkeit für die Mark und bedürfen hier einer be-
sonderen Betraclitung. Beide sind einheimische Familien ; ihre Stammsitze,
Dernbach und Bicken, lagen in der Mark, nordöstlich von Herborn ; sie erscheinen
urkundlich seit dem 13. Jahrhundert. Adlige von Dernbach sollen es gewesen
sein, die 1233 den bekannten Ketzerverfolger, Konrad von Marburg, er-
schlugen.''') Ihre Burg war gemeinsamer Besitz des Geschlechtes, das eine
Ganerbschaft bildete."*^) Ihre Macht muss bereits im 13. Jahrhundert recht
bedeutend gewesen sein, wie daraus zu entnehmen ist, dass die Fehde mit den
Grafen von Nassau, die zuvor schon erwähnt wurde, im Jahre 1255 „schon
lange" währte. ■''^) Sie zog sich sogar beinahe durch ein volles Jahrhundert hin
und wurde erst 1333 durch einen Vergleich beendet. Aus der Urkunde, die
darüber vorhanden ist*°), erfährt man den Gegenstand des langen Streites. Die
Ganerbim traten darnach um eine Summe von 4000 Mark, die ihnen Graf Heinrich
von Nassau zu zahlen versprach, ab ,,aUe die hersehaf und daz recht, daz
irir hatten, hain und hahen moclden su Tierhern in der stat und in Herbem
marhe, ez si an den geriehten, an buwe, an vischerye, an iviltbanne, an holcze,
an velde, an loaczern, an iveiden und mit namen an den vier weiden Scheit ertvald,
die Herde, die Eberhart und die Schapach und allez, das in die ivelde höret,
ez si an waltmedeme, an ackern, an ivysen, an bergen, in delen, über der erden
und unter der erden, an zollen und an molenstedin, . . . darzu mit namen alle
die lüde, die uns angehorent, iva die binnen des vorgenanten grehin Heinrichs
und siner sone lande ader vesten geseczen sint, des hiide zu dage si herren
sint und daz si inne haut . . ." Sie behalten aber ihre Kirchensätze und
ausserdem 13 Höfe in den Orten Dernbach, Stippach, Bicken, Murkenbach,
Offenbach und Munzenbach. Entrichten ihre Jlofleute ihnen den fälligen Zins
nicht, so sollen die Ganerben es zunächst den landesherrlichen Amtleuten klagen,
falls diese sich aber säumig zeigen, selbst zur Pfändung schreiten. Offenbar
hat also den Kernpunkt des Streites ausgemacht, was die Grafen durch Kauf
") Arnoldi, Geschichte der Oranien-Xass. Länder I, 36. — Romjnel, Geschichte von
Ile.ssen I, 300.
**) Ein Sief^el der (ianerben wird 1274 er\\;ihnt, Tliili])|ii, Siegeiier VW, 'So. 43.
8") S. oben S. 33, Anni. 34.
*') Urkunde von 1333, .Mai 21, Staatsarchiv Wiesbaden, Dilleiib. Arciiiv.
,i:)
an sich brachten, nicht der umfangreiche Besitz des Geschlechts, der ihm ver-
blieb, sondern „die herschaf und daz recht'-'- zu llerborn und in der Ilerbornor
Mark, Gericht, Fischerei, Wildbaun, Rechte an der gemeinen Mark, wie an
einzelnen bestimmten Wäldern, Bergrechte, Zölle, also eigentliche Huheitsrechte.
Da nun der Streit im Jahre 1255 bereits lange [jam dudiim) währte, so wird
man wohl nicht fehl gehen, wenn man annimmt, dass er begonnen hat, als die
Grafen von Nassau in den Besitz der Mark gelangten und dem Geschlechte
der Dernbachs diese Rechte streitig machten. Es muss also wohl sein Recht
in Ilerboru und in der Mark vorher errungen haben. Ob auf gesctzmässigcm
oder gewaltsamem Wege, erfährt man leider nicht ; doch möchte ich auf U.sur-
pation schliessen, da nur so das Einschreiten der Grafen von Nassau einen Recht.^^-
boden hätte und zu erklären wäre. Sie werden eben den dringenden Wunsch
gehegt haben, Herren in der Mark zu sein und die Hoheit nicht mit dem Adel
teilen zu müssen. Dass aber die von Dernbach sich eine so mächtige Stellung
erwerben konnten, wird dann wieder einigermaassen verständlich, wenn die
Mark eines Landesherrn entbehrt hätte, dessen Vorhandensein den aufstrebenden
Adel gewiss niedergehalten hätte. Ein solcher Zustand aber war gegeben, der
Boden also gewissermaassen geschaffen, auf dem die Dernbachs sich entwickeln
konnten, wenn die Verhältnisse so lagen, wie sie im Vorstehenden ermittelt
worden sind, d. h. wenn die Mark Königsgut war und seit dem Verfall der
GauverfassuDg eines königlichen Beamten entbehrt hätte.
Eine ähnliche, aber doch minder bedeutende Stellung hatte sich auch das
Geschlecht der Herrn von Bicken erworben. Auch dieses ist im 13. Jahrhundert
in der Herborner Mark urkundlich nachweisbar'^), es hatte geringeren Besitz
daselbst und scheint anfänglich auch in keinem so feindlichen Gegensatze ge-
standen zu haben, wie die von Dernbach. Im Gegenteil traten einzelne An-
gehörige des Gescldechts sogar in die Dienste der Grafen. Bekannt ist ein Konrail
von Bicken, der seit 1292 als gräflicher Vogt in Herborn nachweisbar ist.'-j
Indessen brach doch im Anfang des 14. Jahrhunderts auch zwischen diesem
Geschlecht und den Grafen von Nassau eine Fehde aus'"'), die erst 133(1 bei-
gelegt wurde.") Die IMckens traten gegen eine Zahlung von 800 Mark an
den Grafen Heinrich von Nassau und dessen Söhne, ähnhch wie die von Dernbach,
ab „alle dij herschaf unde dy lüde, die ivir bisher hattin in der Ilerbirronarle,
linde tvas wir rechtis da inne uns annamin an holcze, an wazzere, an tveyde,
an felde . . . ane unse hohe zu JBikJcene unde zu Seibach unde ane unse geJdene
") Ein Anseliii von Hickon wird in Urkunden von 1237 und von 1249, Isoveniber 20.
genannt. Mittelrheinisches ÜB. III, 450. — Kratli, Conspectus I, 47 im StA. Wiesbaden.
■'2) Siesfener ÜB., No. 65. Wenn Pliilippi, Einleitung S. XXXIV sogt, daa.s die
von Bicken die Yogtei in Herborn besasscn, so vermag ich das nur in dem Sinne zu ver-
stehen, dass Konrad von Bicken in die Dienste des Grafen von Nassau trat und von diesem
zu seinem Vogt in Herborn gemacht wurde. Vgl. aucli Beilage I.
'=^) Sie wurde zunächst durch einen Vertrag im Jalire 1312, Juni 26, beendet (Siei:<"ner
ÜB., Xo. 127), bracli dann aber wieder aus und wurde 1327 insliesondere durch Kckard
von Bicken geführt (Urk. v. 1327, Juni 29, Oktober 2(t u, 30, ferner von 1328, Januar C u. a.
St. A. Wiesbaden, Dillenb. Archiv).
**) Urkunde von 1336, Mai 21, Siegener Ui'.., No. 214.
3*
36
(jut unde ane unse hirchsatze. dij irir da inne han'-'-. Der UinfaDg der ab-
getretenen Rechte ist, wie schon aus dem Verkaufspreise hervorgeht, ein sehr
viel kleinerer, wie bei den von Dernbach, er bescliränkt sich auf Rechte an
Hörigen, sowie an der gemeinen Mark, also keine uubedingten lloheitsrechte.
Es ist bereits bemerkt, dass die beiden Famihen von Dernbach und von
Bickeu in der Mark einheimisch sind. Wie aber hier ihr Adel entstanden sein
mag, entzieht sich unserer Kenntnis, jedenfalls nicht auf dem Wege der Ministe-
rialität. ■*•'') Wahrscheinlicher ist es, dass sie aus freien Landsassen sich infolge
ihres grossen Besitzes und der hierdurch erlangten Möglichkeit, eine rittermässige
Existenz zu führen, sich zu Adligen entwickelt haben. In ihnen fand, wie wir
sahen, die Landesherrschaft ein Jahrhundert lang die heftigsten Gegner, aber
die Fehde endete mit dem Siege der Landesherrschaft, deren Hoheit diese so
lange Zeit trotzigen Geschlechter endlich anerkennen mussten.
Der Adel besass auf seinen Besitzungen eine abhängige, hörige Bevölke-
rung {coloni, hovelude), die ihm zu Zinszahlung und zu persönlichen Dienst-
leistungen verpflichtet war'^), und über die er die niedere Gericlitsbarkeit be-
sass; nur das Ilalsgericht scheint sich die Landesherrschaft vorbehalten zu
haben.'") Landesherrliche Abgaben zahlten diese Leute nicht, auch waren sie
von Dienstleistungen für den Landesherrn befreit, nur polizeilichen und all-
gemeinen Landesaufgeboten hatten sie Folge zu leisten. Es wäre interessant,
zu erfahren, wne diese Klasse der Bevölkerung in ihre abhängige Stellung ge-
langt ist; doch lässt sich dies bei dem Mangel an ^'achrichten lediglich aus
allgemeinen Gründen ableiten.
Die Hauptmasse der Bevölkerung der Mark, d. h. die in den Ortschaften,
soweit sie nicht adliger Besitz waren, ansässigen Leute sind der Landesherrschaft
unterworfen. Die Grafen ernennen für sie einen Vogt oder Amtmann als Ge-
richts- und Verwaltungsbeamten mit dem Amtssitze in llerborn; sie sind Vogtei-
leute,'^) Charakteristisch für sie ist, dass sie eine regelmässige Abgabe, die Bede,
an den Grafen zahlen.''-*) Erinnert man sich des Königsscheffels im Haigergau,
von dem König Konrad L 914 ein Drittel an das Stift in Weilburg schenkte,
der ebenfalls eine ständige Abgabe der Bewohner des Gaues war, so ist wohl
") Philipp! , Siej^ener ÜB, Einleitung S. XXXIV f., vermutet, dass die von Bickeu
isenburgische Ministerialen gewesen sind. Es ist aber doch nicht recht ersichtlich, wie dieses
aus der Herborner Mark stammende, in ihr dauernd ansässige Geschlecht isenburgischo Mini-
sterialen gewesen sein sollen. Ähnlichkeiten im Wappen und selbst Eheverhindungen beweisen
noch nicht viel.
*«) Gerhard v. Bicken verpfändet 1318, Juni 26, einen Zins, den ihm seine Colonen zu
zahlen verpflichtet waren, an das Deutschordenshaus in Marburg. St. A. Wiesbaden, Oranischo
Urkundenabschriften. Vgl. auch oben S. 34.
") Die von dem Grafen Otto 1344, .Juni 15, an den Ritter Eckard von Bicken vor-
setzten, zur F^urg Wallenfels gehörigen Leute sollen „ir gerichte suchen vor dem huse Walden-
fels und anders nyrgen, sunden ir halsgerichte daz sollent sy zo Herberen suchen." St. A.
Wiesbaden, Dillenburger Arch.
<") Ein Vogt von Herborn wird zuerst 1270 genannt, ürk. von 1270, Dezember, im
St. A. Wiesbaden, Dillenb. Arch. Vgl. auch das Weistum der Herborner Mark in Reilngo I.
■"•; S. das Bcdercgistcr von 1398, das A. Eggers unten, S. 45 ö"., abdruckt.
37
wahrscliciiilich, dass die Bede des 14. Jalirliiiiiderf« dasselbe isf, wie dor KüniL's-
scheftel des 10. Jahrluiuderfs, d. Ii. die erst an deu Köuig, später an den Landcs-
herrn gezahlte ständige Abgabe. Allerdinga ist die Bede eine (leid-, der Köuig«-
scheffel eine Naturalabgabe, indessen hatte sich zwischen dem 10. und dem
14. Jahrhundert der Übergang von der Natural- zur (ieldwirtscliaft allmählich
angebahnt, um nicht zu sagen vollzogen. Es würde sich also auch in dieser
Beziehung wieder eine Parallele zwischen dem llaigergau und der llerborner
Mark ergeben und so auch ihrerseits zur Bestätigung der Vermutung dienen
dass die llerborner Mark, wie der Haigergau ursprünglich Königsgut gewesen ist.
Fasse ich nun hier noch einmal das Ergebnis der bisherigen Untersuchun"-
zusammen, so ist Folgendes festgestellt oder doch wahrscheinlich gemacht worden:
die llerborner Mark ist ursprünglich ein grosser Wirtschaftsbezirk, sie ist ein
Uutergau des Niederlahngaus, bildet als solcher einen Gerichtsbezirk und
bildet ein Kirchspiel; sie ist Königsgut, und es ist bis zum 13. Jahrhundert nicht
bekannt, dass eine auswärtige lEerrschaft darin Puss gefasst hat, wohl aber,
dass ein einheimisches Adelsgeschlecht lloheitsrechte besitzt, derentwegen es
mit dem späteren Landesherrn in beständigem Streite liegt.
Versuchen wir nun auf Grund dieser Ermittelungen der Frage nach der
Erwerbung der Mark durch die Grafen von Nassau näher zu treten.
Die Herborner Mark ist im 14. Jahrhundert ein hessisches Lehen der
Grafen von Nassau. Wann und wie ist sie das geworden? Die Quellen lassen
uns hierbei völlig im Stich. Die erste Erwähnung des Verhältnisses findet sich
in einer Urkunde vom März 1306. Durch die Teilung der nassauischen Länder
von 1255 war Herborn, Stadt und Mark, an den Grafen Otto ( — 1289) ge-
kommen und fiel dann an seine Söhne. Als diese im Jahre 1303 die vom
Vater überkommenen Länder wiederum teilten, gelangte es zusammen mit der
Kalenberger Zent an den jüngsten Bruder Johann. •''°) Dieser, früher Domherr
in Worms, dann aus dem geistlichen Stande ausgetreten, ohne Nachkommen,
sicherte seinem Bruder Heinrich die Nachfolge in seinen Erblanden dadurch,
dass er sie ihm zu Lehen auftrug mit der Bestimmung, dass nach seinem Tode
Graf Heinrich in ihren Besitz treten solle. Hierzu erteilte nun der Landgraf
Heinrich von Hessen seine Zustimmung.'') Ist das Lehnsverhältnis auch nicht
mit klaren Worten in der darüber ausgestellten Urkunde ausgedrückt, so ist
die Zustimmung doch lediglich hierdurch begründet; denn aus späterer Zeit
liegen Lehnsurkundeu zur Genüge vor."^^) Bis jetzt hat dieses Verhältnis weder
Aufmerksamkeit erregt, noch eine Erklärung gefunden. Es erscheint mir aber
höchst beachtenswert insbesondere für die uns hier beschäftigende Frage.
Die erste Nachricht, dass die (frafen von Nassau im Besitz der llerburncr
Mark sind, erhalten wir dadurch, dass Graf Heinrich II. von Nassau im Jahre
'"">) Arnoldi, a. a. 0., I, 80.
^') Urkunde von 1306, März, im St. A. Wiesbiulcn, Dillenb. Anliiv. V-l. l'hilippi,
Siegener ÜB., No. 105.
*^J Vgl. auch die Urkunde über dir Verpfändung dor llerborner Mark an den Land-
grafen Hermann von Hessen aus dem Jahre 1398, September 5, bei Wcnck, Hess. Landes-
gesch. I., ÜB., S. 210,
r5s
1231 das Patronat der Kirche in Iferburii dem dcutsclieu Ritterorden sclienktc.
► In der die Schenkung verbriefenden Urkunde'"') macht er dann noch die wei-
tere, anderweitig nicht bekannte, sehr interessante Mitteilung, dass er dieses
Patronat vom Landgrafen von Thüringen habe, und dass dieser die Kirche samt
dem Patronat vom Könige, der damals bekanntlich Heinrich YII. war, zu Lehen
erhalten habe. Es ist auch die Urkunde erhalten, in der Heinrich seine Zu-
stimmung zu der Schenkung giebt und die Belehnung des Landgrafen von
Thüringen ebenfalls erwähnt.'') Die Thatsache, dass die Herborner Kirche im
Obereigentuni des Königs stand, ist früher bereits benutzt worden, um nachzu-
weisen, dass die Herborner Mark Königsgut war. Ist letzteres richtig, so darf
man vielleicht auch weiter vermuten, dass König Heinrich nicht nur die Kirche,
sondern alle seine Rechte an der Mark dem Landgrafen von Thüringen zu
Lehen gegeben hat. Es würde das ganz im Sinn seiner Politik gewesen sein,
da er bekanntlich versuchte, sich die deutschen Fürsten in weitgehendem Maassc
zu verptlichten. Freilich lässt sich weder eine Zeit, noch auch eine besondere
Veranlassung zu dieser Belohnung angeben, aber sie muss wohl in dem Jahr-
zehnt zwischen 1220 und 1230 erfolgt sein, weil Heinrich 1220 zum König
gewählt worden war. Es würde dann also Landgraf Ludwig IV., der Gemahl
der h. Elisabeth, oder sein Bruder Heinrich Raspe als der mit der Herborner
Mark Belehnte anzusehen sein. Nun aber hatte sich damals das Haus Nassau
gerade in diesen Gegenden eine ansehnliche Machtstellung erworben. Es besass
bereits das Siegerland, ohne dass wir wissen, wann und wie es in dessen Besitz
gelangt ist'"'), und es hatte die Vogtei über die Wormser Besitzungen in Weil-
burg erlangt.''^) Ich glaube annehmen zu dürfen, dass es auf diesem Wege
auch die der Herborner Mark benachbarte Kalenberger Zent, die Wormser Lehn
war''), und vermutlich auch den Haigergau erworben hat, dessen Kirche und
dessen Zehnten, wie wir wissen, dem Stift in Weilburg und mit diesem dem
Wormser Dome geschenkt worden waren. Der nassauische Besitz umklammerte
damit die Herborner Mark von verschiedenen Seiten, und so könnte es leicht
gekommen sein, dass der Landgraf von Thüringen sich veranlasst gesehen hat,
die Mark dem Grafen Heinrich IL von Nassau weiter zu Lehn zu geben. Aus
diesem Lehn löste dieser dann 1231 die Kirche in Herborn mit den dazu gehörigen
Kapellen unter Zustimmung des Lehnsherrn, des Landgrafen von Thüringen,
und des Oberlehnsherrn, des Königs, heraus und schenkte sie dem deutscheu
Orden, dem sein Bruder Ruprecht beigetreten, für den die Grafen von Nassau
seit seiner Gründung überhaupt viel Interesse gezeigt hatten."'*)
Allein wie stimmt damit die Thatsache, dass die Herborner Mark ein
hessisches Lehen gewesen ist? Auch diese Schwierigkeit löst sich, wie mir
5^) Wyss, Uli. der Deutschordens-Ballei Hessen I, 20, wo uucli die t'rühereu Drucke
angegeben sind.
*') Urkunde von 1231, Juni 3, hei Wyss, a. a. 0., I. 23.
") Philippi, Siegener UI5., Einleitung, S. XXVIII.
^'') S. die Urk. von 1195, November 6, bei K romer, Origines Xassoicae 11, S. 2U7.
°') Lehnsurk. von 1313, Juni 29, im St. A. Wiesbaden, Dillenb. Arch.
*") Im Jahre 1211 hatten z. H. die beiden Brüder Ruprecht und Heinrich von Nassau
das Patronat der Kirche in Wiosbftdon dem deutsclicn Orden geschenkt, Krem er, Origg. 11,254.
39
acheini, unsclnvcr. Die Laiidgrafon vdii TliiiiMiigCD waren Ijikauutlicli iilici- «-in
Jahi'liuudert zugleich (Irafeu von Jlesscii. Seit 11:50 Ijcbtanil die Vereinif^ung
von Thüringen und Hessen, und sie währte bis zum Tode des Luii<lgraieu
Heinrich Raspe im Jahre 1247. "''••) Sie bestand also noch, als Ludwig iV, oder
sein Bruder die Ilerborner Mark vom Reiche zu Lehen erhielt. Als dann aber
diese Vereinigung nicht mehr vorhanden war, die Landgrafschaften Thüringen
und Hessen getrennt wurden, da wird das Lehensrecht an der Mark bei dem
näher gelegenen Ifesscn verblieben sein. Die Oberlchnsherrlichkcit des Reiciies
ist in den Zeiten des Interregiiums völlig in Vergessenheit geraten, das Lchens-
recht der Landgrafen von Hessen aber blieb in Kraft und wurde von diesen
auch während der späteren Jahrhunderte nicht aus der Hand gegeben.
Damit wäre denn eine Antwort auf die Frage, wie die (Jrafen von Nassau
in den Besitz der Ilerborner Mark gekommen sind, gefunden. Nicht als Allod
der Grafen von Gleiberg auf dem Wege des Erbganges, sondern als Lehn von
den Thüringer Landgrafen, die sie wieder als Lehn vom Reiche empfingen,
haben sie meiner Ansicht die Mark erlangt, und so ist, wenn anders der Zu-
sammenhang der Dinge richtig erkannt ist, ihr Verlauf ein neuer Beleg für die
alte Erfahrung, dass das deutsche Territorialfürstentum sich nährte und erstarkte
von den Brocken, die von des Reiches Tische fielen.
Es ist nicht meine Absicht, weiter die Folgen zu schildern, die die Be-
lehnung des Grafen JEeinrich mit der Mark hatte, den schon erwähnten lang-
jährigen Kampf mit dem eingesessenen Adel, in den die hessischen Lehnsherren
wiederholt eingriffen, auch nicht die durch die Teilungen im Hause Nassau
herbeigeführten Wechsel in der Landeshoheit über die Mark. Ich möchte am
Schluss dieser Untersuchung, die die Erwerbung der Landeshoheit in der Mark
seitens des Hauses Nassau betrifft, nur noch auf eine interessante Urkunde auf-
merksam machen, die ein Zeugnis für diese Landeshoheit aus dem Jahre 1313,
also lange nach ihrer Erwerbung, enthält. Es ist dies ein Weistum, das Graf
Johann von Nassau, einer der drei Söhne des Begründers der ottonischen Linie
durch Schöffen weisen liess. Wie oben erwähnt, war ihm bei der Teilung
der väterlichen Länder im Jahre 1303 die Herborner Mark mit Ilerborn und
Dillenburg und die Kalenberger Zent mit Beilstein und Mengerskirchen zugefallen,
und er hatte diese Gebiete bereits 10 Jahre im Besitz, freilich nicht gerade
in ruhigem Besitz. Der Kampf mit den Dernbach'schen Ganerben und den
Herrn von Bicken entbrannte unter ihm mit besonderer Heftigkeit und drohte
um so gefährlicher zu werden, als die Ganerben die Burg Dernbach 1300 an
den Landgrafen Otto von Hessen verkauften "0), und nun dieser Lehnsherr der
Grafen von Nassau in den Streit verwickelt wurde. Aber 1312 war doch
wieder ein Vergleich mit dem Landgrafen zu Stande gekommen*^'), der aller-
dings nicht lange gehalten worden ist. Ein Jahr später, am 30. September 1313,
schloss Johann einen Sondervertrag mit einem der Ganerhen, dem Knappen
°®) Romrael, Gesell, von Hessen, I. 240, 315.
ßO) Urk. von 1309, November 7, erwähnt bei Erath, Conspectus 1, 82 im St. A. Wiesbaden.
«') Urk. von 1312, Juni 26, im St. A. Wiesbaden; Kegest bei Philippi, Sieg. 11-..
Xo. 127.
40
Ludwi"- von Ilacheuburg, iu ilcm dieser seinen Auteil an dem Rechte der Gan-
erben in der Mark dem Grafen abtrat. Wenige Tage vorher, am 2. September,
erschien Johann erst in dem Dorfe Burg bei llerborn und liess sich hier von
Einwohnern aus den Dörfern des südUchen Teiles der Mark bezeugen, dass
seit zwanzig und mehr Jahren keine andere Herrschaft iu der Mark vorhanden
gewesen sei, als die nassauische, und weiter dass zur Herborner Mark alles
Land gehöre, das von der Mitte des Ulmbaches zwischen den Orten Haiern
und "Wallendorf nach Herboru zu liege. Dasselbe Zeugnis liess er sich am
folo-enden Tage von den Schöffen in Herborn ausstellen, und wieder am
foI"-enden Tage befragte er die Schöffen der Kalenberger Zent, wer dort die
Herrschaft habe.
Der Zweck dieser Weisungen ist nicht recht ersichtlich. Vielleicht kam
es dem Grafen weniger auf das Zeugnis an, dass die Herrschaft in der Herborner
Mark seit mehr als 20 Jahren den Grafen von Nassau zustehe, als darauf, dass keiue
andere Herrschaft darin vorhanden gewesen sei. Mau könnte dann wohl denken,
dass das Weistum durch den Streit mit den Dernbachs und Bickens veranlasst
worden ist und bestimmt war, eine Rolle darin zu spielen; aber dann bliebe
unerklärt, warum dasselbe Zeugnis auch in Bezug auf die Kalenberger Zent ein-
geholt worden ist, in der diese adligen Herrn Hoheitsrechte doch nicht beanspruchten.
Was aber auch immer der Zweck gewesen sein mag, so verdient das W^eistum
der Herborner Mark seines rechts- und seines lokalgeschichtlichcn Inhalts
wegen Interesse und rechtfertigt wohl schon aus diesem Grunde den nach-
folgenden Abdruck.
Beilage I.
Weistum über die Landeshoheit der Grafen von Nassau in der Herborner Mark
und der Kalenberger Zent. 1313, September 2 — 4.
A. Xotariatsinstrument, Original, Pergament. Dorsalnotiz von einer Hand aus dem An-
fitnrj des 14. Jahrhunderts: Instiumenta publica super divisione Ileriberemarkc) et
Kalcnberg(ei- ziute) et littora|o] divisionis (coinita ■r')tus tocius de Nassowc
per copiam.
1!. Transsumt in einem Notariatsinstrument von 14:32, Decembcr 2, Tergamcni, dessen
Eingang lautet: In gots uaiuen amen. Kunt sv getlian allen die dissen brioff und In-
strument sehent, horent adir lesent, daz in dem jare, do man czalte nach Cristi gebart
vierczenhondert jare und darnach in dem czwey und dryoszichstem jähre in der czohcn-
den indiccien an dem czweyten tage des inants, den nuin zu Latvne sciiribct Doccmber
umb pryme czyt babistonies des allirheylichstes in gode fadir und heren hern Eugenii
von gotlich versichtykeit des vierden in syme czweyten jare zu Mcngerszkirclien hait
gestanden der edergratte .Johan zu ^assauwc, herre zu Biolsteyn, und wiestc mich,
Heinrich offenbare schriber van keysoriicher gewalt her nach gcschribin, cyne otlen
instru)nent und hermante und liiesz mich eine soliclic instrumont uszcupicrn von worte
zu worte ... In dem Transsumt ist der Dialekt durchweg verändert: von den
Varianten sind nur die ivesentlichsten in den Anmerkungen berücksichtigt.
In godes naymen amen. Allen den, düsou gcynwortigen''-) briif seint aync, si
kuiit und üfinbayrc, dat nay godes gcburte dusint druhundirt in denic druceynteiiic
gare des sundayges vor unser vrawcii daygcn der Icister junchcrc -Julian eyn gravc
62
) offenbaren I!,
41
zo Nassawc^'') leytc gozucl» und crvoir kunscliaf in ga} mvorticliax do niins und birvci"*)
lüde, als liernai geschrevin steit, vor mir Conraflo Prind von CovcUMize, ein canonirji
zo Wilburcli. als vor cyme gcnieynenic sclaivcrc von keyseriiclic .Gewalt, wiirdüu"'/
geszuch gelcit und kunscliaf iwayre^*^) von Herberen niarckc und von Kaylebergcr
zink', als licrnay steit geschreifen : ('onraid von llcrbach, Conraid, de da lieiset
Bereige, Conraid Iloyn, Itodegcr von Murkinbacli, Eynieche von Vliisbach, Hartman
Stinieclu", Tydo*'') Sthcinbrecliere undc Conraid Roise von Sinde, düse geszchucli
svoren zo den lieyligen de wayreit zo sayne de si wiistein. Do vraichde si junchcn-
Jobayn von Nassawe bi licreme"^) eyde, vvat sie wüsten von Herberenmarckc ; do
antwcrdcn duse gezuge bit deme eyde, ir ekelicli sunderlichc unde mit eyn gevraygit,
dat si binnen svenzich gayren unde mc nc gesayclicn andere berescliaf heren siin
unde geweldich zo roychten unde zo gebedene in Herberenmarke, dan de liercseliat
von Nassawe ; unde Ilerberenmarke is allet. dat da liit schuscliin Hayren"'') unde
Walderdorf^") diisitc mitten in de Ulmen'' ^) zu Herberen wert. Dat düse vorgespregeu
gezuche des virgaygin'-), dat hurte er Bruyn, der kircherc von Schonenbach, her
Rorich, der vaid^''), Henrich von Ybach unde andere birve lüde, de darzo gcrofen
waren zo gezuche. Dit gcschach zo liurc^') des sundaiges na unser vrawen dage der
laysten. Darna des mayndaiges würden geleit zo gezuche Heynrich Wüste, Gisil-
breicht, Heyneman Kornengel, Gisilbreicht von Michillinbach, Gysilbreicht in nie
Hove, Gile Ditmaris sun, Gerlach von der Brücken, Conrad Bacnian, Johan uf der
Brücken, Conraid Zünze, Heynenian Vrenkewin, scheifene zo Herberen , dose svoren
zo de heylegen unde spragen, dat [si | svenzich gair unde me sagen de hereschaf van
Nassau in Herberenmercke rechten unde alse heren gebeide, undc sind eyndrechtich
mit dosen vordersen gezuche. Düsen ge[cz]ucht^^') hurte er Conraid von Bickene^^).
er Richolf en kirchere von Herberen") unde veil ander birver lüde; er Conraid von
Bickene geide, dat he von der hcrren moder von Nassawe^^) und ere süne was vaid
und anibman undc reichtede'^^) zheyn gar beider site, Rorich von lleygere gaich
*'•■') Johann Graf von Nassau, der jüngste Sohn des Grafen Otto, des Begründerp der
nach ihm benannten Linie des Hauses; er starb 1328. S. über ihn oben S. 37 und Arnoldi,
Gesch. d. Oranien-Nassauischen Länder I, 74 fP.
*^') biertfer B. Das Wort ist mir unverständlicli geblieben, üb an eine Zusammcu-
sctzung aus biderbc zu denken ist':*
^'") wrden A.
60) irber B.
e') Tyele B.
'^^) syne B.
o'-") Haiern, ein Ort sw. Herborn im Dillkreise und im frülieren Amte Herborn, geliörlt»
niclit zur Herborner Mark, sondern zur Kalenberger Zentc.
") Wallondorf, sw. Herborn, nur wenige Kilometer von Haiorn entfernt, elienfalls im
Diilkroise und alten Amte Herborn, sowie zur Kalcnberger Zcnte geiiörii;-.
") Der Ulmbach, au dem Haiern und Walleudorf liegen.
") verjagen B.
'^') Rorich von Haigcr, Vogt zu Herborn, als solcher nachweisbar 1307 — 1:hI;;, ivommt
noch vor 1323, Urkk. im St. A. Wiesbaden, Dillonb. Areh.
'' ) Burg, Dorf n. Herborn, an der Dill gelegen.
''') geuclit A. geczuch B.
'«) Über Konrad v. Bickeu oben S. 35. Er kommt vor 1292—1311», als Vogt von Her-
born noch 1299. Siegelner ÜB., No. 78.
") Eicholf kommt als Pfarrer von liorborn in den Jaiiren 13U7— 1318 vor.
'') Agnes, Gemahlin dos Grafen Otto, Mutier der Grafcu Heinrich, Emicb und .Fohaini
von Nassau, nahm nach dem Tode ihres Gemahls 1289 Teil an der Regierung. S. Arnoldi.
a. a. O., I, 74.
^■') renthe B.
42
eychte gair. dat hc von jufii]cliere Jobanuis \v('gcii rcyttode''") beder sitc in Tlcrbcren-
inarke uiidc KaWebecher zintc uf gosvuroii cyt. Dose gczucbe würde geleit uf denie
kirchovc zo Herberen. Vorcrt uf denselven dacb zo Dildeuhuse^^) wart gezucb ge-
leit von Kalenberger zinte. we dat recht bisher si gehalde, und dat lecht si und
de geleginheit: des spraygen si uf eren eit. den si dadin, Kodolf Scheke, Uernian
der voit, Arnold von Breitbacli, lleyneman von Braychcbach, Dederich von Gehufte,
Conraid innie Daile**-), llennan uf dem Ihile. Ileynian Schawelint, Ditniair von Co-
verte*^-'), Henrich des vadis sun von Dildeliusen Conraid Pulster, scliefene in Kalc-
berger zinten, er Muselin. ein prister van Wileburch, da(t)''' Bilstein^'' liit in
Kaillenberger zinte, unde zinte geit bis in de bach. de under Dilstein vlusit^'"'), unde
si>regiut dose vorgenante zuche uf eren eit, dat si ne gesagen noch hurten sain. dat
(' ken ander here in Kaleberger zinte zo Walderdor[fJ, zo llare unde Bilstein un
darunibe in der zinten gerechten unde herren wayren, dan de herschaf von Nassawe,
unde spregint si. dat [si] hauen gesen und gebort svenzich gar und me, dat de herschaf
von Nassawe Bilestein halt inne gehaft unde gerettit^'') in der zinten unde vreischin
ne anders geschein. Dit gezuch geschach zo Dildehusen üf deme kirchove. da was
Ufer unde horte er Henrich von Kailsmunt. er Korich der vait, er Korich von Wile-
burch. er Erwen van WetHair, Rifert von Schelte, Gerlach von Lune, Lodewich
Monich unde vil ander berver lüde, de datzo gerofen würden. Vortnie des dinsdagis
derna zo Mengirskirgen''*) wart zo gezuge geleit Henrich von der Bach ; de sjjricht
uf sinen eit, dat Bilstein liit unde boret in Keleberger zinte, unde eme gedenkit
und hait gesein: svenzich gair unde me de lieren berechten von Nassave in der
zinte. unde he was ambnian in der zinte von der herren wegen von Nassawe und
sprecht me, dat he driwerve beleiden^^) gesein hait Kalinberger zinte dat Bilinsiein
dar in horte, unde saich graven Emechen'-"') zo eyner ziit sin in der beleidungin
Koker Speicht. Roker von Almevode, Gyso von Hayre unde Maynegolt von Hayre,
de spregint als dose vorgenante gezuge und nement dat uf eren eit. He was over
er l'de en kirchhore von Mengerskirgin, er Johan der kirchcre von Walderdorf unde
ander liir\c lüde de das z[u] wi\rden gerofen.
Und ich Conraid Prind von Kovelenze ein gemeine schrivere von keiserlichc
gewalt sint ich over düsniC gezuchnisse und leidunw l)in geweist und van geheise
des oHcialis von Covelenze so hain ich dosin breif geschrevcn und gebeydc haynt
mit uiinc gewoinlich zeichcne gezeicht.
Beilage II.
Zur Geschichte des Herborner Stadtsiegels.
Das heute im Gebrauch lirlindliche Siegel der Stadt Herbuni zeigt im Siegel-
felde unter einem Satteldache, über dem fünf mit zahlreichen Fensteröffnungen ver-
*'') rechende JJ.
•**) Dillhausen, nw. Woilburg, im Kreise und rrülicren Amte Weilburg.
*•-) in raedaile A. yn dalc M.
*») Gehoberto 15.
") dar A. doz B.
*=) Beilstein, sw. Herborn, im Kreise DiUenburg und IrüliLTou Amte Jlerburn, Sitz der
Herrschaft Nassau-Beilstcin.
8«) Ulrabach.
") gereciitet 15.
*') Mengerskirclieji, iiw. Weilburg, im Kreise und früheren Amte Weilburg, zeitweise
Sitz eines Amtes.
^'■>) geleit B.
^'') Graf JInücliu 1., der Stifter der !ilt<M-eii ii;idumarschen Linie des ll.nuses Nassau, ge-
storben 1334.
43
sehcnc Türino siclitbai- sind, in der !Mittc einer dreitcilit,'('ii N'iscliu den deutstda'n
KiHiiii- Williclin, mit Scci>tor und Jteiclisai)tVd in den lliindtn. anl' i-int-ni 'i'lirune
sit/cnd, und neben ihm die beiden nassauiscben Grafen ^\'alrilm und Otto. Die Fi^nir
des Königs entspricht genau der auf dem Sieg(d Köni.ir Wilhelms, wie es z. 15. der
Urkuiido vom C. November 1251 über die Verleihung des Stadtrechts an Ilcrborn
augehängt ist. In dieser Clestalt erscheint das Stadtsiegel auch auf der Medaille,
die der Ilerborner Altertumsverein zur Feier des Gedenktages der Stadtrcchts-
verleihung neuerdings liat schlagen lassen, und es ist dadurch auch weiteren Kreisen
bekannt geworden. Für ein heutiges Stadtsiegid ungewidmlich altertümlich, hat es
wohl überall den Ghiuben erweckt, dass es eine getreue Naehbildun.L: des ältesten
Siegels der Stadt aus dem 13. Jalirhundcrt ist. Allein dieser (rlaube ist grümllicli
falsch Im ältesten Stadtsiegel ist die auf dem Throne sitzende Figur nicht dir
König N\ illielm mit Scei)ter und Reichsapfel, sondern der h. Petrus mit Schlüssel
und Buch und dem Heiligenschein um das Haupt.
Als die Stadt sich im Jahre 1807 ihr neues Siegel anfertigen Hess, hat hio,
wie mir mitgeteilt wurde, den damaligen Staatsarchivar Dr. Rössel in "Wiesbaden
zu Rate gezogen und eine von ihm entworfene, heute im Besitz des Herrn J. II. lloff-
mann in Herborn befindliche Ski/ze dafür zu Grunde gelegt. Rössel hatte eine
sehr gute Kenntnis von den nassauischen Siegeln ; er ist der Mitbegründer und die
Seele der sphragistischen Sektion des nassauischcn Altertumsvereins gewesen'-") und
ihm verdankt letzterer hauptsächlich seine schöne Sammlung von Siegelabgüsscn. Im
Jahre 18G7 standen Rössel als Archivar Origiiialabdrückc des Herborner Stadt-
siegels genug zur Verfügung. Wie man aus seinem Werkchen über das Wappen der
Stadt Wiesbaden'^-) sieht, in dem er den Vorschlag zur Abänderung des damaligen
Stadtwappens macht, ging er im allgemeinen von der sehr behcrzigcn^^wertcn An-
schauung aus, dass unsere Stadtvertrotungen wohl am besten thäten. die heutigen
Wappen nach ihren alten Siegeln abzuändern. Leider ist man ihm nicht gefolgt und
hat sich wohl ein Wappen aufoctroyicren lassen, das weder neu noch alt ist.
Wenn er nun bei seiner Skizze für das Herborner Siegel in so autfallender Weise
von dem alten, ihm sehr gut bekannten Siegel abwich, so kann ich nicht anders
glauben, als dass er das bewusst und absichtlich gethan hat. Es mochte ihm sinn-
reicher erscheinen, die beiden nassauischen Grafen zum Könige um das Stadt recht
Herborns bitten oder dafür danken zu lassen, als zum h. Petrus, dem alten Stadt-
patron, zu flehen. Ob er nicht aber doch besser, weil historisch treuer, gehandelt
hätte, wenn er den Apostel nicht entthront und der Stadt ihr altes Siegel wieder-
gegeben, da nun durchaus einmal das bisherige Siegel beseitigt werden sollte?
Intlessen kann sich Rössel darauf berufen, dass man schon lange vor ihm
die auf dem alten Stadtsiegel in der Mitte befindliche Figur für den deutschen Kaiser
ausgegeben hat. Ein nicht genannter Verfasser'-^-^) berichtet nändich in einem Artikel
der „Dillenburgischen Intelligenz-Nachrichten-' vom Jahre 1779"'): ..Was nun der
Herr G. Ratli Kremer aus der Dillenburger Archivalurkunde von dem vom Könige
Wilhelm verliehenen Stadtrecht dargcthan, dasselbe wird auch durch die Zeichnung
des ältesten Stadtinsiegels bestätigt, als auf welcher der Kaiser auf einem Thron
sitzend vorgestellt wird, und zu beiden Seiten derselben standen die zween Grafen
Otto und Walram. Aus welcher Ursache es aber geichehcn. dass in der Folge ein
bischöHicher Stuhl und zu beiden Seiten Petrus und Maria in dieses Siegel gekommen.
ist nicht so leicht zu bestimmen".
^^) S. Anualen des Vereins XI, 44, 53.
''^) K. KüKsel, Das Stadt-AVappon von "NVicsbrnleii.
^^) A'ielleicht Stcubingi'
^*) Historisehe Nachricht von der Stadt IliMburu in den Dillenburgischen Iiitelligcn/-
Nachricliten, Jalirgans>- 1779, 8. 723 ff. Ich vcrdaidce den Hinweis luoineni Kollegen, Herrn
Archivar Dr. von Dunuirus
44
"NVas bei Rössel bewusste Absicht ist, ist bei dem ungenannten Schriftsteller
wol.>l nur mangelhafte Kenntnis. UftVnbar hat er niemals ein gut erhaltenes altes
Siegel der Stadt zu Gesicht bekommen ; er würde sonst weder St. Peter mit einem
Kaiser, noch die beiden Grafen mit Petrus und Maria verwechselt haben. Seine
Beschreibung beruht übrigens auf ganz verworrener Kenntnis auch der jüngeren
Stadtsiegel.
Eine Aufzahlung der Siegel Herborns giebt Steubing in seiner Toiiographie
\on lierborn, S. 117. allein sie ist keineswegs vollständig. Es würde sich daher
wohl einmal lohnen, eine genaue Zusammenstellung, die von Abbildungen begleitet
sein müsste, zu liefern.
Ein Herborner Bederegister aus dem Jahre 1398.
Von
A. Eggers.
Das Königliche Staatsarchiv zu Wiesbaden besitzt unter den Beständen
des alten Dilleuburger Archivs ein Register der an das gräflich Nassauische
Schloss Herborn im Jahre l'P>9H fallenden landesherrlichen Abgaben, das nicht
nur als wahrscheinlich ältestes Verzeichnis^) seiner Art im Gebiete des vor-
maligen Herzogtums Nassau von erheblicher Wichtigkeit ist, sondern in mehr
als einer Hinsicht auch über Fragen der Geschichte von Stadt und Amt Herborn
wünschenswerten Aufschluss giebt und darum einen Abdruck an dieser Stelle
verdient.
Das Register'-) hat folgenden Wortlaut:
^ota diet ist dio lierbestbede uif deme
lande, die zu Herbern geboret. Sub anno
domini niillesinio trocontesimo nonagesinio
octavo ulT uns^r liebin t'rauwin tag, als sie
gebornn ward, nam myn liebir gnedigir
juncber Herbern yn etc.
Seibach. •')
Czum erstin zu Seibach Heincze Smcrcr
4 seh.') ye 27 hellir vor eynen Schilling.
Item Berter 4 seh.
Mensch 10 scli.
Arnolt .5 seh.
Cleiiicbin 5 seh.
Suren Henne 1 seh.
Ailff unde sin brud
er
10 seh.
l^vpus
3 seh.
Ryffe
3 seh.
llicbolff
2 seil.
Bogkel
2 seh.
Cuncze Smerer
1 seh.
Herman Morrich
1 seh.
der Snyder
1 seh.
Bigken.
')
Item Heincze Burner
4 seil.
Ranckin Henne
2 seh.
Brelle
2 seh.
dio boisfrauwe")
Wildin Henne
1 seh.
'j Als zeitlich nächste Bedeverzeichnisse besitzt das Staatsarchiv zu Wiesbaden di« von
(/anil>org vom Jahre 143:"» an.
'*) Altes Dillenb. Arch., H, 2497. Papier, 8 Bl. Schmaltolio, davon 7'' und s un-
beschrieben. Schrift von oiner Hand, gleichzeitig, mit vereinzelten Korrekturen.
^) Herbornseelbach.
•*) Dio Beträt;o, in der Vorlage in Worten oder meistens in römischen Zahlen ange-
geben, sind hier in Zittern gesetzt, Schilling statt sol. der Vorlage.
'") Bicken,
"^ Der Betrag ist nicht augegeben, wie unten mehrfach.
40
Ringeludt'
Sulbirge
Schurgen
Stubinju'es
LiiirKai'ilc
Henne
lleincze
Henne
Offinbach,
Item Kluppel von Stiibinges
1 )ri »pener
Abinhenne
der jun.w Gerhard
Felke
der juntre KoüHniann
Sclieitiiin Ilillf
Sure
l'edir in iler fiaszin
Gerchen
Dit'liel Webir
Küpen') Henne
der Weldir
Hennichin in der (la^ziii
-Moseliornn
Kueker Sniyed
llens]ierchiis son
Hensiirehir
Baldirspach.^)
Item Elhcid
Clüchin
Snabel
Stole/.e
Elheide Henne
Wiese Johann
Schurer
der junge Schuror
Heinkelmann
Klsifhin
IJackliiiscn der junge
Backliusen der aide
4 seh.
1 seh.
2 seh.
2 seh.
5 seh.
wegen 2 seh.
4 seh.
2 seh.
4 seh.
1 seh.
2 seh.
1 seh.
2 seh.
3 seh.
4 seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
3 seil.
3 seh.
3 seh.
1 seh.
2 seh.
6 seh.
1 seh.
4 seh.
2 seh.
5 seh.
6 seh.
3 seh.
1 seh.-')
seh.
seil.
seh.
seh.
1
1
1
1
Hisperg.'")
Itein Honniehin G seh.
]}riine der bedit zu Drvdorff 4 seh.
GuntirsdorfF.")
Iti'in Fye
Hille
G seil.
3 seh.
•) Unten: Itumpen.
") Ballersbacli.
'•') Im Toxi Hol. ilu|i|i(!lt gesetzt.
'") Hir.schberg.
") Gondeisdüif.
Kolhenne 2 seh.
Brune 4 seh.
Heinricc 3 seh.
Herbach.'-)
Item Slodirhose 2
Cuneze Mynczerielis 1
Else von Rode 1
Friederieh 1
Cuneziehin 1 seh.
Schunenbach.^^)
It(^ni Sotc
sin cyden
Hernhenne ' ')
Hesehin
Berghenne 5
Mathiis 2
Cuneziehin 1
llrniians Henne 3
Hennelin 3
Breidscheid.
Item Rieliilchin f)
Gelen Henne 2
Nyelauwes 4
Rumph 5
Cuneze der Denekirscliin son 4
Reymolt 3
Rroster 2
der snyeder 1
Her])el 1
Hube 2
Ileineziehin von Rabinseheid 2
der ingibet nicht
der junge Horkhusen 1 seh.
Erpach.'")
Item Leneker 1 seh.
Scheli)in 1 seh.
Kenckcl 1 seh.
der molner 1 seh.
Medinbach.
Item Knusehen'") 4 seh.
die Erlinbeehirnn 3 seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seil.
seh.
seh.
seh.'-')
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
seh,
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.
»2) llörbach.
'•') Schünliach.
'") 8o! statt r,ovn-.
'"') üavoi' sdl. (liircligcsii'icliijii.
'") Erdbacli.
'") Ü,l)ei' dem soll flu i.
47
Cuncze Fiiiffke
Cuncze Würge
Claus
OckirsdorfF.'")
[tnn r;()l)el 2
(lor ist in (lii stad IFcrhoni
geczogcii
seh.
seh.
seil.
seil.
Burg.
Il(.'m Loc/ichiii
Petir iuhIc 'J'iolc
Bocke!
Wenczel von Arde
Ln(h^ von Stiit])arh
Murckinbach.'")
Item Ruekcr 1
der Wiese 1
Ernst 1
Wenczils Cunczichin 1
Ilennichin unde sin geselle 1
Emoln 1
seh.
seh.
seh.
seh.
seil,
seh.
seh.
seil.
seh.
seh.
Diet ist die meybede nach dei' lierbist
bede. aiieli nf\' deme lande.
Seibach.
Czum ersten Heinezc Smerer
Item Berter
Mensch
Arnolt
Clenichin
Suren Henne
Ailti' und(» sin bruder
Ritte
Bi]ms
Richolfl'
Bockel
Cuncze Smerer
Tlerniann
Bicken.
Item Heineze Borner
Ranekin Henne
Brelle
Wilden Henne
Ringelude Henne
2 seh.
2 seh.
6 seh.
2 seh.
3 seh.
1 seh.
8 seh.
1 seh.
1 seil.
irgen
Stubing
Luckarde Henniehin
Kuczel
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
2
seh.
seh.
seil,
seh.
seh.
seh.
seh.
seh,
seh.
seh.
seh.
seh.
seh.-")
") Uckersdorf,
'*) Merkenbach.
*"•) Davur 1 sol. durehg:o8trichen.
Offinbach.
Item KloiiiK'l
Drogeuer
Ricliel
Abinlienne
Felke
Schepijinhillc
Sure
Pedir in der Gaszeu
Gei'chen
Diepcl W^ebir
Rumjten Henne
der Weldir
Heunichie. in der fJaszin
Mosehornii
Rukel Smyed
Henspeehir
sin son
Baldirspach.
Item Ellieid
Clueht n
Snabel
Stoleze
Elheide Henne
Wiese Johann
Sehurer
Heinkeimann
seh.
seh.
seh.
seil.
seh.
seil.
seh.
seh.
seil.
seh.
seh.
2
seh.
seh.
seil.
seh.
1 seh.2>)
3 seh.
1 seh,
1 seh.
1 seh,
1 seh.
3 seh.
1 seh,
1 seh.
Hisperg.--)
Item Henniehin 3 seh.
Bruno der bedet zu Drydorff 4 seh.
Gontirsdorff.
Item Eye
Ilille
Brune
Heinriee
Kolhenne
Herbach.
Item Slodirhose
Cune Mynezeriehs
p]lse von Rode
Cuneze ir son
Friederieh
Schrinenbaeh.
Item Sotc
sin eyden
3 seh.
3 seh.
1 seh.
1 seh.
1 seh.
2 seh,
1 seh,
1 seh.
1 seh.
2 seh.
1 seh.
**) Darnach item durcligestrichen.
*') Davor item nii'ht ganz ausgeschrieben.
4>
Bernhennc
1
seh.-""')
Heschen
1
seh.
Herghenno
3
seh.
Mathiis
2
seh.
Cunczichin
1
seh.
llernians Henne
1
seh.
Ilenlin
1
seh.
Breidscheid.
Item Ricliel
0
seh.
Gelen Ilonno
1
seh.
Nyclaüs
3
seh.
Kuniiih
3
seh.
der DenKlvclschin Cnncze
1
seh.
Broninier
1
seh.
Brorst
1
seh.
Iluhe
1
seil.
Rabinselieid-^) nicht
Heritel
1
seh.
Erpach.
Item Lineker
1
seh.
Medinbach.
Item Knustschen
1
seh.
dii Erlinbeehern
1
seb.
f'nneze Fineke
1
seh.
Burg.
Item Loczichin
2
seh.
Petir unde Tielichiii
3
seh.
Wenczel von Arde
2
seh.
die ini^efallen nicht
Murkinbach.
Item Ruckor
seh .
der Wiese
seh.
Ernst
seh.
Wenczilehin
seh.
Ilenniehin unde sin geselle
seh.
Diet ist die herhestbede in der stad zu
Herbem gesaist suh anno domini millesimo
trecentesimo nonagesimo oetavo.
Czum ersten Seheppe
2
seh.
Item Gerlach Ploekinbey
n
2
seh.
Grabenhenne
5
seh.
Ilcinriee
0
seh.
Letter--')
3
seh .
Mulenheync
•icbeii.
7
seh.
*•) Davor 2 diirch^^esti
'*) (Jben : Heiiicziclüii
von K,
") Oder Lotteri-
Fiekeln Cuneze
Wigand Morung
Hermann Lewe
Henne von Bieken
Pebir
Sibeln Henne
"Wizen Gilen t'rnuwe
Zorun
Paft'enhenne
Gliperg
Glappirezan
Ileincze Koufl'mann
Cunemann 2 seh. sin son
Heyneman von Selirnionljacli
Sehunhenne
Sipeln Cuneze
Schrieeoncze
Nickel in der Kaldinbaeh
der junge Winter
Meezenhenne
Diederieh sin bruder
Schibiüheinne
Tiele in der Kaldinbaeh
der ruwe Snyder
Hascnmecze
Herrn an ir son
Fending
Diezmann
Ouldinhenne
die Walmensze
Kurezen Diederieh
Sibel Czymermann
Curd von Dillin
Wigeln Cuneze
Enniehin Henne
Item Bulhenne
Bernhard ulV der llarli
Gile Ferber
Key mar
Ileinekel von Bieken
Beehmann
Diederieh Brem))er
Wernher Schumann
der Hey den
Jungemans Henne
Henne Sehulepper
Donnenbecher
C'unczicliin Ploekinbein
Dryttt
Cuneze Seiger
Cuneze von Burg
2
seh.
2
seh.
ß
seh.
2
seh.
21
seh.
1
seh .
9
seh.
8
seh.
4
seh.
6
seh.
4
seh.
3
seh.
1
seh.
r> marg
1
seil.
T)
seh.
1
seh.-«)
1
seh.
1
seh.
1
seh.
2
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14
seh.
1.
seh.
2
seh.
2
seil.
1
seh.
2
seh.
5
seh.
3
seh.
2
seh.
4
seh.
8
seh.
18
seh.
2
seh.
2
seh.
3
seil.
•1
seh.
4
seh.
4
seh.
5
seh.
2
seh.
13
seh.
7
seh.
1--7
1 marg
4
seil.
5
seh.
G
seh.
4
seh.
12
seh.
0
seh.
5
seh.
") Davor t; (lurcligeKtrii.'lißii.
'■'^) Verschnürkelt, ühiilich der Ziller 2.
49
Hünen Dilichins Ilennc
7 seh.
liOezichin-'') ire eyden
2
seh.
Sleytin Elheid
2 seh.
Matthiis toehter
72 niarK
Henne Kisznumn
6 seh.
Stigoffs frauwe
1
seh.
Kyngelude Heyne
4 seh.
Gerhardes Curdes eyden
Menschinstucke
2 seh.
von Bicken
2
seh.
der junge Sclieniel
Heinezichin Smyd
4
seh.
Ricvvey
2 seh.
Wertgast
14
seh.
TvvinghcUir
2 seh.
VstVed Morung
2
seh.
Gile Beckir
4 seh.
Frenemertel
1
seh.
Bernhart Kipper
8 seh.
Hartmann Liebeeoneze
4
seh.
Henne Smyod
6 seh.
Schibin Hei-mann
4
seh.
llcnnichin Snyedir
4 seh.
sin brudor keiner
1
seh.
Fischer Hennen sou der
Glctt'augc
2
seh.
snyder
2 seh.
Wigel Lower
11
seh.
Gele Fergen
3 seh.
Hennen Federn Avip Else
! 5
seh.
Wchirhenne
3 seh.
Heinezichin Lower
8
seh.
Benschenne
9 seh.
der Hüne
8
seh.
Buches son
2 seh.
Peter-^*') Ragusz
10
seh.
Henne von Vsmerade
3 seh.
Heincze Hamer
4
seh.
sin müder
4 seh.
Cuncze Phuntvvage
Elbracht Doringer
2 seh.
Gerolde Tiele
20
seh.
Gerlach Wever
9 seh.
Bonckel
1
seh.
Nolde Wever
3 seh.
Welker
22
seh.
Gile von Abindorff
3 seh.
Wigand Schemel
4
seh.
Heinrich von Denspacli
2 seh.
Tiele von Uffinbach
1
seh.
Henne von Uffinbach
12 seh.
Bürner
2
seh.
Rulsz Heynemann
6 seh.
Smyldehenne
1
seh.
Diederich Herchin
2 seh.
Tiele Mangolt
3
seh.
Fyen Henne
2 seh
Berez Heinemann
2
seh.
Baselhcnue
3 seh.
Lose
1
seh.
Konckelkam
13 seh.
Schonmunges Henne
2
seh.
Ruckeltey
12 seh.
Heincze Winge
3
seh.
Elheid Engilmars
11 seh.
Scholle
2
seh.
dii Schibeschin undc ir son
Henne Crees eyden
1
seh.
Gile
3 seh.
Cuncze von Lasfe
2
seh.
ire tochtir Gelichin
2 seh.
Richwyn der Haezichin ey
den 2
seh.
der Strubechin cyden Eynolff 2 seh.
Hermann von Sclbaeli (
ler
Eghard Hudels
11 seh.
snyder
2
seh.
Conrad Frysz
1 marg
Boiftlienne
2
seh.
Henne Buch
5 seh.
Portener
5
seh.
Swertfegers Concze
2 seh.
Ticle Becker
3
seh.
Hünen Dilichins Hebel
7 seh.
Bendel
2
seh.
Strempels Else
2 seh.
Endres Schümann
3
seh.
Schrickelheyne
7 seh.
der Belczer
4
seh.
Geckirhennc
2 seh.
Ulenhenne unde sin son
2
seh.
Strebür
4 seh.
Heyneman Grameloyp
3
seh.
Gile Boiff
3 sch.2S)
Buszichin
2
seh.
Henne von Erpach
1 seh.
die Lenczen
2
seh.
Fyerwecke
5 sei).
Stauffinbergcs Gerlaeh
3
seh.
Herrn an von Ebirsparh
2 seh.
Stauffinberges Mecze
2
seh.
Ticle Jungker
2 seh.
Fittich Hennen wip
2 seh.
^^ Über den undeutlichen
3. Buchstaben
cz übergeschrieben.
''*') Davor 3 diirclm'estrichen.
^^) Poter übergoscli rieben.
4
50
Oittirheuue
Hennichin der Snupen eyden
Tiligen Henne
"Wigand Schicht
Ileinckel Doder
Eesenhenne
Beischen
Haue
Peftir
Wenczilchin
Hermann Scheftir
Mangolt
Schibin Lodc
Heusiiechir
Gibein Henne
Peter Schüteler
Endres der snyder
der junge Blyers
Locze Graseniocke
Bechtelt Czymmermann
Rosinkrancz
Beynnruudes Hennichin
Hermann Wilde
Heincze von Heiger
Berczhenne
Locze Rintfleiscli
2
seh
1
seh
1
seh
1
seh
1
seh
2
seh
2
seh
2
seh
1
seh
1
seh
5
scb
2
seh
2
seh
2
seh
2
seh
2
seh
4
seh
2
seh
1
seh
2
seh
3
seh
1
seh
2
seh
1
scb
2
seh
1
scb
Dufelchin
2
seh.
Wulti'
1
scb.
Henne Gans
1
seil.
lleincze von üftinbach
2
scb.
Gilen son von Abindorff
1
scb.
Cleyubennc
2
scb.
Curd Frysz
4
seh.
von sines vatcr
wegen
Katherine von Dcri
nbach
3
scb.
Herman Keuber
1
scb.
Curd von Bickin
1
scb.
Loncke
1
seh.
Meczeln Henne
2
scb.
Weldirchin
1
scb.
Ruszbenne
1
seil.
Stammel Henne
1
scb.
Diederich Spenczers
eyden
1
scb.
Henne Breitheubet
1
scb.
Herman Hund
2
scb.
Curd Bracbeiu
2
scb.
Richman Reymolt
2
seil.
Heincze von Aldink
irehin
2
scb.
Summa hundert gülden. ^^)
Zu meybede gibet die stad auch hundert
gülden glich der herbistbede etc.
Diet sint die mulcn.
Item zwo miden in der stad, die gebin y des jares IG inaldir weiszes ye zu
der frone fasten 4 malder unde 42 malder kornes. die giebet mann von tage zu
tage unde 3 swynes, iglicbes von 18 tornasz.
Item eyne mulen zu Herbach, die giebid 272 malder kornes.
Item agkers vor der stad zu zwen pluge augeverde mit deme höbe zu Burg.
Item der medem'"-) zu Baldirspach gcin Herbernn.
Item der medem utt" der Weytbacb, der gein Herbern geboret.
Item eyne wiesin vor der stad unde eyne wiesen uff Langenwerden, die zwo
thun 10 fuder bauwes.
Item eyn gudichin zu Flieszbacb gein Herbern — eyn wingarte zu Herbernn,
da uffe gefallen 8 ame wyns.
Ouch sin da viele eckere, dii sin vorluwen-'-') eyner umme daz vierde seil, der
ander umme daz funft'te, daz findet mann an deme zinsbucbe.
Item seburenzins von beckernn unde von fleischbauwernn bienahe 9 phund
geldes.
Item zu zwen malen zume jare kuwe unde bemel zu eszin.
Item wagen zu eischin gein 3Iencze zu wynfüre.
Item uffkummen von toden luden.
''J Die Summe stiramt nicht. Die Beträj,^e ergeben für Herborn 748 Schill, und 7'/^ Mark.
Vgl. unten Anni. 84.
^-) Ursprünglich fiskalische Abgälte voii einer Hufe Landes, später auf Rodungen be-
schränkt. Vgl. R Schröder, Deutsche Rechtsgeschiclite, 3. Aufl., S. 190.
*') Verliehen.
51
Diet geliüirtc"'') iindc h;il allcwoge gelioirt gciii Dilliabciy uiidf i.st gelegin in
der Herbernn niarg uiuU' ist auch uszgciionimeii in denie vorsacze gein grave Hein-
ricli von Bielstein.'')
Czum erstin die nudo /ii Jinrg, die tliud jars 3 malder kornes aldaselbcs 14
mcstr« fruchte von eynie cleyiicn hubicliiii.
Itoni zu Abornn Erpaclr"') uyn inulichin, thud jars 3 maldir fruchte ahlasell)es
lü wiesten weiszcs cyn jar undc daz ander jar 11 mestew.
Item zu Bickin lied eyn Imbichin daz thud hürc''^) von jare 5 maUlir, aldaselbes
stendes i)achtes alle jar 4 nuildir kornes.
Item eyiien zol in der stad zu llerbernn : von eyme fuder wyns, daz da durch
geed, 2 thor>i«f^ unde von eymo karren gelestet-'^) 1 thorwas^ unde von eynic
salczkarren 1 Üiornasg^ gefurd-'-') gein Dillinberg.
Item alle ungelt gefeilet an dii stad zu buwe.
Item der cleyne zol, davonc loned man den thornhudern, darzu 4 maldir kornes
unde die stad von demselben cleynen zolle die andern 4 maldir kor^c.s- unde 2 gülden.
Item die grulje, dar mann die schiebirsteync brichet, gein iJillenberg; davone
ist bynnen 10 jaren nicht gefallin, ane nü gibet man steync darvone an dii capellin.
Item da ligin garteii vor Herbernn, davone gefallen czinse unde wnzgulde gein
Dillcnberg, unde huner gein Herbern, der sin 28.
Item 4 marg usz densclbin czinsen gein Aldinberg.*")
Land.
Czumwe erstin Swenolde Bernhard daz stucke in dem Elkirbache"), davone
sal her daz fierde seyl gebin. derselbe Bernhard sal gebin von 9 seilen 2 seile
von den stucken an den Stulen.
Item derselbe Bernhard sal gebin daz fierde seil von eyme stucke hinden an
dem stucke an den Stulen.
Item Heyne Weitgast sal gebin von dem stucke hensied den Rindersdalen an
deme Berge Y2 maldir, wilchirley fruchte ez dregid.
Item Henne Smyed von Wileburg sal gebin 18 tornasz von eyme stucke
abendig der leymküten.
Item Ilcincze sin eyden giebet 3 thornasz von eyme stucke abendig Heinczichins burne.
Item Heiucze Hamer sal gebin 6 tliory^ass von eyme stucke an deme Tannenberge.
Item Heincze Smyd, Hennen Smydes eyden, sal gebin daz fierde seil von eyme
stucke gelegin aben da suster Jungen grund wyndet, derselbe Heincze sal gebin daz
dritte seil von eyme stucke an dem Gettenberge.
Item Gerlach, myns herrcn knecht, sal gebin daz fierde seil von eyme stucke
in suster Jungen gründe.
Item Henne Smyed vor der Porten sal gebin daz dritte seil von zwen stucken
in deme Alspache, die stoiszin an den weg gein Baldirspach unde sal sie habin zu
mystrechte.'-j
'*) ge übergeschrieben.
'°) Den Gebrüdern Heinrich und Kcinhard Grafen zu Xassau-Beilstein war im Jahre
1398 eine Gülte von 200 Mark aus Stadt und (iericht Herborn versetzt. S. unten S. 53.
^•') Erdbach bestand im 14. Jahrhundert aus Ober- und Nieder erdbach. Vul. Vogel,
IJeschreibung des Herzogtums Nassau, 721.
"J Pacht.
3«) Beladen.
^^) d. h. abgeliefert.
■*") Kloster Alteuberg, nürdlieb von Wetzlar.
*'■) Davor durchgestrichen Elbrachte.
*-) d. li. mit dem Recht, beim Aufgeben des Landes den Wert des zuletzt darauf
verwendeten Dunges ersetzt zu orlialten.
52
Oley uudc zwiebeln gulde.
Item czum ersten dii zwene Snegnele'"') Cuucze unde Heinr/cA unde iie .nesellin
2 niesten olejs unde") 2 niesten czwebeln.
Item Lodewig von Bicken Y» niesten oleys unde ^'2 niesten czwebeln.
Item Ileinr/c/? Snegel ^/g mesten oleys unde V2 niesten czweln.'')
Item dij Grameleybin '/a mesten oleys unde ^1-2 mesten czwebeln.
Michelhunc
■.
Item der aide Döring
2 hunor
Item Richel Louwer
1
hun
dii schiobirgrubo 2
gense 2 huner
]Mennichin
1
hün
Giele von Abindorff
2 huner
Reymars lius
2
huner
her Johann Czymmermai
1 1 hün
Locze Becker
1
hün
Piodemulen
2 huner
Bercz
1 fasnachthun
Ybechir
2 huner
der junge Matthiis
1
hun
Sieze
1 hun
Heyneman Schemel
1
hun
Eynolrt's Tiele
2 huner
Brücke
1
hun.
Mertinshunei
Item Diczmann
1
l'asnachthuu
Item
Cziegelhenne
1
hün
Heyne mann
1 hün
Locze Czolner
1
hün
Blyers
1 hun
Hartman der Haczich
ineyden 1
hun
Schurhenuen eydin bede
1 llUll
Brücke
1
hün
Scheppe unde Schüme
1 hun
dij czwene Snegele, Conczen
Johann der webir
2 huner
undo Heinr/c/? ur
ide
ire
Bracbeins wip
1 hun
gesellen
4
fasnaclithuncr
Eibrecht Kurczundirdei]
ou
gen 1 hun
Herman von Ebirsbach
1
hun
Giele Arde
2 huner
Hünen Dilichin
1
hün
aide Phunlwagc
1
fasnachthun
Czornn
1
Imn
Heinr?cA AViprachtes
46 malder habern
giebed
schriebir bruder
1 hun
daz land des iares
uff
Wiesze Mecze
1 hun
daz hüs.
Nota dii stad zu
Ilerbernn sal zi
vene
wechtere uf daz hüs
halten.
\Yie aus den Eingangsworten unzweideutig hervorgeht, ist das Register
aus bestimmtem Anlass angelegt worden. Am 5. September 1398 bekundet
Landgraf Hermann von Hessen in einer Urkunde'^), dass ihm vom Grafen
Johann zu Nassau-Dilleuburg und dessen Gemahlin Margarethe geb. Gräfin von
der Mark Schloss Herborn, Burg und Stadt mit dorffen und gerichten, die
darzu gehören^ was alles Graf Johann vom Landgrafen zu Lehen trägt, für
4000 Gulden versetzt worden ist.^') Als zugehörige Dörfer werden genannt:
Herbornseelbach, Bicken, OfFenbach, Bailersbach, Sinn, Merkenbach, Hirschberg,
Gondersdorf, Heiligenborn, Koth, Schönbach, Breitscheid, (Ober- und Nieder-)
Erdbach, Amdorf, Uckersdorf, Medenbach, Burg, Hörbach und Donsbach.
■'^) 80 1 statt Snegele.
*') Übergeschrieben.
«) So!
'**) "NVie die übrigen nachstehend angofülirten urkundlichen Quellen im Staatsarchiv zu
"Wiesbaden, Altes Dilleiib. Arcli.
*'') Vgl. auch oben S. 37, Anin. 52.
Ausgenommen sind von clor Verpfändung die fjarfJien czmse und hohesfeäc,
die imiewendig und tisseivendiij Ikrhornn (jeleyin und fallende sin im Betrage
von 18 Gld., ferner die wasserßdde (Wachsgülte), die der Gräfin Margarethe
als Wittum zusteht und woraus sie jährlich 4 Mark den Klosterjuugfrauen in
Alteuberg zu Scclgerede geben soll. Der Landgraf übernimmt es, die 200 Mark,
die den Grafen Heinrich und Reinhard zu Nassau auf Schloss und Gericht Ilerborn
verschrieben sind, jährlich auszuzahlen. Die Pfandlösung soll nicht vor Michaelis
nächsten Jahres erfolgen.'^)
Am Feste Maria Geburt, dem 8. September 1398, also 3 Tage nach Aus-
stellung der eben erwähnten Urkunde, nahm nach den ersten Worten unsers
Registers meyn liebir gnedigir jtmcher Herborn „ein". Da eine feindliche Ein-
nahme der Stadt Herborn für diese Zeit nicht in Frage kommt, so kann mit
diesen Worten nur die Übernahme von Stadt und Gericht JEerborn durch den
Landgrafen oder dessen Beamten gemeint sein und es ergiebt sich demnach in
ungezwungener Weise der Anlass zur Anfertigung des Registers, als einer
Übersicht über die dem Landgrafen aus Stadt und Gericht Herborn zustehenden
Einnahmen.
So erklärt es sich w^ohl auch, dass bei den Dörfern die Herbstbede, die
ja iu kurzer Zeit fällig war, der Maibede im Register vorangestellt ist und dass
auch für Herborn nur die zur Herbstbede Verpflichteten namentlich aufgeführt
sind, während die Maibede hier mit einer kurzen Bemerkung abgethan w^ird.''-') In
diesem Zusammenhange sind nun auch die Hinweise des Registers auf Ver-
pfändung an Graf Heinrich von Beilsteiu und auf die 4 Mark Gefälle an das
Nonnenkloster Altenberg, sowie die Aufzählung der Abgaben an das Haus
Dillenburg verständlich.
Im übrigen giebt das Register Anlass, eine Reihe von Fragen aufzuwerfen.
Zunächst: Warum sind die in der Verpfändungsurkunde von 1398 mitgenannten
Orte Sinn, Heiligenborn, Roth und Donsbach nicht aufgeführt? Wir kommen
damit gleichzeitig auf die Frage, ob das ganze sogen. „Gericht" Herborn in unserem
Verzeichnis berücksichtigt ist, und müssen zu deren Beantwortung etwas weiter
ausholen. Es muss an dieser Stelle davon abgesehen werden, eine Darstellung
von der Entwickelung der Ämter im Nassau-Oranischen und im Besondern von
der Bildung des Gerichtes bezw. Amtes""') Herborn und seiner Herauslösung
aus der alten grossen Herborner Mark"'^) zu geben. Wir wollen uns darauf
beschränken, urkundliche Zeugnisse der späteren Zeit über den Umfang des
Amtes Herborn beizubringen.
") Die Einlösung fand 1401 statt und zwar durch Heinrich Grafen zu Xassau-Beilstein,
der laut Urk. vom 6. "Xovomber d. J. von den Verpfändern und den Gebrüdern Adolf, .Johann,
Engelbrecht, Heinrich und Johann Grafen zu Nassau gebeten worden war, das Pfandobjekt
für 4680 Gld. einzulösen und es nun seinerseits für diese Summe versetzt erhielt.
*°) Allerdings werden die Einzclbetriige bei der Maibede in Herborn mit denen der
Herbstbede wohl übercingnstimmt haben-
^°J Ein „Anitnuinn" zu Herborn erscheint zuerst 1313, Sept. 2-4; i:U9 wird nocli von
einem Vogt gesprochen.
^*) Vgl. die Karte bei Philippi, Siegener ÜB,
Als nächstfolgende wichtige Quelle kommen hier die von 1454 ;iu (mir
einigen Lücken) erhaltenen Dillenburger Landrentei-Rechnuugen"'-) iu Betracht,
deren erste ausführlichere vom Jahre 1457 in der Aufzählung der z\iv llerhorn
marcle gehörenden Orte nur insofern nicht mit der obigen Urkunde von 1398
übereinstimmt, als sie Fleissbach dazu rechnet, nicht aber Donsbach und Offen-
bach, indem sie den letztgenannten Ort dem Amt Tringenstein, ersteren dem
Amt Dillenburg zuweist.
In einem kurz nach 1571 abgefassten Kapitalschuldenregister'-') fehlt da-
gegen wieder Fleissbach als Bestandteil des Amts Herborn, ebenso Donsbach,
während die übrigen Orte der Urkunde von 1398 genannt sind. Ein Verzeichnis
von 1580'') hat dieselben Dörfer beim Amte Herborn, wie die Renteirechnuug
von 1457 (auch iu derselben Reihenfolge), nur ist zwischen Bicken und Ballers-
bach der Xame Offenbach eingeschoben und der gräflich Nassauische Hof Edingen
(bei Fleissbach, im heutigen Kreise Wetzlar) besonders aufgeführt.
Diese immerhin geringfügigen Schwankungen, die hier nicht weiter bis
auf die neueste Zeit verfolgt werden sollen, zeigen, dass man es seit etwa der
Mitte des 15. Jahrhunderts beim Amt Pierborn mit einem festen Grundstock von
zugehörigen Orten zu thun hat und dass sich nur das Gerichtsverhältnis von
Offenbach, vielleicht auch Fleissbach, im Laufe der Zeit verschiebt.'"') Dagegen
kann für das Ende des 14. Jahrhunderts, dessen Anfang wohl überhaupt erst
in unserem Territorium die Entwicklung der Amtsverfassung einleitete, von
einer n-enauen Festlegung der Grenzen des Amts kaum schon die Rede sein.
AVenn daher, wie man nach dem Wortlaut der Yerpfändungsurkunde annehmen
möchte, die im Bederegister nicht genannten Orte Sinn, lleiligenburu, Roth und
Donsbach-''') in der That im Jahre 1398 zum Gerichte llerborn gerechnet wurden,
so müssen wir zur Erklärung dieses Fehlens nach andern Gründen suchen. An
eine anderweitige Verpfändung der Einkünfte aus jenen 4 Dörfern'') ist kaum
zu denken, weil iu diesem Falle in der Urkunde für Landgraf Hermann dessen
Erwähnung gethan wäre. Es bleibt nur die Annahme übrig, dass aus Gründen,
die unten zu erörtern sind, in den betreffenden Orten damals keine Bede an
den Landesherrn gezahlt wurde.
Über das Wesen der Bede, als der ordentlichen, direkten Steuer des
Mittelalters, herrschen nunmehr wohl genügend einhellige Anschauungen ''^), als
dass hier noch einmal näher darauf eingegangen zu werden brauchte. Wir
■''-) .St. A., li<icluiun;;eii 11, 45; 47.
53) St. A., Rechnungen III, 44; 23.
") St. A., Altes Dillenb. Arch., C 306.
'•'') Donsbach erscheint, abgesehen von der Urk. von 1398, soitdom niemals als lier-
bornischer Ort.
^O) Es fehlen ausserdem die schon ihrer geograpliischen Lage wegen mich Herborn ge-
hörigen Dörfer Amdorf und Fleissbach.
*') Wie sie häuHg genug vorkamen. Vgl. die Verpfändung von 10 Mk. Ji-ihrlicli auf
die Bede der Stadt Herborn, 1332. liegest bei i'hilii.pi a. a ()., Xo. 194.
^"l Man vgl. V. Uelow, Artikel „Bede" im Handwörterbuch der Staatswissenschaften,
Bd. 2, und „Grundsteuer", ebenda, 2. Suj.plementbd.; sowie R. Schröder, Rechtsgeschichte ^
S. 60.'{,
55
wollen hier auch die zahlreichen früheren Erwähnungen dieser Abgabe in uiiserm
Gebiet'''-*) bei Seite lassen, uns vielmehr darauf beschränken, zu untersuchen, in
welcher Weise sich das Register für die Bevölkerungsstatistik und Lokal-
geschichte der Herborner Gegend verwerten lässt. Gelegentlich wird dabei auch
auf die Geschichte des Steuerwesens überzugreifen sein.
Ein Jlilfsniittcl, um die Bevölkerungszahl für llerborn und die zugehörigen
Dörfer festzustellen, bietet sich in dem Register nur in beschränktem Maasse,
indem uns eben nur die Anzahl der Bedepflichtigeu überliefert wird.^")
Wie das Beispiel von Uckersdorf zeigt, wo von dem einzigen Bedepflichtigen
gesagt wird, er sei nach Herborn gezogen^"^), waren keineswegs alle Dorfinsassen
zur Zahlung der Bede an den Landesherrn verpflichtet, sei es nun, dass eine
ausdrückliche Befreiung davon seitens desselben vorlag, sei es, dass die Bauern
auf an sich bedefreiem Gut sasseu. Ein Beispiel von landesherrlicher Befreiung,
die in dieser Zeit wohl immerhin selten war, giebt eine Urkunde von 1453"-),
wonach Zymmer Jlenne, Bürger zu llerborn, durch den Grafen Johann zu Nassau
von Dienst und Bede gefreit wird. Ritterbesitz war im Dillenburgischen während
des 14. Jahrhunderts nicht an sich frei von landesherrlichen Abgaben.
1333*''') verkaufen die Ganerben von Dernbach dem Grafen Heinrich von
Nassau ihre Besitzungen und Rechte in Stadt und Mark Herborn und in 4 ge-
nannten Wäldern, sowie ihre Eigenleute in den „Landen und Festen" des Grafen,
ausgenommen u. a. 13 Höfe in der Herborner Mark, deren Bebauer frei sein
sollen von Schätzung, Bede, Fuhren und Dienst, im übrigen aber dem Gericht
im Lande unterliegen. Nur, w^enn etwa die betr. Hofieute gräfliche Eigen-
behörige sind, sollen sie auch Schätzung u. s. w. thun, wie ihre Nachbarn. Es
wird demnach von den verkaufenden Ritterbürtigen die Steuerfreiheit ihrer
Hintersassen ausdrücklich ausbedungen, sie war also wohl nicht selbstverständlich.
Damit stimmt überein, dass 1352 in einer Streitsache*^') derer v. Bieken mit
der Gräfin Adelheid zu Nassau jenen auferlegt wird, durch Leute, die nicht
ihnen eigen sind, zu beweisen, dass die Gräfin von den v. Bicken'schen Leuten
in der Herborner Mark jemals mehr genommen habe dan ir aide greblich recht
(wozu ja in erster Linie die Bede gehörte).
Für die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts darf Bedefreiheit des ritterlichen
und kirchlichen Besitzes in unserm Gebiet konstatiert werden.
Aus einer Aufzeichnung dieser Zeit*^') erhalten wir sehr lehrreiche Mit-
teilungen über den Besteuerungsmodus, Bedefreiheit u. ä. Im Auschluss an
eine amtliche Umfrage, worauf die Bede jedeu Orts gesetzt werde, „obe sie
*") Schon 1258 werden petitiones, quo dicuntiir 1 and b e de im Westerwaldgebiet erwähnt,
Urk. St. A., Altes Dillenb. Arch.
'^'') j}ei Herborn allerdings noch eine Reihe anderer Namen, worüber unten.
^1) Bei der Maibcdc wird die Steuerquote des Betreffenden nicht mehr aulgot'ührt.
«2) St. A., Altes Dillenb. Arch.
«•'') Urk. im St. A., Altes Dillenb. Arch. Hegest: Philippi a. a. (>., No. 201.
'''^) Urk. von 1352, Mär/ 28, St. A , Altes Dillenb. Arcli.
'^^) ^Allcrliandt lierichtt die Rentherey Dillonberg belangend", St. A., Altes Dillenb.
Arch. C 306. Darin ein Abschnitt: „Bericht von der Bede, wie dieselbe im gantzen ampt
Dillenborgk und llerborn gehaben, und worauf sie gesetzet wirdt".
b6
uff ligeiide gutter, ein tag oder morgen Umdts, uff den wisswachs, den wageu
hew, uff fahrende habe, uff heuser, viehe oder anders gesetzt werde", wird
hierin für die einzelnen Ortschaften der Amter Dilleuburg und llerboru au-
gegeben, wie, in welcher Höhe und von wem die Bede umgelegt wird und ob
sich bedefreier Besitz im Orte befindet. Daneben wird noch der Preis für
1 Tag (Morgen) Land (oft mit Rücksicht auf die Bonität!) und für 1 \Yagen
..Heuwachs" angeführt. So heisst es von Heiligenborn: „seindt 4 hauss, geben
6 albus stendig". Der Wert eines Tages Land beläuft sich hier auf 16 Gld.,
der eines Wagens Heuwachs, d. h. einer Wiese, die 1 Wagen Heu giebt, auf
20 Gld. Am Schlüsse steht: ,,noch etlich Junckern gutter. seint frey". Um
die Einzelberichte zusammenzufassen: in der Regel wird in den Dörfern die
Bede, die „ständig" ist, sich gleich bleibt, von den Heimbergern und Ge-
schworenen auf die einzelnen Einwohner je nach deren Vermögen angesetzt
und später dem Rentmeister eingeliefert. An einigen Orten, wie Breitscheid,
wird zunächst von jeder Feuerstatt ein bestimmter Betrag (2—3 Albus u. ä.)
erhoben, der Rest der auf den Ort fallenden Steuer auf die Einzelnen repartiert.
Mehrfach heisst es: nichts frei ausser Kirchengut und Junkerugut; in einigen
wenigen Orten, so in Roth, ist überhaupt nichts frei. Bei Bicken wird angegeben,
dass die Bede vordem durch 15 oder 16 [Leute] „gesetzt", nach „Gelegenheit"
der Einzelnen, und dann „in ein kerb geschnitten" worden. „Seindt dessen
semptlich zufrieden gewest" !
Wir sind auf diese Dinge etwas weiter eingegangen, indem wir inbezug
auf steuertechnische Fragen wesentlich auf die Nachrichten aus dem späteren
Mittelalter oder der neueren Zeit angewiesen sind.'^^) Unser Register selbst ist
in dieser Beziehung ganz unergiebig. Es sei noch bemerkt, dass im 14. Jahrh.
sowohl wie im 15. und später die Bede keineswegs die einzige Abgabe war.
Im Jahre 1457'^^) hatte das Dorf Herbornseelbach (30 Beitragende) zu zahlen:
Maibede 8 Gld. 6 Turn.
3 „
Herbstbede 9
51
Maikuhgeld 6
55
Herbstkuhgeld 8
55
Weingeld 3
55
Pfluggcld 7
Gld
7 Turn. 3 Heller.
Wir wollen hier die einzelneu Abgabenarten, ihren Urspruug und Charakter
nicht näher untersuchen. Immerhin bleibt es auffällig, dass in unserm Ver-
zeichnis nur die Bede bei den Dörfern erscheint, während einige 50 Jahre
später bereits ein wohlgeordnetes System mannigfacher Abgaben vorliegt.
Um auf unsern Ausgangspunkt zurückzukommen, so darf man auf Grund
der obigen Ausführungen schliessen, dass das Register von 1398 eine mehr
oder minder grosse Zulil vou Bebauern bedefreier Güter, sei es ritterlicher oder
'^®) Vereinzeltes findet sich in älteren Urkunden, so in Urk. von 1396, Mai 20 (St. A.,
VII, U.) Bemerkungen über die Erhebung der Bede im Wcsterwald. Einigermassen wichtig
ist dann die Schultheissenordnung des Grafen .Johann von 1465 (St. A., Altes Dillenb. Arch.,
S 2115), unvollständig abgedruckt im Corp. (Jonstit. Nassov. I, 6 tt".
^') Uillenburger Kentei-Beclinung, s. oben.
57
kirchlicher Besitz, nicht mit auffiilirt, sondern nur die eigentlichen Vogtei-
leute umfasst. Die Naraenreihen bei den Dürfern lassen sich also nicht ohne
weiteres zu einer Berechnung der Bevölkerungszahl verAverten.
Weit eher geht das bei der Stadt Ilerborn. liier sind, abgesehen von
der Geistlichkeit, den auf das gräfliche Haus gehörenden Personen, der Burg-
mannschaft und den etwa sonst noch vorhandenen ritterb ürtigen Einwohnern*'^),
mindestens alle Hausbesitzer, vielleicht auch Haushaltungsvorstände, um diesen
Ausdruck zu gebrauchen, aufgeführt. Da die Stadt zu Bede je 100 Gulden
zu leisten hatte, so liegt es nahe, dass sie zum Beitrag jeden heranzog, über
den sie verfügen konnte. Ob etwa Bürgermeister und Schöffen von der Zahlung
befreit waren, ist nicht ersichtlich. Nach der schon angeführten Urkunde von
1332^'") hatten damals Bürgermeister und Schöffen einen Betrag aus der Stadt-
bede auszuzahlen; sie waren also wohl die Einnehmer.
Zu den 203 Personen, die in Herborn Bede zahlten'"), kommt hinzu die
Mehrzahl der am Schluss des Registers Aufgeführten, die Ol und Zwiebeln
oder Michaelis- und Martinshühner geben, einige 30.^') Wahrscheinlich handelt
es sich bei diesen um alleinstehende Personen oder um Einlieger, und es wäre
dann die llühnerabgabe als Kopf- oder Personalsteuer anzusehen, während die
Bede der übrigen auf Haus- und Grundbesitz ging. Yon diesen 203 Bede-
pflichtigen lässt sich nun ein ziemlich sicherer Schluss auf die Höhe der da-
maligen Bevölkerung Herborns ziehen. Berücksichtigen wir noch Folgendes:
Ein Verzeichnis der Einwohner von Herborn um 1580^^) enthält 236 Namen.
Nach Steubing''"') gab es im Jahre 1613 in Herborn 218 Personen, die Feuer-
schilling zahlten. 1638 war diese Zahl auf 192 gesunken, 1695 aber wieder
gestiegen auf 223. Nehmen wir nun mit Jastrow^') durchschnittlich 6 — 7 Köpfe
auf das Haus an, so besass Herboru, die obenerwähnten 30 Leute eingerechnet,
um 1398 gegen 1300 — 1350 bürgerliche Einwohner.''-^)
Was die Namen der Herborner Bedepflichtigen betrifft, so ist deren
Verwertung für orts- und familiengeschichtliche Zwecke nur in recht beschränktem
Masse angängig. Die Familiennamen, vor allem bei den unteren Klassen,
hatten sich zu jener Zeit noch nicht genügend konsolidiert ; eine Personenstands-
aufnahme in unserm Sinne zu liefern, konnte ja auch in keiner Weise von dem
Verfasser des Registers beabsichtigt sein. Eine Vergleichung der Namen auf
**) Xamen wie Katherina von Derinbach bedeuten nicht den Adel.
ß9) Oben Anm. 57.
'") Nur 2 sind ohne Ansatz geblieben, ebenso einige auf dem Lande.
'1) Es lässt sich nicht mit Siclierheit angeben, ob 4—7 Namen mit schon vorher ge-
nannten identisch sind.
'^ St. A., Altes Dillenb. Arch. 11 424. Ich verdanke den Nachweis des Stückes der
Güte des Herrn Archivdirektors Dr. Wagner.
^^) Topographie von Herborn (Marburg 1792), Beilage No. VIII.
'*) J. Jastrovv, Die Yolkszahl deutscher Städte zu Ende des Mittel alter.s und zu Beginn
der Neuzeit, S. 61 ti".
''") Zu Vogels Zeit (Beschreibung S. 817 1, um 1840, zählte Herborn in ^31 Häusern
2267 Bewohner, also annähernd 7 auf das Haus. [Ob der obige Ansatz für 1380 nicht zu hoch
gegriffen isty D. Red.J
58
dem Lande, die in zwei Reihen erlialten sind, zeigt mehrfache Ungenauigkeiten
des Verfassers; nicht minder sorglos wird er bei den Herborner Namen ver-
fahren sein. Es soll hier nicht weiter über die Namen selbst gehandelt werden,
hingewiesen sei nur auf die zahlreichen Spott- und persönlichen Beinamen, wie
Schrickelheyne, Geckirbenoe, Schrieconcze, Glappirczan, Dufeleliin. Menschen-
stucke, Mulenheyne und auf die häufigen Bezeichnungen nach Gewerben"''): der
Belczer, Welker, Endres der snyder, Tiele Becker, Sybel Czyraerman, von denen
die eine oder andere sich schon zu einem Familiennamen ausgewachsen haben
mag. Vergleicht mau die Namen mit denen des Einwohnerverzeichnisses von
1580, so kann man im besten Falle aus letzterem die folgenden mit Namen des
Bederegisters identifizieren: Bauch, Becker, Bueff, Oiele, Han, Heide, Heuu,
Krei, Loer, Lotz, Moriug, Rosenkrantz, Scheppe, Schmiett, Thiele, Trieff't, Weber,
Wiell, Wolf und Zimmermann.")
Aus der sehr verschiedeneu Höhe der einzelnen Bedebeträge, die von
5 Mark (60 Schill.) bei Heynemann von Schönbach und 22 Schill, bei Welker
bis zu 1 Schill, schwankt, würden sich, eine gleichmässige Verteilung der Steuer
vorausgesetzt, Schlüsse auf die wirtschaftliche Lage der Einzelnen ziehen lassen,
stände anderweitig genügendes Material über alte Herborner Familien zu Gebote.
Zu dem Gesamtbetrag der Herborner Bede ist zu bemerken, dass die Stadt
nach den Dillenburger Renteirechnungen von 1457 ff. nur je 80 Gulden Mai-
und Herbstbede zu zahlen hat. Eine Abgabe in gleicher Höhe erscheint auch
1580^«), wo im Ganzen 1034 Gld. 19 Albus 3 Pfg. Gefälle aus Herborn ver-
zeichnet sind, darunter beträchtliche grundherrliche Abgaben (Güter- und Wiesen-
zins), sowie 535 Gld. an Landzoll. Noch 1638 zahlte die Stadt zweimal jährlich
80 Gld. Bede, während aus dem ganzen übrigen Amt je 95 Gld. 22 Alb. Mai-
und Herbstbede fallen.'-')
Zu einem entgegengesetzten Ergebnis führt eine Gegenüberstellung der
Bedebeträge der einzelnen Dörfer in unserm Register, der Renteirechnung von 1457
und dem angeführten Verzeichnis von 1580, Hier zeigt sich eine Steigerung nach
der neueren Zeit hin. Der Münzfuss ist in den beiden ersten Verzeichnissen aller-
dings verschieden. Setzen wir indessen das Verhältnis: 8 Schill. = 1 Gld.^"),
so ergiebt sich für Herbornseelbach bei der Herbstbede: 672 Gld. von 14
Pflichtigen: OV.i Gld. von 30 Pflichtigen: 12 Gld. 17 Alb. Ob bei dieser
Steigerung allein die Vermehrung der Steuerzahler oder auch stärkere Heran-
ziehung des Einzelnen der entscheidende Faktor ist, lässt sich aus dem vor-
handenen Material nicht ohne weiteres ermitteln. Mit grösserer Wahrscheinlich-
keit wohl das erstere, indem, wie die späteren Gefälleregister ausweisen, die
"') Hinweise auf das in Herborn blühende Wollliandwerk, etwa in Gestalt von vielen
Xaraen wie Webirhenne, fehlen.
"') Das Verzciclmis der Herborner LJrandbeschädigtcn von 1626 (Steubing-, a. a. 0.,
8. 142 tt.) bietet natürlich noch weniger Berührung.spunkte.
^®) S. oben Anin. 54.
''••j Ver8chreil)ung des Grafen Ludwig Henrich /u Nassau für seine Schwiegertochter
Gräfin Anna Augusta, 1638, Februar 19 (St. A., Altes Dillenb. Arch , H 2496).
"") Vgl. bei Lamprcclit, Deutsches Wirtschaftsleben II, 433 die Beispiele für Lim-
burg 137.5 und 1391.
59
Ziilil der Abgaben alliiiälilich grösser wird. Diesen neuen Auflagen, namentlicli
den laudstündischeu Steuern gegenüber, büsst die Bede immer mehr an Be-
deutung ein.
Die Herbstbede weist in unserem Register für die Dörfer einen grösseren,
im Ganzen den doppelten. Betrag auf, wie die Maibede. Diese Verschiedenheit
wird nach Ausweis der vorhin verwendeten drei Verzeichnisse mit der Zeit geringer
und hat 1638 ganz aufgehört.
In Kürze sei nunmehr noch der 2. Abschnitt des Registers, der die
sonstigen Gefälle aufführt, einer Betrachtung unterzogen.
Hier sind zunächst Naturalabgaben verzeichnet, die kein weiteres Interesse
erwecken: Zins aus Mühlen, von Äckern, Abgabe (Medem) von Rottland, von
Wiesen und einem Weingarten zu lierborn.^') Sodann gegen 9 Pfd. „Schuren-
zins" von Bäckern und Metzgern, eine Abgabe, über die ich nichts weiter bei-
zubringen weiss.^^) Ebensowenig wie über die Kühe und Hammel, die zweimal
jährlich zu liefern sind. Dagegen erscheinen die Weinfuhren nach Mainz auch
später, indem es 1565'''-'j heisst, dass der Graf jährlich 5 Weinfuhren von den
Höfen und Mühlen im Amte Dillenburg hat, jede mit 5 Gld. löslich. Das
uffkiimmen von toden luden ist eine bekannte Leibeigenschaftsabgabe (Kurmede,
Besthaupt).
Zur Anweisung für die landgräflichen Gefälleerheber folgt sodann ein Ver-
zeichnis der Einkünfte, die aus der Herborner Mark gein Dülenherg fallen, d. h.
dem verpfändenden Grafen Heinrich bezw. dessen Gemahlin verbleiben. Be-
sondere Beachtung verdient daraus die Stelle über den Zoll zu Herborn (mit
dürftigen Ansätzen eines Tarifs), über das Ungeld und den kleinen Zoll,
die beide zum Besten der Stadt verwendet werden sollen*^'), und über die den
Nonnen zu Altenberg verschriebenen 4 Mark aus den Herborner Gartenzinsen.
Weiter folgt Güterzins, der teils rein in natura (das 3., 4. oder fünfthalbe
Seil!), teils schon in Geld entrichtet wird, und eine wohl auch grundherrliche
Abgabe von ÖP'') und Zwiebeln.
Über die Michaelis- und Martinshühuer ist schon gesprochen worden.
Die 46 Malter Hafer, die das Land jährlich auf das „Haus" Herborn zu
liefern hat, dürfen als markrechtliche Abgabe angesehen werden.
**') Für diese Naturalabgaben wird auf ein besonderes „Zinsbucli" verwiesen.
*^) Sollte damit die „Schuerbede" (= Schutzbede ■') zu vergleichen sein, die nacli einer
Urk. von 1483 (Abschrift St. A., Altes Dillenb. Arch., B 683) die nassauischen Eigenleute
im Grunde Breidenbach jährlich dem Landgrafen von Hessen, als dem Landesherru, im Be-
trage von je 14 Heller und 1 Huhn zu ontricliten hatten':'
8") St. A., Altes Dillenb. Arch , C 306.
'*^) So wohl auch der Überschuss des Bedeertrages über 100 Gld (38 Schilling, s. oben
Anm. 31). Indem in vorstehender Anm. angeführten Schriftstück heisst es bei „Herbst- und
Maigcschoss" zu Herborn : Jedesmal SO Gld. zu zahlen, das übrige der Stadt zuzuwenden.
**J Vielleicht handelt es sich um Ölmühlenzins, der noch 1565 in Ib'rborn füllt (Altes
Dillenb. Arch., C 306).
Die Herborner Zünfte und ihre Verfassungen.
You
M* Y* Domarus,
über Herborns Handel und Gewerbe in den ältesten Zeiten der Stadt
wissen die Geschichtsschreiber nur zu berichten, dass Herborn ,,seit dem
13. Jahrhundert der Mittelpunkt alles Verkehrs und Handels für die weite
Umgegend" gewesen sei, ,,in deren zahlreichen Urkunden alles (!) nach Herborner
Münze, Maass und Gewicht bestimmt"^) wurde, uud dass bereits im 14, Jahr-
hundert oder doch „in alten Zeiten" die Herborner Wollmanufakturen im Flor
gestanden hätten. -j Nach einer erst jüngst wieder vorgetragenen Ansicht^) soll
Herborn sogar schon 1250 — also noch als Dorf — eine eigene Münzstätte
besessen und bald darauf Herborner Münze, Mass uud Gewicht nicht nur in
der Umgegend und in Köln, sondern über Frankfurt hinaus bis zu dem grossen
Handels- und Messenplatz Leipzig gegolten haben. Irgendwelche urkundlichen Be-
läge für diese letzteren Behauptungen sind freilich nicht beigebracht worden, und
so wird trotz aller Begeisterung für das alte Städtchen an der Dill, dessen Jubel-
feier auch die nachfolgenden Zeilen gewidmet sind, über Herborns Handel
uud Gewerbe nur soviel gesagt werden können, als sich urkundlich nach-
weisen lässt.
Ob Herborn, das 1231 zum ersten Male als Dorf genannt wird, von
König Wilhelm auf Bitten der nassauischen Grafen Walram und Otto zur Stadt
erhoben wurde, weil es bereits eine grössere Ausdehnung erreicht, ein gewisser
Handel sich hier entwickelt hatte, oder ob dieser Städtegründung auch noch
andere Ursachen zu Grunde liegen, darüber wissen wir nichts. Sicher ist nur,
dass Herborn, begünstigt durch seine Lage an der Handelsstrasse nach Köln
und durch das Dillthal nach Frankfurt, in den ersten Jahrzehnten nach der
am 6. Kovember 1251 erfolgten Stadtrechtsverleihung emporblühte und hier
sich ein nicht unbedeutendes Handelsleben entfaltet hat. Gegen Ende des
13. Jahrhunderts nämlich, im Jahre 129G, und ebenso 1307 finden wir in
') Vogel, C. D., lieschreibung des Herzogtums Xassau, "Wiesbaden 1843, S. 719.
-) Ariioldi, .J. V., Geschichte der nassau-oranischen Länder, IJd. 1 (lladamar 1799),
S, 241. Steubing, J, IL, Topograpiiie der Stadt llcrborn, Marburg 1792, S. 90.
*) Nassovia, Jahrg. 1901, No. 18. — Vgl. unten S. 61, Anm. 10.
61
Ilerboni bereits ein Kaufhaus (Koifhus)^), also ein Haus, wie es in auderen
Städteu die Kaufleute, besonders aber die Tuchmacher und Gewandschneider
besassen, ein Haus, in dem Waren aufgestapelt, kontrolliert und verkauft wurden.')
Kaufliäuser sind in den deutschen Städten im 13. Jahrh. noch selten, um so mehr
Interesse erweckt es, dass das kleine Herborn schon damals ein solches Gebäude be-
sitzt"), das neben dem Rathaus das bedeutendste und wichtigste einer Stadt war und
in kleineren Orten nicht selten mit dem Ivathaus unter einem Dache vereint wurde.
Beachtenswert ist ferner, dass wahrscheinlich schon 1259^) eine Münz-
stätte in Herborn bestanden hat; denn in diesem Jahre und ebenso noch 1209*")
und 1270^) wird in den Urkunden ein „Henricus monetarius de Hirvirne"
(Herborn) genannt. Dass bereits 1250, also noch vor der Verleihung des Stadt-
rechtes, in Herborn gemünzt wurde, ist ebensowenig urkundlich nachweisbar,
wie dass bald darauf auch Herborner Mass und Gewicht bis zu den grossen
Messplät/en Köln und Leipzig gegolten liabe^'^). Herborner Mass wird meines
Wissens zum ersten Mal in einer Urkunde vom 2. April 1329^^) erwähnt und
Herborner Währung erst 1333 bezw. 1340.^2^ Natürlich hat Herborner Münze,
Mass und Gewicht in der Umgegend gegolten, aber die war, wenn nicht klein,
so doch auch nicht gross, und schon in der Nachbarschaft nach beiden Seiten
hin gab es bedeutende Konkurrenzstädte wie Siegen, dessen Handel mit Köln
bekanntlich bereits im 13. Jahrhundert blühte, und Wetzlar, dessen Währung
gleichzeitig mit der von Herborn und Siegen in den Urkunden vorkommt.
*) Urk. V. 27. Jiin. 1296 und v. 5. Febr. 1307 im St. A. W., ürk. VII. — Vgl. Wyss,
A., Hessisches Urkundenbucli, Abt. 1, Urkundenb. der Deutschordensballei Hessen, Bd. 1
No. 607, Bd. 2 No. 111. Die betreffenden Stellen lauten: „De domo contigua domui, que
koifhus vulg-ariter nuncupatur" und „de domo sua sita prope kauflius".
•') Vgl. Schmoller, G., Die Strassburger Tucher- und Weberzunft, Strassburg 1879,
S. 456—462. — Below, G v., Das ältere deutsche Städtewesen und Bürgertum, Bielefeld u.
Leipzig 1898, S. 54—60.
•5) Aus dem 13. Jahrhundert ist nur ein Herborner Kaufmann bekannt, der mercator
Siegfried, auf dessen Haus der Bürger und Schöffe Heinrich Sinnege zu Herborn eine Rente
besass, die er am 6. Aug. 1272 mit anderen Gütern dem Deutschordenshause in Marburg ver-
machte; am 26. Febr. 1281 erhielt Siegfried sie mit anderen Renten auf Lebenszeit zurück.
Wyss a. a. O., Bd. 1 No. 281 u. 387.
'') Urk. vom Aug. 1259 im St. A. W., Urk. II, 33.
*) Urk. vom 15. Febr. 1269 bei Wyss a. a. O., Bd. 1 Nr. 245.
«) Urk. vom Dez. 1270 im St. A. W., Urk. VII.
") Die Nachricht in der Nassovia a. a. O. ist wahrscheinlich aus Steubing a. a. O.,
S. 124 übernommen, wo als Quelle für das Jahr 1250 die Schrift „Sublimis advocatia . . .
in Sachen des Herrn Grafen Hermans zu Sayn . . . contra das Kloster Marienstadt, Wetzlar
1761", angeführt wird. In Wirklichkeit hat aber diese Deduktionsschrift in der Beilage Xo. 1.')
das richtige Datum „August 1259", und auch durch Arnoldi a. a. ()., Ud. 3, Tl. 2, S. 113,
114 konnte der Irrtum Steubings schon berichtigt werden. Steubing S. 91 erzählt auch,
dass die Herborner auf der Leipziger Messe Wolle gekauft hätten, aber nicht etwa bald
nach 1250, sondern erst im 18. (!) Jahrhundert. Handelsmessen gab es in Leipzig übrigens
erst im 15. Jahrhundert.
") St. A. W., Urk. VII. — Unter dem 6. Aug. 1334 auch bei Wyss a. a. Ü., Bd. 2 No. 603.
■'') „Payment im lande zu Herl)orn" heisst es in einer Urkunde vom 21. Mai 1333
(St. A, W., Urk. VII). „Herborner Währung" kommt zuerst in einer Urkunde vom 4. Juli
1340 (St. A. W. a. a. O), dann bis 1349 zieralicii häutig vor.
Ob in älterer Zeit Herboruer KauHeute auf der über Herborn gelieuden,
sog. Leipziger Landstrasse oder auf anderem Wege bisJ^eipzig gezogen sind, ob hier
1 [erborner Geld angenommen oder uaeli Herborner Mass und Gewicht gerechnet
wurde, darüber wissen wir nichts. Wahrscheinlich ist es aber nicht; Herborns
Handel erstreckte sich vor allem nach Köln, und erst im 15. Jahrb. hören wir, dass
Herborn auch die Frankfurter Messe beschickte, Wolle und Leder dort absetzte.^-')
Im 16. Jahrh hatte sich, wie aus der Ordnung der WoUeuweberzunft vom 15. März
1525^') hervorgeht, der Handel mit Frankfurt schon mehr entfaltet; bereits damals
besass das genannte Handwerk dort eine Halle und ,,se/7 menschengedeulen'-'-, wie es
1609 heisst, ein Haus für seine ^^nofclarft und gclegoiJieit undivas zu handwerls nutze
diene. '■''^■') Im 13. Jahrhundert aber wird der Handel Herborns trotz des Kaufhauses
wohl kaum von grosser Bedeutung gewesen sein; dazu war der Verkehr zu
srerinff, die Stadt zu klein. Herborn hatte im Jahre 1792 335 Häuser, 1642
deren 230"^), 1447 etwa 183 Häuser^^); nehmen wir mit den Statistikern an,
dass die Häuserzahl in zwei Jahrhunderten sich ungefähr verdoppele, so hatte
Herborn im 13. Jahrhundert etwa 80 bis 90 Häuser, alles in allem. Im Jahre
1398 gab es 203 Steuerzahler in Herborn^'^), also Leute, die einen eigeneu
Herd hatten, und fast vier Jahrhunderte später, im Jahre 1781, hatte die Stadt
nur 278 wirkliche Bürger und 1789 nach einer Zählung von Haus zu Haus
nicht mehr als 1884 Einwohner.^'')
Der Handel und die gewerbliche Produktion Herborns hat sich, wie schon
angedeutet, in erster Linie auf Wollwaren erstreckt. In Friesland und den
Niederlanden blühte die Wollindustrie schon seit Jahrhunderten, von dort aus
hatte sich die Wollweberei nach Cleve und Geldern und au den Ehein ver-
breitet; die Kölner Weberei stand im 13. Jahrhundert an der Spitze aller
übrigen deutschen, und im Tuchhandel war Köln mit seinen Verbindungen nach
Brügge und London und dem Oberrhein allen anderen Städten weit über-
legen. Von den Niederlanden und vom Khein her, vielleicht von Köln aus,
werden die Wollschläger und Wollweber auch den Weg nach Ilerborn gefunden
und sich hier ansässig gemacht haben, umsomehr, nachdem Herborn 1251
Stadt- und Marktrecht erhalten hatte. Zunächst wurde nur alltägliche Ware
fabriziert; feinere Tuche, Seidenstoffe, kostbare Gewebe und Teppiche bezog
man im Wege des Handels aus dem Ausland, und Herborn wird seinen Bedarf
in diesen Artikeln wohl iu Köln gedeckt haben. Die Färberei war zu jener
Zeit in Deutschland noch wenig ausgebildet; auch Herborn dürfte im 13, und
13\
'*) Von weit entlegenen Städten, mit denen Herborn nachweisbar in Handelsbeziehungen
stand, ist mir, abgesehen von Köln und Frankfurt, nur Kassel bekannt, wo die Herborner
Schuhmacher — aber auch erst im 17. Jahrhundertl — feines Leder kauften. St. A. W.,
VII A, ad Z No. 32. A^gl. Anm. 10.
") St. A. W., Urk. VII und Akten VII A, Z :N'o. 37 b.
*^) St. A. W., VII A, Z No. 22 b u. Translix v. 8. Sept. 1.525 zum Zunftbrief v. 15. März 1525.
1") Herborner Stadtprotokoll, 1633—1677, Original iu der Slg. d. A. V. H., Abschrift
im St. A. W., VII A, H No. 2401.
") Steubing a. a. 0., S. 108. — Arnoldi a. a. 0., M. 3, Tl. 2, S. 7.
**) Vgl. die Abhandlung von Dr. Eggers in dem vorliegenden Hefte, S. 57.
'') Steubing a. a. 0., S. 109 und St. A. W., Nachlass Vogel, No. 4*).
ISl
63
14. Jahrhundert nur graue und weisse Tücher hergestellt haben. Die erste
Kunde, dass hier auch gefärbte Tücher verfertigt wurden, stammt aus dem
folgenden Jahrhundert, aber noch im 17. Jahrhundert waren ausländische,
namentlich englische oder Londoner (luntische) Tücher auf den lierborner
Märkten so gesucht, dass acht Wollcntuchmacher, die mit grossen Unkosten
in Erfahrung gebracht, „«ic tnan die duch uf enxjlische iveissc aus herciten
kan^'-j am 2. April 1653 um die Erlaubnis zur Herstellung solcher Tücher
einkamen.-")
Ob es nun in Herborn schon im 13. oder 14 Jahrhundert Kaufmamis-
oder Handwerkergenossenschaften gegeben hat, ob die Macht etwaiger Zünfte
auch hier schon so gewachsen w^ar, dass sie nach dem Vorbild anderer Städte-^)
einen Kampf mit den Altbürgern der Stadt wagen konnte, darüber fehlen uns
jegliche Nachrichten. Erst aus dem 17. Jahrhundert wissen wir, dass die
Zünfte in llerborn eine Vertretung bei der Stadtverwaltung und die Einsetzung
eines Ausschusses von Zunftgenossen beanspruchten, und dass es hierüber
zwischen dem Stadtregiment und den Handwerkern zu langwierigen, oft mit
grobem Geschütz geführten Kämpfen kam, die schliesslich zu Gunsten der Zünfte
entschieden wurden.^-) Gleichzeitig wird berichtet, dass der eine der beiden
Bürgermeister aus den Schöffen, der andere aus den Zünften gewählt wurde.
Wann aber zum ersten Mal die Wahl eines Zunftgenossen zum zw^eiten Bürger-
meister erfolgte, darüber verlautet wiederum nichts. Schon 1309 werden zwei
Bürgermeister genannt--'), ob aber vorher stets nur ein Bürgermeister an der
Spitze der Stadt stand, ob die Einführung von zwei Bürgermeistern die Folge
eines vorausgegangenen siegreichen Kampfes der Zünfte gewesen ist, und ob
wirklich schon damals der zweite Bürgermeister einer Zunft angehört hat, lässt
sich bisher nicht entscheiden. Schwerlich haben aber in Herboru schon zu
Anfang des 14. Jahrhunderts solche Verfassungskämpfe stattgefunden; die Zeit-
spanne von der Stadtgründung 1251 bis 1309 ist zu kurz, die Stadt noch zu
klein, als dass sich in ihr ein mächtiger Handwerkerstand entwickelt haben sollte.
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts mögen schon vereinzelte gewerbliche
Vereinigungen oder Bruderschaften zu Herborn bestanden, vielleicht die Wollen-
weber, die Schneider und Bäcker eine gewisse Ordnung gehabt haben; sichere
■") St. A. W., VII A, Z No. 38. Das Gesuch wurde in Dillenburg abgelehnt mit der
Begründung: „Ist nit ahngenommen worden, loeil das bereiten nur zum betrug des gemeinen
manns gereichet. "^
^^) Das 14. Jahrhundert ist die klassische Zeit der Zunftkämpfe. In Siegen kam es
zwischen den Zünften und Geschlechtern zu erbitterten Kämpfen, die mit dem vollständigen
Siege der ersteren endigten.
^^) Schon am 10. Dezember 1642 wurde von Dillenburg aus dem Amtmann in Herboru
befohlen, einen Ausschuss und Vorstand der Bürgerschaft anzusetzen ; es kam aber erst später
zur wirklichen Bildung dieses Ausschusses des Kollegiums der „Sechster", dessen Aufgabe es
war, die Gerechtsame der Zünfte und der Bürgerschaft gegen etwaige Eingriffe des Magistrats
mit Naclulruck zu schützen. Wann diese sechs Stadtverordneten zum ersten Male ihres Amtes
walteten, habe ich bisher nicht feststellen können. St. A. W., A''II A, Z No. 44 b und Nach-
lass Vogel, Xo. 49. Vgl. auch Steubing a. a. 0., S. 74 u. 75.
'") Wyss a. a. C)., Bd. 2 Xo. 1(13, Urk. vom 21. S,.pt. 1300. V-1. Xo. 92 u. l.'}3.
64
Nachrichten fehlen darüber, doch Kisst es sich aus den noch erhaltenen Ver-
fassungen verschiedener ]Ierborner Zünfte aus dem 15. und zu Anfang des
IC. Jahrhunderts annehmen. In dieser Zeit nämlich werden den bereits be-
stehenden Zünften alte Zunftbriefe bestätigt oder erneuert, neue Gesetze hinzu-
■^efügt, die Organisation "des einzelnen Handwerks ist schon eine verhältnismässig
ausgebildete, kurz, alles weist in diesen ältesten Herborner Zunftordnungen darauf
hin, dass dort die Handwerker vielleicht schon im 14. Jahrhundert, sicherlich
aber zu Beginn des 15. Jahrhunderts, Genossenschaften gebildet haben, mögen
sie nun religiösen oder weltlichen Ursprungs gewesen sein, mögen sie Bruder-
schaft, Amt, Innung, Zunft oder wie immer geheissen haben. Dass die ersten
Handwerksvereinigungen auch in Herborn in erster Linie religiösen und kirch-
lichen Ursprungs sind, geht aus vielen Bestimmungen der ältesten Zunftver-
fassungen hervor; so bestehen die Strafen für Yergehen weniger in Geldstrafen als
in Lieferungen von Wachs für die Kirche, die Vorsteher der Zunft heissen stets
noch Kerzenmeister-'), für die Feier der Festtage der Jungfrau Maria, der Apostel
und anderer Heiligen werden besondere Bestimmungen getroffen u. a. m.-')
Während aus dem 13. Jahrhundert nur ein Herborner Handwerker be-
kannt ist — der Metzger (carnifex) Heinrich genannt Kois-''}, auf dessen Haus
in llerborn die Gräfin Agnes von Nassau 1296 eine Rente besass, — haben
hundert Jahre später verschiedene Gewerbe schon eine gewisse Bedeutung er-
langt; so bezahlen 1398 nach dem oben erwähnten Bedeverzeichnis die Bäcker
und Metzger einen Scheuuenzins von fast 9 Pfund Geld (Pfennige), und
ausser der Walkmühle sind zwei Mahlmühlen im Betrieb. Wahrscheinlich stand
um diese Zeit auch schon das Gerberhand werk in Herborn in Blüte; denn bereits
1437 wird nach den Gerbern eine Strasse, die Loer- oder Loher-Gasse benannt.^^)
Einige Jahrzehnte später kommt dann endlich die erste bestimmte Kunde von
einem in einer Bruderschaft oder Zunft vereinigten Handwerke in Herborn, dem
der Tuchmacher. In der Dillenburger Renteirechnung von 1461 nämlich
findet sich unter den Eintragungen der aus Herborn jährlich zu zahlenden
Pfenniggülte der Vermerk: „D/e walckemoln zo Herborn ist unforgulden hieven,
als mir die Kirtzemeister vurhalden und liant nit bezalt 0 jar und in myns
jonchern gnaden nit berechent, ydas jar 1 gülden, machet 9 gülden."-^) In den
-'•') Die Zunft oder Bruderschaft nahm an den kirchliclien Prozessionen teil; für die von
den /unftgenossen zu tragenden Kerzen hatte der Zunft- oder Kerzennieister zu sorgen.
") Vgl. Beil. II, Zunftordnung der Schneider zu Herborn vom 16. März 1474, besonders
den 3. und letzten Artikel. — Heil. III, Zunftvorfassung des Wollenhandwerks zu Herborn
vom 1. August 1487, Art. 3, 4, 8, 9 u. 10. — Zunftordnung der Wollenweber vom 15. März
1525 (Abschrift auf Pergament im St. A. W., Urk. VII und beglaubigte Abschrift vom 20. Mai 15G1,
ebendort, VII A, Z No. 37 b; sciilechter Abdruck in den Dillonli. Int.-Nachr., 1774, Sp. 433-437),
Art. 1,4, 9, 10. — Zunftartikel des Bäckerhandwerks vom 12. Nov. 1511 (Original imSt.A.W. a.a.O.).
*«) Urk. vom 27. Januar 1296, St. A. W., Urk. VII. Vgl. Wyss a. a. O., Bd. 1 No. 607.
") Urk. vom 13. Dezember 1437 im St. A. W., Urk. VII. Nach der Vogt- (nicht
Veit-) Gasse ist diese Strasse die älteste bekannte der Stadt; sie wird später noch öfters in
den Kechnungsregistern der Kentei Dillenburg genannt. Steubing ii. a. O., S. 54 giebt die
erste Nachricht über sie aus dem Jahre 1449
2") St. A. W., Rechnungen.
folgeutlen Reclmungou lieisst es daun legelniässig ,/7?'c Kertzmeister usz der
ncder walclmoln 1 (jüJdon'- ; 1469 bezahlten sie uur 8 Turnoscii, 1500 nur nocii
5 Turnosen und 12 Heller.-"')
Die älteste, bisher bekannte llerborner Zunftordnung datiert vom
1. August 1487 und enthält die mit Genehmigung des Grafen Johann V.
von Nassau von den Mcistcin des Wollenhandwerks zu llerborn aufgesetzte
„Ordnung, Regiment und Inne"/") Es giebt aber noch ältere Herborner Zunft-
artikel; sie betreffen das ehrsame geschworene Schneiderhandwerk und sind
diesem bezw. dessen Zunftmeistern Wolfart Nottze und Profyet — den ältesten
bekannten Zunftmeistern der Stadt — von dem Grafen Johann IV. von Nassau
am 16. März 1474 vorliehen,''')
Die Zunftordnungen bezweckten die Förderung des einheimischen Hand-
werks und die Regelung des Verkehrs der Genossen innerhalb und ausserhalb
der Zunft. Viele der Herborner Zunftbriefe geben in der Einleitung selbst den
Grund an, weshalb sie erlassen oder erneuert wurden. Das Streben der Hand-
werker, den Markt allein zu beherrschen, die Furcht vor der Konkurrenz und
der Überfüllung des Handwerks, Klagen über den Niedergang des Gewerbes,
über betrügerische Ware ausländischer Handwerker, die Abschaff'ung einge-
rissener Missbräuche, das Nichtbeachten bestehender Gesetze, auch schwere
Unglücksfälle, wie der grosse Brand von 1626, gaben in Herborn Veran-
lassung zu Zunftverleihungen, zur Erteilung neuer oder Bestätigung alter
Zunftprivilegien und Freiheiten. Die Wollenweber erhielten am 15. März
^^) Da im Nachfolgenden wiederholt verschiedene Münzsorten angegeben werden müssen,
so seien hier zum besseren Verständnis die Münzwerte, nach denen im täglichen Verkehr ge-
rechnet wurde, nach den Eintragungen in den Dillenburger Rentei- und Kellerei-Rechnungen
(St. A. W.) aufgeführt. 1) 15. Jahrhundert bis um 1470: 1 Gulden = 12 Turnosen; 1 Turnos
= 2 Albus oder Weisspfennig = 18 Heller = 4 Jungheller; 1 Scliilling = 3 Albus; 1 Albus
= 9 Heller. 2) P]nde des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts: 1 Gulden = 24 AUms;
1 rhein. Gulden = 1 Guld. 6 Albus; 1 Albus = 12 Heller (8 Pfennig), 1 Räderalbus =
1 Albus 2 Heller; 1 Gulden = 15 Batzen = 60 Kreuzer, Im Jahre 1484 galten 12 junge
Heller = 9 alte Heller = 1 schlechten Weisspfennig; 1 Räder- Weisspfennig = 14 junge
Heller; 1 Gulden = 24 köln. Weisspfennig; 1 rhein. Gulden = 31 schlechte oder köln.
Weisspfeunig. Nach dem Münzedikt der Grafen Johann und Georg von Nassau vom 8. Dez.
1606 (Dillenb. Intell.-Nachr., Jahrg. 1777, Sp. 545 ff.) galt 1 Rth. = 1 Gulden 15 Albus,
1 Königsthaler = 1 Gulden 18 Albus; nach dem Münzedikt des Grafen Ludwig Heinrich vom
23. Juni 1624 1 Rth. = 1 Gulden 16 Albus ; 1 Philipps- oder Königsthaler = 5 ganze oder
10 halbe Kopfstück = 1 Gulden 20'/2 Albus. — Vgl. über Geldwerte in Hcrboi-n auch
Steubing a. a. 0., S. 124-127; ferner v. Arnoldi, Beitrag zur Geschichte des Münz-
wesens, in den Annal d. Vereins für nass. Gesch. und Altertumskunde, Bd. 1, H, 1, S. 87
bis 99, und Isenbeck, das nass, Münzwosen, ebendort Bd. 15 S. 99 bis 123, Bd. 18 S. 145
bis 196, Bd. 19 S, 115.
"") Arnoldi a. u. ü., Bd. 3, Tl. 2, ö. 23 und Vogel a. a. ()., S. 719 erwähnen sie
kurz; Steubing kannte sie noch nicht. Auch die Nassovia, Jahrg. 1901, No. 20ignoriert sie.
Vgl. Beilage III.
=") Die Urkunde ist zwar nicht mehr im Original erhalten, sie wurde aber von dem
Herborner Stadt- und Gerichtsschreil)cr und kaiserlichen Notar Siegfried Stoer (auch Stoir^
1527—1545) auf l'ergament abgeschrieben, und diese beglaubigte Kopie ist noch vorhanden
(St. A. W., Urk. VII). Vgl. Beilage II.
5
66
1525 von dem Grafen ^Villlelm eine neue Ordnung^-), „(htmif dkselhigen
auch irr irhen und naclil:ommcn sich destohas ernercn mögen, fride und
einicleif under ien halten und einem ildichen Jceufcr gut Jcaufmans gut
liheru."' Als sie am 25. Mai 1666 den Fürsten Heinrich von Nassau um die
Verleihung eines neuen Zunftbriefes baten, begründeten sie ihr Gesuch in folgender
Weise: ,,Seiut auch bei den hnntwerlcen grose verenderungen Vorgängen^ sonder-
lich aber bei unserm ivillenhantuerlc, welches jezo gar anders cds vor 50, 60
und mehr jähren getrieben uird, so dass fast dasz ivenigste, wasz in deme von
E. fl. DJ in gott ruhenden vorfahren habenden chur und zunftbrif enthalten^
beim hantwercJi mehr in üblichem brauch geplieben^ sondern nach und nach in
abgang gerathen, von andern auch von sonderlich den ihn- und ausländischen
kramern mit zufuhrung fremder, nichts wehrter. falscher düchcr wir gar zu
grünt gerichtet und in gänzlichen abgang unserer nahrung gebracht werden.
Von dem vor äugen schivehenden totcden undergang unsz zu retten, haben hein
ander mittel erdenken können, als solcher E. fl. D.i als unsern gnädigsten landes-
fürsten und vatern zu klagen und underthänigst zu bitten, beiliommende von
uns ganz und zumahlen ohnvorgreiflich ufgesetzte punkten durch dero fürstl.
herrn räthe durchsehen und examiniren imd uns hernach in solenni forma
eines neuen zunftbrif s under E. //. DJ hand und siegel in gnaden niitthcilen
zu lassen." ■'■') Den Bäckern gefielen 1604 nicht mehr die ihnen am 12. November
1511"') von dem um Handel und Gev/erbe seines Landes sehr verdienten Grafen
Johann V. von Nassau „?//" vilfaltig ansuchen der kirzen und zonftmeister des
beckerhantwcrks unser stat Her&o?'«" bestätigten Zunftartikel; sie schrieben des-
halb am 18. Juni 1604 an den Grafen Johann den Alteren: ^,Weil rvir dan
ein alten zunftbrief haben, so ahn die Mindert jähr alt, ivelcher beneben dem
sigel mehrenteils verletzet und zerbrochen^''), auch darin viel papisterei befunden
und denselben zu verneuern und ein andern laut beigelegtem conzept, gleich den
DiUenbergischen und Sigenischen, underthenig begehrens sein, als seint ivir der
underthenigen Zuversicht, E. G. unser sambtlichen hantierung tmd gelegenheit
gnedig betrachten und uns laut beigefugtem concept ein andern zunftbrief auf-
richten, verfertigen und gnedig mitteilen iverden lassen.^^^^) Am 1. August 1627
verlieh Graf Ludwig Heinrich von Nassau der Schlosserzunft''') zu Herborn
neue Satzungen, ,,damit dieselbige nach dem hochschädlichen und umciederh'ing-
Hchen groszen brantschaden, welchen sie in negst abgewichenem 1626. jähre
den 20 augusti erlitten und ausgestanden, sich etivas wieder erholen, auch sich
und die ihrige desto basz ausbringen und ernehren, auch einem jedtvedern
kaufern ufrichtig kaufmansgut gelifert werden möge.^''^^) Ahnlich lautet
^2) Vgl. S. 64, Anm. 25.
33) St. A. W., Vn A, Z Xo. 37 c.
=»^) St. A. ^\., Ulk. VII.
^^) Zunftordnung vom 12. November 1511; vgl. Aum. 34.
36) St. A. W., VII A, Z No. 30. Das Konzept liegt bei dem Schreiben.
*') Zu ihr gehörten damals auch die Uhrmacher, Schmiede, Messerschmiede, Glaser,
Leiendecker (Steindecker), Soiler. I.ciiicntiich- und .'uiiloco l\r;ini(ir (!).
^") St. A. W., L ik. Vll.
67
der Anfang der den llutniaclieru \uu demselben Grafen am 12. September 1027
gegebenen Zunftordnung'""!; die späteren Zunftbriefe berühren nur ganz kurz
oder überhaupt nicht die Gründe, weshalb sie erlassen sind.
Sämtliche lierborncr Zunftbriefe sind ohne Ausnahme von den Landesherren,
den Grafen oder Fürsten von Nassau, verliehen oder erneuert; ehe aber die
Meister eines Handwerks, oft durch Vermittlung des Schultheissen, um die Er-
teilung einer Zunftordnung einkamen, berieten sie selbst die einzelnen Gesetze und
Artikel und zwar auf Grund der bisher in dem Handwerk beobachteten Ordnung,
oder sie Hessen sich zu diesem Zwecke von auswärts, wo schon eine ähnliche
Zunft bestand, deren Zunftbrief kommen. So hatten die Bäcker 1604 eine neue
Zunftverfassimg nach dem Muster der Dillenburgischcn und Siegenschen Bäcker-
ordnung aufgestellt'"); für den Zunftbrief der Hcrborner Metzger vom 27. April
1681") bildeten der Kurbrief der Siegener Metzger vom 15. März 1504 und
eine undatierte Zunftordnung der Fleischhauer zu Marburg die Grundlage'-), und
die Hutmacher zu Herborn entnahmen 1627 ihre Satzungen dem Zunftbriefe
der Marburger Hutmacher vom 17. Oktober 1569'-') und den Städteordnungen
von Siegen, Marburg und Trier.") Nach eingehender Beratung wurden dann
die einzelnen Paragraphen festgesetzt und die ganze Vorlage der gräflichen,
später fürstlichen Kanzlei in Dillenburg eingereicht.'"') Hier wurde sie geprüft,
geändert, verbessert oder auch verschlechtert und dann dem Handwerk in feier-
licher Form die Zunft verliehen. Die Herren von der Kanzlei hatten es meist
nicht sehr eilig, und wer sich nicht der Gunst des einflussreichen Sekretärs
erfreute, konnte lauge warten; oft vergingen Monate, ja viele Jahre, ehe die
immer von neuem bittenden Handwerksmeister eine Antwort oder den ersehnten
Zunftbrief erhielten. So berichteten die Herborner Weissgerber am 11. Dezember
1579 nach Dillenburg, dass sie eine Ordnung unter sich errichtet hätten, und
baten um Bestätigung; am 18. Mai 1582 war ihnen der Zunftbrief noch nicht
bewilligt worden.^") Die Zunftgenossen des Wollenhandwerks baten 1584 um einen
neuen Kurbrief und erneuerten ihr Gesuch in den Jahren 1586, 1589, 1590,
1591 und 1592; trotzdem schon am 8. September 1592 das von der Kanzlei vorge-
schlagene Konzept die Genehmigung des Handwerks gefunden hatte, erhielten die
Wollenweber erst am 6, August 1 594 den verlangten Zunftbrief. '^) Die Schuhmacher
wurden am 18. November 1586 vorstellig, dass ihnen „der i-or genommene zwifthrief
zugestellt werde"'); die Ausfertigung der Zunfturkuude, nach deren Angabe sie
ä«) St. A. W., VII A, Z No. 28.
"») Vgl. S. 66.
") St. A. W., Urk. VII.
*2) St. A. W., VII A, H No. 1291.
") Gegeben von dem Landgrafen f.udwig IV. von Hessen, dessen Vater Pliilipp der
Grossmiitige den Hutinnchorn zu Marburg zuerst eine Ordnung verlieh. Landgraf Moritz bc-
stiitigtc den Zunftbrief am 8. Februar 1609. St. A. W., VII A, Z Is'o. 28.
") St. A. W. a. a. O., Z No. 28.
") Vgl. S. 66 und Beilage III, Einleitung.
*6) St. A. W., VII A, ad Z ]N'o. 32.
") St. A. W., VII A, Z No. 37 b.
^«) St. A. W., VII A, ad Z No. 32.
5*
68
bis dahin „keine beschriebene ordninuf hatten, erfolgte aber erst am 11. Juli
1597.'*^) Noch schlimmere Erfahrungen machten die Herborner Hutmacher, die
schon 1014 und 1621 wiederholt, zuletzt am 21. Februar 1626, ohne Erfolg die
Erteilung einer Zunftordnung nachsuchten; erst der grosse Brand vom 20. August
1626 verhalf ihnen zu einer solchen ; am 12. September 1(527 nämlich erhielten
sie endlich den Kurbrief, aber doch erst, nachdem sie ihre frühere Petition am
29. März 1627 erneuert hatten.'"*') Aus demselben Jahre datiert die Verfassung
der Schlosser- oder Eisenzunft, deren Mitglieder sich schon am 14. August
1602 zur Aufrichtung einer Bruderschaft vereinigt hatten, aber mit den von der
Regierung damals und im folgenden Jahre vorgeschlagenen Artikeln nicht einver-
standen waren. ■''^) Am ärgsten erging es den Metzgern, die am 12. Mai 1634 um die
Gewährung eines Kurbriefes angehalten hatten; am 18. Februar 1649 erinnerten
sie zwar den Kanzleisekretär zu Dillenburg an die von ihm „gegebene gute Ver-
tröstung icegen der von ihnen begehrten zunft''\ aber sie mussten noch oft nach
der benachbarten Residenz wandern, schriftlich und mündlich bitten und mahnen,
bis ihnen endlich im Jahre 1681 der schon erwähnte Zunftbrief vom 27. April
„genäclig verwillig et'"'' wurde.
Von Interesse ist es, dass die Meister eines Handwerks, nachdem sie sich
zu einer Genossenschaft vereinigt und eine Ordnung aufgerichtet hatten, sich
als Zunftgeuossen bezeichneten, auch wenn ihnen von dem Landesherrn die Zunft
noch nicht verliehen, ihre eingereichte Satzung noch nicht bestätigt war. So
gab ei bei den Weissgerbern zu Herborn schon 1579 zwei Zunftmeister'-),
obwohl sie noch 1582 die Zunft nicht hatten; ebenso werden schon 1583 — 1586
Zunftmeister des Schuhmacherhandwerks genaout'"'), trotzdem diesem erst 1597
eine „Ordnung und Brüderschaft" bewilligt wurde, und die Hutmacher unter-
zeichnen ihre erneute Eingabe um Errichtung einer Zunft vom 3. September
1621 „sambt Zunftgenossen des Hutmacherhandwerks zu Herborn ''■'■^), während
sie bekanntlich erst 1627 einen Zunftbrief erlangten.
Die Urkunden über die Errichtung oder Erneuerung der Herborner Zünfte
sind meist auf Pergament geschrieben. Die älteren Zunftbriefe, welche noch
nicht sehr viele Paragraphen enthalten, bestehen aus einem einzigen, allerdings
ziemlich grossen Pergamentblatt, von dem das Siegel des Laudesherrn am
Pergamentstreifen herabhängt; die späteren, oft sehr umfangreichen Zunft-
ordnungen, namentlich die des 17. Jahrb., umfassen mit Umschlag sechs und
mehr Folioblätter, die mit Seidenfäden, geflochtenen Seidenschnüren oder breiten
Seidenbändern in den Farben des Landesherrn geheftet sind. An den Enden
der Schnüre oder Bänder hängt in Holzkapsel das Siegel des Grafen ; bei den
auf Papier geschriebenen Kurbriefen dagegen laufen die Seidenfäden durch ein
*^) St, A. AV., Urk. VIL
'") St. A. AV., VII A, Z Nr. 28 und Urk. VII.
") St. A. AV., VII A, Z No. 24 u. 25.
'-) Hans Herbach und Paul Gerlach, St. A. W., VII A, ad Z No. 32.
''^) So war 1583 Johann Miese Zunftmeister der Schuster, St, A. W. a, a. O.
*'j St. A. W., VII A, / Nr. 28.
69
aufgedrücktes (Oblaten-) Siegel.'"') Alle Originalzunftbriefe, ausgenoinmeu die
des 15. und aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, tragen die eigenhändige
Unterschrift des Landesherrn und oft auch noch die Unterschrift''") des oder
der Grafen oder Fürsten von Nassau, die bei ihrem Regierungsantritt oder aus
anderer Veranlassung die Zunftartikel ihrem ganzen Wortlaut nach einfach be-
stätigten. Die letzte, mir bekannte, auf Pergament geschriebene Herborner
Zunftordnung ist die der Schneider vom 1. September 1725"'''), die erste auf
Papier geschriebene die der Wollenweber vom 6. August 1594.''^;
Die letzten Herborner Zunftbriefe stammen aus dem Jahre 1783, indem
Prinz Wilhelm von Oranien, Fürst zu Nassau, eine ganze Reihe von Zünften
bestätigte und erneuerte ; sie sind auf Grund der Generalzunftartikel von 1779
erlassen und enthalten hauptsächlich ausführliche Bestimmungen über das Meister-
stück. Mit wenigen Ausnahmen sind alle von 1474 — 1783 den verschiedenen
Handwerken der Stadt Herborn gegebenen Zunftverfassungen im Original er-
halten, dank des die Auflösung der Zünfte verfügenden Edikts des Herzogs Wilhelm
von Nassau vom 15. Mai 1819, das auch die Einsendung aller vorhandenen
Zuuftartikel oder anderen Zunfturkunden und der Zunftsiegel an die Laudes-
regierung und die Ablieferung von dieser an das Landesarchiv''^) in Idstein an-
ordnete.*'*') Im Nachfolgenden sind in erster Linie die älteren und die be-
deutendsten Handwerke der Stadt Herboru berücksichtigt, die Zunftordnungen
des 18. Jahrhunderts nur vergleichsweise herangezogen; ebenso musste ich mich
bei der Masse des Materials auf die wichtigsten, bei allen Zünften vorkommenden
Verfassungsbestimmungen beschränken, die unzähligen Artikel aber, die den
Betrieb des einzelnen Handwerks betreffen, einer späteren Betrachtung vorbehalten.
Über die Aufnahme in eine Herborner Zunft enthalten die älteren Zunft-
briefe nur wenige Vorschriften ; im allgemeinen konnte wie in anderen Städten
auch in Herborn jeder eintreten, der Christ*'^) und ehrlicher Herkunft war.
Als unehrlich galten nicht nur die Scharfrichter und Schinder, sondern auch die
Land-, Gerichts- und Stadtknechte, die Frohn-, Turm-, Holz- und Feldhüter,
die Totengräber, die Nachtwächter, die Schäfer u. a."-) Trotzdem durch Reichs-
schlüsse von 1548 und 1577 auch diese Stände zu Amtern, Innungen, Zünften
u. s. w. zugelassen werden sollten, verhielten sich die Handwerksvereiniguugen,
auch in Herborn, der Aufnahme solcher Leute gegenüber doch sehr ablehnend.
^^) Zuerst in dem Zunftbrief der Widlenweber vom 6. August 1594.
^'^) Ein neues Siegel wurde in der Regel nicht augehängt oder aufgedrückt. Nur die
Bestätigung der Zunftordnung der "Wollenweber vom 6. Dezember 1666 durcli Fürst Wilhelm
am 30. Januar 1706 ist nicht nur durch die Unterschrift, sondern auch durch das aufgedrückte
Siegel Wilhelms beglaubigt.
'') St. A. W., Urk. VII.
5») St. A. W. a. a. 0.
^®) Jetzt das Kgl. Staatsarchiv in "Wiesbaden.
^^) Samml. der landesherrl. Edikte u. Yerordn. des Herzogtums Nassau, Bd. 3 ("Wies-
baden 1824), S. 118. Vgl. die Übersicht über die llorViorner Zunftordnungen in Beilage I,
®^) Juden waren altem Herkommen nach von der Zulassung ausgeschlossen.
^2) Vgl. das Edikt Kaiser Karls VI vom 16. August 1731, betr. die Abstellung der
Handwerksmissbräuche. St. A. "W., VIT 15 1, H Nr. 1140,
70
Noch 1673 beschwerten sich die Zunftmeister des Wollenwebcrhaudwerks unter
IJerufuno- auf ihren Kurbrief bei dem Fürsten Heinricli von Nassau, dass durch
Zwan"- und Geheiss des Obevschultheisseu der Sohn des Herborner Kuhhirten
als Lehrling bei ihnen eintreten und so ^^unehrlicher leuth kinder In ehrliche
Zünfte''' eingezwängt werden sollten. Zunächst wurde auch wirklich entschieden,
dass die Supplikanten zur Aufnahme des Jungen nicht gezwungen werden könnten,
vielmehr ihre Zunft rein erhalten sollten; am 4, November 1673 besann sich
der Fürst aber doch eines besseren und befahl die Zulassung des Knaben, der
nicht gesündigt habe und auch seiner Eltern wegen nicht unehrlich sei."-')
Auch Frauen konnten in Herborn, wie wir noch sehen werden, das Handwerk
erwerben; in den Artikeln über die Lehre ist aber stets nur von Lehrjungen,
nicht von Lehrmädchen, die Rede. Die Satzungen der Schneiderzunft vom 16, März
1474"') enthalten noch keine Bestimmungen über die Annahme von Lehrjungen,
und die Zunftordnung des Wollenhandwerks vom 1. August 1487 sagt nur: ,^Wer
(las hanticerch leren vil, sal geben 1 U luachs, den hirtzenmeinstern ein virtel
wins, dem hiechte 1 albus und dem hantivercJc einen giäten, und der lerehiecht
sal mit wissen der hirfzenmeinster uffgenommen iverden, und obe der ontlaiiff'en
wurde, so sal sin leremeister dem hantiverch mit dem lererechte verfallen und
zcu gebn jAichtig 5m""''); ähnlich heisst es in der Bäckerordnung vom 12. Nov.
1511: ,,Wilcher meister ein lerehiaben annimpt, der sal geben zwei punt tvaches
und nuyn tornis, solichs der Icnabe sinem meister verioilligen und hezalen sollJ'''^^)
Wir erfahren also nur, dass der Lehrjuuge mit Wissen der Zunftmeister ange-
nommen werden soll und ein Eintrittsgeld und sonstige kleine Abgaben dem
Handwerk zu entrichten hat. Erst mit dem Jahre 1525, als die Wollenweber
von dem Grafen Wilhelm eine neue Zunftordnung erhielten, wird ein Ausweis
über die Herkunft des Aufzunehmenden verlangt, wie es vereinzelte Zünfte
anderer Städte schon im 14. Jahrhundert vorschrieben. Aufgenommen soll nur
werden, wer ^,eeHch geborn und sin geburt, tvo von nöden, ehe und zuvur glaiib-
ivurtig beiviset.'-'-^'') Diese für den Meister wie für den Lehrjungen geltende Be-
dingung nahmen alle späteren Herborner Zünfte in ihre Satzungen auf, und sie findet
sich, oft erweitert, noch in den Kurbriefen des 17. und 18. Jahrhunderts. So nehmen
die Hutmacher 1627 nur den in ihr Handw^erk auf, der ..von vater und inntter)i
ehelich geboren, redlich und from" ist, „auch dcszen gcnugsamh zeugnus und schein,
f?o ??ö%'^, vorlegen kann"*^), und im Zunftbrief der Wollenweber vom 6. Dezmber
1666"^) heisst es: „Zum ersten soll niemand zum icüUenneherhandwerk auf oder
ahn genommen werden, er seie dan ausz einem keuschen chbette ehlich gebohr en,
könne darüber nottürftigen schein und zeugnusz auflegen, habe auch, wofern
er ein auszländischer ist, bei seiner herrschaft der nachfolge halben getvöhn-
«^) A. Y. Jl, Slg. Meckel.
^*) Vgl. Beilage II.
«^) Vgl. Beilage III, Art. 10.
««) St. A. AV., Urk. VII.
"'j Zunftordnung der WoUenweljcr vom 15. März l.-yJ."), A il I, St. A. AV., Urk. A'II.
«8) Zunftlnief vom 12. Sept. 16'27. St. A. AV. a, u O.
6') St. A. AV. >i a, O,
71
lidif.u lohshricf crhitKjet .'■'■ Die Lciuewcbcr verlangen IGS'j, der Lehrling «ulle
von christlichen und ehelichen Eltern geboren und erzogen sein, „nemhrtcJtcn,
dasz er sei kein hastard, heln schäfer, storger, kein pfeifer und kein Schleifer. ''^'^'^)
Bei den Iläfnern konnte noch 1712^*), bei den Schneidern noch 1725^-j nur
der in ihre Zunft und Brüderschaft gelangen, der ehelich von Vater und Mutter
geboren und ehrbaren Wandels war.
Natürlich wurden auch Ausnahmen gemacht und schon der Zunftbrief der
WoUcnweber in Tierborn vom 1, März 1525 bestimmte, dass auch ein Unehelicher
durch des Grafen Befehl ,^ode,r mit gemeiner Jicmfivergs personen willen zum
hantiverh zugelassen^'- werden könne, doch sollte er als Meister 24 Gulden für
die Aufnahme bezahlen, während selbst ein Fremder nur 12 Gulden zu ent-
richten hatte; ein unehelicher Lehrknab musste schon damals 4 Gulden und
„2 phont wachs an das gelencJde^^ zahlen, während das Lehrgeld für einen
legitimen Knaben bei dem Wollenhandwerk fast hundert Jahre später erst
3 Gulden betrug.'") Wurde der Knabe durch nachfolgende Heirat der Eltern
oder durch die Pfalzgrafen oder den Kaiser legitimiert, so stand seiner Auf-
nahme in das Handwerk natürlich nichts im Wege. Seitdem Fürst Wilhelm
von Nassau, Prinz von Oranien, durch die Generalzunftartikel vom 10. Oktober
1779^') sämtlichen Zünften in den nassau-oranischen Ländern eine gleichförmige
Verfassung gegeben hatte, war die eheliche Geburt nicht mehr Vorbedingung
zur Aufnahme in die Zunft.^') Der Lehrjunge soll aber^ wie der Artikel 10
vorschreibt, und wie es ähnlich schon in der von demselben Fürsten der Herborner
Maurerzunft gegebenen Verfassung vom 21. Dezember 1777"*') heisst, ,, nicht
eher angenommen werden, bis er die geordnete Schuljahre zurückgelegt, auch
Zeugnisse wegen des guten Lesens, Schreibens und Rechnens hat, auch zum
heiligen Abendmahl zugelassen worden, es sey dann, dass der Meister ihn,
während der Lehrjahre wöchentlich 4 Stunden, so lang bis der Junge das noethige
gelernet, zur Schule oder Pfarre zu schicken, sich verbinde."
Bei der Annahme, dem sogenannten Aufdingen des Lehrjungen, das in
der Regel im Beisein der Zunft- und der beiden ältesten Handwerksmeister,
bisweilen auch nach einer bestimmten Probezeit vor versammeltem Handwerk
bei offener Lade stattfand"), erfolgte auch die Eintragung in das Lebrjuugen-
'") Zunftbrief vom 25. August 1683, Art. IG. 8t. A. W., Urk. VII.
") Zunftordnung vom 28. Oktober 1712. St. A. AV. a. a. 0.
'-) Kurbrief vom 1. September 1725. St. A. W. a. a. 0.
^3) St. A. W., VII A, Z No. 22 b.
") „General-Artickel, wornach die saenitliclie Zuenfte in denen Fürstlicli-Oranien-Nnssau-
ischen Landen sich zu achten haben". Haag, 10. Oktober 1779. Separat gedruckt und in den
Dillenb. Int. -Nachr. 1779, Sp. 801-810 und 817—826.
'''") I)(>r letzte mir bekannte Fall, dass ein Iferborner Handwerk die Annahme eines un-
ehelichen Lehrjung-en verweigerte, betritft die Schneider. AufUruud des Gutac-hteiis des Ober-
schultheissen lleichmann zu Herborn vom 15. März 1766 verfügte aber die Landesregierung
am 27. Mürz die Aufnahme des Knaben als Lehrjungen. St. A. W., VII B 1, H No. 1140.
'^) St. A. W., Urk. VII.
"') Erst der Zunftbriof der Maurer vom 21. Dozcnibor 1777 bestimmt, dass der Lehr-
junge von dem Meister ohne Zuzioliung anderer MeistcM- angenommen werden kann-
:2
buch.''') Das Aufdiuggeld war, wie schon erwähnt, anfangs noch sehr gering,
mit der Zeit stieg es aber und betrug 1681 bei den Bäckern schon 10 Gulden,
1683 bei den Leinewebern 10 Gulden für den Lehrmeister und 5 Gulden für
die fürstliche Rentei, 1783 bei den Wolltuchmachern 12 Gulden, und war der
Junge keines Herborner Meisters oder Bürgers Sohn, so zahlte er 1783 bei
der letztgenannten Zunft als nassauisches Landeskind 18, als Fremder 24 Gulden,
Dieses Geld wurde zwischen der Rentei in Dillenburg und der betreffenden Zunft
nach den in der Zunftordnung vorgeschriebenen Sätzen geteilt. Armen Knaben
konnte das Lehrgeld erlassen werden, und auch eines Meisters Sohn, dessen Eltern
gestorben waren, bezahlte gewöhnlich nichts.''^) Wie der Meister dem Handwerk
für den Lehrjungeu bürgte, so stellte bisweilen auch dieser selbst seine Bürgen, die
für ihn hafteten, d. h, ihrerseits das Lehrgeld zu zahlen hatten, falls der Junge aus
der Lehre entlief. Die Schuhmacher bestimmten schon 1597, die Bäcker 1681, dass
ein Lehrjunge, der einem Meister entliefe, von keinem anderen Meister der Stadt
angenommen werden solle. ^*') Die Wollenweber dagegen schrieben 1623 vor,
dass der Lehrbub in solchem Falle noch einmal das Lehrgeld zu bezahlen habe.^^)
Der Meister durfte in der Regel nur einen oder höchstens zwei Lehrjungen
halten; die Schuhmacher verlangten 1597, dass kein Meister mehr als zwei auf
dem Handwerk arbeiten lasse, es seien Knechte oder JuDgen*^-), und einem zünftigen
Schneidermeister war, wie nur eine Werkstatt, so in der Regel auch nur das
Halten eines Knechtes und eines Jungen gestattet.^-') Den Meistern der
Wollenweber- und der Krämerzunft wurde es erst zwei Jahre nach dem Aus-
lernen eines Lehrjungen erlaubt, einen neuen anzunehmend^), und bei den Leine-
webern durfte der jüngste Meister einen Lehrling erst dann ausbilden, wenn
er selbst zwei Jahre lang Meister gewesen war.^')
Die Lehrzeit betrug bei den Herborner Zünften regelmässig drei Jahre,
so 1594 — 1783 bei den Wollenwebern und den meisten anderen Handwerken.
Xur die Schneider begnügten sich 1666 mit zwei Lehrjahren, führten aber
schon 1725 drei Jahre ein; ebenso dehnten die Schuhmacher, die 1597 noch
eine zweijährige Lehrzeit vorschrieben, diese spätestens 1783 auf drei Jahre
aus. Dagegen hielten 1627 die Hutmacher und 1667 die Krämer eine vier-
jährige Lehrfrist für nötig, und 1683 schlössen sich ihnen die Leineweber für
den Fall an, dass der Junge kein Lehrgeld bezahlen konnte. Ebenso sahen
die Generalzunftartikel von 1779 eine längere Lehrzeit bei Nichtbezahlung eines
"j Erhalten ist noch das Aufding- und Lossprechbuch (Lehrjungenbuch) der Herborner
Eisenzunft; es reicht vom 30. Oktober 1668 bis 14. Februar 1724. A. V. H. Ko, 811.
^®) So bei den Bäckern nach Vorschrift der Zunftordnung vom 20. Mai 1681.
«") Zunftbi-iefe vom 12. Juli 1597 (Abschrift im St. A. W., VII, A. llerborn) und vom
20. Mai 1681 (ebendort, Urk. VIIj.
8ij St. A. AV., VII A, Z Xo. 22 b.
**) Zunftordnung vom 12. Juli 1597, Art. 12.
®3) Zunftordnung vom 1. Xovember 1666, Art. 4. St. A. W., Urk. VII.
*^) Zunftordnung der Wollenweber vom 6. Dez. 1666, Art. 6, der Krämer vom 16. Dez.
1667, Art. 17.
"5; Zmiftbriof vom 25. Aug. 1683, St. A. W ., l'rk. Vif.
73
Lehrgeldes vor, tlocli atellteu sie es dem Meister aulieim, sich dieserhalb mii
den Eltern oder Vormündern des Lehrjungen zu vergleichen.*^*^)
Hatte nun der Lehrling die vorgeschriebene Lehrzeit zur Zufriedenheit
des Meisters beendet, so wurde er vor dem Handwerk von seinem Lehrmeister
losgesprochen und ihm in feierlicher Form ein Lehr- oder Gesellenbrief aus-
gestellt. Wie die Zunftordnung der Schlosser vom 1. Februar 1667 und die
der Metzger vom 27. April 1681**^) vorschreibt, sollte der Lehrbrief „tm/"
pergamen und nnder der ziinft gewöhnliches Siegel'''- gegeben werden.^**) Für
den Lehrbrief und das Lossprechen musste der Lehrling wiederum Abgaben
in Geld oder Naturalien an das Handwerk und die Kentei zahlen.'*'-*)
Um in seinem Handwerk sich weiter auszubilden und die Welt kennen zu
lernen, musste der junge Geselle oder Knechtsich auf dieWanderschaft begeben'-*"),
ohne die in alter Zeit seine Aufnahme in die Bürgerschaft und die Erlaubnis zum
Betriebe des Handwerks fast unmöglich war. Die Länge der Wanderzeit war
sehr verschieden; um einer ÜberfüDung des Handwerks vorzubeugen, wurde
nicht selten eine lange Wanderschaft vorgeschrieben. So verlangten die Schneider
1645 von dem Landesherrn, er solle für die Gesellen ihrer Zunft eine sechs-
jährige Wanderzeit ansetzen'-*^); sie erreichten in ihrem Kurbrief vom I.November
1666*-*-) aber nur vier Jahre, die noch 1725 vorgeschrieben waren. Die Wollen-
weber hielten 1666 ein bis zwei Wanderjahre für ausreichend, und noch 1729
brauchten auch die Schuhmachergesellen nicht länger als zwei Jahre zu reisen.
Befreiungen von der Wanderschaft waren namentlich im 18. Jahrhundert nicht
selten, besonders bei den Bäckern, Metzgern, Leinewebern, Schneidern und
Hafnern der Stadt und des Amtes Herborn.
Über die Zeit, in der ein Geselle in Arbeit gestanden hatte, wurde ihm
bei seinem Fortgang ein Zeugnis ausgestellt. Diese sogenannten Gesellen-
oder Handwerks-Attestate wurden allgemein erst durch den erwähnten Reichs-
schluss von 1731 eingeführt'-^"); sie sind oft kunstvoll ausgestattet.^')
8«) Artikel 11.
»0 St. A. w., Ulk. Aar.
*^) Ein noch erhaltener Perg-ament-Lehrbrief der Metzgerzunft in Herborn für Johann
P'ranz Scliumann vom 19. Februar 1755 ist von den beiden Zunftmeistern und zwei Geschworenen
unterschrieben. Das Handwerkssiegel ist abgefallen. A. V. H. No. 813. — Ein Dillenburger
Schneiderlehrbrief vom 30. April 1674 (St. A. W., VII A, Z No. 22 a) ist ebenfalls auf Per-
gament geschrieben und trügt ausser den Unterschriften der beiden Zunftmeister und der beiden
Zeugen auch die des Lehrmeisters. Die Plika zeigt drei Siegeleinschnitte; die Siegel selbst
sind abgefallen.
^^) Ein Lehrling der Schlosserzunft zahlte seit 1667 für den Lehrbrief 1 Gld. an das Handwerk.
^'') Nach den (ieneralzunftartikeln von 1779, Art. 14, musste dem Gesellen für die Wander-
schaft eine beglaubigte Abschrift seines Geburts- und Lehrzeugnisses ausgestellt werden.
»1) St. A. W., VII A, Z No. 23.
^^) St. A. W., Urk. VII.
"') Fürst Christian von Nassau führte sie für die Bäckergesellen bereits durch Zusatzartikel
vom 15. Juni 1727 zum Zunftbrief vom 20. 3Iai 1681 ein. Formular auch im Art. 14 der
nass.-oran. Goneralzunftartikcl von 1779.
'■") Ein noch erlialtenes Attestat des Herborncr Sattlerhandwerks für den Gesellen Jost
Daniel Barth aus Marimrg vom 8. August 1784 ti'ägt in der Mitte unter dem Text das Zunft-
siegel und zu beiden Seiten und darunter die Unterschriften der beiden Zunftmeister und des Arbeit-
gebers. Die obere Hälfte gicbt eine Ansicht von Ilorborn aus der Mitte des 18. Jahrliundorts.
A, V. H. No. 797.
7-4
^Von den Vorschriften über die Wanderschaft abgesehen, bescliäftigen sich
die Ilerborner Zimftverfassuugcn nur sehr wenig mit den Gesellen; dieser
Maugel erklärt sich daraus, dass auch hier schon in frülier Zeit die Gesellen
ihre eigenen Verbände und Ordnungen hatten; doch gaben sie sich die Gesetze
nicht selbst, sondern erhielten sie mit Einwilligung des Laudesherrn vou den
Kleistern ihres Handwerks. Noch 1748 suchten sämtliche Strumpfwebergesellen
in Herborn um die Erlaubnis zur Errichtung einer Brüderschaft nach.^"*) Aus-
führliche Xachrichteu habe ic!i nur über die Vereinigung der Herborner Schuh-
machergesellen gefunden, denen die Zunftmeister und sämtliche Zuuftgenosseu
ihres Handwerks am 13. Oktober 1682 „regulen, welche aus allen anderen
orten, hei unserer autlegung, gültig und vor gut zur erhaltung guter Ordnung
erl-ant worden,'-'- gaben, um „r/ze hisshero im sclnvang gehende, böse gelräuche
ah-uschaß'en.^^'-^^) Ordnung scheint allerdings nötig gewesen zu sein; denn die
Gesellen machten auch in Herboru durch ihre Händel mit den Studenten der
Stadt und den Bürgern viel zu schaffen, und besonders im 17, Jahrhundert
müssen sie es, wie zahlreiche Quellen melden, sehr arg getrieben haben. Der
Herborner Gesellenordnung von 1682 diente zur Vorlage die Verfassung der
Schuhmacherknechte in Wetzlar, deren einzelne Vorschriften fast wörtlich über-
nommen wurden.^') Sie betreffen die Einkehr in der Herberge, die Anmeldung
zur Arbeit bei dem in der Herberge zuerst angeschriebenen Meister, die Ein-
schreibung in die Brüderschaft bei der nächsten Auflegung nach vorausgegangener
vierzehntägiger Versuchszeit, das Verhalten gegenüber dem Meister und in der
Herberge wie auf der Strasse, die Versammlungen, bei denen der Altknecht
den Vorsitz führte, die Kleidung u. a, m. Eine Keihe von Artikeln beschäftigt
sich auch mit den „bösen Gebräuchen", die hauptsächlich im Raufen'-''^), Saufen^''')
und Nichtsthun bestanden. Das Feiern der Gesellen war eins der Hauptübel,
unter denen die Handwerke litten, und gegen den blauen oder guten Montag
^*) St. A. W., VII Ij 1, S No. 210. Die Akte selbst ist leider unter der l.ergischen
Regierung kassiert worden.
^^) Die Urkunde ist auf Pergament geschrieben und zeigt in der IMiku die Unterschriften
der beiden Zunftmeister Johannes Ebertz und Jost Georg Rinckob und der beiden Beisitzer
Eisbert Weidenbach und Andreas Moritz. .\n breitem roten Seidenband hängt die Ilolzkapsel,
aus der das Zunftsiegel leider herausgefallen ist. Der Schluss der Urkunde meldet zwar, dass
der Landesherr die Artikel noch an demselben Tage konfirmierte, die Bestätigung durcii den
Fürsten Heinrich erfolgte aber erst, wie die noch erhaltene Urkunde beweist, am 20. Oktober
1682. St. A, W,, Urk VII. l'iiter Auflegung oder Auflage wird sowolil die Versammlung
der Gesellen, wie der von ihnen zu zahlende Beitrag verstanden.
") St. A. AV„ VII A, ad Z No. 32.
'^J Gleich der erste Artikel bestimmt, dass Zwistigkeiten, die beim AVein, Bier oder
sonstwie entstanden sind, bei offener Gesellenlade oder durch das Handwerk oder durcli die
Obrigkeit entschieden werden sollen, Paragraph 15 besagt wörtlich: „Die rauf soll auf-
richtig herffehen, auf der herbcrg, nach gehrauch und altem herkomuien, mit der blossen
faust und nicht mit mörderlichem gcivehr, zur verhiitung der geradenen glieder seines
leihes, die ihme gott gegeben hat, bei straff vier albus."'
^®) Laut Art, 24 „soll sich ein jeder schuhknecht bei dem trunk cdso verhalten,
dasz er möge vertragen, und so einer herwider thut und sich mit dem trunk zu viel über-
ladet und sich dadurch verunsaubert, soll solcher bestraft loerden mit vier albus^. Ähnlich
noch mehrere Paragraphen.
75
richteten sich schon manclio Erlasse, ehe er durch das Edikt Karls IV, vom
16. August 1731 auf dem Papier beseitigt wurde. Bereits 1597 bestimmte die
Schuhmacherzunft in Herborn, dass der Geselle die mit dem Meister verabredete
Zeit einhalten sollte, und falls er doch früher ging, durfte er von keinem Meister
angenommen werden, ehe er sich mit dem Handwerk vertragen hatte. '°") Mit
verhältnismässig hoher Strafe bedrohten die Satzungen der Schuhmachergcsellen
von 1682 das unbefugte Verlassen der Arbeit und besonders das Aufreizen zur
Niederlegung derselben. So soll, wie es im Artikel 22 heisst, „Ä-ewi Schuh-
knecht dem nicisfer unter dem ziel aufbrechen und sich ivanderfertig machen^
er hohe dann erhebliche Ursachen, bei vertust zwei guter gülden'"'-. Artikel ;30
bestimmt: „i^s soll auch sich keiner belustigen lassen, vierzehn tage vor dem
erst- oder jahrmarld, vo)i dem meister zu wandern oder zu feiren, bei straf
eines ivochenlohns,'''' und Artikel 23 verkündet: ,,<So ein schuhhiecht den
anderen aus der iverkstadt forderet, mit ihnie zu feiren, soll er solches ver-
büssen mit zweien mochetdohns.''''^^^) Die Generalzunftartikel des Fürsten
Wilhelm von 1779 sehen zwar eine Kündigung von vier Wochen für den
Gesellen wie für den Meister vor^*^"), doch war in den Zunftordnungen der
Wollenweber und der Schneider vom 11. Februar 1783 die Frist auf zwei
Wochen heruntergesetzt.
So bedenklich die Gesellenvereinigungen in mancher Hinsicht waren, so
hatten sie doch auch sehr löbliche Einrichtungen. Ein jeder Geselle zahlte bei
der gewöhnlich alle vierzehn Tage gehaltenen Auflegung kleine Beiträge'^'') in die
Geselleubüchse, deren Inhalt zur Hälfte allerdings beim sogenannten Quartalstrunk
und bei anderen Gelegenheiten in Wein und Bier aufging; die andere Hälfte aber
wurde, nach dem Vorbilde der Meister und der Verwendung des Zunftgeldes, zur
Unterstützung kranker oder zum Begräbnis armer Gesellen verbraucht.^"^) Dieser
wohlthätigen Einrichtung wegen wurde „das Auflegen der Gesellen" auch durch
die Generalzunftartikel von 1779 nicht verboten, obwohl die Gesellenartikel
abgeschafft"") und „Zusammenkünfte der Gesellen auf der Herberge" bei harter
Strafe verboten waren. ^*"^)
Hatte der Geselle seine Wanderjahre beendet und wollte sich in Herborn
als Meister ansässig machen, so musste er zuvor zwei Jahre in Ilerborn
arbeiten"''), das Bürgerrecht erwerben und dem Junggesellentum Lebewohl
»"") Zunftbriet' vom 12. Juli 1597, Art. 13.
i"i) Die Generalzuiiftartikel von 1779 verboten „bey Strafe des Schul)karrens" alles
Aufwiegeln von Seiten der Gesellen. Die sogenannte Reichszunftordnung vom 16. August 1731
bedrohte aufrührerische Gesellen mit Gefängnis-, Zuchtiiaus-, Festungsbau- und Galeeren-
strafen. (Art. 5.)
"«) Art. 17.
'"*) Die Schulimaohcrgesellen 1682 1 Alb. Die Leinwobergesellen seit 1683 alle Woclio 2 Pfg.
^*'*) Waren aber „dnuje mittel zu hause'* von dem Verstorbenen vorlianden, so waren
dessen Eltern oder Erben verpflichtet, die Kosten zu erstatten. (Art. 21.)
"'°) Zuerst durch die von dein Fürsten Williolm der lierburncr Maun-rzunft verliehene
Zunftordnung vom 21. Dezember 1777, Art. 24.
1"«) Art. 19.
'"') Die Schuhmacher, Kotgoriicr und Sattler verlangten laut Zunftbrief vom h. -März
1779, dass der Geselle die beiden Mutjahre bei einem und demselben Herborner Meister ver-
sagen. Schon in der Zunftverfassung der Schulimachcr vom 12, Juli 1597
findet sich die Vorschrift, dass kein lediger Gesell, er sei eines Meisters ISohu
odernicht, in dicZunft aufgenommen werden soll, ehe er verheiratet ist,^'^'') und die
Krämer verlangen noch 1067, dass der Aufzunehmende nicht nur Bürger ist, sondern
auch nur in Herborn sich verheiratet und dort sesshaft bleibt.^"'') Der Geselle war
ferner verpflichtet, wenn er sein Handwerk als Meister ausüben wollte, sich bei der
Zunft anzumelden""], durch Scheiu und Zeugnis über eheliche Geburt und ehr-
baren Lebenswandel, wie über die zünftige Erlernung des Handwerks und seine
Wanderzeit sich auszuweisen und Mitglied der Zunft zu werden. Kein Pfuscher,
kein „Hümbler" oder Sturer des Handwerks sollte aufgenonmicu werden. Diesen
Zunftzwang deuten schon die Artikel der Herborner Schneider zunft von 1474
an, wo esheisst: „Item ivere sache, das die sclmyder eynen begriffen hynncn der
Stadt, der nit zonffVig were in ierm JuodivergJ: ind Jdeider hynnen der stadt in
mei)isters wise machten, der sohl verbrochen hain eynen gülden, so diche^^^) das
geschiet."-'^^-) Doch waren noch Ausnahmen möglich"^), dagegen bestimmt das
Transfix vom 8. September 1525 zu der Zunftordnung der Wollenweber vom
15. März 1525 klar und deutlich, ^das Jceiner tuch machen ader zu Herborn
solich hantwerk bruchen sal, er sy dan vermoege disser unser beneben Ordnung
zonftig"'^'^^)^ und so wurde es auch später gehalten. ^^'')
Ehe der Gesell Meister wurde, hatte er ausserdem durch das sogenannte
Probe- oder Meisterstück Zeugnis von seinen technischen Kentnissen abzulegen.
Die erste Herborner Zunft, die nachweisbar ein Meisterstück verlangt hat, war die
Schuhmachcrzuuft, die in ihrer Ordnung vom 12. Juli 1597 den Meisterschnitt
oder das Meisterstück zur Bedingung der Aufnahme in das Handwerk machte
imd nicht weniger als sechs vor den beiden Zunftmeistern und sechs anderen
Meistern zu verfertigende Probestücke vorschrieb."'') Wer nicht bestand, konnte
nach einem Jahre sein Glück von neuem versuchen ; gelang es ihm auch dann
nicht, allen Anforderungen an einen vortrefflichen Männer- und Frauenschuh zu
genügen, so konnte er noch als „Altflicker oder Schuolapper" sein Dasein
fristen, hatte aber das jährliche Zunftgeld zu bezahlen. Das Meisterstück der
bringe. In gewissen Fällen kunnte er gegen eine holio Abgabe an die Zunft und die Kentei
von den Mutjahren befreit werden. Vgl. auch Generalzunftartikel von 1779, Art. 23.
^''^) Art. 69. Ähnlich die Bäcker noch 1681 laut Art. 21 des Zunftbriefes vom 20. Mai
und die Leineweber in ihi-er Ordnung vom 25. Aug. 1683, Art. 33.
'"'•) Zunftbrief vom 16. Dezember 1667, Art. 12.
"") Seit 1779 auch bei dem Oberscliultheissen. Generalzunftartikel, Art. 23.
»') Oft.
"^ Vgl. Beilage II. Ahnlicli erging es dem in dem Kirchspiel Herborn ergriflenen,
unzünftigen Schneider, der kein llnterthan des Grafen war.
"') Vgl. den Artikel am Schluss des Zunftbriefes vom 16. März 1474; Beilage II.
"*) Art. 1 des Ti'ansHxes vom 8. September (Freitag nach Kgidii) 1525. Dieses wich-
tige, -„auf ferneres unterthäniges ersuchen und bitten der kerzenmcister und aller personen
des tvollenweberhandwerks zu Jlerborn'^ von dem Grafen AVilhelm gegebene Transfix war
bisher unbekannt; auch die in den Dill. Intell.-Xaclir. von 1774, Sp. 433 ff., veröffentlichte
Zunftordnung vom 15. März 1525 hat es nicht. St. A. W., Urk. VII und Akten VII A, Z Mo, 37 b.
"^) Zunftvorfassung vom 6. Aug. 1594, Art. 17 und vom 6. Dez. 1666, Art. 28.
'"'; Art. 29 und 30.
i <
Wollenweber inusste nach der Zunftverfassung vom 6. Dezember 1666 in Gegen-
wart der beiden Zunftmeister und vor zwei alten und zwei jungen Meistern
angefertigt werden; misslang die Arbeit, so konnte ein erneuter Versuch erst
nach zwei Jahren unternommen werden."'')
Schon die Erwerbung des Bürgerrechts verursachte Kosten und setzte ein
gewisses Vermögen voraus'''^); natürlich waren auch für die Aufnahme in die
Zunft Gebühren zu entrichten, das Kauf- oder Meistergeld zu zahlen.
Die Zunft konnte auch von jemandem, der das Handwerk nicht gelernt hatte,
käuflich erworben werden, doch sollte er dann „dem hantiverg sin lererecJd
geben und nochmals nicht desto weniger solichs su lernen schidtig sem"."'') Auch
eine Frau konnte sich in das Handwerk einkaufen. Das Kaufgeld betrug 1487
bei den Wollenwebern zu Herborn 8 Gulden, löll bei den Bäckern 6 Gulden,
1597 bei den Schuhmachern für den Sohn eines Zünftigen 1 Goldgulden und
6 Albus, für einen Inländer im Gebiete des Grafen 8 Gulden und für eine Frau
3 Gulden, für einen Fremden dagegen 12 Gulden und für eine Frau 5 Gulden;
bei den Krämern zahlte 1667 ein Inländer, der die Zunft gewinnen wollte, als
Mann 8 Rth., als Frau die Hälfte, ein ausserhalb des Landes gebürtiger Mann aber
12 Rth. und eine Frau 8 Rth. Für Uneheliche, die auf Befehl des Grafen oder sonst-
wie mit Wissen des Handwerks als Zunftgenossen aufgenommen wurden, bestand
eine höhere Taxe.^^") Später wurde das Meistergeld oft bedeutend erhöht, um den
Eintritt in die Zunft zu erschweren und die Überfüllung des Handwerks zu
vermeiden ; bei einzelnen Zünften war die Erwerbung der Mitgliedschaft zeit-
weise sogar eine ziemhch kostspielige Sache; so musste 1666 ein Ausländer^-''''),
der die Wollenweberzunft in Herborn erlangen wollte, der Zunft 14 Räder-
gulden, für die Benutzung der Walkmühle 16 und des Färbhauses 12 Gulden,
eine Frau für das Handwerk 8, die Mühle 8 und das Färbhaus 6 Gulden
bezahlen.'-'^) Dazu kamen noch die nicht unbedeutenden Kosten für das
unerlässliche Festgelage. Ein Geselle, der das Meisterstück zur Zufriedenheit der
Zunft beendete, hatte seit 1666 bei den Wollenwebern 5 Gulden zum Meister-
gelage, 10 Gulden dem Handwerk zum Mühlenbau und ebensoviel der fürstlichen
Rentei in Dillenburg zu entrichten; nur eines Meisters Sohn brauchte nichts
zu bezahlen.^--)
Hatte jemand die Zunftzugehörigkeit erlangt, so erbten das Handwerk
seine ehelichen Kinder, Söhne und Töchter ^-^), und nach dem Tode des ^Mannes
"^) Art. 7.
11») Im Jahre 1649 300 Gulden. St. A. W., VII A, Z Ko. 28.
"") Art. 2 des Transfixes vom 8, September 1525 des Zunftbriefes der 'NVollonwebor,
"°) Die Wollenweber, bei denen ein Unehelicher schon 1525 nicht weniger als 24
Gulden für den Eintritt in die Zunft zahlen musste, beantragten 1584 die Summe von 34
Gulden für einen Mann und 16 Gulden für eine Frau (St A. W,, VII A, Z No. 37 b), jedoch
ohne Erfolg, Avie der Zunftbrief vom 6. Aug. 1594 beweist.
""") „Ausländer" war jeder aui'serhalb des Gebietes des Landesherrn Geborener.
1") Zunftverfassung vom 6. Dez. 1666, Art. 1.
1") Art. 7.
i**^) So schon durch die Zunftverfassung der Wollenweber vom 1. Aug. 1487, Art. 4
festgesetzt; vgl. Beil. III. — Ebenso noch im Zunftbriefe der Krämer vom 10. Dez. 1667, Art. 11.
TS
kounte auch die Witwe allein oder mit Unterstützung eines Knechtes das Handwerk
weiterführen.^-^) Die Mitglieder zünftiger Handwerkerfamilien waren in der Er-
werbung der Zunft sehr begünstigt, und besonders eingehende Bestimmungen
treffen alle Herborner Zunftverfassungen für den Fall der Verheiratung solcher
Angehörigen. Nahm der Sohn eines Meisters die Tochter oder "Witwe eines
Zünftigen zur Frau, so zahlte er garnichts oder nur wenig an die Zunft, heiratete
er aber eine Unzünfrige, so erhöhte sich der Beitrag, und immer grösser wurden
die Sätze, je nachdem der Kandidat ein Einheimischer, ein In- oder Ausländer
war. Wie viele Variationen mr»glich waren, beweisen die in anderer Form
auch schon früher beobachteten Bestimmungen des Zunftbriefes der Wollen-
weber vom 11. Februar 17^3'-'), die ähnlich auch bei allen anderen Zünften
Geltung hatten. '-^')
Jeder Zunftgenosse hatte fernei- ein jährliches Zunftgcld zu zahlen, das
von den Zunftmeistern erhüben oder bei der Zunftmeisterwahl erlegt wurde.
Im Jahre 1487 betrug es bei den Mitgliedern des Wollenhandwerks vier junge
Heller'-''), 1597 bei den Schuhmachern einen Albus, von dem 4 Pfennige „in
den gottesJcasten geliefert'"'' wurden'-^); ebensoviel zahlten 1683 die Leineweber
und von 1666 bis 1783 die Krämer'-"'); die Satzungen der übrigen Zünfte
enthalten keine Angaben über die Höhe des Zunftgeldes.
An der Spitze der Zunft standen in Herboru zwei Zunft- oder Kerzen-
meister''"'), bisweilen auch nur geschworene Meister genannt; erst bei einzelnen
'^') .So noch bei den Metz^'ern laut Zunftlirief vom 27. April 1681, Art. 10. Die General-
zunftartikel von 1779 gestatteten der AVitwe, das Handwerk mit so vielen Gesellen wie ein
anderer Meister zu betreiben, doch durfte sie keinen Lehrjungen halten. (Art. 21.)
'") St. A. W., Urk. \l\.
'-*) Es heisst dort im Artikel 4:
a) Wenn eines meistern söhn sich an eines meisters tochter oder wittib rer-
heurathet, der soll an das handiverh zahlen sechs floren und an unsere hasse
sechs ßoren.
b) Wenn er aber keines meisters tochter oder wittib zur ehe nimmt, soll für sich und
sein weib dem handiverlc acht gülden und an unsere renterei sechs gülden erlegen.
c) Ein meistergcsell, so keines meisters söhn, jedoch ein inländer ist und eines
meisters tochter oder wittib heurathet, zahlt an das handu-erk zehn floren und
an unsere renterei sechs floren.
dj Wenn er aber keines meisters tochter oder wittib, sondern eine nicht zunft-
genossene heurathet, so zahlt er zwölf gülden an die zunft und sechs gülden an
unsere kasse.
Wohergegen, icenn er auch kein inländer ist, de7'selbe im ersteren falle,
statt sechzehn, zwanzig und iyn letzteren fall, statt achtzehn, zwanzig und
vier floren nach obiger proportion zahlt,
e) Wenn ein zunftgenossener witwer wird und zur anderen ehe mit eines meisters
teilt ib und tochfer schreitet, davon nichts, sonsten aber tvegen seiner zweiten
ehefrau fünf floren, an die zunft entrichtet.'^
^*^) Zunftverfassung vom 1. Aug. 1487, Art. 11; vgl. ßeilage III.
'**) Zunftverfassung vom 12. Juli 1597, Art. 48.
'■^^) Zunftverfassung vom 25. Aug. 1683, Art. 35 bez. vom 16. Dez. 1667, Art. 13 und
vom 11. Febr. 1782, Art. 9.
"*•) Vgl. S. 64 Anm. 24. Die Benennung „ Kerzenmeister " kommt zum letzten Mal in
dem Kurbrief der Leineweber vom 25. August 1683 vor.
79
Zünften des 18. Jahrhunderts kommt nur ein Zunftmeister vor, so 1702 bei
den Ilosenstrickern'''') und 1777 unter dem Titel eines Altmeisters bei der
Maurorzuiift.'-'-) Die Zunftmeister wurden in der Jahresversammlung der Zunft-
genossen, die bis in das 18. Jahrhundort hinein in Herborn am Walpurgistage
(1. Mai) stattfand, von den Handwerksmeistern selbst gewählt, nicht etwa, wie
z. B. in Wetzlar, von dem Bürgermeister und Hat der Stadt ernannt. Es ist
meines Wissens nur einmal vorgekommen, dass die Regierung in Dillenburg
die Zunftmeister einer Ilerborner Zunft selbst ernennen w^ollte, und zwar sollte
nach dem ursprünglichen Text des 25. Artikels der Leineweberordnung vom
25. August 1G8;) der Oberschultheiss die beiden Zunftmeister ernennen; allein
auf Ersuchen des Handwerks wurde dieser Paragraph geändert und die Wahl
den Zunftbrüdern überlassen.^-'"') Der Zunftbrief der Wollenweber von 1487
bestimmte, dass einer von den Zunftmeistern aus den Schöffen genommen wurde,
später heisst es in allen Verfassungen nur, dass ein alter Zunftmeister aus
den älteren und ein junger Zunftmeister aus den jüngeren Meistern gewählt
werden solle. Der alte Zunftmeister war unter allen Umständen verpflichtet,
die Wahl anzunehmen, oder er musste, so oft er wieder gewählt wurde und
die Annahme verweigerte, Strafe zahlen. ^'^*) Erst Fürst Wilhelm von Nassau
hob in der Zunftordnung der Maurer, Steinhauer und Weissbinder vom 21. Dezember
1777 und bald darauf allgemein durch die Generalzunftartikel von 1779'-'')
diese Vorschrift auf, riet für solchen Fall zu einer Verständigung zwischen der
Zunft und dem Schultheissen und behielt sich selbst die Entscheidung über die
Person vor.
Die Zunftmeister waren die Repräsentanten der Zunft nach aussen und
innen; ihre Aufgabe war es, darüber zu wachen, dass die Zunftordnung aufrecht
erhalten wurde, die einzelnen Gesetze beobachtet und die Widersacher bestraft
wurden. Sie kontrollierten die Zunftgenossen und nahmen allein oder mit dem
Schultheissen oder mit Verordneten der Stadt und des Handwerks das Beschauen
und Prüfen der Waren auf ihre Güte und richtiges Mass und Gewicht vor.*"^')
1") Zunftbrief vom 25. Juli 1702. St. A. W., Urk. VII.
^*2) Zunftbrief der Maurer, Steiiihauer und Weissbindor vom 21. Dez. 1777, St. A. AV. a. a. O.
>") St. A. W. a. a. 0. und VII A, Z No. 22 b.
'■") Zunftverfassung der Schuhmacher vom 12. Juli 1597, Art. 1 und <ler Metzger vom
27. April 1681, Art. 2. Da zu der ersteren Zunft damals auch die Gerber gehörten, so be-
stimmte der Zunftbrief von 1597, dass ein Zunftmeister aus diesem Handwerk und der andere
aus den Schuhmachern gewählt werde, Art. 1. — Nach der Zunftordnung der Krämer vom
16. Dezember 1667, Art 21, sollten diejenigen Meister, die die Annahme der "Wahl zum Zunft-
meister ablehnten, von dem Landesherrn und von der Zunft gebührend gestraft werden. —
Die Beseher erhielten, wie die Zunftmeister, für ihre Mühewaltung eine kleine jährliche Be-
soldung, so die Beseher bei den Wollenwebern im .lahre 1595 drei Gulden und 12 Albus
(Zunftrechnung der Wollenweber von 1595, St. A. W., VII A, Z Xo. 37 c).
'^') Art. 1.
136) Ygi_ Beilage III, Art. 6 und 8. — 1525 wurden jNIass und Gewicht „und anders
zum hantwerg gehörig" bei den Wollenwebern von den Kerzenmeistern und den Knechten
l)Osohen (Zunftverfassung vom 15. März 1525, Art. 7); 1666 gab es bei den Wollenwebcrn
eigene Heseher, die von dem Handwerk gewählt, aber von dem Schultheissen vereidigt wurden
(Zunftbrief vom 6. Dez. 1666, Art. 26). Bei den Bäckern salien 1511 Sdiultheiss, Bürger-
80
Sie führten deu Vorsitz in den Versammlungen, den ,, Geboten" und leiteten
die Verhandlungen; ihnen mussten die übrigen Meister mit Elirbarkeit und
Achtung begegnen und in Handwerkssachen Gehorsam leisten. Die Gebote
wurden von dem jüngeren Zunftmeister oder auch von dem jüngsten und letzten
Meister^^') bei dem Handwerk angesagt; sie fanden entweder auf dem Rathause
oder im Hause des alten Zunftmeisters oder in der Zunftstube zur Beratung
und Beschlussfassung über alle das Handwerk und die Zunftgenossen betreffenden
Fragen abgehalten. Auch Nichtzünftige konnten ein Gebot des Handwerks
beantragen, hatten aber eine Gebühr dafür zu entrichten.^-'"'') Die Herborner
"Wollenweber hielten 1487 ihre Zusammenkünfte auf dem Rathaus oder im
Mühleugraben, 1592 in ersterem, 1666 nur bei dem letzteren ab; die Bäcker
versammelten sich 1511 bei der Mühle, die Mitglieder der Schlosser- oder Eisen-
zunft 1667 auf dem Rathause oder in der Zunftstube, die Hosenstricker 1702
im Hause des Zunftmeisters, die Strumpfweber 1725 bei dem Zunftmeister oder
in der Zunftherberge. In den Geboten, die pünktlich zur festgesetzten Stunde
begannen, muss es auch iji Herborn, wie zahlreiche Strafbestimmungen beweisen,
sehr lebhaft hergegangen, eine kräftige Sprache geführt worden sein. Hatte
aber der Vorsitzende Stillschweigen geboten, so musste bei Strafe Gehor-
sam geleistet werden ; auch über die Verhandlungen seihst sollte weder
den Angehörigen noch anderen etwas mitgeteilt werden. Zur Beschluss-
fassung war Stimmenmajorität erforderlich, die ,^meynsfe mej/nige'''' sollte, wie
es schon 1487 heisst^"^^), den Ausschlag geben: ^Vidersetzlichkeit war mit
strengen Bussen belegt"*^), konnte sogar wie das wiederholte unentschuldigte Aus-
bleiben aus der Versammlung zeitweise den Ausschluss aus der Zunft zur Folge
haben. *^^) Gegen den Beschluss war Berufung an die Obrigkeit zulässig; nach
der Zunft Verfassung des Wollenhandwerks vom 1. August 1487 konnte der
Unzufriedene „fürt an ander zonffte aeder vur das gerichte'''' Berufung einlegen. ^^-)
Bei der jährlichen Generalversammlung, also am 1. Mai, — im 18. Jahr-
hundert meistens am Martinstage (11. November)^'*-') — hatten die Zunftmeister
meister und Zunftmeister nach dem rechten Gewicht. Die Krämer hatten seit 1667 ausser
den Zunftmeistern noch zwei hesondere Kirclien- und Warenaufseher gewählt (Verfassung vom
16. Dezember 1667, Art. 21).
*^^) Zunftverfassung der Schuhmacher vom 12. Juli 1597, Art. 79. Vgl. Art. 5 der
Generalzunftartikel von 1779.
'^'*) Zunftbrief der Ttutmacher vom 12. Sept. 1627, Art. 13. — Krämerzunftbrief vom
16. Dez. 1667, Art. 19.
"9) lieilage III, Art. 12.
1*") Vgl. Beilage II, Art. 3.
"') Zunftbrief der Metzger vom 27. April 1681, Art. 16. Vgl. S. 83, Anm. 162—165.
1") Beilage III, Art. 6.
"') So 1782 bei allen Zünften in Herborn mit Ausnahme der Metzger, die ihren Pflicht-
tag auf Fastnacht, und der Blau- und Schönfärber, die ihn am 2. Januar abhielten; nur die
Buchbinderzunft hatte den Walpurgistag beibehalten. St. A. AV., Nachlass Vogel, No. 49. —
Der Zunftbrief der Maurer vom 21. Dez. 1777 und die Generalzunftartikel von 1779 bestimmten
die "Woche nach Neujahr für die Rechnungsablage. Für die Zünfte des Amtes Dillcnliurg
wurde am 26. Nov. 1778 der Jahrestag auf den 3. oder 4. Januar festgesetzt, ausgenoiiimen
die Landschneider, die ihn am 1. Mai abhielten. Dill. Int.-Nachr. 1778, Sp. 810.
81
vor den versammelten Znnftgenossen über alle Einnahmen und Ausgaben
Rechnung abzulegen; schon in der Zunftverfassung des Wollenhandwerks von
1487 heisst es von den Zunftmeistern ,.die sullent dem hanäwerck alle jair von
den ohgeschriehen rechenschaft t]mn'-'-'^^\ und bereits in dem Zunftbrief von 1525
wird die noch im 18. Jahrhundert zu Recht bestehende Vorschrift erlassen, dass
die Rechnungsablage durch ^.siveie verstentUch register'-'- zu erfolgen hat, von
denen das eine bei der Zunft verbheb, das andere an die Rentei in Dillenburg
abgeliefert werden mussteJ'') Die älteste, mir bekannte Ilerborner Zunft-
rechnung ist die von Georg Zaunschleffer und Gerlach Reiffe, den beiden Zunft-
meistern des Wollenhandwerks, geführte vom Jahre 1595"^); das älteste Rech-
nungsregister der Schuhmacherzunft datiert von löGS^"^^), nachdem der Artikel 81
der Zunftordnung vom 12. Juli 1597 die Führung der Einnahme- und Ausgabe-
register zum ersten Male für dieses Handwerk vorgeschrieben hatte. Auch
aus den beiden folgenden Jahrhunderten sind Rechnungsregister der genannten
Handwerke, ferner der Bäcker- und Krämer/Amft erhalten."^)
Ausser den Rechnnngsregistern wurde von den Zunftmeistern auch das
Zunftbuch geführt; es enthielt zu Anfang, wenn nicht das Original der Zunft-
verleihungsurkunde, so doch eine Abschrift desselben, dann folgten Verzeichnisse
der Mitglieder, Notizen über die Aufnahme neuer Zunftgenossen, das Aufdingen
und Lossprechen der Lehrlinge, über Meisterstücke, Eintragungen wichtiger,
auf dem Pflichttage oder sonstigen Versammlungen gefasster Beschlüsse u. a. m.
Leider sind die ersten Herborner Zunftbücher verloren; das älteste, von mir
aufgefundene Zunftbuch trägt den Titel ,,ProtoJwlhun und register eines erharen
n-ollenhandtverJces alliier zu Ilerhorn^'- und enthält wertvolle jS'achrichten vom
1. Mai 1597 bis 1744."'') Ein zweites, ähnlich betiteltes Zunftbuch desselben
Handwerks ist später angelegt und weist Eintragungen vom 10. April 1600 bis
1702 auf.^''") Erhalten ist ferner noch ein Zunftbuch der Schuhmacher, das
um 1611 angelegt wurde, bis 1597 zurückreicht und bis 1667 geführt ist; es
beansprucht deshalb ein besonderes Interesse, weil wir aus ihm erfahren, dass
die Herborner Schuhmacher auch honoris causa die Zugehörigkeit zu ihrer Zunft
verliehen, also Ehrenmitglieder ernannt haben. ^•^^) So schenkte das Schuster-
handwerk „dem ehrwürdigen, hochwolgelehrten Herrn Johann Jakob Niesener"^''-)
(f 1646) nebst Hausfrau und Kindern „auf ihr inständiges anhalten und begern
aus lieb und gunst die zunft und snnftrecht^^'- ebenso am 5, Mai 1651 dem
"*) Beilage III, Art. 11.
"^) Zunftbrief der "SVollemveber vom 1."). März 1525, Art. 15.
'^«) St. A. W., VII A, Z No. 37 b.
'") St. A. W., YII A, ad Z Xo. 32.
^*^} Rechnuiigsregister der Tuchiiiaclier und Wollenweber von 1596-1604, 1691 — 1699,
1720 u. 1721, der Schuhmacher von 1691—1695, der Krämer 1691 — 1694, der Bäcker 1721
u. 1722; sämtliche Rechnungen laufen vom 1. Mai bis 30. April. St. .V. W., Rechnungen.
1*«) St. A. W., VII A, Z No. 22 b.
'^") A. V. W., Protokoll und Akten betr. die Wollweberzunft in Herborn, Stück 59.
1^') St. A. W., Urk. VII.
^^2) Vgl. über ihn Steubing a. a. ()., S. 179.
6
S'2
Kcipliiu Johann Hoiurich Geysius^''") und am gleichen Tage trägt sich der erste
Prediger Konrad Post^'') persönlich in das Zimftbuch ein wie folgt: ,,Anno
1615 den 5. may hat ein ehrhahrcs handivcrk der schuhmacliersunft aus lieh,
freundschaft und sunderharer nmeigung mir Conrad Fosf, jetziger seit pastorn
zu Herhnrn. zusamlt meiner hausfrau und kind, die Schuhmacher zimft. verehrt
und zu einem mitglied mit auf- und angenommen"- }''")
Über den Ausschluss aus der Zunft enthalten die beiden ältesten
bekannten Herborner Zunftordnungen von 1474 und 1487 noch keine Be-
stimmungen''^); erst der Zunftbrief der Bäcker vom 12. November 1511'-^^)
sieht zwei Fälle des Verlustes der Zunfttnitgliedschaft vor: „£'«» iglicher, der
die zonft von sincn altern haet und die halten will und doch nit hecket, der
sali sich alle Jare heu-iesen, mit drien reder hellem die zonft zu loesen nach
alter gewohnheit ad er der berauht sin. Were aher, das ein meister usz dem
lande zoege und nit alle jare mit solichem zonftgelde erschiene, sali auch der
zonft berauht s?«." Ausführlicher behandelt den Fall des Fortzuges eines
Zunftgenossen aus Ilerborn die Wollenweberordnung von 1525 in dem Transfix
vom 8. September. „Oh einige inwonerer zu Herborn des gemelten
hantwergs uszerhalh unser lantschaft mit hueszUcher ivonimg zielten wurde,
sal sich dar durch des handwergs entsetzt haben und beraubt syn,
also wan er icidder daselbs hienziehen und das handwerk besuchen wollt,
das er solichs alsdan glich einem fremden ividderumb keufen, und ehen das
beschehen, das tcolnweherhanttverg nit bruchen sal.'-'-'^-'^) Ebenso ordnen die
Schuhmacher 1597 an, dass ein Meister oder eine Weibsperson, die von Herboru
fortgehen, um sich an anderen Orten niederzulassen, im Falle ihrer Rückkehr
innerhalb eines Vierteljahres mit Wissen des Landesherrn die Zunft von neuem
kaufen und auch die Bürgerschaft wieder erwerben müssen ; wer aber sein
Zunftgeld nicht zahlt, soll nicht mehr zünftig sein.^''^) Bei den Krämern verlor
1667 jeder die Zunft, der zwei Jahre hintereinander das Zunftgeld nicht ent-
richtete'^'^), und auch die Bäcker bestrafen noch 1681 die säumigen Zahler dieser
Zunftabgabe mit dem Verluste der Zunft."") Widersetzlichkeit gegen die Vor-
schriften der Zunftordnungen hatte zwar bei einigen Handwerken auch den
Verlust des Handwerkes zur Folge, aber doch nur zeitweise, so lange der
ungehorsame Zunftgenosse sich nicht mit dem Handwerk vertragen hatte oder
keine Entscheidung des Landesherrn erfolgt war; so 1597 bei den Schuh-
'53) Vgl. über ihn Steubing a. a. Ü., S. 188 f.
15*) Vgl. über ihn Steubing a. a. O., S. 188 u. 179.
'") Zunftbuch, S. 43.
'5«) Vgl. Beilage II und III.
'") St. A. W., ürk. VII.
'*") Artikel 3. Dieselbe Vorschrift enthält der Art. 19 der AVollonweberordnung vom
Aug. 1594 und der Art. 21 des Zunftbriefes vom G. Dpz. 1666. St. A. W., lik. VII.
'59) Zunftordnung vom 12. Juli 1597, Art. 24 u. 48.
'*') Art. 13 des Zunftbriefes vom 16. Doz. 1667.
1®') Art. 9 des Zuiiftbriofos vom 20. Mai 16S1.
s:-!
maehem"'-), 1<>66 hei den Seliiieklern'"-'), 16G7 bei den Krämern"") und \i\x\
bei den Metzgern.'"')
Jeder ZunfYgenosse in Ilerborn durfte nur ein Handwerk betreiben,
obwohl auch die Genossen verschiedener Handwerke sich zu einer Zunft
vereinigen konntcji. So verbieten die Schulimacher in ihrem Zunftbriefe vom
12. Juli 1597 den in ihre Zunft aufgenommenen Löhern, Schuhe feilzuhalten,
jeder solle bei seinem Handwerk bleiben""^), und ebenso wird den zu derselben
Zunft zählenden Sattlern untersagt, das Löher- oder Schuhmaclierhandwerk zu
betreiben.'"') Auch die Bäcker bestimmen deswegen 1681, dass keiner, der
ein anderes zünftiges Handwerk betreibt, zum Weck- und lirodbacken zugelassen
werden soll, wenn er auch die Zunft habe und das Handwerk gelernt hätte;
ein jeder Meister solle nur ein zünftig Handwerk treiben und derjenige, welcher
zwei gelernt habe, wählen, ,,?ro.s er am, schicklichsten vor seine fjeJef/enheit
findet''''^'''^)^ und 178^ wird den Zunftgenossen des Bäcker- und Bierbrauer-
handwerks wiederum untersagt, noch neben ihrem Handwerk, ^^eine andere
profession als Schneider, Schuhmacher, irollenweber, schreiner, metsger und der-
gleichen zu treihcnJ'''^^^)
Wie schon angedeutet, bildete nicht immer ein einzelnes Handwerk allein
eine Zunft; nicht selten schlössen sich die Mitglieder verschiedener JLaudwerke
zu einer solchen zusammen, oder eine schon bestehende Zunft gestattete den
Genossen eines anderen Gewerbes den Eintritt bei ihr. So gehörten in Herborn
von 1597 bis zur Auflösung der Zünfte zu den Schuhmachern auch die Löher
und» Sattler; im Jahre 1602 wollten 35 Herborner Meister, die 16 verschiedenen
Handwerksständen augehörten und später sich zu mehreren selbstständigen Zünften
vereinigten, eine einzige Zunft zusammen errichten.^ '*^) Während 1667 zur
Eisenzunft die Schlosser, Büchsenmacher, Uhrmacher, Sporer, Schwertfeger,
Schmiede, Waffen- und Messerschmiede gehörten''^), waren 1627 diese Hand-
werker mit den Glasern^^-), den Stein- oder Leiendeckern, den Seilern, den
Leinentuch- und anderen Krämern in einer Zunft vereinigt. ^^■^) Seit 1724
waren die Steindecker Mitglieder der Schreiner- und Drechslerzunft' "'), und
seit 1777 bildeten die Maurer, Steinhauer und Weissbinder eine Zunft.'""') Die
Wollenweber gestatteten den Weissgerbern wahrscheinlich schon 1605^""), sicher
'«'0 Art. 75.
"5") Art. 14.
•"*) Art. 22.
18*) Art. 28.
1««) Art. .S8.
'") Art. 70.
18*) Zunftbrief vom 20. Mai 1681, Art. 13.
189) Zunftbrief vom 11. Februar 1783, Art. 12.
"«) St. A, A\., All A,, Z. Xo. 25. Vgl. unten S. 86.
1") Zunftordnung vom 1. Februar 1667.
"2) Seit dem 23. Juli 1780 bildeten sie eiiio eigene Zunft.
1'^) Zunftordnung vom t. August 1627.
1") Zunftordnung vom 30, März 1724.
i^**) Zunftordnung vom 2J. De/ember 1777.
"") St. A. W., VII A, Z ^0. 22 b.
6*
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aber seit 1666^") den Eintritt in ihre Zunft, und seit 1725 machten die Strumpf-
weber. Hosen- und Strumpfstricker eine Zunft aus.^^^)
Aus den oben erwähnten und anderen Bestimmungen der Herborner
Zunftordnungen orgiebt sich, dass den dortigen Zünften und ihren Vorstehern
eine gewisse Gerichtsbarkeit und Strafgewalt in genossenschaftlichen Ange-
legenheiten, besonders bei Widersetzlichkeit gegen die Zunftgesetze und per-
sönlichen Zwistigkeiten, zustand; sie übten ferner einen Teil der öffentlichen
Gewalt dadurch aus, dass sie sitten- und gewerbepolizeiliche Vor-
schriften erliessen. So wurde, wie oben erwähnt, schon bei der Aufnahme
in die Zunft ein Ausweis über einen ehrbaren LebensNvaudel erfordert, und ein
anständiges, gesittetes Benehmen der Zunftgenossen, sei es in den Versamm-
lungen oder im öifentlichen Verkehr, verlangen alle Zünfte. Den Gesellen
wurde das Spielen und übermässige Trinken, das Raufen und Fernbleiben von
dem Hause des Meisters während der Nacht verboten ^'^^); wir finden Erlasse
über die Kleidung der Gesellen und Meister, Verbote des Waffentragens und
andere polizeiliche Vorschriften, deren Übertretung mit Geld oder anderen
Strafen eeahndet wurden. Erwähnt ist auch bereits die Kontrolle durch die
Zunftmeister oder andere Verordnete über rechtes Mass und Gewicht und die
Güte der Waren. So hatten bei den W^ollenweberu schon 1487 die Zunft-
meister die Tücher auf ihre Brauchbarkeit und die erforderliche Breite zu
untersuchen: fanden sie Fehler und wollten deshalb die vorgeschriebene
Besiegelung nicht vornehmen, so sollten zur Entscheidung drei oder vier un-
parteiische Meister hinzugezogeu werden/^^) Nach der Zunftordnung vom
15. März 1525 durfte kein Tuch besiegelt werden, das nicht die Marke des
Fabrikanten trug^^^); 1594 wurden alle rohen Tücher durch vier Unparteiische
besichtigt und nicht unbedeutende Strafen für jedes „untüchtige" oder schlechte
Tuch erhoben/^-) Strenge Verbote ergingen ferner gegen die Erwerbung von
geraubtem, gestohlenem oder unehrlichem Gut ^^■'), gegen das Abspenstigmachen
der Gesellen ^^^) und Arbeiten an Sonn- und Festtagen.
So ausgedehnt aber auch diese gewerbepolizeilichen Befugnisse waren, so
viele Bussen selbst in gewissen strafrechtlichen Dingen auferlegt werden konnten,
so war die Exekutionsgewalt der Zünfte in Herborn doch eine geringe, die
Abhängigkeit von dem Schultheissen und dem Landesherrn zu allen Zeiten, aus
denen sich Herborner Zunfturkunden erhalten haben, eine grosse, ganz abge-
sehen davon, dass die Grafen die Gerichtsbarkeit in Kriminalsachen ausdrücklich
sich selbst vorbehielten.^"") Zwar konnten die Zunftmeister nach der Schneider-
'") Zunftbrief vom 6. Dez. 1666.
"«) Zunftbrief vom 12. Febr. 1725 und vom 11. Febr. 1783.
"^ Gesellenordnunn; der Schuhmacher vom 13. Okt. 1682; vgl. oben S. 74.
i»<») Vgl. Heilage III, Art 8.
'«') Art. 13.
'^^ Zunftordnung vom 6. März 1.594, Art. 9.
'-^) Zunftordnung der Wollenwebcr vom 1. Aug. 1487, Art. 1; vom 15. März 1525,
Art. 2; vom 6. Dez. 1666, Art. 8. — Zunftbrief der Scliuhmacher vom 12. Juli 1597, Art. 6.
'^0 Zunftbrief der AVoUenweber vom 15. März 1525, Art. 12; ähnlich in den späteren
Urkunden. Zunftordnung der Leineweber vom 25. Aug. 1683.
'*'•'■) So im Zunftbriefe der JJäcker vom 12. Xov. 1511 und vom 20. Mai 1681.
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ordnuDg von 1474^^") den Zunftbruder, der in llandwerksangelcgenlieitua den
Gehorsam versagte, mit Wachs- und Weinabgaben bestrafen, verweigerte er
aber die Zahlung, so durften nicht die Vorsteher der Zunft, sondern der Schul-
theiss in Herborn zur Pfändung schreiten. Nur den Bäckern gestattete 1511
Graf Johann, dass unbedeutende Strafen im Auftrage der Zunft auch durch die
Gesellen gepfändet werden konnten. „Vto- soliche ailer dergleichen cleyne
boessen als das ivacJis ein ader zwoe quarten tvins haben ivir von gnaden dem
handiverke heivilligef, das davor iere hiecht simder den schultissen penden
mach^^J^'^) Wenn ein Meister des Wollenhandw^erkes zur Entscheidung persön-
licher Klagen bei den Zunftmeistern ein „Gebot" beantragte, so wurden sofort
zehn oder zwölf unparteiische Meister derselben Zunft berufen; gegen das Er-
kenntnis war noch 1594 Berufung an eine andere Zunft oder das Gericht zu-
lässig, während seit 1666 für den Unzufriedenen eine Berufung bei der Kanzlei
in Dillenburg vorgesehen wurde. ^^^) Seit diesem Jahre wurden auch die von
der Zunft erwählten Beseher von dem Schultheissen beeidigt, ^^^j Säumige
Zahler au „huszen oder schulden, was uf das hantiverk geborgt ivirt^\
konnten die Zunftmeister der Wollenweber mit Yerbietung und Zuschliessunsr
der Walkmühlen und des Färbhauses bestrafen, aber nur mit Vorwisseu des
Schultheissen ^'^'^), und wer mehr als zehn Tücher auf die Frankfurter Messe
bringen w^ollte, musste eine besondere Erlaubnis von dem Reutmeister einholen.
Widersetzte sich ein Mitglied der Schuhmacherzuuft dem Zunftmeister, so war
der Schultheiss zu Herborn verpflichtet, im Notfall dem Zunftmeister gegen den
Ungehorsamen die Hand zu bieten ^^^); w^urde aber ein Meister wegen Über-
tretung der Statuten von der Zunft bestraft, und er wollte sich der Entscheidung
nicht fügen, so blieben ihm nach altem Brauch vierzehn Tage zur Austragung
der Sache bei dem Landesherrn, anderenfalls sollte er des Handwerks so lange
entsetzt sein, bis er die Angelegenheit bei dem Grafen „ausfindig" gemacht
hatte. ^^^) Nach der Zunftordnung der Leineweber von 1683 sollte „r/er ober-
Hchidtheiss von des landesherrn ivegen dem handiverh den gerichtslnecht leihen
SU ihres handwerJcs wö^Äm."^^-") War ein Handwerk durch einen Zunfrgeuossen
geschädigt, so entschieden nicht die Zunftmeister oder die Zunft über die Höhe
des zu leistenden Schadenersatzes, sondern der Graf oder dessen Räte^^''), und
Strafen an Leib oder Geld für Schlagen, Balgen und grobe Scheltworte wurden
nach der Bäckerordnung von 1681 nur durch die Kanzlei in Dillenburg be-
stimmt.^'-'^) Seit 1779 endlich war zur Abhaltung der Versammlungen der
Zünfte die Erlaubnis des Oberschultheissen nötig, bei dem auch die Anmeldung
i»6) Vgl. Beilage II, Art. 3.
*") Zunftordnung vom 12. November 1511.
^88) Zunftordnung vom 6. Dez. 1666, Art. 11.
^«9) Art. 26.
1^0) Zunftbrief vom 6. Aug. 1594, Art. 24.
1^^) Zunftbriof vom 12. Juli 1597, Art. 83.
1^^) Art. 76.
'»2 a) Art. 27.
lää) Transfix vom 8. Sept. 1525 zum Zunt'cbriofo der Wollen\vel)or vom 15. Miirz, Art, 4,
"^j Art. 8.
86
weo-en Eiutrittes iu die Zunft zu erfolgeu hatte, uud die Zunftgeuosseu wurden
zur Beilegung ihrer persönlichen Angelegenheiten auf den gewöhnlichen Rechts-
weg verwiesen. ''^■')
Einen Einfluss auf die Zünfte in Herborn wird übrigens auch der Stadt-
rat, so wenig für die ältere Zeit sonst über sein Verhältnis zu den Handwerkern
berichtet wird, seit der Zeit gewonnen haben, als zur Aufnahme in die Zunft-
genossenschaft die Erwerbung des Bürgerrechts eine der Hauptbediuguugen wurde.
Über die Mitgliederzahl der einzelnen Herborner lassen sich sichere
Angaben, namentlich für die ältere Zeit, nicht machen; auch die Zunftbücher,
soweit sie erhalten sind, geben nur selten Aufschluss, da aus den fort-
laufend geschriebenen Namensverzeichnissen der Mitglieder sich nur an-
nähernd oder überhaupt nicht feststellen lässt, wie gross die Zahl der
Zunftgenossen zu einer bestimmten Zeit gewesen ist. Die älteste und
grüsste Herborner Zunft war die der Tuchmacher oder Wollenweber; die
Zahl ihrer Meister schwankt sehr, 1611 betrug sie 26^'-"'), 1660 etwa 52^9^),
1782 32.''''^) Von den Schuhmachern konnte ich aus dem Rechuungsregister
der Zunft von 1598 14 Schuster mit Namen ermitteln, es gab aber damals in
Herborn 32 Schuhmacher, Löher und Ledersclmeider.^^^) Im Jahre 1602 waren
in der Stadt ansässig 1 Goldschmied (Christian Gladbach), 2 Messerschmiede,
3 Hufschmiede, 4 Schlosser, Uhr- und Büchsenmacher, 7 Schreiner, 5 Glaser,
1 Buchbinder, 2 Seiler, 1 Leiendecker, 2 Fassbinder, 2 Zimmerleute, 1 Maurer,
1 Wagner und 3 Hutmacher.-^*') 1614 betrieben schon 7 Hutmacher ihr Hand-
werk als Meister-'^^), und ebensoviele waren ihrer noch 1626, während 1782 wie
am Ende des 16. Jahrhunderts nur noch 3 Meister gezählt werden.-'*-) Im Jahre
1667 finden wir schon 9 Schlosser und 6 Schmiede in Herborn-^-') und 1683
10 Leinweber. ^''^) Zu grosser Blüte gelangte auch die Strumpfweberzunft, die
1782 39 Mitglieder zählte-*^'^), während es 1701 nur 4 Hosenstricker in Herborn
gab.-«")
1»^) GeneralzunftartLkel vom 10 Okt. 1779, Art 6, 23 u. 33.
19Ö) 8t. A. W., Vir A, Z No. 38.
1«^) Zunftbuch von 1660, A. V, ^V. a. u. O, 8tück 59, Folio 5v bis 7.
'»") St. A W., Xachlass Vogel, No. 49. Vgl. Stoubing a. a. ()., S. 91.
>«") Zunftbuch von 1.^97-1667, S. 36 f.
2«") 8t. A. W., VII A, Z Xo. 25. Über diese auch dem Namen nach bekannten 35
Handwerker vgl. oben 8. 83.
**'^) Franz llamnierschmidt, Theis Nisman, Asman Hammerschniitt, Hans Götthardt,
Franz Xioszman, Jacob NVolff und Hans Wolff; so unterschrieben sie ihre Kingabc vom 27.
Juni 1614 um Errichtung einer Zunft. St. A. W., VII A, Z No. 28.
•^"■^) St. A. W., Nachlass Vogel, No. 49.
203) Zunftbrief vom 1. Febr. 1667, letzte Seite.
■•="') Johann Hass, Peter Nilius, .Mattliias Sartor, .Matthias Kyrain, Hans Conrad W(»ltf,
Jüliiinn Gerlach Moritz, Joh. Güldener, Lucas Moritz, Gisbert 8chmitt und Heinrich Wagener.
Zunftbrief vom 25. Aug 16S3. St. A. W , Urk. VII.
''OS) St. A. "VV., Nachlass Vogel, No. 49. Au<li S teu l)i n:;- a a, ()., 8. 90 ff. bringt
einige statistische Nachrichten über die Handwerker in Herborn, besonders aus der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts.
2»") St. A. \V., VII A, Z >o. 37c,
87
Wichtige Dokumente der Zunft wie clor Zunftbrief, die Zunftbüclier, die
Reclmungsregister, Schuldbriefe, Korrespondenzen wurden nebst dem Gelde,
das die Zunft aus den jährliclien Beitrügen und Zunfterwerbungen, durch Strafen,
Vermietungen und verhehenc Kapitalien einnahm, in dem Zunftiieiligtum, der
Zunftlade, aufbewahrt. Sie war oft ein Meisterwerk der Holzschueidc- und der
Schmiedckunsit-"') und stand in der Regel im Hause des alten Zunftmeisters.
Bei den Versammlungen wurde sie mit dem Glockenschlage, oder sobald die
Sanduhr die festgesetzte Stunde anzeigte, auf den Tisch, an dem die Zunft-
meister und die älteren Meister des Handwerks sassen, gestellt und nun erst ge-
öffnet. Klagen waren nur vorzubringen, nachdem die Lade geöffnet war, andern-
falls hatte der Kläger hohe Strafe zu zahlen, oder er konnte seine Angelegen-
heit erst bei der nächsten Zusammenkunft vorbringen.-"^) Die Zunftlade hatte
gewöhnlich zwei Schlösser, zu denen die beiden Zunftmeister je einen Schlüssel
hatten; die Schlösser waren gleichartig, wie die Straf bestimmungen für den
Zunftmeister, der mit seinem Schlüssel allein die Lade öffnete, beweisen. Erst
durch die Generalzunftartikel vom 10. Oktober 1779, die ,, solche Lade im ge-
ringsten nicht anders, als einen andern Kasten, so zu weiter nichts als etwas
darin zu verwahren, verfertigt wird, angesehen wissen"-*^^) wollten, wurden drei
Schlösser „von unterschiedener Art" vorgeschrieben, zu denen der Oberschultheiss,
der Alt- und der Jungmeister je einen Schlüssel hatten. Sollte während der Abwesen-
heit eines Zunftmeisters Geld aus der Lade erhoben werden, so mussten bei der
Öffnung der Lade durch den anderen Zunftmeister die beiden Zunftmeister des
verflossenen Jahres zugegen sein. Öffnete aber ein Zunftmeister allein die
Lade, so sollte er nach der Zunftordnung der Eisenzunft von 1667 fünf Gulden
Strafe zahlen und „des zimftmeistertisches sein leben lang entsetzet sem"; ent-
wendete er aber Geld aus der Lade, so verlor er die Zunft und durfte weder
Gesellen noch Lehrjungen halten.
In der Zunftlade wurden ferner das Handwerkssiegel und ein Trauer-
tuch aufbewahrt. Starb nämlich ein Zunftgenosse oder dessen Angehöriger,
so waren die übrigen Zunftmitglieder nicht nur verpflichtet, dem Begräbnis bei-
zuwohnen, sondern der Sarg wurde auch mit dem Trauertuch und dem Insiegel
des Handwerks bedeckt.-^'')
Von den älteren Siegeln der Herborner Zünfte ist mir nur das der Wollen-
weber aus dem 16. Jahrhundert bekannt geworden"; es zeigt damals wie auch
später eine Tuchschere und darunter ein Kreuz. Aus dem 17. und 18. Jahr-
hundert sind im Staatsarchiv zu Wiesbaden die Siegelstcmpel der Schuh-
^"'') Die Sammlung des Altertumsvereins in Herborn besitzt noch die Laden der dortigen
Wollenweber- und der Eisenzunft.
208) Zunftbrief der Eisenzunft vom 1. Febr. 1667.
2Ö8) Artikel 8.
2'") Verfassung der Eisenzunft vom 1. Febr. 1667 und der Metzger vom •_'7. April 1681.
Die erstere bestimmte auch, dass die jüngeren Meister die Leiche zu Grabe tragen und die
anderen ordentlich fojgon sollton. Xach dem Begräbnis löste sich der Zug der Zunftgenossen
erst vor dem Trauerhauso auf; die Abhaltung von „Leichengelagen" wurde vorbotei),
88
macher-'M. der Sattler und Rotgerber, der Eisenzuiift, der Hutmacher (1081),
der Leiu- und Bikhvebcr, der Schreiner und Glaser, der Drechsler, der Stein-
(Tecker und der Maurer, Steinhauer und Weissbinder erhalten. Die Schreiben
der Zünfte, auch Nvenn sie von dem ganzen Handwerk unterzeichnet sind,
trao-en in alter Zeit sehr selten und nur bei besonders wichtigen Anlässen das
Handwerkssiegel. Zeitweise, so namentlich im 17. Jahrhundert, erklärt sich
das Fehleu der Siegel allerdings iu anderer Weise. Die Handwerke hatten in
Herboru infolge des schrecklichen Brandes vou 162G, der fast die halbe Stadt
in Asche legte, und durch den dreissigjährigen Krieg arg gelitten; sie mussten
Anleihen über Anleihen aufnehmen und verpfändeten zur Sicherheit des
Gläubigers das Handwerkssiegel. So befand sich das Siegel des Wollenhand-
werks viele Jahre als Pfand im Besitze der Frankfurter Juden „Aaron zur
Schulen" und „Schmuein zum Ochsen" und wahrscheinlich auch des „Abraham
zum roten Löwen".-'-) Dieser Siegelstempel war, wie aus einem noch erhaltenen
Inventar der Zunftlade des Wollenhandwerks vom 1. Mai 1616-'-'') hervorgeht,
in Silber gearbeitet und ist heute leider ganz verschwunden.
Als durch Verordnung des Herzogs Wilhelm vom 15. Mai 1819 alle im
Herzogtum Nassau bestehenden Zünfte aufgehoben wurden, wanderten der Vor-
schrift gemäss auch die Herborner Zunftsiegel und Zunfturkunden, soweit sie
aufzufinden waren, an die Landesregierung und von dort in das Landesarchiv,
in dem sie, wie erwähnt, noch heute als Zeichen der Macht und Grösse des
Herborner Handwerks in vergangenen Zeiten aufbewahrt w^erden. Die Liqui-
dation des Vermögens der Herborner Zünfte — die meisten hatten mehr
Passiva als Aktiva, nur wenige weder Vermögen noch Schulden — zog sich
noch mehrere Jahre hin.-^^)
Zur Zeit der Auflösung gab es in Herborn 12 Stadtzünfte, nämlich die
der Tuchmacher, der Schneider, der Bäcker und Bierbrauer, der Schuhmacher,
Sattler und Rotgerber, der Hutmacher, der Schlosser und verwandter Hand-
werke, der Krämer, der Metzger, der Leineweber, der Strumpfweber, der
Schreiner, Drechsler und Steindecker und die der Glaser; ferner 2 Zünfte für
Stadt und Amt Herborn, nämlich die der Hafner und Pfeifenmacher und die
der Maurer, Steinhauer und Weissbinder ; ausser diesen endlich noch 1 Land-
zunft der Schneider, 1 Zunft der Buchbinder der Städte Herborn, Dillenburg,
Diez"]und Hadamar und i Zunft der Blau- und Schönfärber der Städte
Herborn, Dillenburg, Hayger und Diez.-''^) Nichtzünftige Professionen der
Stadt Herborn vertraten zwei Küfer, ein Spengler, ein Uhrmacher, sechs
2") Von dieser Zunft sind zwei Siegelstempel erlualten, von denen der Jiltcio, kleinere
wahrscheinlich ;selt'der Verleihung des Zunftlirieffs von 1597 gebraucht worden ist.
-''•') A. V. ^\., Akten betr. die ^VollenwebcrzlUlt■t in Herborn, Stück 13, 19 ff. St. A.
W., VII A, Z]No. .37 c.
2'») St.;A. W.,SVII A, Z No. 22 b.
2") St. A. W., VIII L. K. Xo 209.
*) Vgl. Heiinge 1.
21 5\
89
Plandclsjiulcn, zwei Apotheker, zwei Cliirurgeu^'G), zwei Wagner und zwei
Knopfmacher.-")
Abkürzungen.
St. A. W. =^ Staatsarchiv in Wiesbaden, und zwar ist üborall lior Aktonbestand
gemeint, wo die JJezeiciinun^- „Urkunden" fehlt.
A. V. 11. = Archiv des Altertumsvereins in Herborn.
A. \. W. = Archiv des Altertunisvereins in Wiesbaden.
Beilage I.
Verzeichnis der im Königlichen Staatsarchiv in Wiesbaden vorhandenen
Herborner Zunftordnungen von 1474 bis 1783 nach dem Alter
der Handwerke.
A. Zünfte in der Stadt Herborn.
I. WoUenweber (Tuchmacher).
Datum
und
Ausstellungsort.
1) 1487, August 1. (Utf
mitwochen sant peters
dag ad vincula.)
2) 1525, März 15.
Schloss Dillenburg.
Aussteller
(Landesherr).
Bemerkungen.
3) 1525, September 8.
(Freitag nach Egidii.)
Schloss Dillenburg.
4) 1594, August 6.
Schloss Dillenburg.
Johann V., Graf zu Nassau
und Diez.
Wilhelm, Graf zu Nassau,
Katzenelnbogen, Vianden
und Diez.
Derselbe.
Johann der Altere, Graf zu
Nassau , Katzenelnbogen,
u. s. w.
Original, Pergament ; Siegel abgefallen ;
Siegeleinschnitt. Vgl. Beilage III
Abschrift auf Pergament des 16. Jahrli.,
und beglaubigte Abschrift auf Papier
von 1561. Schlechter Abdruck in den
Dillenburger Intelligenz-Niiclirichten,
Jahrg. 1774, Sp. 433—437.
Transfix zu der vorigen Urkunde. Un-
vollständige Abschrift auf Pergament
des 16. Jahrhunderts und vollständige
beglaubigte Absclirift von 15G1. Fehlt
in den Dill. Iiitell.-Xachr. ii. a. l).
Original, Papier ; geheftet mit geflochtenen
grün-rot-blau-gelben Seidenschnüren ;
aufgedrücktes Siegel; Unterschrift des
Grafen.
Auch der Originalrevers der Zunft
von demselben Tage ist erhalten ;
Papier im Pergamentumschlag, geheftet
mit den gleichen Schnüren wie die
Urkunde des Grafen ; aufgedrücktes
llandwerkssiegel.
'■''^) Sie gehörten zur Diezcr t'liirnrgenzunft.
"') Nach einer Zusammenstellung vom Jahn« 18U7. St. A W., Nachlat^s Kühl,-
von Lilienstern, No. 1,
90
Datum
und
Au8StellungSüi*t.
Aussteller
(Landesherr).
Bemerkungen.
5) 1666, Dezember 6.
Schloss Dillenburg.
6) 1706, Januar 30.
Dillenburg,
7) 172.i, Juni 4.
Dillenburg.
8) 1783, Februar 11.
Haag.
Heinrich, Fürst zu Nassau,
I Graf zu Katzenelnbogen,
u. s. w.
"Wilhelm, Fürst zu Nassau,
u. s. \v.
Christian, Fürst zu Nassau,
u. s. \v.
\Mlhelm, Prinz von Oranien,
Fürst zu Nassau.
Original, Papier ; geheftet mit geflochtenen
grün-roten Seideiischnüren, au denen
das Siegel des Ausstellers in Holz-
kapsel hängt; Unterschrift.
Am 4. Juni 1678 gestattete Fürst
Heinrich den AYollenwebern in Dillen-
burg den Eintritt in die Horborner
Zunft; Originalurkunde, Papier; Unter-
schrift und Oblatensiegel.
Bestätigungsurkunde, anschliessend an den
Text der voingen Urkunde. Auf-
gedrücktes Siegel und Unterschrift des
Fürsten.
Wie No. 6, aber ohne Siegel.
Original, Papier ; geheftet mit blau-gelben
Seidenfäden; Unterschrift und auf-
gedrücktes Oblatensiegel.
9) 1474. März 16.
10) 1725, September 1. ?
Dillenburg.
11) 1783, Februar 11.
Haag.
II. Schneider.
Johann lY., Oraf zu Nassau, Beglaubigte Abschrift aus dem 16. Jahr-
, u. s w. I hundert auf Pergament. A' gl. Beilage II.
Christian, Fürst zu Nassau. Original, Pergament; geflochtene blau-
gelbe Seidenschnüre; Siegel in Holz-
kapsel und Unterschrift. Die Urkunde
stimmt wörtlich mit dem Zunfcbriefe
der Schneider des Amtes Herborn
vom I.November 1666 überein; vgl.
No. 48.
"Wilhelm, Prinz von Oranien, , AVie No. 8.
u. s. w.
III. Bäcker Cund Bierbrauer).
12) 1511, November 12. Joluuiu V., Oraf zu Nassau, Original, Pergament; beschädigtes AVachs-
(Uff mitwochen nach u. s. w. 1 siegel des Grafen am Pergamentstreifen,
sant mirtins des helligen
bischofs dag.)
13) 1681, Alai 20.
Dillenburg.
14) 1703, August 1.
Dillenburg.
1.5) 1725, Juni 2.
Dillenburg.
16) 1783, Februar 11.
Haag.
Heinrich, Fürst zu Nassau,
u. s. w.
"Wilhelm, Fürst zu Nassau. AA'^ie No. 7
Original, Pergament; Unterschrift. Schnüre
und Siegel nicht mehr vorhanden.
Christian, Fürst zu Nas.sau. AVie No. 7. Unter der Urkunde noch ein
Znsatz vom 15. .luni 1727.
AVilhelm, i'iinz von Oranien. AVie No. 8.
Ol
Datinn
und
Ausstüliuugsort.
Aussteller
(Landesherr).
Henicrkuii^eu.
17) e. 1582.
18) 1597, Juli 12.
Sc'lilo8s Dillenbun
19) 1729, März 5.
Dillenburg.
20) 1783, i-ebruiir 11.
Haag.
IV. Weissgerber.
•luhauii der Ältere, Gruf zu Es ist nur ein von dem Grafen" bestätigtes,
Nassau. I undatiertes Konzept einer Zunftord-
nung erhalten; wahrscheinlich ist es
zur Verleihung eines Original - Zuntt-
briefes ülterhaupt nicht gekoinnien,
I j wenn auch von 1579 bis c. 1582 eine
' Zunft der Weissgerber bestand. A'iel-
I leicht schon seit 1605, bestininit seit
1666 wurden die Weissgerber in die
I Wollenweberzunft aufgenommen.
V. Schuhmacher, Sattler und Rotgerber.
Derselbe. Abschrift im Zunftbuche.
Die G e s e 1 1 e n 0 r d n u n g der Schuh-
macher datiert vom 13. ükt. 1682 und
ist wie die Bestätigungsurkunde des
Fürsten Heinricli vom 20. Okt. auf
Pergament geschrieben.
Christian, Fürst zu Nassau. ! Original, Papier; geheftet mit weiss-blau-
gelben Seidenfäden. Unterschrift und
aufgedrücktes Siegel des Fürsten.
Wilhelm, Prinz von Oranien. Wie No. 8.
VI. Schlosser, Uhrmacher, Schmiede, Messerschmiede, Glaser, Leiendecker, Seiler,
Leinentuch- und andere Krämer. (Vgl No 22, VIII, XII, XIII u. XVI)
Ludwig Heinrich, Graf zu Original, Pergament; Siegel in Holzkapsel
Nassau, u. s. w. am Pergamentstreifen. Unterschrift.
Heinrich, Fürst zu Nassau. Wie Nr. 5. Die Zunft umfasste jetzt wie
später die Schlosser, Büchsen-
macher, Uhrmacher, Sporer,
Seh wertfeger, Schmiede, Waf-
fen- u. Messerschmiede (Eiseu-
zun f t).
Wie No. 7.
21) 1627, August 1.
22) 1667, Februar 1.
Schloss Dillonburg.
23) 1725, Juni 4.
Dillenburg.
24) 1783, Februar 11.
Haag.
25) 1627, September 12.
Dillenburg.
26) 1683, September 25.
Dillonburg.
Christian, Fürst zu Nassau
Wilhelm, Prinz von Oranien. i Wie No. 8.
VII. Hutmacher.
Ludwig Heinrich, Graf zu Original, Papier im Pergamentumschlag;
Nassau. geheftet mit gedrehten gelben Seiden-
schuüren ; Siegel ab : Unterschrift.
Heinricli, Fürst zu Nassau. Original, Pergament: geheftet mit breiten
I grün-roten Seidenbändern ; Siegel in
I llolzkiipsel und Unterschrift.
92
Datum
und
Ausstellungsort.
Aussteller
(Landesherr).
Bemerkungen.
27) 1704^ Februar 19.
Dillenburg.
28) 1725, April 30.
Dillenburg.
29) 1783, Februar 11.
Haag.
30) llitJT, Dezember 16.
Dillenburg.
31) 1706, Juli 28.
Dillenburg.
32) 1725, Juni 4.
Dilleubuvg.
33) 1783, Februar 11.
Haag.
34) 16S1, April 27.
Dillenburg.
35) 1704, April 2.
Dillenburg.
36) 1725, Juni 6.
Dillenburg.
37) 1783, Februar 11.
Haag.
38) 1683, August 25.
Dillenburg.
39) 1703, März 4.
40) 1725, April 30.
Dillenburg.
41) 1783, Februar 11,
Haag.
Wilhelm, Fiii-st zu Nassau. Wie Nu. 6, aber ohne Siegel.
Christian, Füret zu Nassau. Wie Nu. 7.
I
Wilhelm, Prinz von Uranien. Wie No. 8.
VIII. Krämer. (Vgl. No. VI.)
Heinrich, Fürst zu Nassau. ; Original, Pergament; geheftet mit breitem
rosafarbenen Seidenband, an dem das
Siegel in Holzkapsel hängt; Unter-
schrift.
Wilhelm, Fürst zu Nassau. Wie No. 7.
Christian, Fürst zu Nassau. Wie No. 7.
I Wilhelm, Prinz von Uranien. Wie No. 8.
IX. Metzger.
I Heinrich, Fürst zu Nassau. Original, Pergament; gelieftet mit ge-
I tloohtenen weiss -grün- roten Seiden-
schnüren; Siegel in Holzkapsel und
Unterschrift.
Wilhelm, Fürst zu Nassau. Wie No. 7.
Christian, Fürst zu Nassau.
Wie No. 7.
Wilhelm, Prinz von Ora)nen. Beglaubigte Abschrift vom 18. März 1801.
X. Leineweber.
Heinrich, Fürst zu Nassau. AVie No. 13.
Wilhelm, Fürst zu Nassau.
Christian, Fürst zu Nassau.
W^ie No. 7.
Wie No. 7,
42) 1702, Juli 2.j.
Dillenburg.
43) 1725, April 30.
Dillenburg.
Wilhelm, Prinz von Uranien, j Wie No. 8.
XI. Hosenstricker und Strumpfweber. (Vgl. No. XVII.)
, Wilhelm, Fürst zu Nassau. Wie No. 13. Für die Iloscnstrickor aus-
I gestellt.
Christian, Fürst zu Nassau. Wie No. 7.
93
Datum
und
Ausätelluugsui't.
44) 1725, Fclirunr 12.
45) 1783, Februar 11.
Haag.
40) 1780, Juli 23.
LüO.
Aussteller
(Landesherr).
RoiMorkunj:;en.
Derselbe. I Original, l'upicr; nur Unterschrift, ki-iii
Siegel. Für die Hosen- u. Strunipf-
stricker und das NVoliorliandwork
„unserer Residenz und Stadt llerbiirn'"
ausgestellt.
Wilhelm, l'iin/ vünOraniou. Wie No. 8.
XII. Glaser. (Vgl. No. VI.)
I Derselbe. Abschrift.
XIII. Schreiner, Drechsler und Leiendecker. (Vgl. No. VI und XVI.)
47) 1782, April 21.
Haag
Dersell)e.
Wie No. 8.
B. Zünfte in der Stadt und im Amte Herborn.
XIV. Schneider.
48) 1666, November 1.
Dillenburg.
49) 1725, Juni 20.
Dillenburg.
50) 1712, Oktober 28.
Dillenburg.
51) 1725, September 4.
Dillenburg.
52) 1783, Februar 11.
Haag.
Heinricli, Fürst zu Nassau.
Christian, Fürst zu Nassau.
Original, Pergament; an roter geflochtener
Seidenschnur Siegel in Holzkapsel;
Unterschrift. Für die SchneidiM- des
Amtes Herborn ausgestellt.
Wie No, 7. Für die Schneider des
Amtes Herborn ausgestellt; 1783
noch zu Recht bestehend.
XV. Hafner und Tabakspfeifenmacher.
Wilhelm, Fürst zu Nassau.
Christian, Fürst zu Nassau.
Wilhelm, Prinz von Uranien,
Original, Pergament; an geflochtener
weiss-schwarzer Soidenschnur Siegel
in Holzkapsel; Unterschrift.
Für die Hütner des Amtes Her-
born ausgestollt.
Wie No. 13.
Für die Hilfner des Fürstentums
Nassau-Oranien erlassen.
Wie No. 8.
Für die Hafner u. Pfeifenbäcker der
St ad tu. des Amt es Herborn erlassen.
XVI. Schreiner, Drechsler und Leiendecker. (Vgl. No. VI.)
53) 1724, März 30.
Ludwigsbronn.
Wilhelm, Fürst zu Nassau.
Original, Pergament ; gedrehte weiss-grün-
rote Seidenfäden; Siegel ab; Unter-
schrift. Für Stadt und Amt Her-
born ausgestellt; zu der Zunft gehörte
auch ein Drechsler der Stadt Dillen-
burg.
94
J^*^^"'" Aussteller
und Bemerkuni;on.
, , ,, , (Landesherr).
Ausstellungsort. ' \
54) 1725, April 30. Christian, Fürst zu ^'assau. , Wie Nr. 7
Dilleuburg.
Seit 1782 galt nur di<' /iinftord-
nung No. 47.
XVII. Maurer, Steinhauer und Weissbinder.
55) 1777, Dezember 21. Wilhelm, Prinz von Oranien. Wie Xo. 8.
Haa»'. I I Für Stadt und A mt Herborn aus-
gestellt und bis zur Auflösung der
' Zünfte 1819 gültig.
C. Zünfte in der Stadt Herborn und in anderen Städten.
XVIII. Blau- und Schönfärber der Städte Heruorn, Dillenburg, llaigor und Dioz.
56) 1777, Oktober SO. Wilhelm, Prinz von Oranien, Wie Xo. 8.
Haas. ! Fürst zu Nassau. 1
XIX. Buchbinder der Städte Horborn, Dillenburg, Hadaniar und Diez.
57) 1782, .Taiiiiar 27. Derselbe. Die einzelnen Gesetze sind bekannt; das
Haag. j Original oder eine vvörtlicho Abschrift
konnte ich aber bisher nicht eittdecken.
Beilage II.
1474 März 16.. Graf Johann IV. von Nassau-Diez verleiht dem geschworenen
Schneiderhandwerk in Herborn Zunftartikel.
Wir .Johan, gravc zu Xassauw, /u Vianden und /u üiettzc, licrr zu Bredae.
thun kont und beken. das wir Wolfart Nottze und Profyet, unser undersaissen, bürgeren
und inwoneren unser Stadt Herborn den zonfftmeinstern von dem geschworen schnyder
hantwerge bynnen unser Stadt Ilerborn gesessen sint, begnadet und gefryet hain.
begnaden sye und fryhen in und mit cratft dissz brieffs mit den punctcn und artikeln
alls hiernach geschrebcn stehent: Zum ersten, das keyn burger adcr burgersen, uff
ader bynnen unser vurgenanntcn stadt Herborn gesessen, keynerlcye kleider, rocke,
wammes, hosszen ader') anders eynicherley wfdleuduche zom lybe gehörend sal ader
mag buissent der vurgenanten stadt thun ader laissen machen, neben ader schnyden
in keynerlcye wise anders dann eyn gesclnvorn hantwergks meinstcr bynnen der stadt
gesessen, und wer solichs, wie vurgeschrebcn ist, nicht also enhielde, der ader die
sal ader sollen verbrochen hain, so dicke des gebort, zu icklichem mail eynen gülden
ader 23 wisphennige, davur lialff zo unserm behoiff und die ander helffte den
vurgeschrebcn zonfftmeinstern, es cn were dann, das sie so lang buissen weren, das
sie cleyder müsten thun machen.
Item wan eyn geschworn schnider eym andern burger, burgersen ader ander
cleider gemacht halt und iem davon noch synen lone schuldig blibet und das solich
') Im Text ., ander«.
95
burger, burgerse adcr ander bey eynen andern sclinyder tzielient und den cleider
laisszcn machen, so sal dan der schnidcr, dem solich burger, burgerso ader ander
noch syn gellt ader loen schuldig ist, macht liaben, dem andern schnider zu verbieden,
den vurgeschreben burger, burgersc ader andern solich kleydt nit zu laissen folgen,
hee en sy dan erst betzailt von der schult er iem schuldig ist.
Item wilch bruder der vurgeschreben zonftt ader hantwergks in geburlichen
Sachen, dem hantwergke berorende, ungehorsam ist, den sollent die geschworn mcinster
der selbigen zonÜ't maeiit haben, zu l)uysszen mit eym halben i)hondc waclises dem
helligen crutze zu geben und den vurgcuanten brodern und meinstern mit eym halben
vierteil wyns. und vur solich buyssz sal sie unser schultiss zu Ilerhorn, zur tzit synde,
phenden glich vur ander schult.
Item Avere sache, das die sclinyder eynen begriffen bynnen der Stadt, der nit
zonfftig were in ierm hantwergk ind klcider bynnen der Stadt in meinstcrs wise machten,
der sold verbrochen hain eynen gülden, so dicke des geschiet, halb in unser behoiff
und die ander helft'te dem hantwercke vurgenant.
Item were auch sache, das die meinster eynen begriffen in Herborn kirspel.
der unser undersaiss nit enwere und doch im lande ginge arbeden und cleider machen,
der sal auch verbrochen hain eynen gülden, so dicke und mannichfalt des geschiet
und also befunden wurde, halft' in unser behoitt" und die ander helffte in der zonfft-
meinster behoiff".
Und uff das nuw die vurgeschreben puncte und artickel, wie obgeschreben
steht, stede veste gehalten werden, bevelhen wir allen unsern amptluden, rentmeinstern,
keinem, schultissen, burgermeinstern, scheft'en und andern unsern knechten und thienern,
die des ersucht wurden, die vurgeschreben zunfftmeinstern und hantwergkslude by den
vurgeschreben puncten, artickeln und fryheiten, wie die vurgemelt sint, zu behalten
und zu handhaben und des in keyne wise nit zu laissen, want das also unser wille
ist, beheltlich doch uns hie in unser abe und zusettzen, raerden und myndern, wie
uns solichs gengen und eben syn sail, düren auch disse gegenwirtige fryheit, so lang
as uns geliett't. Des zu urkond hain wir unse siege! unden an dissen brieft' thun
hencken, der gegeben ist uff den sechtzehenden tagh im mertze im jair na Crist
geburt tusent vierhundert und in dem vier und sebentzigsten jare.
Item") wer das schnyder hantwergk zu Herborn handhaben wil und nit hroder
ist, ee dan er meinster wirt, sal er geben dem helligen [crutze] eyn gülden wert
wachs und vier gülden in die broderschaft't des schnyders hantwergks.
Geschreben und mit flyssz übersehen, auch mit ierem originale glichludende
erfonden ist disse copyc durch mich Sifridum Stoir, von keyserlicher
gewalt offenbairen notarien, stadt und gerichts schriber zu Herborn, betzüge
ich mit gegenwärtiger myner eygen hantschrift't,
Heglaubigte Kopie des 16. Jahrhunderts auf Pergament im Staatsarcliiv zu Wiesbaden, VII
Urkunden.
-) Der nachfolgende von dem Notar beim Abschreiben ausgelassene Artikel steht nach
dem Schlüsse der Urkunde und vor dem Beglaubigungsvermerk. Es ist durch kein Zeichen
vermerkt, an welche Stelle er im Zunftbrief selbst gehört.
96
Beilage 111.
1487, August 1 (uff mitwochen sant petersdag ad vincula). Zunftordnung des
Wollenhandwerks zu Herborn, bestätigt von Johann V., Grafen von Nassau-Diez.
Kunt sie allen lüden, die diesen brieli' sehint und horont lesen, das mit wissen,
willen und bestedigüng des cdeln und woilgebornen hörn hern Johanns, graven zu
Xassauw und zu Dietze. unsers gnedigen lieben hern, die meinster gemeynlichen des
wollenhantwercks zu Herborn eyne ordcnüng, regiment und inne gesatzt zu halten,
gestifft und gemacht haiut, die dann unser gnediger lieber herre obgenant vur sich,
sin irbin und nochkomenen also zu thiin unverbrüchlichen zu halten gehabt wil haben,
in maissen hirnoch folget:
Zcüra irsten (III) 0 sal nyemantz, der zum hantwerck geboret, geraübet, ge-
stolen, unyrlich güet, das zum hantwerck dienet, als gesmeltzer, wollen und garne,
an der meinster willen und wissen keüffen. und wer das dete, so dicke und viel das
geschege, sal von iclichen pünde gebin und verfallen sin by des hantwercks hogsten
büessen zu geben.
Zcüm andern (IV), obe imantz des selben hantwercks genosen werden aeder
die weren. nyemantz uszgenommcn. und des hantwercks schaden wüsten, der dem
hantwercke zustünde und das nit vurbrechte, der und die selben sulten also viele
verbrochen haben, als derjhener, der den schaden gethain halt.
Zcüm dritten (V), wer uff die feste alle unser lieben fraüwen dage. der zwolff
apostolndage und sondags, vur vespertzit an wissen und willen suuder rait der meister
molete, mit walcken aeder weschen, das man umb gotz willen laissen sal, der sal
das verbüessen mit einem pünt wachs und anders nyemantz nichts geben.
Zum vierden, wer das hantwerck keüffet, sal dem gantzen hantwerck darvür
geben eicht gulten. und damit so irffef-) ein meinster mit dem hantwerck alle sine
elichen hindere, sone und dochtere, und obe sich der hindere eins verhiclichte zu
imantz, der das hantwerck nit bette, der sal geben zwene gulten, einen wispeng, des
sal ein halb gulten vur wachs geben werden und den zweyen kirchenmeinstern •') dry
türnos und fünffzehen türuos zu des hantwercks behül)e und einen wispennig zu des
hantwercks knechte gefallen.
Zum fünfften (VI) sal nyemantz grac ader wise dücher smaler werti'en dan
vierundviertzich gcnge mit fünfzehn faden, und wer mynner wurffe, sal verfallen
sin zu nütze dem hantwerck mit einem halben gulten, und an die geferbeten dücher
sal nyemantz mynner werffen dan seszundvietzich genge mit fünfzehn faden by der
itztgenanten penen.
Zum sehsten (VII), wanne die kirtzenmeister eynig gebot doent, uff ein nam-
haftige ure zcu hantwercks gebode zu sin, wie das queme, uff aeder under das rathüsz
aeder in den molengraben zu gain. und uff die zciet imantz ungehorsam wcre, nit
queme, sal verfallen sin mit einer quarten wins und in dem molngraben mit zweyen
wispcnnigen, darvor man ime einen knecht dingen sal, zu geben, und wanne zu solichen
geboten durch die kirtzenmeinster aeder knecht ein swygens und Stillung geboten
wirdet und durch imantz nit gehalten w^urde, sal das verbüsen mit einer quarten
wins. und obe imantz so eynig gebot an die kirtzenmeinster zuthün begeirt, die sullent
an stünt laissen verboten und heüschen zehin aeder zwolff unparticlichen mitzonfft-
') Der vorliegende Zunftbrief sollte einem späteren zur Vorlage dienen, die oben ein-
geklammerten Zahlen sind in dem Original über die Linie geschrieben und bezeichnen die
Reihenfolge, in der die zu übernehmenden Artikel im neuen Zunftbrief stehen sollten,
«) Erbt.
^) Vielleicht verschrieben statt kirtzenmeister. Aus dem 17. Jahrhundert ist bekannt,
dass einzelne Zünfte in Herborn, z. B. die Schuhmacher und Krämer, auch Kirchenmeister
hatten; vorher finden sich keine Nachrichten über sie.
97
meinsteru und daiiihir lici-konucii laisscn, davon ^al der jicebcn den kirtzennicinstuni
ein halb virtcl vvins und den liantwercksknccliten einen all)u.s, und zeu crkentnis
den mcinstcrn ein tirtel wins. und obe dan e\ nig dcil an solichen crkcntnisson iiif
jicni'igen liette, mag sieb benitien l'urt an ander zonli'te aeder vur das gericbte.
Zcuin siebinden (VIII) luah'. und wanne die nieinster ziebent utt" der lieübt-
iiiarckte. do sullent sie wiszen iniib die stede zu stabin. und wo iclichem sin staut
liiengefellet, sal er pliben und darinne gehorsam sin, und wer des nit dete und eynig
scbeltworte einer (b'm andren dosclbst aedor anderswo vor dem bantwerekc thet aeder
thun wurde, we das zcuiiuemc, sal almoil verfallen sin zu des hantwercks notze mit
6 wispennigen, so ferre das is nit ere und gelinip beroirt.
Zcüm achten mail (IX), obe imantz diichc mechte, die an der ramcn und anders
gebrechs hall)ir durcli die kirtzenmeinster und das hantwerck straiffbair lunden wurden,
und die nit siegeln widten. mag man anders dric ader vier unparticlicli meiuster mit
darby nemen und die beseliin und iren gebrechen au der ramen ader anders straiü'ber
ducher erkennen laissen, und an den sal solichs stain, und obe imantz grae aeder
wisse dücher mit warft" stricken mechte, der sal solichs verbüsen mit sesz wispennigen
uiul 1 IL waclis.
Zcüm nüynden (X) mak', sal nymantz by nachte in der molen nit karten, uff
das die düche zu nütze mögen l)ereyt werden, und wer das dete, sal verfallen sin
mit 6 wispennigen. ein piuit wachs.
Zcüm zehinden male, wer das hantwerck leren wil, sal geben 1 U waciis. den
kirtzenmeinstern ein virtcl wins. dem knechte 1 albus und dem hantwerck einen
gülten, und der lereknecht sal mit wissen der kirtzenmeinster uflgenommen werden,
und obe der ontlaurt'en wurde, so sal sin leremeister dem hantwerck mit dem lere-
rechte verfallen und zcu gebn plichtig sin.
Zcüm eilfften maile, sal man alle jair zwene kirtzenmeinster, eynen von den
scheffen, den andern under den gemeyn zonfftbrüedern kiesen, und die sullent dem
hantwerck alle jair von den obgeschrieben rechenschaft thun, und iclicher. der das
hantwerck halt, sal jairs gebin vor sin zonfftgelt vier jonge heller.
Zürn zwolfften, und obe das hantwerck etwas zu verbessern, dem hantwerck zcu
güde finden mochten und die meynste meynige daruft' viel und ingain wurden, sullen
die andern gcfulgig sin.
Des zu warem urkündc und utf das alle vürgcschrieben inserirte stücke, puncte
und artickel also hienforter stede veste und unverprüchlich werden, habin wir Johan.
grave zcu Kassauw und zcu Dietze, unser ingesiegel her unden an thun hangen.
Geben in den jaren unsers hern dusent vierhundert siebenundachtzich utt' mitwochen
saut peters dag ad vincula.
Original, Pergament, im Staatsnrcliiv zu Wiesbaden a. a. ()., Siegel und Per^'amontstreifen
ab, Siegeleinschnitt.
Eine Altenberger Urkunde von 1324 mit
Herborner Namen.
E. Schaus.
Aus dem Fürstlichen Archive zu Braunfels mag manche Nachricht zur Ge-
schichte Herborns zu gewinnen sein. Es fehlt ja nicht an Beziehungen zwischen
dem Solmser Lande und der benachbarten Stadt. So hat zum Beispiel Lcun im
Jahre 1664 seine städtische Freiheit nach Herborner Muster erhalten.^)
Ein wertvolles Glied der Braunfelser Bestände bilden die Archivalien des
Klosters Alteuberg bei Wetzlar, Aus ihnen stammt die Urkunde, die im
Folgenden wiedergegeben wird. Es handelt sich nicht um ein unbekanntes
Stück,- Guden in seinem Codex diplomaticus III, 216 bietet den Text, aller-
dings nicht vollständig. Er hat, um Raum zu sparen, gerade den Bestandteil
ausgelassen, der ihr hier eine neue Unterkunft verschaffen soll, nämlich die
Liste von mehr als fünfzig Namen Herborner EinAvohuer. Diese Herborner
sind Zinspflichtige des Grafen Johann von Nassau-Dilleuburg, der den Gesamt-
betrag ihrer Jahresleistungen in der Höhe von 4 Mark dem Kloster Altenberg
verschreibt zur Stiftung eines Jahresgedächtnisses für seine Eltern Otto und
Agnes, seinen verstorbenen Bruder Otto und für sich selbst. Dabei wird
bestimmt, dass den Nonnen an den betreff'enden Gedenktagen eine Verbesserung
ihrer Tafel — bona pyctancia — zu Teil werden, und dass bei den Grabstätten
der genannten Angehörigen des Stifters und später bei seiner eigenen eine
ewige Lampe brennen solle.-) Die Urkunde ist ausgestellt am 4. März 1324.
Man versteht, dass gerade dieser Graf Johann zwei Jahre später, am 5. Juli 1326,
von König Ludwig dem Bayer zum Schutzherrn des Klosters ernannt wurde. •'^)
Die Herborner Namen mögen für sich selber sprechen. Es sind einige
dabei, die schon anderweit bekannt waren; es fehlt aber nicht an solchen, die
sonst nicht begegnen; darunter sind so sonderbare „Unnamen", wie Schmiermus
') J. C. 8 eil au 111, Da« Grafen- luul l'üi-stcuhaus Solms. Frankfurt a. -M. 1828,
S. 228. Über junj;e Grafen des Sulmser Hauses auf den Herborner Schulen siehe ebenda,
S. l.js und 293.
*) Siehe Arnoldi, Geschichte der Oranien-Xassauischen Länder, III b, 123 f.
■') Bölnner, liegestfii l,ii(lwigs iles Ijayerii, Xr. 885; vergl. Abicht. Dor Ivrois
Wetzlar, 3, 94 f.
' HO
uiul licitliasc. \\'iclitig iai daiiii auch die llrwaluiuiig- »Its UatlmiiüUä, (luimi8
civiuni, und wtitur des estiuuium, der Badstubc. Aus Arnold! HI b, 84 wusste
man, dass Graf Johann \. im Jalire 1487 ein liudiiaus zu llerborn erbauen
Hess. Das war also eine neue Anlai^-e, die vom Laudcsherrn ausging. Nun
sieht mau, das« auch die frühere dem Grafen eine Abgabe schuldig war.
Graf Johami von Nassau stiftet ein Jahresgedächtuis im Kloster Alteuberg
1324, März 4.
Tcstaiiieiituiu ti'statoris fclicitc-r et priulcuti cuusilio urdiiiatur, .si tcrrcnis lieredibus
non tcstetur, scd Christus soluni fiat oliniosiuc i)articeps et colieres. Ilinc est quod
nos . . Jolianncs comcs de Nassawe, sanus cor])orc ac niente conipos asscnsuque . .
Ileinrici comitis nostri gcrmani ob rcmissioncm pcccatoruni nostroruni et eterni patris
nnscricordiam cnnscqiiondani uecnon in rcmcdium et sahitcm aniinarum i)arcntum
nustruruui, (luatuor uiarcaruin rcdditus dcnarioruin Cülonicnsium ccdeiites in t'esto
beati Michaelis archangeli cenobio de . . Alden])urg ordinis Premonstratensiuni de
bonis nostris infrascriptis sitis in Ilerbcrn leganuis in hiis scriittis pcrpctuc i)ossi-
dendos, ita vidclicet quod annivcrsaria patris nostri . . üttonis (juondam comitis
matrisquc iiostrc Agnetis sue collatoralis necnon fratris nostri Ottonis pic mcmoric
pro duabus niarcis. (]Uüdlibet suo tempore, similiter et anniversarium nostruni dum
fuerit pro ceteris duabus marcis ab eisdem monialibus et conventu perpetue peragantur.
Volumus eciam, iit prcdictis inonialibus (|Uolibct die anniversariorum bona pyctancia')
de prcdictis marcis i)ro sustentacione natuve ministretur. ac cciam uiuuu lumcn iuxta
sepulcra prcfatorum et meum ticri debet, quod us(|uc ad novissimum diem arderc
non desistat. Ordinamus insuper, quod dictarum marcarum rcdditus videlicet (juam-
libet marcam pro duodecim marcis pagamenti eiusdem nos ac liereditatis nostre
successores redimendi liberam habeamus facultatcm ; ((uibiis redemptis ad nos et
hercdes nostros revolvuntur lil)ere, et dicte nioniales scu conventus sibi tantos redditus
conparabunt ad sui)plendum. ut est dictum. Haue nostram ultimam voluntatem esse
volumus iure tcstamcnti, quod si iure testamenti') non valct, valeat saltera iure codi-
cillorum vel cuiuslibet alterius ultimo voluntatis. — Hü sunt redditus : Heinricus
dictus Snabel VI denarios de quodam horreo''), item Elizabeth dicta Luczechin VI den.
de quodam orto. item Conradus dictus Backman IX den. de (piadam area. item tilius
dicti ikilsen IX den, de quadam area, item Conradus Ilucliart VI den. de
(juadam area, item dictus Purryscn solidum denariorum de orto. item Con-
radus sartor et Ileidcnricus dictus Smirmüs solidum denariorum de orto, item
Gerlacus de Sinde VI den, de area, item Conradus dictus Scirne IX den.
de orto, item dictus Atspechere III den. de domo, idem VI den. de orto. item
Theodericus Duzeman IUI den, de orto, item dictus l\üi)e VI den., item dicta die
Duzemennen XVIII den,, item Ilcrmannus de Gehufte XIII den., item Conradus dictus
Snegil IUI den., item Bertha dicta Wappüzen VI den,, item dicta dieLüzsersin IUI den.,
item Ludewicus filius Heidendrudis de Royde XII den., item Arnoldus de Koyde
solidum denariorum, item Ileyno dictus Snupc VI den., item Dylo faber de Schelte
XVIII den,, item Gylo dictus HuUe VIII hallenses, item Lutze dictus Scliaup VI den.,
item Conradus dictus Tugncre VI den., item Ileyno tilius dicte Roden III den., item
Conradus dictus Wappuz XIII den. de orto et domo, item dictus Kurlich III den., item
Guntherus pistor III den., item Hcino Waltrittcre V den. t:um obulo, item Demudis
dicta die Gullensen VIII den., item die Cluscncrsin solidum denariorum, item relicta
Hermanni cerdonis VI den., item Gilbertus canipanator XXXI den., item Wigandus
*J Pytaiicia mit üborgeschnobeiieiii c.
^) Vhor der Zeilen.
") Verlier orto, getilgt.
100
dictus Scbci» 111 (Ion., item (oiinuliis ilictus 13oto snliduiii (Icnavioniiu. item Muclitildis
de olinene VI den., itoiu Ilerniaunus tilius dicti Ilor VI ilcn., itcni dictus linke
Xlll den., item Coniadus dictus Scbatl'erat III den., item Albertus furestarius VI den.,
item Tbeodericus dictus Enjielzeiz VII den. cum obulo. item Ileino dictus Blin/ II '/2
den., item Conradus dictus Hudeln VII den., item Jobannes lilius dicti Cornengils VIII
den., item dictu? Korne VI den., item lleino dictus Ilundecliin XIX den., item dictus
Kallavt III den., item Luczo et dictus Junge de Symelsdoif VI den., item dictus
Seugeloii) VI den., item de estuario VI den., item Ilermannus dictus Reytbase III
solidos denariorum. item de domo dicti Stadien VI den., item Cristina dicta Haynen
XXX den., item Conradus dictus Zunzel solidum denariorum, item soror eius Ger-
drudi? XIII den., item ("onradus llackman et Conradus lindere IX den. de area
suiira ccUarium. item Arnoldus et Gyscla u\ur ([uundam Gules V solidos denariorum
de domo^) civium.
Xe igitur super buiusmodi testamento aliciua poterit in posterum contencio vel
calumpnia suboriri, nostro ac fratris nostri Ileinrici comitis prefati sigillis presens
testamentum duximus roborandum.
Datum et actum anno domini millesimo trecentesimo vicesimo quarto, dominica
qua cantatur . . luvocavit.
Original. Pergament ; vom NVappensiegel des Ausstellers kleiner Kest, vom Reitersiogel
des Graten Heinrich Bruchstück erhalten. — rrkiindeii des Klosters Altenberi;- LV 84 im
Fürstlichen Archiv zu Brauiifels.
') Vorliessei't aus domu.
Der Ringwall auf dem Bleibiskopf.
\'()U
C, L Thomas*
Mit 1 IM:in.
Der Bleibiskopf steigt in der Form eines abgestumpften Kegels mit steilen
Hängen als eine nur mit ihrer Nordseite dem Fusse des Rosskopfes und llerz-
berges sich anschliessende Vorliöhe aus der wasserdurchzogenen Thalmulde auf,
die beiläufig in der Mitte des Abstaudes der Urselbach-Thaleuge von der Saal-
burg in den Nordosthang des den römischen Limes tragenden Tauuusrückens
tief hereinreicht.
Seine aussergewöhnlich felsige Kuppe überragt die sattelförmige Anschluss-
seite noch um ein Bedeutendes und schliesst mit einem in drei Stufen geteilten
Plateau ab. Der nach dem Sattel hinabführende Hang hat die geringste Neigung
mit schwachen Abstufungen ; an den steil abfallenden Bergseiten tritt anstehen-
des Quarzitgestein allenthalben hervor, das seine geborstenen Teile im Zu-
sammenbruch über die Bodenfläche zerstreut hat. Die Bergkuppe ist von einem
Steinring mit der Grundform, die der Kontur eines menschlichen Ohres gleicht,
umzogen ; mächtige Felspartieu sind auf der Nord- und Südseite mit ihren nach
aussen senkrechten "Wänden so in diese künstliche Wehrlinie hineingezogen,
dass sie mit ihrer Längserstreckung diese ergänzen. Es ist jetzt noch zu
erkennen, dass ihre Klüfte des vollständigen Abschlusses halber mit Fels-
trümmern sorgfältig ausgesetzt waren.
Der Ringwall ist reiner Steinwall und dürfte auch durch den Zerfall einer
mit der gleichen Linienführung ursprünglicli errichteten, holzversteiften Trocken-
mauer hervorgegangen seiu. Die aufgenommenen Querprofile lassen erkennen,
dass diese Mauer nur massig grosse Höhe und Stärke aufzuweisen hatte, die
je nach der Steilheit des vorliegenden Berghauges andere waren, so zwar, dass
nach dem flachsten Hange hin der kräftigste Maueraufbau stattgefunden hatte
(Schnitte A und IJ).
Im ()stliciien Teil der nördlichen Wallstrecke, die mit nur massig abfallen-
dem Vorterrain dem Gcbirgssattel zugewendet ist, findet sich deutlich erkenn-
bar die alte Tlior()ffhung der Ringburg. Nach ihrem gegenwärtigen Aussehen
dürfte sie eine Weite von nicht ganz 3 m gehabt haben, und da der Steinring
noch an zwei anderen, durch neuere Fahrwege zur Zufahrt geeigneteren Stellen
102
durchbrochen ist, kauu eiu Bedürfnis zur Yeränderuug der alten Einfahrt in
nachfolgender Zeit überhaupt nicht bestanden haben.
Die drei Stufen, in die das Bergplateau zerfällt, sind um den ziemlich
central gelegenen, hoch aufragenden Quarzitkamm gruppiert und an ihrem
äusseren Rande in der erwähnten Form vom Ringwall umschlossen. Die oberste
nimmt den nördlichen, vom Tlior ab westlich ziehenden, durch die beiden Fels-
gräte beiderseits begrenzten Teil der Ringburg ein ; diesem schliesst sich die
dem tiefer liegenden südwestlichen Raum (zwischen mittlerem Quarzitgrat und
der nach Süden abschliessenden Ringmauer und Felsgruppe) einnehmende zweite
Stufe an. Beide sind gegen Osten durch einen in gebogener Linie verlaufen-
den Böschuugszug, vom Thore bis zur Südfront sich erstreckend, begrenzt.
Vor diesem, durch Felstrümmer schwer ersteigbaren Hindernis breitet sicii die
unterste Stufe der wallumschlossenen Fläche, von Nord nach Süd in flachen
Terrassen abfallend, aus.
Das alte Thor des Riugwalles zeigt die einfachste Form einer solchen
Durchfahrtsanlage, denn es bestand, wie gesagt, nur aus einer fast 3 m weiten
Unterbrechung des im übrigen geschlossen verlaufenden Mauerringes. GUeich-
wohl bietet diese Anlage in ihrer primitiven Form für ihre Verteidigung die
grössten Vorteile durch die mit grossem Verständnis für die örtliche Gestaltung
getroflene Wahl ihrer Lage. Das der diesbezüglichen Mauerstrecke vorliegende
Gelände, die Angriffseite des Berges, begünstigte, wie auch aus dem Plane
ersichtlich, den Verkehr der Ringwallbewohner in friedlicher Benutzung der
Durchfahrt, ebensowohl aber auch den Augriff in kriegerischem Andrung;
dagegen ist die im Burginuern dem feindlichen Eindringling an jener mit höherer
Mauer als im übrigen versehenen Strecke entgegenstehende Terraingestaltung
um so verderblicher. Von der Innenseite des Tliores ab führt ein anfangs
schmaler Weg mit Steigung und Rechtsdrehung zur obersten Stufe des Ring-
walles, nach dem schmalen Hof, der gebildet wird durch den auf der höchsten
Erhebung der Bergkuppc aufragenden, 44 m langen Felskamm und den in die
Nordfront eingebauten, noch etwas längeren Felsgrat. Vom Thor ab ist der
schmale Weg zu der nur ca. 2ö m breiten Gasse auf der linken Seite begrenzt
durch den Rand des stark abfallenden Hauges nach der untersten, grösstenteils
von der mittleren aus beherrschten Stufe des Ringwallhofes. Die eingedrungenen
Erzwinger des Durchganges befanden sich somit in der misslichen Lage, den
Waffen der noch vor und in dem überhöhten Defilee postierten Verteidiger
ihre rechte Seite entgegenbringen zu müssen, mit der Gefahr, sich bei dem
unvermeidlichen Wechsel des Standortes im Nahekampf unvermittelt nach der
Tiefe der untersten, beherrschten Stufe des Ringwallhofes geworfen zu sehen.
Ein gewaltsamer Thorsturm halte hier somit erst von dem Augenblick an
Aussicht auf Erfolg, als die Widerstandskraft der Verteidigung überhaupt stark
erschüttert war.
Für die Kenntnis der ehemaligen Auschlussweise der Wallmauern an im
Gelände vorhandene lYdsschroffon und den Ausbau dieser mittels Trocken-
mauerwerkes bei Errichtung vorgeschichtlicher Ringwälle ist diese in Bezug
auf die Ansehnlichkeit ihrer Wallzüge nicht ausgezeichnete Veste auf dem Bleibis-
103
köpf trotzdem ein bemcrkeuswertcs Studienobjekt, da sie diese Bauweise, die
anderwärts aus verschiedenen Ursachen laugst vollständig verwischt ist, iniuier-
hiii im Zerfall nocli erkennen lässt. Besonders die grosse Felsgrupi)e der süd-
licheu Wallstrecke ist nach dieser Richtung durch ein eingebautes Stück
Trockenmauer von etlichen Metern Lauge ausgezeichnet, doch hat auch der
Felsgrat der JN'ordfrout an seiner schon ursprünglich geborsteneu und abge-
stürzten Mittelpartie gradlinig verlaufende Mauerreste auf eine grosse Strecke
eingefügt.
Es darf liier nicht verschwiegen werden, dass trotz alledem der ursprüng-
liche Bestand der Schutzwehren dieses altehrwürdigon Schanzenkopfes, wenn
auch in weit geringerem Masse als der der benachbarten, durch Steiuabfuhr
mehrfiich verringert erscheint. Die Wallverschleifung und der Mangel a^
lagerhaften Steinen bestärken unter anderem die Auffassung, dass auf lange
Strecken hin das Material der ehemaligen Ringmauer seiner besten Stücke
beraubt ist. Das Ausmass der wallumschlossenen Fläche des Bleibiskopfs
ergiebt 15800 qm.
An keiner Stelle der Ringmauer findet sich eine die Widerstandsfälligkeit
erhöhende Grabeuanlage. In Anbetracht des durchaus felsigen Untergrundes
der steil vorliegenden Berghäuge und des Quarzitkammes der Angriffseite ist
dies nicht aufi'äilig. Der steiuübersäte Waldboden lässt nur wenige jener
Erscheinungen erkennen, die nach den Erfahrungen der Ausgrabungen im
Heidetränkringwall ehemaligen Wolmstellen zugezählt werden dürfen ; jedoch
kann erst durch Untersuchung und Durchgrabuug hierüber Gewissheit erlaugt
werden. Da wo sie noch zu erkennen, sind sie aufgenommen und die ent-
sprechenden Eintragungen als nicht geschlossene Ovale in dem Plane vorge-
nommen. Ein Trichter, als kleiner Kreis eingezeichnet, befindet sich in
unmittelbarer Nähe der grossen Abflachung neben der geraden Schneisse.
Durch den Zusammenbruch der aus den Hängen allenthalben hervorgetreteneu
Felsen dürfte im Laufe der Zeit hier manche solcher Erscheinungen unkennt-
lich geworden sein.
Die beiden zur Darstellung gebrachten Wallquerschuitte Ä und 11 sind
durch genaue Einmessung und mit Zuhilfenahme des Nivellierinstrumentes ge-
wonnen. Sie gestatten so unter Annahme der durch frühere Grabungen an
benachbarten Ringburgen erkannten Gepflogenheiten der Erbauer eine annähernde
Bestimmung derjenigen Höhen, bis zu welchen sich die beiden entsprechenden
Mauerstücke ehemals erhoben haben dürften. Die Mauerhohe bildete, wie bereits
oben bemerkt, in der Reihe der einzelnen Mauerteile keine Konstante, sondern
wechselte mit der Steilheit des der Ringmauer direkt vorliegenden Berghanges
und stand im umgekehrten Grössenverliältnis zu dieser, eine Erscheinung, die
auch die Aussenmauern des benachbarten Altkönig- und des Dalbesberg-Ring-
walles zeigen. Die Sohlenbreiten der Aussenmauern, sowie die Konstruktions-
w^eise der eingelagerten Holzzimmerung stimmen bei diesen beiden derart überein,
dass hinsichtlich ihres letzten Aufbaues Gleichzeitigkeit angenommen werden
muss, wenn die Erwägung zutrifft, dass die sich folgenden rerioden in der Kultur
der voro-eschichtlicheu Taunusbewohner in den Hilfsmitteln zur Herstellung und
104
Zerstörung äoleher Scliiitzmauem sowohl, als auch iu der Anschauung- über die
«•eei"-ueteste Bauweise wesentliche Unterschiede gezeitigt haben müssen. Mit
diesen beiden bewehrten Wohnplätzeu bildet der benachbarte Bleibiskopf den
Kern der südöstlichen, an die vorliegende 2s'iddaebene grenzende Bingwallgruppe
des Taunus, dessen Beziehung zu dieser und den aus ihr heraufführenden alten
Hohlwegen erwiesen und dessen Gleichzeitigkeit darum keine gewagte Hypothese
ist. Die Mauerbreite der dort unter ähnlichen Yerhältnisseu auftretenden und
in letzter Zeit untersuchten Wallzüge beträgt ca. 3,50 m. Solche ca. 3,5 m starke
Mauern müssen sich also auch auf dem Bleibiskopf in den am wenigsten ver-
minderten Wallstrecken nachweisen lassen. Unter Annahme dieser Basisbreite
ergiebt sich durch Rechnung aus Querschnitt ^1 ca. 1,80 m und für Querschnitt
/; ca. l,G0m als die ehemalige Höhe der Maueraussenfront. Hierbei ist aller-
dings die Menge des scheinbar allenthalben abgeleseneu Steinmaterials und das
Yolumeu der durch Fäulnis verschwundenen Holzversteifung nicht in Rechnung
gebracht; doch würde auch mit deren Berücksichtigung ein wesentlich anderes
Bild nicht zu gewinnen sein, weil bei der Aufnahme der Troüle kaum gestörte
Stellen gewählt worden und bei der bedeutenden Mauerbreite erst grössere
Steinmengen bemerkbare Höhenunterschiede herbeiführen können, schliesslich
das iiolzvolumen durch das jetzt lockerere Gefüge der Steine ausgeglichen wird.
• Von Cohauseu, Anualen d. Nass. Ver. XV, S. 353, E. Neuhof, ILomburg
1780, S. 11, V. Gerning, Die Lahn- und Main-Gegenden von Embs bis Frank-
furt, S. 115 und Geheimrat Knapp, Arch. f. Hess. Gesch. X, 1841, II. Bd.,
Kap. XVI, S. 262 bis 296 haben diesen Riugwall bereits nach ihrer Auffassung
beschrieben.
Verzeichnis der Güter des Klosters Eberbach i. Rhg.
in der Feldmark von Wiesbaden im Anfang des 14. Jabrli.
Von
F* Otto.
I. Zeit der Abfassung des Verzeichnisses.
Das Verzeichnis der Güter dos Klosters Kberbacli in der Feldmark von
Wiesbilden, das hier vorgelegt und besprochen werden soll, findet sich in einem
kleineu, schön geschriebenen Baude von ziemlichem Umfang (5G9 Seiten) in
12" auf S. 248—254 im Staatsarchiv zu Wiesbaden (KL Eberbach, Akten,
Protoc. elocat. No. 1). Einen dürftigen Auszug aus ihm teilt Roth, Fontes
Nass. I. 3, S. 378 und 379 mit. Die Zeitbestimmung gibt derselbe a. a. 0.
S. XX richtig als saec. 14. ineunt. au. Es fragt sich, ob wir nicht eiue
genauere Bestimmung der Zeit seiner Abfassung gewinnen können. Diese
glauben wir gefunden zu haben durch Gleichstellung von zwei in dem Ver-
zeichnisse vorkommenden Namen mit zwei in Grabschriften erhaltenen Namen,
dem Sifrid miles de Dotsheim und dem Friedrich von Biegen.
Sifrid miles de Dotsheim kommt vor iu No. 10, 15, 39, 44 und 49 unseres
Verzeichnisses. Eberbaclier Grabschriften melden den Tod zweier Sifrid von Dotz-
heim, von denen der ältere Non. Nov. 131C, der jüngere XI. Kai. Marcii 1332
starb. ^) Von dem letzteren kann für uns keine Rede sein; denn zu dessen Lebzeiten
könnten die iu einer uugedruckten Urkunde vom 21. Juli 1299 des Wies-
badener Archivs und ebenso in uuserem Verzeichnisse genannten unmündigen
Kinder (pueri, s. gleicli unten) kaum noch alle als solche bezeichnet worden
sein, sondern sie müssten wenigstens zum Teil, wie die beiden Biegen (s. u.),
das Alter der Mündigkeit erreicht haben. Wir nehmen also an, dass der Ritter
Sifrid von Dotzheim am .5. November 1316 gestorben ist, das Verzeichnis dem-
nach, da er bei dessen Aufstellung noch lebte, vor diesem Zeitpunkt nieder-
geschrieben ist.
Weniger sicher und schwieriger ist die Bedeutung von No. 2: pueri du
Bigen zu erledigen, da ein Vorname des Vaters fehlt. Indessen liisst sich
dieser Mangel durch Benutzung einer anderen Urkunde ergänzen. Die nach
unserer Stelle iu Wiesbaden begüterten Kinder des Biegen werden in der Ur-
') Iiudiiiaiiii, Rlicinyauische Altertümer, Ö, 306. — Kutli, Fontes I. o, -JC-'.
106
kuntle vom 7, April 1326 geuannt ; sie erscheiueo hier ebenfalls als iu Wies-
baden begütert uud vertragen sieh mit tlem Kloster Clarenthal wogen ihrer
Grenzen in einem Übereinkommen, durch die Ritter, Knechte uud die Stadt
Wiesbaden ihre Grenzen nach Clarenthal zu regeln. Unter den Rittern werden
an erster Stelle genannt Friedrich uud Gerhard Gebrüder von Bygeu. Unter
diesen haben wir die pueri de Bygeu zu verstehen, die mittlerweile die väter-
lichen Güter selbst übernommeu hatten. Friedrich, der an erster Stelle steht,
mag der ältere gewesen sein uud den Namen des Vaters geführt haben, der
in damaliger Zeit bei dem Geschlecht üblich war.-) Ferner wird der Friedrich,
der sich im Jahre 1295 im Gefolge des Königs Adolf in Thüringen befand-'),
grade deshalb im Gebiete des Königs angesessen und vielleicht mit einem Lehen
ausgestattet gewesen sein; er wird als der Vater der pueri angesprochen werden
dürfen. Nun führten mehrere der Biegen den Beiuamen Stail oder Stahel, und
so dürfeu wir auch denjenigen, der in seiner Grabschrift Friedericus dictus
Stail genannt wird, hierher ziehen und für den Vater der pueri halten. Er
starb aber am 23. September (IX. Kai. Oct.) 1312.',)
Sind diese Kombinationen richtig, so muss das Verzeichniss der Eber-
bacher Güter zwischen den Jahren 1312, 23. September und 1316, 5. November
aufgenommen worden sein. ')
Damit stimmt, dass mehrere der in dem Verzeichnisse genannten Personen
in gleichzeitigen Urkunden nachgewiesen werden können ; so in der ungedrucktcu
Urkunde vom 21. Juli 1299^) folgende: der scultetus Steilere in No. 5, 41,
46 als scultetus Stelere, in No. 14, 54, 57 und 68 ohne diesen Zusatz; die
(minderjährigen) Kinder des Guntram (pueri Guntrami) in No. 50; Henricus
Antelman in No. 65; die pueri Starkeradis in No. 22, pueri Starecradi
in No. 26, bi Starcradi Kinden in No. 30, Johannes dictus Starkerat in No. 3.
Diese mögen die Kinder des Starkeradus gewesen sein, der als Zeuge in einer
Urkunde vom 16. Dezember 1279 erscheint.'; Der zuletzt genannte Johannes
Starkerat mag der älteste Sohn dieses Starkeradus gewesen sein; er kommt in
einer ungedruckten Urkunde vom 23. August 1317 als „Johan her Stargeradis
sun" vor und war 1365 tot.'') — Ferner haben wir unter dem vicedominus
in No. 35 ohne Zweifel den Stellvertreter des Königs Adolf in seinen Erb-
landen zu verstehen, der ihn u. a. bei der Gründung des Klosters Clarenthal
vertrat, Ludwig von Sonnenberg, der noch bis in das erste Viertel des 14. Jahr-
liunderts gelebt haben kann; er mag unter dem Volke den Namen vicedominus
weitergeführt haben, wie ihn auch das Kloster Clarenthal in dem Necrologium
nennt.'-')
^) Vgl. die Namen bei Üodm aiiii, 8. 302 vom Jahre 1278, 1279, 1285, 1287.
■*) Schliephiike, Gescliiclue von Xas.sau IIL 89.
*) J} od mann, S. 302. — Koth I. 3, 265.
^) Bodmanns An^^-abe, das.s ein Friedricli v. I!. 1320 gestorben .sei, ist, was seine
Quelle angeht, unrichtig. F. Otto, Das !Xecrologiuni von Clarentlial, Xo. 13U.
•*) Die Urkunde findet sich im Staatsarchive /u Wiesl)aden.
') IJodnunin, S 547. — Vgl. Schi iepli ako II. 154.
") 3lerkerbucii, S. GÜ.
^) Necrologium, S. 70, No. 221.
107
Eiu miles SifriJ von Lindau — No. 28 und öfter — wird in einer Ur-
kunde vom 25. Januar 1299 und 10. Juni 1310 genannt"'), in der Siboden
No. 13 und 28 (bi der Siboden) und No. 9 (iuxta Siboden) dürfen wh viel-
leicht die „Greta relicta quondara Sibodonis do Wisebaden" der Urkunde vom
7. Dezember 1287 vermuten.'')
II. Deutsche Namen.
Nach der Besetzung des rechten Rheinufers hatten die Römer zu Wies-
baden nicht bloss eine wichtige Militärstation angelegt, sondern auch an deren
Fuss, angezogen durch die warmen Quellen, nach denen sie dem Orte den
Namen gaben (aquae Mattiacorum), sich häuslich eingerichtet und auch in der
Umgegend hie und da die Wälder gelichtet, um für Ansiedlung von Veteranen
Platz zu gewinnen. Diesen Niederlassungen bereiteten die Befreiungskämpfe
der Germanen im dritten bis vierten Jahrhundert n. Chr. ein jähes Ende. Sie
mögen zum Teil mit Gewalt zerstört worden sein, und nur Trümmer erinnerten
an ihr früheres Dasein. Mit ihnen verschwanden früher oder später die Namen
der Örtlich keiten. Wie die Stadt selbst den deutschen Namen Wisibada, unter
dem sie im Jahre 829 zum ersten Male genannt wiid^-), von nun an an die Stelle
des römischen Namens setzte, so verschwinden die römischen Benennungen der
Örtlichkeiten, die sie ehedem geführt hatten, mochten sie nach den Besitzern
oder ihrem Zweck, oder nach der Lage gegeben sein. Von keiner derselben
ist auch nur eine Spur erhalten. Aber an ihre Stelle traten einheimische Namen,
die sich an Reste der frühereu Baulichkeiten anschlössen. Solcher Namen gibt
es freilich nur wenige, aber sie fehlen nicht ganz und bilden einen Faden, der
die jüngere Zeit mit der älteren verbindet. Wir rechnen dahin
1. Das Höfchen, früher eine römische Villa, die im Jahre 1846 aus-
gegraben, 1876 von Reuter im 3. Heft des V. Bandes der Annalen des
nassauischen Vereins, S. 22 ff., beschrieben worden ist. Sie lag auf einer
massig steilen Anhöhe eines Wiesengrundes, jetzt umgeben von einem Hoeh-
walde, der sie gegen Norden, Osten und Westen schützte. Man gelangt an
die Stelle, wenn man den Weg rechts von der Leichtweisshöhle etwa 800
Schritte weit verfolgt, wo sich links der weite Wieseugrund ausdehnt, an dessen
Nordseite die Villa lag. Die Reste des Mauerwerks standen zur Zeit der Aus-
grabung noch zum Teil zu Tag, ein Umstand, der den modernen Namen
Höfchen erklärt. Im Mittelalter scheint der Name unbekannt gewesen zu sein ;
dagegen findet sich im 14. Jahrhundert ein anderer Name, den wir hierher
ziehen zu dürfen glauben.
2. Ein Güterverzeichnis der Mainzer Kartbäuser. das aus zwei Teilen be-
steht, einem älteren aus etwa dem Jahre 1370 und einem jüngeren aus der
Zeit der vormuudschaftlichen Regierung der Witwe Graf Adolfs 11. (f 1426),
1") Ilotli 1. 2, 4(5. — Sauer, Codex I. 3, 125 u. 14-42.
") Urkunde im Staatsarchiv zu Wiesbaden; Auszui? bei Vogel in den AiiiimI.mi III, 2, 02.
'-) Jiiffe, Monunionta Carolina, S. 498.
108
also um 1430 aufgenommen, entbält in dein ersten Teil den Eintrag-: .,^Yiese
halb, zu Buren, lit im walde". Was heisst dieses „zu Buren"? Mau hat es
erklären wollen durcli ,, abschüssigen Fels, Hügel, Grabhüger*. Doch passt
diese Deutung in keiner Weise weder zu der Lage einer Waldwiese, deren
charakteristische Eigenschaft eben die Lage im Wald ist, noch zu dem Begriff
einer Wiese, die höchstens eine massige Senkung zulässt. Wir denken vielmehr
an einen Zusammenhang der Form mit mhd. bur, das Grimm'-') als cubito, luibi-
tatio erklärt, und das noch erhalten ist in dem Worte Vogelbauer, aber früher
vielfach in Ortsnamen vorkommt; diese gingen alle auf bura, buri, burin aus,
haben aber jetzt mundarthch verschiedene Formen angenommen, von denen nament-
lich die bayerischen auf -beureu am bekanntesten sind.") Am Mittelrhein er-
innert noch das heutige Trcbur, früher Tribur, Triburi deutlich an die Bildung
aus -bür. Wir fassen nun Buren als Dat. plur. zu bür und denken an die
Wohnstätte des Höfchens, die damals entschieden noch mehr sichtbar aus dem
Boden hervorgeragt haben muss, als 400 Jahre später, und den Anblick von
mehreren Wohnstätteu geben konnte, wie denn auch die neueren Ausgrabungen
mehrere Gebäude zum Vorschein brachten, Oder wem das nicht genug sein
sollte zur Begründung des Plurals, der kann zugleich an die nicht weit davon
liegenden Reste der römischen Ansiedlung auf dem Münzberg denken^'), die
den Wiesengrund auf der anderen Seite begrenzen. ]S'ur ein Punkt bleibt auf-
fallend und erfordert eine kurze Bemerkung: man verlangt nämlich zu Buren
den bestimmten Artikel. Dagegen ist zu erwiedern, dass das Wort gewisscr-
massen als Nomen proprium gedacht und behandelt ist. Und in der That
finden wir zahlreiche Beispiele in gleichzeitigen Güterverzeichuissen, welche
die Auslassung des Artikels bei Ortsangaben von Ackern beweisen. Wir führen
einige an. Im Eberbacher Verzeichnis: No. 21 u. 27 ,,2 iugera (unum duale)
an Schersteiner hecke" ; No. 29 „2 iug . . . bi Hesseboum" ; in dem Karthäuser
Güterverzeichnis von 1370: No. 13 „5 morgen binden in Erbenheymer felde" ;
Xo. 17 ,,2 morgen undir Erbenheymer wege" und ebenso in No. 19; No. 81
„4 morgen hinder Hesseboum"; No. 8G „1 morgen uf Buchborn"; No. 87
„undir Buchborn"; No. 92 „2 Morgen uf Birgsteder wege"; No. 102 und 108
,,1 morgen in (an) Dotzheymer wegk" und andere mehr. Wir wollen dabei nicht
verschweigen, dass daneben ebenso häufig, oder noch häufiger der x\rtikel gesetzt
ist, und können nur darin einen Unterschied sehen, dass das eine Mal der
betreffende Ausdruck als Eigenname gefühlt wurde, das andere Mal nicht. Dabei
muss man auch das im Auge behalten, dass der Schreiber ein auswärtiger
Mönch war, der das gesprochene Wort so auffasste und niederschrieb, wie er
es eben auffasste.
3. Wir kommen nunmehr zu dem Namen der grossen Mauer, die. von
Norden nach Süden verlaufend, früher die ganze Stadt durchzog, jetzt von ihr
nach beiden Seiten umschlossen ist. Sie stammt aus den letzten Zeiten der
'■") Grinini, JJ(Mitsclies Würterhiich I. 1175.
*') Förstemann, Die deutschen Ortsiiüiiioii, 1803, S. y.'). — Sc li inclle i- !• ro in nni ii n.
JJuyerisclies Wörtcrlmrli I. 2G4.
'•'•) Reuter, Aimaleii V. :j, 17 tf.
10'.)
KömcrlieiTscliaft, uls bei'oits iliro Miiclit durch die ADyrifte der JJeutscIicu ge-
fährdet war und Schutzinassregehi erheischte. Sie hcisst jetzt Heidcnmauer^'^),
nicht etwa von einci- Ueidc, die es hier nicht gab, sondern von den Erbauern,
den heidnisciien Römern, wie ja so oft deren Werke mit diesem oder ähnlichen
Beiwörtern versehen wurden.'") Eine alte, römische Benennung kennen wir
nicht; im !(!. Jahrhundert"*) wird sie Iicidnische Mauer, die Anhöhe, auf der
sie lag, heidnischer Berg, das Stadtthor, das an sie stiess, heidnische Pforte
oder Heidcspforte''0 genannt, wie auch der Berg etwas später wohl Ileidcs-
berg heisst (1620). Dass aber die Zusammonsetzung mit Heiden- bereits im
14. Jahrhundert geläufig war, beweist der Name Heidenloch, das schon um
1370 genannt wird.-")
Dass dieses Hcidenloch in irgend einer Beziehung zu der Heidenmauer
steht, scheint klar daraus hervorzugehen, dass es an dem (heidnischen) Berge
lag, aber auch eine Ilofstätte zur Seite hatte, also die die Stadt durchziehende
Mauer, berührt-'), auf der anderen Seite hatte es einen Garten, ,,do das Heiden-
loch stet".' Es fragt sich, was wir unter diesem zu verstehen haben. Scheuck,
dem die Bedeutung des Wortes Loch natürlich (1758) unbekannt war, bemüht sich
ein wirkliches Loch in oder bei der Heidenmauer ausfindig zu machen, kommt aber
dabei zu keinem Resultat und überlässt es schliesslich dem Leser, sich das-
jenige vorzustellen, was ihm am glaublichsten vorkommt. Heutiges Tages ist
die Ableitung und Bedeutung des Wortes Loch klar: es ist gebildet von dem
verlorenen Verbum luhhen = schliessen und soviel als Verschluss.-^) So konnte
man recht wohl an die Heidenmauer selbst denken, welche ja die quer vor
ihr herziehende Strasse (die Langgasse) ursprünglich abgeschlossen haben
musste.--^) Eine nähere Erwägung führte indessen zu einem anderen Ergeb-
nisse. In einer zweiten von der ursprünglichen abgeleiteten Bedeutung be-
zeichnet Loch ein Gefängnis.-') Warum sollte diese hier nicht statthaben?
Die Heidenmauer war nämlich mit vier Türmen versehen, die Hellmund noch
kannte-''), von denen aber der zweite von oben längst verschwunden ist,
während der dritte im Jahre 1708 abgebrochen wurde -'') und von dem ersten
und vierten noch Reste vorhanden sind. Dieser diente früher als Gefängnis und
^'^) Eine Beschreibung und Abbildung derselben s. bei Reuter, Die llünier im Mattiaker-
land, 1884, S. 1 tf.
") Vgl. Schneider, Beiträge zur Geschichte der alten Befestigungen in den Vogesen,
1844, S. 166.
18) Im ältesten Lagerbuoh der .Stadt, dem sug. llcrdschillingsbuch von 1564.
i'-*) Im Zinsregister der Maiiritiuskirche (ungedruckt) 1527. Heidos steht wohl in der
naclilässigen Schrift des Schreibers statt lleidcsch oder Heidisch. Vsl. Heyne in Grimms
Deutschem Wörterbuch IV. 2, Sp. 810 über die Form lioidiscli.
20) Merkerbuch, S. 18 u. 55.
21) Schenck, Gescliicht-Hesciireibung, S. 81.
") Lexer, Mhd. AVörterbuch s. v. Heyne in (Irimms Wörterbuch VI. 109.3. —
Kluge, S. 240.
23) Merkerbuch, No. 20, S. 18.
*■*) Vgl. die Stellen der in .\um. 22 iingct'ührton lüicher.
2^) Balneograpliic, S. 124.
-•■') Extraord. Gerichts-Protokoll der Stadt Wiesbaden.
110
hicss Yüu seiuer abgestuiiipt'teu Gestalt der »Stümpert, ein Xame, der im Volke
zum Appellativwort ^Yurde uud auf seineu Nachfolger überging. Auch der
dritte war eine Zeit lang Gefängnis und hiess der Taschenturm oder das
ü^arrenhaus-'); er mochte, wie der andere, nur wenige und enge Räume zum
Unterbringen von Verbrechern enthalten. Es ist nun sehr glaublich, dass der
erste Turm in älterer Zeit, solange er wohlerhalten bestand und dazu tauglich
war, demselben Zwecke bestimmt gewesen sei, bis er wegen Baufälligkeit nicht
mehr dazu dienen konnte. So wäre denn das Heidenloch, das „da stand",
vielleicht das erste Gefängnis der Stadt gewesen, ebenfalls wenige Räume, die
für die kleine Stadt ausreichen konnten.
Welche Bewandnis es mit dem Heideuloch im Rlieingau gehabt habe-''),
ist zur Zeit noch unerforscht. Dasselbe scheint an dem sogenannten ,,Sterzel"'
wege, der römischen Strasse von Wiesbaden nach Rüdesheim gelegen zu
haben.--')
Eine ganz andere deutsche Benennung hatte die Heideumauer einigemal
im 14. und 16. Jahrhundert: sie heisst im Merkerbuch 1383 die hohe Mauer,
wie es scheint, und unzweideutig im 16. Jahrhundert ebenso oder bloss ,,uf
der muren". Dort wird ein Haus mit ,,dem auf der hohen muren" bezeichnet''^),
hier einmal im Herdschillingsbuch von 1564 ein Haus und Hof mit ,,uff der
hohen Mauern hinter Junker von Dienheims Scheuer"; da dieser Junker damals
im Besitz des späteren Schützechofs war, so lag die Scheuer nicht weit von
der Heidenmauer, die also die hohe Mauer war.
jS^ur im Vorbeigehen erwähnen wir den Namen Neroberg, der mit dem
Namen des römischen Kaisers nichts zu thun hat, wie auch das Nerothal.
Dieses ist erst in der neueren Zeit nach seiner Lage am Fusse des Berges
benannt, der Neroberg aber verdankt seine Benennung einer müssigen Kombi-
nation Hellmunds, der meinte, hier müsste etwas mit dem Kaiser Nero vor-
gegangen sein.-'") Der Berg hiess aber früher Ersberg, oder mit vorgesetztem
M oder N Mersberg oder Nersberg, und wird zuerst erwähnt im Jahre 1527;
wie er vorher hiess, wissen w'ir nicht ; es ist möglich, dass das Wort Ers aus
einer volleren Form zusammengezogen ist oder sonstwie Veränderungen erlitten
hat, wie Hersfeld aus Heriulfisfelt erwachsen ist ; und so könnte man auch
an ein zu Anfang abgefallenes H denken, wie bei Herschbach statt Pladeriches-
bach des Jahres 1062-'-) und Erbach einmal im Jahre 1236 Heberbach heisst ■^•^),
Hersfeld bei Förstemann, Ortsnamen'"), zweimal seines anlautenden H entbehrt
u. a. III.
■'■12.
^') Tesche war ein Scliiinpfwort für eine weibliche Person. Geistesgestörte sperrte man
wohl in ein Getan<,'nis. I^exer in Grimm's Deutschem Wörterbucli XI. 14i), VII. ""'^
^^) Roth, Fontes I. 8, 339: vinea in loco, qui dicitur Ifeiilenlofli.
'^^) Ileuter, Die Römer in Mattiakerland, .S. 4;{.
3») Merkerbuch, S. 34.
^') Annalen des nass. Vereins XXXI, S. 199 f.
^^) Kremer, Origin., S. 135.
**) Rodmann, Rlieing. Altertümer, S. 81.
'''*) Ortsnamen II. 751.
111
Je weniger man über die ältere, urs[)rüngliclie Forni des Ntimeiis Ersberg
weiss, um so vorsichtiger muss man sein, wenn es gilt eine Ableitung des-
selben uutzustcllon, insbesondere eine mythologische Beziehung anzunehmen. ■'■')
Diese hat man denn auch versucht und in Ers den Gott VjV gefunden und
könnte mit demselben Rechte den Ersberg bei llöchstenbach im Amte llachen-
burg und den Erschbacher Berg im Amte Weilburg hierher ziehen.'"') Und
allerdings ist für diese Kombination der Name Ercsburg, die Karl der Grosse
zerstörte, verführerisch genug. Aber bedenklich macht, dass der Beiname der
Gottes Tius (Zio), ahd. Erch, von dem gotischen Hadro, sächsisch Cheru, ILeru,
Er lautete, für unsere Gegenden also nicht vorauszusetzen ist in der Form Er.-'"")
Ähnlich steht es mit den andern mythologischen Beziehungen, zu denen die
Ähnlichkeiten der Namen verführen könnten. Der Thorberg z. B. hat mit
dem Gottc Thor nichts zu schaffen, da dieser in Deutschland nicht diesen
Namen führte, sondern Thunar hiess. Bei ihm macht auch das Fehlen der
Genetivendung s bedenklich, die bei Ersberg und Donnersberg nicht fehlt,
sowie dass ein Thorberg fast unmittelbar neben dem Ersberg läge. Statt Thor-
oder Dorberg haben die alten Lagerbücher der Stadt auch Durberg, und dies
wird wohl eher auf den rechten Weg leiten können, da auch der benachbarte
Alteborg und Neuberg auf adjektivische Zusammensetzung hinweisen. Der
Hollerborn hat sicherlich nicht von der Hulda den Namen, sondern von dem
Hollunderbaume, der in seiner Nähe stand, ähnlich wie der Weidenborn von
der Weide, salix, mhd. wide, nicht von mhd. weide."'^)
Und es ist kein Wunder, wenn die Erinnerung an die alten, heidnischen
Namen ganz aus dem Bewusstsein der Menschen entschwand. Bedenken wir
nur, welche Stürme über das Land im Laufe der Zeiten hereingebrochen waren,
welche Wandlungen auf dem Gebiete des religiösen Lebens sich vollzogen
hatten. Die Römer hatten die Yerehrung ihrer Götter gebracht, dazu die
vielen Kulte, die in ihrem Gefolge sich einfanden; die Inschriften melden von
gallischen Gottheiten, von asiatischen Namen, die alle hier verehrt wurden.
Musste da nicht eine Vermischung der religiösen Begriff'e entstehen, die das
Alte, Einheimische in den Hintergrund drängte. Dazu kam endlich das
Christentum, das die Spuren jeglichen Heidentums auszurotten suchte. Daher
ist zu verwundern, dass z. B. die Namen Brunhildisstein und Brunhildisbett
(lectulus Brunhildis) das alles überdauerten, vielleicht weil man einen histo-
rischen Hintergrund in der Königin Brunhilde dahinter vermutete.
Nur eins liess das Volk sich nicht nehmen und hielt es aucli in christ-
licher Zeit fest, die Festfreude, die sich an bestimmte Örtlichkeiten und Zeiten
anknüpfte; sie wurde, wenn auch unter andern Namen, weiter gepflegt. Der
geheimnisvolle Brunnen der Holda, aus dem der Storch die Kinder holt"''*),
^^^ \"-\. die AVariiung' Forst emanns in seinen (knitschen Ortsnamen, 1SG3, S. 172.
^'') Kehrein, Xas.s. ]S'anieubuel\, S. 331.
") Mannliardt, Die Götterwelt der deutsclioii nordisclien Völker, 18«0 I, 8. 2()3.
^^) Nur einmal kommt fini .l,ilir(> 1370) .autMiT Woide" vor, sonst sehr hänfii,' „hi der
widon" oder „l)i Widenburne".
3^) Lexer in G rimms Deutschem ^Vürterbuuli VU. Kifl9. — .Mannliardt, Die Ciütter-
wclt, S. 281. — Simrock, ^lytliol., S. 34.
112
hat sieh iu dein Flingstborii vielthcli bis auf unsere Tage erlialtcii.'") Dass
man gerade diesen Namen wählte, kam vielleiclit daher, dass zu Püugstcn
mancherlei Lustbarkeiten stattfanden, deren Ortliclikeiteu und Personen nach
ihnen benannt wurden. In dci' Wiesbadener Feldmark wird der Name zwei-
mal genannt: 1. um das Jahr 1300 im Eberliacher Güterverzeiclmis Nr. 51
im Felde versus Erbenheim : duale bi dem Pinstborne ; 2. der zweite wird
also beschrieben: 13 Alorgcn die Blumenwiesc genannt, bey dem Pfingstbrunn
neben der Bach, oben der Wog. Die letzte Aufzeichnung stammt aus dem
Anfang des 18. Jahrhunderts, der Brunnen ist jetzt niclit mehr vorhanden.
Einen weiteren Rest des Heidentums kann man in den Flurumgängen
vermuten, die noch im 16. Jahrhundert in Wiesbaden vorkommen. Die Bürger-
meisterrechnung von 1524 spricht von solchen zweimal.") Die eine Prozession
fand ,,uff den Palmentag (20. März)" statt ; ,,die Schützen haben das Creutz
und die Fanen umb die flore getragen", wofür sie, ,,wie for alters, ein halbes
Viertel wyns und ein drylling brots" erhielten. Die zweite fand am Himmel-
fahrtstage 1524 (5. Mai) statt; die gemeinen Knechte ritten um die Frucht
und Fluren und erhielten, ,,wie vor alters", drei Viertel Wein. Hier waren
also die Umzüge auf ein christliches Fest und einen Sonntag verlegt, aber der
Zusammenhang mit einer älteren Zeit ist durch den Zusatz ,,wie vor alters"
festgehalten. Ähnlicher Umzüge wird später nicht mehr gedacht, und auch aus
früherer Zeit sind direkte Zeugnisse nicht vorhanden, dass und in welcher
Weise sie stattgefunden. Nur der Name Pflug weg darf so verstanden
werden, dass er den Weg bezeichnete, auf welchem der heilige Pflug gezogen
wurde.
„Eine grosse Rolle spielte in den alten teilweise erhaltenen Fastnacht-
gebräuchen das Umziehen des Pfluges, wobei der Pflug an die Stelle des
W^agens oder des noch älteren Schiffes getreten ist, das zur Zeit des beginnen-
den Frühjahres umgezogen wurde zu Ehren der Gottheit, von welcher man
fruchtbares Gedeihen erwartete", '-) Solche Festgebräuche mochten sich an
verschiedenen Orten verschieden gestalten und namentlich gern an christliche
Festtage anlehnen.
In der Feldmark von Wiesbaden kommt dei- Name Pflugweg vielfach in
Güterverzeichnisseu namentlich des 14. und 15. Jahrhunderts vor, insbesondere
iu zwei Feldern, dem Ilengert- und Hollerbornfelde ; so schon in einer Urkunde
vom 21. Juli 1299: unum iugerum et dimidiura an den Plucwege ; im Eber-
bacher Güterverzeichnis Nr. 71: 2 iugera preter virgam ower den Pluchweg
im Hengertfelde, und No. 76: IV2 iug. tuchen den zwen Pluchwegen im
Hollerbornfelde; im Karthäuserverzeichnis von 1370 dreimal im Hengertfelde:
1 morgen stozsent ubir den Plugweck, 1 morgen ziehent ubir den Plugk-
weg, 2 morgen obendig des Plugkweges ; neunmal im Hollerbornfelde zwischen
*") Kell rein, Xass. Naiiienbiioh, S. 355, 517.
*') Ab-;edruckt in 1kl. XV der Annalen, S. .^95.
■*'•') Lexer in Oriraius Deutsclieni Wörtorbucli VII. 1777. Weiteres über dus rm/.iciien
des Pfluges s. bei Maiinhardt, Wald- und Feldkulte I. 55.') ff. — Derselbe, Güttcrwelt I.
302. — Sinirock, Mytliol., H. 387, 407, 555.
llo
doni Dotzhciiner und Wal luior Wege, wie es scheint, ubii- den Plugkweg, un-
dir dem oder in dem und uf dem Plugkwege. Ferner im Jahre c. 1430 sieben-
mal im liollcrborufeldc an dem, iune dem, ubir Plugkwegc und ebenso in
einem Verzeichnisse von 1437 und 1471. In dem dritten, dem Weidenborn-
felde, erscheint nur selten ein Pflugweg und viel später (1704 und 1757), heute
in veränderter i^'orm Pfugsweg. Wohin der Pluweg der Merkerbuchs von
c. 1370 zu setzen ist oder der vom Jahre 1299, ist nicht deutlich ausgesprochen.
Ob unsere Vermutung richtig sei, dass diese Pflugwege auf alte heidnische
Umzüge zurückgehen, ist nicht durch bestimmte Überlieferungen zu beweisen ;
nur der Name kann dafür vorgebracht werden ; dieser aber ist für uns ein voll-
gültiger Beweis, da er stets im Singular und mit bestimmtem Artikel erscheint ;
nur einmal ist von zwei Pflugwegeu die Rede, aber auch da mit bestimmtem
Artikel ; wenn ein Weg für Pflüge gemeint wäre, so müsste doch eine genauere
Angabe, welcher an jeder Stelle gemeint sei, zugefügt sein. Wo von den zwei
Pflug wegen die Rede ist, haben wir nur einen zu verstehen, der auf der einen
Seite des Grundstücks in das Feld hinaus, auf der andern zur Stadt zurück-
führte.
Vielleicht fällt nunmehr auch einiges Licht auf einen andern Namen, die
Boffheid, mit dem im Karthäuserverzeichuisse von 1370 drei Morgen benannt
werden („heiszent die Boffheid'^). So heisst ein Bezirk, der neben dem Pflug-
weg (es gehen voraus zwei Morgen ,,undir und sechs Morgen ubir" dem Pflug-
wege, und später mehrere Äcker ,,ubir" und „uf" dem Pflugwege). Eine Boff-
heide findet sich auch um 1300 zu Eltville bei Roth, Fontes, I. 3, 306, eine Buff-
heite zu Dotzheim bei Kehrein, Nass. Namenbuch, S. 445. Die Verschieden-
heit der Formen Boff- und BuflF- oder Bof- darf uns nicht beirren, da die Schreiber
fremde Mönche waren, die das Gehörte, wie sie es auffassten, zu Papier brachten.
Wir fassen das Wort als Heide, d. h. unbebauten Strich Landes, für Buben
oder junge Leute; Bofe und Buflf = Bube bei Grimm, Deutsches Wörterbuch
11, 491 ; Bofist = Buben fist, ebenda II, 218. Wilmanns, Deutsche Gramm. I,
180. Danach dürfte die Bofheid ein Tummelplatz für junge Leute gewesen sein,
die nach einem Pflugumzug sich auf der Heide vergnügten.
in. Die Felder.
Wiesbaden wird zwar frühe Stadt (oppidum) genannt, ja spätere Zeiten
wollten diesen Charakter des Orts auf Karl den Grossen zurückführen. Wir
begnügen uns auf die Befestigungen durch Wall und Gräben hinzuweisen, durch
welche es der Stadt möglich war, der Belagerung des Königs Ludwig im Jahre
1318 erfolgreich, wie es scheint, zu widerstehen, sowie auf die Aufzeichnungen
von 1241 und 1272, in denen von der noch kaiserlichen Stadt die Rede ist,
und auf die Urkunde von 1283, in der von der Zerstörung der Stadt durch die
Eppensteiner erzählt wird.'''; Wann/reilich der Ort Stadtrechte erhielt, ist nicht
^3) Aniialen XXIX, 222. — Mitteilungen des Vereins 1897/98, Sp. 11<J. — Krenier.
Orig. II. 306. Vgl. die jetzt iiirlit mein' uusreichende Zusammenstellung von Kussel, Stadt-
wuppen, S. 4, An in.
S
bekannt. Aber trotzdem verlor er uocli lange Zeit nicht seinen ländlichen
Charakter. Die Bewolmer blieben noch lange den Beschäftigungen der Land-
wirtschaft, namentlich dem Ackerbau und Weinbau, zugewendet") und lagen
daneben einer primitiven Kuriudustrie ob.'^'')
Ein tief eingreifendes Ereignis musste unter diesen Umständen die Ein-
führung der Dreifelderwirtschaft werden. Die Betriebsweise der Landwirtschaft
wurde dadurch vollständig umgewandelt, der Wohlstand der Bürger gehoben
und mancherlei Änderung auch in den Besitzverhältnissen hervorgerufen. Doch
über diese Dinge melden unsere Quellen nichts, nicht einmal, wann diese Wand-
lung vor sich ging. Xur soviel glaubt Meitzen feststellen zu können, dass
die erste Erwähnung einer Dreifelderwirtschaft im Jahre 771 vorkommt"'), und
dass sie ausging von den kirchhchen Stiften, Klöstern und der von ihnen beein-
flussten Pfarrgeistlichkeit, sowie den grundherrlichen Besitzungen von grösserem
Umfang.'^) Diese fanden in der Neuordnung ihren Vorteil. Da die Dorfbewohner
nicht gezwungen werden konnten, ihrem Beispiele zu folgen, so verharrten sie
sicherlich noch geraume Zeit bei der hergebrachten Bestellungsweise, bis die
Zweckmässio-keit der neuen allmählich erkannt und letztere auf Beschluss ein-
geführt wurde und durchdrang. Ziehen wir nun die Zähigkeit der Bauern, mit
der sie an dem Hergebrachten festhielten, in Betracht, so mag erst im 9. bis
10. Jahrhundert dieser Umschwung erfolgt sein. Ob freilich der Umstand, dass
die Xamen der drei Felder um das Jahr 1300 noch nicht feststanden (s. u.), uns
berechtigt, die Änderung der Bewirtschaftung noch weiter hiuabzurücken, ist
eine nicht ganz unbedenkliche Sache. Jedenfalls war im 13. Jahrhundert die
Dreifelderwirtschaft in der Wiesbadener Feldmark durchgeführt ; denn im Jahre
1248 wurde bei der Schlichtung eines Streites zwischen dem Herrn Adam von
Wiesbaden und dem Kloster Tiefenthal bestimmt : Conventus memoratae ec-
clesiae in Diffendall coutulit domino Adue in quolibet campo in Wisebaden sex
iugera agriculturae . . . (tuarum summa consistit in 18 iugeris^^), ergab also drei
campi, deren Namen indessen hier gar nicht genannt werden.
Etwa gleichzeitig mit der Einführung der Dreifelderwirtschaft — jedenfalls
vor dem Jahre 1200 — rauss sich das Bedürfnis herausgestellt haben, den Um-
fang der Felder durch Neurodungen zu vergrösseru. Dies that man so, dass
man keine neuen, für sich bestehenden Felder schuf, sondern man gliederte sie an
die alten drei Felder an.
Wir stellen nunmehr die verschiedenen Namen der alten drei Felder und
der neugerodeten, wie sie in den ältesten Überlieferungen vorkommen, zusammen
und legen dabei die später üblichen zu Grunde. Die Quellen, aus denen wir
unsere Angaben schöpfen, sind ausser einigen Urkunden folgende Güterverzeich-
'*) Vgl. Annalen XIX. 96, 98.
^^) Die ältesten Xachricliteii s. im Mei'kerbuch, 8. 69. Über die Lustbarkeiten und
Ausschweifungen des Kurlebens s. Annalen XIII. .344 ff.
*^) Wanderungen, Anbau und Agrarroclit der Völker Huropas I. 1, S. 461.
*^) Meitzen a. a. 0. I, 2, S. 592.
"j Urkunde im Staatsarchiv zu AViesbaden, gedruckt Ix-i Wii rdtw ei n. Diocf. -Mog. II.
129. — Ko.'isel, .Stadtwapjien, S. 15.
IIT)
iiisse: Das Eberbiicher c. 1800 (= Eb. G.), das Tiefenthalcr c. 1370 (= Tief. G.),
die zwei Kartliäuser von c. 1370 und 1430 {= Karth. G.), eins vom Jahre 1437
und eins vom Jalire 1471, die sieh sämtlich im Staatsarchiv zu Wiesbaden befinden.
A. Das Hengertfold zwischen der Stadt und der Mossbacher Feld-
mark. Die erste Erwähnung des Namens findet sich in dem Verzeich-
nis der Güter des Schulthcisseu Theodricus in Wisebaden von c. r245'*'-'), er
heisst hier Heimgarden, Ileingartheu. — Eb. G. Nr. 21 und 67: offen
Hengarten, campus of den ITengarthen. — Urkunde vom 16. Juni 1324: in
campo I leingarten; Tief. G.: of dem Heyngarten vor Moschbecher feit. —
Karth. G., S. 370: das feit heiszt Heyn garthe; 1430: das feit inne Heingarte.
— Merkerbuch S. 21, 35 : ofF, uf dem Hengarten. — Urkunde vom 14, Januar 1471 :
in dem Hengarth (am Rande: Hengarten). — Urkunde vom 27. Januar und
12. Oktober 1478: Hengarten. Im folgenden Jahrhundert wurde neben diesen
Formen die abgekürzte Hengert üblich, namentlich in dem ältesten Lagerbuch,
dem sog. Herdschillingsbuch von 1564. Sie ist gebildet wie Wingert von
Weingarten und Bingert von Biengarten.'*') Die Grundform Heimgarten be-
zeichnet eigentlich kein Feld, sondern ein vor einem Heim gelegenen Platz,
der mit Bäumen bestanden ist, auf dem sich die Gemeindeglieder zu Unter-
haltung, Spiel und Zwiegespräch zusammenfinden. Der Name reicht sicher in
sehr frühe Zeit zurück und wurde erst später Bezeichnung eines Felddistrikts.'')
Das zweite Feld war das Hollerbornfeld, das gegen Dotzheim, zwischen
dem Wallufer Wege und dem Bruderbach gelegen war. Es heisst in Eb. G.
No. 1: campus versus Dotsheym ; Tief. G. : of dem Felde gen Dotsheym ; Urk.
von 1471 : das Feld gegen Dotzheim. Ganz andere Namen finden sich im Karth.
G.: diesz ist das Obirfelt, und in der Urk. von 1437: in dem Oberfelde ent-
gegen Dotzheim, und ebenso noch öfter im Herdschillingsbuch von 1564; im
Eb. G. No. 74: campus au dem Bruderwege; hier knüpfte der Schreiber an
den vorhergehenden benachbarten Distrikt Wiersweg an und schlug in der Auf-
zählung einen andern Weg ein als sonst. Endlich kündigt sich der spätere Name
bereits an im Merkerbuch, S. 35 (1395): 1 morgen bij Huldirborn. Benennungen
nach Brunnen (Feldbrunnen), sowohl für grössere als kleinere Distrikte waren
sehr behebt; abgesehen von solchen, die nach Besitzern beigelegt waren und
die meist nicht näher ihrer Lage nach bestimmt werden können (Abescheiders
Born, Karth. G. 1370), Schubis Born, Merkerbuch S. 36 (1395), seien nur er-
wähnt: Bauchborn, Urk. von 1367, Annal. X, 71 und öfter, der Erkelborn,
Urk. von 1478, der heilige Born in Hengertfelde 1564, Holzborn, Merkerbuch
S. 20, 1380, Kalkborn, Urk, von 1367, Annal. X, 71 und öfter, im Hengert-
felde, der Kalte Born vor der Mainzer Pforte, 1564, Löwenborn (Lebenborn)
^^) Rössel, Stadtwappen, S 60 f. Dieser setzt sie um das Jahr 1225. Es koniiiu
jodocli dieser Scliiiltheiss noch im Jahre 1241 am 14. Juni als lebend vor und heisst im
folgenden Jahre am 6. April olim scultetus. — Sauer, Cod. I. No. 494 u. 499. Das Verzeichnis
m.ag um diese Zeit verfasat sein.
^") Kremer, Orig. 11. 262 aus Oiidenus, Cod. dii.l. I. 877. Vgl. Sauer, Cod. I.
^^0. 377.
^^) llevno in (irimms ^VünLM•ilUcll IV. 2, 871.
8*
HC)
au der heutigeu Eniserstrasse, 1527 uüd öfter, Pfingstboru Eb. G. Nr. 51, Reusel-
boru (Ruschborn, Urk. von 1367), Küdboru (der rode ßuru 13C7), Sautboru
(Sanueboru, Sauctboru, s. Mittcihmgcu des nass. Ver. 1901/2, Sp. 29), Seerobeu-
boru, Urk. vou loOT (vgl. die Aunalen XXXI, S. 197), Sifboru, llossel, Stadt-
wappen S. Ol um 1250, Weidenboru (s. u. Wicsboru, 16. Jahrb.) und andere.
Dahin geliört also auch der Name Hollerboru.
Auch das dritte Hauptfeld, das Weideubornfeld, wird anfänglich nicht mit
diesem Namen bezeichnet, sondern nach seiner Lage campus versus Erbenheim:
Eb. G. Nr. 36 und 62; danebeu erscheint aber auch „bi" oder „hinder der
Widen" No. 56, 52, 63. Erst im Tief. G. tritt der Widenburu ein: 3 morgen
bi Widenburne, of dem berge gen Widenburne, im Karth. G. von 1430:
das feit goiu Wiidcuborn, Urk. von 1478, 12. Oktober: Wydenborn. Schon
kurz vorher war aber die Form Weidenboru eingedrungen ; Urk. vom 14. Januar
1471: im Feld gegen den Weidenborn an Erbenheimer Marck, und ebenda:
Weidenbornfeldt. Damit war der spätere Name eingeführt, und es fragt sich
nun. ob er vou einem Weideplatz oder von einer Weide, salix, hergenommen
war, worin auch schon Hellmuud, Badbuch, wie es scheint, sich geirrt hat. Die
Weide, salix, heisst ahd. widu, mhd. wide, woher widin, von Weiden bewachseu,
abgeleitet ist; da nun die älteren Formen unseres Wortes alle nicht den Diph-
thong ei, sondern den Vokal i zeigen, der erst im nhd. zu ei wurde, so ist die
Herleitung des Wortes von wide ohne Zweifel ; der Weidenborn hat also den
Namen von einer oder mehreren Weiden, die hier standen, ähnlich wie der
Jlollerborn von einem oder mehreren Hollunderbäumen. Freilich werden auch
2 borgen im Karth. G. von 1370 als „uf der Weide" belegen aufgeführt,
doch ist damit nur ein kleiner Teil des ganzen Feldes gemeint, nicht das ganze
Weideubornfeld, sondern mehr im Osten desselben „bei dem forderen Se'' (Sehe
= mhd. se), der mit dem hintersten See das ganze Feld nach Erbenheim zu
abschloss und von einem Flosse, dem „Se flösse", Eb. G. No. 64, oder „Sehis-
flosse", Karth. G. 1370, wohl dem Abflüsse des Weidenborns, bewässert war.
B. Gehen wir nunmehr zu den Erweiterungen der drei Felder über,
so sagt das Karth. G. 1430 mit dürren Worten, dass die Acker von Überhoben
zu dem Hengertfeld gerechnet wurden: ,,das feit inne Heingarten und darzu
horent die ecker ubir hoben". Im Eb. G. wird es nach seiner Zählung in
No, 20 als secundus campus versus Blidenstat (der Weg dorthin führte an ihm
vorbei, vgl. Annal. XXXI, 197), dann No. 20 Obirhoben genannt, darauf erst
fokt No. 21 Hene-arten. Schliesslich werden die Distrikte Überhoben im Herd-
Schillingsbuch von 1564 sämthch als im Hengert gelegen bezeichnet. Dasselbe
ist der Fall mit den Rudern, deren Name schon das spätere Anrodeu bezeichnet.
Sie erscheinen zuerst c. 1200 in der Urk. bei Kremer, Orig. If, 220, dann viel-
fach in der Folgezeit (vgl. Annal. XXXI, 198).
Von dem zweiten, dem 1 lollerbornfelde, war eine Erweiterung des campus
versus Sunnenberc, wie aus dessen anhangsweiser Anfügung zu ihm (Eb. G. 17)
zu entnehmen ist. Erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts erlangt es einen be-
sonderen Namen. Tief, und Karth. G. von 1370: Lubelberg, oder Karth. G.
1400: Leyberwegk, und jenen (Leuberberg) behält es bei; vgl. Merkerbuch S. 15,
45, und das nerdschillirigsbucli von 1564, Nach den Aufzäliluugen der einzelnen
Distrikte in ein/einen Verzeichnissen rechnete man aber nicht bloss den eigent-
lichen Leberberg- dahin, sondern auch die au der linken Seite des Rambachs
gelegenen Acker bei iniuchboru bis über den Bierstadter Wog hinaus /um
grossen Itainer im Woidcnbornfeldo, während der kleine Rainer zum llollerborn-
felde gehörte. Das Wort Leber mit seinen mancherlei Nebenformen (Lauber,
Leiber, Leubcr) ist wahrscheinlich auf das ahd. und mbd. lo, des lowes, =:
Loh zurückzuführen (vgl. Annal. XXYIII, 340).
Das dritte J^'eld, das Weidonbornfeld, erfuhr lange Zeit keine nachweisliche
Erweiterung; ein grosser Streifen in seiner Mitte nahm noch bis in das 18. Jahr-
hundert ein tJcbüsch, der grosse Hainer, ein, von dem wohl hie und da ein
Stück Land unrechtmässiger Weise abgeptiügt worden ist, doch wurde er erst
am Ende des ersten Viertels des 18. Jahrhunderts vollständig angerodet.
IV. Bruderode, Bruderweg, Bruderbach.
Dass die Namen der Bäche und W'ege in den Güterverzeichnissen oft vor-
kommen, namentlich der Weg-e nach den benachbarten Orten, ist selbstverständlich,
und Beispiele anzuführen überflüssig. Uns interessieren zunächst nur die mit dem
Worte Bruder zusammengesetzten, weil das eine Wort, Bruderweg, bis dahin unbe-
kannt war, das andere, Bruderbach, eine eigentümliche Wandlung durchgemacht hat.
Am 29, Dezember 992 schenkte der König Otto III. den Benedictiner-
möuchcn zu Selz im Elsass auf Bitten seiner Grossmutter Adelhaid das könig-
liche Gut in Biburc Moskebach und 120 andere Morgen Landes.''-) Die Brüder
von Selz müssen sich alsbald an diese Anrodung eines Teils dieses Gebietes,
das noch bewaldet war (es war dasjenige, wo später das Kloster Clarenthal lag),
gemacht haben, und es erhielt von ihnen den Namen Brnderodc (Bruderrode)''-''),
der Weg aber, der von Wiesbaden dahin führte, wurde Bruderweg, der von
dort herströraende Bach Bruderbach genannt, Ln Jahre 1296 kaufte Köuig
Adolf durch Vermittlung des Klosters Eberbach''') das Thal Bruderode und nannte
seine neue Klosteranlage Clarenthal. Die Zusammensetzung der Namen mit
Ih-uder verlor nunmehr seine Bedeutung und verschwand allmählich. In den ersten
Jahren nach Clarenthals Stiftung erscheint es noch einigemal ; so Bruderweg im
Eb. G. No. 74, wie wir schon oben bemerkten, aber auch noch dreimal im
Karth. G. 1430, w^ährend nach dem Merkerbuch S. 17 ein neuer Klosterpfad
„hinder offen Roddern'' gebräuchlich w^urde, der auch im IG. Jahrhundert (nach
dem Herdschillingsbuch von 1564 u. ff.) bestand.
Auch der Name Bruderbach wdrd noch in der Urk, von 1299 gebraurht
und ebenso in der Urk. vom 7. April 1326, im August 1349 und 4, Juni 1353;
noch einmal, wie es scheint, kommt der Name in einer Urk. von 1478 vor.
Vom Ende des vorhergehenden Jahrhunderts tritt dafür ein der Name Druder-
^-) Sc li I iepli !ike I, 127, Unter Custclluni ist mit ihm wolil Castel zu verstelioii, aber
Cfistelluiii im weiterou Sinne, so dass es die l)oiden {iiidereii Orte mit inliogriti".
^^) Stiftuugsui-kiinde von Clarentlial. Sc li 1 ic p li a k e IV, 42, 44.
^') Eossei, Eberb. Urk. II. Xo. 542; die dort folgende Urkunde No. 443 ist infolge
des Lesefelilers Innocentium statt Inventiorem falscii datiert.
118
bach; so im Jahre 1380 im Merkerbiich S. 19, 1373 ebenda S. 24, während
die entsprechende Urk. S. 53 die alte Wortform bietet.
Über den Lauf des Bruderbachs giebt erwünschten Aufschluss die Urk.
vom 7, April 1326: hier heisst es bei Beschreibung der Mark dos Klosters:
sie solle angehen ..uf der bache, die da iieizet die Bruderbach oder die Forst-
bach, die do fliezet zu der rechten hande, so man get von Wysebaden zu dem
Closter" ; er floss also, wie noch heute der Bach von der Klostermühle her an
der Wellritzmühle vorbei und hatte zu seiner Rechten das HoUerbornfeld. Zu
diesem gehörte auch, wie oben bemerkt ist, der Bruderwog, der danach wohl
neben dem Bruderbach herlief.
Text des Verzeichnisses.
Situs agrorum in Wisebaden.
I. Primus camims versus Dotsheyni habet 1. luuini iugcrum supra advocatum
de Cloi)i)cn. — 2. Item II iugera supra pueros de Bigen. — 3. Item unum iugcrum
iuxta Johanncm dictum Starkerat. — 4. Item unum iugerum iuxtaEtzelonem dc]Maguntia.
— 5. Item II iugera apud scultetum dictum Stelere. — 6. Item VI iugera iuxta
Mergardim et tendunt iu predicta duo iugera. — 7. Item VII virgas apud predicta
VI iugera, et Hertwin iu curia monachorum habet ibi prope unum iugerum. —
8. Item supra predictum Hertwinum 172 iugera. — 9. Item unum iugcrum superius
iuxta Sibodeu. — 10. Item 1'/l> iugera superius iuxta Sifridum militem de Dotsheym. —
11. Item III iugera supra Cuuradum dictum Manuebeder, — 12. Item unum iugerum
ante silvam bime Holderborne. — 13. Item unum iugerum bi der Siboden; et est situm
parum inferius iuxta predictum fontem. — 14. Item unum iugerum supra Stelere
bime Wilderait. — 15. Item dimidium iugerum supra Sifridum militcm in via, dum
itur de Dotsheym Wisebaden. — 16. Item 1^2 iugera supra Hertwinum in curia
monachorum. — 17. Item in campo versus Sunnenberc unum iugerum otten nidcren
weide iuxta domiuas de Diliendal.
Summa primi campi XXVIII iugera praeter virgam.
II. Secundiis campus versus Blidenstat habet 18, \. virgas supra Etzelonem
de Maguntia. — 19. Item unum iugerum of der I{ruder1)ach iuxta Wigandum, filium
Strettcr. — 20. Item unum iugerum cum dimidio überhoben in den wingarthen. —
21. Item offen Ilengarte II iugera supra pueros Gobelonis de Han et sunt sita an
Schersteinre hecke. — 22. Item III iugera supra Waltaffer wege iuxta pueros Starcradis.
— 23. Item 1^/2 iugeras sub Sifrido de Lintowen. — 24. Item uiunn duale, tendit
in unum iugerum Sifridi de Tiintowen. — 25. Item II iugera ame Ilolswege iuxta
clericum. — 26. Item dimidium iugerum supra pueros Starcradi. — 27. Item unum
duale an Schersteinre hecken iuxta plebanum. — 28. Item III iugera bi der Siboden.
— 29. Item II iugera iuxta plebanum versus Muschebach bi Hesseboume. — 30. Item
unum iugerum. tendit in Muscliebecher weit bi Starcraden kinden. — 31. Item unum
iugerum cum dimidio apud pueros Gobelonis de Han. — 32. Item uiuim iugerum
sub advocato de Cloi)iicn. — 33. Item unum duale supra plebanum et Johanncm
opilionem. — 34. Item III iugera an des Grewen bunde supra Wigandum, filium Streffere.
— 35. Item apud viccdominum 1' 2 iugera. Sunnna XXVII iugera.
ni. Tertius campus versus Erbenheym habet 36. III iugera apud iugera
Sifridi de Lintowen, et tendunt an des Grebcn bunde. — 37. Item iV-' iugera an
der llangrubcn. — 38. Item l'/a iugera iuxta molcndinum Marescaici. — 39. Item
unum iui^'erum sub Sifrido, militc de Dotsheym. — 40. Item II iugera sub Sifrido
de Lintowen, — 41. Item duale sub sculteto dicto Stelere. — 42. Item II iugera
11'.)
apiul Bortolfiini, tilium llertradis. — 43. Item II iuucia apud SitViduin de Liutowcn.
— 44. Item uiium iugerum iuxta viginti iugera predicti Sitridi. — 45. Item dimi-
dium iugerum apud Marcwardum dictum Lucebechere, — 4G. Item unum iugerum
sub sculteto dicto Stelere. — 47. Item III iugera sujira iugerum plebani. — 48.
Item unum iugerum bi der Wolfishecken. — 4ü. Item IUI iugera et dimidiuni iuxta
Sifridum de Todslieym, — 50. Itein unum iu.iicrum apud pueros Guntrami. — 51. Item
unum duak' bi den I'instbürne apud Iioricuin de Kaltoweue. — ■ 52. Item unum iugerum
apud monialcs de Diffendal hinder der Widen. — 53. Item unum iugerum apud Ilart-
mudum, tilium Harzen. — 54. Item unum iugerum supra Stelere, et tendit in predic-
tum iugerum, — 55. Item unum iugerum est anewendcr, et bunda coniitis tendit in
predictum iugerum, — 5G. Item diinidium iugerum bi der Widen apud filios Etzelonis,
— 57, Item unum iugerum apud Stelere ofi'en berge. — 58. Item unum duale apud
moniales de Diffendal, Summa XXXIIV2 iugera.
59, Item liabemus ibidem curiam situm zu Ufhoben. — 60. Item babemus
ibidem iuxta Bcrtam dictam Kmcrsen ortum unum, — 61, Item babemus ibidem
II iugera vinearum sita Oberlioben, de quibus dantur XXX colon, hercditarie.
De predictis bonis damus ad census comiti Martini IUI solides colon, et duos
Colon, Item iniuste ibidem a n(d)is exiguntur singulis annis tria maldra siliginis
ad precariam, — (Ua. Item datur ibidem avena pro censu dimidia mina bestrogen
in festo sancte Gertrudis.
Bona Sopliie becgine in Wisebaden.
la, Sojibia becgina in Wisebaden nobis contulit [domuni suam et ortum et]
agros subnotatos, videlicet 62, in carapo versus Erbenheym IY2 iugera iuxta Cunonem
de Rit'enberc. — 63. Item unum iugerum liinder der Widen supra pueros dicti Treffere,
— 64. Item unum duale in dem Sedosse supra moniales de Diffendal. - — ■ 65. Item unum
iugerum of dem Se^vege apud Ilenricum Antelmannum. — 66. Item dimidium iugerum
an der Hangruben apud Metzen de Aspensheim,
Summa primi campi V iugera pretor virgam.
IIa. Secundus campus of den Hengarthen habet 67. V virgas apud molen-
dinum Sifridi Lintouwers. — [68. Item unum iugerum bime Ilesboume in der jMergel-
gruben apud Stelere]. — 69. Item in dissit des Ilesboumcs unum iugerum ai)ud
pueros dicti Treffere. — 70. Item unum iugerum an den Waltaff'cr wege, apud Kunonem
de Rift'enberc. — 71. Item ower den Pluchwec II iugera preter virgam apud plebanum
de Drettinsbuscn dictum Kelrisbals, — 72, Item an den Köderen an Wierswege
unum iugerum. — 73. Item Überhoben II iugera ober den wec sub moniales de
Diffendal. Summa sccundi campi IX iugera et virga.
III a. 74. Tertius campus an den Bnulerwege habet 75, 3V2 iugera in
uno frusto apud duale puerorum Ilcrmanni, ([ui se extendit in jiredicta 3\'2 iugera.
— 75, Item of Todheymer wege Y virgas in uno frusto apud Berstradem dictam
di Swenen. — 76. Item lV'2 iugera tuchen den zuen Pluchwegcn apud Kunonem de
Rifenberc, — 77. Item unum iugerum se extendit in den Wilderot apud Sussemunt.
Summa YTI iugera et virga.' )
|78. Item nobis contulit jtratum situm liinder den zuneii, (]Uod continet unum
iugerum. | De (piibus omnibus damus i)ro censu supra tabulam comitis singulis annis
Martini VII Magunt. Item comiti in festo Gertrudis dimidiam minam avene et unum
Pingwensem belbelinc Item in messe comiti II minas siliginis,
79. Nota (juod Tilmannus de Lurrenburc dat nobis singulis annis II inarcas
denar, Col, de domo sua situ in Wisebaden et de omnibus bonis suis ibidem in
festo sancti Michalielis,
*} Die Addition der eiiizolucn Posten ist nicht immer richtig, auch sind oini;;o niclit
mitgerechnet (vgl. Xu. fiti u. IJl 1. Die ganze Sumnie der ^lorgon beträgt etwa HO.
120
Anmerkungen zu dem Text.
Nu. I. Lber die drei Felder: S. die Einleitung III.
No. 1 Cloppen = Kloppenheini, Klopheim. Der avocatus, vielleicht ein Beamter des
(Dechantes des) S. Petersstiftes zu Mainz, der einen Hof zu Kloppenheim erkauft hatte und am
28. September 1283 von allen Steuern, Zins und Dienstbarkoitslasten durch Graf Adolf befreit
worden war. Schliephako, Geschichto von Nassau II, 167.
No. 2. 3. S. oben Ijuleitung I.
Xo. 4. Mainzer und andere Patrizier besassen nicht selten damals (üiter zu AViosijadLii.
so Petermann zum Schaden, Urkunde 1324; AVencze, vom 10. August 1358; der weltliche llichter
Godefriede um 1370; Merkerbuch S. 15, 16, 29; der Schultheiss von Oppenhoini um 1376;
Merkerbuch S. 25, Dileniannus de Wormacia; Urkunde vom 21. Juli 1299.
No. 5. t%er den scultetus Stelere s. oben p]inleitung I.
Nu. 6. Der Name Mergarden wird sonst nicht genannt.
No. 7. Die curia monachornm lag zu Ufhoben; s. No. 59.
Xo. 9. Die „Sibodi von Wiesbaden" waren ein Zweii;- der Herrn von AViesltadou.
Koth, Geschichte der Stadt Wiesbaden, S. 571. AVegen des weiblichen Artikels in No. 13 u. 28
darf man an eine Frau oder Witwe denken. S. oben I.
Xo. 10. Über den Kitter Sifrid von Dotshyni s. oben I.
Xu. 11. Der Xame Enirich Mannebeder kommt im Jahre 1373 unter den Schöffen vor;
Merkerbuch S. 52.
Xo. 12. Der Holderborn, später llollerburn, nach dem das ganze Feld l)enannt wurde,
hatte seinen Xamen von dem bei ihm stehenden Holunder = Holder oder Holler. Das Herd-
schillingsbuch (1564) unterscheidet einen obersten und untersten Hollerborn.
X^'o. 14. Der städtische Wald Wilderait, später die W^ellritz genannt. Annal. XXX, 131 ff.
Xo. 17. Über den campus versus Sunnenberc s. Einleitung III. — Die Nonnen von
Tiefenthal hatten naeli ihrem Güterverzeichnisse von c. 1370 „of dem Leubeiberg" 2+3 Morgen.
Die Summe beträgt 28 Morgen praeter virgam = 27 Morgen und 3 Ruten.
Xo. 18. Über den campus versus Blidenstat s. Einleitung III.
Xo. 19. Über die liruderbach s. Einleitung S. 117.
No. 20. Über überhoben s. Einleitung III. Die Worte cum dimidio sind ( nachträglicli)
übergeschrieben. S. zu Xo. 35.
No. 21. Über Hengarten s. Einleitung III. Hau ist das Dorf llalin bei Welien.
Xo. 23. Über Sifrid de Lintowen s. Einleitung I.
No. 24. Ein duale oder Zweiteil wurde besteuert mit 6 Pfg. oder ^/4 eines Ackers von
1 Morgen, betrug also soviel als drei Kuten Breite, <la 1 Morgen 8 Pfg. oder 1 Albus ent-
richtete. Annal. XIX, 84; Merkerbuch S. 13, Anm. 4.
Xu. 25. Über den Holsweg s. oben.
No. 29. Der Hesseboum, so auch in der Urkunde vom 11. .Juli 1244, No. 68, 69. Iles-
boum bei Rössel, Das Stadtwappen 8. Gl, Hezzebum ist die Esper; Heyne in Grimms Deutschem
Wörterbuch IV, 2, 1269.
No. 30, Die Worte cnm dimidio sind (nachtrügiich) übergeschrieben, s. zu Xo. 35.
No. 35. Über den vicedominus s. Einleitung I. — Die Summe dieses Feldes beträgt nicht
27, sondern 28 Morgen. Der Irrtum des Schreibers beruht darauf, dass er die zweimal ^1-2 31orgen
nicht mitrechnete, da sie in der ersten Niederschrift noch nicht eingetragen, sondern erst nach-
träglich eingefügt waren.
No. la. Die eingeklammerten Worte sind in der Handschrift ausgestrichen.
No. 68. Die eingeklammerten Worte sind in der Handschrift ausgestrichen.
Register zu dem Text.
Autolinaiin, lleiiricus 65.
Aspenslieira : Metze de 06,
Üoi'striula Sweiien 75.
Kei'tii l'hnorseri 60.
Kertolfus, filius iJei'tnulis 42.
lügen, puori de 2.
ürudorliiicli V^.
llrudorweg' 74.
r.ui)de: Gro-\von i)Uiidc :54, Groben biindc 36,
Bunda conütis 55.
do Oloppeu, advocatus I, 62.
curia nionachorinu 7, in Uflioben 59.
Diffondal 17, 52. 58, 64, 73.
do Dotsheym, .Sifridus niiles 10, 15, 39, 44.
de Todosiieini, Sifridus 49.
de Drettinshusen, plebanus de Dr. 71.
Eljerbacb, curia 7, 16, 59.
Emersen s. JJerta 60.
Etzclo de Moguntia 4, llS.
Ktzclonis tilii 56.
Felder: campus versus Biidenstat 18.
an dem Bruderweg 74.
„ versus Dotsheym 1.
,, ,, Erbenheim 36, 92.
^ orten (of den) liengartcn
(Hengarthen) 21, 67.
„ Oberhoben 20, 61.
„ versus Sunnenberc 17.
von Frauenstein s. Murscalcus.
(fübelonis de Han, pueri 21, 31.
Orowcn bundo s. Bunde.
Giintrami, pueri 50.
die Ilangrubo 37, 66.
Ilartmudus tilius Herzen 53.
Hermann], pueri 74.
Uertwic 7, 8, 16.
Hesseboum 29, Ilosboum 68, 69.
Holderboru 12.
Johannes opilio 33.
de Kaltüwcno 51.
Kelrishals 71.
iändau: Sifridus de l.intowen '_'3, 24, 36, 40,
43. iMolendinum Sifridi de L. 67.
Lucebecher, Marewardus 45.
de Jjurronburc, Tihn. 79 (Domus i. Wiscbadonj.
Mainiobeder, Cunradus II.
Maasso: mina 78, mina bostragon 61.
Marescalci molendinum 38.
Mergardis 6.
Mergelgrube 68.
Metze von Aspensheim 66.
Mühlen 38, 67.
Münzen: helbeiinc l^ingensis 78a.
Muscliobacli 29, M. weit 30.
Obirhoben 20, 61. fllfhoben 59).
Opilio 8. Johannes 33.
die Plucliwege 71, 76.
Pinstborn 51.
Reittenberg: Cuno de Rifenberc (Kiilenberc)
62, 70, 76.
an den Rodeten 72.
Roricus de Kalte wene 51.
Scliersteinre hecken 21, 27.
Seefloss 64.
iuxta Sibodeu 13, 28, 9.
Sophia becgine in Wisebaden 252.
Starkerat, Johannes 3.
Starkradi, pueri 22, 26 (SturkradiJ.
Starkraden kinde 30.
Stelere scultetus 5, 41, 46.
Stelere 14, 54, 57, 68.
Sussemunt 77.
Swenen 75.
Ti'eftori, pueri 63, 69.
zu Ufhoben curia monachuruni 59.
Yicedominus 35.
Wege : Bruderweg 74.
Botsheymer Weg 15, 75.
Holsweg 25.
die Pluckwegc 71, 76.
Seweg 65.
AValtatferweg 22, 70.
hinter der Widen 52, 63.
bi der Widen 56.
Wigandus, filius Strettcri 19, 34.
Wilderait, Wilderot 14, 77.
Wollishecke 4b.
hinter den Zuncn 78.
Schulgeschichtliche Beiträge aus den ältesten
Visitationsakten der Niedergrafschaft.
YüM
W. Diehl.
Das St, Goarer Stiftsarchiv enthält zwei interessante Fascikcl : Visitations-
akten der Niedergrafschaftspfarreien aus den Zeiten von 1571 — 1670, die bis
jetzt noch niemals eingehend benutzt worden sind. Man kann dies auch be-
greifen, denn zu einem grossen Teil sinds schwer zu lesende Konzepte von
Visitationsberichten, dazu im Lauf der Zeiten so verbunden und durcheinander
geraten, dass eine grosse Ausdauer dazu gehört, diese Akten eingehend studieren
zu können. So weit ich sehe, hat sie zuletzt David Christiani (1658 — 1681
Superintendent der Niedergrafschaft) benutzt, von dessen Hand auch eine grosse
Anzahl von Randbemerkungen und Beiträgen in diesen beiden Bänden stammt.
Aber diese Benutzung war mangelhaft. Die aus ihr erwachsenen Pfarrerver-
zeichnisse bedürfen in huuderten von Stellen der Verbesserung, und diese Ver-
besserung ist sehr oft auf Grund gerade der von Christiani benutzten Akten
möglich. Zu diesem Umstände kommt aber nun ein anderer, der mit unsreni
Thema zusammenhängt. Die so überaus wichtigen Studien über die Geschichte
des Volksschulwcsens in Hessen können nur dann mit wirklich durchschlagen-
dem Erfolg betrieben werden, wenn man sich die Mühe nimmt, den Gründungen
auch der kleinsten Dorfschulen nachzugehen und alle erreichbaren sicheren
Nachrichten über die Personen der Lehrenden zusammenzustellen. Dazu bieten
uns aber Visitationsakten die beste Quelle, namentlich wenn sie mit solcher
Genauigkeit geführt sind, wie die des Jahres 1598 99 unseres ersten Bandes,
welche unter dem Titel „Visitir-Buch gehörig sue der inspecfAon dero Kirchen
in der Nidder-Gr äff schafft Catzenelnpogen geschrieben und gehalten durch M.
Christianum Zindelium Allendorphensem ad SaUiias Hassiacas itziger Zeit
Superintendenten in der Nidder-Grafj'schafft Catzenelnpogen und Pfarrern ziie
S. Goar am Rein Anno 1598 Mense Octobri usic.'^ unseren Akten eingereiht sind.
Im nachfolgenden sollen alle Schulnachrichten dieser Visitationsbände, deren
erster hauptsächlich die Amter Höllenstein, Rciclienberg und Rheinfels, deren
zweiter aber die vierherrischen und zweiherrisclien Pfarreien behandelt, in drei
Gruppen vorgeführt werden. Bemerkt sei noch, dass ausser den Nachrichten
der Visitationsakten nur noch die „Acta Synodi Comitatus Cattocubitonsis",
123
die von mir in der Zeitschr. für prakt. Theol. 11)00 bearbeitet wurden, und die
Stipendiatenakten und -rechnungen der Giessen - Marburger Universität zur
Benutzung herangezogen werden konnten, sowie dass ich der in dieser Zeitschrift
Bd. XXXI lieft 2 abgedruckten Arbeit von A. Held mann: „Die hessische
Diözese der Niedergrafschaft Katzenellenbogcn , ihre Superintendenten und
Inspektoren" manche Förderung verdanke. Auf Gedrucktes habe ich um dosscnt-
willen weniger Wert gelegt, als gerade die über die Pfarreien der Niedergrafschaft
vorliegenden Pfarrerverzeichnisse vielfach sich als trügerisch erwiesen haben und
ich lieber einen kleinen, aber richtigen, als einen scheinbar vollständigen und
in Wirklichkeit die Verhältnisse nur mehr noch verwirrenden Beitrag liefern
wollte. Die einzigen noch zu benutzenden Akten, nämlich die Bestellungsakten
aus der Zeit von 1604 — 1626 und die Kirchenbücher der einzelnen Pfarreien
genauer durchzusehen, dazu fehlte mir leider Zeit und Gelegenheit.
I. Die althessischen Pfarreien.
Bei der Zusammenstellung der Schulnachrichten aus Zindels Visitierbuch
(das von seinen Naclifolgern nachher fortgesetzt wurde) beginnen wir selbst-
verständlich mit der Stadt, für die ein geordnetes Schulwesen schon in frühesten
Zeiten nachweisbar ist,
1. St. Goar.
Indem ich hier auf die Erörterung der Frage, wann die erste Schule in
St. Goar gegründet worden sei, verzichte, teile ich nur das mit, was ich auf
Grund der von mir benutzten Akten an interessanten Nachrichten über das
St. Goarer Schulwesen der Zeit von 1556—1640 gefunden habe. Da habe ich
zuerst festzustellen, dass die Schule 1599 von zwei studierten Präzeptoren
bedient wird, dass aber die Zahl der die Schule in Anspruch nehmenden Kinder
so gering ist, dass der Superintendent Zindel den Plan fassen kann, eine dieser
beiden Sehulstellen zu kassieren und ihre Einkünfte zur Errichtung eines
Diakonates zu verwenden, dessen Inhaber freilich verpflichtet sein sollte, neben-
bei zugleich Primarius Magister scholae zusein. Zindel schreibt: „Zu St. Goar
seind an der Schneie zween praeceptores, welche nicht mehr alss etwan dreissig
Knaben haben, unter denen die meisten deutsch lernen schreiben und lesen,
und gehen also die Schuelmcistei- dabey fast müssig; haben dargegen zimliche
Besoldung. Der primarius Joannes Appellerus Fridslariensis hatt järlich
zur Besoldung :
60 fl. Reinische gülden an geldt,
10 mltr. Popparter mass Korn,
1 mtr. Popparter mass haffer.
Wein ist uustendig, tragt zu gutten Jahren etwas und diss Jahr 2
Fudder und 1 Olim.
Der Collega Guilelmus Colon ins Goarinus hat järlich zu besoldung
50 Reinische Gülden an gelde,
8 Mltr. Popparter mass Korn,
1 mtr. Haffer Poppcrter mass,
Wein dem primario gleich.
124
Waud uuu fliesei" Collegen einer Avindo auderswohiu transferiret und au
seine stadt ein Diaconus augenommeu, und deniselbigen mith hin'^u eine lectio
Theologica in schola des tags ein stund über demandiret, und Ihm des untersten
praeceptoris besolduug zugelegt und über das noch ein Cauonicat vom Stift,
und dann die 31 fl. so von wegen der Predigt autFm Schloss fallen, so kont
sich ein tertius (sc. Pfarrer!) zimlich, doch nur nach notturfft betragen, bis
das man sehe, wie es Gott weitter ordnete. Dargegen behielt Du. CTrypiiius
ad vitam die gantze besoldung, so er vom stifft hette, doch müst man dahin
sehen, das einem Diacouo etwas auch von "Weingarten zu seiner Haushaltung
würden verordnet, ingleichen von etwas feddervielie, welches Duo Gryphio, als
dem die Last benommen würde, müst abgekürzet werden."
Diese Stelle kann doch nur besagen, dass mau die zweite Präzeptorstelle
eingehen lassen und aus deren durch andere Einkünfte vermehrten Besoldung
eine Diakonatsstelle schaffen sollte, deren Inhaber neben seinem Pfarramt dann
die Verpflichtung zur Unterstützung des einen Prüzeptors im Schulamte
haben sollte. Der Landgraf verfügte nun auch IGOO die Berufung dieses tertii,
der zugleich primarius Scholae Magister sein sollte, und alsbald wurde diese Ver-
fügung in die That umgesetzt: Wilhelm Colouius kam als Pfarrer nach Holz-
hausen, und als Diaconus und primarius praeceptor wurde, anscheinend ebenfalls
schon 1600 oder 1601, M. Christoph Korn angenommen, der nicht erst (wie
man bisher annahm) nach Greifs Emeritierung (1604) nach St. Goar kam, son-
dern in dem zu Greifs Emeritierung führenden Zindel-Greifschen Streit als Amts-
kollege dieser beiden und als Hintermann Zindels bereits 1602 erscheint.
Es steht ausser allem Zweifel, dass diese 1600 vollzogene Aenderung ein
Zeichen des Rückgangs des St. Goarer Schulwesens darstellt. Denn
das ist ein Rückgang, wenn die volle Schulthütigkeit eines nur für das Schul-
wesen angestellten Lehrers ersetzt wird durch täglich eine lectio theologica
eines für das Pfarramt angestellten Diaconus. Es war dies ein Rückgang auch
geschichtlich betrachtet, nämlich in die Zeit vor 1588, seit welchem Jahr in
St. Goar zwei für den Schuldienst besonders bestellte Schulmeister nachweis-
bar sind. Wir müssen hierauf mit einigen Worten eingehen. Man hat bisher
die Stellung zweier Männer zum St. Goarer Kircheuwesen vielfach falsch beur-
teilt, des Justus Gryphius und des Johannes Erlenbach. Darüber geben
uns nun unsere Akten klare Antwort. Sie bezeugen, dass der bereits 1564 in
St. Goar wirkende Johannes Erlenbach am 4. 5. 1587 als Pfarrer von St. Goar
gestorben ist und dass ein Jahr später der an seine Stelle gerückte Justus
Gryphius, der der Kirchen und Schulen zu St. Goar 32 Jahr lang gedient hat,
dai'um bittet, dass man seinem Sohne Justus den jetzt erledigten Dienst in
St. Goar geben möge. Von dieser Zeit au erscheint Justus Gryphius I. als
Pfarrer von St. Goar und er ist's geblieben bis 1604. Was war er aber vor-
her? Nun, er war Diener der Kirchen und Schulen 32 Jahre lang. Er ver-
waltete eines der Filiale (Biebernheim':') und war Leiter der Schule. Dass er
auf dieser Stelle sich solange hielt, wii'd uns auch klar. Er wurde vom Land-
grafen Philipp besonders unterstützt; schon 1575 ist er im Besitz eines Cano-
nicates zum Studium seiner Sühne.
125
Nach dieser Darlegung ist das Pfarramt St. Goar besetzt für l.")64 — 1604,
der eine Schuldienst für 1556 — 1587, es handelt sich jetzt nur noch darum,
nachzuweisen, wer in der Zeit vor 1587 neben Gryphius den zweiten Schul-
dienst und nach 1587 nach Gryphius Übergang ins Pfarramt die beiden S(-hul-
dienste in St. Goar versehen hat. Die Namen sind uns zum Teil bekannt. Es
erscheinen in der Zeit vor 1587 neben Gryphius: Ivo Pistorius (1559 — 1504),
Wilhelm Padersberg (vom März 1564 an). Nach 1588 aber erscheinen:
M. Just Gryphius II. (1588 — 1594) und Franciscus Briaeus (einige
Jahre vor 1596 bis 1596), Johannes Ap eller (vor 1598 und noch 1604) und
Wilhelm Colon ins (von 1599—1600). So wenig wir berechtigt sind, mit
Bestimmtheit die Einrichtung von zwei besonderen Schulstellen ins Jahr 158S
zu setzen, so wahrscheinlich wird doch die Sache durch diese Namen.
Die Einrichtung, die im Jahre 1600 getroffen wurde, ist ein Rückgang
in die Zeit vor 1588, Oder anders ausgedrückt: die Einrichtung zweier
besonderer Schulämter, wie sie uns 1599 begegnet und 1588 vollzogen zu sein
scheint, musste 1600 rückgängig gemacht werden. Freilich nur auf kurze Zeit.
Es ist der rührigen Arbeit der Superintendenten für Herbeiführung eines
besseren Schulbesuchs zu danken, dass sclion bald nach diesen Zeiten das
Bedürfnis nach einem zweiten, ganz dem Schulamt lebenden Lehrer wieder in
den Vordergrund tritt. Schon 1607 ist diesem Bedürfnis Rechnung getragen :
es begegnen uns da schon wieder zwei Schulmeister in St. Goar, M. Christian
Zindel und Rudolf Wullenius, und bei diesen zwei Schulstellen bleibts
bis in die Zeiten der Darmstädter Herrschaft. Unter ihr wird, anscheinend
zum erstenmale 1 636, noch eine dritte Schulstelle in St. Goar erwähnt ;
der Dienst dieses dritten Schuldieners ist mit dem Organisteuamte verbunden.
Es scheint, als habe die Periode, in der nur ein dem Schulamt sich völlig
widmender Schulmeister am Orte war, nur von 1600 — 1604 gedauert und
lediglich an der Person Horns gehängt. Sicher ist jedenfalls, dass die primarii
prai'ccptores schon 1607 und noch 1634 in erster Linie Schulmeister waren
und heissen. Um ihres (von Alters hergebrachten) Dienstes in Biebernhcim
willen nennt man sie (schon 1627) auch Mitprediger,
Diese Förderung des St, Goarer Schulwesens war allerdings nur dadurch
möglich, dass die Schule an ihrem Charakter einen eigenartigen Zug einbüsste.
1599 mehr Lateinschule, bekommt sie immer mehr das Kolorit einer der
gewöhnlichen Landschulen, Die Latein Lernenden werden immer seltener. Es
war dies die natürliche Folge der Arbeit der Superintendenten, die auf mög-
lichst weitgehende Teilnahme der vorhandenen Schulkinder am Unterricht der
St. Goarer Schule hinarbeiteten und zugleich der vorhandenen „teutschen
Nebenschul" des Friedrich Donatus das Wasser abgraben wollten, was
ihnen auch 1619 gelang. Wir ersehen das aus einer Stelle in dem Protokoll
der 1619 abgehaltenen Visitation, die kurz zusammengefasst folgendes besagt:
1. Der hessische Catechismus wird getrieben.
2. Da die Leute sich vielfach mit schwerer Handarbeit ernähren müssen,
so kommen Schulversäumnisse vor. Doch worden sie von Seiten der
Lehrer beschränkt.
126
3. Etliche aus dem Rat erhalten deu Auftrag, Mitinspektiou auf die Schule
zu haben.
4. „Die Tentamiua und Examina, so viel immer geschehen mag, werden
gehalten, aber wenig sind die lateinisch lernen, sondern die meinsten
lernen beneben dem Catechismo nur deutsch lesen und schreiben."
5. „Man lasset auch die Schulmeister, wann es die Noth erfordert oder
sie sonst begeren, auf die Cantzel treten und predigen."
6. Die Disciplin ist gut.
7. „Die Deutsche Xebenschuel des Friderici Donati ist abgeschafft, und
gehen sonst die discipuli zu den andern von dem F. Consistorio anhero
verordtneten praeceptoru in die Schule."
Ebenso lesen wir in einem Bericht des Superintendenten Breideubach vom
Jahr 1G27 über das St. Goarer Schulwesen:
1. Luthers Catechismus beneben den Fragstücken in der Kirchenordnung
wird allgemein getrieben.
2. Die Praeceptoren Fabritius und Johann Staal sind fleissig, haben
aber wenig Schüler, da viele zur Handarbeit angehalten werden.
3. Die Tentamiua zu halten wurde eingeschärft. Aber wenig sind der
Knaben die itzunder Lateinisch lernen ; fangen ahn zu dechoiren
und conjugiren, und etliche wenige in stylo sich zu exerciren : die
meisten lernen beim Catechismo nur teutsch lesen und schreiben.
Es erübrigt, dass wir noch die Namen der Schulmeister mitteilen, welche
uns in unseren Akten als in St. Goar wirkende Praeccptores begegnet sind. Ist
es auch keine irgendwie vollständige Liste, so sind doch ihre Nachrichten fast
alle aus bisher unbenutzten Archivalien erhoben und haben deshalb ein Anrecht
auf Glaubwürdigkeit.
A. Deu Oberschuldienst versehende Persönlichkeiten:
1. M. Justus Greif (Gryphius) von 1556 — 1587 Kirchen- und Schuldiener
in St. Goar, 1587 — 1604 Pfarrer daselbst; wird infolge der Händel mit
dem Superintendenten Zindel 1G04 emeritiert.
2. M. Justus Greif IL scheint 1588 — 1594 Schulmeister in St. Goar
gewesen zu sein. 1.594 wird er Pfarrer in Werlau, wo er noch 1616 steht.
:'.. M. Johannes Apeller von Fritzlar vor 1598 und bis 1600 Ober-
schulmeister, versieht 1600—1604 die Stelle des zweiten Schulmeisters.
1604—1621 Pfarrer in Nastätten.
4. M. Christoph Hörn scheint KUX) Diaconus in St. Goar und primarius
Praeceptor geworden zu sein. Er erscheint als solcher sicher Ende
1602. 1604 ff. Nachfolger des Gryphius im Pfarramt, soll er 1608 bereits
erster Pfarrer an der Unterneustadt in Cassel geworden sein, was um
so wahrscheinlicher ist, als 1607 bereits M. Georg Büttner als „Pfarrer
von Ptheinfels" genannt wird, neben dem zwei Schulmeister stehen. 161.'>
erfolgt Horns Ernennung zum Superintendenten in St. Goar, in welchem
Amte er nicht 1617 (wie man bisher annahm), sondern erst 1618 dem (vor-
her admiuister in St. Goar genannten) M. Hermann Ewald Platz macht.
\'2"i
f), 11 ud ü 1 f W u 1 1 c u i u s erscheint 1(K)7 als suspendierter pracceptor primarius,
wird aber, ,,dieweil er sich während der Suspension still gehalten,"
um 10. 10. 1G07 wieder in diesen Dienst eingesetzt. 1608 — 1024 wirkt
er als Pfarrer in Bachheim, von wo er nach verschiedenen missglückten
Versuchen ]()24 nach Bärstadt kommt. Dort stirbt er 1025.
(■). M. Johannes Kurtzrock wird am 4. 12. KUo zum Primarius bestellt.
Er war schon an einem andern Ort Schulmeister gewesen und bekommt
die Stelle in St. Goar, trotzdem dafür vom Konsistorium M. Philipp
Zöller bestimmt war, weil er ein guter Musicus ist. Er wirkt hier von
16K» — 1018, wird 1018 dem Pfarrer Ivo Pistorius in Patersberg ad-
jungiert und nach dessen Emeritierung Pfarrer daselbst. 1020 wird er
von da durch Hesscn-Darmstadt removiert.
7. M. Thomas Krug von Rothenberg wirkt hier als Rector von 1618
an. Hierauf soll er Pfarrer in Ruppertshofen geworden sein, von wo
er 1020 durch Ilessen-Darmstadt removiert wurde. Hierauf Collaborator
in Ilersfeld, wird er 10o8 tertius, 105)) Conrector, 1054 Rector in Cassel.
Dort ist er am 28. 11. 1075, 81 Jahre alt, gestorben.
8. M. Andreas Sc hönius Augustanus wird am 1. 7. 1027 als Mitprediger
und Rector in St. Goar bestellt, kommt aber schon nach einem Viertel-
jahr weg nach Schwebda. lOoo — 1035 Pfarrer in Eppstein soll er
1635 nach Gross-Bieberau, doch ward nichts draus. Er ist in E. 1635
an der Pest gestorben.
9. M. Constantin Fabritius von Giessen wird am 7. 10. 1627 als
Pfarrer von Biebernheim und Oberschuldiener in St. Goar bestellt und
wirkt hier bis 1029. 1035 begegnet er uns als vertriebener Pfarrer
von Werda (Fulda) und als Pfarrer von Schwickartshausen, 1035 — 1049
als Diaconus in Nidda, wo er am 7. 12. 1049 stirbt.
10. Heinrich Rab von Utphe wird Oberschulmeister und Pfarrer von B.
am 10. 11. 1629. Er wirkt in dieser Stellung bis 1034, avo seine Ver-
setzung auf die Pfarrei Nastätten erfolgt. Dort ist er bald nachher
gestorben.
o^
B. Unterschulmeister.
1. Ivo Pistorius wirkt 5 Jahre als Schulmeister in St. Goar, wahr-
scheinlich 1559 — 1504, dann 1504 — 1018 als Pfarrer in Patersberg.
Dort ist er auch gestorben, nachdem ihm 1018 ein Adjunkt beigegeben war.
2. Wilhelm Padersberg kommt nach dem Stipendiatenalbum 1504 hier-
her an die Schule.
3. Franz Briaeus bis 1590 Schulmeister in St. Goar, 1597 — 1020 Pfarrer
in Bornig, 1020 — 1635 in St. Goarshausen.
4. Wilhelm Colonius, 1599 vorkommend bis 1000, wo er als Pfarrer
nach Holzhausen kommt. 1()()5 romoviert, verschwindet er aus der
Niedergrafschaft. Er ist wohl identisch mit dem Träger gleichen Namens,
der 1626 mit der darmstädtischen Herrschaft als Pfarrer nach Bornig kommt.
5. M. Johannes Apeller (vergl. oben) 1000 — 1004.
128
H. M. Christian Ziudel, 1()<>7 wird von ihm berichtet, dass er geflohen sei.
7. Martin Düremberg ist IGlo schon so hing Unterschuhneister, dass
er hofft, Primarius zu werden. Doch wird nichts daraus.
8. Philipp luzelius wirkt hier bis 1625. 1625/2(3 Pfarrer von Werhiu,
wird er von den Darmstädtern seines Dienstes entsetzt.
9. ,M. Johannes Volland, bisher Lehrer am Pädagog in Marburg und
von den Darmstädtern vertrieben, soll 1625 Inzels Nachfolger werden.
16. ^) 1625 dazu ernannt, muss er 1626 schon wieder wandern, da
ihn die Darmstädter Herrschaft nicht duldet. Er wird dann Kudimen-
tarius an der Stadtschule in Cassel und stirbt daselbst 1654, 59 Jahr alt.
10. Johannes Stahl (Chalybius) von St. Goar wird angestellt am 2. 7. 1()27;
begegnet später als Pfarrer in Pfalzfeld, wo er im Mai 1635 stirbt.
C. Tertii.
Als einzi"-er begegnet der am lo. 1. l()o(> angestellte Johann Matern
Imhoff. Er ist dritter Schuldieuer und Organist.
Neben St. Goar müssen wir die beiden Gemeinden stellen, in denen sich
schon für die Zeit vor 1599 das Vorhandensein eines mit dem Schulamte be-
ladeneu Diakouates feststellen lässt, Braubach und Rhens. Aus unseren
Akten geht deutlich hervor, dass diese Verbindung des Schuldienstes mit dem
Diakonate 1599 bereits als etwas Herkömmliches betrachtet wird. Unsere Auf-
gabe ist es nicht, dem nachzugehen, seit wann diese Vereinigung besteht. Wir
haben nur die Zusammenstellung derjenigen Diacone zu geben, von denen sich
nachweisen lässt, dass sie die Schule mithielten. Es sind dies in
2. Braubach.
1. ^I. .Johannes Mebesius, um 1570 vorkommend.
2. Joseph Freinsheimius von Nastätten, 1585 — 1594 Schulmeister in
Katzenelnbogen, 1594—1598 Diaconus in B., 1598~1(')<>8 Pfarrer in
Dachsenhausen, 1608—1613 Pfarrer in Oberwalmenach, von wo er ins
Ausland geht. Er war ein entschiedener Lutheraner, einer der :» Brüder
Freinsheimius (Nicolaus, Wolfgang und Joseph), die Zindel in seiner
Liste der „perfracti et contradicentes" an erster Stelle nennt.
:}. M. Johannes Nebenius, wird 1598 Diaconus in B.
4. Alexander Widerhold 1618 Diaconus in P).
Selbstverständlich haben ausser diesen auch alle folgenden Diakonen bis
in den Krieg hinein Schule mitgehalten ; doch sind mir die Namen nur teilweise
bekannt, ausserdem kommen die betreffenden Persönlichkeiten in unseren Akten
nicht vor, weshalb sie ausgelassen wurden.
3. Rhens.
1. Nicolaus Robulerus aus Boppard wirkt hier als Diaconus bis 1588,
als Pfarrer 1588 — 1620, in welch letzterem Jahr er starb.
2. Theodorich Kettenis aus Limburg (Belga) wirkt hier als Diaconus
1588—1595, dann als Pfarrer in Pfalzfeld 1595 ff.
1211
o, Johann Kistmaun von Uatteuberg begegnet liier 1(')04 und KiOT. ha
letztgenannten Jahre erfolgte seine Remotion bei Einführung der Ver-
besserungspunkto.
4. Johann Jacob IJirleubach aus Diez wirkt hier als Diaconns KiOS
bis 1()2(), als Pfarrer 1(')20— ll)2G, wo er von der darmstädtischen lieffierun«'-
entlassen wurde.
Ausser diesen Schulen in St. (»oar, Rhens und Braubach sind in der Zeit
vor 1598 noch eine ganze Anzahl anderer nachweisbar. So wird in einem
unseren Goarer Akten beigebundenen Stück eines Visitationsprotokolles aus dem
Jahre 1571 bereits einer Schule in Boruig und Klingclbach Erwähnung o-e-
than und für die gleiche Zeit ist das Vorhandensein der Schule Nastätten
sicher bezeugt. Ausserdem fällt spätestens in die SO er Jahre die Anrichtuno-
der Schulen Kernel, Bärstadt und wahrscheinlich auch Langenschwalbach.
Vor der Visitation von 151)8/1)'.) gegründet sind ausserdem Meilingen, Hohen-
steiu, Laufe'nselden und Ruppertshofen. Diesen Schulen haben wir nun-
mehr im Einzelnen nachzugehen und die über ihre Schulmeister vorliegenden
Nachrichten zusammenzustellen.
4, Bornigf.
Diese Gemeinde hat bereits vor 1571 einen Schulmeister. Bei der am
oO. 11. 1571 abgehaltenen Visitation wird bereits ein „Fruegarten zur Schul" ge-
hörig erwähnt, aus dessen Einkünften der Pfarrer dem Schulmeister jährlich 2 fl.
zu geben habe. Bei der Visitation vom 7. 2. 1575 heisst es dann : „der Schul-
meyster hat ein seer geringe Besoldung und man inwillens meinen g. F. u. IT.
umb ein stewr nemblich 1 mtr. Korn anzusuchen, begerend Ich (Superinteudens)
woll zum besten dazu reden". . . . und weiter unten: „der Schulen halber be-
clagt sich die Gemein, dass sie baldt und leichtlich wandern, bitten dz hinführe
keiner wander, er sage denn bey Zeit ein Viertel Jars uff." Letzterer Umstand
klärt es auch auf, weshalb uns die Namen der Schulmeister dieses Ortes nicht
bekannt werden. Denn diese traurige Lage hinsichtlich des Schulwesens ist
nicht blos 1571 Thatsache, sie wird auch noch viel später hervorgehoben.
In den Gravamina, die der Pfarrer von Born ig bei der am 25. 6. 1615
abgehaltenen Kirchenvisitation vorlegte, lesen wir: „Dieweill man dau auch
einen bestelten Schulmeister ahn diesem Orte hat, undt das salarium von tage
zue tage vortgehet, undt auffgehaben wirdt, beklagt sich der pfarrer mit grosser
beschwernus, das doch keine Schulle gehalten wärdt, und so diessem nicht vor-
kommen wirdt, hat man über 10 Jahre kaum einen in diessem flecken, der
Schreiben oder lessen könte, undt erklert sich der Pfarer dessen, das er ahn
solcher ar74iav einen grossen miss fallen habe, undt darmit nicht zuthuen haben
will, undt wau maus gar exacte rechen wdll, gehen kauui 1 vierteil Jahr ihm
Knaben in die Schulle".
Wir begreifons aus diesen Ausführungen vollkommen, wenn noch 1028
die Borniger Schule zu den schlechten Schulen gerechnet wird, bei denen (es
9
ir.o
s'md alle ausser St. (ioar, Kernel, llohenstein, Langeiisehwalluuli, Bärstadt,
Katzenelubogen) die Visitatoreu es für nötig tiuden, eine Anordnung zu treffen, dass
der Schulmeister einen (Tehalt bekommt, bei dem er wenigstens existiren könne.
Erwähnt sei noch, dass ir)98 bei der Visitation über das Vorhandensein einer
Judenschule am Ort geklagt wird.
5. Katzenelnbog-en.
Für Katzenelubogen, resp. die Pfarrei Kliugelbacli ist bereits 1571 ein
Schulmeister nachweisbar. Die Schulmeister, die für Klingelbach und Katzenelu-
bogen genannt werden, sind :
1. Marcus Junior bis 1585 Schulmeister in K., 1585 — 1G14 (?) Pfarrer
in Goarshausen, seit 1594 Assessor Synodi.
l\ Joseph Freinsheimius (vergl. Braubach) 1585 — 1594.
;'). Alexander, 1594 — 1597, wird 1597 a Superintendente' in praesentia
aliorum ministrorum zum Pfarrer von Klingelbach ordiniert.
4. Georg Horche, bisher Rektor in Diez, w^ird 160r> am (>, 5. als Pfarrer
und Präzeptor in Klingelbach angeordnet. Nach diesem Beispiel scheint
schon Alexander, von 1597 an, beides zugleich gewesen zu sein. Ebenso
scheint es ziemlich sicher, dass das gleiche auch in der Folgezeit ge-
schah. Als nächster Schulmeister von K. begegnet
5, 1()27 und noch 1()42 der frühere Benediktiner in Mainz Bernhard
Limbardt. Er wirkt dann 1645 — 1663 als Pfarrer in Nieder-Tiefen-
bach und stirbt KU'))).
6. Nastätten.
An diesem durch den gleichnamigen Synodus berühmten und sicher schon
frühe mit einer Schule ausgestatteten Orte begegnen in unseren Akten als
Schulmeister :
1. Abraham Freinsheim, Sohn des Pfarrers F. in Nastätten. Er kam
1575 von der Universität aus dahin.
2. Georg Scheffer bis 1598 Schulmeister allda, 1598-1(;()4 Pfarrer in
Hinimighofen, 1604 ff. in Diethardt.
y>. Johannes Nauta, ihm wird als bisherigem Schulmeister von Nastätten im
Juli 1600 für Michaelis d. J. aufgekündigt. Als Gründe figurieren u. a.
der, dass er den y Pfarrer Justus Cöln von Bachheim des Zwinglianismus
beschuldigt habe und ein Ubiquitist sei. Allem Anschein nach hielt ihn
Zindel auch für den Autor des ,, schändlichen Pasquills" auf Justus
Cöln, das dem Superintendenten damals in die Hand kam und lautet:
Ach du armes Jöstlein, was hastu gethan,
Das du dein Herrn Christum so hart hast griffen an.
Des müstu in der Helle leiden schwere Pein,
Diedrich Betzen gesell müstu ewig sein. Kyrieleis.
Ausserdem hatte Z. aber aucli deshalb Hass auf Nauta, weil er bei
seiner Ankunft in der Niedergrafscliaft sich zur doctrina orthodoxa be-
kannt und nun für die TJbiquität auf der Kanzel eintrete, also „den
mantell nach dem Wind hencke und warm und kalt auss einem
munde blase".
Nauta, der als entschiedener Lutheraner in der Niedergrafschaft keine
Lorbeeren erringen konnte, wandte sich bald nachher ausser Landes.
Ich erwähne, dass er uns später (1612) als lutherischer Pfarrer in Ernst-
hofen im Odenwald begegnet.
4. Balthasar N, wird KiOU an Nautas Stelle gesetzt (ist vielleicht identisch
mit B. Throe, den die Braubacher 1594 als Diaconus ablehnen?)
5. M. Johannes Borngreber von Eschwege wirkt 1620 — 1624 als
Schulmeister in N., wird im Januar 1624 Pfarrer in Kördorf, von wo
er 1626 als Pfarrer nach Niedertiefenbach übersiedelt. 1645 kommt
er nach Nastätten, das er schon jahrelang raitversehen, und stirbt
daselbst 1682 als 8S jähriger Greis.
6. Joh. Georg Sartorius aus Eschwege, zuerst Soldat, dann 1640 ff.
Pfarrer in Gronau und Laufenseiden, 1667 — 1697 Pfarrer in Nochern,
wo er 1697 stirbt.
7. Kernel.
Diese Pfarrei muss ebenfalls schon frühzeitig einen eigenen studierten
Schulmeister gehabt haben. Dies beweist ausser allem andern die Höhe des
Einkommens. Als Schulmeister begegnen in unseren Akten :
1. Samuel Werner wirkt hier bis 1592, in welchem Jahre er als Pfarrer
nach Dickschied kommt. Dort ist er 1597 gestorben.
2. M. Friedrich Dieffenbach bis 1595 Schulmeister in Kernel, 1595
bis 1600 Pfarrer in Holzhausen auf der Heide, 1600—1605 Pfarrer
in Kemel. Er gehört zu den in diesem Jahr wegen der Weigerung
der Annahme der Verbesserungspunkte removierten Pfarrern. Was
aus ihm geworden, weiss ich nicht. Ich teile ein Schreiben an den
L. Ludwig aus dem Jahre 1606 mit, in dem die fünf Supplikanten,
Nicolaus Freinsheimius zu Niedertiefenbach, Ilenricus Latomus zu
Laufenseiden, Fridericus Dieffenbach zu Kemel, Wilhclmus Colouiae
zu Holzhausen und Henricus Diezius zu Hemigau dem Landgrafen
ihr Leid in folgenden Worten klagen: „Sie sind 1605 wegen deren
damals proponierten undt inngeführten Verbesseruugspunkten ahn ihren
Pfarrdiensten durch des Landgrafen Moritz Geistliche undt weltliche
Käthe suspendiert, auch deroselben entlich gantz entsetzet undt erlassen
worden. Nachdem sie nunmehr fast anderthalb Jahr diesen Abgang
ihrer zuvor geringen Nahrung erduldett und sich mit Weib und Kind
kümmerlich auffenthalten, können sie jetzt im Blick auf die zuviell
gefährlichen neue inngeführetten Predicauten nicht länger mehr ihre
Dienste der Kirche Christi entziehen." Sie bieten deshalb dem Land-
9*
grafeu ilire Diouste ;ui uud bitten um Berücköiclitigung bei dvu uäclisten
Vacanzen.
3. Sylvester Marias wird 159S als Schulmeister von Kemcl removiert,
eine Tliatsachc, die man wohl mit den Massnahmen gegen seineu alten
Pfarrer, den Martin Dentatus (schon 1559 da, 1600 removiert), in
Zusammouhang bringeu darf. Er wurde vom Landgrafen Ludwig von
Hessen-Darmstadt aufgenommen uud nach Homburg v. d. H. als Schul-
meister gesetzt. Nach über 15 jährigem Schuldienst daselbst wird er
1613 Kaplan iu Laugen uud dann 1623 Pfarrer in Weiterstadt. 1635
ist er in Darmstadt auf der Flucht gestorben.
4. Johannes Ifoffmann kommt 1598 nach Kemel uud steht daselbst
noch 1603. Es wird bei der Visitation dieses Jahres über seine Strenge
geklagt.
Hiermit bricht unsere Schulmeisterliste ab, da die Visitationsakten nicht
mehr mit Zindelischer Genauigkeit geführt sind. Wir hören nur uoch allerlei
über das Ende des Kemeler Schulwesens. Zwei Nachrichten haben wir hierüber.
Die eine zeigt, wie man Pfarre uud Schule zusammenschlug, die andere aber
wie die Schule mit der Pfarrei für Jahre unterging.
1639 hören wir bei Gelegenheit der Abhöruug der Kastenrechnungcu
des Gotteskastens Kemel, Höllenstein undt Holzhausen uff der Ardte (13. 12.):
„Die Schol zu Kehmel hat järlicher gefell 90 fl. so meistentheils von
Gütern entrichtet werden und weil ietzund kein Scholdiener zu erhalten, ist
dem Pfarrer vergönnet dz das wenige so er noch auss den Scholgefällen haben
kanu zu ergetzung seiner müh wegen haltung des gesangs undt weil auch die
Pfarrgefell meisteustheils interimsweiss aussbleiben, er soll erheben und darbey
dann die Rechnungen über die Scholgefäll richtig und getrewlich führeu, dz
man von Jahreu zu Jahren wissen kann, was erhoben und noch hinderstellig
sey." 1642 aber wird berichtet: „In Kemel wohnt anitzo kein Mensch ausser-
halb die im Filial Spreugen und im Dorff Watzelhain, Pfarrhauss ist gantz
abgebrannt, Scholgefäll bezieht der Pfarrer von Hohenstein," Der 1639 noch
in dem Filial Sprengen wohnende Pfarrer ist nach Hohenstein versetzt und
verwaltet beide Pfarreien mit Dickschied zusammen.
8. Lang-enschwalbach.
Als Schulmeister dieser ebenfalls vor 159S entstandeneu Schule begegnen
in den Akten :
1. Jacob Krug bis 1599 vorkommend, daun 1599 ff. Pfarrer in Dick-
schied.
2. M. Georg Sc hie sing begegnet 1622 als Schulmeister in Langeu-
schwalbach. Er soll in diesem Jahre an Stelle des „zur Ergetzlichkeit
seines erlittenen Schadens nach Bärstadt zu versetzenden" Pfarrer
Wullenius nach dessen Pfarrei Bachheim kommen. Es wird hieraus
jedoch nichts; Wullenius bleibt in Bachheim uud Schlesing wird 1622
Pfarrer iu Bärstadt. Dort stirbt er jedoch schon 1624.
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JO
3. Adam Ileus snor, vor 1639 vorkommend.
4. Clos Schmaltz. 1630, ebeufalls wie der vorhergehende ein II-
literatus.
5. Laurentius Feudener, wieder ein studierter Schuhneister, 1G44
vorkommend, wird 1644 Pfarrer von Keniel, von wo er 1649 nach
Kördorf als Pfarrer kommt.
9. Bärstadt.
Im Jalire 1601 betrug das Einkommen des Schulmeisters:
„0 fl. aus dem Gotteskasten, 3 fl. Schreiberlohu, 8 H. Zins und ungefchr
3 oder 4 oder mehr Albus. Item der Zeliend, welcher ist unständig. Er hat
auch von jedem Knaben 6 Albus. Von Hausen sechsthalb Malter Korn,
Mainzer Mass, dargegen soll er daselbst wöchentlich zweimal die Kinderlehr
halten." 1638 wird der Schullohn folgendermassen beschrieben: „Scholdiener
hat ein stück Zehenden zu Rambstett, da ietzund uiemandts wohnet. Item zu
Hausen 572 Mtr. Korn, dessen muss er alle 14 tag die Capell zu Haussen,
mit der Kinderlehr versehen. Item 9 ti. auss den Castengefelle, 8 fl. hat auch
hiebevor der Pfarrer dem Scholdiener auss seinen Gefellen geben ; item noch
ettlicli wenig geld so er von den Nachbarn selbst niuss erheben," Diese
Gefälle waren freilich nicht alle zu bekommen, so dass sich ein Schulmeister
1638 nicht in Bärstadt erhalten konnte. Es wurde deshalb 1639 verfügt, dass
der Pfarrer die 9 fl. und „was er au Korn kann haben wegen der müh des
singens soll haben, darbei auch die noch übrigen wenigen Kinder fleisig im
Catechisrao lesen und schreiben instituiren." So steht es noch 1642.
Aus der Zeit, da Bärstadt noch einen eigenen Schulmeister hatte, begeg-
neten uns in dieser Stellung folgende Personen :
1. Antonius Wei'lnau von Klingelbach bis 1,'>8T „Diaconus" in Bär-
stadt, 1587—1597 Pfarrer daselbst. Er ist am 10. 5. 1597 an der Pest
gestorben.
2. Johannes Ahenarius, der 1599 in Bärstadt wirkt und bei dieser
Gelegenheit mit seinem Pfarrer M. Philipp Menius (1598 — 1G04 in
Bärstadt, dann abgesetzt wegen der Verbesserungspunkte, 1608 — 1626
Pfarrer in Dornholzhausen, wo er am 21, 5. stirbt) einen Streit hat.
Ahenarius wird beschuldigt, den Geistlichen wegen eines Ausdrucks in
dessen Predigt angegriften, unter der Commuuion und dem christlichen
Gesänge den Hut auf behalten und Zweifel hinsichtlich der Auffassung der
Taufe in Luthers Auslegung geäussert zu haben. Die Untersuchung
stellte die Richtigkeit der Aussagen des Pfarrers fest und endete mit
einem gehörigen Verweis des Schulmeisters,
3. Hermann Textor, ir>03 vorkommend, wirkt 1G21 als Pfarrer in
Wallau. 1603 wird er oi'wähnt, weil man vorhatte, ihn nach längerem
Dienste am Ort zu versetzen.
134
10. Laufenselden.
Es werden folgende Schulmeister von Laufenselden erwähnt:
1. Wendel Crusius wirkt hier als Schulmeister bis 1595, in welchem
Jahre er Pfarrer von Ackerbach wird.
2. Valentin Lindenborn begegnet 1599 als Schulmeister in Laufen-
selden. Bei Gelegenheit der Visitation von 1599 wird erwähnt, dass
er seinen Abschied genommen habe. Ueber die Gründe heisst's im
Protokoll: „Der Schulmeister Valentinus Lindenborn, so vor wenig
Wochen angeordnet und ad instituendos pueros tüchtig und pro ratione
huius loci gelert genug war, hat sein Weib ubell tractiret, den Pfar*
hern vorsetzlich offendirt, und entlich seinen abscheit selbst sich etwas
anders besorgende genommen. Bittet die gemein vor Ihres Nacht-
baurn Sohn Paulum Kreuterum das der mocht an den vacirenden
schueldienst angeordnet und mitt ihm ein Jahrlang zur Prob versucht
werden," welcher Bitte der Superintendent auch willfahrte. Linden-
born begegnet uns 1613 als Schulmeister in Holzhausen über der Ahr.
3. Paul K reute r US, 1599 angenommen.
4. Nico laus Stroh, 1603 vorkommend, ist vielleicht mit dem Mann
gleichen Namens identisch, der 1603—1618 als Schulmeister, 1636
und 1642 als Pfarrer in Burggemünden begegnet.
Im 30 jährigen Kriege ging die Laufenseidener Schule unter.
11. Meiling-en.
Für diese Pfarrei ist uns aus den Akten der Name nur zweier Schul-
meister bekannt, nämlich
1. des Jacob Heinrich Piscator, der hier bis 1600 stand und
1600—160« als Pfarrer in Dornholzhausen wirkte. Im Jahre 1608
wurde er von dem schon 1586 in Dornholzhausen vorkommenden
Pfarrer Salomo Diez im Streite erstochen. Ueber die Gründe dieses
Streites ist den Akten nichts zu entnehmen. Erwähnt sei, dass Diez
der Amtsvorgänger von Piscator in Dornholzhauseu war und 1608 in
Nieder -Bachheim, stand. Er gehört zu den drei räudigen Schafen
(Schifferstein, Diez und Justus Cöln), die 1579 wegen calvinistischer
Lehren von der Teilnahme an dem Synodus Nastattiensis ausgeschlossen
wurden und die deshalb den Kampf herbeiführten, den ich in meiner
oben zitierten Schrift über die Acta Synodi Comitatus Cattocubitensis
S. 121 f. geschildert habe. 1599 bekam Diez mit den beiden andern
deshalb vom Superintendenten Zindel den Ehrentitel: Orthodoxi!
2. Sultan US von Wetter wirkt hier als Schulmeister 1601. Er wird
bei der Visitation dieses Jahres verklagt, dass er die Kinder aus der
Schule weg schicke nach dem Sauerbronncii, Wasser zu holen.
[3Ö
12. Hohenstein.
Von lIohcDsteiii haben wir zwar nur für die Zeit direkt nucii KiUÜ Zeug-
nisse für das Vorhandensein einer Schule. Doch scheint sicher, dass schon vor
1598 eine Schule an dem Orte war. Schulmeister werden zwei genannt:
1. Georg Agricola 1602.
2. Joliannes Papa 1603, kommt in dieseni Jahre als Scliulmeister
nach Kettenbach.
13. Ruppertshofen.
Auch für diese Pfarrei sind uns die Namen zweier Schulmeister bekannt :
1, Johann Juncker von Schwalbach.
2. Johann Krüger von Marburg.
Beide starben 1597.
In 13 von den hier in Betracht konnneudon 27 Pfarreien ist mithin für
die Zeit vor 1598 das Vorhandensein einer geordneten Schule nachweisbar.
Zindel hatte darum recht, wenn er in seiner „Relation von deren in Annis 98
und 99 in der Nidder Graffschaft . . gehaltenen General-Visitation unserm . .
Laudgraff'en Moritzen gethan zu Cassell den 12ten Februarii im Jahr 1600" in
Abschnitt I (Expedita) schreibt: „Dieweil man an etzlichen Örttern, da zimliche
gemeine seindt, keine schüelen gefunden, seind die leute solche anzustellen ver-
mahnet worden, mit erinnerung deroselbcn nützens undt notwendigkeit, darzu
sich auch das volck willfärig erzeiget, und dz ihre darbey mit Unterhaltung
dero Schuelmeister zuthun sich erbotten. Die Glöcknereyen aber seindt
fast allenthalben zu solchen schneien verordnet." Als solche neu an-
geordnete Schulen sind zu nennen: Goarshausen, wo allerdings früher schon
einmal eine Schule war, weiter Ackerbach, Eieder-Tiefenbach, Holzhausen
über Aar. Später kam noch Diethardt hinzu. Wir gehen auch diesen Schulen
im Einzelnen nach,
14. Goarshausen.
Über die Gründung einer besonderen Schule in G. berichtet Zindels Visi-
tierbuch bei Gelegenheit der Kirchenvisitation am 13. 11. 151)8: „Ess hatt bishero
der Pfarrer mitt hinzu die schuel gehalten, weil aber dieses beits dem Pfarrer
und auch der gemeine beschwerlich, alss hatt die gemeine fieissig gepetten, das
sie möchten einen eignen schuelmeister haben, darauff ist der abscheitt gemacht,
das itziger Pfarrer Dn. Marcus will dem praoceptori folgen lassen 17 fl. an
gelde, 2 Mtr. Korn Popperter mass auss den gefeilen zue Bornich ; hirzu hab
ich Ihm ex officio Superintendentis auss dem Kasten zugeordnet 4 fl. 15 alb.,
so järlich vor Weck sind gegeben und den schüelern aussgeteilet ; item 1.) alb.
6 hlr. so im Backhausse aufgangen, item 1 fl. 7 alb., so dem Glückner gegeben,
item 1 H. so man den Chorsängern hat jährlich gegeben, thut benebcu den
17 fl., 23 fl. 22' 2 alb. 2 mltr. Korn Popperter mass; hirzu will die gemeine
von dem ihrigen zuschiessen ein ieder ein vierteil Wein, und der nicht hat
Weinwachs«, soUs mit gelde bezahleu, uud Ihm den besten Wein geben; soll
das Gloekenampt darzii haben, und daibey bleiben; und soll ein Erbar Ratt
Ihrem freiwilligen Erbietten nach dem schuelmeister zu einbringung des weins
iederzeitt die band bietten uud verordnen, das Ihm derselbe iedes ortts au guttcr
wurtz und ungefelscht gehandreichet, auch von deuienigen, so keinen weinwachs
haben, solchs mit bahrem geldt bezahlet werden".
Goarshausen bekam 1590 seinen Schulmeister, vorher hatte der Pfarrer
die Schule mit versehen. Freilich nicht immer. Es gab auch in der verHosscuen
Zeit einmal Jahre, in denen dem Pfarrer ein besonderer Schulmeister zur Seite
stand. Wir erfahren das bei Gelegenheit eines bei der Visitation an Ptingsten
IGPJ zum Austrage gekommenen Streites wegeu 4 Malter Korn und einem
Weingarten. Diese hatte zur Zeit der Pfarrer inne, obwohl sie in der Zeit, da
noch ein besonderer Schulmeister da war, dem letzteren zugestanden hatten.
Es stellte sich heraus, dass bei der Wiedererrichtung der Schule der Schul-
meister anderweitig entschädigt worden war. Immerhin ist die Sache interessant:
sie bezeugt, dass Goarshausen nicht erst 1598 seine erste Schule bekam.
Über die Namen der Schulmeister, die in der Folgezeit in Goarshausen wirkten,
künden die Akten nichts. Doch wissen wir bestimmt, dass der Pfarrer Ger-
hardi von Goarshausen 1623 berichten kann, er halte wieder die Schule, d. h.
also die Schulhalterei sei wieder mit dem Pfarramt verbunden.
15. Ackerbach.
Diese Pfarrei hatte bei der am 12. 8. 1599 abgchaltcuen Visitation keine
besondere Schule. Es wurde nach Ausweis des Visitierbuchs damals „verab-
.scueidet, das zwischen dato und Michaelis Anni huius ein Schuelmeister solle
angeordnet undt ihm die besoldung gemacht werden, da es hochvonnöten und
die Gemein auch zuvor einen gehabt, dem die Nachbarn die Kost geben haben."
Ackerbach bekam auch 1599 seine Schule und behielt sie bis in den 'lOjährigcn
Krieg, in dem Schule und Pfarrei auf Jahre untergingen. KKW heisst es von
dem Ort, „dass niemand dort wohne uud dass er nun iu die '.\ Jahre ödt
uud wüst gelegen." 1642 hat sich dies noch nicht geändert.
16. Nieder-Tiefenbach.
Die Errichtung einer besonderen Schule an diesem Orte wird im Jahre
1600 ins Auge gefasstund vollzogen. Der erste Schulmeister scheint Chelius
gcheissen zu haben.
17. Holzhausen über Aar.
Im Visitierbuch von 1599 lesen wir: „Es ist zu ilolzhauseu über der Ahr
eine feine ansehidiche gemeine von jungem volck nicht wenig, und derhalben
seind sie eines Schuclmeisters lioch nötig, bevorab weil der Pfarrer numchr
alt undt ihm die Last allein zu schweer feit, habe derwegen, weil sie hiebevur
iiuch einen Praeceptorem beneben dem rilncknor gchapt, mit der gemein der
137
Besoldung halben gehandelt, daruff sie sich zwischen dato und Michaelis entlich
zuercleren beratschlaget und mir es durch ihren ausschuss propunirct." lieber
den Fortgang des Werkes orientiert uns das Visitierbuch bei 'Gelegenheit der
Visitation vom 14. Januar lOO;), wo es heisst: „habe eine schnei angeordnet
und dem schuelmeister seine besoldung gcniacht, leufft ungcfehr in die dreissig
vier fl., 10 fl. aussm Gasten, ;> Mtr. Korn ?> Vierthel (?) und 2 Kompff Meut/cr
mass, thut ungefehr 7 H, 21 all). Ilirzu vom Glockendienst 4 Mtr. Mentzer
raass, thut 8 fl., dessen soll er das leuten auch verrichten, und die Uhr stellen.
Ueber das soll und will ein ieder von seinem Kinde järlich dem Schuelmeister
pro didactro geben 12 alb., und soll ihm alle V-i Jahr sein Lohn werden, wann
gleich ein Kind nur zween Tage in die schnei gienge. Ess hat auch die gemein
gewilligct ihm in die Mast zwey schweine frey gehen zu lassen."
Die Schule war damit angerichtet und hat sich, freilich als Schule mit
elender Besoldung, bis in den dreissigjährigen Krieg hinein erhalten. Ueber
ihr Ende erfahren wir etwas in dem Protokoll der Kirchenvisitation von 1 (>:>'.».
Es heisst da bei Besprechung der damals von Uohenstein mitverwalteten Pfarre
Ilolzhausen ganz kurz: „ist dem Pfarrer (von Uohenstein) gegint, dz er die
IG fl. und ettwas von Korn so in die Schol gefeilt, weil ietzund kein Schol-
diener kann alda gehalten werden wegen seiner müh soll interimsweis erhalten,
doch dz er die daselbst noch wenige Jugend fleisig zum Catechismo und lesen
und schreiben anhalte." Er bezieht sie noch 1642.
18. Diethardt.
Im Visitierbuch Zindels lesen wir, dass bei Gelegenheit der Visitation
vom 1. 12. 1602 der Pfarrer zu Diethardt einen Schulmeister „begeret habe,
zu welchem ende er sich erbotten zwey malter Popparter mass Korn von dem
seinen järhch zur Unterhaltung des Schuelmeisters zugeben: hirzu gethan das
Glockenkorn thut ungefehrlich 7 Mentzer Malter, item die wiesen, so die nacli-
bar haben und der Kirch ist, kan ein Wagen heu oder drey tragen, thut 5 fl.
Item zu Münchert den Zehenden thut 2 fl., Item Almosengeldt 2^/2 fl. Item
von einem jeden Knaben järlich '/-' A-"
Diethardt wurde im 30 jährigen Krieg derart verwüstet, dass die dortige
Schule selbstverständlich unterging. 1642 heisst es von dem Ort: „wohnet
jetzund kein Mensch da, ohn dass .'» Männer wohnen zu Weidenbach ins Kircii-
spiel Diethardt gehörig."
Mit der Errichtung der Schule in Diethardt war eine Zeitlang Ruhe im
Schulgrüudungsbetricb. Erst 161.') wird, wie es scheint, die Gründung einer
weitereu Schule angeregt und ihr folgt erst 162S der Wunsch nach einer Schule
noch an einem weiteren Orte. Die (Jemeinden, um die es sich da handelt,
sind No ehern, das eine Schule bekam, und Pfalzfeld, dessen Bitte nicht
erhört wurde.
138
19. Nochern.
In dem YisitatioDsprotokoll der Visitation vom '.•. 7. 1(U5 lesen wir:
„Der Naelibahrn etliche begehren vom Pfarherrn, dz er umb der almgehendeu
Jugend willen eine Sehuel hielte, weyl aber solches dem Pfarherr seiner
Gelegenheit und anderer Mühe halben nicht zu thun, so mochten die Nach-
bahrn wol selber zusanienthuu und sich umb Erhaltunge eines guten Gesellens
und teutschen Schulmeisters vergleichen oder müsten ihre Kinder in die benach-
barte Schneien verschicken." Ferner steht in den Gravamina der Visitation
von 1022 (5. p. Trin.) : „Schuelanordenung und anstellung welchs bey der
itzigen herzuwachsenden Jugend hoch von nöten, sonderlich ppter exercitium
catecheticura."
20. Pfalzfeld.
Im Jahre 1H28 reichten bei Gelegenheit der Generalkirchenvisitation die
Gemeindeglieder von Pfalzfeld einen Bericht ein, in dem folgendes zu lesen
ist: „Nicht ein geringer Kirchengebrech und beschwernus ists, dass in der
hlial Kirch nit einer ist, der perfect lesen, und also ein gemeinen Kirchengesang
hellfen könt führen, mus also entweder allein singen oder ohn gesäng predigen
und das Volckh dimittirou. Ebenmessig ist es auch beschaffen in der Mutter-
kirch, wan Schultheis und Vogt zu Norrod nit beyhauden sind, inus ein Pfarrer
aus dem weit entlegenen Pilial, niüd von gehen, singen und reden gleich wieder
zur Kirch, den gesang entweder allein oder mit schlechter HülflF führen oder
ohn gesang uftretten und predigen weil ess also bewandt unudt jedoch
noch gute leutlein sich finden, welche lust haben, ihre Kinder etwas lernen
zu lassen mit lessen und betten, weil aber sie wegen grossem Verderben ohn
Hülff kein Schuhlmeister halten können, bitten sie (nachdem sie U. G. F. u. H.
leib eigne leut. mit gut und bluth zugethan, auch die nechste dem Haus Rein-
fels gelegen, uf welches sie täglich mit fuhr und handfrönen erscheinen müssen)
... es wollen I. F. G. einen jährlichen Zuschuss zu Unterhaltung einer Schul
diser beyder Kirchspiel thun, dazu weiten auch die Unterthanen nichts erwinden
lassen, damit sich ein Schulmeister neben dem Glockhampt leidenlich hinaus-
bringeu und die Kinder in Gottesforcht erzogen und ihren Cathechismum lernen
möchten."
Zu den im bisherigen besprochenen Orten kommt nun noch
21. Patersberg,
wo 1619 ein Schulmeister, Dionysius H offmann, genannt wird, und
22. Schönborn-Gemmerich,
wo vor 1615 Georg Paul Artopoeus (1615 — 1627 Pfarrer in Ober-
walmenach, 1627 — 32 in Kördorf) als Schulmeister stand. Beide Orte hatten
mithin auch eine Schule.
139
Von den 27 bei Hei d mann als zur Diözese St. Goar geiiürig bezciclmeteu
hessischen Pfarreien haben wir im bisherigen auf 21 (und llolzhausen über Aar)
unser Interesse gelenkt. Wie steht es mit dem Schulwesen in den (1 anderen
Pfarrorten, nämlich Dachsenhausen, Holzhausen a. d. Heide, Werlau, Himmig-
hofen, Dickschied und Gronau (rcsp. Egenroth) ? Darüber geben uns die Akten
keine befriedigende Auskunft. Bei den 5 ersten Orten deshalb, weil an ihnen
wohl keine eigene Schule war. Bei Gronau (Egenroth) aber deshalb, weil die
Schule mit dem vierherrischen Ort Altenberg gemeinsam war. Darüber vgl.
unten.
IT. Die Gemeinschaftspfarreien Ems und Kettenbach.
Beide Orte haben vor dem Jahre 1598 noch keine Schule besessen, doch
wird bei Gelegenheit der Yisitation dieses und des folgenden Jahres die Au-
richtung einer Schule an beiden Orten in Angriff genommen und auch durch-
geführt. Dabei kommt bei Kettenbach es zu langwierigen Streitigkeiten
zwischen den beiden Gemeinschaftsherrn Hessen und Nassau-Katzenclnbogen,
die einem gedeihlichen Fortgang des Schulwesens äusserst hemmend im Wege
standen. Den Streitakten verdanken wir die Namen folgender Schulmeister
von
1. Kettenbach.
1. Eoban Saffron.
2, Jacob Sartor ius, 1601 von Hessen angenommen, 1602 am 11. »i.
deshalb von Nassau abgesetzt.
?). Johannes Papa 1603 ff.
4. Conrad Gerber, 1617 als Schulmeister und Glöckner iutroduciert,
1618 am 26. 1. deshalb von Nassau degradiert.
5. Theodor Baussmann, gewesener Vicarius in Mainz, wird 1618
angenommen.
6. Melchior Loer (Lohr) wird am 31. 7. 1622 angenommen.
7. Andreas Bimmel am 23. 7. 1628 angenommen, unter der Bedingung,
dass er sein Weib wieder zu sich nehme. Da dies nicht geschieht,
wird er bald nachher kassiert.
8. Johann Tobias Rossbach, 1631 angenommen.
2. Ems.
Ueber die Anrichtung der Schule an diesem Ort lesen wir in dem
„Abschiedt der hessischen und Nassau-Catzenelnbogen'schen Visitation vom 24tcn
Juni 1099" folgendes:
„Dieweill auch die Gemeinde zu Ems zimlich starck, derowegen das Volck
öffentlich in der Kirchen zu anrichtung eyner schulen ermhanet und für-
geschlagcn worden, das S. Catharincualtar undt die Glocknerey zu eynes
Schulmeisters Besoldung hinfuro gebraucht werden, undt da solches zu cynes
Schulmeysters Uuterhaldt nicht gnugsam, das Volck von dem Iren zuschiessen
140
solle, uudt dan die sämptliche gemein uf besehenen Bericht undt criuneruug
sich zu diesem allem verpuitig uudt wilferig ercleret. Als ist nicht allein dem
Pastor hiebey uferlegt, sondern haben sich mit uudt neben ime beyde Vögte
dahin ercleret das sie diess Christlich schulhverck mit allem fleis befordern,
erhalten undt handthabeu helffen wollen."
Thatsächlich nahm man das Werk der Aufrichtung einer Schule sofort in
Augriff. Noch bei der Visitation wird bestimmt, von den vier in Ems vor-
handenen Kelchen zwei zu verkaufen und das Geld zu „der newen schneien mit
rat und vorwissen des pastoris und beider vögtte anzuwenden." Dazu gibt der
Landgraf in der Declaratio seine Genehmigung.
Freilich wird noch 20 Jahre später berichtet, dass es mit dem Schulwesen
nicht recht vorwärts gehe, dass der Schulmeister einen harten Stand mit der
Bevölkerung habe und dass die Schuld hierbei lediglich in der Abneigung der
Bevölkerung gegen den Schulbesuch ihrer Kinder zu suchen sei. Wir lesen
nämlich iu dem Protokoll der Visitation vom 1. Sonntag nach Trinitatis 1621
folgende bezeichnende Nachricht über die Schule: ..Die Leute macheus dem
Schulmeister schwer. Da das Korn nicht geriet, versuchten etliche, ihn mit
llaidekorn (statt Korn) abzuspeisen. Andere schickten ihre Kinder nicht, weil
ihnen (i Albus Schulgeld zu viel war, andere enthalten ihm das Glockenbrot
vor, die Niederlahnstciner endlich haben mit höuischen Worten des Weins so
sie zur schul schuldig sich gleichsam gewegert, weil Er Schulmeister keine
mess lese."
Namen von Schulmeistern werden in den Akten nicht erwähnt.
IIL Die Vierherrschaft.
In dem Abschied der vierherrischeu Visitation von 1586 lesen wir: „Nach-
dem auch ettliche der Underthanen gepeten, das man bey den Pfarkirchen
schulen anordnen möge, damitt die Jugendt zum Cathechismo auch schreiben
und lesen an gefürt und underwiessen werde, ist den Hern Visitatoribus
bevolen das sie zu beforderunge disses christlichen wergks mitt Zuthuunge
jdes Orts pastoribus uf mittel und wege dencken wollen woher man Underhalt
und besoldunge vor die Schulmeister haben könne, damitt zur negsten Zusam-
menkunfft uf iren bericht man sich ferner deswegen uuderrede, und nach
befindunge hierin die notturfft verordnen möge."
Aus den ebenfalls erhaltenen Protokollaufzcichnuugcu d. J. ersehen wir,
dass es sich hierbei um die beiden Orte Altenberg und Ober-Walmenach
handelte. Freilich erreiciiten beide Gemeinden nicht, was sie haben wollten.
Altenberg bekommt erst 1504 seine Schule und Oberwalmenach ist noch im
Jahre 1500 nicht in der glücklichen Lage, eine Schule ihr eigen zu nennen.
Die Anregungen von 1580 kamen ausser Altenberg nur noch Marienfels
zu gut. Wir folgern das aus folgendem Umstände: Nach der Relation der im
Juni 1500 abgehaltenen Visitation des vierherrischeu Gebiets gabs in diesem
Jahre in diesem ganzen Bezirk keine Schulen „ohne zu Mebrufels und
141
Alteuborg". „Es wurden desluill) die Leut sülclie auzustellen vermahuet
mitt eriunerimg derselben nutzcns undt uotvvendigkeit, darzu sicli auch das
volck willfärig cv/eiget, undt das ihre darbei mitt Unterhaltung der schuhl-
meyster zu thun sich erbotteu ; die Glöcknereien aber sint zu solchen schulen
durchaus verordnet/"' Die Pfarrer aber wurden vermahnt, „das sie ein jeder an
seinem orth die anstellung der Schulen als ohne welcher subsidium sie auch
ihr Ampt der gebur nicht impliren könnten, sich mitt vleis angelegen undt
bevohlen sein lassen sollen." Auch diese Anregungen hatten keinen grossen
Erfolg. Immerhin ist erwähnenswert, dass 1601) eine Schule in Bachheim ge-
gründet wird und dass uns bald nach 15*.I9 eine besondere Schule in Kördorf und
Walmenach begegnet. 1620 wird die Gründung einer Schule in Singhofeii
angeregt.
Wir gehen den einzelnen Schulen nach und beginnen dabei mit
1. Altenberg-.
Im Protokoll der Kirchenvisitation vom 27. .S, ir)8(*> lesen wir: „Petcn
auch seer man wolle Ihnen erforderlich wo möglich dass sie eine schnei können
uffrichten. Dan im solchen volckreichen Kirspiel nit wol ein einiger zu gefinden
der lesen könne. Es diene auch zu besserer Unterricht des Catechismi." Die
Erfüllung dieses Wunsches kam, wie erwähnt, 1594. Die Urkunde der Schul-
stiftung lautet :
„Wir die Schultheisseu, Schöffen unnd gantzes Kirspcl dess Alttenbergs
bey Gruna, Thun hiermitt kunth vor unns unsere Erben, und nachkommen,
öffentlich bekennende, alss der edel und ehrvest Johann Klaur zu Wahra Ober-
vorsteher der hohen Ilospitalien inn Hessen, dabevor wolmeinent vor gut an-
gesehen, damitt unsere unnd anderer genachparter Kinder desto besser zur
furcht Gottes unnterwiesen unnd erzogen würden, das eine Schul bey der
Kirchen dess Alttenbergs angestellet werden möchte, darzu S. E. dem Schul-
meister im Hospital Gruna die Kost zu geben unnd die Wohnung vergönnen
woltte, wir aber demselbigen, wofernn die Schule mit einem düchtigen Schul-
meister bestellet wird, zu seiner Unnderhaltung die vorige Glöckners Besoldung
alss nemlich, von jederm Ilaussgesessenen dess Kirspelss zw'en gehaufft korapff
Kornn, unnd dann über diesses fünff gülden an geldte jedess Jahrs aus unserm
Allmussen Gasten lieffern unnd geben selten, wie wir unns dessen also mit
einander verglichen haben, unnd aber obgedachter Obervorstehere die Vorsorge
getragen, do solche bestelluuge der Schulen (wie zuverhoffen) eine Zeitlang
bestehen solte, das es bey unsseru nachkomuien davor möchte gehalten werden
wollen, alls ob der Hospital Gruna schuldig und pHichtig mehre, solche Unnder-
haltung dem Schulmeister im Hospital zuverschaffen, damit dann der Hospital
Gruna hinnkünfftig desswegen uunbeschwerdt bleiben möchte, haben S. E. an
unns gesuunen hiergegen den Hospital schrifftlich zuversichern, das wir oder
unnsere nachkommen diesse gutwillige Underhaltung dess Schulmeisters uff dem
Alttenberg vor keine schuldige pflicht achten oder halten woltten, sondern,
dass es jedess Jahrs dem Hospital frey stehen solte, dem Schulmeister solche
seine Unnderhaltung im Hospital abzuschneiden.
142
Dieweil daun Nvir obgedacbte Scliultheiss, Scheffen, und gemeldes Kirspel
dess Alttenbergs iinus vielmehr gegen dem Hospital Gruna deren biss anbero
unns hierinn erzeigten Wolthat zubedancken, als diesclbige dem Hospital zu
bescbwerung, unns zu einer Gerechtigkeit anzuzihen, so haben wir denn
begerten schrifftlichen sehein dem Hospital desswegen zurück zugeben, nit
können ver wegern.
Gereden demnach hiermit vor unns und unssere Nachkommen, da sich
hinkünff'tig zutragen wurde, das dess Hospitals Gruna Obervorsteher und Be-
velchhaber unns der Gemeinde zu gutem denn Schulmeister im Hospital Gruna
nit länger zu underhalten bedacht wehrn (darzu wir doch ungern Ursach geben
wolten) das ihnen solches jederzeit frey stehen, unnd wir unns hiergegen uff'
dem Hospital keiner herprachten gerechtigkeit desswegen zu rühmen, oder
anzumassen haben sollen, inmassen wir unns dann gleichfalls vorbehalten, da
wir aus erheblichen Ursachen dem Schulmeister die Glückners Besolldung nit
länger reichen, sondern inn andere w-ege wenden woltten, das unns solch ohne
Verhinderung dess Hospitals frey stehen soltte, ohnn gevclu-de.
In Urkunth haben wir diessen brieff mitt Unserm Gerichts Insigeli
becreff"tiget, der geben ist den 2?)ten Novembris Anno ir)<)4."
Wie diese in einer Kopie vorliegende Schulbestallungsurkunde beweist,
sollte Altenberg 1594 einen Schulmeister bekommen, der auch im Kloster
Gronau anscheinend allerlei Dienste verrichten sollte. Letztere Vermutung
drängt sich um so eher auf, als das Kloster sicher für die Kost, die es dem
Schulmeister zu stellen versprach, auch eine Gegenleistung verlangt haben wird.
Welches diese Gegenleistung war, das ersehen \vir aus den Visitationsakten
von 1598/99. In ihnen lesen wir nämlich folgende Stelle aus einem Bericht
Zindels an seinen Landgrafen: „Im Hospital Gruna w werden ohn vorwissen
des ordinarii Superintendentis schuelmeister vor die Knaben im Kirchspiel
Altenberg und den Armen im Hospital morgens und abendts vorzulesen uudt
das gebett zu thuu, angenommen, wie dan auch der Superintendeus begeret
berichtet zu w'erden, ob er so wol alss hiebevor bey Lebzeitten L. Philipsen
Junioris p. m. sein Antecessor Ehr Melchior seliger gethan, im Hospital visi-
tiren solle, und vernehmen, wiebeits Pfarherr und schuelmeister daselbst bey
den Armen Ihr Ampt verrichten, und ob auch sie die Armen Leute können
beten."
Der Landgraf verfügte, dass man es halten solle wie früher. Als Schul-
meister von Altenberg, die in Gronau zugleich die Betstunden halten halfen,
begegneten uns:
1. M. Johannes Kurtzrock (vgl. St. Goar) bis 161P).
2. Hector Asclepius, 1010 und noch 1()21 vorkommend.
.'5. Peter Nigidius 1027 angenommen.
1640 ist nach dem Protokoll des Superintendenten Forst „im Altemberge
niemand mehr übrig gewesen als Caspar Zorn gewesener Scliultheiss zu Alten-
berg, itzund in Meilingen wohnend". Wir können uns denken, dass die dortige
Schule in diesen Schreckenszeiten ebenfalls unterging.
143
2. Marienfels
hat bereits 1596 eiu Sclmlluius. Doch wissen wir von diesei Schule nur noch,
flass der 10 18 angeüommenc Schulmeister Matthaeus Glaclius von Goars-
hausen noch 1G20 dort stand und dass zu Zeiten des Pfarrer Mcn^osius (seit
1595 da und bis 1()16) ein Schulmeister Alexander am Ort gewirkt haben soll.
Zu diesen beiden Schulen kommt infolge der Visitation von 15!)!i noch
Kördorf und Obcrwalmeuach.
3. Kördorf.
Es begegnen uns als Schulmeister:
1. Johann Streck 1G02.
2. August in Hillemann Hessus wird am 19. 5. 1619 angenommen
und wirkt noch 1620 da.
?). Johannes Bier bäum bis 1626 Schulmeister in Kördorf, 1626 bis
1638 Pfarrer in Weyer.
4. Daniel Albinus aus Giessen soll 1627 Schulmeister in Kördurf
gewiesen sein. Er begegnet dann als Pfarrer in Kochern.
1640 ist die Schule bereits dem Krieg zum Opfer gefallen. Die Pfarrei
ist ebenfalls ledig und wird von Klingelbach aus versehen, was auch um dessent-
willen gut ging, weil nur noch IS Hausgesäss ohn die Wittweiber in diesem
stärksten aller Kirchspiele im Vierherrischen vorhanden waren.
4. Oberwalmenach
erhielt ebenfalls 1600 seine Schule und Schulmeister, um die es schon 15.S(')
gebeten hatte. Doch wird 1621 berichtet, dass der Pfarrer, damals Georg
Paul Artopoeus (bis 1627 da, dann bis 1632 in Kördorf) „die schul halte,
wan die nachbaren ihme kinder senden", d. h. dass von geordnetem Schul-
unterricht nicht die Rede sein kann.
Die nächste im Vierherrischen gegründete Schule ist die zu
5. Nieder-Bachheim.
lieber die Schulverhältnisse an diesem Orte belehrt uns eine Notiz im
Protokoll der am 19. 4. 1621 abgehaltenen Visitation. Sie lautet: „In Ao 1609
haben llassiaci bei einfhurung WuUenii verthan 21 fl. dabei kein Naasawischer
gewesen, ist Widersprüchen und in codem Ao haben sie zu einer newen schuU
5 fl. wie auch in Ao 1614 12 fl. verordnet, ob man dann w^oll dass schull-
halten vor ein nutzlich und notwendig Werck helt, jedoch solte solches mitt
der Nassawischen Zuthun gescheen sein . . . Dissmhall ist kein Schulmeister
allhie allein eines burgers shon, so eiu Schneider, liieret die Kinder lesen und
schreiben, geneust dargegen der 5 fl. so in Ao 1609 p. Ilassiacos zur schul
auss dem Gasten verwiesen worden."
Stand es mithin schon mit dem Schulwesen der beiden letztgenannten
Pfarreien recht bedenklich, so darf es uns nicht wundern, zur selben Zeit von
"Weyer und Dornholzhausen zu hören: „hat kein Schul", von Ober-
144
tiefen ba c li : „es wird alhic kein schuU gelialteu ausserhalb wass pfarrer
etwa AVinterszeit thut". Diese üemeiudeu verlangen auch gar keinen besseren
Unterricht. Eine Ausuahnie macht Singhofen, in deren Visitationsprotokoll
wir lesen : „Ess mangelt alhier ein Schulmeister, doch haben die Nachtbarn
bericht gethan etlicher Kirchenwieseu halber, welche im Ambt Nassaw liegen,
zum theil auch ohne Vorwissen der (Jemeinde doch iu ihrem Nahmen vor der
Vierherren Gericht zu Mehrenfels verkaufft seiudt worden. Wann ihnen dess-
wegen Obrigkeitliche handt solte geboten werden, hette man einen anfang zur
Schulen sonderlich wann das Glockambt darzu gethan würde."
Damit beschliesse ich diese Ausführungen. Mögen sie auch noch so
lückenhaft an einzelnen Stellen sein, so geben sie doch wertvolle Beiträge zur
Schulgeschichte, die der besonders schätzen wird, der die Schwierigkeiten kennt,
die bei der Geschichtsschreibung der Volksschulen iu diesen Zeiten vorliegen.
Schlüsse aus diesen Materialien zu ziehen, wird erst dann möglich sein, wenn
die Serien der Pfarrer genau festgestellt sind. Man wird dann erst sehen,
wie gross der Prozentsatz der studierten Schulmeister auf diesem Gebiet ist.
Immerhin gestatten auch die vorgelegten Materialien iu dieser Beziehung
manchen interessanten Schluss.
Niederlassung aus der Hallstattzelt bei Neuhäusel
Im Westerwald,
\'nn
W. Soldan.
Mit 4 Tfitelii (III l)is VI) niid fl Textligurcn.
1. Entdeckung d o r N i e d c r 1 a s s u n i^'. im Herbste 1899 iialiin ich
iiiif der Liiiiesstrecke Iföhr-Sclnveigliausen, die; bei Ems von der Lahn ge-
schnitten wird, eine Nachuntersucliung vor, deren Zweck war, khu' zu h'gcn.
ob hier, wo seit 1894 die Arbeiten geruht hatten, die seitdem anderwärts ge-
fundenen älteren Limes-Anlagen vorhanden seien oder nicht, liei dieser Gelegen-
lieit stiess ich Iiei Neuhäusel, 9 km nordöstlich von Ehrenbreitstein, auf ciiic
jener in den letzton Jahren mehrfach aufgefundenen Stellen, wd Wall uml
Graben aussetzen und nur das Palissadengräbchen vorhanden ist. wo man alsn
auch in dov spätesten Zeit der römischen Okkuj)ation den Palissadenzaun als
(Grenzsperre noch für ausreichend erachtet hatte. Der Grund der Abnorjnität
liegt an dieser Stelle auf flacher Hand. Der Berg fällt hier — Uebersichts-
karte Hl A C — so steil ab, dass dadurcii das Ueberschreiten einer jeden Grenz-
sperre sehr erschwert, die Anlegung von Wall und Graben abei- unmöglich
gemacht wird. Aber trotzdem schien mir ein noch genaueres Absuchen der
betreffenden 480 m langen Strecke sehr angezeigt, weil solche Limesstellen
gerade damals ein besonderes Interesse gewonnen hatten. Bei iliesem Absuchen
fand icli in der Richtung des bis hierher noch vorhandenen grossen Linies-
grabens, 10 m von seinem Abschlüsse nach Süden entfernt, einen kleinen, flachen,
nach der Bergseite hin von einem seichten Graben umgebenen Hügel. Da ich
unter seiner Decke (lic Iveste eines der Ilolztürme oder der Jiaracken /.ii
linden ]u)ff'te, wie sie den älteren Limesanlagen eigeutündich sind, machte ich
einige Einschnitt(\ Dieselben förderten eine kleine, vierseitige Plattforju mir
aus Thon und kleinen Steinchen hergerichtetem Estrichboden zu Tage. Am
Westrande derselben zeigten sich drei, am Südrande zwei senkreciit iji den
gewachsenen Boden vertiefte Löcher. .Modererde und Kohlen Hessen vermuten.
dass in ihnen einst Holzpfosten ges(>ssen hatten. Der Ostrand der Plattform
war durch AbHöissen zerstört, der Nordrand koimte wegen eines darüber sitzenden
Ibuimes nicht untersucht werden. Die späilirlien Kleinfunde bestanden in Kohlen
lu
140
und Tlionscherlx'U. Dir Aiilii,i;-L' zeigte eine entfernte Aebuliclikeit mit den
JJarackenrosten. wie sie in den letzten Jahren bei den liiniesuntersucliungen viel-
fach aiisffejrrahen wurden. Aber es waren doch auch recht wesentliche Unterschiede
vorhanden: Die Pfostenlücher waren nicht, wie hei den erwähnten römischen
Bauten, in die Plattform seihst eingeschnitten, sondern sassen am Piande dei-
selhen. Auch der (ii-ahen Hess römische l[(!i'kunft sein- zweifelhaft erscheinen.
Er war kein Spitzgrahen. wie bei den römischen Jlolztürmen und Baracken,
er umzog auch nicht dii» ganze Plattform, sondt-rn nur knapp ein Viertel der-
selben. Die deutlichste Sprache redc^ten jedoch die Scherben. Unter ihnen
fand sich kein Splittei- römischer Herkunft. Sie gehörten sämtlich der ])räbistii-
rischen Zeit an und /war wiesen einige nach Perm. Massiv und Ornameiu
charakteristische Stücke auf die llallstattzeit hin. Der Befund sj)rach also
dafür, dass auf der in dfiii kleinen Hügel aufgediudvten Plattform eine einer
vorgeschichtliclien Kulturperiede. wahrscheinlich dei- Hallstattzeit, angehörige
Hütte o-estandeu harti'. Die Auffindung dieser llüttenreste fand dadurch be-
sonderes Interesse, dass für Kenntnis der Wohnstätten aus d(.'r Hallstattzeit
diesseits der Alpen zur Zeit nur unvollständiges Mat(!rial vorlag.
Eine nun vorgenommene Absuchung des Waldes in der nächsten Um-
gelumg liess sofort, auf (duer Fläche von etwa 4 lia. zerstreut, nündestens
100 Ilügid derselben Art erkennen, sodass das Y<ii)iaii(lonseiu einer grösseren
Niederlassung vermutet werden durfte. Es wurden nun vier derselben, die mög-
lichst weit voneinander entfernt waren, aufgedeckt. J)as Ergebnis der Ausgrab-
ung war im wesentlichen immer dasselbe. Stets fand sich eine künstlich hei-
gerichtete, trocken gelegte; horiztmtali; Plattform mit einer aus l'hon und Saud
bestehenden gestampften Tenne, iu die eine Feuersteile eingeschnitten war. Sie
war von acht ein Viereck bildenden Pfostenlöchern umstellt. — Die Hügel fand
ich vorzugsweise am oberen Rande und an den Hängen eines vom Platzer Bach
umflossenen kleinen Plateaus, w'elches von einem im ^^'alddistrikt Eitelborner
Steinrausch aufsteigenden, ziemlich steilen, oben mit Fichten bewachsenen Kegel
nach jS^orden vorspringt. Auffallend musste es erscheinen, dass die Mitte dieses
Plateaus, gerade die schönste Stelle, von diesen Hügeln fast ganz frei war.
Einige Yersuchsgräben brachten rasch die nötige Aufklärung. OI)glei(h Bäume
mit starken Wurzelstöckcn mehrfach hindernd im \Yege stauden. gelang es
doch, schon im Herbste 1^99 hier — Uebersichtskaite IH. //. — ein Vicu'eck von
11 Pfostenlrudiern aufzudecken, das eincMii Bau von grössert'ii Dimensionen, als
die seither ausgegrabenen Wohnstätten sie besassen, anzugehören sidiien. Die
Scherbenfundc sprachen auch bei diesen weiteren (irabungen dafür, dass die
Nicnlerlassung der Jlallstattzeit angehört. Durch dii' l'"'ürs(n'g(; des Kaiserlichen
Archäologischen Instituts in Berlin mit Mitteln ausgestattet uiul im Eiiivei-ständnis
und Benehmen mit, dem Vorstände des Vereins für Altertuinskundi; und (re-
schichtsforschung in Wiesbaden, nahm idi nunniehi' während der Ixnden Jahre
1900 und 1901 weitere Untersuchungen in vergrössertem Umfange vor. die
«M'gaben. dass (!s sich niijit etwa um eine kleinere (M'U|»|ie von Wohnstätten, son-
deiii um eine der llallstattzeit angehörende geschlossene Niederlassung xon sehr be-
trächtliidieiii liiifange jnit vorgelagerten kleineren Einzelniederlassungen handelte.
1-17
l\ J) (' s (• h r (■ i I» II 11 1;- (lci- Laue S[im-cii rincv urultcu Ijrsicdcliing' siii(]
auf jfiici' i^'c.ii'cii den Ivliciii Yurr^'csclKilH'iicn 'rerrasso dos Wcstcrwaldcs. auf dci-
Nouhäiiscl lici;i. scIkjii friilicc lickaiiiit n'cwdrdcii. |!ci Siinnicrn. /u dein Vdii
Vallondar am Ivliciii walii'sclu'iidicli licrcirs in inäliistoriHcJici- Zoir, eine Strasse
liiiiaiiH'üliiTr, fand iiiaii licim Hau dci' Sakristei («ofässrosto au« drr llallsiali-
Hiid dcf l;a Triic/cil. Im l'\dd(^ ("isllicli diijscs Dorfes wurden srlidii rrielir-
lacli I lallsfatfresre ausi>'e^i'alirii und iin liaufe dieses Sdiuiners kiim iinrli ein
seJiruici' (Iral)fund aus drr friilicn liU 'IV'iic/.i'il liinzu. Im A\'aldc niirdli.li und
nord("isrlieli mmi Sinuuern lie^-en zahlrciidie. iiodi unla-rülirre I liigoigräber. ven
denen zwei an der Strasse nacJi NeuJiäusel sich durch nicht f^ewüjinlichc
Dimensionen auszeichnen. Kh wird aucli ani^'enoninien. (hiss die Strasse Kehjenz-
Montahaur. die ül)er jene Terrasse fiilu't, in ilirei' Richtung- der llaujitsac-he
jKudi luii einer priihistoriscJien Strasse zusaiuinenfalh. Ileste dorseihen sind
violloiidit die hmoen, tiadiuu Mühlen, die man von Arenlierg- bei Ehrenhreitstein
zur Seite der Staatsstrnsso weit verfolgen knnn. Ungefähr diosellie liiehtung
hielt auch später eiin^ rruniscjie Strasse ein. An ihr lag hei deju lu^utigen
Niederberg, 2 km nord()stli('h von Elinudireitstein, ein grösseres Kastell und
weitere S km mudöstlich von di(>sGm im Walddistrikt Haferröder siml ?i(ich iTk^
Kuinen eines i^ruuisclien llolztui'iiis und eiiuis römischen St(dnturms zu ei'kennen.
welche micheinander die Stidlo überwachten, wo jene Strasse die römisclie
Crrenzsporre traf.
An der Strasse Koblenz-Montabaur liegt S km von Ehrcnbreitstoin ent-
fernt, auf der Wassersclioide zwischen lUiein und Lahn das Dorf Neuhäusel.
Von Neu]u"ius(d steigt die Staatsstrasse nach der kurzweg Höhe genannten Süd-
kup])e der Montabam-er Höhe hinauf. Rechts der Strasse, nach Süden, fällt
das Gelände in die tief(\ Thalnnddc^ des Emser Bachs ab: links, d. h. nacli
Norden hin, senkt sich dei' liewaldete Hang zum Kalten Bach hinab. <ler sein
Wassei" bei Vallendar \n den Jiheiu sendet. Auf dieser, d. h. diu- Nordseite
der Strasse, zieht sich, viw.i 200 m nordw(^stlich der Neuiiäus(der Kirche be-
ginnend, (dn kurzes, tief eingeschnittcn(!s Thälchen. das llalsloch. nach dem
Kalten Bacdi liinab. Auf derscdben Seit(> erhebt sich ca. 1700 m n(iid()stlich
der Neuhäuseier Kirche, hinter dem Ilochreservoir der Neuhäusel-Eitelberner
Wasserleitung im Walddistrikt „P^itelberner Steinrausch '"■ jimer vorn ei'wälinte.
steile, oben mit Eichten bew.udisene Kegel, dem das kleine Plateau vergelagi'rt
ist, auf dem i(h im Herbste 1S99 die ersten Spuren der alten Niederlassung
fand. Seine steilen Hänge sind nach Nordosten, Norden und Nordwesten von
dem IMatzei- Bach, der in der Nähe dor Hüttenmühle in den Kalten Bach (dn-
mündet. utnl weiterhin von diesem letztenm umflossen. An dem Hochreservoir
zweigt sich von der Staatsstrasse nach links dei' sogeiuiiinte ..IJuiterweg" al>. der in
ost-nordöstliclier liichtung thalwärts zieht und S70 m vom Reservoir entfernt den
Platzer Bach überschreitet. Wenn man von der hier vorhandenen J3rü(dve bis
zur ("»stlichen Thalwand des Halsloch den waldigen Thalhang nach allen Richtungen
durchstreift, so stösst nnin auf viele hunderte von Hügeln, unter denen die
Reste d(M' Niederlassung verlau-gen liegen. Die Ostgrenze der Niederlassung
liegt da. wo dei Butterweg den Platzi-r Ibuh überschreitet. Als Nordgrenze
10*
1-ls
«liciicn <k')' l'lar/.cr JJadi und wcirei' Ms crwu i'OO ]ii unrcrliallt der Iliitrcinnülile
der Kairo Baclj. liier zeigt sieh dann lun-h rinc (iruiipe Vdii Wdlinstätteii
und (iräbern auf der rechten, d. Ii. der nördlichen Thalseite. Die ikm-Ii nicht
o-enau bestimmtem West^-renze zicdit zu der Gründung dfs llalshich hiiiüli(M' und
folfft dessen östlicher Thalseite. Die Süd- ddor \icliuchr Südost-drenzc ist in
ihrem westlichen Tcdle gleichfalls iidch niclir genau bcsrijumr. Sie dürfte im
Felde nordfistlich vdu Neuhäusel gcdegtMi sein. Weiterhin folgt diese (irenze
von der Waldecke nordöstlich von Neidiäusel an (h-i- >[ontabaurer Strasse bis
zum llochreservdii- und von liior bis zum IMatzer Bavh dem Butterweg. In
der Thalsohle ist noch eine (frupiie nach Süden vorgelagevt. dii- am l'ergliang
bis in die Nähe der Montabaurer Strasse hinaufsteigt.
Der ganze östliehe Teil der (xesamtniederlassung von der Ostecke am
Platzer Bach bis zum Schnitt der Montabaurei' Strasse mir einer in südnördlicher
Itichtung nach llillscheid führenden Chaussee bildet ein in sich geschlossenes
(lanzes. die llaui)tgrup]ie. ])iesclbe misst von West-Südwesten nach Ost-
Nordosten löOü m. von Norden nach Süden 000 m. Auf dieser ganzen Fläche
ist ausser der Spitze des Fichtenkopfes im Steinrausch k(>in Stück von den der
Niederlassung charakteristischen kleineu, flachen Hügeln, welche die Reste der
W(dmstütten oder die Gräber bergen, frei. An manchen St(dlen aber erscheinen
sie dicht gedrängt. Das Letztere ist namentlich an iU'U steilen Hängen nach
dem Flatzer Bach hinab der Fall, wo selbst an Stellen, aji denen die Neigung
mehr als 30^ beträgt, oft Hügel neben Hügel liegt. Diese grosse Ostgrupjie
wird von einigen kleinerem Gruppen, die nach W&sten hin vorgelagert sind,
durch einen von Hüg(>ln freien Sti-eifen getrennt, dessen Lauf auf etwa- L")0 m
durch die Hillscheidor Chaussee, weiterhin durch einen an der Berglehne hin
zum Platzer Bach hinabführenden Waldweg und schliesslich durch eine vou
diesem links abzweigende, gleichfalls nach dem Bachen führende seichte Graben-
muldtm bezeichnet wird. L-h habe hier bis jetzt 5 solcher (iruppen gefunden,
Sie liegen:
L In der Waldecke nordöstlich von Neuhäusel, links der '>rontabaurer
Strasse und von liier am Nordhange hinab;
2. zwischen dieser (xruppe und der Hillscheidor Strasse;
3. im Lmern der grossen Kehre d(>r Hillscheider Strasse südlich der
Hüttenmühle ;
4. südwestlich von dieser am östlichen Thalhange des ILUshu-h und
.'). auf der Nordseite des Kalten Bachs, westlich der Hüttenmühle.
Eine 6. kleine T! nippe ist von der Hauptgrnppe an ihrer Ostecke un-
mittelbar nach Süden vorgcischoben.
Von diesen kleineren (irupp(;n ist übrigi^ns mu' eine, die zuerst genannte,
teilweise untersucht. Sie bestedit aus (ünem grösseren Gehöfte, iwhv.n dem
40 bis 7)0 gewöhnliche Wohnstätten und ein kleines (iräberfeld liegeu. Das
JJörfchen zieht am ßerghang bis zu einer Qucdle hinab, die auch jetzt noch,
selbst im trockenem Sommer, i'eichliches Wasser liefei't. Die meisten und ein-
gehendsten rntersuchungen wurden an verscliiedeiien Stellen der Jlauptgrujjpe
vorgenonmien.
149
'.). D i (' ,:;■ •' w (■■) ]i II 1 i c h •' ii AV n li ii s t ü 1 1 c n. Als Typus ein«!!' gcwöhn-
liclien W(ihnstütt(( gOistatto ich mir. finu J lütte zu bcsciiioibeiu deren Roste
in der ciwälinrcii. in der Waldc-cdie nächst Ni!uliäusel gel(!f;('nen (Jru]>i)o auf-
liedeckt wurden -- üebersiiditskarte III. I) und Tafel XV. G — Die btitivttende
Hütte stand auf (»inev künstlichen. luihezu h(,)i-iz(jntalen Piattfurni. Die^e ist
mit einer, wic^ bei unsci'en Sclieunen. niis Tlmn und Sand bestelninden ge-
stanipften renu(( bedeckr. die zugleich den Pussboden des bewohnten liaimies
bildete. J)ie Tenne ist von zehn 0,,')0 ni bis 0,40 in breiten. 1 m bis 1.20 ni
tiefen Löchern unigebcui. in denen einst starke J'fosten sassen'j, die ein unregel-
niässiges Viereck bildeten, dessen gntsste Länge und grösste Breite 6,50 m und
r),.')0 in niassen. In Jeder Ecke sitzt je eins dieser Pfostenlücher. Im übrigen
sind sie so verteilt, dass auf die Ost- und Xordsoite je vier, auf die Süd- und
Westseite dagegen je drei zu sitzen kdinmen. J^ie iSordwestecke der Tenne ist,
wie rrufil (IcJh; (Erkennen lässt, um (»,1^0 m vertieft. In dieser Nordwest-
ecke ist auch, noch O.OO m bis 0.70 m tiefer, wie Profil o:. h.-. zeigt, die
PeuerstelUi eingeschnitten. Sie bihU^t eine ziemlich grosse (Jrube mit sanft
naidi Süden üeneictem Boden und steilen ^^'änden. Diese Wände bestehen unten
aus Bimssand und ol)en aus lockerem Hunuis, also aus einem sehr beweglichen
Material. Man hat sie deshalb dui'(di Auflegen einer Schichte von festgeschlagenem
Tlion und Sand, der Masse, aus der die Tennen besteht, geschützt. Im Süden
ist noch ein(^ ziemlich grosse Einbuchtung (dngeschnitten, die tiefste Stelle der
ganzen Grube, iu der, wie die durch die (llut gehärteten Wände beweisen, das
Feuer brannte. Hiei- befindet sich auch, wie bei unseren modernen Peldherden
ein Zugloch, das, wie aus Tafel IV. G i'rsichtlich ist. in südlicher Richtung
unter der Tenne hindurch, hinaus ins Freie führt. Den Zugang zu der Feuer-
stelle bildete eine von der Teime im Winkel herabführende schiefe Ebene. A'on
Interesse sind auch einige kleine Pfostenlöchei- auf dem tiefer gelegenen T'eil
der Tonne neben der Feuerstelh;. Bei anderen Bauten fand ich au derselben
Stelle eine aus Thon und Steinen aufgebaut(! Bank ; icli vermute deshalb, dass
auch die hier vorhandenen Pfosteidr>cher von einer Bank und zwar von einer
Holzbank herrühren. An der Südwostecke der Plattform liegt ausserhalb der
Tennen eine zweite tiefere Orube, die durch (uiu' geradlinig an der Ilüttenwand
hinlaufende schiefe Ebene init der Feuorstelle in Verbindung gesetzt ist.
Schnitt a:, /;.-, zeigt zuerst ein Pfostenloch, dann die Ilauptteune, liierauf den
Teil der Feuerstelle, wo das Feuer brannte und zuletzt einen Schnitt dur(di
die Rampe in Form einer schiefen Ebene, die jene (irube aussei'hall) mit der
Feuerstelle in Axn-bindung setzte. Profil a-. In zeigt einen Schnitt durch jene
ürube in dw durch die Linie cn In angegebenen Richtung. Auch liei dieser
Cfrube waren die Bimssandwände mit einer Decke von geschlagenem Thoii und
Sand festgemacht. Sie hatte wohl ein besonderes Dach und diente als Vorrats-
raum. Auf der Ostseite, der Feuerstelle gegenüber, setzt sich die 'I enue zwischen
zwei Pfostenlöchern etwas nach aussen fort. Hier scheint der Eingang der
Hütte gewesen zu sein. Auf dei' X<irds(>ite führt ein seichtes Grübchen bergab.
1) Über die Art der Aufdeckung dieser Pt'ostenlüclier werde idi iiii.li weiter unten l.ci
lichandlung einer grösseren bauliclieii AnIngo genauer nnsspreehen.
150
Tafel IV. G gibt ileii ( i r u n d r i s .s der al« Typus gewälilren Hütte. Iin
Prinzip gleichen sie sich alle, aber im Einzelnen kommen doch kleine Ver-
schiedenheiten vor. Ich möchte, bevor ich den Aufbau der Hütte bespreche,
an der Hand dieses (irundrisses mich noch in Küi/.r darüber verbreiten, was
bei den einzelnen gefundenen (rrundrissen gleich uml was verschieden ist. Die
(Grundlage für jede Hütte bildeti' eine künstlich lioigerichtete Plattform.
Sie ist stets nahezu hurizontal und so eingerichtet, dass der auf ihr errichtete
l)au trocken gehalten Nverdeu konnte. War der Boden nahezu eben, so machte
es nicht viel Mühe, die horizontale Grundlage für die Tenne herzustellen. Hie
gestampfte Tenne ist 0,15 m bis 0.20 m hoch und diese Höhe reichte aus.
um den auf ihr errichteten Hau vor Nässe zu schützen, zumal auch der sehr
durchlässige Boden Regen- iiiid Schneewasser jederzeit rasch einsickern Hess.
An den alU'rdings ziemlich seltenen vollkommen ebenen Stellen habe ich deshalb
bis jetzt noch keine Hütte gefunden, die von einem Entwässerungsgraben um-
geben war. Sollte dao-eoeu eine Hütte am Beri»abliang errichtet werden, was
die Regel ist. so machte die Vorbereitung mehr Arbeit. So war z. B. bei
einer Hütte südlich des weiter unten genauei- zu beschreibenden grossen Gebäudes
am Nordhang des Fichtenkopfs die Plattform auf ihrer nördlichen, d. h. Thal-
seite, 1,50 m hoch aufgefüllt. Bei einer anderen Hütte, östlich von dieser, am
noch steileren Abhänge nach dem Platzer Bach hinab, beträgt die Aufschüttung
der Plattform sogar 1.70 m. Man hat liier auch noch einen Einschnitt in den
Borghaug gemacht, sodass der westliche Teil der Tenne auf gewachsenem
Grund, der östliche auf einer künstlichen, am Ostrande 1,70 m hohen Auf-
schüttung liegt. An dieser und an anderen ähnlichen Stellen ist auch die
Längsadise der Tenne nicht senkrecht zum Berghang, sondern schräg zu ihm
gelegt, weil man so natürlich Auffüllungsmaterial sparte. Die Plattform bildete
bei derartigen Hütten mit dem Berghang immer einen stumpfen und einen
spitzen Winkel. In letzteren mündet von oben ein flaches Gräbchen ein, welches
offenbar dazu gedient hat, das am Berghange herabfliessende Regeuwasser von
der Plattform ab und thalwärts zu leiten. Schon bei der eisten Hütte, die ich
im Herbste 1899 aufdeckte, war sehr deutlich zu erkennen, dass man sorgsam
bestrebt war. den Bau auf der Plattform vor Itegcnwasser zu schützen. Di(^
Plattform ist hier auch nach der Bergseite hin erhöht und ausserdem noch durch
einen flachen Graben vor dem llereiufliessen des Wassers geschützt. Bei den
ihr benachbarten Wohnhügeln bedarf es nicht einmal der Aufdeckung, um
nachzuweisen, dass hier dieselbe Einrichtung besteht. Bei der iiicht weit von
dieser Stelle aufgedeckten Hütte — ^ Tafel V. P — zeigt sich dasselbe. Hier ist die
der Bergseite zugekehrte Südkante der Tenne so hoch und s<j solide aus einem
betonähnlichen Gem<!ngc von Tlujn und Steinen konstruiert, dass sie das zu-
fliessende Regcnwassei' zwingen musste, nach Westen hin den IJerg liiiuib zu
fließsen. Auch die Tenne i|ci- liier genauer beschriebenen Hütte - Tafel 1\'. G — ist
an ihrer Nordseite von einem flachen Gi'äbcheu umflossen, dessen Aufgabe es
war, das Regenwasser Ijergab zu leiten. Fasst man alh^s in diesef Richtung
Beobachtete zusajumcüi. so muss nuni sich zu ih-r Annahme berechtigt fühlen,
dass die I)(!wohner dcu' Neuhäii-^eler Nied(a"lassung. auf trockene Wohmmgen
151
Gewicht zu logen bei'cüts gelernt liattcn. Das ist aber desliall) iiicjif uninteressant.
\\'(m1 (liii'cli die Aiisgral)iingen er\Yi(!sen isr. dass sie ciiisr aiicli nucli in den
^•ewiss niciir rrdckeiKni 'rricliteri''i'uben \V(diiit('ii.
I)i(* bis jetzt auf'ge(l(!ckten I'' c u c f s r <' 1 I r n ;4lciclicii sich sämrlidi dai'iii.
dass CS in den Boden eing'cschnitteiii' (Ji'ulicii sind. Im üljrigcn zeigen sicii aber
aneh liier Verschiedenheiten. Die liinen sind so gross, dass in ihnen gewiss
jnehrere Personen neben dem Feuer Platz fanden, um sich zu wärmen. Eine
solche ist die Feucrstelle in der hiei- als Beispiel gewählten Wolinstätt(\
Aehnliche Dimensionen besitzt diesellie liei einer weiter unten — siehe Fig. 2 —
beschriebenen Hütte, bei zwei andiu'en. die am Nordhange des oft genannten
IMchteuküpfs aufged(;ckt wurden und bei einer vierten an der Nordwestecke
der llauprgruppe in der Nähe des Schnittpunktes der .Montabaurer mit «ler
Ilillscheider Strasse. ILi(u' sind dies(( als Fcuerstellen eingerichteten Gruben
so gross, dass man meinen sollte, man habe in ihnen aus dei' alten Trichter-
grube etwas in die medeineii Wohnungen mit hinübernehnien wollen, worin
Erstere den Letzteren überlegen Ovaren. Die dumpfe Erdwohnung gewählte
besseren Schutz gegen die rauhen AVinde der kalteu Jahreszeit, als die luftige
llüchwohnung. Vielleicht suchte man diese Annehmlichkeit in der tiefen,
geräumigen Feuerstelle zu erhalten. Bei anderen Wohnstätten ist die Feuerstelle
nur so gross, dass eine etwa mit Bereitung der Speisen beschäftigte Person
in ihr neben d<Mn Feuer Platz hatte. Solche Feuerstellen sind in den auf
Tafel V b(ü P und in Fig. 1 dargestellten Hütten aufgedeckt worden. Aber
auch bei diesen Hütten liat der Zugang zur Feuerstelle stets die Form einer
gebogenen schiefen Ebene, eine Anordnung, durch w^elche der Einschnitt in die
Tenne abgcdcürzt wurde. Auch fand sich meist das ins Freie führende Zugloch,
das nicht nur aus dem Innern der Hütte dem Feuer Sauerstoff zuführte, sondern
neben der gebildeten Koldeusäure auch einen Teil des Rauchs mit hinausnahm —
Tafel IV. (?, Tafel V. P, Fig. 1. — Di(> auf Fig. 1 dargestellte Feuerstelle zeigt
die Einrichtung auch im Profil. Bei zwei der bis jetzt aufgedeckten Hütten
besassen die Feuerstellen aber auch ganz andere Formen. Bei der einen wai- es
(iine flache Mulde in der Mitte der Tenne.-) Bei der anderen liütte lag gleich-
falls in der Mitte der Tenne eine rhombische Grube von 2,25 m grossem und
2 m kleinem Durchmesser und 0,2.") m Tiefi^ Die Grube besass einen Imii-
zontalen Boden und ihre Wände biUhUen zw'ei Bänke mit Steinkante. An den
Endpunktendes kleinen Durchmessers sassen zwei um ^Yeitere 0,15 ni vertiefte
Feuerlöcher, Ol» auch sie wie die anderen Feuerstellen mit Zuglöchern
•') Ein Gegenstück liieizu \Yurde tui eiuer -miz iiiulorcii Stelle uut'gedeckt. Im Dainistiulter
Wald fand ich im Miirz 190'J eine Stunde östlicli wm Dnnnstadt in einem llüi,'elgräberteld,
in (lern vor Jjila'cn lluUstatt-Urnen ausgegraben würden waren, zwischen den steilen Grab-
hügeln in grösserer /alil andere, ganz flache Hügel. Die Vermutung war nicht abzuweisen,
dass man es liier, wie bei Neuhäuscl, mit einer aus Wohnstätten und Griibern bestellenden
Ifullstatt-^iederlassung zu tluin habe. In Gemcinscbat'l mit dem Assistenten am Grosshorzogl.
Museum, Herrn Dr. Müller, deckte ich bald darauf zwei der Hügel auf. Der steile Hügel
war ein (uiil> mit Gefässresten, Bronzeringen und einer lironzenadel aus der Hailstattzcit. In
dem tlaclien Hügel aber fand sich eine nahezu .|UMdiatiÄclic Tenno von 'i m Soitenliingc mir
Pfosteiilöchcni in den locken und einer fiaclien, muldenfilrmigeii Feiicrstello in der Glitte.
152
versehen waren, vermag ich nichr anzugeben, "weil die Aufdeckung dieser
Hütte in (h-n Herbst 1890 fällt, wo Zuglöcher überhaupt iiuch nicht gefunden
waren.
Fiy. 1.
Wohnntüttcn mit Grab in der mittleren Wohnslätte
Das Gerippe dei- hier als Beispiel gewählten Wohnstätte bildeten
zehn senkrecht gestellte und tief in den Boden eingesetzte Pfosten.")
Ueber die Konstruktion der Wände /wisclien den Pfosten haben die Ausgrabungen
soviel Anhaltspujikte gegebcni. dass es nicht mehr nötig ist, die Phantasie
allzusehr in Anspruch zu nciimen. Sehen b(ri den ersten Aufdeckungen im
Herbste 1899 fanden sich Brocken einer aus Thon und Sand bestehenden Masse
mit Rilhm und Löchern, die einein spätei- verfaulten llolzgeflecht ihr Dasein
zu verdanken schienen. Die Yermutung lag nahe, dass es lieste der ll.ütten-
wände seien. Volle Klarlnsit ergab sich aber erst, als ich im Mai 1900 die
Reste zweier Hütten fand, die abgebrannt waren. Die (Jlut liatt<' hiei- deji
') Ich verweise hier .luf dn^^, was Meitzou ül)er die Urformen des Hauses nürdlicli
der Alpen sagt. Meitzen, 8icdolung und Agrarwosoii der AVestgernianen und Ost^oi mum-n etc.
M. irr, S. 12<; tr. und Aul. 28 c, 2« d u. 28e.
153
Wainlbcwurf in eine ziogelartige Masse verwandelt und dit^ davuii vorgefuudiMinu
Stücke zeigten Al)di'ü('ke (dnes Getleelites von stärkeren Ivundliöl/.ern nüt Gerten
und Reisig mit /ahllosen kleinen liöhrcJKUi und z. T. eine glattgestrichenem
Fläche auf der einen Seite. .Man konnte daraus ersehen, dass die Wände (h-v
Hütten ebenso liergericht(!t wanm, wi(^ spät(!r die der röniisclnm llolztünne und
Jiaracken und auch In'ute inxdi die vieler Faehwerkhauten. namentlich in unsciren
Gebii-gen: das Gebälke der Hütten war durch ein llolzgetlecht verbunden und
darüber ein dickiM- iiewurf von 'rin)Ji und Sand gelegt, dem man dureli JJei-
meugung von Stroh oder anderen ti'ock(!nen ilalnum euw bcsssere Bindung "•cehtm
hatte. Die gewöhnlichen irüttim sind vei-schobene Vierecke, bei denen die
Seitenlange zw'ischen 4 und 7 m schwankt.
Was die Bedach uug betrifft, so dürfte man W(dd nicht irre gehen, wiuin
man annimmt, dass das dafür verwendete Material Stroh oder der im Westerwald
einheimische Ginster gewesen sei. Das Dach war wohl (un sogen. Walmdach ;
es sprang nach allen Seiten vor, um die Thonwäude vor Regen zu schützen. Dass
solche Konstruktionen damals üblich waren, beweisen Graburuen aus jener Zeit, die
viereckige Häuser mit Wahndächern nachahmen. Es sind abci- auch direkte
Beweisstücke dafür bei den Neuhäuseier Ausgrabungen uufgcdunden worden.
So fand sich z. B. bei einer Hütte ausserhalb derselben an der Ost- und Si'nl-
wand (ün breiter Tennenstreifen, der durch zertretene Kohlen ebenso geschwärzt
war, wie die Tenne im Innern. Diese dunkele Färbung schloss an beiden Seiten
nach aussen hin in etwas über 1 m Breite geradlinig ab und auf ihr sass an der
Südostecko ein kleines Erdbänkchcm. Der ganze Befund findet eine einfache und
ungezwungene Erklärung durch die Annahme, dass hier die beiden zusaminen-
stossenden Dachseiten um mehr als 1 m vorsprangen und so <lie darunter
liegende Tenne, auf der die Bewohner sich auch oft im Schutz vor Sonne und
Regen aufliielten, vor dem Abwaschen der Kohlenrestchen durch (h-n Regen
bewahrten. — Dass die Tenne trocken gelegt war. ist bereits erwälmr; aber
es war auch jedenfalls für geregelten A b f 1 u s s des Regen-
wassers bei den Wohn statten Sorge getragen. So zieht z. B.
bei der vorn als Beispiel gewählten Hütte von der Ostseite bis zur tiefsten
Stelle an der Nordseite, wie schon angedeutet wurde, ein ca. 1,5 m breites
Gräbchen hin und w^endet sich dann bergab. Es wurde augenscheinlich jederzeit
in guter Ordnung gehalten und das war auch nötig, weil ohnedies das abtliessende
Regenwasser den aus lockerem Boden bestehenden Bergabhang zum Schaden
der tiefer gelegenen Hütten rasch zerrissen haben würde. Heachtenswert. ist
auch, dass dies Entwässerungsgräbchen. wie das auch anderwärts beobachtet
wurde, nicht die ganze Plattform der Hütte, sondern niii' einen Teil derselben
umzieht. Es lässt sich das leicht und (dnfach dadurch erklären, dass man das
vom Dache herabfliesseude Wass(;r an einer ganz bestimmten Stelle zu Boden
und in das Entwässerungsgräbchen leitete. Aber das war ohne c'wu' unseren
Regenkandeln ähnliche Einrichtung unmöglich. Das vom Dache herabfallende
Regenwasser wurde auch in sehi' zweckmässiger Weise zum A'eibrauche auf-
gefangen. Auf der Nordseite des grössten Gebäudes der ^siederlassung fand
sich z. B. eine Grube von (3.20 m Länge. 2.(10 m Breite und l..")0 ni 'l'iefe
154
j /■/•/•.•
Maasssfab ■ i .200.
— Tafel V. 12 — deren ans durclilässigein Boden bestehende ^sordwand iin't
Then irediclitet \var. Tn ihr liaben wir jedenfalls eine Cisterne zu erkennen. Auf
ihier Ostböschung war auch das Loch zu sehen, welches das wohl aus einer
Kandel einfliessende Regenwasser in diese Böschung gewühlr hatte. Eine noch
interessantere Vorrichtung- zur AVasserversorgung fand sich heim Aufdecken
einer »ewöhnliciien Wohnstätte am oberen liaude des nach deni Platzer Bache
steil abfallenden Hanges östlich des erwähnten grossen Oebäudes — Fig. 1. -
Hier liegt an der Nordwestecke der Hütte eine 1.5 m lang. 1 ni breit und
0.8 m tief in den unteren festen Binissand und den Fels eingeschnittene Grube,
von deren Rand ein Gräbchen in eine zweite, etwas tiefer gelegene Grube von
:^,8ni Länge. 2 m Breite und 1 m Tiefe führt.
deren Wände nach der Thalseite hin. wo der
Boden durchlässig ist. gleichfalls mit Thon
gedichtet sind. Das Wasser war hier aus dem
40 m tiefer vorbeifliessenden Platzer Bach bei
einem Neigungswinkel von 30° nur mühsam
zu beschaffen. Mau sammelte deshalb das
vom Dache herabfallende Regeuwasser in der
unmittelbar neben der Hütte g-elegenen Grube
an. W^ar diese vollgelaufen, so wurde der
Ueberschuss zur weiteren Benutzung in die
etwas tiefer gelegene grössere Grube geleitet.
Y o n Interesse ist. d a s s 1) e i m A u f-
d e c k e n eine r H ü 1 1 e u n t c ]■ d e r T e n n e
a u c h n o c h Reste einer älteren,
ganz anders konstruierten Weh n-
s t ä 1 1 e z u m y o r s c h e i n k a m e n. Der auf-
gegrabene Plügel liegt 150 m südwestlich des
grossen Baues und 60 m nördlich des mittleren
der am Nordhange des Fichtenkopfes hin-
führenden Waldwege — Tafel III und Fig. 2.
— Die Ausgrabung förderte zuerst die wohl-
erhaltene Tenne einer grösseren Wohnstätte
von 7 m Länge und ü,20 m Breite zu Tage.
Die Tenne ist von 8 Pfostenh'ichern umgeben, deren eines allerdings nicht
ausgegraben werden konnte, weil eine grosse Buche darüber sitzt. Die ziendich
grosse Feuerstelle HI lag in der Südecke dei- Tenne und war wie diese sehr
gut erhalten. Sie zeigten die Eigentümlichkeit, dass nicht nur in der tiefen
^Einbuchtung nach Süden, sondern auch in einer anderen Einbuchtung nach
Osten hin die Wände hart srebrannt und beide Stellen durch einen dicht an
die Wand gedrückten, bis nahe zur Tennenkante hinaufreichenden kegelfiirmigen
Thonklotz voneinander getrennt waren, zwischen dem mid der oberen Grubeuwaud
•V südlichen Ein-
zig.
Wohnstü tten nbere ina ncler
(.)b
III
ei]i von Russ geschwärztes Kanälchen durchzog.
buchtung sich vielleicht auch noch ein Zugloch befunden hatte, konnte nicht mir
Sicherheit erjnittelt werden, da das betreffende W;indstück an einem Sonntage
155
von irgend einem unvorsichtigen Besucher lieruntergetreten worden war. J)ic
genauere Untersuchung dieser Feuerstelle (»rgab sein- hald. dass ihre ganze Ostwand
aus Thonbrocken mit Rillen und Löchern, wie sie häutig als Wandrest«^ von
nicht abgebranmen Hütten aufgefunden wurden, aufgc^baut war. Kiin' Dunli-
l)rechung diesci- Wand l'ülutc^ in die Feuerstelle IJ. Si(! wai- etwas kleiner.
als die /ucn'st aufgedeckte, ilir Bodiui lag ca. 0,30 m tiefer, sie; war auch nicht
in die zuerst aufgedeckte Tenne eingeschnitten, s(»ndern lag unter dersolb(!n
und zwar unter ihrer nordöstlichen Hälfte. In ihrer Noi'dostwand fand sich das
übli du* Zugloch, dessen genauere Untersuchung ergab, dass die zweite Feuer-
stelle in eine zweite Tenne eingeschnitten war, die 0,15 m tiefer lag, als die
zuerst aufgedeckte. Der Befund der Ausgrabung sprach also dafür, dass hier
eine Hütte unter Verscliiebung der Feuerstelle, aber unter Beihehaltung der
alten Pfostenlöcher, umgebaut und dabei die Tenne erhöht worden war. Aber
die Fortsetzung der Grabungen ergab noch mehr: Die Wände und der Fuss-
boden dieser zweiten Feuerstelle waren gleichfalls aus Thonbrocken mit Killen
und Löchern, also aus den Resten eines noch älteren Baues zusammengesetzt
und die weitere Untersuchung lehrte, dass dieser ältere Bau eine Wohngrube I
von 4,5 ni Länge und 3,5 m Breite war, deren Boden 1,65 m bezw. 1,80 m tiefer
lag, als die Tennen der beiden später auf aufgeschütteten Plattformen errichteten
Hütten. Die Wohngrube I hatte in der Ostecke, nicht in den Boden vertieft,
sondern etwa 0,30 m erhöht und etwas in die Wand eingeschoben, ihre Fcuerstelle
c und "eß-enüber in der Nordwestecke den Eina-ang; in Form einer mit Steinchen
o^o'
festgemachten schiefen Ebene. Auch der Fussboden war mit Steineben bedeckt.
Die Thonbrocken mit Rillen und Löchern mit Flechtwerkabdrücken rührten wohl
von den Wänden und dem Dache her, mit denen die Grube einst überbaut war.
Ob diese Grube noch derselben Kulturperiode angehörte, Hess sich durch Fuud-
gegenstände nicht ermitteln, da die einzige in ihr zum Vorseh(nn gekommene
Scherbe keine charakteristischen Merkmale zeigte. Eine* ähnliche, aber etwas
kleinere W^ohugrube, als die hier aufgedeckte, fand sicli auch au einer andern
Stelle der Niederlassung, uämlich an der Südostecke des grossen Gebäudes am
Nordhange des Fichtenkopfes im Steinrausch — Tafel Y. 2. — Sie ist 3.50 m
lang, 2 m breit und 1 m tief, hat sauber hergestellte, mit einei- Thondecke
festgemachte Wände und an iJirer Süds(>ite in einer kleiuen Wandeiubuchtung
ihre Feuerstelle. Sie ist älter, als jenes grosse Gebäude, denn sie liegt unter
seiner Tenne, auch ist eins seiner Pfostenlöcher durch ihre westliche Böschung
getrieben. Abei- die in ihr gefundenen Scherben unterschieden sieh nicht von
den auf dei' Tenne des darüber liegenden grossen Gebäudes gefundenen. Obgleich
älter, als dieses, gehört die Grube* also doch jedenfalls dcrselb(Ui Kulturj)eriode
an. — In dieser scheint sich also hier, was den Bau der Wohmmgen betriti't,
ein grosser Fortschritt vollzogen zu haben, der darin bestand, dass man es
lernte, aus einei- feuchten Erdgrube auf eine erhöhte trockene Plattform hinauf-
zusteigen ! ' ;
') Von (loii iiioiston dor uuch fiiUieruii Kuluiriioriodeii angehörigeuTrichtcrgi'uboii, die icli bis
jetzt gesolioii habe, imterscheiden diese beiden Wolingruben sieb wesentlich. Sie sind mit Keuei-
stellen und Einganj,' recht saiilier in den l'.ini>s(uiil eingeschnitten, der tlingang und dor Fu5>-
1Ö6
U e b 0 r d ii s et w a i y; o V u r h a ii d e ii s e i ii v <> n X <• h o ii ji; c It ä u d o ii
bei den Hütten, von Ställen und l* fe r i' li e n f ü r 11 a u s t i e r e und
der gl. iiaben eingehenden* rntersucluingen noch nicht stattgefunden. Aber
sie sind Nvohl vorhanden ü;ewesen ; denn an vielen StelUMi li^'y-en immer eiuiir(!
Hügel in Gruppen so dieht nebeneinander, dass sie sich berühren und in einer
dieser Gruppen — Fig. 1 — fand ich uelien zwei Tennen mit Feuerstellen
auch die einer Hütte ohne Feuerstelle, also die einer Hütte, die nicht von
Menschen bewohnt Avar. Bei zwei grösseren Gehöften sind gleichfalls bereits
die lleste von Nebengebäuden gi^funden woiden, wie dort erwähnt werden soll.
4. Grössere bauliche A n 1 a g (; n. Aussei' den gewölinlichen Wohu-
stätten wurden bis jetzt auch die Beste von drei grösseren baulichen Anlagen
gefunden. Eine dieser liegt in der obengenannten kleinen Gruppe in der
W a 1 d e c k e nächst N e u h ä u s e 1, der auch die oben beschriebene gewöhnliche
^Vollnstätte entnommen wurde. Diese Grujtpe — Taf. IV — besteht aus zwei
grösseren Bauten, deren volle Aufdeckung wegen starker Bewachsung unterblieb,
einer nach Osten anschliessenden kleinen Gräbergrup])e und einer nach Norden
hin bis zu einer Quelle am Berghang hinabziehenden Gruj)pe gewidinl icher Wohn-
stätten, von denen eine — G — ganz aufgedeckt wurde. Zu Tafel IV ist zu
bemerken, dass die beiden Gräber I u. VI auf ihr dei- Jiaumersparnis halber um
4,25 cm nach links verschoben worden sind. Der nördliche der beiden grösseren
Bauten war. wie es scheint, viereckig und hatte eine trapezförmige Tenne. Er
hatte eine Länge von lo m und eine grösste Breite von 7,40 m. Nach Süden
hin Avar er mit einem Vorbau versehen. In der Läugeiiachse der starken und
gut erhaltenen Tenne wurden fünf in ueradliniffer Flucht befindliche Pfosten-
o
O'
löcher aufgedeckt. Hier sassen wohl einst die Stützen, welche den Firstbalken
des Dachstuhls trugen. Auf der Nordseite liegen nach der Glitte, neben dem
zur Wand gehörigen starken Pfostenloch noch drei kleintu-e Pfostenlöcher, die mit
jenem einen Rhombus bilden, dessen Bedeutung ich nicht zu erklären vermag.
An diese Pfostenstellung schliesst sich nach Osten hin ein rechteckiger Klotz jener
aus Thon und Steinen hergestellten botonähnlichen .Massi^ an. die bei den Ge-
bäuden der Niederlassung stets benutzt wurde, wenn eine grössere Festigkeit
erzielt wtsrden sollte. Die Feuerstelle ist bis jetzt noch nicht gefunden worden.
Vielleicht liegt sie auf der überwachsenen Stelle der Nordwand; denn das liier nach
Süden anschliessende Tennenstück war hart gebrannt. Nach Osten hin sprinu-f
o^
di(! gut erhaltene Tenne wahrscheinlich über die Ostwand des Hauptgebäudes,
die ich hier in der Flucht der beiden auf Tafel IV verzeichneten starken l^fosten-
h'icher sehen möchte, vor und wird durch vier iiiclit genau in gerader Linie
sitzende kleinere Pfostenlöcher j-oi-en die Gräber hin abyeschlossen. Die Sache
ist an dieser Stelle noch dunkel. J3emerkenswei't ist noch, dass im Nordosten die
Tenne 1 m weit über das Grab V vorspringt, dass sie also wohl jünger ist. als
dieses Grab, welches wegen der gerade in ihm gemachten Funde für die Datierung
boden sind mit kloinun steinen liefestigt. Al)er die sciiwürzlielie Kiiifüllung felilt iliueii und
•laiiiit leider die liiiufigcii Kulturreste, welclio hoi violcii 'rriiditergriiberu die Zeitbestiniiniini;
SU sehr erleichtern.
von J5«!(l(uituii<i,- isr. Adn dem zweiton, südlirh dickes lluiis>es g«Iegen«)n (jelj<uid<'
konnt(! W(^g(Mi «tarkiir Ji(3WH(;lisung und oim-s an seiner Westseiti^ liinzielien-
den, vi<dbogang(!nen W'e<i;es noch kein genii;^end grosser Teil aufgede<',kt werden.
Seine Längen stcilit desli.illi noch iiiclit fest, «eine grösste Urcite aliei- beträgt
'.),()0 111. Die 'r<'nM(' d('ss(;ll)('ii isr »'heidalls gut erhalten, alxn- nifdU' so diek un<l
fest, als die d(!s soeben bescliriebtiuen J»au(^s. Auf" der Ost- und d(!r Wests(dte
sitzen di(> starken Pfosttudikdier in geradlinigen Fluchten. Aul' der Nordseite
aber sitzen sie iiiu-egelmässig und sind klein. In ihrer Flucht läuft ein Oräbchen,
das in eine kreisf<"»rniige (rrube von 1,10 ni Breit(! und mir 0,78 in Ticde ein-
mündet, dessi^n Wände aus durchlässigem Jünissand bestellen. NebtfU ihr. abtu'
isoliert, liegt eine /weite Grube mit denselben Wänden von 2. K-> in Länge,
1,40 m Breite und 0,!)0 in Tiefe. Fine befriedigende Erklärung fehlt noch;
aber der ganze Befund könnte doirji zu der Vfirmutung Veranlassung geben,
dass der zuerst bespro(diene Bau, der bezüglich seines Grundrisses auch ander-
wärts ein Analogen findet, der Ilauptbau, der andere <lageg(!n ein Nebenbau
gewesen sei und (biss bei Letzterem die Ost- und Südwand vielleicht nach
Aussen, die Nordwand aber nach dem Inn(n-n eines Hofes gerichtet gewesen
sein könnten. Erwähnt muss noch werden, dass die Gräber 1 und V, von
denen später nocli die Rede sein wird, ein Männergrab und ein Frauengrab,
die besten Fundstücke geliefert haben.
Mindestens (dn grösseres Gebäude, wahrscheinlich abcn- deren mehrere
liegen auch in do.v Nähe der Stelle, wo die Hillscheider ( 'haussee und die
Montabaurer Staatsstrasse sich schneiden, bei Punkt a der Uebersichtskarte.
Denn hier sind Spuren einer Feuerstolle, eine Vorratsgrube, Pfostenlöcher und
verschiedene Stücke einer gut konstruierten Tenne zum Vorschein gekommen.
Aber eine genauere Untersuchung der betreffenden Stelle, die auch sonst no(di
Interesse bieten wird, steht noch aus.
Die interessanteste b a u 1 i c h (^ Anlage in der Nieder-
lassung ist aber jedenfalls ein grösseres G e b ä u d (^ a m
nördlichen Abhänge eines ungefähr in ihrer Mitte, im
W a l d d i s t r i k t „E i t e 1 b 0 r n e r S t e i n r a u s c h", aufsteigenden, mit
Fichten bestandenen, kleinen aber steilen Bergkegels
— Tafel V. — Hier springt, ca. 50 m über der Thalsohhv ein kleines Plateau
vor. dessen steile Gehänge auf der Nordost-, Nord- und Nordwestseite vom
Platzer Bach umflossen werden. Auf diesen Hängen liegen bis zum Rande des
Plateaus hinauf Wohn- und Grabhügel in grosser Zahl; aber das Plateau selbst
erschien von solchen Hügeln frei. Icli zog deshalb hier schon bei Beginn der
Untersuchungen im Herbste 1899 in der Richtung Oi, 1, H, HI — Tafel V —
einen Yersuchsgraben, welcher Scherben, drei Pfostenlöcher und die Grube II
zu Tage förderte. Einige weitere Gräben senkreidit zu dem erstiui deckten
schon damals noch mehr Pfostenlöcher auf, die augenscheinlich oii\(>r Anlag«^
von grösseren Abmessungen, als sie die bis dahin bekannt(;n Hütten besassen,
angehörten und auch erkennen Hessen, dass die Mehrzahl der aufgefundenen
Scherben, wie bei den geAvöhnlichen Hütten, auf einer aus Thon und Sand
hergerichteten Tenni; lag. Die im l-^-ühjahr 1900 fortgesetzten uiul im Herbst
158
1901 zum Abschluss gebrachten l^nteröucliimgon /eigton. dass es sich Iiitr um
einen ]>au liandcltc. der in seinen beiden Achsen 29 bezw. 28 m niass und
dass Aveirer vim d «i r Tenne dieses grossen FJ a u c s die Ueber-
b 1 e i b s e 1 eines älteren, w e s e n 1 1 i c ii kleineren Baues b e d (>(• k r
waren. Tatel Y zeigt den Grundriss diesei- baulichen Anlage, wie er im
Herbste d. J. dui'ch fast vollständige Aufdeckung klargestellt werden konnte.
Die obere Tenne ist fast ausnahmslos gut erhalten und meist, wie bei
den kleineren Bauten, durch zahllose Kohlenpaitikelchen dunkel gefärbt. Auch
die untere ältere Tenn(> z(Mgte sich, wo si(^ aufgedeckt wurde, meist noch in
gutem Zustande. Der Iliihenunterschied dei- beiden Tennen beträgt durch-
schnittlich 0.1.") ](is 0.20 ni. Auf Tafel V sind beide durch 8chraftierung an-
gedeutet. Die doi)pelten Schrati'ierungslinien zeigen die untere Tenne. Auf
der südlichen Hälfte der Westseite und dem W(istlichen Teile der Südseite
sjiringt die obere Tenne nur 0.25 bis O.oO m über die untere vor. wie eine Er-
höhung der Tenne um 0,15 bis 0,20 ni bei etwaigem Umbau es mit sich brachte;.
Eine Verschiebung der Tennengrenze ist also hierin nicht zu erkennen. Auf
der ganzen Ost- und der ganzen Nordseite dagegen hat eine solche stattgefunden
und [es zeigt sich, dass die Erneuerung der T"'enne gelegentlich einer bedeutenden
Vergrösserung dos Baues nach zwei Richtungen hin vorgenommen wurde.
Die Pf 0 st en 1 ö ch er sind, gleichfalls wie bei den kleineren Bauten,
durch den Bimssand bis in die Schichte von grauem Thon getrieben, welcher
als Verwitteruugsprodukt über dem Fels liegt. Ihre Tiefe ist deshalb nicht
überall die gleiche. In der Nähe der Linie YIi VII, wo der Felsgrund höher
hinaufsteigt, schwankt sie zwischen 0,60 m und 0,90 n:, westlich der Jjinie r/s As.
wo das Gelände fällt, steigt die Pfostcnlochtiefe bis 1.10 m. auf der östlichen
Hälfte der Nordfront Vlln A2. wo der Fels höher heraufsteigt, beträgt sie
durchschnittlich nur 0.(^0 m auf der Westseite dieser Front, aber wo der Abhang
beginnt, steigt sie auf 1 m. Als Durchschnitt der Tiefe überliaupt kann man
die Zahl 0.95 m annehmen. Das Holz der Pfosten ist in dem lockerem Boden,
der dem Wasser und der Luft mit Leichtigkeit den Durchgang gestattet und
die Zersetzung begünstigt, v<M'schwunden, der Inhalt der Pfostenlöcher besteht
hauptsächlich aus Humus mit Kohlenpartikelchen und einzelnen Scherben. Die
Scherben sind wohl b(>im Einsetzen der Pfosten zufällig in das Tjoch gekommen,
der Humus ist in dem Maasse. als das Holz schwand, luichgerutscht und das
regelmässige VorkomuKMi der Kohlenpartikelchen findet vielleicht in der Annahme,
dass man, wie einige Jahrhunderte; später bei den rrmiischen Holzbauten, die
eingesetzten Pfosten untern anke)lilte, seine Erklärung. Auch Bimssand findet
man häuhg in den Pfostenilöchern, aber derselbe ist stets mehr eider wenigen-
mit Humus vermise-ht und unterscheidet sich dadurch von den aus reinem
Material bestehemdem Wandern d(!r jjiicher. Sowedt er niciit beum Einsetzen der
J^fosten e-ingefüllt wurde-, ist auch er durch Nachrutschen beim Schwinden dos
Heilzes in die Gruben gelangt. Häutig stösst man auch auf harte Erdbrocken
eider ein festes betonartiges Gemenge des hier vorkommenden grauen Thons mit
Steinen. Man hat eben den Pfosten dui-ch Stampfen des viedleicht veirher nass
gemachten Einfüllgrundes oder Benutzung jenes .betonartigen Gemenges eine'
159
festere Stelluiit;' /ii .^cboii i;<'siiclif. Es Hndef sich das niiinentlic.li l)ci den
weiiiy(u' tinfi'M l'f'ostenlöchern auf der Ostseiti^ Dii; Pfosten sind nicht ein-
^■esehlagen, sondern in vorlicr ,H('<>ral)(in(' Löcher eingesetzt worden. IHr Löcher
sind verliälrnisniässig l)reir, in der Pdnissjiudsehiclir 0.;»0 ni bis 0,G0 im und ihi-e
JJreite ist lln^■Iei(■ll. Das tinder. ai)er eine einfaeJie I'>klärung in dem Hoden,
dureh den sie g(3tri(il)en werden mussteu, dm leicht IjewegTichen lünissand. liei
(hnn ein gelegcvntliclies Zusaninienrutschen dei- Wände weder beim (n-stcMi Anlegen
dei- Lfusher. noch beim späteren Ausräumen ders(dben vermi(;den werden konnte.
Bei breiteren l*fost"(^nl("»chern sass der Pfosten nicht in der Mitte, sond(!rn an
der Wand der (h'ube, was in Einschnitten in die über dem Eels liegende Thon-
schichte, in hier noeh sitzender festgestampfter Erde oder in Brocken des ob('n
genannten Gemenges aus Thon und SteincMi zu erkennen ist. Berücksichtigte
man aber das alles bcM den Ausgrabungen, so ergab sich, dass, wie bei den
Hütten, die Pfosten iu der Eegel in geraden Linien sassen, dass die Eluchtlinien
sich aber nicht rechtwinklig schnitten. Gerade Linien abzustecken verstand man
also bereits; aber man kannte noch ]ii(!hr den rechten Winkel, was ja uuch
bereits gewisse Kenntnisse in der Geometrie vorausgesetzt haben würde;. Die
Profile (i\ l>i. Ol IV und q /)\ zeigen die Durchschnitte durch einige Pfostenlöcher.
Bei <n l>\ ist das Pfostenloch durch ein älteres Grab und die hier 0,20 m hohe
Thouschichte bis in den Eels getrieben. Es zeigt sich liier, dass der im
Maximum 0,25 m starke Pfosten wahrscheinlich rund war. Bei J^roül Oi IV
hat sicli Pfostenloch I nicht gut gehalten. Es fällt in den ersten Versuchs-
graben und nmsste mehrfach ausgeräumt werden. Dadurch sind die Bimssand-
wäude abgenutzt und das Loch ist weiter geworden. II ist kein Pfostenloch,
sondern eine Grube für andere Zwecke. Pfostenloch III und die nach Norden
hin folgenden haben sich ziemlich gut gehalten und zeigten bei der Schluss-
aufnahme noch ihre ursprüngliche Weite. Neben III liegt in derselben Grube,
aber aus der Linie Oi, I, III, TV etwas abweichend, ein zweites um einige
(Zentimeter tieferes Pfostenloch. Hat hier einmal eine Veränderung stattgefunden
oder hat der eine Pfosten zur Verstrebung des anderen gedient V Das nächste
im Profil gezeichnete Pfostenloeh liegt, gleichfalls etwas aus der Linie Oi IV
abweichend, am Ostrande der zur Aufnahme des Pfostens hergerichteten Grube.
Bei Prohl q pi sind die Bimssaudwände des iA)ches gleichfalls stark abgenutzt,
es ist jetzt breiter geworden, als es bei seiner Aufdeckung war; aber die Ver-
tiefung in seiner Mitte hat sich gut erhalten.
Bemerkenswert ist, dass die Pfostenlöcher und auch die übrigen Gruben,
die in der Niederlassung aufgedeckt wurden, bis auf einige seltene Ausnahmen.
mir bis auf den Eelsbodeu und nieht bis m denselben vertieft sind. — Der
Grund ist vielleicht in der Unvollkommeuheit der Werkzeuge zu suchen, die in der
llallstatt-, d. li. der frühen Eisenzeit, wohl noch nicht aus Eisen, sondern ininn-r
noch aus einem anderen, weniger geeigneten Material hergestellt wurden.
Ausser den Pfostenlöchern wurden bei Aufdecken des Gebäudes auch einige
g r ö s s e r e G r üben gefunden, die teilweise von den Tennen bedeckt, teilweise
von ihnen frei gelassen waren. Lieber der schon beim Ziehen des ersten ^ ei--
suchsgrabens im Herbste 1899 aufgedeckten Grube \l wurde bei der Aufdeckung
160
von l»('i(l.'ii Touuon nii-lit.s hcmerkr. Auf <l<'r Siulostseitc ist sir mit »nucm
kleinen, scharf eingeschnittenen (Tiiiholien v(Msehon. das mit Humus, in dem sieii
einzelne Knhlonpartikelchen fanden, gefüllt war. ])ieses Grübchen erinnert an
die Zugkanälchen neben den Feuerstätten der kleineren Wohnstätten, dagegen
ist von einer durchs Feuer gehärteten Wand, wie sie sonst bei Aufdeckung
dieser Gruben gefunden wurde, hier nichts mehr zu sehen. Wiederholen nuiss
ich aber, dass die Aufdeckung der betreffenden Grube in den September 1899
fällt, wo weder ich. noch meine Arbeiter bereits die uCitigen Erfahrungen ge-
sammelt hatten. Eine zweite Grube — V2 -- zeigt das Profil q in. Sie liegt
ausserhalb des Baues, an der Nordfront desselben und seine hier einen Meter
über die Reihe der Pfostenlöcliei' vorspringende Tenne tritt bis an ihren Südrand
heran. J^eider konnte diese Tenne an der Stelle, wo das Profil qjOi auf-
genommen wurde, nicht erhalten werden, weil die Nordwand des hier auf-
gedeckten Pfosteulochs im oberen beweglichen Bimssand z. T. zusammenrutschte.
Die Grube ist 6,20 m lang, 2,70 m breit und \\m^ Sohle liegt 1.50 m unter
dem Niveau der Tenne. Die Nordwand ist dem ziemli(Oi steil abfallenden Hang
zus:e\vandt und besteht in ihren oberen Partieen aus Humus und der oberen durch-
lässigen Bimssandschicht«'. Man hat sie durch Auflegung einer 0,15 bis 0,20 m
hohen undurchlässigiui Schichte aus grauem {»lastischem Thon wasserdicht ge-
macht. Wir haben es hi(>r jedenfalls mit einem der auch anderw'ärts gefundenen
P)ehältei- zur Aufnahme von Regenwasser zu thun. Auf der Mitte der Ostseite
zeigt sich noch das Loch, welches das wahrscheinlicli vermittels einer wohl
,_ ,• <\i']\ iiiifli fla« Tinpli. wo
hölzern(Mi Kandel vom Dache herabfallende Rcgenwassor hier in den Boden
gewühlt liat. Drei weitere, von den Tennen nicht überdeckte Gruben, nämlich
Grube 10, deren Schnitt Profil Oi IV in seiner nördlichen Partie zeigt, Grube 11
(s. Profil o-, hl) und Grube o (Profil a-j 1h) müssen im Anschluss an die Ein-
teilung des Grundrisses des Baues besprochen werden, lieber die zwischen den
beiden Punkten VI und VL des Planes V eingezeichnete Grube 2 ist oben
Ijereits das n»»tige gesagt worden (s. S. 155). — Durch die obere Kante ihrer
Westb«»schung ist das südöstliche Eckpfostenloch des grossen Hauses getrieben.
Gleichfalls unter der jüngei-en Tenne liegt eine andere Grube — • 7 — . Sic ist 2,20 m
lang. 0.70 m breit und 0.40 m tief in den Bimssand geschnitten. In der Humus-
eint üllung fanden sicJi einige w-enige Scherben und Kohlen und auf der Sohle
lag <'ine längliche Steinsetzung, Ich möchte die (Jrub«^ 7 als ein älteres
(Jrab ansprechen. Die beiden (rruben 5 und 6, nordwestlich von der Grube,
H sind von der älteren und der jüngeren Tenne überdeckt. Sie zeigten Kohlen
und Scherben in derselben Weise, wie die Wohngrube 2 und das Grab 7. im
übrigen aber nichts charakteristisches. Ich möchte über ihre Bedeutung noch
kein Urteil abgeben. Beide werden von je einem Pfostenloch der darüberliegenden
bauliehenAnlage gcschnitten.Eine weitereGrube — 1 — an der Südfront,ProfiI (/.; />i,.
wird Ijis zur Mittelachse von den beiden Tenni^n bedeckt. Sie ist in den Fels
vertieft und stellt ein Grab dar. Das Gleiche gilt auch noch für zwei Gruben in
der Nordwestecke des Baues, deren eine --8 — zur Hälfte, deren andere — 9 —
dagegen ganz von der jüngeren Tenne überdeckt ist. Durch 8 ist wieder ein
Pfostenloch getrieben. Zu den Gruben 8 und *.i gelnii'en die l'roHle (t\ h\ und <t:. h:>.
IGl
\Vi(^ Taf'ol V orkonncii lässt. wiii'dcii diiivli (li(! Aufdcckim^iüi im Iclztcn
llovbsto dio Crenzon dor hcidon 'IViincni goriau bestiiinnt und aiidi über die
V c r t 0 i 1 u n i;' d o r [ n ii c; ii v ;i u in c dos Baues boroits ein J{ild ^'cf^cbon, das
allordino's iKtch Y('fV(dlst;indif>t woi'dcn inuss. Voi' allein fällt d i c A ii o r d n n n g
der ]^f() s f (• II I ü (• li (> r an {] o. v X (i f d o s r c e k c ins A u "• (;. Min- ist jedes
Tennenst.üiik so scM'gfältii;' mir dci' Erdsondc uiitcn-siiciit \vord(!n, dass ii-h nlclit
annehmen kann, irgend ein rt'ostenloeli sei übersehen werden. Die I'fnsfen-
lüchcr, (U^ren sicherlich noch eins gerade im Schnittpunkte der beiden Flucht-
linien unter einem gr(»ss(ui IhuiiiK! mit starkem Wur/elstock zu hndciu ist,
bilden li i (M' j e d e ii f a 1 1 s d i e Rest e d e v W ä n d e eines Sa a 1 e s. Er
liatte bei 11. öO m Längi^ ei im Breite von D.f) m. Seine Südwestecdce war ein-
gezogen und auf der Ostseite befand sich (dn Vorbau. Der Elächenraum der
Tenne dieses stattlichen liaums beträgt, von dem Vorbau abgesehen. 92,r)() qm.
Er bietet aber aucli nicht mir durch seine Abmessungen, sondern auch durch
die Anordnung der Tenne und /\V(;i in diese eingeschnittene (rruben uocJi ganz
besonderes Interesse. Die Südwestecke der Tenne bildet eine cn-hölite Plattform
von 6,20 m Länge und 4,20 m Breite, die auf einer von /n nach Süden
ziehenden Linie — siehe ProHl h /■ — ihn» Westgrenze hat. Die östliche der
beiden in die Tenne eingeschnittenen Gruben — 11 — stösst von Norden an die
erhöhte Plattform an und von dieser führt eine scliiefe Ebene, die unter dem
Wurzelstock einer Buche zu erkennen ist, bei /.v, auf den niculriger g(degenen
Teil der Tenne herab — Prohl m h. — Von da gelangt man dann in westlicher
Ivichtung wieder auf einer schiefen Ebene ins Lmere der (»rube 11. Dieselbe
ist ein Vierseit mit abgerundeten Ecken, dessen beide Acdisen ;5,50 m messen.
Ihr Boden liegt 1 m tiefer, als der höher gelegene und 0,60 ni tiefer als der
niedriger gelegene Teil der Tenne des Saales. Die Süd- und die Nordwand der
(»rube und die Abrundungen haben sehr steile, die iMitten <l(>r Ost- unti
der Westseite dagegen sehr Hache Böscliungcn. Nach Westen hin behnden
sitdi in der Grube vier Pfostenlöcher, die ungefähr je 0.20 i)reit und
bis zu 0,15 m in den Boden vertieft sind. Neben der Grube, auf der unteroji
Tenne, liegen die Reste einer aus grauem Thon und Steinen aufgebauten Bank,
wie ich sie wiederholt bei den kleineren Wohnstätten neben der Feuerstelle
gefunden habe. Neben der (irube 11 liegt eine wesentlich kleinere, aber 0,20 m
tiefere, zweite Grube — 10 - -. «leren Längsschnitt auf Prohl Oi IV zwischen III
und IV zu erkennen ist. In der unteren Kante ihrer B()S(duingen zeigen sich
kleine Einschnitte in den gewachsenen Grund, in weh^he wohl einst llölzei-
eingesetzt waren, die zur Befestigung der ziemlich steilen Wände gedient haben
möchten. Einige Andeutung(m sprechen dafür, dass in ihrer Ostwand, da wo
in der Nachbargrube, d(>ren Eingang gegenüber, die sehr flache Böschung auf-
gedeckt wurde, zwischen den beiden benachbarten (»ruhen eine Verbindung
hergerichtet war. Uelxu" die Bedeutung di(>ser beiden Gruben kann man imr
Vermutungen ausspreclien, die naturgemäss immer mehr oder weniger unsicher
sein müssen. Eine sohdie Vermutung drängt aber der Vergleich mit der an
der Nordwestecke des grossen Hauses gelegenen Hütte auf — Tafel V /' —
Auch in ihre Tenne sind zwei ({ruhen eingesclniirten. Die eine ist eine Feuei-
11
1()2
s
stello mit dem typisdicn, ins Froio f'üliri'ndtMi Zu<i;krtn;il('li('n auf dov Südscito.
JS'ehoii ihr liegt eine O.oO m tiefere zweite Grube. Sie steht mit der ersten
in Verbindung- uml irli möchre mit-h niclit lange besinnen, in ihi'. w'w das bei
der oben beschriebenen Hütte in der "Waldecke nächst Neuhäusel der Fall ist.
einen Yorratsraum zu erblicken. Sollte hier. b(>i dem grossen Saale die Sache
nicht vielleicht ähnlich liegen, sollte nicht (irube 11 die Feuerstelle und (Jrul)e 10
der Vorratsraum sein? Dann fände auch die an der Nordseite der (Jrube gelegene
Bank ihre Erklärung, da ich ja solche Bänke bei den gewöhnlichen Wohnstätten
wiederholt neben den Feuerstellen gefunden habe. Der Umstand, dass dann
die Feuerstelle die Abmessungen einer kleinen Ifüttc^ liätte. kann kein Befremden
erregen; denn auch bei den gewöhnlichenWolmstätten sind Feuerstellen aufgedeckt,
die so eingerichtet waren, dass neben dem Feuer mehrere Mensehen Platz hatten,
um sich zu wärmen oder gewisse Arbeiten auszuführen. Nimmt man aber an,
dass die Grube 11 eine Feuerstelle gewesen sei, so findet man auch eine Er-
klärung für die vier Pfostenlöcher. Bei den Feuerstelleu der gewcdinlichen
Wohnstätten ist inmier das nach aussen führende Zugkanälchen vorhanden, das
nicht nur die Luftzufulir vermittelte, sondern auch einen Teil des Bauchs nach
aussen ableitete. Diese Einrichtung fehlt hier, aber es war doch wohl bei dem
grösseren und gewiss auch vornehmeren Bau ein gewisser Ersatz für sie vor-
handen. Ich wage es, die Hypothese aufzustellen, dass in den vier in den
Boden der Grube eingeschnittenen Löchern einst vier Pfosten sassen, die über
das Dach des jedenfalls einstöckigen Baues hinausragten und selbst ein ])ach
trugen, das vor Sonne und Regen schützte, aber zugleieli (luveli einen zwischen
beiden Däeheiu befindlichen freien Raum dem Rauch den Abzug gestattete.
Durch Verbindung der vier Posten mit dem Balkenwerk des JLauptdaches konnte
diesem kleinen, aber verhältnismässig hohen Bau leicht die nötige Stabilität
gegeben werden. Aehnliche Einrichtungen habe ich bei ältcn-en Häusern für
industrielle Zwecke gesehen, ähnliche Einrichtungen finden sich noch jetzt bei
alten niedei'ländischen Bauernhäusern und eine ähnliche Vermutung spricht in
„Schliemann, Tiryns", Kaj). V. S. 247 auch Dörpfeld bezüglich der Rauch-
abführung im Megaron der Männer in dieser prähistorischen Burg aus. Die in
Grube 11 gemachten Kohlenfunde unterschieden sich nicht von denen in anderen
Feuerstellen. Einige Spuren wiesen darauf hin, dass das Feuer in ihrer Mitte
gebrannt habe und die Scherben waren in ziendich grosser Masse vorhanden.
Besonderes Interesse aber verdienen zwei grosse Stücke von Reiber und Reib-
steine einer Handmühle aus Basaltlava und zwei durchlöcherte runde Gebilde
aus Thon, deren (^ines, welches leider abhanden gekommen ist, sicherlich ein
Spinnwirtel war, während über die Bedeutung des zweiten — Fig. 6, i., S. ISI
— noch ein Zweifel bestehen juuss. Die Funde sprechen dafür, dass in dem
Räume auch gesponnen und gemahlen wurde.
Ob der nach Osten angeschlossene Vorbau ein geschlossener Raum i)der
etwa eine offene 1 lalle war, lässt sich zur Zeit nicht entscheiden. Dass zwischen
diesem Raum und dem Saal eine Wand durchgezogen sei, lässt sich wohl aus
der verschiedenen Höhe der Tennen schliessen — Profil h h bei h. — Eigen-
tümlich ist das weite Vorspringen der Tenne in der Ecke bei VII2, das sich
übrigens auch an der Xordostecke des älteren Baues findet.
16a
Im Wosten schliesst. sidi ;in d'w gutorlialtciH^ 'I'cniH; des grossen Saalos
eine Fläche an, auf <lei' iiiilic in denselben Fhielitlinicii sitzende ]^f'()stenl<)clier
aufgedeckt wurdtsn, abei- bis jetzt keine Spunni von gestampftem Thon gefunden
werden konnten. Ein (rebäude hat liier wolil gestandcni, dafür sprechen die
Pfostenlöcher; aber einen gestampften Jjodcm. wie die übrig(ni (lebäude, liat es
sicherlich nicht gehallt. Wdv es vielleicht ein Stall iiir llausti(!reV Dann -wäre
die Lage (U'r Cisterne an dei' Nordseite des grossen (iehiiudes eine; sehr gut
gewählte gewesen. Bemerken muss ich noch, dass an der "Westspitzc der
Wassorgrube die zwischen ihr und (h'r Wand des Saah's hijiziehende Tenne
nicht, wie das sonst hier und da vorkommt, mit einem (iemenge von Thon uml
Steinen, sondern mit eiuei- entschieden festeren Schicht aus kleinen Steinen
festgemacht ist. ITatte das vielleicht darin seinen (irund. dass hier das zum
Tränken der Tiere uötig(! Wasser geschöpft wurde; V
Bei den Grabungen im Herbst 1900 glaubte icJi auch an disr Südwestecke
des grossen Saah^s, wo sich die Linbuclitung befindet, eine Stelle ohne T(»nne
gefunden zu haben. Aber als icli in diesem llerbst(! die ganz«; Fläche (Ujr
grossen Anlage von der bei den Grabungeui allmählich aufgehäuften p]rde frei-
gemacht hatte, ergab sich, dass hier eine Täuschung vorlag. Die; tennenlose
Fläche rührte von einem wieder zugeworfenen Yersuchsschnitt aus den» Herbste
1899 her. Trotzdom möchte ich beim Hinblick auf das hier befindliche Viereck
von Pfostenlöchern und die Einbuchtung an der Südw(!st<?cke des grossen Saales
den Gedanken an einen atriumartigen Innenhof auch jetzt noch nicht aufgeben,
denn dei' in diesem Frühjahr von mir an anderer Stelle vorgebrachte Grund,
dass mau in der Mitte des letzten Jahrtausends vor Christi Geburt hierzulaud
noch nicht im Stande gewesen sei, einen Bau von solchen Abmessungen mit
einem einzigen Dach von 18 oder vielleicht gar von 22,50 m Breite zu über-
spannen, besteht für mich noch jetzt und den an derselben Stelle von mir gegen
das etwaige Vorhandensein einer dachlosen Tenne gemachten Einwand, dass sie
sich im Regen nicht halten könne, möchte ich nach den im letzten Herbste
gemachten Erfahrungen nicht mehr aufrecht erhalten. Denn damals haben die
aufgedeckten Tennen die schwersten Regengüsse vorzüglich überstanden, wenn
nur das Wasser nicht in strömende Bewegung kommen konnte. Dieser Be-
dingung ist aber bei einem Innenhof von selbst entsprochen. Der hier an-
genommene Innenhof, wenn er ein solcher war, hätte eine Länge von 11,;)0 m
und eine Breite von 7,50 m gehabt. Hoffentlich findet sich für einen anderen
als mich, recht bald die Gelegenheit, an anderen Gebäuden ähnlicher Art zu
prüfen, ob solche Innenhöfe daselbst vorkommen oder nicht.
Betrachten wir die Südseite dieses mm einmal angenommenen Innen-
hofes, so stossen wir auf einen grösseren Bau, zu dem vielleicht bereits im
Herbste 1900 an einer anderen Stelle der Neuhäuseier Niederlassung ein Seiten-
stück gefunden wurde. Es ist das der Ilauptbau des grösseren Gehöftes in der
Waldecke nächst Neuhäusel — Tafel IV. -- Von dem nordwestlichen Eckpfosten-
loch der Hofseite des hier soeben besprochenen grossen Baues — Tafel \ —
bis zu ihrem nordöstlichen sehen wir eine Fluchr von 7 Pfostenlöchern. die eine
liänge von 1 1,50 m besitzt. Dass das östliche Pfostenl-M h nm 0.0 m .lus der Richtung
11*
164
llb^Yoieht, darf uns nicht bofriMndcn. denn Aohnlicbes findet sich auch bei den
Pfostcnlöcherfluchton os hs und YIi YII. Vor der Fkicht dieser 7 Pfostenlöcher
liegen dann noch zwei weitere, die \Yohl von einem auf der Nordseite des
betreffenden Baues in don Ilnf vorspringenden Vorbau liorrühren. Bei dem
anderen Gehöfte in der Waldecke hat di(> nllerdings noch iiirht in allen
Pfostenlöchern aufgedeckte Südseite des Hauptbaues eine Länge von lo m und
ihr war ein Vorbau mit zwei Pfosten nach Süden vorgelegt. Ob die Pfostenlöcher
westlich der Reihe ok bs auf Tafel V zu dem eben erwähnten Hauptbau oder
vielleit'ht, wie ihre (Mgentümliche V('rt(ülung sogar vermuten lässt, zu einem
Nebenbau gehörten, ändert wenig an der Sache. War Ei'steres der Fall, so war
der hier — Tafel V — in Betracht kommende Bau, welcher die Südseite des
Innenhofes bildete^, eben nicht nur breiter, sondern auch länger, als der Haupt-
bau des Gehöftes in der Waldecke. Die Westseite des Hofes wurde durch
ein schmales Gebäude von unregelmässiger Form gebildet, das sich an die
oben besprochenen Jväuine ohne Tenne anschloss, aber selbst mit einer Tenne
versehen war,')
Der Innenhuf wird der Länge nach durcli die Nordgrenze der Tenne des
älteren Gebäudes geschnitten. Es wirft sich nun die Frage auf, war das
jüngere Gebäude ein vt)llständiger Neubau oder der Hauptsache nach ein Er-
^\eiterungsbau mit Beibehaltung bereits vorhandener Teile. Ich muss auf Grund
der bis jetzt gemachten Erfahrungen der letzten Annahme beipflichten.
Auf das Vorhandensein zweier Anlagen von verschiedenem Alter schloss
ich bei Beginn der Untersuchungen aus dem Nachweis von zwei übereinander-
liegenden Tennen und von Abweichungen in der Richtung der Fluchtlinien der
Pfostenlöcher. Letzterem Grunde kann ich nach den seitdem gemachten Er-
fahrungen keine Berechtigung mehr zugestehen. Die Fluchtlinien verlaufen im
allgemeinen gradlinig, aber sie schneiden sich nicht rechtwinklig. Die Normal-
form des Grundrisses der Gebäude ist nicht das Rechteck, sondern das Trapez.
So fand ich es bei allen Wohnstätten der Neuhäuseier Niederlassung, so fand
ich es in den letzten beiden Jahren bei wohl der La Tenezeit angehörenden
Gebäuden bei Butzbach, so wurde es auch bei den Ausgrabungen auf dem Mont
Beuvray bei Autun zwischen Saone und Loire in Frankreich, der Gallierstadt Bib-
rakte, bei den der späten La Tenezeit angehörenden Gebäuden gefunden. Ich
sehe deshalb in dem Mangel an Parallelismus im Lauf der beiden Fluchten der
Nord- und der Südwand jetzt keinen Grund mehr zu der Annahme, dass sie
*) Lagen die Räume Avestlich der Linie as bs in der älteren Anlage im Hauptbau, so
hatte dieser eine Länge von 15,00 m und eine mittlere Breite von 13,00 m. Auf den erweiter-
ten Bau käme dann eine mittlere Breite von 22,70 m. Lagen die Räume westlicL von as bs
in der älteren Anlage in einem Anbau, so hätte der ältere Hauptbau eine Länge von 11,00 m
bei einer mittleren Breite von 10,50 m, und der erweiterte Bau, wenn seine "Westfront etwa
in die Linie os bt, fiel, immer noch eine für die Spannweite eines Daches sehr bedeutende
Breite von 18,30 m. Bei dem grüssten Holzbau im Quartier der Emailleure in der Gallischen
Stadt auf dem Mont Beuvray — BuUiot, fouilles de Mont Beuvray, Tome II, Plan II des
fouilles en 1869, (Quartier CC — beträgt die Breite nur 10 m und bei einem von mir im
letzten Spätherbsto bei Butzbach in der Wetterau aufgedeckten Hau, wohl aus der späteren La
Tenezeit, betrügt bei 111,70 m liängo die grösste Breite ebenfalls nur 10 m.
165
etwa jcwoi verseil icdonon Inuipcriodcn angehüren. Aber aucJi sonst uilif die
Stell unf^- der Pfosteiilüclier keinerlei Veranlassung, auf «jinc; Yeräuderun,y; des
Grundrisses l)ei dem Umbau zu schliessen. ])ies(!r Umbau beistand vielleiclit
in einer unstreitig- von Zeit zu Zeit nötig wi^rdenden Erneuerung des Jltdz-
gerippcis des alten Baues mit Benutzung dvv bereits vorhandenen l'fostenlöcher
und Neuherrichtung der Tenne unter gleichzeitiger Erweiterung des J5aues nach
Norden und Osten hin. Diese Erweiterung wurde vielleicht durch die lOrrichfung
des grossen Saales veranlasst, dessen eine Ecke bemerkenswerter Weise; mit «Icr
Nordwest(u^ke des älteren Baues zusanmumf'ällt.
Bezüglich der inneren Einteilung kann die Untersuchung bei dem Gebäude
auf der Südseite des Hofes noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden.
Hier wäre eine nochmalige genaue Untersuchung der Tenne; mit Benutzung der
Erdsonde angezeigt. In dem westlichen Teile dieses Gebäudes, jenseits der
Linie os hu, vielleicht auch in einem Anbau, lagen jedenfalls einige voneinander
abgeschiedene Käume. Die sorgfältige Herrichtung ihrer bcndeu Tennen und
Stücke von gut geglättetem Wandverputz lassen sogar darauf schliessen, dass
sie vielleicht in beiden Bauperioden anderen Käumen gegenüber einen gewissen
Vorzug genossen hatten. An einen dieser Räume stiess die Wassergrube ;3 an,
die sicher eins der interessantesten Objekte der ganzen Anlage ist. Sie ist
4,70 m lang, 2,50 m breit und von der Tenne an gerechnet 1,10 m tief,
wovon 0,G0 m auf Einschnitt in den Fels kommen (s. Profil 02 1)2). Auf der
Ostseite hatte sie, wie es scheint, einen Eingang, auf der Westseite war ihre
Wand durch zwei Pfosten der Flucht und einen etwas zur Seite sitzenden
schwächeren Zwischenpfosten gestützt. Die Grube war jedenfalls ein Wasser-
behälter; sie unterscheidet sich aber von den in der Neuhäuseier Niederlassung
anderwärts aufgedeckten Cisteruen wesentlich durch die eigentümliche Kon-
struktion der Nordwand. Bei den Cisternen ist immer eine Wand durch Auflegen
einer Decke von Thon und kleinen Steinen wasserdicht gemacht. Hier sah man
aber gerade au dieser Stelle den aus Fels bestehenden Teil der Grubenwand
durchbrochen. Man hatte dann die Durchbruchstelle zwar wieder durch einen
bis zur Tenne — Profil (12 1)2 — hinaufreichenden Damm aus der vielfach an-
gewandten wasserdichten Masse — Gemenge von Thon und Steinen — ge-
schlossen, aber in diesem Damme einen Kanal angebracht, mittels desjscn das
in der Grube angesammelte Wasser in eine anschliessende kleinere, aber 0,oO m
tiefere Grube abfliessen konnte. Bei den heftigen Begengüssen Ende September
d. J. machte ich die Bemerkung, dass die grosse Grube 3 sich bei jedem
Kegenguss etwa zur Hälfte mit Wasser füllte, aber dann in einigen Stunden
sich immer wieder bis auf einen haudhohen Kest entleerte. Diese Beobachtung
veranlasste mich, jenseits des erwähnten künstlichen Dammes den Boden bis auf
den Fels auszuheben, um zu untersuchen, in welcher Richtung thatsächlich das
Wasser einen AbHuss gefunden hatte. Da zeigte sich denn vor allem, dass
sich der Felsgrund westlich der Linie a» ts rasch bergab senkte. Weitcu- fanden
sich an der Stelle, die auf Tafel V (hu- erste Pfeil angibt, zwischen der Fels-
kante und dem Bimssand, Schlamm und Laub und zwar an «üner Stelle, wo die
Kante des abfalleiulen Felsbodens crwa in gleichem Nivemi mit der tiefsten
166
Stelle der sprossen Wiissei^rube lieut. Das Gleiche fand ich iu der Richtimg
der drei uuderen Pfeile. Und beim noch weiteren Verfolgen dieser Schlanini-
spiiren führten sie auf zwei sehr tiefe Gruben, die in Profil ai hi im Durch-
schnitt gegeben sind. Bemerkenswert ist dabei, dass das vorgenommene
Nivellement — Profil a^ h> und ai h\ — für die tiefste Stelle der Grube 3 und
die westliche Felskante der Sickergrube — Profil (i\ /n — . über die das Wasser
bergab Hiessen kann, eine Tiefe von om und o. 1.") lu unter dem für die aanze
Aufnahme des Baues angenommenen Horizont ergtib. dass also eine vollständige
Entleerung jener Grube auf diesem Wege möglich ist. Das interessante Ei-
gebnis der betreffenden Untersuchung war also, dass die neben bewohnten
Räumen des älteren, aber nach der Vergrösserung in ähnlicher Weise wohl noch
weiter benutzten grösseren Baues gelegene Wassergrube durch ein künstlich
angelegtes Kanälchen entleert und das Wasser unter Beimtzung einer unmittelbar
an sie anschliessenden und zweiei- weiteren nördlich von ihr gelegenen Sicker-
gruben thalwärts geführt werden konnte.
Ueber die genauere Einteilung des grösseren Baues, in dem diese Grube
liegt, in der früheren und späteren Periode und ebenso über die Raumverteilung
der Erweiterung auf der südlichen Hälfte der Ostfront konnten die Arbeiten im
letzten Herbste nicht mehr zum Abschluss gebracht werden. — Die Rekonstruktion
des grossen Baues macht viel Bedenken, da als Material hierfür nur die Tennen,
die Gruben und die Pfostenlöcher vorliegen. In der Hoffnung, dass es bald
gelingen werde, anderwärts an einer ähnlichen Anlage eine vergleichende Prüfung
vorzunehmen, habe ich es trotzdem gewagt, in Yorstehendem einige Gedanken
darüber zu äussern, die ich mit allem Vorbehalte iu Folgendem kurz zusammen-
fassen möchte:
Die ganze bauliche Anlage bestand wohl ursprünglich der Hauptsache nach
aus einem grösseren Haus von 1 1,50 m bezw. 15 m Läng(^ und 11 m bezw. 10,50 m
mittlerer Breite, dem dann später, unter durch die wachsenden Dimensionen
notwendig gewordener Zufügung eines Innenhofs, die Erweiterungsbauten an-
geschlossen wurden.
Eine ganz eigentümliche Anlage ist das auf Tafel V mit Pa bezeichnete
Viereck, das leider bei der Untersuchung zerstört werden musste. Es war ein
viereckiger, fester Klotz aus jenem schon mehrfach erwähnten betonartigen
Gemenge von Tli(m und Steinen von 2,40 m Länge, 1,90 m Breite und 0,50 m
Höhe, dessen Westseite noch durch eine Steinkante verstärkt war. Das ganze
Gebilde war auf eine» reine Bimssandfläche aufgesetzt, die ausser wenigen zer-
streuten Kohlen nichts zeigte. Das Ganze erinnerte mich an die Grab-
grube 9, die bis zu ihrer Sohh; mit jenem Gemenge ausgefüllt war. unter-
schied sich aber dadurch von ihr. dass die dort eingebetteten Scherben hier
fehlten.
Als im Herbste 1^09 auf d(!m Platfiau nrirdlich von dem l'ichtenkopfe
ein System von J^fostenlöchern aufgedeckt wurde, das zu einem Dau von
grösserem Umfang, als die gewöhnlichen Wohnstätteii lim besassen. zu gehören
schien, glaubte ich, es sei vielleicht ein Tempel. Damals hatte Bodewig im
Koblenzer Stadtwalde seine sch<"iii<'n Entdeckungen geniadit und als ci' mir unter
167
den llestcn seines keltisclwn .Merkurtempels die Kestc eines älteren, aus Holz
gebauten Tempels zeigte, kennte mich das in meiner Yermutuug nur bestärken.
Aber seitdem fand ich nichts mehr, was sie i)estätigte. Vorübergehend dachte
ich auch an ein sonstiges ött'entlicJies Gebäude und nannt«' es Besuchern gegen-
über scherzhaft das Kathaus. Aber die ganze Einrichtung und Einteilung des
Baues, die ^Vassergrube an seiner Nordseite, der grosse Saal in der Nordostecke
mit s(>iner grossen Feuerstelle und daneben liegender Grube und das \(»r-
handensein von abgeteilten Räumen, wie sie sich namentlich auf fler ^Vestseitc
zeigen, dann endlich die Ixnveglichen Fundstücke sprachen docli nach und nadi
immer entschiedener dafür, dass es sich auch hier um eim; Wohnstätte handle
und zwar um (üne solclie. in dem ein bt;reits in grösserem Stil eingerichteter
Haushalt gefühlt, worden war. Schon das grössere Gehöfte in der Waldecke
nahe b(ü Neuhäusel — Tafel IV ~ hat erkennen lassen, dass, als die Neuhäuseier
Niederlassung blühte, zwisclien ihren einzelnen Bewohnern ein Unterschied
bestand, dass einzelne durch Besitz oder aus anderen Gründen hervorragten.
Jtier haben wir es wieder mit dem Wohnsitze eines solchen Mannes zu thun
und zwar mit einem solchen, bei dem das noch deutliclier hervortritt. Suclit
man das ganze Gelände ab, über das die grosse Niederlassung sich ausbreitet,
so wird man keine Stelle finden, die für Errichtung eines Bau(!s von hervor-
ragender Bedeutung sich besser geeignet hätte, als das vom Platzer Bach um-
fiossene und nach diesem steil abfallende Plateau am Nordabhang des Fichten-
kopfes. Hier hat denn auch ein in seiner Bedeutung über die anderen hervor-
ragender Mann seinen zwar primitiven, aber in seinen Abmessungen und in der
Art seiner Anlage vor allen anderen sich auszeichnenden Wohnsitz errichtet.
An einer anderen Stelle habe ich mich dahin ausgesprochen, dass in dieser
Wohnung der Saal in der Nordostecke wohl eine ähnliche Rolle gespielt habe,
wie in der prähistorischen Burg von Tiryns das ]\[cgaron der Männer und in
den späteren mittelalterlichen ]5urgen der Puttersaal. Ich möchte auf Grund der
seitdem angestellten Untersuchungen das wiederholen.
Auf der Südfront des grossen Baues springen zwei starke Pfostenlöcher
bis zum Rand der Tenne vor. Sie rühren vielleicht von einem Thor lier.
Vorwärts derselben bis zur unteren Kaute des aufsteigenden Hanges, auf dem
sich alsbald wieder gewöhnliche Wohnstätten zeigen, liegen noch unaufgedeckte
bauliche Anlagen, die mit dem grossen Gehöfte in Beziehung stehen dürften.
Vielleicht gilt das auch bezüglich der Hütte an der Nordwestecke — Tafel V F. —
Der U m f a s s u n g s g r a b e n der Niederlassung. Bei der Durch-
forschung der Neuhäuseier Niederlassung drängte sich ganz von selbst die
Aufgal)e auf, nach einer Schutzwehr für ernste Zeiten, sei es in Form einer
Zufluchtsstätte, sei es in Form einer Befestigung der ganzen Niederlassung oder
doch wenigstens eines Teils derselben zu suchen. Die Sache erschien um so
dringlicher, als kurz vorher auf dem linken Rheinufer zwei derartige Schutzwehre
teils gefunden, teils genau untersucht worden waren : die grosse Umwallung bei
Urmitz durch das Bonner Provinzialmusinim unter Leitung von Koenen und
der vierfache Ringwall auf dem DiuumeUx rg bei Koblenz durch Bodewig.
Zuerst wurde im Innei'n ilei' Il;niprgru]ijM«. ;iuf ileiii (Jijtfel de- Fiehtenkopfes
108
im Eiti^lljurnor Stoinraust-li. luxcli einem liiiigwulh' gesucht, aber uliiic Erfolg.
Dasselbe negative Ergebnis hatte das Begehen beuaclibarter WaUlparticen und
Kuppen. Darauf nalim ich vitm sog. „Uillscheider Stock", dem Wegweiser,
Avo die Uillscheider Strasse vtiu der Mt>utabaurer abzweigt, aus. wo sieh die
Nordwestecke der Hauptgru]»pe der Niederlassung befindet, in ungefährer Ver-
folgung ihrer Westgrenze eine genaue Absuchuug des bewaldeten Berghauges
bis zum Platzer }iache hinab vor. die mich bald auf Spuren führte.
Geht mau vom Uillscheider Stock ungefälii' GO m dem Waldwey entlanii'.
der in dem Winkel zAvischen der Uillscheider C^haussee links und der Moutabaurer
Landstrasse rechts in die Mitte der llauptgruppc der Niederlassung führt
— s. Karte — , so sieht man ungefähr 20 m links vcui diesem Weg eine Hache
Grabenmulde von ungefähr 5,00 m Breite. i\tlgt mau dieser Grabenmulde
35 m, so stösst nuiu auf die llillscheidei' Chaussee. Jlier uuicht sie, fast
im rechten Winkel, eine Biegung nach Norden. Sie bleibt weiter auf der
rechten, d. h. der Ostseite der Uillscheider Chaussee, die 50 m nördlich
von dem Punkte, wo der Graben sie trifft, von einem "ut gebauten Waldweff
geschnitten wird, der an der Berglehne hin bis zum Platzer Bach hinabführt.
In dem jungen (ieliTilz rechts von diesem Waldweg bleibt die Grabeninulde stets
sichtbar. 140 bezw. 155 m nördlich von dem zuletzt bezeichneteu Punkte
werden der thalwärts führende Waldweg und die (iiabenmuldo von einer im
letzten Jahre teilweise ausgesteinten Waldschueise geschnitten, die in nord-
östlicher Kiehtung am Nordhaug des Fichtenkopfes hinführt. Der Graben be-
hält immer seine ursprüngliche Jlichtung zur rechten Seite des Waldweges
bei. liier und da zeigen sich auf seiner rechten, d. Ii. der Innenseite, auch
schwache Reste eines Erdauf'wurfes. 335 m weiter, in der (irabenmulde gemessen,
tritt diese auf die linke Seite des Weges, der hier, wo das (üdände rasch fällt,
eine Biegung nach Osten macht. Der Graben umzieht hier, auf 93 m Länge
parallel zum Weg, einen kleinen Bergvorsprung, den c\n 80 m langer, geradlinig
verlaufender, ziemlich breiter ujid tiefer zweiter (iraben abschneidet. Auf der
linken, nördlichen Wegseite, 93 m von dem letzten Pujikte entfernt, treffen sich die
beiden Gräben wieder. Ton dieser Stelle an ist nur noch ein einziger (iraben zu er-
'ft'
kennen, der in wesentlich nordötstlicher Richtung ziemlich steil den Hang hinabzieht,
nach 1 in m abermals von einem .Weg geschnitten wird und nach weiteren 140 m den
Bach trifft. Bemerkenswert ist noch, dass an dieser Stelh; die linke, d. li. die äussere
(rrabenseite sich zu ciiusm Damme entwickelt und in der Thalsohle noch Spuren
davon zu erkennen sind, dass das Wasser des Baciu's einst hier gestaut werden
konnte. Aber von (iiner Thalsperre aus verhältuismässig junger Zeit rührt jener
])amm nicht her, denn er trifft den Bach uichr im rechten, sondern im spitzen Win-
kel, hat also sicherlich nicht den Zweck gehabt, den Bach in seinem jetzigen Laufe
zu sp(!rren. Gehen wir zum Ausgangspunkte unserer Abschreitung, dem Auf'angs-
]iunkt des flachen (iralieiis in der Nälie des Uillscheider Stockes zurück, so
linden wir etwa 30 m östlich dieser Stelle wieder eine, allerdings sehr und(!utliche
Grabenmulde, die, wenn man sie in (Istlicher Richtung weiter verfolgt, sich in
einejji spitzen Wijdiel gegen die Montabamvi' Staatsstrasse wendet. Bald zeigt
sich auch ein ileutlicher (ii'aben. der. uieisr auf seiner Jiückseite von einem
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Erdaufwiirf bogleitot. dci- Stnissc piii'allcl hinzioht. Er fülirt his /um Ilodi-
rescrvoir tler Xouliäusolor und EitciUxiriiri' Wussorleituny und ist aucli JL'Uscits
dcssclNcn noch auf eine kurze Strecke* /m erkennen. Aui incistt-n fällt er in
ihn- Nähe d(!s geniinntcii llochveservoirs. auf der Südseite des Fichtenk(»i)f('s in
die Augen, wo die giin/e Anlage einem mir (rraben versehenen Itingwalle
gleicht. Das wiederholtem Abgehen dei- (irabenmuldc vom Jlochreservuir bis zujii
Plutzer Urtch und ihr Eintrag in die im Maassstube 1 : ;5000 gezeichnete Wald-
kurte ergab, duss «!s sich um eine zusummeidiängende Anlüge; handedt. die* auf
dieseu- Strecke lolO m ]jäng(* besitzt. DU) Vergleiclmng der Höhenlage schloss
selbst füi- einzelne Teile; den (Jedankeii aus, dass es sich um einen Wassergraben
lumdele unel die gauze; Traciemrung lie-ss es auedi sehr uinvahrscheinlie-h tinden.
in dem (fraben eine Wegaulage zu erkennen, wenn sie auch die Möglichke'it
nicht ausschlüss, dass einzelne Teilstrecken auch einmal als Wege benutzt worden
seien. Weiter war es von Interesse, dass auf der Innenseite auf der ganzen
Weststrecke und in der Nähe des Keservejirs die Wohn- unel (Jrabhiiaed liis
elicht an den (Traben lierantreteu, dass sie dagegen auf der xVussenseite elcr
Südfront ganz fehlen und auf der Westseite, von einem vereinzelten Falle ab-
gesehen, durcli grössere Zwischenräume von ihm getrennt sind.
Ich nahm nun au vier vei'schiedenen Stellen dm- Westfie)nt Ausgrabungen ve)r.
D i (> erste A u s g r a )j u n g deckte a m JI i 1 1 s e- h e i d e r St o c k
d a s A u f a n g s s t ü c k des Grabens auf 25 m Länge auf — Tafel VI, Fig. I. —
Es ergab sich ein durchschnittliedi 4 m breiter Graben von nahezu 1 m Tiefe,
mit nuissig steilen Böschungen und an seiner breitesten Stelle '2 m l)reiter Sohle.
In eleu Böschungen, teilweise auch am Fusse de3rselben, sassen starke l^fosten-
le)cher se), dass sie auf eine Länge von 17 m zwei nahezu parallele Reihen
bilele^ten. (icgen sein Ende; nach Oste-n Iiin spitzte eler (Jrabeu sich zu unel
hier sassen auch die Pfostenlöcher der Sohle näher oder in derselben. Sie waren
teilweise breit und gegraben, teilweise schmal und offenbar eungeschlagen. wie
mau aus der kreisfönnigen, 10 bis höchstens 20 cm breiten Unterbrechung der
Brizzeschicht") erkennen konnte. Hinter dem (fraben war noch eine zweite,
breite, aber sehr seichte Einsenkung zu erkennen. Einige Einschnitte deckten
hier Tennen, Pfostenlöcher und eine Feuerstelle von (febäude'n. aber ke'ine'n
zweiten Graben auf.
Eine z w e i t e; (i r a b u n g w u r el e 280 m w e i t e r n e) i- d w ä r t s v o r -
genommen. Sie deckte ein Grabenstück ve)n 12 m liänge auf — Tafed YI,
Fig. II. — Der (Jraben war hier im Durchschnitt 4,2") m breit unel bis 1,20 m
tief. Im übrigen zeigte er dasselbe J^re)til. wie bei der vorhe'rige'U Aufeleckung.
Die Pfostenlöcher sassen teils in der Mitte, teils am unteren Bande der
Böschungen und waren regelmässig elurch den Bimssand bis auf den Fels eider
die über dem l'els liegende The)nschicht getrieben. Auf ein breites, gegrabe-nes
Loch folgten immer mehr(3rc schmälere, mit 0,15 bis 0,20 m breiter, kreisförmiger
Durchbrechung der Brizze. Hinter elcm (iraben, auf der Ostseite, sind hier
*"'; Die Urizze ist eiin' iliimit'. selir t'üsto niiiissaiidscliiclit, dii' wasserln'Stiimli- ist und
sic)i iiiclit ändert.
ITC
noch die Reste eines Ertlaufwuifs zu erkcnnrn. Xidit unbemerkt darf bleiben, dass
die der Grubenbüsohunu- zuirekelirteu Luclnvände senkrecht uder doch wenigstens
sehr steil waren, die gegenüberliegenden dagegen vielfach eine flachere Böschung
zeigten.
Der d r i 1 1 e E i n s (• h n i 1 1 . 65 m w e i t e r t li a 1 w ii r r s . deckte,
w i e G r u n d r i s s u n d P r o f i 1 — Tafel VI. Fig. 111 — e r k e n n e u 1 a s s e n .
w i e d e r d e n S o h 1 g r a b e u ni i t P f o s t e n 1 ö c h e r u in d e n B »"» s c h u n g c n
auf. ab e r hie r mit ein e r r h o r a r t i g e n U n t e r b r e c. li u n g. Die
Krone des den (rraben überbrückenden Erddamms war sclimal. nur 2,;)0 m
breit, aber durch häutige Benutzung liartgetreten und glich in dieser Beziehung
der Tenne einer Wohnstätte. Niciit unbemerkt darf bleiben, dass in den beiden
Grabenenden rechts und links von diesem Eingang di(^ Pfosteulöcher ähnlich
auireordnet sind, wie bei dem zuerst aufgedeckten Grabeneude — Tafel VI,
Pi,r. I. _ Wieder 20.') m tliulwärts. an der Stelle, wo ein kurz
vorher abgezweigter ( f r a b e n s i c li wieder mir dem s e i t h e r
verfolgten S o h 1 g r a b e u vereinigt, machte ich ein e n ^• i e r t e n
Einschnitt, Die Untersuchung wurde liier dadurch erschwert, dass der
Graben an einem ziendicli steilen Hang liiuzieht und offenbar lauge Zeit als
WoiT benutzt worden war. wie sich aus einer ruh liergerichteten Steindecke
o
von verschiedener Stärke in seiner Sohle erkennen Hess. Auf 21 m Länge
wurde hier der Graben aufgedeckt und es fand sicli unter der Steindecke ein
Sohlgraben ähnlicher Art, wie bei den drei vorhergehenden Schnitten, von rund
4 m Breite mit Pfostenlöchern und Steinsetzungen am Fusse der beiden
Böschungen. Die Steine hatten offenbar zum Befestigen der Hölzer gedient,
weil am steilen Hange der Fels hocli liegt und das Anlegen genügend tiefer
Pfostenlöcher erschwert wird. Am vorderen, nordwestlichen Ende des Grabens
fand sich derselbe ebenso wie 266 m aufwärts von einem stehengelassenen Erd-
damm durchschnitten. Hier lag also wieder ein Thor, durch das man den nur
100 m entfernten Bach rasch erreichen konnte. Geht man dem Graben nach,
so beträgt der Abstand des Thores vom Bache 250 m.
Der Bach Üiesst hier auf eine lange Strecke in einer tief eingesclmittenen
Schlucht, die eine künstliclie Sperre ersetzen konnte und thatsächlich auch wohl
als Abschluss der Niederlassung nach dieser Seite hin gedient hat. Denn von
Westen her — s. d. Karte — treten die Wohn- und Grabhügel ganz nahe an den
Bach heran, aber jenseits desselben am steilen Abhänge des Niessling konnte
ich bis jetzt keine Spur von ihnen finden. Geht man in dieser Schlucht dem
Laufe des Baches entgegen, so erreicht man 740 m weiter die Stelle, wo er
die ursprünglich eingehaltene Richtung von Osten nach Westen verlässt und
sich na(!h Nordsvesten wendet. In diesem Winkel führt eine steile, verwachsene
Richtsclineisenach dem mehrfacdi ei-wähnten Hochreservoir derNeuhäuseknAVasser-
leitung hinauf. Es ist die Stelle, wo ich anfangs iiTtümlicherweise den östlichen
Abschlussgraben der Niiiderlassung suchen zu müssen glaubte. Geht man weitere
750 111 dem Bache entgegen, so erreicht man die Ihücke, mit der ein vom
Hochreservoir in ostnord<)stlicher Ri(ditung thalwärts ziehender Weg, der „Butter-
weg", den Platzer Ba<'li iibersclirciiter Dass man sidi dnbci iimiici' iiocli im
Inn(^rn der NiodorhiHsuiiy bofinckt. /LMp;cn die i'(M-lits. «1. li. südlich vom Wof^o
iin der Borglehn(3 liimiuf.stoigenden Hügel. fSüdwcstlidi von der Brücke und
südlich vom I>utterwcg bilden di(^se Hügel eine (Iruppe, die um IJcrghange
(s. d. Kai'te) bis fiisr zur Montabiiurer Sti-asse hinaufsteigt und zwischen dem
Buttervveg und eineiu von diesem rechts iibzwcig(md(!n Waldweg als dicht be-
/(Mchnet werden imiss. Sieht man die Stolk; sich genauer an, so benierkt man.
dass zwischen den Dutterweg und dieser Hügelgruppe sich einig«; (rral)en-
imddcn eins(diioben. Von ilinen müssen di(! nördliche und di(! südliclie die
Aufinerksand^eit besonders fesseln. \V(;nn man die erstcn-e, von (liner Stelle
in der Nähe des Badies ausgehend, bei-gauf und in llichtung luich d(Mn Hoch-
r(;sorv«)ir vcu'folgt, so bemerkt man. wie sie bald in den Butterweg (unläuft
und gewinnt die Ucbcrzeugung, dass man es mit einem alt(m Weg, dem Vor-
gänger des jetzigen Butterwegs, zu thun habe. Durch eingezogene Erkundig-
ungen erfuhr ich denn auch, dass noch im 18. Jahrhundert die Strasse, welch«;
vom Rhein nach Montabaur führte, hier durchzog. Di«; südliche (rrabennmldc
dagegen zeiclinet sich dadurch aus, dass sie gerade an dieser Stelle die nördliclie
Grenze der oben erwähnten Ilügelgruppe bildet, die augenscheinlich diesem
( Traben entlang und in südlicher Richtung den Berg hinauf allmählich entstanden
ist. Man kann von hier diesen Graben, immer auf der südlichen Seite des Butter-
wegs hinziehend und nur an einzelnen Stellen von alten Kohlenweilerstätten
unterbrochen, bis zum Jlochreservoir verfolgen, wo er mit dem oben erwähnten,
auf der Nordseite der Montabaurer Strasse — s. Karte — hinziehenden Graben efg h
zusammenfällt.
Nachdem ich diesen Zusammeuliang festgestellt hatte, nahm icli an der
Stelle, wo der betreffende Graben die Basis der nach Süden vorgelagerten
Ilügelgruppe bildet, eine Ausgrabung vor, deren Ergebnis Tafel VI, Fig. IV
in (xruudriss und Aufriss zeigt. Die Richtung des hier grossenteils aufgedeckten
Grabenstücks von Nordosten nach Südwesten ist durch die Linie A Ai H G Gr,
gegeben. Der Punkt A ist auf einer in nordöstlicher Richtung gezogenen
Linie von der Mitte der Brücke über den Blatzer Bach in runder Zahl von
100 m entfernt. Auf der Nordseite des Grabens sind auf der Strecke Ai H 1)
die Reste eines Erdaufwurfs deutlich zu erkennen und auch in seinem weiteren
Verlauf macheu sich dieselben wiederholt bemerklich. Insbesondere gilt das
auch für eine 45 m weiter gelegene Stelle, wo noch einmal auf eine Strecke
von 15 m der Graben ausgehoben wurde.
Das Ergebnis der Aufdeckung hier im Osten der Niederlassung war das
gleiche, wie auf ihrer Westseite. Es kam ein durchschnittlich etwas über
4 m breiter und etwas über 1 in ticsfer Graben mit breiter Sohle zum Vorschein,
bei dem in beiden Böschungen, an einer Stelle auch wohl aus besonderen
(iründen in einer, grössere und kleinere J*fosteulöclier sassen. Die Untersuchung
wurde dadurch einigermassen erschwert, dass auch dieser Graben, in der Zeit.
als die Verbindungsstrasse viun Rheiiu' nach der Hochebene von Montabaur hiei'
vorbeiführte. längere Zeit und auf länii'ere Strecken als Weg benutzt w<irden
war. Der erste Einschnitt, zwischen Ji und .1 - Profil I )ii —
lieferte noch das reine Grabeuprolil, weil di(^ Fahrgleise südlich von / in der
172
Riclirung auf F v(»rbeiführen. Die beiden T*fosteiilüclior uiul drr in seiner
Suhle 1 m breite (irubeu sind durcli den Bims«and und die Tlionsihieht liindurch
bis auf den Felsgrund eingeschnitten. Das nördliche Pfostenloch ist stärker,
als das südliehe. Hei beiden Pfostenlücheru niuss es, wie bei andern an dieser
Stelle, auffallen, dass ihre äussere Wand senkrecht, ihre innere dagegen geneigt
ist. Es wurde das aber auch vereinzelt bereits bei dem Graben der West-
front beobachtet (s. S. 170).
In dem zweiten Einschnitt — l'rtttil )H\ /i, im h — zeigen sich in
der Sohle deutlich die Fahrgleise, die aus der Zeit der Benutzung des
(rrabens als Strasse herrühren. Die Spurweite weist auf Benutzung schmal-
spuriger Wagen hin, wie sie eben noch im Westerwald in Gebrauch sind,
ist aber doch breiter, als es die Grabeusolilu ursprünglich war. Die Folge
ist an dieser Stelle, wie sich namentlich bei Profil 72 im zeigt, eine starke
Beschädigung der südlichen Grabenböschung gewesen. Bei Prohl h nh zeigt
sich in der Sohle ein bis in den Fels vertieftes Pfostenloch. Oestlich
dieser Stelle biegen die Fahrgleise, indem sie zugleich in die 1 lölie steigen, in
die Kichtung B F ein, in welcher der alte Weg an der Berglehne hinzog. Hier
fand ich l)ei meinem letzten Besuch am 9. Oktober 1. J. die von den heftigen
Regengüssen an den drei vorausgegangenen Tagen freigewaschene Westböschung
eines den Graben durchschneidenden Erddamms. Wahrscheinlich befand sich
hier, wie auf der Westfront bei c und (L ein schmaler Eingang.
Bei dem dritten E i n s c li n i t r - Protil /:; »/;;, U im — war gleich-
falls die südliche Böschung des Sohlgrabeus durch das lange Zeit andauernde
Fahren in demselben stark beschädigt und von den ursprünglich hier vorhan-
denen Pfostenlöcheru haben nur noch au zwei Stellen sich die in Einschnitten
in den Fels bestehenden unteren Partieen erlialten. Die äussere Böschung da-
gegen mit zwei grossen und fünf kleinen Pfostenlöchern hat sich sehr gut ge-
halten. Der Graben hat hier auf eine längere Strecke seine tiefste Stelle und
das machte bei seiner späteren Benutzung als Weg zuweilen eine Ausfiilhing
der vertieften Gleise durch hineingeworfene Steine nötig. An diesen Steinen
wurde manches Hufeisen abgestossen und deshalb konnten deren hier viele ge-
sammelt werden. Sie rühren von kleinen Pferden her. Ein etwa bis auf die
Könun'zeit zurückweisendes Hufeisen wurde nicht gefunden.
Der vierte ;J7 m 1 a ng e E i n s ch u i 1 1 - s. (iruudriss und Profile
/:, w-,, l(\ iih\ und p ([ — wurde gemacht, um eine hier vorhandene breite Graben-
unterbrechung aufzuklären. Es kam dabei ein grösseres Thor zum Vorschein.
Die Ausgrabung bei 1) und Ih zeigte den Sohlgraben in sehr guter Erhaltung,
mit Pfostenlöcheru in beiden Böschungen und einem solchen in der Sohle. Nach
Westen hin schliesst er mit einer geraden, zur Grabenachso senkrechten Böschung
ab, an deren beiden Enden tiefe Pfostenlöcher liegen. Die Fahrgleise steigen,
hier immer undeutlicher werdend, auf die hinter der Böschung befindliche Platt-
form liinauf. weh'he an dieser Stelle auf 18.2(» m die Unterbrechung des
Grabens bildet. Die Lahrgleise weichen beim Aufsteigen auf die Plattform
nach Süden aus der Grabcnaclis(^ ab, lenken aber beim Absteigen von der
JMattform im Westen wie(ler in dieselbe ein. Der (irabenabschluss im Westen
unterscbeidot sicli. wie der Plan /ci^^^i von Aom im Oston diulurcli. dass der
GraboD spitz zuläuft und J'fostonlöcluM' zunädist nur in oinci sciiKM- IJösclmiigon.
der Nordböstilmn^' zu Hnd(Mi sind. \'i('11(d('lit waren si<^ aber aiudi in der Süd-
böschun^' vorluindcn und sind nur. wie an einigen Stellen östlich d(^s Thors, bei
13enutzung des (JrabcHis als Weg zerstört Avordeu. Hei einci- 4ö in ^Yoiter
westlich vorgenoiuuienen Ausgrabung wurden wieder PfosteuliM'liei' in <leii li e i d e n
iJösehungen gefunden.
Auf d (> r JMuttfoi'jn der (J r a b e n u n t e r 1) i' e c h u n g li(^gt eine
gut erhaltene Tenne, d i (! ein li(M'hr(M', k von l(),."j() ju Jiänge
u n d 4,50 ni 1 5 ]■ e i r (; b i 1 d e t u n d a u f i h r d i (^ tief (; n P f o s t <; n 1 ö c h e r
eines 1 ä n g 1 i c h (> n (J e b ä u d e s — Tafel YT, i*rofil j) Q- — iietraclitet man
den Crruudriss und das Profil genauer, so kann es nicht unbemerkt bleiben,
dass von der Linie c f an die Tenne nach d(un Graben hin sich senkt und von
hier an auch in der Stellung der Pfostenlöcher eine Aenderung eintritt. Man
möchte annehmen, dass das hier (iinst vorhand<Mi(^ (rebäude aus einem Ilauptbau
von l;') ni Länge und 2,70 m Breite, in den Linien der Pfostenlöcher ge-
messen, und einem kleineu Anbau im Osten bestanden habe. Aus den weite-
ren Abständen der Pfosten im Osten und Westen könnte man dann weiter
noch schliessen, dass zwei Eingäng(\ je einer im Osten und einer im Westen,
durch eine längliclu; Thorbaracke miteinander verbunden gewesen seien. Ton
dem kleinen Anbau im Osten setzt sich übrigens die Tenne — s. Profil ii q —
bis zum P)öschungsrande fort. Die ganze Tenne ist aus Thon und Sand hergestellt
und gleicht denen, wie sie bei allen bis dahin aufgedeckten Wohnstätten ge-
funden wurden, ist aber sehr viel fester, als die meisten derselben. Das
findet wohl darin eine einfache Erklärung, dass sie nicht nur durch Stampfen
jenes Uemisches von Thon und Saud hergerichtet, sondern auch durch vieles
Begehen, wie es ja bei einem Thore stattfindet, immer mehr befestigt wurde.
Namentlich muss das bei einem Thore der Fall sein, das, wie das hier in
Betracht kommende, eins der llauptthorc war, welche ins Innere der grossen
Niederlassung führten. Dass es aber ein Hauptthor war, muss man nicht nur
aus der Weite der (Irabeuunterbrechung, sondern auch aus der hier vorgelager-
ten Hügelgruppe schliessen, die den Graben auf eine nicht unbeträchtliche
Strecke nach rechts und links zur Basis lu^t und sich, wie oben bemerkt wurde,
nach Süden liiu ziemlich weit am Berghang hinaufzieht.
Nach Osten hin lässt sich der Graben ohne Ausgrabung noch etwa 50 m
über Punkt A hinaus verfolgen, dann verschwindet er allmählich in der der
Thalsohle nahe ziemlich hohen Humusdecke. Aber vielleicht gibt hier, 50 m
westlich der Brücke über den Platzer Bach, ein im Laufe des letzten Sommers
gemachter Wegeinschnitt einen Wink, liier zeichnet sich nämlicli auf einer in
die Berglehne eingeschnittenen Böschung das Profil eines Grabens mir breiter
Sohle ab, der den J'.imssand bis auf den Felsgrund durchschneidet. Ist er
thatsächlich der von .1 bis G aufgedeckte Umfassungsgralien, was ein Versuchs-
ffraben von einigen Metern Länge noch klar stellen könnte, so wäre hier ein
O'
Anschluss an den Platzer IkkIi und /.war senkrecht zu seinem iiaufe ge-
funden.
174
Die Entfci'Tiung' von liior bis A beträgt 80 m. T)'\o Länge des seine
Fortsetzung bildenden (rrabens von A bis zum Hochreservoir luisst 790 ni, die
(bu* noch nicht untersuchten CTrabenniuliU^ vom Hochreservoir bis zu der Stelle
:im Hillscheider Stock, wo das im vorigen Herbste aufgedeckte Grabenstück
■ — Tafel VI, Fig. l — nadi Osten seinen Abschluss findet, beläuft sich auf
.')90 m. Die Länge des Grabens endlich, der vom ilillscluuder Stock bis zum
Platzer Jiach liiuunterfülu't und an verschiedenen Stellen aufgedeckt wurde,
beträgt 920 m. Der Kern der >«'icdcrlassung ist also von einer Stelle am Platzer
liach in der Nähe der Hüttenniühle bis zu einer anderen Stelle, die in der
üachlinie gemessen 1490 ju weiter aufwärts liegt, nach Westen und Süden
hin in fortlaufendem Zug auf 2H80 m Länge von einer Grabenmulde begrenzt,
deren Aufdockung an verschiedenen Stellen ihrer ganzen Erstreckung im Osten
und im Westen immer in übereinstimmender Weise einen Sohlgraben von 4 bis
4..') m Breite und durchschnittlich 1 bis l.~) m Tiefe mit Pfostenlöchern in
beiden Böschungen zu Tage förderte. J)as vollkommen gleichartige Ergebnis
der Ausgrabungen lässt auf völlig gleichen Zweck der Anlage auf ihrer ganzen
Erstreckung schliessen. Am nächsten liegt es anzunehmen, dass sie den Zweck
hatte, die Niederlassung abzuschliessen und ihre Bewoliner gegen Schädigungen
durch Menschen und Tiere zu schützen. Auf der 1490 m langen Bachseite
war das Anlegen eines besonderen Grabens für diesen Zweck nicht niUig, da
der in tiefer Schlucht fli(!ssende Bach selbst eine Sperre bildete, die durch
etwaiges Hinzufügen eines Holzzaunes noch verstärkt werden konnte. In der
Umfassung waren, so Aveit sie durch den Graben gebildet wurde, grössere und
kleinere Thore angebracht. Zu einem der kleineren Thore gehörte die schmale
auf der Westfront aufgedeckte Grabenunterbrechung — s. T'afel YI, Fig. III. —
Eins der grösseren Thore ist das im Osten, in der Nähe des Platzer Baches
aufgedeckte. Ein ähnliches grösseres Thor liegt auch wohl in der Südwestecke
der Niederlassung am Hillscheider Stock, wo im Herbste 1900 die Untersuchung
des Umfassungsgrabens ihren Anfang nahm.')
Wenn man sicli die Frage vorlegt, wie diese 2380 m lange Sperre genauer
eingerichtet war, so stellen sich ihrer Beantwortung dieselben Schwierigkeiten
entgegen, wie bei fast allen hier auftretenden Fragen. Das gesamte Beobachtungs-
objekt ist in wesentlichen Punkten neu und es liegt desluilb vielfach noch kein
Material aus früheren Untersuchungen zum Vergleich vor. Von den zahlreichen
denselben Kulturperioden angehörenden Niederlassungen auf dem linken Khein-
ufer, nördlich und südlich der Lahn, ist noch keine genauer untersucht worden,
und die so interessanten Anlagen auf dem linken Bheinufer im Koblenzer
Stadtwald und bei Urmitz gehören z. T. einer späteren, z. T. einer sehr viel
früheren Zeit an. Einen gewissen Anhaltspunkt gibt ein kleines Erdwerk bei
') Bemerkenswert iet, dass an diesei* Stelle das aufgedeckte Grabenende sich ähnlich
zuspitzt, wie das eine Grabenende bei dem Thore in der Nähe des Platzer Baches, dass'die
Grabenmulde hier eine Unterlirpchuni; zeigt und liier audi nacli Südwesten hin auf eine Strecke
von rund 4(10 m zwei grössere Gruppen von Wolinstütten und Gräbern vorgelagert sind. !Niclit
ohne Bedeutung ist auch, dasß beide Stellen in der Richtung eines alten Weges liegen, der
früher den Rhein mit der Hochebene von Montabaur verband.
1 <;)
Kaltonj, (loiin (^s ist gleichfalls von (ün(ni) Solilg'ralx'ii iiiiii^clini. it(^i (Inn in
beiden r)öscJmiii;'en Pfosten löelier sitzeu. Mixn kann daraus eutuelimen, dass
mall zu Ii(\i^inn unsenM- Zeitreelinun^' c'uum SoidgralxMi iiiii llolzs(!tzun^eii in
l)eiden r>öscliuni;((n noch für Wclirz\veck<! henutzt hat. Alicr die schmalen
Pfostcnlöchci' lici liaiicin. in denen einst giispitzte Pfahle sassen. scIkmi doch
ganz and(M's aus, als die sehr \(a-schiiHlcnarti^' starken Lücher hei Neuhäuscd,
Und neben and(M'en schwerer wiegenden Gründen spricht auch schon dic^ser
dagegen, die Sohlgräl»cn bei Neuhäusel und bei Haltern für gleichalterig zu lialttMi.
Als l>(>festigungswerk gegen einen schweren Angriff möchte ich ül)i'igens
den Neuhäuselor Graben nicht ansehen. Dafür ist sein Pruhl viel zu schwach.
Er hat vielleicht eine ähnliche P>edeutung gehabt, als bis ins späte Mittelalter
hinein das Gebück. Ich möchte mir etwa folgendes Pild machen: Zuerst legte
man einen Graben von 4 bis 4^/2 m Breite und 1 bis 1*2 m Tiefe an und
schüttete hinter demselben die ausgehobene Erde zu einem kUünen AVall auf.
Dann setzte man in binden Pöschungen die Wipfel kleinerer Bäume und stärkere
Aeste senkrecht oder etwas nacli dem Graben geneigt so (ün. dass man aus
ihren Zweigen (üne dichte ITecke flechten konnte und richtete auf dem Wall
einen praktikabeln Gang her. Ausserdem schnitt mau die Zweige bis dahin al).
wo sie bereits eine genügende Stärke besassen und spitzte sie an ihren Enden
zu. Hierauf füllte man etwa entstandene Lücken bis tief in den Graben hinein
durch v.'m dichtes Geflecht aus Keisig oder Dornen aus. Man erhielt dann eine
Hecke, die Aehnliches leisten konnte, wie später die Gebücke, die Astverhaue,
die cervi und ähnliche Hülfsmittel bei jjrovisorischen Befestigungen. Yor allem
war si(^ im Stande, das Eindringen der damals wohl gefährlichsten wilden
Tiere, des Bären und des Wolfes, in die Niederlassung zu verliinderu; aber
auch einen feindlichen Angriff konnte sie abwehren, sobald nur rasch genug
eine genügende Verteidigungsmannschaft sich auf dem Walle einfand. Wenn
aber später die ganze Holzanlage verfault war, so mussto sie dieselben Spurcm
hinterlassen, wie sie bei der Ausgrabung zum Vorschein kamen. Ich spreche
die vorstehende Vermutung mit allem Vorbehalt und in der Hoffnung aus, dass
es bald einem anderen gelingen möge, an einer anderen Stelle die Umfassung
einer derselben Kulturperiode angehörenden Niederlassung aufzudecken.'')
Die Datierung. Eine der wichtigsten Fragen, welche sich bei Unter-
suchung der Neuhäuseier Niederlassung aufwirft, ist natürlich die: Wann hat diese
Niederlassung bestanden und wann ist sie eingegangen? — Schon bei Aufdeckung
der ersten Wohnstätten im Herbste 1899 kamen ganz charakteristische Scherben
zum Vorschein, die auf die Hallstattzeit hinwiesen. Der Anfang war viel-
versprechend, al)er der weitere Verlauf der Untersuchung brachte bezüglich der
zur Zeitbestimnmng nötigen Fundstücke leider manche Pjittäuschung. In der
Kegel konnte ich froh sein, wenn ich nach Aufdeckung einer Wohnstätte eine
Hand voll Scherben eingeheimst hatte. Der Grund ist wohl hauptsächlich darin
**) Der oben geäusserte Wunsch scheint niscli eine Krledigung finden zu sollen. Bei
der in Anm. 5 erwähnten, allerdini^s wohl der l.a Tenezeit angehörenden Niederlassung bei Butz-
bach fand ich inzwischen gleichfalls einen rmfassungsgraben. Auf seiner inneren Böschung
zeio-en sich dieselben Löcher wie bei dem Neuhäuseier Umfassungsgraben.
iTc;
zu suchen, dass die Niederlassung nicht .<;ewaUsam zorstiht. sondern von ihren
Bewohnern, unter ^fitnahme der gesamten beweglichen Habe, gutwillig verlassen
worden ist. Denn unter der grossen Zald der aufgedeckten Wnhnstätten finden
sich nur drei, die augenscheinlich aligehrannt sind: Eine an der Nordwestecke des
grossen Baues — PI. V /' — . ein»' zweite im Osten desselben — Fig. ] , S. 152 — und
eine dritte etwas hölior hinauf am iiord(istlichen Al)hang des Fichtenkopfes. Die
beiden ersten sind genauen- untersucht worden und liaben ganz schöne Fundstücke
geliefert. Auch der Umstand scheint sich geltend zu machen, dass die Bewohner
der Niederlassung bereits einen ziemlich entwickelten Sinn für Jicinhaltung ihrer
Wohnungen hatten. Denn durch ein gewisses Keinlichkeitsbedürfnis darf man
es wohl erklären, dass man auf der Tenne und dem Boden der Feuerstelle der
Hütten in der Regel so wenig grössere Kohlenstückc und Scherben Hndet. Ich
führe hier einige Beispiele an. Bei der Hütte (Fig. 2), wo zu unterst eine
Wohngrube mit Eingang und Feuerstelle, 1,05 m über ihrcnn Fussboden eine
Tenne mit Feuerstelle, und 0.1.') m eine zweite Tenne mit Feuerstelle aufoe-
deckt wurden, waren die Wände an der Stelle der Feuerstelle hart gebrannt,
aber es fanden sich nur wenig Kohlen. Ausserdem konnten in der ganzen
Anlage trotz grösster Aufmerksamkeit nur drei Scherben derselben Art, wie sie
sonst in der Niederlassung vorkommen, gefunden wenden. Aehnlich v(>rhielt
es sich mit der Hütte Tafel lY G in der Waldecko nächst Neuhäusel. Auch
hier war die Wand d(U" Feuerstelle an dem Zugloch hart gebrannt, aber es
fanden sich nur wenig Kohlen und trotz der grössteu Aufmerksamkeit keine
einzige Scherbe. Diese und andere Kulturreste sind eben hier nicht, wie in
Wohnstätten der neolithischen Zeit, die ich gesehen habe, liegen geblieben un<I
nur höchstens, wenn es zu arg wurde, mit etwas Erde bedeckt worden; mau
hat sie vielmehi- als Unrat beseitigt und vielleicht in Kohrichtgruben geworfen,
die aufzufinden ich aber noch nicht das Glück hatte. Die meisten Gcfässreste
fand ich in dem grossen Gebäude am Nordhang des Fichtenkopfes im Eitel-
borner Steinrausch und in den abgebrannten beiden kleineren Wohnstätten in
seiner Nähe. Auch in anderen benachbarten Hütten wurde immerhin Einiges
gefunden. In grösseren Abständen dagegen waren die Funde sehr minimal,
wenn auch nicht behauptet werden kann, dass gar nichts gefunden worden sei.
So fand ich z. W. in den aufgedeckten Wohnstätten in der Waldecke nächst
Neuhäusel nichts, dagegen konnte icli mit dem Ergebnis der Untersuchung
zweier daneben liegender Gräber recht zufrieden sein. Was den Uinfassungs-
graben betrifft, sf) fand ich Schei-ben und einige unbestimmbare Eisenstücke in
ihm nur in der Südwestecke, in der Nähe der Stelle, wo ich ein grösseres
Thor und wahrscheinlich auch <lie Reste einiger grösserer Gebäude vermuten
muss. Der Umfassungsgraben der Neuhäuseier Niederlassung zeigt in dieser
Beziehung in seinem Yerhalten eine gewisse Aehnlichkeit mit dem zu den älteren
römischen Limesanlagen gehörigen Zaungräbchen. welches ich durcli die ganze
Wetterau und im östlichen Taunus auf ca. 75 km Länge nacligewiesen habe.
Fn ihm finden sich Scherben nur in der Nähe der Wachtstationen und zwar des-
halb, weil das Gräl)clien wolil nie länger, als höchstens ein bis zwei Tage
offen lag und deshalli soldie KuUuirote iiui' da in (>s gelangen konnten, wo sie
1
I (
auf dein rxKlcii /,(>rsi iciit \v;ivcn. wie in der Nj'ilic nhh ^\'nl^Il.s(ütt('ll uikI \\'aclir-
statioiKMi. r.ci dorn Kouliäusolor WohrjiTalx'n war die Sjiehhii,^! wohl dicscilic.
Die gegraboncn Lriclicr wurden wühl, nach Filusct/oii dfv IlTil/rr. >clir rasch
Micdcf zu<>'(nv(irr('ii und (Irr (iralirii scllist (hiicli (his Fh:!chi\vcik wieder ausi^cfüHr.
liei den NeuJiauselei' W'nlmstärten und dem I iinf'assunfi,'s<;i'alien Iai;-eii also
die Yorliältiiis.so für AufHiulon von I\lein-(reg(!nständ(\n schi- unf^iinsti«;; aher es
i>i'lang' scliliosslich decli. in (hüii grossen iJau am X(trdhaiig(! des Fic]if('iik<ij)f(is,
in den beiiU^n abgebrannten Jli'dton luid an andern Stollen soviel Fundstüeke /u-
sanmien zu bringen, dass sich aus ihnen \veiter(! Schlüsse über die Zeit des IW^stehens
der Anlage bilden Hessen. Es ergab sieh dabei eine Hestätigung der friiher
gewonneneu Anscluiuung, dass es sich der Jlaujjtsache nacli um die nnttleic und
jünger(( ]rallstattz(Mt handele, dass abei- doch aucli udt einem J Leiübeigreifen in
die frühe La Tenezeit gerechnet ^verden müsse. Icli \verd(^ weiter unten im Zu-
sauuueuhang über die Funde Uericht (U'statteu.
Die besten AnJialtspunk te füi- eine sichere J)atierujig liefert
bekanntlich eine Untersuchung der Gräber mit sorgfältiger liücksicht-
nahnie au'" Konstruktion, Hestattungsart und Beigaben. Aber auch
hier wurde die Benutzung der Untersuchungsergebnisse für die Datierung durchaus
niclit leicht genia(^]it. Die Grabbeigaben sind im allgemeinen sehr dürftig; w(dil
deshalb, weil die damaligen sehr zahlreichen Bewohner jeuci- Terrasse des
Westerwaldes keine reichen Leute waren. Ausserdem gestattet aber aucli der lockere
Bimssand der Luft und dem Wasser mit licichtigkeit den Dui'chgang und
begünstigt so die Aufl(')sung der in den Gräbern befindlichen ni'ganischeii und
nicht organischen Restex in hohem Grade.
Ein gemeinsames grosses Gräberfeld füi- die ganze Niederlassung oder
einzelne grössere Gruppen derselben ist bis jetzt noch nicht gefunden \Yorden.
Ich bezweifle auch, dass ein solches vorhanden ist. Alle bis jetzt aufgefundenen
Gräber liegen vereinzelt oder in einzelnen kleineren Grupp(ui zwischen und
neben den AVoJmstätten, über die ganze Niederlassung zerstreut, zum Teil
neben einzelnen Wohnliügeln, zum Teil neben einzelnen Giui)]>en derselben.
Die grösste Wohnhügelgruppe, neben der ich eine besondere (Jrabhügelgruppe
gefunden habe, ist die auf" Tafcd lY zum T(m1 dargestellte. Hier scheint es
sich thatsächli(di um (du kleines Dörfchen nut zugidiörigem Friedhof zu handeln.
Meist findet man zwei oder drei Widmhügel und daneben einen oder zwei Grab-
hügel mit je mehrfachen Bestattungen und gewiunt dann die Ansciuiuung. dass
man es mir Wohnstätten und dazu gidu'trigen Fauulienbegräbnissen zu tluiu habe.
Eine Scheu vor dem Grab scheint man nicht gekannt zu haben. Ganz besonders
deutlich zeigt sich das bei der durch Fig. i dargestcdlten Gruppe, lliei- liegt
zwischen zwei Wohnstätten und zwar so nahe, dass sie dieselben fast berühi-t. eine
dritte, die, nachdem auf ihr eine Bestattung stattgefunden hatte. aufgeg(d)en wordi'U
war. JLdie umfangreiche Tuuudi kommen iiichr vor. sonilern mir khdne. flache,
schildförmige Hügel. Die Gräber sind in der Regel läni;li<'he. \iereckige. bis au!
den F(ds vertiefte, nicht orientierte Gruben. Eine Vertiefung der Grabgrube in den
Fels ist abei". wie bei alhui in der Niederlassung angelegten Gruben, (dne seltene
Ausnahme. Steinbauten kommen, wie nachher gezeigt werden soll, zwar voi\
12
178
sind abor bis jetzt ddcli nur selten heDliaciitet worden. Was die Bestattungsart
betrift't. so ist es durchaus nicht leieJit. zu entseluMdeu. ol) Leioliouvorbrcnnung
oder Leichonbestattung. d. h. Leielienbestattung olnie Verbrennung stattgefunden
hat. Wenn Skok'ttreste Fehh'u, so darf man daraus durchaus noch nicht
scliiiessen. <Uiss keine Bestattung, sondern Verbrennung stattgefunden habe:
denn Skelettrcste sind in dem lockeren Bimssand, der die Verwesung so sehr
begünstigt, nicht zu erwarten. L'mgekehrt bereclitigt al)er aucli das Fehlen von
kalzinierten Kiuiclum nodi nicht mit Sicherheit zum Schluss. dass keine Leichen-
verbrennung, sondern Leichenlxvstattung stattgefunden habe, da das stets und
verhältnismässig rascli durchfliessendi* Wasser sddiesslich auch die kalziniert<'n
Knochen auflt)sen und beseitigen muss. Trotzdem glaube i(di auf (irund der
Form der Gräber, des spärlichen Vorkommens von Kohlen und anderen besonderen
Umständen die Vermutung aussprechen zu dürfen, dass bei den Gräbern, wie
da> im Jilieingebiete vom Bodensee abwärts von d(!r Mitte der Ilallstattzeit an
der Fall ist, die Bestattung vorwiege.
Das erste Grab, welches schon im IJei-bste 1801' aufgedeckt wurde, liegt
unter der jüngeren Tenne des grossen Baues Tafel V und ist mit 7 bezeichnet.
Es ist 2,20 m laug, 0,80 m breit und 0,oO m tief in den Bimssand ein-
geschnitten. Seine Sohle liegt 0.80 m unter der jetzigen AValdfiäche. Auf
seinem horizontalen Boden fanden sich eine längliche viereckige Steinsetzung und
einige zerstreute Kohlen und Scherben der Hallstattzeit. Das Grab liegt unter
der jüngeren Tenne und auf der Ostseite des älteren Baues.
Die beiden Gruben Tafel V 5 und (i liegen unter beiden Tennen und
werden von J'fostenlöchern des älteren Baues durchschnitten. Ilii-e Formen
sprechen nicht gerade für Gräber, schliesseu aber auch dies(^ Annahme nicht
aus. In der Füllung fanden sich einzelne Kohlen und Scherben. Unter letzteren
sah icli ktiin charakteristisches Stück. Es hat aber den Anschein, als gehörten
sie ungefäln- derselben Kulturperiode an, wie die übrigen in derselben baulichen
Anlage gefundenen Scherben.
Die (rruben 8 und 9 sind jedenfalls Gräber. Beide liegen unter der
jüngeren Tenne und die Grube 8 wird ausserdem von einem zu dieser Tenne
gehörigen Pfostenloch — Profil f/i 6i — geschnitten, ' In beiden faiulen sich zer-
streute Kfdilen und Scherben und unter letzteren in beiden Ciräbern Stücke,
welche auf die zweite Periode der Hallstattzeit hinweisen. Vergleiciit man
beide (Jruben bezüglich ihrer Konstruktion — Profil cuhi und a:, b:, — , so
merkt num, dass sie verschieden sind. Grube ai bi besitzt eine einfache
Humusfüllung. Bei Grube ar, b:, aber haben wir es mit 2 sich nahezu recht-
winklig schneidenden Gräbern zu thuu. Dieselben sind, wie es in der Nieder-
lassung wiederhfdt bemerkt wurde, bis fast zur Sohle mit jenem eigentümlichen
Gemische aus Thon und Steinen gefüllt, in das vereinzelte Kohlen und Scherben
eingebettet sind.
"O
Als Gral) zu betrachten ist auch die (ü'ube Plan V 1. Sie ist 4,20 m
lang, 1,40 m breit und von der oberen Tenne gerechnet auch 1,40 m tief.
Auf ihrei- "Westseite ist sie bis zu ihrer Längsachse von beiden Tennen bedeckt.
Ihre Sohl(! ist O.'.V) u\ in lien Felsen vertieft. Voji Osten springt his beinahe
179
zur ^Iitr(M>iii tiscli:iiti;;('i-. :ius 'I'liini ii ml Sicinoii iiuf'<^el»iiutor Vorsprung vor. (l<'r
iijicli (ilicii. Inst in der ll<>lic der unt(iroii 'Coniu', mit eiuor horizontalrn IMattfonii
absclilicssr. Die Kinfüllunn' Ix'stclir aus Jlumiis, dorn Kolih^n. Asohe und (dnzcdnc
Schorbon lioig'ciiiisclii sind. In dfi- Tieft' /('igon. die Wäiido Spuren von (ihn.
.r)i(( Sclierlien zeigten keim' (•li;ii;ii<.teristisc]ie]i Stii(d<e. Ol)o-lei(di kenne kalzinierten
KiKiclten ^clundcm win'den konnten, neige ich dm-h der An.siciit zu. (hiss in der
langen, st;lHnalen (Jruhe inehnirc i\',uerl)estattungon .stattgefunden halxdi. Xieht
unixnnerkt darf hleilien. dass der von Oston in die (Jruho vorspring(;nde Tisch
in dem (iraii I in der Waldecke nächst Neuliäusel sein .\nalog<Mi tiiidet —
Tafel IV. (iral. I, l'rotil ah und cd. - -
Südlich von dem grossen lian am Nordhang des Fichtenhanges wni'ih'ii
noch einigte (uahhügel aufgedeckt, die aber ghnchfalls .selir arm an J'^unden
waren. Der erste enthielt (>ine ^»,50 m lange, 2 m breite und 1,4(» m dur<di
den Waldboden und Bimssand bis auf den Fels vertiefte Grube, die mit einer
dicht unter dorn Wahlboden liegenden Tenne überdeckt war. Auf der Tenm-
lagen Scdierben und Kohlen. Nacli Osten hin häuften sich die Kohlen und
leiteten in die miuh Osten gerichtete (»rube, auf deren Sohle mir noch vereinzelte
Scherben gefundi^n wurden. Unter den S(du)rbcn fanden sicJi einige kleine,
elegante, schwarze Stücke, die an l'erranigra <n'inneru und ein Stück mit ein-
geglätteten Jjiuien, das wohl sich(n- der fnihen La Tenezeit angehören dürfte.
Südwestlich von diesem («rab, aber nicht weit von ihm entfernt, wurde ein
anderes aufuedeckt, das zwar niclit durch seine Fundstücke, wohl aber durch
seine Konstruktion Interesse erregt. lieber einer in den Bimssand vertieften,
nahezu kreisförmigen Mulde von 3,25 m Breite und 0,50 m Tiefe war ein
viereckiger Klotz aus der viel erwähnten betonartigen Masse vtni im Mittel
0,25 ni Dicke so gelegt, dass er auf den Jxäudern der Mulde ein sicheres Lager
hatte. Auf der hierdurch gewonnenen Plattform waren grosse Steinblöcke im
Kreise so gestellt, dass ihre Köpfe nach innen geneigt waren und so den Unterl)au
einer rohen Kuppel bildeten, die nach Norden ihren Eingang hatte. Aber weder
unter der Betondecke, noch im Lmern der Kanmier kam sonst etwas namhaftes
zumVorschein. Ein wenig deniBimssand beigemengter Humus, einige Kohlenstücke
und als das wichtigste, einige minimale Spuren von Eisenrost waren alles. Ein ähn-
licher Steinbau, nur von viel bedeutenderen Dimcmsionen, ist in einer (Irabgrube
in der Nähe des Hillscheider Stockes aufgebaut. Leider konnte die Ende September
geplante Fertigstellung seiner Untersuchung wegen des schlechten Wetters nicht
mehr zur Ausführung gebracht werden. Auch in diesem (irabe wurden ausser
dem Steinbau, der in seinem Innern vielleicht noch andere Funde birgt und
einigen Kohlen nur noch Spuren von Eisenrost gefunden.
Aber, wenn auch die überwiegende Mehrzahl der Gräber nur sehr spärlich
mit Fundstücken ausgestattet war, die man unmittelbar zur Datierung benutzen
konnte, so machen doch auch einige eine Ausnahme und diese wenigen reden eine
recht deutliche Sprache. Ein s o l c; h e s G r a I) f a n <1 sich in e i n e i' 1 1 ü 1 1 e
ö s 1 1 i c h d e s g r o s s e n B a u e s a m N o r d a b h a n g des F i c h t e n k o p f e s
— Fig. 1. — Bei Aufdeckung der Tenne dieser Hütte zeigte sich die kleine Stein-
setzuug eines (irabcs. der westliche Teil der Feuerstelle dei Ilnrte war zerstörr nn.l
ISO
über der erhalteium ("isrliclicn llälfrc der Feuerstollc sdwir über der südöstlitlicn
T(>iine lag eine Schielire von Kolde und Asche, iinrer der die Tenne selbst rot ge-
braunt erschien. In der Mitte der letzteren Innd sidi bei genauerer rntersuchung
eine viereckige (Irulie vnii !..')( i m Länge uiul I'.iciic und 0.7.") m 'rictV. bei deren
Herrichtung man einst die westliche Hälfte der Feuerstelle abgescliniircii hatte.
Im Innern der Grubi^ zeigten sicli dieselben J^randreste wie auf dem südöstlichen
Teile der Tenne uiul Scheiben, welche letztere alici' als Tbuchstücke in die
(irube gekommen sein müssen, da es iiiiiiiri^lich war. aus ihnen ein (iefäss eder
auch nur ein grösseres Stück eines solchen zusammenzusetzen. Auf der AVestseite
der (Irube sass auf ihrer Sohle ein kleiner Steinbau. der einem länglichen, roh
\
\
Fiff. 3. Grosse und Meine Urne und eine Schale
beliauenen uiid senkrecht gestellten Steine als (irundlage diente. Die (Jrube
wai liis zur ilöhe der Tenne wieder ausgefüllt und mit einer neuen gestamjiften
J)ecke verseheu wiu'den, aus welcher der soeben genannte Stein und fünf ander»!
künstlich gesetzte Steine hervorragten. Man hat hier eine Leiche auf der Tenne
einer Jlütte verbrannt, die Asche ohne Urne in einer gleichfalls in der Hütte
"•(("•rabenen (irube b(üii'esetzt und das (irab dann, wie es bei vielen der Kvxi-
häuseler (träber überhaupt üblich war. durch eine gestampfte Decke geschützt.
Line Weiterverwenduni;' di'r Hütte hatte nicht stattgefunden, wie die Steinsi^tzung
und di<; Lrandsi^hicht auf th'r Tenne, sowie der Umstand beweisen, dass man
die Erneuerung der Feucirstelh; unterlassen hat. Die Aufdeckung des (»rabes
liat gezeigt, in welcher Weise die Hestattung vorg(!nommen worden war, aber
sie hat auch zugleich sonstige für die Zeitbestimmung wichtige Beweisstücke
zu Tag gefördert. Diese bestehen in (Jefässresten und einer sehr gut erhaltenen
Dronzetibel Fiy,'. G. Die (fefässreste stiminen mit den in der benachbarten Hütte
\^]
oTifuiKlcncii iil)i'rciii. die mit A'T liiri' licsiu oclieucji iiiiil der iiadi Siiilcii sich
anscliliossuntlüii zur ^cIImu (iiu|ip(; ^clKMr. Wmsv ücbLTeinMuuiimiii;- ist mIxt
(Icslnill» von hcsoiidcrci' >Vicliti,i!,l<(Ml-. weil die nürdlidic! dieser drei llürieii
eine der wi'iiiyeii al),:;cl)r;iiiJiieii ist iiiul deslialh ein besonders gutes Selmrlieji-
iimterial ,i;'e]i(jt'crt hat. l)iese
keramischen ]'\in(h' i;(dir)reii
(h'V jüng'orcD Jlält'te dw llall-
stattzeit an. Unter ihnen
bclindet sich die in i'i^'. ."). i.
abgebihhite Urne, vnn (h'r
aul' (h'r Tenne jener Jlütre,
Fi":. 4 u. Fi«;-.
Ornamentierte Scherben
nördlich der Ueutirsteih' so viel Reste gefunden wurden, (hiss das ganze GcfäbS
durch Zusanmiensctzung vorhandener Teile und Ergänzung felilender wieder
hergestellt werden konnte. ])ie Urne besitzt eine bräunliche Farbe, ist 0,45 m
grösste
hoch , ]iat eini;
Weite von 0,51 iii und einen
Mündungsdurchmesser von
0,00 m. Die unter ilireni
Halse sich hinziehende Ver-
zierung ist nicht mit einem
Kädchen hergestellt, wie das
z. 3). in der La Tenezeit vor-
kommt und auch bei diesem^
Gefässe im Anfange vermutet
wurde, sondern mir einem
spitzen und scharfen Instru-
ment aus freier Hand einge-
schnitten. Andere hier ge-
fundene (ud'ässe sind in Fig. 4
und Fig. 5 abgebiidet. Das
m
.1,1 o^J^
Fiii-. ().
Funde (1 Spinnwirtd? .Q, i. •> u. 7 lUn<je,^
Haien und Fibel aus Bronze, ö Lanzenspifzen aus Eisen,
ü Ledergürtel mit BronzehucTieln)
wichtigste Beweisstück ist
aber jedenfalls die in den Kohlen- uiul AM'hemvsten neb<'n der (irabgrube ge-
fundene vorzüglich erhaltene Bronzefibel — Fig. (), 7. — oine der jüngereu
H a 1 1 « t a 1 1 z e i t c h a r a k te r i s t i s c h e F a u k e n f i b e 1.
182
Zwei aiidort', für dw Z(nrlj('stiniiniii\u- Nvidifii^c (uäbor. ein Miinncr- uml
ein Fiauc'Ugrab. wurck'ii in der Gräberirrujip»' iu dvr Waldocke nächst Xcuhäubcl
— Tafel IV — auf-ödeokt.
Bei dem M ä ii n e r sr r a b — Tafel IV, 1 und rrutil a b und c d — liegt in der
-Mitte der horizontalen, vierseitigen Solde noch eine schmale, weitere 0.20 m in den
Fels eingeschnittene Grube, in der Nordwestecke fand sich eine nischenaitige
Einbuchtung, während auf dci' ( )stbösehuug ein vierkantiger, aus Thoii und
Steinen liergestellter Klotz bis über die nimssaudschicht hinaufstieg und dbeu
horizontal abschloss. Er glich dem Thoidvlotz in deju Grabe 1 an der Südfront
des grossen Gebäudes — Tafel V. l'rotil iuJ),-, — und einem ähnlichen (rebilde
in einem sonst nicht juit Fundstücken versehenen Grabe in der Nähe des llill-
scheider Stocks. In der Nische im Nordwesten lagen die Reste einer Urne.
wieder zusammenji-esetzt und ergänzt werden konnte. Die betreffende Urne
du
7.
ist 0,216 jn hoch, hat
0.27ß m Inuicli- und
0.19.") 111 Münduugs-
Durchmesser. ist
schwärzlichgefärbtund
auch bei ihr sprechen
die Form, die Masse
und das unter dem
Hals umlaufende Or-
nament für die jüngere
Hallstattzeit, Fig. 3, 2.
Ausser dieser Urne
fanden sich in dem
Grabe noch einige an-
dere Gefässreste, zwi-
schen denen kein Zu-
Sch erben mit Tiqyfenverzierungen
saminenhang zu tiiideii war. zerstreut und zwei kleine; Lanzenspitzen — Fig. 6, ö.
Sic lagen nebeneinander und ])arallel zur Achse in der Südwestecke des Grabes,
sind je 0,16 m lang, haben ein schmales lanzettförmiges Blatt, eine schmale,
scharfe Spitze und deutlich erkennbare Mittelrippe. Solche Lanzenspitzen und
zwar in ähnlicher Lage fand Naue in jüngeren nallstattgräbern.'') Nicht
nur die Urne, sondern auch diese AVaffcn. wohl die Spitzen von zwei Wurf-
spiessen, geben also Grund, das Grab — Tafel IV, I — in die jüngerti Hall-
stattzeit zu verlegen. In den Tüllen der beiden Lanzensjdtzen hatten sich noch
lieste der Schäfte erhalten, deren saubere Rundung und CHättung auffallen mus>i.
Auch das Grab V auf Tafel FV zeichnete sich vor anderen Gräbern der Neu-
häuseler Niederlassung durch seine Ausstattung aus. In die längliche, nicht l)is auf
den Fels, sondoiii iiiiv bis in den ßimssand vertiefte Grube ist gleichfalls eine zweite
Grube eingeschnitten. Sie liegt aijer nicht in d(!r Mitte, sondern im (»stlichen
Drittel des Grabes. Sie war ziemlich sauber mit Steinen umsetzt. Die Ein-
"j Dr. Juli IIS Aaue. Die Hüjjelicriibcr /Nvisdicii Amiiii'i- und !^tatleisee, S, 75, Tut". \IV,
183
liilliiii;; ilcs (jrruli(^s ('lUliiclt in jL^i'usscr M«!ng(! Kolilrii iiml Ax'lic; iiishcsitiitlci'L'
war die bcsüiidcn! Gnilx' im Ost(!n <;an/. mit I^randrcston {inj;<>tullt. uiuli fehlten
hier Bröcskelicii xoii kalzini((rroji Knochen nicht. Von Itesonderem Interesse wai-en
ai)ur verschiedene Gegenstände, die oben auf der aus jener Innengrul»' heivoi--
rugcmden schwäivdichen P^rde higen. Zu oherst kam ein kleines Ilulzbüehsehcn
zum VorschiMn. in dem zwei ineinandergreifemh^ kleine Jironzeringe mit Strich-
verzicrung — Fig. 0, 2. — lagen. Es war noch ziendich gut erhalten, zerficd
aber sofort liis auf den Teil der Wand, wo di(^ Uinge auflagen und der Grünsi)an
das Holz konserviert hatte. Dann f (»Igten (un ziei-liclun- Anhängehaken voji
l>ronze — Fig. G, 3. — von hufeisenförmiger Gestalt, ein <lünner Armreif aus
demselben M<>tall — Fig. G, 4. — und Stückt; eines geflochtenen Gürtels von
Leder mit aufgesetzten kleinen hohlen Halbkugeln A'on Bronze — Fig. G. 0 —
Daneben lagen Baststückchen und ganz winzige Geweberestchen. Der Leder-
gürtel ist eine feine Arbeit, der dem Geschmack und der Kunstfertigkeit der
damaligen Zeit ein gutes Zeugnis ausstellt. Die Grabbeigaben, insbesondere
der dünne xVrmreif, der Ledcrgürtel mit Bronzebuckoln, die Bast- und Ge-
weberestchen und auch das Ilolzbüchschen weisen aber wieder auf die mitt-
lere und jüngere Ilallstattzeit hin.^*')
Was die in den Wohnstätten gemachten, für die Datierung benutzbaren
Funde betrifft, so habe ich schon oben bemerkt, dass das grosse Gebäude am
Nordhang des Fichtenkopfes im Eitelborner Steinrausch — Tafel V — • die ab-
gebrannte J lütte an ihrer Nordwestecke — Tafel V P — und eine abgebrannte
Hütte auf ihrer Ostseite — Fig. 1 — es waren, welche das Hauptmaterial
i>-eliefert haben. Eine Auswahl der Jiier o-efundenen charakteristischen Scherben
ist in den Fig. o, Fig. 4 u. 5 und Fig. 7 zusammengestellt. Von den in ] lütte
Tafel V F gemachten Funden von Gefässresten möchte ich vor allen die Stücke
der lederfarbigen, dünnwandigen Becher Fig. ö, 1,2 hervorheben. Ihre Form und
das geometrische Ornament, welches unterhalb des Halses die Becher umzieht,
weisen wie die Urnen wieder auf die jüngere Hallstattzeit hin, sie lassen zugleich
aber auch eine bereits recht gut entwickelte Technik erkennen. Dasselbe lässt
sich sagen bezüglich der Formen Fig. 5, y, 4 u. 5, die in dem grossen Gebäude ge-
funden wurden. Ueber die grosse Urne Fig. 3 ist oben bereits das nötige
bemerkt worden. Ich nmss hier nocli hinzufügen, dass dasselbe Ornament wie
hier sich auch bei Scherben aus dem grossen (febäude und der abgebrannten
Hütte P an seiner Nordwestecke findet. Auch bei ihnen sind die Linien nicht
mit einem Rädchen gezogen, sondern, wie ihi'e Unregelmässigkeit, namentlich
auch die Verschiedenheit der Abstände und der Länge der einzelnen Querstriche,
welche diese Linien bilden, erkennen lässt, aus freier Hand mit einem spitzen
Instrumente eingeschnitten worden. Ausserdem hat nuin bei einzelnen Scherben
das Ornament auch nocii durch beigefügte Funkte reicher gemacht. Bemerktuis-
wei't ist dabei, dass gerade diese Form in gr()sseren Bruchstücken nicht nur in
dem grossen Gebäud(!. sondern auch i n d er 11 ü 1 1 e m i t <1 e m (J r a b . n eben
dem die Faukenfibel g(!funden w u i' d e , beol)achiet worden ist. dass
^") !Naui;. Hügelgräber am Ajinnci- und ötatfelsee, S. 7.j, Tut'. XXVIII u. XXJ,\.
184
iimii ^ic mIso sclimi jiiis dii-st-iii ( iruinK' der /wcircii Ilälfrc der I lall>t;iit/.i'it wiid
zurecliJR'ji ]iui.sseij. k-li weise hier um-h auf einige besuiulere Stücke Jiiii.
der eine '[\[\ns zeigr nielirere parallel laufemle Reihen von i^uukten. die mit
einem cylinilerförmigen. wenigstens an dem einen Ende holden Metallstäbehen
i'ingedrückt zu sein seheinen. Derselbe wurde in ilei /ueisr aufgedeckten Hütten
und später mehrfaeh in dem gr(»ssen (lebäude gefunden, ^'eben den zuletzt
gefundenen Seherben von diesem Tvpus kamen auf derselben Stelle der Tenne des
grossen J)aue> die meist rötlich giftarbten Seherben. deien einige im Trotil auf
Fig. 4 gegeben sind, /.um \'ni'^.lieiii. Von dem eleganten ßecher. bei dem das einge-
ritzte Liuienornameut auf der einen Seite von einge(lrikkreii l'uiduen begleitet ist,
wurden ni(dit nur in dem abgebrannten Jbiu — Tafel \" P — , sonderu auch
in dem grossen (lebäude — Tafel Y — nu'hrfarh Stücke gefunden. Zu den
Scherben Fig. ö. a.. bei denen das geometrische Ornament au der oberen Kante
des Hauches mit kräftig gezogenen ])arallelen Ijinien scharf einsetzt, muss ich
bemerken, dass in ihrer Nähe einige Selierbeii lagen, die man wegen der auf
ihr vorhandenen, eingeglätteten Linieii. ebenso wie eine in der Nähe des llill-
scheider Stückes im Graben gefundene, in die La Tenezeit versetzen möchte.
Ein gewisses Interesse verdienen auch ilie recht häutigen rohen Scherben, bei
di'iien die A'erzierung durch Fiugereindrüeke hergt^stellt ist, die auf dem Fiaucli,
auf eiuem umlaufenden Wulst oder auf dem Uand sitzen, Fig. 7. Zur Datieruug
können sie bekanntlieh nicht benutzt weiden, weil dieses Ornament sich durch
mehrere Kulturperioden hindurchzieht; aber sie sind doch wenigstens im Stande,
über diejenigen Leut(>. welche diese (iefässe verfertigt haben, uns eine gewisse
Auskunft zu geben. Die Tupf(>n zeigen nämlich, in der liegel in tadelloser
Erhaltung, die Eindrücke der Fingernägel. Das macht es möglich, die Finger
genau so in das Loch zu legen, wie es bei der Herstellung der Verzierung
geschehen ist. Führt ]uan aber eine Untersuchung in dieser liichtung aus, so
wild uKxn sicJi. selbst Wi'uu man annimmt, dass vorzugsweise der kleine Finger
benutzt worden sei, sehr bald duv(.ui ülierzeugeu. dass es nur Frauen gewesen
sein können, welche diese Tr)pfe angefertigt haben.
Schon (.bell ist ei'wähnt worden, dass unter den bis jetzt aufgefundenen
Scherben einige vereinzeltem Snicke vorkommen, bei denen die Färbung und
eingegjättete Linien vermuten lassen, dass sie bereits der La Tenezeit angehören,
aljer ich möchte auf (frund dieser so scdn- vereinzelten Fundstücke unter der
grossen Zahl anderer, die bis jetzt untersuchten Teile der Niederlassung doch
jücht (dine weiteres bis in die J.a Tenezeit liiuaufsteigen lassen. — Die bis jetzt
in den AN'ohnstätten. in den (ii'äl)ern und an dem Unifassungsgraben ang(!stellten
Grabujigen haben die bei den ersten Aufhndungeii i)ereits ausgesprochene Ver-
mutung, dass CS sich um Anlagen aus der llallstattzeit handle, gerechtfertigt
und die Sache soweit gciklärt. dass maji sagen kann : D i (H) i s j e t z t u n t e r -
s u c h t e n Teile der N e u li ä u s e 1 e r N i e d e r 1 a s s u n g g e h ö r e n d e r
m i 1 1 1 (; r e n u n d jüngeren llallstattzeit a n. Ol) das für alle Fartieen
der grossen Niederlassung, die n(Mdi weit übei' den rmfassungsgrabeJi hinaus-
reicht, gilt und wo die (Irenze gegen die gesehichiliche Zeit hin liegt, ist eine
Frage l'ür sidi. die dej'maleji noch nicht beantwortet werden kann.
185
Scllislvcistüiidlicli liicfct a\n'V dw Ücitirwuilmi;^' gnailc dieser J''i-;i;i-e dder
vielnielir diesef lieideii I'^'n^cil ;4r(»sses Jjlt(!l'e.s>ie und stellt aucli mit der Aut'^iilje.
mir dei'eii Jiiisiiiii:;' icli uiicli seitlior iKJsuluif'tigte, im ungsteji /usumnutnliiiiig.
Icli hielt mieli desludl) für vcrpHichtet. auch di(! ältesten Spunai. welclio dio
gescliichtlielu^ Zeit i)ei Nc^uhäusol zurückgelassen hat. in <l(;n Ki-eis dei- Unter-
suchungen hereinzuziehen und zu .sehen, oh untl (n-enruejl welche l!e/,i(diungen
zwisclien ihnen und dei- grossen llallstattniederhissujig bestehen.
Die ähesreii Spuren aus geschichtlicher Zeit liaheii die Jti'mu'i- lud Neu-
häusel hinterlassen. Es sind das ver allem <ler l't'ahlgralxMi. das vor ihm hin-
ziehende I'alissad(Uigräl)clien und zwei iiin iibeiwachende 'l'üi'ine. J)ei' l't'ahl-
grahen durchschneider die grosse; Ostgru])})e und zieht am Xoi'd- und N(n*dost-
abliang tles Fichtenkopf'cs im Eittdhoruer Steinrausch an seinem grössten und
interessantesten (Jebäude dicht vorbei. Seine Untersuchung im Sommer iJSy*.) war
es gerade, was mich auf die grosse prähistorische NiederUissung aufmerksam machte.
Aber obgleich ich bei der späteren Untersuchung dieser Niederlassung gerade; an
der Stelle, ^Yo der l'fahlgralien durchschneidet, die meisten (irabungen ausführte.
unter anderem auf einer zusanmieuhängeuden Fläclu; von 900 Quadratmerer die
ganze ilumusdinike weghob und obgleich icli dabei allen Gefässresten die
denkbar grösste Sorgfalt widmete, fand ich dech hier nicht das kleinste
Scherhclien edei' sonst eineu (Jogenstaiui re'imischer ifc^rkunft. Ich nmsste daraus
schliessen, dass zu der Zeit, als der J Mahlgraben gezogen wurde, die prähistorische
Niederlassung bereits längst verlassen und mit einer Ifumusschichte überdeckt
war. Darin konnte ich auch nicht irre gemacht werden, als ich in der Waldecke
nächst Neuhäusel in der Jlunnisdecke eines (frabes ein Stückchen Terra sigillata
aus guter Zeit fand.") Trotzdem hielt ich, um allen etwaigen Zweifeln entgegen-
treten zu können, (üne unmittelbar auf Klarstellung dieser Sache gerichtete
besondere Untersuchung für angezeigt.
Eine hierfür sehr geeignete Stelle fand sich am Nordostabhange desEichten-
kopfes im Eitelboruer Steiurausch. weil hier an der steilen Bergwand beim Limes
Wall und Graben fehlen und nur das l*alissadeugräbohen vorhanden ist, also der
Schnitt der römischen Anlage mit der prähistorischen mit möglichst geringem
Arbeitsaufwand auszuführen ist. Ich führte die Untersuchung in der Weise
aus, dass ich den Zug des PalissadengrähcJiens bestimmte und seinen Schnitt mit
zwei Wohnstätten aufdeckte. Das Ergebnis der einen Aufdeckung zeigt Fig. 8
in Grundriss und Aufriss. Noch ehe die Tenne der Hütte erreicht wurde,
machte sich in der über ihr liegenden Hunuiskuppe die EinfüUung des Palissaden-
gräbchens, das hier mit (dner starken, hoch hinaufreichenden Steinverkeilung
versehen ist. bemerkbar. Als aber di(; Tenne aufgedeckt dalag, zeigte ihr
Schnitt mit dem Palissadengräbchen so scharfe Ränder, wie sie nur entstehen
konntcm, wenn zu der Zeit, als das i*alissadeugräbchen durcli die verlassene
Wohnstätte gezogen wurde, die Tenne derselben bereits unter eiiu-r alten diek
und fest geword(;nen llumusdiMdce lag. Fig. 8 zeigt das Ergebnis der Ausgrabung
") Das Sclierbchen la^- zioinlicli liocli mid miweit der bi'troffendiMi Stelle zou waln^dieinlicli
eine römische Strasse vurbci.
186
in Grundrirss uud Aiifrif?^. Niiiiiiit man an. dasss die Verkeilung l)'i> zur damaligen
IJodeuubertläehe hinauf gefülirr war. so betrug die Stärke dieser Humusdecke,
wie Profil ai bi erkennen lässr. bereits OJJO ni. Hei dem zweiten Einschnitt,
weiter aufwärts. Uigen die Verliältnisse ebenso.'-) Die direkte Ausgrabung sagte
also dasselbe aus. was die bei in anderer liichtung ausgeführten Untersuchungen
"»einaohten Beobaehtunj^en vermuten Hessen : die alte ^Niederlassung war. als die
Römer, wohl unter Jladrian. den Palissadengraben zogen, bereits (ibenso der
Vergessenheit anheimgefallen, wie im Herbst 1899. wo sie wieder aufgefunden
wurde. Dazu hat aber zweifelsohne eine lange Zeit gehört, denn die Ihimus-
decke war in der Zwischenzeit fest und dick geworden, obgleich die betreffende
Stelle, ein sehr steiler, dem Ostwind ausgesetzter Hang, ihrer Tiildung durchaus
nicht günstig wai'.
Mda6S6tdb - 1 ■. wo.
1)8 -/.SS ^^
DS /fSfm.
hefitr al» Dr.
^'
Fig. 8. Schnitt einer Wohnstätte durch den römischen I'cdissadengraben
Als feststehend darf n u u m e h r w o h 1 a n g e n o ni ni e n werde n,
d a s s im z w e i t e ii T) i- i r t e 1 des 1 e t z t e n J a h r t a u s e n d s v o r R e g i n n
unserer Zeitrechnung n ö r d 1 i cli und nordöstlich v o n N e u -
h ä u s e 1 . von d e r W a s s e r s c h e i d e bis z u m P 1 a t z e r - u n d z u m
K a 1 1 e n - ß a c h hinab einest a v k b (; v (t 1 k e r r t.; M i e d c r 1 a s s u n g 1 a g.
Sie bestand aus einem geschlossenen v e r t e i d i g u n g s f ä h i g e n
Kern v o n n a h e 3900 m Umfang und einigen kleineren vorge-
lagerten Dörfern und (i e h ö f t e u.
Das Gesamtergebnis dei* Ausgrabungen s]»riclir dal i'ii-, dass wir es nicht
mit Nomaden, stmdern mit einer sesshaften Bevölkerung zu thun haben, die
wohl auch Ackerbau trieb. Es ergiebt sich deshalb auch die Verpflichtung,
nicht nur nach Wohnstätten und (iräbern, senden^ auch nach den Spuren zu
'-) Von Interess« wäre nui'li «'in lunscliiiitt iiordöstlicli von dein lludireservoir, weil
liier iler Schnitt des grossen Liniosgrabeiis mit dein jtWiliistoriscdien lImfassuiig8gral>on 1)0-
ätimint werden könnte.
187
suchen. woIcIk; der Ackerbau zurü<'ki;nl!isson hat. Auf" dctii h(nvalrlot(!n Xurdhauji;
l)i(!tot si(;h f'üi- t'iiic solche Untorsucluirig- kcino Aussicht auf Erfol-j;. »hi luan.
augouscheinlicli auch, uui dem Wasser des IMatzer-und desKahcn-F{a<-hs mr»glichst
nahe zu kommen, liier nicOit das Voh\ behaut, s()n<h'rn gewohnt hat. Man muss
diese S])uren uaturgemäss auf dem sonnigen Südhang suchen, wo (dx^n luxdi
das Fehl gebaut, dadui'cli aber selbstvorständlicii auch (bis Suchen nach (h-n
Spuren alten Ackerbaues an den meisten Stellen unmr>glich genuidit wiid. An
einer St(dle ist aber doch Aussicht auf Erfolg vorhanden, nändic.h in (h'iii dichten
(reh()l/,. wcIcIh^s die Montabaurer Strasse vom Jüllscheider Stock bis zum Wasser-
reservoir auf ihrer Südseite begleitet. Hier schneidest denn auch thatsächlicli
eine ca. 30 ni westlich vom Reservoir von der genannten Strasse aus in ualuizu
südlicher Jlichtung ziehende Schneise eine Reihe paralleler Bodenwellen. Ich
ni()chte in ihnen unisoniehr Jlochäcker vernmten. als auch noch etwa 20f> m
westlich dieser Stelle in dem Gehölze solche Bodenunregelmässigkeiten zu er-
kennen sind. Leider ist in dem dichten Gehölz ein üeberblick auf eine weitere
Strecke hin. so lange der AVald belaubt ist, unm()glich.
Selbstverständlich habe ich während meines Aufenthaltes in Neuhäusel
auch in der näheren und weiteren Umgebung auf ähnliche Spuren alter Besiedlung
geachtet. Das Gleiche ist auch noch an anderen Orten geschehen. Ueber die
in meinem Heinuitland, dem (xrossherzogtum Hessen, genuichten Beobachtungen
wt'rde ich denmächst an anderer Stelle berichten, Ueber die in der Nähe von
Ncuhäusel genuichten Nachsuchungeu gestatte ich mir liier noch eine Bemerkung.
Die erste Hügelgruppe dieser Art fand ich im \Yalde des Herrn Regierungsrat
Hey d Weiler zwischen der SjKn'kenburg und dem Hofe Denzerheide. Eine
weitere Gruppe liegt nördlich vom grossen Arzbacher Kopf. Eine dritte und
zwar die grösste fand ich auf dem linken, südlichen Thalhang des Fehrbach-
thales zwischen Ilöhr und Vallendar. Ausgrabungen wurden aber bis jetzt an
keiner dieser Stellen vorgenommen.
Dagegen wurde mir anfangs Oktober v. Js. zu einer solchen durch llerni
Bürgermeister Schulte in Jh"aubach, Vorsitzender der Ortsgrui)ite Braubach
der Vereinigung zur Erhaltung mittelalterlicher Burgen, am Nordosthang der
Marxburg die Gelegenheit geboten. Die nur ]' ■> Tage dauernde Ausgrabung,
au der auf meine Bitte sich auch Herr Professor Dr. I^Mh'wig in Ober-
lahustein beteiligte, förderte eine z. T. in den 15erghang eingegrabene Wohn-
stätte zu T'age, die bei einem Vergleich mit Neuhäusel deshalb bi-sonderes
Interesse bot, weil die hier sehr reiche Scherbenausbeutc erkennen liess, dass
an der betreffenden Stelle die Besicdelung bereits Ende der Hallstattzeit begonnen
und bis Ende der La Tenezeit fortgedauert hat. Hier ist also zwischen den beiden
Kulturperioden eine trennende Kluft nicht zu erkennen.
Es fragt sich nun. ob das auch für die Terrasse des Westerwaldes. auf
der Neuhäusel liegt, Geltung hat. Unter den Scherben der grossen Niederlassung
finden sich nur einige wenige Stücke aus der unmittelbaren Nachbarschaft des
arossen (Gebäudes im Eitelborner Steinrausch, die auf tlie La Tenezeit hinweisen.
Aber deutlichen^ Spuren hat diese Kulturperiode bei dem benachbarten Sinimern
hinterlassen.
188
Wie icli scliun in drr l-"iiiU'irung zu dioseiii Bcficlirc horvurg-elidhcn. liciirii
ii()rillicJi. nuidüstlicli und ("»srlicli von Siuiniern im ^\'aldo /.(.-rstreut, zaldreiclic
Jiüi't'l";räbei'. Ein woireres ( h'äburfeld tiudot sicli uniuittclbur ttstlioli von Simiiicrn
in der seit wenigen Jahren neugeredeten Feldgewann „im See". Die bis in
die letzten Jahre liifr gemachten und bestimmten Funde gehr»rten der llallstatt-
zeit au. Aber im Herbste Ib'Jl* zeigte sieh aucli imcli t'int' andere Spur. Jjci
einer bauliehen Aenderung an der dortigen Kirche fanden sich eine prähistorische
llandmiihle und zahlreiche Scherben, welche (Jegenstände durch die Sorgfalt des
Herrn Pfarrers Mono in Neuliäusel vor der Zerstörung bewahrt wurden. Unter
ihnen fand lleri' J)(id(;wig das Ibidenstück eines jener (fefässe mit Ihickel
in der Bodenfläche. welcJie bei K o e n e ii — Tafel \' 111, Fig. 1.") und Ifi — als
Schalen der späteren La Tenezeit abgebildet sind.
/
Fi»-. 9. La TcnC'Grahfund von Simmern
Ein ähnliclKU' Fund wurch^ auch wiedei' diesen Ihjrbst gemacht. Anfang
(Jktober d. J. machte» mich llew Joseph llollv in Neuhäusel auf CJegenstände
aufmerksam, die; unmittelbar vorher in der (nnvann „im See" bei Simmern beim
liimssandgrabeii zum Vorschein gekommen waren. Es gelaug mir. den (irabfuud
zu erwerben. Er befindet sich im Wiesbadener Museum. Auf Fig. 9 sind
die vier Stücke aljgebildet. Die (Ji'abaulage sellist konnte ich küder nicht mehr
sehen, auch war ülier sie nichts Wesentliches melir zu erfragen. Das eijK'
Stück des Oraljfundes. eine Flasche, zeigt eine ähnliche Form, wie die bei
Koenen auf Tafel YII unter 1 und 11|, abgebildeten Gefässe. Sie ist 0,20m
hoch, hat einen grössten Bauchdurchmesser von 0,19 m und ist schwarz gefärbt.
Die obere Hälfte hat eine glatte Olx'i'tläclu'. die unt(M-e dagegen ist rauh gemaclii.
Di(; grauschwarze Masse zeigt ziemlich viel Sandzusatz und ist nicht sehi' liart
gebrannt. Das undaufende Zickzack-Ornament zeigt nicht die geradlinigen,
])arallelen Einritzungen, wie sie auf den Neuhäuseier Scherben vorkommen. Das
zweite Stück, eine Schale, zeigt die Form Koenen, Tafel \'I11. 1."). Es hat
bei 0,06 m Höhe eine Weiti' veii 0.1.") ni Dmchmesser, ist glatt, auf der Aussen-
seite oljen schwärzlich und veii der Kante ai)wärts bräuidich gefärbt und Jiiit
eingeglätteten Strahlen veiv.ierr. In iliieni r.iMJm ist. wie bei dem fiiiher an <ler
180
Kirche gcfuiKlcncii iMideiisfück, ein nigolinässig gofnniitrr PnK-kcl ciiif^odrückt.
Die Sdiiilc war ülici- die M iiiKliini;' dci' l'^lasclic i;'cstiil|ii-. Ks war dies das
Eiiizig'o. was ich iiltci' dir AiHirdiiiing- d('s(Jral)cs orfragcn kfnintc. Das dritte;
Srück, (Ml! Ai'iiiriiiu' aus liidu/.i' mit Knäufen und liirncnvorzicM'iing. /(»igt cJuiraktü-
ristis(dio Foriucii, w'w man sie im Maiu/cr Musmim In'i zaldiTidicn zu licidcn
Seiten d(;s Alittclrlioins gefundenen i>r<inzesfiickeu dei ähereii Ijh Tenczcif si'lien
kann. Kr ist gut erhalten und nut sein' scInWu.'r l'atina versehen, hu üliri^eji sind
aus den (rral)-lJ(Ugali(ni iKicIi zwei leidlich erhaltene Eisenstücke in meine Hände
g(daugt. l']s sind Stücike einei- ( Jürt<dscliliesse. An dem einen Stüeke ist he-
sondei's die hi(Mrkü[)Hg(; Niete gut. er]mlt(Mi, nur dei' das Eisen am Lederrie/ueu
l)(;f(>stigt wai'. Das andere Stück, der Haken, iuxt die Oestult (;ines Pferde-
ko])f'es, ist ahei' stark vom Rost zerfressen.
Der Eund zeigt, in Ergänzung der früh<M'(*n Eunde. dass hei Simmern
.'),") km von Neuhäus(d (»ntfernt, ilallstatt- und La Tene-Kuhui' "deicdizeitio- vei-
treten sind, wie auch hei Brauhacli heohacJitet worden ist. Vielleielit ersclioinen
dadurch auch die wenigen J^a l'ene-Scherhen, die in der Neuhäuseier Jlallstatt-
Nioderlassung zum Vorschein gekommen^ sind, in etwas anderer IJeleuclitung.
Ich kann diesen Bericht nicht s(!hliessen, dhiie den Königliclien Eerst-
und \'erwaltungsheh()rden \'nv das liebenswürdige Entgegeukomnum und die
thatkräftige Unterstützung zu (hinken, die ich wähi-end d(!r ganzen Untersuch-
ung hei ihnen jederzeit gefunden habe. Ganz besonders fülde i(di nu(di hierzu
gegenüber (h'n i[erren Oberförster Naumann in Neuhäusel utid Laudrat
Dr. Schmidt in Montabaur verpflichtet. Die Grabungen wurden im Kitel-
borner Giuneindew^ald vorgenonunen. Im Interesse der wissenschaftlichen
l''(>i's('Jiung durfte ich hier frei und ungehindert scduilten und walten. Es ist
nuüne PHiclit, liiertTtr auch dieser G(!meinde und ihi'em Vertreter, dem Jierrn
Bürgermeister La beute in Eitelboru meinen verbindlichsten Dank auszu-
sorechen.
Schloss Sonnenberg, Burg" und Thal.
R* Bonte.
Mit 7 T;xt'clii IVII ius XIII)
Die den naclisteliendon JietracJituiigon zu Grunde liegende Aufnahme dei
Burgruine Sonnen1)erg kdiunir hüdor um etwa 100 Jalire zu spät. Sie würde
sicher besseres bringen. \Y(^nn es mir vergtinnt gewesen wäre, in der Burg zu
schaben, da sie jnu-h ein unl)eriihrter Trümmerhaufen, eiu herrenhises Gut. ein
Hsi<aUsches Stiefkind war. als jetzt, wo viele wesentliche Mauerreste beseitigt
oder von schön gepHegten Anlagen verdeckt und überbaut sind, und neue
1 loheitsrechte die Burg vor einem etwa versuchten Angritt" init Hacke untl Spaten
wirksamer beschützen würden, als ihre früheren Besitzer dies vor den Wurf-
geschossen der E})psteiner vermocht hätten.
Über das Aussehen der Burg in früherei' Zeit geben einige in der Sammlung
des Vereins für Nass. Altertumskunde und Geschichtsforschung befindliche An-
sichten derselben nur unvollkommen Aufschluss. Diese Ansichten, ein Stich
aus dem Jahre 1624, etwa ein Dutzend Stiche — darunter 2 kolorierte — aus
der Biedermeierzeit und einige spätere Lithographicm. meist kleine, rein malerisch
behandelte und in Bezug auf konstruktive Teile und Terrainform wenig natui"-
getreue Darstellungen, sind bei der vorliegenden Arbeit zwar berücksichtigt
worden, sie können aber meines Erachtens wegen ihrer zwcif(^lhaften Zuverlässig-
keit nicht als beweiskräftig für oder auch gegeji die hier ausgesprochenen,
bezw. in den Zeiclinungen niedergelegten, aus ander weiten Folgerungen ent-
standenen Annahmen gelten.
Ungeachtet der vielfachen Veränderungen, welche von Menschenhänden
— in guter wie in böser Absicht — an den Bauten des Schlosses Sonnenberg
im Laufe mehrerer Jahrlumderte hervorgebracht wordim sind . und dessen
früheres Bild fast bis zur Unkenntlichkeit verwischt und verdunkelt haben,
ist von den Wehrbauten in Burg und Thal doch noch mancherlei erhalten ge-
blieben, sodass es keiner waghalsigen Rekonstruktionsi)rojekte bedarf, um sich
eine mehr oder wenigei- zutrett'ende Vorstellung von dem einstigen Zustande dieser
kleinen mittelalterlichen Festung zu machen. Anders die Baugeschichte
derselben. Nur in dunklen verschwommenen Umrissen taucht sie aus den bis
jetzt vorhandenen urkuntlliclieii llierlieferungen auf. ohne ein(! gnufbare Gestalt
101
anzunelimcn. Tu s;i;>(mhiiftos Dunkel ist die iirspi-iiiigliclie Entstclmni; der Büro-
o'oJuillt. unsiclicr und scliwaiikond sind die Anniiliiiicn davüIxT. oh die Erl)iiuuii,u-
derselben durch die Sühne des (irafen Wulrani J. von Nassau ertV)l<rte und
welohe \Vi(Hlerlierstellun«en und Erweiterungen dem Könii,' Adolf von Nassau.
be7AV. dessen Erben Cierlacli zu/.usclireibcii sind. ^Iind»!stens /wciifelhaft er-
scheint, es. ob (b'rlaclis Witwen Iriuong-ard, ob ilu' Sohn Jlu])re<dit in der Lage
waren, nennenswerte Aufwendungen für Erw(>iterungsbauten in üurg und Thal zu
inachen. Es isl; in den nachfolgenden Darlegungen versucht word(ui, die aus dm
urkundlichen Naclirichten hergideitetcn Annahmen über die Entstehung der
einzelnen liauten und Teile dos Schlosses Sonnenb<ng mit dem Ucfundc der
sichtbaren lieste desselben möglichst in Einklang zu bringen.
In Eezug auf die Oeschiolite des Schlosses darf ich wohl auf die; Arbeitern
von V 0 g (^ 1 in Nass. Amialeu, P.and 2, Heft ;') und S c li 1 i c p h a k e , Geschichte
von Nassau. Band 1, Seite 402 ff., Band 2, Seite 157 ff., 165 f. und Band -1.
Seite 177 f. liinweiscn und von einer' aus/Aigsweisen Wiedergabe derselben
absehen.
Auch in Hinsicht auf die nun folgende Beschreibung des Burgwesens
glaube ich mich kurz fassen zu dürfen, da die beigefügten, nach eigenen Auf-
nahmen angefertigten Zeichnungen dassc^lHi in allem wesentlichen Teilen
e-etreu darstellen. Soweit in letzteren e i n z e 1 n e Bauwerke veranschaulicht sind,
wird bei der Besprechung derselben auf die betreffende Darstellung hingewiesen
werden; für die allgemeinen Betrachtungen des ganzen Burgwesens werden
nach jeweiligem Bedarf die Tafeln VII, VIII und IX heranzuzielien sein, ohne
dass im Folgenden immer ein besonderer Hinweis zu geben war.
Die Tafel VII, „Schloss Sonnenberg, Burg und Thal'^ enthält
den Hau])tplan des ganzen Wehrbaues und zeigt ausser dem jetzigen Bestände
desselben auch die mutmassliche frühere Gestaltung der fehlenden oder ni(dn
sichtbaren Teih;. Sie beabsichtigt aber keineswegs eine sogen. „Rekonstruktion^
vorzustellen.
Die im Hauptplan mit Kreisen umschlossenen Zahlen gebcm die Meeres-
höhe der betreff'enden T'errainstufe in Metern an.
Die Tafel enthält ferner einen parallel mit der Angriffsfront gelegten
Schnitt durch die Burganlage.
Ein hierzu rechtwinkelig, etwa durch die Mittelachse des ganzen Schloss-
berings geführter weiterer Schnitt konnte auf diesem Blatte keinen Raum
hnden und ist auf Tafel XIII dargestellt worden. Letztere enthält noch — wie
hier gleich bemerkt werden soll — die Grundrisse und Schnitte des Burg-
kellers und der Eck wehr, sowie eine Ansicht der letzteren unter Weg-
lassung der davor liegenden neueren Gebäude.
Die Tafel VIII, „L a g e p 1 a n" enthält den vollständigen Grundriss der noch
vorhandenen sichtbaren Bauten und Mauerzüge der eigentlichen Burg in ihrem
gegenwärtigen Zustande.
Tafel IX giebt ein geometrisches Bild von der Angriffsseite der
Burg und zwar ebenfalls in ihrem jetzigen Zustande. Um (>twa möglichen
Missd(Hitungen vorzubeugen, sei hierzu noch bemerkt, dass diese Darstellung
192
insofern oine iilealo ist. als sie nur duri-li Konstrukridn gewonnen wurde und
dass diese Burg-seire in der Nafur VdU keinem Sfand|»unkre aus so vollst ä n d i g
gesellen werden kann. —
Aliweiehend vnn der Geiifiogenlieir anderer Burgenheschieiber. welelic mir
der liurgstrasse und dem l[au|)trhor lieginnend von unteii durch die Burgaulagen
führen und mit der "NVehrjilatte des hohen Wartr armes endigen, nniss ich
I)('i letzterem, dem auf der luk-hsten Stolle des Bnrgterrains stellenden
1 1 a u jt 1 1 u r 111 . als dem e r s t e n und ä 1 1 e s t e n Teile des Burgwesens beginnen.
Nachdem wir unsere Augen an dem sch("inen Kundhilde gesättigt liahen.
welches ein Blick von der Plattform des Turmes bietet, wenden wir uns zu
einer vorbereitenden Betrachtung des Gelä ndes, sow'eit dies für unsere l^ntin--
suchungen in P^-age kommt, und der zu unseren Füssen liegenden JJurg-
an lagen, um zunächst ein allgemeines Bild von den im Folgenden näher zu
beschreibenden Verteidigungswerken zu erhalten.
1 )as B u r g t e r r a i n bildet ein B er g v o r s |> i u n g von etwa quadratischer,
nach dem Thale zu sanft abgerundeter Gniii(b'issform, welcher aus dem ziemlich
genau südnördlich streiclieud(Mi linksseitigen Hange des Rambachthales heraus-
wachsend, im Nordosten und Osten mit dem Berglande zusammenhängt, an den
übrigen zum Teil sehr jäh abfallenden Seiten aber sturmfrei ist und um welchen
sich der Rambach mit einer leichten Biegung nach Westen herum windet. Der
Bergvorsprung gestattet eine vollkommene Beobachtung des Thalzuges auf
längere Strecken und bot daher einen sehr geeigneten Platz zur Aufführung
eines die Umgebung beherrschenden Wartturmes. Es liegt der Gedanke nahe,
dass ein solcher schon in sein- früher Zeit doi't bestanden habe, bevor sich das
Bedürfnis nach einer Wohnburg auf dieser Stelle fühlbar gemacht hatte, deren
llerstellung in kleinerem Umfange die Wehrhaftigkeit des Platzes nicht wesentlich
erhöhen konnte, in grösserem aber mit bescheidenen ^Mitteln nicht auszuführen
war, weil das breite noid()stliche Angriffsgelände die Anlage langer Wehrmauern
und Gräben erforderte und ferner auch bei späterer Erweiterung der Burg,
wfdche nur nach der südöstlichen Seite hin stattfinden konnte, die hier vorbei
streichenden Hänge zu einem weiteren Angrift'sfelde wurden. Dieselben be-
grenz(Mi reditsseitig die Burgstrasse und bilden für die jetzige Ijurg in ihrer
Gesaintlutit inn Angriffsgelände 2. Ordnung.
Bezüglich der Betrachtung einer Verteidigungsanlage sei hier bemerkt,
dass solche regelmässig vom Standpunkte des Verteidigers aus stattfindet,
so dass das Angritt'sgelände vor demselben liegt; hieraus ergiebt sich die
Miünung der mehrfach voik<inimenden Bezeic-linungen rechts, links, vorwärts,
rückwärts etc.
Nach der Verschiedenheit ihrer Höhenlagen und nach ihren Abgrenzungen
gegen einandia- lassen sich drei Teile unterscheiden, welche in ihrer Gesamtheit
den Bering des „Sc ii 1 <i s s e s S o n n e n b e )■ g" Itilden. nämlich eine ob(M"e
Burg, eine süd<"»stliclie an diese anschliessende untere iiiiig oder Vorburg
und das beiden an den südwestlichen Seiten anliegende befestigte T li a 1. Diese
schon frülier vorhandenen unterscheidcrndtiu Bezeichnungen sollen im Xach-
folgenden beibelialten weiden : die Bezeichnung „Stadt" ist für den Tliallieiing
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in keiner Urkunde ,n'ebrauclit und darum auch liicu- vermieden worden. J)i(!
iet/i<i;e „oberem Jiurg" erhebt sicli auf zwei terrassenarti«^ aus dem tieferen
Gehinde aufsteigenden F e 1 s s t u f (mi . welche in der Hauptsachen von der Xatur
gebildet, in Absi(dit der Verteidigung noch schärfer als solche ausgeprägt und
durch Futtermauern abgeglättet und unterstützt wonh-n sind. Der auf der
Plattform der oberen Terrainstufc stehende JLauptfurm. „der grosse
Turm, dien hohe Warte" wie er früher benannt wurde, ist von einem
Mauer/Alge umgeben, welcher wohl als der üering der ersten Burganlag(n an-
zusehen ist. Vor ihm liegt dicht an dci- Ringmauer und nur wenig vor dieselbe
vorspringend ein weiterer Turm, von dem nur ncxdi zwei hochaufragende Wände
mit dicken Mauern erhalten sind. Beide dienten als Deckung für die rückwärts
der Ringmauer anliegeiulen einfachen Wohngebäude, deren unbedeutende Reste
keinen Schluss auf ihre frühere Gestaltung zulassen. Die auf diesem hodi-
gelegenen Felsplateau aufgeführten Bauten gewährten auch oIhk; einen besonders
ausgetieften Graben eine ausreichende Verteidigung des kleinen Burgwesens.
Letzteres wurde später durch Anlage eines zweiten Berings erweitert,
welcher die tiefer liegende Terrainstufe umschloss und mit <h'm ältcn-en Bering
den Komplex der o b e r e n B u r g bildete.
Erst durch diese Erweiterung wurde die kleine Veste zu einer den An-
sprüchen eines gräflichen Herronsitzes genügenden W o h n bürg umgeschaffeu.
Der zweite Bering zeigt noch die Reste eines ehemals wohl recht stattlichen
Palasgebäudes und schliesst jetzt die Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Burg-
restaurants in sich ein. Gleichzeitig mit s(nner llerstellung erfolgte wohl die
Austiefung des Grabens längs der Augriffsfront und die Anlage des Brunnens.
Nach der später angebauten unteren Burg hin schützte ihn der ziemlich h(»he
und steile Abhang, welcher jetzt allerdings durch Mauertrümmer, durch abgewitterte
und abgestürzte Fels- und Erdmassen ausgeglichen und mit ansteigenden Wegen
und Anlagen versehen ist.
Spätere Bedürfnisse, wie audi wohl das Streben nach grCfSserer Ver-
teidigungsfähigkeit des Werkes führten zur Anlage des die „untere Burg"
oder „Vor bürg" bildenden Mauerringes mit dem Thortiu-m und einem in der
Grundfläche ungewöhnlich gross bemessenen Mauerturm mit dem Kapellenchor,
deren wohlerhaltene Reste das Bild der eigentlichen Burg abschliesscn.
An die dem Angrittsgelände abgekehrte südwestliche Seite der Burg schliesst
sich die T h a 1 b e f e s t i g u n g in der Form eines länglichen unregelmässigen Sechs-
ecks an, deren Ringmauern durch beiderseits angebauteWohnhäuser etc. grössten-
teils verdeckt sind. Drei Mau er türme ülxnrragen die Dächer der letzteren
und lassen den Zug der alten Befestigungsmauer vom Turme aus einigermassen
erkennen. Genau in der Mitte der Strasse, welche diesen Thalbering in zwei
ungleiche Hälften teilt, liegt die jetzige Pfarrkirche, deren Erbauung einem
Adeligen aus dem Geschlechte derer von Nassau zugeschrieben wird.
Wie die von unserem hohen Standpunkt aus gehaltene Umschau zeigt, haben
die Neubauten und Neuanlagen s])ät(n-er Zeit den allgemeinen Charakter dei-
Burg und der Thalbefestigung leidlich bewahrt. Der Besucher der Burg gelangt
noch jetzt auf der alten Burgstrasse, welche diesen Namen beibehalten
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194
bar — um Wiesbudeuor Tlior mir seinem maleriseheu Turme uiul <ler linker
Hand liegenden Kiugmauer. deren Graben jetzt ausgefüllt und mit freundlielieu
Jläusern überbaut isr. vorbei schreitend — mir einer kurzen Wendung \oy
das Bürgt hör und dureh dieses in die untere Burg, steigt auf dem
früheren Wege zur o b e r e n B u r g empor und betritt letztere auch an der
Sri'lle, wo sieh deren Eiugangsthor in der jetzt zerstiu-teu Kingmauer derselben
«"■»{fnete. Für den Abstieg bietet sieh ihm noch der gleiche mit Stufen ver-
sehene Pfad, welcher früher den Burgbewohnern zum direkten Verkehr mit dem
Thale diente. Aus letzterem selbst gelangt er auf der ./Fh al s t r a s se'' zu
den beiden Thoien. welche auch früher den Ausgang in der Richtung nach
Wiesbaden und nach Kambach bildeten.
Bezüglich der nun folgenden eingehenderen Betrachtung der Befestigungen
in Burg und Thal sei auf die beigefügten Zeichnungen hingewiesen nnd der
Anfang wieder mit dem Haupt türm gemacht. Seine Lage steht streng ge-
nommen mit der Burg in einem nur lockeren Zusammenhange, sodass man
ziemlich sicher annelimen kann, er habe bestanden, ehe der Burgbau, der sicli
ja auch nicht in einem Gusse vollzog, geplant worden war. Der Turm ist
namentlich zu sehr aus der Axe des Angriffsgeländes heraus nach links gerückt,
und es stellte sich daher schon bei der ersten Burganlage die ]S'otwendigkeit
heraus, die Verteidigungslinie nach rechts zu verlängern und dem rückwärts
liegenden IJurghofe eine breitere Deckung zu verschaffen, welcher zum 'l'eil
durch die Errichtung des vorerwähnten weiteren Turmbaues genügt wurde.
r)tt'enbar diente der llauptturm der Burg anfänglich nur als Warte und wurde
aus diesem Grunde m(")glichst nahe an den Felsenaldiang gerückt, um eine
uneingeschränkte Beobachtung des Thaies, insbesondere nach der Kambacher
Seite hin zu gestatten. Die Grösse seiner Innenräume machten ihn aber auch
geeignet, nicht nur einige Wachtmannschaften, sondern eine für damalige
Verhältnisse sehr starke Besatzung aufzunehmen. So konnte er mit den ihn um-
gebenden l^lockhäusern. welche unter gewöhnlichen Umständen der Besatzung
als Unterkunft dienten, im Kriegsfalle aber abgelegt oder verbrannt wurden,
schon eine Burg genannt werden, wenn man in Betracht zieht, dass
diese Bezeichnung ursprünglich auch auf einzelne Türme angewendet wurde
und sich erst später auf den befestigten Wohnsitz, das „Haus" eines
Grundherrn übertrug. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die sagenhaften
Ueberlieferungen von einer schon längst bestandenen Ikirgaulage auf dem
Sonnenberge, also einer weit früheren Gründung als die der Söhne Walrams I.,
sich auf diesen Wartturm beziehen, dem sowohl wegen der schlichten Ein-
fachheit seiner Ausgestaltung als auch der vorzüglichen Mauertechnik ein höheres
Alter zuzuschreiben ist, als allen übrigen Teilen der Burganlage.
Die ganze Anlage des auf Tafel X in Grundrissen und Durchschnitten
dargestellten Turmes, welcher in einer Teilungsurkunde (vergl. ]S'ass. Annalen
n, 3. S. 20 u. 21 ) „der gross (? T u i' m , d i e li o h e W a r t e" genannt wird,
ist durchaus typisch und ohne Besonderheiten. Das vorzüglich gut, aus grossen,
oft l)is zu einem Meter langen ih'uchsteinen hergestellte Mauerwerk ist, wie
üblich, direkt :iuf dem I 'eisen gegi'ündet. Einige sieh jetzt z(Mgi'nde Uisse in
11)5
demselben düi'ftcn iiiclit etwa auf die Aiisfiihruiin;'. sondcin auf ein «^-ering-
fügiges Nachgeben des Felsengruudes ziiriickzufülircii sein, wcb-hcr keine
liorizontalc. sondci'n eine nichv odci' weniger senkreclite Seliiclitung zeigt. Der
Turm ist jet/t noch 24 m liecli und dürfte mit dem iViiber verlianden gewesenen,
iiicJit ausgekragt(^n Zinneidsvaii/e eine Ibdie ven niciit mein- jils 2(1 m besesscm
haben. J)as 6,0 m liolie, 0,0:4,2 m W(üt(! „VcM'lies", weh-hes V(»n einem
Tonnengewrtlbe überdeckt ist und früher aus bekannten (Jriinden nur durch
(dn in (hnn h^tzteren beliiidlicJie.s Mannhieli vein darüber liegenil<'n (reschuss
aus zuiiäimiich war, l)<)t hinlänglichen Kaum fih' die im ¥a,\\v einer IJelaaerunir
dort (Mnzubring(mden Vorräte von Proviant und Kriegsmaterial. Es ist später
durch eine in der Angriff'sfront liegende 'i'liüi'e zugänglich gemacht worden.
Lieber dem Verlies befinden sich noch 4 Geschosse, von denen di(! o unteren
mit Balkendecken, das obere mit einem d'w AV(dirplatte tragenden Tonnen-
gewölbe versehen waren; dieselbeu standen durch llolztreppen miteinander in
Verbindung. Vom oberen Geschoss aus führt(! eine in der Dicke der thalseitigen
Mauer liegende steinerne Tre]>p(! auf d,ie Wcdirplatte. Das über dem Verlies
liegende 1. Geschoss entbält in der dem Angrifi'sgelände abgekehrten Wajid
die frühere Turmthürc, welche in ihrer Leibung no(di die Führungslöcher für
den Riegelbalken zeigt, und zu der man vom l>urghof(^ aus auf einer etwa 8 m
langen Jjeiter gelangte. Letztere musste in den Turju hinaufgezogen werden
können und es waren die Raumbemessungen des Türminnern danach ein-
zurichten. Wie man aus der Zeichnung, Schnitt nach CD ersehen kann, war
die Möglichkeit erwogen, eine Leiter von dieser Jjäuge durch die enge und
tiefe Thürleibung hindurchzubringen und durch ein Loch in dei' Halkendecke
an der Mauer des IL Geschosses hochzuschieben und aufzustellen. Zu beiden
Seiten der Einsteigethüre sieht man in der Aussenmauer die Löcher für
die Kragsteine oder Balken, welche den hölzernen erkerartigen Vorbau trugen,,
der die in der Thüre stehenden Verteidiger gegen Frontalschüsse und Würfe
zu decken hatte, wenn der Gegner mit Leitern an die Turmthüre zu kommen
versuchte;. Ausser der Einsteigethüre enthält das L Turmgeschoss imch den
Kamin, 2 Wandnischen und 2 Fenster, von denen das eine nacli der unteren
Burg, das andere nach dem Thale zu liegt ; letzteres ist jetzt zur Eingangsthür
für die Besucher umgestaltet worden. Die übrigen Geschosse sind, wie dies
in der Regel der Fall zu sein pflegte, ohne Kaminanlagen, da sie einesteils
durch die aus dem unteren Geschoss durch die Treppenlöcher aufwärts zieliende
warme Luft mit beheizt wurden, anderenteils aber bei dem Aufenthalt vieler
Personen im Turme ein besonderes Wärmebedürfnis weniger vorhanden war.
In den oberen Geschossen waren nur wenige enge Fenster- bezw. ^Mauer-
löcher für die l»oleuchtung und Entlüftung dieser Räume vorgesehen, nach dem
Angriflsgelände zu hatte der Tiu-m überhaupt keine Oelfnung. Die Beobachtung
desselben fand von der Wehrplatte aus statt, welche vielleicht ein vollständiges
Dach, jedenfalls aber über dem Treppenaustritt einen schützenden Ueberbau
trug, der gleichzeitig zum Aufenthalt des dort postierten Wachtmannes dienen
mochte, zumal sich der Tre])penaustritt in der äussersten Ecke des Turmes befand,
von wo aus eine r>enbae]ituiii2- des Tlial/.Ui>-es am besten eiToI^en konnte.
1%
Dieser mächtige Turm war e:<. den die l^idine Walrams I. sieli beim An-
tritte ihrer Regierung zum Mittelpunkt und Kernwerk für eine neu anzulegende
I^urg ausersaheu. Oh und inwieweit sie mit dieser Anlage in die liesitzrechte
des Mainzer Domkapitels eingriffen, oh der (>twaig(^ Eingriff sich nur auf die
Festlegung des Bifanges der liurg, oder auf die r>urgstelle seihst, auf den un-
angehauten Felsen odin- den bereits vorhandenen Turm erstreckte, dürfte für
die vorliegende Darstellung des Hurgweseus ohne lielang sein. Es genügt, wenn
für die Entstehungsgeschichte des letzteren in Ucibereinstimmung mit den An-
sdu^uungen bewährter Forscher angenommen werden kann, dass die Erbauung
einer wehrhaften Wohnburg an dieser St(!llo nach der Lage der Verhältnisse
für die Grafenbrüder Jleinrich il. und Ilupiecht IV. zu einer zwingenden Not-
wendigkeit geworden war. der um jeden Preis genügt werden musste.
Die strategisclie Bedeutung der Burgstelle, welche längst erkannt und durch
die Erbauung des starken Wartturms ausgesprochen worden war, fand erst mit der
Herstellung einer starken Wohnburg, welche zum dauernden Sitze eines Burg-
mannes geeignet war, ihre vollständige Würdigung. Ich sage mit Vorbedacht
eines Burgmannes, denn dass es in der Absicht eines der beiden Brüder
gelegen haben kimnte, die Burg zu bewohnen, oder dass dies geschehen sei,
erscheint mii- zweifelhaft. 1 [einrieb weilte, wenn ihm seine Regierungsgeschäfte
dies erhiubten, am liebsten auf der Stammburg seines Geschlechtes, auf der
stolzen Lahnfeste Nassau, und Ruprechts ritterlicher Sinn stand wcdil schon frühe
nach Höherem, als nach einer Burghut auf dem Sonnenberge.
Mit Rücksicht hierauf und auf die aus dem Befunde der Burgroste ent-
standenen Erwägungen nehme icli an. (hiss die „B r ud er b u r g", wie sie im
Folgenden zur Unterscheidung genannt werden soll, die obere Felsstufe ein-
naJim, deren beherrschendes, durch steile Abhänge geschütztes Terrain genügenden
Raum für einen Burgmannensitz gewährte.
Der Bering der Bruderburg bildet ein Rechteck von etwa 50 und 30 m
Seitenlänge, welches mit einer kurzen Seite dem Aiigrifi^sgeläudc zugewendet
ist und an der rechten Langseite noch eine 15 m lauge und 7 m breite Aus-
buchtung besitzt, welche keineswegs als eine durch die Form der Felsenstuf(^
veranlasste Zufälligkeit angesehen w'erden darf, sondern vielmehr eine wesentliche
Dcckungsanlagc darstellt.
Jn der Mittelachse dieses Berings und zwar lueJir der Angriftsfront als
der rückseitigen Ringmauer genähert liegt der alte Hauptturm, die hohe Warte
der fast ganz zerstörten Burganlage. Ein besonderes Interesse beansprucht der
weitere turmartige Bau, Avelcher nur 7 m von dem Hauptturm entfernt, dicht
an die Angriffsseite gerückt und mit abgerundeten Ecken vor die Ringmauer
vorspringend, auf den zum Teil sichtbaren gewachsenen Felsen aufgebaut ist.
Von diesem Bau stehen nur noch zwei Wandseiten, welche dem Angrift'sgelände
zugewendet und deshalb von besonderer Stärke waren, während die dem Angriff'
nicht ausgesetzten schwächeren Wandseiten der Zerstörung anheimfielen. Er
bildete offenbar (jinen zweiten Hauptturni mit dem ausgesprochenen Zweck eines
Deckungs- und Rückzugsbaues. Wie im Vorhergehenden bereits angedeutet
wurde, wai für die neu anzulegenden Woluif>ebäude das Deckungsfcld des
vorliiUidciKm ILiupttuniics zu klein und crroiMlcrtc eine aiiyciiicsstMic Vorlicrcitiing.
Ilior/u liätto es abor nur der AiiH iiliniu;^' einer g(!iüi^'ciid slarkcüi uml linlicii
Mauer, einer sogen. S e, h i 1 d ni a u e r l)(^dui'ft. dei-en llorstelluiig durch eni-
spredicnde Verstärkung und Erhöhung (h'r dhiieJuii ertonhirliehen AVehrniauer
an der Angrift'sseite erfeigen konnte. J)ass an deren Stelle ujul in näelistei'
Nähe des vorhandenen Jlauptturnujs noch ein weiterer Turm aufgestellr wuide.
erseheint auti'allend und bedarf der Erklärung, leh nehme an, dass bei «h.-r
gcmcinsehaftliehen Ausführung des Jkirgbau(!s durch die beiden Söhne Walrams I.
der ält(n'e Heinrich II. den beieits vorhandi^ncni Turm für sich in AnsjM'ueh
nahm und für seinen Jiruder Ruprecht IV. ein ähnlicher, aber etwa ."> m iiiedrigtirei'
Turm erbaut wurde. Letzterer ist demnach gewissermassen ein „Uruderturm"
und könnte füglich — wie z. W. bei der Uurg Greiffenstein bei Sinn — auch
so benannt werden.
Es war bekanntlich nicht ungewöhnlich, dass bei gleichzeitigem JJesitzrecht
Mehrerer au einer Burg jede Partei für sich, bezw. für ihren mit dei' Üurg-
liut betrauten Vertreter einen besonderen Verteidigungsturm beanspruchte ,
w'ährend die übrigen Teile d(n- Burg gemeinsam benutzt wurden.
Dass ersteres auch hier der Fall gewesen sei, ist nicht unwahrscheinlich,
auch entspricht es durchaus dem praktischen Sinne der Burgenerbauer, eine
ohnehin erforderliche Schildmauer durch den gleichfalls notwendigen Turm zu
ersetzen.
lieber den Bruderturm Ruprechts IV. ist wenigstens in Bezug auf
seine frühere Gestaltuiig nicht viel zu sagen, da die Reste seines im Vergleich
mit de)n ITauptturm nur minderwertigen Mauerwerks hierfür keine ausreichenden
Anhaltspunkte bieten. Man erkennt in der Ostw^and die Reste eines Kamins,
dessen Vorhandensein die Annahme unterstützt, dass das fragliche Ijauwerk
eiu bewohnbarer Rückzugs- und Verteidigungsbau gewesen sein könne. Peinige
Anzeichen spreclien dafür, dass dieser Bau — vielleicht nach einer teilweisen Zer-
störung — nicht wieder als Turm aufgebaut - - wozu ja auch der nachherige Allein-
besitz keinen Anlass bot — , sondern mit den späteren Erweiterungsbauten in irgend
welche Verbindung gebracht wan'den ist. Es ist anzunehmen, dass bei diesem
Umbau neben ihm und zwar an der Stolle, wo auch jetzt vom Büffet im Pächter-
hause aus eine neue Treppe nach dem Plateau der oberen Felsstufe führt, eine
derartige direkte Verbindung zwischen letzterer und dem tiefer liegenden Jlofe
(Lichthofe) des späteren Palasbaues angelegt, wurde und dass der ]5ruderturm
die Deckung dieses Zuganges und der in der alten Ringmauer der Bruderburg
angelegten neuen Eiugangsthüre zu besorgen hatte. Dass sich an dieser Stelle
bereits der Aufgang und das Thor der Bruderburg befunden haben könne, «larf
keinesfalls angenommen werden, da der Aufgang an dieser Stelle, aucii wenn
er etwa durch eine vorliegende Wehrmauer gedeckt gewiesen wäre, doch schon
nach einer auch nur teilweisen Zerstörung derselben v<uu Angriffsgeländi» aus
bestrichen werden konnte. Das Thor und der Aufgang zur JJruderburg befand
sich olme Zweifel hinter der vorerwähnten Ausbuchtung des J5erings der lerzteren
an der im TTauptjjlan Tafel VH angegebenen Stelle,
198
Es ist bereits darauf hin;^i'(.leiitot woi'dcn. dass die Srelluiig- dos BrudortunnR
keine zufällige, soudern aus Rücksieht auf die erforderliche Deckung der ^\'(lllll-
sebäude »ewählt worden isr. Zieht man eine an der vorderen rechten Ecke des
llauptturms und der hinteren linken Ecke des Bruderturnis vorbeistreichcnde
Yisierlinie. so trifft diese ungefähr in der Glitte der vor einigen Jahren erbauten
Turnhalle das Angriffsgelände . also etwa da. wo vermutlich in früherer Zeit der
jetzt aufgeschüttete und eingeebnete Steilabhang- des letzteren begann und eine
Aufstellung von Wurfinaschinen nicht mehr stattfinden konnte. Weitere Linien
lassen aber erkennen . dass der hinter den beiden Türmen liegende Burghof
zwar gegen den grösseren linksseitigen Teil des Angriffsgeländes gedeckt, aber
von einem rechtsseitigen Teile desselben noch zur Hälfte bestrichen werden
konnte. Diesem zu begegnen, wurde die orillonartige Ausbuchtung des Berings
angeordnet, welche — vorn als Schildmauei" ausgebildet — den Burghof voll-
ständig dehlierte und an ihrer rückwärtigen Flanke Gelegenheit zur Anlage
eines durch starke Mauer- und Felsmassen gedeckten Aufganges zu dem gleichfalb
s
dort angeordneten Burgthore bot. Die Ausbuchtung selbst gewährte zug-leich
Raum genug für ein Thorhaus und den vor dem Ausg-ange erforderlichen Vor-
jdatz zum Antreten der Mannschaften, die etwa in geschlossener Kolonne aus-
rücken sollten. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Aufgang auch noch nach
der späteren Erweiterung der oberen Burg neben der vorerwähnten, direkt vom
Palasgebäudc aus auf die obere Pelsstufe führenden Treppenaulage fortbestanden
hat, da das Yorhandensiün m obrere r Aufgänge zu dem höchsten Punkte
der Burg für die Beschleunigung eines etwa erforderlichen Rückzuges von
Wichtigkeit war.
"Wenn auch für das Vorhandensein des Aufganges zui' ältesten Burganlage
au der gedachten Stelle keine sichtbaren Anzeichen sprechen, so muss letztere
doch als der geeignetste Platz für eine solche angesehen werden. Es steht
allerdings nichts der Annahme entgegen, dass sich der fragliche Eingang auch
in dem rückwärtigen, jetzt ]nit Anlagen und Wogen überdeckten Teile der
Ringmauer befunden haben könne, doch darf hierbei nicht ausser Acht gelassen
werden, dass dieser Teil wohl als Rückwand für die vorhandenen Wohngebäude
gedient hat. Hierauf deuten eine nach dem Thal zu liegende rundbogige Fenster-
(iffnung und eine zerstörte Kamiuanlage, welche sich in der Ringmauer als
einzige Reste der ehemaligen Wohngebäude vorfinden.
Wie aus dem Lageplan ersichtlich, ist die Ringmauer der Burg wenigstens in
ihrem unteren, die Futtermauer bildenden Teile noch im wesentlichen erhalten
geblieben; insbesondere gilt dies von der gewaltigen nordwestlichen Futtermaucr,
welche hier den steil und unregelmässig aufragenden Felsen bekleidete und
abstützte und die diesseitige Jiingmauer trug. Hinter derselben befinden sich
unzugängliche Hohlräume, von denen noch weiterhin die Rede sein
wird und welche entweder durch die Form des Felsens veranlasst, odei- zu Ijc-
stimmten, noch näher zu l)(d(!uchtenden Zwecken in denselben cingehauen worden
sind. Die Futtcrmauer an dcM- Angriff'sseite ist vollständig zusammengebrochen
lind dadui'ch den- in einige!' Entl'ornung daiiinter liegojide Felscsn biosgelegt worden.
Da letzterei' ein Nachstüi'zen für ilic l'dliic iiidit befüi'chten liess, so ist Iiei den
10'.»
ctwu im .hiliiT ]<S83 V(ir<;ciiiHMiuriicii J'^rluiltun^.^ai'ljciirii mhi dci' AuHiiliriin^i' ciiirr
nuuon Stütziiuiucr abgcseJicii worden. Du^'c^cn Nvurdcn an dciii Ende diT »'rwäliiitcMi
westlitihon Futror- bezw. Kingmaucr. sowie an dem „Unidcrtiuui" .starke Stürz-
miiueni iiinl Strebepfuil(;r ang'obraclit.
Nacli den VOM mir iiljer diese Arbeiten nnd den damaligen Zustand der
Jiinginauor eingezogenen Erkinidigungen muss icji seldiessen, dass aueli an iler
Angriffsseite ein holder Kaum zwiselu;n Mauei- und Felsen vorhanden war.
welcher mii dem vorerwälinten Jlolilraum an der westlichen King- b((zw. l'uiiei-
niauei' in \'et bindung stand. ])e.i' Abstur/, der nerdöstlielusn Mauer ist jedenfalls
auf ein Nachgeben des Felsenf'uudainents und den Di'uck des den lliildraum
abschliessend(;n Gewölbes zurückzuführen. Die (U'wähnten llohlräuiue Idldeii
eine interessante Eigentümlichkeit dei- Burg Sonnenberg, weil sie hier offenbar
f'üi- die Zwecke der Verteidiguiig ausgenützt sind, während im allgemeinen die
si(;li hie und da infolge der Felsfornu^tion etwa bildenden freien Käume hinter-
mauei-t und liinterfüllt oder, wenn es hierfür an Material gebrach, eingewölbt
wurden. Es linden sich derartige Jiohlräume bei vielen Burgen, ohne dass sie
irgend welchen besonderen oder gar — wie öfters angenommen Avird — ge-
lunmnisvoUen Zwecken gedient hätten; auch die alsdann in der Aussenmauer
befindlichen kleinen Löcher (nicht etwa Kiegellöcher !) waren nur vorgesehen,
um das Austrocknen des Gewölbes zu befördern und das Sickerwasser abzuführen.
Dass die kasemattenartigen Räume bei der Burg Sonnenberg zu Ver-
teidiguugszwecken dienten, zeigen vier Schiesslöchcr, welche sich in der nord-
westlichen Kingmauer etwa 2 m über dem Bankett des früher davorliegenden
Zwingers befanden. Auch in der abgestürzten Mauer der Angriffsseite haben
sich na(di den mir gewordenen Mitteilungen wahrscheinlich solche befunden.
J)ie Nordecke des Hurgberings erhielt durch diese Anlage eine besondere Yer-
tcüdigung, welche wohl aus dem Grunde geboten schien, weil hier der Steil-
abhang sich nach dem Angriffsgelände zu verflachte und auch der das letztere
abschneidende Graben hier in den Abhang auslief. Wahrscheinlich war diese,
den Angriff' begünstigende Stelle auch noch durch weitere Annäherungshindernisse,
als Verpfählung, Gebück u. s. w\ gesichert.
Die vier noch vorhandenen Schiesslöcher sind auf Tafel YIII ihrer Lage
nach durch Pfeile angedeutet.
Wann und durch wen dieser erste und älteste ]iestand der Burg Sonnen-
berg eine Veränderung und Erweiterung erfahren hat, ist nicht festgestellt.
Geschichten und Sage vereinigen sich zu der Annahme, dass die Lh'burg mich
einer um das Jahr 1280 bei einem Ueberfall durch die Ep])steiuer erfVdgten
Zerstörung von König Adolf wiederhergestellt und auch wohl vergrössert
worden sei.
Die Erweiterung dc'i' Burg auf ilnen gegenwärtigen Döring wird ein-
schliesslich der Thalbefestigung Avohl als ein Werk seines Sohnes, des Grafen
Gerlach von Nassau, anzusehen sein, dem dieser die letzten Jahre seines ver-
hältnismässig wenig bewegten und langen Lebens widmete.
Durch die Erweiterungsbauten Gerlachs (bezw. Adolfs) (M'hielt der Diiing
der Ih'uderburg einen erheblichen Zuwachs an Flächeninhali. I>ei' l'.ering der
2(X)
jetzigen übe reu Burg. wcIcIht die eistcrc in >i<li ciiiscliliesst. har (^oliuc ilio
Zwinger) eine Aeliseuläuge von 04 iii und i'iue Iirrite von ÖO nu aUo den
doppelten Flächeuinlialt der lU'uderburg.
Von den Anlagen, ^velclle durch diese Erweiterungen geschahen wurden,
ist leider nur so wenig erhalten, bezw. sichtbar, dass es sieh nicht der Mühe
lohnt, auch nur Mutniassuugen über deren frühere Gestaltung zu versuchen.
Das noch Sichtbare und Messbare ist in den Zeichnungen wiedergegeben. Die
in ihrem Umzüge nur noch zum Teil erhaltene Stützmauer des Jierings trägt
an der ^'ordostecke noch die Reste eines vierstöckigen Wohnbaues, welcher
nach der Grösse der Fensteröffnungen und einem mächtigeji Kamin zu urteilen
wohl den bei keiner grösseren IJurganlage fehlendem Saal enthielt und als
Palasbau angesehen werden kann. Auf einem Teil seiner Grundmauern ist vor
etwa 2.") Jahren das Pächterhaus für den J>urgwirt erbaut worden.
Für die Erhaltung der spärlichen Ueberbleibsel dieser l'alasgebäude ist
nach Möglichkeit Sorge getragen worden, was au dieser Stelle dankbar erwähnt
werden mag.
Bei der IJetrachtung des Grundrisses dieser Reste fällt die stumpfwinkelige
Ausbiegung der langen südlichen Palaswand auf, welche letztere an der dem
Anirriffsireläude zu liegenden Ecke macht. Wer es nicht gewöhnt ist, den
Besonderheiten der mittelalterlichen ]3urgbauteu bis in ihre kleinsten Details
nachzugehen, um Absicht und Ziel des Erbauers für jtides derselben zu er-
»n'üudeu. wird sich mit dieser Erscheinung schnell ablinden. Krumme Mauern
uud schiefe Wiukel sieht er bei den meisten Burgen und betrachtet solche viel-
leicht als etwas ganz Selbstverständliches, durch die Unbeholfenheit oder liaune
der Erbauer Entstandeues ; im günstigsten Falle wird er in solchen Abweichungen
eine Konzession au die Form des Felseufundaments, an die „geoguostische
Unterlage'' der betreffcmden Bauten sehen, welche allerdings in vielen anderen
Fällen für die Gestaltung der Mauerzüge massgebend war. Im vorliegenden
wäre es aber doch absurd gewesen, die lange gerade Palaswand an dem einen
Ende zu knicken, nur weil vielleicht ein hier vorhaudeuer Felsenvorsprung dazu
Gelegenheit bot. Es geschah dies wohl eher in der bestinmiten Absicht, die
oberen, durch die Wehrmauer zwischen Palas uud Thorturm nicht mehr ge-
ileckten Fensterreihen der Bestreichung vom Angriffsgelände aus zu entziehen.
Letztere Absicht würde durch eine noch etwas stärkere Ausbiegung vollkommen
erreicht worden sein, obwohl sich alsdann die Konstruktion des Daches noch
komplizierter gestaltet hätte, als sie durch den Knick ohnehin schon wurde.
Aus der erwähnten Ansicht der Burg vom Jahre 1624 lässt sich erkennen,
dass der vordere ausgebogene Teil des Palasgebäudes höher hinaufgeführt und
mit einem besond«!ren Dache versehen ist, offenbar weil man die erwähnte, bei der
Anordnung eines einheitlichen Daches entstehende Schwierigkeit vermeiden wollte.
Von den Anlagen der oberen Burg sei schliesslicli noch des Brunnens
gedacht, der wohl in früher(;r Zeit — wie mehrfach üblich — mit einem Ge-
bäude überbaut war. JJerselbe ist lauge Zeit hindurch verschüttet gewesen,
aber jetzt wie<ler ausgeräumt worden und dient den IhMJürfnissen des Burg-
restaurants. Er ist 34 m tief und geht etwa ]<> m unter die Thalsohle herab.
•J01
Die untere B u v <;• , ein ungefähres Jiec.liteck von H.') 4<i ni Adisenhinj^e
und einem Fläclioiiinliult von etwa oO(J(J (jni. in früherer Zeit auch „Vorburg"
genannt, stellt sicli ini wesc^ntliclien nur als ein grcjsser, «ler eigentlichen Hurg
voi'a'eleffter Zwinucr <l;ir uml hat in fortitikatorischer Hinsicht nur die l»e-
doutung eines Verteidigungsabschnitrs, welcher, ohne di»; Welirhaftigkeit der
liurg wesentlich zu erJiölu^n , eine erhebliche Vei-nudn-ung dei- iJesatzungs-
mannschaft erforderte und in kh'ineren VerhältnisscMi angelegt, denn g(^-
dachten Zwecke vielleicht besser entsprochen haben würde. Zweifcdlos machte
aber der Haushalt des Burghc^-rn die Anlage eines grösseren Yorhofes fiii' die
in (h'r oberen Burg niciii unteizubringenden Wohn- und Wirtschaftsgebäud«;
notwendig, auch war eine erhebliche Vergrösserung der ]>urg schon aus dem
Grunde geboten, weil sie bestimmt war, den Sitz einer neu (entstehenden Seiten-
linie zu bilden, welche unter der Bezeichnung „Nassau-Sonnenberg" fortgeblülu
hätte, wenn Kuprecht und Craft, die Söhne Irmgards, der zweiten Gemahlin
des Grafen Gerlach, Leibesorben hinterlassen hätten.
Da mit der Erweiterung des Burgberings nach der südöstlichen Seite ein
Nähorrücken an die dort hinziehenden Abhänge erfolgte, welche dem Gegnc-r
das Einsehen gestatteten, so mussten die Ringmauern der unteren Burg dort
eine bedeutende Höhe erhalten und durch einen starken, füi- die Aufstelhmg
einer Wurfmaschine geeigneten Turm-- den Kapellenturm — bewehrt werden.
In der dem Angriffsgeländc zugewendeten Ringmauer der unteren Burg
befindet sich der Thor türm, welcher vernmtlich schon vor der Anlage der
letzteren vorhanden, aber nur mit einem kleineren Thorzwinger au die obere
Burg angeschlossen war. Derselbe ist leidlich erhalten geblieben und iji iieuerer
Zeit etwas ausgebessert und mit einem wenig geglückten Rundbogenfriese
versehen und überdacht worden. Die Tafel Xll enthält zwei Gruncb-isse. einen
Querschnitt und die vom Burghofe aus gesehene innere Seite dieses Thortui-nis.
Wie die an seiner ä u s s e r o n Seite vorhandenen Maueransätze erkennen
lassen, war hier noch ein V o r t h o r vorgelegt, dessen Verschluss durch die
den Graben überführend(e Zugbrücke bewirkt wurde. Die in der Ausseufrout
des rückseitig offenen, oben mit einem spitzbogigen Kreuzgewölbe geschlossenen
Turmbaues befindliche Thoröffnu ng war mit einem Fallgatter versehen,
dessen Führungsnute in den Leibungen noch deutlich sichtbar ist. Hinter dem
Gatter befand sich ein Flügelthor. dessen kräftigem Angeln sich in steinernen
Pfannen und Ringen drehten. Die letzteren sind noch wohlerhalten und dienen
in gleicher Weise den neu angebrachten ThorHügeln. lieber der Durchfahrr.
welche früher mit einer auf Kragsteinen ruhenden Balkendecke versehen war.
befand sich die zum Aufwinden des Fallgatters dienende Vorrichtung, durch
welche vermutlich auch das Aufziehen der Zugbrücke I)ewerkstelligt wurde.
Näheres über diese Anlage lässt die Zerstörung, vielleicht noch mehr die spätere
„Ausbesserung", der Aussenwand nicht erkennen. Eine innere Waml bi-sitzt
der Thorturm nicht, um dem Gegner nicht etwa als Deckung dienen zu können:
möglicherweise war ab<'r der Raum über der Durchfahrt zum Sciiutze der
Windevorrichtung mit einer leichten Riegelwand geschlossen, l'eber dem diesen
Raum bedeckenden Gewölbe befand sich die Wehrplatte, welclie mit Brustwehr.
?02
.schwerlich aber auch mir cinciii Dache verseilen war uml welclu- iiiclir vom
imrereu Räume durch ein Locli im Gewölbe, sondern von dem linksseitig an-
schliessenden Wcshrgange der Ringmauer aus erreicht wurde, deren einstige
Stärke und Höhe noch aus der an der linken Seiteuwand des Thorturmcs vor-
handenen Verzahnung erkannt werden kann.
Sowohl au der linken, wie auch der rechten inneren Seite des letzteren
deuten spärliche Maueransätze auf das eliemalige Vorhandensein von Gebäuden.
Linkerhand wird sich das Portenhaus mir der im Erdgeschoss befindlichen über-
wölbten Thorwachc befunden haben. Zur Rechten stand vielleicht das Haus
des Burggeistlicheu. denn es war nichr ungewöhnlich, dass solches in der Nähe
des Thorturms, in welchem sich häutig die Kapelle befand, seinen Platz erhielt.
Auch hier lag ja die Burgkapelle in nächstei' Nähe; ein Mauerturm in der
rechtsseitigen Ringmauer, dessen unterer Raum eine sonstige zweckmässige
Verwendung nicht bot. war hndigcrweise zum Zweck einer solchen ausgenützt
worden. Dieser Mauerrurm der unteren Burg, welcher zweckmässig mit der
unterscheidenden Bezeichnung „K ap e 1 1 e n t ur m" aufzuführen sein dürfte,
diente hauptsächlicJi für die Bestreichung des rechtsseitigen Angriffsgeländes
und der Burgstrasse. Zu letzterem Zwecke springt er um etwa 90 cm vor
die Flucht der Ringmauer hervor. In zweiter Linie vertrat er die Stelle eines
Rückzugsbaucs für die Verteidiguugsmannschaft der unteren Burg. Aus diesen
beiden Gründen war er in seiner Grundfläche erJieblich grösser bemessen, als
dies sonst bei den ^fauertürmen üblich und erforderlich war, und sind auch die
ebenerdigen Thüren mit Verschlussvorrichtungen, den bekannten Riegellöcheru,
versehen. Die Notwendigkeit eines Rückzuges in diesen Turm konnte eintreten,
wenn etwa die untere Burg durch Ueberrumpolung genommen wurde, und der
Besatzungsmannschaft keine Zeit zum Rückzuge in die obere Jku-g übrig blieb
oder der Befehl gegeben Avar, den Kapellenturm zu halten und von dort aus
die von der oberen Burg aufgenommene Bekämpfung des eingedrungenen Gegners
zu unterstützen, bezw. auch den von letzterem gleichzeitig ausgeführten Operationen
auf dem südöstliclien An^-riffsgelände cmtu'Ogenzuwirken. Letzteres bot dem
Angreifer Gelegenheit zur Aufstellung von Wurfmaschineu und anderen Be-
lagerungsarbeiten, welche nur durch ein auf der Wehrplatte des Kapellenturmes
aufgestelltes Wurfgeschütz zerstört und behindert werden konnten.
Mit den Welirgäugen der anschliessenden Ringmauern war der Turm nicht
durch Thüren verbunden, wie dies bei den übrigen !Mauertürmen der Thal-
befestigung der Fall ist, offenbar um dem die Wehrgänge okkupierenden Gegner
nicht etwa die 31()glichkeit zu bieten, in das Innere des Turmes einzudringen,
wenn hierher der Rückzug der Verteidiger zu nehmen gewesen wäre. Letzterer
erfolgte in solchem Falle auf die Wehrplatte des Turmes und zwar auf Leitern,
\yelche hinter dem letzten Mann hinaufgezogen wurden. Für gewöhnlich diente
eine in der Wehrplatte, bezw. dem diese tragenden Gewölbe betindliche, hin-
reichend weit bemessene (Jeffnung zum Aufstieg der Mannschaften, sowie zum
Aufbringen von Vertcidiguugsmaterial auf die Wehrplatte. Die Brustwehr der-
selb(;n ist später in einer zwar vielleicJit recht malerischen, aber den einst-
maligen Verteidigungszwecken wenig entsprechenden Form wieder hergestellt
»
203
woi'dc]]. Eine- iiiispi'dclunKlc. Darstellung diosHs intcrcssantcji iKiuwcik-. aus »Icui
Jahre 1861 von M. E. Sachs zeigt deji Turm ohne ßrustwelir und mit halb-
zerstörtem Ilundbogenfries. Die Bogen dos lotzt(!ren sind lialbkreis- und nichr.
wie jetzt, flaciigiebelföi-mig. Hiernach krmntc! vei-mutet werden, dass der obere
Teil des Turmes nach 18()1 erneuert worden sei. M<>glichenfalls mag es aber
auch dem Künstler widerstrebt haben, diese unpassende und unrichtige Uestauratinji
des Turmes darzustellen.
Die an den Aiisscnsoiten des Turmes später vorgesehene V c r a n k e r u ii g
dos Mauerwerks wiikt h'uhv i-echt st(>rend. besonders auf IJildei-n. wo sie meist
nicht als solche erkannt werden kann und «h-m Beschauer zwei stilwidrig an-
gebrachte G e s i m s b ä n d e r vortäuscht.
Die vielleicht nicht gleichzeitig mit der Herstellung des Turm(!s erfolgte
Einrichtung der Burgkapelle war infolge der erheblichen Erweiterung des
Burgwesens zu einer unabweisbaren Notw^endigkeit geworden. Es ist als sicher
anzunehmen, dass bereits vor derselben eine Kapelle in der oberen Burg voi--
handen oder doch ein passender Kaum für eine solche hergerichtet war. in
welcher wohl auch noch später für die Herrschaft ein besonderer Hausgottes-
dienst stattgefunden hat.
Die Kapelle in der unteren Burg scheint dagegen mehr füi' di(; in der
Burg und im Thale wohnende zahlreiche Dienstmanuschaft bestimmt gewesen
zu sein und sollte wohl auch den übrigen Bewohnern des Thaies zur Befriedigung
ihrer religiösen Bedürfnisse Gelegenheit geben.
An die dem Thale zu liegende Wand des Kapellenturmes ist, wie der
Augenschein zeigt, das Dach eines Gebäudes, jedenfalls einer auf Holzsäulen
ruhenden Vorhalle angelehnt gewesen, welche den Besuchern Unterkunft
bot, wenn es im Innern dos Turmes an Raum mangelte, dessen Erdgeschoss
mit den jedenfalls vorhandenen, vielleicht sogar doppelten Emporen als A u d i -
1 0 r i u m diente und an dessen ostnordostwärts liegender Wand der C h o r b a u
angelegt war. Die dem inneren Hofe zu liegenden Seitenwände des letzteren
sind zerstört, doch konnten ihre unteren Reste durch Wegräumung der darauf
lagernden Schuttmassen freigelegt und aufgemessen werden. Die ehemalige
Form des den Chorbau überdeckenden Kreuzgewölbes ist nach den vorhandenen
Resten in der Zeichnung ergänzt worden.
Eine eigentümliche Verteidigungsanlage stellt sich in der turmartig an-
zusehenden, aber doch keinen Turm bildenden E c k w e h r dar. welche am Ende
des Beringes der unteren Burg — die Ecke als solche betonend — einerseits
die Bestreichung der nach dem Thalbering führenden ] »forte, andererseits des
gegenüberliegenden Geländes und der Burgstrasse zu besorgen hatte. Es war
eine Doppelwehr, welche auf den nach aussen wie nach innen besonders weit
ausladenden Rundbogenfriesen beiderseits eine Brustwehr trug, wcdche die
nur au der äusseren Seite der Ringmauer vorhanden gewesene Brustwehr um
etwa 1,2 m überragte. Diese Anlage ist so recht geeignet, den ertinderischen
Sinn der Burgenerbauer jener Zeit zu kennzeichnen. Die verhältnismässig
lange, courtineuartige Ringmauer zwischen dem Kai)ellentu]-m der unteren Burg
und dem Mauerturm am Wiesbadenei- Thor forderte eine lTnterbr<'chung durch
204
ein grösseres YortoidigimgsM'erk, namentlicli im Hinblick auf das vorliegende,
bereits erwähnte Angriti'sgelände IL Ordnung und die bessere Deckung der
läusrs desselben hinziehenden liurgstrasse. Ebenso wesentlich war solches auch
für die Bestreichung des im Thale nach der unteren Burg führenden Weges,
der Einlasspforte und der von hii^r aus aufwärts führenden lvani])cntre])]ie.
Endlich forderte auch die Ecke. wcIlIic die liingniauei'ii der unteren Burg hii'r
bilden, die übliche Andeutung diivch ein besonderes Verteidigungswerk und
zwar in allen Fällen durch einen ^lauert urni. Wenn von der Aufführung
eines solchen Turmes als dem Nächstliegenden gleichwohl abgesehen wurde, so
ki'innen verschiedene Gründe hierfür gesprochen haben , als Sparsanikeits-
rücksichten. ferner die praktisch-ästhetische Erwägung, dass die Aufstellung
eines Mauerturmes nicht fei-n von dem mächtigen Ka]»elleuturm und dem hoch
aufragenden Mauerturm am Wiesbadener Thor eine unzweckmässige Anhäufung
von Türmen und eine Ueberladung des diesseitigen Burgbildes mit solchen
herbeigeführt haben würde. Möglieherweise war auch dei- diclit an der Ring-
mauer gelegene B u r g k e 1 le r mit dem darauf stehenden Gebäudt; schon vor-
handen und bildete ein nicht zu beseitigendes Hindernis für die Anlage eines
weit nach innen hineinragenden Bauwerks. — Aber der kundige I^aumeister
wusste sich zu helfen, indem er in dii; Kingmauer ein kurzes Stück einer
sogen. Doppelwehr einfügte, auf welche man von dem niedriger liegenden
Wehrgange der Ringmauer aus mittels einer auf einem steigenden Bogen auf-
lagernden gemauerten Treppe gelangte. Diese bemerkenswerte Anlage bot vor
einem Turmbau noch den besonderen Vorteil, dass sie einen ringsum freien
Ueberblick über die zu deckenden Punkte und über die anschliessenden Wehr-
gänge der unteren Burg und der Thalbefestigung gewährte. Sie bildete daher
einen wichtigen Kommandoplatz für den Fall einer Eroberung des Thaies und
eines von hier aus untcnnommenen Ansturms auf die Burg. Die bei der Eck-
wehr liegenden Keller gehörten offenbar dem Jiurgmannenhause an, welches
mit den zugehörigen Aeckern und Gülten das Burglehen der II u d e von
S o n n e n b e r g bildete und mit dem Aussterben dieser an das Geschlecht der
Herren von Nassau überging. In einem Lehensbriefe vom 6. 31ai 1475
belehnen die Grafen Philip}) und sein Sohn Johann von Nassau und Saarbrücken
..in Ansehung geleisteter und zukünftiger getreuer Dienste ihren lieben und
getreuen Emmerich von Nassauw mit dem zu Sonnenberg in der Fürburgh
(Vorburg) gelegenen Burgsitz, den Diderich 1 [oidt s(^l. und seine Voreltei'n von
ihnen gehabt und getragen haben." Von den fraglichen Kellern, drei durch
Thüren miteinander verbundime und mit Tonnengewölben überdeckte Räume,
li(!gt nui- der eine inncrlialli des durcli de]i Zug dei' noch bestehenden süd-
westlichen Ring- bezw. Zwingermaucr und die Eckwehr angedeuteten Beringes
der Vorburg, auf den beiden anderen steht das im Privatbesitz befindliche
Wohn- und Restaurationsgebäude „Zum Kaiser Adolf". Es ist anzunehmen,
dass sich der Eingang vom Thalbering nach der untei-en IJurg ebenso wie jetzt
neben diesem Burgmannshaus*» befand und von einem hiei- befindlichen Wacht-
raum aus beobachtcit und veiteidigt werden konnte, dass also zu den Obliegen-
heiten des Ijurgmann(!s andi insbesondere ijie Hut dieses Eingangs gehTtiTe.
20Ö
Wie derartige Yorliüfe (odei- V()i'l)iu\i;('n) iilM-riiaupl. i^cwäljrh- die iiiitrr<!
I)urg ein zwingi^rartig'es AnnäliorungrthindciTiis für die oIxtc IJiirg an deren
südsüdösrlielier Seite. Es waren alier auch i'ür die Angritt sf'ront und f'iir die
sturmfreien S(^iteii der oberen Hurg Verteidigungsaniagc^n erfordciTKli. wcldm
die niedrige und liori/dutale I5<wtreiclniiig des (r('län<les eriuiigliclitcn. l.t^t/.tenMu
Zwecke dicMiten die eigentlichen A' e r t c i d i g u n g s z w i n g <■ i- . welche in einer
der hohen Ringmauer vorgelegten, bis dicht an den Halsgiahen he/w. an den
Bergahhang vorgeschobenen niedrigen Wehrmauer bestanden. Man darf das
Yorhandenseiii eines sohdien Zwingers bei der lUug SonntMiberg untei- allen
Umständen voraussetzen, auch wenn es nicht durch einige erhalten gel)liebene
Mauerreste bestätigt würde. Der fragliche Verteidigungszwinger ist in d(Mu
llauptiilan, Tafel YII, angegeben. Er bestand aus drei Maucrzügcm. welche die
obere Burg umschlossen und (ünen schmalen Umgang um deren Jvingmauer
bildeten, welcher genügenden Kaum für die Kommunikation und die Aufstellung
der liesatzunffsmannschaftcin bot. Seine mutmassliche Form scheint mir durcJi
die noch vorhandenen Mauerrestc ausreichend festgestellt. Letztere sind im
Grundriss schwarz dargestellt, während die Ergänzungen schraffiert sind. J)ass
sich auf den älteren Ansichten der Burg keine Andeutungen der ehemaligen
Zwingermauern befinden, darf nicht befremden, da diese verhältnismässig
schwachen, nicht belasteten und freistehenden Mauern leicht abzulegen waren,
wenn Berechtigten oder Unberechtigten nach deren Material zu anderweiter
Verwertung gelüstete. Auch die Abfuhr der so gewonnenen Steine gestaltete
sich sehr bequem, da sich ihr Fundort meist dicht am Steilabhang des Burg-
berges befand. Sie wurden einfach den Berg hinabgerollt und unten aufgeladen
und abgefahren. Dieses allgemeine Geschick vieler ehemaliger Zwingermauern
Avird auch die Sonnenberger Zwinger vernichtet haben.
An der Angriffsseite der Jaurg tritt das Fundament der dort vorhanden
gewesenen Zwingermauer auf dem. au dieser Seite entlang führenden Pfade noch
deutlich zu Tage. Sie war dicht an den Graben gerückt und diente direkt zu
dessen Verteidigung; rechter Hand schloss sie an das Vorthor an, bog sich
linker Hand im rechten Winkel und lief vor der nordwestlichen Kingmauer der
oberen r)urg entlang bis zu einer noch in Grundmauerresten erhalt(^nen. boll-
werksartig vorspringenden E c k w e h r , welche hier den Anschluss der Kiugmauer
der Thalbefestigung verteidigte und wohl ein turmartigi«s, jed(ndalls hr>her als
die Zwingermauer geführtes Bauwerk gewesen sein mag. An der anderen Flanke
desselben wieder anschliessend zog sich die Zwingermauer alsdann ~ wie ein hier
noch vorhandenes etwa 8 m langes Mauerstück andeutet — vor der südwestlichen
Kingmauer der oberen Burg entlang und vereinigte sich endlich mit <ler m
ihrem unteren, di(^ Futtermauer bildenden Teile noch ebenfalls erhaltenen Kiug-
mauer der unteren Burg. Die hier nach oben führende Kam|.entrei)pe bot den
im Thale und in der unteren Burg wcdinenden Dienstmannen die >[(".,i,dichkeir.
rasch in den Zwinger zu gelangen und dort sich kami>fb(>reit zu machen, wenn
das Thal vom Feinde genomnuMi und dessen Käumung nötig wurd(>. Für die
in der Nähe des Kambachor Tliores postierten Verteidiger war vermutlich an
der bereits erwähnten bastionsartigen Eckwehr d(>s Zwingers (ielegenlK'ir /.um
Kückzuu'e nach der oberen lUirg vorhanden.
20()
In Bezug axii' die l! c te s t ig-ung des Thaies witd im allgoineinen
aij^>'onomniou, dass sie nach der Erwirkung der Stadtn^clite, also nach diuu
Jahre 1351 erfolgt sei. An der liingniauer der unteren liurg lassen sieh keine
Anzeichen dafür feststellen, dass hier ein späterer Maueranscdiluss durch die
liiua-mauer des Thaies stattgefunden habe, (^s scheint vi(dinehr die Gleichartig-
keit der Ausführung beider Mauern darauf liiii/udcutcn. dass ihre llerstellung
zu gleicher Zeit erfolgt sei.
Dass die Befestigungen im Thale erst n a c h der Erteilung der 8tadtrechtc-
angelegt worden seien, braucht auch wohl nicht unbedingt angenommen zu
werden. Es liegen verschiedene Beispiele vor, dass bereits befestigte Orte erst
später das Privilegium einer Stadt erliielten. So war z. !>. Dausenau schon
im Jahre 1324 mit Thoren. also auch wohl mit Mauern vcn-sehen. während (srst
i;U8 die Erteilung des Stadtrechts erfolgte. Im gleichen Jahre geschah dies
auch bei Nassau, welcher Ort bereits durch den (Jrafen Gerlach befestigt worden
war. letzteres allerdings mit der Erlaubnis des Kaisers aus dem Jahre 1323.
Es ist nicht unmöglich, dass auch für Sonneuberg bezw. fiii' die ]3efestigung
des Thaies bereits früher die etwa erforderliche Erlaubnis eingeholt worden
war. Da es sich tx'i der Befestigung des Thaies aber nicht um eine neue
burgliche Anlage, sondern mii' um eine Erweiterung des Burgberings, um die
Schaffung eines grösseren Vorhofes zur Unterbringung von AVohngebäuden füi'
lUirgmannen und Hörige handelte, so dürfte es hierzu vielleicht auch einer
besonderen Einwilligung d((s Kaisers gar nicht bediu'ft haben. Für die Aus-
übung- ilor Stadtrechte wai' die Jjefestiguug des betreifenden Ortes eine
conditio sine qua mm. und es konnte daher fiii' die Erlangung eines solchen
Vcrrechts nur förderlich sein, wenn dieser Bedingung bereits genügt war.
Für den Thalbering bildete der Rani b ach ein vorzügliches Annäherungs-
hinilernis und es ist als sicher zu betrachten, dass seine Wassermassen, die zu
Zeiten ganz bedeutend sijid und in früheren Zeiten wohl überhaupt bedeutender
waren, tlurch den längs der nordwestlichen Kingmauer hinziehenden Graben
geleitet wurden. Kleinere, vielleicht unterirdische, dem Auge des Angreifers
verborgene Ableitungen durcJiquerten auch innen den Thalbering und dienten der
Versorgung desselben mit dem erforderlichen "Wasser.
Wenn von allen diesen Anlagen auch seit mindestens 100 Jahren keine
Spur mehr vorhanden ist, so sprechen doch für deren einstigen Bestand —
ganz abgesehen davon, dass sie bei den Wehrbauten des Mittelalters allgemein
üblich waren — wesentliche Zweckmässigkeitsgründe, welche von den
Kriegsbaumeistern jener Zeit gewiss auch hier in vollem Masse gewürdigt
worden sind.
Die Kingmauern der Thalbefestiguug sind an den beiden Thoren und an
2 Ecken mit Türmen versehen bezw. versehen gewesen. Die nordwestliche
Ecke war anscheinend ohne Turm, sie war abgerundet und vielleicht mit einer
ähnlichen Eckwehi-, \vi(( die in der unteren Burg verstärkt. Wenn Sonnenberg
nach früheren Nachrichten angeblich 7 Türme besessen haben soll, so sind
hierbei jedenfalls die Mauertüiine der Uurg, bezw. auch die Eckwehren mit-
gezählt worden. Von den "Mauciiünncn des Thalbci'inus dicnfc der erstere zur
L^07
Deckung dos Wicsbadoncr Thoivs, uiif* (Lassen W(!lirguni>' eine Tliiii'c aus dcin-
selben f'üliitc VÄm^ höher liegende steUtci die Verhiiidiing des 'rurnics mit (Irm
an der entgogciigeset/ten Seite anscldiess(?n(h'n Wehi-gani;- der Jiingnjaucr lier.
Der imtere Teil des Turmes ist ringsum mit Mauern vcM-selu-n und enthält
einen mit Tonnengew^iU»^ überdeckt(^n Jiaum, in welchen dicht neben dem Tlior-
einfan"e eine Thüre zu ebener Erde führt. In seinen nhereii 'l'eileu ist der
Turm "-leich (h'n (ihrigen an der imuuen Seite olnu^ Wand. Di^rselbe ist, mit
dem Thore in dem Schaubihh^ auf Tafel XII dargestellt und zwar von der inneren
Seite aus gesehen, welehe einen Yollständigcsn Eiidjück in die Anlage gestattet.
Es ist wahrscheinlich, dass dieser Turm mit dem im 17. Jahrhundert erwähnten
„Ilhrturm'' identisch ist, da die an siuuem (späteren) Walmdach angebrachten
Zifferblätter vom Thah^ und von der J3urg aus gut sichtbar gewesen wären und
der Dachreiter welil die Glocke für das Schlagwerk der Uhr aufnalim. Diesem
Vermutung wird unterstützt dundi die erwähnte ältere Ansicht von \&JA. in
welcher — allerdings nicht am Dachgiebel, sondern an der äusseren Turm-
wand u 11 1 e r demselben — ein Z i f f e r b 1 a 1 1 angedeutet ist. Dass letzteres
sich an dieser Stelle befunden habe , erscheint mir zweifelhaft , da an der
äusseren Seite ein Zifferblatt wohl kaum vorhanden und auch nicht erforderlich
war; auch würde die Tieferstellung des Uhrwerks die Fallhöhe <l(!r Gewichte
verringert haben. Offenbar war es aber dem Zeichner darum zu thun , auf
seinem Bildchen die Zweckbestimmung des Turmes als Uhrturm anzudeuten.
Auf Tafel XII ist ferner der au der Südwesteckc des Thalberings an-
o-eordnete M a u e r t u r m in 2 Grundrissen, einem Durchschnitt und einer inneren
Ansicht dargestellt worden. Derselbe ist ohne Rückwand und jetzt auch ohne
Dach und ohne Brustwehr, welche letztere allerdings früher, als er nuch in
verteidigungsfälligem Zustande war, jedenfalls vorhanden gewesen sein musste.
Seine Ausführung ist durchaus typisch und bietet nichts besonders Erwähnens-
wertes. Letzteres gilt auch von dem w^es fliehen Mauer türm, welcher
jetzt mit einem Ziegeldach versehen, auf einer Ansicht aus dem Anfange des
vorigen Jahrhunderts aber noch als dachlos dargestellt worden ist.
Zur Verteidigung des R a m b a c h e r T h o r e s hat ohne Zweifel gleichfalls
ein Mauerturm gedient, obwohl von einem solchen nichts mehr vorhanden ist.
Ein Mauerrest an der rechten inneren Seite scheint mir dafür zu sprechen, dass
der Turm über dem Thore erbaut, also ein eigentlicher Thorturm war.
Es ist anzunehmen, dass das Rambacher Thor, weil nach der feindlichen Seite
hin !)elcgeu, stärker verteidigt war, als das Wiesbadener Thor und gleich dem
Thore der Burg ein Vorthor mit Zugbrücke besass , welche gewöhnlich auf-
gezogen war und nur aus besonderen Gründen und unter gewissen Vorsichts-
massregeln geöffnet wurde. Für den Verkehr der Thalbewohner nach dieser
Seite hin war das Thor wohl überhaupt entbehrlich, da das Gelände den
Eppsteinern gehörte und Rambach als Nachbarort wegen seiner Unbedeutendheit
auch später kaum für diesen Verkehr in Betracht kam. Es diente in der
Hauptsache als Ausfallsthor und war als solches von Bedeutung, wenn ein
Verstoss der Besatzung auf den im Tliale hcn'annahenden Gegner beabsichtigt
war. Der Innenraum <les Tlidriunnes diente auch als Bückzugs- und Sammel-
•20S
nunkt für dic'joui,<;t'n YorttMcliü:o)'. \volclu' bei lüner etwaigen Aufgabe des Tluil-
berings entweder von dem Rückzüge in die untere l>urg abgeschnitten waren
oder überhaupt anderweite Befeide für den Kückzug liatten. Diese gelangten
alsdann von dem 'rhoiturm ans auf dem AVehrgange des au die obere Burg
anschliessenden Mauerzuges auf die t'rwälnite bastionsartige Kckwehr des \ov-
teidiüun^szwinifers.
Wie aus den vorstellenden Darlegungen ersichtlich geworden ^(•in dürfte.
Itildcr das mit der 8tammsage des Hauses Nassau und der intimeren Familien-
geschichte mehrerer Generationen desselben in enger iJezicdiung stehende
Sehloss Sonnen berg <Mn sehr beachtenswertes Denkmal mittelalterlicher
Befestigungskunst. Es dürfte vielleicht nicht unangebracht erscheinen, durch
Aufffrabuno'en und l'ieileü'uno' der nocli v()rhaiid''nen Jiaureste nach weiteren
Anhaltspunkten ül)er den seitherigen Zustand des Schlosses zu forschen, zumal
diese Arbeiten auch für die Baugeschichte desselben Resultate von urkundlicher
Bedeutuns: erbringen könntcm.
Beiträge
zur
Geschichte der (Gründung des Vereins lür nassauisclK'
Aitertuinskiinde und üesehichtsforschunu;.'^
Von
P« Wagner.
(Fortsetzung und Schluss.)
Den Gedanken, einen Altertumsverein für das Herzogtum Nassau zu
griindcn, nahm nach Habeis '1\h\o. nicht, wie man erwart(m kimnto, Pfarrer
Luja, sondern der Geheimrat von Gerning in Frankfurt wieder auf. von dem
wir wissen, dass er schon bei dem Haberschen Versuche beteiligt war. Der
Weltfrieden war noch nicht wiederhergestellt, und die Verhältnisse hatten sic.li
auch in Nassau noch nicht wieder befestigt, als er Ende August dem Minister
Marschall eine Denkschrift über die Bildung (iiner vaterländischen „Gesellschaft
für Altertum und Geschichte" und die Errichtung eines „Museums der Kunst
und Natur" in Wiesbaden oder Biebrich vorlegte, für das er seine sämtlichen
Sammlungen zu stiften Willens war.-) Es ist für das damalige Wiesbaden
bezeichnend, dass Biebrich daneben noch in Frage kommen konnte. Wie zu
erwarten, hatte der nassauische Minister zuvor wichtigere Dinge zu erledigen,
als an die Organisation einer Altertumsgesellschaft zu denken, und so blieb
Gerning ohne Antwort. Zwei Jahre später kam er indessen hierauf zurück;
er bat um IJeberweisung seines Antrages an eine Kommission und, falls diese
sich dafür aussprechen würde, um Genehmigung der geplanten Gesollschaft.')
Marschall war eben im JJegritt, eine Reise anzutreten, als der Antrag einlief.
Sei es aus Anteilnahme an der Sache; oder au der Ferson des Antragstellers,
der sich in littcrarischen und höfischen Kreisen eines gewissen Ansehens erfreute,
wies OY ihn nicht einfach ab, sondern liess sich ihn nach seiner Rückkehr
wieder vorlegen und brachte ihu im Februar 1818 zum Vortrag Ixmhi Herzog
1) S. Annalen, IJd. KXXI, Heft 2, S. 223. Quelle für die obigen Mitteilungen sin.l die
im Staatsarchive zu Wiesbaden aufbewahrten Akten des nassauisehen Stuatsniiiiisteriums iVIU,
St. M 1522. Die Bildung einer Gesellschaft für nassauische Altertumskunde und (Jeschichts-
forschung, 1812-1864) und die der Landesregierung (VIII, L. R 1830 Die Krrichtung einer
Gesellschaft u. s. w. 1818-1868).
•^) Die Denkschrift ist nicht erhalten: man (u-fährt dnvon nur aus Gernings Eingabo
vom 20. August 1817.
') Gerning an das Staatsministcrium, 2(t August 1817.
14
210
^Vilholln. Das Ergobnis. das er liior liatro. war kein günstiges; jiian bcsoliloss.
ihu vtirläufig zu flcn Akten /.u legen, wd er. wie das in solelien l'üHen nielit
.selten zu geschehen jtHcgt. dauernd liegen blieb.
Allein der Gedanke lag nun einmal in der Luft, und seine Ausführung
wurde in allen den Kreisen, die ein Interesse an der Vergangenheit der im Herzog-
tum Nassau vereinigten Länder nahmen, als eine Notweiuligkeit empfunden. (Je-
rade in jener Zeit hatte der damals in Wiesbaden vorübergehend lebende preus-
sisehe Legationssekretär D o r o w mehrfach auf nassauischom lioden Ausgrabungen
vorgenommen und wichtige Funde gemaeJit. die nicht im Lande blieben.') Es
begreift sich, dass dies namentlich diejenigen Männer sclimerzlich empfanden,
deren Interesse im licisonderen der römischen Vorzeit Nassaus gewidmet war,
für die ein Altertumsverein lediglich den Zweck liatte, Ausgrabungen zu ver-
anstalten, um jene Zeit aufzuhellen. Vor allem fühlte I^uja so, der inzwischen
Pfarrer in Dotzheim geworden war und von liier aus leichter in Fühlung mit
den am Sitze der Jlegierung befindlichen (icsinnungsgonossen treten konnte.
Von ihm ging nun auch thatsächlich der nächste Versuch einer Vereinsgründung
aus. Die Dorow 'sehen Ausgrabungen hatten in ihm den Gedanken daran mit
erneuter Stärke Wiederaufleben lassen. Als er daher die Ueberzeugung hatte,
dass im Lande für seine Pläne Stimmung vorhanden sei, legte er der nassauischen
Landesregierung, die 181 0 für das erw(;iterte Herzogtum eingesetzt und für
diese Zwecke zunächst zuständig war, Ende 1819 den Entwurf zur Bildung
einer Gesellschaft von Freunden der Altertumskunde zur Genehmigung vor. ')
AVir erinnern uns. wie ungünstig er seiner Zeit über den Habel'schen Plan
vom Jahre 1812 geurteilt hatte, wie er meinte, dass der alte Kammorrat die
Sache viel zu grossartig angefangen hätte, und wie er selbst von Anfang an
nur an einen A^erein zur Erforschung des Limes gedacht hatte. Wenn er die
Beschränkung auf den Limes nun auch aufgab, so hielt er doch an einem
Vereine fest, der lediglich Ausgrabungen vornehmen sollte. „Nach Verfluss
von zehn zu langen Jahren", sagt er in seinem Entwürfe, „welche mit ver-
geblichen Wünschen zugebracht wurden, ist endlich der Gedanke zur Reife
gediehen, durch einen allgemeinen Altertums- Verein im ganzen Umfange des
Herzogtums mit vorgängiger Genehmigung herzoglicher Landes-Kegierung nach
und nach Ausgrabungen zu unternehmen." Diesem Zweck entsprechend war
von Luja die Organisation geplant. Nur Inläuderu sollte der Beitritt ge-
stattet werden. Ausländer, d. h. Personen, „welche niclit innerhalb der Grenzen
des Herzogtums Nassau beständig wohnen", waren satzuugsgemäss ausgeschlossen.
Luja mochte dabei wohl den Hintergedanken hegen, es Nichtnassauern unmöglich
zu machen, sich au den Ausgrabungen zu beteiligen, um so zu v(M'hindern,
dass Fundstücke üb(ir die nassauische Grenze gebracht würden. Die Zahl der
Mitglieder sollte mindestens KH» betragen, von denen jeder sicli für das erste
Vereinsjahr 1820 zu einem Fxsitrage von wenigstens 2 Gulden verpflichten
musste. Den Vorstand des Vereins würde (sin Ausschuss von H .Mitgliedern
^) y^l. Dorow, Opferstiitten und Grabhügel der Oeiinaiieii und Römer am liliein.
^Viesl»arten, 1819 ii. 1821. 2 J'.de.
^} Der Kiitwiiif dmiiMt vom IJ. Oktoljor 1819. Siehe J'oilage I.
211
bilden. <lir ilii'cii WohnHit/, in \\'i('sljii(l(!n liulicii iiiü>?stoii. und von d<'iicn «'ins
den Vorsitic, ein undorcs die Kecluuiny tiilircii snlltc. Der „l'räses" .srelltr fin-
den Verein zwei erfahrene Bergleute an, die unter seiner ()l)erleitung sicln-n
und iiiu'li sidner Anweisung arbeiten würd(;n, und die zuv Aufnuintcrung ilin-r
Treue den .Mctallwcrt von gefundenen .Müii/a'Ii als iJcloliiuing cilialtcii sollini.
Den Ort, an dem Ausgrabungen vorzuncliiucn waren, hatte der Präses nicht
aus eigener Machtvollkeninienheit zu bestininieu, sondern es niusste dii' 7.\\-
stinunung des Ausschusses dazu eingeholt werden. Die Aufsicht über die Dcig-
Icute übernahm, da der Präses nicht immer zur Stelle sein könnt«-, das dem
(Jrt der Ausgrabungen zunächst wohiiemlo Mitglied. Zur Hanmiliiiig «Icr l'iuid-
stücke sollte in Wiesbaden ein Antikenkabinet errichtet werden.
Soweit die liuja'schen Vorschläge. Noch immer hatte ihr Urhidjer seinem
Vereine ein unbegreiHieh enges Ziel gesteckt. Muss man ja auch zugeben,
dass die Erforschung der ßömerzeit, die allerdings nur duich die Untersuchung
des Bodens wesentlich gefördert werden kann, für Nassau eine besondere Wv-
deutung hat, so war es doch eine ungerechtfertigte Einseitigkeit, die Er-
forschung der späteren Geschichte des Landes unter die Ziele des Vereins nicjit
aufzunehmen. Ziu- Entschuldigung kann man nicht einmal das grosse Interesse
geltend macheu, das jene Zeit am Altertum nahm. Beweist doch der Habersche
Plan, dass sich auch für die mittelalterliche und neuere Geschichte Sinn und
Verständnis genug im I;ande zeigte.
Di(^ Landesregierung, an deren Spitze der treffliche Möller als Direktor
stand, sah anfänglich in dem Luja'schen Verein ein lobenswertes, den Be-
dürfnissen des liandes entsprechendes Unternehmen und hatt(^ in der Sache
selbst zunächst kein wesentliches Bedenken, die Genehmigung zu erteilen. Als
man aber daran ging, eine Entscheidung zu treffen, inusste man sich doch jener
im Jahre 1812 von Habel geplanten Vereinsgründuug erinnern, von der man
indessen nicht wusste, wie weit sie gediehen war.
Es entstand nun die Befürchtung, dass man, wenn jenei' frühere Verein
zu Stande gekommen wäre, möglicherweise zwei Gesellschaften mit demselben
Zwecke haben würde, was notwendig zu Verwickelungen führen musste. W(dd
wies Elija darauf hin, dass er der eigentliche Stifter des HaberschenTereins
und eins der ersten Mitglieder desselben gewesen sei, dass dieser mit Jlabds
Tode begraben sei und nun er, Luja, die Bestrebungen, die sieben Jahre
geruht hätten, wieder aufnehme. Die Regierung ging aber trotzdem nicht ohne
weiteres auf seine Vorschläge ein, sie lernte vielmehr jetzt erst die Ilaberschen
Statuten näher kennen, und indem sie diese mit dem Lnja'scheu Entwürfe verglich,
fiel ihr auf, dass letzterer docli weit beschränkter sei. als jene. Mit Kecht
sah sie darin einen Mangel, und da si(; glaubte, dass nicht zwei Gesidlschaften
derselben llichtung nebeneinander bestehen könnten, so war sie eine Zeit lang
geneigt, dem Ministenum nur eineu Verein auf Grundlage der Ilaberschen
Statuten zur Genehmigung zu empfehlen, weil sie annahm. <lass nur er all-
gemeine Teilnahme finden und einen bedeutenden Nutzen schaffen würde. In-
dessen bald änderte sie ihre Meinung, als sie von einem neuen Plan.- iveniirm>
erhielt.
• )1 •)
])'w Erwägungen in dieser Angelegenlu'it Initten >ieh nämlich bis in den
Juli des Jahres 1820 liingezogen, cdiue dass eine endgültige Eutsclieidung er-
folgt Avar. Luja wartete sehnlichst auf einen Bescheid. Kr hatte inzwischen
seinen Entwurf einer Prüfung unterzogen und schlug nun einige Aenderung
daran vor.'') So bestand er nicht nudir auf dem unbedingten Ausschluss von Aus-
ländern, sondern wollte ihnen nunmehr den Eintritt mit besonderer Geuehmic-uni»-
des Vorstandes gestatten. Zum Vorsitzenden schlug er Geruing vor; für sich
selbst wünschte er „als dokumentierter Stifter'' nur eineu Platz im Vorstaude.
Rechner sollte der Aceessist im Kriegskollegium Zimmermann sein. Allein trotz
seiner erneuten Bitte erfolgte keine Entschliessung der Regierung. Sei es nun,
dass man in weiteren Kreisen von seinem Antrage nichts wusste, oder dass mau
mit seiner Vereinsgrüudung doch nicht überall einverstanden war, genug, im
Juli des Jahres 1820 lief bei der Landesregierung ein neuer Autrag auf Gründung
einer Gesellschaft für uassauische Altertumskunde ein.') Hauptunterzeichner
war der Obermedizinalrat Dtiring in Wiesbaden. Mitantragsteller eine Reihe
angesehener höherer Beamten der Wiesbadener Behörden, nämlich Ministerial-
direktor Lex , Domäneurat von Rössler. Regierungsrat Vigelius, Baurat
Zengerle. Prokurator Strobel uud Revisionsrat Philgus. Dem Autrage war
ein Statutenentwurf beigelegt, in dessen Ueberschrift als Grüuduugstag der
Gesellschaft der 14. Juni genannt ist.^) Es mag also au diesem Tage eine
gemeinsame Beratung der Antragsteller stattgefunden haben, und der Be-
schluss einer Vereinsgründung gefasst, sowie die Annahme des Statuteneutwurfs
erfolgt sein. Wer den Entwurf verfasste, ist niclit festzustellen, jedenfalls
wusste die Landesregierung schon früher darum, ja sie hatte den Antragstellern
die bereits vorhandenen Entwürfe, den HabeFschen und den Luja'schen, als
Grundlage für ihre Arbeit zugehen lassen.^) Erwägt man, dass jene Antrag-
steller ausschliesslich Beamte der Wiesbadener Behörden sind, so kann man sich
der Vermutung nicht erwehren, dass die Landesregierung nicht nur nicht Mit-
wisserin, sondern vielleicht sogar Austifteriu des neuen Antrages gewesen ist, da ihr
der Luja'sche Plan in keiner Weise zusagte, andererseits aber das Verlangen
und das Bedürfnis nach einem Vereine ein allgemeines war, wie der Regierung
selbst sein" wohl bewusst war.
Als Zweck der „Gesollschaft für nassauisclie Altertumskunde", wie der
Verein hier benannt wird, gilt die Aufsuchung, Sammlung und Beschreibung
der römischen und deutschen Altertümer im Herzogtum Nassau und die Be-
fVirderung der darauf Bezug habenden statistischen und geschichtlichen Auf.
klärungen, wie nicht weniger die Sorge für die Erhaltung der vorhandenen
Denkmale. Man nahm damit die Habel'sche Zweckbestinuuung Avieder auf,
die Luja zu umfassend erschienen wai-, uud wollte von einer Beschränkung
des Vereins auf rr)mische Ausgrabungen verständigerweise nichts wissen. Zum
Beitritt sollten zunächst diejenigen eingeladen werden, die die früheren Be-
®) Lujn an die I^aiidesrenierung; 3. Juli 1820.
') Der Antrag datiert vom 18. Juli 1820.
*) Den Entwurf siehe in Beilage II.
^) Bericht der i.andesregieruni,' an das Staatsniinisteriuni, l!j. August 1820.
2i:
sti'obuna'on /.nv Griinilunii' eines Vereins scIkhi unterstützt liattcai. Weit(!i'o
Einladungen wollte nuiu sich vorbehalten. iJie (iesellschatt sollte; aus ordeut-
Uchcü oder aktiven Mitgliedern und aus EhreninitgliedcM'U bestehen und von
einem Vorstande geleitet werden, di^r aus (unem Direktoi-, vier Vorstehern und
einem Sekretär zusammengesetzt und inuiKfr auf 2 Jahre gc.'wählt werden sollte.
Der Vorstand würde die Aufsucliung und die Sammlung der Altertünun- zu
leiten, jedes Mitglied zur Erreichung des Vereinszweckes durch Entdeckung
von Altertümern, oder durcli mündliche und schj'iftliche Beiträge mitzuwirken
haben. Der Sitz (h;s Vereins sollte Wiesbaden sein, und hier alljährlicli am
14. Juni eine Generalversammlung abgehalten werden, auf der die Ergebnisse
der Arbeiten und Vorhandlungen des Vereins vom ganzem Jahre vorzulegen
und über künftig vorzunehmende Arbeiten Beschluss zu fassen wäre. Geeignete
Verhandlungsgegenstände sollten im Druck erscheinen. Die bei Ausgrabungen
gemachtem Fundstücke und etwaige; freiwillige Gaben der Mitgliesder we)llte man
in einem Museum von Altertümern sammeln, dessen Verwaltung und Beauf-
siclitigung dem Vorstände zustände. Das Museum sollte in Wiesbaden errichtet
werden und eine öffentliche' Stiftung für das Herze)gtum sein. Hinsichtlich der
Mittel zur Erreichung der Vereinszwecke war bestimmt, dass jedes Mitglied
einen jährlichen, auf der Generalversammlung festzusetzenden Beitrag zu zahlen
hätte, der aber 4 Gulden nicht überschreiten dürfte. Auch sollte der in den
Etat der herzoglichen Regierungsbibliothek eingestedlte Betrag für Ausgrabungen
der Gesellschaft überwiesen werden. Bei den Ausgrabungen sollten nur Berg-
leute oder sonst taugliche Arbeiter angestellt werden, elie von einem der Aus-
grabungsstätte zunächst wohnenden Mitgliede beaufsichtigt werden und zur
Aufmunterung ihrer Treue für gefundene Münzen oder Gegenstände von Metall
den Metalhvert neben ihrem Lohne vergütet erhalten sollten.
Das Mitgeteilte beweist, dass der Verfasser sowohl den Habed'schen. wie
den Luja'schen Entwurf mit Nutzen studiert hatte; denn aus beiden waren Be-
stimmungen übernommen. Der allen früheren Satzungen gemeinsame Gedanke
der Schaffung eines Museums kehrte auch hier wieder. Dass elieses Museum
unter dfer Verwaltung des Vereins stehen müsste, verstand sich bei jenen wohl
von selbst, hier aber war es zuerst ausdrücklich ausgesprochen, ebenso hier
zuerst, dass es eine Stiftung fiu- das Herzogtum Nassau sein sollte, womit ver-
mutlich gemeint war, dass es als ein öffentliches, den Zwecken des ganzen Landes
dienendes, allen zugängliches Institut geplant war. Dem Haberschen Entwürfe-
hatte man den Gedanken entlehnt, dass geeignete Verhandlungsgegenstände-
durch den Druck veröffentlicht werden sollten, dagegen ware-n die Bestimmungen
für die Ausgrabungsthätigkcit dem Luja'schen Entwürfe entnommen.
Betrachtet man diese neuen Satzungen als Ganzes, so wird man ni.lit
verkennen können, dass sie einfacher, sachgemässer, freier ve.n Künsteleien uuel
Liebhabereien gestaltet waren, als die früheren Entwürfe, und elass sie sich
darum viel mehr als Grundlage- einer Vereinsbildung empfahlen, wie diese. Es
war dies auch die Ansicht des Decernentem bei der Landesregierung, des
Geheimen Regierungsrates llegmann, dessen Beurteilung die« drei Entwürfe untcr-
la"en. Er entschied sie-li ehirum in seine-m Be-rie-ht für den Döring'scheu, nach-
214
drill daran nucdi ciuigo zwar Jiielit sohr wcsL'iitlicIic. mIkt dodi imiiicT boniorkens-
worte Abüüderuuyru. vorinutlicli von ihm selbst, vuigcimminou waren. Hu erhielt
der zu gründeude Verein, den der Entwurf .,CTeseIlschat't für nassaiiiöche Alter-
tumskunde" nennt, nun nueh den Zusatz „und Gesehichtsfurschuny". Aueh
die geographische Aufklärung des Landes wurde neben der statistischen und
geschichtlichen jetzt unter die Zwecke des Vereins aufgenommen, und aus-
drücklich die Sorge für die Erluiltung der Denkmäler aucli des Mittelalters betont.
Die unbeschränkte Zulassung von Ausländern, über die der Entwurf eine Be-
stimmung niclit enthielt, wurde ebenfalls jetzt erst durch die Landesregierung
mit der Massgabe ausgesprochen, dass von ihnen Beiträge nicht zu zahlen
waren, aucli die Einführung korrespondierender Mitglieder, die Dabei bereits
vorgesellen, aus dessen Entwürfe wieder übernommen. Weiter wurden in den
Jjestimmungen. weldie die Organisation betrafen, einige Abänderungen vor-
genommen, namentlich hinsichtlich der Rechnungsführung, die einem besonderen
Vorstandsmitgliede übertragen und durch einen Ausschuss bei der Cfeneral-
versannnlung geprüft werden sollte.
In dieser Gestalt, in der der Entwurf die ältesten Satzungen dvn späteren
Vereins darstellt'^), empfalil ihn die Landesregierung dem ]Ierzog zur Gc-
nelimigung. ^') Aber sie begnügte sich nicht damit, denn sie sah sehr wohl
ein, dass, wenn der Verein seine Aufgabe recht erfüllen sollte, Avenn namentlich
aus dem Museum etwas werden sollte, dann auch von Seiten des Staates Massregeln
getroffen werden mussten. um dem Verein einen »ewissen amtlichen Charakter zu
o
o^
verleihen, ihn zu einem Landesinstitut zu erheben. So beantragte sie denn zu-
gleich, ihn mit einer Reihe von Vorrechten auszustatten. Er sollte unter den
besonderen Schutz der Regierung gestellt und als alleinberechtigt für die Zwecke
der Altertumskunde und Geschichtsforschung im Herzogtum anerkannt werden.
Dann sollte ihm ein im Etat der Regierungsbibliothek etwa eingestellter Betrag
zu Ausgrubungen bewilligt, und ein passender Raum fiii' die Versammlungen,
sowie zur Aufstellung der Altertümer eingeräumt werden, bis ein solcher aber
gefunden, ihm erlaubt sein, die letzteren im Bibliothekslokale oder im neuen
Schulhause^-) aufzustellen, in diesem auch die Generalversammlungen abzuhalten.
Auch sollte ihm die ausschliessliche Berechtio^uno- zuerkannt werden . auf
Domanial-, Gemeinde- und Stiftungseigentum gegen eine Grundentschädigung
Ausgrabungen vorzunehmen, während dieselbe Berechtigung auf Privateigentum
nicht beantragt wurde, weil die Laudesregierung der Ansicht war, dass die Be-
schränkung der freien Benutzung des Eigentums stets als etwas Gehässiges
empfunden würde. Aus demselben Grunde wollte sie auch kein Verbot des
Verkaufs der auf Privatgrundstücken gefundenen Altertümer ausserhalb Nassaus
aussprechen; sie nahm an, dass patriotische Landeseingesessene gern bereit sein
würden, ihre Altertümer lieber einer inländischen, als einer ausländischen An-
stalt zu überweisen. Endlich beantragte sie, alle im Herzogtum Vdihaiideneii
'") Sie sind iibgediuokt in «ieii Annaltjii, iJd. J, S. 134.
") Der JJoricht vom H). Au><ust 1S20 ist von Hegmann ausgearbeitet.
''0 Das neue Scliulhaus tun .Markt, in dem sicli seit 1817 die Friedricliwschuie und die
•Stadtschule befunden; vgl. Otto, Geschichte der Stadt Wiesbaden, 8. ir)2.
iMT)
<')ff'oiitli('lion Siiniiiiliinp;on und AltortiiuuM- in dem ncuon .Museum /u vfrciniiii-n :
sie lioff't(^ (liilici. d:iss MUcli JI(M'/og Willicliu licrcir sriii wüidc dir im
Woilburger Scldossc .iiifliewalirfcn Statuen veji JJinn/e zur Autst^-Ilung im
AIuBOUni /u Ix'stimmeii. I'idls alle diese Antcäfte «(.iicliiiiigt wüiden. scdiluj;-
sie \v(Mtei- vi»f. den ( lelieiiiieit lt;it vini (Joniing zum Direkter dos Vereins zu
maclu'n. da ei- sich stets als l'Tn'derer der Voreinshestrehuiigcn ;<ezeigt liahe und
sogar genötigt wäre, seine Privatsanimiung dem Museum zu ülxM'lassen. (rleic.li-
zeitig sollte ilnu ilie Konstituierung <l<^s Vereins übertragen wci'deii. l in diese
aber zu cniiöglielien. sollten ausnaliiusweise durch Ernennung zu Mitgliedei'u
des Vorstands Luja in Dotzheiiii. der jüngere; Jlahel in ScJuerstein und llamat
Zengerle gemacht weiden, während in Zukunft die llildung des Verstands
lediglich durcdi AVahl erfolgen würde.
Man \vird anin'kenuen müssen, <lass die Anträge von ebenso grossem \\'<ihl-
wollen, wie Verständnis fiii' die Aufgaben und Zwecke des Vereins zeugtf'u.
Mit Liebe und Sachkenntnis hatte man die Hildung des Voreins behandelt und
mit praktischem lilick herausgefund(ui. was ilin lebensfähig machen konnte.
Unaufgefordert W(dlte man ilm mit Vorreclit(>n ausstatten, an die selbst die
Antragsteller entwi^der nicht gedacht, oder die sie zu erbitten nicht gewagt liatten.
Die ganze Stellung, die der spätere Verein eingenommen hat, seine Gescliicke und
ein gut Teil seiner Erfolge beruht auf dem Verhältnis, das in seinen Gi-undzügen
hier von der Landesregierung festgesetzt worden war. Will man dalun- die-
jenigen Männer aufzählen, die sich um das Zustandekonnnen des V(U-eins be-
sondere Verdienste erworben haben, se wird man neben Luja. deui Vater des
Gedankens, und dem älteren Jlabel, der den ersten Schritt zur Ausfülirung
gethan, vornelimlich den Geheimrat Hegmaun und den Regierungsdirektor .Möller
nennen müssen. Wohl haben beide Männer um das Land IS^issau auf anderem
Gebiete Verdienste genug, als dass ihre Namen je vergessen werden könnten,
der nassauische Altertumsverein aber hat besondere Veranlassung, ihrer daiddjar
zu gedenken.
Mit den Vorschlägen der Landesregierung waren Herzog Wilhelm und sein
Minister Marschall durchaus einverstanden.'-') Die Regierung wurde also er-
mächtigt, die einleitenden Schritte zur Konstituierung des Vereins zu rhuii.
Infolgedessen wandte sich Möller an Gerning und bot ihm unter verbindlichen
Worten das Direktorium an.^') Gerning fühlte sich durch das Anerbieten otieid)ar
sehr befriedigt, wünschte aber zunächst, dass ein herzoglicher Staatsbeamter
das Präsidium übernähme, „damit alles im besten Einklang schön gestaltet und
glücklich volHuhrt werde". In diesem Falle war er um so lieber bereit, alsbald
einen Teil seiner Antiquitäten-Samndung als „Mitgrundlage des Ganzen auf
honette Weise freundli<;h zu stiften.'"') Obwohl er indessen seine Bereitwilligkeit
schon hiermit hatte durchblicken lassen und sie später ausdrücklich auch aus-
sprach, so that er doch nichts, um den Verein endgiltig ins Leben zu rufen,
so dass die Landesreffierunff ihn schliesslich auffordern mussto. sich ndt den
o
-fci""^""&
^") Erlass des Staatsministeriuiiis vom «. September 1S20.
") Müller iin Oeriiing-, 13. September 1820.
'■') (ioriiing an ^Srüllcr. 24. September 1820.
216
übrigt'n V(in ilir einannten Vorstandsinitii:liodern ins Eiiivornehmen zu setzen und
die Statuten im Lande zu versenden. ""~i Allein es vorgingen Monate um Monate,
ohne dass etwas geschah, ja (iliiie dass es Gerning überhaupt für nötig hielt zu
antworten. Erst im August 1821 sah er sich veranlasst, der Regierung eine
Erwiderung zugehen zu lassen.^') Er schützte Geschäfte und besondere Um-
stän<l(' vor. die ihn abgehalten hätten, sich mit der Angelegenheit des Vereins
nähei- zu befassen. ., Dieses würde mich ein Absteigecjuartier zu Wiesbaden und
wenigstens jährlich tausend Gulden kosten. Wäre dorten mein Wohnplatz,
dann könnte ich eher mich ganz dafür hingeben und anderen Verhältnissen
entsagen". Er wies zugleich auf mündliche VerJiandlungen hin. die im November
des Jahres 1820 in Hattersheim und in Wiesbaden zwischen ihm und vernmtlich
Möller stattgefunden, und in denen er seine Bedingungen für die Uebernahme
des Direktoriums gestellt haben wollte. Da er hierauf keine Antwort erhalten,
seien auch von ihm keine Schritte geschehen. Doch erklärte er sich bereit, zu
thun, was ihm in der Ferne möglich sei. Sollten ihm bereits in Wiesbaden
bearbeitete Gegenstände zur Unterschrift zugchen, so wollte er sich vorbehalten,
dazu Bemerkungen zu machon und Anträge zu stellen. Besser aber wäre es,
meinte er. wenn die Regierung ihrerseits die Statuten im Lande behufs Sammlung
der Unterschriften versenden wollte; er würde sich dann an Leute ausseihalb
Nassaus wenden.
Das Verhalten Gernings erscheint zum mindesten auffallend und merk-
würdig. Er war au sich niclit abgeneigt, das Direktorium zu übernehmen,
machte aber Bedingungen, auf die die Regierung nicht eingehen konnte; oder
mochte. Welcher Art diese Bedingungen gewesen, ist nicht bekannt ; man wird
wohl aber kaum fehlgehen, wenn man annimmt, dass sie gewisse persönliche
Vorteile betroffen haben werden, die er für sich zu erreichen trachtete. Es
wäre sonst nicht recht erklärlich, warum er in seinem Schreiben diese Be-
dingungen nicht genauer erwähnt, die er nur in der mündlichen Besprechung
mit MfUli'r vorgebracht hatte. Dass die Geldfrage für ihn in Betracht kam.
beweist die Aeusserung, wonach er sich der Vereinsangolegenheit nur dann
widmen könnte, wenn er ein Absteigequartier in Wiesbaden und wenigstens
jährlich tausend Gulden erhielt. Vielleicht hat er in allem Ernst eine derartige
Eorderujtg gestellt, oder scJion damals eine Gegenleistung für die T'eberlassung
seiner x\ltertümer-Sammlung an das Museum l^eansprucht. Jedenfalls verrät
sein Verhalten, namentlich sein Schreiben an die nassauische Regierungsbehörde
eine auffallende Verstimmung und Gereiztheit, die nur dadurch erklärlich wird,
dass man seine Wünsche nicht berücksichtigte.
Unter diesen Umständen blieb der Landesregierung nichts weiter übrig,
als sich an diejenigen Männer zu wenden, die sie zu Vorstandsmitgliedern bereits
ernannt hatte, Luja, Habel und den Baurat Zengorle, und sie zu ersuchen, die
Statuten im Lande bekannt zu machen und Beitrittserklärungen zu sammeln.
Sobald 50 Mitglieder gefunden waren, sollte eine Zusammenkunft derselben
stattfinden und dabei der Vorstand vcdlzühlig gemacht werden. Da die Regierung
'®) Die Lnnflesregieiung- an (jeiiiiny. 2. Juiiuar 1S21.
^') Geniiiig an die Landcsregieiuni;-, 22. August ]S21.
217
aus der letzten Ei-kläruii^' Uerninys ixbci' fol^-ijrto, dass cv licreit sein ^vü^(l(■. di»;
Stelle eines Elirendircktors für die auswärti^-en Mit«>-lieder des Vereins anzunehmen,
so inusste es sich weiter darum handeln, aucli einen inländischen Direktor /ii
erwäldcni. Nun kam endlich Lehen in diese liestrebungeii. in wcmif^en Wochen
hatten 50 Personen, fast ausschliesslich h(!rz(),i>'liche Ueamle und (relstliche.
ihre Teilnahme erklärt, und so konnte (huin am ."). Dezember eine von 22 Mit-
gliedern hesuclite Versamnduug abgehalten wei'den, in der der Verein auf Grund
der vom Herzog genehmigten Statuten konstituiert, und di(^ Wahl des inläudiscdieji
Direktors, wie der nocli fehlenden Vorstandsmitgliedcn' vorgenommen wurde,
(ierning hatte sich inzwischen herbeigelassen, die Stelle eines Ehrendirektoi's
anzunehmen und wai- in dieser Eigenschaft vom Herzog bestätigt worden. Zum
ersten inländischen Direktor wurde mit 7 Stimmen der Direktor der Kechnungs-
kammer Ebhardt gewählt. Was für ihn den Ausschlag gab, lässt sich nicht
sagen, vielkMcht fiel neben pei-sönlichen Eigenschaften der Umstand mit ins
Gewicht, dass er sich durch seiji im Jahi(( 1817 (U'schienenes Buc^h: „G(^schichtc
und neschreibuni»- der Stadt AV^iesbaden", (nnen Namen gemacht hatte. Mit-
glieder des Vorstandes wurden neben Luja, Zeugerle und Habel ^Ministerialrat
Hauth, (feheime Domänenrat von Eössler und Geheime Regierungsrat I leg-
mann. Zum Sekretär wurde Luja, zum Kassierer Hauth erwählt, die sich
beide durch den Regierungskanzlisten Zimmermann vertreten lassen durften.
Damit war nun endlich nach zehnjährigen Ijemühungen der Verein ge-
gründet, zwar nicht der erste, aber doch einer der ersten seiner Art i]i Deutsch-
land. Es verdient dies mit einer gewissen Anerkennung hervorgehoben zu
werden; war docli das damalige Herzogtum Nassau ein eben erst aus einer
Anzahl von Ländern und Länderfetzen gebildetes Staatswesen, in dem das Be-
wusstsein einer gemeinsamen geschichtlichen Vergangenheit noch nicht befruchtend
und fördernd auf die Entwickelung des geschichtlichen Sinnes seiner Bewohnet
einwirken konnte. Auch fehlte es dem Lande damals, wie noch heute, an
einem wissenschaftlichen Mittelpunkte, wie er anderwärts vorhanden war, von dem
aus wissenschaftliche, also auch archäologische und geschichtliche Studien angeregt
werden und gewissermassen bertifsmässige Unterstützung erfahren konnten.
Lediglich das Gefühl für die Heimat und das daraus erwachsende Interesse
an ihr, sowie die Wahrnehmung, einem Lande alter Kultur anzugehören, eiiu'i-
Kultur, deren Zeugen noch zahlreich sichtbar waren, führten eine Anzahl ge-
bildeter Laien zusammen, um in freier Thätigkeit, allerdings unter dem ver-
ständnisvollen Schutze der Landesherrschaft, die Gesciiichte dieses Landes zu
erforschen, seine Altertümer zu sammeln tmd zu schützen, in heutiger Zeit,
in der die Erforschung der Landesgeschichte, die Sammlung und Erhaltung der
Denkmäler eines Landes allgemein, ja selbstverständlich geworden ist. m der
beides hie und da mit einer bewunderungswürdigen Energie und einem ebenso
bewunderungswürdigen Erfolge betrieben wird, in dieser Zeit ist es sicherlich
kein Verdienst weiter, solche Gedanken und Tläne zu hegen und sich in solcher
Thätigkeit zu vereinigen. Für die damalige Zeit und für ein Land, wie Nassau
CS damals war, ist es aber gewiss anerkennenswert und verdienstvell. wenn so
früh schon derartige Bestrebunffen sich nicht nur r<'gten. sondern auch k orm
uixl (iustalr gewannen, uml um so vordieusrvtill(M'. als dies geschali ulmc cf-
weisliclie Anlelmung an tiunidc Muster.
Am .">. Dezember 1901 konnte der nassauische xVltertunisverein auf eine
iielitzigjälirige Yergangenlieit zurückblicken. Was er in acht Jahrzelintcii
geleistet hat, davon sind die 8äle des Wiesbadener .Museums, davon die
o2 Bände seiner Annak'U. davon so manches vom Verfall gerettete Denkmal
Nassaus, und nicht zum wenigsten das Ansehen, das er im Lande geuiesst, ein
erfreuliches Zeiciien. Er liat die Erwartungen, die an seine (Jründung geknüpft
wurdeu. vermutlich nicht getäuscht. Seine äusseren YerJiältnisse sind in letzter
Zeit andere geworden, ei- steht nicht mehr unter (U-m unmittelbaren Schutze
der Landesherrschaft, sondern ist jetzt der Stadt Wiesbaden angegliedert und
mit dem V(in ihm gegründeten ,Museum ihrer Fürsorge anvertraut. Aber in
wessen Schutze er auch immer stehen mag. so lauge er nur von wisseuschaft-
liohem (leiste beseelt ist. so lauge er arbeits- und opferfreudige, für das
Nassauerland mii Liebe erfüllte Männer zu seinen Mitgliedern zählt, so lange
wird seine Thätigkeit auch ferner eine verdienstvolle sein, und so lange wird
diese Thätigkeit dem Gedanken entsprechen, aus dem er geboren ist. ]Möge es
ihm daran niemals fehlen !
Beilage L
E n t w u r f
zur Bildung einer Gesellschaft von Freunden der Alterthums-Kunde. die auf eigene
Kosten antiquarische Nacligrabungen im Herzogtum veranstalten lässt.
Nacli Vcrtiuss von zehn zu langen Jahren, welche mit vergeblichen Wünschen
zugebracht wurden, ist endlich der Gedanke zur Reife gediehen, durch einen all-
gemeinen Alterthums- Verein im ganzen Umfange des Herzogtums mit vorgängiger Ge-
nehmigung Herzoglicher Landes-Regierung nach und nach Ausgrabungen zu unter-
nehmen. — Mit Vorbehalt des Besseren und etwa Fehlenden wären die unmasgeblichen
Vorschläge hierzu folgende :
1. Der Alterthums- Verein schlicsst jeden Ausländer d. li. alle, w^elche nicht
innerhalh der Gränze des Herzogthums Nassau beständig wohnen, aus.
2. Die Zahl der Mitglieder muss zum wenigsten Fijduuidert sein.
3. Jedes Mitglied subscribirt für das Jahr 1820 eigenhändig mit Xamcns-
unterschrift 2 fl. Zul)usse, Jedoch lileibt es jedem frei, sich mit einer
grösseren Summe zu unterzeichnen.
4. Die Einforderung der Zubusse durcli den Reclmer ist das Zeichen, dass
der Verein zu Stande gekommen ist.
6. Der Verein wählt einen Ausschuss von sechs Mitgliedern, welche aber
um der Conferenzen und nöthigcr Kürze willen in Wiesbaden wohnen
müssen, und wovon Einer Präses und ein Anderer Rechner ist,
(j. Austritte aus dem Verein können nur am Ende. Eintritte aber im Laufe
des ganzen Jahres stattfinden.
7. Der Präses und der Rechner sind dem Ausschuss. und dieser dem ganzen
Verein vci'antwortHch.
8. Alle Anzeigen. Fragen, Vorschläge, Erinnerungen u. s. w. gehen an den
Präses, der- gehalten ist, den Ausschuss beständig von Allem in Kenntniss
zu setzen.
9. Der Präses iiiiiiiiit zwei erfaln-ene Dorgleute an iiiul lässt sie dem jjauzcu
Verein vcrptlicliten. Sie stehen unter seiner J)in'kti(tn und arbeiten nacli
seiner Anweisung.
10. Ohne Einwilligung des Ausschusses kann der Präses keine Eigenmacht
ausüben, keine Pteisen auf Koston der Gesellscliaft an den Ort der Nach-
grabungen thun, auch die Orte der Arbeiten nicht liir sich bestinuncn.
11. In der Uegel ist jedes dem Orte der Ausgrabungen zunächst wohnende
Mitglied, Aufseher über die Bergleute.
12. Zui- Aufmunterung und Beförderung der Treue erhalten die Bergleute
von gefundenen goldenen und silbernen IMünzcn den Mefall-Wcrth vergütet.
13. Jeder Aufseher über die Bergleute ist dem Präses verantwortlicli.
14. In Wiesbaden, als der Hauptstadt des Herzogthums, wird das allgemeine
Antikeii-Cabinett errichtet.
15. Jeder durch die Bergleute aufgefundene anti(iuarische Gegenstand ist
Eigenthum des Vereins und ebenso unveräusserlich, als jedes freiwillige
Geschenk, welches mit dem Namen des Gebers geziert wird.
16. Dem Präses sind Kanzlei- und Druck-Kosten. Brief-Porto und andere
Auslagen, die er gehörig nachweisen wird, mit Genehmigung des Aus-
schusses aus der Kasse zu vergüten.
17. Werden alle Diejenigen ersucht, welche in diesen Altcrthums-Verein ein-
treten wollen, die Anzeige davon in frankirten Briefen, und zwar längstens
bis zu Ende December 1819, an die Schellenbergischc Ilofbuchhandluug
dahier gelangen zu lassen. — N. 12. October 1819.
NB. Sobald Herzogliche Landes-Regieruug eine llochgefällige Genehmigung
ertheilt haben wird, soll vorstehender Entwurf mit einer Autt'orderung an die an-
gesehenen Männer im Herzogthum, als Circular gedruckt, versandt werden.
Beilage II.
Statuten
der Gesellschaft der Nassauischen Altertumskunde, gegründet den 14. Juny 1820.
1. Der Zweck der Gesellschaft lür Nassauischc Altertumskunde ist : Die
Aufsuchung, Sammlung und Beschreibung der römischen und deutschen
Altertümer im Herzogtum Nassau und die Beförderung der darauf Be-
zug habenden statistischen und geschichtlichen Aufklärungen, wie nicht
A\eniger die Sorge für die Erhaltung der vorhandenen Denkmale,
2. Zu diesem Verein laden die Unterzeichneten zunächst alle Diejenigen ein,
welche sich bereits fridier für den gleichen Zweck ausgesprochen hatten.
Weitere Einladungen behält sich die Gesellschaft bevor. Aufnahmen
können zu jeder Zeit des Jahres Statt finden, Austritte von Mitgliedern
aber nur am Ende des Jahres.
3. Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen oder aktiven Mitgliedern, Sie hat
4. einen Vorstand aus den activen Mitgliedern, nämlich :
1 Director
4 Vorsteher und
1 Secretär, der zugleich die Kcchnung führt.
Dieser nach der Stimmen-Mehrheit zu wählende Vorstand bekleidet sein
Amt zwei Jahre, und ist hernach wieder wählbar. Er fidirt die Geschäfte
für die Gesellschaft, bestimmt und leitet die xVufsuchung und Sammlung
der Altertümer und erhebt, verwendet und venochnet die Geldbeiträge
220
der Mittrlieder, worüber der Secrctär eine gehörig belegte Recliming jedes
Jahr zu stellen hat. Alle Ausfertigungen geschehen im Namen des" Vor-
standes. Er ist der Gesellschaft verantwortlich.
5. Jedes Mitglied des Vereins wird nach Kräften zur Erreichung des Zweckes
mitwirken, es sei nun durch Entdeckung von Altertümern selbst, oder
durch mündliche oder schriftliche Beiträge in dieser Hinsicht.
6. Der Hauptsitz der Gesellschaft ist zu Wiesbaden, wo sie jährlich eine
Generalversammlung den 14. Juny hält.
Hier werden die Resultate der Arbeiten und Verhandlungeu des Vereins
vom ganzen Jahr vorgelegt, die letzteren im geeigneten Fall zum Druck
befördert und über die künftigen Arbeiten Beschlüsse gefasst. Sowohl
in dieser Versammlung, als im Vorstande entscheidet die Mehrheit der
Stimmen.
7. Dil' Gesellschaft sammelt aus den Producten der Ausgrabungen und sonstigen
Nachsuchungen, so wie aus den freiwilligen Gaben der Mitglieder ein
Museum von Altertümern, welches unter der Verwaltung und Aufsicht
des Vorstandes steht. Das Museum wird im Local der Regierungs-Bibliothek
zu Wiesbaden aufgestellt und ist eine öffentliche Stiftung für das Herzog-
tum. Her jeweilige Bibliothekar ist Mitglied des Vereins, Jedem Ge-
schenk au Altertümern wird der Namen desjenigen, der es gab, beigefügt.
8. Zur Bestreitung der Ausgaben für das Nachgraben auf Altertümer, für
Druck-, Canzlei- und sonstige Kosten werden jährliche Geld-Beiträge
erho1)en. Sie bestehen aus den Geldzuschüssen der activen Mitglieder,
Avelche in der General-Versammlung den 14. Juni eines jeden Jahres zum
Voraus bestimmt werden, jedoch den Betrag von 4 Ü. jährlich für die
Person nicht übersteigen dürfen. Zu diesem Fonds kommt der Kredit,
welcher im Bibliothek-Budget jährlich zu Ausgrabungen verwilligt wird.
9. Der Vorstand sorgt dafür, dass zu den Ausgrabungen nur Bergleute oder
sonst taugliche Arbeiter angestellt werden.
Jedes dem Orte der Ausgrabung zunächst wohnende Mitglied der Ge-
sellschaft ist in der Regel Aufseher über die Arbeiter.
Dieses Mitglied ist dem Vorstande veiantwortlich.
10. Die Arbeiter erhalten zur Aufmunterung und Beförderung der Treue, von
den gefundenen Münzen und sonstigen metallenen Altertümern den IMetalJ-
wert neben ihrem Lohn vergütet.
Die obigen zehn Punkte werden unter dem Vorbehalt der höchsten Genehmigung
Seiner Herzoglichen Durchlaucht vorläufig als Statuten des Vereins für Nassauischc
Altertumskunde von den dazu bereitwilligen Mitgliedern unterzeichnet.
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Taf. VI.
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