| 2. D" H. G, BRONN’S
Klassen und Ordnungen
des
E F = er wissenschaftlich dargestellt _- |
in Wort und Bild.
Zweiter Band. 2. Abteilung. |
= Coelenterata (Hohltiere). | | |
Anthozoa. |
ER Bearbeitet von |
Dr. ©. CGarlgren
= in Stockholm. : | ;
t auf Stein gezeichneten Abbildungen.
N Ä
; RE 2. u. 3. Lieferung.
RE : Leipzig.
:6.F: Winter’sche Verlagshandlung.
1906. » =
j x z n ER oe
sc REN TE
———mnmm T R\
es }
ee > 1aayb /
gG52 Geschichte. II. Periode. 49
-
> Gewissermassen mit Recht wird de Blainville für sein Zoophyten-
system getadelt. Man muss sich darüber wundern, dass eine Menge der
verschiedenartigsten Organismen, die früher zu den Zoophyten gerechnet
wurden, z. B. die Korallinen, noch in de Blainvilles System als „fal-
sche“ Zoophyten figurieren, dass die Charakteristik einer Reihe Gattungen
und Arten so wenig glücklich ausgefallen ist, wie auch, dass die Poly-
piarienklasse eine Sammlung von heterogenen Formen, darunter die
Bryozoen, deren von den übrigen Polypen abweichende Organisation schon
durch Grant (1827) und Audouin und Milne-Edwards (1828) er-
wiesen worden war, enthält — der wegen mangelhafter anatomischer Kennt-
nis provisorische Charakter und Umfang der Klasse der Polypiaires wird
jedoch von Blainville scharf betont —, es lässt sich jedoch nicht leugnen,
dass das System Blainvilles für die Auffassung der Tiere, denen Ehren-
berg etwas später den Namen Anthozoa gab, von grosser Bedeutung
war. Zwar sah Blainville die nahe Verwandtschaft seiner Zoanthaires
und Zoophytaires nicht ein, indem er alle beide als gleichwertige, in
dem System von den Polypiaires geschiedene Klassen einrichtete, aber
wie homogen sind verhältnismässig nicht die Klassen Zoantharia und Zoo-
phytaria! Wäre de Blainville auf die Idee gekommen, diese beiden
in eine zusammenzufassen, so hätte man eine Gruppe bekommen, die viel
natürlicher gewesen wäre, als die vonEhrenb erg aufgestellte der Anthozoa,
die ausser den Milleporen auch die übrigen Hydroiden umfasste. In
der Tat repräsentieren nämlich die beiden Klassen Zoantharia und Zo0-
phytaria die zwei bisin die Gegenwart erhaltenen Anthozoenordnungen Zoan-
tharia und Aleyonaria, welche letzte Benennung H. Milne-Edwards statt
des Namens Zoophytaria in die Litteratur eintrug. Zum ersten Male wurden
die mit acht gefiederten Tentakeln versehenen Korallentiere zu einer einheit-
lichen Abteilung, Zoophytaria, vereinigt, die mit gutem Takt in vier Unter-
abteilungen, Tubiporea, Corallia, Pennatularia und Aleyonaria, geteilt
wurde. Von diesen haben sich die drei letzteren bis in unsere Tage unter
den Namen der Gorgoniden, Pennatuliden und Aleyonaceen erhalten,
und die meisten Formen, die in der ersten Familie erwähnt sind,
haben kürzlich (1883) von Hickson die charakteristischere Benennung
Stolonifera bekommen. Nicht minder glücklich war Blainville in
seiner Zusammenstellung der Actinies, Zoanthaires coriaces, d. h. der Zo-
anthiden, und der Zoanthaires pierreux, der Madreporarien, derjenigen
Anthozoenordnungen, die miteinander am nächsten verwandt sind, zu einer
Klasse Zoantharia, der er u. a. folgenden Charakter zulegt: „pourvu d’un
canal intestinal ä parois non distinetes, avec une seule et grande ouverture
terminale et entourde de tentacules diversiformes“ (1830, p.274). Er war
nämlich durch seine eigenen Untersuchungen an „Astraea“ und dureh die
zahlreichen Beobachtungen, die Quoy und Gaimard während ihrer Reise
mit der Astrolabe gemacht hatten, zu der Überzeugung gekommen,
dass „les madrepores peuvent @tre consideres comme de veritables
actinies, dans le parenchyme desquelles se depose une quantite con-
Bronn, Klassen des Thier-Reiche. II. 2. 4
-
50 Anthozoa.
siderable de matiere ealeaire, produisant ce qu’on anomme le polypier
(le.p 274).
Es muss weiter Blainville als Verdienst angerechnet werden, dass
er oft bestrebt war, auch anatomische Merkmale für die Klassifikation zu
benutzen, wie er z. B. die der Septen entbehrenden Milleporen von den
Madreporarien trennt und zu einer anderen Klasse, den Polypiaires, stellt.
Mit prophetischem Blick sprieht er auch die Vermutung aus, dass „parmi
les mill&pores il se peut qu’il yait quelques genres qui devront passer parmi
les madr6pores et vice versa (1830, p.364).“ Zwar irrt sich Blainville
in vielen Fällen bei der Verteilung der Gattungen auf die verschiedenen
Gruppen, aber erstaunenswert ist es, wie oft die Verwandtschaft der
Gattungen durch eine gute Klassifikation angedeutet ist. Für die Ent-
wickelung des Anthozoensystems hat Blainville deshalb auch ganz
gewiss eine bedeutende Rolle gespielt.
Ehe wir zu den Arbeiten der germanischen Forscher übergehen, die
am Ende der Periode das System der Korallentiere behandelten, möchten
wir noch zwei Systematisierungsversuche erwähnen, den des berühmten
Entomologen Latreille (1325) und den des Engländers Fleming
(1828). Beide stimmten darin überein, dass sie die Aktinien nicht für
Polypen hielten. Während indessen Fleming die Aktinien als fixe
Akalephen betrachtete, bildete Latreille aus Actmia, Zoanthus und
Lucernaria eine neue Klasse, Helianthoidea, die zusammen mit den Tum-'
cata, Holothurida und Echinoderma die Gruppe Actinozoa ausmachte.
Statt des Namens Zoophyta brauchte Latreille, um die Tiere mit einem
pflanzlichen Aussehen zu bezeichnen, die Benennung Phytodozoa, eine mit
den Aktinozoen gleichwertige Abteilung, die die Acalepha und Polypi um-
fasste. Les Polypes umfassten folgende Ordnungen und Familien:
Ordnung 1: Brachiostoma.
Fam. 1: Calamides (Polypes flottants Lam.).
Fam. 2: Aleyonea (Polypes tubiferes Lam.).
Fam. 3: Alveolarta.
Tribus 1: Lamellifera (P. lamelliferes Lam.).
Tribus 2: Foraminosa (P. foramines Lam.).
Tribus 3: Cortieifera (P. cortieiferes Lam.).
Tribus 4: Retieularia (P. a reseau Lam.).
Tribus 5: Vaginiformia (P. vaginiformes Lam.).
. Tribus 6: Spongites (Spongien).
Fam. 4: Limnopolypi: Plumatella, Oristatella, Difflugia, Pedi-
cellaria, Coryne, Hydra.
Ordnung 2: Trichostoma (Polypes ceilies Lam.).
Latreilles Polypensystem wurde also wesentlich von dem Lamarcks
beeinflusst. Fleming dagegen geht mehr seinen eigenen Weg bei der
Klassifizierung der Zoophyten, die er folgendermassen einteilt:
Geschichte. II, Periode. 51
Zoophyta.
a. carnosa:
1) Pennatuladae.
2) Lamelliferae (= Madreporarien).
3) Gorgoniadae.
4) Corallinadae.
Hierunter Corallina, Lobularia, Aleyonium, Cristatella.
5) Spongiadae.
b. cellulifera :
1) Milleporadae.
2) Tubiporadae,
3) Eischaradae.
4) Flustradae
c. thecata:
1) Cellariadae.
2) Sertulariadae.
5) Tubulariadae.
d. nuda: Coryna, Hydra.
e. vibratoria.
Sowohl Flemings, als auch Latreilles System müssen wir als
verfehlt betrachten.
Nicht glücklicher als diese beiden Forscher waren in ihren Ver-
suchen die Korallentiere zu ordnen, Oken (1816), Schweigger (1820) und
Goldfuss (1320). Keiner von diesen Männern äusserte die Vermutung,
dass sich zwischen den Aktinien und den Korallen eine nähere Verwandt-
schaft fände. Statt dessen wurden jene Tiere, etwa im Sinne La-
marcks, in die Nähe der Echinodermen gestellt. So bildete Oken
aus den. Aktinien inel. Zoanthus, aus den Holothurien, den Seeigeln und
Seesternen die erste Abteilung (Sternwürmer) der Vermes, während dagegen
Schweigger und Goldfuss dieselben Tierformen und Zucernaria als
Radiata resp. Radiaria zusammenstellten. In dem System Schweiggers
figurieren ausserdem Priapulus und Sipuneulus als Radiaten.
Was die übrigen Blumentiere betrifft, so wurden die Pennatuliden von
Oken zusammen mit den Krinoideen, Medusen und Siphonophoren als
Quallen, die Tubiporen als wahre Würmer aufgefasst, während Aleyonium,
die Hornkorallen und Madreporarien in eine aus bunten Formen zu-
sammengesetzte Korallenklasse einrangiert wurden. Die Korallen
(Lithophyten) könnte man nach Okens Meinung in folgende Abteilungen
gruppieren:
a. Steinkorallen.
b. Schwämme (hierher auch Aleyonium im alten Sinne).
ce. Flustern.
d. Gorgonien.
52 Anthozoa.
« Üellularien.
3 Sertularien.
y Nodularien (Korallinen).
d Gorgonien (inel. Isis und Antipathes).
Schweigger dagegen rechnet die Korallen zu den Zoophyten, die
die folgenden Gruppen umfassen:
1) Zoophyta monohyla.
Corpus ex unica substantia constructum.
Hierunter mehrere Familien: Infusorien (und andere Protozoen), Ro-
tatorien, Monohyla hydriformia=Polypi denudati Lam. et Cuv. und
Fam. 6: Monohyla petalopoda.
Anthelia, Xenia, Ammothea, Cavolinia, Paly-
thoa, Zoantha?
2) Zoophyta heterohyla.
Zoophyta e diversis substantiis juxtapositis formata.
Ordn.: Corallia.
Subordn.: Lithophyta.
Fam. 7: Lithophyta nullipora (= Millepora Lam. et Cuv.).
Fam. S: Lithophyta porosa.
Disticophora, Seriatopora, Madrepora, Millepora,
Stylophora.
Fam. 9: Lithophyta lamellosa.
Oyelolites, Fungia, Pavonia, Astrea u. a. Ma-
dreporarien.
Fam. 10: Lithophyta fistwlosa.
Catenipora, Tubipora, Favosites.
Subordn.: Ceratophyta.
Fam. 11: Ceratophyta spongiosa (— \
Fam. 12: Oeratophyta aleyonea.
Oristatella, Aleyonella, Lobularia (— Aleyontum).
Ceratophyta tubulosa.
a
chwämme).
Fam. 13:
wo
Bryozoen (Plumatella), Hydroiden, Cornularia. ’
Fam. 14: Ceratophyta foliacea.
Bryozoen. Auch Alveolites.
Fam. 15: Ceratophyta corticosa.
Antipathes, Anadyomena, Gorgonia, Isis, Meli-
taca, Corallium.
Fam. 16: Pennae marin«e (= Pennatuliden).
In Goldfuss’ System der Tiere werden die niedersten Tiere, die
Infusoria, Phytozoa, Lithozoa und Medusinae, unter dem Namen Protozea zu-
sammengefasst. Die Phytozoa und Lithozoa, die uns interessierenden
Gruppen, bestanden aus folgenden acht Familien:
Geschichte. II. Periode. i 53
Phytozoa:
Fam. 1: Spongita.
Spongien und Aleyonium.
: (eratophyta.
Antipathes, Gorgonia.
Fam. 3: Tubulariae.
Fam. 4: Pennatulae.
[8
Fam.
Lithozoa:
Fam. 1: Porinae (Madreporarien, Mellepora, Cellepora,
Tubipora u. a.).
Fam. 2: Isides (Corallium, Isis, Melitaea).
Fam.-3: Corallineae.
Corallina, Bryozoen.
Fam. 4: Enerini.
Etwa gleichzeitig mit dem Erscheinen des zweiten Systems der
Zoophyten von Blainville veröffentlichte der Tübinger Professor Rapp
(1329) eine sehr beachtenswerte Schrift, in der er die nahe Verwandtschaft
der Seeanemonen mit den Madreporen wieder proklamierte. Zwar hat
sich sein Klassifikationsversuch, der den Vöfzug hatte, auch anatomische
Charaktere bei der Anordnung der Polypen in Betracht zu ziehen, in-
dem er diese Tiere nach den verschiedenen Orten der Entstehung der
Eier oder „Keimkörner“ in zwei Gruppen, Exoarier und Endoarier, ein-
teilte, durch in neuerer Zeit angestellte genauere Untersuchungen, die eine
grosse Variation hinsichtlich des Ortes der Entstehung der Geschlechts-
produkte bei der ersteren Gruppe konstatierte, als unzuverlässig erwiesen,
doch kam die natürliche Verwandtschaft der behandelten Formen dureh
diese Anordnung Rapps zu voller Geltung. Rapps Exoarier, die drei
Gruppen der Hydern, der Corynen mit den Sertularien und Tubularien
und der Milleporen einbegriffen, entsprechen nämlich den erst während
der nächsten Periode von den Blumentieren abgeschiedenen Hydroiden,
während die Endoarier die gegenwärtigen Anthozoen repräsentieren. Die
Endoarier umfassten nach Rapp folgende Gruppen:
1) Aleyoneen (Gattungen Anthelia, Xenia, Ammothea und Lobularia).
2) Tubiporen (Gattung Tubipora).
3) Corallen (Gattungen Corallium, Gorgonia und Antipathes ?).
4) Pennatulen (Gattungen Pennatula, Seirpearia, Pavonaria, Renilla,
Veretillum, Umbellularia). »
5) Zoanthen (Gattungen Cornularia, Zoanthus).
6) Madreporen.
,7), Aktinien. Hierher auch eine als Tubularia solitaria beschriebene
Cerianthusart.
Die Rappsche Gruppe der Endoarier entspricht also den Blainville-
schen Zoophytenklassen der Zoantharia und Zoophytaria, wie man aus einer
Vergleiehung der beiden Systeme leicht ersieht, ebenso haben die zu
54 Anthozoa.
diesen Klassen gehörenden Familien ihr Gegenstück in den Rapp-
schen Polypenabteilungen. Trotz ihrer grossen und unbestreitbaren Ver-
dienste um das System der Anthozoen begingen jedoch sowohl Blainville,
als auch Rapp bei ihren Klassifikationsversuche einige Missgriffe. Einer-
seits lag es, wie schon bemerkt wurde, Blainville fern, einzusehen, dass
die beiden von ihm wohl begrenzten Klassen Zoantharia und Zoophytaria
nahe verwandt waren, andererseits war Rapp zweifellos die Zusammen-
sehörigkeit der mit acht Tentakeln versehenen vier ersten Gruppen un-
bekannt, und zwar um so mehr, als er die Cornularien mit der zahlreiche
Tentakeln tragenden Gattung Zoanthus zu einer Gruppe vereinigte. Recht
wahrscheinlich dürfte es jedoch sein, dass Rapps Einteilung der Polypen.,
trotzdem, dass sie nach einem so einseitigen Merkmal, wie dem ver-
schiedenen Entstehungsort der Geschlechtsprodukte aufgestellt war, mehr
berücksichtigt worden wäre, hätte nicht zwei Jahre nach dem Erscheinen
der Rappschen Polypenarbeit Ehrenberg (1851) in seinen Symbolae
physicae ein neues System der Korallentiere veröffentlicht, das, obgleich
es in gewissen Fällen als ein Rückschritt gegenüber der Rappschen An-
ordnung zu betrachten ist, um so grössere Aussicht, das Bürgerrecht zu
erwerben, hatte, als es auf wichtigere Unterseheidungsmerkmale be-
sründet war.
Als endlich die Peyssonnelsche Anschauung von den Korallen völlig
durchdrang, baute man, wie schon geschildert wurde (p. 22—25), nach und
nach ein Korallenreich auf, das von den heterogensten Organismen be-
völkert wurde. Die Ureinwohner des neuen Tierstaates waren die eigent-
lichen Korallen, die skeletttragenden Anthozoen, mit denen man ver-
schiedene andere Tier-, und in geringerem Masse, auch Pflanzenformen
zuverschmelzen versuchte. Mit der wachsenden Kenntnis des Baues dieser
Organismen wurde es jedoch allmählich immer deutlicher, dass sie
alle zu ungleichartig waren, um zu einem Stamm vereinigt werden zu
können. Zuerst wurden die Infusorien als eigene Gruppe von O. F. Müller
(1776) ausgeschlossen; dann entpuppten sich verschiedene zusammen-
gesetzte Ascidien, die teils in die umfangreiche Gattung Aleyonium
einrangiert waren, teils als eigene Gattungen neben ihr figurierten, durch
die Untersuchungen von Renier (1793), Lesueur (1815) und besonders von
Navigny (1516) als mit einer hinteren Darmöflnung ausgerüstete Tiere,
die von den letzteren als ein Zweig des Molluskenstammes betrachtet wurden,
während man schon seit geraumer Zeit beobachtet hatte, dass andere Polypen
mit nur einer Öffnung des Darmkanals versehen waren. Ja, schon Ouvier
(1800—1805, IV, p. 146) unterscheidet unter diesen letzteren Formen
einige, die häutigen Anthozoen, die durch das Vorhandensein eines ein-
gestülpten „petit estomac“, der schon von älteren Forschern, wie Cavolini,
beobachtet worden war, charakterisiert wurden, und wieder andere, Hydra
und verwandte Formen, die einer solchen Bildung entbehrten.
Im Jahre 1827 erschien eine Arbeit von @rant, in der er eine Ent-
deekung mitteilt, die bald weitgehende Folgen hatte. Er hatte nämlich
Geschichte. II. Periode. 55
beobachtet, dass bei Flustra der Darm durch eine von dem Mund ver-
schiedene Öffnung ausmündete.. Unabhängig von diesem Forscher machten
Audouin und der später durch seine zahlreichen Anthozoenarbeiten so be-
rühmt gewordene H. Milne-Edwards (1828) ähnliche Beobachtungen an dem-
selben Tier, zu derselben Zeit, zu der sieunter den Polypen mit nur einer Darm-
öffnung zwei Typen, den einen mit einfachen, den anderen mit gefiederten
Tentakeln unterschieden. Sie unterschieden vier Familien von Polypen:
„L) Spongiaires, 2) Polypes fixes soit nus soit a polypiers, dont la cavite
digestive a la forme d’un cul-de-sac dans la substance meme de leur corps
(Hydra, Sertularia, mehrere Vorticellen ete.), 3) Polypes dont le corps est
creuse d’une cavite au milieu de laquelle est suspendu un canal digestif
membraneux, communiquant au dehors par une seule ouverture, et portant
a son extremite inferieure des appendices ayant la forme de petits in-
testins (Aleyonium |Lobularia], Gorgonia, Pennatula, Veretillum , Cornu-
laria u.a.), 4) Flustres: canal digestif eommunique au dehors par deux ou-
vertures distinetes et dont l’organisation se rapproche de celle des
Ascidies composees“.
Aber erst Thompson (1530), der unabhängig von dem erwähnten
Forscher Untersuchungen an Flustra und verwandten Formen angestellt
und dabei auch eine hintere Darmöffnung Sesehen hatte, wandte die ge-
fundenen Tatsachen für durchgreifendere klassifikatorische Zwecke an,
indem er diese, nach seiner Meinung einen neuen Typus der Mollusca
acephala bildenden Organismen in einer Gruppe Polyzoa vereinigte, ein
Name, der schon ein Jahr später von Ehrenberg durch Dryozoa ersetzt
wurde.
Nach solchen bahnbrechenden Untersuchungen musste es für einen
so guten Systematiker wie Ehrenberg nahe liegen, die mit einer vor-
deren und hinteren Öffnung des Darmkanals versehenen Korallentiere
von den übrigen zu trennen- In seinen Symbolae physicae (1831) teilt
Ehrenberg die Korallentiere auch in zwei Gruppen, Anthozoa und
Bryozoa, Klassennamen, die noch gegenwärtig bestehen. Von den Antho-
zoen gibt er eine Einteilung, die drei Jahre später, 1834, in seinen
Korallentieren des Roten Meeres mit wenigen Veränderungen — nur die
Familien Tubwlarina, Sertularina und Alloporina sind in der letzten Arbeit
hinzugekommen — in detaillierter Form veröffentlicht wurde. Dann
wurden auch die Bryozoen provisorisch gruppiert. Ehrenberg ordnete
die Korallentiere, die Phytozoa polypi, 1834 folgendermassen:
Curalia (Polypi Üuvieri ex parte).
A. Einmündige Korallentiere = Anthozoa, Blumentiere.,
Korallentiere mit einer einzigen Mündung des Speisebehälters
; und strahligem, meist konzentrisch vielkammerigem Körperbaue.
OÖrdo 1: Zoocorallia. Tierkorallen.
Ganz weiche oder nur auf der Oberhaut oder nur
innen Festes ablagernde, lösbare, freie Korallen.
Tribus 1: Zoocorallia Polyactinia. Vielstrahlige Tierkorallen.
56 Anthozoa.
Fam. 1: Actinina (hierher auch Lucernaria).
Fam. 2: Zoanthina (= Zoanthiden).
Fam. 3: Fungina.
Tribus 2: Zoocorallia Octactinia. Achtstrahlige Tierkorallen.
Fam. 4: Xenina.
Fam. 5: Tubiporina.
Fam. 6: Haleyonina.
Fam. 7: Pennatulina.
a. Halisceptra. b. Halipteria.
Tribus 3: Zoocorallia Oligactinia. Wechselstrahlige Tier-
korallen.
Fam. 5: Aydrina.
Fam. 9: Tubularina.
Fam. 10: Sertularina.
Ordo 2: Phytocorallia. Pflanzenkorallen.
Unten nach aussen Festes ablagernde, festsitzende,
unfreie Korallen.
Tribus 4: Phytocorallia Polyactinia. Vielstrahlige Pflanzen-
korallen.
Fam. 11: Ocellina.
Fam. 12: Daedalina.
a. Astraeina. Hier auch Favosites. b. Macan-
drrina.
Tribus 5: Phytocorallia Dodecactinia. Zwölfstrahlige Pflanzen-
korallen.
Fam. 15: Madreporina.
Fam. 14: Milleporina.
Ausser Millepora Calamopora , Seriatopora und
Pocillopora.
Tribus 6: Phytocorallia Octactinia. Achtstrahlige Pflanzen-
korallen.
Fam. 15: Isidea.
Fam. 16: Gorgonina.
Tribus 7: Phytocorallia Oligaetinia. W echselstrahlige Pflanzen- ’
korallen.
Fam. 17: Alloporina.
B. Doppelmündige Korallentiere, Bryozoa, Moostiere.
Ordo 1: Thallopodia. Freie Moostiere.
Fam. 1: Oristatellina.
Fam. 2: Haleyonellea.
Fam. 3: Cornularina.
Fam. 4: Escharina.
Fam. 5: COelleporina.
Fam. 6: Auloporina.
Geschichte. II. Periode, 57
Ordo 2: Seleropodia. Unfreie Moostiere.
Fam. 7: Myriozoina.
Fam. 5: Antipathina.
Nehmen wir Ehrenbergs System näher in Augenschein, so ist
leicht zu finden, dass die Gruppierung der Unterabteilungen, obgleich oft
glücklich, nieht immer gut ausgefallen ist. Am bedenkliehsten scheint
mir der Versuch, die Anthozoen in erster Linie nach der freien oder fest-
sitzenden Lebensweise zu ordnen, eine Einteilung, die das System nicht
wenig verschoben hat. In unbedeutend veränderter Form tauchen nämlich
die alten Zoophyten und Lithophyten als Zoocorallia und Phytocorallia
noch einmal auf. Und doch war sich Ehrenberg, wie seine Klassifikation
deutlich zeigt, der Bedeutung der Zahl der Strahlen für die Systemati-
sierung der Anthozoen völlig bewusst: Trotzdem, dass die Bryozoen von
den Anthozoen geschieden wurden, enthielten die Blumentiere Ehren -
bergs noch fremde Elemente. Die von Blainville und Rapp
abgeschiedenen hydraartigen Tiere bleiben nämlich noch an ver-
schiedenen Stellen in dem System Ehrenbergs stehen. Bei einer
solehen Anordnung ist es kaum möglich, sieh darüber zu wundern, dass
die Milleporinen, unter denen einige Madreporariengattungen stecken, mit
den Madreporen zu einer besonderen Gruppe vereinigt sind. Bunt ist
auch die Bryozoenklasse, insofern als mehrere Anthozoen, Cornularia,
Aulopora und Antipathes, hier provisorisch untergebracht sind. Dieser
wenig gleichmässigen Klassifikationsversuche ungeachtet, ist doch Ehren-
bergs Name auch in systematischer Hinsicht durch die Trennung der
Korallentiere in Anthozoa und Bryozoa mit den Blumentieren für immer
verbunden.
Langsam und unter ungünstigen Verhältnissen war aus dem Samen,
den Peyssonnel säete, eine Pflanze emporgewachsen, die erst nach
einem Jahrhundert reife Früchte trug. Ein paarmal hatte sie zwar Samen
angesetzt, aber dieser fiel auf unfruchtbaren Boden und ging zu Grunde.
Erst in den Systemen Rapps, Blainvilles und Ehrenbergs wurde
nämlich die von Peyssonnel hervorgehobene Ähnliehkeit zwischen den
weichen Teilen einer „Madrepora“ und einer „Urtica“ völlig geschätzt.
Von dieser Zeit an und mit der Gründung der Anthozoenklasse geht
auch die Geschichte der Aktinien mit der der Korallen Hand in Hand.
58 Anthozoa.
III. Periode.
Von der Aufstellung der Anthozoen durch Ehrenberg bis zum Ende
des 8. Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts. Die engere Begrenzung
der Anthozoenklasse.
Die von Ehrenberg unter dem Namen Anthozoa zusammengestellten
Organismen erhielten zwar bei ihrem Erscheinen in dem Tierreich als
eine besondere Klasse Bürgerrecht, aber verschiedene Forscher begannen
bald, die neue Benennung durch andere zu ersetzen. Die Ehrenbergsche
Einteilung der Anthozoen wurde auch zu Beginn nur von wenigen
Forschern, wie von Brandt (1835), akzeptiert. Schon einige Jahre nach
der Aufstellung der Anthozoengruppe gab nämlich Milne-Edwards in
seinen 1855 erschienenen „Elements de zoologie“ (p. 1046) eine Ein-
teilung der Anthozoen, die das Ehrenbergsche System wesentlich ver-
besserte. Mit gutem Takt wurden nämlich solche ‚„Polypes Anthozoaires‘“,
deren digestive Höhle keine Lamellen besass, unter dem Namen
Sertulariens solchen Formen gegenübergestellt, die in ihrer Nahrungshöhle
mit vertikalen Lamellen versehen waren. Diese letzteren wurden in
zwei Gruppen, Alcyoniens und Zoanthaires, angeordnet, die voneinander
durch die verschiedene Form und Zahl der Tentakel unterschieden
waren; jene hatten nämlich sechs oder acht gefiederte Tentakel, während
diese mit sehr zahlreichen einfachen Tentakeln ausgerüstet waren. ‚
Es dauerte nicht lange Zeit, bis Milne-Edwards den Namen
Anthozoa aufgab. Im Jahre 1857 veröffentlichte er nämlich ein System
der Polypen (Classification naturelle des Polypes, L’Institut No. 212,
p. 178—179), bei dessen Aufstellung er mehr Rücksicht auf die Anatomie
dieser Formen nahm. Die Polypes Anthozoaires wurden nunmehr
Polypes parenchymateux genannt, gleichzeitig als die Bryozoen den neuen
Namen Polypes Tuniciens bekamen. Was die ersteren betrifft, so um-
schlossen sie, wie vorher, drei Familien: 1) die ein Schlundrohr vermissen
lassenden Sertulariens, 2) die mit einem kurzen Schlundrohr, zahlreichen Ten-
takeln und zahlreichen Ovariallamellen versehenen Zoanthaires und 3) die mit
distinktem Schlundrohr, mit acht oder sechs am Rande gefiederten Ten-
takeln und mit acht oder sechs Ovariallamellen ausgerüsteten Aleyoniens.
Die letzteren werden in folgende fünf Gruppen eingeteilt:
1) Alcyoniens pierreux, Ex. Tubipora, Favosites, Catenipora.
2 53 dendroides, Ex. Corallium, Isis, Gorgonia.
3 h hibres, Ex. Pennatula.
A Nas rampans, Cornularia.
5) 3 massifs, Ex. Aleyonium, Aleyonidium ete.
Wenn man die Systeme von Blainville und Ehrenberg mit dem
Milne-Edwardsschen vergleicht, so findet man, dass die Sertulariens
den Oligaktinien Ehrenbergs und einem grossen Teil der Polypiaires
Blainvilles entsprechen, und dass die Aleyoniens mit den Oktaktinien
Ehrenbergs und den Zoophytarien Blainvilles identisch sind, während
Geschichte. III. Periode. 59
die Zoanthaires, d. h. die Zoantharien Blainvilles, die Polyaktinien und
die Dodekaktinien Ehrenbergs umfassen.
Bedeutet die von Milne-Edwards 1835 und 1837 vorgeschlagene
Klassifikation der Anthozoen in betreff der grösseren Unterabteilungen
einen Fortschritt im Vergleich zu der Ehrenbergschen, was besonders
in der Charakteristik der Familien und in der scharfen Abgrenzung der
Hydroiden sich zeigt, so scheint jedoch Milne-Edwards weit davon ent-
fernt, die innige Verwandtschaft der Aleyoniens und der Zoanthaires einzu-
sehen, denn weder 1835, noch 1837 werden diese zwei Familien von
ihm als eine einheitliche Gruppe der dritten, den Sertulariens, entgegen-
gestellt. Dass bei einer solchen Auffassung von unseren Tieren die
Hydroiden auch von Milne-Edwards als Anthozoen angesehen wurden,
ist leicht erklärlich.
Die nahe Zusammengehörigkeit der Aleyonarien und Zoantharien
betonte dagegen Farre bei seiner Klassifikation der Polypen 1837 (Ob-
servations on the minute structure of some of the higher forms of Polypi
with views of a more natural arrangement of the elass. Phil. Trans. 1837,
2, p. 414). Dieser Forscher teilte nämlich die Polypen in drei Klassen ein, die
Ciliobrachiata, d. h. die Bryozoen, die Nudibrachiata, unter denen sich
die Ehrenbergschen Oligactinia befinden, und die Anthozoa, die nur die
Oktaktinien, Dodekaktinien und Polyaktinien Ehrenbergs enthielt, ein
Verfahren, das bald weitgehende Folgen hatte.
Wenn wir auch Farre als Verdienst anrechnen müssen, dass er die
Alcyonarien und die Zoantharien zu der Anthozoenklasse zusammenstellte,
so lässt sich doch nicht leugnen, dass seine Charakteristik der Gruppen
bedeutend schwächer war, als die von Milne-Edwards, ja z. T. auf ganz
falschen Vorstellungen basiert war. Dies geht deutlich aus den Worten, mit
denen er seine Mitteilung schliesst, hervor: „The Anthozoa“, sagt näm-
lich Farre (p. 420), „then are distinguished from Nudibrachiata chiefly
by the separation of the stomach from the parieties of the body, which
has a membraneous character, and from Ciliobrachiata by the single exter-
nal opening and the absence of eilia from the surface of the arms.“
Was die systematische Stellung der Anthozoa betrifft, so meint Farre,
dass „they appear to hold a place immediately below Acalepha and
Echinodermata, the transition between these three elasses being exceedingly
gradual“.
Farres Ausschliessen der Hydroiden von den Anthozoen wurde
der erste Anlass zu einer natürlicheren Begrenzung der letzteren
Klasse, ein Vorgehen, das um so mehr anerkannt wurde, je mehr die
innige Verwandtschaft der Hydroiden mit den Medusen durch die Unter-
suchungen hauptsächlich des hervorragenden nordischen Kleeblattes
M. Sars, S. Lov&n und J. Steenstrup weiteren Kreisen bekannt wurde.
Es dauerte jedoch verschiedene Jahre, ehe die Hydroiden für immer von
den Anthozoen getrennt waren und die Zoantharia und Aleyonaria zu
60 Anthozoa.
einer systematischen Einheit zusammengefasst wurden. Verschiedene
Forscher, wie Johnston, van der Hoeven und Burmeister, blieben näm-
lich auf dem Standpunkte von Milne-Edwards stehen, indem sie zwar die
Hydroiden als eine besondere Abteilung innerhalb der Anthozoen begrenzten,
aber den Gruppen der eigentlichen Anthozoen einen höheren systematischen
Wert, als richtig war, beilegten. Andere, wie Hogg, Siebold und P. J.
van Beneden, fügten weder die Zoantharien und die Aleyonarien, noch
die verschiedenen Familien der Hydroiden zu je einer Einheit zusammen,
sondern reihten, wie die älteren Forscher, in dem System die verschie-
denen Gruppen von Anthozoen und Hydroiden aneinander. Eine be-
sondere Stellung nahm schliesslich Greene ein, der die Ktenophoren etwa
dieselbe Rolle wie die Hydroiden in den Klassifikationen van der Hoevens
und Burmeisters spielen liess.
Ehe wir uns mit der weiteren Entwickelung des Systems der Antho-
zoen im Sinne Farres beschäftigen, müssen wir die Klassifikationen der
erwähnten Forscher näher betrachten.
Die zuerst veröffentlichte dieser Klassifikationen war die des Eng-
länders &. Johnston, welcher Forscher die Zoophyten im Sinne Pallas’
zum letztenmal zusammenstellte. ,„Zhe radiated zoophytes“‘, d. h. die
Anthozoen Ehrenbergs zum Unterschied von den „molluscan zoophytes“,
den Bryozoen, teilte Johnston nämlich in seiner „History of British
Zoophytes“ 1837 ähnlich wie Milne-Edwards in drei gleich-
wertige Gruppen ein, die jedoch nunmehr andere Namen bekamen. Die
Sertulariens nannte er Hydroidea, die Aleyonaires Asteroidea« und die
Zoanthaires Helianthoidea. Diese Einteilung wurde in der 1847 erschie-
nenen zweiten Auflage desselben Werkes beibehalten, nur mit dem Unter-
schied, dass hier der Name Anthozoa statt radiated zoophytes fieuriert.
Die Asteroidea wurden sowohl 1337 als 1847 in drei Familien, und zwar
in Pennatulidae, Gorgoniadae und Aleyonidae eingeteilt; die Helianthordea
umfassten 1837 zwei Familien, Madrephyllaea und Actiniidae — innerhalb
der letzteren Familie trifft man auch Liwernaria —, 1847 dagegen fünf
Familien: Milleporina, Ocellina, Zoanthina, Actiniadae und Lucernariadae.
Dabei ist jedoch zu bemerken. dass Johnston bei ihrer Klassifikation
sich fast ausschliesslich auf die Kenntnis der britischen Zoophyten,
stützte.
Dass die Helianthoidea und Asteroidea zwei nahe verwandte Gruppen
sind, die eine systematische Einheit bilden, war Johnston so fremd,
dass er ausdrücklich betonte (1847, p. 462), dass die Zusammenfassung
dieser zwei Gruppen zu der der Anthozoa ein Rückschritt sei. Dagegen
wendet sich dieser Forscher mit vollem Recht gegen Ehrenbergs Ein-
teilung der Anthozoen in Zoocorallia und Phytocorallia, indem er hervor-
hebt, dass sich die Beschaffenheit der Polypenstöcke den Typen
unterordnen müsse.
Bedeutend schlimmer als das Johnstonsche System der Zoophyten
waren einige Versuche von Hogge (1827 und 1839), die Polypen zu
Geschichte. - 11I. Periode. 61
klassifizieren. Bei dem letzten Versuch (On the tentacular classification
of Zoophytes, Ann. Mag. Nat. Hist. 4. 1839—-1840, p. 364) unterschied
er bei den Polypen zwei Unterklassen, die Dinoscula (die Bryozoen) und
die Unoscula (die Blumentiere). Die Unoscula werden nach der Be-
schaffenheit der Tentakel in fünf Ordnungen, die Nuditentacula mit den
Gattungen Hydra und Sertularia, die Pinnitentacula mit Gorgonia, Penna-
tula und Alcyonium, die Glanditentacula mit Coryne, die Planitentacula
wit Tubularia und die Tubitentacula mit Actinia und Madrepora ein-
geteilt, ein künstliches System, das keine Aussicht hatte, anerkannt zu
werden. Nicht glücklicher als Hogg war Nardo, wenn er (1845) die
Zoophyten in vier Gruppen, Zoofitarüi tubuligeni, aleyonarii, fitoidei und
penmnatulari, einteilte.
Dem Ehrenbergschen Standpunkt in betreff der Einteilung der
Anthozoen ein wenig näher steht von Siebold in seinem „Lehrbuch der
vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere“ (Berlin 1848, p. 26—27).
Er teilt die Polypen in Anthozoa und Bryozoa; in der ersteren Ord-
nung findet man auch die Hydroiden, aber nieht als eine besondere
Gruppe, sondern in zwei Familien gruppiert und zwischen den Anthozoen
eingeschoben. Siebold unterscheidet nämlich bei den Anthozoen
folgende Familien: Madreporina (mit Millepora), Gorgonina, Isidea,
Tubiporina, Aleyonina, Pennatulina, Sertularina, Zoanthina, Hydrina und
Actinina.
Auf der Basis der Ehrenbergschen Klassifikation ist auch das
Anthozoensystem von J. van der Hoeven (Die Naturgeschichte der
wirbellosen Tiere, 2. Aufl., 1346—1850, deutsch 1850, Bd. 1, p. 75)
aufgebaut. Die dominierende Stellung, die die freie oder festsitzende
Lebensweise für die Systematik in der Anordnung der Anthozoen von
Ehrenberg spielt, trifft man hier jedoch nicht. Auch sind die Hydro-
iden zu einer Gruppe Hydriformia vereinigt. Am meisten bemerkenswert
in van der Hoevens System ist die Wiederaufnahme der alten Gruppe
Oorticata, zu der Isis, Corallium, Gorgonia und Antipathes gerechnet werden.
Van der Hoeven gruppierte die Anthozoen foleendermassen:
Anthozoa Ehrbg. Erste Sektion der Polypen.
Ord. 1: Hydriformia.
Ord. 2: Octactinia.
Fam. Xenina. .
Fam. Haleyonina.
Fam. Pennatulina.
Fam. Tubiporina.
Fam. Corticata. Hierher Isis, Corallium, Gorgonia, Anti-
pathes.
Ord. 3: Polyactinia.
Seetio 1: Tentaeulis duodeeim. Phytocorallia dodecactinia.
Fam. Madreporina. Hierher auch Millepora.
62 Anthozoa.
Sectio 2: Tentaculis numerosis ultra duodecim.
A. Polypi polyparium lapideum secernentes, quo- affiguntur.
Phytocorallia polyactinia.
Fam. Ocellina.
Fam. Gyrosa.
B. Polypi intus corpus durum secernentes (polyparium lapi-
deum, non affixum).
Fam. Fungina.
C. Polypi toto corpore molli aut subeoriaceo.
Fam. Zoanthina.
Fam. Actinina. Hierher auch Lucernaria.
Eine andere alte Benennung, und zwar die der Zithophyten, taucht in
dem System von Burmeister (Zoonomische Briefe, TI. 1, Leipzig 1856,
p. 129—135) wieder auf. Die skelettragenden Polyaktinien werden
nämlich als Lithophyten, die skelettlosen Polyaktinien als Holosarca — eine
Bezeichnung, die er schon in seinem „Handbuch der Naturgeschichte‘ (II,
p. 454, 1836) in das Tierreich eingeführt — unterschieden. Alle beide
Ordnungen werden zusammen mit den Hydrinen und Oktaktinien als
gleichwertig nebeneinander gestellt. Es fehlte also Burmeister eine
leitende Richtschnur bei der Aufstellung seines Anthozoensystems,
das,
sich folgendermassen präsentiert:
Blumentiere. Anthozoa.
1) Hydrina.
2) Octactinia.
. NXenien.
b. Pennatulinen.
ce. Alcyonien.
d. Gorgonien.
e. Isideen.
f. Tubiporen.
3) Lithophyten.
a. Dodecactinia.
« Milleporinen. I
$ Madreporinen.
b. Polyaetinia.
« Asträaden oder Dädalinen,
$ Oculinen.
y Funginen.
4) Holosarca.
a. Zoanthinen.
b. Aktiniaden.
c. Cerianthiden: llianthus, Cerianthus, Edwardsia.
d. Minyaden.
e. Lucernarien.
eu
Geschichte, - III. Periode. 63
Betrachten wir die Unterabteilungen der Holosarca näher, so finden
wir, dass Burmeister, wie einige Jahre vorher Milne-Edwards (p. 77),
die Cerianthiden eine besondere Gruppe bilden lässt. Dabei ist jedoch
zu bemerken, dass die Cerianthiden Burmeisters nicht denen von Milne-
Edwards entsprechen, denn die ersteren schliessen auch die Genera
Iiianthus und Edwardsia ein und werden als fusslose Aktinien charakteri-
siert. Was Lucernaria betrifft, so schliesst sich Burmeister an jene
Forscher an, die in dieser Form einen Verwandten der Medusen sehen;
ihre Stellung unter den Anthozoen betrachtet Burmeister also nur als
provisorisch.
Einige Jahre nach dem Erscheinen der Systeme von van der Hoeven und
Burmeister veröffentlichte J. R. &reene in zwei in den Proe. Dublin Zool.
and Bot. Association, Vol. 1, und in Nat. hist. Review, Vol. VI, Proc. Soc.
1859 gedruckten Abhandlungen ein System der Cölenteraten, das in dem
zwei Jahre später erschienenen „Manual of the subkingdom Coelenterata‘
1861 reproduziert wurde. In der zweiten Abteilung der Cölenteraten,
den Aktinozoen, finden wir unsere Blumentiere, aber nicht mit den Hydro-
iden, sondern nach dem Vorgang von T. H. Huxiey mit den Ktenophoren ver-
einigt. Dieser Forscher hatte nämlich im Report Brit. Assoc. for, 1851,
Not., p. 50, und in seinen „Leetures on General Natural History‘ (Medie.
Times and Gazette, Vol. XII u. XIII, 1856) die Anthozoen und die Kteno-
phoren wegen des Vorkommens eines eingestülpten Magensackes und
innerer Geschlechtsorgane bei beiden zu einer Gruppe Oeccioa oder
Actinozoa zusammengestellt. Während aber Huxley die Anthozoen und die
Ktenophoren als distinkte Ordnungen unterscheidet, teilt Greene
die Anthozoen in drei Gruppen, Zoantharia, Fugosa und Aleyonaria,
denen er denselben systematischen Wert wie den Ktenophoren beilegt.
Der Grund dieser Anordnung liegt zum Teil darin, dass Greene die
Aktinozoen in erster Linie nach der Symmetrie gruppierte. Er unter-
scheidet nämlich Aktinozoen, deren
A. Parts of the body in number some multiple of five or six:
Order 1: Zoantharia.
B. Parts of the body in number some multiple of four:
Order 2: Rugosa.
Order 3: Aleyonaria.
Order 4: Ütenophora.
Obgleich wir die Greenesche Klassifikation als verfehlt betrachten
müssen, ist sie doch von einem gewissen Interesse, weil hier zum erstenmal
die Rugosen von den Zoantharien abgeschieden wurden,
“Noch im Jahre 1867 wurde eine Arbeit veröffentlicht, in der man
vergebens nach einer Abgrenzung der Anthozoen von den Hydroiden
sucht, obgleich verschiedene zu dieser Klasse gehörende Formen er-
wähnt werden. P. J. van Beneden publizierte nämlich in jenem Jahre
seine „Recherches sur la faune littorale de Belgique“ (Mem. Acad. R.
64 Anthozoa.
Bruxelles, 36, 1367), in welcher Schrift die COtenophores, Siphonophores,
Discophores, Lucernaires, Tubularides, Campanularides, Sertularides, Zoan-
thaires, Gorgonaires, Aleyonaires und Spongiaires als gleichwertige Unter-
abteilungen der Polypen betrachtet wurden. Auch in einer früher
erschienenen Arbeit (Zoologie medieale, Vol. 2, Paris 1859) des-
selben Forschers wurden die Zoantharien und Aleyonarien nicht zu einer
systematischen Einheit zusammengefasst. Van Beneden liess nämlich
damals die Polypen fünf Unterabteilungen, Ctenophores, Discophores,
Zoamthaires (Polyactinia), Ctenoceres (Octactinia) und Spongziaires, um-
fassen.
Wir kehren nunmehr zu den Forschern zurück, die in Farres Spuren
singen und die Anthozoen, wenn auch oft unter einer anderen Be-
nennung, als eine von den Hydroiden verschiedene Gruppe betrachteten.
Der erste, der die Blainvilleschen Zoantharia und Zoophytaria (Aleyonaria
Milne-Edwards’) zu einer Gruppe zusammenstellte, war J. E. Gray,
der in der Synopsis of the British Museum für das Jahr 1840, p. 71,
folgende Klassifikation der Zoophyten vorschlug. Wie wir sehen, meint
Gray mit seinen Zoophyten nichts anders als die Anthozoen in be-
schränktem Sinne, d. h. mit Ausschluss der Hydroiden.
Class Zoophyta.
Order 1: Zoantharia.
Fam. 1: Actiniadae. Hierher auch Lucernaria.
Fam. 2: Zoanthidae.
Fam. 3: Madreporidae.
Fam. 4: Poritidae.
Fam. 5: Pocilloporidae.
Fam. 6: Milleporidae.
Fam. 7: Distichoporidae.
Order 2: Zoophytaria.
Fam. 1: Cornulariadae.,
Fam. 2: Olavulariadae.
Fam. 3: Tubiporidae.
Fam. 4: Coralliadae.
Fam. 5: Antipathidae.
Fam. 6: Driareidae.
“Fam. 7: Lobulariadae.
Fam. 8: Zeniadae.
Fam. 9: Hyalonemidae.
Fam.10: Pennatulidae.
Fam.11: Umbellariadae.
Das Graysche System bezeichnet, wenn wir von der Gruppierung der
Zoantharia und Zoophytaria zu einer systematischen Einheit absehen,
Geschichte. III. Periode. 65
eher einen Rück- als einen Fortschritt im Vergleich zu den Klassi-
fikationen Ehrenbergs und Blainvilles, weil die verschiedenen Familien
Grays keineswegs denselben systematischen Wert hatten. Zwar wurden
die von Ehrenberg von den Anthozoen ausgeschlossenen Antipathiden
wieder in diese Gruppe einrangiert, aber an derselben Stelle wurden
den Blumentieren ganz fremde Elemente, und zwar die Glasschwämme, die
Hyalonemiden, wohl infolge der an diesen wachsenden Zoanthiden, die
als ein Teil der Schwämme angesehen wurden, in diese Tierklasse
einbezogen.
Dem von Grossbritannien ausgegangenen Vorschlag, die Hydroiden. von
den Anthozoen abzutrennen, wurde, wie man erwarten konnte, zuerst von
englischen und amerikanischen Forschern zugestimmt. So stellte Owen
in seinen „Leetures on the comparative anatomy and physiology of the
invertebrate animals“ (1543, p. 82) die Anthozoen und (die Hydrozoen, wie
er die Hydroiden nannte, als zwei gleichwertige Gruppen von Polypen
nebeneinander.
Während dieser Forscher die zu den Blumentieren gehörenden Formen
nieht näher systematisiert, tritt uns in dem Amerikaner J. V. Dana ein
Mann entgegen, der mit neuen und durchgreifenden Vorschlägen, die
Anthozoen einzuteilen, auftrat. Als Resultat seiner Studien an den von
der Wilkesschen Expedition heimgebraehten Zoophyten veröffentlichte er
nämlich 1846 ein System, das noch deutlicher als in der Klassifikation
von Farre den Gegensatz zwischen den Anthozoen und den Hydroiden
präzisierte, weil er die Öharaktere dieser Gruppen in der Hauptsache
dem Milne-Edwardsschen System entnahm.
Die alte Zoophyten-Gruppe wurde, wie oben gezeigt worden ist, zu ver-
schiedenen Zeiten von den Forschern bald in weiterem, bald in engerem
Sinne gefasst. Noch eine Zeitlang figurierte der Name in den zoologischen
Systemen, bis er allmählich durch die Leuekartschen Cölenteraten er-
setzt wurde. Dama gehört zu den wenigen, die nach der Aufstellung des
Anthozoentypus den Namen Zoophyta brauchten, dem er denselben Umfang
wie den Ehrenbergschen Anthozoen gab. Die Zoophyten Danas wurden
folgendermassen eingeteilt (United States exploring Expedition during
the years 13839 —1843 under the command of Ch. Wilkes, VII, Zoophytes,
1546; Recherches sur les polypes, Ann. Sc. Nat. 5, 1846, p. 243-247):
l. Ordn.: Actinoidea.
1. Subord.: Actinaria.
1. Trib.: Astraeacea. }
1. Fam.: Actinidae, zu denen auch Lucernaria ge-
rechnet wurde.
. 2. Fam.: Astraeidae.
3. Fam.: Fungidae.
2. Trib.: Caryophyllacea.
1. Fam.: Oyathophyllidae.
2. Fam.: Caryophyllidae.
3ronn, Klassen des Tier-Reichs. II. 2. 5
66 Anthozoa.
3. Fam.: Gemmiporidae.
4. Fam.: Zoanthidae.
3. Trib.: Madreporacea.
1. Fam.: Madreporidae.
2. Fam.: Favositidae, Alveoporinae, Favositinae, Helio-
porinae mit Millepora.
3. Fam.: Poritidae.
4. Trib.: Antipathacea.
Fam. Antipathidae.
2. Subord. Aleyonaria.
1. Fam.: Pennatulidae.
2. Fam.: Aleyonidae.
3. Fam.: Cornularidae.
4. Fam.: Tubiporidae. Hierher auch Aulopora und
Syringopora.
5. Fam.: Gorgonidae.
2. Ordn.: Hydroidea.
Den Actinoidea entsprechen also unsere gegenwärtigen Anthozoen,
den Actinaria die Blainvilleschen und die Milne-Edwardsschen Zoan-
tharia.
Danas System der Zoophyten bietet bei näherer Untersuchung ver-
schiedenes Neues. Besonders wertvoll ist die Begrenzung des Genus”
Antipathes und der mit diesem verwandten Formen zu einer Gruppe
Antipathacea, die von den Gorgoniden, ja überhaupt von den Aleyonarien
abgetrennt wurde; minder gelungen — was indessen erst neuere Unter-
suchungen gezeigt haben — ist der Versuch, die Antipathaceen mit den
Aktiniarien und Madreporarien zusammenzustellen. Von verschiedenen
Seiten rechnet man Dana auch als Verdienst an, dass er die Idee Olivis
(Zoologia adriatica, Bassano 1792) verfolgte, indem er-bei der Einteilung
seiner Aktiniarien wenig Rücksicht auf das Vorhandensein oder die
Abwesenheit eines Skelettes nahm, wodurch die natürliche Verwandtschaft
der verschiedenen Familien mehr zu ihrem Recht kam. Obgleich das
Aufnehmen dieser Idee — die übrigens Ehrenberg selbst nicht so fremd ,
war, weil er die skelettlosen Actinina und die skeletttragenden Fungina
zu dem Tribus Zoocorallia Polyactinia stellte — für die Entwiekelung
des Anthozoensystems sehr wertvoll war, fiel die Anwendung derselben
auf die Klassifikation nicht so glücklich aus. Danas Einteilung der
Aktinarien in Astraeacea, Caryophyllacca und Madreporacea bezeichnet
meiner Meinung nach auch einen Rückschritt im Verhältnis zu dem
Blainvilleschen Klassifizierungsversuche. Denn obgleich es sich nicht
leugnen lässt, dass die Aktinien in beschränktem Sinne und die Madre-
porarien diejenigen Anthozoengruppen sind, die am nächsten miteinander
verwandt sind und nach demselben Mesenterientypus gebaut sind — beide
also eine morphologische Einheit bilden, was wohl wert ist, zum syste-
ner Naräig
EEE
Geschiehte. III. Periode. 67
matischen Ausdruck gebracht zu werden —, so hat es sich bisher in keiner
Weise gezeigt, dass einzelne Madreporarien- und Aktiniariengruppen näher
zusammengehören, was Dana für wahrscheinlich hielt (possibly we may
find among them |the fleshy Actiniae| representations of all the several
tribes, p. 109). Weder sind die Aktiniden, die Dana vorläufig zu dem
Tribus Astraeacea stellt, näher mit den Asträiden, und Fungiden, als mit
den Karyophylliden und Madreporiden verwandt, noch stehen die Zoan-
thiden, deren nächste Verwandte Dana in den Gemmiporiden sieht, in
näherer Beziehung zu den Karyophylliden, als zu den Asträiden und
Madreporiden. Übrigens scheint es klar, dass eine Einteilung, .die
auf solehe Hauptmerkmale wie die wechselnde Stelle der geschlechts-
losen Fortpflanzung — bei den Astraeacea Knospung von der
Mundscheibenregion (gemmatione superiore polypis superne lateraliter
prolatantibus), bei den Caryophyllacea Knospung von der Fussscheibe
oder, seltener, von den Seiten (gemmatione inferiore, gemmis laterali-
bus raro sursum crescentibus polypis superne non prolatantibus) und
bei den Madreporacea von den Seiten (gemmatione lateraliM) — ein
künstliches System darstellt. Welchen Vorzug bietet da nicht in der
Tat die Blainvillesche Klassifikation der _Anthozoen mit ihren drei
distinkten Gruppen, den Zoanthaires mous, d. h. den eigentlichen Akti-
nien, den Zoanthaires coriaces, den Zoanthiden, und den Zoanthaures
calcaires, den Madreporarien, vor der Danaschen Gruppenzusammen-
stellung Astraeacea, Caryophyllacea und Madreporaceca, obgleich sich das
erstere System hauptsächlich auf dem Vorhandensein oder dem Fehlen
eines Skelettes aufbaute.
Trotz der Schwäche, die Dana bei der Durchführung seiner Ideen
für die Klassifikation zeigte, ist es wahrscheinlich, dass die Steine
seines systematischen Gebäudes anders und solider zusammengefügt
worden wären, hätte Dana eine eingehendere Kenntnis des Baues
der Anthozoen gehabt, die ihm fehlte, und was er selbst bedauerte. Besser
sind die Anthozoen in einer fast 50 Jahre nach der Aufstellung
des ersteren Systems erschienenen Klassifikation angeordnet. Auch hier
erkennt man dieselbe Idee als Teil der Grundlage zur Systematik, ob-
gleich die Einteilung in Tribus wesentlich von der Verrillschen Anord-
nung der Anthozoen beeinflusst ist. Die Polypen, wie Dana nunmehr
die Anthozoen nannte (Corals and Coral islands, Edit. 3, Neuyork 1590),
werden folgendermassen gruppiert: 2
Polyps.
- I. Actinoid polyps.
a. Species without internal coral secretions. Actinaria Verr.
1. Tribus: Actinacea.
2. Tribus: Zoanthacea.
5. Tribus: Antipathacea.
63 Anthozoa.
b. Polyps having internal calcareous. secretions. Madre-
poraria Verr.
1. Tribus: Astraeacea.
2. Tribus: Fungiacea.
3. Tribus: Oculinacea.
4. Tribus: Madreporacea.
ll. Oyathophyllid polyps. Rugosa, Tetracorallia.
III. Aleyonid Polyps.
1. Tribus: Aleyonacea.
2. Tribus: Gorgonacea.
3, Tribus: Pennatulacea.
Danas Einteilung der Actinoidea (Anthozoen) wurde von dem Eng-
länder Gosse in seine „Actinologia Britannica“ (1858—1360) auf-
genommen und weiterentwickelt. Jedoch behandelt er hier nur die
Aktinarien (Zoantharien) und nimmt hauptsächlich Rücksicht auf die
britischen Repräsentanten dieser Tiere. Verschiedene Aktinienfamilien,
unter denen die Familie Ilyanthidae mit Cerianthus und Arachnactis,
wurden, wie bei Dana, zu dem Tribus Astraeacea gestellt, während
wieder andere, und zwar Vertreter einiger stichodaktyliner Aktiniarien,
der Gattungen Capnea, Aureliana und Corynactis, zusammen mit den
Zoanthiden und verschiedenen Madreporarienfamilien dem Tribus Caryo-
phyllacea zugerechnet wurden. Es waren also nunmehr — aber mit
Unrecht — die eigentlichen Aktinien auf verschiedene Korallentribus
verteilt, wie es Dana sich gedacht hatte. Dass Gosse kritiklos der
Danaschen Einteilung der Aktiniarien folgte, ist um so. merkwürdiger,
als er sich immer, und oft mit gutem Erfolg, bemühte, die Verwandtschaft
der verschiedenen Gattungen zueinander anzugeben, ein Weg, den
Dana schon betreten hatte, indem er versuchte (]. e., p. 110—111), die
Übergänge zwischen den verschiedenen Tribus und Gattungen seiner
Actinaria festzustellen. Nur einen Vorzug hatte Gosses Einteilung vor der
von Dana voraus, und zwar den, dass Lucernaria, die er in einer früheren
Arbeit (A manual of marine zoology for the British Isles, Part1, 1855, p. 31)
als eine Anthozoe betrachtete und zu einer besonderen Familie, nebenbei
den Aktiniaden, stellte, nunmehr nach dem Vorschlag von Huxley aus
dieser Tierklasse ausgeschieden wurde.
Von gar keiner Bedeutung für die Entwiekelung des Anthozoen-
systems war eine von Duvernoy (Cours d’histoire naturelle des corps
organises, Revue zoologique 1846, p. S1) vorgeschlagene Klassifikation
der Polypen. Diese wurden in drei Ordnungen: 1) Polypes cellulaires ou
ascidiens, 2) Polypes tubularres, d. h. die Hydroiden, und 3) Polypes acti-
noides, geteilt. Die letzteren, unsere gegenwärtigen Anthozoen, umfassten
sieben Familien: Les Actiniens, les Tubeporiens, les Madreporiens, les
Corauz, les Pennatuliens, les Aleyonides und les Alcyons.
EEE
Geschichte. III. Periode. 69
Bemerkenswerter ist dagegen eine Einteilung der Anthozoen in
einer Arbeit von Karl Vogt (Zoologische Briefe. Naturgeschichte der
lebenden und untergegangenen Tiere, Bd. 1, 1851, p. 118—125), der die
Polypen, wie er die Anthozoen nannte, in drei Ordnungen, Hexactinia,
Pentactinia und Oectaetinia, gruppierte. Auf die erste waren unsere
gegenwärtigen Madreporarien und die Antipathiden verteilt, während die
Pentactinia die Aktinien in weiterem Sinne und die Oectactinia die
Familien der Aleyonarien und die Lucernarien einschlossen. Die nähere
Anordnung des Systemes war folgende:
Polypi'.
Ord. 1: Hexactinra.
Fam. Madreporida.
Fam. Cyathophyllida.
| pny
Fam. Turbinolida.
Fam. Astreida.
Fam. Fungida.
Fam. Oeulinida.
Fam. Antipathida. -
Ord. 2: Pentactinia.
Fam. Zoanthida.
Fam. Actinida.
Fam. Edwardsida.
Ord. 3: Octactinia.
Fam. Tubiporida.
Fam. Aleyonida.
Fam. Gorgonida.
Fam. Pennatulida.
Fam. Lucernarrda.
Nehmen wir Vogts System näher in Augenschein, so bemerken wir
auf den ersten Blick, dass sich Vogt bei der Aufstellung desselben im
Gegensatz zu vielen anderen Forschern bemüht hat, in erster Linie die
Strahlen konsequent als Einteilungsmoment zu benutzen. War die Idee
an und für sich gut, so fiel indessen ihre Anwendung auf die
Klassifikation infolge der mangelhaften anatomischen Kenntnis, die man
damals noch von gewissen Anthozoen hatte, nicht so glücklich aus. Die
Zusammenstellung der Ehrenbergschen zwölfstrahligen Dodecactinia
und der vielstrahligen Polyaetinia zu einer kleineren Einheit, den sechs-
strahligen Hexactinia, war zweifellos eine Verbesserung des Systems,
wie auch die den Korallen gegebene Benennung Hexactinia nach der
damaligen Kenntnis dieser Formen wohl begründet war; wenn Vogt
aber glaubte, dass alle Seeanemonen fünfstrahlig gebaut seien, so irrte er sich
bedenklich. Die Behauptung, dass die Aktinien „fünfstrahlige Polypen‘
seien, deren meist zahlreiche Fühler sich von der Fünfzahl herleiteten, ein
70 Anthozoa.
Verhältnis, das namentlich im Jugendzustande, wo die Zahl der Fühler noch
gering ist, deutlich hervortrete (1. c., p. 121), zeigt unzweideutig, dass
Vogt vom Baue der weichen Anthozoen gar keine Kenntnis hatte und
sein System nur auf den Beobachtungen anderer Forscher aufbaute. Zu
diesen Forschern gehörte wohl vor allen anderen Hollard, dessen leicht
zugängliche Arbeit über die Anatomie von Actinia senilis (Urtieina)
(1551) ohne Zweifel die Quelle gewesen ist, aus der Vogt geschöpft hat.
Die bei dieser Art von Hollard gefundene Fünfzahl in der Anordnung
der Tentakel und Kammern hat Vogt sicherlich als typisch für alle Akti-
nien angesehen.
Betrachten wir die Vogtsche Ordnung Pentactinia näher, so finden
wir, dass sie eine Familie Ediwardsida enthält, die mit denen der Zoanthida
und Aectinida als gleichwertig hingestellt wird. Das Vorhandensein von
20 Tentakeln hat dieser Gruppe den Platz unter den Pentaktinien ge-
geben, das Vorkommen von nur acht Scheidewänden muss, meinte V ost,
ihr eine besondere Stellung verschaffen. Somit treten zum erstenmal die
Edwardsida als eine von den übrigen Aktinien abgegrenzte Familie von
höherem systematischem Wert hervor. Dies ist von besonderem Interesse,
weil, wie wir später sehen werden, die Edwardsiden in vielen der
neuesten Klassifikationen der Blumentiere eine zentrale Stellung ein-
nehmen. Es dauerte indessen 20 Jahre, bis die Stellung der Edwardsiden
näher besprochen wurde, und zwar von Allman (On the structure of
Kdwardsia, Quart. Journ. Mier. Sc. 12, 1872, p. 394—395), der betont,
dass Edwardsia, „presenting a very distinet type of actinozoan structure,
oeeupies an -intermediate position between that of zoantharian and aleyo-
narian polyps‘‘ — eine Meinung, die schon der Entdecker des Genus
Edwardsia, Quatrefages (Ann. d. Se. Nat., Zool. [2] 13, 1842, p. 105)
ausgesprochen hatte, indem er infolge der bei Edwardsia auftretenden
Achtzahl der Mesenterien dieses Genus als eine Übergangsform zwischen
den Alcyonarien und den Aktinien betrachtete. Allman vergleicht
übrigens die Fächer der Edwardsia mit denen der ausgestorbenen Rugosen
und kommt zu dem Resultat, dass die Edwardsia in gewisser Hinsicht
als ein noch lebender skelettloser Repräsentant dieser erloschenen Tier-,
gruppe anzusehen ist.
Vogts System wurde 1859 von @egenbaur in seinen „Grundzügen
der vergleichenden Anatomie“ (p. 68) benutzt. Statt Anthozoa gebraucht er
jedoch die Benennung Polypi. Die Ordnungen sind dieselben, die Vogt
aufführte. Als Hexaktinzen werden Madrepora, Seriatopora- — Caryophyllia,
Turbinolia — Astraca und Maeandrina aufgezählt, als Pentaktinien Acti-
nia, Cribrina, Edwardsia, Cerianthus, als Oktaktinien Tubipora, Isis,
(rorgonia, Alcyonium — Pennatula, Veretillum, Virgularia — Lucernaria
angeführt.
D
Die Unbekanntschaft des hervorragenden Anatomen mit den wich-
tigsten Formen der Anthozoen tritt in dieser Einteilung, wie auch
Geschichte. III. Periode. 71
in dem Auslassen so wichtiger Typen wie der Zoanthiden und der
Antipathiden in dem System deutlich hervor.
Wie viele andere Forscher, die die Blumentiere nicht eingehender
studiert hatten, gab Gegenbaur in den verschiedenen Auflagen
seiner Lehrbücher dem Anthozoensystem eine wechselnde (Gestalt. So
gebraucht er in der zweiten Auflage seiner „Grundzüge der vergleichenden
Anatomie“ (1870) die Ehrenbergschen Bezeichnungen. Unter den mit der
Grundzahl 4 oder 6 versehenen Polyactinia werden als stockbildende die
Antipathiden, Okuliniden, Asträiden und Fungiden, als skelettlose die
Cerianthiden und Aktiniden aufgezählt, während die mit der Grund-
zahl 8 ausgestatteten Octactinia in die Tubiporiden, (Gorgoniden, Alcyo-
niden und Pennatuliden eingeteilt wurden. In der ersten Auflage des
„Grundrisses der vergleichenden Anatomie“ (1374) verändert Gegenbaur
seine Einteilung noch einmal, indem er sich mehr an das Haeckelsche
System anschliesst. Er unterscheidet nämlich drei Gruppen der Antho-
zoen: Tetractinia, Hexactinia und Octactinia.
Näher an das Ehrenbergsche System schliessen sich der eifrige Ver-
teidiger des Cuvierschen Radiatentypus, L. Agassiz (Agassiz, Gould
und Perty, Die Zoologie, T. 2, deutsch #855), wie auch Leuekart an
(Nachträge zu dem Handbuch der Zoologie von J.van derHoeven, 1856),
die die Blumentiere in zwei Ordnungen, Polyaclinia und Octactinia,
gruppieren. Agassiz ordnete die Anthozoen folgendermassen (p. 549
bis 554):
Anthozoa.
1. Ordn.: Polyactinia.
1. Fam.: Actinina. Hierher auch Lucernaria.
2. Fam.: Zoanthina.
3. Fam.: Fungina.
4. Fam.: Madreporina.
2. Ordn : Octactinia.
1. Fam : Tubiporina.
2. Fam.: Isidea. Hierher Gorgonia und Antipathes.
3. Fam.: Pennatulina.
4. Fam.: Haleyonida.
Leucekart, der keine detaillierte Einteilung der Anthozoen gab,
nahm bei seiner Charakteristik der Ordnungen nicht nur Rücksicht auf das
Aussehen und die Anordnung der Tentakel, sondern auch auf den Bau
des Polypariums (p. 23—24). Die Diagnosen der Gruppen waren nämlich:
Phalanx 1: Octactinia. Polypi aggregati, tentaculis octo pinnatis
praediti. Polyparium, si adest, crateriforme.
“ Phalanx 2: Polyaetinia. Polypi tentaeulis duodeeim aut pluribus
non pinnatis, simplices aut aggregati. Polyparium, si adest, stellatum,
lamellosum.
Die Systematisierungsversuche während der zehn Jahre, die nach
dem Erscheinen des Systems von Dana verflossen, waren, mit Ausnahme
12 Anthozoa.
jener, die Milne-Edwards und Haime zusammen veröffentlichten,
und die der erstere später zu einem die ganze Anthozoengruppe um-
fassenden System zusammenfasste, für die Gruppierung der grösseren
Anthozoenabteilungen von nur geringer Bedeutung. Die Beschränkung der
Anthozoen auf den Begriff der heutigen Blumentiere mit Ausschluss der
Hydroiden wurde indessen während dieser Zeit von einer Reihe Zoologen
anerkannt, wie auch die Benennung Anthozoa eine Zeitlang all-
gemeiner gebraucht wurde, so nicht nur von den erwähnten Forschern,
sondern auch in Deutschland von V. Carus in seinem „System der
tierischen Morphologie“ (Leipzig 1853, p. 35—36) und in „Ieones zooto-
micae“ (Leipzig 1857, p. 1) und von Kölliker in seiner „Monographie
der Sehwimmpolypen von Messina“ (Leipzig 1853, p. 77), in England von
E. Forbes 1848 in seinem „Monograph of the British naked-eyed Medusae“
(p. 55) von T. H. Huxley 1851 und 1856 (Rep. Brit. Assoc. for 1851,
Not., p. 79, und in Medic. Times and Gazette, Vol. XII u. XIII, 1856),
und von Rymer Jones (Todd’s Cyel. of Anat. and Phys., Vol. 4, 1852,
p- 19). In dem Polypensystem des letzteren Verfassers findet man das
(renus Tubipora zusammen mit den Sertularinen und Tubularinen in einer
mit den Anthozoen gleichwertigen Gruppe Aulozoa. Keiner der erwähnten
Forscher hat indessen die Klassifikation der Anthozoen eingehender be-
handelt. Die Anthozoen teilt Jones jedoch in 7 Familien, Alcyonidae,
Corallidae, Madreporidae, Madrephyllidae, Zoanthidae, Aectiniadae und
Pennatulidae.
Fruchtbringender waren dagegen (die Klassifikationen, die einige
Forscher während dieser Zeit in der Absicht aufstellten, die Anthozoen
und verwandte Formen zu einer Einheit zusammenzufassen. Ohne in
Einzelheiten einzugehen (über solche siehe Chun, Coelenterata, All-
gemeiner Teil), wollen wir hier nur an den erfolgreichen Vorschlag von
Leuckart, die Akalephen und die Polypen, d. h. die Anthozoen und
die Calycozoa, wie Leuckart die Lucernarien nannte, wegen des Vor-
kommens eines Gastrovaskularapparates zu einer Gruppe, den Cölenteraten,
zusammenzustellen, erinnern. Zwar hatten Cuvier und Blainville auf die
Verwandtschaft der erwähnten Formen hingewiesen, aber es war zuerst
Leuckart, der 1847 die Zusammengehörigkeit dieser Tiere in einer’
gemeinschaftlich mit Frey veröffentlichten Schrift „Beiträge zur
Kenntnis der wirbellosen Tiere‘ (p. 37—38) betonte, eine Idee,
die er im folgenden Jahr noch weiter entwickelte, gleichzeitig als er in
den Cölenteratenkreis noch die Ktenophoren und die Siphonophoren
einbezog (Über die Morphologie und Verwandtschaftsverhältnisse der
wirbellosen Tiere, Braunschweig 1348). Durch Leuckarts Aufstellung
des Cölenteratentypus, der binnen kurzem von verschiedenen Seiten an-
erkannt wurde, wurde die Stellung der Anthozoen in dem Tierkreise näher
bestimmt und die Verwandtschaftsbeziehungen dieser Tiergruppe
klarer gemacht; vor allem wurden die Bryozoen, die noch in einigen
Systemen als Polypen figurierten, fast für ewig aus der Nähe der Antho-
Geschiehte. III. Periode. Me
©
zoen verbannt (vergl. p. 83). Mit dem Jahre 1857 begann eine etwa
zehn Jahre umfassende Periode, während der in verschiedener Hinsicht die
Kenntnis unserer Tiere ansehnlich vermehrt wurde. Zahlreich waren
die Anthozoenformen, die von Milne-Edwards, Duchassaing und
Michelotti, Gosse, Verrill u. a. beschrieben wurden, wechselnd wie
niemals vorher hinsichtlich der Einteilung der Anthozoenklasse die Versuche,
die Blumentiere zu klassifizieren. Die Ehrenbergsche Benennung Antho-
zoa verschwand indessen wieder für mehrere Jahre aus dem Tierreich
und wurde durch andere Namen ersetzt. Vor allen trat der alte
Name Polypi in den Vordergrund. Mehrere Forscher, die vorher die Bezeich-
nung Anthozoen akzeptiert hatten, tauschten den Ehrenbergschen Namen
gegen Polypi aus. Dies war der Fall bei Agassiz, der in seiner be-
kannten Sehrift (Contribution to the Natural History of the United States,
Monog. 1, Vol. 1, 1357, p. 184) die Polypen in zwei Ordnungen, Actinoids
und Haleyonids, teilte, und Carus (Carus und Gerstäcker, Handbuch
der Zoologie, Bd. 2, 1863), Bronn (1860), Verrill (1864 und 1866)
u. a. folgten ihm. Ehe wir die Anthozoensysteme dieser Forscher
näher berücksichtigen, müssen wir erst eine Klassifikation der Blumen-
tiere ausführlicher behandeln, die bis in msere Zeit herein eine be-
deutende Rolle gespielt hat.
Zusammen mit seinem Schüler, dem leider zu frühe der Wissenschaft
entrissenen Haime,. hatte H. Milne-Edwards seit dem Jahre 1848 in
den Ann. des Se. natur. eine Reihe sehr wichtiger Untersuchungen über
rezente und fossile Korallen veröffentlicht. Gestützt auf diese und andere
Untersuchungen, die sie schon früher, jeder für sich allein, ausgeführt
hatten, bauten die erwähnten Forscher mit genauer Kenntnis der
Literatur ein System auf, das, im einzelnen und als Ganzes be-
trachtet, von keinem anderen, weder vorher, noch später erschienenen
System übertroffen worden ist. Diese sehr eingehende Klassifikation
legten die erwähnten Forscher zuerst in zwei grösseren Werken nieder
(A monograph of the British fossil corals, 5 Teile, 1850-1855; Mono-
graphie de polypiers fossiles des terrains palaeozoiques, Arch. du Mus.
«hist. nat., T. 5, 1851), später, nach dem Tod Haimes, wurden die
Resultate in dem für die Anthozoenkenntnis grundlegenden Werk
„Histoire naturelle des coralliaires ou polypes proprement dit“ (1857 — 1860)
von Milne-Edwards zusammengefasst. Weil keine der 1850 und 1851
erschienenen Klassifikationen die ganze Klasse ausführlich behandelt.
nehmen wir zuerst Milne-Edwards’ Korallensystem von 1857 — 1860
näher in Augenschein.
Coralliaires.
Sous-classe: Unzidaires.
Tentacules tubulaires, disposes en couronne et communiquant
librement avec la chambre viscerale.
74 Anthozoa.
l. Ordre: Aleyonaires (Aleyonaria). '
Tentacules pinnes d’une maniere tres-reguliere et invariable-
ment au nombre de huit.
Famille: Aleyonides.
Polypieroide adherent sans axe epithelique.
Sous-familles: Cornularinae.
Telestinae.
Aleyoninae.
Tubiporinae.
Famille: Gorgonides.
Polypieroide muni d’un axe epithelique come ou
ealeaire.
Sous-familles: (rorgonidae.
Isidinae.
Corallinae.
Famille: Pennatulides.
Polypieroide libre, creuse d’une cavite centrale qui
renferme presque toujours un axe forme par du tissu
epithelique.
2. Ordre: Zoanthaires (Zoantharia).
Tentaeules simples ou ramifies irregulierement et en
nombre croissant avec l’age (en general plus de douze).
Sous-ordre: Zoanthaires malacodermes ou Actiniaires.
Teguments communs conservent toujours leur molesse
primitive et ne se transforment jamais en un polypier
soit selerenehymateux, soit epithelique.
Famille: Actinidae.
Tentacules des differents cycles alternent entre eux
et correspondent chacun ä une loge perigastrique
partieuliere.
Sous-familles: Minyadinae.
Aectininae.
° A. vulgaires, verruqueuses, per-
fordes, pivotantes. o
Thalassianthinae.
Phyllactinae.
Zoanthinae.
Famille: Cerianthidae.
Tentacules sont disposes d’une maniere opposee sur
deux cercles concentriques et naissent ainsi au nombre
de deux sur chaque loge perigastrique.
Sous-ordre: Zoanthaires sclerobasiques ou Anti-
pathaires. ;
Selerenchyme ne se solidifie pas et constitue seulement
un tissu coriace parseme de spieules ou de filaments
Geschiehte. III. Periode. 75
mineraux &pars, mais donne naissance a un tissu selero-
basique qui se superpose par couche et forme une tige
solide dans laxe polypieroide, constitu& par le
eoenenchyme.
Sous-ordre: Zoanthaires selerodermes ou Madre-
poraires.
L’appareil tögumentaire se solidifie de maniere a donner
naissance A un polypier proprement dit.
Seetion: Madr&eporaires apores (Aporosa).
Chambre viseerale libre ou subdivisee transversale-
ment par des traverses irregulieres; appareil elois-
sonaire bien developpe, sclerenchyme compact.
Familles: Turbinolides, Dasmides, Oculinides, Stylo-
phorins, Echinoporines, Astreides, Meru-
L linacees, Fongides.
Section: Madreporaires perfores (Perforata).
Selerenehyme perfore. Im Übrigen wie Aporosa.
Familles: Madreporides, Poritides.
Seetion: Madr&eporaire$ tabuleux (Tabulosa).
Chambre viseerale libre ou subdivisee transversale-
ment par des traverses irregulieres, appareil
cloisonnaire rudimentaire.
Famille: Auloporides.
Section: Madreporaires tubules (Tubulata).
Chambre viscerale subdivisee en etages par des
planchers, appareil eloisonnaire rudimentaire et
appartenant au type hexameral.
Familles: Mileporides, Seriatoporides, Favositides,
3 Theeides.
Section: Madr&eporaires rugeux (Rugosa).
Chambre viscerale subdivisee en etages par des
planchers, appareil cloisonnaire bien developpe et
appartenant au type tetrameral.
Familles: Stawrides, Oyathawonides, Oyathophyllides,
Oystiphyllides.
Sous-elasse: Podactiniaires.
Tentacules non tubulaires, disposes* par groupes isoles et ne
communiquant pas librement avec la ehanıbre viscerale.
‚Die oben erwähnten 1850 und 1351 erschienenen, mehr präliminaren
Klassifikationen weichen in betreff der Anordnung sowohl der grösseren
Gruppen, als der Familien ein wenig von dem definitiven System Milne-
Edwards’ ab. So wurde in der Monographie der britischen Korallen,
die auf die Fleischpolypen keine Rücksicht nahm, die Unterklasse
Oorallaria in drei Ordnungen, Zoantharia, Aleyonaria und Podactiniaria,
76 Anthozoa.
gruppiert. Die erste Ordnung wurde in fünf Sektionen: Zoantharia
aporosa, Z. perforata, Z. tabulata, Z. rugosa und Z. cauliculata, d. h. die
Antipathiden, eingeteilt, während die Familien der Aleyonaria in ähn-
licher Weise wie in dem System von 1857 gruppiert wurden. In dem
System von 1851 sind nur die Zoantharien näher behandelt. Von diesen
werden sechs Sektionen erwähnt, und zwar die Z. malacodermata mit den
drei Familien: Actinzdae, Cerianthidae und Minyadıdae, Z. aporosa,
Z. perforata, Z. tabulata, Z. tubulosa und Z. rugosa. Die skeletttragenden
Zoantharien wurden also in dem spätern System um eine Sektion ver-
mehrt. Aus dem Genus Aulopora, das in dem System von 1850 in der
Unterfamilie Cornularinae unter die Aleyoniden gerechnet wurde, bildete
nämlich Milne-Edwards 1851 die Sektion Tubulosa.
Die Verschiedenheiten in den Klassifikationen von 1850 —18S51 und
der von 1857 bestanden also hauptsächlich darin, dass die Anthozoen
in den ersten Systemen nicht als eine Einheit den Podaktiniarien (Lucer-
narien) gegenübergestellt wurden. Ebenso wurden in den früheren Systemen
die verschiedenen Zoanthariengruppen nicht zu den drei grösseren Unter-
ordnungen Actiniaria, Madreporaria und Antipatharia zusammengefasst.
Während Milne-Edwards und Haime die Unterklasse Corallaria
erst zu der Polypenklasse rechneten, stimmten sie 1857 den Ideen Leuckarts
in betreff der Gruppierung: der Cölenteraten in der Hauptsache bei, ob-
gleich sie zum Teil andere Benennungen der Unterabteilungen benutzten.
Die Hohltiere wurden nämlich von Milne-Edwards in Acalephes und
Coralliaires eingeteilt, von denen die letzteren den Polypen Leuckarts
entsprachen. Die Anthozoa und die Calycozoa in Leuckarts Polypen-
system hatten auch ihre Gegenstücke in dem Milne-Edwardsschen.
Statt der Anthozoa braucht jedoch Milne-Edwards den von der
Aristotelischen Benennung der Seenesseln „Unidae“ abgeleiteten Namen
Cnidaria, während er Leuckarts Calycozoa durch Podactinaria ersetzt.
Betrachten wir das von Milne-Edwards und Haime 1857 aufge-
stellte System näher, so finden wir, dass die erwähnten Forscher zur
Begrenzung der Hauptabteilungen der Ordnungen Aleyonaria und Zoan-
tharia nur das verschiedene Aussehen und die Anordnung der Tentakel be-
nutzten, Charaktere, die Milne-Edwards vorher (p.55) zur Unterscheidung
dieser Gruppen gebraucht hatte. In zweiter Linie, und zwar wenn es
galt, die Unterordnungen sowohl der Aleyonarien, als der Zoantharien zu
diagnostizieren, wurde das Fehlen oder das Vorhandensein eines Skelettes
und die verschiedene Beschaffenheit der Skelettbildung berücksichtigt.
Die Kenntnis der weicheren Teile, ohne welche eine natürliche Syste-
matik nicht aufgestellt werden kann, war noch immer zu unvollständig,
um als Grundlage einer Klassifikation dienen zu können.
Wenn es auch einerseits infolge der eingehenden, während der letzten
zwei Dezennien angestellten Untersuchungen des Baues der weicheren
Teile heutzutage nicht möglich ist, die von Milne-Edwards und Haime
gegebene Klassifikation in verschiedenen und wesentlichen Punkten an-
Geschichte. III. Periode. Tizk
zuerkennen, so müssen wir andererseits doch zugeben, dass diese her-
vorragenden Forscher die Entwickelung des Anthozoensystems in
ausserordentlichem Masse gefördert haben. Was besonders verdient, her-
vorgehoben zu werden, ist die Menge der von ihnen aufgestellten Genera
und Familien, besonders der skelettbildenden Anthozoen. Durchgreifend
waren die Veränderungen, die die Madreporarien in betreff der Klassi-
fikation unter ihren Händen erfuhren. Eine Menge Familien und einige
der grösseren Abteilungen, und zwar die Aporosen, Perforaten und
die Rugosen, wurden binnen kurzem allgemein anerkannt. Schlimmer ist
es dagegen mit den Tubulosen und Tabulaten gegangen, deren Reprä-
sentanten nach und nach zu anderen Abteilungen der Anthozoen ge-
stellt oder ganz aus dieser Tierklasse ausgeschieden wurden, eine Um-
gruppierung, die schon während der Veröffentlichung des Milne-Edwards-
Haimeschen Systems begann. Im Jahre 1859 zeigte nämlich L. Agassiz
in einem Aufsatz „Les animaux des Millepores sont des Acalephes hydro-
ides et non des Polypes“ (Bibl. univers. de Geneve, Arch. de Seiene. 1359,
T. 5, p. 80), dass der Bau der Milleporiden nieht mit dem der Antho-
zoen, sondern mit dem der Hydroidpolvpen übereinstimmte, ja er äusserte
die Meinung (Contributions to the naturgl history of the United
States of America, Monog. 2, Vol. 3, 1860, p. 144), dass alle Selero-
dermata tabulata, rugosa und tubulosa nicht den Korallentieren angehören
könnten, sondern verkalkte Medusen seien, Ansichten, die, wie wir später
sehen werden, von anderen Forschern wesentlich modifiziert wurden.
Auch für die Entwickelung des Systems jener Korallentiere, die
man oft noch heute mit Unrecht zu der Gruppe der Aktiniarien oder
Malakodermen zusammenstellt, war die Milne-Edwards-Haimesche
Klassifikation bedeutungsvoll. Als das schönste Resultat müssen wir die
Abscheidung der Gattung Cerianthus von den übrigen Aktinien in einer
Familie Cerianthidae ansehen. Hiermit war nämlich der erste Schritt
zu einer vollständigen Trennung der Cerianthiden von den Aktinien
getan. Jedoch muss betont werden, dass die Merkmale, wodurch
die Aktiniden und die Cerianthiden voneinander unterschieden wurden,
und zwar die verschiedene Anordnung der Tentakel — bei den Aktiniden
eine, bei den Cerianthiden zwei zu jedem Fach — von untergeordneter
Bedeutung waren. Neuere Untersuchungen haben nämlich gezeigt, dass
sich auch unter den eigentlichen Aktinien Formen finden, von deren
Fächern sich zwei oder mehrere Tentakel ausgestülpt haben. Bei der
Einteilung der Aktiniden taten Milne-Edwards und Haime auch mehr-
mals glückliche Griffe, obgleich ihr System dieser Gruppe gegenwärtig nicht
mehr aufrecht erhalten werden kann. Bei der systematischen Gruppierung
der Zoanthiden taten Milne-Edwards und Haime jedoch einen Schritt
zurück; denn während Blainville für diese eine mit den eigentlichen
Aktinien gleichwertige Familie bildete, stellten Milne-Edwards und
Haime sie zu den Aktiniden, welche Anordnung für lange Zeit die
Stellung der Zoanthiden in dem Anthozoensystem verschob. Gleich-
78 Anthozoa.,
wohl täten wir diesen späteren Forschern unrecht, wenn wir nicht er-
wähnten, dass die Zoanthiden in ihrem System wegen der Einlagerung
fremder Partikelehen in Form von Sand und Skleriden in dem Körper
den eigentlichen Aktinien gewissermassen gegenübergestellt wurden.
Interessant ist es auch, dass die von Dana hervorgehobene
Bedeutungslosigkeit des Vorhandenseins oder der Abwesenheit eines
Skelettes bei den Zoantharien und die Verwandtschaft der einzelnen
Malakodermen- und Sklerodermengruppen nicht von Haime abgelehnt
wurden, obgleich er einsah, dass die Einteilung der Zoantharia in Mala-
codermata und Selerodermata die beste war, bevor die Kenntnis der
Zoantharien wesentlich erweitert wurde. Haime sagt nämlich in seinem
„Memoire sur le Cerianthe, Cerianthus membranaceus‘“ (Ann. Se. nat. 1854,
p- 385): „Je ne veux pas entendre par la que les Cerianthes soient plus
voisins des Zaphrentis ou des Oyathophyllum que des Actinides. Je crois
seulement qu’ils representent dans le sous-ordre des Malacodermes le
eroupe forme par les Cyathophyllides dans le sous-ordre des Selerodermes.
Il serait tres possible, a la verite, que la distinetion, basee sur la nature
des teguments, dont on se sert aujourd’hui pour former ces deux divi-
sions prineipales dans l’ordre des Zoanthaires, n’eüt reellement pas toute
l’importance qu’on lui attribue; mais dans l’etat actuel de nos con-
naissances, cette classification parait preferable a toute autre.“
Was die Aleyonarien anbelangt, so trifft man in Milne-Ed wards”
System dieselben Familien wie bei Blainville, nur mit dem Unterschied,
dass die Blainvillesche Familie Tubiporidae unter den Aleyoniden
untergebracht wurde.
Milne-Edwards’ Einteilung seiner „Unidaria“ hat für längere Zeit
bleibende Spuren in dem Anthozoensystem hinterlassen, auch wenn viele
Systematiker bei der Klassifikation unserer Tiergruppe ihren eigenen
Weg gingen. Viele Forscher akzeptierten auch ganz oder zum grössten
Teil die Milne-Edwardssche Anordnung der Anthbozoen. Dies war der
Fall mit Carus (Carus und Gerstäcker, Handbuch der Zoologie, Bd. 2,
1563), jedoch wurden in dem Anthozoensystem dieses Forschers die Madre-
poraria rugosa und tabulata nicht aufgeführt. Auch Claus folgte Milne-
Edwards in seinen vielen Klassifikationen der Blumentiere. Zwar
gebrauchte er in der ersten Auflage der „Grundzüge der Zoologie‘ 1568
die Ehrenbergschen Bezeichnungen Octactinia und Polyactinia, aber in
der dritten und vierten Auflage, 1876 und 1880, wurden diese durch die
Milne-Edwardsschen Benennungen ersetzt und das Anthozoensystem
dieses Forschers in seinen Hauptzügen kopiert (vergl. p. 101).
Eine kleine Modifikation des Systems von Milne-Edwards begegnet
uns in einer von P. Duchassaing und J. Michelotti 1360 in ihrem
Memoire sur les Coralliaires des Antilles (Mem. R. Acad. Torino [2] 19,
1561) vorgeschlagenen Klassifikation. Diese Forscher wandten nämlich
die von Milne-Edwards zunächst für die Zoantharien aufgestellte Ein-
Geschichte. III. Periode. 79
teilung auf die Aleyonarien an, indem sie die Corallaria folgendermassen
anordneten:
1) Aleyonaires.
A. Aleyoniens malacodermes ou nus.
B. Alcyoniens selerobasiques.
a. (@rorgoniens.
b. Pennatulides.
Ö. Aleyoniens selerodermiques.
a. Cornulariens.
b. Tubiporiens.
2) Zoanthaires.
A. Zoanthaires malacodermes.
a. Fam. Actinidae.
Sect. 1: Actininae.
Sect. 2: Zoanthinae.
'b. Fam. Cerianthidae.
B. Zoanthaires selerobasiques.
C. Zoanthaires selerodermiques.
Diese gleichmässige Einteilung der Zogntharien und Aleyonarien
bietet bei näherer Betrachtung kaum Originelles, denn Milne-Edwards
hatte schon angedeutet (1857, p. 223), dass die drei Gruppen der Zoan-
tharien unter den Aleyonarien ihre Gegenstücke in den Alcyonien,
Gorgoniden und Tubiporiden hätten. Im Übrigen schliesst sich
Duchassaings und Michelottis System eng an das Milne-
Edwardssche an; nur in einem Fall weicht es von ihm ab, und zwar
darin, dass die Zoanthinen eine selbständigere Stellung den Aktinien
gegenüber bekommen haben.
Zur selben Zeit, als Milne-Edwards seine Naturgeschichte der
Korallentiere schrieb, hatte der schon erwähnte «ray eine neue Einteilung
der Aleyönarien vorgeschlagen (On the arrangement of Zoophytes with
pinnated tentacles; Ann. Mag. Nat. hist. IV, 1859, p. 439—444). Diese
Klassifikation übertrifft jedoch nur wenig die von Gray 1840 gegebene
(p. 64). Die alten Gruppen Lithophyta und Ceratophyta tauchen hier
wieder auf, die Antipathiden werden noch, wie früher von den älteren
Forschern mit den Gorgonien zusammengestellt, und, was noch schlimmer
ist, solch fremde Elemente wie Hyalonema werden fortwährend zu den
Anthozoen gerechnet. Obgleich Valenciennes — ein Forscher, der
unter allen Autoren den Anthozoen den geringsten Umfang gegeben
hat, indem er mit diesem Namen nur die Blainvilleschen und Milne-
Edwardsschen Zoantharia bezeichnete (Ann. nat. hist. |2] 16, 1855,
p- 177) — schon ausgesprochen hatte (vergl. Milne-Edwards 1857,
p- 324), dass das Genus Hyalonema eine Spongie sei, meinte Gray,
dass die in der Achse des Hyalonema liegenden Kieselnadeln und die
zoanthidenähnlichen Polypen (die in der Tat mit den Schwämmen sym-
biotisch lebende Zoanthiden sind) zusammen eine Anthozoenkolonie
s0 Anthozoa.
bildeten, die er als eine besondere Gruppe, Spongicolae oder Hyalophyta,
unter den Aleyonarien einrangierte. Mit dieser Auffassung der systema-
tischen Stellung des Hyalonema stand jedoch Gray nicht allein, denn
mehrere Forscher, wie z. B. Brandt (Symbolae ad polypos hyalochaetides
speetantes, 1859), waren von der Polypennatur des Hyalonema überzeugt, ja
Milne-Edwards (1857, p. 324) selbst war geneigt, anzunehmen, dass
Hyalonema ein Anthozoenstock sei. Er gab jedoch dieser Form einen
anderen Platz in dem System als Gray, indem er sie unter den
Zoanthaires scelerodermiques zu den Antipatharien brachte.
Noch ein Fehler in dem System Grays war der scharfe Gegensatz
zwischen den Pennatuliden und den übrigen Aleyonarien, der durch die
Aufstellung der Gruppen Sabulicolae und Rupicolae präzisiert wurde.
Grays Einteilung der Aleyonarien hat folgendes Aussehen:
Order 1: Sabulicolae.
Fam. 1: Pennatulidae,
a FPennrnag Trib. 1: Funieulineae.
| Trib. 2: Pennatuleae.
Trib. 3: Kophobelemnonieae.
b. Claviformes ı Trib. 4: Veretilleae.
Trib. 5: Renilleae,
Fam. 2: Usmbellulariadae.
Order 2: Spongicolae or Hyalophyta.
Fam. 1: Hyalonemidae.
Order 3: Rupiecolae.
Suborder 1:
Lithophyta.
Fam. 1: Coralliadae.
Fam. 2: Primmoadae.
Fam. 3: Melitaeadae.
Fam. 4: Isideae.
Suborder 2: Ceratophyta.
Fam. 1: Gorgoniadae.
Fam. 2: Plexauridae.
Fam. 3: Municeidae.
Fam. 4: Acanthogorgiadae.
Fam. 5: Antipathidae.
Fam. 6: Sarcogorgiadae.
Suborder 3: Sarcophyta.
Fam. 1: Driareidae.
Fam. 2: Alcyoniadae.
Fam. 3: Xeniadae.
Fam. 4: Nephthyadae.
Fam. 5: Tubiporidae.
Obgleich Bronn 1560 (Die Klassen und Ordnungen der Strahlen-
tiere, Actinozoa) in der Zureehnung der Hyalonema zu den mono-
Geschichte. III. Periode. sı
zyklischen Polypen, d.h. den Aleyonarien, Gray beistimmte, hat doch das
Polypensystem Bronns mehrere gute Seiten aufzuweisen, hauptsächlich
aus dem Grund, weil die von Ehrenberg betonte Bedeutung der Strahlen
für die Klassifikation berücksichtigt und weiter entwickelt wurde. Wenn
aber Ehrenberg das Hauptgewicht auf die Zahl der Kammern und Strahlen
der erwachsenen Tiere legte, gebrauchte Bronn die Entstehung der Tentakel
und der Kammern in erster Linie für die Klassifikation, indem er solche
Formen, deren Anzahl der Tentakel und Kammern von Jugend auf gleich
bleibt und nur einen Kreis bildet, zu einer Unterklasse Monocyelia
zusammenstellte, die übrigen dagegen, deren Zahl der Tentakel und
Kammern durch Einschaltung mit dem Alter zunimmt und zwei oder
inehrere Zyklen bildet, unter dem Namen Polyeycka zusammenfasste.
Die Bedeutung dieser Einteilung für die Entwickelung des Anthozoen-
systems lag indessen nicht darin, dass wir gegen früher eine bessere
Klassifikation dieser Tiergruppe bekamen, denn der Umfang der Unter-
abteiluingen Polyeyelia und Monocyclia entsprach etwa dem der
Zoantharia und Alcyonaria, sondern es wurde vielmehr durch die Be-
rücksichtigung der Bildung der Kammern und der Tentakel der Grund
zu einem tieferen Verständnis der Bedeuting der Symmetrie und ihrer
Entstehung für die Klassifikation der Anthozoen gelegt, ein Grund, auf
dem man jedoch erst dann ein solides Haus aufführen konnte, als
die Anatomie der Gruppe eingehender erforscht worden war. Diese
Bronnsche Würdigung der Bedeutung der Entwickelungsgeschiehte für
die Systematik äussert sich übrigens nicht allein in der Aufstellung der
Gruppen Polyeyelia und Monoeyclia, sondern auch in der Charakteri-
stik der von ihm aufeestellten Gruppe Paranemata (Cerianthiden). Er
betont nämlich, dass diese Gruppe ‚in der Jugend mit vier perigastrischen
Falten beginnt, ganz wie Sclerodermata Rugosa“ (p. 46), deren ver-
mutete. nähere Verwandtschaft mit den Cerianthiden jedoch erst jüngere
Forscher zum systematischen Ausdruck gebracht haben.
Die Polyeyclia Bronns umfassen zwei Unterabteilungen, und zwar die
Enallonemata mit den Sklerodermen und den Malakodermen, zu welch
letzteren nur die Aktiniden mit den Zoanthinen gerechnet werden, und
die Paranemata, d. h. die Cerianthiden, während die Monocychia die
Polyactina (Hyalonemiden), die Octactina und Hexactina (Antipathiden)
umfassen. Besonders bemerkenswert in dieser Einteilung ist die syste-
matische Stellung der Cerianthiden und Antipathiden. Zwar wurden mit
Unrecht noch die Cerianthiden in die Nähe der Sklerodermen und Mala-
kodermen gestellt, weil die Tentakel und die Kammern mit dem Wachstum
der Tiere vermehrt werden, aber die besondere Stellung dieser Gruppe
wurde deutlicher als in dem System Milne-Edwards’ präzisiert. Während
nämlich die Cerianthiden für Milne-Edwards noch Malakodermen oder
Aktiniarien waren, wurden sie von Bronn zum erstenmal von diesen
Ordnungen abgeschieden und den die Sklerodermen und Malakodermen
umfassenden Gruppen gegenübergestellt, ein Vorgehen, das leider von ver-
3ronn, Klassen des Tier-Reichs, 11. 2. 6
>
82 Anthozoa.
schiedenen Forschern der neueren Zeit unbeachtet blieb. Ganz ähnlich
ist es auch mit der Anschauung, die Bronn von den Anti-
patharien hatte, gegangen. Die treffende Benennung Hexactina, die
dieser Forscher den Antipathiden infolge der nur hier vorkommenden
Sechszahl in der Anordnung der Tentakel und der Kammern gab, wurde
nämlich binnen kurzem wieder auf die Sklerodermen und die Mala-
kodermen übertragen. Allmählich wurden diese letzteren Ordnungen als
die typischen Hexaktinien oder Hexakorallen angesehen, während die
Antipatharien als ein mehr aberranter Zweig der Anthozoen betrachtet
wurden. Gegen diese Verschiebung des Begriffes Hexactina sind, wie
wir später sehen werden, Klunzinger (1877) und Goette (1897) mit
vollem Recht eingetreten.
Trotz ihrer in verschiedener Hinsicht unbestreitbaren Verdienste,
leidet die Bronnsche Klassifikation noch an manchen Fehlern. Auch
wenn wir ganz davon absehen, dass fremde Elemente, wie die Hyalonemen
und Milleporinen, zu den Anthozoen gerechnet werden, und dass die
Lucernarien als Dyseycka eine mit den Polyeyelia und Monocyeclia gleich-
wertige Unterklasse bilden, so fehlt hier eine konsequente Durch-
führung der Klassifikation nach der Symmetrie. Während nämlich die
Ordnungen der Monoeyclia nach der Zahl der Strahlen eingeteilt werden,
spielen bei der Gruppierung der Polyeyclia die Tentakelanordnung und
das Vorhandensein oder die Abwesenheit eines Skelettes die wichtigste
Rolle. Die Symmetrieverhältnisse kommen bei der Systematisierung der
Polyeyclia nicht zum Ausdruck, denn diese Unterklasse beginnt in dem
System Bronns (p. #2) „mit dem viergliedrigen Kammer- und Tentakel-
systeme (Rugosa), geht von diesem zum sechsgliedrigen über, da sich
an dessen Ende die sklerenchymlosen und am meisten individualisierten
Malakodermen anschliessen, worauf allerdings nochmals viergliedrige
Paranemata folgen“. Offenbar hat sich Bronn bei seinem Klassifikations-
versuch der Polyeyelia nicht von den Milne-Edwardsschen
Ideen freimachen können. Bronns Polypensystem hat folgendes Aus-
sehen:
Polypi.
1. Unterklasse: Polyeyclia. Zahl der Tentakel und Kammern durch
Einschaltung mit dem Alter zunehmend,
zwei und mehr Zyklen bildend.
A. Enallonemata. Tentakelkrone einfach. Vier oder sechs
Sternleistensysteme. Leisten (Falten) mit-
unter bis 300 paarig vorhanden.
Ordn. Selerodermata.
1) Rugosa: .
Fam. Oystiphyllidae, Oyathophyllidae, Cyathazxonitidae,
Stauriidae.
(reschichte. III. Periode. 33
2) Tabulata: 1
Fam. Theciidae, Seriatoporidae, Favositidae, Mille-
poridae (hierher Heliopora, Heliolites, Azopora u. a).
3) Tubulosa:
Fam. Auloporidae.
4) Eporosa:
Fam. Turbinolüdae, Desmiidae, Oculinidae, Stylo-
phoridae, Astraeidae, Echinoporidae, Merulinidae,
Fungiidae.
5) Perforata.
Fam. Madreporidae, Poritidae.
Ordn. Malacodermata.
Fam. Actinüdae, die Zoanthina, Thalassianthina,
Phyllactina, Actiniana und Minyadina umfassend.
B. Paranemata. Tentakelkrone doppelt. Perigastrische Wände
i (Falten) einzeln (nicht gejocht), von zweier-
lei, abwechselnd ungleicher Grösse, keinen
Stern bildend.
Fam. Cerianthidae. -
2. Unterklasse: Monocyelia. Zahl der Tentakel und Kammern mit
dem Alter gleich bleibend, 6, 8 oder
12, und nur einen Kranz bildend.
Ordn. Polyactüuna.
Fam. Hyalonemidae.
Ordn. Octactina.
Fam. Aleyonüdae, die Cornulariana, Telestina, Aleyo-
niana und Tubiporina einschliessend. Fam. Penna-
tulidae und Fam. Gorgonüdae mit den Coralkana,
Isidina und (Gorgoniana.
Ordn. Hexaectina.
Fam. Antipathidae.
3. Unterklasse: Dyseyelia. Tentakel in acht kreisständigen, derben
Büscheln.
Fam. Lucernarüdae.
Als Pendant zu der in dem Bronnschen Werk entworfenen Klassi-
fikation wollen wir das System von Leunis, das sich in seiner „Synopsis
der Naturgeschichte des Tierreichs“ (2. Aufl., 1360, p. 933 —937) findet,
anführen. Die Polypen werden in die einmündigen Anthozoa und in
die doppelmündigen Bryozoa eingeteilt. Die Anthozoen umfassten folgende
Gruppen:
Ordn. 1: Polyactinia.
Fam. 1: Holosarca. Hierher eigentliche Aktinien, Zoan-
thus und Lucernaria.
34 Anthozoa.
Fam. 2: Madreporartia.
a. Funginae.
b. Turbinolidae.
. Oculinidae.
d. Daedalina.
Fam. 3: Dodecactinia.
f. Madreporina.
&. Milleporina.
Ordn. 2: Octactinia.
Fam. 4: Cortieifera.
h. Gorgonina. Hierher auch Antipathes.
i. Isidina.
k. Pennatulina.
Fam. 5: Aleyonaria.
l. Zubiporina.
m. Aleyonina.
o
Leunis hat bei der Aufstellung seines Anthozoensystems augenschein-
lich Burmeister als Vorbild genommen, obgleich er in vielen Hin-
sichten seinen eigenen Weg gegangen ist. Für die Entwickelung des
Systems hat Leunis’ Klassifikation jedoch keine Rolle gespielt
Ganz anders gestaltet waren die von A, E. Verrill aufgestellten
Anthozoensysteme. Bei seinem ersten Versuch, die Blumentiere zu
eruppieren, war Verrill sichtlich seinem Lehrer Agassiz ge-
gefolgt. In seiner „Revision of the Polypi of the Eastern coast of the
United States“ (1364) schliesst er sich der Ansicht dieses Forschers an.
Die Ausrangierung der Cyathophylliden und Favositiden, der Tabulaten
und der Rugosen aus den Anthozoen und die Zusammenstellung dieser
(Gruppen mit den Akalephen wurden nämlich bier von Verill anerkannt
und die Milne-Edwardsschen Madreporarien nach Agassiz’ Vorgang
in drei mit den Aktinarien und Antipatharien gleichwertige Unterord-
nungen aufgelöst (p. 14), was folgende Übersicht über das von Verrill
nicht im Detail ausgearbeitete System der Polypen zeigt:
)
Order 1: Aleyonaria.
Suborder 1: Alcyonidae.
Suborder 2: Gorgonidae.
Suborder 3: Pennatulidae.
Order 2: Zoantharia.
Suborder 1: Aectinaria, mit den Familien Minyadinae, Tha-
lassianthinae, Actinidae, Ilyanthidae, Cerianthidae
und Zoanthidae.
Suborder 2: Antipatharia.
Suborder 3: Fungaria or Fungidae, dieMilne-Edwardssche
Fam. Fungidae, Merulina und Echinopora ein-
schliessend.
Geschichte. III. Periode. 85
Suborder 4: Astraearia or Astraeidae, die Astraeidae und
Oculinidae Milne-Edwards’ und vielleicht
auch die Caryophyllidae umfassend.
Suborder 5: Madreporaria (= Madreporaria perforata Milne-
Edwards), die Familien Madreporidae, Gemmi-
poridae, Fupsammidae und Poritidae ein-
schliessend.
Schon ein Jahr nacıı dem Erscheinen dieses Systems veröffentlichte
Verrill indessen eine Klassifikation der Anthozoen, die bedeutend von
der mehr vorläufig aufgestellten von 1864 abweicht. In seiner „Classification
of Polyps“ (Extraet condensed from a Synopsis of the Polyps and Corals
of the North Pacifie exploring expedition, Proc. Essex Inst. 4, p. 145
bis 149, 1365), in der das Anthozoensystem ausführlich behandelt wird,
nimmt er gegen die Agassizsche Ansicht Stellung, indem er gleichzeitig
mehr als bei dem ersten Versuch die Milne-Edwardssche Einteilung
der Korallen berücksichtigt. Verrills System von 1865 zeigt folgendes
Aussehen:
Onidaria or Polypi.
-
Order 1: Madreporaria.
Suborder 1: Stawracea (M. rugosa).
Fam. Stauridae, Cyathophyllidae, Oyathazonidae, Oysti-
phyllidae.
Suborder 2: Fungacea.
Fam. Oyelolitidae, Lophoseridae, Fungidae, Merulinidae.
Suborder 3: Astreacea.
Fam. Lithophyllidae, Macandrinidae, Eusmillidae, Caryo-
phyllidae, Stylinidae, Astreinae, Oculinidae, Stylophoridae.
Suborder 4: Madreporacea (M. perforata).
Fam. Eupsammidae, Gemmiporidae, Poritidae, Madre-
poridae.
Order 2: Actinaria.
Suborder 1: Zoanthacea.
Fam. Zoanthidae, Bergidae.
Suborder 2: Antipathacea.
Fam. Antipathidae, Gerardidae.
Suborder 3: Aetinacea.
Fam. Actinidae, Thalassianthidae, Minyidae, Ilyanthidae,
Cerianthidae.
Order 3: Aleyonaria.
Suborder 1: Aleyonacea.
Fam. Aleyonidae, Xenidae, Cornularidae, Tubiporidae.
Suborder 2: Gorgonacea.
Fam. Gorgonidae, Plexauridae, Primnoidae, Gorgonellidae,
Isidae, Corallidae, Briaridae.
I
7}
Anthozoa.
Suborder 3: Pennatulacea.
Fam. Pennatulidae, Pavonaridae, Veretillidae, Renil-
lidae.
Die Madreporaria rugosa tauchen hier als Anthozoen unter dem
Namen Stauracea wieder auf. ‚Jedoch betont Verrill (p. 146), dass er
diese Gruppe mit „considerable hesitation“ zu den Anthozoen gestellt habe,
und dass er nur aus dem Grund eine solche Anordnung vorziehe, weil
die jungen Korallen der folgenden und höheren Gruppen in ihrer Struktur,
wenn sie anfangen, ein Skelett zu bilden — „which then consist
of a ring of epitheca or epidermal deposit with a few imperfect rugose
septa radiating from the centre‘‘ —, den Rugosen sehr ähneln. „It seems
to me“, sagt Verrill, „however, that the absence of transverse plates in
Cyathaxonidae and Cystiphyllidae and the perfection of the vertical septa
in Stauridae, COyathaxonidae and some of the Öyathophyllidae, together
with their general structure, shows them to be more elosely allied to the
Fungacea and Astreacea, of which they may be considered embryonic
types, while at the same time the group is a synthetie one, having ana-
logies with nearly all the higher groups of Polvps and also, in some
respeets, witlı Hydroids.“
Charakteristisch für das V erillsche System von 1865 ist die Drei-
teilung der Anthozoengruppe in die Ordnungen Aleyonaria, Actinaria und
Madreporaria. Wie in Burmeisters System von 1856 bekamen also die
Actinaria (die Holosareca Burmeisters) und die Madreporaria (Litho-
phyten Burmeisters) denselben systematischen Wert wie die Aleyo-
naria. Die Aktinarien sind, meint Verrill (Synopsis of the Polyps, P. 3.
Madreporaria. Proc. Essex Inst. 13866— 1867, p. 17—18), mit den Aleyo-
narien am nächsten verwandt, was aus vielen Übereinstimmungen in der
Struktur beider Gruppen hervorgeht. Die hohe Spezialisierung der Akti-
narien, die sich vor allem in dem Vorkommen vielgestalteter Tentakel
und in der Ausbildung der Muskulatur an der Fussscheibe und an den
Seiten des Körpers äussert, bedingt einen wesentlichen Unterschied von
den nicht so hoch differenzierten Madreporarien. Bei den Madreporarien
und Aktinarien sind Parallelformen ausgebildet, die dieselbe Kammer-,
und Tentakelzahl haben, wie sich auch bei beiden Gruppen einfache Formen
und durch Teilung oder Knospung entstandene Stöcke finden, eine Ansicht,
die sich wesentlich von der von Dana ausgesprochenen unterscheidet.
R Was das Verillsche System im einzelnen anbelangt, so nehmen
die Cerianthiden eine viel untergeordnetere Stellung als in den
Milne-Edwardsschen und Bronnschen Klassifikationen ein. Das-
selbe kann, obgleich in geringerem Masse, auf die Antipatharien bezogen
werden. Dagegen ist der systematische Wert der Zoanthiden besser ge-
wahrt. Die Tabulata und die Tubulosa Milne-Edwards’ findet man
hier nicht wieder, und die Aporosa sind durch die beiden Unterordnungen
Fungacea und Astreacea vepräsentiert.
Geschichte. IH. Periode. 37
Die späteren Klassifikationen der Blumentiere von Verrill weichen von
der 1365 aufgestellten nur wenig und nur in betreff der Familien, wie auch
in der Anordnung der Madreporarien ab. So stellt Verrill 1869 in den
„Notes on Radiata. 6. Review of the Uorals and Polyps of the West Coast
of America“ (Transact. Conneet. Acad. 1, p. 512) verschiedene Astraeacea mit
in der Spitze halbkugelförmig angeschwollenen Tentakeln zu einer neuen
Unterordnung der Madreporaria, Oculinacea, zusammen, zu der verschiedene,
zum Teil schon von Verrill mit Namen versehene Familien, und zwar die
Stylasteridae, Oculinidae, Pocilloporidae, Stylophoridae, ? Stylinidae, Astrangi-
dae und Caryophyliidae, gerechnet wurden. Auch in dem „Report of the
Anthozoa ... . dredged by the Blake in 1877—79* (Bull. Mus. Comp.
7o00ol. Harvard Coll. 11, 1883) behält Verrill seine drei Gruppen,
Aleyonaria, Actinaria und Madreporaria, bei.
Wir haben schon oben (p. 63) erwähnt, dass die Rugosa in dem
System Greenes eine von den Zoantharien unabhängige Stellung ein-
nahmen. In der 1866 erschienenen „Allgemeinen Entwickelungsgeschichte
der Organismen“ von E. Haeckel wurde diese Gruppe auch von den Zoan-
tharien (Hexakorallen) abgeschieden. Anstatt wie in Milne-Edwards’,
Bronns und Verrills Systemen mit_den Sklerodermen zusammen-
gefasst zu werden, wurden die Rugosa nunmehr von Haeckel in die Nähe
der Cerianthiden gestellt und mit diesen zu einer Unterklasse Tetra-
corallia vereinigt, eine Anordnung, die charakteristisch für das
Haeckelsche System und von besonderem Interesse ist, weil in
der letzten Zeit von verschiedenen Seiten die Verwandtschaft dieser
Gruppen postuliert wurde. Der Grund dieser Zusammenstellung ist darin zu
suchen, dass Haeckel bei seiner Einteilung der Blumentiere die Zahl
der Antimeren in erster Linie als Einteilungsmoment benutzte und die
Klassifikation konsequent durehführte, wie folgende Übersicht seines
Systems anschaulich macht:
Anthozoa.
I. Tetracorallia. Vierzählige Korallen.
1) Rugosa. Furchenkorallen. Konstante Vierzahl der Anti-
meren. Vollständiger Mangel von Cönenchym.
Fam. der COystiphylliden, Cyathophylliden, Oyathaxo-
niden, Stauriden.
2) Paranemata. Konstante Vierzahl der Antimeren. Doppelter
Tentakelkranz. Hermaphroditen.
Fam. der Cerianthiden.
II. Oetocorallia. Achtzählige Korallen, durch Verdoppelung
der Vierzahl entstanden.
1) Graptolithi. Graptokorallen.
2) Aleyonaria. Federkorallen.
ss Anthozoa.
Fam. der Tubiporiden, Alcyoniden, Gorgoniden, Penna-
tuliden. :
III. Hexacorallia. Sechszählige Korallen.
1) Tubulosa. Röhrenkorallen.
Fam. der Auloporiden.
2) Tabulata. Bodenkorallen. ;
Fam. der Favositiden, Milleporiden, Serziatoporiden,
Theciden.
3) Caulieulata. Staudenkorallen.
Fam. der Antipathiden.
4) Halirhoda. Seerosen.
Fam. der Autactiniden, Phyllactiniden,
Thalassianthiden, Zoamthiden.
5) Perforata. Porenkorallen. Antho-
Fam. der Poritiden, Madreporiden. eorallia.
6) Eporosa. Riffkorallen.
Fam. der Turbinoliden, Oculiniden, Astrae-
iden, Fungiden u. a.
Ist das Haeckelsche System schon wegen der Zusammenstellung der
Rugosa und der Cerianthiden an und für sich bemerkenswert, so wird
es dasselbe noch mehr dadurch, dass Haeckel mit Berücksichtigung
der Morphologie und der Paläontologie die Verwandtschaftsbeziehungen
der verschiedenen Anthozoen zueinander klar zu machen versuchte. Wie
unsicher die Schritte bei diesem Versuch auch noch waren, wie hypothetisch
die Erklärung der Entstehung der verschiedenen Gruppen auch gewesen
sein mag, so muss es Haeckel doch immer als besonderes Verdienst an-
gerechnet werden, dass er den Impuls zu der Aufstellung einer auf der
Genealogie aufgebauten natürlichen Systematik der Tiere gab. Was unsere
Anthozoen betrifft, so dachte sich der geniale Forscher die Entstehung
der Ordnungen und Klassen der Antlıozoen folgendermassen :
„Wahrscheinlich haben sich“, schreibt Haeckel (p. LIII—-LVI), „die
Anthozoa nach ihrer Trennung von den Nektakalephen (Medusen) alsbald
in zwei Äste gespalten, bei deren einem sieh die Sechszahl, bei dem ,
anderen die Vierzahl der Antimeren frühzeitig fixiert hat, und von dem
letzteren haben sich dann diejenigen abgezweigt, bei denen sich durch
konstante Verdoppelung der Antimeren die Achtzahl derselben befestigt
hat. So erhalten wir drei natürliche Gruppen, welche auch in anderer
Hinsicht als .nächstverwandt erscheinen, und welche wir, nach ihrer be-
stimmenden homotypischen Grundzahl, die Tetrakorallien, Oktokorallien
und Hexakorallien nennen wollen“ (p. LIll). „Die Tetrakorallien sind die
ältesten und schliessen sich durch Befestigung der homotypischen Vier-
zahl am nächsten an die Nektakalephen an.“ Zu den Tetrakorallien gehört
die „sehr alte Abteilung der stark verkalkten Rugosen mit den‘ noch
lebenden Cerianthiden“. Diese sind „ein isolierter, sehr alter Überrest
Geschichte. III. Periode. 839
einer vormals bedeutenden Gruppe, der letzte Ausläufer des sehr früh
entwickelten skelettlosen Hauptzweiges der Tetrakorallen, von dem die
Rugosen sieh erst später abgezweigt haben“. Die Hexakorallen „stimmen
überein in der konstanten Sechszahl der Antimeren, welche neben anderen
Indizien auf eine nähere Blutsverwandtschaft zwischen denselben als
zwischen ihnen und den Oktokorallien und Tetrakorallien hinweist. Wir
glauben daher, dass die verschiedenen Zweige der Hexakoralliengruppe
erst nach ihrer Trennung von den vereinigten vierzähligen und acht-
zähligen Anthozoen sich voneinander entfernt haben“. Die Tubulosa
„repräsentieren wahrscheinlich eine Übergangsform von den Archhydren
zu den Anthozoen“. Die Stellung der Tabulaten unter den Korallen ist
unsicher. Die Cauliculata, d. h. die Antipathiden, „scheinen ein einzelner,
sehr alter Zweig des Hexakorallenastes zu sein, welcher sich von dem-
selben schon ablöste, ehe die Multiplikation der Septa und Tentakel
begonnen hatte. Die Halirhoden scheinen mit den Eporosen und Per-
foraten so nahe verwandt zu sein, dass wir diese drei Gruppen am liebsten
als Unterordnungen in einer einzigen Ordnung zusammenstellen möchten,
die man „Anthokorallien“ nennen könnte. Wahrscheinlich hat sich diese
Ordnung aus den Tabulaten herausgebildet“.
Das Haeckelsche Anthozoensystem würde später wesentlich modi-
fiziert. So finden wir die Anthozoen in der „Natürlichen Schöpfungs-
geschiehte* (2. Aufl., 1370) in folgende Unterabteilungen eingeteilt:
I. Tetracoralla.
1) Rugosa.
2) Paranemata.
II. Hexacoralla.
1) Caulieulata.
2) Madreporaria.
j 5) Halirhoda.
Il. Oetocoralla.
1) Aleyonida.
2) Gorgonida.
3) Pennatulida,
In ganz anderer Gestalt stellt Haeckgl ER iknadansıstem in
seinen „Arabischen Korallen‘ (1876, p. 48) dar. In dieser Arbeit stellt er
einen ausführlichen Stammbaum der Korallen auf, wobei auch ganz
hypothetische Familien, und zwar die Protocorallida, Tetractinida, Arc-
«actinida und Hexactinida, aufgestellt werden. Die grösseren Gruppen
und die Familien sind folgendermassen angeordnet:
1. Leeion: Tetracoralla. Vierstrahlige Korallen.
1. Ordn.: Corallarcha. Urkorallen.
1. Fam.: Protocorallida.
2. Fam.: Tetractinida.
30
Anthozoa.
2. Ordn.: Rugosa. Runzelkorallen.
3. Fam.: Oystiphyllida.
4. Fam.: Oyathophyllida.
5. Fam.: Oyathazonida.
b. Fam.: Staurida.
2. Legion: Octocoralla. Achtstrahlige Korallen.
3. Ordn.: Aleyonida. Lederkorallen.
7. Fam.: Monoxenida.
8. Fam.: Cornularida.
y. Fam.: Sarcophytida.
4. Ordn.: Tubulosa. Röhrenkorallen.
10. Fam.: Auloporida.
11. Fam.: Syringoporida.
12. Fam.: Tubiporida.
5. Ordn.: Gorgonida. Rindenkorallen.
13. Fam.: Siphonogorgida.
14. Fam.: Paragorgida.
15. Fam.: Lophogorgida.
16. Fam.: Isidina.
17. Fam.: Melithaeida.
18. Fam.: Eucorallida.
b. Ordn.: Pennalulida. Federkorallen.
19. Fam.: Veretillida.
20. Fam.: Renillida.
21. Fam.: Umbellulida.
22. Fam.: Protoptilida.
23. Fam.: Virgularida.
24. Fam.: Pteroidina.
3. Legion: Hexzacoralla. Sechsstrahlige Korallen.
7. Ordn.: Actinarcha. Sechserkorallen.
25. Fam.: Arcactinida.
26. Fam.: Hexactinida.
S. Ordn.: Antipatharia. Königskorallen.
27. Fam.: Antipathida.
28. Fam.: Gerardida.
9. Ordn.: Tabulata. Tafelkorallen.
29, Fam.: Favositida.
30. Fam.: Milleporida.
31. Fam.: Seriatoporida.
32. Fam.: Thecida.
10. Ordn.: Halirhoda. Seerosen.
33. Fam.: Actinida.
34. Fam.: Üerianthida.
Geschichte. III. Periode. 91
11. Ordn.: Perforata. Porenkorallen.
35. Fam.: Poritida.
36. Fam. Madreporida.
12. Ordn.: Eporosa. Riftkorallen.
37. Fam.: Palaeoeychda.
38. Fam.: Fungida.
39. Fam.: Turbinolida.
40. Fam.: Dasmida.
41. Fam.: Oculinida.
42. Fam.: Astraeida.
Dasselbe Moment, das Haeckel bei seiner ersten Einteilung der
Anthozoen leitete, war auch für seine späteren Systematisierungsversuche
grundlegend. Trotzdem weichen die verschiedenen Klassifikationen nicht
unbedeutend voneinander ab. Am meisten stimmt mit unserer gegen-
wärtigen Anschauung von den Gruppen der Blumentiere der Versuch von
1870 überein, denn hier sind u. a. die verschiedenen Steinkorallen, mit Aus-
nahme der Rugosa, zu einer Einheit Madreporaria zusammengefasst; am
mindesten gut ausgefallen ist die detaillierte Klassifikation von 1875. Was
die letztere betrifft, so zeigt die Einteilung der Hexakorallen einen deut-
lichen Rückschritt im Vergleich mit den vorigen Systemen: Die ver-
schiedenen Gruppen der Steinkorallen sind mit den Antipatharien und den
Seerosen gleichgestellt, und die Cerianthiden sind von ihrem früheren Platz
neben den Rugosen zu den Halirhoden gestellt worden. Die Tabulaten
figurieren noch als Anthozoen, trotz des Widerspruchs verschiedener
Forscher, während die Tubulosen mit Recht bei den Oktaktinien zu
finden sind.
In betreff der sog. Aktinien hatte also Haeckel seinen früheren
Standpunkt aufgegeben und sich dem Milne-Edwardsschen ange-
schlossen. Der Versuch, den Blainville, Bronn und auch Haeckel
selbst gemacht hatten, jener die Zoanthiden, diese die Cerianthiden von
den eigentlichen Aktinien abzutrennen, wurde nicht wiederholt, und so kam
es, dass zu Beginn der achtziger Jahre in der Regel die eigentlichen
Aktinien mit den Zoanthiden und Cerianthiden eine systematische Ein-
heit ausmachten. So findet man in den Systemen von Andres vom
Jahre 1880 (Prodromus neapolitanae actiniarum faunae, Mitt. Zool. Stat.
Neapel 2, H. 3, 1881, p. 308—309) die Aetinozoa malacodermata in vier
Gruppen angeordnet:
A. Actininae.
. Mit vier Unterabteilungen: Thalassianthianae, Phyllactinianae,
Myniadanae, Actinianae.
B. Cerianthinae.
U. Edwardsinae.
D. Zoanthinae.
92 Anthozoa.
Behalten die Ceriantheen und Zoantheen hier gewissermassen eine
besondere Stellung, indem sie den meisten eigentlichen Aktinien
gegenübergestellt werden, so wird dies Verhalten rein illusorisch, wenn
Andres in seiner Aktinienmonographie 1883 (Le Attinie, R. Acead. dei
Lincei, 1882—1883, p.300) die Aktiniarien in sieben Familien, und zwar
in die Kdwardsinae, Actininae, Stichodactylinae, Thalassianthinae, Zoanthinae,
Cerianthinae und Minyadinae, einteilt.
Zu einer anderen Gruppierung der Anthozoenklasse kam Haeckels
Schüler W. Haacke, der in zwei Aufsätzen (Zur Blastologie der Korallen,
Jena. Zeits. f. Naturwissensch., Bd. XIII, 1879; Über das System und den
Stammbaum der Korallenklasse, Zool. Anzeiger, Bd. 2, 1879, p. 261) seine
Ansichten der Entstehung der bilateralen Symmetrie und der Verwandt-
schaftsbeziehungen der Anthozoen darlegt. Die eigentümliche paarige
Anordnung der Mesenterien (Sarcosepten) bei gewissen Formen, das
Fehlen einer solchen bei anderen veranlasste Haacke, die Anthozoen
in zwei Unterklassen, Zygoseptigera und Disseptigera einzuteilen. Sowohl
die sechszähligen Korallen mit den Aktiniden und Antipathiden als die
ausgestorbenen vierzähligen Rugosa wurden zu der ersten Unterklasse
gerechnet, während die achtzähligen und die Cerianthiden in jenen der
Disseptigera zusammengefasst wurden. Als die ursprünglichere Unter-
klasse wurde diese letztere betrachtet, zu der ausser den Aleyona-
rien und Cerianthiden auch die ausgestorbenen Stammformen der Korallen,
die hypothetischen Haeckelschen Corallarcha zu stellen wären. Unter
diesen letzteren wurden auch die Ordnung der Protocorallida mit noch un-
fixierten Mesenterien und. Tentakelzahl und die von dieser abgeleiteten
Tetraseptata mit vier Mesenterien unterschieden. Die Tetraseptata bil-
deten einen Zweig, der zu den Octokorallen leitete, während die zu den
Zygoseptigera gehörige Tetraetinida mit mindestens acht Mesenterien eine
Vorstufe der vierzähligen Rugosen und der Hexacoralla ausmachten.
Haacke entwirft folgendes System der Korallenklasse (Zool. Anz.
Bd. 2, p. 262).
1. Unterklasse: Disseptigera.
1. Legion: Corallarcha.
1. Ordn.: Protocorallida.
2. Ordn.: Tetraseptata.
2. Legion: Octocoralla.
3. Ordn.: Aleyonida.
4. Ordn.: Tubulosa.
5. Ordn.: Gorgonida.
6. Ordn.: Pennatulida.
3. Legion: Heterocoralla.
7. Ordn.: Cerianthida.
2. Unterklasse: Zygoseptigera.
4. Legion: Tetracoralla.
Geschichte. III. Periode, 93
8. Ordn.: Zetractinidu.
9. Ordn.: Rugosa.
9. Legion: Hexacoralla.
10. Ordn.: Aetinida.
11. Ordn.: Antipatharia.
12. Ordn.: Tabulata.
13. Ordn.: Perforata.
14. Ordn.: Eporosa.
Bei der Trennung der Hydroiden von den Anthozoen waren einige zu
der ersteren Gruppe gehörende Formen unter den Blumentieren stehen
geblieben. Es waren die seit uralten Zeiten mit den Korallen zusammen-
gestellten, kalkbildenden, an wirkliche Korallenstöcke erinnernden Mille-
poriden. Bis zum Ende der fünfziger Jahre hatte auch kein Forscher
die Anthozoennatur dieser Tiere in Zweifel gezogen. So wurden sie in
den Systemen vonMilne-Edwards und Haime als echte Blumentiere
aufgeführt und zusammen mit den Seriatoporiden, Favositiden und
Theeiden in eine Sektion, Madreporaria tabulata, einrangiert, die haupt-
sächlich durch das Vorhandensein von vollständigen transversalen Böden
in den Kammern, von einer wohlentwickelten Mauer und von rudimen-
tären Septen charakterisiert war.
Wie schon angedeutet worden ist (p. 77), wurde indessen schon während
der Veröffentlichung der Milne-Edwardsschen Korallenarbeit die
Anthozoennatur der Tabulaten, ja selbst die der Rugosen bezweifelt.
L. Agassiz, der nicht nur das Skelett, sondern auch die weicheren
Teile von Millepora untersucht hatte, kam nämlich 1859 (Americ. Journ.
Se. and arts |2], V. 26, p. 140; Bibliotheque universelle, Arch. Se.
Phys. et Nat. [N. S.] 5, 1859, p. 80—81) zu der Ansicht, dass diese
Gattung nicht eine Anthozoe, sondern eine mit den Hydraktinien ver-
wandte Hydroide sei.
Dieser bei Millepora gefundene Bau wurde von ihm für alle Korallen-
tiere mit vollständigen, transversal zwischen unterbrochenen Septen
liegenden Böden verallgemeinert, und so kam es, dass Agassiz alle
Favositiden, mit Ausnahme von Sideropora und Alvcopora, zu den Hydro-
iden stellte- Ausser Millepora wurden auch solehe Formen wie
Heliopora, Seriatopora und Poecillopora von den Anthozoen getrennt, ja,
Agassiz ging so weit in seiner Umgruppierung der Madreporarien, dass
er auch behauptete, die Rugosen seien keine Zoantharien (Contribu-
tions to the Natural history of the United States, Vol. 3, 1860, p. 62
bis 63, Vol. 4, 1862, p. 292—296 und p. 338; Bulletin Mus. Comparat.
Zool., Vol.1, No. 13, p. 384, 1869). Diese Ansicht war schon vorher (1849)
von J, Steenstrup, der die Zoantharia, Tabulata und Rugosa unter der
Benennung „CÖyathophyller‘‘ zusammenfasste, ausgesprochen worden (Om
Brachiopodernas Stelling i Systemet m. m. Naturhistorisk Tidskrift
af Kröyer 12, 2, 1846—1849, p. 626—627), aber während Steenstrup
94 Anthozoa.
die Ähnlichkeit mit den Serpuliden in dem Vorhandensein von trans-
versalen Böden bei beiden Gruppen -hervorhebt, zählt Agassiz die
hugosen zu den Akalephen. Ausserdem waren einige der operkel-
tragenden Rugosen, wie Calceola, von den älteren Autoren, wie von Linn&,
zu den Bivalvia oder Muscheln gerechnet worden, während sie seit den
dreissiger Jahren des 19. Jahrhunderts allgemein als Brachiopoden gedeutet
wurden. Agassiz sprach auch 1871 in einem Brief (A letter concerning
Deap-sea Dredgings, addressed to Prof. R. Pierce, Cambridge Mass., Dez.
1571) die Hoffnung aus, das Tiefseedredschungen näheren Aufschluss über
die Verwandtschaft der Millepora wie auch über die Übergänge zwischen
Tabulaten, Rugosen und Akalephen geben möchten, Übergänge, die
vielleicht in verzweigten Helioporen anzutreffen seien.
Stimmten die meisten Forscher in der Trennung der Millepora von
den Anthozoen mit Agassiz überein — späterhin (1875) stellte jedoch
Haeckel, wie oben erwähnt wurde, die Milleporiden zu den Anthozoen,
und Nelson behauptet (Ann. Mag. Nat. hist., (4) T.17, 1875. p. 354— 359),
dass Millepora mit Unrecht den Hydroiden zugerechnet würde —, so gingen
die Ansichten in betreff der Stellung der übrigen Tabulaten und der
Rugosen auseinander. Verschiedene Forscher, wie Dana, Woodward
(The Geologist, 1862, p. 372) und anfänglich auch Verrill (Revision
of the Polypi ete. Memoirs Boston Soc., 1864, p. 14), bekehrten sich
mit mehr oder weniger Zaudern zu der Agassizschen Ansicht:
Steenstrup (Förhandling. Skandinaviska Naturforskarmötet i Kjöben-
havn, 1860, p. 677) betonte, dass das Vorhandensein eines Operkulums
bei verschiedenen Formen von Rugosen deutlich zeige, dass sie nicht
aktinienartige Tiere oder wirkliche Korallen sein könnten, und Lind-
ström (Nägra iakttagelser öfver Zoantharia rugosa, Öfvers. K. Svenska
Vet.-Akad., Förh. 1865, p. 292), der die Verwandtschaft dieser früher
zu den Brachiopoden und zu anderen Tierklassen gestellten operkel-
tragenden Formen mit den Rugosen deutlich anschaulich machte, ver-
mutete, dass die Rugosa einem eher mit den Hydroiden verwandten,
niedrigeren Typus als die Anthozoen angehörten. Bald erhob sich jedoch
eine Stimme gegen Agassiz’ weitgehende Umgruppierungen. Verrill
stellte (vergl. p. 86) nämlich 1866, obgleich zögernd, die Rugosen wieder
zu den Anthozoen und hielt sie für embryonische Typen der Astraeacea und
Fungacea. Bald motivierte er auch diesen Schritt, indem er gleich-
zeitig die Meinung vertrat, dass die Tabulaten keine natürliche und
homogene Gruppe seien.
Verrills Veränderungen des Tabulatensystems begannen damit, dass
er (On the Affinities of the Tabulata Corals, Proc. Amerie. Assoc. f. Adv.
of Se., 1867, p. 148: Notes on radiata etc. Trans. Connect. Acad. 1869,
p-518—519) zeigte, dass das Genus Poeillopora eine wirkliche Madreporarie
mit zwölf Tentakeln und gewöhnlich zwölf Septen sei, eine Beobachtung, die
schon Quoy und Gaimard in ihrer Beschreibung der während der Uranie-
Expedition beobachteten Zoophyten gemacht hatten, die aber in Ver-
Geschichte. III. Periode. 95
gessenheit geraten war. In einer späteren Schrift (On the Affinities of
Palaeozoie Tabulata Corals with existing Species, Americ. Journ. Se. and
Arts [3] 3, 1872, p. 157—194) betrachtet er die Verwandtschaft der Ta-
bulaten und Rugosen näher. Der einzige wichtige Charakter, den
Milne-Edwards seiner Aufstellung der Tabulaten zugrunde gelegt
hat, ist von unwesentlicher Bedeutung, betont Verrill. Dieser Charakter,
das Vorhandensein der transversalen, vollständigen Platten oder Septen
in dem Grunde des Bechers, die diesen Körperteil in eine Serie von trans-
versalen Kavitäten teilen, ist nämlich bei verschiedenen Korallentieren
ausserhalb der Tabulaten, wie bei Alveopora, Astraeopsammia, Pocillopora
unter den Madreporarien, Millepora unter den Hydroiden und bisweilen auch
bei Tubipora unter den. Aleyonarien, vorhanden. Weil diese Gebilde bei
so verschiedenen Formen auftreten und wahrscheinlich während der
Zwischenperiode nach jedem in allen Kammern gleichzeitig auftretenden
Ausleeren der Eier gebildet werden, kann die Gruppe Tabulata nicht auf-
recht erhalten werden. Nur die Milleporen sind Hydroiden; was die übrigen
Tabulaten anbetrifft, so sind die meisten mit den Korallen innig verwandt
und müssen bei näherer Untersuchung gewiss zu den verschiedensten
Familien gerechnet werden. Auch Agassiz’ Zusammenstellung der Ru-
gosen mit den Akalephen wurde von Verrill scharf kritisiert, indem er
zeigte, dass es nicht möglich sei, einen Unterschied zwischen den Akalephen
und Anthozoen zu machen, wenn man die Rugosen zu den Akalephen
rechnet, weil die meisten Rugosen ganz ähnliche Septen wie die echten
Korallen haben.
Eine Umgruppierung der Tabulaten versuchte auch P. M. Duncan
(Third Report on the British Fossil Corals, Report 41 Meeting Brit.
Assoc. 1871, p. 116), der sie zwar als eine Sektion beibehielt, aber einige
Formen, und zwar gewisse Chätetiden, nämlich die Genera Chaetetes,
Monticulipora, Dania, Stellipora und Labechia, zu der Unterfamilie Tubi-
porinae unter die Aleyonarien stellte, eine Anordnung, die schon vorher
Keyserling (nach Milne-Edwards, Les Coralliaires, T. 3, p. 270) für
Chaetetes vorgeschlagen hatte. Die übrigen Tabulaten teilte er in fünf
Familien, die Milleporidae, Acroporidae, Favositidae, Halysitidae und
Alweolitidae, ein; den Milleporiden wurde u. a. Heliopora, den Akroporiden
Pocillopora zugerechnet. Was Millepora selbst betrifft, so sieht Duncan
darin ein aberrantes Genus, wenn es überhaupt zu den Madreporaria
tabulata gehört.
Die Berechtigung der Verrillschen Bemerkungen in betreff der
Tabulaten bestätigte bald danach der schwedische Paläontologe &. Lind-
ström (Nägra anteckningar om Anthozoa Tabulata, Öfvers. K. Svenska
Vet.-Akad. Förh., 1875, No. 4; On the affinities of the Anthozoa
tabulata, Ann. Mag. Nat. hist. [4] 15, 1576, p. 1), indem er die Tabu-
latengenera einer eingehenden kritischen Untersuchung unterwarf. Eine
Reihe von Formen entpuppten sich nun als Bryozoen, einige als wirkliche
Korallen und Hydroiden, während die übrigen in zwei grosse Gruppen
96 Anthozoa.
zusammengefasst werden konnten, und zwar in die Zuvositiden, mit den
Genera Favosites, Favositipora, Roemeria, Striatopora, Pachypora, Noduli-
pora, Koninckia und Beaumontia, und in die Heliolitiden, mit den Genera
Heliolites, Plasmopora, Lyellia, Calapaecia, Thecostegites, Halysites und
Thecia. Was die Favositiden betrifft, so glaubt Lindström, in ihnen
Verwandte mit der Familie Poritinae unter den Madreporaria perforata
sehen zu dürfen, während die Stellung der Helioktiden, ob in der Nähe
der Helioporen oder anderer Anthozoen, noch weiter unsicher bleibt. -
Auch in betreff der Rugosen machte sich Lin dström bald von der
Agassizschen Ansicht frei. In einer Schrift (Om tvänne öfversiluriska
koraller, Öfvers. K. Svenska Vet.-Akademiens Förh., 1868, p. 425-426)
spricht er deutlich aus, dass die Rugosen viel näher mit den Anthozoen
verwandt seien, als er früher (1865) angenommen habe, indem er die Septen-
anordnung bei den Rugosen, für deren Charakteristik das Vorhandensein einer
Septalgrube nach seiner Ansicht sehr wichtig ist, mit der Gruppierung
der Mesenterien bei Cerianthus und Sphenopus, wie sie Haime und
Steenstrup geschildert haben, vergleicht, ja er meint (p. 426), dass,
wenn man sich vorstellt, dass ein Polyparium von den Mesenterial-
lamellen und der Oberhaut von Sphenopus gebildet werde, dies nicht grössere
Abweichungen von demjenigen gewisser silurischen Zaphrentis-Arten zeigen
sollte, als dass man veranlasst sein könnte, die beiden Formen neben-
einander zu stellen. In einer späteren Arbeit (Om de Palaeozoiska forma-:
tionernas operkelbärande Koraller, Bihang K. Svenska Vet.-Akade-
miens Handl., Bd. 7, No. 4, 1882) vergleicht er diese Septalerube mit
der Schlundrinne bei Sphenopus und Cerianthus (p. 57). Hier wurde
auch die kalizinale Knospung (p. 89) und der Umstand, dass Operkular-
bildungen bei gewissen Aleyonarien, wie bei den Primnoen, vorkommen
können, als eine weitere Stütze für die Anthozoennatur der Rugosen an-
geführt.
Eine von Lindström in vielen Punkten abweichende, sich mehr
an Agassiz anschliessende Meinung in betreff der Tabulaten ver-
öffentlichte &. Dollfus (Observations eritiques sur la classification des
Polypiers paleozoiques, Comptes rendus de l’Acad. Se., T. 80, 1875,
p. 681—683). Die Heliolitiden, die Milleporiden (Heliopora , Millepora
und Seriatopora) werden hier zusammen mit den Poeilloporiden (Poeillo-
pora, Axopora und Polytremacis) zu den Hydroiden gestellt. Die Chäte-
tiden dagegen scheinen ihm mit der im Jura auftretenden Bryozoe Hetero-
pora und mit der in Kreide vorkommenden Radipora, die Favositiden
mit der Gruppe Cyelostomata unter den Bryozoen verwandt zu sein.
Einen sehr wichtigen Beitrag zur Tabulatenfrage gab H. N. Moseley
(On the structure änd relation of the Aleyonarian Heliopora coerulea ete.,
Phil. Trans. R. Soc. London, Vol. 166, P. 1, 1876, p. 91; On the struc-
ture of a species of Millepora, ebenda, V01.167, P. 1, 1877, p. 117— 135; On
the structure of the Stylasteridae, ebenda, Vol. 169, P. 2, 1878, p. 425 bis
503), der als Naturforscher die für die Tiefseeforschung bahnbreehende
Geschichte. III. Periode. 97
Challenger-Expedition begleitete. Während dieser Reise hatte er Ge-
.legenheit, die Heliopora, Poeillopora, Millepora und Stylaster im lebenden
und in konserviertem Zustande zu untersuchen. Es erwies sich dabei, dass
die früher mit Millepora zusammengestellte Heliopora unverkennbar ein
Aleyonidenpolyp mit Kalkskelett ist, dass Pocillopora zu den Madreporarien
gehört, und dass die in ihrem weicheren Bau übereinstimmenden Styl-
aster und Millepora infolge der Abwesenheit des Schlundrohrs und der
Mesenterien den Hydroiden zugerechnet werden müssen. Diese Befunde
benutzt Moseley für die Klassifikation. So stellte er Heliopora (1376,
p- 118) mit Polytremaeis und Heliolites zu einer neuen Familie, Heliopori-
dae, der Aleyonarien zusammen. Zu dieser Gruppe gehören nach seiner
Meinung vermutlich noch verschiedene andere Tabulaten, besonders die
Favositiden, die wahrscheinlich auch wie Heliopora keine eigentlichen
Septen, sondern Pseudosepten haben, und die in gewissen Beziehungen
auch an Heliolites erinnern.
Während er in seiner ersten Schrift die systematische Stellung von
Millepora und Stylaster nicht näher angeben konnte, bestätigte er 1878
die Agassizsche Behauptung, dass Millepora eine Hydroide sei und
konstatierte das gleiche auch von Stylaster. -Beide Gruppen repräsen-
tieren eine Modifikation des Hydroidentypus, der er den Namen Aydro-
corallinae gab, eine Benennung, die sich in der zoologischen Literatur
bald einbürgerte.
In betreff der Rugosen bemerkt Moseley, dass die tetramerale
Anordnung der Mesenterien und das Vorhandensein der Tabulen, wie
auch das Vorkommen eines Operkulums bei vielen Formen für eine Ver-
wandtschaft dieser Gruppe mit den Alcyonarien spreche. Er kehrt sich
übrigens gegen die Verrillsche Ansicht, dass die Stellung der Böden
mit der gleichzeitigen Ausleerung der Eier in Zusammenhang stehe;
im Gegenteil: das Vorhandensein solcher Böden in den polypenlosen
Cönenchymröhren von Heliopora beweise zu voller Evidenz, dass die
beiden Vorgänge nicht miteinander in Korrelation ständen.
Durch die Untersuchungen Agassiz’, Verrills, Duncans,
Lindströms und besonders Moseleys wurde die Unhaltbarkeit
der Milne-Edwardsschen Gruppe Tabulata allgemein anerkannt.
Ehe wir indessen die Schilderung der kurzen Geschichte der
Tabulaten schliessen, möchten wir noch erwähnen, dass A. Nicholson
(On the structure and aflinities of the tabulate,corals of the palaeozoic
period, Edinburgh und London 1379) nach eingehenden Studien zu dem
Ergebnisse kam, dass die Milne-Edwardssche Sektion der Tabulaten
zwar sehr heterogen sei, dass sie aber nichtsdestoweniger als eine Gruppe
unter‘den Zoantharien aufrecht zu erhalten seien. Zu dieser Gruppe rechnet
Nieholson ausser verschiedenen Favositiden von rezenten Formen
Poeillopora und Millepora, ein Vorschlag, der die Tabulatengruppe jedoch
nicht zu retten vermochte.
Wir haben gesehen, dass die Agassizsche Behauptung, dass die
Bronn. Klassen des Tier-Reichs. II. 2. 7
>
98 Anthozoa.
Rugosen Hydroiden seien, binnen kurzem von allen Seiten abgelehnt wurde,
wie auch, dass die Rugosen in den verschiedenen Klassifikationsversuchen
einen verschiedenen systematischen Wert bekamen. Während nämlich
Milne-Edwards und Haime und ihre Nachfolger die Rugosen für
eine Unterabteilung der Madreporarien hielten, sah Haeckel in den
beiden Gruppen zwei frühzeitig gespaltene Äste des Anthozoenstammes.
die eine mit ursprünglich vier, die andere mit sechs Septen, ein Um-
stand, der Haeckel veranlasste, die Rugosen Tetracorallia, die Madre-
porarien Hexacorallia zu nennen. Schon vor dem Erscheinen des
Haeckelschen Systems war indessen ein Versuch gemacht worden, die
von Milne-Edwards hervorgehobene, oft deutlich hervortretende
Vierzahl der Septenanordnung bei den Rugosen mit der Sechszahl bei
den Madreporarien in Einklang zu bringen, was um so notwendiger war,
als sich oleichzeitig zeigte, dass verschiedene Gattungen der ein-
zellioen Rugosen eine deutliche fiederstellige Anordnung der Septen be-
sassen. In den Jahren 1863 und 1865 fand nämlich R. Ludwig (Die
Paläontologie des Urals. Aktinozoen ..... im Gouvernement Perm, Palä-
ontographica, X, 1561—1863, p. 179: Korallen aus paläolithischen Forma-
tionen, ebenda, XIV, 1565—1866, p. 135 — 244), dass verschiedene fossile
Korallen fiederförmig angeordnete Septen hatten. Er teilte infolgedessen
die „Actinozoa hexamera* in zwei Abteilungen, Hexactinia flabellata und
H. pinnata, von denen sich indessen die letzteren und die Rugosen vollr
ständig decken.
Ludwig unterschied ziemlich deutlich die Verschiedenheit der
Septenanlage bei den -Madreporarien und den Rugosen, sah aber
in den Pinnaten Formen, die ursprünglich die Sechszahl in der
Mesenterienanordnung hatten. Die bei älteren Individuen oft deutlich
auftretende Vierzahl in der Gruppierung der Septen erklärt er (1865,
p- 137) dadurch, dass „zwei Primärfalten vereinzelt blieben oder sich
wenigstens in einem weit geringeren Grade als die vier anderen teilten“.
Ludwigs Ansicht der Septenanordnung und Entwickelung der Pinnaten
gibt seine Charakteristik dieser Gruppe (1865, p. 141) noch ausführlicher:
„Das Tier teilte sich anfangs in ‚sechs gleiche Strahlen (Mesenterial-
falten), später aber entwickelten sich entweder nur an den vier vorderen
Strahlen zahlreiche jüngere Falten und an den zwei hinteren Primärfalten
nur wenige jüngere. Die jüngeren Falten entstehen immer aus der Ab-
zweigung primärer. Keine sekundäre Falte hat die Eigenschaft, sich
abermals teilen zu können, wie bei den flabellaten Korallen. Deshalb
stehen die Septa (Sternleisten) fiederstellig zu den Primärfalten und den
sie trennenden Sternleisten erster Ordnung.“
Auf Ludwigs Standpunkt stellte sich Pourtales (Deap-sea Corals,
Ilustr. eatal. Mus. Comp. Zool. Harvard College, Cambridge, 1571), in-
soweit er (p. 49—51) auch die Rugosen von sechsstrahligen Formen ab-
leitete. In der Spitze des Bechers des in der Kreide vorkommenden
Lophophyllum proliferum fand er nämlich sechs primäre Septen, von denen
Geschiehte. III. Periode. 99
drei, und zwar die, welche an der der Septalgrube entgegengesetzten Seite
lagen, auch in den oberen Partien des Kelches, d. h. bei dem aus-
gebildeten Tier, nebeneinander standen, während die übrigen durch die
Entwickelung sekundärer Septen voneinander geschieden wurden. Die
Vierstrahligkeit war also nach Pourtales durch Unterdrückung sekun-
därer Septen in zwei primären Fächern entstanden. Eine Stütze für die
Verwandtschaft der Rugosen mit den Madreporarien glaubt Pourtales
(Bull. Mus. Comp. Zool. Cambridge Mass., No. 7, 1869, p. 139—141) durch
die Auffindung einer in der Tiefe des Golfstromes lebenden tetrameralen
Koralle, Haplophyllia paradoxa Pourt., zu haben. Eine ähnliche Form,
Guynia anmulata Dunc, die im Mittelmeer gefunden worden war, wurde
von P. M. Duncan (Phil. Trans. R. Soc. 162, P. 1, 1872, p. 29 —40)
beschrieben.
Eine andere Auffassung von den Rugosen hatte A, Kunth (Beiträge zur
Kenntnis fossiler Korallen. 2. Das Wachstumsgesetz der Zoantharia
rugosa und über Calceola sandalina, Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch.,
Berlin, Bd. 21, 1869, p. 647—688), der die Entstehung und Anordnung
der Septen mit Hilfe der verschiedenen Ausbildung und Entwickelung
der Costae studierte. Er konstatierte zwar bei einer grossen Zahl der
Rugosen wie Ludwig eine fiederförmige Anordnung der Septen, ver-
neinte aber, dass die Tiere ein Stadium mit sechs Septen durchlaufen
hätten. Im Gegenteil, meinte er, seien anfangs nur vier primäre Septen,
das Hauptseptum, das diesem gegenüberstehende Gegenseptum und zwei
laterale Septen, vorhanden gewesen, zwischen denen neue Septen fiederförmig
angelegt wurden in der Weise, dass sich in jedem der vier ursprünglichen
Fächer das jüngste Septum jedesmal dem Hauptseptum am nächsten
entwickelte. Das Kunthsche Gesetz der Septenbildung der Rugosen,
das in viel klarerer Form als von Ludwig ausgesprochen wurde, wurde
durch die Untersuchungen von W.Dybowski (Monographie der Zoantharia
sclerodermata rugosa ete., Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und
Kurlands, 1. Serie, Bd. 5, Dorpat 1874, p. 257—532) bestätigt. Wie
Kunth nahm dieser Forscher an, dass sich anfänglich vier Längsscheide-
wände bei den Rugosen entwickelt hätten.
Eine ganz andere Meinung in betreff der ersten Entstehung der
Rugosensepten verfocht Lindström, der in seiner oben erwähnten,
1868 erschienenen Schrift die Beobachtung veröffentlichte, dass bei
jungen Individuen verschiedener Rugosen zuerst nur ein einziges
Septum, „das mit Recht Primärseptum genannt werden könne“, an der
Bodenseite des Polypariums entstele. Diese Beobachtung wurde 1879
und besonders 1552 (Palaeozoiska formationernas operkelbärande koraller,
Bihang K. Svenska Vet.-Akad. Handlingar, Bd. 7, No. 4) durch um-
fassende Untersuchungen bestätigt. So kam er durch das Studium junger
Individuen und der Spitzen der älteren von Goniophyllum pyramidale,
einer Form mit vier deutlichen grösseren Septen, zu dem Resultat (p. 49),
1) dass es dem Polyparium anfänglich an Septen fehlt, 2) dass das Sep-
100 Anthozoa.
tum der Bodenseite das zuerst gebildete und lange das einzige ist, wes-
wegen es den Namen Primärseptum verdient, 3) dass die Mittelsepten
der rechten und der linken Seite darnach entstehen, 4) dass das Septum
der Oberseite sich später entwickelt, und 5) dass die Seitensepten der
Bodenseite schon vorhanden sind, ehe die Mittelsepten der anderen Seiten
auftreten. Weil er auch bei vielen anderen Formen nur ein einziges
Primärseptum gesehen habe, sei es nieht möglich, die Ansicht von vier
primären Septen aufrecht zu erhalten. Nur bei Stauria dürfte vielleicht
die Vierzahl von Anfang an auftreten. In seltenen Fällen, wie bei
Palaeocyclus porpita, waren kleinere Exemplare schon mit zahlreichen
Septen versehen (p. 49, 86). Was Lindströms Ansichten der Ver-
wandtschaftsbeziehungen der Rugosen anbelangt, so sind sie schon oben
(p. 94, 96) erwähnt worden.
Dass bei so verschiedenen Ansichten über die Septenentstehung der
Rugosen die systematische Stellung der Gruppe nicht festgestellt
werden konnte, ist leicht erklärlich. Auch finden wir die Rugosen im
Anfang der achtziger Jahre bald mit den Sklerodermen vereinigt, bald
eine eigene Gruppe bildend. So stellte sie K. A. Zittel in seinem
„Handbuch der Paläontologie“ (Bd. 1, Paläozoologie, 1850) zu den Madre-
porarien, während Claus in der vierten Auflage seiner „Grundzüge der
Zoologie“ (1880) die Tetrakorallien als eine mit den Aleyonarien und Zoan-
tharien gleichwertige Gruppe aufführt. Die von den erwähnten beiden
Forschern aufgestellten Systeme schliessen sich mit einigen durch die
neueren Forschungen notwendig gewordenen Modifikationen ziemlich eng
an das von Milne-Edwards und Haime aufgestellte System an.
Zittels System der Anthozoen (1880), das folgendes Aussehen
hat, nimmt hauptsächlich Rücksicht auf die fossilen Formen:
1. Ordn.: Aleyonaria.
Fam. Pennatulidae.
Fam. Gorgonidae, mit den Unterfamilien Isidinae
und Corallinae.
Fam. Tubiporidae. Hierher Aulopora, Syringopora,
Thecostegites, Halysites u. a.
Fam. Helioporidae. Hierher Heliopora, Heliolites, ,
Blasmopora, Lyellia, Thecia u. a.
2. Ordn.: Zoantharia.
1. Unterordn.: Antipatharia.
2. Unterordn.: Aetiniaria.
- 3. Unterordn.: Madreporaria.
1. Gruppe: Tetracoralla.
1. Fam.: Inexpleta.
2. Fam.: Expleta.
2. Gruppe: Hexacoralla.
1. Fam.: Poritidae. Unter anderen die Unterfam.
Favositinae und Alveoporinae.
Geschichte. III. Periode. 101
2. Fam.: Madreporidae.
3. Fam.: Poeilloporidae.
4. Fam.: Eupsammidae.
5. Fam.: Fungidae.
6. Fam.: Astraeidae.
7. Fam.: Stylophoridae.
8. Fam.: Oculinidae.
9. Fam.: Dasmidae.
10. Fam.: Turbinolidae.
Zittels Systen der Rugosen, das wir hier nicht im Detail berück-
sichtigen können, stützt sich an das System Dybowskis.
Claus klassifiziert die Anthozoen 1880 folgendermassen:
1. Ordn.: Aleyonaria.
1. Fam.: Alcyonidae.
Fam.: Pennatulidae.
Fam.: Siphonogorgiaceae.
Fam.: Gorgonidae.
Fam.: Helioporidac-
Fam.: Tubiporidae.
2. Ordn.: Zoantharia.
1. Unterordn.: Antipatharza.
1. Fam.: Antipathidae.
2. Fam.: Gerardidae.
2. Unterordn.: Actiniaria (Malacodermata).
1. Fam.: Aectinidae. Hierher als 5. Unterfamilie die
Zoanthinae.
2. Fam.: Cerianthidae.
3. Unterordn.: Madreporaria.
1. Gruppe: Perforata.
1. Fam.: Poritidae.
2. Fam.: Madreporidae.
3. Fam.: Eupsammidae,
2. Gruppe: Aporosa.
1. Fam.: Fungidae.
2. Fam.: Astraeidae.
3. Fam.: Oculinidae.
4. Fam.: Turbinolidae.
3. Ordn.: Tetracorallia (Rugosa).
39
>)
Sue
- Bei einem näheren Blick auf die Geschichte der verschiedenen
Anthozoengruppen zeigt es sich, dass den Aleyonarien in den meisten
Fällen ein hoher systematischer Platz gegeben worden ist, indem
sie bisweilen auch unter der Benennung Octaetinia den übrigen Antho-
zoen, den Zoantharien, Aktinarien oder Polyaktinien, wie diese Gruppe
102 Anthozoa.
am häufigsten von den verschiedenen Autoren genannt wurde, entgegen-
gestellt wurden. Eine andere Meinung vertraten jedoch Burmeister,
Vogt, Bronn, Verrill, Haeckel und Haacke, die die verschiede-
nen Nicht-Aleyoparien nicht zu einer einzigen Ordnung zusammenfassten.
In derselben Richtung gingen auch einige Klassifikationen, die im Laufe
der siebziger Jahre erschienen. 1870 veröffentlichte nämlich «ray und
1577 Klunzinger ein System, in dem die Aleyonarien ihren hohen
systematischen Rang verloren hatten, aber einige kleinere Gruppen,
und zwar die Zoanthiden, die schon Blainville mit den Aktinien
und Madreporarien gleichstellte, und die Antipathiden, die vorher in der
Regel eine untergeordnete Rolle in dem System der Anthozoen gespielt
hatten, einen höheren systematischen Wert als vorher bekamen.
Gray, der schon 1840 die Anthozoen systematisch behandelt (p. 64)
und 1859 die Zoophytarien (Aleyonarien) zu klassifizieren versucht hatte
(p. SO), giebt 1870 in seinem „Catalogue of sea-pens“ noch ein System der
Anthozoen. Anders gestaltet, als in der Klassifikation von 1859, präsen-
tieren sich hier die Gruppen der Zoophytarien. Die Lithophyta, Cerato-
phyta und Sarcophyta sind als Unterordnungen aufgegeben und durch
andere ersetzt. Die Ayalophyten, d. h. die Glasschwämme, die Gray
noch als Polypen betrachtete, trotzdem mehrere Forscher, wie
Ehrenberg (Verh. Berl. Akad., 1860, p. 173—182) und Max Schultze
(Die Hyalonemen, ein Beitrag zur Naturgeschichte der Spongien, 1860),
die wahre Natur dieser Formen überzeugend dargetan hatten, und die
er 1859 zu den Zoophyten mit „pinnated“ Tentakeln stellte, wurden 1870
als Hyalochaetaria den übrigen Anthozoeneruppen entgegengestellt.
Als ersten Einteilungsgrund bei der Systematisierung der Anthozoen
benutzte Gray die Zahl der Tentakel, wie folgende Übersicht des
Systems, in dem nmür die Zoophytarien ausführlicher behandelt
wurden, zeigt:
Glass: Polypes or Coralliaria.
A. Tentacles 3 (very rarely 6), pinnate, with tubereles on
each side. ‚
Order 1: Zoophytaria. ;
Suborder 1: Sabulieolae.
1. Penmatularia.
2. Umbellularia.
Suborder 2: Rupicolae.
1. Polypes social, growing celosely side by side, forming
a fleshy erust, the polypes being developed in
the centre of the cerust, or at the ends of the
branches.
1. Axifera. :
2. (arnosa.
Geschichte. III. Periode. 2108
II. Polypes social, separate growing from creeping
stolons at the root or the coral-plate.
1. Sarmentosa.
2. Placophora.
B. Tentaeles 6 or 12, simple, conical.
Order 2: Antipatharia.
C. Tentacles 20 or more.
Order 3: Hyalochaetaria. Polypes social, forming a bark,
supported by an axis formed of elongated siliceous
spieules.
Order 4: Zoantharia. Polypes social, covered with: a hard
often granular skin, covering some marine bodies,
without an axis.
Order 5: Actinaria. Polypes separate or social, covered with
a soft skin, rarely seereting a horny tubular sheath at
the base.
Order’6: Madreporaria. Polypes social, the integument,
becoming solidified by tlıe deposit of ealeareous matter,
forming a true coral.
Li
Grays Ideen, den Antipatharien und den Zoantbarien, 'd. h. den
Zoanthiden, denselben systematischen Wert wie den Aleyonarien, Madre-
porarien und Aktiniarien zu geben, wurde von Klunzinger in seiner
Arbeit „Die Korallentiere des Roten Meeres“ (1877—1879) akzeptiert und
näher motiviert. Sowohl die Antipatharien, als die Zoantharien bilden,
meint Klunzinger, einen Übergang zwischen den Aleyonarien einer-
seits und den Madreporarien andererseits, weshalb es nötig erscheint, sie
alle beide als eigene Ordnungen aufzuführen. Während er für die Zoan-
tharien nicht die Charaktere angibt, die auf einen solchen Übergang
deuten, erörtert er die Verwandtschaft der Antipatharien mit den
Aktimiarien und den Aleyonarien näher. Auf die Untersuchungen von
Lacaze-Duthiers gestützt, dass es Antipatharien mit 24 Tentakeln
gebe — eine Annahme, die neuere Untersuchungen jedoch nicht be-
stätigt haben, denn die fragliche Form, Gerardia, hat sich als eine
Zoantharie entpuppt —, hebt Klunzinger nämlich hervor, dass die
Polypen der Antipatharien und die der Aktiniarien und Zoantharien
einander gleichen, während die Achsenbildung für die Antipatharien und
Aleyonarien gemeinsam ist.
Was Klunzingers System im übrigen anbelangt, so ist zu be-
merken, dass teils die Tabulata und Rugosa hier, im Gegensatz zu dem
Verhältnis in dem Verrillschen System, nicht als besondere Gruppen
aufgeführt, sondern zu den Madreporarien gestellt werden, teils dass die
Hexactina wie in Bronns System auf das Genus Antipathes beschränkt
sind. Klunzinger wendet sich nämlich (p. 59) ausdrücklich gegen
Haeckels Anwendung der Benennung Hexacoralla oder Hexactina für
104 Anthozoa.
die Madreporarien und Aktiniarien. „Dieser Name“ (Hexacoralla), sagt
Klunzinger treffend, „ist rein theoretisch und nicht in der Natur be-
gründet. Antipathes ist fast die einzige wirklich sechsstrahlige Koralle,
bei den anderen (Hexakorallen) ist, wie Lacaze-Duthiers nach-
gewiesen hat, gerade die Zahl 6 bei der Entwickelung der flüchtigste
Zustand.“
Wenn in den Systemen Grays und Klunzingers die besondere
Stellung der Antipatharien und Zoantharien mit Recht völlig gewürdiet
wurde, so war es dagegen leider nicht der Fall mit den Cerianthiden.
Diese sind in der Klassifikation von Gray nicht erwähnt und in der von
Klunzinger als eine Familie neben den zu den Aktinarien gehörenden
Ilyanthiden gruppiert. Klunzingers System ist auch in anderen Be-
ziehungen, vor allem in betreff der Einteilung der Aleyonarien (Zoophy-
tarien), dem von Gray vorzuziehen. Klunzinger hatte die Anthozoen
folgendermassen eingeteilt:
Ordn. 1: Aleyonaria.
1. Faın.: Aleyonidae.
2. Fam.: Gorgonidae.
3. Fam.: Pennatulidae.
Ordn. 2: Antipatharia.
Ordn. 3: Zoanthardia.
Ordn. 4: Actinartia.
1. Fam.: Actininae.
2. Fam.: Ilyanthidae. Appendix: Fam. Cerianthidae.
3. Fam.: Discosomidae.
4. Fam.: Thalassianthidae.
Ordn. 5: Madreporaria seu Scelerodermata. (Umfasst auch die
Tabulaten und Rugosen.)
1. Unterordn.: Madreporacea.
2. Unterordn.: Oculinacea.
3. Unterordn.: Astraeacea.
4. Unterordn.: Fungiacea.
Auch Studer (Monatsber. Berlin, Acad. 43. 1878, p 542—548) braucht
die Benennungen Aetinuria, Zoantharia und Antipatharia, stellt jedoch ’
die letzteren unter die Actinarien.
Der von Klunzinger und Gray eingeschlagene Weg wurde von
den Brüdern 0. und R. Hertwig in ihrem für den Bau der Anthozoen
epochemachenden Werk „Die Aktinien, anatomisch und histologisch,
mit besonderer Berücksichtigung des Nervenmuskelsystems untersucht“
(Jen. Zeitschr. für Naturw., 1879) verfolgt. Zwar lag der Kernpunkt der
umfassenden Untersuchungen dieser Forscher in dem Nachweis eines
Nervensystems der Fleischpolypen, doch waren ihre umfassenden Be-
obachtungen auch für die Systematik von Bedeutung, insofern sie den ana-
tomischen Befund für die Klassifikation benutzten. Obgleich die nötigen
Geschichte. Ill. Periode. 105
anatomischen und entwickelungsgeschiehtlichen Grundlagen zur Durch-
führung einer durchgreifenden Untersuchung fehlten, „sahen sie sich im-
stande, auszusprechen, dass die nahe verwandtschaftliche Beziehung,
in welche man die genannten Polypen (Aktinien) zu bringen pflegt, sich
in keiner Weise rechtfertigen lässt; denn die Cerianthiden, die Zoan-
thinen und Edwardsien weichen voneinander und von den Actinidae in
wichtigen anatomischen Charakteren ab“. Die Zoanthinen wurden als
ganz ursprüngliche Formen angesehen und fälschlich infolge schlecht
konservierten Materiales als streng radiale Formen gedeutet, während
die Cerianthiden durch das Vorhandensein einer ektoderinalen Längs-
muskulatur in der Körperwand von den Zoanthinen und den zwei
übrigen erwähnten Gruppen geschieden wurden. Die schwache Ent-
wickelung der Mesenterienmuskulatur und die Anordnung der Mesen-
terien sollten die Cerianthiden den Zoanthiden nähern, während da-
gegen die Verwandtschaft der Gruppe mit den fossilen Tetrakorallen
zweifelhaft blieb, weil ein vierstrahliger Bau in der Anordnung der
Septen beim ausgebildeten Tier nieht hervortrat. Für die Aktinien
waren die zwei einander opponierten Schlundrinnen und Richtungs-
mesenterien und die paarweise Anordnung der Mesenterien charak-
teristisch, während die Edwardsien durch ihre acht bilateral angeordneten
Mesenterien gewissermassen eine Zwischenstellung zwischen den Aleyo-
narien und den Aktinien, welche letzteren ein Jugendstadium mit acht
Mesenterien durchlaufen, einnehmen dürften. Die Einteilung der Zoan-
tharien in Malakodermen und Sklerodermen schien O. und R. Hert-
wig, wie schon früher Dana, Haime u. a., sehr künstlich zu sein.
„Ein grosser Teil der Korallen“, meinten sie, „schliesst sich jedenfalls
den Aktiniden sehr nahe an, andere gleichen vielleicht mehr den Zoan-
thinen oder den Edwardsien, und wieder andere mögen nach der Zahl
und Struktur der Septen eigenartig organisiert sein.‘
Das Hauptergebnis ihrer systematischen Erörterungen fassten die
berühmten Forscher folgendermassen zusammen: „Bei der Einteilung
der Anthozoen sind die Septen in erster Linie zu berücksichtigen,
aber weniger die Zahl, als vielmehr der Bau, die Anordnung derselben
um das Schlundrohr und ihre Entwickelung. Wenn wir von dieser
Grundlage ausgehen, werden die Anthozoen voraussichtlich in mehr als
zwei Ordnungen zu zerfällen sein. Mit Erfolg kann ein neues System
aber erst dann aufgestellt werden, wenn die verschiedenen Familien
der Zoantharien, der Fleischpolypen sowohl, als der Korallen, auf
die Morphologie ihrer Septen, über die wir vielfach noch gar nichts
wissen, nach allen Richtungen untersucht sein werden.“ (l. ec. p. 138.)
Mit der Veröffentlichung der Hertwigschen Arbeit war der erste
Schritt zu einer eingehenderen Untersuchung der Anthozoen nach ana-
tomischen und embryologischen Prinzipien getan. Wie unvollständig die
erwähnten Untersuchungen der Brüder Hertwig in vielen Beziehungen
auch noch waren,falsch wie in einigen Punkten ihre Schlüsse in betrefl des
106 Antlıozoa.
Baues, der Entwickelung und der Systematik der Blumentiere gewesen
sein mögen, anerkennen müssen wir, dass die Hertwigsche Arbeit
ein Wegweiser war, an dem eine für die Entwiekelung der Antho-
zoensystematik mehr als gewöhnlich anregende Aufschrift angebracht war.
Wir gehen nunmehr zu jenen Männern über, die die Kennt-
nis der Arten, der Verbreitung, der Organisation, Entwiekelung und
Biologie der Blumentiere entwickelt haben. Jedoch müssen wir im voraus
bemerken, dass nieht die ganze Literatur, sondern hauptsächlich nur der
wichtigste Teil davon näher berücksichtigt werden kann.
Fassen wir zuerst die Forscher ins Auge, die während dieser
Periode die Zahl der bekannten Arten vermehrt oder wichtige-Beiträge zur
Systematik und Verbreitung der einzelnen Gruppen gegeben haben, so finden
wir, dass von den europäischen Forschern die englischen und skandinavischen
die zahlreichsten Abhandlungen über die Anthozoen veröffentlichten. Der
(Grund dieser Erscheinung ist zum Teil die für die Meeresforschung
cünstige Lage dieser Länder, besonders was England betrifft; hier
wurde das Studium der Blumentiere, besonders das der Seeanemonen,
durch den hier zu einem förmlichen Betriebszweige entwickelten Brauch,
sie in Seewasseraquarien zu kultivieren, gefördert. Schon zwischen dem
Erscheinen der ersten Auflage der bedeutenden Arbeit Johnstons,
„A history of British Zoophytes* (1837), und der zweiten (1847) er-
schienen mehrere Abhandlungen von Couch (Cornish Fauna, 1558; 1841),
Forbes (1540, 1841, 1546, 1350), Hassall (1541), Allman (1546) und
Thompson (1541, 1845, wie auch 1853, 1856) über die Fauna Gross-
britanniens und Irlands. Eine sehr bemerkenswerte Schrift über die
schottischen Blumentiere wurde von Dalyell 1548 (Rare and remarkable
Animals of Scotland) verfasst. Während der folgenden Jahre wurden
verschiedene grössere und kleinere Arbeiten veröffentlicht, so von
Landsborough. der 1552 „A Popular History of British Zoophytes‘
schrieb, von Jordan (1555), Tugwell (A manual of the Seaanemones,
1856), Alder (1857, 1566), P. Wright (1559, 1505), P. Wright und
Greene (1555), 8. Wright (1559), Foot (1559), MeAndrew (1860),
Hineks (1561), Holdsworth (1855, 1861), Norman (1861, 1866
bis 1369), Melntosh (1366, 1575) und Peach (1574). Der be-
deutendste Anthozoenforscher Grossbritanniens während dieser Periode war
P. H. Gosse, der in den Jahren 1855—1860 eine Re:he meistens
in Ann. and Mag. Nat. Hist. veröffentlichter Mitteilungen schrieb, die
1360 in dem klassischen Werke „A history of the British Seaanemones
and: Corals‘“ zusammengefasst wurden. Von geringerer Bedeutung: für
die Kenntnis unserer Tiere war dagegen die 1355 erschienene Arbeit des-
selben Forschers „A manual of marine zoology for the British isles“.
(rewissermassen ein Pendant zu der „Zoologia danica® von O. FE.
Müller war die in Norwegen in drei Heften (1846, 1856, 1877) er-
Geschichte. III. Periode. 107
schienene „Fauna littoralis Norvegiae‘“, in der verschiedene Beiträge zur
Kenntnis der nordischen Anthozoenfauna von M. Sars. Koren,
Danielssen und Asbjörnsen veröffentlicht wurden. Eine Menge Schriften
von den drei ersten Forschern über dasselbe Thema finden wir in
Nyt. Mag. for Naturvidenskab (1847—1874) und in den Forh. Vid.
Selskabst Christiania (1859 —1868). Von anderen Arbeiten, die die nor-
wegische Fauna behandelten, sind M. Sars’ „Beskrivelser och Jagttagelser
over nogle maerkelige Dyr af Polypernas Classer‘ (Bergen 1835) und
einige kleinere Schriften von Düben (1544, 1847), Rathke (1543) und
Oersted (1845) zu erwähnen. An den dänischen Küsten arbeiteten der
letzte Forscher (1544) und Lütken (1360).
Die Erforschung der deutschen Anthozoenfauna nahm hauptsächlich
durch die von diesem Lande während der siebziger Jahre ausge-
sandten Expeditionen, die jedoch auch andere Gewässer. als die deutschen
durchforschten, einen neuen Aufschwung. So beschrieb Möbius (1873
die während der Fahrt der „Pommerania“ im Sommer 1871 in der Ost-
see und dem Skagerrak gesammelten Formen, und F. E. Schulze (1575)
die während der auch auf die Nordsee ausgedehnten Expedition des-
selben Dampfers in dem Jahre 1872 gefischten. Die an den Küsten
Belgiens angetroffenen Blumentiere behandaäte P. J. van Beneden
(1866), und die Kenntnis der an den ozeanischen Küsten Frankreichs
lebenden erweiterten Quatrefages (1542), Keferstein (1863), Grube
(1572) und Fischer (1874, 1875).
Auch an den Mittelmeerküsten wurden die Anthozoen Gegenstand
eines recht intensiven Studiums von Forschern verschiedener Nationali-
täten. Die westlichen Teile dieses Meeres untersuchten Milne-
Edwards (1855, 1861), Delle Chiaje (1841), Philippi (1542), Costa
(1546), Verany (1846, 1862), M. Sars (1557), Panceri (1368, 1869),
Marion (1579) und besonders Andres (1550), dessen Arbeit über die
Neapeler. Aktinien später (1583) zu einer Monographie der ganzen
Aktiniengruppe erweitert wurde. Mit der Anthozoenfauna des Adria-
tischen Meeres beschäftigten sich &rube (1840, 1861), Contarini
(1544), Schmarda (1552), M. Sars (1553), Lerenz (1860), Müller
(1860) und Heller (1568), mit der der östlichen Teile des Mittel-
meeres Forbes (1545). Blumentiere aus dem Schwarzen Meere be-
schrieben Rathke (1836, 1857) und Uljanin (1571), aus dem Roten
Meere Leuckart (1541), Haeckel (Arabische Korallen, 1875), Brügge-
mann (1577) und Klunzinger (Die Korallentiere des Roten Meeres,
1577 —1879), von Madeira Johnson (1861) und @reeff (1372).
Fast noch intensiver als in Europa wurde das Studium der Antlho-
zoenfauna an den Küsten Amerikas betrieben. Von grosser Bedeutung waren
dabei die von den Vereinigten Staaten mehrmals ausgerüsteten Expeditions-
fahrten. In den Jahren 1358—1842 ging unter Kapitän Charles Wilkes
eine Expedition aus, deren reiches Zoophytenmaterial der berühmte Dana
mit Hilfe von Couthouy und Drayton bearbeitete (Dana, United States
103 Anthozoa.
exploring Expedition during the years 1535 —1842. Zooplytes, Philadel-
phia 1516, 1849, 1859). Blumentiere aus Massachusetts beschrieben
Couthouy (1335) und &ould (1541), aus Grand Menan und South Carolina
Stimpson (1555, 1854—1856), aus Labrador Packard (1867), von
3ermudas Jones (1569), von St. Lawrence Whiteaves (1574), von den
Antillen Duchassaing (1550, 1570) und Duchassaing und Miche-
lotti (1360, 1566), deren klassisches Werk „Memoire sur les Coralliaires
des Antilles‘‘ noch eine der Hauptquellen unserer Kenntnis der Flach-
wasseranthozoen Westindiens ist; aus Chile Gay (1354) und Philippi
(1866) u. s. w. Der Forscher, der sich besonders um die Kenntnis der An-
thozoenfauna Amerikas bemüht hat, ist Verrill, der eine Menee
evrösserer und kleinerer Arbeiten über diese Tiere veröffentlichte. So-
dann nahm Verrill eine Revision der an der Ostküste der Vereinigten
Staaten lebenden Polypen vor (Mem. Boston Nat. hist. 1, 1864) und be-
schrieb 1866 die Polypenfauna von Panama und New England und in
den Jahren 1868—1871 in einer grösseren Arbeit (Notes on radiata in
Yale College, Trans. Connect. Acad. 1, P. 2, 1868—1871) Formen von
der Westküste Amerikas. Kleinere Mitteilungen von demselben Forscher
sind in dem Amerie. Journ. und in dem Report U. St. Fish Commission
während des 8. Dezenniums erschienen. Auch von anderen Örtlichkeiten als
von amerikanischen bearbeitete Verrill Sammlungen unserer Tiere. Die
bedeutendste dieser Publikationen war die „Synopsis ofthe Polyps and Corals
of the north Paeifie exploring Expedition under Capt. Ringgold and Rodgers“
(Proe. u. Comm. Essex Inst. 4-6, 1865—1870), in welcher Arbeit die von
Stimpson im nördlichen Stillen Ozean gesammelten und von ihm (1855)
zum Teil bearbeiteten Polypen, die zum erossen Teil aus den chine-
sischen und japanischen Meeren stammten, beschrieben wurden.
Als am Ende der sechziger Jahre das Interesse für Tiefseeforschungen
hauptsächlich durch skandinavische und englische Forschungen erwacht
war, begann man auch in Nordamerika Tiefseedredschungen auszuführen.
Das nordamerikanische Küstenamt sandte zur Untersuchung des Golf-
stromes einen Dampfer aus, der an der Ostküste Floridas und bei Kuba
arbeitete. Die Korallenfänge, die hier aus der Tiefe gehoben wurden,
wurden von dem Leiter der Expedition, Grafen Pourtales, bearbeitet,
(Illustr. Catalogue Mus. comp. Zool. Cambridge, 1571). Derselbe Forscher
beschrieb auch die während der „Hassler“-Expedition zum grössten Teil
bei Barbadoes gedredschten Tiefseekorallen (ebenda 1874), wie auch die,
welche A. Agassiz auf dem Dampfer „Blake“ im mexikanischen Meer-
busen fischte (Bull. Mus. Comp. Zool. 5, 1878).
Die von England für Tiefseeforschungen ausgerüsteten Expeditionen
erweiterten ebenfalls unsere Kenntnis der Anthozoenfauna der Tiefsee in
hohem Grade. Duncan (Trans. Zool. Soc. S, 1873, 10, 1878) bearbeitete die
Korallensammlungen der Expedition des „Poreupine“ (1869—1870), und
Kent (1570) beschrieb Blumentiere, die bei Tiefseedredschungen an der
portugiesischen Küste gefischt waren. Am erfolgreichsten war jedoch die
Geschichte. III. Periode. 109
erossartig angelegte, von Grossbritannien 1574 ausgegangene Expedition des
„Challenger“, deren Resultate in betreff unserer Tiere während dieser
Periode meistens nur in vorläufigen Berichten von Willemoes-Suhm,
Wyville Thompson, R. Hertwig und Moseley (Trans. Linn. Soe.
[2] 1, 1877) erschienen. Von der „Valorous“-Fahrt in der Davisstrasse
erwähnen Norman und Duncan 1876 einige Formen, und Lindahl
(1874) wieder entdeckte als Begleiter der schwedischen arktischen
Expedition nach Grönland 1871 in der Baflinbai die eigentüm-
liche Umbellula. Viele Tiefseekorallen, die teils an der portugiesischen
Küste und an den Azoren von der schwedischen „Josephine‘“-Expedition
gedredscht wurden, teils an den Küsten Westindiens gesammelt worden
waren, beschreibt Lindström (K. Svenska Vet. Akad. Handl. 14, 1577).
Durch viele andere Expeditionen wurde auch die Verbreitung der
Anthozoenformen erforscht. Die Blumentiere der zweiten deutschen Nordpol-
expedition der „Germania“ behandelte Möbius (1574), die der österreichisch-
ungarischen Nordpolexpedition Marenzeller (1577). Eine Zusammen-
stellung der grönländischen Anthozoen gab Lütken (1875). Die von
der englischen „Venus“-Expedition an Rodriguez gesammelten Korallen-
tiere untersuchte Brüggemann (1379), un die von der „Gazelle“-
Expedition gefischten Studer (1877—1878).
Verschiedene Forscher bearbeiteten ausserdem Sammlungen von ver-
schiedenen Orten. Unter diesen verdient Gray, der während des
erössten Teils dieser Periode die Blumentiere beschrieben hat, besonders
erwähnt zu werden.
Von den verschiedenen Arbeiten monographischen Inhalts sind
ausser den schon erwähnten folgende besonders zu nennen: Milne-
Edwards’ und Haimes „Histoire naturelle des Coralliaires“ (1857
bis 1860), Valeneiennes’ Monographie der Gorgoniden (Comptes
rendus 41, 1855), Herklots (Natura artis magistra’s Bijdragen tot de
dierkunde, H. 7, Amsterdam 1855), Richiardis (Archivo zool. anat.
‘e la fisiol. [2] 1, 1869) und Köllikers (Abhandl. Senek. Naturf.
Ges., Bd. 7, 83, 1870—1872) Monographien der Pennatuliden, @reenes
„Manual of Corals and Seajellies‘‘ (London 1366) und @rays „Catalogue
of Seapens“ und „Catalogue of Lithophytes of the British Museum‘ (1870).
Zahlreiche Forscher untersuchten während dieser Periode auch die
fossilen Korallen. H. Michelin veröffentlichte 1841—1847 seine
„leonographie zoophytologique“, eine Arbeit, die für die Kenntnis der
fossilen Anthozoenformen Frankreichs ein Gegenstück zu dem schon er-
wähnten Goldfussschen Werke über Deutschlands Korallen bildet.
Grundlegende Arbeiten über die ausgestorbenen Korallen veröffentlichten
Milne-Edwards und Haime (A Monograph of the British fossil
Corals, 1850-1855, und Monographie des polypiers fossiles des terrains
pal&ozoiques, Arch. du Mus. d’hist. nat. 5, 1851). Wichtige Schriften
110 Anthozoa.
über das erwähnte Thema veröffentlichten auch E. de Fromentel (Introduc-
tion a l’etude des polypiers fossiles, Paris 1358--1861; Paleont. francaise.
Zoophytes, Terrain cretace, Paris, seit 1861), Fromentel et Ferry
(Ibid., Terrain jurassique, Paris, seit 1565), A. E. Reuss (Sitzungsber.
der K. K. Akad. Wien, 1859, 1364, 1865, 1870; Denkschriften 1854, 1868,
1869, 1871, 1873, Bd. 7, 23, 28, 29, 31, 33), de Koninek (Mem. Acad.
r. Belg. 39, 1872), M. Duncan (Palaeontographical Soe., 1865—1869,
1572; Phil. Trans., Vol. 157, 1867, Becker und Milaschewitsch
(Palaeontographiea, Vol. 21, 1875), R. Ludwig (p. 98), W. Dybowski
und A. Kunth (p. 99), @. Lindström (p. 94—95 und 99), J. Thom-
son und A. Nieholsen (Ann. Mag. Nat. hist. [4] 17, 1876), Nicholson
und Etheridge (Ann. Mag. Nat. hist. [4] 20, 1877; [5] 1,3, 1878, 1879) u. A.
Eine trefiliche Zusammenstellung der fossilen Korallengenera findet man in
Zittels „Handbuch der Paläontologie“ (Paläozoologie, Bd. 1, 1876 bis
1880, p. 203 fe.).
Wenn auch die systematischen Arbeiten den Löwenanteil der Literatur
über die Anthozoen während dieser Periode bildeten, so wurde das Stu-
dium der Anatomie und der Histologie unserer Tiere doch auch nicht ganz
vernachlässigt. Solange die Konservierungstechnik noch unentwickelt war,
wurden die Untersuchungen hauptsächlich auf die grösseren, skelettlosen
Formen, die Aktinien, wie auch auf die mit verhältnismässig wenig ent-
wickeltem Kalkskelett versehenen Aleyonarienpolypen beschränkt, während
der weichere Bau der Madreporarien ziemlich unberücksichtigt blieb. Die
Anatomie der eigentlichen Aktinien beschrieben verschiedene Forscher.
Wagner (Arch. für Naturgeschichte, 2, 1835) fand in den Mesenterial-
filamenten die Nesselkapseln, die er als Spermatozoen betrachtete, wes-
halb er die vorher (p. 26) als Ovidukte angesehenen Filamente als
Hoden deutete, eine Meinung, die er jedoch bald aufgab (Frorieps
Notizen 12, 1839). Teale (Leads Trans. Phil. and Lit. Soc. 1, 1837)
machte sich besonders um die Erforschung ‚der Mesenterienmuskulatur
von Aetinia coriacea verdient, während Delle Chiaje (Descrizione e
notomia degli invertebrati delle due Sieilie, Napoli 1841) dureh Ab-
billungen der Querschnitte einiger Formen die Mesenterienanordnuyg
veranschauliehte und Quatrefages (Ann. Se. Nat. [2] 18, 1842) eine
in betreff der Mesenterienanordnung primitive Form, Edwardsia, ent-
deekte. Erdl (Müllers Archiv, 1842) beschrieb zum erstenmal die
wirklichen Spermatozoen und konstatierte, dass die Hoden denselben
Platz in den männlichen Individuen wie die Ovarien in den weiblichen ein-
nehmen. Die Mesenterialfilamente hielt er für Kanäle, welche als Leber
funktionierten, eine Auffassung, die später sowohl Hollard, als Milne-
Edwards teilten, obgleich schon der oben erwähnte Teale und später
Leuckart (Frey und Leuckart, Beiträge zur Kenntnis wirbelloser
Tiere, 1847) die solide Beschaffenheit der Filamente nachgewiesen hatten.
Wiehtige Beiträge zur Kenntnis des Aktinieninneren gaben auch
Geschichte. III. Periode ll
Hollard (Ann. Sc. Nat. Zool. [3] T. 15, 1851) und besonders Thorell
(Öfvers. kongl. Vet.-Akad. Förh. 15, Stockholm 1858). Sie beschreiben die
paarweise Anordnung der Mesenterien und schildern richtig die regel-
mässige Anordnung der Muskulatur derselben; der letztere beobachtete
zuerst die abweichende Stellung der Muskelanordnung an den Richtungs-
mesenterien. Alle beide wie auch Haime (Compt. rend., T. 39, 1854)
schildern die von den übrigen Partien abweichende Beschaffenheit der
unmittelbar unterhalb des Schlundrohrs liegenden Teile der Mesenterial-
filamente. Thorell wie auch zwei Jahre später &osse (Actinologia
britanniea, 1860) unterschieden die Fäden, die bei manchen Aktinien
auf Reize durch Poren der Körperwand hervorgeschnellt werden, von den
Mesenterialfilamenten ; der letztere Forscher nannte diese Fäden Akontien.
Eine Übersicht der Organisation der eigentlichen Seeanemonen gaben
-Contarini (Trattato delle Attinie ete., Venedig 1844), wie auch Dana
(Structure and Classification of Zoophytes, 1846), Milne-Edwards und
Haime (Les Coralliaires, 1357) und Bronn (Klassen und Ordnungen
des Tierreichs, 1860) bei ihrer Behandlung der Blumentiere. Schneider
und Rötteken (Ann. Mag. Nat. hist. [4] 7, 1871) entdeckten den unter-
halb der Tentakel in der Körperwand liegenden Ringmuskel und be-
schäftigten sich auch mit dem Bau der Randsäckchen. Diese untersuchten
noch Dana (Corals and Coral islands, 1372), Duncan (Proc. R. Soc.
London, 22, 1574), Ludwig (Nachr. Gesellsch. Wiss. Göttingen, 1875)
und Korotneff (Arch. zool. exper. et gener. 5, 1876). Den inneren Bau
von Edwardsia beschrieb Andres (1550). Die Anwendung besonderer
Fixierungs-, Betäubungs- und Einbettungsmethoden ermöglichten schliess-
lieh am Ende der Periode eine eingehendere Untersuchung des mikro-
skopischen Baues. Dank diesen Hilfsmitteln erschienen die trefflichen
Arbeiten A. von Heiders über die Anatomie von Sagartia troylodytes
(Heliaetis bellis) (Sitzungsber. d. k. Akad. Wiss. Wien 75, 1877) und
Jourdans zahlreiche, aber nieht so eingehende Beschreibungen der
mikroskopischen Anatomie verschiedener Marseiller Aktinien (Ann. Se.
Nat. [6] 10, 1880), insbesondere das für unsere Kenntnis des feineren
Baues der Aktinien grundlegende Werk von ©. und R. Hertwig (Die
Aktinien, Jena 1879). In unzweideutiger Weise wurde in dieser
Arbeit das Vorhandensein eines von mehreren Seiten bestrittenen, weit
verbreiteten, diffusen Nervensystems gezeigt und die Körperlagerung, der
Bau der Gewebe und die verschiedenen Zellenarten in so ausgezeichneter
Weise beschrieben, dass die Schilderung "von bleibendem Wert ist.
Der Weg, den die Gebrüder Hertwig bei ihren histologischen Studien
zu wandern hatten, war jedoch vorher ein wenig geebnet, denn die früher
als Muskulatur gedeutete Mittelschicht war durch die die ganze Antho-
zoenklasse umfassenden Untersuchungen von von Kölliker (Die Binde-
substanz der Cölenteraten, Icones histiologieae, Abt. 2, H. 1, 1865) als
eine Art Bindegewebe eingehend beschrieben worden, und den feineren
Bau der Muskeln hatten &. Schwalbe (Arch. f. mikrosk. Anatom., Bd. 5,
112 Anthozou.
1569) und 0. Kling (Morph. Jahrb., Bd. 4, 1878) untersucht. So
hatte der letztere Forscher den innigen Zusammenhang der Epithel-
und Muskelschiehten auch im Entoderm der Tentakel gesehen. Die ver-
schiedenen Arten der Nesselkapseln wurden hauptsächlich von @osse
(Ann. Mag. Nat. hist. [3] 1, 1358) und Möbius (1566) studiert.
Die gröberen anatomischen Verhältnisse der Ceriantharien beschrieben
die oben erwähnten Delle Chiaje (1541) und J. Haime (Ann. Se.
Nat. Zool. [4], T. 1, 1854), jedoch ziemlich unvollständige. Die feineren
Organisationsverhältnisse untersuchten A. v. Heider (Sitzungsber. d. k.
Akad. d. Wiss. Wien, 79, 1879), Jourdan (Ann. Se. Nat. [6] 10, 1880)
und ©. und R. Hertwig in ihrer Aktinienarbeit (1879). Von funda-
inentaler Bedeutung für unsere Kenntnis der Cerianthiden sind besonders
die Arbeiten von Heider und von den Gebrüdern Hertwig.
Mit Beobachtungen über die Anatomie der Zoantharien (s. str.) be-
schäftigten sich Lacaze-Duthiers (Ann. Se. Nat. [5] 2, 1864), der
die bis zu unseren Tagen für eine Zoanthide gehaltene Gerardia unter-
suchte, A. Andres (Quart. journ. mierose. Se., N. S., 17, 1877), O0. und
R. Hertwig (1879), @. von Koch (Morph. Jahrb., 6, 1880) und
Jourdan (Ann. Se. Nat. |6] 10, 1880). In keiner Weise konnte die
Kenntnis des Inneren der Zoantharien der der eigentlichen Aktinien und
Ceriantharien am Ende der Periode gleichkommen.
Die bisher in ihrer inneren Organisation fast unbekannten Antipatharien
wurden von Laecaze-Duthiers (Ann. Se. Nat. [5] 4, 1865) und von v. Koch
(Morph. Jahrb. 4, Suppl.1878) bearbeitet. Die Untersuchungen bezogen sich
hauptsächlich auf die Mesenterien, von denen zwei stärkereund vierschwächere
unterschieden wurden, auf die Filamente, Nesselkapseln und das Skelett.
Der weichere Bau der Madreporarien war während des grössten Teils
der Periode nicht Gegenstand eingehender Untersuchung. Einzelne An-
gaben über die Filamente, Nesselkapseln und Mesenterien kann man zwar
in den oben erwähnten Arbeiten von Dana, Gosse, Milne-Edwards
und Haime antreffen, aber erst am Ende der Periode, in den Arbeiten von
von Koch (Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. 11, 1877; 18801. c.) und von Jourdan
(Ann. Se. Nat. [6] 10, 1880), erwies sich die bisher. mehr geahnte
Übereinstimmung der Organisation der eigentlichen Aktinien und.der Madre-
porarien als Tatsache. Um so fruchtbringender war das Studium der Mor-
phologie des Kalkskelettes, das besonders von Milne-Edwards und
Haime in ihren zahlreichen Arbeiten (Recherches sur les Polypiers,
Ann. Sc. Nat. 9-18, 1848—1S52) betrieben wurde.
Die innere Organisation der Aleyonarien wurde dagegen von ver-
schiedenen Forschern untersucht. Die Reihe der Beobachtungen beginnt
mit einer Arbeit von Milne-Edwards über Aleyonium (Ann. Se. Nat. 2] 4,
1835), in der die Mesenterien, das Schlundrohr, die Geschlechtsorgane,
Filamente und Kanäle recht eingehend beschrieben werden. Die Fila-
mente wurden hier als Gallengänge und nicht wie früher als Geschlechts-
leiter gedeutet. Einige Jahre später (Ann. Se. Nat. [2] 10, 1838) erörtert
4
A
BO en
In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in ernste ist erschienen:
Dr. H. G. Bronn’s
Klassen und Ordnungen des Tier-Reichs.
in kompleten Bänden resp. Abteilungen:
Erster Band, Protozoa. Von Dr. 0. Bütschli, Professor in
Heidelberg. Kplt. in 3 Abtlen. Abtlg. I. 30° Mk. — Abtle. II.
25 Mk. — Abtle. III. 45 Mk.
Zweiter Band. Porifera. Von Dr. 6. C. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln
(darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark.
Zweiter Band. III. Abteilung. Echinodermen (Stachelhäuter).
Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die
Seewalzen. Mit 17 lithographierten Tafeln, sowie 25 Figuren
und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark.
Dritter Band, Mollusea (Weichtiere). Von Dr. H. Simroth. Prof.
in Leipzig. Erste Abteilung Amphineura u. Scapho-
poda. Preis 32 Mk. 50 Pf.
——Tyierter-Band. Würmer (Vermes). Von Prof. Dr. M, Braun.
Abteilung I. a. Trematodes. Preis 47 Mk.
Abteilung ]l. h. Cestodes. Preis 50 Mark.
Fünfter Band, Gliederfüssler (Arthropoda). Erste Abteilung.
Von Prof. Dr. A, Gerstaecker, Mit 50 lithogr. Taf. Preis43 Mk. 50 Pf.
Sechster Band. II: Abteilung. Wirbeltiere. Amphibien.
Von Dr. €. K. Hoffmann, Prof. in Leiden. Mit 53 lithogr. Tafeln
(darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk.
Sechster Band, Ill. Abteilung. Reptilien. Von Dr. €. K.
Hoffmann, Professor in Leiden. Kplt. in 3 Unter-Abtlgn.
I. 23Mk. — II. 40 Mk. — Ill. 42 Mk.
Sechster Band, IV. Abteilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans Gadow
in Cambridge. I. Anatomischer Teil. Mit 59 lithographierten
Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. II, Syste-
matischer Teil. Preis 12 Mark.
Zn
Sechster Band. V. Abteilung. Säugetiere: Mammalia. Von .
Dr. €. 6. Giebel. Fortgesetzt von Prof. Dr. W. Leche. Band I.
1. Hälfte. Preis 45 Mark. 2. Hälfte. Preis 48 Mark.
Ferner in Lieferungen 3 I Mark 50 Pf.:
Zweiter Band. II. Abteilung. Coelenterata (Hohltiere). Von
Prof. Dr. Carl Chun und Prof. Dr. L. Wil, Lig. 1—21.
Anthozoa. Von Dr. 0. Carleren in Stockholm. Life. 1-3.
Zweiter Band. III. Abteilung. Echinodermen (Stachelhäuter).
Begonnen von Dr. H, Ludwig, Prof. in Bonn. Fortgesetzt von
Dr. 0, Hamann, Prof. in Berlin. Zweites Buch. Die See-
sterne. Drittes Buch. Die Schlangensterne. Viertes
Buch. Die Seeigel. Lig. 17—73.
Dritter Band, Mollusca (Weichtiere). Von Dr. H, Simroth, Prof.
in Leipzig. Zweite Abteilung. Lfg. 22—89 ö
Dritter Band. Supplement, Tunicata _(Manteltiere). Yon
Dr. Osw. Seeliger, Prof. in Rostock. Lfg.. 1—67.
Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Prof. Dr. M, Braun, a
Turbellaria. Bearbeitet von Prof. Dr. L. v. Graff, Lfg. 68—74.
Vierter Band, Supplement. Nemertini (Schnurwürmer), Von
Dr. ©. Bürger, Professor in Santiago. Lfg. 1-26.
Fünfter Band, Gliederfüssler (Arthropoda, Zweite Ab-
teilung. Von Prof, Dr. A. Gerstaecker. Fortges. von Prof.
Dr. A. E. Ortmann und Dr. €. Verhoeff. Lfg. 12-74.
Sechster Band. I. Abteilung. Fische. ah Dr.-E, Löunberg,
Prof. in Stockholm. Life. 1-20.
Sechster Band. V. Abteilung. Säugetiere: Mammalia.- You
Dr. €. 6.Giebel, Fortgesetzt von Prof. Dr. E, Göppert. Lfg.61—70.
>